Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 12. Mai 2016 - 3 K 3974/14

bei uns veröffentlicht am12.05.2016

Tenor

1. Unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheids vom 6. April 2016 wird die Einkommensteuer auf x.xxx EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu 44 v.H., der Kläger zu 56 v.H. tragen.

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung von mehr als 1.500 EUR, darf die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des darin festgesetzten Erstattungsbetrages erfolgen. In anderen Fällen kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.

5. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Für den Veranlagungszeitraum 2012 (Streitjahr) wird der Kläger allein zur Einkommen-steuer veranlagt.
[ … ]
Der Kläger hat im Jahr 1996 das Gebäude ... gasse x in A/Markgräflerland -ein Haus aus dem xx. Jahrhundert (ohne Telefonanschluss)- zu einem Kaufpreis von xxx.xxx DM zur Selbstnutzung erworben (s. den Kaufvertrag vom xx.xx 1996, Bl. 8 ff. der Akte zur Eigenheimzulage). Er bemühte sich vergeblich darum, das Gebäude zu veräußern. Nach den Angaben des Klägers macht ein einem Dritten an einem Teil des Grundstücks eingeräumtes Nutzungsrecht einen Verkauf bisher nicht möglich (Hinweis auf §§ 1 und 5 Abs. 1 des Kaufvertrags). Auch im Streitjahr wohnte der Kläger in dem Gebäude (wegen weiterer Einzelheiten s. B.I. der Niederschrift I).
Inzwischen ist unter den Beteiligten zu Recht unstreitig, dass der Kläger im Streitjahr in A seinen Wohnsitz hatte und nach Art. 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) -DBA-Schweiz 1971- in der Fassung des Protokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) -DBA-Schweiz 1992- ansässig war.
Der Kläger ist seit Jahren im Chor des Opernhauses Y als Chortenor beschäftigt (vgl. hierzu: B.IV.2. der Niederschrift I). Das Opernhaus Y ist in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (nach Schweizer Recht) privatrechtlich organisiert (s. den Handelsregisterauszug lt. www.moneyhouse.ch, Bl. 257-266 der FG-Akten 3 K 4277/12; s. die Angaben in: de.wikipedia.org., Bl. 227 ff. der FG-Akten 3 V 3113/13).
Der Chor der Oper Y (s. hierzu: www.[ … ]), dessen Direktor im Streitjahr D war, setzt sich im Wesentlichen zusammen aus:
1. ca. x festangestellten Sängerinnen und Sängern,
2. (professionellen) Sängerinnen und Sängern, die durch sog. Chorzuzügerverträge für konkrete Opernprojekte verpflichtet werden (vgl. Anlage K5 zum Schriftsatz des Klägers vom 29. Januar 2016) und
3. aus semiprofessionellen Sängerinnen und Sängern des Zusatzchors des Opernhauses Y ([ … ]-).
Zu den Sängern, die durch Chorzuzügerverträge verpflichtet werden, gehört seit jeher und auch im Streitjahr der Kläger (zu diesem Konzept: Schreiben des Opernhauses Y vom April 2012, Bl. 4 der FG-Akten 3 K 4277/12; vgl. im Übrigen die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 8. Juli 2015, Bl. 121 der FG-Akten). Der Kläger gehört seit 20 Jahren als Chorzuzüger dem Opernchor des Opernhauses Y an (zunächst neben Engagements am Theater S und Theater P [sog. Dreispartenhäuser -u.a. auch Oper-]). Seit 2007 singt er ausschließlich im Opernchor des Opernhauses Y. Auf die dem Finanzgericht (FG) zur Verfügung gestellten CDs mit vom Kläger gesungenen Liedern und Arien wird Bezug genommen.
Für den Zeitraum vom 25. August 2011 bis 31. Oktober 2011 hatte der Kläger einmalig als Krankheitsersatz (ausnahmsweise) einen Arbeitsvertrag abgeschlossen (s. den Vertrag vom 27. September 2011).
10 
Die Chorzuzügerverträge werden sowohl mit in der Schweiz als auch im Ausland (insbesondere in Süddeutschland) ansässigen Sängerinnen und Sängern abgeschlossen. Der Chordirektion liegt eine Liste von Sängerinnen und Sängern vor, die für eine Tätigkeit auf der Grundlage eines Chorzuzügervertrages in Betracht kommen. Für eine Verpflichtung ist im Einzelfall entscheidend, dass die festangestellten Sängerinnen und Sänger des Opernchores nicht ausreichen.
11 
Der Kläger hat für das Streitjahr (wie auch in den Jahren zuvor und danach) eine Reihe von Chorzuzügeverträgen mit dem Opernhaus Y abgeschlossen. Sie betreffen seine Mitwirkung an folgenden Opern im Streitjahr (s. Anlage K5 zum Schriftsatz des Klägers vom 29. Januar 2016, Bl. 162 ff. der FG-Akten bzw. Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 5. August 2014, Bl. 3, 18-24 der Rechtsbehelfsakten -Rb-Akten-):
12 
[ … ]
13 
In den Chorzuzügerverträgen wurde der Kläger verpflichtet, seine Partie vor der ersten Probe einzustudieren. Der Kläger war früher an der Oper M verpflichtet gewesen und hat ca. 100 Partien bei dem Chorleiter W studiert, die er auch präsent hat (s. B.IV.1. der Niederschrift I; Seite 2 des Artikels in der [ … ]; Bl. 25, 26 der Rb-Akten).
14 
Des Weiteren werden in den Chorzuzügerverträgen die Vorstellungs- und die Probentermine festgelegt, wobei insbesondere für Proben häufig zusätzliche Termine angeordnet werden (im täglichen, im Opernhaus Y ausgehängten Probenplan). Bei den Proben handelt es sich im Einzelnen um Klavierhauptproben (KHP), Generalproben (GP), Hauptproben mit Orchester (HPO), Musikalische Proben (MP), Orchestersitzproben (OS) und Bühnenorchesterproben (BO).
15 
Die Proben finden nicht nur im Opernhaus Y statt, sondern u.a. im H-Saal, bzw. im Orchesterprobesaal X in Y (s. B.IV.4. der Niederschrift I). [ … ] Die Bühnenorchester- und Generalproben finden immer im Opernhaus Y statt (vgl. hierzu die Feststellungen lt. B.IV.4.-6. der Niederschrift I bzw. zu II. und III. der Niederschrift über den Erörterungstermin vom 12. Februar 2016 im vorliegenden Verfahren -Niederschrift II bzw. Erörterungstermin II-). Nach den Feststellungen des erkennenden Senats finden auch die Generalproben beim Opernhaus Y ohne Publikumsbeteiligung statt.
16 
Für die Opernchorsänger (wie den Kläger) gelten folgende Regelarbeitszeiten (Hinweis auf die Bestätigung des Opernhauses Y vom 12. März 2013, Bl. 139 der FG-Akten 3 K 4277/12):
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Mittwoch - Samstag: 10.00 - 13.00 Uhr musikalische oder szenische Probenarbeiten (Endproben können bis 15.00 Uhr dauern);
Dienstag und Samstag: 18.00 - 21.00 Uhr Probenarbeiten (Vorstellungen können bis 23.00 Uhr dauern);
Sonntag: 19.00 - 23.00 Uhr (Vorstellungen; manchmal auch Nachmittagsvorstellungen ab 14.00 Uhr oder Doppelvorstellungen ab 14.00 Uhr und 19.00 Uhr).
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Der Montag- und Dienstagvormittag sind frei. Bei Vorstellungen haben die Chorsängerinnen und -sänger 45 Minuten vor deren Beginn anwesend zu sein. Das Opernhaus Y verlassen können die Chorsängerinnen und -sänger regelmäßig erst ca. 30 Minuten nach der jeweiligen Vorstellung (s. B.V.2. der Niederschrift I). Auch bei den Probenterminen ist der Kläger ca. 30 Minuten vor Probenbeginn anwesend, um sich „stimmtechnisch“ vorzubereiten (s. Schriftsatz des Klägers vom 15. Dezember 2012, Bl. 1 ff. der FG-Akten 3 K 4277/12). Die Regelarbeitszeiten wurden auch im Streitjahr erheblich überschritten (s. die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 10. September 2013, Bl. 22 der Hilfsakte -H-Akte-).
19 
Das Opernhaus Y rechnete entsprechend den Vereinbarungen in den Chorzuzügerverträgen (a.a.O. zu: Honorar) die Vergütungen des Klägers getrennt nach Teilnahmen an Vorstellungen (Aufführungen) und Proben ab (s. die Angaben in den Lohnabrechnungen für die einzelnen Monate des Streitjahres: Anlage K1 zum Schriftsatz des Klägers vom 8. Februar 2016, Bl. 221, 228-230 der FG-Akten; Anlage K5 zum Schriftsatz vom 5. August 2014 des Klägers, Bl. 3, 29-53 der Rechtsbehelfsakten -Rb-Akten-; Hinweis im Übrigen auf die vom Kläger handschriftlich angefertigte „Gagenabrechnung für die Aufführungen“ lt. Bl. 34 der H-Akte; Anlage K4 zum Schriftsatz des Klägers vom 8. Februar 2016, Bl. 223, 233 der FG-Akten).
20 
Das Opernhaus Y und der Kläger leisteten jeweils Beiträge in die Schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung bzw. Invalidenversicherung (AHV/IV) und in die Schweizerische Arbeitslosenversicherung -ALV- (s. die Angaben in den monatlichen Gehaltsabrechnungen für das Streitjahr zu Zeile 75, 78 und 83 der Anlage N zur Einkommensteuererklärung für das Streitjahr, Anlage K5 zum Schriftsatz des Klägers vom 8. Februar 2016, Bl. 221, 237 der FG-Akten). Seit dem xx.xx. 2014 erhält der Kläger von der AHV/IV eine monatliche Altersrente von x.xxx CHF (Bl. 38 der FG-Akten).
21 
Des Weiteren war der Kläger -wie alle in der Schweiz beschäftigten „Arbeitnehmenden“ (Arbeitnehmer)- obligatorisch in der Berufsunfallversicherung und (da seine Arbeitszeit beim Opernhaus Y mindestens 8 Stunden betrug) in der Nichtberufsunfallversicherung versichert (s. die Chorzuzügerverträge zu: Unfallversicherung). Das Opernhaus Y trug die Prämien für die obligatorische Versicherung der Berufsunfälle (einschließlich der Unfälle auf dem Arbeitsweg) und Berufskrankheiten, der Kläger die Prämien für die obligatorische Versicherung gegen Nichtberufsunfälle (z.B. Freizeitunfälle: Hinweis auf die monatlichen Lohnabrechnungen für das Streitjahr). Versicherer war die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Versicherungsnehmer das Opernhaus Y und Versicherter der Kläger. Zur Schweizerischen Unfallversicherung: Scartazzini/Hürzeler, Bundessozialversicherungsrecht, 4. Aufl., § 17 Seite 450 ff. (im Folgenden: Scartazzini/Hürzeler) mit umfangreichen Nachweisen.
22 
Soweit in den für das Streitjahr vorgelegten Chorzuzügerverträgen (zu: Unfallversicherung) auf das „Informationsblatt von Arbeitnehmern mit Wohnsitz in der EG“ Bezug genommen wird, hat diese Bezugnahme seit dem Inkrafttreten der Bestimmungen des zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits geschlossenen Abkommens über die Freizügigkeit, unterzeichnet in Luxemburg am 21. Juni 1999 (ABl. 2002, L 114, S. 6, im Folgenden: Abkommen EG–Schweiz bzw. FZA) zum 1. Juni 2002 keine Bedeutung mehr. Insoweit ergeben sich die für die Sozialversicherungen maßgeblichen Rechtsgrundlagen auch für in der Schweiz beschäftigte Arbeitnehmer aus den konsolidierten Fassungen der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern und (EG) Nr. 574/72 (Anhang II FZA) und ab dem 31. März des Streitjahres aus den Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (mit Anhängen). Veröffentlicht sind diese Verordnungen in der Systematischen Rechtssammlung (SR; www.admin.ch zu: Bundesrecht).
23 
Der Kläger war im Streitjahr bei der S Schweizerische Krankenkasse privat krankenversichert. Die Prämien für diese Versicherung zahlte -entsprechend der Schweizer Rechtslage- ausschließlich der Kläger (Hinweis auf das Senatsurteil vom 8. Dezember 2011 3 K 3835/11, juris).
24 
In den an den Kläger vom Opernhaus Y gezahlten Vergütungen ist jeweils eine „Ferienentschädigung“ von 11,5 % enthalten (s. die Chorzuzügerverträge zu: Honorar). In der Schweiz wird es als rechtlich zulässig erachtet, bei sehr unregelmäßiger Arbeitsleistung oder bei sehr kurzem Arbeitseinsatz eines Arbeitnehmers (wie z.B. im Streitfall) den Lohn für die Ferienzeit in die regulären Lohnabrechnungen einzurechnen (s. Ullin Steiff/Adrian von Kaenel, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 6. Aufl., Art. 329d N9 mit umfangreichen Nachweisen insbesondere auch zur Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts -BGer-).
25 
Der Kläger war im Streitjahr in der deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg versichert. Seit dem xx.xx. 2014 erhält er eine Altersrente für langjährig Versicherte in Höhe von monatlich xxx,xx EUR (Hinweis auf den Rentenbescheid vom 8. Mai 2014, Bl. 36 der FG-Akten). Im Übrigen war der Kläger Mitglied der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (Bayerische Versorgungskammer), von der er seit dem xx.xx. 2014 ein flexibles Altersruhegeld in Höhe von monatlich xxx,xx EUR erhält (s. den Bescheid vom 8. April 2014, Bl. 37 der FG-Akten).
26 
Vom Arbeitslohn des Klägers wurde vom Opernhaus Y Schweizerische Quellensteuer „für Künstler“ (s. die Angaben in den monatlichen Lohnabrechnungen) in Höhe von 12,4 % der quellensteuerpflichtigen Einkünfte einbehalten und an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) des Kantons Y abgeführt (davon 2,4 % Bundessteuer [Hinweis auf Art. 92 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 in der im Streitjahr geltenden Fassung -DBG- SR 642.11 i.V.m. den Bestimmungen der Verordnung des Eidgenössischen Finanzdepartements -EDF- über die Quellensteuer bei der direkten Bundessteuer vom 19. Oktober 1993 in der im Streitjahr geltenden Fassung -Quellensteuerverordnung, QStV- SR 642.118.2]; und im Übrigen 10 % Staats- und Gemeindesteuer [§ 3 Abs. 1 der Verordnung über die Quellensteuer für natürliche und juristische Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz vom 2. Februar 1994 -Quellensteuerverordnung II- SR 631.42]; C. des Merkblatts Nr. 29/254 des kantonalen Steueramts über die Quellenbesteuerung von Künstlerinnen und Künstlern, von Sportlerinnen und Sportlern sowie von Referentinnen und Referenten ohne Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz vom 1. Januar 2015). Das Opernhaus Y zahlte x.xxx,xx CHF an die ESTV (s. Anlage K4 zum Schriftsatz des Klägers vom 9. Februar 2016, zu Quellensteuer, Bl. 221, 233 der FG-Akten).
27 
Im Übrigen verpflichtete sich der Kläger vom xx.xx. - xx.xx. des Streitjahres als Mitglied des „Chors ABC (Sänger der YCA)“ an einer Eigenproduktion des Vereins ABC im BC (Kanton Z) mitzuwirken. Die Eigenproduktion betraf die Oper xxx (Hinweis auf den Vertrag mit der YCA vom 18. Dezember 2011, Bl. 388 der FG-Akten; vgl. hierzu: B.VI.4. der Niederschrift I). Auch im Jahr 2009 hatte der Kläger ein Engagement beim Chor ABC als Sänger der YCA.
28 
In den „Honorarabrechnungen“ vom 20. Juli und von 22. August 2012 (Anlage K5 zur Einkommensteuererklärung vom 17. Oktober 2014, Bl. 14, 30 und 31 der RB-Akten) rechnete die YCA über die Vergütungen des Klägers für dessen Teilnahme an der Opernaufführung im BC ab. Vom „Bruttolohn“ des Klägers wurden seine Beiträge an die AHV bzw. ALV einbehalten. Im Übrigen zahlte die YCA neben Beiträgen an die AHV/IV und ALV Beiträge an eine Berufsunfallversicherung.
29 
Von den Vergütungen des Klägers als Mitglied des Chors BC (Sänger der YCA) wurde Schweizerische Quellensteuer für Künstler in Höhe von xxx,xx CHF einbehalten und an die ESTV des Kantons Z abgeführt (s. die Honorarabrechnungen lt. Anlage K5 zur Einkommensteuererklärung vom 17. Oktober 2014 und Anlage K4 zum Schriftsatz des Klägers vom 8. Februar 2016 zu Quellensteuer, Bl. 221, 233 der FG-Akten).
30 
Eine Quellensteuererhebung durch die ESTV nach den Vorschriften für Grenzgänger erfolgte im Streitfall nicht und wurde ersichtlich auch nicht in Betracht gezogen (Art. 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Schweiz 1971/1992 i.V.m. Art. 15a Abs. 3 Buchtstabe b DBA-Schweiz 1971/1992; § 9 Abs. 2 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft [Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung -KonsVerCHEV- vom 20. Dezember 2010, BGBl I 2010, 2187; BStBl I 2011, 148]; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 19. September 1994 IV C 6 S 1301 Schz - 60/94, BStBl I 1994, 683, Tz. 4; das BMF-Schreiben beruht auf einer Verständigungsvereinbarung i.S.v. Art. 15a Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 bzw. Art. 26 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971, s. das Einführungsschreiben der ESTV Abteilung für internationales Steuerrecht und Doppelbesteuerungsschreiben zu Art. 15a DBA-D vom 6. September 1994 in: Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Deutschland Band 1 A 3.3.10).
31 
Der Kläger besaß im Streitjahr ein Wohnmobil (xxx), das nach dem Streitjahr wegen eines Unfalls entsorgt werden musste. In diesem -für seine Zwecke angemessen ausgestatteten- Wohnmobil hat der Kläger u.a. während über mehrere Tage sich hinziehenden Vorstellungs- und Probeterminen übernachtet, und zwar auf dem Campingplatz: „Camping Y  (s. hierzu auch die Feststellungen lt. B.V.3. und VIII.1. der Niederschrift I bzw. VIII. der Niederschrift II; Schriftsätze des Klägers vom 2. März 2015 zu 1., Bl. 56 ff. der FG-Akten; vom 1. Dezember 2015, Bl. 138 der FG-Akten). Im Übrigen hat der Kläger auch hin und wieder bei Kollegen übernachtet.
32 
Das Gleiche gilt auch hinsichtlich der Teilnahme des Klägers an der Opernproduktion der Vereins ABC als Sänger der YCA.
33 
Nach seinen Angaben ist er im Streitjahr aufgrund seiner Arbeitsausübung an 85 Arbeitstagen in Y bzw. in C nicht an seinen Wohnsitz A zurückgekehrt (s. Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992; s. Anlage K6 zum Schriftsatz des Klägers vom 29. Januar 2016, Bl. 162, 185 ff. der FG-Akten; Schriftsatz vom 2. September 2014 als Anlage zum Schriftsatz des Beklagten [Finanzamt -FA-] vom 9. März 2015, Bl. 73 ff. der FG-Akten). Dies ist zwischen den Beteiligten nach deren Erklärungen in der mündlichen Verhandlung unstreitig.
34 
Der Liste über die Nichtrückkehrtage nicht beigefügt wurden die amtlich vorgeschriebenen Vordrucke Gre-3c mit Bescheinigungen der Arbeitgeber (des Opernhauses Y und der YCA) über die Nichtrückkehr des Klägers an mehr als 60 Arbeitstagen (im Folgenden: Arbeitgeberbescheinigung) und einem Sichtvermerk der zuständigen Steuerbehörden der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) der Kantone Y und Z (Hinweis auf § 10 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 KonsVerCHEV bzw. II.5. des Verhandlungsprotokolls zum Änderungsprotokoll vom 18. Dezember 1991 -Verhandlungsprotokoll- [BGBl II 1993, 1889, BStBl I 1993, 929]; BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683 Tz. 18 i.V.m. Anlage 3, BStBl I 1994, 683, 703-709; Fach A Teil 5 Nummer 4 des Grenzgängerhandbuchs der Finanzverwaltung Baden-Württemberg -Grenzgängerhandbuch-).
35 
Die Entfernung zwischen der Wohnung des Klägers in A und dem Opernhaus Y bzw. den anderen Einsatzorten des Klägers (X bzw. im H-Saal) in Y betrug im Streitjahr ca. 118 km, die regelmäßige Fahrtdauer mindestens 1 ½ Stunden (s. VIII.1. der Niederschrift I; Schriftsatz des Klägers vom 30. April 2016, Bl. 440 der FG-Akten).
36 
Die Entfernung zwischen dem Wohnort des Klägers und dem BC beträgt ca. 95 km, die Fahrtdauer ca. 1 Stunde 10 Minuten (www.google.de/maps/…).
37 
Das FA gab am 27. November 2013 (einem Mittwoch) einen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr zur Post, in dem es die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO) schätzte, weil der Kläger bis dahin keine Einkommensteuererklärung eingereicht hatte. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Satz 1 AO). Die festgesetzte Steuer betrug xxx EUR. Die Schweizerische Quellensteuer wurde nicht berücksichtigt. Hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers als Chorsänger am Opernhaus Y wurden Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG 2012) in Höhe von xx.xxx EUR angesetzt (unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 5. Oktober 1990 IV B 6 S 2332 73/90, BStBl I 1990, 638 Rn. 1.). Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2013 (einem Freitag) am 8. Januar 2014 (einem Mittwoch) und damit verspätet Einspruch ein (Bl. 11 der H-Akte). Wie das Schreiben vom 27. Dezember 2013 zum FA gelangt ist, ist nicht bekannt.
38 
Mit Schreiben vom 26. Juni 2014 beantragte der Kläger, nunmehr vertreten durch den Prozessbevollmächtigten des vorliegenden Klageverfahrens, gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 AO die Änderung des Einkommensteuerbescheids. Diesen Antrag lehnte das FA mit Verfügung vom 28. Juli 2014, der eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt ist, ab (Bl. 49 der H-Akte).
39 
Mit Schreiben vom 5. August 2014 teilte der Kläger unter Bezugnahme auf sein bei-gefügtes -an seinen Bevollmächtigten gerichtetes- Schreiben vom 1. August 2014 mit, dass er gegen die Bescheide des FA jeweils immer Einspruch eingelegt habe. Im Schreiben vom 15. August 2014 teilte der Kläger mit, dass er kurzfristig versuchen werde, den tatsächlich vorliegenden Lebenssachverhalt hinsichtlich des Streitjahres aufzuklären und eine Einkommensteuererklärung beim FA einzureichen. Im am 1. September 2014 beim FA eingereichten Schriftsatz erklärte der Kläger, dass seine Einkünfte aus dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Opernhaus Y und der YCA u.a. für das Streitjahr in Deutschland insgesamt steuerfrei seien.
40 
Am 2. Oktober 2014 reichte der Kläger die Einkommensteuererklärung beim FA ein. Dabei ermittelte er seine Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Chorsänger am Opernhaus Y und beim Chor ABC auf insgesamt xx.xxx EUR (=xx.xxx EUR [Auftritte] + xx.xxx EUR [Proben]; Anlage 3 zum Schriftsatz des Klägers vom 2. September 2014, Bl. 57, 12 der Rb-Akten). Er vertrat die Auffassung (Schriftsatz vom 2. September 2014, zu 4., Bl. 57, 59 der Rb-Akten), dass die Vergütungen/Honorare für seine Auftritte bei den Einkünften als berufsmäßiger Künstler zu berücksichtigen seien für seine in dieser Eigenschaft ausgeübte Tätigkeit (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971). Diese Einkünfte könnten im Inland besteuert werden (s. Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971 i.V.m. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971), und die Schweizerische Quellensteuer sei bei der Einkommensteuerfestsetzung anzurechnen (Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Schweiz 1971 i.V.m. § 34c der im Streitjahr geltenden Fassung des Einkommensteuergesetzes -EStG 2012-). Die Vergütungen für die Probentätigkeit unterlägen dagegen als Einkünfte aus unselbständiger Arbeit gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971 (i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971) bzw. nach § 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971 nur der Besteuerung durch die Schweiz. Im Inland seien sie unter Progressionsvorbehalt steuerfrei. Eine Besteuerung seiner Vergütungen aus unselbständiger Arbeit im Inland als Grenzgänger gemäß Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992 komme nicht in Betracht, weil er an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Tätigkeit in Y und C nicht an seinen Wohnsitz im Inland nach A zurückgekehrt, und er deshalb nicht als Grenzgänger zu beurteilen sei.
41 
Am 5. Dezember 2014 gab das FA die Einspruchsentscheidung zur Post. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Die Einspruchsentscheidung führte zu einer Verböserung der Steuerfestsetzung (§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO). Das FA berücksichtigte die gesamten Einnahmen des Klägers aus seiner Tätigkeit am Opernhaus Y und für die YCA in C als im Inland steuerpflichtige Einnahmen aus nicht/unselbständiger Arbeit (zur Höhe der Einkünfte s. die Aufteilung Arbeitslohn Auftritt/Probe 2012 lt. Bl. 71 der Rb-Akten). Die in der Schweiz in Höhe von x.xxx EUR abgeführte Quellensteuer (s. Bl. 71 der Rb-Akten) wurde auf die tarifliche Einkommensteuer angerechnet. Die festgesetzte Einkommensteuer betrug der Höhe nach x.xxx EUR.
42 
Mit seiner form- und fristgerecht erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass seine gesamten Einkünfte aus unselbständiger Arbeit als Chorsänger ausschließlich der Besteuerung in der Schweiz unterliegen würden. Wegen der hierzu vorgetragenen Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Schriftsätze vom 2. März 2015 (Bl. 56 ff. der FG-Akten), vom 1. Juni 2015 (Bl. 106 ff. der FG-Akten), vom 9. Februar 2016 (Bl. 221 ff. der FG-Akten), vom 15. Februar 2016 (Bl. 270 ff. der FG-Akten) und vom 16. Februar 2016 (Bl. 274 ff. der FG-Akten) verwiesen.
43 
Während des Klageverfahrens legte der Kläger mit Schriftsatz vom 8. Februar 2016 nach Abstimmung mit der Verwaltung des Opernhauses Y und der YCA eine neue und berichtigte Berechnung seiner Einkünfte aus seiner Tätigkeit für das Opernhaus Y und die YCA -ausgehend vom Zu- und Abflussprinzip des § 11 in der im Streitjahr geltenden Fassung des Einkommensteuergesetzes -EStG 2012- vor (s. Anlage 4 zum vorgenannten Schriftsatz, Bl. 233 der FG-Akten). Danach betragen seine gesamten Einnahmen als Chorsänger nunmehr xx.xxx,xx CHF (bisher: xx.xxx,xx CHF), die Einnahmen für Auftritte vor Publikum xx.xxx,xx CHF (bisher: xx.xxx,xx CHF) und für Probentätigkeit xx.xxx,xx CHF (bisher: xx.xxx,xx CHF). Die an die ESTV abgeführte Quellensteuer wurde auf insgesamt x.xxx,xx CHF errechnet (s. Anlage a.a.O., Bl. 221, 233 der FG-Akten).
44 
Das Opernhaus Y hatte -hiervon abweichend- auf der Grundlage der monatlichen Lohnabrechnungen für das Streitjahr im Lohnausweis vom 29. Januar 2016 (Anlage K2 zum Schriftsatz des Klägers vom 8. Februar 2016, Bl. 221, 231 der FG-Akten) den „Bruttolohn total“ des Klägers auf xx.xxx CHF ermittelt. Zu den Abweichungen bei den Einnahmen des Klägers als Sänger der YCA wird auf dessen Schriftsatz vom 25. Februar 2016 Bezug genommen (Bl. 316 der FG-Akten).
45 
Das FA gab im Anschluss an die Berechnung der Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit für das Opernhaus Y und die YCA am 6. April 2016 einen Einkommensteueränderungsbescheid zur Post. Als Änderungsbescheid wurde er auf die Vorschrift des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützt. Nach den Erklärungen in der mündlichen Verhandlung gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO im Streitfall gegeben sind.
46 
Der Kläger beantragt, den Einkommensteueränderungsbescheid vom 6. April 2016, die Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2014 und den Einkommensteuerbescheid vom 27. November 2013 ersatzlos aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
47 
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
48 
Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und den Schriftsätzen vom 9. März 2015 (Bl. 72 der FG-Akten) und 19. Mai 2015 (Bl. 85 ff. der FG-Akten).
49 
Während des Klageverfahrens wandte sich der Kläger (erfolglos) an den Petitions-ausschuss des Landtags Baden-Württemberg. Auf dessen Ausführungen aus Anlass der Prüfung der Petition wird Bezug genommen (Schriftsatz des Klägers vom 15. Februar 2016, Bl. 258 ff. der FG-Akten).
50 
Dem Senat lagen folgende Akten vor:
1 Band Hilfsakten Steuernummer: xxxxx/xxxxx
1 Band Rechtsbehelfsakten: Steuernummer: xxxxx/xxxxx
1 Band Hilfsakte/Schätzungsunterlagen ESt ab 2010
1 Band Vollstreckungsakten: Steuernummer: xxxxx/xxxxx
1 Band Einheitswertakten: Aktenzeichen: xx xx
1 Band Akten zur Eigenheimzulage: Steuernummer: xxxxx/xxxxx.

Entscheidungsgründe

 
A.
51 
Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist der Einkommensteueränderungsbescheid vom 6. April 2016 (§ 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
B.
52 
Die Klage ist teilweise begründet. Da der angefochtene Einkommensteueränderungsbescheid vom 6. April 2016 teilweise rechtswidrig ist und dadurch den Kläger in seinen Rechten verletzt, war er aufzuheben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO) und im Umfang -wie im Tenor zu 1. des vorliegenden Urteils dargelegt- durch das Gericht zu ändern (§ 100 Abs. 2 Satz 1 FGO). Das FA hat zu Unrecht die gesamten vom Opernhaus Y und der YCA bezogenen Vergütungen des Klägers der Besteuerung im Inland unterworfen. Lediglich die auftrittsbezogenen Vergütungen unterliegen der Besteuerung im Inland.
53 
I. 1. Die Klage war nicht wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unbegründet abzuweisen (vgl. in diesem Zusammenhang: BFH-Urteil vom 1. September 1998 VIII R 46/93, BFH/NV 1999, 596).
54 
Die Frage, ob dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) zu gewähren war, weil er gegen den ursprünglichen -unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen- Einkommensteuerbescheid vom 27. November 2013 erst am 8. Januar 2014 und damit nach Ablauf der Einspruchsfrist am 30. Dezember 2013 (einem Montag) eingelegt hat, stellt sich dabei nicht. Denn der Kläger hat fristgemäß Einspruch eingelegt mit den Schreiben vom 5.,15. und 27. August 2014 (Bl. 50-62 der H-Akte) gegen die Ablehnung vom 28. Juli 2014 seines Antrags gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO auf Änderung des Einkommensteuerbescheids. Diese Schreiben sind als Einspruch gegen die Ablehnung der Änderung des Einkommensteuerbescheids auszulegen.
55 
a) Außerprozessuale Verfahrenserklärungen sind entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auszulegen. Entscheidend ist, wie das FA als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert der Schreiben verstehen musste. Dabei ist bei auslegungsfähigen Rechtsbehelfen grundsätzlich davon auszugehen, der Steuerpflichtige habe denjenigen Rechtsbehelf einlegen wollen, der seinem materiell-rechtlichen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft. Eine unrichtige Bezeichnung des Einspruchs allein schadet nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht. Lässt deshalb die Äußerung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Rechtsbehelf einlegen will, so ist die Erklärung im Allgemeinen im Wege der rechtsschutzgewährenden Auslegung als Rechtsbehelf zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern (BFH-Beschluss vom 3. November 2010 II B 55/10, BFH/NV 2011, 295, m.w.N.).
56 
b) Im Streitfall entspricht es dem Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2002  1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835), dass die an das FA gesandten Schreiben des Klägers vom 5.,15. und 27. August 2014 in einer Gesamtbetrachtung der darin gemachten Darlegungen als Einspruch auszulegen sind. Das vom Kläger darin ersichtlich verfolgte Ziel, seine Einkünfte aus unselbständiger Arbeit bezüglich seiner Tätigkeit als Opernsänger vom FA als steuerfrei im Inland zu behandeln, konnte nur durch die Aufhebung des Einkommensteuerbescheids vom 27. November 2013 gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO erreicht werden. Aus den Ausführungen der Klägers ergibt sich demzufolge hinreichend deutlich, dass er sich gegen die Ablehnung der Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 27. November 2013 durch den Bescheid vom 28. Juli 2014 wandte und gegen diesen Einspruch einlegen wollte.
57 
II. Im Streitfall kommt auch keine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2014 in Betracht. Eine solche ist zulässig, wenn durch die Einspruchsentscheidung z.B. eine Verböserung erfolgt (§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO; vgl. in diesem Zusammenhang: Steinhauff in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung/Finanz-gerichtsordnung, Kommentar, FGO § 44Anm. 290). Im vorliegenden Fall wurde die Einkommensteuer in der Einspruchsentscheidung mit x.xxx EUR höher festgesetzt als im Einkommensteuerbescheid vom 27. November 2013 mit xxx EUR, ohne dass das FA zuvor einen Verböserungshinweis gegeben hatte.
58 
Eine Zurückverweisung der Sache durch eine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung wegen des unterbliebenen Verböserungshinweises kommt gleichwohl nicht in Betracht. Durch § 367 Abs. 2 Satz 2 AO soll erreicht werden, dass der Steuerpflichtige einer verbösernden Entscheidung durch rechtzeitige Rücknahme seines Einspruchs zuvorkommen kann. Diesem Zweck entsprechend greift § 367 Abs. 2 Satz 2 AO nicht ein, wenn -wie z.B. im Streitfall- eine Entscheidung zum Nachteil des Steuerpflichtigen ungeachtet der Rücknahme seines Einspruchs möglich ist, weil die Änderung des angegriffenen Einkommensteuerbescheids wegen des beigefügten Vorbehalts der Nachprüfung erfolgen konnte (BFH-Urteil vom 10. November 1989 VI R 124/88, BStBl II 1990, 414).
59 
III. Der Kläger war im Streitjahr im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.
60 
1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG 2012 sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Nach § 8 AO hat jemand dort einen Wohnsitz, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ein Wohnsitz setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige von dort aus seiner täglichen Arbeit nachgeht. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass der Steuerpflichtige sich während einer Mindestzahl von Tagen oder Wochen im Jahr in der Wohnung aufhält (BFH-Urteil vom 19. März 1997 I R 69/96, BStBl II 1997, 447, Entscheidungsgründe zu II.3.). Das Vorliegen einer Wohnung setzt weder einen ständigen noch einen zeitlich überwiegenden Aufenthalt an dem betreffenden Ort voraus (BFH-Urteil vom 24. April 2007 I R 64/06, BFH/NV 2007, 1893, Entscheidungsgründe zu II.1.c). Es genügt, dass sich der Steuerpflichtige mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit in der Wohnung aufhält (BFH-Urteil vom 17. Mai 1995 I R 8/94, BStBl Il 1996, 2, Entscheidungsgründe zu II.1.).
61 
Ob die Voraussetzungen des § 8 AO erfüllt sind, ist nach den objektiv erkennbaren Umständen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 22. August 2007 III R 89/06, BFH/NV 2008, 351), wobei alle Umstände herangezogen werden können, die nach der Lebenserfahrung den Schluss erlauben, dass der Steuerpflichtige die Wohnung innehat, um sie als solche zu benutzen (BFH-Urteil in BStBl II 1997, 447, Entscheidungsgründe zu II.3.). Der Wille des Steuerpflichtigen kann nur insoweit berücksichtigt werden, als er sich objektiv nach außen manifestiert (Buciek in: Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, AO, FGO, Nebengesetze, Kommentar, AO § 8, Anm. 38).
62 
2. Nach diesen Rechtsgrundsätzen hatte der Kläger im Streitjahr in A, ... gasse x seinen Wohnsitz. Er hatte dort eine Wohnung inne. Die Wohnung bestand nach den Feststellungen des erkennenden Senats aus zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten. Sie stellte eine den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers entsprechende Bleibe dar (Hinweis u.a. auf die Angaben in der Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf den 1. Januar 1989 zu 5. lt. den Einheitswertakten). Aufgrund des Eigentums am Grundstück ... gasse x in A hatte der Kläger auch die -für die Annahme des Wohnsitzes- erforderliche eigene Verfügungsmacht (und Hausrecht) über die zum Aufenthalt geeigneten und entsprechend eingerichteten Räume. Des Weiteren hat er diese Wohnung mit einer gewissen Regelmäßigkeit genutzt (s. die Abgaben zum Stromverbrauch im Schriftsatz des FA vom 9. März 2015, Bl. 72 der FG-Akten).
63 
Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass der Kläger sich auf die Grenzgängerregelung des Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 beruft. Grenzgänger ist nach Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 jemand, der in dem anderen Vertragstaat (hier: Schweiz) seinen Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an seinen Wohnsitz im Inland (hier: A) zurückkehrt. Wie sich im Übrigen aus der Aufstellung der Nichtrückkehrtage ergibt (Anlage K6 zum Schriftsatz des Klägers vom 29. Januar 2016, Bl. 162, 185 ff. der F-Akten), ist der Kläger lediglich an 85 Arbeitstagen nicht in seine Wohnung in A von seinen Arbeitsorten in der Schweiz zurückgekehrt. Er hat demzufolge die Wohnung in A in einem weit über eine lediglich besuchsweise Nutzung hinausgehenden Umfang im Streitjahr aufgesucht.
64 
Des Weiteren berücksichtigt der erkennende Senat, dass -unberührt von den zuvor dargelegten Erwägungen- nach den Gesamtumständen des vorliegenden Falles ansonsten nur das Wohnmobil des Klägers als dessen Wohnsitz in Betracht käme, nachdem die nichteheliche Lebensgemeinschaft mit E in X/Kanton Z vor dem Streitjahr geendet hatte (Hinweis auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 13. August 2014 im Klageverfahren 3 K 4277/12, Bl. 409 ff. der FG-Akten 3 K 4277/12).  Mobile Einrichtungen aller Art (wie z.B. auch Wohnmobile) gelten aber nicht als Wohnungen i.S.v. § 8 AO (Buciek in Beermann/Gosch, a.a.O., § 8 Anm. 15; Schmidt/Heinicke, EStG, Kommentar, 35. Aufl., 2016, § 1 Anm. 21; Musil in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, AO § 8 Anm. 21; Drüen in: Tipke/Kruse, Kommentar zu AO und FGO, § 8 AO Anm. 5 [Seite 4 unten]; jeweils mit weiteren Nachweisen).
65 
3. Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des Klägers hat zur Folge, dass sich nach dem Welteinkommensprinzip die inländische Steuerpflicht auf alle steuerbaren Einkünfte erstreckt und zwar unabhängig davon, ob sie im Inland oder -wie z.B. im Streitfall- in der Schweiz erzielt wurden (§ 1 Abs. 1 EStG 2012 i.V.m. § 2 Abs. 1 EStG 2012). Hierzu rechnen im Streitfall die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit (§ 1 Abs. 1 EStG 2012 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 19 EStG 1012) aus seiner in Y (siehe nachfolgend zu a und b) und C (siehe nachfolgend zu c) ausgeübten Tätigkeit als Chorsänger.
66 
a) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 2012 gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Nach § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV), die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) für die Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs auch in Bezug auf eine Tätigkeit im Ausland heranzuziehen sind (BFH-Urteile vom 11. November 2009 I R 50/08, BFH/NV 2010, 647; vom 16. Dezember 2008 I R 23/07, juris), liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Das ist der Fall, wenn die Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (BFH-Urteile vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, BStBl II 1985, 661; vom 23. Oktober 1992 VI R 59/91, BStBl II 1993, 303; vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534; vom 18. Juni 2015 VI R 77/12, BStBl II 2015, 903).
67 
Der Arbeitnehmerbegriff lässt sich nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nicht durch eine Aufzählung feststehender Merkmale abschließend bestimmen. Das Gesetz bedient sich nicht eines tatbestandlich scharf umrissenen Begriffs. Es handelt sich vielmehr um einen offenen Typusbegriff, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen beschrieben werden kann. Die Frage, ob jemand eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist deshalb anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen.
68 
Hierzu hat der BFH in den Urteilen in BStBl II 1985, 661 und vom 30. Mai 1996 V R 2/95 (BStBl II 1996, 493) zahlreiche Kriterien (Indizien) beispielhaft aufgeführt, die für die bezeichnete Abgrenzung Bedeutung haben können. Diese Merkmale sind im konkreten Einzelfall jeweils zu gewichten und gegeneinander abzuwägen (BFH-Entscheidungen vom 9. September 2003 VI B 53/03, BFH/NV 2004, 42; vom 9. November 2004 VI B 150/03, BFH/NV 2005, 347; vom 16. November 2006 VI B 74/06, BFH/NV 2007, 235; vom 7. November 2006 VI R 81/02, BFH/NV 2007, 426; vom 9. August 1990 V R 115/85, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 1991, 138; jeweils m.w.N.; s. zur arbeitsrechtlichen Rechtsprechung zum Arbeitnehmerstatus eines Opernsängers: Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 7. Februar 2007 5 AZR 270/06, juris).
69 
b) Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Mitglied des Chores des Opernhauses Y bei Würdigung aller im vorliegenden Streitfall in Betracht kommenden Merkmale, die sich zum Teil aus dem Schweizer (Arbeits- und Sozial-)Recht ergeben, nichtselbständig tätig geworden.
70 
aa) Hierfür spricht in besonderem Maße, dass der Kläger in den Geschäftsbetrieb des Opernhauses Y eingegliedert war. Er war in den Organisationsablauf eingebunden, weil er dem Direktionsrecht der Chordirektion des Opernhauses Y unterstand. Er hatte die von der Chordirektion von vorneherein festgelegten Regelarbeitszeiten für Chormitglieder -strikt, um eine Kündigung zu vermeiden- einzuhalten (z.B. mittwochs und samstags von 10.00 bis 13.00 Uhr und an anderen Tagen einschließlich Wochenendtagen -s. die Angaben zu Seite 7 Abs. 3 und 4 des Tatbestandes- und die in den Chorzuzügerverträgen festgelegten Proben- und Vorstellungstermine), wobei nur der Montag- und Dienstagvormittag arbeitsfrei waren. Darüber hinaus wurden noch Probentermine angeordnet von Regisseuren (Dirigenten usw.), an denen der Kläger als Mitglied des Opernchores teilzunehmen hatte (Hinweis auf die diesbezüglichen Bestimmungen über Änderungen von Terminen lt. den Chorzuzügerverträgen). Bei Aufführungen im Opernhaus war der Kläger verpflichtet bis zum Ende der Vorstellung im Opernhaus anwesend zu sein, damit zur Entgegennahme des Schlussapplauses das gesamte Ensemble auf der Bühne war. Im Übrigen hatte er 45 Minuten vor der jeweiligen Vorstellung im Opernhaus anwesend zu sein.
71 
bb) Wesentlich für die Annahme einer unselbständigen Tätigkeit ist in dem zuvor dargelegten Zusammenhang, dass der Kläger nicht nur kurz mit dem Geschäftsbetrieb (Theaterbetrieb) des Opernhauses in Berührung kam, sondern ständig in den Geschäftsbetrieb des Opernhauses Y eingebunden war, weil er -über die gesamte Woche verteilt (einschließlich der Wochenenden)- feste Arbeitszeiten zu beachten, daneben auch noch kurzfristig angeordneten Arbeitszeiten nachzukommen hatte (Hinweis auf die Vereinbarung von [zusätzlichen] Terminen lt. dem täglichen Probeplan -s. z.B. den Chorzuzügervertrag zur Oper xxxxx). Über seine Arbeitszeit konnte er demzufolge nicht frei verfügen. Auch dieser Umstand spricht für eine nichtselbständige Tätigkeit (BFH-Urteil in UR 1991, 138).
72 
cc) Für eine nichtselbständige Tätigkeit des Klägers spricht auch, dass der Ort der Tätigkeit durch die Chordirektion des Opernhauses Y festgelegt wurde. Proben wurden dementsprechend durchgeführt in Y u.a. auch im Orchesterprobesaal X, im H-Saal und im Opernhaus, Aufführungen dagegen nur im Opernhaus Y.
73 
dd) Mitentscheidend für die Annahme einer unselbständigen Tätigkeit ist des Weiteren, dass der Kläger feste Bezüge ausbezahlt erhielt. In den Chorzuzügerverträgen wurden gestaffelt nach der Teilnahme an Vorstellungen und Generalproben einerseits und an Proben und Endproben andererseits der Höhe nach festgelegte Honorare vereinbart (z.B. bezüglich der Oper xx: xxx CHF pro Vorstellung und für die Generalprobe, xxx CHF pro [ggf. zusätzlicher] Probe und für den Fall, dass eine Endprobe über drei Stunden dauert: xxx CHF).
74 
ee) Aus der Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Opernhaus Y über die vorneherein festgelegten festen Bezüge folgt des Weiteren, dass der Kläger kein Unternehmerrisiko zu tragen hatte (z.B. in Gestalt eines Vergütungsrisikos, s. hierzu: Eisgruber in: Kirchhof, EStG, Kommentar, 15. Aufl., 2016, § 19 EStG Anm. 31 mit umfangreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung; Urteil des FG Köln vom 11. Dezember 1990 2 K 235/86, EFG 1991, 534), wobei die Übernahme eines solchen Risikos für eine selbständige Tätigkeit des Klägers hätte sprechen können. Er konnte durch die Qualität seiner Darbietungen als Chortenor Zahl und Umfang seiner Verpflichtungen beim Opernhaus Y und somit seiner Einnahmen nicht maßgeblich beeinflussen. Zukünftige Engagements des Klägers hingen im Wesentlichen davon ab, ob festangestellte Sängerinnen und Sänger in ausreichender Zahl zur Verfügung standen.
75 
ff) Auch wenn die Tätigkeit des Klägers als Chortenor auf einer großen Zahl mit dem Opernhaus Y abgeschlossenen sog. „Chorzuzügerverträgen“ beruht, folgt hieraus nicht, dass der Kläger selbständig tätig war. Allein für das Streitjahr wurden 16 solcher Verträge abgeschlossen. Auf ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Opernhaus Y und dem Kläger deutet jedoch der Umfang der eingegangenen Proben- und Vorstellungsverpflichtungen (einschließlich der Vereinbarung von Regelarbeitszeiten und zusätzlichen Arbeiten) und der Umstand hin, dass der Kläger schon seit Jahren auf diese Weise an das Opernhaus Y gebunden ist. Während der gesamten Laufzeit der Chorzuzügerverträge war der Kläger auf Grund der zuvor dargelegten Umstände während der jeweiligen Spielzeiten (von September bis Juli -s. Kalendarium lt. www. xxxxxx-) nicht als frei in der Gestaltung seiner Tätigkeit gegenüber dem Opernhaus anzusehen. Der Kläger war wie ein fest beim Opernhaus Y angestellter Chorsänger in den Opernbetrieb eingegliedert (Hinweis auf den vom Kläger abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 27. September 2011 für den Zeitraum August bis Oktober 2011). Das Opernhaus Y hat deshalb im Wesentlichen während der hier in Rede stehenden Spielzeiten über die gesamte Arbeitskraft des Klägers verfügt. Dem Kläger blieb während der Laufzeit der Chorzuzügerverträge während der Opernsaison kaum Zeit für eigene Dispositionen in Gestalt von sonstigen Auftritten. Dies rechtfertigt die Annahme eines zwischen dem Kläger und dem Opernhaus Y bestehenden Arbeitsverhältnisses (BFH-Urteile vom 6. November 1970 VI R 385/65, BStBl II 1971, 22; vom 24. Mai 1973 IV R 118/72, BStBl II 1973, 636).
76 
gg) Ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine Unselbständigkeit sieht der erkennende Senat darin, dass dem Kläger eine nach Schweizer Recht nur für Arbeitnehmer vorgesehene „Ferienentschädigung“ für die Ferienzeit nach Ende der Spielzeit von Juli bis September zusammen mit den Festbezügen ausgezahlt wurde (wegen weiterer Einzelheiten: Hinweis auf Seite 9 Abs. 3 des Tatbestandes).
77 
hh) Mitentscheidend ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Kläger darüber hinaus auch Anspruch auf weitere Sozialleistungen hatte. Der Kläger war gegen Berufsunfälle (einschließlich von Unfällen auf dem Arbeitsweg) und gegen Berufskrankheiten in der (Schweizerischen) Berufsunfallversicherung und gegen Freizeitunfälle in der Nichtberufsunfallversicherung versichert. Zu diesen Versicherungen für in der Schweiz beschäftigte Arbeitnehmer zahlte (auch) das Opernhaus Y Beiträge (s. hierzu die weiteren Feststellungen des erkennenden Senats lt. Seite 8 Abs. 3 des Tatbestandes).
78 
ii) In dem darlegten Zusammenhang berücksichtigt der erkennende Senat zudem, dass das Opernhaus Y Beiträge zur Absicherung der Risiken Alter, Tod und Invalidität für den Kläger an die AHV/IV gezahlt hat und der Kläger demzufolge (aufschiebend bedingte) Ansprüche beim Eintritt der genannten Risiken gegen die AHV/IV erworben hatte. Die Gründe, die das Opernhaus Y veranlasst haben, den Kläger nicht in der Schweizerischen beruflichen Vorsorge (Hinweis auf die Pensionskasse des Opernhauses Y) zu versichern, sind für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger auch während der Tätigkeit am Opernhaus Y weiterhin in der für Arbeitnehmer vorgesehenen deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg bzw. als Mitglied der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (Bayerische Versorgungskammer) versichert war und Beiträge einbezahlt hat. Inzwischen bezieht er von diesen Versicherungen eine Altersrente bzw. ein Altersruhegeld.
79 
jj) Schließlich berücksichtigt der erkennende Senat, dass über die Vergütungen des Klägers vom Opernhaus Y ein für in der Schweiz beschäftigte Arbeitnehmer vorgesehener „Lohnausweis“ ausgestellt wurde und das Opernhaus Y Beiträge in die für Arbeitnehmer obligatorisch vorgesehene Arbeitslosenversicherung gegen die wirtschaftlichen Folgen von Arbeitslosigkeit einbezahlt hat. Es handelt sich insoweit um eine reine „Arbeitnehmerversicherung“, der auch Grenzgänger (wie z.B. der Kläger) unterfallen (Scartazzini/Hürzeler, a.a.O., § 20 Rz. 1 und 20 ff.).
80 
c) Nach dem Gesamtbild der zu berücksichtigenden Verhältnisse ist der Kläger auch bei seiner (außerhalb der Spielzeit des Opernhauses Y erfolgten) Mitwirkung bei der Aufführung der Oper xxx im BC als Mitglied des Chors ABC und Sänger der YCA im Juli/August des Streitjahres nichtselbständig tätig geworden. Die für diese Beurteilung zu berücksichtigenden Merkmale stimmen mit den zuvor dargelegten Umständen, die eine nichtselbständige Tätigkeit des Klägers als Mitglied des Opernchors begründen, im Wesentlichen überein. Auf diese wird deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Hieran anschließend sprechen folgende Erwägungen für eine nichtselbständige Tätigkeit des Klägers:
81 
Der Kläger war in den Festspielbetrieb der YCA in Zusammenhang mit der Produktion der Oper xxx fest eingegliedert. Die YCA verfügte über die gesamte Arbeitskraft des Klägers als Sänger. Der Kläger war nicht frei in der Disposition seiner Tätigkeit. Er hatte sich an feste Arbeitszeiten (aus Anlass der Proben und Vorstellungen) zu halten. Der Umfang seiner Beanspruchung war mit täglichen Vorstellungen im Juli und August des Streitjahres so festgelegt, dass er daneben z.B. keine andere Aktivität als Sänger entfalten konnte. Er erhielt von vorneherein vereinbarte feste Bezüge ausbezahlt. Er hatte kein Unternehmerrisiko zu tragen. Hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeiten für die Proben und Vorstellungen unterlag der Kläger den Weisungen der YCA bzw. denjenigen der Dirigenten, Regisseure usw. Die soziale Absicherung entsprach auf der Basis des maßgeblichen Schweizer Rechts mehr derjenigen eines unselbständigen Arbeitnehmers (Absicherung gegen Berufs- und Nichtberufsunfälle und bei der ALV gegen die wirtschaftlichen Folgen von Arbeitslosigkeit, im Übrigen bei der AHV/IV gegen das Risiko Alter, Tod und Invalidität, Gewährung einer Ferienentschädigung).
82 
Keine entscheidende Bedeutung für die Entscheidung, ob der Kläger selbständig oder nichtselbständig tätig geworden ist, kommt dem Umstand zu, dass der Kläger bei der Opernproduktion in C nur für ca. einen Monat Vorstellungen zu bestreiten hatte (allerdings ohne Proben). Die für die Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit wesentlichen Merkmale können nicht durch die Einführung einer zeitlichen Begrenzung von bestimmten Tagen ersetzt werden, wobei bei einer länger andauernden Tätigkeit eines „Gastspielers“ eine nichtselbständige Tätigkeit anzunehmen sei (BFH-Urteil in BStBl II 1973, 636, zum Engagement eines Opernsängers als Gastsänger). Entscheidend ist, ob der Sänger während der Dauer des Vertrags als frei oder unfrei zu beurteilen ist. Nach den zuvor dargelegten Erwägungen hat die YCA im Rahmen der Mitwirkung des Klägers als Chortenor bei der Aufführung der Oper xxx über dessen Arbeitskraft verfügt. Dies ist mitentscheidend (neben den weiteren dargelegten Indizien) für die Annahme einer nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers.
83 
IV. Der Kläger unterlag mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Chortenor beim Opernhaus Y und bei der Opernproduktion im BC, die nach den zuvor dargelegten Erwägungen auf Grund des Rechts des Anwendestaates -der Bundesrepublik Deutschland- (Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971; vgl. BFH-Urteil vom 29. April 2009 X R 31/08, BFH/NV 2010, 1649; Wassermeyer/Schwenke in: Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 15 MA Anm. 53 und 54 mit umfangreichen Nachweisen) in abkommensrechtlicher Hinsicht als Vergütungen aus unselbständiger Arbeit zu beurteilen sind, nicht gemäß Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992 als Grenzgänger der Besteuerung im Inland.
84 
1. Nach Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 sind Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragstaat zu besteuern, in dem dieser ansässig ist. Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1992 ist jede in einem Vertragstaat ansässige Person, die im anderen Vertragstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992). Nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 entfällt bei einer in einem Vertragstaat ansässigen Person die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn sie bei einer Beschäftigung im anderen Vertragstaat während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (sog. Nichtrückkehrtage bzw. „Nichtrückkehren“ nach Schweizer Sprachgebrauch).
85 
Der Kläger hat Vergütungen aus unselbständiger Arbeit i.S.v. Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 sowohl vom Opernhaus Y für die Spielzeit 2011/2012 und 2012/2013 als auch von der YCA für seine in der Schweiz in Y und in C/Kanton Z ausgeübte Tätigkeit als Opernchorsänger erhalten, die nach der Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 DBA-Schweiz 1971/1992 nicht der Besteuerung im Inland unterliegen, weil er im Streitjahr an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz im Inland zurückgekehrt ist (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992).
86 
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats spielt es keine Rolle bei der Berechnung der Nichtrückkehrtage, ob bei einer ununterbrochenen Tätigkeit in der Schweiz (wie z.B. im Streitfall) der Arbeitnehmer seine Tätigkeit für einen oder mehrere Arbeitgeber ausgeübt hat (Senatsurteil vom 15. Oktober 2015 3 K 2913/13, nicht rechtskräftig, Revision eingelegt [BFH.Az.: I R 22/16], EFG 2016, 1061; gl.A.: für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2015: BMF-Schreiben vom 18. Dezember 2014 IV B 2 - S 1301 -CHE/07/10015-02, [Internationales Steuerrecht -IStR- 2015, 184], das auf einer Verständigungsvereinbarung mit der ESTV gemäß Art. 26 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971 und Art. 15a Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 beruht; Enz, Grenzgängerregelungen, 2012, ISBN 978-3-7272-8820-3 Rz. 348 ff. [351]; a.A. für das Streitjahr: § 9 Abs. 1 KonsVerCHEV). Hieran hält der erkennende Senat fest.
87 
2. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall ergibt sich Folgendes:
88 
a) Der Kläger ist für das gesamte Streitjahr kein Grenzgänger i.S.d. Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992, weil er nach den Feststellungen des Berichterstatters des erkennenden Senats insgesamt -ohne Berücksichtigung des Arbeitgeberwechsels des Klägers vom Opernhaus Y zur YCA und zurück- an 85 Arbeitstagen (siehe nachfolgend zu aa) und damit entsprechend dem Wortlaut des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung (siehe nachfolgend zu bb) nicht an seinen Wohnsitz im Inland zurückgekehrt ist (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992).
89 
aa) An den 85 Arbeitstagen hat der Kläger nach Arbeitsende zwischen 23.00 und 0.30 Uhr (= Ende der jeweiligen Aufführung und des Abschminkens und Duschens usw. im Opernhaus Y bzw. im BC) in unmittelbarer Nähe zu seinen jeweiligen Arbeitsorten in Y und C in seinem Wohnmobil übernachtet (s. die Angaben des Klägers zum Wohnmobil im Schriftsatz vom 9. Dezember 2015, Bl. 138 [139] der FG-Akten), und er ist demzufolge nicht an seinen Wohnsitz im Inland (in A) zurückgekehrt. Der erkennende Senat folgt den umfangreichen mündlichen Darlegungen und der Aufstellung des Klägers zu den Nichtrückkehrtagen, die u.a. auf den zeitnah gemachten Eintragungen in seinem Terminkalender beruhen (Hinweis auf das Schreiben des Klägers vom 30. April 2016, Bl. 440-444 der FG-Akten), ohne Bedenken(Hinweis in diesem Zusammenhang auf das BFH-Urteil vom 3. November 2010 I R 4/10, BFH/NV 2011, 800 zu II. 2.a, mit weiteren Nachweisen).
90 
Dieser Sachverhalt ist unter den Beteiligten inzwischen nicht mehr streitig. Das FA hat seine Einwendungen gegen die Annahme von 85 Nichtrückkehrtagen aufgegeben (s. insbesondere die Ausführungen des Berichterstatters des erkennenden Senats in der Niederschrift über den Erörterungstermin vom 12. Februar 2016).
91 
bb) An den 85 Arbeitstagen ist der Kläger in Übereinstimmung mit seinen Darlegungen und den Voraussetzungen für die Anerkennung von Nichtrückkehrtagen gemäß Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 nach den gesamten Umständen des vorliegenden Einzelfalls (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO)auf Grund seiner Arbeitsausübung von den jeweiligen Arbeitsorten in Y und C nicht an seinen Wohnsitz im Inland in A zurückgekehrt (z.B. wegen des sehr späten Endes der Aufführungen und des Abschminkens usw. zwischen 23.00 Uhr und 0.30 Uhr, der Entfernung zwischen den Arbeitsorten in Y und C und dem Wohnsitz in A [118 Km und 96 Km], des zeitlichen Umfangs der Ab- und Anreise mit jeweils mindestens 1 ½ Stunden nach Y und 1 ¼ Stunden nach C [unter Berücksichtigung z.B. von Grenzkontrollen, Witterungsumständen, Straßenverhältnissen, Verkehrsverhältnissen auf den befahrenen Autobahnen und Landstraßen usw.], der körperlichen und psychischen Belastung bei der Ausübung seiner Tätigkeit, des Alters des Klägers usw.; s. die Angaben im Schriftsatz des Klägers vom 9. Dezember 2015, Bl. 138 der FG-Akten). „Namentlich“ aus den dargelegten Gründen war dem Kläger die Rückkehr an seinen Wohnsitz an den hier in Rede stehenden Arbeitstagen „unzumutbar“ und „unmöglich“ (§ 8 Abs. 2 Satz 1 KonsVerCHEV). Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig und bedarf (auch deshalb) keiner weiteren Erläuterungen. Auf die zutreffenden Ausführungen im Schriftsatz des Klägers vom 29. Januar 2016, zu 2. wird zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend Bezug genommen (Bl. 162 der FG-Akten).
92 
cc) Angesichts der zuvor dargelegten Erwägungen und darüber hinaus sind keine Gründe erkennbar, die den Kläger aus privaten Gründen (z.B. zur Freizeitgestaltung, zur Pflege privater Kontakte usw.; vgl. hierzu allgemein: Kempermann in: Kempermann/Flick/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Kommentar, Art. 15a Anm. 36 mit weiteren Nachweisen) veranlasst haben könnten, an seinen Arbeitsorten in der Schweiz nach Arbeitsende zwischen 23.00 und 0.30 Uhr zu verbleiben.
93 
3. Gegen die Anerkennung der 85 Arbeitstage als Nichtrückkehrtage kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass hierin Wochenend- und Feiertage enthalten sind (z.B. 1., 7., 8. 15. und 21. Januar usw.; 28., 29. Juli, 4.,5., 11.und 12. August usw.; Hinweis auf die Feststellungen des erkennenden Senats lt. dem Kalender Bl. 442 ff. der FG-Akten), die regelmäßig keine Arbeitstage i.S.d. Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 sind. Diese Tage rechnen jedoch auf Grund der vom Kläger mit der YCA und dem Opernhaus Y abgeschlossenen (Chorzuzüger-)Verträge im Streitfall zu den a.a.O. ausdrücklich vereinbarten Arbeitstagen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 KonsVerCHEV).
94 
4. Gegen die Berücksichtigung der 85 Nichtrückkehrtage kann im Übrigen nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass der Kläger keine Bescheinigung seiner Arbeitgeber (des Opernhauses Y und der YCA) versehen mit einem Sichtvermerk der zuständigen Steuerbehörden der ESTV der Kantone Y und Z vorgelegt hat.
95 
a) Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 5 des Gesetzes vom 30. September 1993 zu dem Protokoll vom 21. Dezember 1992 zum DBA-Schweiz 1971 -Zustimmungsgesetz- (BGBl II 1993, 1886, BStBl I 1993, 927) hat der Arbeitgeber nach amtlich vorgeschriebenem Muster (vgl. hierzu: BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683, Rz 18 i.V.m. Anlage Gre-3a [S. 703 ff. a.a.O.]) die Tage der Nichtrückkehr auf Grund der Arbeitsausübung zu bescheinigen, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr Grenzgänger ist (Art. 15a Abs. 2 DBA-Schweiz 1971/1992). Nach Nr. II. 5 Satz 1 des Verhandlungsprotokolls zum Änderungsprotokoll vom 18. Dezember 1991 -Verhandlungsprotokoll- (BGBl II 1993, 1889, BStBl I 1993, 929) ist die Bescheinigung des Arbeitgebers über die Tage der Nichtrückkehr mit einem Sichtvermerk der für den Arbeitsort zuständigen Finanzbehörde zu versehen. Diese Bescheinigung schließt Ermittlungen der für den Wohnsitz zuständigen Finanzbehörde nicht aus (Nr. II. 5 Satz 2 des Verhandlungsprotokolls).
96 
b) Hiermit übereinstimmend ist nach § 10 Abs. 1 KonsVerCHEV der Arbeitgeber verpflichtet, die Nichtrückkehrtage nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu bescheinigen, wenn er am Ende des Jahres oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während des Kalenderjahrs feststellt, dass die Grenzgängereigenschaft auf Grund der entsprechenden Nichtrückkehrtage entfällt (Satz 1). Der Vordruck ist jeweils unaufgefordert der für den Einbehalt der Abzugsteuer zuständigen Steuerbehörde zuzuleiten, die diese Bescheinigung nach Überprüfung mit einem Sichtvermerk versehen an den Arbeitgeber zur Weiterleitung an den Grenzgänger zurückgibt (Satz 2). Eine Überprüfung der bescheinigten Nichtrückkehrtage ist zulässig (Satz 3). Es können entsprechende Nachweise verlangt werden (Satz 4).
97 
c) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH und des erkennenden Senats ist die Arbeitgeberbescheinigung, auch wenn sie mit einem Sichtvermerk der ESTV versehen ist, im Inland weder für das Finanzamt noch für das Finanzgericht verbindlich (BFH-Urteil vom 3. November 2010 I R 4/10, BFH/NV 2011, 800 zu II. 2.a, mit weiteren Nachweisen). Nach Schweizer Rechtsauffassung wird mit der Bescheinigung des Arbeitgebers auf dem amtlichen Vordruck Gre-3a (BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683, 703) der Nachweis der Nichtrückkehrtage grundsätzlich erbracht, und nur in Ausnahmefällen hat die (Schweizerische) Steuerbehörde das Recht, die bescheinigten Nichtrückkehrtage zu überprüfen (Hinweis auf das Senatsurteil vom 27. September 2012 3 K 994/09, rechtskräftig, juris; Enz, a.a.O., Rz. 352 und 353).
98 
d) Da die Bescheinigung des Arbeitgebers und der Sichtvermerk der ESTV zur Liste der Nichtrückkehrtage für das FG (wie auch für das FA) nicht verbindlich sind, kann wegen ihres Fehlens allein nicht die Anerkennung von in einer Liste aufgeführten Nichtrückkehrtagen verweigert werden. Die Arbeitgeberbescheinigung und der Sichtvermerk sind keine Grundlagenbescheide mit Bindungswirkung (s. § 171 Abs. 10 AO; vgl. hierzu: Klein/Rüsken, AO, Kommentar, 13. Aufl., § 171 Anm. 102 ff. mit weiteren Nachweisen) für die Entscheidung über die Anerkennung von Nichtrückkehrtagen im Besteuerungsverfahren des Arbeitnehmers. Im Übrigen gehen die von Arbeitgebern (gerne und häufig) ausgestellten Bescheinigungen über von Arbeitnehmern verwirklichte Nichtrückkehrtage regelmäßig (von höchst seltenen Ausnahmen abgesehen) von vorneherein ins Leere, weil auch in der Schweiz ansässige Arbeitgeber (hier: das Opernhaus Y und die YCA) grundsätzlich nicht wissen (können), ob ein Arbeitnehmer nach Dienstende nicht an seinen Wohnsitz im Inland zurückgekehrt ist oder ob er sich sonst wo bis zum Arbeitsbeginn am Folgetag aufgehalten hat (Hinweis auf die Angaben im Schriftsatz des Klägers vom 9. Dezember 2015, Bl. 138 der FG-Akten). Entscheidend ist, dass das FG auf Grund der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls auf der Grundlage einer Aufstellung über Nichtrückkehrtage zur Überzeugung gelangt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), dass der Arbeitnehmer tatsächlich an den geltend gemachten Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz im Inland zurückgekehrt ist (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992). Zu dieser Überzeugung ist der erkennende Senat hinsichtlich der 85 vom Kläger in einer Liste geltend gemachten Nichtrückkehrtage gelangt (s.o.).
99 
V. Der Kläger unterliegt mit seinen auftrittsbezogenen Vergütungen vom Opernhaus Y und von der YCA nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 (i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d und Nr. 2 DBA-Schweiz 1971) der Besteuerung im Inland, mit seinen probenbezogenen Einkünften der Besteuerung in der Schweiz nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971 (i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971) und Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971.
100 
1. Nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 können ungeachtet der Artikel 7, 14 und 15 Einkünfte, die berufsmäßige Künstler, wie Bühnen-, Film-, Rundfunk- oder Fernsehkünstler und Musiker, sowie Sportler und Artisten für ihre in dieser Eigenschaft persönlich ausgeübte Tätigkeit beziehen, in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem sie diese Tätigkeit ausüben. Ergänzend wird in Art. 24 Abs. 1 Satz Nr. 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971 bestimmt, dass von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die aus der Schweiz stammenden Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen im Sinne des Art. 15 DBA-Schweiz 1971 ausgenommen werden, soweit sie nicht unter Artikel 17 fallen, vorausgesetzt die Arbeit wird in der Schweiz ausgeübt und sie können in der Schweiz besteuert werden. Soweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DBA-Schweiz 1971 nicht anzuwenden ist, wird bei den aus der Schweiz stammenden Einkünften die mit diesem Abkommen erhobene und nicht erstattete schweizerische Steuer nach Maßgabe der Vorschriften des deutschen Rechts über die Anrechnung ausländischer Steuer auf den Teil der deutschen Steuer angerechnet, der auf diese Einkünfte entfällt (Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz 1971).
101 
a) Der Kläger ist berufsmäßiger Künstler i.S.d. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971.
102 
aa) Der Begriff des (berufsmäßigen) Künstlers ist nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 18. Juli 2001 I R 26/01, BStBl II 2002, 410; vom 8. April 1997 I R 51/96, BStBl II 1997, 679) über die in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 enthaltene Umschreibung („berufsmäßige Künstler, wie Bühnen-, Film-, Rundfunk- oder Fernsehkünstler und Musiker“) hinaus unmittelbar aus dem Abkommen auszulegen (Maßbaum in: Gosch/Kroppen/Grotherr, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar -im Folgenden: Bearbeiter in: G/K/G- Art. 17 OECD-MA Anm. 24). Der abkommensrechtliche Künstlerbegriff setzt sich danach aus zwei Tatbestandselementen zusammen (Wassermeyer/Schwenke in: Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, MA Art. 17 Anm. 22): Zum einen muss es sich um eine persönlich ausgeübte Tätigkeit handeln wie sich aus dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 ergibt, der eine „persönlich ausgeübte Tätigkeit“ verlangt. Zum anderen muss die Tätigkeit -wie aus den in Art 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 genannten „Bühnen-, Fernseh-, Rundfunk- oder Fernsehkünstler(n) und Musiker(n)“ zu folgern ist, vornehmlich der Unterhaltung und keinem anderen Zweck dienen. Es genügt, dass die Tätigkeit ausschließlich oder vorwiegend den Zweck hat, der Zerstreuung oder dem Zeitvertreib zu dienen, zu erheitern oder zu vergnügen. Dagegen setzt der Begriff des Künstlers bzw. der künstlerischen Tätigkeit i.S.d. deutschen (Einkommen-)Steuerrechts nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2012 das Erbringen einer eigenschöpferischen Leistung von einer gewissen Gestaltungshöhe, d.h. eine Leistung voraus, in der die individuelle Anschauungsweise und die besondere Gestaltungskraft des Künstlers zum Ausdruck kommt. Es wird -anders als im Abkommensrecht- ein gewisses „künstlerisches Niveau“ verlangt (Wacker in: Schmidt, EStG, Kommentar, 35. Aufl., § 18 Anm. 66 mit umfangreichen Nachweisen zur steuergerichtlichen Rechtsprechung).
103 
bb) Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist der Kläger mit seiner Tätigkeit als Mitglied des Opernchores des Opernhauses Y und des Chors der YCA als Künstler i.S.d. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 tätig geworden. Er übte eine kunstinterpretierende Tätigkeit im Bereich der klassischen Musik, die in Übereinstimmung mit Sinn und Zweck der künstlerischen Tätigkeit i.S.d. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 vorwiegend der Zerstreuung und dem Zeitvertreib des Publikums diente, in der Öffentlichkeit aus (im Opernhaus Y und bei den Cer Festspielen). Auf das künstlerische Niveau der Tätigkeit des Klägers als Ensemblemitglied des Opernchores und des Chores der YCA kommt es -entgegen der wiederholt geäußerten Auffassung des Klägers- nicht an (s. hierzu: Wassermeyer, Deutsches Steuerrecht -DStR- 1995, 555 zu 4. und 5.).
104 
cc) Der Anwendung des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 steht nicht entgegen, dass der Klägernichtselbständig für das Opernhaus Y und die YCA im Streitjahr tätig wurde (Hinweis auf die Erwägungen zu II.3.). Die Vorschrift findet nach ihrem Wortlaut, der insoweit keine Einschränkung enthält, sowohl bei selbständigen als auch nichtselbständigen Künstlern Anwendung (Stockmann in: Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, 6. Aufl., Art. 17 Anm. 7; Wassermeyer/Schwenke, a.a.O., Art. 17 MA Anm. 2).
105 
b) Voraussetzung für die Anwendung des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 ist, dass eine Vergütung gezahlt wird für eine künstlerische (bzw.) sportliche Tätigkeit vor Publikum quasi coram publico (Maßbaum in: G/K/G, a.a.O., Art. 17 MA Anm. 151). Im Allgemeinen ist nicht Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971, sondern sind andere Artikel (z.B. hier: Art. 15, 15a DBA-Schweiz 1971/1992) anzuwenden, wenn die Einkünfte des Künstlers (bzw. Sportlers) nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der öffentlichen Darbietung des Auftretenden vor Publikum im betreffenden Land (hier: Schweiz) stehen (Abs. 9 Satz 2 OECD-Musterkommentar zu Art. 17 Musterabkommen [MA] eingefügt am 23. Juli 1992; s. aber auch: Abs. 8 Satz 1 und Abs. 9 Satz OECD-Muster-Kommentar eingefügt am 23. Juli 1992; zu dessen Anwendung: Mellinghoff in: Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Eine Festgabe, Seite 35 ff; BFH-Urteil vom 10. Juni 2015 I R 79/13, BStBl II 2016, 326). Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 erfasst nur Vergütungen, die an eine bestimmte künstlerische (bzw. sportliche) Tätigkeit im Auftrittsstaat anknüpfen (Brandis in: Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Schweiz Art. 17 Anm. 29). Daraus ist abzuleiten, dass die Vergütungen in einem direkten Zusammenhang mit dem öffentlichen Auftritt des Künstlers (bzw. Sportlers) stehen müssen (Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts -BGer- vom 6. Mai 2008 2C_276/2007 / zga, Erwägungen zu 5.5.). Die für Trainingsfahrten(-einheiten)gezahlten Vergütungen werden nicht für einen öffentlichen Auftritt eines Sportlers gezahlt und fallen somit nicht in den Anwendungsbereich des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 (Urteil 2C_276/2007 / zga, BGer, a.a.O., Erwägungen zu 6.3.; Maßbaum in: G/K/G, a.a.O., Anm. 52/1; Wassermeyer/Schwenke, a.a.O., Art. 17 MA Anm. 36; Haslinger/Weninger in: Gassner/Lang/Schuch/Staringer [Hrsg.], Die Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen Ansässigkeits- und Quellenstaat im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, Wien 2005, Seite 280 zu 1.2.2.; Dick Molemar, Taxation of International Performing Artistes, Seite 99 zu 4.3.2.; Bláha, Jaromir, Treatment of „Training Activities“ for Artistes and Sportsmen according to he OECD Model Seite 115 ff. zu III. 3.4 [Seite 124 ff.] und 3.6 [Seite 236 ff.]). Für die Probetätigkeit eines Künstlers gilt das Gleiche.
106 
c) Für eine enge Auslegung des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 im zuvor dargelegten Sinn, nach der eine Vergütung für Proben- (bei Künstlern) und Trainingstätigkeit (bei Sportlern) nicht nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 zu besteuern sind spricht, dass ausdrücklich eine „persönlich ausgeübte Tätigkeit“ im Vertragstaat und damit vor Publikum verlangt wird (BFH-Urteil in BStBl II 1997, 679; Maßbaum in: G/K/G a.a.O., Art. 17 OECD-MA, Anm. 34). Eine persönliche Ausübung liegt damit nur vor, wenn der Sportler oder Künstler im anderen Staat anwesend ist und dort vor Publikum künstlerisch bzw. sportlich tätig wird (Loydolt, Steuer Wirtschaft International -SWI- 1996, 392; Hinweis auf die Darlegungen des Klägers im Schriftsatz vom 1. Juni 2015 mit umfangreichen Nachweisen zum internationalen Schrifttum; Urteil des [niederländischen] Gerechtshof Amsterdam vom 6. Oktober 2004 Rechtssache 03/04112, http:/ultspraken.rechtspraak.nl/inziendocument?id=ECLI:NL:GHAMS:2004:AR3482).
107 
d) Für eine enge Auslegung, nach der nur Vergütungen für Auftritte vor Publikum im Tätigkeitsstaat (hier: in der Schweiz) von Art. 17 Abs. 1 Satz 1 erfasst werden, spricht des Weiteren auch die Zielsetzung des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971. Sie besteht darin, das Besteuerungsrecht für Sportler und Künstler, die aufgrund der mit der Berufstätigkeit typischerweise verbundenen Mobilität und vielfachen Einnahmemöglichkeiten hinsichtlich der Einkünfte aus der Auslandstätigkeit im Wohnsitzstaat (hier: in der Bundesrepublik Deutschland) oftmals nur schwer steuerlich erfasst werden können, dem Tätigkeitsstaat (hier: der Schweiz) das Besteuerungsrecht zuzuweisen, für den die praktischen Schwierigkeiten der steuerlichen Erfassung dieser Einkünfte in der Regel geringer sind (BFH-Urteil vom 18. Juli 2001 I R 79/13, BStBl II 2002, 410; Wassermeyer/Schwenke, a.a.O., MA Art. 17 Anm. 1; Maßbaum in: G/K/G, a.a.O., Art. 17 OECD-MA Anm. 1 ff.).
108 
aa) Die steuerliche Erfassung der Einnahmen des Klägers aus seiner in der Schweiz in Y und C ausgeübten unselbständigen Arbeit als Künstler wird im Streitfall jedoch seit dem 1. Januar 1994 bereits durch die Vorschrift über die Grenzgängerbesteuerung nach Art. 15a DBA-Schweiz 1917/1992 gewährleistet, die der Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 vorgeht, weil die Formulierung in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 „ungeachtet der Art. 7, 14 und 15“ nicht um den Hinweis auf Art. 15a DBA-Schweiz 1971 ergänzt wurde (Geiger/Alscher, Internationales Steuerrecht -IStR- 1994, 9 zu 4.4; Kolb/Kubaile, Kompaktkommentar zum Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, 3. Aufl., ISBN 978-3-905718-13-3, Artikel 17 Tz. 1.2.; Enz, a.a.O., Rz. 357).
109 
bb) Danach hat ein im Inland ansässiger, in der Schweiz unselbständig tätiger Künstler seinem schweizerischen Arbeitgeber eine Bescheinigung des für ihn zuständigen Wohnsitzfinanzamtes (hier: des FA) über seine Ansässigkeit im Inland vorzulegen, damit von seinem schweizerischen Arbeitgeber die einzubehaltende Quellensteuer 4,5 % der Vergütungen nicht übersteigt (Art. 15a Abs. 1 Satz 3 DBA-Schweiz 1971/1992 i.V.m. Art. 15a Abs. 3 Buchstabe b DBA-Schweiz 1971/1992; Fach A Teil 5 Anlage Gre-1a-c bzw. Gre- 2 a-c des Grenzgängerhandbuchs der baden-württembergischen Finanzverwaltung -im Folgenden: Grenzgängerhandbuch-). Durch die Ausstellung der Ansässigkeitsbescheinigung erhält das Wohnsitzfinanzamt von den für eine steuerliche Erfassung des nichtselbständigen Künstlers maßgeblichen Tatsachen ausreichend Kenntnis u.a. auch für eigene Ermittlungen (Hinweis z.B. auf den beim FA vorhandenen Vordruck über eine Arbeitsaufnahme als Grenzgänger in der Schweiz; s. Fach B Teil 5 S 2-76). Eine Besteuerung des ggf. im Inland steuerpflichtigen, in der Schweiz unselbständig tätig gewordenen Künstlers bereitet keine Schwierigkeiten in der Praxis, wie sich allein schon aus der Tatsache ergibt, dass beim FA ca. 20.000 in der Schweiz tätige Arbeitnehmer veranlagt werden. Im Übrigen hat auch der in der Schweiz nichtselbständig arbeitende Künstler ein Interesse an dem Erhalt einer Ansässigkeitsbescheinigung seines Wohnsitzfinanzamtes. Nur auf diese Weise kann ein nichtselbständiger Künstler eine Anrechnung der in der Schweiz gezahlten Quellensteuer bei seiner Veranlagung als Grenzgänger i.S.d. Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992 gemäß des entsprechend anzuwenden § 36 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2012 (BFH-Urteil vom 2. März 2010 I R 75/08, BFH/NV 2010, 1820) erreichen: denn die Vorlage einer Ansässigkeitsbescheinigung ist Voraussetzung dafür, dass der nichtselbständige Künstler von der ESTV eine Steuerbescheinigung erhält oder -wie üblich- ein Steuerausweis auf dem Lohnausweis über die einbehaltene Abzugsteuer von seinem Arbeitgeber angebracht wird, der anschließend dem Wohnsitzfinanzamt vorgelegt werden kann (s. hierzu auch: Nr. III. Satz 2 des Verhandlungsprotokolls; § 12 Abs. 1 Satz 1 KonsVerCHEV; Kempermann in: Flick/Wassermeyer/Kempermann, a.a.O., Art. 15a Anm. 30).
110 
e) Hieraus ergibt sich Folgendes für den Streitfall:
111 
aa) Bei den von den Arbeitgebern des Klägers gesondert abgerechneten Vergütungen (Honorare) für die Auftritte des Klägers als Chormitglied im Opernhaus Y und bei den Festspielen in C aus Anlass der Aufführung von Opern handelt es sich um Einkünfte eines berufsmäßigen Künstlers für eine in dieser Eigenschaft persönlich ausgeübte Tätigkeit i.S.d. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971. Der Kläger war bei diesen Anlässen im anderen Staat (hier: Schweiz) anwesend und wurde künstlerisch vor Publikum tätig (zu dessen „Zerstreuung und Zeitvertreib“). Ob das Tätigwerden des Klägers als Chorsänger bei diesen Gelegenheiten ein besonderes künstlerisches Niveau erreicht hat (was vom Kläger selbst wiederholt in Abrede gestellt wurde), ist nicht von Bedeutung (Brandis in: Wassermeyer, a.a.O., Schweiz Art. 17 Rn. 19).
112 
Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz 1971 unterliegen diese Einkünfte der Besteuerung im Inland unter Anrechnung der in der Schweiz gezahlten Quellensteuer, weil die Einkünfte i.S.d. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 von einer Besteuerung ausschließlich in der Schweiz durch Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971 ausgenommen sind (durch den Zusatz a.a.O.: „soweit sie nicht unter Artikel 17 fallen“; Brandis in: Wassermeyer, a.a.O., Schweiz Art. 17 Anm. 39).
113 
bb) Die Vergütungen für die Probentätigkeit des Klägers in Y (u.a. im H-Saal im Orchesterprobesaal X) und im BC, die nach den Feststellungen des erkennenden Senats nicht vor Publikum erfolgte, sind keine Einkünfte im Sinne des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971. Demzufolge kommt, weil der Kläger wegen mehr als 60 verwirklichten Nichtrückkehren kein Grenzgänger i.S.v. Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 ist (s. zuvor zu IV.), die allgemeine Vorschrift zur Besteuerung von Einkünften aus unselbständiger Arbeit gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 2 DBA-Schweiz 1971 zur Anwendung, aus denen sich ein Besteuerungsrecht im Inland nicht ergibt.
114 
aaa) Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971 hat die Schweiz das Besteuerungsrecht hinsichtlich der hier in Rede stehenden Einkünfte des Klägers aus unselbständiger Arbeit, weil die diesbezügliche Probentätigkeit in der Schweiz ausgeübt wurde und die Einnahmen hieraus nicht unter Art. 17 DBA-Schweiz 1971 fallen. Im Inland sind die Einnahmen für diese Tätigkeit bei der Berechnung des Steuersatzes zu berücksichtigen (Art. 24 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971; § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 2012).
115 
bbb) Die Voraussetzungen für ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Vergütungen des Klägers für dessen Probentätigkeit nach Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971 sind nicht erfüllt.
116 
Nach Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971 können Einkünfte einer in einem Vertragstaat ansässigen Person aus einer im anderen Vertragstaat ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit (hier: in der Schweiz) nur im Ansässigkeitsstaat (hier: in der Bundesrepublik Deutschland) besteuert werden, wenn
117 
(a) der Empfänger sich im Tätigkeitsstaat nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhält und
(b) die Vergütungen von einem oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist und
(c) die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder festen Einrichtung des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat getragen werden.
118 
Die Norm statuiert mithin ein ausschließliches Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates, das aber nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Regelung voraussetzt, dass alle dort genannten Bedingungen (kumulativ) erfüllt sind. Fehlt es auch nur an einer von ihnen, so bleibt es bei Einkünften aus einer im anderen Vertragstaat ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit bei dem Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates (hier: der Schweiz) gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971 (BFH-Urteil vom 18. September 2007 I R 93/06, BFH/NV 2008, 206, zu II. 2. b).
119 
Im Streitfall sind die Bedingungen für ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland schon deshalb nicht erfüllt, weil die Vergütungen für die streitige Probentätigkeit des Klägers von Arbeitgebern (dem Opernhaus Y und der YCA) gezahlt wurden, die in der Schweiz (Y) ansässig waren und damit sind die Voraussetzungen für ein Besteuerungsrecht im Inland nach Art. 15 Abs. 2Buchstabe b DBA-Schweiz 1971 nicht erfüllt.
120 
VI. Soweit der angegriffene Einkommensteueränderungsbescheid vom 6. April 2016 als Änderungsbescheid auf die Vorschrift des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützt wurde, bestehen hiergegen keine Bedanken. Dem FA sind die Tatsachen in Gestalt höherer Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit deshalb nachträglich bekannt geworden (Hinweis auf den an das FA gerichteten Schriftsatz des Klägers vom 8. Februar 2016, Bl. 223-251 der FG-Akten), weil es sie im Zeitpunkt des Erlasses des zu ändernden Bescheides (hier: der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2014) weder positiv kannte noch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben hätte kennen müssen (können; Gräber/Rüsken, a.a.O., § 173 Anm. 80 ff. mit Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig und bedarf auch aus diesem Grund keiner weiteren Erläuterungen.
121 
VII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
122 
VIII. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären. Der Kläger konnte die Hilfe eines sach-kundigen Bevollmächtigten für unentbehrlich halten (BFH-Beschluss vom 21. Dezember 1967 VI B 2/67, BStBl II 1968, 181).
123 
IX. 1. Die Revision war zuzulassen. Der Sache kommt grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
124 
2. Der erkennende Senat weicht nicht von den im BFH-Beschluss vom 20. März 2011 I B 178/10 (juris; Zeitschrift für Steuern und Recht -ZSteu- 2011 R504-R505) dargelegten Rechtsgrundsätzen ab (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). A.a.O. hat der BFH entschieden, dass die Vergütungen für eine im Inland ausgeübte künstlerische u.a. Darbietung (§ 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG 2005 und 2006) in Form einer Show als einheitliche Leistung und nicht in getrennte Leistungen für „Proben“ und „Auftritte“ aufgeteilt werden können. Zum Einen stellt sich im vorliegenden Verfahren die Aufteilung in auftrittsbezogene und probenbezogene Einkünfte auf abkommensrechtlicher Ebene nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 und zum Anderen liegt ein im Wesentlichen anders gelagerter Sachverhalt vor (Hinweis z.B. auf die Vereinbarungen lt. den Chorzuzügerverträgen und dem Vertrag mit der YCA zu den Vergütungen für Proben und Aufführungen). Eine vom vorliegenden Urteil abweichende Auffassung vertritt das FG Münster im Beschluss vom 19. Mai 2004 11 V 1848/04 E (rechtskräftig, EFG 2004, 1430).

Gründe

 
A.
51 
Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist der Einkommensteueränderungsbescheid vom 6. April 2016 (§ 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
B.
52 
Die Klage ist teilweise begründet. Da der angefochtene Einkommensteueränderungsbescheid vom 6. April 2016 teilweise rechtswidrig ist und dadurch den Kläger in seinen Rechten verletzt, war er aufzuheben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO) und im Umfang -wie im Tenor zu 1. des vorliegenden Urteils dargelegt- durch das Gericht zu ändern (§ 100 Abs. 2 Satz 1 FGO). Das FA hat zu Unrecht die gesamten vom Opernhaus Y und der YCA bezogenen Vergütungen des Klägers der Besteuerung im Inland unterworfen. Lediglich die auftrittsbezogenen Vergütungen unterliegen der Besteuerung im Inland.
53 
I. 1. Die Klage war nicht wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unbegründet abzuweisen (vgl. in diesem Zusammenhang: BFH-Urteil vom 1. September 1998 VIII R 46/93, BFH/NV 1999, 596).
54 
Die Frage, ob dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) zu gewähren war, weil er gegen den ursprünglichen -unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen- Einkommensteuerbescheid vom 27. November 2013 erst am 8. Januar 2014 und damit nach Ablauf der Einspruchsfrist am 30. Dezember 2013 (einem Montag) eingelegt hat, stellt sich dabei nicht. Denn der Kläger hat fristgemäß Einspruch eingelegt mit den Schreiben vom 5.,15. und 27. August 2014 (Bl. 50-62 der H-Akte) gegen die Ablehnung vom 28. Juli 2014 seines Antrags gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO auf Änderung des Einkommensteuerbescheids. Diese Schreiben sind als Einspruch gegen die Ablehnung der Änderung des Einkommensteuerbescheids auszulegen.
55 
a) Außerprozessuale Verfahrenserklärungen sind entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auszulegen. Entscheidend ist, wie das FA als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert der Schreiben verstehen musste. Dabei ist bei auslegungsfähigen Rechtsbehelfen grundsätzlich davon auszugehen, der Steuerpflichtige habe denjenigen Rechtsbehelf einlegen wollen, der seinem materiell-rechtlichen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft. Eine unrichtige Bezeichnung des Einspruchs allein schadet nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht. Lässt deshalb die Äußerung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Rechtsbehelf einlegen will, so ist die Erklärung im Allgemeinen im Wege der rechtsschutzgewährenden Auslegung als Rechtsbehelf zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern (BFH-Beschluss vom 3. November 2010 II B 55/10, BFH/NV 2011, 295, m.w.N.).
56 
b) Im Streitfall entspricht es dem Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2002  1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835), dass die an das FA gesandten Schreiben des Klägers vom 5.,15. und 27. August 2014 in einer Gesamtbetrachtung der darin gemachten Darlegungen als Einspruch auszulegen sind. Das vom Kläger darin ersichtlich verfolgte Ziel, seine Einkünfte aus unselbständiger Arbeit bezüglich seiner Tätigkeit als Opernsänger vom FA als steuerfrei im Inland zu behandeln, konnte nur durch die Aufhebung des Einkommensteuerbescheids vom 27. November 2013 gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO erreicht werden. Aus den Ausführungen der Klägers ergibt sich demzufolge hinreichend deutlich, dass er sich gegen die Ablehnung der Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 27. November 2013 durch den Bescheid vom 28. Juli 2014 wandte und gegen diesen Einspruch einlegen wollte.
57 
II. Im Streitfall kommt auch keine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2014 in Betracht. Eine solche ist zulässig, wenn durch die Einspruchsentscheidung z.B. eine Verböserung erfolgt (§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO; vgl. in diesem Zusammenhang: Steinhauff in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung/Finanz-gerichtsordnung, Kommentar, FGO § 44Anm. 290). Im vorliegenden Fall wurde die Einkommensteuer in der Einspruchsentscheidung mit x.xxx EUR höher festgesetzt als im Einkommensteuerbescheid vom 27. November 2013 mit xxx EUR, ohne dass das FA zuvor einen Verböserungshinweis gegeben hatte.
58 
Eine Zurückverweisung der Sache durch eine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung wegen des unterbliebenen Verböserungshinweises kommt gleichwohl nicht in Betracht. Durch § 367 Abs. 2 Satz 2 AO soll erreicht werden, dass der Steuerpflichtige einer verbösernden Entscheidung durch rechtzeitige Rücknahme seines Einspruchs zuvorkommen kann. Diesem Zweck entsprechend greift § 367 Abs. 2 Satz 2 AO nicht ein, wenn -wie z.B. im Streitfall- eine Entscheidung zum Nachteil des Steuerpflichtigen ungeachtet der Rücknahme seines Einspruchs möglich ist, weil die Änderung des angegriffenen Einkommensteuerbescheids wegen des beigefügten Vorbehalts der Nachprüfung erfolgen konnte (BFH-Urteil vom 10. November 1989 VI R 124/88, BStBl II 1990, 414).
59 
III. Der Kläger war im Streitjahr im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.
60 
1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG 2012 sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Nach § 8 AO hat jemand dort einen Wohnsitz, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ein Wohnsitz setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige von dort aus seiner täglichen Arbeit nachgeht. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass der Steuerpflichtige sich während einer Mindestzahl von Tagen oder Wochen im Jahr in der Wohnung aufhält (BFH-Urteil vom 19. März 1997 I R 69/96, BStBl II 1997, 447, Entscheidungsgründe zu II.3.). Das Vorliegen einer Wohnung setzt weder einen ständigen noch einen zeitlich überwiegenden Aufenthalt an dem betreffenden Ort voraus (BFH-Urteil vom 24. April 2007 I R 64/06, BFH/NV 2007, 1893, Entscheidungsgründe zu II.1.c). Es genügt, dass sich der Steuerpflichtige mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit in der Wohnung aufhält (BFH-Urteil vom 17. Mai 1995 I R 8/94, BStBl Il 1996, 2, Entscheidungsgründe zu II.1.).
61 
Ob die Voraussetzungen des § 8 AO erfüllt sind, ist nach den objektiv erkennbaren Umständen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 22. August 2007 III R 89/06, BFH/NV 2008, 351), wobei alle Umstände herangezogen werden können, die nach der Lebenserfahrung den Schluss erlauben, dass der Steuerpflichtige die Wohnung innehat, um sie als solche zu benutzen (BFH-Urteil in BStBl II 1997, 447, Entscheidungsgründe zu II.3.). Der Wille des Steuerpflichtigen kann nur insoweit berücksichtigt werden, als er sich objektiv nach außen manifestiert (Buciek in: Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, AO, FGO, Nebengesetze, Kommentar, AO § 8, Anm. 38).
62 
2. Nach diesen Rechtsgrundsätzen hatte der Kläger im Streitjahr in A, ... gasse x seinen Wohnsitz. Er hatte dort eine Wohnung inne. Die Wohnung bestand nach den Feststellungen des erkennenden Senats aus zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten. Sie stellte eine den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers entsprechende Bleibe dar (Hinweis u.a. auf die Angaben in der Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf den 1. Januar 1989 zu 5. lt. den Einheitswertakten). Aufgrund des Eigentums am Grundstück ... gasse x in A hatte der Kläger auch die -für die Annahme des Wohnsitzes- erforderliche eigene Verfügungsmacht (und Hausrecht) über die zum Aufenthalt geeigneten und entsprechend eingerichteten Räume. Des Weiteren hat er diese Wohnung mit einer gewissen Regelmäßigkeit genutzt (s. die Abgaben zum Stromverbrauch im Schriftsatz des FA vom 9. März 2015, Bl. 72 der FG-Akten).
63 
Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass der Kläger sich auf die Grenzgängerregelung des Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 beruft. Grenzgänger ist nach Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 jemand, der in dem anderen Vertragstaat (hier: Schweiz) seinen Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an seinen Wohnsitz im Inland (hier: A) zurückkehrt. Wie sich im Übrigen aus der Aufstellung der Nichtrückkehrtage ergibt (Anlage K6 zum Schriftsatz des Klägers vom 29. Januar 2016, Bl. 162, 185 ff. der F-Akten), ist der Kläger lediglich an 85 Arbeitstagen nicht in seine Wohnung in A von seinen Arbeitsorten in der Schweiz zurückgekehrt. Er hat demzufolge die Wohnung in A in einem weit über eine lediglich besuchsweise Nutzung hinausgehenden Umfang im Streitjahr aufgesucht.
64 
Des Weiteren berücksichtigt der erkennende Senat, dass -unberührt von den zuvor dargelegten Erwägungen- nach den Gesamtumständen des vorliegenden Falles ansonsten nur das Wohnmobil des Klägers als dessen Wohnsitz in Betracht käme, nachdem die nichteheliche Lebensgemeinschaft mit E in X/Kanton Z vor dem Streitjahr geendet hatte (Hinweis auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 13. August 2014 im Klageverfahren 3 K 4277/12, Bl. 409 ff. der FG-Akten 3 K 4277/12).  Mobile Einrichtungen aller Art (wie z.B. auch Wohnmobile) gelten aber nicht als Wohnungen i.S.v. § 8 AO (Buciek in Beermann/Gosch, a.a.O., § 8 Anm. 15; Schmidt/Heinicke, EStG, Kommentar, 35. Aufl., 2016, § 1 Anm. 21; Musil in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, AO § 8 Anm. 21; Drüen in: Tipke/Kruse, Kommentar zu AO und FGO, § 8 AO Anm. 5 [Seite 4 unten]; jeweils mit weiteren Nachweisen).
65 
3. Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des Klägers hat zur Folge, dass sich nach dem Welteinkommensprinzip die inländische Steuerpflicht auf alle steuerbaren Einkünfte erstreckt und zwar unabhängig davon, ob sie im Inland oder -wie z.B. im Streitfall- in der Schweiz erzielt wurden (§ 1 Abs. 1 EStG 2012 i.V.m. § 2 Abs. 1 EStG 2012). Hierzu rechnen im Streitfall die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit (§ 1 Abs. 1 EStG 2012 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 19 EStG 1012) aus seiner in Y (siehe nachfolgend zu a und b) und C (siehe nachfolgend zu c) ausgeübten Tätigkeit als Chorsänger.
66 
a) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 2012 gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Nach § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV), die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) für die Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs auch in Bezug auf eine Tätigkeit im Ausland heranzuziehen sind (BFH-Urteile vom 11. November 2009 I R 50/08, BFH/NV 2010, 647; vom 16. Dezember 2008 I R 23/07, juris), liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Das ist der Fall, wenn die Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (BFH-Urteile vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, BStBl II 1985, 661; vom 23. Oktober 1992 VI R 59/91, BStBl II 1993, 303; vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534; vom 18. Juni 2015 VI R 77/12, BStBl II 2015, 903).
67 
Der Arbeitnehmerbegriff lässt sich nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nicht durch eine Aufzählung feststehender Merkmale abschließend bestimmen. Das Gesetz bedient sich nicht eines tatbestandlich scharf umrissenen Begriffs. Es handelt sich vielmehr um einen offenen Typusbegriff, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen beschrieben werden kann. Die Frage, ob jemand eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist deshalb anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen.
68 
Hierzu hat der BFH in den Urteilen in BStBl II 1985, 661 und vom 30. Mai 1996 V R 2/95 (BStBl II 1996, 493) zahlreiche Kriterien (Indizien) beispielhaft aufgeführt, die für die bezeichnete Abgrenzung Bedeutung haben können. Diese Merkmale sind im konkreten Einzelfall jeweils zu gewichten und gegeneinander abzuwägen (BFH-Entscheidungen vom 9. September 2003 VI B 53/03, BFH/NV 2004, 42; vom 9. November 2004 VI B 150/03, BFH/NV 2005, 347; vom 16. November 2006 VI B 74/06, BFH/NV 2007, 235; vom 7. November 2006 VI R 81/02, BFH/NV 2007, 426; vom 9. August 1990 V R 115/85, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 1991, 138; jeweils m.w.N.; s. zur arbeitsrechtlichen Rechtsprechung zum Arbeitnehmerstatus eines Opernsängers: Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 7. Februar 2007 5 AZR 270/06, juris).
69 
b) Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Mitglied des Chores des Opernhauses Y bei Würdigung aller im vorliegenden Streitfall in Betracht kommenden Merkmale, die sich zum Teil aus dem Schweizer (Arbeits- und Sozial-)Recht ergeben, nichtselbständig tätig geworden.
70 
aa) Hierfür spricht in besonderem Maße, dass der Kläger in den Geschäftsbetrieb des Opernhauses Y eingegliedert war. Er war in den Organisationsablauf eingebunden, weil er dem Direktionsrecht der Chordirektion des Opernhauses Y unterstand. Er hatte die von der Chordirektion von vorneherein festgelegten Regelarbeitszeiten für Chormitglieder -strikt, um eine Kündigung zu vermeiden- einzuhalten (z.B. mittwochs und samstags von 10.00 bis 13.00 Uhr und an anderen Tagen einschließlich Wochenendtagen -s. die Angaben zu Seite 7 Abs. 3 und 4 des Tatbestandes- und die in den Chorzuzügerverträgen festgelegten Proben- und Vorstellungstermine), wobei nur der Montag- und Dienstagvormittag arbeitsfrei waren. Darüber hinaus wurden noch Probentermine angeordnet von Regisseuren (Dirigenten usw.), an denen der Kläger als Mitglied des Opernchores teilzunehmen hatte (Hinweis auf die diesbezüglichen Bestimmungen über Änderungen von Terminen lt. den Chorzuzügerverträgen). Bei Aufführungen im Opernhaus war der Kläger verpflichtet bis zum Ende der Vorstellung im Opernhaus anwesend zu sein, damit zur Entgegennahme des Schlussapplauses das gesamte Ensemble auf der Bühne war. Im Übrigen hatte er 45 Minuten vor der jeweiligen Vorstellung im Opernhaus anwesend zu sein.
71 
bb) Wesentlich für die Annahme einer unselbständigen Tätigkeit ist in dem zuvor dargelegten Zusammenhang, dass der Kläger nicht nur kurz mit dem Geschäftsbetrieb (Theaterbetrieb) des Opernhauses in Berührung kam, sondern ständig in den Geschäftsbetrieb des Opernhauses Y eingebunden war, weil er -über die gesamte Woche verteilt (einschließlich der Wochenenden)- feste Arbeitszeiten zu beachten, daneben auch noch kurzfristig angeordneten Arbeitszeiten nachzukommen hatte (Hinweis auf die Vereinbarung von [zusätzlichen] Terminen lt. dem täglichen Probeplan -s. z.B. den Chorzuzügervertrag zur Oper xxxxx). Über seine Arbeitszeit konnte er demzufolge nicht frei verfügen. Auch dieser Umstand spricht für eine nichtselbständige Tätigkeit (BFH-Urteil in UR 1991, 138).
72 
cc) Für eine nichtselbständige Tätigkeit des Klägers spricht auch, dass der Ort der Tätigkeit durch die Chordirektion des Opernhauses Y festgelegt wurde. Proben wurden dementsprechend durchgeführt in Y u.a. auch im Orchesterprobesaal X, im H-Saal und im Opernhaus, Aufführungen dagegen nur im Opernhaus Y.
73 
dd) Mitentscheidend für die Annahme einer unselbständigen Tätigkeit ist des Weiteren, dass der Kläger feste Bezüge ausbezahlt erhielt. In den Chorzuzügerverträgen wurden gestaffelt nach der Teilnahme an Vorstellungen und Generalproben einerseits und an Proben und Endproben andererseits der Höhe nach festgelegte Honorare vereinbart (z.B. bezüglich der Oper xx: xxx CHF pro Vorstellung und für die Generalprobe, xxx CHF pro [ggf. zusätzlicher] Probe und für den Fall, dass eine Endprobe über drei Stunden dauert: xxx CHF).
74 
ee) Aus der Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Opernhaus Y über die vorneherein festgelegten festen Bezüge folgt des Weiteren, dass der Kläger kein Unternehmerrisiko zu tragen hatte (z.B. in Gestalt eines Vergütungsrisikos, s. hierzu: Eisgruber in: Kirchhof, EStG, Kommentar, 15. Aufl., 2016, § 19 EStG Anm. 31 mit umfangreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung; Urteil des FG Köln vom 11. Dezember 1990 2 K 235/86, EFG 1991, 534), wobei die Übernahme eines solchen Risikos für eine selbständige Tätigkeit des Klägers hätte sprechen können. Er konnte durch die Qualität seiner Darbietungen als Chortenor Zahl und Umfang seiner Verpflichtungen beim Opernhaus Y und somit seiner Einnahmen nicht maßgeblich beeinflussen. Zukünftige Engagements des Klägers hingen im Wesentlichen davon ab, ob festangestellte Sängerinnen und Sänger in ausreichender Zahl zur Verfügung standen.
75 
ff) Auch wenn die Tätigkeit des Klägers als Chortenor auf einer großen Zahl mit dem Opernhaus Y abgeschlossenen sog. „Chorzuzügerverträgen“ beruht, folgt hieraus nicht, dass der Kläger selbständig tätig war. Allein für das Streitjahr wurden 16 solcher Verträge abgeschlossen. Auf ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Opernhaus Y und dem Kläger deutet jedoch der Umfang der eingegangenen Proben- und Vorstellungsverpflichtungen (einschließlich der Vereinbarung von Regelarbeitszeiten und zusätzlichen Arbeiten) und der Umstand hin, dass der Kläger schon seit Jahren auf diese Weise an das Opernhaus Y gebunden ist. Während der gesamten Laufzeit der Chorzuzügerverträge war der Kläger auf Grund der zuvor dargelegten Umstände während der jeweiligen Spielzeiten (von September bis Juli -s. Kalendarium lt. www. xxxxxx-) nicht als frei in der Gestaltung seiner Tätigkeit gegenüber dem Opernhaus anzusehen. Der Kläger war wie ein fest beim Opernhaus Y angestellter Chorsänger in den Opernbetrieb eingegliedert (Hinweis auf den vom Kläger abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 27. September 2011 für den Zeitraum August bis Oktober 2011). Das Opernhaus Y hat deshalb im Wesentlichen während der hier in Rede stehenden Spielzeiten über die gesamte Arbeitskraft des Klägers verfügt. Dem Kläger blieb während der Laufzeit der Chorzuzügerverträge während der Opernsaison kaum Zeit für eigene Dispositionen in Gestalt von sonstigen Auftritten. Dies rechtfertigt die Annahme eines zwischen dem Kläger und dem Opernhaus Y bestehenden Arbeitsverhältnisses (BFH-Urteile vom 6. November 1970 VI R 385/65, BStBl II 1971, 22; vom 24. Mai 1973 IV R 118/72, BStBl II 1973, 636).
76 
gg) Ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine Unselbständigkeit sieht der erkennende Senat darin, dass dem Kläger eine nach Schweizer Recht nur für Arbeitnehmer vorgesehene „Ferienentschädigung“ für die Ferienzeit nach Ende der Spielzeit von Juli bis September zusammen mit den Festbezügen ausgezahlt wurde (wegen weiterer Einzelheiten: Hinweis auf Seite 9 Abs. 3 des Tatbestandes).
77 
hh) Mitentscheidend ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Kläger darüber hinaus auch Anspruch auf weitere Sozialleistungen hatte. Der Kläger war gegen Berufsunfälle (einschließlich von Unfällen auf dem Arbeitsweg) und gegen Berufskrankheiten in der (Schweizerischen) Berufsunfallversicherung und gegen Freizeitunfälle in der Nichtberufsunfallversicherung versichert. Zu diesen Versicherungen für in der Schweiz beschäftigte Arbeitnehmer zahlte (auch) das Opernhaus Y Beiträge (s. hierzu die weiteren Feststellungen des erkennenden Senats lt. Seite 8 Abs. 3 des Tatbestandes).
78 
ii) In dem darlegten Zusammenhang berücksichtigt der erkennende Senat zudem, dass das Opernhaus Y Beiträge zur Absicherung der Risiken Alter, Tod und Invalidität für den Kläger an die AHV/IV gezahlt hat und der Kläger demzufolge (aufschiebend bedingte) Ansprüche beim Eintritt der genannten Risiken gegen die AHV/IV erworben hatte. Die Gründe, die das Opernhaus Y veranlasst haben, den Kläger nicht in der Schweizerischen beruflichen Vorsorge (Hinweis auf die Pensionskasse des Opernhauses Y) zu versichern, sind für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger auch während der Tätigkeit am Opernhaus Y weiterhin in der für Arbeitnehmer vorgesehenen deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg bzw. als Mitglied der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (Bayerische Versorgungskammer) versichert war und Beiträge einbezahlt hat. Inzwischen bezieht er von diesen Versicherungen eine Altersrente bzw. ein Altersruhegeld.
79 
jj) Schließlich berücksichtigt der erkennende Senat, dass über die Vergütungen des Klägers vom Opernhaus Y ein für in der Schweiz beschäftigte Arbeitnehmer vorgesehener „Lohnausweis“ ausgestellt wurde und das Opernhaus Y Beiträge in die für Arbeitnehmer obligatorisch vorgesehene Arbeitslosenversicherung gegen die wirtschaftlichen Folgen von Arbeitslosigkeit einbezahlt hat. Es handelt sich insoweit um eine reine „Arbeitnehmerversicherung“, der auch Grenzgänger (wie z.B. der Kläger) unterfallen (Scartazzini/Hürzeler, a.a.O., § 20 Rz. 1 und 20 ff.).
80 
c) Nach dem Gesamtbild der zu berücksichtigenden Verhältnisse ist der Kläger auch bei seiner (außerhalb der Spielzeit des Opernhauses Y erfolgten) Mitwirkung bei der Aufführung der Oper xxx im BC als Mitglied des Chors ABC und Sänger der YCA im Juli/August des Streitjahres nichtselbständig tätig geworden. Die für diese Beurteilung zu berücksichtigenden Merkmale stimmen mit den zuvor dargelegten Umständen, die eine nichtselbständige Tätigkeit des Klägers als Mitglied des Opernchors begründen, im Wesentlichen überein. Auf diese wird deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Hieran anschließend sprechen folgende Erwägungen für eine nichtselbständige Tätigkeit des Klägers:
81 
Der Kläger war in den Festspielbetrieb der YCA in Zusammenhang mit der Produktion der Oper xxx fest eingegliedert. Die YCA verfügte über die gesamte Arbeitskraft des Klägers als Sänger. Der Kläger war nicht frei in der Disposition seiner Tätigkeit. Er hatte sich an feste Arbeitszeiten (aus Anlass der Proben und Vorstellungen) zu halten. Der Umfang seiner Beanspruchung war mit täglichen Vorstellungen im Juli und August des Streitjahres so festgelegt, dass er daneben z.B. keine andere Aktivität als Sänger entfalten konnte. Er erhielt von vorneherein vereinbarte feste Bezüge ausbezahlt. Er hatte kein Unternehmerrisiko zu tragen. Hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeiten für die Proben und Vorstellungen unterlag der Kläger den Weisungen der YCA bzw. denjenigen der Dirigenten, Regisseure usw. Die soziale Absicherung entsprach auf der Basis des maßgeblichen Schweizer Rechts mehr derjenigen eines unselbständigen Arbeitnehmers (Absicherung gegen Berufs- und Nichtberufsunfälle und bei der ALV gegen die wirtschaftlichen Folgen von Arbeitslosigkeit, im Übrigen bei der AHV/IV gegen das Risiko Alter, Tod und Invalidität, Gewährung einer Ferienentschädigung).
82 
Keine entscheidende Bedeutung für die Entscheidung, ob der Kläger selbständig oder nichtselbständig tätig geworden ist, kommt dem Umstand zu, dass der Kläger bei der Opernproduktion in C nur für ca. einen Monat Vorstellungen zu bestreiten hatte (allerdings ohne Proben). Die für die Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit wesentlichen Merkmale können nicht durch die Einführung einer zeitlichen Begrenzung von bestimmten Tagen ersetzt werden, wobei bei einer länger andauernden Tätigkeit eines „Gastspielers“ eine nichtselbständige Tätigkeit anzunehmen sei (BFH-Urteil in BStBl II 1973, 636, zum Engagement eines Opernsängers als Gastsänger). Entscheidend ist, ob der Sänger während der Dauer des Vertrags als frei oder unfrei zu beurteilen ist. Nach den zuvor dargelegten Erwägungen hat die YCA im Rahmen der Mitwirkung des Klägers als Chortenor bei der Aufführung der Oper xxx über dessen Arbeitskraft verfügt. Dies ist mitentscheidend (neben den weiteren dargelegten Indizien) für die Annahme einer nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers.
83 
IV. Der Kläger unterlag mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Chortenor beim Opernhaus Y und bei der Opernproduktion im BC, die nach den zuvor dargelegten Erwägungen auf Grund des Rechts des Anwendestaates -der Bundesrepublik Deutschland- (Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971; vgl. BFH-Urteil vom 29. April 2009 X R 31/08, BFH/NV 2010, 1649; Wassermeyer/Schwenke in: Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 15 MA Anm. 53 und 54 mit umfangreichen Nachweisen) in abkommensrechtlicher Hinsicht als Vergütungen aus unselbständiger Arbeit zu beurteilen sind, nicht gemäß Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992 als Grenzgänger der Besteuerung im Inland.
84 
1. Nach Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 sind Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragstaat zu besteuern, in dem dieser ansässig ist. Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1992 ist jede in einem Vertragstaat ansässige Person, die im anderen Vertragstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992). Nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 entfällt bei einer in einem Vertragstaat ansässigen Person die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn sie bei einer Beschäftigung im anderen Vertragstaat während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (sog. Nichtrückkehrtage bzw. „Nichtrückkehren“ nach Schweizer Sprachgebrauch).
85 
Der Kläger hat Vergütungen aus unselbständiger Arbeit i.S.v. Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 sowohl vom Opernhaus Y für die Spielzeit 2011/2012 und 2012/2013 als auch von der YCA für seine in der Schweiz in Y und in C/Kanton Z ausgeübte Tätigkeit als Opernchorsänger erhalten, die nach der Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 DBA-Schweiz 1971/1992 nicht der Besteuerung im Inland unterliegen, weil er im Streitjahr an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz im Inland zurückgekehrt ist (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992).
86 
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats spielt es keine Rolle bei der Berechnung der Nichtrückkehrtage, ob bei einer ununterbrochenen Tätigkeit in der Schweiz (wie z.B. im Streitfall) der Arbeitnehmer seine Tätigkeit für einen oder mehrere Arbeitgeber ausgeübt hat (Senatsurteil vom 15. Oktober 2015 3 K 2913/13, nicht rechtskräftig, Revision eingelegt [BFH.Az.: I R 22/16], EFG 2016, 1061; gl.A.: für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2015: BMF-Schreiben vom 18. Dezember 2014 IV B 2 - S 1301 -CHE/07/10015-02, [Internationales Steuerrecht -IStR- 2015, 184], das auf einer Verständigungsvereinbarung mit der ESTV gemäß Art. 26 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971 und Art. 15a Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 beruht; Enz, Grenzgängerregelungen, 2012, ISBN 978-3-7272-8820-3 Rz. 348 ff. [351]; a.A. für das Streitjahr: § 9 Abs. 1 KonsVerCHEV). Hieran hält der erkennende Senat fest.
87 
2. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall ergibt sich Folgendes:
88 
a) Der Kläger ist für das gesamte Streitjahr kein Grenzgänger i.S.d. Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992, weil er nach den Feststellungen des Berichterstatters des erkennenden Senats insgesamt -ohne Berücksichtigung des Arbeitgeberwechsels des Klägers vom Opernhaus Y zur YCA und zurück- an 85 Arbeitstagen (siehe nachfolgend zu aa) und damit entsprechend dem Wortlaut des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung (siehe nachfolgend zu bb) nicht an seinen Wohnsitz im Inland zurückgekehrt ist (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992).
89 
aa) An den 85 Arbeitstagen hat der Kläger nach Arbeitsende zwischen 23.00 und 0.30 Uhr (= Ende der jeweiligen Aufführung und des Abschminkens und Duschens usw. im Opernhaus Y bzw. im BC) in unmittelbarer Nähe zu seinen jeweiligen Arbeitsorten in Y und C in seinem Wohnmobil übernachtet (s. die Angaben des Klägers zum Wohnmobil im Schriftsatz vom 9. Dezember 2015, Bl. 138 [139] der FG-Akten), und er ist demzufolge nicht an seinen Wohnsitz im Inland (in A) zurückgekehrt. Der erkennende Senat folgt den umfangreichen mündlichen Darlegungen und der Aufstellung des Klägers zu den Nichtrückkehrtagen, die u.a. auf den zeitnah gemachten Eintragungen in seinem Terminkalender beruhen (Hinweis auf das Schreiben des Klägers vom 30. April 2016, Bl. 440-444 der FG-Akten), ohne Bedenken(Hinweis in diesem Zusammenhang auf das BFH-Urteil vom 3. November 2010 I R 4/10, BFH/NV 2011, 800 zu II. 2.a, mit weiteren Nachweisen).
90 
Dieser Sachverhalt ist unter den Beteiligten inzwischen nicht mehr streitig. Das FA hat seine Einwendungen gegen die Annahme von 85 Nichtrückkehrtagen aufgegeben (s. insbesondere die Ausführungen des Berichterstatters des erkennenden Senats in der Niederschrift über den Erörterungstermin vom 12. Februar 2016).
91 
bb) An den 85 Arbeitstagen ist der Kläger in Übereinstimmung mit seinen Darlegungen und den Voraussetzungen für die Anerkennung von Nichtrückkehrtagen gemäß Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 nach den gesamten Umständen des vorliegenden Einzelfalls (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO)auf Grund seiner Arbeitsausübung von den jeweiligen Arbeitsorten in Y und C nicht an seinen Wohnsitz im Inland in A zurückgekehrt (z.B. wegen des sehr späten Endes der Aufführungen und des Abschminkens usw. zwischen 23.00 Uhr und 0.30 Uhr, der Entfernung zwischen den Arbeitsorten in Y und C und dem Wohnsitz in A [118 Km und 96 Km], des zeitlichen Umfangs der Ab- und Anreise mit jeweils mindestens 1 ½ Stunden nach Y und 1 ¼ Stunden nach C [unter Berücksichtigung z.B. von Grenzkontrollen, Witterungsumständen, Straßenverhältnissen, Verkehrsverhältnissen auf den befahrenen Autobahnen und Landstraßen usw.], der körperlichen und psychischen Belastung bei der Ausübung seiner Tätigkeit, des Alters des Klägers usw.; s. die Angaben im Schriftsatz des Klägers vom 9. Dezember 2015, Bl. 138 der FG-Akten). „Namentlich“ aus den dargelegten Gründen war dem Kläger die Rückkehr an seinen Wohnsitz an den hier in Rede stehenden Arbeitstagen „unzumutbar“ und „unmöglich“ (§ 8 Abs. 2 Satz 1 KonsVerCHEV). Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig und bedarf (auch deshalb) keiner weiteren Erläuterungen. Auf die zutreffenden Ausführungen im Schriftsatz des Klägers vom 29. Januar 2016, zu 2. wird zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend Bezug genommen (Bl. 162 der FG-Akten).
92 
cc) Angesichts der zuvor dargelegten Erwägungen und darüber hinaus sind keine Gründe erkennbar, die den Kläger aus privaten Gründen (z.B. zur Freizeitgestaltung, zur Pflege privater Kontakte usw.; vgl. hierzu allgemein: Kempermann in: Kempermann/Flick/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Kommentar, Art. 15a Anm. 36 mit weiteren Nachweisen) veranlasst haben könnten, an seinen Arbeitsorten in der Schweiz nach Arbeitsende zwischen 23.00 und 0.30 Uhr zu verbleiben.
93 
3. Gegen die Anerkennung der 85 Arbeitstage als Nichtrückkehrtage kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass hierin Wochenend- und Feiertage enthalten sind (z.B. 1., 7., 8. 15. und 21. Januar usw.; 28., 29. Juli, 4.,5., 11.und 12. August usw.; Hinweis auf die Feststellungen des erkennenden Senats lt. dem Kalender Bl. 442 ff. der FG-Akten), die regelmäßig keine Arbeitstage i.S.d. Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 sind. Diese Tage rechnen jedoch auf Grund der vom Kläger mit der YCA und dem Opernhaus Y abgeschlossenen (Chorzuzüger-)Verträge im Streitfall zu den a.a.O. ausdrücklich vereinbarten Arbeitstagen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 KonsVerCHEV).
94 
4. Gegen die Berücksichtigung der 85 Nichtrückkehrtage kann im Übrigen nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass der Kläger keine Bescheinigung seiner Arbeitgeber (des Opernhauses Y und der YCA) versehen mit einem Sichtvermerk der zuständigen Steuerbehörden der ESTV der Kantone Y und Z vorgelegt hat.
95 
a) Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 5 des Gesetzes vom 30. September 1993 zu dem Protokoll vom 21. Dezember 1992 zum DBA-Schweiz 1971 -Zustimmungsgesetz- (BGBl II 1993, 1886, BStBl I 1993, 927) hat der Arbeitgeber nach amtlich vorgeschriebenem Muster (vgl. hierzu: BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683, Rz 18 i.V.m. Anlage Gre-3a [S. 703 ff. a.a.O.]) die Tage der Nichtrückkehr auf Grund der Arbeitsausübung zu bescheinigen, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr Grenzgänger ist (Art. 15a Abs. 2 DBA-Schweiz 1971/1992). Nach Nr. II. 5 Satz 1 des Verhandlungsprotokolls zum Änderungsprotokoll vom 18. Dezember 1991 -Verhandlungsprotokoll- (BGBl II 1993, 1889, BStBl I 1993, 929) ist die Bescheinigung des Arbeitgebers über die Tage der Nichtrückkehr mit einem Sichtvermerk der für den Arbeitsort zuständigen Finanzbehörde zu versehen. Diese Bescheinigung schließt Ermittlungen der für den Wohnsitz zuständigen Finanzbehörde nicht aus (Nr. II. 5 Satz 2 des Verhandlungsprotokolls).
96 
b) Hiermit übereinstimmend ist nach § 10 Abs. 1 KonsVerCHEV der Arbeitgeber verpflichtet, die Nichtrückkehrtage nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu bescheinigen, wenn er am Ende des Jahres oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während des Kalenderjahrs feststellt, dass die Grenzgängereigenschaft auf Grund der entsprechenden Nichtrückkehrtage entfällt (Satz 1). Der Vordruck ist jeweils unaufgefordert der für den Einbehalt der Abzugsteuer zuständigen Steuerbehörde zuzuleiten, die diese Bescheinigung nach Überprüfung mit einem Sichtvermerk versehen an den Arbeitgeber zur Weiterleitung an den Grenzgänger zurückgibt (Satz 2). Eine Überprüfung der bescheinigten Nichtrückkehrtage ist zulässig (Satz 3). Es können entsprechende Nachweise verlangt werden (Satz 4).
97 
c) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH und des erkennenden Senats ist die Arbeitgeberbescheinigung, auch wenn sie mit einem Sichtvermerk der ESTV versehen ist, im Inland weder für das Finanzamt noch für das Finanzgericht verbindlich (BFH-Urteil vom 3. November 2010 I R 4/10, BFH/NV 2011, 800 zu II. 2.a, mit weiteren Nachweisen). Nach Schweizer Rechtsauffassung wird mit der Bescheinigung des Arbeitgebers auf dem amtlichen Vordruck Gre-3a (BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683, 703) der Nachweis der Nichtrückkehrtage grundsätzlich erbracht, und nur in Ausnahmefällen hat die (Schweizerische) Steuerbehörde das Recht, die bescheinigten Nichtrückkehrtage zu überprüfen (Hinweis auf das Senatsurteil vom 27. September 2012 3 K 994/09, rechtskräftig, juris; Enz, a.a.O., Rz. 352 und 353).
98 
d) Da die Bescheinigung des Arbeitgebers und der Sichtvermerk der ESTV zur Liste der Nichtrückkehrtage für das FG (wie auch für das FA) nicht verbindlich sind, kann wegen ihres Fehlens allein nicht die Anerkennung von in einer Liste aufgeführten Nichtrückkehrtagen verweigert werden. Die Arbeitgeberbescheinigung und der Sichtvermerk sind keine Grundlagenbescheide mit Bindungswirkung (s. § 171 Abs. 10 AO; vgl. hierzu: Klein/Rüsken, AO, Kommentar, 13. Aufl., § 171 Anm. 102 ff. mit weiteren Nachweisen) für die Entscheidung über die Anerkennung von Nichtrückkehrtagen im Besteuerungsverfahren des Arbeitnehmers. Im Übrigen gehen die von Arbeitgebern (gerne und häufig) ausgestellten Bescheinigungen über von Arbeitnehmern verwirklichte Nichtrückkehrtage regelmäßig (von höchst seltenen Ausnahmen abgesehen) von vorneherein ins Leere, weil auch in der Schweiz ansässige Arbeitgeber (hier: das Opernhaus Y und die YCA) grundsätzlich nicht wissen (können), ob ein Arbeitnehmer nach Dienstende nicht an seinen Wohnsitz im Inland zurückgekehrt ist oder ob er sich sonst wo bis zum Arbeitsbeginn am Folgetag aufgehalten hat (Hinweis auf die Angaben im Schriftsatz des Klägers vom 9. Dezember 2015, Bl. 138 der FG-Akten). Entscheidend ist, dass das FG auf Grund der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls auf der Grundlage einer Aufstellung über Nichtrückkehrtage zur Überzeugung gelangt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), dass der Arbeitnehmer tatsächlich an den geltend gemachten Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz im Inland zurückgekehrt ist (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992). Zu dieser Überzeugung ist der erkennende Senat hinsichtlich der 85 vom Kläger in einer Liste geltend gemachten Nichtrückkehrtage gelangt (s.o.).
99 
V. Der Kläger unterliegt mit seinen auftrittsbezogenen Vergütungen vom Opernhaus Y und von der YCA nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 (i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d und Nr. 2 DBA-Schweiz 1971) der Besteuerung im Inland, mit seinen probenbezogenen Einkünften der Besteuerung in der Schweiz nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971 (i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971) und Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971.
100 
1. Nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 können ungeachtet der Artikel 7, 14 und 15 Einkünfte, die berufsmäßige Künstler, wie Bühnen-, Film-, Rundfunk- oder Fernsehkünstler und Musiker, sowie Sportler und Artisten für ihre in dieser Eigenschaft persönlich ausgeübte Tätigkeit beziehen, in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem sie diese Tätigkeit ausüben. Ergänzend wird in Art. 24 Abs. 1 Satz Nr. 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971 bestimmt, dass von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die aus der Schweiz stammenden Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen im Sinne des Art. 15 DBA-Schweiz 1971 ausgenommen werden, soweit sie nicht unter Artikel 17 fallen, vorausgesetzt die Arbeit wird in der Schweiz ausgeübt und sie können in der Schweiz besteuert werden. Soweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DBA-Schweiz 1971 nicht anzuwenden ist, wird bei den aus der Schweiz stammenden Einkünften die mit diesem Abkommen erhobene und nicht erstattete schweizerische Steuer nach Maßgabe der Vorschriften des deutschen Rechts über die Anrechnung ausländischer Steuer auf den Teil der deutschen Steuer angerechnet, der auf diese Einkünfte entfällt (Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz 1971).
101 
a) Der Kläger ist berufsmäßiger Künstler i.S.d. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971.
102 
aa) Der Begriff des (berufsmäßigen) Künstlers ist nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 18. Juli 2001 I R 26/01, BStBl II 2002, 410; vom 8. April 1997 I R 51/96, BStBl II 1997, 679) über die in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 enthaltene Umschreibung („berufsmäßige Künstler, wie Bühnen-, Film-, Rundfunk- oder Fernsehkünstler und Musiker“) hinaus unmittelbar aus dem Abkommen auszulegen (Maßbaum in: Gosch/Kroppen/Grotherr, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar -im Folgenden: Bearbeiter in: G/K/G- Art. 17 OECD-MA Anm. 24). Der abkommensrechtliche Künstlerbegriff setzt sich danach aus zwei Tatbestandselementen zusammen (Wassermeyer/Schwenke in: Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, MA Art. 17 Anm. 22): Zum einen muss es sich um eine persönlich ausgeübte Tätigkeit handeln wie sich aus dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 ergibt, der eine „persönlich ausgeübte Tätigkeit“ verlangt. Zum anderen muss die Tätigkeit -wie aus den in Art 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 genannten „Bühnen-, Fernseh-, Rundfunk- oder Fernsehkünstler(n) und Musiker(n)“ zu folgern ist, vornehmlich der Unterhaltung und keinem anderen Zweck dienen. Es genügt, dass die Tätigkeit ausschließlich oder vorwiegend den Zweck hat, der Zerstreuung oder dem Zeitvertreib zu dienen, zu erheitern oder zu vergnügen. Dagegen setzt der Begriff des Künstlers bzw. der künstlerischen Tätigkeit i.S.d. deutschen (Einkommen-)Steuerrechts nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2012 das Erbringen einer eigenschöpferischen Leistung von einer gewissen Gestaltungshöhe, d.h. eine Leistung voraus, in der die individuelle Anschauungsweise und die besondere Gestaltungskraft des Künstlers zum Ausdruck kommt. Es wird -anders als im Abkommensrecht- ein gewisses „künstlerisches Niveau“ verlangt (Wacker in: Schmidt, EStG, Kommentar, 35. Aufl., § 18 Anm. 66 mit umfangreichen Nachweisen zur steuergerichtlichen Rechtsprechung).
103 
bb) Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist der Kläger mit seiner Tätigkeit als Mitglied des Opernchores des Opernhauses Y und des Chors der YCA als Künstler i.S.d. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 tätig geworden. Er übte eine kunstinterpretierende Tätigkeit im Bereich der klassischen Musik, die in Übereinstimmung mit Sinn und Zweck der künstlerischen Tätigkeit i.S.d. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 vorwiegend der Zerstreuung und dem Zeitvertreib des Publikums diente, in der Öffentlichkeit aus (im Opernhaus Y und bei den Cer Festspielen). Auf das künstlerische Niveau der Tätigkeit des Klägers als Ensemblemitglied des Opernchores und des Chores der YCA kommt es -entgegen der wiederholt geäußerten Auffassung des Klägers- nicht an (s. hierzu: Wassermeyer, Deutsches Steuerrecht -DStR- 1995, 555 zu 4. und 5.).
104 
cc) Der Anwendung des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 steht nicht entgegen, dass der Klägernichtselbständig für das Opernhaus Y und die YCA im Streitjahr tätig wurde (Hinweis auf die Erwägungen zu II.3.). Die Vorschrift findet nach ihrem Wortlaut, der insoweit keine Einschränkung enthält, sowohl bei selbständigen als auch nichtselbständigen Künstlern Anwendung (Stockmann in: Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, 6. Aufl., Art. 17 Anm. 7; Wassermeyer/Schwenke, a.a.O., Art. 17 MA Anm. 2).
105 
b) Voraussetzung für die Anwendung des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 ist, dass eine Vergütung gezahlt wird für eine künstlerische (bzw.) sportliche Tätigkeit vor Publikum quasi coram publico (Maßbaum in: G/K/G, a.a.O., Art. 17 MA Anm. 151). Im Allgemeinen ist nicht Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971, sondern sind andere Artikel (z.B. hier: Art. 15, 15a DBA-Schweiz 1971/1992) anzuwenden, wenn die Einkünfte des Künstlers (bzw. Sportlers) nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der öffentlichen Darbietung des Auftretenden vor Publikum im betreffenden Land (hier: Schweiz) stehen (Abs. 9 Satz 2 OECD-Musterkommentar zu Art. 17 Musterabkommen [MA] eingefügt am 23. Juli 1992; s. aber auch: Abs. 8 Satz 1 und Abs. 9 Satz OECD-Muster-Kommentar eingefügt am 23. Juli 1992; zu dessen Anwendung: Mellinghoff in: Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Eine Festgabe, Seite 35 ff; BFH-Urteil vom 10. Juni 2015 I R 79/13, BStBl II 2016, 326). Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 erfasst nur Vergütungen, die an eine bestimmte künstlerische (bzw. sportliche) Tätigkeit im Auftrittsstaat anknüpfen (Brandis in: Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Schweiz Art. 17 Anm. 29). Daraus ist abzuleiten, dass die Vergütungen in einem direkten Zusammenhang mit dem öffentlichen Auftritt des Künstlers (bzw. Sportlers) stehen müssen (Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts -BGer- vom 6. Mai 2008 2C_276/2007 / zga, Erwägungen zu 5.5.). Die für Trainingsfahrten(-einheiten)gezahlten Vergütungen werden nicht für einen öffentlichen Auftritt eines Sportlers gezahlt und fallen somit nicht in den Anwendungsbereich des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 (Urteil 2C_276/2007 / zga, BGer, a.a.O., Erwägungen zu 6.3.; Maßbaum in: G/K/G, a.a.O., Anm. 52/1; Wassermeyer/Schwenke, a.a.O., Art. 17 MA Anm. 36; Haslinger/Weninger in: Gassner/Lang/Schuch/Staringer [Hrsg.], Die Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen Ansässigkeits- und Quellenstaat im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, Wien 2005, Seite 280 zu 1.2.2.; Dick Molemar, Taxation of International Performing Artistes, Seite 99 zu 4.3.2.; Bláha, Jaromir, Treatment of „Training Activities“ for Artistes and Sportsmen according to he OECD Model Seite 115 ff. zu III. 3.4 [Seite 124 ff.] und 3.6 [Seite 236 ff.]). Für die Probetätigkeit eines Künstlers gilt das Gleiche.
106 
c) Für eine enge Auslegung des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 im zuvor dargelegten Sinn, nach der eine Vergütung für Proben- (bei Künstlern) und Trainingstätigkeit (bei Sportlern) nicht nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 zu besteuern sind spricht, dass ausdrücklich eine „persönlich ausgeübte Tätigkeit“ im Vertragstaat und damit vor Publikum verlangt wird (BFH-Urteil in BStBl II 1997, 679; Maßbaum in: G/K/G a.a.O., Art. 17 OECD-MA, Anm. 34). Eine persönliche Ausübung liegt damit nur vor, wenn der Sportler oder Künstler im anderen Staat anwesend ist und dort vor Publikum künstlerisch bzw. sportlich tätig wird (Loydolt, Steuer Wirtschaft International -SWI- 1996, 392; Hinweis auf die Darlegungen des Klägers im Schriftsatz vom 1. Juni 2015 mit umfangreichen Nachweisen zum internationalen Schrifttum; Urteil des [niederländischen] Gerechtshof Amsterdam vom 6. Oktober 2004 Rechtssache 03/04112, http:/ultspraken.rechtspraak.nl/inziendocument?id=ECLI:NL:GHAMS:2004:AR3482).
107 
d) Für eine enge Auslegung, nach der nur Vergütungen für Auftritte vor Publikum im Tätigkeitsstaat (hier: in der Schweiz) von Art. 17 Abs. 1 Satz 1 erfasst werden, spricht des Weiteren auch die Zielsetzung des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971. Sie besteht darin, das Besteuerungsrecht für Sportler und Künstler, die aufgrund der mit der Berufstätigkeit typischerweise verbundenen Mobilität und vielfachen Einnahmemöglichkeiten hinsichtlich der Einkünfte aus der Auslandstätigkeit im Wohnsitzstaat (hier: in der Bundesrepublik Deutschland) oftmals nur schwer steuerlich erfasst werden können, dem Tätigkeitsstaat (hier: der Schweiz) das Besteuerungsrecht zuzuweisen, für den die praktischen Schwierigkeiten der steuerlichen Erfassung dieser Einkünfte in der Regel geringer sind (BFH-Urteil vom 18. Juli 2001 I R 79/13, BStBl II 2002, 410; Wassermeyer/Schwenke, a.a.O., MA Art. 17 Anm. 1; Maßbaum in: G/K/G, a.a.O., Art. 17 OECD-MA Anm. 1 ff.).
108 
aa) Die steuerliche Erfassung der Einnahmen des Klägers aus seiner in der Schweiz in Y und C ausgeübten unselbständigen Arbeit als Künstler wird im Streitfall jedoch seit dem 1. Januar 1994 bereits durch die Vorschrift über die Grenzgängerbesteuerung nach Art. 15a DBA-Schweiz 1917/1992 gewährleistet, die der Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 vorgeht, weil die Formulierung in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 „ungeachtet der Art. 7, 14 und 15“ nicht um den Hinweis auf Art. 15a DBA-Schweiz 1971 ergänzt wurde (Geiger/Alscher, Internationales Steuerrecht -IStR- 1994, 9 zu 4.4; Kolb/Kubaile, Kompaktkommentar zum Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, 3. Aufl., ISBN 978-3-905718-13-3, Artikel 17 Tz. 1.2.; Enz, a.a.O., Rz. 357).
109 
bb) Danach hat ein im Inland ansässiger, in der Schweiz unselbständig tätiger Künstler seinem schweizerischen Arbeitgeber eine Bescheinigung des für ihn zuständigen Wohnsitzfinanzamtes (hier: des FA) über seine Ansässigkeit im Inland vorzulegen, damit von seinem schweizerischen Arbeitgeber die einzubehaltende Quellensteuer 4,5 % der Vergütungen nicht übersteigt (Art. 15a Abs. 1 Satz 3 DBA-Schweiz 1971/1992 i.V.m. Art. 15a Abs. 3 Buchstabe b DBA-Schweiz 1971/1992; Fach A Teil 5 Anlage Gre-1a-c bzw. Gre- 2 a-c des Grenzgängerhandbuchs der baden-württembergischen Finanzverwaltung -im Folgenden: Grenzgängerhandbuch-). Durch die Ausstellung der Ansässigkeitsbescheinigung erhält das Wohnsitzfinanzamt von den für eine steuerliche Erfassung des nichtselbständigen Künstlers maßgeblichen Tatsachen ausreichend Kenntnis u.a. auch für eigene Ermittlungen (Hinweis z.B. auf den beim FA vorhandenen Vordruck über eine Arbeitsaufnahme als Grenzgänger in der Schweiz; s. Fach B Teil 5 S 2-76). Eine Besteuerung des ggf. im Inland steuerpflichtigen, in der Schweiz unselbständig tätig gewordenen Künstlers bereitet keine Schwierigkeiten in der Praxis, wie sich allein schon aus der Tatsache ergibt, dass beim FA ca. 20.000 in der Schweiz tätige Arbeitnehmer veranlagt werden. Im Übrigen hat auch der in der Schweiz nichtselbständig arbeitende Künstler ein Interesse an dem Erhalt einer Ansässigkeitsbescheinigung seines Wohnsitzfinanzamtes. Nur auf diese Weise kann ein nichtselbständiger Künstler eine Anrechnung der in der Schweiz gezahlten Quellensteuer bei seiner Veranlagung als Grenzgänger i.S.d. Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992 gemäß des entsprechend anzuwenden § 36 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2012 (BFH-Urteil vom 2. März 2010 I R 75/08, BFH/NV 2010, 1820) erreichen: denn die Vorlage einer Ansässigkeitsbescheinigung ist Voraussetzung dafür, dass der nichtselbständige Künstler von der ESTV eine Steuerbescheinigung erhält oder -wie üblich- ein Steuerausweis auf dem Lohnausweis über die einbehaltene Abzugsteuer von seinem Arbeitgeber angebracht wird, der anschließend dem Wohnsitzfinanzamt vorgelegt werden kann (s. hierzu auch: Nr. III. Satz 2 des Verhandlungsprotokolls; § 12 Abs. 1 Satz 1 KonsVerCHEV; Kempermann in: Flick/Wassermeyer/Kempermann, a.a.O., Art. 15a Anm. 30).
110 
e) Hieraus ergibt sich Folgendes für den Streitfall:
111 
aa) Bei den von den Arbeitgebern des Klägers gesondert abgerechneten Vergütungen (Honorare) für die Auftritte des Klägers als Chormitglied im Opernhaus Y und bei den Festspielen in C aus Anlass der Aufführung von Opern handelt es sich um Einkünfte eines berufsmäßigen Künstlers für eine in dieser Eigenschaft persönlich ausgeübte Tätigkeit i.S.d. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971. Der Kläger war bei diesen Anlässen im anderen Staat (hier: Schweiz) anwesend und wurde künstlerisch vor Publikum tätig (zu dessen „Zerstreuung und Zeitvertreib“). Ob das Tätigwerden des Klägers als Chorsänger bei diesen Gelegenheiten ein besonderes künstlerisches Niveau erreicht hat (was vom Kläger selbst wiederholt in Abrede gestellt wurde), ist nicht von Bedeutung (Brandis in: Wassermeyer, a.a.O., Schweiz Art. 17 Rn. 19).
112 
Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz 1971 unterliegen diese Einkünfte der Besteuerung im Inland unter Anrechnung der in der Schweiz gezahlten Quellensteuer, weil die Einkünfte i.S.d. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 von einer Besteuerung ausschließlich in der Schweiz durch Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971 ausgenommen sind (durch den Zusatz a.a.O.: „soweit sie nicht unter Artikel 17 fallen“; Brandis in: Wassermeyer, a.a.O., Schweiz Art. 17 Anm. 39).
113 
bb) Die Vergütungen für die Probentätigkeit des Klägers in Y (u.a. im H-Saal im Orchesterprobesaal X) und im BC, die nach den Feststellungen des erkennenden Senats nicht vor Publikum erfolgte, sind keine Einkünfte im Sinne des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971. Demzufolge kommt, weil der Kläger wegen mehr als 60 verwirklichten Nichtrückkehren kein Grenzgänger i.S.v. Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 ist (s. zuvor zu IV.), die allgemeine Vorschrift zur Besteuerung von Einkünften aus unselbständiger Arbeit gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 2 DBA-Schweiz 1971 zur Anwendung, aus denen sich ein Besteuerungsrecht im Inland nicht ergibt.
114 
aaa) Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d DBA-Schweiz 1971 hat die Schweiz das Besteuerungsrecht hinsichtlich der hier in Rede stehenden Einkünfte des Klägers aus unselbständiger Arbeit, weil die diesbezügliche Probentätigkeit in der Schweiz ausgeübt wurde und die Einnahmen hieraus nicht unter Art. 17 DBA-Schweiz 1971 fallen. Im Inland sind die Einnahmen für diese Tätigkeit bei der Berechnung des Steuersatzes zu berücksichtigen (Art. 24 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971; § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 2012).
115 
bbb) Die Voraussetzungen für ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Vergütungen des Klägers für dessen Probentätigkeit nach Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971 sind nicht erfüllt.
116 
Nach Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971 können Einkünfte einer in einem Vertragstaat ansässigen Person aus einer im anderen Vertragstaat ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit (hier: in der Schweiz) nur im Ansässigkeitsstaat (hier: in der Bundesrepublik Deutschland) besteuert werden, wenn
117 
(a) der Empfänger sich im Tätigkeitsstaat nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhält und
(b) die Vergütungen von einem oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist und
(c) die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder festen Einrichtung des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat getragen werden.
118 
Die Norm statuiert mithin ein ausschließliches Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates, das aber nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Regelung voraussetzt, dass alle dort genannten Bedingungen (kumulativ) erfüllt sind. Fehlt es auch nur an einer von ihnen, so bleibt es bei Einkünften aus einer im anderen Vertragstaat ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit bei dem Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates (hier: der Schweiz) gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971 (BFH-Urteil vom 18. September 2007 I R 93/06, BFH/NV 2008, 206, zu II. 2. b).
119 
Im Streitfall sind die Bedingungen für ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland schon deshalb nicht erfüllt, weil die Vergütungen für die streitige Probentätigkeit des Klägers von Arbeitgebern (dem Opernhaus Y und der YCA) gezahlt wurden, die in der Schweiz (Y) ansässig waren und damit sind die Voraussetzungen für ein Besteuerungsrecht im Inland nach Art. 15 Abs. 2Buchstabe b DBA-Schweiz 1971 nicht erfüllt.
120 
VI. Soweit der angegriffene Einkommensteueränderungsbescheid vom 6. April 2016 als Änderungsbescheid auf die Vorschrift des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützt wurde, bestehen hiergegen keine Bedanken. Dem FA sind die Tatsachen in Gestalt höherer Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit deshalb nachträglich bekannt geworden (Hinweis auf den an das FA gerichteten Schriftsatz des Klägers vom 8. Februar 2016, Bl. 223-251 der FG-Akten), weil es sie im Zeitpunkt des Erlasses des zu ändernden Bescheides (hier: der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2014) weder positiv kannte noch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben hätte kennen müssen (können; Gräber/Rüsken, a.a.O., § 173 Anm. 80 ff. mit Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig und bedarf auch aus diesem Grund keiner weiteren Erläuterungen.
121 
VII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
122 
VIII. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären. Der Kläger konnte die Hilfe eines sach-kundigen Bevollmächtigten für unentbehrlich halten (BFH-Beschluss vom 21. Dezember 1967 VI B 2/67, BStBl II 1968, 181).
123 
IX. 1. Die Revision war zuzulassen. Der Sache kommt grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
124 
2. Der erkennende Senat weicht nicht von den im BFH-Beschluss vom 20. März 2011 I B 178/10 (juris; Zeitschrift für Steuern und Recht -ZSteu- 2011 R504-R505) dargelegten Rechtsgrundsätzen ab (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). A.a.O. hat der BFH entschieden, dass die Vergütungen für eine im Inland ausgeübte künstlerische u.a. Darbietung (§ 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG 2005 und 2006) in Form einer Show als einheitliche Leistung und nicht in getrennte Leistungen für „Proben“ und „Auftritte“ aufgeteilt werden können. Zum Einen stellt sich im vorliegenden Verfahren die Aufteilung in auftrittsbezogene und probenbezogene Einkünfte auf abkommensrechtlicher Ebene nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 und zum Anderen liegt ein im Wesentlichen anders gelagerter Sachverhalt vor (Hinweis z.B. auf die Vereinbarungen lt. den Chorzuzügerverträgen und dem Vertrag mit der YCA zu den Vergütungen für Proben und Aufführungen). Eine vom vorliegenden Urteil abweichende Auffassung vertritt das FG Münster im Beschluss vom 19. Mai 2004 11 V 1848/04 E (rechtskräftig, EFG 2004, 1430).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 12. Mai 2016 - 3 K 3974/14

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Referenzen - Gesetze

Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 12. Mai 2016 - 3 K 3974/14 zitiert 38 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

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(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Abgabenordnung - AO 1977 | § 164 Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung


(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets

Einkommensteuergesetz - EStG | § 2 Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen


(1) 1Der Einkommensteuer unterliegen 1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb,3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit,4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,5. Einkünfte aus Kapitalvermögen,6. Einkünfte aus Vermiet

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 96


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 151


(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §

Einkommensteuergesetz - EStG | § 19


(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören1.Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;1a.Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer

Abgabenordnung - AO 1977 | § 173 Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel


(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,1.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,2.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer

Abgabenordnung - AO 1977 | § 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we

Abgabenordnung - AO 1977 | § 171 Ablaufhemmung


(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann. (2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 136


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 139


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Aufwendungen der Fin

Einkommensteuergesetz - EStG | § 1 Steuerpflicht


(1) 1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. 2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil 1. an d

Einkommensteuergesetz - EStG | § 18


(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind 1. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. 2Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätig

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 68


Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen. Die Finanzbeh

Abgabenordnung - AO 1977 | § 110 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen. (2) Der Antrag ist innerhal

Einkommensteuergesetz - EStG | § 32b Progressionsvorbehalt


(1) 1Hat ein zeitweise oder während des gesamten Veranlagungszeitraums unbeschränkt Steuerpflichtiger oder ein beschränkt Steuerpflichtiger, auf den § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 Anwendung findet, 1. a) Arbeitslosengeld, Teilarbeitslosengeld, Zuschüs

Einkommensteuergesetz - EStG | § 36 Entstehung und Tilgung der Einkommensteuer


(1) Die Einkommensteuer entsteht, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Veranlagungszeitraums. (2) Auf die Einkommensteuer werden angerechnet: 1. die für den Veranlagungszeitraum entrichteten Einkommensteuer-Vorausza

Einkommensteuergesetz - EStG | § 50a Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen


(1) Die Einkommensteuer wird bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des Steuerabzugs erhoben 1. bei Einkünften, die durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschlie

Abgabenordnung - AO 1977 | § 367 Entscheidung über den Einspruch


(1) Über den Einspruch entscheidet die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, durch Einspruchsentscheidung. Ist für den Steuerfall nachträglich eine andere Finanzbehörde zuständig geworden, so entscheidet diese Finanzbehörde; § 26 Satz 2

Abgabenordnung - AO 1977 | § 8 Wohnsitz


Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 357 Einlegung des Einspruchs


(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht. (2) Der Einspruch ist b

Lohnsteuer-Durchführungsverordnung - LStDV | § 1 Arbeitnehmer, Arbeitgeber


(1) Arbeitnehmer sind Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Arbeitnehmer sind auch die Rechtsnachf

Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung - KonsVerCHEV | § 8 Nichtrückkehrtage


(1) Als Nichtrückkehrtage kommen nur Arbeitstage in Betracht, die im persönlichen Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers erfasst sind. Samstage, Sonn- und Feiertage können nur in Ausnahmefällen zu den maßgeblichen Arbeitstagen zählen, beispielsweise wenn d

Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung - KonsVerCHEV | § 9 Kürzung der 60-Tage-Grenze


(1) (weggefallen) (2) Bei Teilzeitbeschäftigten, die nur tageweise im anderen Staat beschäftigt sind, ist die Anzahl von 60 unschädlichen Tagen durch proportionale Kürzung herabzusetzen. Bezugsgrößen sind hierbei die im jeweiligen Arbeitsvertrag

Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung - KonsVerCHEV | § 12 Ansässigkeitsstaat Deutschland


(1) Die Anrechnung von Abzugsteuer bei der Veranlagung erfolgt jedoch nur, wenn eine gesonderte Steuerbescheinigung oder ein Steuerausweis auf dem Lohnausweis über die einbehaltene Abzugsteuer vorgelegt wird. Dieser Nachweis ist auf Verlangen des Arb

Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung - KonsVerCHEV | § 10 Bescheinigung über die Nichtrückkehrtage


(1) Stellt der Arbeitgeber am Ende des Jahres oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während des Kalenderjahrs fest, dass die Grenzgängereigenschaft auf Grund der entsprechenden Nichtrückkehrtage entfällt, hat er die Nichtrückkehrtage nach amtl

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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 12. Mai 2016 - 3 K 3974/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

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Bundesfinanzhof Urteil, 18. Juni 2015 - VI R 77/12

bei uns veröffentlicht am 18.06.2015

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 14. März 2012  2 K 476/06 aufgehoben.

Bundesfinanzhof Urteil, 10. Juni 2015 - I R 79/13

bei uns veröffentlicht am 10.06.2015

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 8. Oktober 2013  10 K 2176/11 aufgehoben, soweit dieses wegen Feststellung der Steuerermäßigung nach § 10a Abs

Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 08. Dez. 2011 - 3 K 3835/11

bei uns veröffentlicht am 08.12.2011

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen.2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.3. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand   1 Streitig ist im vorliegenden Verfahren die einkommensteuerrechtliche Beurteilung von Beiträgen zur Kranken

Bundesfinanzhof Urteil, 03. Nov. 2010 - I R 4/10

bei uns veröffentlicht am 03.11.2010

Tatbestand 1 I. Streitig ist die inländische Steuerpflicht von im Ausland erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit.

Bundesfinanzhof Beschluss, 03. Nov. 2010 - II B 55/10

bei uns veröffentlicht am 03.11.2010

Tatbestand 1 I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte gegenüber dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit Bescheid vom 9. September 1994 Sch

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Streitig ist im vorliegenden Verfahren die einkommensteuerrechtliche Beurteilung von Beiträgen zur Krankenpflegeversicherung eines Grenzgängers zur Schweiz. Zu Fragen des Bundesobligatoriums im Schweizer Krankenpflegeversicherungsrecht hat Prof. Dr. iur. P. nach seiner Bestellung als Sachverständiger durch das Finanzgericht (FG) im Gutachten vom 3. November 2011 (im Folgenden: Gutachten) Stellung genommen, auf das Bezug genommen wird.
Der Kläger und die Klägerin sind Eheleute, die für den Veranlagungszeitraum 2002 (Streitjahr) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Die Eheleute hatten im Streitjahr ihren Wohnsitz, ihre ständige Wohnstätte und den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Inland. Inzwischen sind die Eheleute in die Schweizerische Eidgenossenschaft (Confoederatio Helvetica -im Folgenden: CH bzw. Schweiz-) verzogen. Die Eheleute haben zwei leibliche Söhne, den 1988 geborenen B und den am 1994 geborenen J. Beide befanden sich im Streitjahr in Ausbildung.
Die Klägerin erzielte als Bilanzbuchhalterin IHK bei der Z-GmbH in Lörrach (im Folgenden: Arbeitgeberin I, Arbeitgeberin der Klägerin bzw. Z-GmbH) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin war im Streitjahr als Mitglied der Allgemeinen Ortskrankenkasse  (im Folgenden: AOK L) kranken- und pflegeversichert.
Der hälftige Anteil der Klägerin an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen (also den Beiträgen zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen und Pflegeversicherung; s. § 28d Viertes Buch Sozialgesetzbuch -Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung- [SGB IV]) betrug für das Streitjahr 5.001,48 EUR. Die Arbeitgeberin der Klägerin zahlte die andere Hälfte der Gesamtsozialversicherungsbeiträge (vgl. hierzu: Schlegel in: Küttner, Personalhandbuch 2012 19. Aufl., Stichwort: Sozialversicherungsbeiträge, Rz. 39 mit weiteren Nachweisen). Wegen der auf die einzelnen Sozialversicherungen entfallenden Beiträge wird auf die Aufzeichnungen der AOK L verwiesen.
Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1998 bei der T-AG, die in Basel/CH ansässig ist (im Folgenden: Arbeitgeberin II bzw. T-AG) beschäftigt. Im Streitjahr war er Leiter des Rechnungswesens. Mit seinen aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünften aus nicht(un)selbständiger Arbeit unterlag er als Grenzgänger im Sinne des Art. 15a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) in der Fassung des Protokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl ll 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) -DBA-Schweiz 1992- der Besteuerung im Inland.
Der Kläger zahlte im Streitjahr insgesamt 10.742 CHF als Arbeitnehmerbeiträge an die Schweizerische Sozialversicherung (Alters- und Hinterlassenenversicherung -AHV-, Invalidenversicherung -IV-, Erwerbsersatzordnung -EO- und Arbeitslosenversicherung -ALV-; sog. 1. Säule). Die Beiträge des Klägers und der Arbeitgeberin II errechneten sich der Höhe nach jeweils mit 4,2 % vom Einkommen des Klägers (Bruttolohn total lt. Lohnausweis) für die AHV, mit 0,7 % für die IV, mit 0,15 % für die EO (insgesamt demnach: 5,05 % des Einkommens des Klägers) und mit jeweils 1 % für das Einkommen des Klägers bis 106.800 CHF für die ALV.
Nach den Angaben zu 1.F des Lohnausweises hat der Kläger keine Beiträge zur Versicherung für Nichtberufsunfälle (NBU), deren Prämien grundsätzlich zu Lasten der Arbeitnehmer gehen, gezahlt (s. die synoptische Tabelle der anwendbaren Beitrags- und Prämiensätze in der Schweizerischen Sozialversicherung, Stand 1. Januar 2002; Tz. 2.6 des Gutachtens). Beiträge für die Versicherung gegen Berufsunfälle- und Berufskrankheiten (BU), die üblicherweise ausschließlich der Arbeitgeber zu tragen hat, sind im Lohnausweis nicht erwähnt.
Im Übrigen zahlte der Kläger Beiträge zur beruflichen Vorsorge in der Schweiz (sog. 2. Säule) von 4.231 CHF. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) „schätzte“ die Beiträge der Arbeitgeberin II zur beruflichen Vorsorge, die im Lohnausweis nicht aufgeführt sind, auf 8.462 CHF (= 2 x 4.231 CHF). Die der Höhe nach zutreffenden Arbeitgeberbeiträge ergeben sich regelmäßig aus dem maßgeblichen Reglement und/oder den Versicherungs- Vorsorgeausweisen bzw. einer Bescheinigung der Pensionskasse, die jedoch vom Kläger nicht vorgelegt und vom FA nicht angefordert wurden.
Unter Berücksichtigung des am 1. Juni (des Streitjahres) 2002 in Kraft getretenen Abkommens über die Freizügigkeit (Berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit -Schlussakte- Gemeinsame Erklärungen - Mitteilung über das Inkrafttreten der sieben Abkommen mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft in den Bereichen Freizügigkeit, Luftverkehr, Güter- und Personenrechte auf Schiene und Straße, öffentliches Beschaffungswesen, wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit, gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewegungen und Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft -ABl.- L 114 Seite 6 -nachfolgend: FZA-) hat der erkennende Senat -ausgehend von den im Gutachten dargelegten Erwägungen- (im Streitpunkt des vorliegenden Verfahrens) folgende Feststellungen zum Schweizer Kranken(pflege)Versicherungsrecht getroffen:
10 
Mit dem Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (-KVG-; s. 832.10 der Systematischen Sammlung des Bundesrechts -SR- s. www.admin.ch, direkt zu Bundesgesetzblatt) gilt in der Schweiz seit dem 1. Januar 1995 ein Krankenversicherungsobligatorium. Nach Art. 3 Abs. 1 KVG muss sich jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz innert drei Monaten nach Wohnsitznahme oder Geburt in der Schweiz für die Krankenpflege versichern oder von ihrem gesetzlichen Vertreter versichern lassen. Auf den ausländerrechtlichen Status kommt es dabei grundsätzlich nicht an (Prinzip der Versicherung der Wohnbevölkerung).
11 
Das Versicherungsobligatorium umfasst nur die Krankenpflegeversicherung. Die Lohnausfallversicherung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (durch sog. Kollektivkrankentaggeldversicherungen: vgl. hierzu: Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 29. April 2009 X R 31/09, BFH/NV 2009, 1625; vom 18. Dezember 2007 VI R 13/05, BFH/NV 2008, 784; Senatsurteile vom 12. Dezember 2007 3 K 22/07 und 3 K 141/07 -rechtskräftig- juris, jeweils mit weiteren Nachweisen) blieb auch nach dem Inkrafttreten des KVG freiwillig. Der Aufforderung des FG, den Kollektivkrankentaggeldversicherungsvertrag und die allgemeinen Versicherungsbedingungen vorzulegen, kam der Kläger nicht nach (weil ihm diese Unterlagen nicht von der Arbeitgeberin II zur Verfügung gestellt wurden).
12 
Bis zum Inkrafttreten des FZA am 1. Juni (des Streitjahres) 2002 mussten sich in der Schweiz beschäftigte Grenzgänger nicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung anschließen. Nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung über die Krankenversicherung vom 27. Juni 1995 (SR 832.102) -KVV- in der Fassung vor dem 1. Juni 2002 durften sich Grenzgänger und ihre Familienangehörigen freiwillig nach dem KVG versichern lassen, sofern sie in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausübten. Die Familienangehörigen konnten sich nach dem KVG versichern lassen, sofern diese im Ausland nicht eine krankenversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausübten.
13 
Mit dem Inkrafttreten des FZA änderte sich ab dem 1. Juni (des Streitjahres) 2002 diese Rechtslage. Seither sind Grenzgänger, die in der Bundesrepublik Deutschland wohnen und -wie der Kläger- die Staatsangehörigkeit eines FZA-Vertragsstaates besitzen und in der Schweiz arbeiten, der Schweizer obligatorischen Krankenpflegeversicherungspflicht unterstellt (Art. 3 Abs. 3 KVG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 Buchstabe d KVV und Art. 13 bis 17a der Verordnung [EWG] Nr. 1408/71 vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige ein, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern -Verordnung [EWG] Nr. 1408/7- [SR 0.831.109.268.1]; Hinweis auf Art. 4 Abs. 1 Buchstabe c; Art. 5 und 97 der Verordnung [EWG] Nr. 1408/71 und der Verordnung [EWG] Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung [EWG] Nr. 1408/71 [SR 0.831.109.268.11] in Verbindung mit dem FZA, Anhang II, Abschnitt A Ziff. 1 Buchstabe o Ziff. 3 Buchstaben a i-iii; Anhang FZA Anhang II A Ziff. 1 Buchstabe o und Ziff. 3 Buchstabe a iv). Die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und (EWG) Nr. 574/72 sind in der Schweiz am 1. Juni 2002 in Kraft getreten. Diese Verordnungen wurden mit Wirkung vom 1. April 2012 durch die Verordnungen (EG) Nr. 883/04 und Nr. 987/2009 ersetzt (Maurer/Scartazzini/Hürzeler, Bundessozialversicherungsrecht, 3. Aufl., § 15 Rz. 53).
14 
Grundsätzlich unterstehen damit in der Schweiz beschäftigte Grenzgänger aus der Bundesrepublik Deutschland der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach dem (Schweizer) KVG. Für Arbeitnehmer, die in der Schweiz arbeiten und u.a. in der Bundesrepublik Deutschland wohnen und dort krankenversichert sind, besteht ein Wahlrecht zugunsten einer Versicherung im Wohnsitzstaat (FZA Anhang II. A Ziff. 1 Buchstabe o Ziff. 3 Buchstabe b in Verbindung mit Ziff. 8 Buchstaben iii; Art. 2 Abs. 6 KVV; Tz. 2.14 des Gutachtens).
15 
In formaler Hinsicht ist die für die Befreiung von der Versicherungspflicht im Tätigkeitsstaat (Schweiz) ein Gesuch notwendig. Der entsprechende Antrag ist innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht in der Schweiz einzureichen (FZA Anhang II Buchstabe A Ziff. 1 Buchstabe o Ziff. 3 Buchstabe b Absatz 2). Mit eingeschlossen in den Antrag sind sämtliche im gleichen Staat wohnenden Familienangehörigen (FZA Anhang II A Ziff. 1 Buchstabe o Ziff. 3 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb). Im Gesuch muss der Nachweis erbracht werden, dass im Krankheitsfall ein Versicherungsschutz besteht. Dazu genügt die Vorlage eines Versicherungsausweises, der den Anforderungen entspricht, die im Wohnsitzstaat für solche Dokumente üblich sind. Im Übrigen ist es nicht erforderlich, dass der ausländische Versicherungsschutz durch eine öffentlich-rechtliche Einrichtung erfolgt, er kann auch bei einem privaten Versicherungsunternehmen abgeschlossen werden.
16 
Die für den Bereich der Krankenpflegeversicherung -auf der Grundlage des Bundesobligatoriums nach dem KVG- versicherungspflichtigen Personen können frei wählen, bei welchem (anerkannten) Versicherer sie die Krankenpflegeversicherung durchführen wollen. Die Versicherer müssen in ihrem örtlichen Tätigkeitsbereich jede versicherungspflichtige Person aufnehmen (Art. 4 Abs. 2 KVG). Die Versicherungspflicht wird von Amts wegen durchgesetzt. Die Kantone haben nach Art. 61 Abs. 1 KVG dafür zu sorgen, dass die Versicherungspflicht eingehalten wird. Fehlt bei einer versicherungspflichtigen Person der gesetzlich vorgeschriebene Versicherungsschutz, wird die betreffende Person einem Versicherer zugewiesen (Zwangszuweisung; vgl. Art. 6 Abs. 2 KVG; Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O., § 15 Rn. 64 ff.). Falls sich eine Person „durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise der Versicherungspflicht ganz oder teilweise entzieht“, wird sie gemäß Art. 92 Buchstabe a KVG mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Busse bestraft. Diese Strafdrohung soll mithelfen, dass das Obligatorium der Krankenversicherung möglichst lückenlos verwirklicht wird (Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O., § 15 Rn. 67).
17 
Die obligatorische Krankenpflegeversicherung in der Schweiz kann durch anerkannte Krankenkassen sowohl in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen als auch des privaten Rechts, die keinen Erwerbszweck verfolgen (private Versicherungseinrichtungen), durchgeführt werden (Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O., § 15 Rn. 6-28).
18 
Das Versicherungsverhältnis zwischen der versicherten Person und dem Versicherer entsteht nicht automatisch von Gesetzes wegen. Vielmehr ist zur Begründung des Versicherungsverhältnisses eine Anmeldung, also eine Willenserklärung der versicherungspflichtigen Person notwendig oder aber der Beitritt erfolgt durch eine Zwangszuweisung durch die gemeinsame Einrichtung (Art. 6 Abs. 2 KVG bzw. Art. 18 KVG und Art. 19-22 KVV; Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O., § 15 Rz. 29 und 30). Das Versicherungsverhältnis entsteht nach erfolgter Anmeldung bzw. Zwangszuweisung durch einen Verwaltungsakt des Versicherers. Zwischen der versicherten Person und dem Versicherer entsteht ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis. Wenn die versicherte Person als Prämienschuldnerin die Versicherungsprämien nicht zahlt, hat der Versicherer nach Ausstellung eines Verlustscheins die Leistungen einzustellen. Hierin zeigt sich, dass das Schweizerische System der obligatorischen Krankenpflegeversicherung im Einzelfall zu Versicherungslücken führen kann.
19 
Wegen einer Prämienverbilligung durch die öffentliche Hand für Versicherte „in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen“ (Art. 65 Abs. 1 und 2 KVG) wird auf die Ausführungen im Gutachten verwiesen (vgl. im Übrigen: Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O., § 15 Rn. 251-256).
20 
Im vorliegenden Fall bestand bereits vor dem Inkrafttreten des FZA am 1. Juni des Streitjahres ein Krankenpflegeversicherungsverhältnis, an dem der Kläger und seine Söhne B und J und der Versicherer, die Öffentlichen Krankenkassen Schweiz mit Sitz in B/CH (im Folgenden: ÖKK/B) beteiligt waren.
21 
Die ÖKK/B unterliegt einer staatlichen Aufsicht durch das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG; Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O., § 15 Rn. 35 ff.). Im Streitjahr war die ÖKK/B -ein bedeutendes Sozialwerk für die Bevölkerung von B-Stadt- als kantonale öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit organisatorisch verselbständigt (Hinweis auf den Ratschlag des Regierungsrats des Kantons B-Stadt vom September/Oktober 2007 zu 1.-4. betreffend die Änderung des Gesetzes über die Krankenversicherung im Kanton B-Stadt -GKV- vom 15. November 1989; Art. 12 Abs. 1 Buchstabe b KVV).
22 
Für den Zeitraum vor dem 1. Juni des Streitjahres lag eine freiwillige Unterstellung des Klägers unter das Bundesobligatorium nach dem KVG vor. Bis zum genannten Zeitpunkt hatte sich der Kläger freiwillig der schweizerischen obligatorischen Krankenpflegeversicherung angeschlossen, weil er als Grenzgänger in der Schweiz erwerbstätig war. Das Versicherungsverhältnis mit der ÖKK/B war öffentlich-rechtlich.
23 
Die Arbeitgeberin des Klägers war an dem Versicherungsverhältnis nicht beteiligt.
24 
Die Klägerin (die Ehefrau des Klägers) konnte sich nicht freiwillig im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung versichern lassen, weil sie in der Bundesrepublik Deutschland einer krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachging.
25 
Ab dem 1. Juni des Streitjahres bestand für den Kläger und seine Söhne eine (Schweizer) gesetzliche Verpflichtung, sich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung anzuschließen (Art. 1 Abs. 2 Buchstaben e und d KVV). Die Klägerin wurde -wie zuvor- nicht von der Pflicht zum Anschluss an die obligatorische Krankenpflegeversicherung umfasst, weil sie aufgrund einer Erwerbstätigkeit für die im Inland ansässige Z-GmbH ein eigenes Sozialversicherungsstatut begründet hat (Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c KVV i.V.m. Art. 3 Abs. 1 KVV).
26 
Der Umfang der obligatorischen Krankenversicherungspflicht für die Söhne B und J war dabei identisch mit derjenigen des versicherungspflichtigen Klägers. Die Versicherungspflicht betraf nur die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Im Bereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bestand zwischen dem Kläger und seinen Söhnen B und J als versicherte Personen und der ÖKK/B als Versicherer ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis nach dem KVG (Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O., § 15 Rn. 3).
27 
Im Übrigen vereinbarten der Kläger und seine Söhne noch eine Zusatzversicherung mit der ÖKK/B. Diese umfasste einen allgemeinen Zusatz für seine Söhne und eine Kombi-Vereinbarung). Die Zusatzversicherung erfolgte im Rahmen des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag vom 2. April 1908 (SR 221.229.1). Dieses Versicherungsverhältnis ist privatrechtlicher Natur. Streitigkeiten aus der Zusatzversicherung gelten als zivilrechtlich. Das Schweizerische KVG lässt es zu, dass derselbe Versicherer (hier: die ÖKK/B) sowohl die obligatorische -öffentlich-rechtliche- Krankenpflegeversicherung als auch die freiwillige -privatrechtliche- Zusatzversicherungen durchführt (Art. 12 Abs. 2 und 3 KVG; Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O., § 15 Rn. 15 ff.).
28 
Des Weiteren bestand bis zum 30. September des Streitjahres noch eine private Zahnarztversicherung zur „adäquaten obligatorischen Zahnversicherung“ zwischen dem Kläger und seinen Söhnen B und J als versicherte Personen und der DK-AG in K/BRD als Versicherer.
29 
Schließlich hatte der Kläger als Versicherungsnehmer mit der DRK-AG in H/BRD einen Vertrag über eine Pflegekrankenversicherung abgeschlossen.
30 
Die monatlichen Aufwendungen des Klägers für die zuvor genannten Versicherungen betrugen insgesamt 364,02 EUR.
31 
Bei einer privaten -von einem Arbeitnehmer abgeschlossenen- Krankenversicherung trägt der inländische Arbeitgeber die Hälfte der tatsächlichen Kosten der Krankenversicherung, wenn deren Leistungen mit den gesetzlichen Leistungen vergleichbar sind (§ 257 Abs. 2 SGB V), sowie die Hälfte der Kosten der Krankenversicherung der gemäß § 10 SGB V über den Arbeitnehmer (hier: den Kläger) versicherten Angehörigen (hier: der Kinder B und J). Da der Kläger keinen Anspruch auf Krankengeld gehabt hätte, hätte ein Anspruch (unter Berücksichtigung von § 257 Abs. 2 SGB V) in Höhe von 182,01 EUR (= ½ von 364,02 EUR) bestanden.
32 
Der Kläger hat von der im FZA und im KVG und in der KVV eingeräumten Möglichkeit der Befreiung von der obligatorischen Krankenversicherungspflicht in der Schweiz Gebrauch gemacht. Die Befreiung erfolgte rückwirkend auf den Beginn des Versicherungsobligatoriums zum 1. Juni des Streitjahres. Der Kläger und seine Söhne blieben jedoch bis zum 30. September des Streitjahres in der ÖKK/B versichert, was damit zusammenhing, dass die Krankenversicherung bei der ÖKK/B -die gestützt auf die bis zum 31. Mai des Streitjahres freiwillige Mitgliedschaft des Klägers bestanden hatte- erst gekündigt werden musste. Aus diesem Grund erfolgte die Aufnahme des Klägers und seiner Söhne als Mitglieder der AOK L erst zum 1. Oktober des Streitjahres.
33 
Für die -nach § 9 Abs. 1 SGB V-Gesetzliche Krankenversicherung- freiwillige Versicherung für sich und seine Kinder bei der AOK L (ohne Krankengeldanspruch) zahlte der Kläger ab Oktober des Streitjahres einen monatlich Beitrag von 445,50 EUR, der auf der Grundlage der im Streitjahr maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze von 3.375 EUR mit dem Beitragssatz für Versicherungen ohne Krankengeld von 13,2 % errechnet wurde. Der Arbeitgeberzuschuss zur Krankenversicherung hätte bei einem Beschäftigungsverhältnis mit einem im Inland ansässigen Arbeitgeber gemäß § 257 Abs. 1 SGB V 222,75 EUR (= ½ von 445,20 EUR) betragen.
34 
Die Ausübung des Wahlrechts zugunsten einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Krankenversicherung durch den Kläger hatte ihre Ursache u.a. darin, dass die Versicherungsprämien für nicht in der Schweiz wohnhafte Staatsangehörige aus FZA-Staaten relativ hoch waren (nach Art. 92b KVV werden die Versicherten pro Land in eine Prämienkategorie eingeteilt; vgl. wegen weiterer Einzelheiten zur Wahl des Versicherers: s. www.google.de: Stichwort: Grenzgänger Schweiz Krankenversicherung), weil bei der Prämienfestsetzung das jeweilige Kostenniveau im Wohnsitzstaat zu berücksichtigen ist.
35 
Das Versicherungsverhältnis mit der AOK L dauerte bis zum 30. September 2003.
36 
Im Rahmen der Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger geltend, dass 50 % der Gesamtsumme der Beiträge des Klägers zur Kranken- und Krankenpflegeversicherung von 4.749,58 EUR, demzufolge 2.394,79 EUR als Arbeitgeberanteil gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 der im Streitjahr geltenden Fassung des Einkommensteuergesetzes -EStG 2002- als steuerfrei zu beurteilen sei.
37 
Dem folgte das FA in dem Einkommensteuerbescheid vom 29. Januar 2004 nicht. Die von der Z-GmbH geleisteten Arbeitgeberanteile zur Gesamtsozialversicherung in Höhe von 5.001,48 EUR berücksichtigte das FA nicht als Lohnzuwendung an die Klägerin. Im Übrigen berücksichtigte das FA keinen „freiwilligen“ Beitrag der T-AG zur beruflichen Vorsorge des Klägers als Lohnzuwendung. Des Weiteren setzte das FA den auf den Kläger entfallenden Beitrag der T-AG zur Krankentaggeldversicherung nicht als Arbeitslohn an.
38 
Während des form- und fristgerecht eingelegten Einspruchs gab das FA den -nicht den Streitpunkt des vorliegenden Klageverfahrens berührenden- Einkommensteueränderungsbescheid bekannt. Dieser wurde zum Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens (§ 365 Abs. 3 Satz 1 AO). Der Einspruch blieb im Übrigen erfolglos.
39 
Mit der zulässigen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Wegen des Vorbringens des Klägers wird auf dessen Schriftsatz vom 5. Februar 2010 verwiesen. Der Kläger schränkte sein Klagebegehren der Höhe nach dahingehend ein, dass der Arbeitslohn nur hinsichtlich der Hälfte der seit Juni des Streitjahres für sich und seine Söhne geleisteten Beiträge zur Krankenversicherung als steuerfreier Arbeitslohn anzusetzen sei (von Juni-September: 182,01 EUR und von September-Dezember: 222,75 EUR).
40 
Die Kläger beantragen, den Einkommensteueränderungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung unter Berücksichtigung eines steuerfreien Arbeitslohns des Klägers in Höhe von 1.396,29 EUR zu ändern.
41 
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
42 
Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und im Schriftsatz vom 28. Januar 2011.
43 
Am 13. August 2007 fand vor dem Berichterstatter des erkennenden Senats ein Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes statt. Auf die hierzu den Beteiligten bekanntgegebene Niederschrift wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
44 
Mit Senatsbeschluss vom 1. März 2011 3 K 52/07 n.v. wurde Prof. Dr. P., zum Sachverständigen bestellt zur Beantwortung der im Streitfall sich stellenden Fragen zum Bundesobligatorium im Schweizer Krankenversicherungsrecht. Anschließend wurde auf den überstimmenden Antrag der Beteiligten mit dem Senatsbeschluss vom 2. August 2011 3 K 52/07 das Ruhen des Klageverfahrens angeordnet bis zur Vorlage des angeforderten Gutachtens. Das Gutachten wurde dem FG am 3. November 2011 vorgelegt.
45 
Am 8. Dezember 2011 fand die mündliche Verhandlung statt, an der der Sachverständige teilnahm.

Entscheidungsgründe

 
46 
Die Klage ist unbegründet. Der angegriffene Einkommensteueränderungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
47 
I. Die vom Kläger im noch streitbefangenen Zeitraum vom 1. Juni  bis zum 31. Dezember des Streitjahres gezahlten Beiträge zur Krankenversicherung bei der ÖKK/B und der AOK L sind steuerbar und in die Bemessungsgrundlage bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für die Erhebung der Einkommensteuer als Arbeitslohn im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 einzubeziehen: Denn die der Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge zugrundeliegenden Zuwendungen sind eine Gegenleistung der Arbeitgeberin II (der T-AG) für die Erbringung der Arbeitsleistung durch den Kläger (vgl. zu den Arbeitnehmeranteilen zur deutschen [gesetzlichen] Sozialversicherung, für die jedoch -im Unterschied zur Schweizer Krankenversicherung- eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Abführung der Arbeitnehmerbeiträge besteht: BFH-Beschlüsse vom 31. August 2005 XI B 171/03, BFH/NV 2006, 49; vom 29. Oktober 2004 XI B 170/03, BFH/NV 2005, 539; vom 19. Mai 2004 VI B 120/03, BFH/NV 2004, 1263; mit umfangreichen Nachweisen).
48 
II. Das FA hat im angegriffenen Steuerbescheid -im verbliebenen Streitpunkt des vorliegenden Klageverfahrens- zutreffend entschieden, dass die seit dem 1. Juni des Streitjahres im Rahmen der (Schweizer) obligatorischen Krankenpflegeversicherung vom Kläger als Versicherungsnehmer an die ÖKK/B und die AOK L als Versicherer allein geleisteten Krankenversicherungsbeiträge nicht teilweise gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 steuerfrei sind.
49 
Nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist.
50 
1.a) Ob eine Verpflichtung des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 besteht, muss ggf. -wie z.B.im Streitfall- auf der Grundlage ausländischen Rechts entschieden werden (BFH-Entscheidungen vom 28. Mai 2009 VI R 27/06, BStBl II 2009, 857; vom 18. Mai 2004 VI R 11/01, BStBl II 2004, 1014; vom 16. Oktober 2002 XI R 75/00, BStBl II 2003, 286; vom 1. März 2005 IX B 235/02, BFH/NV 2005, 1332; vom 15. Juli 1993 VI R 97/92, n.v.; Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, EStG § 3 Nr. 62 Anm. 2 [E 4 Abs. 2], mit weiteren Nachweisen).
51 
b) Für die Beurteilung, ob eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zu Ausgaben zur Zukunftssicherung des Arbeitnehmers gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 besteht, ist im Streitfall ausschließlich Schweizer Recht zu beachten. Es besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit, im Rahmen der Privatautonomie für zwischen den Parteien bestehende Verpflichtungen und Ansprüche wirksam das Arbeitsstatut nach deutschem Arbeitsrecht zu vereinbaren. Abgesehen davon, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägers mit der T-AG dem deutschen Arbeitsrecht unterworfen werden sollte, können öffentlich-rechtliche Ansprüche und Verpflichtungen, d.h. solche etwa gegen Versicherungsträger oder andere öffentlich-rechtliche Stellen, im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des deutschen Arbeitsrechts ebenso wenig zwischen den privaten Parteien des Arbeitsverhältnisses rechtswirksam vereinbart werden, wie sie für Arbeitsverhältnisse im Inland abbedungen werden können (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 1625 unter Bezugnahme auf das BSG-Urteil vom 12. Juni 1986 8 RK 5/85, juris, Sozialrecht -SozR- 7830, § 13 Nr. 8).
52 
c) Unberührt von den zuvor dargelegten Erwägungen richtet sich die Beurteilung der Rechtsfrage, ob die Arbeitgeberin des Klägers zur Zahlung von Beiträgen zur Krankenversicherung des Klägers gesetzlich verpflichtet war, ab dem 1. Juni des Streitjahres gemäß Art. 95 Buchstabe a KVG in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern -VO (EWG) 1408/71- (konsolidierte Fassung, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften -ABlEG- Nr. L 28 vom 30. Januar 1997, S. 1) nach den Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates (sog. Beschäftigungslandprinzip), also denjenigen der Schweiz. Grenzgänger -wie der Kläger-, die in der Bundesrepublik Deutschland wohnen und die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und in der Schweiz arbeiten, sind demzufolge auf der Grundlage des (Schweizer) KVG (und FZA) der Schweizer obligatorischen Krankenpflegeversicherung unterstellt (Art. 3 Abs. 3 Buchstabe a KVG). Das Gleiche gilt auch für deren nicht erwerbstätige Familienangehörige -wie z.B. für die im Streitjahr noch minderjährigen Kinder des Klägers (s. Anhang II A/a Buchstabe o Nr. 3 Buchstabe a i-iii FZA)- nicht jedoch in Bezug auf die Klägerin, weil diese aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland im Inland ein eigenes Sozialversicherungsstatut begründet hat (s. Anhang II A/1 Buchstabe o Nr. 3 Buchstabe a iv FZA; vgl. in diesem Zusammenhang: Tzn. 2.7-2.13 des Gutachtens).
53 
d) Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze für den noch in Rede stehenden Zeitraum vom 1. Juni bis zum 31. Dezember des Streitjahres ergibt sich Folgendes:
54 
aa) Der Kläger und seine minderjährigen Kinder (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. April 2011 L 10 R 5221/07, juris) wurden zum 1. Juni des Streitjahres der Schweizer obligatorischen Krankenpflegeversicherung unterstellt (§ 3 Abs. 3 KVG). Die sich aus § 3 Abs. 3 KVG ergebende gesetzliche Verpflichtung, für einen bestimmten Krankenpflegeversicherungsschutz zu sorgen, erfüllte der Kläger durch den mit der ÖKK/B (bereits vor dem 1. Juni des Streitjahres) abgeschlossenen und den (nach der Befreiung von der obligatorischen Krankenpflegeversicherungspflicht in der Schweiz) am 1. Oktober des Streitjahres wirksam gewordenen Krankenpflegeversicherungsvertrag mit der AOK L.
55 
Der Kläger war damit auch nach dem Inkrafttreten des FZA nicht „automatisch“ in einer Krankenversicherung versichert (wie z.B. grundsätzlich Arbeitnehmer in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung; Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Juni 2010 L 4 R 583/06, juris), wobei der von der ÖKK/B dem Kläger und dessen Söhnen gewährte Versicherungsschutz im wesentlichen dem Versicherungsschutz in der deutschen gesetzlichen Krankenpflegeversicherung entspricht, weil er ambulante Behandlung, stationäre Krankenhausbehandlung, Arznei- und Heilmittelkosten sowie zahnärztliche Behandlung und Zahnersatz (ggf.) gegen Selbstbeteiligung umfasst (Urteile des BSG vom 30. Juni 1983 11 RAz 1/82, SozR 2000 § 1304e Nr. 15, juris; des Landessozialgerichts Baden-Württemberg L 10 R 5221/07, juris; Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O. § 15 zu D.III. und E.).
56 
Die -aufgrund der mit der ÖKK/B und AOK L abgeschlossenen Verträge- zu zahlenden Prämien schuldete allein der Kläger als Versicherter (Tz. 2.34 des Gutachtens; vgl. allgemein zur Prämienordnung bei einer Schweizer Krankenversicherung: Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O. § 15 Rz. 240 ff). Dieser hat sie auch ausschließlich an die Versicherer gezahlt.
57 
bb) Eine Zahlungsverpflichtung der Arbeitgeberin des Klägers hinsichtlich der Beiträge (Prämien) für die vom Kläger abgeschlossenen Krankenversicherungen mit der ÖKK/B und AOK L bestand nicht. Denn im Unterschied zu vielen anderen Staaten sieht das im Streitfall noch nach Art. 13 Abs. 2 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71 maßgebliche Schweizerische Rechtssystem keine Beteiligung der Arbeitgeber an der Prämienzahlung für eine obligatorische Krankenpflegeversicherung vor (Tz. 2.33 des Gutachtens; Hohn, Ursula, Rechtsprobleme bei der Umsetzung des Koordinationsrechts in der Krankenversicherung, in: Gächter, Thomas [Hrsg.], Das europäische Koordinationsrecht der sozialen Sicherheit und die Schweiz - Erfahrungen und Perspektiven. S. 66). Im Übrigen hat die Arbeitgeberin des Klägers (die T-AG) auch keine Zahlungen zu den Prämien des Klägers an die vorgenannten Versicherungen (die ÖKK/B und die AOK L) geleistet.
58 
cc) Danach besteht nach dem Wortlaut des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 keine Möglichkeit einer (teilweisen) Steuerbefreiung des Arbeitslohns des Klägers. Denn die Arbeitgeberin des Klägers hat in Übereinstimmung mit den zuvor dargelegten Rechtsgrundsätzen keine Beitragsleistungen zur Krankenpflegeversicherung des Klägers er-bracht. Es liegen somit keine Ausgaben zur Zukunftssicherung der Arbeitgeberin II vor, die gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 3 der im Streitjahr geltenden Fassung der LStDV (2002) als steuerbare Lohnzuwendung an den Kläger zu beurteilen sein könnten. Ohne eine (steuerbare) Lohnzuwendung stellt sich die Frage einer Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 jedoch nicht (gl.A.: BFH-Urteil vom 18. Dezember 2007 VI R 13/05, BFH/NV 2008, 794).
59 
dd) Des Weiteren stellt sich im Streitfall auch nicht die Frage einer Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG für einen auf gesetzlicher Verpflichtung beruhenden Arbeitgeberzuschuss für einen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Beschäftigten (§ 257 Abs. 1 SGB V) bzw. zu einer privaten Krankenversicherung aus § 257 Abs. 2 ff SGB V (BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 VI R 56/05, BStBl II 2008, 894). Denn zum Einen wurde ein solcher Zuschuss nicht von der Arbeitgeberin des Klägers gezahlt und zum Zweiten ist die Zahlung eines Zuschusses zur gesetzlichen oder freiwilligen Krankenversicherung durch den Arbeitgeber nach den im Streitfall gemäß Art. 13 Abs. 1 und 2 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71 maßgeblichen Rechtsvorschriften am Beschäftigungsort des Klägers in der Schweiz zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht vorgesehen (vgl. hierzu auch: Kuhlmann/Ritzer in: Frotscher, Kommentar zum EStG § 3 Nr. 62 Rz. 274).
60 
ee) Eine andere Beurteilung ist insbesondere auch nicht geboten im Hinblick auf die durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Entwicklungsländer-Steuergesetzes und des Einkommensteuergesetzes vom 21.Mai 1979 (BStBl I 1979, 288, BGBl I [vom 23.Mai 1979] S. 558) in das Einkommensteuergesetz eingefügte Vorschrift des § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG zur Behandlung von Beiträgen eines in der Schweiz ansässigen Arbeitgebers an eine (Schweizer) Pensionskasse zur beruflichen Vorsorge eines in Inland ansässigen Grenzgängers zur Schweiz.
61 
Vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift wurden die Arbeitgeberbeiträge an eine (Schweizer) Pensionskasse als Lohnzuwendung im Inland der Besteuerung unterworfen (BFH-Urteil vom 16. Mai 1975 VI R 165/72, BStBl II 1975, 642), jedoch keine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG (1979) gewährt, weil diese Beiträge -vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juli 1982 (BVG, Systematische Sammlung des Bundesrechts [SR], s. www.admin.ch) am 1. Januar 1985- nicht aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung im Sinne des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG geleistet wurden, sondern auf freiwilliger Basis (s. die Nachweise in dem Senatsurteil vom 24. September 2009 3 K 4130/08 -rechtskräftig- juris; vgl. in diesem Zusammenhang das Senatsurteil vom 18. November 2010 3 K 273/07 -nicht rechtskräftig, Revision eingelegt, BFH. Az.: VI R 6/11- juris).
62 
Um diese von den Grenzgängern als Benachteiligung angesehene Besteuerung der Arbeitgeberbeiträge zu beseitigen, wurde durch § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG ein steuerlicher Ausgleich geschaffen für Grenzgänger zur Schweiz, die nicht der deutschen Rentenversicherung angehören und angehören können, für die der Arbeitgeber aber zur Schaffung einer ausreichenden Altersversorgung Beiträge zur beruflichen Vorsorge an eine Pensionskasse leistet, die wirtschaftlich den -steuerfreien- Arbeitgeberbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar sind, wobei die Beiträge innerhalb der Höchstgrenzen des § 3 Nr. 62 Satz 3 EStG (1979, Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 3 Nr. 62 Rn. 4 [E 7 Abs. 3]) nur insoweit steuerfrei gestellt wurden, als der Arbeitgeber nicht ohnehin steuerfreie Beiträge zu einer gesetzlichen Rentenversicherung oder steuerfreie gleichgestellte Leistungen erbringt (§ 3 Nr. 62 Satz 4 Halbsatz 2 EStG; BT-Drucks. 8/2501 Seite 18 zu Artikel 1 a zu Nummer 1; Kreile, DStZ/A 1979, 259, zu III.1.).
63 
ff) Der erkennende Senat braucht hieran anschließend nicht zu entscheiden, ob eine Benachteiligung der Grenzgänger darin zu sehen seine könnte, dass nach dem Schweizer Rechtssystem keine Beteiligung des Arbeitgebers an der Beitragszahlung des Arbeitnehmers zu seiner Krankenversicherung vorgesehen ist, weil damit die Annahme einer steuerfreien Lohnzuwendung gemäß § 3 Nr. 62 EStG in Gestalt eines Arbeitgeberbeitrags zur Krankenpflegeversicherung von vorneherein nicht in Betracht kommt. Jedenfalls ist es dem erkennende Senat verwehrt, einen Teil der ausschließlich vom Arbeitnehmer gezahlten Beiträge zur Krankenpflegeversicherung „wirtschaftlich“ bzw. „fiktiv“ (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 794) als Arbeitgeberbeiträge (innerhalb von auch im Inland geltenden Höchstgrenzen) gemäß § 3 Nr. 62 EStG 2002 steuerfrei zu stellen. Denn dem Gesetzgeber war bei der Einfügung des § 3 Nr. 62 Satz 4 ins EStG bewusst, dass (freiwillige) Leistungen des Arbeitnehmers für eine private Krankenversicherung nicht unter die damalige Neuregelung fallen (Altehoefer, Die Information über Steuer und Wirtschaft -INF- 1979, 339, zu II. 2.). Er hat bewusst davon abgesehen, eine Regelung z.B. des Inhalts zu erlassen, nach der steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse bei einem Grenzgänger zur Schweiz „fiktiv“ etwa in Höhe der Zuschüsse lt. § 257 Abs. 1 bzw. 2 SGB V unterstellt werden können.
64 
Im Übrigen war dem Gesetzgeber zum damaligen Zeitpunkt ersichtlich schon bewusst, dass Grenzgänger zur Schweiz ihre Krankenversicherung ohne Beteiligung des (Schweizer) Arbeitgebers allein finanzieren müssen und die geleisteten Beiträge nur im Rahmen der Höchstbeträge gemäß § 10 Abs. 3 EStG 1979 abziehbar sind bzw. im Hinblick auf die Vorschrift des § 10 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1979 überhaupt nicht abziehbar sind, weil die in der Schweiz ansässigen -privatrechtlich organisierten- Versicherungsunternehmen (Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O., § 15 Rz. 7 ff.) regelmäßig keine Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland besitzen (vgl. hierzu: Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10 Anm. 310, mit weiteren Nachweisen). Härten, die vom Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Tatbestandes des § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG im Jahr 1979 bzw. des § 10 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1979 bewusst in Kauf genommen wurden, sind allenfalls vom Gesetzgeber durch eine Gesetzeskorrektur (durch eine grundlegende Änderung der Behandlung von Zukunftssicherungsleistungen [Krankenversicherungsbeiträgen] für und von Grenzgängern zur Schweiz) und nicht durch die Gerichte zu beheben (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 794; Urteil des BVerfG vom 8. Februar 1977 1 BvF 1/76, u.a., BVerfGE 43, 291 [321]), wobei offen gelassen werden kann, ob und inwieweit eine Gesetzeskorrektur im Hinblick auf den ab dem Veranlagungszeitraum 2010 neu geregelten Sonderausgabenabzug von Krankenversicherungsbeiträgen (s. § 10 Abs. 1 Nrn. 3 und 3a EStG i.d.F. des BürgEntlG-KV vom 16. Juli 2009 (BGBl I 2009, 1959, BStBI I 2009, 782) vorzunehmen sein könnte (vgl. zur Rechtslage bis einschließlich 31. Dezember 2009: BFH-Urteil vom 16. November 2011 X R 15/09, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2012, 626; Hinweis auf § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG 2011).
65 
gg) Die zuvor dargelegten Erwägungen gelten auch im Hinblick auf das am 1. Juni des Streitjahres wirksam gewordene Obligatorium für die Krankenpflegeversicherung in der Schweiz. Denn auch nach dem 31. Mai des Streitjahres besteht keine gesetzliche Verpflichtung des in der Schweiz ansässigen Arbeitgebers zur Leistung von Beiträgen zur (obligatorischen) Krankenpflegeversicherung eines (nichtselbständigen) Grenzgängers zur Schweiz, sodass die Annahme einer gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 steuerfreien Lohnzuwendung nicht zulässig ist.
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2.a) Im Übrigen kann sich der Kläger wegen der zuvor dargelegten Erwägungen zu § 3 Nr. 62 EStG grundsätzlich nicht auf die Bestimmungen des FZA zur Freizügigkeit berufen und deren Europarechtswidrigkeit mit Erfolg rügen (s. etwa: Art. 1, 2 FZA bzw. Anhang I Art. 7, 9; a.A.: Tz. 3.1 ff. des Gutachtens). In diesem Zusammenhang kann der erkennende Senat offenlassen, ob die Grundsätze zur Arbeitnehmerfreizügigkeit im FZA Anhang II Art. 7-9 nur zur Anwendung kommen können, wenn -bezogen auf den vorliegenden Fall- eine Quellenbesteuerung des Klägers mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit durch die Schweiz als Tätigkeitsstaat im Streite wäre (Hinweis auf die Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 6. Dezember 2011 im Verfahren beim EuGH zum Az. C-425/11 -Ettwein- zum Vorabentscheidungsersuchen des erkennenden Senats vom 7. Juli 2010 3 K 3752/10, juris; a.A.: Tz. 3.1 ff. des Gutachtens zur Anwendung des FZA aus Schweizer Sicht; Entscheid des Schweizerischen Bundesgerichts vom 26. Januar 2010 in Sachen Steuerverwaltung des Kantons Genf und Verwaltungsrekurskommission des Kantons Genf 2 C_319/2009, 2C_321/2009, Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts -BGE- 136 II 241; Erkenntnisse des österreichischen VwGH vom 23. Februar 2010 Gz. 2008/15/0250, www.ris.bka.gv.at; vom 20. Februar 2008 Gz.: 2005/15/0135, www.ris.bka.gv.at; vom 19. Dezember 2007 Gz.: 2006/15/0256, www.ris.bka.gv.at). Würde man der Auffassung der Europäischen Kommission folgen, hätten die Grundfreiheiten nach dem FZA für die Entscheidung des vorliegenden Falles keine Bedeutung, weil im vorliegenden Verfahren nicht die Quellenbesteuerung durch den Tätigkeitsstaat des Klägers (die Schweiz) im Streite ist, sondern die Besteuerung durch den Wohnsitzstaat des Klägers (die Bundesrepublik Deutschland). Für den Fall, dass sich der Kläger auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit (nach dem FZA) berufen könnte, würde sich auch dies nicht zu seinen Gunsten auswirken. Insoweit verweist der erkennende Senat auf die nachfolgenden Erwägungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit in Art. 39 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) bzw. in Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), die jedenfalls im Ergebnis auch für die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach dem FZA zu beachten sind.
67 
b) Die Auslegung des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 durch den erkennenden Senat beeinträchtigt nicht die in Art. 39 EG bzw. in Art. 45 AEUV garantierte Arbeitnehmerfreizügigkeit des Klägers, wobei der erkennende Senat ausdrücklich offen lässt, ob sich der Kläger im Rahmen der hier in Rede stehenden Einkommensteuerfestsetzung wegen der -ihn benachteiligenden- Ausgestaltung der Beitragspflicht in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung überhaupt auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach dem EG bzw. dem AEUV berufen kann (s. auch die ergänzende Stellungname des Gutachters vom Dezember 2011; Cordewener, IStR 2009, 536; Haslehner, SWI 2007, 221).
68 
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sollen sämtliche Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit den Gemeinschaftsangehörigen die Ausübung beruflicher Tätigkeiten aller Art im Gebiet der Europäischen Gemeinschaft erleichtern und stehen Maßnahmen entgegen, die die Gemeinschaftsangehörigen benachteiligen könnten, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollen (vgl. u.a. Urteile vom 15. September 2011, Schulz-Delzers und Schulz, Rs. C-240/10, BFH/NV 2011, 1252, Rn. 33; vom 23. Februar 2009, Rüffler, Rs. C-544/07, Slg. 2009, I-3389; vom 16. Oktober 2008, Renneberg, Rs. C-527/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2009, 83; vom 13. November 2003, Schilling und Fleck-Schilling, Rs. C-209/01, Slg. 2003, I-13389, Rn. 24; vom 21. Februar 2006, Ritter-Coulais, Rs. C-152/03, Slg. 2006, I-1711, Rn. 33; vom 18. Juli 2007, Lakebrink und Peters-Lakebrink, Rs. C-182/06, Slg. I-2007, I-6705, Rn. 17).
69 
bb) Eine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Benachteiligung ausländischer Arbeitnehmer ist durch § 3 Nr. 62 EStG jedoch nicht zu besorgen. Die Vorschrift differenziert nicht nach der Nationalität des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers. Unerheblich ist auch, ob der Arbeitgeber die Versicherungsbeiträge aufgrund inländischer oder ausländischer Gesetze entrichten muss, so dass eine direkte oder unmittelbare Diskriminierung offenkundig nicht vorliegt (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 2008, 894 und in BStBl II 2004, 1014).
70 
cc) § 3 Nr. 62 EStG bewirkt aber auch keine nach Art. 39 EG verbotene indirekte oder mittelbare Diskriminierung. Der Tatbestand des § 3 Nr. 62 EStG enthält keine Anforderungen, die nur von inländischen (im Sinne von im Inland ansässigen) Arbeitgebern oder inländischen Arbeitnehmern erfüllt werden könnten oder ansonsten geeignet wären, die Freizügigkeit inländischer oder ausländischer Arbeitnehmer zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. § 3 Nr. 62 EStG unterscheidet lediglich zwischen -zu Zukunftssicherungsleistungen- gesetzlich verpflichteten und gesetzlich nicht verpflichteten Arbeitgebern und erfasst damit gesetzliche Verpflichtungen nach deutschem Recht wie auch nach ausländischen (z.B. Schweizer) Recht.
71 
Die Steuerfreiheit von Zukunftssicherungsleistungen, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern neben oder zusätzlich zu seinen (sozial)versicherungsrechtlichen Pflichtbeiträgen gewährt, betrifft inländische wie ausländische Arbeitnehmer gleichermaßen. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der (inländische wie auch der ausländische) Arbeitgeber einer gesetzlichen Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zur Zukunftssicherung seines Arbeitnehmers unterliegt. Hieran fehlt es im Streitfall hinsichtlich der Beiträge für die obligatorische Krankenpflegeversicherung des Klägers. Dessen in der Schweiz ansässige Arbeitgeberin unterlag keiner (Schweizer) gesetzlichen Verpflichtung, Beiträge für die Krankenpflegeversicherung des Klägers und seiner Söhne bei der ÖKK/B und der AOK L zu leisten (und hat demzufolge auch keine geleistet). Auch eine fehlende (deutsche) gesetzliche Verpflichtung eines im Inland ansässigen Arbeitgebers zur Leistung von Beiträgen zu einer Krankenpflegversicherung bzw. von Zuschüssen würde der Steuerfreiheit der diesbezüglichen Lohnzuwendung bei einem (inländischen wie auch bei einem ausländischen) Arbeitnehmer entgegenstehen (vgl. im vorliegenden Zusammenhang: BFH-Urteil in BStBl II 2009, 857).
72 
dd) Das eigentliche „Problem“ (vgl. hierzu: BFH-Urteil vom 24. April 2006 X R 57/06, BStBl II 2009, 1000) des Klägers hinsichtlich der hier in Rede stehenden Krankenversicherungsbeiträge besteht in der fehlenden Harmonisierung der nationalen Krankenversicherungssysteme, deren Errichtung nach wie vor weitgehend in der Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten liegt (Art. 168 Abs. 5 und 7 AEUV; Becker/Kingreen, SGB V Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar, 2. Aufl., § 1 Rn. 42; vgl. jedoch auch: EuGH-Urteil in Slg. 2009, I-3389, Rz. 85). Das Schweizer System kennt (u.a.) im Unterscheid zum deutschen System keine (freiwillige und erst Recht keine gesetzlich angeordnete) Beteiligung des Arbeitgebers an den Beiträgen des Arbeitnehmers für die (obligatorische) Krankenpflegeversicherung. Diese sich daraus ergebende Mehrbelastung des Klägers in Gestalt eines höheren steuerpflichtigen Arbeitslohns (wegen des Fehlens eines steuerfreien Beitrags [Zuschusses] seiner Arbeitgeberin zur Krankenpflegeversicherung) stellt sich daher als Folge der fehlenden Harmonisierung der jeweiligen nationalen Sozialversicherungs- und Steuersysteme dar, die schon deshalb keine Diskriminierung bewirkt, weil die Ungleichbehandlung auf Maßnahmen unterschiedlicher Hoheitsträger beruht (BFH-Urteil in BStBl II 2009, 857 mit weiteren Nachweisen; BSG-Urteil vom 6. Oktober 2010, Grimme, B 12 KR 20/09 R, SozR 4-0000, juris; Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 5. Aufl., Einführung Rn. 60; a.A.: Tz. 3.25 ff. des Gutachtens). Insoweit ist zu beachten, dass der EG bzw. der AEUV einem Unionsbürger (wie z.B. dem Kläger) nicht garantiert, dass die Verlegung der Tätigkeit in einen anderen Mitgliedstaat (wie evtl. auch in die Schweiz) als den Wohnsitzstaat, steuerneutral ist. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungen der Mitgliedstaaten kann eine solche Verlegung für die EU-Bürger je nach dem Einzelfall mehr oder weniger vorteilhaft oder nachteilig sein (EuGH-Urteil in BFH/NV 2011, 1252, Rn. 34, zur Berücksichtigung von Auslandszulagen bei Anwendung eines progressiven Steuertarifs).
73 
III. Eines Senatsbeschlusses zur Wiederaufnahme des Klageverfahrens, nachdem mit Senatsbeschluss vom 2. August 2011 3 K 52/07 dessen Ruhen gemäß § 251 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 155 FGO angeordnet worden war, bedurfte es nicht. Denn im Beschluss 3 K 52/07 wurde als Endzeitpunkt der Verfahrensruhe ein bestimmtes Ereignis angegeben (die Vorlage des vom Senat in Auftrag gegebenen Gutachtens). Dieses Ereignis ist inzwischen eingetreten und zwar am 3.November 2011. Damit ist das Ruhen des Klageverfahrens automatisch weggefallen (BFH-Beschluss vom 9. August 2007 III B 187/06, BFH/NV 2007, 2310; Koch in: Gräber, FGO, Kommentar, 7. Aufl., § 74 Rz. 26 mit weiteren Nachweisen).
74 
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
75 
V. Die Revision war zuzulassen. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und dies insbesondere im Hinblick auf die im Gutachten (soweit ersichtlich) erstmals dargelegten Schweizer und europarechtlichen Rechtsgrundsätze zur seit dem 1. Juni des Streitjahres in der Schweiz bestehenden obligatorischen Krankenpflegeversicherung.

Gründe

 
46 
Die Klage ist unbegründet. Der angegriffene Einkommensteueränderungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
47 
I. Die vom Kläger im noch streitbefangenen Zeitraum vom 1. Juni  bis zum 31. Dezember des Streitjahres gezahlten Beiträge zur Krankenversicherung bei der ÖKK/B und der AOK L sind steuerbar und in die Bemessungsgrundlage bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für die Erhebung der Einkommensteuer als Arbeitslohn im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 einzubeziehen: Denn die der Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge zugrundeliegenden Zuwendungen sind eine Gegenleistung der Arbeitgeberin II (der T-AG) für die Erbringung der Arbeitsleistung durch den Kläger (vgl. zu den Arbeitnehmeranteilen zur deutschen [gesetzlichen] Sozialversicherung, für die jedoch -im Unterschied zur Schweizer Krankenversicherung- eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Abführung der Arbeitnehmerbeiträge besteht: BFH-Beschlüsse vom 31. August 2005 XI B 171/03, BFH/NV 2006, 49; vom 29. Oktober 2004 XI B 170/03, BFH/NV 2005, 539; vom 19. Mai 2004 VI B 120/03, BFH/NV 2004, 1263; mit umfangreichen Nachweisen).
48 
II. Das FA hat im angegriffenen Steuerbescheid -im verbliebenen Streitpunkt des vorliegenden Klageverfahrens- zutreffend entschieden, dass die seit dem 1. Juni des Streitjahres im Rahmen der (Schweizer) obligatorischen Krankenpflegeversicherung vom Kläger als Versicherungsnehmer an die ÖKK/B und die AOK L als Versicherer allein geleisteten Krankenversicherungsbeiträge nicht teilweise gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 steuerfrei sind.
49 
Nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist.
50 
1.a) Ob eine Verpflichtung des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 besteht, muss ggf. -wie z.B.im Streitfall- auf der Grundlage ausländischen Rechts entschieden werden (BFH-Entscheidungen vom 28. Mai 2009 VI R 27/06, BStBl II 2009, 857; vom 18. Mai 2004 VI R 11/01, BStBl II 2004, 1014; vom 16. Oktober 2002 XI R 75/00, BStBl II 2003, 286; vom 1. März 2005 IX B 235/02, BFH/NV 2005, 1332; vom 15. Juli 1993 VI R 97/92, n.v.; Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, EStG § 3 Nr. 62 Anm. 2 [E 4 Abs. 2], mit weiteren Nachweisen).
51 
b) Für die Beurteilung, ob eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zu Ausgaben zur Zukunftssicherung des Arbeitnehmers gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 besteht, ist im Streitfall ausschließlich Schweizer Recht zu beachten. Es besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit, im Rahmen der Privatautonomie für zwischen den Parteien bestehende Verpflichtungen und Ansprüche wirksam das Arbeitsstatut nach deutschem Arbeitsrecht zu vereinbaren. Abgesehen davon, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägers mit der T-AG dem deutschen Arbeitsrecht unterworfen werden sollte, können öffentlich-rechtliche Ansprüche und Verpflichtungen, d.h. solche etwa gegen Versicherungsträger oder andere öffentlich-rechtliche Stellen, im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des deutschen Arbeitsrechts ebenso wenig zwischen den privaten Parteien des Arbeitsverhältnisses rechtswirksam vereinbart werden, wie sie für Arbeitsverhältnisse im Inland abbedungen werden können (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 1625 unter Bezugnahme auf das BSG-Urteil vom 12. Juni 1986 8 RK 5/85, juris, Sozialrecht -SozR- 7830, § 13 Nr. 8).
52 
c) Unberührt von den zuvor dargelegten Erwägungen richtet sich die Beurteilung der Rechtsfrage, ob die Arbeitgeberin des Klägers zur Zahlung von Beiträgen zur Krankenversicherung des Klägers gesetzlich verpflichtet war, ab dem 1. Juni des Streitjahres gemäß Art. 95 Buchstabe a KVG in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern -VO (EWG) 1408/71- (konsolidierte Fassung, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften -ABlEG- Nr. L 28 vom 30. Januar 1997, S. 1) nach den Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates (sog. Beschäftigungslandprinzip), also denjenigen der Schweiz. Grenzgänger -wie der Kläger-, die in der Bundesrepublik Deutschland wohnen und die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und in der Schweiz arbeiten, sind demzufolge auf der Grundlage des (Schweizer) KVG (und FZA) der Schweizer obligatorischen Krankenpflegeversicherung unterstellt (Art. 3 Abs. 3 Buchstabe a KVG). Das Gleiche gilt auch für deren nicht erwerbstätige Familienangehörige -wie z.B. für die im Streitjahr noch minderjährigen Kinder des Klägers (s. Anhang II A/a Buchstabe o Nr. 3 Buchstabe a i-iii FZA)- nicht jedoch in Bezug auf die Klägerin, weil diese aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland im Inland ein eigenes Sozialversicherungsstatut begründet hat (s. Anhang II A/1 Buchstabe o Nr. 3 Buchstabe a iv FZA; vgl. in diesem Zusammenhang: Tzn. 2.7-2.13 des Gutachtens).
53 
d) Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze für den noch in Rede stehenden Zeitraum vom 1. Juni bis zum 31. Dezember des Streitjahres ergibt sich Folgendes:
54 
aa) Der Kläger und seine minderjährigen Kinder (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. April 2011 L 10 R 5221/07, juris) wurden zum 1. Juni des Streitjahres der Schweizer obligatorischen Krankenpflegeversicherung unterstellt (§ 3 Abs. 3 KVG). Die sich aus § 3 Abs. 3 KVG ergebende gesetzliche Verpflichtung, für einen bestimmten Krankenpflegeversicherungsschutz zu sorgen, erfüllte der Kläger durch den mit der ÖKK/B (bereits vor dem 1. Juni des Streitjahres) abgeschlossenen und den (nach der Befreiung von der obligatorischen Krankenpflegeversicherungspflicht in der Schweiz) am 1. Oktober des Streitjahres wirksam gewordenen Krankenpflegeversicherungsvertrag mit der AOK L.
55 
Der Kläger war damit auch nach dem Inkrafttreten des FZA nicht „automatisch“ in einer Krankenversicherung versichert (wie z.B. grundsätzlich Arbeitnehmer in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung; Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Juni 2010 L 4 R 583/06, juris), wobei der von der ÖKK/B dem Kläger und dessen Söhnen gewährte Versicherungsschutz im wesentlichen dem Versicherungsschutz in der deutschen gesetzlichen Krankenpflegeversicherung entspricht, weil er ambulante Behandlung, stationäre Krankenhausbehandlung, Arznei- und Heilmittelkosten sowie zahnärztliche Behandlung und Zahnersatz (ggf.) gegen Selbstbeteiligung umfasst (Urteile des BSG vom 30. Juni 1983 11 RAz 1/82, SozR 2000 § 1304e Nr. 15, juris; des Landessozialgerichts Baden-Württemberg L 10 R 5221/07, juris; Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O. § 15 zu D.III. und E.).
56 
Die -aufgrund der mit der ÖKK/B und AOK L abgeschlossenen Verträge- zu zahlenden Prämien schuldete allein der Kläger als Versicherter (Tz. 2.34 des Gutachtens; vgl. allgemein zur Prämienordnung bei einer Schweizer Krankenversicherung: Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O. § 15 Rz. 240 ff). Dieser hat sie auch ausschließlich an die Versicherer gezahlt.
57 
bb) Eine Zahlungsverpflichtung der Arbeitgeberin des Klägers hinsichtlich der Beiträge (Prämien) für die vom Kläger abgeschlossenen Krankenversicherungen mit der ÖKK/B und AOK L bestand nicht. Denn im Unterschied zu vielen anderen Staaten sieht das im Streitfall noch nach Art. 13 Abs. 2 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71 maßgebliche Schweizerische Rechtssystem keine Beteiligung der Arbeitgeber an der Prämienzahlung für eine obligatorische Krankenpflegeversicherung vor (Tz. 2.33 des Gutachtens; Hohn, Ursula, Rechtsprobleme bei der Umsetzung des Koordinationsrechts in der Krankenversicherung, in: Gächter, Thomas [Hrsg.], Das europäische Koordinationsrecht der sozialen Sicherheit und die Schweiz - Erfahrungen und Perspektiven. S. 66). Im Übrigen hat die Arbeitgeberin des Klägers (die T-AG) auch keine Zahlungen zu den Prämien des Klägers an die vorgenannten Versicherungen (die ÖKK/B und die AOK L) geleistet.
58 
cc) Danach besteht nach dem Wortlaut des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 keine Möglichkeit einer (teilweisen) Steuerbefreiung des Arbeitslohns des Klägers. Denn die Arbeitgeberin des Klägers hat in Übereinstimmung mit den zuvor dargelegten Rechtsgrundsätzen keine Beitragsleistungen zur Krankenpflegeversicherung des Klägers er-bracht. Es liegen somit keine Ausgaben zur Zukunftssicherung der Arbeitgeberin II vor, die gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 3 der im Streitjahr geltenden Fassung der LStDV (2002) als steuerbare Lohnzuwendung an den Kläger zu beurteilen sein könnten. Ohne eine (steuerbare) Lohnzuwendung stellt sich die Frage einer Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 jedoch nicht (gl.A.: BFH-Urteil vom 18. Dezember 2007 VI R 13/05, BFH/NV 2008, 794).
59 
dd) Des Weiteren stellt sich im Streitfall auch nicht die Frage einer Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG für einen auf gesetzlicher Verpflichtung beruhenden Arbeitgeberzuschuss für einen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Beschäftigten (§ 257 Abs. 1 SGB V) bzw. zu einer privaten Krankenversicherung aus § 257 Abs. 2 ff SGB V (BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 VI R 56/05, BStBl II 2008, 894). Denn zum Einen wurde ein solcher Zuschuss nicht von der Arbeitgeberin des Klägers gezahlt und zum Zweiten ist die Zahlung eines Zuschusses zur gesetzlichen oder freiwilligen Krankenversicherung durch den Arbeitgeber nach den im Streitfall gemäß Art. 13 Abs. 1 und 2 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71 maßgeblichen Rechtsvorschriften am Beschäftigungsort des Klägers in der Schweiz zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht vorgesehen (vgl. hierzu auch: Kuhlmann/Ritzer in: Frotscher, Kommentar zum EStG § 3 Nr. 62 Rz. 274).
60 
ee) Eine andere Beurteilung ist insbesondere auch nicht geboten im Hinblick auf die durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Entwicklungsländer-Steuergesetzes und des Einkommensteuergesetzes vom 21.Mai 1979 (BStBl I 1979, 288, BGBl I [vom 23.Mai 1979] S. 558) in das Einkommensteuergesetz eingefügte Vorschrift des § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG zur Behandlung von Beiträgen eines in der Schweiz ansässigen Arbeitgebers an eine (Schweizer) Pensionskasse zur beruflichen Vorsorge eines in Inland ansässigen Grenzgängers zur Schweiz.
61 
Vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift wurden die Arbeitgeberbeiträge an eine (Schweizer) Pensionskasse als Lohnzuwendung im Inland der Besteuerung unterworfen (BFH-Urteil vom 16. Mai 1975 VI R 165/72, BStBl II 1975, 642), jedoch keine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG (1979) gewährt, weil diese Beiträge -vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juli 1982 (BVG, Systematische Sammlung des Bundesrechts [SR], s. www.admin.ch) am 1. Januar 1985- nicht aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung im Sinne des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG geleistet wurden, sondern auf freiwilliger Basis (s. die Nachweise in dem Senatsurteil vom 24. September 2009 3 K 4130/08 -rechtskräftig- juris; vgl. in diesem Zusammenhang das Senatsurteil vom 18. November 2010 3 K 273/07 -nicht rechtskräftig, Revision eingelegt, BFH. Az.: VI R 6/11- juris).
62 
Um diese von den Grenzgängern als Benachteiligung angesehene Besteuerung der Arbeitgeberbeiträge zu beseitigen, wurde durch § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG ein steuerlicher Ausgleich geschaffen für Grenzgänger zur Schweiz, die nicht der deutschen Rentenversicherung angehören und angehören können, für die der Arbeitgeber aber zur Schaffung einer ausreichenden Altersversorgung Beiträge zur beruflichen Vorsorge an eine Pensionskasse leistet, die wirtschaftlich den -steuerfreien- Arbeitgeberbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar sind, wobei die Beiträge innerhalb der Höchstgrenzen des § 3 Nr. 62 Satz 3 EStG (1979, Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 3 Nr. 62 Rn. 4 [E 7 Abs. 3]) nur insoweit steuerfrei gestellt wurden, als der Arbeitgeber nicht ohnehin steuerfreie Beiträge zu einer gesetzlichen Rentenversicherung oder steuerfreie gleichgestellte Leistungen erbringt (§ 3 Nr. 62 Satz 4 Halbsatz 2 EStG; BT-Drucks. 8/2501 Seite 18 zu Artikel 1 a zu Nummer 1; Kreile, DStZ/A 1979, 259, zu III.1.).
63 
ff) Der erkennende Senat braucht hieran anschließend nicht zu entscheiden, ob eine Benachteiligung der Grenzgänger darin zu sehen seine könnte, dass nach dem Schweizer Rechtssystem keine Beteiligung des Arbeitgebers an der Beitragszahlung des Arbeitnehmers zu seiner Krankenversicherung vorgesehen ist, weil damit die Annahme einer steuerfreien Lohnzuwendung gemäß § 3 Nr. 62 EStG in Gestalt eines Arbeitgeberbeitrags zur Krankenpflegeversicherung von vorneherein nicht in Betracht kommt. Jedenfalls ist es dem erkennende Senat verwehrt, einen Teil der ausschließlich vom Arbeitnehmer gezahlten Beiträge zur Krankenpflegeversicherung „wirtschaftlich“ bzw. „fiktiv“ (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 794) als Arbeitgeberbeiträge (innerhalb von auch im Inland geltenden Höchstgrenzen) gemäß § 3 Nr. 62 EStG 2002 steuerfrei zu stellen. Denn dem Gesetzgeber war bei der Einfügung des § 3 Nr. 62 Satz 4 ins EStG bewusst, dass (freiwillige) Leistungen des Arbeitnehmers für eine private Krankenversicherung nicht unter die damalige Neuregelung fallen (Altehoefer, Die Information über Steuer und Wirtschaft -INF- 1979, 339, zu II. 2.). Er hat bewusst davon abgesehen, eine Regelung z.B. des Inhalts zu erlassen, nach der steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse bei einem Grenzgänger zur Schweiz „fiktiv“ etwa in Höhe der Zuschüsse lt. § 257 Abs. 1 bzw. 2 SGB V unterstellt werden können.
64 
Im Übrigen war dem Gesetzgeber zum damaligen Zeitpunkt ersichtlich schon bewusst, dass Grenzgänger zur Schweiz ihre Krankenversicherung ohne Beteiligung des (Schweizer) Arbeitgebers allein finanzieren müssen und die geleisteten Beiträge nur im Rahmen der Höchstbeträge gemäß § 10 Abs. 3 EStG 1979 abziehbar sind bzw. im Hinblick auf die Vorschrift des § 10 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1979 überhaupt nicht abziehbar sind, weil die in der Schweiz ansässigen -privatrechtlich organisierten- Versicherungsunternehmen (Maurer/Scartazzini/Hürzeler, a.a.O., § 15 Rz. 7 ff.) regelmäßig keine Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland besitzen (vgl. hierzu: Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10 Anm. 310, mit weiteren Nachweisen). Härten, die vom Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Tatbestandes des § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG im Jahr 1979 bzw. des § 10 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1979 bewusst in Kauf genommen wurden, sind allenfalls vom Gesetzgeber durch eine Gesetzeskorrektur (durch eine grundlegende Änderung der Behandlung von Zukunftssicherungsleistungen [Krankenversicherungsbeiträgen] für und von Grenzgängern zur Schweiz) und nicht durch die Gerichte zu beheben (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 794; Urteil des BVerfG vom 8. Februar 1977 1 BvF 1/76, u.a., BVerfGE 43, 291 [321]), wobei offen gelassen werden kann, ob und inwieweit eine Gesetzeskorrektur im Hinblick auf den ab dem Veranlagungszeitraum 2010 neu geregelten Sonderausgabenabzug von Krankenversicherungsbeiträgen (s. § 10 Abs. 1 Nrn. 3 und 3a EStG i.d.F. des BürgEntlG-KV vom 16. Juli 2009 (BGBl I 2009, 1959, BStBI I 2009, 782) vorzunehmen sein könnte (vgl. zur Rechtslage bis einschließlich 31. Dezember 2009: BFH-Urteil vom 16. November 2011 X R 15/09, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2012, 626; Hinweis auf § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG 2011).
65 
gg) Die zuvor dargelegten Erwägungen gelten auch im Hinblick auf das am 1. Juni des Streitjahres wirksam gewordene Obligatorium für die Krankenpflegeversicherung in der Schweiz. Denn auch nach dem 31. Mai des Streitjahres besteht keine gesetzliche Verpflichtung des in der Schweiz ansässigen Arbeitgebers zur Leistung von Beiträgen zur (obligatorischen) Krankenpflegeversicherung eines (nichtselbständigen) Grenzgängers zur Schweiz, sodass die Annahme einer gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 steuerfreien Lohnzuwendung nicht zulässig ist.
66 
2.a) Im Übrigen kann sich der Kläger wegen der zuvor dargelegten Erwägungen zu § 3 Nr. 62 EStG grundsätzlich nicht auf die Bestimmungen des FZA zur Freizügigkeit berufen und deren Europarechtswidrigkeit mit Erfolg rügen (s. etwa: Art. 1, 2 FZA bzw. Anhang I Art. 7, 9; a.A.: Tz. 3.1 ff. des Gutachtens). In diesem Zusammenhang kann der erkennende Senat offenlassen, ob die Grundsätze zur Arbeitnehmerfreizügigkeit im FZA Anhang II Art. 7-9 nur zur Anwendung kommen können, wenn -bezogen auf den vorliegenden Fall- eine Quellenbesteuerung des Klägers mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit durch die Schweiz als Tätigkeitsstaat im Streite wäre (Hinweis auf die Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 6. Dezember 2011 im Verfahren beim EuGH zum Az. C-425/11 -Ettwein- zum Vorabentscheidungsersuchen des erkennenden Senats vom 7. Juli 2010 3 K 3752/10, juris; a.A.: Tz. 3.1 ff. des Gutachtens zur Anwendung des FZA aus Schweizer Sicht; Entscheid des Schweizerischen Bundesgerichts vom 26. Januar 2010 in Sachen Steuerverwaltung des Kantons Genf und Verwaltungsrekurskommission des Kantons Genf 2 C_319/2009, 2C_321/2009, Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts -BGE- 136 II 241; Erkenntnisse des österreichischen VwGH vom 23. Februar 2010 Gz. 2008/15/0250, www.ris.bka.gv.at; vom 20. Februar 2008 Gz.: 2005/15/0135, www.ris.bka.gv.at; vom 19. Dezember 2007 Gz.: 2006/15/0256, www.ris.bka.gv.at). Würde man der Auffassung der Europäischen Kommission folgen, hätten die Grundfreiheiten nach dem FZA für die Entscheidung des vorliegenden Falles keine Bedeutung, weil im vorliegenden Verfahren nicht die Quellenbesteuerung durch den Tätigkeitsstaat des Klägers (die Schweiz) im Streite ist, sondern die Besteuerung durch den Wohnsitzstaat des Klägers (die Bundesrepublik Deutschland). Für den Fall, dass sich der Kläger auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit (nach dem FZA) berufen könnte, würde sich auch dies nicht zu seinen Gunsten auswirken. Insoweit verweist der erkennende Senat auf die nachfolgenden Erwägungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit in Art. 39 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) bzw. in Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), die jedenfalls im Ergebnis auch für die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach dem FZA zu beachten sind.
67 
b) Die Auslegung des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG 2002 durch den erkennenden Senat beeinträchtigt nicht die in Art. 39 EG bzw. in Art. 45 AEUV garantierte Arbeitnehmerfreizügigkeit des Klägers, wobei der erkennende Senat ausdrücklich offen lässt, ob sich der Kläger im Rahmen der hier in Rede stehenden Einkommensteuerfestsetzung wegen der -ihn benachteiligenden- Ausgestaltung der Beitragspflicht in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung überhaupt auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach dem EG bzw. dem AEUV berufen kann (s. auch die ergänzende Stellungname des Gutachters vom Dezember 2011; Cordewener, IStR 2009, 536; Haslehner, SWI 2007, 221).
68 
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sollen sämtliche Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit den Gemeinschaftsangehörigen die Ausübung beruflicher Tätigkeiten aller Art im Gebiet der Europäischen Gemeinschaft erleichtern und stehen Maßnahmen entgegen, die die Gemeinschaftsangehörigen benachteiligen könnten, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollen (vgl. u.a. Urteile vom 15. September 2011, Schulz-Delzers und Schulz, Rs. C-240/10, BFH/NV 2011, 1252, Rn. 33; vom 23. Februar 2009, Rüffler, Rs. C-544/07, Slg. 2009, I-3389; vom 16. Oktober 2008, Renneberg, Rs. C-527/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2009, 83; vom 13. November 2003, Schilling und Fleck-Schilling, Rs. C-209/01, Slg. 2003, I-13389, Rn. 24; vom 21. Februar 2006, Ritter-Coulais, Rs. C-152/03, Slg. 2006, I-1711, Rn. 33; vom 18. Juli 2007, Lakebrink und Peters-Lakebrink, Rs. C-182/06, Slg. I-2007, I-6705, Rn. 17).
69 
bb) Eine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Benachteiligung ausländischer Arbeitnehmer ist durch § 3 Nr. 62 EStG jedoch nicht zu besorgen. Die Vorschrift differenziert nicht nach der Nationalität des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers. Unerheblich ist auch, ob der Arbeitgeber die Versicherungsbeiträge aufgrund inländischer oder ausländischer Gesetze entrichten muss, so dass eine direkte oder unmittelbare Diskriminierung offenkundig nicht vorliegt (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 2008, 894 und in BStBl II 2004, 1014).
70 
cc) § 3 Nr. 62 EStG bewirkt aber auch keine nach Art. 39 EG verbotene indirekte oder mittelbare Diskriminierung. Der Tatbestand des § 3 Nr. 62 EStG enthält keine Anforderungen, die nur von inländischen (im Sinne von im Inland ansässigen) Arbeitgebern oder inländischen Arbeitnehmern erfüllt werden könnten oder ansonsten geeignet wären, die Freizügigkeit inländischer oder ausländischer Arbeitnehmer zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. § 3 Nr. 62 EStG unterscheidet lediglich zwischen -zu Zukunftssicherungsleistungen- gesetzlich verpflichteten und gesetzlich nicht verpflichteten Arbeitgebern und erfasst damit gesetzliche Verpflichtungen nach deutschem Recht wie auch nach ausländischen (z.B. Schweizer) Recht.
71 
Die Steuerfreiheit von Zukunftssicherungsleistungen, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern neben oder zusätzlich zu seinen (sozial)versicherungsrechtlichen Pflichtbeiträgen gewährt, betrifft inländische wie ausländische Arbeitnehmer gleichermaßen. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der (inländische wie auch der ausländische) Arbeitgeber einer gesetzlichen Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zur Zukunftssicherung seines Arbeitnehmers unterliegt. Hieran fehlt es im Streitfall hinsichtlich der Beiträge für die obligatorische Krankenpflegeversicherung des Klägers. Dessen in der Schweiz ansässige Arbeitgeberin unterlag keiner (Schweizer) gesetzlichen Verpflichtung, Beiträge für die Krankenpflegeversicherung des Klägers und seiner Söhne bei der ÖKK/B und der AOK L zu leisten (und hat demzufolge auch keine geleistet). Auch eine fehlende (deutsche) gesetzliche Verpflichtung eines im Inland ansässigen Arbeitgebers zur Leistung von Beiträgen zu einer Krankenpflegversicherung bzw. von Zuschüssen würde der Steuerfreiheit der diesbezüglichen Lohnzuwendung bei einem (inländischen wie auch bei einem ausländischen) Arbeitnehmer entgegenstehen (vgl. im vorliegenden Zusammenhang: BFH-Urteil in BStBl II 2009, 857).
72 
dd) Das eigentliche „Problem“ (vgl. hierzu: BFH-Urteil vom 24. April 2006 X R 57/06, BStBl II 2009, 1000) des Klägers hinsichtlich der hier in Rede stehenden Krankenversicherungsbeiträge besteht in der fehlenden Harmonisierung der nationalen Krankenversicherungssysteme, deren Errichtung nach wie vor weitgehend in der Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten liegt (Art. 168 Abs. 5 und 7 AEUV; Becker/Kingreen, SGB V Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar, 2. Aufl., § 1 Rn. 42; vgl. jedoch auch: EuGH-Urteil in Slg. 2009, I-3389, Rz. 85). Das Schweizer System kennt (u.a.) im Unterscheid zum deutschen System keine (freiwillige und erst Recht keine gesetzlich angeordnete) Beteiligung des Arbeitgebers an den Beiträgen des Arbeitnehmers für die (obligatorische) Krankenpflegeversicherung. Diese sich daraus ergebende Mehrbelastung des Klägers in Gestalt eines höheren steuerpflichtigen Arbeitslohns (wegen des Fehlens eines steuerfreien Beitrags [Zuschusses] seiner Arbeitgeberin zur Krankenpflegeversicherung) stellt sich daher als Folge der fehlenden Harmonisierung der jeweiligen nationalen Sozialversicherungs- und Steuersysteme dar, die schon deshalb keine Diskriminierung bewirkt, weil die Ungleichbehandlung auf Maßnahmen unterschiedlicher Hoheitsträger beruht (BFH-Urteil in BStBl II 2009, 857 mit weiteren Nachweisen; BSG-Urteil vom 6. Oktober 2010, Grimme, B 12 KR 20/09 R, SozR 4-0000, juris; Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 5. Aufl., Einführung Rn. 60; a.A.: Tz. 3.25 ff. des Gutachtens). Insoweit ist zu beachten, dass der EG bzw. der AEUV einem Unionsbürger (wie z.B. dem Kläger) nicht garantiert, dass die Verlegung der Tätigkeit in einen anderen Mitgliedstaat (wie evtl. auch in die Schweiz) als den Wohnsitzstaat, steuerneutral ist. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungen der Mitgliedstaaten kann eine solche Verlegung für die EU-Bürger je nach dem Einzelfall mehr oder weniger vorteilhaft oder nachteilig sein (EuGH-Urteil in BFH/NV 2011, 1252, Rn. 34, zur Berücksichtigung von Auslandszulagen bei Anwendung eines progressiven Steuertarifs).
73 
III. Eines Senatsbeschlusses zur Wiederaufnahme des Klageverfahrens, nachdem mit Senatsbeschluss vom 2. August 2011 3 K 52/07 dessen Ruhen gemäß § 251 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 155 FGO angeordnet worden war, bedurfte es nicht. Denn im Beschluss 3 K 52/07 wurde als Endzeitpunkt der Verfahrensruhe ein bestimmtes Ereignis angegeben (die Vorlage des vom Senat in Auftrag gegebenen Gutachtens). Dieses Ereignis ist inzwischen eingetreten und zwar am 3.November 2011. Damit ist das Ruhen des Klageverfahrens automatisch weggefallen (BFH-Beschluss vom 9. August 2007 III B 187/06, BFH/NV 2007, 2310; Koch in: Gräber, FGO, Kommentar, 7. Aufl., § 74 Rz. 26 mit weiteren Nachweisen).
74 
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
75 
V. Die Revision war zuzulassen. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und dies insbesondere im Hinblick auf die im Gutachten (soweit ersichtlich) erstmals dargelegten Schweizer und europarechtlichen Rechtsgrundsätze zur seit dem 1. Juni des Streitjahres in der Schweiz bestehenden obligatorischen Krankenpflegeversicherung.

(1) (weggefallen)

(2) Bei Teilzeitbeschäftigten, die nur tageweise im anderen Staat beschäftigt sind, ist die Anzahl von 60 unschädlichen Tagen durch proportionale Kürzung herabzusetzen. Bezugsgrößen sind hierbei die im jeweiligen Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitstage zu den bei Vollzeitbeschäftigung betriebsüblichen Arbeitstagen. Bei einer 5-Tage-Woche ist von 250 betriebsüblichen Arbeitstagen, bei einer 6-Tage-Woche von 300 betriebsüblichen Arbeitstagen auszugehen. Urlaubstage sind bei beiden Rechengrößen aus Vereinfachungsgründen nicht abzuziehen.

(3) Die Berechnung der 60 Tage ist ebenso bei Arbeitnehmern, die im anderen Vertragsstaat bei mehreren Arbeitgebern angestellt sind, vorzunehmen.

(1) Stellt der Arbeitgeber am Ende des Jahres oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während des Kalenderjahrs fest, dass die Grenzgängereigenschaft auf Grund der entsprechenden Nichtrückkehrtage entfällt, hat er die Nichtrückkehrtage nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu bescheinigen. Der Vordruck ist jeweils unaufgefordert der für den Einbehalt der Abzugsteuer zuständigen Steuerbehörde zuzuleiten, die diese Bescheinigung nach Überprüfung mit einem Sichtvermerk versehen an den Arbeitgeber zur Weiterleitung an den Grenzgänger zurückgibt. Eine Überprüfung der bescheinigten Nichtrückkehrtage ist zulässig. Es können entsprechende Nachweise verlangt werden.

(2) Ist für den Arbeitgeber voraussehbar, dass der Grenzgänger bei ganzjähriger Beschäftigung an mehr als 60 Tagen pro Kalenderjahr, bei zeitweiser Beschäftigung während des Kalenderjahrs nach entsprechender Kürzung, aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnsitz zurückkehren wird, ist der Tätigkeitsstaat vorläufig berechtigt, Quellensteuern zu erheben. Der Arbeitgeber hat dies dem Grenzgänger formlos zu bescheinigen mit dem Hinweis, dass die detaillierte Aufstellung der Tage der Nichtrückkehr nach Ablauf des Kalenderjahrs oder, wenn das Arbeitsverhältnis früher beendet wird, zum Ende des Arbeitsverhältnisses auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zur Vorlage bei der Steuerbehörde bescheinigt wird. Diesem Umstand ist im Ansässigkeitsstaat durch einen Aufschub der Besteuerung oder Anpassung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen Rechnung zu tragen.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind

1.
Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit.2Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.3Ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.4Eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen;
2.
Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie, wenn sie nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind;
3.
Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z. B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied;
4.
Einkünfte, die ein Beteiligter an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht, als Vergütung für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- oder Gemeinschaftszwecks erzielt, wenn der Anspruch auf die Vergütung unter der Voraussetzung eingeräumt worden ist, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben; § 15 Absatz 3 ist nicht anzuwenden.

(2) Einkünfte nach Absatz 1 sind auch dann steuerpflichtig, wenn es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit handelt.

(3)1Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens oder eines selbständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen erzielt wird, das der selbständigen Arbeit dient.2§ 16 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 und Absatz 1 Satz 2 sowie Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(4)1§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem der selbständigen Arbeit dienenden Betriebsvermögen gehört hat.2§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, Absatz 1a, Absatz 2 Satz 2 und 3, §§ 15a und 15b sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Über den Einspruch entscheidet die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, durch Einspruchsentscheidung. Ist für den Steuerfall nachträglich eine andere Finanzbehörde zuständig geworden, so entscheidet diese Finanzbehörde; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, hat die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen. Der Verwaltungsakt kann auch zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern. Einer Einspruchsentscheidung bedarf es nur insoweit, als die Finanzbehörde dem Einspruch nicht abhilft.

(2a) Die Finanzbehörde kann vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll.

(2b) Anhängige Einsprüche, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht abgeholfen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. Sachlich zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung ist die oberste Finanzbehörde. Die Allgemeinverfügung ist im Bundessteuerblatt und auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen zu veröffentlichen. Sie gilt am Tag nach der Herausgabe des Bundessteuerblattes, in dem sie veröffentlicht wird, als bekannt gegeben. Abweichend von § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung endet die Klagefrist mit Ablauf eines Jahres nach dem Tag der Bekanntgabe. § 63 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung gilt auch, soweit ein Einspruch durch eine Allgemeinverfügung nach Satz 1 zurückgewiesen wurde.

(3) Richtet sich der Einspruch gegen einen Verwaltungsakt, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, so entscheidet die zuständige Finanzbehörde über den Einspruch. Auch die für die zuständige Finanzbehörde handelnde Behörde ist berechtigt, dem Einspruch abzuhelfen.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen. Die Finanzbehörde hat dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts zu übermitteln. Satz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
ein Verwaltungsakt nach § 129 der Abgabenordnung berichtigt wird oder
2.
ein Verwaltungsakt an die Stelle eines angefochtenen unwirksamen Verwaltungsakts tritt.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte gegenüber dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit Bescheid vom 9. September 1994 Schenkungsteuer in Höhe von 40.451 DM fest. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und beantragte eine Aussetzung der Vollziehung (AdV), die das FA ablehnte. Die nach einer Teilzahlung verbliebene Schenkungsteuerforderung in Höhe von 29.796 DM wurde zum 4. Juli 1995 mit dem Einkommensteuerguthaben 1993 verrechnet.

2

Am 26. bzw. 30. Oktober 1995 beantragte der Kläger beim Finanzgericht (FG) eine AdV des Schenkungsteuerbescheids. Das FA setzte am 27. März 2001 die Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids in Höhe von 29.796 DM vom Fälligkeitstag an aus. Dadurch erledigte sich das beim FG anhängige AdV-Verfahren.

3

Das Einspruchsverfahren wegen Schenkungsteuer endete mit Ergehen des Änderungsbescheids vom 1. Oktober 2004, in dem die Schenkungsteuer auf 10.655 DM herabgesetzt wurde. Das Schenkungsteuerguthaben von 29.796 DM (15.234,46 €) wurde im Oktober 2004 erstattet.

4

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 8. Oktober 2004, das im Betreff den geänderten Schenkungsteuerbescheid vom 1. Oktober 2004 auswies, beantragte der Kläger Prozesszinsen gemäß § 236 der Abgabenordnung (AO) für die Zeit vom 30. Oktober 1995 bis zum Erstattungstag im Oktober 2004. Das FA lehnte im Schreiben vom 26. Oktober 2004 den Antrag auf Zinsfestsetzung nach § 236 AO ab. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war nicht beigefügt.

5

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2004 begehrte der Kläger --unter Hinweis auf den Schenkungsteuerbescheid vom 1. Oktober 2004, seinen Antrag auf Zinsabrechnung vom 8. Oktober 2004 und das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004-- eine Zinsfestsetzung für die Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum Erstattungstag im Oktober 2004. Zur Begründung führte er unter Darstellung des Sachverhalts aus, dass das Einkommensteuerguthaben mit der Schenkungsteuerforderung verrechnet worden sei, obwohl über die Beschwerde gegen die Ablehnung der AdV des Schenkungsteuerbescheids noch nicht entschieden gewesen sei. Das Einkommensteuerguthaben hätte somit erstattet werden müssen. Da eine Erstattung erst im Jahr 2004 erfolgt sei, sei das Einkommensteuerguthaben auch gemäß § 233a AO zu verzinsen. Eine Verzinsung sei jedoch lediglich für die Zeit vom 1. April 1995 bis zum 30. Juni 1995 erfolgt.

6

Das FA lehnte den Antrag auf Zinsfestsetzung vom 23. November 2004 im Schreiben vom 3. Mai 2005 ab. Das Schreiben war nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.

7

Am 28. Juni 2005 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 23. November 2004 und das Schreiben des FA vom 3. Mai 2005 die Verzinsung des Einkommensteuerguthabens 1993 von 15.234,46 € (29.796 DM) für die Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum Erstattungstag im Oktober 2004. Mit Bescheid vom 21. Juli 2005 lehnte das FA die Festsetzung von Zinsen mit der Begründung ab, dass Erstattungszinsen zur Einkommensteuer 1993 nach § 233a AO festgesetzt worden seien und eine weiter gehende Zinsfestsetzung nach den Vorschriften der AO nicht in Betracht komme. Der Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2006 als unbegründet zurückgewiesen.

8

Mit der am 26. April 2007 beim FG eingegangenen Klage beantragte der Kläger, den Bescheid vom 21. Juli 2005 aufzuheben und das FA zu verpflichten, weitere Zinsen in Höhe von 8.426 € festzusetzen. Hilfsweise stellte er den Antrag festzustellen, dass es sich bei den Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 und vom 3. Mai 2005 nicht um Verwaltungsakte handelt. Die Klage wurde mangels eines Vorverfahrens als unzulässig abgewiesen. Das FG behandelte das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 als Klagegegenstand und legte dieses als Verwaltungsakt aus. Demgegenüber wurden weder die Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 und vom 28. Juni 2005 noch der Einspruch vom 18. August 2005 als Einsprüche gegen den Bescheid vom 26. Oktober 2004 verstanden. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage war nach Auffassung des FG ebenfalls unzulässig, weil es insoweit an einem Feststellungsinteresse des Klägers gefehlt habe.

9

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger Verfahrensfehler und Divergenz geltend.

10

Das FA beantragt, die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen statt durch Sachurteil zu entscheiden. Hierin liegt ein Verfahrensmangel, auf dem das angefochtene Urteil beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

12

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stellt es einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Juli 2009 VI B 44/09, BFH/NV 2009, 1822). In einem solchen Fall wird zugleich der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) verletzt (vgl. BFH-Beschluss vom 23. April 2009 X B 43/08, BFH/NV 2009, 1443, m.w.N.).

13

2. Im Streitfall hat das FG die Klage rechtsfehlerhaft als unzulässig abgewiesen, weil es das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 unzutreffend nicht als Einspruch gegen das als Ablehnungsbescheid gewertete Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 ausgelegt und deshalb entschieden hat, für die Klage fehle es nach § 44 FGO an einem Vorverfahren.

14

a) Das FG ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass Klagegegenstand --abweichend vom ausdrücklich gestellten Antrag des Klägers-- nicht der Bescheid des FA vom 21. Juli 2005 ist, sondern --entsprechend dem auf die Festsetzung von Prozesszinsen (§ 236 AO) gerichteten Klageziel des Klägers-- das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004, das vom FG als verbindliche Ablehnung einer Festsetzung von Prozesszinsen ausgelegt wurde. Soweit der Kläger als Verfahrensfehler rügt, das FG habe den Sachverhalt entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht vollständig berücksichtigt, weil im Bescheid vom 21. Juli 2005 eine "weitergehende" Zinsfestsetzung, also auch eine solche nach § 236 AO abgelehnt worden sei, kann das Urteil nicht darauf beruhen. Denn der gegen den Bescheid vom 21. Juli 2005 eingelegte Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2006 zurückgewiesen. Die am 26. April 2007 beim FG eingegangene Klage wäre, wenn sie sich gegen diese Einspruchsentscheidung gerichtet hätte, verspätet gewesen (vgl. § 47 Abs. 1 FGO) und damit unzulässig. Mit der Einspruchsentscheidung hat das FA nach § 367 Abs. 1 AO insgesamt über den vom Kläger eingelegten Einspruch vom 18. August 2005 entschieden. Die Möglichkeit, vorab über Teile des Einspruchs zu entscheiden, wurde erst mit Wirkung vom 19. Dezember 2006 eingeführt (vgl. § 367 Abs. 2a AO i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006, BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28). Ein noch offener Einspruch gegen den Bescheid vom 21. Juli 2005 wäre deshalb zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr beim FA anhängig gewesen.

15

Aus diesem Grund ist es nicht zu beanstanden, dass das FG als Klagegegenstand den Bescheid vom 26. Oktober 2004 angesehen hat.

16

b) Dem FG ist auch darin zu folgen, dass das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 als verbindliche Ablehnung einer Festsetzung von Prozesszinsen auszulegen war.

17

Die Auslegung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung einer Behörde bestimmt sich maßgeblich danach, wie der Adressat nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2008 IX R 64/06, BFH/NV 2008, 1676). Maßgebend ist ein "objektiver Verständnishorizont" (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juli 2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96). Dies gilt auch für die Frage, ob einer Erklärung Regelungscharakter zukommt. Nicht entscheidend ist, was die Finanzbehörde mit ihrer Entscheidung gewollt hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96, m.w.N.).

18

Nach dem objektiven Erklärungsinhalt konnte der Kläger das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 dahin verstehen, dass damit sein Antrag auf Festsetzung von Prozesszinsen rechtsverbindlich abgelehnt wird. Dies ergibt sich daraus, dass ausdrücklich dem Antrag auf Zinsabrechnung nicht entsprochen und hierfür eine ausführliche Begründung gegeben wurde. Anhaltspunkte dafür, dass das Schreiben vom 26. Oktober 2004 eine lediglich unverbindliche Stellungnahme des FA sein könnte, sind nicht ersichtlich. Dem Schreiben war zwar keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung führt aber nur dazu, dass sich die Einspruchsfrist nach § 356 Abs. 2 AO verlängert.

19

c) Entgegen der Auffassung des FG ist jedoch das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 als Einspruch gegen den Bescheid vom 26. Oktober 2004 auszulegen.

20

Außerprozessuale Verfahrenserklärungen sind entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen. Dies gilt auch für Erklärungen rechtskundiger Personen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Oktober 2004 IX R 23/04, BFH/NV 2005, 325). Entscheidend ist, wie das FA als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert des Schreibens verstehen musste. Dabei ist bei auslegungsfähigen Rechtsbehelfen grundsätzlich davon auszugehen, der Steuerpflichtige habe denjenigen Rechtsbehelf einlegen wollen, der seinem materiell-rechtlichen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1676). Die unrichtige Bezeichnung des Einspruchs allein schadet nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht. Lässt deshalb die Äußerung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Rechtsbehelf einlegen will, so ist die Erklärung im Allgemeinen als Rechtsbehelf zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 325).

21

Im Streitfall entspricht es dem Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2002  1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835), das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 als Einspruch auszulegen. Aus der Bezugnahme auf den Schenkungsteuerbescheid vom 1. Oktober 2004, den Antrag auf Zinsabrechnung vom 8. Oktober 2004 und das Schreiben vom 26. Oktober 2004 sowie aus dem Inhalt des Schreibens vom 23. November 2004 wird hinreichend deutlich, dass der Kläger weiterhin Zinsen für die verspätete Auszahlung des Guthabens von 15.234,46 € (29.796 DM) begehrt. Dem Schreiben kann nicht entnommen werden, dass ausschließlich eine Verzinsung gemäß § 233a AO beansprucht werden soll. Der Kläger verlangt vielmehr "auch" eine Verzinsung nach § 233a AO. Im Zusammenhang mit der Erweiterung des Zinszeitraumes (ab 1. Juli 1995) können die Ausführungen im Schreiben vom 23. November 2004 dahin verstanden werden, dass nach Auffassung des Klägers mehrere Rechtsgrundlagen für den geltend gemachten Zinsanspruch in Frage kommen. Die Auslegung des Schreibens als Einspruch entspricht daher dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 9. November 2005 I R 10/05, BFH/NV 2006, 750, m.w.N.).

22

Da das FA über diesen Einspruch ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes nicht in angemessener Frist entschieden hat, war die Klage gemäß § 46 Abs. 1 FGO abweichend von § 44 FGO ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig.

23

3. Der Senat hält es für angebracht, die Vorentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Damit erhält das FG die Gelegenheit, bezüglich der streitigen Zinsen eine Sachentscheidung zu treffen.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Über den Einspruch entscheidet die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, durch Einspruchsentscheidung. Ist für den Steuerfall nachträglich eine andere Finanzbehörde zuständig geworden, so entscheidet diese Finanzbehörde; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, hat die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen. Der Verwaltungsakt kann auch zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern. Einer Einspruchsentscheidung bedarf es nur insoweit, als die Finanzbehörde dem Einspruch nicht abhilft.

(2a) Die Finanzbehörde kann vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll.

(2b) Anhängige Einsprüche, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht abgeholfen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. Sachlich zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung ist die oberste Finanzbehörde. Die Allgemeinverfügung ist im Bundessteuerblatt und auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen zu veröffentlichen. Sie gilt am Tag nach der Herausgabe des Bundessteuerblattes, in dem sie veröffentlicht wird, als bekannt gegeben. Abweichend von § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung endet die Klagefrist mit Ablauf eines Jahres nach dem Tag der Bekanntgabe. § 63 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung gilt auch, soweit ein Einspruch durch eine Allgemeinverfügung nach Satz 1 zurückgewiesen wurde.

(3) Richtet sich der Einspruch gegen einen Verwaltungsakt, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, so entscheidet die zuständige Finanzbehörde über den Einspruch. Auch die für die zuständige Finanzbehörde handelnde Behörde ist berechtigt, dem Einspruch abzuhelfen.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören

1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;
1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen;
2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden;
3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers
a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen,
c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder
d)
in Form von Sanierungsgeldern;
Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich
a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder
b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
3Von Sonderzahlungen im Sinne des Satzes 2 zweiter Halbsatz Buchstabe b ist bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf nur auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach dem Wechsel die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Wechsels übersteigt.4Sanierungsgelder sind Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse anlässlich der Systemumstellung einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung auf der Finanzierungs- oder Leistungsseite, die der Finanzierung der zum Zeitpunkt der Umstellung bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften dienen; bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf ist nur von Sanierungsgeldern auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach der Systemumstellung die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt der Systemumstellung übersteigt.
2Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.

(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind

1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug
a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften,
b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
oder
2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
3Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr des
Versorgungs-
beginns
VersorgungsfreibetragZuschlag zum
Versorgungs-
freibetrag
in Euro
in % der
Versorgungs-
bezüge
Höchstbetrag
in Euro
bis 200540,03 000900
ab 200638,42 880864
200736,82 760828
200835,22 640792
200933,62 520756
201032,02 400720
201130,42 280684
201228,82 160648
201327,22 040612
201425,61 920576
201524,01 800540
201622,41 680504
201720,81 560468
201819,21 440432
201917,61 320396
202016,01 200360
202115,21 140342
202214,41 080324
202313,61 020306
202412,8960288
202512,0900270
202611,2840252
202710,4780234
20289,6720216
20298,8660198
20308,0600180
20317,2540162
20326,4480144
20335,6420126
20344,8360108
20354,030090
20363,224072
20372,418054
20381,612036
20390,86018
20400,000


4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005,
b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht.5Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminderten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.6Bei mehreren Versorgungsbezügen mit unterschiedlichem Bezugsbeginn bestimmen sich der insgesamt berücksichtigungsfähige Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach dem Jahr des Beginns des ersten Versorgungsbezugs.7Folgt ein Hinterbliebenenbezug einem Versorgungsbezug, bestimmen sich der Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag für den Hinterbliebenenbezug nach dem Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs.8Der nach den Sätzen 3 bis 7 berechnete Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gelten für die gesamte Laufzeit des Versorgungsbezugs.9Regelmäßige Anpassungen des Versorgungsbezugs führen nicht zu einer Neuberechnung.10Abweichend hiervon sind der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag neu zu berechnen, wenn sich der Versorgungsbezug wegen Anwendung von Anrechnungs-, Ruhens-, Erhöhungs- oder Kürzungsregelungen erhöht oder vermindert.11In diesen Fällen sind die Sätze 3 bis 7 mit dem geänderten Versorgungsbezug als Bemessungsgrundlage im Sinne des Satzes 4 anzuwenden; im Kalenderjahr der Änderung sind der höchste Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag maßgebend.12Für jeden vollen Kalendermonat, für den keine Versorgungsbezüge gezahlt werden, ermäßigen sich der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in diesem Kalenderjahr um je ein Zwölftel.

(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.

(1) Arbeitnehmer sind Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Arbeitnehmer sind auch die Rechtsnachfolger dieser Personen, soweit sie Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen.

(2) Ein Dienstverhältnis (Absatz 1) liegt vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber (öffentliche Körperschaft, Unternehmer, Haushaltsvorstand) seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

(3) Arbeitnehmer ist nicht, wer Lieferungen und sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Inland gegen Entgelt ausführt, soweit es sich um die Entgelte für diese Lieferungen und sonstigen Leistungen handelt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 14. März 2012  2 K 476/06 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Lohnsteuerhaftungsbescheids, ob Telefoninterviewer als Arbeitnehmer nichtselbständig tätig waren.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein Unternehmen im Bereich der Markt- und Meinungsforschung. Für sie waren im streitigen Zeitraum (Januar 1998 bis September 2002) u.a. zwischen 450 und 620 Interviewer tätig, die Befragungen per Telefon durchführten.

3

Die Klägerin stellte dazu den Telefoninterviewern in A 60 und in B 40 Computerarbeitsplätze in Büroräumen zur Verfügung. Dort führten die Telefoninterviewer die Interviews. Grundlage waren vorgegebene, an den Bildschirmen angezeigte Fragebögen, die Antworten wurden im Computersystem erfasst. Interviews dauerten, teilweise von einem sog. Supervisor überwacht, zwischen fünf und 25 Minuten. Die Interviewer waren zumeist in Zeitblöcken von je vier Stunden tätig. Vertragliche Grundlage der Tätigkeit war jeweils eine mit den Interviewern abgeschlossene sog. Rahmenvereinbarung; deren § 1 regelte, dass der Interviewer als freier Mitarbeiter tätig sei, sich die Tätigkeit nach dem Einzelauftrag richte und Honorarhöhe, Arbeitsumfang und Ablieferungstermin umfasse. § 2 regelte, dass die Tätigkeit eine freiberufliche Nebentätigkeit für das Markt– und Meinungsforschungsinstitut sei, der freie Mitarbeiter die vorgeschlagenen Interviewzeiten ablehnen könne und auch keinen zeitlichen Bindungen unterliege. In späteren Fassungen der Vereinbarung war auch noch ausdrücklich geregelt, dass der Interviewer sich für die Annahme von Aufträgen nicht bereithalten müsse, es keine Einsatzpläne gebe und zu den Öffnungszeiten beliebig kommen und gehen könne; Arbeitszeiten gebe es nicht, die vom Institut angegebenen Termine seien nur für übernommene Aufträge einzuhalten. Weiter regelte die Rahmenvereinbarung, dass die im Einzelfall durchzuführenden Interviews ein einheitliches Werk i.S. des § 631 des Bürgerlichen Gesetzbuchs seien. Die Honorare waren danach für jeden Einzelauftrag gesondert vereinbart und vom freien Mitarbeiter monatlich in Rechnung zu stellen. Der Ablauf des Interviews richtete sich nach festen durch ein Computerprogramm vorgegebenen Regeln.

4

Die Klägerin qualifizierte die Telefoninterviewer als selbständig Tätige und behielt deshalb für die ausgezahlten Honorare weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge ein.

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) qualifizierte dagegen nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung die für die Klägerin tätigen Telefoninterviewer als Arbeitnehmer und erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid über Lohnsteuer nebst Annexsteuern. Der Einspruch dagegen blieb insoweit erfolglos.

6

Die Klage war aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1650 veröffentlichen Gründen nur teilweise erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) gelangte in Bezug auf die im Revisionsverfahren allein noch streitige Haftungsinanspruchnahme für die Tätigkeit der Telefoninterviewer zu der Auffassung, dass die Telefoninterviewer Arbeitnehmer seien.

7

Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen und formellen Rechts.

8

Sie beantragt,
das Urteil des FG Köln vom 14. März 2012  2 K 476/06, den Haftungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis 30. September 2002 vom 10. Februar 2003 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 14. Dezember 2005 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 4. Januar 2006 aufzuheben.

9

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Gesamtwürdigung des FG berücksichtigt nicht vollständig die maßgeblichen Umstände, die für und gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses sprechen. Dies stellt einen materiell-rechtlichen Fehler dar. Das FG wird deshalb im zweiten Rechtsgang unter Einbeziehung aller entscheidungserheblichen Umstände nach Maßgabe der Urteilsgründe erneut den Sachverhalt zu würdigen haben.

11

1. Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 38 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und abzuführen hat. Zum Arbeitslohn rechnen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Gemäß § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG), die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) den Arbeitnehmerbegriff zutreffend auslegen, liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet.

12

Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (Senatsurteile vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661; vom 20. November 2008 VI R 4/06, BFHE 223, 425, BStBl II 2009, 374; jeweils m.w.N.).

13

Unter Beachtung dieser Bestimmung beurteilt sich die Frage, wer Arbeitnehmer ist, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661 zahlreiche Kriterien (Indizien) beispielhaft aufgeführt, die im Rahmen dieser Würdigung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse für die Abgrenzung Bedeutung haben können und im konkreten Einzelfall jeweils zu gewichten und gegeneinander abzuwägen sind. Diese Indizien stehen allerdings nicht für sich allein. Denn in die Würdigung ist insbesondere auch einzubeziehen, wie das der Beschäftigung zugrunde liegende Vertragsverhältnis ausgestaltet worden ist, sofern die Vereinbarungen ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt worden sind. Darauf hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661 ausdrücklich hingewiesen.

14

2. Gemessen daran hält die Vorentscheidung revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Es ist zwar eine im Wesentlichen vom FG als Tatsacheninstanz im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu entscheidende Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausgeübt wird. Dementsprechend ist die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar (Senatsurteil in BFHE 223, 425, BStBl II 2009, 374, II.1.a, m.w.N.). Es stellt allerdings einen materiell-rechtlichen Fehler dar, wenn die Tatsacheninstanz die nach der Rechtsprechung des BFH maßgeblichen Umstände nicht vollständig oder ihrer Bedeutung entsprechend in ihre Überzeugungsbildung einbezieht. Eine solche Gesamtwürdigung des FG ist rechtsfehlerhaft; sie bindet den Senat dementsprechend auch nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO (Senatsurteile vom 28. März 2012 VI R 87/10, BFHE 236, 553, BStBl II 2012, 800; vom 20. Mai 2010 VI R 12/08, BFHE 230, 136, BStBl II 2010, 1069).

15

So liegt der Fall hier. Denn in der Würdigung des FG fehlen wichtige Aspekte, die geeignet sind, die tatrichterliche Gesamtwürdigung zu beeinflussen. Darüber hinaus sind entscheidende Gesichtspunkte nicht ihrer Bedeutung entsprechend in die Abwägung eingeflossen. Angesichts dessen ist die vom FG angestellte Gesamtwürdigung rechtsfehlerhaft. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

16

a) Vereinbaren die Vertragsparteien eine Vergütung auf der Basis von Erfolgshonoraren, ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass kein lohnsteuerrechtlich erhebliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt, sofern diese Vereinbarung den tatsächlichen Verhältnissen nicht widerspricht. Diesen Umstand hat das FG nur unzureichend berücksichtigt. Das FG hat ein Unternehmerrisiko der Interviewer damit verneint, dass die Klägerin faktisch "ein begrenzt variables Stundenhonorar" gezahlt habe. Eine solche Würdigung verkennt indessen bereits, dass Stundenhonorare auch im Rahmen von selbständigen und gewerblichen Tätigkeiten durchaus üblich sind. So rechnen etwa selbständig tätige Handwerker ihre Leistungen regelmäßig auf Stundenbasis ab und auch selbständig tätige Rechtsanwälte stellen Honorare auf Stundenbasis in Rechnung (Senatsurteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661). Die Erwägung des FG, ein maßgebliches Unternehmerrisiko sei nicht darin zu sehen, dass es die jeweiligen Interviewer nach Maßgabe des Rahmenhonorars in der Hand gehabt hätten, durch mehr Befragungen pro Zeiteinheit ihr Honorar zu steigern, berücksichtigt nicht hinreichend, dass auch andere zweifelsohne selbständig Tätige ihre Einkünfte ebenfalls nur durch entsprechend zügigere oder zusätzliche Arbeit steigern können, etwa wenn es branchen- oder ortsübliche Stundenhonorarsätze gibt.

17

b) Nicht nachvollziehbar ist die Würdigung des FG, nach der das festgestellte Risiko eines möglichen Honorarausfalls bei einem Interviewabbruch kein Unternehmerrisiko darstelle. Denn ein möglicher Honorarausfall entspricht der typischen wirtschaftlichen Situation eines selbständig Tätigen, findet sich dagegen praktisch nicht bei Arbeitnehmern. Das mithin gegebene Unternehmerrisiko entfällt auch nicht dadurch, dass nach den Feststellungen der Vorinstanz in rund 90 % der Fälle die Interviews zu Ende geführt worden waren. Denn dies bedeutet zugleich, dass in 10 % der Fälle das Honorar ausgefallen war und es damit zu einem für Arbeitnehmer untypischen Vergütungsausfall kam.

18

c) Rechtsfehlerhaft hat das FG im Rahmen seiner Würdigung des Merkmals Unternehmerrisiko auch nicht die Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt, dass dann, wenn --wie im hier gegebenen Streitfall-- Auftragnehmer im Falle einer Erkrankung oder Urlaubsabwesenheit keine Aufträge ausführen und keine Einnahmen erzielen können, typischerweise keine Arbeitnehmertätigkeit vorliegt (Senatsurteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661). Entsprechendes gilt, wenn die Mitarbeiter --wie im Streitfall-- darüber hinaus sogar die Möglichkeit hatten, Aufträge abzulehnen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die betreffenden Mitarbeiter von dieser Möglichkeit in großem Umfang Gebrauch gemacht haben. Entscheidend ist vielmehr, ob sich dies aus den getroffenen Vereinbarungen ergibt und diese so tatsächlich auch vollzogen werden.

19

d) Des Weiteren lässt sich ein fehlendes Unternehmerrisiko entgegen der Auffassung des FG nicht daraus ableiten, dass die Interviewer nach der Rahmenvereinbarung ausschließlich im Rahmen einer Nebentätigkeit, also in nur geringem zeitlichen Umfang arbeiten sollten. Denn der Umfang des wirtschaftlichen Risikos richtet sich nicht nach dem Verhältnis der tatsächlichen zu der maximal möglichen gesamten Wochen- oder Monatsarbeitszeit; dementsprechend trägt auch ein ganztägig Beschäftigter nicht allein deshalb ein Unternehmerrisiko, weil er in Vollzeit tätig ist. Es ist im Streitfall auch nichts dazu festgestellt, dass die Klägerin arbeitgeberähnlich ein wirtschaftliches Risiko der Interviewer aufgefangen hätte. Zudem spricht ein geringer zeitlicher Umfang einer Tätigkeit nach der Rechtsprechung des Senats eher für eine selbständige als für eine nichtselbständige Tätigkeit, weil in den Fällen, in denen der Auftragnehmer jeweils nur kurz mit dem Betrieb des Auftragsgebers in Berührung kommt, die Eingliederung in den Betrieb fehlen kann (so schon Senatsurteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661, m.w.N.).

20

e) Auch die Würdigung, dass die Nichtgewährung von Sozialleistungen, insbesondere die Nichtgewährung von Lohnfortzahlungen im Urlaubs- und im Krankheitsfall nicht für die Selbständigkeit der Interviewer spreche, weil die Interviewer nur in Teilzeit im Rahmen einer Nebentätigkeit beschäftigt gewesen seien, findet in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats keine Grundlage. Vielmehr hat der erkennende Senat die Merkmale Urlaubsanspruch, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen und Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall als Merkmale, die für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen, beurteilt (Senatsurteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661); das entspricht auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 30. Oktober 2013 B 12 KR 17/11 R, juris, Rz 27 der Gründe).

21

3. Nachdem die Revision aus materiellen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung führt, kann offenbleiben, ob dem FG die von der Revision gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind (dazu Senatsurteil vom 11. Februar 2010 VI R 65/08, BFHE 228, 421, BStBl II 2010, 628, m.w.N.). Dies gilt auch im Hinblick auf das Revisionsvorbringen, dass das FG gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes verstoßen habe, indem es der Klägerin keine Gelegenheit gegeben habe, sich zu dem Inhalt der Schätzung zu äußern, wonach 40 % der Interviewer der Lohnsteuerklasse I und 10 % der Lohnsteuerklasse VI unterlegen hätten, dass 40 % ihre Zahlungen bereits versteuert hätten und 10 % als geringfügig Beschäftigte anzusehen seien. Entsprechendes gilt für das Vorbringen der Klägerin, dass es für die vom FG gewählte Aufteilung keinerlei tatsächliche Grundlagen gebe, das FG diese Aufteilung auch in keiner Weise begründet habe und deshalb das Urteil insoweit keine Begründung enthalte. Zur Frage der Darlegung und Begründung einer Schätzung verweist der Senat auf sein Urteil vom 29. Mai 2008 VI R 11/07 (BFHE 221, 182, BStBl II 2008, 933) zu einem vergleichbaren Fall. Danach müssen die Schätzergebnisse schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Weiter muss die finanzgerichtliche Entscheidung in einer für die Revisionsinstanz nachprüfbaren Weise erkennen lassen, dass die finanzgerichtliche Schätzung den Anforderungen an eine möglichst wirklichkeitsnahe Schätzung entspricht.

22

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

(1) (weggefallen)

(2) Bei Teilzeitbeschäftigten, die nur tageweise im anderen Staat beschäftigt sind, ist die Anzahl von 60 unschädlichen Tagen durch proportionale Kürzung herabzusetzen. Bezugsgrößen sind hierbei die im jeweiligen Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitstage zu den bei Vollzeitbeschäftigung betriebsüblichen Arbeitstagen. Bei einer 5-Tage-Woche ist von 250 betriebsüblichen Arbeitstagen, bei einer 6-Tage-Woche von 300 betriebsüblichen Arbeitstagen auszugehen. Urlaubstage sind bei beiden Rechengrößen aus Vereinfachungsgründen nicht abzuziehen.

(3) Die Berechnung der 60 Tage ist ebenso bei Arbeitnehmern, die im anderen Vertragsstaat bei mehreren Arbeitgebern angestellt sind, vorzunehmen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die inländische Steuerpflicht von im Ausland erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit.

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), die in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, wurden im Streitjahr (2004) als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin war als Prokuristin bei einer schweizerischen Bank angestellt und bezog aus diesem Arbeitsverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die in der Schweiz einem Quellensteuerabzug unterworfen wurden. Der Arbeitsort in der Schweiz war etwa 35 km vom Wohnort in Deutschland entfernt; die Klägerin nutzte für die Wegstrecke öffentliche Verkehrsmittel (Fahrtzeit ca. eine Stunde).

3

In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres deklarierten die Kläger aus diesem Arbeitsverhältnis steuerfreie (dem Progressionsvorbehalt unterliegende) Einkünfte in Höhe von 107.913 € unter Hinweis auf einen Lohnausweis des Arbeitgebers, eine Anlage "N-Gre-3", eine Bescheinigung des Arbeitgebers vom 19. Januar 2005 über die Nichtrückkehr an mehr als 60 Arbeitstagen mit einem Sichtvermerk des Kantonalen Steueramts vom 29. März 2005, sowie eine Einzelaufstellung der Nichtrückkehrtage ("Liste der Nächte 2004"). Nach dieser Aufstellung war die Klägerin an 93 Tagen aus beruflichen Gründen nicht an ihren inländischen Wohnsitz zurückgekehrt; die dort angeführten Tage und den Grund der langen Arbeitszeiten hatte die Klägerin bei einer Büroanwesenheit jeweils per E-Mail der Personalabteilung ihres Arbeitgebers mitgeteilt.

4

Zum Veranlagungszeitraum 2002 hatte die Klägerin dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) folgende Erläuterung abgegeben: Sie beginne ihre Arbeit regelmäßig zwischen 7:00 Uhr und 7:30 Uhr (spätestens um 7:45 Uhr) und sei häufig bis 22:00 Uhr, manchmal auch länger, tätig. Ihre Arbeitszeit werde nicht erfasst. Grund für diese langen Arbeitszeiten seien insbesondere die weltweiten Bankbeziehungen, insbesondere mit den USA und Japan, und die damit verbundenen Zeitverschiebungen. Eine Heimfahrt mit dem Zug sei ihr nach 22:00 Uhr nicht mehr zuzumuten, zumal sie bereits früh aufstehen müsse, um wieder rechtzeitig im Büro zu sein. Sie fahre mit der Bahn, obwohl ihr ein Geschäftswagen zur Verfügung stehe. Daher übernachte sie bei Bedarf in der Schweiz. Sie habe dort ein möbliertes Zimmer in der Wohnung ihrer volljährigen Tochter und zahle hierfür Miete. Das FA hatte daraufhin aus dem Blickwinkel der Bearbeitung der Steuersache für 2002 in einem Vermerk festgehalten: "Für die Folgejahre ist dafür Sorge zu tragen, dass die betrieblich bedingten Übernachtungen in A (Schweiz) nachgewiesen werden können. Dazu ist zumindest erforderlich, dass alle Übernachtungen dem Arbeitgeber bekanntgegeben werden, so dass dieser diese auch bestätigen kann."

5

Das FA berücksichtigte die Einkünfte der Klägerin im Streitjahr als steuerpflichtig, da sie Grenzgängerin sei; die Schweizer Abzugsteuer in Höhe von 5.488 € wurde auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet. Die Klage, mit der die Steuerfreistellung dieser Einkünfte beantragt worden war, war erfolgreich (Finanzgericht --FG-- Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 23. Oktober 2009  11 K 50/07).

6

Das FA rügt die Verletzung materiellen und formellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Klage abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat unzutreffend angenommen, dass die Klägerin nicht als Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 2 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1072, 519) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) --DBA-Schweiz 1992-- anzusehen ist; ihre Einkünfte aus der Tätigkeit in der Schweiz unterliegen vielmehr gemäß Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 der deutschen Einkommensteuer.

9

1. Nach Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 sind Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragstaat zu besteuern, in dem dieser ansässig ist. Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1992 ist jede in einem Vertragstaat ansässige Person, die im anderen Vertragstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1992). Nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 entfällt bei einer in einem Vertragstaat ansässigen Person die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn sie bei einer Beschäftigung im anderen Vertragstaat während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (sog. Nichtrückkehrtage).

10

2. Die Klägerin ist sog. Grenzgänger i.S. des Art. 15a DBA-Schweiz 1992, da sie nicht nachgewiesen hat, im Streitjahr die nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 für die Grenzgängereigenschaft unschädliche Höchstgrenze der sog. Nichtrückkehrtage überschritten zu haben.

11

a) Die Grenzgängereigenschaft entfällt bei einer in einem Vertragstaat ansässigen Person, die in dem anderen Vertragstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt, dann, wenn sie an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992). Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 15. September 2004 I R 67/03, BFHE 207, 452, BStBl II 2010, 155) liegt sowohl für die objektive Zahl der Übernachtungen in der Schweiz als auch für deren jeweilige berufliche Veranlassung die objektive Beweislast (Feststellungslast) bei dem Steuerpflichtigen, der die inländische Steuerpflicht seiner Einkünfte unter Hinweis auf Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 bestreitet. Diese Beweislastverteilung folgt aus Art. 3 Abs. 2 Satz 5 des Zustimmungsgesetzes vom 30. September 1993 (BGBl II 1993, 1886, BStBl I 1993, 927), wonach der Arbeitgeber die Tage der Nichtrückkehr auf Grund der Arbeitsausübung bescheinigen muss, wenn der Arbeitnehmer wegen Nichtrückkehr nicht mehr Grenzgänger ist; der Gesetzgeber geht hiernach bei dem in Frage kommenden Personenkreis von der Vermutung der regelmäßigen Rückkehr aus. Allerdings schließt die genannte Bescheinigung eine eigenständige Nachprüfung durch die Finanzbehörden des Ansässigkeitsstaates nicht aus (Nr. II.5. Satz 2 des Verhandlungsprotokolls in BGBl II 1993, 1889, BStBl I 1993, 929); sie ist mithin weder für das FA noch für das FG bindend (Senatsurteil in BFHE 207, 452, BStBl II 2010, 155).

12

b) Das FG, das in seinem Urteil festgestellt hat, dass die Klägerin diesen Nachweis für die die unstreitige Zahl von Nichtrückkehrtagen (28 Tage) übersteigende Zahl der Tage nicht erbracht hat, konnte einer Entscheidung zum Nachteil der Klägerin nicht unter Hinweis auf eine Reduzierung des Beweismaßes entgehen.

13

aa) Das FG hat --in Übereinstimmung mit den Beteiligten-- festgestellt, dass die Klägerin an 28 Tagen an ihren Wohnort nicht zurückkehren konnte, da sie an der Rückkehr durch Auslandsdienstreisen gehindert war. Dies ist nicht im Streit.

14

bb) Das FG hat im Übrigen ausgeführt, es sei davon überzeugt, dass die Klägerin über die bezeichneten 28 Tage hinaus an zahlreichen weiteren Tagen ihre Arbeit im Büro erst so spät beendet habe, dass sie aus diesem Grund von einer Rückkehr an ihren Wohnsitz Abstand genommen habe; es halte es auch für sehr wahrscheinlich, dass dies an allen anderen der in ihrer Aufstellung enthaltenen 65 Tagen der Fall gewesen sei. Das FG habe allerdings trotz des glaubwürdigen Eindrucks, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung gemacht habe, keine über jeden vernünftigen Zweifel erhabene Überzeugung von der Richtigkeit ihrer Angaben erlangen können. Den von der Klägerin vorgelegten E-Mails (Nachrichten an die Personalabteilung ihres Arbeitgebers über eine Übernachtung an diesem Tag) komme kein (zusätzlicher) Erkenntniswert zu, der über den Erkenntniswert der von ihr vorgelegten Auflistung der berufsbedingten Nichtrückkehrtage hinausgehe.

15

Das FG hat damit festgestellt, dass der Klägerin der ihr obliegende Nachweis der Nichtrückkehrtage nicht gelungen ist. Dies --vom FG als Zwischenergebnis verstanden-- lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

16

cc) Das FG hat sich allerdings im konkreten Fall dazu veranlasst gesehen, "hinsichtlich der Zahl der beruflichen Nichtrückkehrtage den Überzeugungsgrad der größtmöglichen Wahrscheinlichkeit ausreichen zu lassen". Mehr könne nämlich auf Grund der der Klägerin durch das FA nahe gelegten Art der Nachweisführung (Hinweis auf den Vermerk des FA zum Veranlagungszeitraum 2002) nicht erreicht werden. Höhere Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu stellen, verstieße deshalb unter den gegebenen Umständen gegen Treu und Glauben. Darin ist dem FG nicht zu folgen.

17

aaa) Allerdings sieht, wie es auch das FG ausgeführt hat, § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO mit dem Hinweis auf die richterliche Überzeugung als Grundlage der Entscheidungsfindung kein für alle Situationen einheitliches (festes) Beweismaß vor, sondern lässt Raum für eine vom sog. Regelbeweismaß abweichende Überzeugungsbildung. Zu einer sog. Beweismaßreduzierung kann es unter Berücksichtigung des § 162 der Abgabenordnung (AO) kommen (s. § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO und dazu z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. August 1991 X R 86/88, BFHE 165, 458, BStBl II 1992, 128), ebenfalls als Sanktionierung von Pflicht- bzw. Obliegenheitsverletzungen einzelner Beteiligter (s. z.B. Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 96 FGO Rz 62 ff.; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 96 FGO Rz 64, 69 ff.; Schmidt-Troje in Beermann/ Gosch, AO/FGO, § 96 FGO Rz 58 ff.). Dies bedeutet, dass sich das Gericht über etwa gegebene Zweifel in tatsächlicher Hinsicht hinwegsetzen kann. Stellt das Gericht den Sachverhalt mittels reduzierten Beweismaßes fest, bedarf es keiner Anwendung der Regeln über die Verteilung der Feststellungslast (Beweislast).

18

bbb) Soweit das FG eine Schätzung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 1 AO --im Streitfall: als Schätzung der Zahl der Nichtrückkehrtage-- für möglich hält, da es den steuererheblichen Sachverhalt (die Anzahl dieser Nichtrückkehrtage) nicht mit letzter Sicherheit ermitteln könnte, ist ihm nicht beizupflichten. Denn nach der Rechtsprechung des BFH erlaubt § 162 Abs. 1 AO nur die Schätzung quantitativer Größen, nicht aber die Schätzung rein qualitativer Besteuerungsmerkmale (im Sinne der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Besteuerung - z.B. BFH-Urteil vom 10. Juni 1999 V R 82/98, BFHE 188, 460; BFH-Beschluss vom 20. Juli 2010 X B 70/10, BFH/NV 2010, 2007; zustimmend z.B. Buciek in Beermann/Gosch, a.a.O., § 162 AO Rz 22; teilweise abweichend [nur Ausschluss der Schätzung des sog. Grundsachverhalts] Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, a.a.O., § 162 AO Rz 14 ff.; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Rz 20). Im Streitfall ist aber die zweite Variante einschlägig. Denn es geht nicht um die Zahl der Nichtrückkehrtage, sondern --bezogen auf jeden einzelnen der geltend gemachten Nichtrückkehrtage-- darum, ob die Klägerin aus beruflichen Gründen nicht an ihren Wohnort zurückgekehrt ist.

19

ccc) Dem FG ist ebenfalls darin nicht zu folgen, dass sich das FA in die Rolle des sog. Beweisverderbers begeben haben sollte bzw. nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Nachweisführung durch die Klägerin im Streitfall als ausreichend angesehen werden müsste.

20

Das FG verweist dazu zunächst auf die das Veranlagungsjahr 2002 betreffende Erörterung zwischen den Beteiligten, in der das FA habe erkennen lassen, dass es angesichts der der Klägerin zugebilligten generellen Glaubwürdigkeit für den Nachweis der beruflich veranlassten Nichtrückkehrtage ausreiche, E-Mails an die Personalabteilung ihres Arbeitgebers vorzulegen, und darüber hinaus auf eine Anerkennung der nach dieser Vorgabe nachgewiesenen Nichtrückkehrtage im Veranlagungszeitraum 2003. Damit hat das FG aber der auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum bezogenen Ermittlung des steuererheblichen Sachverhalts durch das FA --und hier der Frage, ob die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis der berufsbedingten Nichtrückkehr an den Wohnort (s. zu II.2.a der Gründe; s. auch § 90 Abs. 2 AO) erbracht hat-- zu enge Grenzen gesetzt. Zwar hat das FG ausdrücklich betont, dass das FA der Klägerin nicht zugesagt habe, jede der von ihr ihrem Arbeitgeber per E-Mail angekündigte Übernachtung anzuerkennen und auf eine Überprüfung der beruflichen Veranlassung zu verzichten. Faktisch soll aber aus der Sicht des FG eine solche Wirkung eingetreten sein. Eine solche Eingrenzung wird --da es sich um einen "Dauersachverhalt" mit großer finanzieller Auswirkung handelt und auch angesichts der Ungewissheit über den Inhalt und den daraus abzuleitenden Beweiswert der E-Mails-- dem Pflichtenumfang des FA (§ 85 AO) nicht gerecht. Die Revision macht im Übrigen in diesem Zusammenhang auch zu Recht geltend, dass das FG unterstellt habe, dass sich das FA bei der Veranlagung des Jahres 2003 ("offensichtlich") davon habe leiten lassen (was das FA bestreitet), ohne dies durch entsprechende Feststellungen abgesichert zu haben.

21

3. Auf dieser Grundlage kommt es auf die von der Revision erhobene Rüge der Verletzung des § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht mehr an.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Als Nichtrückkehrtage kommen nur Arbeitstage in Betracht, die im persönlichen Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers erfasst sind. Samstage, Sonn- und Feiertage können nur in Ausnahmefällen zu den maßgeblichen Arbeitstagen zählen, beispielsweise wenn der Arbeitgeber die Arbeit an diesen Tagen ausdrücklich anordnet und hieran anknüpfend in der Regel entweder Freizeitausgleich oder zusätzliche Bezahlung dafür gewährt. Trägt der Arbeitgeber die Reisekosten, werden bei mehrtägigen Geschäftsreisen alle Wochenend- und Feiertage als Nichtrückkehrtage angesehen.

(2) Eine Nichtrückkehr auf Grund der Arbeitsausübung liegt namentlich dann vor, wenn die Rückkehr an den Wohnsitz aus beruflichen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Ein Nichtrückkehrtag ist nicht schon deshalb anzunehmen, weil sich die Arbeitszeit des Einzelnen an seinem Arbeitsort entweder bedingt durch die Anfangszeiten oder durch die Dauer der Arbeitszeit über mehr als einen Kalendertag erstreckt. Schichtarbeiter, Personal mit Nachtdiensten und Krankenhauspersonal mit Bereitschaftsdienst sind nicht schon auf Grund ihrer spezifischen Arbeitszeiten von der Grenzgängerregelung ausgeschlossen.

(3) Als Arbeitsausübung sind Zeiten anzusehen, für die auf Grund des Arbeitsverhältnisses eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Anwesenheit am Arbeitsort besteht. Kurzfristige Arbeitszeitunterbrechungen von weniger als vier Stunden beenden den Arbeitstag nicht. Bei einer Arbeitsunterbrechung von vier bis sechs Stunden ist eine Rückkehr an den Wohnsitz zumutbar, wenn die für die Wegstrecke von der Arbeitsstätte zur Wohnstätte benötigte Zeit und zurück mit den in der Regel benutzten Transportmitteln nicht mehr als 20 Prozent der Zeit der Arbeitsunterbrechung beträgt.

(4) Krankheits- und unfallbedingte Abwesenheiten gelten nicht als Tage der Nichtrückkehr. Die Tage der Nichtrückkehr bestimmen sich nach der Anzahl der beruflich bedingten Übernachtungen oder der beruflich bedingten Nichtrückkehr bei Arbeitsunterbrechung von mindestens vier Stunden.

(5) Eintägige Geschäftsreisen im Vertragsstaat des Arbeitsorts und im Ansässigkeitsstaat zählen nicht zu den Nichtrückkehrtagen. Eintägige Geschäftsreisen in Drittstaaten zählen stets zu den Nichtrückkehrtagen.

(1) Stellt der Arbeitgeber am Ende des Jahres oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während des Kalenderjahrs fest, dass die Grenzgängereigenschaft auf Grund der entsprechenden Nichtrückkehrtage entfällt, hat er die Nichtrückkehrtage nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu bescheinigen. Der Vordruck ist jeweils unaufgefordert der für den Einbehalt der Abzugsteuer zuständigen Steuerbehörde zuzuleiten, die diese Bescheinigung nach Überprüfung mit einem Sichtvermerk versehen an den Arbeitgeber zur Weiterleitung an den Grenzgänger zurückgibt. Eine Überprüfung der bescheinigten Nichtrückkehrtage ist zulässig. Es können entsprechende Nachweise verlangt werden.

(2) Ist für den Arbeitgeber voraussehbar, dass der Grenzgänger bei ganzjähriger Beschäftigung an mehr als 60 Tagen pro Kalenderjahr, bei zeitweiser Beschäftigung während des Kalenderjahrs nach entsprechender Kürzung, aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnsitz zurückkehren wird, ist der Tätigkeitsstaat vorläufig berechtigt, Quellensteuern zu erheben. Der Arbeitgeber hat dies dem Grenzgänger formlos zu bescheinigen mit dem Hinweis, dass die detaillierte Aufstellung der Tage der Nichtrückkehr nach Ablauf des Kalenderjahrs oder, wenn das Arbeitsverhältnis früher beendet wird, zum Ende des Arbeitsverhältnisses auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zur Vorlage bei der Steuerbehörde bescheinigt wird. Diesem Umstand ist im Ansässigkeitsstaat durch einen Aufschub der Besteuerung oder Anpassung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen Rechnung zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die inländische Steuerpflicht von im Ausland erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit.

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), die in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, wurden im Streitjahr (2004) als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin war als Prokuristin bei einer schweizerischen Bank angestellt und bezog aus diesem Arbeitsverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die in der Schweiz einem Quellensteuerabzug unterworfen wurden. Der Arbeitsort in der Schweiz war etwa 35 km vom Wohnort in Deutschland entfernt; die Klägerin nutzte für die Wegstrecke öffentliche Verkehrsmittel (Fahrtzeit ca. eine Stunde).

3

In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres deklarierten die Kläger aus diesem Arbeitsverhältnis steuerfreie (dem Progressionsvorbehalt unterliegende) Einkünfte in Höhe von 107.913 € unter Hinweis auf einen Lohnausweis des Arbeitgebers, eine Anlage "N-Gre-3", eine Bescheinigung des Arbeitgebers vom 19. Januar 2005 über die Nichtrückkehr an mehr als 60 Arbeitstagen mit einem Sichtvermerk des Kantonalen Steueramts vom 29. März 2005, sowie eine Einzelaufstellung der Nichtrückkehrtage ("Liste der Nächte 2004"). Nach dieser Aufstellung war die Klägerin an 93 Tagen aus beruflichen Gründen nicht an ihren inländischen Wohnsitz zurückgekehrt; die dort angeführten Tage und den Grund der langen Arbeitszeiten hatte die Klägerin bei einer Büroanwesenheit jeweils per E-Mail der Personalabteilung ihres Arbeitgebers mitgeteilt.

4

Zum Veranlagungszeitraum 2002 hatte die Klägerin dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) folgende Erläuterung abgegeben: Sie beginne ihre Arbeit regelmäßig zwischen 7:00 Uhr und 7:30 Uhr (spätestens um 7:45 Uhr) und sei häufig bis 22:00 Uhr, manchmal auch länger, tätig. Ihre Arbeitszeit werde nicht erfasst. Grund für diese langen Arbeitszeiten seien insbesondere die weltweiten Bankbeziehungen, insbesondere mit den USA und Japan, und die damit verbundenen Zeitverschiebungen. Eine Heimfahrt mit dem Zug sei ihr nach 22:00 Uhr nicht mehr zuzumuten, zumal sie bereits früh aufstehen müsse, um wieder rechtzeitig im Büro zu sein. Sie fahre mit der Bahn, obwohl ihr ein Geschäftswagen zur Verfügung stehe. Daher übernachte sie bei Bedarf in der Schweiz. Sie habe dort ein möbliertes Zimmer in der Wohnung ihrer volljährigen Tochter und zahle hierfür Miete. Das FA hatte daraufhin aus dem Blickwinkel der Bearbeitung der Steuersache für 2002 in einem Vermerk festgehalten: "Für die Folgejahre ist dafür Sorge zu tragen, dass die betrieblich bedingten Übernachtungen in A (Schweiz) nachgewiesen werden können. Dazu ist zumindest erforderlich, dass alle Übernachtungen dem Arbeitgeber bekanntgegeben werden, so dass dieser diese auch bestätigen kann."

5

Das FA berücksichtigte die Einkünfte der Klägerin im Streitjahr als steuerpflichtig, da sie Grenzgängerin sei; die Schweizer Abzugsteuer in Höhe von 5.488 € wurde auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet. Die Klage, mit der die Steuerfreistellung dieser Einkünfte beantragt worden war, war erfolgreich (Finanzgericht --FG-- Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 23. Oktober 2009  11 K 50/07).

6

Das FA rügt die Verletzung materiellen und formellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Klage abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat unzutreffend angenommen, dass die Klägerin nicht als Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 2 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1072, 519) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) --DBA-Schweiz 1992-- anzusehen ist; ihre Einkünfte aus der Tätigkeit in der Schweiz unterliegen vielmehr gemäß Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 der deutschen Einkommensteuer.

9

1. Nach Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 sind Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragstaat zu besteuern, in dem dieser ansässig ist. Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1992 ist jede in einem Vertragstaat ansässige Person, die im anderen Vertragstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1992). Nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 entfällt bei einer in einem Vertragstaat ansässigen Person die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn sie bei einer Beschäftigung im anderen Vertragstaat während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (sog. Nichtrückkehrtage).

10

2. Die Klägerin ist sog. Grenzgänger i.S. des Art. 15a DBA-Schweiz 1992, da sie nicht nachgewiesen hat, im Streitjahr die nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 für die Grenzgängereigenschaft unschädliche Höchstgrenze der sog. Nichtrückkehrtage überschritten zu haben.

11

a) Die Grenzgängereigenschaft entfällt bei einer in einem Vertragstaat ansässigen Person, die in dem anderen Vertragstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt, dann, wenn sie an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992). Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 15. September 2004 I R 67/03, BFHE 207, 452, BStBl II 2010, 155) liegt sowohl für die objektive Zahl der Übernachtungen in der Schweiz als auch für deren jeweilige berufliche Veranlassung die objektive Beweislast (Feststellungslast) bei dem Steuerpflichtigen, der die inländische Steuerpflicht seiner Einkünfte unter Hinweis auf Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 bestreitet. Diese Beweislastverteilung folgt aus Art. 3 Abs. 2 Satz 5 des Zustimmungsgesetzes vom 30. September 1993 (BGBl II 1993, 1886, BStBl I 1993, 927), wonach der Arbeitgeber die Tage der Nichtrückkehr auf Grund der Arbeitsausübung bescheinigen muss, wenn der Arbeitnehmer wegen Nichtrückkehr nicht mehr Grenzgänger ist; der Gesetzgeber geht hiernach bei dem in Frage kommenden Personenkreis von der Vermutung der regelmäßigen Rückkehr aus. Allerdings schließt die genannte Bescheinigung eine eigenständige Nachprüfung durch die Finanzbehörden des Ansässigkeitsstaates nicht aus (Nr. II.5. Satz 2 des Verhandlungsprotokolls in BGBl II 1993, 1889, BStBl I 1993, 929); sie ist mithin weder für das FA noch für das FG bindend (Senatsurteil in BFHE 207, 452, BStBl II 2010, 155).

12

b) Das FG, das in seinem Urteil festgestellt hat, dass die Klägerin diesen Nachweis für die die unstreitige Zahl von Nichtrückkehrtagen (28 Tage) übersteigende Zahl der Tage nicht erbracht hat, konnte einer Entscheidung zum Nachteil der Klägerin nicht unter Hinweis auf eine Reduzierung des Beweismaßes entgehen.

13

aa) Das FG hat --in Übereinstimmung mit den Beteiligten-- festgestellt, dass die Klägerin an 28 Tagen an ihren Wohnort nicht zurückkehren konnte, da sie an der Rückkehr durch Auslandsdienstreisen gehindert war. Dies ist nicht im Streit.

14

bb) Das FG hat im Übrigen ausgeführt, es sei davon überzeugt, dass die Klägerin über die bezeichneten 28 Tage hinaus an zahlreichen weiteren Tagen ihre Arbeit im Büro erst so spät beendet habe, dass sie aus diesem Grund von einer Rückkehr an ihren Wohnsitz Abstand genommen habe; es halte es auch für sehr wahrscheinlich, dass dies an allen anderen der in ihrer Aufstellung enthaltenen 65 Tagen der Fall gewesen sei. Das FG habe allerdings trotz des glaubwürdigen Eindrucks, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung gemacht habe, keine über jeden vernünftigen Zweifel erhabene Überzeugung von der Richtigkeit ihrer Angaben erlangen können. Den von der Klägerin vorgelegten E-Mails (Nachrichten an die Personalabteilung ihres Arbeitgebers über eine Übernachtung an diesem Tag) komme kein (zusätzlicher) Erkenntniswert zu, der über den Erkenntniswert der von ihr vorgelegten Auflistung der berufsbedingten Nichtrückkehrtage hinausgehe.

15

Das FG hat damit festgestellt, dass der Klägerin der ihr obliegende Nachweis der Nichtrückkehrtage nicht gelungen ist. Dies --vom FG als Zwischenergebnis verstanden-- lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

16

cc) Das FG hat sich allerdings im konkreten Fall dazu veranlasst gesehen, "hinsichtlich der Zahl der beruflichen Nichtrückkehrtage den Überzeugungsgrad der größtmöglichen Wahrscheinlichkeit ausreichen zu lassen". Mehr könne nämlich auf Grund der der Klägerin durch das FA nahe gelegten Art der Nachweisführung (Hinweis auf den Vermerk des FA zum Veranlagungszeitraum 2002) nicht erreicht werden. Höhere Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu stellen, verstieße deshalb unter den gegebenen Umständen gegen Treu und Glauben. Darin ist dem FG nicht zu folgen.

17

aaa) Allerdings sieht, wie es auch das FG ausgeführt hat, § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO mit dem Hinweis auf die richterliche Überzeugung als Grundlage der Entscheidungsfindung kein für alle Situationen einheitliches (festes) Beweismaß vor, sondern lässt Raum für eine vom sog. Regelbeweismaß abweichende Überzeugungsbildung. Zu einer sog. Beweismaßreduzierung kann es unter Berücksichtigung des § 162 der Abgabenordnung (AO) kommen (s. § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO und dazu z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. August 1991 X R 86/88, BFHE 165, 458, BStBl II 1992, 128), ebenfalls als Sanktionierung von Pflicht- bzw. Obliegenheitsverletzungen einzelner Beteiligter (s. z.B. Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 96 FGO Rz 62 ff.; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 96 FGO Rz 64, 69 ff.; Schmidt-Troje in Beermann/ Gosch, AO/FGO, § 96 FGO Rz 58 ff.). Dies bedeutet, dass sich das Gericht über etwa gegebene Zweifel in tatsächlicher Hinsicht hinwegsetzen kann. Stellt das Gericht den Sachverhalt mittels reduzierten Beweismaßes fest, bedarf es keiner Anwendung der Regeln über die Verteilung der Feststellungslast (Beweislast).

18

bbb) Soweit das FG eine Schätzung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 1 AO --im Streitfall: als Schätzung der Zahl der Nichtrückkehrtage-- für möglich hält, da es den steuererheblichen Sachverhalt (die Anzahl dieser Nichtrückkehrtage) nicht mit letzter Sicherheit ermitteln könnte, ist ihm nicht beizupflichten. Denn nach der Rechtsprechung des BFH erlaubt § 162 Abs. 1 AO nur die Schätzung quantitativer Größen, nicht aber die Schätzung rein qualitativer Besteuerungsmerkmale (im Sinne der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Besteuerung - z.B. BFH-Urteil vom 10. Juni 1999 V R 82/98, BFHE 188, 460; BFH-Beschluss vom 20. Juli 2010 X B 70/10, BFH/NV 2010, 2007; zustimmend z.B. Buciek in Beermann/Gosch, a.a.O., § 162 AO Rz 22; teilweise abweichend [nur Ausschluss der Schätzung des sog. Grundsachverhalts] Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, a.a.O., § 162 AO Rz 14 ff.; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Rz 20). Im Streitfall ist aber die zweite Variante einschlägig. Denn es geht nicht um die Zahl der Nichtrückkehrtage, sondern --bezogen auf jeden einzelnen der geltend gemachten Nichtrückkehrtage-- darum, ob die Klägerin aus beruflichen Gründen nicht an ihren Wohnort zurückgekehrt ist.

19

ccc) Dem FG ist ebenfalls darin nicht zu folgen, dass sich das FA in die Rolle des sog. Beweisverderbers begeben haben sollte bzw. nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Nachweisführung durch die Klägerin im Streitfall als ausreichend angesehen werden müsste.

20

Das FG verweist dazu zunächst auf die das Veranlagungsjahr 2002 betreffende Erörterung zwischen den Beteiligten, in der das FA habe erkennen lassen, dass es angesichts der der Klägerin zugebilligten generellen Glaubwürdigkeit für den Nachweis der beruflich veranlassten Nichtrückkehrtage ausreiche, E-Mails an die Personalabteilung ihres Arbeitgebers vorzulegen, und darüber hinaus auf eine Anerkennung der nach dieser Vorgabe nachgewiesenen Nichtrückkehrtage im Veranlagungszeitraum 2003. Damit hat das FG aber der auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum bezogenen Ermittlung des steuererheblichen Sachverhalts durch das FA --und hier der Frage, ob die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis der berufsbedingten Nichtrückkehr an den Wohnort (s. zu II.2.a der Gründe; s. auch § 90 Abs. 2 AO) erbracht hat-- zu enge Grenzen gesetzt. Zwar hat das FG ausdrücklich betont, dass das FA der Klägerin nicht zugesagt habe, jede der von ihr ihrem Arbeitgeber per E-Mail angekündigte Übernachtung anzuerkennen und auf eine Überprüfung der beruflichen Veranlassung zu verzichten. Faktisch soll aber aus der Sicht des FG eine solche Wirkung eingetreten sein. Eine solche Eingrenzung wird --da es sich um einen "Dauersachverhalt" mit großer finanzieller Auswirkung handelt und auch angesichts der Ungewissheit über den Inhalt und den daraus abzuleitenden Beweiswert der E-Mails-- dem Pflichtenumfang des FA (§ 85 AO) nicht gerecht. Die Revision macht im Übrigen in diesem Zusammenhang auch zu Recht geltend, dass das FG unterstellt habe, dass sich das FA bei der Veranlagung des Jahres 2003 ("offensichtlich") davon habe leiten lassen (was das FA bestreitet), ohne dies durch entsprechende Feststellungen abgesichert zu haben.

21

3. Auf dieser Grundlage kommt es auf die von der Revision erhobene Rüge der Verletzung des § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht mehr an.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind

1.
Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit.2Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.3Ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.4Eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen;
2.
Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie, wenn sie nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind;
3.
Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z. B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied;
4.
Einkünfte, die ein Beteiligter an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht, als Vergütung für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- oder Gemeinschaftszwecks erzielt, wenn der Anspruch auf die Vergütung unter der Voraussetzung eingeräumt worden ist, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben; § 15 Absatz 3 ist nicht anzuwenden.

(2) Einkünfte nach Absatz 1 sind auch dann steuerpflichtig, wenn es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit handelt.

(3)1Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens oder eines selbständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen erzielt wird, das der selbständigen Arbeit dient.2§ 16 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 und Absatz 1 Satz 2 sowie Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(4)1§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem der selbständigen Arbeit dienenden Betriebsvermögen gehört hat.2§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, Absatz 1a, Absatz 2 Satz 2 und 3, §§ 15a und 15b sind entsprechend anzuwenden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 8. Oktober 2013  10 K 2176/11 aufgehoben, soweit dieses wegen Feststellung der Steuerermäßigung nach § 10a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes ergangen ist. Die Klage wird insoweit als unzulässig abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits fallen dem Beklagten zur Last.

Tatbestand

1

A. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wohnte im Streitjahr 2010 bis zum 30. April im Inland und übte hier eine nichtselbständige Tätigkeit aus. Am 1. Mai verzog er in die Schweiz, wo er eine neue nichtselbständige Tätigkeit aufnahm.

2

Das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und seinem seinerzeitigen inländischen Arbeitgeber wurde mit Vertrag vom 16./29. Dezember 2009 aus dringenden betrieblichen Gründen einvernehmlich zum 31. Juli 2010 beendet. Der Kläger wurde unter Fortzahlung der regulären Bezüge sowie unter Zahlung von Boni für 2009 und 2010 zum 1. Januar 2010 unwiderruflich freigestellt. Er konnte seinerseits das Arbeitsverhältnis mit 14-tägiger Kündigungsfrist auch vor dem 31. Juli 2010 beenden. Als Entschädigung für den Verlust des Anstellungsverhältnisses und zum Ausgleich bereits entstandener und der damit in Zukunft verbundenen beruflichen und finanziellen Nachteile vereinbarten die Vertragspartner eine Abfindung in Höhe eines Einmalbetrages von 780.500 €. Für den Fall einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Erklärung des Klägers sollte sich der Abfindungsbetrag um das ansonsten zwischen dem Beendigungsdatum und dem am 31. Juli 2010 fällige Grundgehalt erhöhen. Die Versteuerung sollte durch den Arbeitgeber erfolgen.

3

Die Abfindung wurde im September 2010 gezahlt. Der ehemalige Arbeitgeber behielt darauf 337.990 € an Lohnsteuer und 18.589,45 € an Solidaritätszuschlag ein. Zuvor war eine vom Kläger angestrebte lohnsteuerliche Freistellung der Abfindung durch das zuständige Betriebsstättenfinanzamt gescheitert.

4

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2010 behandelte der Kläger einen Betrag von 785.194 € als nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) --DBA-Schweiz 1971-- steuerfreien Arbeitslohn. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) behandelte den Betrag demgegenüber als Entschädigung für mehrere Jahre, die in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Arbeitslohn nach § 19 i.V.m. § 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2009) ermäßigt zu versteuern sei. Das Besteuerungsrecht Deutschlands ergebe sich aus Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 und der dazu ergangenen (ergänzenden) deutsch-schweizerischen Konsultationsvereinbarung zur Besteuerung von Abfindungszahlungen vom 17. März 2010, bekanntgegeben durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25. März 2010 (BStBl I 2010, 268), Letztere i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 2 und § 25 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft --Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung (KonsVerCHEV)-- vom 20. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 2187, BStBl I 2010, 146). Die in der Schweiz erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2009 beim sog. Progressionsvorbehalt berücksichtigt.

5

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Bescheide über Einkommensteuer und Feststellung der Steuermäßigung nach § 10a Abs. 4 EStG 2009 war erfolgreich. Das Hessische Finanzgericht (FG) gab ihr durch Urteil vom 8. Oktober 2013  10 K 2176/11, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 288 statt.

6

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

8

Dem Revisionsverfahren ist das BMF beigetreten. Es schließt sich in der Sache dem FA an, ohne eigene Anträge zu stellen.

Entscheidungsgründe

9

B. Die Revision ist nur im Hinblick auf die Feststellung der Steuerermäßigung nach § 10a Abs. 4 Satz 1 EStG 2009 begründet, weil die Klage insoweit unzulässig ist. Im Übrigen aber ist sie unbegründet.

10

I. Die Anfechtung des Feststellungsbescheids gemäß § 10a Abs. 4 Satz 1 EStG 2009 ist unzulässig. Es handelt sich bei diesem Bescheid bezogen auf den angefochtenen Einkommensteuerbescheid um einen Folgebescheid (vgl. § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung --AO--). Das ergibt sich aus § 10a Abs. 4 Satz 1 letzter Halbsatz EStG 2009, wonach § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG 2009 auf die Feststellung entsprechend anzuwenden ist, und in jener Vorschrift ist die Grundlagenwirkung des Einkommensteuerbescheids justiert (s. dazu z.B. Schmidt/Heinicke, EStG, 34. Aufl., § 10d Rz 41; Schmidt/Weber-Grellet, ebenda, § 10a Rz 30, m.w.N.).

11

II. Im eigentlichen Streitpunkt ist die Revision jedoch unbegründet. Das Deutschland nach innerstaatlichem Recht zustehende Besteuerungsrecht für die Abfindung wurde durch das DBA-Schweiz 1971 beschränkt; das Besteuerungsrecht steht nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 der Schweiz als dem (nunmehrigen) Wohnsitzstaat des Klägers zu.

12

1. Der Kläger hat seinen Wohnsitz seit dem 1. Mai des Streitjahres in der Schweiz und ist seitdem in Deutschland nicht mehr --wie zuvor-- unbeschränkt (vgl. § 1 Abs. 1 EStG 2009), sondern beschränkt (vgl. § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 EStG 2009) steuerpflichtig. Letzteres betrifft nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG 2009 auch seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG 2009), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder --und insofern hier bezogen auf die in Rede stehende Abfindungszahlung allein einschlägig-- "worden ist". Es betrifft nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. d EStG 2009 zudem Einkünfte, die als Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG 2009 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte --wie vorliegend-- der inländischen Besteuerung unterlegen haben. Die Vorinstanz geht übereinstimmend mit den Beteiligten davon aus, dass es sich bei der an den Kläger geleisteten Abfindungszahlung um eine derartige Entschädigung handelt, nicht aber um nachträglichen Arbeitslohn. Auch der Senat hat keinen Anlass, diese Sachverhaltswürdigung in Frage zu stellen.

13

2. Deutschland steht infolge des mit der Schweiz geschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung jedoch das Besteuerungsrecht an der Zahlung nicht zu: Art. 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 DBA-Schweiz 1971 bestimmt, dass Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden können, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden. Daraus folgt nach ständiger Spruchpraxis des Senats (z.B. Urteile vom 2. September 2009 I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387; I R 90/08, BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394; vom 24. Juli 2013 I R 8/13, BFHE 245, 291, BStBl II 2014, 929, jeweils m.w.N.), dass Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses nicht im Tätigkeitsstaat, sondern im Ansässigkeitsstaat zu besteuern sind. Denn bei Abfindungen handelt es sich unbeschadet dessen, dass sie nach dem insoweit maßgebenden innerstaatlichen Recht (vgl. Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971) Arbeitslohn (§ 19 EStG 2009) sind, nicht um ein zusätzliches Entgelt für eine frühere Tätigkeit i.S. des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971. Sie werden nicht für eine konkrete im Inland oder Ausland ausgeübte Tätigkeit gezahlt, sondern gerade für den Verlust des Arbeitsplatzes. Ein bloßer Anlasszusammenhang zwischen Zahlung und Tätigkeit genügt nach dem Abkommenswortlaut ("dafür") indes nicht. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Spruchpraxis, an welcher festzuhalten ist, prinzipiell angeschlossen (BMF-Schreiben vom 14. September 2006, BStBl I 2006, 532, dort Tz. 6.3 Rz 121, und --nunmehr mit Wirkung ab 1. Januar 2015-- vom 12. November 2014, BStBl I 2014, 1467, dort Tz. 5.5.4 Rz 178 ff.).

14

3. Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 weiter entschieden hat, ändert sich an dieser Rechtsauffassung infolge der ursprünglichen (vgl. BMF-Schreiben vom 20. Mai 1997, BStBl I 1997, 560), durch das BMF-Schreiben vom 13. Oktober 1992 (Recht der Internationalen Wirtschaft 1993, 82; vgl. auch BStBl I 1997, 560) bekanntgegebenen Verständigungsvereinbarung der deutschen und eidgenössischen Finanzbehörden zur Besteuerung von Abfindungen nichts. Dabei verbleibt es auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich ergangenen ergänzenden Konsultationsvereinbarung vom 17. März 2010.

15

a) Das BMF und die Eidgenössische Steuerverwaltung haben sich in jenen Vereinbarungen auf der Basis von Konsultationsverhandlungen nach Maßgabe des Art. 26 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 darauf verständigt, das Besteuerungsrecht der beiden Vertragsstaaten danach zuzuteilen, ob der Abfindung Versorgungscharakter beizumessen ist oder ob es sich um eine Nachzahlung von Lohn, Gehalt oder Tantiemen aus dem früheren Arbeitsverhältnis handelt oder die Abfindung allgemein für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gewährt wird. In dem ersten Fall kann --nach Satz 2 der Vereinbarungen-- die Abfindung danach gemäß Art. 18 DBA-Schweiz 1971 nur im Wohnsitzstaat des Empfängers besteuert werden, im zweiten Fall soll nach Satz 3 der Vereinbarungen gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 das sog. Tätigkeitsortsprinzip gelten. Hintergrund dieser Vereinbarung ist der Umstand, dass andernfalls aufgrund der unterschiedlichen Verwaltungspraxis in Deutschland und in der Schweiz über die Besteuerungszuordnung die Gefahr sog. weißer Einkünfte, also der doppelten Nichtbesteuerung, bestand.

16

b) Der Senat misst einer derartigen zwischenstaatlichen Konsultationsvereinbarung --in Einklang mit den Grundsätzen zur Auslegung von Verträgen nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 --WÜRV-- (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985 (BGBl II 1985, 926) am 20. August 1987 (BGBl II 1987, 757)-- zwar Bedeutung für die Auslegung der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei. Er hat jedoch wiederholt klar zum Ausdruck gebracht, dass die "Grenzmarke" für das richtige Abkommensverständnis immer nur der Abkommenswortlaut sein kann. Wird das in der Konsultationsvereinbarung gefundene Abkommensverständnis durch den Wortlaut nicht gedeckt, kann die Vereinbarung die Abkommensauslegung durch die Gerichte nicht beeinflussen oder die Gerichte gar binden. Auch daran ist uneingeschränkt festzuhalten und auf das zitierte Urteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 ist deswegen zu verweisen.

17

4. Allerdings haben sich die Vereinbarungsgrundlagen zwischenzeitlich geändert. Der Gesetzgeber hat vermittels des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) mit § 2 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO n.F.-- (erstmals) eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, wonach --so Satz 1 der Vorschrift-- das BMF ermächtigt wird, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zu erlassen. Konsultationsvereinbarungen in diesem Sinne sind nach Satz 2 der Vorschrift einvernehmliche Vereinbarungen der zu-ständigen Behörden der Vertragsstaaten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit dem Ziel, Einzelheiten der Durchführung eines solchen Abkommens zu regeln, insbesondere Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des jeweiligen Abkommens bestehen, zu beseitigen. Mit diesem tatbestandlich umschriebenen Inhalt zielt die Neuregelung darauf ab, zwischenstaatlichen behördlichen Konsultationsvereinbarungen i.S. von Art. 25 Abs. 3 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD-MustAbk) den Rang einer Rechtsverordnung zu verleihen. In § 24 Abs. 1 KonsVerCHEV ist das für die im Streitfall in Rede stehenden Arbeitnehmer-Abfindungen geschehen; die Deutsch-Schweizerische Konsultationsverbindung vom 17. März 2010 ist darin textlich übernommen worden.

18

5. Es ist im Schrifttum kontrovers, ob die neugeschaffene Ermächtigungsgrundlage den dafür gebotenen Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) genügt und im Ergebnis geeignet ist, die seitens der Finanzverwaltung beanspruchte (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1467, dort Tz. 5.5.4.2 Rz 183 ff.) Verbindlichkeit der zwischenstaatlich gefundenen Abkommensauslegung herbeizuführen. Überwiegend wird das verneint und dem schließt sich der Senat an. Die Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarung vom 17. März 2010 genügt trotz ihrer unilateralen "Anhebung" in eine Rechtsverordnung den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts nach Art. 20 Abs. 3 GG nicht. Sie fußt mit § 2 Abs. 2 AO n.F. nicht auf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, in welcher Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung jedenfalls bezogen auf die Frage nach der Besteuerung von Abfindungszahlungen an einen (ehemals) nichtselbständig tätigen Arbeitnehmer hinreichend bestimmt werden. Dessen aber hätte es nach Art. 80 Abs. 1 GG bedurft.

19

a) Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG können durch Gesetz die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen dabei Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Das ist hier nicht gelungen.

20

aa) Zwar gilt gewissermaßen "natürlich" der Grundsatz, dass ein Gesetz nicht durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift außer Kraft gesetzt oder abgeändert werden kann, ebenso wie seine Durchbrechung durch einen Verwaltungsakt und seine Verdrängung durch eine Rechtsnorm, die im Vergleich zum Gesetz von niedrigerem Range ist, also eine Rechtsverordnung, eine Gemeindesatzung, ausgeschlossen ist. Das ergibt sich unmittelbar aus dem "Vorrang des Gesetzes" (Art. 20 Abs. 3 GG): "Der in der Form des Gesetzes geäußerte Staatswille geht rechtlich jeder anderen staatlichen Willensäußerung vor", so das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 6. Mai 1958  2 BvL 37/56, 2 BvL 11/57 (BVerfGE 8, 155). Dieser Vorrang des Gesetzes --also die dem Gesetz kraft Verfassungsrechts innewohnende Eigenschaft, staatliche Willensäußerungen niedrigeren Ranges rechtlich zu hindern oder zu zerstören-- kann sich aber naturgemäß nur auswirken, wo ein Widerspruch zwischen dem Gesetz und der Willensäußerung niederen Ranges besteht. Es bedarf keiner Ausführung, dass eine staatliche Willensäußerung, die das Gesetz befolgt und in Einklang mit ihm steht, nicht am Vorrang des Gesetzes scheitern kann. Im Einzelnen ist dazu beispielhaft auf den besagten Beschluss des BVerfG in BVerfGE 8, 155 hinzuweisen. So gesehen mag es auch möglich sein, kraft Verordnung eine Abkommensregelung zu spezifizieren und umzusetzen. Es mag prinzipiell ebenso ausreichen, die gesetzliche Ermächtigung dabei weit zu fassen, solange und soweit die "wesentlichen Konturen" in dem Referenzgesetz --hier also das bilaterale Abkommen in der Umsetzung des "einfachen" Zustimmungsgesetzes-- vom Gesetzgeber vorgegeben werden (s. z.B. Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 2 AO Rz 43e, m.w.N.; Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 2 AO Rz 327, 332; Oellerich in Beermann/Gosch, AO, § 2 Rz 102; s.a. den vom beigetretenen BMF herangezogenen, allerdings in anderem Zusammenhang des Steuerberatungsgesetzes ergangenen BVerfG-Beschluss vom 3. November 1982  2 BvL 28/81, BVerfGE 62, 203; demgegenüber zweifelnd z.B. Gosch in Mellinghoff/Schön/Viskorf [Hrsg.], Steuerrecht im Rechtsstaat, Festschrift Spindler, 2011, S. 379, 421; derselbe in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 49 Rz 72; anders z.B. Nacke, Der Betrieb --DB-- 2010, 1149; Lehner, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2011, 739 und Finanz-Rundschau --FR-- 2011, 1091). Und es lässt sich schließlich auch hören, wenn argumentiert wird, der Gesetzgeber habe mit seiner Zustimmung zu dem Gesetz zur Überleitung des völkerrechtlichen Vertrages in nationales (einfaches) Recht die Möglichkeit von Konsultationsvereinbarungen auf Basis des Art. 25 Abs. 3 OECD-MustAbk antizipiert und akzeptiert (z.B. Hummel, IStR 2011, 399 ff.; Lehner, IStR 2011, 733, 737, jeweils m.w.N.; insoweit anders Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 2 AO Rz 43f, m.w.N., insbesondere auch aus dem staatsrechtlichen Schrifttum). Doch ist es auch vermittels einer derart gefassten Ermächtigungsregelung ausgeschlossen, den Abkommenstext und damit die besagte Besteuerungszuordnung für die betreffenden Einkünfte zu verändern (s. zu alledem z.B. FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 19. Dezember 2013  3 K 1189/13, Betriebs-Berater --BB-- 2014, 2071; sowie z.B. Hummel, IStR 2011, 397, 399 ff.; Lehner, IStR 2011, 733, und derselbe in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl., Grundlagen Rz 136; Schönfeld/Häck in Schönfeld/ Ditz, DBA, Systematik Rz 100; Dremel, daselbst, Art. 1 Rz 23 ff.; Flüchter, daselbst, Art. 25 Rz 218 ff.; Eilers in Wassermeyer, MA Art. 25 Rz 67; Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, MA Art. 15 Rz 79; Kempermann in Flick/ Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 15 Rz 7, s.a. Art. 15a Rz 42; Kubaile, Internationale Wirtschafts-Briefe --IWB-- 2012, 1; Heger, Steuer Wirtschaft International 2011, 95; Micker, IWB 2011, 61; Gosch, BFH/PR 2011, 241; s.a. Musil in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, a.a.O., § 2 AO Rz 234; anders Neyer/Schlepper, FR 2011, 648).

21

bb) Das aber ist hier der Fall. Der Abkommenstext belässt aus den unter I.2. beschriebenen Gründen für die Frage der Besteuerungszuordnung von Abfindungen an ehemals nichtselbständig tätige Arbeitnehmer keine Spielräume. Und daran ändert auch das in § 2 Abs. 2 Satz 1 AO n.F. qualifizierte zusätzliche Ermächtigungsziel nichts, doppelte Nichtbesteuerungen zu vermeiden. Das mag --in Einklang mit "neuerem Abkommensdenken" der OECD-- das eine oder andere neuere Doppelbesteuerungsabkommen bezwecken, und das findet sich jetzt denn auch in der (ministeriellen) "Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen", BMF-Schreiben vom 17. April 2013, Stand: 22. August 2013 (abgedruckt in IStR, Beihefter 10/2013 unter II. und berichtigt in IStR 2013, 440) wieder. Dieser Paradigmenwechsel aber hat im DBA-Schweiz 1971, das allein die Freistellungsmethode anwendet und damit vorbehaltlos auf eine virtuelle Doppelbesteuerung abhebt (ständige Spruchpraxis, deutlich z.B. Senatsurteil vom 24. August 2011 I R 46/10, BFHE 234, 339, BStBl II 2014, 764), (noch) keinen Niederschlag gefunden. Durch § 24 Abs. 1 KonsVerCHEV wird indessen genau das sinn- und zweckverändert. Der Regelung käme der Charakter einer Rückfallklausel zu, die im Abkommen nicht angelegt ist, diesem vielmehr widerspricht (Lehner, IStR 2011, 733, 736, dort auch spezifisch für die Situation der Abfindungszahlung an ehemalige Arbeitnehmer). § 2 Abs. 2 AO n.F. ermächtigt jedoch nicht zu Ergänzungen vereinbarter Abkommen; hierzu bedarf es vielmehr der abermaligen Zustimmung des nationalen Parlaments (Lehner, IStR 2011, 733, 735). Solange diese Zustimmung fehlt, bleibt "die Grenzziehung zwischen Auslegung und einer an den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG scheiternden Lückenschließung (...)", darin ist Lehner (IStR 2011, 733, 739) uneingeschränkt beizupflichten, "Aufgabe der Judikative".

22

b) Lassen sich die vorbenannten Mängel nicht ausräumen, ist die Rechtsverordnung zu verwerfen. Dazu sind die Fachgerichte und damit der Senat befugt (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 12. Dezember 1984  1 BvR 1249/83, 1 BvR 1745/83, 1 BvR 1746/83, 1 BvR 1752/83, 1 BvR 1753/83, 1 BvR 1757/83, 1 BvR 1769/83, 1 BvR 1719/83, 1 BvR 1720/83, BVerfGE 68, 319, BVerfGE 68, 319, 325; BVerfG-Urteil vom 18. Dezember 1985  2 BvR 1167/84, 2 BvR 1185/84, 2 BvR 1636/84, 2 BvR 308/85, 2 BvQ 18/84, BVerfGE 71, 305, 337; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 2 AO Rz 43g, m.w.N.), und so geschieht es denn auch im Streitfall.

23

6. Unabhängig von diesen Erwägungen scheitert die erstrebte Verbindlichkeit für das Streitjahr auch daran, dass die verwaltungsseitig vorgegebene Auslegung nach § 26 KonsVerCHEV erstmals mit Wirkung vom 23. Dezember 2010 gilt, nicht aber für den bis dahin abgelaufenen Teil des Jahres 2010.

24

a) Der Senat legt seiner Auslegung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in ebenfalls ständiger Spruchpraxis aus zeitlicher Sicht einen sog. statischen, keinen sog. dynamischen Auslegungsmodus zugrunde (vgl. z.B. Senatsurteile vom 16. Januar 2014 I R 30/12, BFHE 244, 354, BStBl II 2014, 721; vom 9. Februar 2011 I R 54, 55/10, BFHE 232, 476, BStBl II 2012, 106; vom 25. Mai 2011 I R 95/10, BFHE 234, 63; vom 8. Dezember 2010 I R 92/09, BFHE 232, 137, BStBl II 2011, 488; vom 23. September 2008 I R 57/07, BFH/NV 2009, 390; Senatsbeschluss vom 19. Mai 2010 I B 191/09, BFHE 229, 322, BStBl II 2011, 156, jeweils m.w.N.). Eine Verwaltungspraxis, welche sich erst nach Inkrafttreten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bildet, wirkt auf die Auslegung des Abkommens prinzipiell nicht zurück. Das gilt in erster Linie für Verwaltungsverlautbarungen, wie beispielsweise die Musterkommentierung der OECD zu deren Musterabkommen. Das gilt aber auch für bilaterale Konsultationsvereinbarungen. Abermals hindert Art. 31 WÜRV ein solches Verständnis nicht: Ein Vertrag ist danach nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seiner Bestimmung in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Außer dem bei der Auslegung zu berücksichtigenden und in Art. 31 Abs. 2 WÜRV näher beschriebenen systematischen "Zusammenhang" sind nach Art. 31 Abs. 3 WÜRV in gleicher Weise zu berücksichtigen: a) jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrages oder die Anwendung seiner Bestimmungen sowie b) jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrages, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht. So gesehen kann ein übereinstimmendes Abkommensverständnis und eine gemeinsame "Übung" der beteiligten Finanzverwaltungen für eine Abkommensauslegung bedeutsam sein (s. z.B. Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 I R 81/04, BFHE 215, 237, BStBl II 2010, 778, sowie I R 18/04, BFH/NV 2007, 875, beide zu leitenden Angestellten als sog. Grenzgänger i.S. von Art. 15 Abs. 4, Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992), das aber immer nur insofern, als sie nicht dem Wortlaut des Abkommens zuwiderläuft (vgl. Senatsurteil vom 27. August 2008 I R 64/07, BFHE 222, 553, BStBl II 2009, 97). Abgesehen davon, dass das Wiener Übereinkommen (nach dessen Art. 4) ohnehin nur auf Verträge Anwendung findet, die von Staaten geschlossen werden, nachdem das Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist --und damit, ohne dass dem weiter nachzugehen wäre, nach Lage der Dinge nicht für das DBA-Schweiz 1971--, erzwingen auch diese Grundsätze eine Regelungsauslegung also immer nur nach Maßgabe jenes Wortlauts.

25

b) Und das gilt auch hier. Dass die neuerliche Konsultationsvereinbarung inhaltlich im Kern bloß auf der vorangegangenen Verständigungsvereinbarung aus dem Jahre 1992 aufsetzt, ist unbeachtlich. Denn jene Vereinbarung erfüllte die nötigen rechtsstaatlichen Anforderungen einer Auslegungsverbindlichkeit, wie beschrieben, von vornherein nicht. Auch ist es unbeachtlich, dass die Einkommensteuer für das Streitjahr erst am 31. Dezember 2010 entsteht (vgl. § 25 Abs. 1 EStG 2009), mithin nach dem in § 25 KonsVerCHEV bestimmten Anwendungszeitpunkt für die deutsch-schweizerische Konsultationsverordnung am 1. Januar 2010, welcher wiederum seinerseits in Einklang mit Art. 97 § 1 Abs. 9 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (EGAO n.F.) steht; Rechtsverordnungen aufgrund des § 2 Abs. 2 AO n.F. können danach mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum 2010 erlassen werden, sofern die dem Bundesrat zugeleitete Rechtsverordnung vor dem 1. Januar 2011 als Bundesratsdrucksache veröffentlicht worden ist, was hier der Fall ist (s. Bundesrats-Drucksache 716/10 vom 5. November 2010). Das alles mag vor dem Hintergrund des gängigen Verfassungsverständnisses in Deutschland jedenfalls nicht unbedingt einen Verstoß gegen das grundgesetzliche Rückwirkungsverbot auslösen (vgl. grundlegend z.B. BVerfG-Beschluss vom 10. Oktober 2012  1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932, m.w.N.; s.a. --bezogen auf Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und deren Überleitung in nationales Recht-- BVerfG-Beschluss vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, BStBl II 1986, 628; insoweit konkret bezogen auf § 2 Abs. 2 AO n.F. einerseits Bisle, IWB 2010, 794; Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 2 AO Rz 337; andererseits Nacke, DB 2010, 1149; s. eingehend zum Problem auch Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 2 AO Rz 43d, m.w.N.). Für die Rechtsauslegung des Abkommenstextes bleibt das aber ohne Bedeutung, weil sich die Abkommensauslegung einem einseitigen vertragsstaatlichen Zugriff entzieht, wenn dieser Zugriff zeitlich nach dem zu beurteilenden tatsächlichen Lebenssachverhalt liegt. So liegt es hier, weil die in Rede stehende deutsch-schweizerische Konsultationsvereinbarung als solche in Gestalt der Konsultationsverordnung erst am 23. Dezember 2010 in Kraft getreten ist. Maßgebender Anwendungszeitpunkt für die abkommensüberschreibende Konsultationsvereinbarung kann immer nur der Zeitpunkt sein, in welchem eine solche Vereinbarung tatsächlich in der verfassungsrechtlich gebotenen Form in innerstaatliches Recht umgesetzt worden ist. Rückwirkende Anwendungsanordnungen vertragen sich damit nicht und scheiden aus. Insofern gilt nichts anderes als für das Abkommen als solches, für das Art. 32 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971 den Anwendungszeitpunkt für das Jahr bestimmt, das dem Jahr folgt, in welchem das Abkommen infolge Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten ist (oder neuerlich auch in der bereits zitierten ministeriellen "Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen" vom 17. April 2013, nach deren Art. 31 Abs. 1 und 2 der Anwendungszeitpunkt des ratifizierten Abkommens auf den 1. Januar desjenigen Kalenderjahres justiert wird, das dem Jahr folgt, in welchem das Abkommen infolge Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten ist). Nur so kann sichergestellt werden, dass das bilateral Vereinbarte in beiden Vertragsstaaten zu ein- und demselben Zeitpunkt anzuwenden ist und genau diejenige Gefahr einer doppelten Besteuerung, ggf. auch doppelten Nichtbesteuerung, vermieden wird, der es nach den Absichten der vereinbarungsbeteiligten Vertragsstaaten (auch) bei einer abkommensverändernden Konsultationsvereinbarung entgegenzutreten gilt (s. zu alledem auch Gosch in Kaeser [Hrsg.], Festgabe für F. Wassermeyer, 2015, Stichwort 29, dort unter III.).

26

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2, § 136 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung.

(1) Die Einkommensteuer entsteht, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Veranlagungszeitraums.

(2) Auf die Einkommensteuer werden angerechnet:

1.
die für den Veranlagungszeitraum entrichteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen (§ 37);
2.
die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer, soweit sie entfällt auf
a)
die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte oder
b)
die nach § 3 Nummer 40 dieses Gesetzes oder nach § 8b Absatz 1, 2 und 6 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleibenden Bezüge
und keine Erstattung beantragt oder durchgeführt worden ist.2Die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer wird nicht angerechnet, wenn die in § 45a Absatz 2 oder Absatz 3 bezeichnete Bescheinigung nicht vorgelegt worden ist oder die Angaben gemäß § 45a Absatz 2a nicht übermittelt worden sind.3Soweit der Steuerpflichtige einen Antrag nach § 32d Absatz 4 oder Absatz 6 stellt, ist es für die Anrechnung ausreichend, wenn die Bescheinigung auf Verlangen des Finanzamts vorgelegt wird.4In den Fällen des § 8b Absatz 6 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes ist es für die Anrechnung ausreichend, wenn die Bescheinigung nach § 45a Absatz 2 und 3 vorgelegt wird, die dem Gläubiger der Kapitalerträge ausgestellt worden ist.5In den Fällen des § 2 Absatz 7 Satz 3 ist auch die durch Steuerabzug im Kalenderjahr des Wechsels von der unbeschränkten zur beschränkten Einkommensteuerpflicht erhobene Einkommensteuer anzurechnen, die auf Einkünfte entfällt, die weder der unbeschränkten noch der beschränkten Steuerpflicht unterliegen; § 37 Absatz 2 der Abgabenordnung findet insoweit keine Anwendung;
3.
die nach § 10 des Forschungszulagengesetzes festgesetzte Forschungszulage.2Das gilt auch für die gesondert und einheitlich festgestellte Forschungszulage;
4.
in den Fällen des § 32c Absatz 1 Satz 2 der nicht zum Abzug gebrachte Unterschiedsbetrag, wenn dieser höher ist als die tarifliche Einkommensteuer des letzten Veranlagungszeitraums im Betrachtungszeitraum.

(3)1Die Steuerbeträge nach Absatz 2 Nummer 2 sind auf volle Euro aufzurunden.2Bei den durch Steuerabzug erhobenen Steuern ist jeweils die Summe der Beträge einer einzelnen Abzugsteuer aufzurunden.

(4)1Wenn sich nach der Abrechnung ein Überschuss zuungunsten des Steuerpflichtigen ergibt, hat der Steuerpflichtige (Steuerschuldner) diesen Betrag, soweit er den fällig gewordenen, aber nicht entrichteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen entspricht, sofort, im Übrigen innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten (Abschlusszahlung).2Wenn sich nach der Abrechnung ein Überschuss zugunsten des Steuerpflichtigen ergibt, wird dieser dem Steuerpflichtigen nach Bekanntgabe des Steuerbescheids ausgezahlt.3Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind, wirkt die Auszahlung an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten.

(5)1Die festgesetzte Steuer, die auf den Aufgabegewinn nach § 16 Absatz 3a und den durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart erzielten Gewinn entfällt, kann auf Antrag des Steuerpflichtigen in fünf gleichen Jahresraten entrichtet werden, wenn die Wirtschaftsgüter einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums zuzuordnen sind, sofern durch diese Staaten Amtshilfe entsprechend oder im Sinne der Amtshilferichtlinie gemäß § 2 Absatz 11 des EU-Amtshilfegesetzes und gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung im Sinne der Beitreibungsrichtlinie einschließlich der in diesem Zusammenhang anzuwendenden Durchführungsbestimmungen in den für den jeweiligen Veranlagungszeitraum geltenden Fassungen oder eines entsprechenden Nachfolgerechtsakts geleistet werden.2Die erste Jahresrate ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten; die übrigen Jahresraten sind jeweils am 31. Juli der Folgejahre fällig.3Die Jahresraten sind nicht zu verzinsen; sie sollen in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden.4Die noch nicht entrichtete Steuer wird innerhalb eines Monats nach Eintritt eines der nachfolgenden Ereignisse fällig,

1.
soweit ein Wirtschaftsgut im Sinne des Satzes 1 veräußert, entnommen, in andere als die in Satz 1 genannten Staaten verlagert oder verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt wird,
2.
wenn der Betrieb oder Teilbetrieb während dieses Zeitraums eingestellt, veräußert oder in andere als die in Satz 1 genannten Staaten verlegt wird,
3.
wenn der Steuerpflichtige aus der inländischen unbeschränkten Steuerpflicht oder der unbeschränkten Steuerpflicht in den in Satz 1 genannten Staaten ausscheidet oder in einem anderen als den in Satz 1 genannten Staaten ansässig wird,
4.
wenn der Steuerpflichtige Insolvenz anmeldet oder abgewickelt wird oder
5.
wenn der Steuerpflichtige seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit den Ratenzahlungen nicht nachkommt und über einen angemessenen Zeitraum, der zwölf Monate nicht überschreiten darf, keine Abhilfe für seine Situation schafft; Satz 2 bleibt unberührt.
5Ändert sich die festgesetzte Steuer, sind die Jahresraten entsprechend anzupassen.6Der Steuerpflichtige hat der zuständigen Finanzbehörde jährlich mit der Steuererklärung oder, sofern keine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht, zum 31. Juli anzuzeigen, ob die Voraussetzungen für die Ratenzahlung weiterhin erfüllt sind; kommt er dieser Anzeigepflicht oder seinen sonstigen Mitwirkungspflichten im Sinne des § 90 der Abgabenordnung nicht nach, werden die noch nicht entrichteten Jahresraten rückwirkend zum 1. August des vorangegangenen Jahres fällig, frühestens aber einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids.7Unbeschadet des Satzes 6 hat der Steuerpflichtige den Eintritt eines Ereignisses nach Satz 4 der zuständigen Finanzbehörde unverzüglich anzuzeigen.8Unterliegt der Steuerpflichtige einer Erklärungspflicht, kann die Anzeige auf Grund eines Ereignisses nach Satz 4 Nummer 1 abweichend von der in Satz 7 genannten Frist mit der nächsten Steuererklärung erfolgen.

(1) Die Anrechnung von Abzugsteuer bei der Veranlagung erfolgt jedoch nur, wenn eine gesonderte Steuerbescheinigung oder ein Steuerausweis auf dem Lohnausweis über die einbehaltene Abzugsteuer vorgelegt wird. Dieser Nachweis ist auf Verlangen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber auszustellen. Ohne die Bescheinigung nach Satz 1 kann auch bei Schätzungsveranlagungen eine Abzugsteuer nicht berücksichtigt werden.

(2) Behält der Arbeitgeber bei einem Grenzgänger Quellensteuer von mehr als 4,5 Prozent der Bruttovergütungen ein, erfolgt nur eine Anrechnung der Abzugsteuer in Höhe von 4,5 Prozent der Bruttovergütungen. Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend. Eine Erstattung zu viel einbehaltener schweizerischer Steuer ist in Deutschland nicht möglich.

(1)1Hat ein zeitweise oder während des gesamten Veranlagungszeitraums unbeschränkt Steuerpflichtiger oder ein beschränkt Steuerpflichtiger, auf den § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 Anwendung findet,

1.
a)
Arbeitslosengeld, Teilarbeitslosengeld, Zuschüsse zum Arbeitsentgelt, Kurzarbeitergeld, Insolvenzgeld, Übergangsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch; Insolvenzgeld, das nach § 170 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch einem Dritten zusteht, ist dem Arbeitnehmer zuzurechnen,
b)
Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Verletztengeld, Übergangsgeld oder vergleichbare Lohnersatzleistungen nach dem Fünften, Sechsten oder Siebten Buch Sozialgesetzbuch, der Reichsversicherungsordnung, dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte oder dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte,
c)
Mutterschaftsgeld, Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, die Sonderunterstützung nach dem Mutterschutzgesetz sowie den Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften,
d)
Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
e)
Entschädigungen für Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045),
f)
Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld nach dem Bundesversorgungsgesetz,
g)
nach § 3 Nummer 28 steuerfreie Aufstockungsbeträge oder Zuschläge sowie nach § 3 Nummer 28a steuerfreie Zuschüsse,
h)
Leistungen an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 5 des Unterhaltssicherungsgesetzes,
i)
nach § 3 Nummer 60 steuerfreie Anpassungsgelder,
j)
Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz,
k)
nach § 3 Nummer 2 Buchstabe e steuerfreie Leistungen, wenn vergleichbare Leistungen inländischer öffentlicher Kassen nach den Buchstaben a bis j dem Progressionsvorbehalt unterfallen, oder
2.
ausländische Einkünfte, die im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben; dies gilt nur für Fälle der zeitweisen unbeschränkten Steuerpflicht einschließlich der in § 2 Absatz 7 Satz 3 geregelten Fälle; ausgenommen sind Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen im Sinne der Nummer 4 steuerfrei sind und die nach diesem Übereinkommen nicht unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer stehen,
3.
Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind,
4.
Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer steuerfrei sind,
5.
Einkünfte, die bei Anwendung von § 1 Absatz 3 oder § 1a oder § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 im Veranlagungszeitraum bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens unberücksichtigt bleiben, weil sie nicht der deutschen Einkommensteuer oder einem Steuerabzug unterliegen; ausgenommen sind Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen im Sinne der Nummer 4 steuerfrei sind und die nach diesem Übereinkommen nicht unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer stehen,
bezogen, so ist auf das nach § 32a Absatz 1 zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden.2Satz 1 Nummer 3 gilt nicht für Einkünfte
1.
aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsstätte,
2.
aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen gewerblichen Betriebsstätte, die nicht die Voraussetzungen des § 2a Absatz 2 Satz 1 erfüllt,
3.
aus der Vermietung oder der Verpachtung von unbeweglichem Vermögen oder von Sachinbegriffen, wenn diese in einem anderen Staat als in einem Drittstaat belegen sind, oder
4.
aus der entgeltlichen Überlassung von Schiffen, sofern diese ausschließlich oder fast ausschließlich in einem anderen als einem Drittstaat eingesetzt worden sind, es sei denn, es handelt sich um Handelsschiffe, die
a)
von einem Vercharterer ausgerüstet überlassen oder
b)
an in einem anderen als in einem Drittstaat ansässige Ausrüster, die die Voraussetzungen des § 510 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs erfüllen, überlassen oder
c)
insgesamt nur vorübergehend an in einem Drittstaat ansässige Ausrüster, die die Voraussetzungen des § 510 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs erfüllen, überlassen
worden sind, oder
5.
aus dem Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder der Übertragung eines zu einem Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts im Sinne der Nummern 3 und 4.
3§ 2a Absatz 2a und § 15b sind sinngemäß anzuwenden.

(1a) Als unmittelbar von einem unbeschränkt Steuerpflichtigen bezogene ausländische Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 gelten auch die ausländischen Einkünfte, die eine Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder des § 17 des Körperschaftsteuergesetzes bezogen hat und die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind, in dem Verhältnis, in dem dem unbeschränkt Steuerpflichtigen das Einkommen der Organgesellschaft bezogen auf das gesamte Einkommen der Organgesellschaft im Veranlagungszeitraum zugerechnet wird.

(2)1Der besondere Steuersatz nach Absatz 1 ist der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Absatz 1 zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um

1.
im Fall des Absatzes 1 Nummer 1 die Summe der Leistungen nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags (§ 9a Satz 1 Nummer 1), soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar ist;
2.
im Fall des Absatzes 1 Nummer 2 bis 5 die dort bezeichneten Einkünfte, wobei die darin enthaltenen außerordentlichen Einkünfte mit einem Fünftel zu berücksichtigen sind.2Bei der Ermittlung der Einkünfte im Fall des Absatzes 1 Nummer 2 bis 5
a)
ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a) abzuziehen, soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar ist;
b)
sind Werbungskosten nur insoweit abzuziehen, als sie zusammen mit den bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbaren Werbungskosten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a) übersteigen;
c)
sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.2§ 4 Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend.

(3)1Nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung haben die Träger der Sozialleistungen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 für jeden Leistungsempfänger der für seine Besteuerung nach dem Einkommen zuständigen Finanzbehörde neben den nach § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung erforderlichen Angaben die Daten über die im Kalenderjahr gewährten Leistungen sowie die Dauer des Leistungszeitraums zu übermitteln, soweit die Leistungen nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben sind (§ 41b Absatz 1 Satz 2 Nummer 5); § 41b Absatz 2 und § 22a Absatz 2 gelten entsprechend.2Die mitteilungspflichtige Stelle hat den Empfänger der Leistungen auf die steuerliche Behandlung dieser Leistungen und seine Steuererklärungspflicht hinzuweisen.3In den Fällen des § 170 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gilt als Empfänger des an Dritte ausgezahlten Insolvenzgeldes der Arbeitnehmer, der seinen Arbeitsentgeltanspruch übertragen hat.

(4)1In den Fällen des Absatzes 3 ist für die Anwendung des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung das Betriebsstättenfinanzamt des Trägers der jeweiligen Sozialleistungen zuständig.2Sind für ihn mehrere Betriebsstättenfinanzämter zuständig oder hat er keine Betriebsstätte im Sinne des § 41 Absatz 2, so ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich seine Geschäftsleitung nach § 10 der Abgabenordnung im Inland befindet.

(5) Die nach Absatz 3 übermittelten Daten können durch das nach Absatz 4 zuständige Finanzamt bei den für die Besteuerung der Leistungsempfänger nach dem Einkommen zuständigen Finanzbehörden abgerufen und zur Anwendung des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung verarbeitet werden.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Einkommensteuer wird bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des Steuerabzugs erhoben

1.
bei Einkünften, die durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einkünfte zufließen (§ 49 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 und 9), es sei denn, es handelt sich um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die bereits dem Steuerabzug vom Arbeitslohn nach § 38 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 unterliegen,
2.
bei Einkünften aus der inländischen Verwertung von Darbietungen im Sinne der Nummer 1 (§ 49 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 und 6),
3.
bei Einkünften, die aus Vergütungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten, insbesondere von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten, von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Beispiel Plänen, Mustern und Verfahren, herrühren, sowie bei Einkünften, die aus der Verschaffung der Gelegenheit erzielt werden, einen Berufssportler über einen begrenzten Zeitraum vertraglich zu verpflichten (§ 49 Absatz 1 Nummer 2, 3, 6 und 9),
4.
bei Einkünften, die Mitgliedern des Aufsichtsrats, Verwaltungsrats oder anderen mit der Überwachung der Geschäftsführung von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne des § 1 des Körperschaftsteuergesetzes beauftragten Personen sowie von anderen inländischen Personenvereinigungen des privaten und öffentlichen Rechts, bei denen die Gesellschafter nicht als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind, für die Überwachung der Geschäftsführung gewährt werden (§ 49 Absatz 1 Nummer 3).

(2)1Der Steuerabzug beträgt 15 Prozent, in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 beträgt er 30 Prozent der gesamten Einnahmen.2Vom Schuldner der Vergütung ersetzte oder übernommene Reisekosten gehören nur insoweit zu den Einnahmen, als die Fahrt- und Übernachtungsauslagen die tatsächlichen Kosten und die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand die Pauschbeträge nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 5 übersteigen.3Bei Einkünften im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 wird ein Steuerabzug nicht erhoben, wenn die Einnahmen je Darbietung 250 Euro nicht übersteigen.

(3)1Der Schuldner der Vergütung kann von den Einnahmen in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1, 2 und 4 mit ihnen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen, die ihm ein beschränkt Steuerpflichtiger in einer für das Bundeszentralamt für Steuern nachprüfbaren Form nachgewiesen hat oder die vom Schuldner der Vergütung übernommen worden sind.2Das gilt nur, wenn der beschränkt Steuerpflichtige Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Staates ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.3Es gilt entsprechend bei einer beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 32 Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes.4In diesen Fällen beträgt der Steuerabzug von den nach Abzug der Betriebsausgaben oder Werbungskosten verbleibenden Einnahmen (Nettoeinnahmen), wenn

1.
Gläubiger der Vergütung eine natürliche Person ist, 30 Prozent,
2.
Gläubiger der Vergütung eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse ist, 15 Prozent.

(4)1Hat der Gläubiger einer Vergütung seinerseits Steuern für Rechnung eines anderen beschränkt steuerpflichtigen Gläubigers einzubehalten (zweite Stufe), kann er vom Steuerabzug absehen, wenn seine Einnahmen bereits dem Steuerabzug nach Absatz 2 unterlegen haben.2Wenn der Schuldner der Vergütung auf zweiter Stufe Betriebsausgaben oder Werbungskosten nach Absatz 3 geltend macht, die Veranlagung nach § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 beantragt oder die Erstattung der Abzugsteuer nach § 50c Absatz 3 oder einer anderen Vorschrift beantragt, hat er die sich nach Absatz 2 oder Absatz 3 ergebende Steuer zu diesem Zeitpunkt zu entrichten; Absatz 5 gilt entsprechend.

(5)1Die Steuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung dem Gläubiger zufließt.2In diesem Zeitpunkt hat der Schuldner der Vergütung den Steuerabzug für Rechnung des Gläubigers (Steuerschuldner) vorzunehmen.3Er hat die innerhalb eines Kalendervierteljahres einzubehaltende Steuer jeweils bis zum zehnten des dem Kalendervierteljahr folgenden Monats beim Bundeszentralamt für Steuern anzumelden und die einbehaltene Steuer an das Bundeszentralamt für Steuern abzuführen.4Eine Anmeldungsverpflichtung beim Bundeszentralamt für Steuern besteht auch, wenn ein Steuerabzug auf Grund des Absatzes 2 Satz 3 oder des Absatzes 4 Satz 1 nicht vorzunehmen ist oder auf Grund des § 50c Absatz 2 nicht oder nicht in voller Höhe vorzunehmen ist; Satz 3 gilt insoweit entsprechend.5Der Schuldner der Vergütung haftet für die Einbehaltung und Abführung der Steuer.6Der Steuerschuldner kann in Anspruch genommen werden, wenn der Schuldner der Vergütung den Steuerabzug nicht vorschriftsmäßig vorgenommen hat.7Der Schuldner der Vergütung ist verpflichtet, dem Gläubiger auf Verlangen die folgenden Angaben nach amtlich vorgeschriebenem Muster zu bescheinigen:

1.
den Namen und die Anschrift des Gläubigers,
2.
die Art der Tätigkeit und Höhe der Vergütung in Euro,
3.
den Zahlungstag,
4.
den Betrag der einbehaltenen und abgeführten Steuer nach Absatz 2 oder Absatz 3.

(6) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass bei Vergütungen für die Nutzung oder das Recht auf Nutzung von Urheberrechten (Absatz 1 Nummer 3), die nicht unmittelbar an den Gläubiger, sondern an einen Beauftragten geleistet werden, anstelle des Schuldners der Vergütung der Beauftragte die Steuer einzubehalten und abzuführen hat und für die Einbehaltung und Abführung haftet.

(7)1Das Finanzamt des Vergütungsgläubigers kann anordnen, dass der Schuldner der Vergütung für Rechnung des Gläubigers (Steuerschuldner) die Einkommensteuer von beschränkt steuerpflichtigen Einkünften, soweit diese nicht bereits dem Steuerabzug unterliegen, im Wege des Steuerabzugs einzubehalten und abzuführen hat, wenn dies zur Sicherung des Steueranspruchs zweckmäßig ist.2Der Steuerabzug beträgt 25 Prozent der gesamten Einnahmen, bei Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen 15 Prozent der gesamten Einnahmen; das Finanzamt kann die Höhe des Steuerabzugs hiervon abweichend an die voraussichtlich geschuldete Steuer anpassen.3Absatz 5 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Steuer bei dem Finanzamt anzumelden und abzuführen ist, das den Steuerabzug angeordnet hat; das Finanzamt kann anordnen, dass die innerhalb eines Monats einbehaltene Steuer jeweils bis zum zehnten des Folgemonats anzumelden und abzuführen ist.4§ 50 Absatz 2 Satz 1 ist nicht anzuwenden.5Ist für Einkünfte im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 7 und 10 der Steuerabzug einbehalten und abgeführt worden, obwohl eine Verpflichtung hierzu nicht bestand, ist auf Antrag des Schuldners der Vergütung die Anmeldung über den Steuerabzug insoweit zu ändern; stattdessen kann der Schuldner der Vergütung, sobald er erkennt, dass er den Steuerabzug ohne Verpflichtung einbehalten und abgeführt hat, bei der folgenden Steueranmeldung den abzuführenden Steuerabzug entsprechend kürzen; erstattungsberechtigt ist der Schuldner der Vergütung; die nach Absatz 5 Satz 6 erteilte Bescheinigung ist durch eine berichtigte Bescheinigung zu ersetzen und im Fall der Übermittlung in Papierform zurückzufordern.6Die Anrechnung der durch Steuerabzug erhobenen Einkommensteuer nach § 36 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a richtet sich nach der Höhe der in der Rentenbezugsmitteilung nach § 22a ausgewiesenen einbehaltenen Steuerabzugsbeträge.7Wird eine Rentenbezugsmitteilung wegen einbehaltener Steuerabzugsbeträge korrigiert, ist die Anrechnung insoweit nachzuholen oder zu ändern.

Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen. Die Finanzbehörde hat dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts zu übermitteln. Satz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
ein Verwaltungsakt nach § 129 der Abgabenordnung berichtigt wird oder
2.
ein Verwaltungsakt an die Stelle eines angefochtenen unwirksamen Verwaltungsakts tritt.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte gegenüber dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit Bescheid vom 9. September 1994 Schenkungsteuer in Höhe von 40.451 DM fest. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und beantragte eine Aussetzung der Vollziehung (AdV), die das FA ablehnte. Die nach einer Teilzahlung verbliebene Schenkungsteuerforderung in Höhe von 29.796 DM wurde zum 4. Juli 1995 mit dem Einkommensteuerguthaben 1993 verrechnet.

2

Am 26. bzw. 30. Oktober 1995 beantragte der Kläger beim Finanzgericht (FG) eine AdV des Schenkungsteuerbescheids. Das FA setzte am 27. März 2001 die Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids in Höhe von 29.796 DM vom Fälligkeitstag an aus. Dadurch erledigte sich das beim FG anhängige AdV-Verfahren.

3

Das Einspruchsverfahren wegen Schenkungsteuer endete mit Ergehen des Änderungsbescheids vom 1. Oktober 2004, in dem die Schenkungsteuer auf 10.655 DM herabgesetzt wurde. Das Schenkungsteuerguthaben von 29.796 DM (15.234,46 €) wurde im Oktober 2004 erstattet.

4

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 8. Oktober 2004, das im Betreff den geänderten Schenkungsteuerbescheid vom 1. Oktober 2004 auswies, beantragte der Kläger Prozesszinsen gemäß § 236 der Abgabenordnung (AO) für die Zeit vom 30. Oktober 1995 bis zum Erstattungstag im Oktober 2004. Das FA lehnte im Schreiben vom 26. Oktober 2004 den Antrag auf Zinsfestsetzung nach § 236 AO ab. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war nicht beigefügt.

5

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2004 begehrte der Kläger --unter Hinweis auf den Schenkungsteuerbescheid vom 1. Oktober 2004, seinen Antrag auf Zinsabrechnung vom 8. Oktober 2004 und das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004-- eine Zinsfestsetzung für die Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum Erstattungstag im Oktober 2004. Zur Begründung führte er unter Darstellung des Sachverhalts aus, dass das Einkommensteuerguthaben mit der Schenkungsteuerforderung verrechnet worden sei, obwohl über die Beschwerde gegen die Ablehnung der AdV des Schenkungsteuerbescheids noch nicht entschieden gewesen sei. Das Einkommensteuerguthaben hätte somit erstattet werden müssen. Da eine Erstattung erst im Jahr 2004 erfolgt sei, sei das Einkommensteuerguthaben auch gemäß § 233a AO zu verzinsen. Eine Verzinsung sei jedoch lediglich für die Zeit vom 1. April 1995 bis zum 30. Juni 1995 erfolgt.

6

Das FA lehnte den Antrag auf Zinsfestsetzung vom 23. November 2004 im Schreiben vom 3. Mai 2005 ab. Das Schreiben war nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.

7

Am 28. Juni 2005 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 23. November 2004 und das Schreiben des FA vom 3. Mai 2005 die Verzinsung des Einkommensteuerguthabens 1993 von 15.234,46 € (29.796 DM) für die Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum Erstattungstag im Oktober 2004. Mit Bescheid vom 21. Juli 2005 lehnte das FA die Festsetzung von Zinsen mit der Begründung ab, dass Erstattungszinsen zur Einkommensteuer 1993 nach § 233a AO festgesetzt worden seien und eine weiter gehende Zinsfestsetzung nach den Vorschriften der AO nicht in Betracht komme. Der Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2006 als unbegründet zurückgewiesen.

8

Mit der am 26. April 2007 beim FG eingegangenen Klage beantragte der Kläger, den Bescheid vom 21. Juli 2005 aufzuheben und das FA zu verpflichten, weitere Zinsen in Höhe von 8.426 € festzusetzen. Hilfsweise stellte er den Antrag festzustellen, dass es sich bei den Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 und vom 3. Mai 2005 nicht um Verwaltungsakte handelt. Die Klage wurde mangels eines Vorverfahrens als unzulässig abgewiesen. Das FG behandelte das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 als Klagegegenstand und legte dieses als Verwaltungsakt aus. Demgegenüber wurden weder die Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 und vom 28. Juni 2005 noch der Einspruch vom 18. August 2005 als Einsprüche gegen den Bescheid vom 26. Oktober 2004 verstanden. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage war nach Auffassung des FG ebenfalls unzulässig, weil es insoweit an einem Feststellungsinteresse des Klägers gefehlt habe.

9

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger Verfahrensfehler und Divergenz geltend.

10

Das FA beantragt, die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen statt durch Sachurteil zu entscheiden. Hierin liegt ein Verfahrensmangel, auf dem das angefochtene Urteil beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

12

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stellt es einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Juli 2009 VI B 44/09, BFH/NV 2009, 1822). In einem solchen Fall wird zugleich der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) verletzt (vgl. BFH-Beschluss vom 23. April 2009 X B 43/08, BFH/NV 2009, 1443, m.w.N.).

13

2. Im Streitfall hat das FG die Klage rechtsfehlerhaft als unzulässig abgewiesen, weil es das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 unzutreffend nicht als Einspruch gegen das als Ablehnungsbescheid gewertete Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 ausgelegt und deshalb entschieden hat, für die Klage fehle es nach § 44 FGO an einem Vorverfahren.

14

a) Das FG ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass Klagegegenstand --abweichend vom ausdrücklich gestellten Antrag des Klägers-- nicht der Bescheid des FA vom 21. Juli 2005 ist, sondern --entsprechend dem auf die Festsetzung von Prozesszinsen (§ 236 AO) gerichteten Klageziel des Klägers-- das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004, das vom FG als verbindliche Ablehnung einer Festsetzung von Prozesszinsen ausgelegt wurde. Soweit der Kläger als Verfahrensfehler rügt, das FG habe den Sachverhalt entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht vollständig berücksichtigt, weil im Bescheid vom 21. Juli 2005 eine "weitergehende" Zinsfestsetzung, also auch eine solche nach § 236 AO abgelehnt worden sei, kann das Urteil nicht darauf beruhen. Denn der gegen den Bescheid vom 21. Juli 2005 eingelegte Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2006 zurückgewiesen. Die am 26. April 2007 beim FG eingegangene Klage wäre, wenn sie sich gegen diese Einspruchsentscheidung gerichtet hätte, verspätet gewesen (vgl. § 47 Abs. 1 FGO) und damit unzulässig. Mit der Einspruchsentscheidung hat das FA nach § 367 Abs. 1 AO insgesamt über den vom Kläger eingelegten Einspruch vom 18. August 2005 entschieden. Die Möglichkeit, vorab über Teile des Einspruchs zu entscheiden, wurde erst mit Wirkung vom 19. Dezember 2006 eingeführt (vgl. § 367 Abs. 2a AO i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006, BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28). Ein noch offener Einspruch gegen den Bescheid vom 21. Juli 2005 wäre deshalb zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr beim FA anhängig gewesen.

15

Aus diesem Grund ist es nicht zu beanstanden, dass das FG als Klagegegenstand den Bescheid vom 26. Oktober 2004 angesehen hat.

16

b) Dem FG ist auch darin zu folgen, dass das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 als verbindliche Ablehnung einer Festsetzung von Prozesszinsen auszulegen war.

17

Die Auslegung der öffentlich-rechtlichen Willenserklärung einer Behörde bestimmt sich maßgeblich danach, wie der Adressat nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2008 IX R 64/06, BFH/NV 2008, 1676). Maßgebend ist ein "objektiver Verständnishorizont" (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juli 2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96). Dies gilt auch für die Frage, ob einer Erklärung Regelungscharakter zukommt. Nicht entscheidend ist, was die Finanzbehörde mit ihrer Entscheidung gewollt hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96, m.w.N.).

18

Nach dem objektiven Erklärungsinhalt konnte der Kläger das Schreiben des FA vom 26. Oktober 2004 dahin verstehen, dass damit sein Antrag auf Festsetzung von Prozesszinsen rechtsverbindlich abgelehnt wird. Dies ergibt sich daraus, dass ausdrücklich dem Antrag auf Zinsabrechnung nicht entsprochen und hierfür eine ausführliche Begründung gegeben wurde. Anhaltspunkte dafür, dass das Schreiben vom 26. Oktober 2004 eine lediglich unverbindliche Stellungnahme des FA sein könnte, sind nicht ersichtlich. Dem Schreiben war zwar keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung führt aber nur dazu, dass sich die Einspruchsfrist nach § 356 Abs. 2 AO verlängert.

19

c) Entgegen der Auffassung des FG ist jedoch das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 als Einspruch gegen den Bescheid vom 26. Oktober 2004 auszulegen.

20

Außerprozessuale Verfahrenserklärungen sind entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen. Dies gilt auch für Erklärungen rechtskundiger Personen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Oktober 2004 IX R 23/04, BFH/NV 2005, 325). Entscheidend ist, wie das FA als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert des Schreibens verstehen musste. Dabei ist bei auslegungsfähigen Rechtsbehelfen grundsätzlich davon auszugehen, der Steuerpflichtige habe denjenigen Rechtsbehelf einlegen wollen, der seinem materiell-rechtlichen Begehren am ehesten zum Erfolg verhilft (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1676). Die unrichtige Bezeichnung des Einspruchs allein schadet nach § 357 Abs. 1 Satz 4 AO nicht. Lässt deshalb die Äußerung eines Steuerpflichtigen ungewiss, ob er einen Rechtsbehelf einlegen will, so ist die Erklärung im Allgemeinen als Rechtsbehelf zu betrachten, um zugunsten des Steuerpflichtigen den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 325).

21

Im Streitfall entspricht es dem Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2002  1 BvR 476/01, BStBl II 2002, 835), das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. November 2004 als Einspruch auszulegen. Aus der Bezugnahme auf den Schenkungsteuerbescheid vom 1. Oktober 2004, den Antrag auf Zinsabrechnung vom 8. Oktober 2004 und das Schreiben vom 26. Oktober 2004 sowie aus dem Inhalt des Schreibens vom 23. November 2004 wird hinreichend deutlich, dass der Kläger weiterhin Zinsen für die verspätete Auszahlung des Guthabens von 15.234,46 € (29.796 DM) begehrt. Dem Schreiben kann nicht entnommen werden, dass ausschließlich eine Verzinsung gemäß § 233a AO beansprucht werden soll. Der Kläger verlangt vielmehr "auch" eine Verzinsung nach § 233a AO. Im Zusammenhang mit der Erweiterung des Zinszeitraumes (ab 1. Juli 1995) können die Ausführungen im Schreiben vom 23. November 2004 dahin verstanden werden, dass nach Auffassung des Klägers mehrere Rechtsgrundlagen für den geltend gemachten Zinsanspruch in Frage kommen. Die Auslegung des Schreibens als Einspruch entspricht daher dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 9. November 2005 I R 10/05, BFH/NV 2006, 750, m.w.N.).

22

Da das FA über diesen Einspruch ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes nicht in angemessener Frist entschieden hat, war die Klage gemäß § 46 Abs. 1 FGO abweichend von § 44 FGO ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig.

23

3. Der Senat hält es für angebracht, die Vorentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Damit erhält das FG die Gelegenheit, bezüglich der streitigen Zinsen eine Sachentscheidung zu treffen.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Über den Einspruch entscheidet die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, durch Einspruchsentscheidung. Ist für den Steuerfall nachträglich eine andere Finanzbehörde zuständig geworden, so entscheidet diese Finanzbehörde; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, hat die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen. Der Verwaltungsakt kann auch zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern. Einer Einspruchsentscheidung bedarf es nur insoweit, als die Finanzbehörde dem Einspruch nicht abhilft.

(2a) Die Finanzbehörde kann vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll.

(2b) Anhängige Einsprüche, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht abgeholfen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. Sachlich zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung ist die oberste Finanzbehörde. Die Allgemeinverfügung ist im Bundessteuerblatt und auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen zu veröffentlichen. Sie gilt am Tag nach der Herausgabe des Bundessteuerblattes, in dem sie veröffentlicht wird, als bekannt gegeben. Abweichend von § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung endet die Klagefrist mit Ablauf eines Jahres nach dem Tag der Bekanntgabe. § 63 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung gilt auch, soweit ein Einspruch durch eine Allgemeinverfügung nach Satz 1 zurückgewiesen wurde.

(3) Richtet sich der Einspruch gegen einen Verwaltungsakt, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, so entscheidet die zuständige Finanzbehörde über den Einspruch. Auch die für die zuständige Finanzbehörde handelnde Behörde ist berechtigt, dem Einspruch abzuhelfen.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören

1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;
1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen;
2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden;
3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers
a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen,
c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder
d)
in Form von Sanierungsgeldern;
Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich
a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder
b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
3Von Sonderzahlungen im Sinne des Satzes 2 zweiter Halbsatz Buchstabe b ist bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf nur auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach dem Wechsel die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Wechsels übersteigt.4Sanierungsgelder sind Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse anlässlich der Systemumstellung einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung auf der Finanzierungs- oder Leistungsseite, die der Finanzierung der zum Zeitpunkt der Umstellung bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften dienen; bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf ist nur von Sanierungsgeldern auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach der Systemumstellung die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt der Systemumstellung übersteigt.
2Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.

(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind

1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug
a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften,
b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
oder
2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
3Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr des
Versorgungs-
beginns
VersorgungsfreibetragZuschlag zum
Versorgungs-
freibetrag
in Euro
in % der
Versorgungs-
bezüge
Höchstbetrag
in Euro
bis 200540,03 000900
ab 200638,42 880864
200736,82 760828
200835,22 640792
200933,62 520756
201032,02 400720
201130,42 280684
201228,82 160648
201327,22 040612
201425,61 920576
201524,01 800540
201622,41 680504
201720,81 560468
201819,21 440432
201917,61 320396
202016,01 200360
202115,21 140342
202214,41 080324
202313,61 020306
202412,8960288
202512,0900270
202611,2840252
202710,4780234
20289,6720216
20298,8660198
20308,0600180
20317,2540162
20326,4480144
20335,6420126
20344,8360108
20354,030090
20363,224072
20372,418054
20381,612036
20390,86018
20400,000


4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005,
b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht.5Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminderten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.6Bei mehreren Versorgungsbezügen mit unterschiedlichem Bezugsbeginn bestimmen sich der insgesamt berücksichtigungsfähige Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach dem Jahr des Beginns des ersten Versorgungsbezugs.7Folgt ein Hinterbliebenenbezug einem Versorgungsbezug, bestimmen sich der Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag für den Hinterbliebenenbezug nach dem Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs.8Der nach den Sätzen 3 bis 7 berechnete Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gelten für die gesamte Laufzeit des Versorgungsbezugs.9Regelmäßige Anpassungen des Versorgungsbezugs führen nicht zu einer Neuberechnung.10Abweichend hiervon sind der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag neu zu berechnen, wenn sich der Versorgungsbezug wegen Anwendung von Anrechnungs-, Ruhens-, Erhöhungs- oder Kürzungsregelungen erhöht oder vermindert.11In diesen Fällen sind die Sätze 3 bis 7 mit dem geänderten Versorgungsbezug als Bemessungsgrundlage im Sinne des Satzes 4 anzuwenden; im Kalenderjahr der Änderung sind der höchste Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag maßgebend.12Für jeden vollen Kalendermonat, für den keine Versorgungsbezüge gezahlt werden, ermäßigen sich der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in diesem Kalenderjahr um je ein Zwölftel.

(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.

(1) Arbeitnehmer sind Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Arbeitnehmer sind auch die Rechtsnachfolger dieser Personen, soweit sie Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen.

(2) Ein Dienstverhältnis (Absatz 1) liegt vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber (öffentliche Körperschaft, Unternehmer, Haushaltsvorstand) seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

(3) Arbeitnehmer ist nicht, wer Lieferungen und sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Inland gegen Entgelt ausführt, soweit es sich um die Entgelte für diese Lieferungen und sonstigen Leistungen handelt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 14. März 2012  2 K 476/06 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Lohnsteuerhaftungsbescheids, ob Telefoninterviewer als Arbeitnehmer nichtselbständig tätig waren.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein Unternehmen im Bereich der Markt- und Meinungsforschung. Für sie waren im streitigen Zeitraum (Januar 1998 bis September 2002) u.a. zwischen 450 und 620 Interviewer tätig, die Befragungen per Telefon durchführten.

3

Die Klägerin stellte dazu den Telefoninterviewern in A 60 und in B 40 Computerarbeitsplätze in Büroräumen zur Verfügung. Dort führten die Telefoninterviewer die Interviews. Grundlage waren vorgegebene, an den Bildschirmen angezeigte Fragebögen, die Antworten wurden im Computersystem erfasst. Interviews dauerten, teilweise von einem sog. Supervisor überwacht, zwischen fünf und 25 Minuten. Die Interviewer waren zumeist in Zeitblöcken von je vier Stunden tätig. Vertragliche Grundlage der Tätigkeit war jeweils eine mit den Interviewern abgeschlossene sog. Rahmenvereinbarung; deren § 1 regelte, dass der Interviewer als freier Mitarbeiter tätig sei, sich die Tätigkeit nach dem Einzelauftrag richte und Honorarhöhe, Arbeitsumfang und Ablieferungstermin umfasse. § 2 regelte, dass die Tätigkeit eine freiberufliche Nebentätigkeit für das Markt– und Meinungsforschungsinstitut sei, der freie Mitarbeiter die vorgeschlagenen Interviewzeiten ablehnen könne und auch keinen zeitlichen Bindungen unterliege. In späteren Fassungen der Vereinbarung war auch noch ausdrücklich geregelt, dass der Interviewer sich für die Annahme von Aufträgen nicht bereithalten müsse, es keine Einsatzpläne gebe und zu den Öffnungszeiten beliebig kommen und gehen könne; Arbeitszeiten gebe es nicht, die vom Institut angegebenen Termine seien nur für übernommene Aufträge einzuhalten. Weiter regelte die Rahmenvereinbarung, dass die im Einzelfall durchzuführenden Interviews ein einheitliches Werk i.S. des § 631 des Bürgerlichen Gesetzbuchs seien. Die Honorare waren danach für jeden Einzelauftrag gesondert vereinbart und vom freien Mitarbeiter monatlich in Rechnung zu stellen. Der Ablauf des Interviews richtete sich nach festen durch ein Computerprogramm vorgegebenen Regeln.

4

Die Klägerin qualifizierte die Telefoninterviewer als selbständig Tätige und behielt deshalb für die ausgezahlten Honorare weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge ein.

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) qualifizierte dagegen nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung die für die Klägerin tätigen Telefoninterviewer als Arbeitnehmer und erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid über Lohnsteuer nebst Annexsteuern. Der Einspruch dagegen blieb insoweit erfolglos.

6

Die Klage war aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1650 veröffentlichen Gründen nur teilweise erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) gelangte in Bezug auf die im Revisionsverfahren allein noch streitige Haftungsinanspruchnahme für die Tätigkeit der Telefoninterviewer zu der Auffassung, dass die Telefoninterviewer Arbeitnehmer seien.

7

Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen und formellen Rechts.

8

Sie beantragt,
das Urteil des FG Köln vom 14. März 2012  2 K 476/06, den Haftungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis 30. September 2002 vom 10. Februar 2003 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 14. Dezember 2005 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 4. Januar 2006 aufzuheben.

9

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Gesamtwürdigung des FG berücksichtigt nicht vollständig die maßgeblichen Umstände, die für und gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses sprechen. Dies stellt einen materiell-rechtlichen Fehler dar. Das FG wird deshalb im zweiten Rechtsgang unter Einbeziehung aller entscheidungserheblichen Umstände nach Maßgabe der Urteilsgründe erneut den Sachverhalt zu würdigen haben.

11

1. Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 38 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und abzuführen hat. Zum Arbeitslohn rechnen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Gemäß § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG), die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) den Arbeitnehmerbegriff zutreffend auslegen, liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet.

12

Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (Senatsurteile vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661; vom 20. November 2008 VI R 4/06, BFHE 223, 425, BStBl II 2009, 374; jeweils m.w.N.).

13

Unter Beachtung dieser Bestimmung beurteilt sich die Frage, wer Arbeitnehmer ist, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661 zahlreiche Kriterien (Indizien) beispielhaft aufgeführt, die im Rahmen dieser Würdigung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse für die Abgrenzung Bedeutung haben können und im konkreten Einzelfall jeweils zu gewichten und gegeneinander abzuwägen sind. Diese Indizien stehen allerdings nicht für sich allein. Denn in die Würdigung ist insbesondere auch einzubeziehen, wie das der Beschäftigung zugrunde liegende Vertragsverhältnis ausgestaltet worden ist, sofern die Vereinbarungen ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt worden sind. Darauf hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661 ausdrücklich hingewiesen.

14

2. Gemessen daran hält die Vorentscheidung revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Es ist zwar eine im Wesentlichen vom FG als Tatsacheninstanz im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu entscheidende Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausgeübt wird. Dementsprechend ist die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar (Senatsurteil in BFHE 223, 425, BStBl II 2009, 374, II.1.a, m.w.N.). Es stellt allerdings einen materiell-rechtlichen Fehler dar, wenn die Tatsacheninstanz die nach der Rechtsprechung des BFH maßgeblichen Umstände nicht vollständig oder ihrer Bedeutung entsprechend in ihre Überzeugungsbildung einbezieht. Eine solche Gesamtwürdigung des FG ist rechtsfehlerhaft; sie bindet den Senat dementsprechend auch nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO (Senatsurteile vom 28. März 2012 VI R 87/10, BFHE 236, 553, BStBl II 2012, 800; vom 20. Mai 2010 VI R 12/08, BFHE 230, 136, BStBl II 2010, 1069).

15

So liegt der Fall hier. Denn in der Würdigung des FG fehlen wichtige Aspekte, die geeignet sind, die tatrichterliche Gesamtwürdigung zu beeinflussen. Darüber hinaus sind entscheidende Gesichtspunkte nicht ihrer Bedeutung entsprechend in die Abwägung eingeflossen. Angesichts dessen ist die vom FG angestellte Gesamtwürdigung rechtsfehlerhaft. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

16

a) Vereinbaren die Vertragsparteien eine Vergütung auf der Basis von Erfolgshonoraren, ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass kein lohnsteuerrechtlich erhebliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt, sofern diese Vereinbarung den tatsächlichen Verhältnissen nicht widerspricht. Diesen Umstand hat das FG nur unzureichend berücksichtigt. Das FG hat ein Unternehmerrisiko der Interviewer damit verneint, dass die Klägerin faktisch "ein begrenzt variables Stundenhonorar" gezahlt habe. Eine solche Würdigung verkennt indessen bereits, dass Stundenhonorare auch im Rahmen von selbständigen und gewerblichen Tätigkeiten durchaus üblich sind. So rechnen etwa selbständig tätige Handwerker ihre Leistungen regelmäßig auf Stundenbasis ab und auch selbständig tätige Rechtsanwälte stellen Honorare auf Stundenbasis in Rechnung (Senatsurteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661). Die Erwägung des FG, ein maßgebliches Unternehmerrisiko sei nicht darin zu sehen, dass es die jeweiligen Interviewer nach Maßgabe des Rahmenhonorars in der Hand gehabt hätten, durch mehr Befragungen pro Zeiteinheit ihr Honorar zu steigern, berücksichtigt nicht hinreichend, dass auch andere zweifelsohne selbständig Tätige ihre Einkünfte ebenfalls nur durch entsprechend zügigere oder zusätzliche Arbeit steigern können, etwa wenn es branchen- oder ortsübliche Stundenhonorarsätze gibt.

17

b) Nicht nachvollziehbar ist die Würdigung des FG, nach der das festgestellte Risiko eines möglichen Honorarausfalls bei einem Interviewabbruch kein Unternehmerrisiko darstelle. Denn ein möglicher Honorarausfall entspricht der typischen wirtschaftlichen Situation eines selbständig Tätigen, findet sich dagegen praktisch nicht bei Arbeitnehmern. Das mithin gegebene Unternehmerrisiko entfällt auch nicht dadurch, dass nach den Feststellungen der Vorinstanz in rund 90 % der Fälle die Interviews zu Ende geführt worden waren. Denn dies bedeutet zugleich, dass in 10 % der Fälle das Honorar ausgefallen war und es damit zu einem für Arbeitnehmer untypischen Vergütungsausfall kam.

18

c) Rechtsfehlerhaft hat das FG im Rahmen seiner Würdigung des Merkmals Unternehmerrisiko auch nicht die Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt, dass dann, wenn --wie im hier gegebenen Streitfall-- Auftragnehmer im Falle einer Erkrankung oder Urlaubsabwesenheit keine Aufträge ausführen und keine Einnahmen erzielen können, typischerweise keine Arbeitnehmertätigkeit vorliegt (Senatsurteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661). Entsprechendes gilt, wenn die Mitarbeiter --wie im Streitfall-- darüber hinaus sogar die Möglichkeit hatten, Aufträge abzulehnen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die betreffenden Mitarbeiter von dieser Möglichkeit in großem Umfang Gebrauch gemacht haben. Entscheidend ist vielmehr, ob sich dies aus den getroffenen Vereinbarungen ergibt und diese so tatsächlich auch vollzogen werden.

19

d) Des Weiteren lässt sich ein fehlendes Unternehmerrisiko entgegen der Auffassung des FG nicht daraus ableiten, dass die Interviewer nach der Rahmenvereinbarung ausschließlich im Rahmen einer Nebentätigkeit, also in nur geringem zeitlichen Umfang arbeiten sollten. Denn der Umfang des wirtschaftlichen Risikos richtet sich nicht nach dem Verhältnis der tatsächlichen zu der maximal möglichen gesamten Wochen- oder Monatsarbeitszeit; dementsprechend trägt auch ein ganztägig Beschäftigter nicht allein deshalb ein Unternehmerrisiko, weil er in Vollzeit tätig ist. Es ist im Streitfall auch nichts dazu festgestellt, dass die Klägerin arbeitgeberähnlich ein wirtschaftliches Risiko der Interviewer aufgefangen hätte. Zudem spricht ein geringer zeitlicher Umfang einer Tätigkeit nach der Rechtsprechung des Senats eher für eine selbständige als für eine nichtselbständige Tätigkeit, weil in den Fällen, in denen der Auftragnehmer jeweils nur kurz mit dem Betrieb des Auftragsgebers in Berührung kommt, die Eingliederung in den Betrieb fehlen kann (so schon Senatsurteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661, m.w.N.).

20

e) Auch die Würdigung, dass die Nichtgewährung von Sozialleistungen, insbesondere die Nichtgewährung von Lohnfortzahlungen im Urlaubs- und im Krankheitsfall nicht für die Selbständigkeit der Interviewer spreche, weil die Interviewer nur in Teilzeit im Rahmen einer Nebentätigkeit beschäftigt gewesen seien, findet in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats keine Grundlage. Vielmehr hat der erkennende Senat die Merkmale Urlaubsanspruch, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen und Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall als Merkmale, die für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen, beurteilt (Senatsurteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661); das entspricht auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 30. Oktober 2013 B 12 KR 17/11 R, juris, Rz 27 der Gründe).

21

3. Nachdem die Revision aus materiellen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung führt, kann offenbleiben, ob dem FG die von der Revision gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind (dazu Senatsurteil vom 11. Februar 2010 VI R 65/08, BFHE 228, 421, BStBl II 2010, 628, m.w.N.). Dies gilt auch im Hinblick auf das Revisionsvorbringen, dass das FG gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes verstoßen habe, indem es der Klägerin keine Gelegenheit gegeben habe, sich zu dem Inhalt der Schätzung zu äußern, wonach 40 % der Interviewer der Lohnsteuerklasse I und 10 % der Lohnsteuerklasse VI unterlegen hätten, dass 40 % ihre Zahlungen bereits versteuert hätten und 10 % als geringfügig Beschäftigte anzusehen seien. Entsprechendes gilt für das Vorbringen der Klägerin, dass es für die vom FG gewählte Aufteilung keinerlei tatsächliche Grundlagen gebe, das FG diese Aufteilung auch in keiner Weise begründet habe und deshalb das Urteil insoweit keine Begründung enthalte. Zur Frage der Darlegung und Begründung einer Schätzung verweist der Senat auf sein Urteil vom 29. Mai 2008 VI R 11/07 (BFHE 221, 182, BStBl II 2008, 933) zu einem vergleichbaren Fall. Danach müssen die Schätzergebnisse schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Weiter muss die finanzgerichtliche Entscheidung in einer für die Revisionsinstanz nachprüfbaren Weise erkennen lassen, dass die finanzgerichtliche Schätzung den Anforderungen an eine möglichst wirklichkeitsnahe Schätzung entspricht.

22

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

(1) (weggefallen)

(2) Bei Teilzeitbeschäftigten, die nur tageweise im anderen Staat beschäftigt sind, ist die Anzahl von 60 unschädlichen Tagen durch proportionale Kürzung herabzusetzen. Bezugsgrößen sind hierbei die im jeweiligen Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitstage zu den bei Vollzeitbeschäftigung betriebsüblichen Arbeitstagen. Bei einer 5-Tage-Woche ist von 250 betriebsüblichen Arbeitstagen, bei einer 6-Tage-Woche von 300 betriebsüblichen Arbeitstagen auszugehen. Urlaubstage sind bei beiden Rechengrößen aus Vereinfachungsgründen nicht abzuziehen.

(3) Die Berechnung der 60 Tage ist ebenso bei Arbeitnehmern, die im anderen Vertragsstaat bei mehreren Arbeitgebern angestellt sind, vorzunehmen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die inländische Steuerpflicht von im Ausland erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit.

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), die in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, wurden im Streitjahr (2004) als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin war als Prokuristin bei einer schweizerischen Bank angestellt und bezog aus diesem Arbeitsverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die in der Schweiz einem Quellensteuerabzug unterworfen wurden. Der Arbeitsort in der Schweiz war etwa 35 km vom Wohnort in Deutschland entfernt; die Klägerin nutzte für die Wegstrecke öffentliche Verkehrsmittel (Fahrtzeit ca. eine Stunde).

3

In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres deklarierten die Kläger aus diesem Arbeitsverhältnis steuerfreie (dem Progressionsvorbehalt unterliegende) Einkünfte in Höhe von 107.913 € unter Hinweis auf einen Lohnausweis des Arbeitgebers, eine Anlage "N-Gre-3", eine Bescheinigung des Arbeitgebers vom 19. Januar 2005 über die Nichtrückkehr an mehr als 60 Arbeitstagen mit einem Sichtvermerk des Kantonalen Steueramts vom 29. März 2005, sowie eine Einzelaufstellung der Nichtrückkehrtage ("Liste der Nächte 2004"). Nach dieser Aufstellung war die Klägerin an 93 Tagen aus beruflichen Gründen nicht an ihren inländischen Wohnsitz zurückgekehrt; die dort angeführten Tage und den Grund der langen Arbeitszeiten hatte die Klägerin bei einer Büroanwesenheit jeweils per E-Mail der Personalabteilung ihres Arbeitgebers mitgeteilt.

4

Zum Veranlagungszeitraum 2002 hatte die Klägerin dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) folgende Erläuterung abgegeben: Sie beginne ihre Arbeit regelmäßig zwischen 7:00 Uhr und 7:30 Uhr (spätestens um 7:45 Uhr) und sei häufig bis 22:00 Uhr, manchmal auch länger, tätig. Ihre Arbeitszeit werde nicht erfasst. Grund für diese langen Arbeitszeiten seien insbesondere die weltweiten Bankbeziehungen, insbesondere mit den USA und Japan, und die damit verbundenen Zeitverschiebungen. Eine Heimfahrt mit dem Zug sei ihr nach 22:00 Uhr nicht mehr zuzumuten, zumal sie bereits früh aufstehen müsse, um wieder rechtzeitig im Büro zu sein. Sie fahre mit der Bahn, obwohl ihr ein Geschäftswagen zur Verfügung stehe. Daher übernachte sie bei Bedarf in der Schweiz. Sie habe dort ein möbliertes Zimmer in der Wohnung ihrer volljährigen Tochter und zahle hierfür Miete. Das FA hatte daraufhin aus dem Blickwinkel der Bearbeitung der Steuersache für 2002 in einem Vermerk festgehalten: "Für die Folgejahre ist dafür Sorge zu tragen, dass die betrieblich bedingten Übernachtungen in A (Schweiz) nachgewiesen werden können. Dazu ist zumindest erforderlich, dass alle Übernachtungen dem Arbeitgeber bekanntgegeben werden, so dass dieser diese auch bestätigen kann."

5

Das FA berücksichtigte die Einkünfte der Klägerin im Streitjahr als steuerpflichtig, da sie Grenzgängerin sei; die Schweizer Abzugsteuer in Höhe von 5.488 € wurde auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet. Die Klage, mit der die Steuerfreistellung dieser Einkünfte beantragt worden war, war erfolgreich (Finanzgericht --FG-- Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 23. Oktober 2009  11 K 50/07).

6

Das FA rügt die Verletzung materiellen und formellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Klage abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat unzutreffend angenommen, dass die Klägerin nicht als Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 2 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1072, 519) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) --DBA-Schweiz 1992-- anzusehen ist; ihre Einkünfte aus der Tätigkeit in der Schweiz unterliegen vielmehr gemäß Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 der deutschen Einkommensteuer.

9

1. Nach Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 sind Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragstaat zu besteuern, in dem dieser ansässig ist. Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1992 ist jede in einem Vertragstaat ansässige Person, die im anderen Vertragstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1992). Nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 entfällt bei einer in einem Vertragstaat ansässigen Person die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn sie bei einer Beschäftigung im anderen Vertragstaat während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (sog. Nichtrückkehrtage).

10

2. Die Klägerin ist sog. Grenzgänger i.S. des Art. 15a DBA-Schweiz 1992, da sie nicht nachgewiesen hat, im Streitjahr die nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 für die Grenzgängereigenschaft unschädliche Höchstgrenze der sog. Nichtrückkehrtage überschritten zu haben.

11

a) Die Grenzgängereigenschaft entfällt bei einer in einem Vertragstaat ansässigen Person, die in dem anderen Vertragstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt, dann, wenn sie an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992). Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 15. September 2004 I R 67/03, BFHE 207, 452, BStBl II 2010, 155) liegt sowohl für die objektive Zahl der Übernachtungen in der Schweiz als auch für deren jeweilige berufliche Veranlassung die objektive Beweislast (Feststellungslast) bei dem Steuerpflichtigen, der die inländische Steuerpflicht seiner Einkünfte unter Hinweis auf Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 bestreitet. Diese Beweislastverteilung folgt aus Art. 3 Abs. 2 Satz 5 des Zustimmungsgesetzes vom 30. September 1993 (BGBl II 1993, 1886, BStBl I 1993, 927), wonach der Arbeitgeber die Tage der Nichtrückkehr auf Grund der Arbeitsausübung bescheinigen muss, wenn der Arbeitnehmer wegen Nichtrückkehr nicht mehr Grenzgänger ist; der Gesetzgeber geht hiernach bei dem in Frage kommenden Personenkreis von der Vermutung der regelmäßigen Rückkehr aus. Allerdings schließt die genannte Bescheinigung eine eigenständige Nachprüfung durch die Finanzbehörden des Ansässigkeitsstaates nicht aus (Nr. II.5. Satz 2 des Verhandlungsprotokolls in BGBl II 1993, 1889, BStBl I 1993, 929); sie ist mithin weder für das FA noch für das FG bindend (Senatsurteil in BFHE 207, 452, BStBl II 2010, 155).

12

b) Das FG, das in seinem Urteil festgestellt hat, dass die Klägerin diesen Nachweis für die die unstreitige Zahl von Nichtrückkehrtagen (28 Tage) übersteigende Zahl der Tage nicht erbracht hat, konnte einer Entscheidung zum Nachteil der Klägerin nicht unter Hinweis auf eine Reduzierung des Beweismaßes entgehen.

13

aa) Das FG hat --in Übereinstimmung mit den Beteiligten-- festgestellt, dass die Klägerin an 28 Tagen an ihren Wohnort nicht zurückkehren konnte, da sie an der Rückkehr durch Auslandsdienstreisen gehindert war. Dies ist nicht im Streit.

14

bb) Das FG hat im Übrigen ausgeführt, es sei davon überzeugt, dass die Klägerin über die bezeichneten 28 Tage hinaus an zahlreichen weiteren Tagen ihre Arbeit im Büro erst so spät beendet habe, dass sie aus diesem Grund von einer Rückkehr an ihren Wohnsitz Abstand genommen habe; es halte es auch für sehr wahrscheinlich, dass dies an allen anderen der in ihrer Aufstellung enthaltenen 65 Tagen der Fall gewesen sei. Das FG habe allerdings trotz des glaubwürdigen Eindrucks, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung gemacht habe, keine über jeden vernünftigen Zweifel erhabene Überzeugung von der Richtigkeit ihrer Angaben erlangen können. Den von der Klägerin vorgelegten E-Mails (Nachrichten an die Personalabteilung ihres Arbeitgebers über eine Übernachtung an diesem Tag) komme kein (zusätzlicher) Erkenntniswert zu, der über den Erkenntniswert der von ihr vorgelegten Auflistung der berufsbedingten Nichtrückkehrtage hinausgehe.

15

Das FG hat damit festgestellt, dass der Klägerin der ihr obliegende Nachweis der Nichtrückkehrtage nicht gelungen ist. Dies --vom FG als Zwischenergebnis verstanden-- lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

16

cc) Das FG hat sich allerdings im konkreten Fall dazu veranlasst gesehen, "hinsichtlich der Zahl der beruflichen Nichtrückkehrtage den Überzeugungsgrad der größtmöglichen Wahrscheinlichkeit ausreichen zu lassen". Mehr könne nämlich auf Grund der der Klägerin durch das FA nahe gelegten Art der Nachweisführung (Hinweis auf den Vermerk des FA zum Veranlagungszeitraum 2002) nicht erreicht werden. Höhere Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu stellen, verstieße deshalb unter den gegebenen Umständen gegen Treu und Glauben. Darin ist dem FG nicht zu folgen.

17

aaa) Allerdings sieht, wie es auch das FG ausgeführt hat, § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO mit dem Hinweis auf die richterliche Überzeugung als Grundlage der Entscheidungsfindung kein für alle Situationen einheitliches (festes) Beweismaß vor, sondern lässt Raum für eine vom sog. Regelbeweismaß abweichende Überzeugungsbildung. Zu einer sog. Beweismaßreduzierung kann es unter Berücksichtigung des § 162 der Abgabenordnung (AO) kommen (s. § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO und dazu z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. August 1991 X R 86/88, BFHE 165, 458, BStBl II 1992, 128), ebenfalls als Sanktionierung von Pflicht- bzw. Obliegenheitsverletzungen einzelner Beteiligter (s. z.B. Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 96 FGO Rz 62 ff.; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 96 FGO Rz 64, 69 ff.; Schmidt-Troje in Beermann/ Gosch, AO/FGO, § 96 FGO Rz 58 ff.). Dies bedeutet, dass sich das Gericht über etwa gegebene Zweifel in tatsächlicher Hinsicht hinwegsetzen kann. Stellt das Gericht den Sachverhalt mittels reduzierten Beweismaßes fest, bedarf es keiner Anwendung der Regeln über die Verteilung der Feststellungslast (Beweislast).

18

bbb) Soweit das FG eine Schätzung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 1 AO --im Streitfall: als Schätzung der Zahl der Nichtrückkehrtage-- für möglich hält, da es den steuererheblichen Sachverhalt (die Anzahl dieser Nichtrückkehrtage) nicht mit letzter Sicherheit ermitteln könnte, ist ihm nicht beizupflichten. Denn nach der Rechtsprechung des BFH erlaubt § 162 Abs. 1 AO nur die Schätzung quantitativer Größen, nicht aber die Schätzung rein qualitativer Besteuerungsmerkmale (im Sinne der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Besteuerung - z.B. BFH-Urteil vom 10. Juni 1999 V R 82/98, BFHE 188, 460; BFH-Beschluss vom 20. Juli 2010 X B 70/10, BFH/NV 2010, 2007; zustimmend z.B. Buciek in Beermann/Gosch, a.a.O., § 162 AO Rz 22; teilweise abweichend [nur Ausschluss der Schätzung des sog. Grundsachverhalts] Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, a.a.O., § 162 AO Rz 14 ff.; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Rz 20). Im Streitfall ist aber die zweite Variante einschlägig. Denn es geht nicht um die Zahl der Nichtrückkehrtage, sondern --bezogen auf jeden einzelnen der geltend gemachten Nichtrückkehrtage-- darum, ob die Klägerin aus beruflichen Gründen nicht an ihren Wohnort zurückgekehrt ist.

19

ccc) Dem FG ist ebenfalls darin nicht zu folgen, dass sich das FA in die Rolle des sog. Beweisverderbers begeben haben sollte bzw. nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Nachweisführung durch die Klägerin im Streitfall als ausreichend angesehen werden müsste.

20

Das FG verweist dazu zunächst auf die das Veranlagungsjahr 2002 betreffende Erörterung zwischen den Beteiligten, in der das FA habe erkennen lassen, dass es angesichts der der Klägerin zugebilligten generellen Glaubwürdigkeit für den Nachweis der beruflich veranlassten Nichtrückkehrtage ausreiche, E-Mails an die Personalabteilung ihres Arbeitgebers vorzulegen, und darüber hinaus auf eine Anerkennung der nach dieser Vorgabe nachgewiesenen Nichtrückkehrtage im Veranlagungszeitraum 2003. Damit hat das FG aber der auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum bezogenen Ermittlung des steuererheblichen Sachverhalts durch das FA --und hier der Frage, ob die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis der berufsbedingten Nichtrückkehr an den Wohnort (s. zu II.2.a der Gründe; s. auch § 90 Abs. 2 AO) erbracht hat-- zu enge Grenzen gesetzt. Zwar hat das FG ausdrücklich betont, dass das FA der Klägerin nicht zugesagt habe, jede der von ihr ihrem Arbeitgeber per E-Mail angekündigte Übernachtung anzuerkennen und auf eine Überprüfung der beruflichen Veranlassung zu verzichten. Faktisch soll aber aus der Sicht des FG eine solche Wirkung eingetreten sein. Eine solche Eingrenzung wird --da es sich um einen "Dauersachverhalt" mit großer finanzieller Auswirkung handelt und auch angesichts der Ungewissheit über den Inhalt und den daraus abzuleitenden Beweiswert der E-Mails-- dem Pflichtenumfang des FA (§ 85 AO) nicht gerecht. Die Revision macht im Übrigen in diesem Zusammenhang auch zu Recht geltend, dass das FG unterstellt habe, dass sich das FA bei der Veranlagung des Jahres 2003 ("offensichtlich") davon habe leiten lassen (was das FA bestreitet), ohne dies durch entsprechende Feststellungen abgesichert zu haben.

21

3. Auf dieser Grundlage kommt es auf die von der Revision erhobene Rüge der Verletzung des § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht mehr an.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Als Nichtrückkehrtage kommen nur Arbeitstage in Betracht, die im persönlichen Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers erfasst sind. Samstage, Sonn- und Feiertage können nur in Ausnahmefällen zu den maßgeblichen Arbeitstagen zählen, beispielsweise wenn der Arbeitgeber die Arbeit an diesen Tagen ausdrücklich anordnet und hieran anknüpfend in der Regel entweder Freizeitausgleich oder zusätzliche Bezahlung dafür gewährt. Trägt der Arbeitgeber die Reisekosten, werden bei mehrtägigen Geschäftsreisen alle Wochenend- und Feiertage als Nichtrückkehrtage angesehen.

(2) Eine Nichtrückkehr auf Grund der Arbeitsausübung liegt namentlich dann vor, wenn die Rückkehr an den Wohnsitz aus beruflichen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Ein Nichtrückkehrtag ist nicht schon deshalb anzunehmen, weil sich die Arbeitszeit des Einzelnen an seinem Arbeitsort entweder bedingt durch die Anfangszeiten oder durch die Dauer der Arbeitszeit über mehr als einen Kalendertag erstreckt. Schichtarbeiter, Personal mit Nachtdiensten und Krankenhauspersonal mit Bereitschaftsdienst sind nicht schon auf Grund ihrer spezifischen Arbeitszeiten von der Grenzgängerregelung ausgeschlossen.

(3) Als Arbeitsausübung sind Zeiten anzusehen, für die auf Grund des Arbeitsverhältnisses eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Anwesenheit am Arbeitsort besteht. Kurzfristige Arbeitszeitunterbrechungen von weniger als vier Stunden beenden den Arbeitstag nicht. Bei einer Arbeitsunterbrechung von vier bis sechs Stunden ist eine Rückkehr an den Wohnsitz zumutbar, wenn die für die Wegstrecke von der Arbeitsstätte zur Wohnstätte benötigte Zeit und zurück mit den in der Regel benutzten Transportmitteln nicht mehr als 20 Prozent der Zeit der Arbeitsunterbrechung beträgt.

(4) Krankheits- und unfallbedingte Abwesenheiten gelten nicht als Tage der Nichtrückkehr. Die Tage der Nichtrückkehr bestimmen sich nach der Anzahl der beruflich bedingten Übernachtungen oder der beruflich bedingten Nichtrückkehr bei Arbeitsunterbrechung von mindestens vier Stunden.

(5) Eintägige Geschäftsreisen im Vertragsstaat des Arbeitsorts und im Ansässigkeitsstaat zählen nicht zu den Nichtrückkehrtagen. Eintägige Geschäftsreisen in Drittstaaten zählen stets zu den Nichtrückkehrtagen.

(1) Stellt der Arbeitgeber am Ende des Jahres oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während des Kalenderjahrs fest, dass die Grenzgängereigenschaft auf Grund der entsprechenden Nichtrückkehrtage entfällt, hat er die Nichtrückkehrtage nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu bescheinigen. Der Vordruck ist jeweils unaufgefordert der für den Einbehalt der Abzugsteuer zuständigen Steuerbehörde zuzuleiten, die diese Bescheinigung nach Überprüfung mit einem Sichtvermerk versehen an den Arbeitgeber zur Weiterleitung an den Grenzgänger zurückgibt. Eine Überprüfung der bescheinigten Nichtrückkehrtage ist zulässig. Es können entsprechende Nachweise verlangt werden.

(2) Ist für den Arbeitgeber voraussehbar, dass der Grenzgänger bei ganzjähriger Beschäftigung an mehr als 60 Tagen pro Kalenderjahr, bei zeitweiser Beschäftigung während des Kalenderjahrs nach entsprechender Kürzung, aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnsitz zurückkehren wird, ist der Tätigkeitsstaat vorläufig berechtigt, Quellensteuern zu erheben. Der Arbeitgeber hat dies dem Grenzgänger formlos zu bescheinigen mit dem Hinweis, dass die detaillierte Aufstellung der Tage der Nichtrückkehr nach Ablauf des Kalenderjahrs oder, wenn das Arbeitsverhältnis früher beendet wird, zum Ende des Arbeitsverhältnisses auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zur Vorlage bei der Steuerbehörde bescheinigt wird. Diesem Umstand ist im Ansässigkeitsstaat durch einen Aufschub der Besteuerung oder Anpassung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen Rechnung zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die inländische Steuerpflicht von im Ausland erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit.

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), die in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, wurden im Streitjahr (2004) als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin war als Prokuristin bei einer schweizerischen Bank angestellt und bezog aus diesem Arbeitsverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die in der Schweiz einem Quellensteuerabzug unterworfen wurden. Der Arbeitsort in der Schweiz war etwa 35 km vom Wohnort in Deutschland entfernt; die Klägerin nutzte für die Wegstrecke öffentliche Verkehrsmittel (Fahrtzeit ca. eine Stunde).

3

In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres deklarierten die Kläger aus diesem Arbeitsverhältnis steuerfreie (dem Progressionsvorbehalt unterliegende) Einkünfte in Höhe von 107.913 € unter Hinweis auf einen Lohnausweis des Arbeitgebers, eine Anlage "N-Gre-3", eine Bescheinigung des Arbeitgebers vom 19. Januar 2005 über die Nichtrückkehr an mehr als 60 Arbeitstagen mit einem Sichtvermerk des Kantonalen Steueramts vom 29. März 2005, sowie eine Einzelaufstellung der Nichtrückkehrtage ("Liste der Nächte 2004"). Nach dieser Aufstellung war die Klägerin an 93 Tagen aus beruflichen Gründen nicht an ihren inländischen Wohnsitz zurückgekehrt; die dort angeführten Tage und den Grund der langen Arbeitszeiten hatte die Klägerin bei einer Büroanwesenheit jeweils per E-Mail der Personalabteilung ihres Arbeitgebers mitgeteilt.

4

Zum Veranlagungszeitraum 2002 hatte die Klägerin dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) folgende Erläuterung abgegeben: Sie beginne ihre Arbeit regelmäßig zwischen 7:00 Uhr und 7:30 Uhr (spätestens um 7:45 Uhr) und sei häufig bis 22:00 Uhr, manchmal auch länger, tätig. Ihre Arbeitszeit werde nicht erfasst. Grund für diese langen Arbeitszeiten seien insbesondere die weltweiten Bankbeziehungen, insbesondere mit den USA und Japan, und die damit verbundenen Zeitverschiebungen. Eine Heimfahrt mit dem Zug sei ihr nach 22:00 Uhr nicht mehr zuzumuten, zumal sie bereits früh aufstehen müsse, um wieder rechtzeitig im Büro zu sein. Sie fahre mit der Bahn, obwohl ihr ein Geschäftswagen zur Verfügung stehe. Daher übernachte sie bei Bedarf in der Schweiz. Sie habe dort ein möbliertes Zimmer in der Wohnung ihrer volljährigen Tochter und zahle hierfür Miete. Das FA hatte daraufhin aus dem Blickwinkel der Bearbeitung der Steuersache für 2002 in einem Vermerk festgehalten: "Für die Folgejahre ist dafür Sorge zu tragen, dass die betrieblich bedingten Übernachtungen in A (Schweiz) nachgewiesen werden können. Dazu ist zumindest erforderlich, dass alle Übernachtungen dem Arbeitgeber bekanntgegeben werden, so dass dieser diese auch bestätigen kann."

5

Das FA berücksichtigte die Einkünfte der Klägerin im Streitjahr als steuerpflichtig, da sie Grenzgängerin sei; die Schweizer Abzugsteuer in Höhe von 5.488 € wurde auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet. Die Klage, mit der die Steuerfreistellung dieser Einkünfte beantragt worden war, war erfolgreich (Finanzgericht --FG-- Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 23. Oktober 2009  11 K 50/07).

6

Das FA rügt die Verletzung materiellen und formellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Klage abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat unzutreffend angenommen, dass die Klägerin nicht als Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 2 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1072, 519) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) --DBA-Schweiz 1992-- anzusehen ist; ihre Einkünfte aus der Tätigkeit in der Schweiz unterliegen vielmehr gemäß Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 der deutschen Einkommensteuer.

9

1. Nach Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 sind Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragstaat zu besteuern, in dem dieser ansässig ist. Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1992 ist jede in einem Vertragstaat ansässige Person, die im anderen Vertragstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1992). Nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 entfällt bei einer in einem Vertragstaat ansässigen Person die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn sie bei einer Beschäftigung im anderen Vertragstaat während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (sog. Nichtrückkehrtage).

10

2. Die Klägerin ist sog. Grenzgänger i.S. des Art. 15a DBA-Schweiz 1992, da sie nicht nachgewiesen hat, im Streitjahr die nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 für die Grenzgängereigenschaft unschädliche Höchstgrenze der sog. Nichtrückkehrtage überschritten zu haben.

11

a) Die Grenzgängereigenschaft entfällt bei einer in einem Vertragstaat ansässigen Person, die in dem anderen Vertragstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt, dann, wenn sie an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992). Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 15. September 2004 I R 67/03, BFHE 207, 452, BStBl II 2010, 155) liegt sowohl für die objektive Zahl der Übernachtungen in der Schweiz als auch für deren jeweilige berufliche Veranlassung die objektive Beweislast (Feststellungslast) bei dem Steuerpflichtigen, der die inländische Steuerpflicht seiner Einkünfte unter Hinweis auf Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 bestreitet. Diese Beweislastverteilung folgt aus Art. 3 Abs. 2 Satz 5 des Zustimmungsgesetzes vom 30. September 1993 (BGBl II 1993, 1886, BStBl I 1993, 927), wonach der Arbeitgeber die Tage der Nichtrückkehr auf Grund der Arbeitsausübung bescheinigen muss, wenn der Arbeitnehmer wegen Nichtrückkehr nicht mehr Grenzgänger ist; der Gesetzgeber geht hiernach bei dem in Frage kommenden Personenkreis von der Vermutung der regelmäßigen Rückkehr aus. Allerdings schließt die genannte Bescheinigung eine eigenständige Nachprüfung durch die Finanzbehörden des Ansässigkeitsstaates nicht aus (Nr. II.5. Satz 2 des Verhandlungsprotokolls in BGBl II 1993, 1889, BStBl I 1993, 929); sie ist mithin weder für das FA noch für das FG bindend (Senatsurteil in BFHE 207, 452, BStBl II 2010, 155).

12

b) Das FG, das in seinem Urteil festgestellt hat, dass die Klägerin diesen Nachweis für die die unstreitige Zahl von Nichtrückkehrtagen (28 Tage) übersteigende Zahl der Tage nicht erbracht hat, konnte einer Entscheidung zum Nachteil der Klägerin nicht unter Hinweis auf eine Reduzierung des Beweismaßes entgehen.

13

aa) Das FG hat --in Übereinstimmung mit den Beteiligten-- festgestellt, dass die Klägerin an 28 Tagen an ihren Wohnort nicht zurückkehren konnte, da sie an der Rückkehr durch Auslandsdienstreisen gehindert war. Dies ist nicht im Streit.

14

bb) Das FG hat im Übrigen ausgeführt, es sei davon überzeugt, dass die Klägerin über die bezeichneten 28 Tage hinaus an zahlreichen weiteren Tagen ihre Arbeit im Büro erst so spät beendet habe, dass sie aus diesem Grund von einer Rückkehr an ihren Wohnsitz Abstand genommen habe; es halte es auch für sehr wahrscheinlich, dass dies an allen anderen der in ihrer Aufstellung enthaltenen 65 Tagen der Fall gewesen sei. Das FG habe allerdings trotz des glaubwürdigen Eindrucks, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung gemacht habe, keine über jeden vernünftigen Zweifel erhabene Überzeugung von der Richtigkeit ihrer Angaben erlangen können. Den von der Klägerin vorgelegten E-Mails (Nachrichten an die Personalabteilung ihres Arbeitgebers über eine Übernachtung an diesem Tag) komme kein (zusätzlicher) Erkenntniswert zu, der über den Erkenntniswert der von ihr vorgelegten Auflistung der berufsbedingten Nichtrückkehrtage hinausgehe.

15

Das FG hat damit festgestellt, dass der Klägerin der ihr obliegende Nachweis der Nichtrückkehrtage nicht gelungen ist. Dies --vom FG als Zwischenergebnis verstanden-- lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

16

cc) Das FG hat sich allerdings im konkreten Fall dazu veranlasst gesehen, "hinsichtlich der Zahl der beruflichen Nichtrückkehrtage den Überzeugungsgrad der größtmöglichen Wahrscheinlichkeit ausreichen zu lassen". Mehr könne nämlich auf Grund der der Klägerin durch das FA nahe gelegten Art der Nachweisführung (Hinweis auf den Vermerk des FA zum Veranlagungszeitraum 2002) nicht erreicht werden. Höhere Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu stellen, verstieße deshalb unter den gegebenen Umständen gegen Treu und Glauben. Darin ist dem FG nicht zu folgen.

17

aaa) Allerdings sieht, wie es auch das FG ausgeführt hat, § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO mit dem Hinweis auf die richterliche Überzeugung als Grundlage der Entscheidungsfindung kein für alle Situationen einheitliches (festes) Beweismaß vor, sondern lässt Raum für eine vom sog. Regelbeweismaß abweichende Überzeugungsbildung. Zu einer sog. Beweismaßreduzierung kann es unter Berücksichtigung des § 162 der Abgabenordnung (AO) kommen (s. § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO und dazu z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. August 1991 X R 86/88, BFHE 165, 458, BStBl II 1992, 128), ebenfalls als Sanktionierung von Pflicht- bzw. Obliegenheitsverletzungen einzelner Beteiligter (s. z.B. Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 96 FGO Rz 62 ff.; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 96 FGO Rz 64, 69 ff.; Schmidt-Troje in Beermann/ Gosch, AO/FGO, § 96 FGO Rz 58 ff.). Dies bedeutet, dass sich das Gericht über etwa gegebene Zweifel in tatsächlicher Hinsicht hinwegsetzen kann. Stellt das Gericht den Sachverhalt mittels reduzierten Beweismaßes fest, bedarf es keiner Anwendung der Regeln über die Verteilung der Feststellungslast (Beweislast).

18

bbb) Soweit das FG eine Schätzung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 1 AO --im Streitfall: als Schätzung der Zahl der Nichtrückkehrtage-- für möglich hält, da es den steuererheblichen Sachverhalt (die Anzahl dieser Nichtrückkehrtage) nicht mit letzter Sicherheit ermitteln könnte, ist ihm nicht beizupflichten. Denn nach der Rechtsprechung des BFH erlaubt § 162 Abs. 1 AO nur die Schätzung quantitativer Größen, nicht aber die Schätzung rein qualitativer Besteuerungsmerkmale (im Sinne der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Besteuerung - z.B. BFH-Urteil vom 10. Juni 1999 V R 82/98, BFHE 188, 460; BFH-Beschluss vom 20. Juli 2010 X B 70/10, BFH/NV 2010, 2007; zustimmend z.B. Buciek in Beermann/Gosch, a.a.O., § 162 AO Rz 22; teilweise abweichend [nur Ausschluss der Schätzung des sog. Grundsachverhalts] Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, a.a.O., § 162 AO Rz 14 ff.; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Rz 20). Im Streitfall ist aber die zweite Variante einschlägig. Denn es geht nicht um die Zahl der Nichtrückkehrtage, sondern --bezogen auf jeden einzelnen der geltend gemachten Nichtrückkehrtage-- darum, ob die Klägerin aus beruflichen Gründen nicht an ihren Wohnort zurückgekehrt ist.

19

ccc) Dem FG ist ebenfalls darin nicht zu folgen, dass sich das FA in die Rolle des sog. Beweisverderbers begeben haben sollte bzw. nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Nachweisführung durch die Klägerin im Streitfall als ausreichend angesehen werden müsste.

20

Das FG verweist dazu zunächst auf die das Veranlagungsjahr 2002 betreffende Erörterung zwischen den Beteiligten, in der das FA habe erkennen lassen, dass es angesichts der der Klägerin zugebilligten generellen Glaubwürdigkeit für den Nachweis der beruflich veranlassten Nichtrückkehrtage ausreiche, E-Mails an die Personalabteilung ihres Arbeitgebers vorzulegen, und darüber hinaus auf eine Anerkennung der nach dieser Vorgabe nachgewiesenen Nichtrückkehrtage im Veranlagungszeitraum 2003. Damit hat das FG aber der auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum bezogenen Ermittlung des steuererheblichen Sachverhalts durch das FA --und hier der Frage, ob die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis der berufsbedingten Nichtrückkehr an den Wohnort (s. zu II.2.a der Gründe; s. auch § 90 Abs. 2 AO) erbracht hat-- zu enge Grenzen gesetzt. Zwar hat das FG ausdrücklich betont, dass das FA der Klägerin nicht zugesagt habe, jede der von ihr ihrem Arbeitgeber per E-Mail angekündigte Übernachtung anzuerkennen und auf eine Überprüfung der beruflichen Veranlassung zu verzichten. Faktisch soll aber aus der Sicht des FG eine solche Wirkung eingetreten sein. Eine solche Eingrenzung wird --da es sich um einen "Dauersachverhalt" mit großer finanzieller Auswirkung handelt und auch angesichts der Ungewissheit über den Inhalt und den daraus abzuleitenden Beweiswert der E-Mails-- dem Pflichtenumfang des FA (§ 85 AO) nicht gerecht. Die Revision macht im Übrigen in diesem Zusammenhang auch zu Recht geltend, dass das FG unterstellt habe, dass sich das FA bei der Veranlagung des Jahres 2003 ("offensichtlich") davon habe leiten lassen (was das FA bestreitet), ohne dies durch entsprechende Feststellungen abgesichert zu haben.

21

3. Auf dieser Grundlage kommt es auf die von der Revision erhobene Rüge der Verletzung des § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht mehr an.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind

1.
Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit.2Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.3Ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.4Eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen;
2.
Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie, wenn sie nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind;
3.
Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z. B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied;
4.
Einkünfte, die ein Beteiligter an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht, als Vergütung für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- oder Gemeinschaftszwecks erzielt, wenn der Anspruch auf die Vergütung unter der Voraussetzung eingeräumt worden ist, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben; § 15 Absatz 3 ist nicht anzuwenden.

(2) Einkünfte nach Absatz 1 sind auch dann steuerpflichtig, wenn es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit handelt.

(3)1Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens oder eines selbständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen erzielt wird, das der selbständigen Arbeit dient.2§ 16 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 und Absatz 1 Satz 2 sowie Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(4)1§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem der selbständigen Arbeit dienenden Betriebsvermögen gehört hat.2§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, Absatz 1a, Absatz 2 Satz 2 und 3, §§ 15a und 15b sind entsprechend anzuwenden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 8. Oktober 2013  10 K 2176/11 aufgehoben, soweit dieses wegen Feststellung der Steuerermäßigung nach § 10a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes ergangen ist. Die Klage wird insoweit als unzulässig abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits fallen dem Beklagten zur Last.

Tatbestand

1

A. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wohnte im Streitjahr 2010 bis zum 30. April im Inland und übte hier eine nichtselbständige Tätigkeit aus. Am 1. Mai verzog er in die Schweiz, wo er eine neue nichtselbständige Tätigkeit aufnahm.

2

Das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und seinem seinerzeitigen inländischen Arbeitgeber wurde mit Vertrag vom 16./29. Dezember 2009 aus dringenden betrieblichen Gründen einvernehmlich zum 31. Juli 2010 beendet. Der Kläger wurde unter Fortzahlung der regulären Bezüge sowie unter Zahlung von Boni für 2009 und 2010 zum 1. Januar 2010 unwiderruflich freigestellt. Er konnte seinerseits das Arbeitsverhältnis mit 14-tägiger Kündigungsfrist auch vor dem 31. Juli 2010 beenden. Als Entschädigung für den Verlust des Anstellungsverhältnisses und zum Ausgleich bereits entstandener und der damit in Zukunft verbundenen beruflichen und finanziellen Nachteile vereinbarten die Vertragspartner eine Abfindung in Höhe eines Einmalbetrages von 780.500 €. Für den Fall einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Erklärung des Klägers sollte sich der Abfindungsbetrag um das ansonsten zwischen dem Beendigungsdatum und dem am 31. Juli 2010 fällige Grundgehalt erhöhen. Die Versteuerung sollte durch den Arbeitgeber erfolgen.

3

Die Abfindung wurde im September 2010 gezahlt. Der ehemalige Arbeitgeber behielt darauf 337.990 € an Lohnsteuer und 18.589,45 € an Solidaritätszuschlag ein. Zuvor war eine vom Kläger angestrebte lohnsteuerliche Freistellung der Abfindung durch das zuständige Betriebsstättenfinanzamt gescheitert.

4

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2010 behandelte der Kläger einen Betrag von 785.194 € als nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) --DBA-Schweiz 1971-- steuerfreien Arbeitslohn. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) behandelte den Betrag demgegenüber als Entschädigung für mehrere Jahre, die in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Arbeitslohn nach § 19 i.V.m. § 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2009) ermäßigt zu versteuern sei. Das Besteuerungsrecht Deutschlands ergebe sich aus Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 und der dazu ergangenen (ergänzenden) deutsch-schweizerischen Konsultationsvereinbarung zur Besteuerung von Abfindungszahlungen vom 17. März 2010, bekanntgegeben durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25. März 2010 (BStBl I 2010, 268), Letztere i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 2 und § 25 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft --Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung (KonsVerCHEV)-- vom 20. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 2187, BStBl I 2010, 146). Die in der Schweiz erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2009 beim sog. Progressionsvorbehalt berücksichtigt.

5

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Bescheide über Einkommensteuer und Feststellung der Steuermäßigung nach § 10a Abs. 4 EStG 2009 war erfolgreich. Das Hessische Finanzgericht (FG) gab ihr durch Urteil vom 8. Oktober 2013  10 K 2176/11, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 288 statt.

6

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

8

Dem Revisionsverfahren ist das BMF beigetreten. Es schließt sich in der Sache dem FA an, ohne eigene Anträge zu stellen.

Entscheidungsgründe

9

B. Die Revision ist nur im Hinblick auf die Feststellung der Steuerermäßigung nach § 10a Abs. 4 Satz 1 EStG 2009 begründet, weil die Klage insoweit unzulässig ist. Im Übrigen aber ist sie unbegründet.

10

I. Die Anfechtung des Feststellungsbescheids gemäß § 10a Abs. 4 Satz 1 EStG 2009 ist unzulässig. Es handelt sich bei diesem Bescheid bezogen auf den angefochtenen Einkommensteuerbescheid um einen Folgebescheid (vgl. § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung --AO--). Das ergibt sich aus § 10a Abs. 4 Satz 1 letzter Halbsatz EStG 2009, wonach § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG 2009 auf die Feststellung entsprechend anzuwenden ist, und in jener Vorschrift ist die Grundlagenwirkung des Einkommensteuerbescheids justiert (s. dazu z.B. Schmidt/Heinicke, EStG, 34. Aufl., § 10d Rz 41; Schmidt/Weber-Grellet, ebenda, § 10a Rz 30, m.w.N.).

11

II. Im eigentlichen Streitpunkt ist die Revision jedoch unbegründet. Das Deutschland nach innerstaatlichem Recht zustehende Besteuerungsrecht für die Abfindung wurde durch das DBA-Schweiz 1971 beschränkt; das Besteuerungsrecht steht nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 der Schweiz als dem (nunmehrigen) Wohnsitzstaat des Klägers zu.

12

1. Der Kläger hat seinen Wohnsitz seit dem 1. Mai des Streitjahres in der Schweiz und ist seitdem in Deutschland nicht mehr --wie zuvor-- unbeschränkt (vgl. § 1 Abs. 1 EStG 2009), sondern beschränkt (vgl. § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 EStG 2009) steuerpflichtig. Letzteres betrifft nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG 2009 auch seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG 2009), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder --und insofern hier bezogen auf die in Rede stehende Abfindungszahlung allein einschlägig-- "worden ist". Es betrifft nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. d EStG 2009 zudem Einkünfte, die als Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG 2009 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte --wie vorliegend-- der inländischen Besteuerung unterlegen haben. Die Vorinstanz geht übereinstimmend mit den Beteiligten davon aus, dass es sich bei der an den Kläger geleisteten Abfindungszahlung um eine derartige Entschädigung handelt, nicht aber um nachträglichen Arbeitslohn. Auch der Senat hat keinen Anlass, diese Sachverhaltswürdigung in Frage zu stellen.

13

2. Deutschland steht infolge des mit der Schweiz geschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung jedoch das Besteuerungsrecht an der Zahlung nicht zu: Art. 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 DBA-Schweiz 1971 bestimmt, dass Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden können, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden. Daraus folgt nach ständiger Spruchpraxis des Senats (z.B. Urteile vom 2. September 2009 I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387; I R 90/08, BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394; vom 24. Juli 2013 I R 8/13, BFHE 245, 291, BStBl II 2014, 929, jeweils m.w.N.), dass Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses nicht im Tätigkeitsstaat, sondern im Ansässigkeitsstaat zu besteuern sind. Denn bei Abfindungen handelt es sich unbeschadet dessen, dass sie nach dem insoweit maßgebenden innerstaatlichen Recht (vgl. Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971) Arbeitslohn (§ 19 EStG 2009) sind, nicht um ein zusätzliches Entgelt für eine frühere Tätigkeit i.S. des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971. Sie werden nicht für eine konkrete im Inland oder Ausland ausgeübte Tätigkeit gezahlt, sondern gerade für den Verlust des Arbeitsplatzes. Ein bloßer Anlasszusammenhang zwischen Zahlung und Tätigkeit genügt nach dem Abkommenswortlaut ("dafür") indes nicht. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Spruchpraxis, an welcher festzuhalten ist, prinzipiell angeschlossen (BMF-Schreiben vom 14. September 2006, BStBl I 2006, 532, dort Tz. 6.3 Rz 121, und --nunmehr mit Wirkung ab 1. Januar 2015-- vom 12. November 2014, BStBl I 2014, 1467, dort Tz. 5.5.4 Rz 178 ff.).

14

3. Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 weiter entschieden hat, ändert sich an dieser Rechtsauffassung infolge der ursprünglichen (vgl. BMF-Schreiben vom 20. Mai 1997, BStBl I 1997, 560), durch das BMF-Schreiben vom 13. Oktober 1992 (Recht der Internationalen Wirtschaft 1993, 82; vgl. auch BStBl I 1997, 560) bekanntgegebenen Verständigungsvereinbarung der deutschen und eidgenössischen Finanzbehörden zur Besteuerung von Abfindungen nichts. Dabei verbleibt es auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich ergangenen ergänzenden Konsultationsvereinbarung vom 17. März 2010.

15

a) Das BMF und die Eidgenössische Steuerverwaltung haben sich in jenen Vereinbarungen auf der Basis von Konsultationsverhandlungen nach Maßgabe des Art. 26 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971 darauf verständigt, das Besteuerungsrecht der beiden Vertragsstaaten danach zuzuteilen, ob der Abfindung Versorgungscharakter beizumessen ist oder ob es sich um eine Nachzahlung von Lohn, Gehalt oder Tantiemen aus dem früheren Arbeitsverhältnis handelt oder die Abfindung allgemein für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gewährt wird. In dem ersten Fall kann --nach Satz 2 der Vereinbarungen-- die Abfindung danach gemäß Art. 18 DBA-Schweiz 1971 nur im Wohnsitzstaat des Empfängers besteuert werden, im zweiten Fall soll nach Satz 3 der Vereinbarungen gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971 das sog. Tätigkeitsortsprinzip gelten. Hintergrund dieser Vereinbarung ist der Umstand, dass andernfalls aufgrund der unterschiedlichen Verwaltungspraxis in Deutschland und in der Schweiz über die Besteuerungszuordnung die Gefahr sog. weißer Einkünfte, also der doppelten Nichtbesteuerung, bestand.

16

b) Der Senat misst einer derartigen zwischenstaatlichen Konsultationsvereinbarung --in Einklang mit den Grundsätzen zur Auslegung von Verträgen nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 --WÜRV-- (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985 (BGBl II 1985, 926) am 20. August 1987 (BGBl II 1987, 757)-- zwar Bedeutung für die Auslegung der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei. Er hat jedoch wiederholt klar zum Ausdruck gebracht, dass die "Grenzmarke" für das richtige Abkommensverständnis immer nur der Abkommenswortlaut sein kann. Wird das in der Konsultationsvereinbarung gefundene Abkommensverständnis durch den Wortlaut nicht gedeckt, kann die Vereinbarung die Abkommensauslegung durch die Gerichte nicht beeinflussen oder die Gerichte gar binden. Auch daran ist uneingeschränkt festzuhalten und auf das zitierte Urteil in BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387 ist deswegen zu verweisen.

17

4. Allerdings haben sich die Vereinbarungsgrundlagen zwischenzeitlich geändert. Der Gesetzgeber hat vermittels des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) mit § 2 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO n.F.-- (erstmals) eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, wonach --so Satz 1 der Vorschrift-- das BMF ermächtigt wird, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zu erlassen. Konsultationsvereinbarungen in diesem Sinne sind nach Satz 2 der Vorschrift einvernehmliche Vereinbarungen der zu-ständigen Behörden der Vertragsstaaten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit dem Ziel, Einzelheiten der Durchführung eines solchen Abkommens zu regeln, insbesondere Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des jeweiligen Abkommens bestehen, zu beseitigen. Mit diesem tatbestandlich umschriebenen Inhalt zielt die Neuregelung darauf ab, zwischenstaatlichen behördlichen Konsultationsvereinbarungen i.S. von Art. 25 Abs. 3 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD-MustAbk) den Rang einer Rechtsverordnung zu verleihen. In § 24 Abs. 1 KonsVerCHEV ist das für die im Streitfall in Rede stehenden Arbeitnehmer-Abfindungen geschehen; die Deutsch-Schweizerische Konsultationsverbindung vom 17. März 2010 ist darin textlich übernommen worden.

18

5. Es ist im Schrifttum kontrovers, ob die neugeschaffene Ermächtigungsgrundlage den dafür gebotenen Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) genügt und im Ergebnis geeignet ist, die seitens der Finanzverwaltung beanspruchte (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1467, dort Tz. 5.5.4.2 Rz 183 ff.) Verbindlichkeit der zwischenstaatlich gefundenen Abkommensauslegung herbeizuführen. Überwiegend wird das verneint und dem schließt sich der Senat an. Die Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarung vom 17. März 2010 genügt trotz ihrer unilateralen "Anhebung" in eine Rechtsverordnung den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts nach Art. 20 Abs. 3 GG nicht. Sie fußt mit § 2 Abs. 2 AO n.F. nicht auf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, in welcher Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung jedenfalls bezogen auf die Frage nach der Besteuerung von Abfindungszahlungen an einen (ehemals) nichtselbständig tätigen Arbeitnehmer hinreichend bestimmt werden. Dessen aber hätte es nach Art. 80 Abs. 1 GG bedurft.

19

a) Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG können durch Gesetz die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen dabei Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Das ist hier nicht gelungen.

20

aa) Zwar gilt gewissermaßen "natürlich" der Grundsatz, dass ein Gesetz nicht durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift außer Kraft gesetzt oder abgeändert werden kann, ebenso wie seine Durchbrechung durch einen Verwaltungsakt und seine Verdrängung durch eine Rechtsnorm, die im Vergleich zum Gesetz von niedrigerem Range ist, also eine Rechtsverordnung, eine Gemeindesatzung, ausgeschlossen ist. Das ergibt sich unmittelbar aus dem "Vorrang des Gesetzes" (Art. 20 Abs. 3 GG): "Der in der Form des Gesetzes geäußerte Staatswille geht rechtlich jeder anderen staatlichen Willensäußerung vor", so das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 6. Mai 1958  2 BvL 37/56, 2 BvL 11/57 (BVerfGE 8, 155). Dieser Vorrang des Gesetzes --also die dem Gesetz kraft Verfassungsrechts innewohnende Eigenschaft, staatliche Willensäußerungen niedrigeren Ranges rechtlich zu hindern oder zu zerstören-- kann sich aber naturgemäß nur auswirken, wo ein Widerspruch zwischen dem Gesetz und der Willensäußerung niederen Ranges besteht. Es bedarf keiner Ausführung, dass eine staatliche Willensäußerung, die das Gesetz befolgt und in Einklang mit ihm steht, nicht am Vorrang des Gesetzes scheitern kann. Im Einzelnen ist dazu beispielhaft auf den besagten Beschluss des BVerfG in BVerfGE 8, 155 hinzuweisen. So gesehen mag es auch möglich sein, kraft Verordnung eine Abkommensregelung zu spezifizieren und umzusetzen. Es mag prinzipiell ebenso ausreichen, die gesetzliche Ermächtigung dabei weit zu fassen, solange und soweit die "wesentlichen Konturen" in dem Referenzgesetz --hier also das bilaterale Abkommen in der Umsetzung des "einfachen" Zustimmungsgesetzes-- vom Gesetzgeber vorgegeben werden (s. z.B. Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 2 AO Rz 43e, m.w.N.; Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 2 AO Rz 327, 332; Oellerich in Beermann/Gosch, AO, § 2 Rz 102; s.a. den vom beigetretenen BMF herangezogenen, allerdings in anderem Zusammenhang des Steuerberatungsgesetzes ergangenen BVerfG-Beschluss vom 3. November 1982  2 BvL 28/81, BVerfGE 62, 203; demgegenüber zweifelnd z.B. Gosch in Mellinghoff/Schön/Viskorf [Hrsg.], Steuerrecht im Rechtsstaat, Festschrift Spindler, 2011, S. 379, 421; derselbe in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 49 Rz 72; anders z.B. Nacke, Der Betrieb --DB-- 2010, 1149; Lehner, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2011, 739 und Finanz-Rundschau --FR-- 2011, 1091). Und es lässt sich schließlich auch hören, wenn argumentiert wird, der Gesetzgeber habe mit seiner Zustimmung zu dem Gesetz zur Überleitung des völkerrechtlichen Vertrages in nationales (einfaches) Recht die Möglichkeit von Konsultationsvereinbarungen auf Basis des Art. 25 Abs. 3 OECD-MustAbk antizipiert und akzeptiert (z.B. Hummel, IStR 2011, 399 ff.; Lehner, IStR 2011, 733, 737, jeweils m.w.N.; insoweit anders Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 2 AO Rz 43f, m.w.N., insbesondere auch aus dem staatsrechtlichen Schrifttum). Doch ist es auch vermittels einer derart gefassten Ermächtigungsregelung ausgeschlossen, den Abkommenstext und damit die besagte Besteuerungszuordnung für die betreffenden Einkünfte zu verändern (s. zu alledem z.B. FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 19. Dezember 2013  3 K 1189/13, Betriebs-Berater --BB-- 2014, 2071; sowie z.B. Hummel, IStR 2011, 397, 399 ff.; Lehner, IStR 2011, 733, und derselbe in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl., Grundlagen Rz 136; Schönfeld/Häck in Schönfeld/ Ditz, DBA, Systematik Rz 100; Dremel, daselbst, Art. 1 Rz 23 ff.; Flüchter, daselbst, Art. 25 Rz 218 ff.; Eilers in Wassermeyer, MA Art. 25 Rz 67; Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, MA Art. 15 Rz 79; Kempermann in Flick/ Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 15 Rz 7, s.a. Art. 15a Rz 42; Kubaile, Internationale Wirtschafts-Briefe --IWB-- 2012, 1; Heger, Steuer Wirtschaft International 2011, 95; Micker, IWB 2011, 61; Gosch, BFH/PR 2011, 241; s.a. Musil in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, a.a.O., § 2 AO Rz 234; anders Neyer/Schlepper, FR 2011, 648).

21

bb) Das aber ist hier der Fall. Der Abkommenstext belässt aus den unter I.2. beschriebenen Gründen für die Frage der Besteuerungszuordnung von Abfindungen an ehemals nichtselbständig tätige Arbeitnehmer keine Spielräume. Und daran ändert auch das in § 2 Abs. 2 Satz 1 AO n.F. qualifizierte zusätzliche Ermächtigungsziel nichts, doppelte Nichtbesteuerungen zu vermeiden. Das mag --in Einklang mit "neuerem Abkommensdenken" der OECD-- das eine oder andere neuere Doppelbesteuerungsabkommen bezwecken, und das findet sich jetzt denn auch in der (ministeriellen) "Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen", BMF-Schreiben vom 17. April 2013, Stand: 22. August 2013 (abgedruckt in IStR, Beihefter 10/2013 unter II. und berichtigt in IStR 2013, 440) wieder. Dieser Paradigmenwechsel aber hat im DBA-Schweiz 1971, das allein die Freistellungsmethode anwendet und damit vorbehaltlos auf eine virtuelle Doppelbesteuerung abhebt (ständige Spruchpraxis, deutlich z.B. Senatsurteil vom 24. August 2011 I R 46/10, BFHE 234, 339, BStBl II 2014, 764), (noch) keinen Niederschlag gefunden. Durch § 24 Abs. 1 KonsVerCHEV wird indessen genau das sinn- und zweckverändert. Der Regelung käme der Charakter einer Rückfallklausel zu, die im Abkommen nicht angelegt ist, diesem vielmehr widerspricht (Lehner, IStR 2011, 733, 736, dort auch spezifisch für die Situation der Abfindungszahlung an ehemalige Arbeitnehmer). § 2 Abs. 2 AO n.F. ermächtigt jedoch nicht zu Ergänzungen vereinbarter Abkommen; hierzu bedarf es vielmehr der abermaligen Zustimmung des nationalen Parlaments (Lehner, IStR 2011, 733, 735). Solange diese Zustimmung fehlt, bleibt "die Grenzziehung zwischen Auslegung und einer an den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG scheiternden Lückenschließung (...)", darin ist Lehner (IStR 2011, 733, 739) uneingeschränkt beizupflichten, "Aufgabe der Judikative".

22

b) Lassen sich die vorbenannten Mängel nicht ausräumen, ist die Rechtsverordnung zu verwerfen. Dazu sind die Fachgerichte und damit der Senat befugt (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 12. Dezember 1984  1 BvR 1249/83, 1 BvR 1745/83, 1 BvR 1746/83, 1 BvR 1752/83, 1 BvR 1753/83, 1 BvR 1757/83, 1 BvR 1769/83, 1 BvR 1719/83, 1 BvR 1720/83, BVerfGE 68, 319, BVerfGE 68, 319, 325; BVerfG-Urteil vom 18. Dezember 1985  2 BvR 1167/84, 2 BvR 1185/84, 2 BvR 1636/84, 2 BvR 308/85, 2 BvQ 18/84, BVerfGE 71, 305, 337; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 2 AO Rz 43g, m.w.N.), und so geschieht es denn auch im Streitfall.

23

6. Unabhängig von diesen Erwägungen scheitert die erstrebte Verbindlichkeit für das Streitjahr auch daran, dass die verwaltungsseitig vorgegebene Auslegung nach § 26 KonsVerCHEV erstmals mit Wirkung vom 23. Dezember 2010 gilt, nicht aber für den bis dahin abgelaufenen Teil des Jahres 2010.

24

a) Der Senat legt seiner Auslegung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in ebenfalls ständiger Spruchpraxis aus zeitlicher Sicht einen sog. statischen, keinen sog. dynamischen Auslegungsmodus zugrunde (vgl. z.B. Senatsurteile vom 16. Januar 2014 I R 30/12, BFHE 244, 354, BStBl II 2014, 721; vom 9. Februar 2011 I R 54, 55/10, BFHE 232, 476, BStBl II 2012, 106; vom 25. Mai 2011 I R 95/10, BFHE 234, 63; vom 8. Dezember 2010 I R 92/09, BFHE 232, 137, BStBl II 2011, 488; vom 23. September 2008 I R 57/07, BFH/NV 2009, 390; Senatsbeschluss vom 19. Mai 2010 I B 191/09, BFHE 229, 322, BStBl II 2011, 156, jeweils m.w.N.). Eine Verwaltungspraxis, welche sich erst nach Inkrafttreten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bildet, wirkt auf die Auslegung des Abkommens prinzipiell nicht zurück. Das gilt in erster Linie für Verwaltungsverlautbarungen, wie beispielsweise die Musterkommentierung der OECD zu deren Musterabkommen. Das gilt aber auch für bilaterale Konsultationsvereinbarungen. Abermals hindert Art. 31 WÜRV ein solches Verständnis nicht: Ein Vertrag ist danach nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seiner Bestimmung in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Außer dem bei der Auslegung zu berücksichtigenden und in Art. 31 Abs. 2 WÜRV näher beschriebenen systematischen "Zusammenhang" sind nach Art. 31 Abs. 3 WÜRV in gleicher Weise zu berücksichtigen: a) jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrages oder die Anwendung seiner Bestimmungen sowie b) jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrages, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht. So gesehen kann ein übereinstimmendes Abkommensverständnis und eine gemeinsame "Übung" der beteiligten Finanzverwaltungen für eine Abkommensauslegung bedeutsam sein (s. z.B. Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 I R 81/04, BFHE 215, 237, BStBl II 2010, 778, sowie I R 18/04, BFH/NV 2007, 875, beide zu leitenden Angestellten als sog. Grenzgänger i.S. von Art. 15 Abs. 4, Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992), das aber immer nur insofern, als sie nicht dem Wortlaut des Abkommens zuwiderläuft (vgl. Senatsurteil vom 27. August 2008 I R 64/07, BFHE 222, 553, BStBl II 2009, 97). Abgesehen davon, dass das Wiener Übereinkommen (nach dessen Art. 4) ohnehin nur auf Verträge Anwendung findet, die von Staaten geschlossen werden, nachdem das Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist --und damit, ohne dass dem weiter nachzugehen wäre, nach Lage der Dinge nicht für das DBA-Schweiz 1971--, erzwingen auch diese Grundsätze eine Regelungsauslegung also immer nur nach Maßgabe jenes Wortlauts.

25

b) Und das gilt auch hier. Dass die neuerliche Konsultationsvereinbarung inhaltlich im Kern bloß auf der vorangegangenen Verständigungsvereinbarung aus dem Jahre 1992 aufsetzt, ist unbeachtlich. Denn jene Vereinbarung erfüllte die nötigen rechtsstaatlichen Anforderungen einer Auslegungsverbindlichkeit, wie beschrieben, von vornherein nicht. Auch ist es unbeachtlich, dass die Einkommensteuer für das Streitjahr erst am 31. Dezember 2010 entsteht (vgl. § 25 Abs. 1 EStG 2009), mithin nach dem in § 25 KonsVerCHEV bestimmten Anwendungszeitpunkt für die deutsch-schweizerische Konsultationsverordnung am 1. Januar 2010, welcher wiederum seinerseits in Einklang mit Art. 97 § 1 Abs. 9 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (EGAO n.F.) steht; Rechtsverordnungen aufgrund des § 2 Abs. 2 AO n.F. können danach mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum 2010 erlassen werden, sofern die dem Bundesrat zugeleitete Rechtsverordnung vor dem 1. Januar 2011 als Bundesratsdrucksache veröffentlicht worden ist, was hier der Fall ist (s. Bundesrats-Drucksache 716/10 vom 5. November 2010). Das alles mag vor dem Hintergrund des gängigen Verfassungsverständnisses in Deutschland jedenfalls nicht unbedingt einen Verstoß gegen das grundgesetzliche Rückwirkungsverbot auslösen (vgl. grundlegend z.B. BVerfG-Beschluss vom 10. Oktober 2012  1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932, m.w.N.; s.a. --bezogen auf Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und deren Überleitung in nationales Recht-- BVerfG-Beschluss vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, BStBl II 1986, 628; insoweit konkret bezogen auf § 2 Abs. 2 AO n.F. einerseits Bisle, IWB 2010, 794; Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 2 AO Rz 337; andererseits Nacke, DB 2010, 1149; s. eingehend zum Problem auch Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 2 AO Rz 43d, m.w.N.). Für die Rechtsauslegung des Abkommenstextes bleibt das aber ohne Bedeutung, weil sich die Abkommensauslegung einem einseitigen vertragsstaatlichen Zugriff entzieht, wenn dieser Zugriff zeitlich nach dem zu beurteilenden tatsächlichen Lebenssachverhalt liegt. So liegt es hier, weil die in Rede stehende deutsch-schweizerische Konsultationsvereinbarung als solche in Gestalt der Konsultationsverordnung erst am 23. Dezember 2010 in Kraft getreten ist. Maßgebender Anwendungszeitpunkt für die abkommensüberschreibende Konsultationsvereinbarung kann immer nur der Zeitpunkt sein, in welchem eine solche Vereinbarung tatsächlich in der verfassungsrechtlich gebotenen Form in innerstaatliches Recht umgesetzt worden ist. Rückwirkende Anwendungsanordnungen vertragen sich damit nicht und scheiden aus. Insofern gilt nichts anderes als für das Abkommen als solches, für das Art. 32 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971 den Anwendungszeitpunkt für das Jahr bestimmt, das dem Jahr folgt, in welchem das Abkommen infolge Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten ist (oder neuerlich auch in der bereits zitierten ministeriellen "Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen" vom 17. April 2013, nach deren Art. 31 Abs. 1 und 2 der Anwendungszeitpunkt des ratifizierten Abkommens auf den 1. Januar desjenigen Kalenderjahres justiert wird, das dem Jahr folgt, in welchem das Abkommen infolge Austauschs der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten ist). Nur so kann sichergestellt werden, dass das bilateral Vereinbarte in beiden Vertragsstaaten zu ein- und demselben Zeitpunkt anzuwenden ist und genau diejenige Gefahr einer doppelten Besteuerung, ggf. auch doppelten Nichtbesteuerung, vermieden wird, der es nach den Absichten der vereinbarungsbeteiligten Vertragsstaaten (auch) bei einer abkommensverändernden Konsultationsvereinbarung entgegenzutreten gilt (s. zu alledem auch Gosch in Kaeser [Hrsg.], Festgabe für F. Wassermeyer, 2015, Stichwort 29, dort unter III.).

26

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2, § 136 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung.

(1) Die Einkommensteuer entsteht, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Veranlagungszeitraums.

(2) Auf die Einkommensteuer werden angerechnet:

1.
die für den Veranlagungszeitraum entrichteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen (§ 37);
2.
die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer, soweit sie entfällt auf
a)
die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte oder
b)
die nach § 3 Nummer 40 dieses Gesetzes oder nach § 8b Absatz 1, 2 und 6 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleibenden Bezüge
und keine Erstattung beantragt oder durchgeführt worden ist.2Die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer wird nicht angerechnet, wenn die in § 45a Absatz 2 oder Absatz 3 bezeichnete Bescheinigung nicht vorgelegt worden ist oder die Angaben gemäß § 45a Absatz 2a nicht übermittelt worden sind.3Soweit der Steuerpflichtige einen Antrag nach § 32d Absatz 4 oder Absatz 6 stellt, ist es für die Anrechnung ausreichend, wenn die Bescheinigung auf Verlangen des Finanzamts vorgelegt wird.4In den Fällen des § 8b Absatz 6 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes ist es für die Anrechnung ausreichend, wenn die Bescheinigung nach § 45a Absatz 2 und 3 vorgelegt wird, die dem Gläubiger der Kapitalerträge ausgestellt worden ist.5In den Fällen des § 2 Absatz 7 Satz 3 ist auch die durch Steuerabzug im Kalenderjahr des Wechsels von der unbeschränkten zur beschränkten Einkommensteuerpflicht erhobene Einkommensteuer anzurechnen, die auf Einkünfte entfällt, die weder der unbeschränkten noch der beschränkten Steuerpflicht unterliegen; § 37 Absatz 2 der Abgabenordnung findet insoweit keine Anwendung;
3.
die nach § 10 des Forschungszulagengesetzes festgesetzte Forschungszulage.2Das gilt auch für die gesondert und einheitlich festgestellte Forschungszulage;
4.
in den Fällen des § 32c Absatz 1 Satz 2 der nicht zum Abzug gebrachte Unterschiedsbetrag, wenn dieser höher ist als die tarifliche Einkommensteuer des letzten Veranlagungszeitraums im Betrachtungszeitraum.

(3)1Die Steuerbeträge nach Absatz 2 Nummer 2 sind auf volle Euro aufzurunden.2Bei den durch Steuerabzug erhobenen Steuern ist jeweils die Summe der Beträge einer einzelnen Abzugsteuer aufzurunden.

(4)1Wenn sich nach der Abrechnung ein Überschuss zuungunsten des Steuerpflichtigen ergibt, hat der Steuerpflichtige (Steuerschuldner) diesen Betrag, soweit er den fällig gewordenen, aber nicht entrichteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen entspricht, sofort, im Übrigen innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten (Abschlusszahlung).2Wenn sich nach der Abrechnung ein Überschuss zugunsten des Steuerpflichtigen ergibt, wird dieser dem Steuerpflichtigen nach Bekanntgabe des Steuerbescheids ausgezahlt.3Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind, wirkt die Auszahlung an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten.

(5)1Die festgesetzte Steuer, die auf den Aufgabegewinn nach § 16 Absatz 3a und den durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart erzielten Gewinn entfällt, kann auf Antrag des Steuerpflichtigen in fünf gleichen Jahresraten entrichtet werden, wenn die Wirtschaftsgüter einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums zuzuordnen sind, sofern durch diese Staaten Amtshilfe entsprechend oder im Sinne der Amtshilferichtlinie gemäß § 2 Absatz 11 des EU-Amtshilfegesetzes und gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung im Sinne der Beitreibungsrichtlinie einschließlich der in diesem Zusammenhang anzuwendenden Durchführungsbestimmungen in den für den jeweiligen Veranlagungszeitraum geltenden Fassungen oder eines entsprechenden Nachfolgerechtsakts geleistet werden.2Die erste Jahresrate ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten; die übrigen Jahresraten sind jeweils am 31. Juli der Folgejahre fällig.3Die Jahresraten sind nicht zu verzinsen; sie sollen in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden.4Die noch nicht entrichtete Steuer wird innerhalb eines Monats nach Eintritt eines der nachfolgenden Ereignisse fällig,

1.
soweit ein Wirtschaftsgut im Sinne des Satzes 1 veräußert, entnommen, in andere als die in Satz 1 genannten Staaten verlagert oder verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt wird,
2.
wenn der Betrieb oder Teilbetrieb während dieses Zeitraums eingestellt, veräußert oder in andere als die in Satz 1 genannten Staaten verlegt wird,
3.
wenn der Steuerpflichtige aus der inländischen unbeschränkten Steuerpflicht oder der unbeschränkten Steuerpflicht in den in Satz 1 genannten Staaten ausscheidet oder in einem anderen als den in Satz 1 genannten Staaten ansässig wird,
4.
wenn der Steuerpflichtige Insolvenz anmeldet oder abgewickelt wird oder
5.
wenn der Steuerpflichtige seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit den Ratenzahlungen nicht nachkommt und über einen angemessenen Zeitraum, der zwölf Monate nicht überschreiten darf, keine Abhilfe für seine Situation schafft; Satz 2 bleibt unberührt.
5Ändert sich die festgesetzte Steuer, sind die Jahresraten entsprechend anzupassen.6Der Steuerpflichtige hat der zuständigen Finanzbehörde jährlich mit der Steuererklärung oder, sofern keine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht, zum 31. Juli anzuzeigen, ob die Voraussetzungen für die Ratenzahlung weiterhin erfüllt sind; kommt er dieser Anzeigepflicht oder seinen sonstigen Mitwirkungspflichten im Sinne des § 90 der Abgabenordnung nicht nach, werden die noch nicht entrichteten Jahresraten rückwirkend zum 1. August des vorangegangenen Jahres fällig, frühestens aber einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids.7Unbeschadet des Satzes 6 hat der Steuerpflichtige den Eintritt eines Ereignisses nach Satz 4 der zuständigen Finanzbehörde unverzüglich anzuzeigen.8Unterliegt der Steuerpflichtige einer Erklärungspflicht, kann die Anzeige auf Grund eines Ereignisses nach Satz 4 Nummer 1 abweichend von der in Satz 7 genannten Frist mit der nächsten Steuererklärung erfolgen.

(1) Die Anrechnung von Abzugsteuer bei der Veranlagung erfolgt jedoch nur, wenn eine gesonderte Steuerbescheinigung oder ein Steuerausweis auf dem Lohnausweis über die einbehaltene Abzugsteuer vorgelegt wird. Dieser Nachweis ist auf Verlangen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber auszustellen. Ohne die Bescheinigung nach Satz 1 kann auch bei Schätzungsveranlagungen eine Abzugsteuer nicht berücksichtigt werden.

(2) Behält der Arbeitgeber bei einem Grenzgänger Quellensteuer von mehr als 4,5 Prozent der Bruttovergütungen ein, erfolgt nur eine Anrechnung der Abzugsteuer in Höhe von 4,5 Prozent der Bruttovergütungen. Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend. Eine Erstattung zu viel einbehaltener schweizerischer Steuer ist in Deutschland nicht möglich.

(1)1Hat ein zeitweise oder während des gesamten Veranlagungszeitraums unbeschränkt Steuerpflichtiger oder ein beschränkt Steuerpflichtiger, auf den § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 Anwendung findet,

1.
a)
Arbeitslosengeld, Teilarbeitslosengeld, Zuschüsse zum Arbeitsentgelt, Kurzarbeitergeld, Insolvenzgeld, Übergangsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch; Insolvenzgeld, das nach § 170 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch einem Dritten zusteht, ist dem Arbeitnehmer zuzurechnen,
b)
Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Verletztengeld, Übergangsgeld oder vergleichbare Lohnersatzleistungen nach dem Fünften, Sechsten oder Siebten Buch Sozialgesetzbuch, der Reichsversicherungsordnung, dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte oder dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte,
c)
Mutterschaftsgeld, Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, die Sonderunterstützung nach dem Mutterschutzgesetz sowie den Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften,
d)
Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz,
e)
Entschädigungen für Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045),
f)
Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld nach dem Bundesversorgungsgesetz,
g)
nach § 3 Nummer 28 steuerfreie Aufstockungsbeträge oder Zuschläge sowie nach § 3 Nummer 28a steuerfreie Zuschüsse,
h)
Leistungen an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 5 des Unterhaltssicherungsgesetzes,
i)
nach § 3 Nummer 60 steuerfreie Anpassungsgelder,
j)
Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz,
k)
nach § 3 Nummer 2 Buchstabe e steuerfreie Leistungen, wenn vergleichbare Leistungen inländischer öffentlicher Kassen nach den Buchstaben a bis j dem Progressionsvorbehalt unterfallen, oder
2.
ausländische Einkünfte, die im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben; dies gilt nur für Fälle der zeitweisen unbeschränkten Steuerpflicht einschließlich der in § 2 Absatz 7 Satz 3 geregelten Fälle; ausgenommen sind Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen im Sinne der Nummer 4 steuerfrei sind und die nach diesem Übereinkommen nicht unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer stehen,
3.
Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind,
4.
Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer steuerfrei sind,
5.
Einkünfte, die bei Anwendung von § 1 Absatz 3 oder § 1a oder § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 im Veranlagungszeitraum bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens unberücksichtigt bleiben, weil sie nicht der deutschen Einkommensteuer oder einem Steuerabzug unterliegen; ausgenommen sind Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen im Sinne der Nummer 4 steuerfrei sind und die nach diesem Übereinkommen nicht unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer stehen,
bezogen, so ist auf das nach § 32a Absatz 1 zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden.2Satz 1 Nummer 3 gilt nicht für Einkünfte
1.
aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsstätte,
2.
aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen gewerblichen Betriebsstätte, die nicht die Voraussetzungen des § 2a Absatz 2 Satz 1 erfüllt,
3.
aus der Vermietung oder der Verpachtung von unbeweglichem Vermögen oder von Sachinbegriffen, wenn diese in einem anderen Staat als in einem Drittstaat belegen sind, oder
4.
aus der entgeltlichen Überlassung von Schiffen, sofern diese ausschließlich oder fast ausschließlich in einem anderen als einem Drittstaat eingesetzt worden sind, es sei denn, es handelt sich um Handelsschiffe, die
a)
von einem Vercharterer ausgerüstet überlassen oder
b)
an in einem anderen als in einem Drittstaat ansässige Ausrüster, die die Voraussetzungen des § 510 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs erfüllen, überlassen oder
c)
insgesamt nur vorübergehend an in einem Drittstaat ansässige Ausrüster, die die Voraussetzungen des § 510 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs erfüllen, überlassen
worden sind, oder
5.
aus dem Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder der Übertragung eines zu einem Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts im Sinne der Nummern 3 und 4.
3§ 2a Absatz 2a und § 15b sind sinngemäß anzuwenden.

(1a) Als unmittelbar von einem unbeschränkt Steuerpflichtigen bezogene ausländische Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 gelten auch die ausländischen Einkünfte, die eine Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder des § 17 des Körperschaftsteuergesetzes bezogen hat und die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind, in dem Verhältnis, in dem dem unbeschränkt Steuerpflichtigen das Einkommen der Organgesellschaft bezogen auf das gesamte Einkommen der Organgesellschaft im Veranlagungszeitraum zugerechnet wird.

(2)1Der besondere Steuersatz nach Absatz 1 ist der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Absatz 1 zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um

1.
im Fall des Absatzes 1 Nummer 1 die Summe der Leistungen nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags (§ 9a Satz 1 Nummer 1), soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar ist;
2.
im Fall des Absatzes 1 Nummer 2 bis 5 die dort bezeichneten Einkünfte, wobei die darin enthaltenen außerordentlichen Einkünfte mit einem Fünftel zu berücksichtigen sind.2Bei der Ermittlung der Einkünfte im Fall des Absatzes 1 Nummer 2 bis 5
a)
ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a) abzuziehen, soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar ist;
b)
sind Werbungskosten nur insoweit abzuziehen, als sie zusammen mit den bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbaren Werbungskosten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a) übersteigen;
c)
sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.2§ 4 Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend.

(3)1Nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung haben die Träger der Sozialleistungen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 für jeden Leistungsempfänger der für seine Besteuerung nach dem Einkommen zuständigen Finanzbehörde neben den nach § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung erforderlichen Angaben die Daten über die im Kalenderjahr gewährten Leistungen sowie die Dauer des Leistungszeitraums zu übermitteln, soweit die Leistungen nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben sind (§ 41b Absatz 1 Satz 2 Nummer 5); § 41b Absatz 2 und § 22a Absatz 2 gelten entsprechend.2Die mitteilungspflichtige Stelle hat den Empfänger der Leistungen auf die steuerliche Behandlung dieser Leistungen und seine Steuererklärungspflicht hinzuweisen.3In den Fällen des § 170 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gilt als Empfänger des an Dritte ausgezahlten Insolvenzgeldes der Arbeitnehmer, der seinen Arbeitsentgeltanspruch übertragen hat.

(4)1In den Fällen des Absatzes 3 ist für die Anwendung des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung das Betriebsstättenfinanzamt des Trägers der jeweiligen Sozialleistungen zuständig.2Sind für ihn mehrere Betriebsstättenfinanzämter zuständig oder hat er keine Betriebsstätte im Sinne des § 41 Absatz 2, so ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich seine Geschäftsleitung nach § 10 der Abgabenordnung im Inland befindet.

(5) Die nach Absatz 3 übermittelten Daten können durch das nach Absatz 4 zuständige Finanzamt bei den für die Besteuerung der Leistungsempfänger nach dem Einkommen zuständigen Finanzbehörden abgerufen und zur Anwendung des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung verarbeitet werden.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Einkommensteuer wird bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des Steuerabzugs erhoben

1.
bei Einkünften, die durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einkünfte zufließen (§ 49 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 und 9), es sei denn, es handelt sich um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die bereits dem Steuerabzug vom Arbeitslohn nach § 38 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 unterliegen,
2.
bei Einkünften aus der inländischen Verwertung von Darbietungen im Sinne der Nummer 1 (§ 49 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 und 6),
3.
bei Einkünften, die aus Vergütungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten, insbesondere von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten, von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Beispiel Plänen, Mustern und Verfahren, herrühren, sowie bei Einkünften, die aus der Verschaffung der Gelegenheit erzielt werden, einen Berufssportler über einen begrenzten Zeitraum vertraglich zu verpflichten (§ 49 Absatz 1 Nummer 2, 3, 6 und 9),
4.
bei Einkünften, die Mitgliedern des Aufsichtsrats, Verwaltungsrats oder anderen mit der Überwachung der Geschäftsführung von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne des § 1 des Körperschaftsteuergesetzes beauftragten Personen sowie von anderen inländischen Personenvereinigungen des privaten und öffentlichen Rechts, bei denen die Gesellschafter nicht als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind, für die Überwachung der Geschäftsführung gewährt werden (§ 49 Absatz 1 Nummer 3).

(2)1Der Steuerabzug beträgt 15 Prozent, in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 beträgt er 30 Prozent der gesamten Einnahmen.2Vom Schuldner der Vergütung ersetzte oder übernommene Reisekosten gehören nur insoweit zu den Einnahmen, als die Fahrt- und Übernachtungsauslagen die tatsächlichen Kosten und die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand die Pauschbeträge nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 5 übersteigen.3Bei Einkünften im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 wird ein Steuerabzug nicht erhoben, wenn die Einnahmen je Darbietung 250 Euro nicht übersteigen.

(3)1Der Schuldner der Vergütung kann von den Einnahmen in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1, 2 und 4 mit ihnen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen, die ihm ein beschränkt Steuerpflichtiger in einer für das Bundeszentralamt für Steuern nachprüfbaren Form nachgewiesen hat oder die vom Schuldner der Vergütung übernommen worden sind.2Das gilt nur, wenn der beschränkt Steuerpflichtige Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Staates ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.3Es gilt entsprechend bei einer beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 32 Absatz 4 des Körperschaftsteuergesetzes.4In diesen Fällen beträgt der Steuerabzug von den nach Abzug der Betriebsausgaben oder Werbungskosten verbleibenden Einnahmen (Nettoeinnahmen), wenn

1.
Gläubiger der Vergütung eine natürliche Person ist, 30 Prozent,
2.
Gläubiger der Vergütung eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse ist, 15 Prozent.

(4)1Hat der Gläubiger einer Vergütung seinerseits Steuern für Rechnung eines anderen beschränkt steuerpflichtigen Gläubigers einzubehalten (zweite Stufe), kann er vom Steuerabzug absehen, wenn seine Einnahmen bereits dem Steuerabzug nach Absatz 2 unterlegen haben.2Wenn der Schuldner der Vergütung auf zweiter Stufe Betriebsausgaben oder Werbungskosten nach Absatz 3 geltend macht, die Veranlagung nach § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 beantragt oder die Erstattung der Abzugsteuer nach § 50c Absatz 3 oder einer anderen Vorschrift beantragt, hat er die sich nach Absatz 2 oder Absatz 3 ergebende Steuer zu diesem Zeitpunkt zu entrichten; Absatz 5 gilt entsprechend.

(5)1Die Steuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung dem Gläubiger zufließt.2In diesem Zeitpunkt hat der Schuldner der Vergütung den Steuerabzug für Rechnung des Gläubigers (Steuerschuldner) vorzunehmen.3Er hat die innerhalb eines Kalendervierteljahres einzubehaltende Steuer jeweils bis zum zehnten des dem Kalendervierteljahr folgenden Monats beim Bundeszentralamt für Steuern anzumelden und die einbehaltene Steuer an das Bundeszentralamt für Steuern abzuführen.4Eine Anmeldungsverpflichtung beim Bundeszentralamt für Steuern besteht auch, wenn ein Steuerabzug auf Grund des Absatzes 2 Satz 3 oder des Absatzes 4 Satz 1 nicht vorzunehmen ist oder auf Grund des § 50c Absatz 2 nicht oder nicht in voller Höhe vorzunehmen ist; Satz 3 gilt insoweit entsprechend.5Der Schuldner der Vergütung haftet für die Einbehaltung und Abführung der Steuer.6Der Steuerschuldner kann in Anspruch genommen werden, wenn der Schuldner der Vergütung den Steuerabzug nicht vorschriftsmäßig vorgenommen hat.7Der Schuldner der Vergütung ist verpflichtet, dem Gläubiger auf Verlangen die folgenden Angaben nach amtlich vorgeschriebenem Muster zu bescheinigen:

1.
den Namen und die Anschrift des Gläubigers,
2.
die Art der Tätigkeit und Höhe der Vergütung in Euro,
3.
den Zahlungstag,
4.
den Betrag der einbehaltenen und abgeführten Steuer nach Absatz 2 oder Absatz 3.

(6) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass bei Vergütungen für die Nutzung oder das Recht auf Nutzung von Urheberrechten (Absatz 1 Nummer 3), die nicht unmittelbar an den Gläubiger, sondern an einen Beauftragten geleistet werden, anstelle des Schuldners der Vergütung der Beauftragte die Steuer einzubehalten und abzuführen hat und für die Einbehaltung und Abführung haftet.

(7)1Das Finanzamt des Vergütungsgläubigers kann anordnen, dass der Schuldner der Vergütung für Rechnung des Gläubigers (Steuerschuldner) die Einkommensteuer von beschränkt steuerpflichtigen Einkünften, soweit diese nicht bereits dem Steuerabzug unterliegen, im Wege des Steuerabzugs einzubehalten und abzuführen hat, wenn dies zur Sicherung des Steueranspruchs zweckmäßig ist.2Der Steuerabzug beträgt 25 Prozent der gesamten Einnahmen, bei Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen 15 Prozent der gesamten Einnahmen; das Finanzamt kann die Höhe des Steuerabzugs hiervon abweichend an die voraussichtlich geschuldete Steuer anpassen.3Absatz 5 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Steuer bei dem Finanzamt anzumelden und abzuführen ist, das den Steuerabzug angeordnet hat; das Finanzamt kann anordnen, dass die innerhalb eines Monats einbehaltene Steuer jeweils bis zum zehnten des Folgemonats anzumelden und abzuführen ist.4§ 50 Absatz 2 Satz 1 ist nicht anzuwenden.5Ist für Einkünfte im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 7 und 10 der Steuerabzug einbehalten und abgeführt worden, obwohl eine Verpflichtung hierzu nicht bestand, ist auf Antrag des Schuldners der Vergütung die Anmeldung über den Steuerabzug insoweit zu ändern; stattdessen kann der Schuldner der Vergütung, sobald er erkennt, dass er den Steuerabzug ohne Verpflichtung einbehalten und abgeführt hat, bei der folgenden Steueranmeldung den abzuführenden Steuerabzug entsprechend kürzen; erstattungsberechtigt ist der Schuldner der Vergütung; die nach Absatz 5 Satz 6 erteilte Bescheinigung ist durch eine berichtigte Bescheinigung zu ersetzen und im Fall der Übermittlung in Papierform zurückzufordern.6Die Anrechnung der durch Steuerabzug erhobenen Einkommensteuer nach § 36 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a richtet sich nach der Höhe der in der Rentenbezugsmitteilung nach § 22a ausgewiesenen einbehaltenen Steuerabzugsbeträge.7Wird eine Rentenbezugsmitteilung wegen einbehaltener Steuerabzugsbeträge korrigiert, ist die Anrechnung insoweit nachzuholen oder zu ändern.