Bundesverwaltungsgericht Urteil, 01. Juni 2011 - 8 C 5/10

bei uns veröffentlicht am01.06.2011

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen über das Internet und der Internetwerbung hierfür, soweit dies vom Gebiet des Freistaates Bayern aus abrufbar ist.

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Er ist Inhaber einer am 11. April 1990 von dem Gewerbeamt des damaligen Landkreises Löbau/Sachsen auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. I Nr. 17 S. 138) erteilten Gewerbegenehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten ab 1. Mai 1990 in ... N. (DDR), ... . Mit Bescheid vom 27. März 2009 untersagte ihm der Beklagte nach vorheriger Anhörung, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln (Ziff. 1). Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 150 000 € angedroht (Ziff. 2); ferner wurden Verwaltungsgebühren von 10 150 € festgesetzt (Ziff. 4). Mit weiterem Bescheid vom 6. April 2009 untersagte der Beklagte nach vorheriger Anhörung dem Kläger außerdem, im Internet für öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu werben, soweit die Werbung vom Gebiet des Freistaats Bayern aus abrufbar ist (Ziff. 1). Für den Fall der Zuwiderhandlung nach dem 15. April 2009, 16.00 Uhr, wurde ein Zwangsgeld von 50 000 € angedroht (Ziff. 2); ferner wurden Verwaltungsgebühren von 3 125 € festgesetzt (Ziff. 4).

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Der Kläger hat gegen beide Bescheide Klagen erhoben, mit denen er zuletzt beantragt,

die Bescheide der Regierung von Mittelfranken vom 27. März 2009 und vom 6. April 2009 aufzuheben

sowie festzustellen,

1. dass Ziff. 1 des Bescheides vom 27. März 2009 den Kläger nicht verpflichtet, das via Internet vertriebene Glücksspielangebot im gesamten Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland oder vollständig einzustellen, und dass Ziff. 1 und 2 dieses Bescheides den Beklagten nicht berechtigen, den Kläger durch Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung anzuhalten, das via Internet vertriebene Glücksspielangebot im gesamten Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland oder vollständig einzustellen,

2. ferner, dass Ziff. 1 des Bescheides vom 6. April 2009 den Kläger nicht verpflichtet, die Glücksspielwerbung im Internet auch insoweit einzustellen, als sie außerhalb des Gebietes des Freistaats Bayern abrufbar ist, und dass Ziff. 1 und 2 dieses Bescheides den Beklagten nicht berechtigen, den Kläger durch Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung anzuhalten, die Glücksspielwerbung im Internet auch insoweit einzustellen, als sie außerhalb des Gebietes des Freistaats Bayern abrufbar ist.

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Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 9. Dezember 2009 abgewiesen. Die Feststellungsanträge seien wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unzulässig. Zudem fehle es an einem Feststellungsinteresse, da keine Unklarheit über die inhaltliche Reichweite der Untersagungsverfügungen bestehe. Die Anfechtungsanträge seien zwar zulässig, jedoch unbegründet. Die auf § 9 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 GlüStV gestützten Bescheide seien rechtmäßig. Ihnen stehe nicht die dem Kläger im Jahre 1990 nach dem Recht der früheren DDR erteilte Gewerbeerlaubnis entgegen, die nur den Zugang zur gewerblichen Tätigkeit, nicht aber Fragen ihrer Ausübung wie die Nutzung des Internets geregelt habe. Die maßgeblichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages stünden mit dem Grundgesetz sowie mit Europarecht im Einklang. Die mit den Verbotsregelungen verbundenen Eingriffe in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG seien verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages wie der Schutz vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität legitimierten selbst Berufswahlregelungen. Zur Durchsetzung dieser Ziele seien die Internetverbote geeignet und erforderlich. Sie seien auch verhältnismäßig im engeren Sinne, weil sie unmittelbar der Spielsucht-Prävention dienten. Soweit das Internetverbot den freien Dienstleistungsverkehr (Art. 56 AEUV) innerhalb der Europäischen Union beschränke, sei dies aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, nämlich zum Verbraucherschutz, zur Betrugsvorbeugung und zur Vermeidung von Anreizen zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt. Die Mitgliedstaaten könnten mangels Harmonisierung der Glücksspielpolitik den Glücksspielmarkt nach ihrer eigenen Werteordnung gestalten. Die Internetverbote seien erforderlich und geeignet, in kohärenter Weise die mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele zu erreichen. Eine Gesamtkohärenzbetrachtung der Internetverbotsregelungen für vom Glücksspielstaatsvertrag erfasste Glücksspiele mit der Regelung anderer Bereiche wie Pferdewetten, Spielbanken und Spielautomaten sei nicht geboten. Der Beklagte habe den Anwendungsbereich seiner Bescheide auf das Gebiet des Freistaats Bayern beschränkt. Weitergehende tatsächliche Auswirkungen stellten die Verbandskompetenz des Beklagten nicht in Frage, sondern beträfen allein Fragen der Verhältnismäßigkeit. Die Anordnungen seien auch hinreichend bestimmt. Der Kläger könne als Adressat klar erkennen, was sie von ihm verlangten, und sei sowohl tatsächlich als auch rechtlich in der Lage, ihnen jedenfalls durch vollständiges Unterlassen seiner Internetaktivitäten Folge zu leisten. Da die Internetverbote deutschlandweit Geltung beanspruchten, bestehe kein rechtlich beachtenswertes Interesse an der Aufrechterhaltung des Internetangebots des Klägers in Deutschland außerhalb Bayerns. Die Frage der technischen Realisierbarkeit einer auf Bayern beschränkten Abschaltung stelle sich daher nicht. Auch gegen die Höhe der Zwangsgelder und der Gebührenfestsetzungen bestünden keine Bedenken. Die Gewinn- und Verlustrechnung für 2008 belege das hohe wirtschaftliche Interesse des Klägers, das bei der Bemessung der Zwangsgelder und Gebühren zu berücksichtigen sei.

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Gegen das Urteil hat der Kläger mit Zustimmung des Beklagten die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Die Feststellungsanträge seien zulässig, weil der Beklagte die Rechtsbehauptung aufgestellt habe, er, der Kläger, sei zur deutschlandweiten Einstellung der Internetaktivitäten verpflichtet. Sie seien ebenso wie die Anfechtungsanträge auch begründet. Die Untersagungsanordnungen seien zu unbestimmt; denn der in den Bescheiden verwendete Begriff des Glücksspiels im Sinne von § 3 GlüStV sei unklar. Folge man der Auslegung im angegriffenen Urteil, die Verbotsanordnungen seien territorial auf Bayern beschränkt, fehle es jedenfalls an hinreichenden Feststellungen zu ihrer tatsächlichen Realisierbarkeit. Ein Verwaltungsakt, der aus tatsächlichen Gründen nicht ausgeführt werden könne, sei nichtig. Ein deutschlandweiter Verzicht auf seine Internetpräsenz könne nicht verlangt werden. Die Anwendung der Internetverbote des Glücksspielstaatsvertrages auf seine von der DDR erteilte Erlaubnis missachte zudem Art. 19 Satz 3 EV in Verbindung mit dem Gewerbegesetz der DDR. Ferner verletze sie die Grundsätze der Bestandskraft von Verwaltungsakten. Darin liege auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip sowie gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 GG. Der Glücksspielstaatsvertrag stehe außerdem nicht mit der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 und 57 AEUV) im Einklang. Die Notifizierungspflicht sei nicht gewahrt. Wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts seien die Vorschriften über die Internetverbote nicht anwendbar. Der - im Hinblick auf das Telemediengesetz des Bundes - unter Verletzung von Art. 72 Abs. 1 GG zustande gekommene Glücksspielstaatsvertrag verstoße zudem insgesamt gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Der Beklagte habe schließlich sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. In die Abwägung sei nicht nur sein allgemeines wirtschaftliches Interesse an der Fortsetzung seiner Gewerbetätigkeit einzustellen, sondern auch die ihm erteilte und besonderen Grundrechtsschutz genießende DDR-Gewerbeerlaubnis. Ermessensfehlerhaft sei zudem die Ausdehnung der Bescheide auf sämtliche öffentliche Glücksspiele, obwohl er nur Sportwetten angeboten habe. Die festgesetzten Verwaltungsgebühren seien überhöht.

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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Internetverbote des Glücksspielstaatsvertrages hätten unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols Bestand. Die für das Monopol geltenden Kohärenzkriterien seien nicht auf die Internetverbote anzuwenden, so dass es auf die Zulässigkeit von Online-Pferdewetten nicht ankomme. Im Übrigen ergebe sich die Kohärenz dieser Verbote selbst bei einer Gesamtbetrachtung des Glücksspielmarktes. Für das virtuelle, nicht stationäre Geldautomatenspiel gelte § 4 Abs. 4 GlüStV. Die historisch begründete Fortgeltung des für Pferderennwetten geltenden Rennwett- und Lotteriegesetzes als Bundesrecht lasse allein kein offensichtlich widersprüchliches oder rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Staates zur Förderung eigener fiskalischer Interessen erkennen. § 2 Abs. 2 Satz 1 RennwLottG schließe zudem den Abschluss von Pferdewetten im Internet aus, weil die Erlaubnis ortsgebunden erteilt werden müsse. Auch Kasinospiele dürften im Internet nicht stattfinden. Dies sei in Bayern ausdrücklich gesetzlich geregelt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen.

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Die Feststellungsklagen sind unzulässig. Für sie besteht kein Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger meint, die Untersagungsbescheide vom 27. März 2009 und vom 6. April 2009 legten sich Wirkung auch für das Gebiet außerhalb Bayerns bei. Insofern besteht jedoch kein Klärungsbedarf. Schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut, der zudem durch die Bekundungen des Beklagten bekräftigt wird, verbieten sie dem Kläger die Veranstaltung und Vermittlung sowie die Werbung für öffentliches Glücksspiel via Internet nur, soweit dies vom Gebiet des Freistaats Bayern aus abrufbar ist. Die Feststellungsanträge wären im Übrigen auch dann unzulässig, wenn die Besorgnis des Klägers, die Bescheide könnten anders ausgelegt werden, zuträfe. Dann stünde ihnen § 43 Abs. 2 VwGO entgegen. Der Kläger hält nämlich ein Verbot für das Gebiet außerhalb Bayerns schon wegen der fehlenden örtlichen Zuständigkeit des Beklagten für rechtswidrig. Eine dahingehende Klärung könnte er durch Gestaltungsklage erreichen; er müsste dann die in Rede stehenden Bescheide jedenfalls insoweit anfechten, als sie ihm die Nutzung des Internets außerhalb Bayerns untersagten.

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Die Anfechtungsklagen sind unbegründet. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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1. Die Bescheide finden ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2, § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV), der in Bayern am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist (BayGVBl 2007 S. 906; 2008 S. 20). Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV kann die zuständige Behörde des Beklagten die erforderlichen Anordnungen erlassen, um sicherzustellen, dass die nach diesem Staatsvertrag begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen erfüllt werden; dazu gehören sowohl das Verbot, öffentliche Glücksspiele im Internet zu veranstalten oder zu vermitteln (§ 4 Abs. 4 GlüStV), als auch das Verbot, für öffentliches Glücksspiel im Internet zu werben (§ 5 Abs. 3 GlüStV). Der Senat hat dabei nach § 137 Abs. 1 i.V.m. § 173 VwGO, § 560 ZPO die von der Vorinstanz vorgenommene Auslegung und Anwendung des als Landesrecht irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen bayerischen Ausführungsgesetzes (AGGlüStV) vom 20. Dezember 2007 (BayGVBl 2007, S. 922) zugrunde zu legen. Er hat nur zu überprüfen, ob diese mit dem revisiblen Recht in Einklang stehen. Das ist der Fall.

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a) Die Internetverbote des § 4 Abs. 4 GlüStV und des § 5 Abs. 3 GlüStV richten sich nicht nur an die in § 10 Abs. 2 GlüStV genannten Träger des staatlichen Glücksspielmonopols. Vielmehr erfassen diese Vorschriften gemäß § 2 GlüStV alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele; dies gilt nach § 2 Satz 2 GlüStV auch für den Bereich der Spielbanken. An der Vereinbarkeit dieser Auslegung mit dem Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit und dem Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) hat der Senat angesichts des klaren Wortlautes, der Systematik sowie des Sinn und Zweckes dieser Regelungen keine Zweifel.

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Die Internetverbote sind entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht "monopolakzessorisch", sondern sind unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht. Davon ist die Vorinstanz ohne Verstoß gegen revisibles Recht ausgegangen. Ihre Auslegung ist auch insoweit willkürfrei und nicht, wie der Kläger meint, schlechthin unvertretbar. Vielmehr findet die von ihm vertretene abweichende Auslegung im Wortlaut und der Systematik der Regelungen keinen Anhaltspunkt. Die in § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV normierten Internetverbote knüpfen nicht an die Monopolregelung an. Sie stellen nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbieten nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs und der Werbung. Auch nach der Entstehungsgeschichte und dem erkennbaren Zweck der Vorschriften steht ihre Anwendbarkeit nicht unter dem Vorbehalt, dass vom Glücksspielstaatsvertrag erfasste öffentliche Glücksspiele nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörden nach Maßgabe von § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV von den dafür allein zugelassenen Stellen veranstaltet und nur Wettangebote des staatlichen Monopolträgers vermittelt werden dürften. Nach der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag enthält § 4 Abs. 4 GlüStV das "generelle" Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet und erstreckt sich auf alle Arten der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele, insbesondere auf Lotterien, Sportwetten und den Bereich der Spielbanken. Würden die das staatliche Monopol des Veranstaltens von Sportwetten regelnden Vorschriften, wie der Kläger erhofft, vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig und nichtig erklärt werden oder dürften sie aus unionsrechtlichen Gründen wegen Verstoßes gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) nicht angewendet werden, würde das die (Weiter-)Geltung der Internetverbote nicht beseitigen. Mit einem Ausspruch der (Teil-)Nichtigkeit oder mit der Unanwendbarkeit der Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages über das staatliche Sportwettenmonopol entstünde kein vom Willen des Normgebers nicht gedeckter Regelungstorso (vgl. dazu u.a. BVerfG, Urteil vom 28. Mai 1993 - 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92 - BVerfGE 88, 203 <333>; Beschluss vom 7. September 2010 - 2 BvF 1/09 - NVwZ 2010, 1549 = juris Rn. 159). Denn mit den Internetverboten wird eine wesentliche Forderung erfüllt, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276) aufgestellt hatte (vgl. LTDrucks 15/8486 S. 14 f.). Insbesondere vor dem Hintergrund der rechtlich gebotenen Ausrichtung des Wettangebotes am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht hat das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit der Wettteilnahme über das Internet als bedenklich angesehen und ein Tätigwerden des Normgebers verlangt, zumal gerade dieser Vertriebsweg keine effektive Kontrolle des Jugendschutzes gewährleistet. Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, "dem Glücksspielbereich den Vertriebsweg 'Internet' über den Sportwettenbereich hinaus grundsätzlich zu untersagen" (LTDrucks 15/8486 S. 15). Dieser Zweck entfällt auch dann nicht, wenn die im Glücksspielstaatsvertrag enthaltenen Vorschriften über das staatliche Monopol wegfallen würden.

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Es kann deshalb hier offen bleiben, ob die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols in Bayern den verfassungs- und unionsrechtlichen Anforderungen genügt (vgl. dazu Urteil des Senats vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - NVwZ 2011, 554). Insbesondere kann dahinstehen, ob eine Monopolwerbung betrieben wird, die den Anforderungen einer verfassungsgemäßen Auslegung und Handhabung des § 5 Abs. 1 GlüStV widerspricht. Unerheblich ist auch, ob eine im unionsrechtlichen Sinne kohärente Regelung des Glücksspiels im Hinblick auf die Entwicklung des Spielbankenrechts oder der bundesrechtlichen Vorschriften zum Betrieb von Geldspielgeräten fehlt. Denn die Internetverbote des Glücksspielstaatsvertrages sind unabhängig davon zu beachten.

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b) Die angefochtenen Bescheide wurden nach den den Senat bindenden Feststellungen der Vorinstanz durch die für Bayern zuständige Behörde erlassen.

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Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Bescheide nicht etwa nichtig, weil sie ihm etwas abverlangten, was objektiv unmöglich ist (Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG). Dem Kläger ist es möglich, das Unterlassungsgebot einzuhalten. Er ist durch keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehindert, den Untersagungsverfügungen nachzukommen. Auch privatrechtlich besitzt er nach den Feststellungen der Vorinstanz, denen er nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen entgegengetreten ist, die Verfügungsbefugnis über den Internetauftritt. Dementsprechend hat der Kläger die Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen über das Internet sowie die Werbung hierfür bundesweit und damit auch - wie in den Bescheiden verlangt - in Bayern eingestellt.

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Sollten die Bescheide tatsächlich nur bundesweit befolgt werden können, so wäre die damit verbundene Beeinträchtigung für den Kläger nicht unzumutbar. Denn die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet und die Internetwerbung hierfür sind nach § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 GlüStV ohnehin im gesamten Bundesgebiet verboten. Angesichts dessen besteht im gesamten Bundesgebiet kein rechtlich schützenswertes Interesse an der Veranstaltung und Vermittlung sowie der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet. Ist dem Kläger aber rechtlich zumutbar, seine Internetaktivitäten deutschlandweit zu unterlassen, kommt es auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial auf Bayern beschränkten Abschaltung nicht an. Sofern es technisch möglich und wirtschaftlich für ihn sinnvoll sein sollte, den vom Beklagten nur für seinen Zuständigkeitsbereich verlangten Anordnungen in anderer, weniger belastender Weise nachzukommen, steht ihm dies frei.

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c) Das Verwaltungsgericht hat auch ohne Rechtsfehler bejaht, dass der Beklagte mit den Bescheiden dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage entsprochen und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten hat (Art. 40 BayVwVfG). Er will die in § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV normierten Internetverbote durchsetzen und damit einen rechtmäßigen Zustand herbeiführen. Die Anordnungen sind zur Erreichung dieses Zwecks geeignet. Eine den Kläger weniger belastende gleich wirksame Maßnahme ist nicht ersichtlich. Angesichts des mit den Anordnungen angestrebten Ziels, Verstöße gegen geltendes Recht zu unterbinden, sind die dadurch für den Kläger bewirkten Nachteile auch nicht unverhältnismäßig schwer. Er hat keinen Anspruch darauf, aus wirtschaftlichen Gründen die mit den Internetverboten bekämpften Gefahren für wichtige Rechtsgüter herbeiführen zu dürfen.

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2. Die Internetverbote des § 4 Abs. 4 und des § 5 Abs. 3 GlüStV sind mit dem nationalen Verfassungsrecht vereinbar.

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a) Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die in § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV normierten Internetverbote im Freistaat Bayern durch das Zustimmungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag vom 27. November 2007 und das Ausführungsgesetz vom 20. Dezember 2007 von der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG gedeckt sind. Der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht abschließend Gebrauch gemacht (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304; Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 Rn. 14). Das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl I S. 393), das nach Art. 125 Nr. 1 GG als Bundesrecht fortgilt, regelt nicht die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Sportwetten außerhalb des Pferdesports (vgl. Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - NVwZ 2011, 549 Rn. 29). Auch das am 1. März 2007 in Kraft getretene Telemediengesetz (BGBl I S. 179), das in seinem § 4 normiert, dass Telemedien im Rahmen der Gesetze zulassungs- und anmeldefrei sind, steht der Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG nicht entgegen. Denn es regelt nicht die Veranstaltung und den Vertrieb von Sportwetten im Internet sowie die Internetwerbung hierfür. Anderweitige gesetzliche Regelungen, die sich auf die Nutzung von Telemedien auswirken, bleiben angesichts des weiten Gesetzesvorbehalts des § 4 Telemediengesetz ("im Rahmen der Gesetze") ausdrücklich unberührt.

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b) Die Regelungen über das Verbot der Veranstaltung und der Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen im Internet und der Internetwerbung hierfür verstoßen nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Dabei kann offenbleiben, ob sie für bestimmte Unternehmen nicht nur die Berufsausübungsfreiheit, sondern auch die Berufswahlfreiheit beschränken. Die in § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV normierten Internetverbote dienen dem Ziel der Bekämpfung der Wettsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV) sowie einem effektiven Jugendschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV). Bei beiden Zielen handelt es sich um besonders wichtige Gemeinwohlbelange, die selbst objektive Berufswahlregelungen rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304 ff.; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 = juris Rn. 28 f.). Zweifel an der tatsächlichen Verfolgung dieser Ziele bestehen nicht. Solche Zweifel ergeben sich auch nicht daraus, dass sich der Normgeber innerhalb seines Kompetenzbereiches bei der Verfolgung dieser Ziele widersprüchlich verhielte. Die in Rede stehenden Internetverbote erfassen sämtliche Arten und Formen der Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen (§ 2 Satz 1 GlüStV). Sie gelten auch für Spielbanken (§ 2 Satz 2 GlüStV).

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Die Internetverbote sind geeignet, die mit ihnen verfolgten Ziele zu erreichen. Sie tragen dazu bei, problematisches Spielverhalten einzudämmen. Das Spielen per Internet ist durch Ubiquität sowie durch eine zeitlich grundsätzlich unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots gekennzeichnet. Hinzu kommt ein im Vergleich zur Abgabe eines Lottoscheins in der Annahmestelle höherer Abstraktionsgrad, der geeignet ist, das virtuelle Glücksspiel in der Wahrnehmung des Spielers aus seinem Bedeutungszusammenhang herauszulösen und insbesondere die Tatsache des Einsatzes - und möglichen Verlustes - von Geld in den Hintergrund treten zu lassen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - a.a.O. Rn. 40). Außerdem bestehen nach wie vor erhebliche Bedenken, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen im Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 315). Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel. Dem steht nicht entgegen, dass es wegen des grenzüberschreitenden Charakters des Internets schwierig ist, die Beachtung des Verbots sicherzustellen und Verstöße zu ahnden. Dies hebt die Eignung des Verbots nicht auf, zumal etwa gegenüber den Server-Betreibern und den Dienstleistungsunternehmen, die die finanziellen Transaktionen abwickeln, weitere Maßnahmen zur Durchsetzung des Verbots in Betracht kommen.

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Die Internetverbote sind auch erforderlich. Ein weniger belastendes, gleich wirksames Mittel zur Zielerreichung ist nicht ersichtlich (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - a.a.O. Rn. 48).

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Sie sind schließlich im engeren Sinne verhältnismäßig. Die Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungs- oder Berufswahlfreiheit steht nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der mit ihnen verfolgten Ziele. Zwar können die Internetverbote Unternehmen, deren geschäftliche Aktivitäten überwiegend oder gar ausschließlich hierauf ausgerichtet sind, empfindlich in ihrer beruflichen Betätigungsfreiheit und ihrem wirtschaftlichen Erfolg treffen. Die Verbote sind jedoch gerade darauf gestützt, dass mit der Nutzung des Internets nach Einschätzung der Länder als Normgeber eine besonders starke Anreizwirkung verbunden ist. Die Besonderheiten des Glücksspiels per Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit sowie die Möglichkeit seiner ubiquitären Nutzung, begünstigen problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise. Dagegen gerichtete Internetverbote dienen damit unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von hohem Rang (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 a.a.O. Rn. 57 ff.).

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c) § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV verstoßen auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, der den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, innerhalb seines Kompetenzbereiches vergleichbare Sachverhalte gleich zu regeln. Sie erfassen alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele (vgl. § 2 Satz 1 GlüStV) und begründen für diese ein generelles Veranstaltungs-, Vermittlungs- und Werbeverbot im Internet, und zwar unabhängig davon, ob es sich um erlaubte oder unerlaubte Glücksspiele handelt (vgl. § 5 Abs. 4 GlüStV).

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Der Vortrag des Klägers, die Internetwerbung für Spielbanken sei entgegen dem Gleichbehandlungsgebot nicht von dem in § 5 Abs. 3 GlüStV normierten Verbot umfasst, trifft nicht zu. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 2 Satz 2 GlüStV, wonach die Vorschriften der §§ 4 und 5 GlüStV auch für Spielbanken gelten. Ob in Niedersachsen alte Erlaubnisse für Spielbanken aus der Zeit vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages fortbestehen und den Internetvertrieb von Glücksspielen gestatten, bedarf hier keiner näheren rechtlichen Prüfung. Denn es handelt sich dabei um (mögliche) Rechtsfolgen aus bestandskräftigen Bescheiden außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten. Daraus kann der Kläger keine Verpflichtung des Beklagten herleiten.

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Es verstößt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass in § 12 Abs. 2 GlüStV für Veranstaltungen, die traditionell in Verbindung mit dem Fernsehen präsentiert werden und bei denen vorrangig die gemeinnützige Verwendung der Reinerträge dargestellt wird ("Sozial-Fernseh-Lotterien"), eine Befreiung vom Verbot der Fernsehwerbung (§ 5 Abs. 3 GlüStV) durch eine staatliche Erlaubnis zugelassen werden kann. Art. 3 Abs. 1 GG ist nur verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Das ist hier nicht der Fall. Dabei kann offen bleiben, ob zwischen den von § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV erfassten öffentlichen Glücksspielen und den Sozial-Fernseh-Lotterien angesichts der unterschiedlichen Regelungsgegenstände überhaupt eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung vorliegt. Selbst wenn diese Voraussetzung erfüllt wäre, wäre sie jedenfalls gerechtfertigt. Der Normgeber ist ausweislich der dem Entwurf des Glücksspielstaatsvertrages beigefügten Begründung, die er seinen Beratungen zugrunde gelegt hat, davon ausgegangen, dass das geringere Suchtpotenzial der Werbung für Soziallotterien (z.B. Aktion Mensch, Goldene Eins, Glücksspirale) eine Ausnahme vom Verbot der Fernsehwerbung nach § 5 Abs. 3 GlüStV rechtfertigt (LTDrucks 15/8486, S. 18). Diese Annahme, deren Richtigkeit nicht in Zweifel gezogen ist, vermag die besondere Regelung zu tragen.

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Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt auch nicht wegen der Zulässigkeit von Gewinnspielen im Rundfunk vor. § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der unter bestimmten Einschränkungen Gewinnspiele im Rundfunk gestattet, lässt nach der Begründung zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages unberührt (vgl. LTDrucks 15/9667 S. 15 zu § 8a RStV; LTDrucks 15/8486 S. 13 zu § 3 GlüStV). Soweit Rundfunkgewinnspiele nach § 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, sind sie daher ebenso erlaubnispflichtig und von denselben Erlaubnisvoraussetzungen abhängig wie die übrigen dem Glücksspielstaatsvertrag unterfallenden Spiele; auch für sie bestehen die Internetverbote der § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV. Für Gewinnspiele in dem Rundfunk vergleichbaren Telemedien nach § 58 Abs. 4 RStV gilt dasselbe, da diese Vorschrift auf § 8a RStV verweist.

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Auch die in § 25 Abs. 6 GlüStV normierte Sonderregelung begründet keine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots. Damit hat der Normgeber den Ländern die Möglichkeit eröffnet, den Veranstaltern und Vermittlern von Lotterien im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 1 GlüStV befristet auf ein Jahr die weitere Nutzung des Internets für diese Zwecke vorübergehend zu gestatten. Diese spezielle Übergangsregelung soll die gebotene Verhältnismäßigkeit des Internetverbots zugunsten gewerblicher Spielvermittler wahren, die bislang weit überwiegend im Internet tätig waren (vgl. LTDrucks 15/8486, S. 20). Das stellt die Gleichmäßigkeit der Internetverbote als solche nicht in Frage. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich auch nicht daraus, dass für Veranstalter und Vermittler von Sportwetten und anderen Glücksspielen eine vergleichbare Übergangsregelung nicht besteht. Wie erwähnt, ist der Normgeber davon ausgegangen, dass Lotterien ein deutlich geringeres Suchtpotenzial entfalten als andere Glücksspiele. Das rechtfertigt es, die Übergangsregelung auf Lotterien zu beschränken, zumal das damit verbundene Privileg auf nur ein Jahr befristet ist.

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Vom Kläger angeführte Ungleichheiten in den Glücksspielsektoren, die vom Bund geregelt sind, sind im vorliegenden Zusammenhang ohne Relevanz, da Art. 3 Abs. 1 GG jeden Gesetzgeber nur in seinem eigenen Kompetenzbereich bindet.

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3. Den Internetverboten der § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV steht auch europäisches Unionsrecht nicht entgegen.

31

Allerdings wird durch die Internetverbote der freie Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union beschränkt, den Art. 56, 57 AEUV gewährleisten und der unter anderem die Tätigkeiten umfasst, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen (EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - Slg. 1994, I-01039 Rn. 22 f., 25 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07, Markus Stoß u.a. - NVwZ 2010, 1409 Rn. 56 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - NVwZ 2011, 554 m.w.N.). Die Internetverbote gelten auch für Wettanbieter mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Union; sie beeinträchtigen damit auch die Firma ..., die Sportwetten über das Internet in Deutschland anbieten will (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - NVwZ 2010, 1422 Rn. 41 m.w.N.), sowie mittelbar den Kläger, der diese Angebote über das Internet vermitteln und dafür im Internet werben will. Ob zugleich die Niederlassungsfreiheit der Firma ... berührt ist, kann offen bleiben, da die Firma ... nicht klagt; zudem ergeben sich aus der Niederlassungsfreiheit jedenfalls keine weitergehenden Anforderungen als aus der Dienstleistungsfreiheit.

32

Die Dienstleistungsfreiheit gilt freilich nicht absolut. Sie darf eingeschränkt werden, wenn die beschränkende Regelung mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar ist, wenn sie des Weiteren aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten, und wenn sie schließlich nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (allgemein EuGH, Urteil vom 30. November 1995 - Rs. C-55/94, Gebhard - Slg. 1995, I-04165 Rn. 37; für den Glücksspielbereich EuGH, Urteile vom 24. März 1994, Schindler, a.a.O. Rn. 58, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-01891 Rn. 46, 49 und vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa - Slg. 2009, I-07633 Rn. 56, 60; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 62).

33

Dass die Internetverbote nicht diskriminierend sind, also für Inländer und Ausländer unterschiedslos gelten, steht außer Frage. Auch die übrigen Voraussetzungen sind erfüllt.

34

a) Die Internetverbote verfolgen unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele. Sie dienen - wie die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages insgesamt - der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV), dem Jugend- und dem Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sowie der Kanalisation der Spiel- und Wettnachfrage auf legale Angebote (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und der Bekämpfung der Begleit- und Folgekriminalität (§ 1 Nr. 4 GlüStV). Wie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, so ist auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt, dass Wetten und Glücksspiele im Internet diese Ziele in besonderem Maße gefährden. Schon wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter bergen sie anders geartete und größere Gefahren in sich, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden. Zudem begründen die Eigenheiten des Internets, verglichen mit herkömmlichen Vertriebsformen, anders geartete und größere Gefahren besonders für Jugendliche und für Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. Neben dem bereits erwähnten fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können. Deshalb sind Maßnahmen, mit denen jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, grundsätzlich als geeignet anzusehen, die genannten legitimen Ziele, insbesondere die Bekämpfung der Spielsucht und den Jugendschutz, zu verfolgen, selbst wenn herkömmliche ("terrestrische") Vertriebsformen des Glücksspiels nicht untersagt werden (EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 102 f., 105). Allein der Umstand, dass Verstöße gegen Internetverbote nur schwer festzustellen und zu ahnden sind, hebt deren grundsätzliche Eignung nicht auf (EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 86 f.; ebenso BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 308). Gerade wegen der spezifischen Gefahren, die das Internet mit sich bringt, durfte der Gesetzgeber auch für erforderlich halten, die Nutzung des Internets zu verbieten.

35

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs setzt die Eignung der Internetverbote zusätzlich voraus, dass sie zur Erreichung der mit ihnen verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beitragen (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 67, vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - NVwZ 2010, 1081 Rn. 21 sowie vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 88 ff. und Carmen Media, a.a.O. Rn. 55, 64 ff.). Entgegen der Auffassung des Beklagten gilt diese zusätzliche Anforderung nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein (vgl. EuGH, Urteil vom 10. März 2009 - Rs. C-169/07, Hartlauer - Slg. 2009, I-1721 Rn. 55 ff.), auch wenn bei der Anwendung dieser Kriterien nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die Dienstleistungsfreiheit durch die Errichtung eines staatlichen Monopols ungleich stärker beschränkt wird als durch Regelungen, die lediglich bestimmte Vertriebs- und Vermarktungsformen verbieten (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 74 ff. gegenüber 79 ff.). Für dieses sog. Kohärenzgebot lassen sich zwei Anforderungen unterscheiden. Zum einen muss der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele, denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen; er darf nicht in Wahrheit andere Ziele - namentlich solche finanzieller Art - anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten (EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. November 2003, Gambelli u.a., a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 65; vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 77, 80). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Zwar ist der Mitgliedstaat nicht verpflichtet, in sämtlichen Glücksspielsektoren dieselbe Politik zu verfolgen; das Kohärenzgebot ist kein Uniformitätsgebot (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 95 f. und Carmen Media, a.a.O. Rn. 62 f.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 10. März 2009, Hartlauer, a.a.O. Rn. 60). Es verlangt auch keine Optimierung der Zielverwirklichung. Das gewinnt Bedeutung namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Jedoch dürfen in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - nicht Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urteile vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 106 und Carmen Media, a.a.O. Rn. 68 f.; vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 82).

36

b) Das Verbot, Glücksspiele im Internet anzubieten oder zu vermitteln (§ 4 Abs. 4 GlüStV), wird diesen Anforderungen gerecht. Zum einen ist es widerspruchsfrei auf die Verwirklichung der damit verfolgten Ziele ausgerichtet. Es steht außer Zweifel, dass die angegebenen Ziele auch die tatsächlich verfolgten Ziele sind und dass die Länder mit ihm nicht in Wahrheit fiskalische Interessen verfolgen. Zum anderen wird die Erreichbarkeit der verfolgten Ziele nicht durch andere Regelungen und deren tatsächliche Handhabung konterkariert. Wie dargelegt, gilt das Internetverbot nicht nur für Sportwetten, sondern für sämtliche Glücksspielarten, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegen (§ 2 GlüStV). Unter den Glücksspielen, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterfallen, ist es für Automatenspiele irrelevant, da diese die körperliche Anwesenheit des Spielers voraussetzen. Näher zu betrachten ist insofern allein der Bereich der Pferdewetten. Hierdurch wird aber die Erreichung der mit dem Internetverbot des Glücksspielstaatsvertrages verfolgten Ziele nicht konterkariert:

37

aa) Auch Pferdewetten dürfen über das Internet nicht angeboten oder vermittelt werden. Die Buchmachererlaubnis, die für das gewerbsmäßige Abschließen oder Vermitteln von Pferdewetten erteilt werden kann, umfasst das nicht.

38

Die Veranstaltung oder Vermittlung von Pferdewetten ist verboten, sofern sie nicht auf der Grundlage des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) vom 8. April 1922 (RGBl I S. 393) erlaubt wird, das als Bundesgesetz fortgilt und zuletzt durch Art. 119 der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl I S. 2407) mit Wirkung ab 8. November 2006 geändert wurde. Diese Erlaubnis wird Buchmachern nach § 2 Abs. 2 RennwLottG jedoch nur für die Örtlichkeit erteilt, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Der Buchmacher darf lediglich an den Orten, die in der Konzessionsurkunde benannt sind, Wetten abschließen (vgl. Mirre/Baumann, Das Rennwett- und Lotteriegesetz, 3. Aufl. 1934, § 2 Anm. 8). Damit wird nicht nur vorausgesetzt, dass der Erlaubnisinhaber ein Geschäftslokal unterhält. Es schließt ein, dass das Rechtsgeschäft - der Abschluss oder die Vermittlung der Wette - in diesem Geschäftslokal vorgenommen wird. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut, der nicht nur die Örtlichkeit als solche anführt, sondern ausdrücklich hinzufügt, dass in dieser Örtlichkeit die Wette angenommen oder vermittelt werden muss. Es ergibt sich auch aus dem erklärten Gesetzeszweck, das sog. Winkelbuchmachertum zu bekämpfen, in dem ein Ärgernis nicht allein wegen seiner Illegalität, sondern auch deshalb gesehen wurde, weil diese Wettanbieter den möglichen Kunden nicht in festen Lokalen zu bestimmten Öffnungszeiten empfangen, sondern ihn überall und jederzeit aufsuchen und ansprechen und so zum Wetten verleiten (Verhandlungen des Reichstags, 1. Wahlperiode 1920, Band 369, Anlage Nr. 2870 S. 8, 10; Mirre/Baumann, a.a.O., Einleitung, S. 5 ff.; vgl. RG, Urteil vom 22. November 1935 - 1 D 365/35 - RGSt 70, 113 <114 f.>). Der Gesetzgeber wollte mithin erreichen, dass die Initiative zum Wetten von dem Wettwilligen ausgeht, der sich in ein Wettlokal begeben muss. Bekämpft werden sollte die aufdringliche Ubiquität des Wettangebots.

39

Dem Gesetzgeber stand damit als typusprägende Vorstellung der Wettabschluss unter Anwesenden vor Augen. Zwar weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass dieses Konzept mit dem Aufkommen von Telegramm und Telefon schon sehr bald überprüft werden musste. Die Rechtspraxis hat diese Formen der Wettannahme durchweg gebilligt. Das ist deshalb unbedenklich, weil auch bei Einsatz dieser technischen Mittel der eigentliche Gesetzeszweck im Wesentlichen erreicht werden konnte: Die Initiative zum Wetten muss auch dann vom Wettwilligen ausgehen, der außerdem weiß, mit welchem Buchmacher er es zu tun hat. Überdies ist bei Nutzung dieser Kommunikationsformen das legale Wettangebot weder ubiquitär noch anonym. Hier besteht eine - wenngleich weitläufige - Parallele zu § 147 Abs. 1 Satz 2 BGB, der ebenfalls das telefonische ("mittels Fernsprecher oder einer sonstigen technischen Einrichtung von Person zu Person"), freilich nicht das telegraphische Vertragsangebot dem Angebot unter Anwesenden gleichstellt; denn er geht von einem mündlichen (oder sonst unmittelbar persönlichen) Kontakt aus (vgl. Bork, in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neubearb. 2003, § 147 Rn. 2; Backmann, in: jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 147 BGB Rn. 6).

40

Das Internet ist demgegenüber von grundsätzlich anderer Qualität. Dieses Kommunikationsmedium erlaubt es nicht mehr, den Gesetzeszweck des § 2 Abs. 2 RennwLottG im Wesentlichen zu erreichen. Es ist gerade durch die Eigenschaft gekennzeichnet, ubiquitär zu sein. Über das Internet können Wetten von jedem Ort und zu jeder Zeit abgeschlossen werden. Die Initiative kann - und wird regelmäßig - vom Wettanbieter ausgehen, der Wettangebote auch unaufgefordert beliebigen Empfängern unterbreiten oder gar aufdrängen kann. Hinzu kommt, dass der Wettanbieter in eine schwer fassbare Anonymität zurücktritt. Würde auch dies als noch von der Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 RennwLottG umfasst angesehen, so verlöre das gesetzliche Erfordernis, dass die Buchmachererlaubnis für die Örtlichkeit erteilt wird, "wo die Wette entgegengenommen oder vermittelt wird", jegliche Bedeutung. Das Wettlokal verkümmerte dann zum bloßen Ort, an dem der Buchmacher seinen Rechner installiert. Es müsste sich nicht einmal um ein allgemein zugängliches Ladenlokal handeln, sondern könnte sogar ein bloßes Hinterzimmer sein. Der Einsatz des Internets ist deshalb von der Buchmachererlaubnis nach § 2 RennwLottG nicht mehr umfasst. Die Bundesregierung hat wohl auch aus diesem Grunde bislang eine Klarstellung im Gesetz nicht für angezeigt erachtet (BTDrucks 16/6551 S. 5).

41

bb) Allerdings weist der Kläger mit Recht darauf hin, dass die Verwaltungspraxis der Bundesländer gegen die Annahme und Vermittlung von Pferdewetten im Internet nicht einschreitet. Das gilt offenbar für sämtliche Länder und jedenfalls auch für den Beklagten. Die Duldung beschränkt sich nicht lediglich auf den E-mail-Verkehr, sondern erstreckt sich auf Wettplattformen im Netz. Damit besteht in diesem Bereich ein strukturelles Vollzugsdefizit. Hierfür ist gleichgültig, aus welchen Gründen die Länder untätig bleiben.

42

Durch dieses Vollzugsdefizit im Bereich der Pferdewetten wird jedoch die Eignung des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen, nicht konterkariert. Gemessen am sonstigen Glücksspielbereich ist der Bereich der Pferdewetten - sogar unter Einschluss des tatsächlich verbreiteten Internetgeschäfts - geringfügig, so dass nennenswerte nachteilige Rückwirkungen auf den vom Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspielmarkt praktisch ausgeschlossen sind. Das kann das Bundesverwaltungsgericht feststellen, obwohl das Verwaltungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat. Der Senat kann sich hierfür auf die Daten stützen, die von sämtlichen Beteiligten - auch vom Kläger - vorgetragen worden sind. Danach kommt dem Pferdewettmarkt innerhalb des gesamten Glücksspielmarktes lediglich eine marginale Bedeutung zu, mit obendrein weiter abnehmender Tendenz (so schon Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - NVwZ 2011, 549 Rn. 82 m.w.N.). Nach Angaben der Bundesregierung entfielen im Jahr 2007 auf Pferdewetten lediglich 0,5 % des gesamten Marktes der Glücks- und Gewinnspiele (BTDrucks 16/6551 S. 3). Der Kläger beruft sich demgegenüber auf die Analyse von Deloitte (Studie zum deutschen Sportwettenmarkt, 2010), derzufolge zwischen 2005 und 2008 auf private Pferdewetten - gemessen am Spiel-/Wetteinsatz - etwa 49 % des regulierten Marktes für Sportwetten entfielen, gegenüber 41 % Oddset-Wetten und 10 % Fußballtoto des Deutschen Lotto- und Totoblocks. Dabei muss allerdings in Rechnung gestellt werden, dass der regulierte Markt für Sportwetten bei einem kumulierten Wetteinsatz von 700 Mio. € (2005) bzw. 510 Mio. € (2008) nach derselben Studie insgesamt lediglich 3,3 % (2005) bzw. 3,1 % (2008) des Glücksspielmarktes ausmacht, wenn in diesen auch der Lottomarkt mit 10,0 Mrd. € (2005) bzw. 8,1 Mrd. € (2008) und der Casinomarkt mit 10,6 Mrd. € (2005) bzw. 8,0 Mrd. € (2008) einbezogen werden; bezieht man obendrein die Wetteinsätze beim "kleinen" Glücksspiel und beim Automatenspiel mit ein, verringern sich die genannten Anteile noch weiter. Angesichts dessen lässt der Senat offen, ob, wie der Beklagte geltend macht, die faktische Duldung der Internetvermittlung von Pferdesportwetten die prinzipielle Eignung des Internetverbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV, zur Erreichung der hierfür angeführten Gemeinwohlziele beizutragen, auch deshalb nicht in Frage stellen kann, weil das Angebot an Pferdewetten sich an einen im Wesentlichen abgegrenzten Kreis von fachkundigen Interessenten richtet, es sich also um einen weitgehend verselbständigten Markt handelt.

43

c) Das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben (§ 5 Abs. 3 GlüStV), ist ebenfalls geeignet, seine Gemeinwohlziele zu erreichen. Wie bereits oben hervorgehoben worden ist, ist gerade mit der Nutzung des Internets als Werbemedium nach Einschätzung der Länder eine besonders starke Anreizwirkung verbunden, die mit den Zielen der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugendschutzes unvereinbar wäre. Das gilt unabhängig davon, ob mit der Werbung ein unmittelbar nutzbares Wettangebot im Internet verbunden wird und werden darf oder nicht. Dass die tatsächliche Erreichbarkeit der mit dem Werbeverbot im Internet verfolgten Ziele durch die Rechtslage oder Praxis in anderen Glücksspielbereichen in Frage gestellt würde, lässt sich nicht erkennen. Zwar darf für Pferdewetten im Internet geworben werden. Anhaltspunkte, dass damit eine allgemeine Spielleidenschaft über den Pferdewettmarkt hinaus entfacht würde, die gleichgültig werden ließe, ob und in welchen Medien für die vom Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspielsektoren noch geworben wird oder nicht, sind aber weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.

44

d) Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 und 3 AEUV ist nicht geboten. Der Kläger bezeichnet insofern die Frage, ob Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass ein Verbot des Vertriebs bestimmter Glücksspiele über das Internet, mit dem die Spielsucht bekämpft werden soll, unionsrechtlich auch dann noch gerechtfertigt sein kann, wenn es an einer systematischen und kohärenten Regelung zur Begrenzung der Spielgelegenheiten fehlt, namentlich weil im Bereich des gewerblichen Geldspielgerätespiels und der Spielbanken das Angebot ausgeweitet worden ist und Glücksspiele allerorts stationär verfügbar sind und beworben werden. Die Frage geht zum einen von Prämissen aus, die so nicht festgestellt sind. Zum anderen ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geklärt, dass Art. 56 AEUV so auszulegen ist, dass auch ein Vertriebsverbot von öffentlichen Glücksspielen einschließlich Sportwetten über das Internet dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot entsprechen muss (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 105 f.).

45

4. Der Kläger kann sich gegenüber den angefochtenen Bescheiden schließlich nicht auf die Sportwetten-Erlaubnis berufen, die ihm am 11. April 1990 nach dem Gewerbegesetz der Deutschen Demokratischen Republik (GewG-DDR) vom 6. März 1990 erteilt wurde.

46

a) Diese Erlaubnis wurde von den Behörden der DDR für das Hoheitsgebiet der damaligen DDR erteilt. Sie gilt gemäß Art. 19 Satz 1 EV auch nach dem Wirksamwerden des Beitritts fort, jedoch ohne inhaltliche Änderung. Dies schließt ein, dass die Erlaubnis auch räumlich nach dem Wirksamwerden des Beitritts auf das Beitrittsgebiet beschränkt blieb und deshalb im Gebiet des Beklagten keine Befugnisse verleiht.

47

Das hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts bereits entschieden (Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 52 ff. = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264). Hiernach richtet sich der räumliche Geltungsbereich (auch) eines nach Art. 19 EV in die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland übergeleiteten Verwaltungsakts zunächst nach seinem Inhalt und den auf den geregelten Sachverhalt anzuwendenden Rechtsvorschriften und muss, soweit erforderlich, durch Auslegung nach den zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln ermittelt werden. Bestimmt der Verwaltungsakt - wie die dem Kläger erteilte Gewerbeerlaubnis - seinen räumlichen Geltungsbereich nicht ausdrücklich, so kann mit Blick auf die Grenze der Hoheitsmacht einer Behörde der DDR von vornherein nicht angenommen werden, dass er eine darüber hinaus reichende Wirkung entfalten sollte und konnte. Zudem sprechen die Regelungen des Gewerbegesetzes der DDR sowie die historischen Verhältnisse im Zeitpunkt der Bescheiderteilung dafür, dass der Geltungsbereich gewerberechtlicher Erlaubnisse nur auf das Gebiet der DDR bezogen sein sollte. Das hat der 6. Senat im Einzelnen ausgeführt; der erkennende Senat schließt sich dem an. Dass das Urteil des 6. Senats vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben wurde (Kammerbeschluss vom 22. November 2007 - 1 BvR 2218/06 - BVerfGK 12, 428 = NVwZ 2008, 301), ändert daran nichts. Die Aufhebung beruht auf anderen Gründen. Die Ausführungen zum räumlichen Geltungsbereich der DDR-Gewerbeerlaubnisse blieben unbeanstandet.

48

Aus Art. 19 EV ergibt sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift bleiben vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der DDR nach diesem Zeitpunkt grundsätzlich wirksam. Wenn sie nicht aufgehoben werden, weil sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder Regelungen des Einigungsvertrages unvereinbar sind, bleibt ihre Bestandskraft unberührt (Art. 19 Satz 3 EV). Daraus ergibt sich zwar eine zeitliche Fortgeltung, aber keine inhaltliche Änderung von Verwaltungsakten der DDR-Behörden. Namentlich führt Art. 19 EV nicht gleichsam automatisch zu einer Erstreckung ihres räumlichen Geltungsbereichs auf das gesamte Bundesgebiet. Vielmehr kommt es auch für diese Frage auf den Regelungsgehalt des jeweiligen Verwaltungsaktes an. Dies erfordert eine hypothetische Prüfung: Kommt einem inhaltlich entsprechenden Verwaltungsakt der Behörde eines "alten" Bundeslandes bundesweite Geltung zu, so ist dasselbe für den nach Art. 19 EV fortgeltenden Verwaltungsakt anzunehmen; anderenfalls ist eine solche Geltung zu verneinen. Auch in den "alten" Ländern der Bundesrepublik Deutschland konnten Erlaubnisse für die gewerbliche Veranstaltung von Wetten auf Sportveranstaltungen - mit Ausnahme von Pferdewetten - nur nach dem jeweiligen Landesrecht erteilt werden. Demzufolge hätten sie auch in den "alten" Ländern nur Wirkung im Gebiet des betreffenden Landes beanspruchen können. Darin liegt der Unterschied zu statusbegründenden Verwaltungsakten, die schon ihrer Natur nach bundesweite Geltung beanspruchen. Das Urteil des 7. Senats vom 15. Oktober 1997, auf das sich der Kläger beruft (BVerwG 7 C 21.96 - BVerwGE 105, 255 <261> = Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 62 S. 43), betraf einen derart statusbegründenden Verwaltungsakt zu einer Religionsgemeinschaft und gibt deshalb für die Frage einer Geltungserstreckung von DDR-Gewerbeerlaubnissen nichts her. All dies hat der 6. Senat in dem erwähnten Urteil ebenfalls bereits entschieden und im Einzelnen begründet (Urteil vom 21. Juni 2006 a.a.O. Rn. 56), ohne dass das Bundesverfassungsgericht in seinem aufhebenden Kammerbeschluss insofern Einwände erhoben hätte (Kammerbeschluss vom 22. November 2007 a.a.O.). Auch insofern hält der erkennende Senat das Urteil des 6. Senats für überzeugend.

49

Ohne Erfolg verweist der Kläger in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3. Februar 2000 (III ZR 296/98 - BGHZ 143, 362). Dieses Urteil betraf eine Amtshaftungsklage der Inhaberin einer von der DDR erteilten widerruflichen wasserrechtlichen Erlaubnis zur Nassauskiesung. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Erlaubnisinhaberin die Nassauskiesung nicht durch Ordnungsverfügung untersagt werden dürfe, solange die wasserrechtliche Erlaubnis nicht widerrufen worden sei. Daraus lässt sich für die Frage einer räumlichen Geltungserstreckung von DDR-Gewerbeerlaubnissen auf das gesamte Bundesgebiet nichts gewinnen.

50

b) Im Übrigen weist das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hin, dass die dem Kläger am 11. April 1990 durch die DDR-Behörde erteilte Erlaubnis nach ihrem Inhalt nur die Zulassung des Gewerbes regelt, nicht hingegen die Art und Weise seiner Ausübung. Das ist als tatrichterliche Auslegung der in Rede stehenden Erlaubnis für das Revisionsgericht bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Es steht zudem im Einklang mit der Rechtslage, unter deren Geltung die Erlaubnis erteilt wurde. Nach § 1 Abs. 1 GewG-DDR vom 6. März 1990 bestand das Recht, ein Gewerbe auszuüben, nur insoweit, als nicht das DDR-Gewerbegesetz, andere Gesetze oder (andere) Rechtsvorschriften Beschränkungen festlegten. Dies galt auch für diejenigen Gewerbe, für deren Ausübung nach § 4 Abs. 1 GewG-DDR eine Erlaubnis erforderlich war. Zu diesen Rechtsvorschriften gehören seit dem 1. Januar 2008 die Internetverbote der § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV, die auch im Beitrittsgebiet in Kraft gesetzt worden sind. Sie gelten daher unmittelbar auch für den Kläger, ohne dass die ihm erteilte Sportwetten-Erlaubnis von den hierfür zuständigen (sächsischen) Behörden insoweit (teilsweise) widerrufen werden müsste (vgl. § 1 SächsVwVfG i.V.m. § 49 Abs. 2 Nr. 4 BVwVfG).

51

c) Damit ist auch in Ansehung der dem Kläger am 11. April 1990 durch die DDR-Behörde erteilten Erlaubnis zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten ein Verstoß der Internetverbote aus § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot für Eingriffe in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und/oder die Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) nicht ersichtlich.

52

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entfaltet eine Rechtsnorm eine - grundsätzlich unzulässige - "echte" Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl. BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239 <263>; Beschlüsse vom 7. Juli 2010 - 2 BvL 1/03 u.a. - juris Rn. 67 und vom 21. Juli 2010 - 1 BvL 11/06 u.a. - BVerfGE 126, 369 = juris Rn. 71 jeweils m.w.N.). Eine solche "echte" Rückwirkung der in § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV normierten Internetverbote liegt nicht vor, da der Normgeber keine Rechtswirkungen für die Zeit vor ihrem am 1. Januar 2008 erfolgten Inkrafttreten begründet hat.

53

Auch eine "unechte" Rückwirkung ist nicht gegeben. Eine solche wäre anzunehmen, wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, aber an einen bereits zuvor begründeten Sachverhalt anknüpfen und diesen nunmehr neu bewerten ("tatbestandliche Rückanknüpfung"; vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Februar 2002 - 2 BvR 305/93 u.a. - BVerfGE 105, 17 <37 f.> m.w.N.). Daran fehlt es hier. Zwar sind die Internetverbote für die Zeit nach dem 1. Januar 2008 begründet worden. Dadurch sind jedoch keine älteren Umstände rechtlich neu bewertet worden. Namentlich ist die DDR-Gewerbeerlaubnis des Klägers nicht für die Zukunft entwertet worden. Wie gezeigt, war der Kläger aufgrund dieser Erlaubnis zu keinem Zeitpunkt berechtigt, in Bayern Sportwetten über das Internet zu vertreiben oder hierfür zu werben.

54

5. Hinsichtlich der Höhe der in den Bescheiden angedrohten Zwangsgelder (150 000 € und 50 000 €), die auf Art. 31 Abs. 2 BayVwZVG gestützt sind, ist ein Verstoß des angegriffenen Urteils gegen revisibles Recht nicht ersichtlich. Gleiches gilt für die durch die Bescheide gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 KG auferlegten Verwaltungsgebühren (10 150 € und 3 125 €).

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Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung1.von Bundesrecht oder2.einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des B

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 74


(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete: 1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 72


(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. (2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1

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(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. (2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über d

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 560 Nicht revisible Gesetze


Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, ist für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.

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(1) Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpfl

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(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau ein

Rennwett- und Lotteriegesetz - RennwLottG | § 2


(1) Wer gewerbsmäßig Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher), bedarf der Erlaubnis der nach Landesrecht zuständigen Behörde. (2) Der Buchmacher bedarf der Erlaubnis für die Örtlichkeit, wo

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Recht, das Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, wird innerhalb seines Geltungsbereiches Bundesrecht, 1. soweit es innerhalb einer oder mehrerer Besatzungszonen einheitlich gilt,2. soweit es sich um Recht handelt, durch da

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Tenor Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Werbeerlaubnis vom 11. Dezember 2013 (mit späteren Änderungen) hinsichtlich der Bestimmungen der Ziffern II. 1, 3, 4 und 13 des Bescheides der Bezirksregierung E.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 20. Mai 2015 - 6 S 494/15

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Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 26. Nov. 2013 - 3 A 106/12

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Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 06. Dez. 2012 - 3 B 268/12

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Tenor Die Beschwerde wird zurückgewiesen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- EUR festgesetzt. Gründe I. Die Antragstellerin vermittelt seit dem 7.10.201

Referenzen

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Wer gewerbsmäßig Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher), bedarf der Erlaubnis der nach Landesrecht zuständigen Behörde.

(2) Der Buchmacher bedarf der Erlaubnis für die Örtlichkeit, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden, und auch für die Personen, deren er sich zum Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedienen will. Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf die Erlaubnis nur für die Örtlichkeiten ihres Landesgebiets erteilen. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung oder einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt oder mit einer Auflage oder einem Vorbehalt einer nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage verbunden werden.

(3)

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, ist für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. § 6a Satz 1 des Gesetzes zur Umsetzung von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder (Zukunftsinvestitionsgesetz - ZuInvG), erlassen als Artikel 7 des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2. März 2009 (Bundesgesetzblatt I Seite 416), zuletzt geändert durch Artikel 3b des Gesetzes zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Übertragung der fortzuführenden Aufgaben auf den Stabilitätsrat sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 27. Mai 2010 (Bundesgesetzblatt I Seite 671), ist mit Artikel 30 und Artikel 109 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit er zu Maßnahmen ermächtigt, die nicht auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen eines aufgrund konkreter Tatsachen möglich erscheinenden Haftungsanspruchs gemäß Artikel 104a Absatz 5 Satz 1 2. Halbsatz des Grundgesetzes gerichtet sind.

2. § 6a Satz 4 des Zukunftsinvestitionsgesetzes ist mit Artikel 30 und Artikel 109 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit er zu anderen als solchen Maßnahmen ermächtigt, die entweder zur Feststellung von Rechtsverstößen bei der obersten Landesbehörde oder mit Zustimmung der obersten Landesbehörde oder des Bundesrates bei nachgeordneten Landesbehörden sowie Gemeinden und Gemeindeverbänden durchgeführt werden und bei denen, soweit es sich um das Verlangen der Aktenvorlage handelt, konkrete Anhaltspunkte für einen Rechtsverstoß vorliegen, oder die auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen eines aufgrund konkreter Tatsachen möglich erscheinenden Haftungsanspruchs gemäß Artikel 104a Absatz 5 Satz 1 2. Halbsatz des Grundgesetzes gerichtet sind.

3. Im Übrigen ist § 6a Satz 1, 3 und 4 des Zukunftsinvestitionsgesetzes mit dem Grundgesetz vereinbar.

4. Mit dieser Entscheidung erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

Die abstrakte Normenkontrolle betrifft die Befugnisse der Bundesverwaltung und des Bundesrechnungshofs zur Erhebung von Daten bei Landesbehörden im Rahmen der Durchführung des Zukunftsinvestitionsgesetzes.

I.

2

Im Dezember 2008 beschloss die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket "Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland zur Sicherung der Arbeitsplätze, Stärkung der Wachstumskräfte und Modernisierung des Landes". Darin war unter anderem vorgesehen, dass der Bund zusätzliche Investitionen der Kommunen und der Länder unterstütze. Zur Umsetzung des Maßnahmenpakets wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland eingebracht. Dessen Art. 7 enthielt das Gesetz zur Umsetzung von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder (Zukunftsinvestitionsgesetz - ZuInvG). Der Entwurf wurde aufgrund der Beratungen im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages um § 6a ZuInvG ergänzt, um eine Überprüfung der Verwendung der in dem Gesetz vorgesehenen Finanzhilfen durch den Bundesrechnungshof zusammen mit dem jeweiligen Landesrechnungshof zu ermöglichen und auf diese Weise etwaige Zweckverfehlungen zu verhindern; die Vorschrift diene auch der Einhaltung der Regelung in Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG, nach der die Verwendung der Finanzhilfen in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen sei (vgl. BTDrucks 16/11825, S. 7).

3

Der Deutsche Bundestag beschloss das Gesetz einschließlich des § 6a ZuInvG. Nach Zustimmung des Bundesrates wurde es am 5. März 2009 verkündet (BGBl I S. 416) und trat am folgenden Tag in Kraft. Der Bundesrat fasste bei seiner Zustimmung eine Entschließung, in der er ausführte, das in § 6a ZuInvG formulierte Prüfungsrecht des Bundesrechnungshofs überschreite die Zuständigkeitsgrenzen des Bundes und die bisher geübte Praxis. Die Finanzhilfen würden von den Landesbehörden in eigener Verantwortung verwaltet. Diese unterlägen der parlamentarischen Kontrolle und der Kontrolle des jeweiligen Rechnungshofs des Landes. Die Kontrolle des Deutschen Bundestages und des Bundesrechnungshofs reiche nur bis zur Hingabe der Finanzmittel an die Länder (BRDrucks 120/09 , S. 2).

II.

4

Den Gegenstand des Zukunftsinvestitionsgesetzes fasst dessen § 1 zusammen. Danach unterstützt der Bund zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zusätzliche Investitionen der Kommunen und der Länder. Hierzu gewährt der Bund gemäß Sinn und Zweck des § 6 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft aus dem Sondervermögen "Investitions- und Tilgungsfonds" den Ländern Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) nach Art. 104b GG in Höhe von insgesamt 10 Milliarden Euro. Die Mittel sollten mindestens zur Hälfte dieses Betrages bis zum 31. Dezember 2009 abgerufen und sollen überwiegend für Investitionen der Kommunen eingesetzt werden.

5

Eine Förderung setzt voraus, dass die Maßnahme in einen Förderbereich im Sinne des § 3 ZuInvG fällt, zusätzlich zu bereits beschlossenen Maßnahmen erfolgt, die zeitlichen Grenzen einhält, innerhalb deren die Maßnahme 2009 und 2010 durchgeführt werden soll (§ 5 ZuInvG), längerfristig genutzt werden soll (§ 4 Abs. 3 ZuInvG) und bestimmte Doppelförderungen nicht stattfinden (§ 4 Abs. 1 ZuInvG). Die Förderbereiche sind in § 3 ZuInvG festgelegt. Für den Schwerpunkt Bildungsinfrastruktur sind 65 % der Gesamtförderung vorgesehen. Dieser Schwerpunkt umfasst Einrichtungen der frühkindlichen Infrastruktur, Forschung sowie Schulen, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen, letztere jeweils insbesondere hinsichtlich einer energetischen Sanierung. Die restlichen 35 % entfallen auf den Investitionsschwerpunkt Infrastruktur, in dem Krankenhäuser, Städtebau (ohne Abwasser und öffentlichen Personennahverkehr, ÖPNV), ländliche Infrastruktur (ohne Abwasser und ÖPNV), kommunale Straßen (beschränkt auf Lärmschutzmaßnahmen), Informationstechnologie und sonstige Infrastrukturinvestitionen gefördert werden.

6

Grundsätzlich beträgt der Anteil des Bundes am Gesamtvolumen des öffentlichen Finanzierungsanteils 75 %. Der Bund stellt die Finanzhilfen den Ländern zur eigenen Bewirtschaftung zur Verfügung. Die zuständigen Stellen der Länder sind ermächtigt, die Auszahlung der Bundesmittel anzuordnen, sobald sie zur anteiligen Begleichung erforderlicher Zahlungen benötigt werden. Die Länder leiten die Finanzhilfen des Bundes unverzüglich an die Letztempfänger weiter (§ 6 ZuInvG).

7

Die Einzelheiten des Verfahrens zur Durchführung des Zukunftsinvestitionsgesetzes werden gemäß § 8 ZuInvG durch eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern geregelt. In der Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung des Gesetzes von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder vom 2. April 2009 (im Folgenden: VV-ZuInvG) behandelt § 6 die Bewirtschaftung der Bundesmittel. Diese werden als Einnahmen in den Haushaltsplänen der Länder vereinnahmt, ihre Bewirtschaftung richtet sich nach dem Haushaltsrecht der Länder. Die Bewilligung erfolgt zu den Förderbedingungen für Landesmittel. Die Länder haben die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einzuhalten. Gemäß § 3 VV-ZuInvG besteht eine Berichtspflicht. Erstens waren bis Mai 2009 Investitionsziele und Investitionsanteile der Kommunen mitzuteilen. Zweitens sind vierteljährliche Berichte mit Förderlisten laufender Projekte vorgesehen, die eine Kurzbeschreibung der einzelnen Maßnahme, Angaben über die Höhe des Investitionsvolumens, den kommunalbezogenen Anteil und die Höhe der Beteiligung des Bundes an der öffentlichen Finanzierung zu enthalten haben. Nach Beendigung der Maßnahme haben die Länder dem Bund gemäß § 4 VV-ZuInvG einen Verwendungsnachweis zu übersenden. Mitzuteilen sind der Förderbereich, eine Kurzbeschreibung der einzelnen Maßnahme sowie Angaben über die Höhe des Investitionsvolumens, den kommunalbezogenen Anteil, den kommunalbezogenen Anteil finanzschwacher Kommunen, den Umfang der öffentlichen Finanzierung und die Höhe der Beteiligung des Bundes an der öffentlichen Finanzierung. Die Zusätzlichkeit und die längerfristige Nutzung sind zu bestätigen. Der Bund kann in Einzelfällen weitere Nachweise verlangen. Die Länder teilen ihm einschlägige Prüfungsbemerkungen ihrer obersten Rechnungsprüfungsbehörde mit. Werden durch solche Prüfungsbemerkungen oder sonst nachträglich Tatsachen bekannt, die einen Rückforderungsanspruch begründen, so beginnt die einjährige Ausschlussfrist, die § 7 VV-ZuInvG für den Rückforderungsanspruch des Bundes vorsieht, mit Bekanntwerden der Tatsache.

8

Der Rückforderungsanspruch wird in § 7 Abs. 1 ZuInvG geregelt. Der Bund kann Finanzhilfen von einem Land zurückfordern, wenn von einem Land geförderte einzelne Maßnahmen ihrer Art nach den festgelegten Förderbereichen nicht entsprechen oder die Zusätzlichkeit nicht gegeben oder eine längerfristige Nutzung nicht zu erwarten ist. Der Bund kann Finanzhilfen von einem Land zurückfordern, soweit die Bundesbeteiligung an der Finanzierung insgesamt 75 % überschreitet. Zurückgerufene Mittel werden von dem jeweiligen Land an den Bund zurückgezahlt und können dem Land erneut zur Verfügung gestellt werden.

9

Vor diesem Hintergrund bestimmt § 6a ZuInvG:


10

"§ 6a Prüfung durch den Bundesrechnungshof

11

Der Bund kann in Einzelfällen weitergehende Nachweise verlangen und bei Ländern und Kommunen Bücher, Belege und sonstige Unterlagen einsehen sowie örtliche Erhebungen durchführen. Ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand ist zu vermeiden. Der Bundesrechnungshof prüft gemeinsam mit dem jeweiligen Landesrechnungshof im Sinne von § 93 der Bundeshaushaltsordnung, ob die Finanzhilfen zweckentsprechend verwendet wurden. Dazu kann er auch Erhebungen bei Ländern und Kommunen durchführen."

III.

12

Die Konferenz der Präsidentin und Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder hat beschlossen, Maßnahmen der Konjunkturpakete, zu denen die Förderungen nach dem Zukunftsinvestitionsgesetz gehören, zeitnah zu begleiten und zu prüfen und sich über Prüfungsplanungen und -ergebnisse auszutauschen. Es wurde vereinbart, der Vielfalt der Ansätze und Herangehensweisen den größtmöglichen Raum zu geben, um für die externe Finanzkontrolle insgesamt (gemeinsam) zu einem möglichst breiten und facettenreichen prüferischen Einblick in die Umsetzung der Finanzhilfen zu gelangen, und hierüber Informationen auszutauschen.

13

Der Bundesrechnungshof lässt sich bei seinem Vorgehen von der Absicht leiten, die zweckentsprechende Verwendung, den schnellen Mittelabruf, insbesondere das Vorliegen von Rückforderungsgründen und nachrangig die Wirtschaftlichkeit der Mittelverwendung durch die Kommunen zu kontrollieren. Weil der Bundesrechnungshof keine empirische Wirtschaftsforschung betreibe, könne nicht die Wirksamkeit des Zukunftsinvestitionsgesetzes insgesamt im Fokus stehen, sondern nur die jeweils geprüfte Einzelmaßnahme im Hinblick auf ihre konjunkturelle Impulswirkung. Die Auswahl der kommunalen Körperschaften erfolge hinsichtlich eines Flächenansatzes nach Bedeutung sowie einem Zufallsraster, hinsichtlich einer Querschnittsprüfung nach Verwendungsschwerpunkten, die aus den beim Bundesfinanzministerium geführten Förderlisten erkennbar seien, und ergänzend nach Bedarf für Einzelerhebungen.

IV.

14

Die Landesregierung des Landes Baden-Württemberg, die Staatsregierung des Freistaates Bayern, der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, die Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen, die Landesregierung des Saarlandes und die Staatsregierung des Freistaates Sachsen halten § 6a Satz 1, 3 und 4 ZuInvG für mit Art. 114 Abs. 2, Art. 109 Abs. 1, Art. 104b Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 und Art. 83, 84 GG unvereinbar und beantragen im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle die Feststellung der Nichtigkeit der beanstandeten Vorschriften. Sie beantragen zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die Anwendung der zur Prüfung gestellten Vorschriften bis zur Entscheidung über den Hauptsacheantrag ausgesetzt werden soll.

15

1. Der Normenkontrollantrag sei zulässig. Insbesondere hätten die Antragsteller ein Klarstellungsinteresse, obwohl sie dem Gesetz im Bundesrat zugestimmt hätten. Das umfangreiche Gesetzgebungsvorhaben sei eilbedürftig gewesen. Die Antragsteller seien nicht verpflichtet gewesen, schon zu diesem Zeitpunkt abschließend zu entscheiden, ob Verfassungswidrigkeit vorliege und ein Normenkontrollantrag gestellt werden solle.

16

2. § 6a Satz 1 ZuInvG sei mit Art. 104b Abs. 2 und Abs. 3, Art. 109 Abs. 1, Art. 83 und Art. 84 GG unvereinbar.

17

Die Vorschrift sei insoweit verfassungswidrig, als sie dem Bund aktive örtliche Kontrollrechte einräume. Der Bund dürfe zwar einzelne Projekte von der Förderung ausschließen und Fördermittel zurückverlangen, Adressat solcher Maßnahmen könne aber nur die Landesregierung sein. Die in der Verwaltungsvereinbarung enthaltenen Berichts- und Auskunftspflichten setzten den Bund in die Lage, seine aus der Mitfinanzierung sich ergebenden Rechte wahrzunehmen.

18

Eine Zuständigkeit des Bundes ergebe sich nicht aus Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG. Die Vorschrift enthalte lediglich eine materielle Prüfungspflicht, die Prüfungskompetenz werde aber auf der Ebene der Länder belassen. Diese hätten eine Informationspflicht, zu deren Erfüllung sie gegebenenfalls ihrerseits die Gemeinden heranziehen könnten. Die Überprüfung stehe im Zusammenhang mit der Pflicht zur Befristung und degressiven Ausgestaltung der Finanzhilfen. Es handle sich um eine materielle Begrenzung zum Schutz der Länder und nicht um eine Ermächtigung des Bundes zur Steuerung und Kontrolle der Landesverwaltung. Wer das anders sehe, verkehre die Grundintention des verfassungsändernden Gesetzgebers in ihr Gegenteil.

19

Könnte der Bund neben den Ländern selbst bei Kommunen und Ländern Erhebungen durchführen, entstünde eine Mischverwaltung in der Form paralleler Prüfungskompetenzen. Diese sei ohne ausdrückliche Ermächtigung im Grundgesetz unzulässig. Eine solche Zulassungsnorm sei Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG nicht. § 6a Satz 1 ZuInvG vermische unzulässig die Zusammenhänge demokratischer Legitimation.

20

Das Erhebungsrecht des Bundes verletze die in Art. 109 Abs. 1 GG vorgesehene Haushaltsautonomie der Länder. Die Gemeinden gehörten staatsrechtlich zu den Ländern und würden durch diese im Verhältnis zum Bund mediatisiert. Nach Art. 83, 84 GG sei Adressat der Prüfung und der Aufsicht durch den Bund ausschließlich die oberste Landesbehörde; jede Art von Kommunalaufsicht des Bundes sei ausgeschlossen. Anderenfalls seien die Gemeinden drei Prüfungsinstanzen ausgesetzt: den kommunalen Gemeinschaftseinrichtungen, der Aufsicht des Landes und der Aufsicht des Bundes.

21

Art. 104b Abs. 3 GG regle ein passives Unterrichtungsrecht; die Unterrichtung erfolge durch die Länder. Hieraus folge kein Recht, vor Ort Unterlagen einzusehen und Erhebungen durchzuführen. Vielmehr richte sich auch der Informationsanspruch der Bundesregierung an die jeweilige Landesregierung.

22

3. § 6a Satz 3 und 4 ZuInvG sei mit Art. 114 Abs. 2 Satz 1, Art. 104b und Art. 109 Abs. 1 GG unvereinbar.

23

§ 6a Satz 3 ZuInvG gehe ins Leere, weil der Verweis auf § 93 Bundeshaushaltsordnung (im Folgenden BHO) eine anderweitig begründete parallele Prüfungszuständigkeit von Bundes- und Landesrechnungshöfen voraussetze, die es aber nicht gebe. § 6a Satz 4 ZuInvG wolle dem Bundesrechnungshof neue eigenständige Rechte einräumen, die den verfassungsrechtlich bestimmten Prüfungsraum des Bundesrechnungshofs überschritten.

24

Art. 114 Abs. 2 GG beziehe sich nur auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. Die Vorschrift weise dem Bundesrechnungshof zunächst die Rechnungsprüfung zu. Der Umfang der Prüfung werde durch die Rechnungslegung im Sinne des Art. 114 Abs. 1 GG bestimmt; sie erfasse nur die unmittelbare Bundesverwaltung und dem Bund zuzurechnende Verwaltungsorganisationen und Stellen, soweit sie im Haushaltsplan des Bundes erfasst würden. Hinsichtlich der in Art. 114 Abs. 2 GG weiter geregelten Haushalts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung sei die Reichweite der Prüfungszuständigkeit zwar umstritten, es bestehe aber grundsätzlich Einigkeit, dass es ein Prüfungs- und Erhebungsrecht bei den Kommunen nicht gebe.

25

Finanzbeziehungen zwischen Länderhaushalten und dem Bundeshaushalt gebe es nur, wo Finanzzuweisungen zwischen Bund und Land, geteilte Ertragszuständigkeiten bei Steuern oder gemeinsame Finanzierungspflichten bei Sondervermögen vorgesehen seien. Hier könne es ausnahmsweise Erhebungsrechte des Bundesrechnungshofs bei den Ländern geben, soweit es um Bundesgelder gehe und sie sich auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes bezögen. Finanzhilfen nach Art. 104b GG beträfen Investitionen der Länder und Kommunen und damit die Erfüllung von Landesaufgaben durch den Einsatz von Landesmitteln, auch wenn letztere aus zweckgebundenen Zuweisungen des Bundes stammten. Die Mitfinanzierungskompetenz des Bundes ändere an der Verwaltungszuständigkeit nichts. Die Zuständigkeit des Bundes erschöpfe sich in der Gewährung der Finanzhilfe. Eine Einflussnahme auf die Freiheit der Länder, ihre staatlichen Aufgaben selbständig und weisungsfrei zu erfüllen, widerspreche dem föderativen Aufbau der Bundesrepublik. Der auf die Mitfinanzierung beschränkten Zuständigkeit des Bundes entspreche es, dass die Finanzhilfen den Ländern zur eigenen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt und in den Haushaltsplänen der Länder vereinnahmt würden.

26

Prüfungs- und Erhebungsrechte des Bundesrechnungshofs stünden in Akzessorietät zur Verwaltungszuständigkeit. Die Länder unterlägen der Kontrolle durch Landesparlamente und -rechnungshöfe, die parlamentarische Kontrolle des Deutschen Bundestages und die des Bundesrechnungshofs reichten nur bis zur Hingabe der Finanzhilfen der Länder. Der Prüfung des Bundesrechnungshofs unterlägen daher alle Vorgänge, die ihren Niederschlag im Bundeshaushalt fänden und von Bundesbehörden zu erfüllen seien. Außerdem könne der Bundesrechnungshof die zweckentsprechende Vereinnahmung der Mittel in den Landeshaushalt erheben, indem er die Unterrichtung des Bundes durch die Länder über die Verwendung auswerte. Er könne die ordnungsgemäße Abrechnung der Mittel zwischen Land und Bund auf Grundlage der Unterrichtung prüfen. Schließlich könne geprüft werden, ob Rückflüsse dem Bund wieder zugeleitet worden seien. Prüfungszuständigkeiten des Bundes, die sich auf Planung, Durchführung und Auswirkungen des einzelnen Projektes bezögen, ergäben sich daraus nicht.

27

Ein von der Prüfung zu unterscheidendes Recht des Bundesrechnungshofs zu Erhebungen im Sinne einer objektiven Sachverhaltsfeststellung ohne Wertung sei mangels Trennbarkeit von Erhebung und Wertung nicht anzuerkennen. Die Erhebungen im Sinne des § 6a Satz 4 ZuInvG sollten der Feststellung zweckentsprechender Verwendung der Investitionshilfen dienen. Das verlasse zwangsläufig den Bereich der objektiven Sachverhaltsfeststellung, es gehe in jedem Fall um Wertungen.

28

Der Bundesrechnungshof dürfe allein die Daten bei den obersten Finanzbehörden erheben, die diese an den Bund weiterzugeben verpflichtet seien. Prüfungsfreie Räume entstünden dadurch nicht, weil die Kontrolle vor Ort im Einzelfall Sache der Landesrechnungshöfe sei. Dieser Aufgabenverteilung habe die bisherige Praxis durchgehend Rechnung getragen.

29

Dagegen lasse sich nicht argumentieren, dass die Verantwortung für die Haushaltswirtschaft nur dann bei Bundestag und Bundesregierung verankert werden könne, wenn die Finanzkontrolle des Bundesrechnungshofs funktional zur Finanzierungskompetenz des Bundes verstanden werde, oder dass der Bundesrechnungshof nicht aufgrund von abgeleiteten Kompetenzen der Bundesexekutive, sondern kraft eigener Kompetenzen als selbständiges Organ der Finanzfunktion des Bundes prüfe. Die Prüfungs- und Erhebungskompetenzen des Bundesrechnungshofs seien mit den Exekutivkompetenzen des Bundes verknüpft. Zwar bestehe ein berechtigtes Interesse des Bundes an der zweckentsprechenden Verwendung der Finanzhilfen; dem werde aber durch die Prüfungen der Landesrechnungshöfe Rechnung getragen. Eine Verknüpfung von Bundesfinanzierungskompetenz und Prüfungs- und Erhebungsrecht des Bundesrechnungshofs widerspräche der vertikalen Verteilung der Exekutivkompetenzen nach Art. 83 ff. GG. Wenn die Prüfungskompetenzen des Bundes so weit reichten wie seine Finanzierungskompetenz, führte das zu einer weitgehenden allgemeinen Bundesaufsicht über die Länder.

30

Es gebe keinen Generaltitel "Finanzwesen" als gleichsam vierte Staatsgewalt, der dazu berechtige, sich über die vertikale und horizontale Verteilung der Finanzkompetenzen hinwegzusetzen. Das Handeln des Bundesrechnungshofs könne auch nicht als sanktionslos und deswegen kompetenzrechtlich unbedenklich angesehen werden. Es wirke sich faktisch auf die Entlastung der Landesregierung aus, zudem sei der Bundesrechnungshof gegenüber den Gemeinden rechtsförmlich vorgegangen.

31

Bei der Durchführung des Zukunftsinvestitionsgesetzes hätten die Landesrechnungshöfe eine intensive und vielfältige Prüfungstätigkeit entfaltet. Daran bestehe angesichts der Mitfinanzierung der Investitionen durch die Länder ein Interesse. Eine größere Einheitlichkeit der Prüfungstätigkeit könne auch der Bundesrechnungshof nicht herbeiführen, weil unterschiedliche Vorgehensweisen den in den Ländern verschiedenen Umsetzungsverfahren geschuldet seien. Hierzu wiederum seien die Länder nach dem durch das Grundgesetz gewährleisteten bundesstaatlichen Aufbau berechtigt.

32

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 104a Abs. 4 GG a.F., wonach es bei Finanzhilfen keine örtlichen Prüfungs- und Erhebungsrechte des Bundesrechnungshofs gebe, sei auf Art. 104b GG übertragbar. Der Inhalt des Art. 104a Abs. 4 GG a.F. sei in Art. 104b GG übernommen und durch Regelungen ergänzt worden, die das Ziel verfolgten, den Einsatz von Finanzhilfen zu präzisieren und die Befugnisse des Bundes und der Länder klarer voneinander abzuschichten; allein der später angefügte Art. 104b Abs. 1 Satz 2 GG bilde insoweit eine Ausnahme. Keinesfalls hätten neue Ingerenzrechte des Bundes geschaffen werden sollen. Keine der Änderungen könne für erweiterte Rechte des Bundesrechnungshofs in Anspruch genommen werden. Das Unterrichtungsrecht des Art. 104b Abs. 3 GG, das im Übrigen nicht zur Informationsbeschaffung vor Ort berechtige, erwähne den Bundesrechnungshof ausdrücklich nicht. Die Pflicht zur regelmäßigen Überprüfung aus Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG sei eine materielle Pflicht, die die bislang schon geltende Kompetenzverteilung nicht verändert habe. Es liege außerhalb des Regelungsgegenstandes, örtliche Erhebungsrechte im Gegensatz zu den Verwaltungszuständigkeiten bei Investitionshilfen zu begründen.

33

Aus Art. 109 Abs. 1 GG ergebe sich, dass die Organe des jeweiligen Landes - einschließlich der Kommunen - Entscheidungen der Haushaltswirtschaft treffen könnten, ohne Kontrollen und Einwirkungen des Bundes zu unterliegen, die nicht ausdrücklich im Grundgesetz zugelassen seien. Die Einschränkung des Art. 104b GG betreffe allein den Grundsatz getrennter Finanzierung von Bundes- und Landesebene nach Art. 104a Abs. 1 GG. Kontroll- und Erhebungsrechte bei den Kommunen seien damit nicht verbunden.

V.

34

Zu dem Antrag haben sich der Deutsche Bundestag, die Bundesregierung, die Niedersächsische Landesregierung, der Bundesrechnungshof, die Landesrechnungshöfe mit Ausnahme des Landesrechnungshofs Mecklenburg-Vorpommern, der Deutsche Landkreistag und der Verband der bayerischen Bezirke geäußert. Gelegenheit zur Äußerung hatten außerdem der Bundesrat, die übrigen Landesregierungen und Senate, der deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund.

35

1. Der Deutsche Bundestag hält den Antrag für unzulässig und unbegründet.

36

a) Der Normenkontrollantrag sei unzulässig, weil die Antragsteller dem Gesetzesbeschluss zugestimmt hätten und durch den Normenkontrollantrag ein im Gesetzgebungsverfahren zu lösendes Problem auf das Bundesverfassungsgericht verlagerten. Wenn Antragsteller ihre Möglichkeiten, die politische Entscheidung über eine bestimmte Frage zu beeinflussen, nicht nutzten, könnten sie dieselbe Frage nicht später dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Die von den Antragstellern vorgebrachte Eilbedürftigkeit des Gesetzgebungsverfahrens ändere daran nichts.

37

b) § 6a ZuInvG beruhe auf Art. 104b Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG. Dem Bund sollten diejenigen Informationen verschafft werden, die er für die erforderliche Feststellung der zweckentsprechenden Inanspruchnahme und Verwendung der Bundesmittel brauche. Damit werde vermieden, dass die Länder die Finanzmittel entgegen Art. 104b Abs. 1 GG für die Erledigung anderer Aufgaben verwendeten. § 6a ZuInvG schaffe die Voraussetzungen für eine Rückforderung zuviel verwendeter Fördermittel gemäß § 7 Abs. 1 ZuInvG.

38

c) § 6a Satz 1 ZuInvG sei verfassungsgemäß. Da die bisherige Praxis Schwächen gehabt habe, habe der Bund ein berechtigtes Interesse an denjenigen Informationen über die Verwendung der Finanzhilfen in den Ländern, die er brauche, um zu entscheiden, ob er von seinem Rückforderungsanspruch Gebrauch mache. Es bestehe die Gefahr, dass die zuständigen Stellen in den Ländern nicht an einer vollständigen Überprüfung interessiert seien. Die Berichtspflichten der Landesregierungen reichten nicht aus.

39

Es handle sich nicht um eine unzulässige Mischverwaltung.

40

Soweit das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen habe, dass die Kontrolle des Bundesrechnungshofs nur bis zur Hingabe der Finanzhilfen an die Länder reiche, handle es sich um ein obiter dictum. Dem Bundesverfassungsgericht sei es darauf angekommen, den Befugnissen des Bundes bei der Auswahl von Projekten Grenzen zu setzen. Nach dem Zukunftsinvestitionsgesetz entschieden hingegen die Länder im Rahmen der Gesetzesvorgaben eigenständig, wofür sie die Bundesmittel einsetzten. Zu der Frage, ob Prüfungszuständigkeiten des Bundes durch den Bundesgesetzgeber festgelegt werden könnten, habe sich das Bundesverfassungsgericht nicht geäußert.

41

Dass der Bund selbst prüfe, ob die Finanzhilfen zweckentsprechend verwendet würden, stehe mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Einklang. Die Bundesexekutive dürfe danach einzelne Projekte von der Förderung ausschließen, wenn sie nicht der Zweckbindung der Finanzhilfen entsprächen oder zur Verwirklichung der angestrebten Ziele ungeeignet seien.

42

Zudem habe sich die Verfassungsrechtslage geändert. In Art. 104b GG seien die Grundlagen für ein neues Überwachungssystem aus Überprüfungs- und Informationspflichten gelegt worden. Die Überwachung der Zweckerreichung gemäß Art. 104b Abs. 2 und Abs. 3 GG sei Ausfluss des Erfordernisses der demokratischen Legitimation und darüber hinaus Teil der Haushaltsautonomie des Bundes. Wie die Überwachung geschehe, lege die Vorschrift nicht fest. Es müsse nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen bei passiven Unterrichtungsrechten bleiben. Art. 104b Abs. 2 und 3 GG räume dem Bundesgesetzgeber einen Gestaltungsspielraum ein. Maßgeblich sei die Effektivität der Überwachung. Die bisherigen Erfahrungen legten eine intensivere Überwachung nahe.

43

Die Pflicht, die Mittel hinsichtlich ihrer Verwendung in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen, richte sich an den Bund. Ebenso sei die Unterrichtung über die Prüfung der Verwendung von finanziellen Leistungen des Bundes grundsätzlich Aufgabe von Einrichtungen, die der Bund geschaffen habe. In § 6a Satz 1 ZuInvG sei nur das normiert worden, was früher bereits Gegenstand einer einvernehmlichen Regelung gewesen sei. Ein Eingriff in die Haushaltsautonomie der Länder liege nicht vor. Die Befugnis des Bundes sei auf Einzelfälle beschränkt. Vor diesem Hindergrund sei hinzunehmen, dass sich die Kommunen gegebenenfalls drei Prüfungsinstanzen ausgesetzt sähen. Die Entscheidungen der Länder darüber, für welche nach den gesetzlichen Vorgaben geeigneten Investitionen in ihrem Hoheitsgebiet die Finanzhilfen eingesetzt würden, würden durch den Bund nicht beeinflusst oder überprüft.

44

d) Auch § 6a Satz 3 und 4 ZuInvG sei verfassungsgemäß. Die Aufgabe des Bundesrechnungshofs sei in diesem Zusammenhang, gemäß Art. 114 Abs. 2 GG rechnungsunabhängig die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes zu prüfen. Geprüft werden dürfe nur, ob die Finanzhilfen des Bundes in den Ländern ihren Zweck erreichten. Die Auswahlentscheidung der Länder unterliege nicht der Überprüfung. Dementsprechend werde in § 6a Satz 3 ZuInvG bloß von "prüfen" gesprochen, die in Satz 4 genannten Erhebungen seien ein notwendiger Teil der Prüfung. Über die Prüfungsergebnisse sei die Bundesregierung zu informieren, was zu einer Rückforderung gemäß § 7 ZuInvG führen könne. Gemäß Art. 104b Abs. 3 GG seien Deutscher Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat auf Verlangen über die Durchführung der Maßnahmen und die erzielten Verbesserungen zu unterrichten. Dazu gehöre auch ein Bericht darüber, ob die Finanzhilfen zweckentsprechend verwendet worden seien.

45

Eine klare Trennung zwischen den Prüfungszuständigkeiten des Bundesrechnungshofs und der Landesrechnungshöfe gebe es im Falle der von Art. 104b GG ermöglichten Mitfinanzierung des Bundes im Landesbereich nicht. Sie sei nicht erforderlich, weil die Rechnungshöfe bloß prüfen und berichten könnten. Das Ausschließlichkeitsprinzip des Kompetenzrechts gelte uneingeschränkt nur für staatliches Handeln mit Entscheidungscharakter. Im Rahmen der Finanzkontrolle bedürfe es keiner strikten Abgrenzung zwischen den Kompetenzen des Bundesrechnungshofs und denen der Landesrechnungshöfe. Es gehe vielmehr darum, eine wirksame Finanzkontrolle zu ermöglichen. Die bloße Beobachtung und Ermittlung von Lebenssachverhalten sei keine Beaufsichtigung der Länder durch den Bund.

46

Das Bundesverwaltungsgericht sei für die Auftragsverwaltung davon ausgegangen, dass Finanzkontrollen des Bundesrechnungshofs im Bereich der Länder nicht von vornherein verfassungsrechtlich unzulässig seien, weil Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG ein Generalauftrag für eine effektive Finanzkontrolle zu entnehmen sei, der nur erfüllt werden könne, wenn dem Bundesrechnungshof auch gegenüber Landesfinanzbehörden Ermittlungsbefugnisse eingeräumt würden. Das müsse entsprechend für nicht zweckgemäß verwendete Finanzhilfen gelten.

47

Allerdings könne im Rahmen von Art. 104b GG nur geprüft werden, ob die Finanzmittel zweckentsprechend verwendet worden seien. Die Auswahlentscheidung der Länder sei der Überprüfung durch den Bundesrechnungshof nicht zugänglich. Im Rahmen der Entlastungsentscheidung gemäß Art. 114 Abs. 1 GG komme es auch darauf an, ob der Bund von der Rückforderungsbefugnis nach § 7 ZuInvG ordnungsgemäß Gebrauch gemacht habe. Zur Vorbereitung dieser Entscheidung habe der Bundesrechnungshof die Voraussetzungen für die Rückforderungsentscheidung eigenständig gemäß § 6a ZuInvG und nicht nur auf Grundlage der Mitteilung der Landesregierung zu prüfen.

48

Bei der Ausübung der dem Gesetzgeber durch Art. 104b GG eingeräumten Befugnis, dem Bundesrechnungshof ein Prüfungs- und Erhebungsrecht einzuräumen, müsse ein gerechter Ausgleich zwischen der Haushaltsautonomie und den Erfordernissen einer effektiven Finanzkontrolle gefunden werden. Dies sei dem Bundesgesetzgeber dadurch gelungen, dass eine gemeinsame Prüfung im Sinne von § 93 BHO festgeschrieben worden sei und der Bund die Informationsbefugnisse nur in Einzelfällen ausüben dürfe.

49

Nach Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz GG bestehe die Verpflichtung, die Bundesmittel hinsichtlich ihrer Verwendung in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen. Verfassungsrechtlich spreche nichts dagegen, dass diese Überprüfung vom Bundesrechnungshof vorgenommen werde. Der Bundesgesetzgeber habe insofern einen Entscheidungsspielraum. Jedenfalls seien die Rechnungshöfe der Länder und die Rechnungsprüfungsämter der Kommunen nicht die sachnäheren Institutionen für die Überprüfung, da es um die Verwendung von Bundesmitteln gehe.

50

2. Nach Ansicht der Bundesregierung ist der Antrag aufgrund der Zustimmung im Bundesrat unzulässig und im Übrigen unbegründet.

51

a) Die Vorschrift des § 6a ZuInvG, die Befugnisse sowohl der obersten Bundesbehörde als auch des Bundesrechnungshofs regle, sei verfassungsgemäß. Es handle sich um eine verfassungskonforme Ausgestaltung des Art. 104b GG. Diese Vorschrift solle die Finanzierungsbefugnisse des Bundes im Kompetenzraum der Länder kanalisieren und steuern. Es sei ein System von Gesetzesfolgenevaluationen in das Grundgesetz aufgenommen worden. Die Kontrollkompetenzen zur Ausführung der Folgenabschätzung könnten nur beim Bund liegen. Den einzelnen Ländern sei es unmöglich, sich ein Gesamtbild mit Fakten in Bezug auf alle beteiligten Akteure und Ebenen zu machen. Ein effektives Kontrollinstrumentarium setze voraus, dass die relevanten Daten und Fakten nach einheitlichen Maßstäben erhoben würden. Kontrolliert und evaluiert werden solle die Gewährung einer Finanzhilfe insgesamt, die Länder seien mithin gar nicht Kontrollobjekte.

52

Eine so beschaffene Kontrolle werde durch § 6a ZuInvG verwirklicht und konkretisiert. Es habe nahe gelegen, neben dem Bundesfinanzministerium auch den Bundesrechnungshof mit der Informationserhebung zu betrauen.

53

Die Anforderungen aus den beiden verfassungsgerichtlichen Entscheidungen zu Art. 104a Abs. 4 GG a.F. würden eingehalten. Ihnen sei es darum gegangen, die Entscheidungsfreiheit der Länder zu wahren. Gemeint gewesen sei ein Bundeseinfluss im Sinne des Eingreifens in die Verwaltungsentscheidungen der Länder und der Lenkung. Mitentscheidungsrechte im Einzelfall maße sich der Bund aber vorliegend gerade nicht an. Ein Fall der Mischverwaltung liege nicht vor.

54

Von einer verbotenen Bundesaufsicht könne nicht gesprochen werden. Mangels Sanktionsmöglichkeiten regle § 6a ZuInvG bereits keinen Aufsichtstatbestand. Sofern es um die Informationsrechte gehe, stelle Art. 104b GG eine Ermächtigungsgrundlage dar.

55

b) Die dem Bundesrechnungshof eingeräumten Befugnisse seien verfassungsgemäß. Soweit das Bundesverfassungsgericht die Prüfungsbefugnisse des Bundesrechnungshofs "an der Landesgrenze" aufgehalten habe, stünden diese nicht tragenden Erwägungen im Zusammenhang mit der Forderung, dass dem Bund keine Eingriffs- und Lenkungsbefugnisse zugewiesen werden dürften. Solche Befugnisse würden jedoch durch Erhebungsrechte des Bundesrechnungshofs im Landesbereich gar nicht eingeräumt. Der Rechnungshof sei nicht Teil der Verwaltung, sondern eine nicht nahtlos in das Gewaltenteilungsschema passende Staatsfunktion eigener Art. Er besitze keine Sanktions- oder Lenkungsmöglichkeiten.

56

Art. 114 Abs. 2 Satz 3 GG verweise zur näheren Zuständigkeitsregelung auf Bundesgesetze. Unzutreffend sei, dass die Zuständigkeit des Bundesrechnungshofs ausschließlich, das heißt akzessorisch, den Verwaltungskompetenzen folge. Mit der Finanzierungszuständigkeit und der Ertragshoheit existierten spezifisch finanzverfassungsrechtliche bundesstaatliche Kompetenzen, die im übrigen Staatsrecht keine Entsprechung fänden. Die bundesstaatlichen Kompetenzen des Bundesrechnungshofs folgten einem sowohl Verwaltungs- als auch Finanzierungskompetenzen umfassenden Bereich. Im Bereich der Informationsgewinnung könnten die Verwaltungsräume von Bund und Ländern in ganz anderem Maße durchlässig sein als etwa im Bereich echter Mitwirkungs- oder Mitentscheidungsrechte.

57

Wenn hinsichtlich der Bundeskompetenzen für Finanzhilfen die gesamtwirtschaftliche Verantwortung beim Bund am besten aufgehoben sei, erscheine eine dieser korrespondierende Finanzkontrolle nicht fernliegend. Anzustreben sei eine möglichst wirksame Finanzkontrolle. Die Finanzhilfen nach Art. 104b GG lägen zwischen den Gemeinschaftsaufgaben und den ungebundenen Zuweisungen nach Art. 107 Abs. 2 oder Art. 106 Abs. 4 Satz 2 und 3 GG. Es handle sich um gebundene Zuweisungen. Folglich existierten hier Prüfungsbefugnisse; sie seien allerdings nicht derart umfassend wie die Prüfungsbefugnisse im Falle echter Mischverwaltung, also insbesondere bei den Gemeinschaftsaufgaben.

58

Der Bundesrechnungshof dürfe nur die finanzwirtschaftliche Seite auf der Grundlage der Planung seitens des Landes für den Bund als den Prüfungsadressaten prüfen. Die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Länder als solche sei nicht Prüfungsgegenstand. Mehr sei von § 6a ZuInvG nicht intendiert. Es solle nicht in die Auswahlentscheidung eingegriffen werden. Es handle sich nicht um eine Prüfung der Länder oder Kommunen, sondern um eine Prüfung des Bundes bei den Ländern oder Kommunen. Das bilde exakt die gesamtstaatliche beziehungsweise gesamtwirtschaftliche Verantwortung des Bundes bei der Hingabe von Finanzhilfen auf der Ebene der Kontroll- und Informationsrechte ab. Der Bund dürfe Projekte von der Förderung ausschließen, die nicht der im Gesetz festgelegten Zweckbindung entsprächen oder gänzlich ungeeignet zur Erreichung der Ziele des Art. 104b GG seien. Der Erhebungs- und Prüfungsauftrag des Bundesrechnungshofs beziehe sich damit auf die Verwendung der Bundesmittel durch Prüfungen und Erhebungen bei den Ländern beziehungsweise ihren Untergliederungen.

59

Kommunale Kompetenzräume würden nicht verletzt. In den Entscheidungen zu Art. 104a Abs. 4 GG a.F. habe das Bundesverfassungsgericht dem Bund Lenkungsmittel gegenüber den Ländern mit Blick auf die Kommunen versagt. Um die Mittelvergabe gehe es in dem vorliegenden Streit jedoch nicht. Grundgesetzlich verbürgte Rechte der Länder würden nicht durch etwaige Prüfungen auf kommunaler Ebene verletzt. Es würden nicht die Länder oder Gemeinden geprüft, sondern es handle sich um Informationserhebungen, um die ordnungsgemäße Verwendung von Bundesmitteln in gesamtstaatlicher und gesamtwirtschaftlicher Verantwortung zu überprüfen und zu evaluieren.

60

3. Die Niedersächsische Landesregierung verweist auf die Entschließung des Bundesrates. Niedersachsen habe dem Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland trotz der Zweifel an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des § 6a ZuInvG zugestimmt, weil hinsichtlich der konjunkturpolitischen Maßnahme Wirkungsverzögerungen hätten vermieden werden sollen. Die Ergebnisse der verzögerungslosen Umsetzung überwögen die Nachteile eines Abwartens bis zur Klärung verfassungsrechtlicher Grundsatzfragen deutlich. Die Rechtsposition des Bundesrates sei Bundestag und Bundesregierung stets bekannt gewesen und habe kein entgegenstehendes Vertrauen begründen können.

61

4. Der Bundesrechnungshof hält den Antrag für jedenfalls unbegründet.

62

a) Bei den bereits begonnenen Erhebungen sei das Erhebungskonzept darauf ausgerichtet, durch Anwendung einheitlicher Kriterien im gesamten Bundesgebiet aussagekräftige Ergebnisse zu erlangen. Die Erhebungsstellen seien zufällig ausgewählt. Nur auf diese Weise erhalte der Bundesrechnungshof ein repräsentatives bundesweites Bild über die Wirkungen des Handelns der Bundesregierung, des Zukunftsinvestitionsgesetzes und der Förderkriterien. Mit einer summarischen Kumulation von Prüfungserkenntnissen einzelner oder aller Landesrechnungshöfe ließe sich ein solches repräsentatives Bild nicht erzielen. Es sei zu erwarten, dass die Prüfungen der Landesrechnungshöfe hauptsächlich auf die fiskalischen Interessen des jeweiligen Landes ausgerichtet seien.

63

b) Aus Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG ergäben sich Prüfungskompetenzen des Bundes. Die Prüfungsergebnisse seien denjenigen Organen des Bundes mitzuteilen, die über die Finanzhilfen zu entscheiden hätten. Die Unterrichtung von Bundestag und Bundesrat über die Ergebnisse der Prüfung der Verwendung von Finanzhilfen, die den Ländern und Kommunen gewährt worden seien, sei nicht Aufgabe der Länder oder ihrer Rechnungshöfe, sondern von Bundesorganen und insbesondere des Bundesrechnungshofs. Die Unterrichtungspflicht der Länder sei durch die Spezialvorschrift des Art. 104b Abs. 3 GG auf die dort normierten Auskünfte beschränkt. Schon nach der bisherigen Staatspraxis sei der Bund im Falle von Finanzhilfen nicht auf ein negatives, passives Unterrichtungsrecht beschränkt gewesen. Zur Entstehungsgeschichte des Art. 104b Abs. 2 GG gehöre, dass der Präsident des Bundesrechnungshofs mehrfach darauf hingewiesen habe, dass sich die Sinnhaftigkeit und der Erfolg von Finanzhilfen aus den Unterlagen der obersten Landesbehörden nicht oder nur unzureichend erkennen ließen und dass die Landesrechnungshöfe aus einer anderen Interessenlage heraus tätig würden. In der Föderalismuskommission seien Äußerungen von Sachverständigen aufgegriffen worden, die auf Schwierigkeiten der Bedarfsbestimmung angesichts der Informationsasymmetrie zwischen Bund und Ländern und auf die Notwendigkeit einer Erfolgskontrolle hingewiesen hätten. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass zu der auf die Zielerreichung bezogenen Kontrolle die Feststellung der zweckentsprechenden Inanspruchnahme und Verwendung der Bundesmittel hinzutreten solle. Die Überprüfung der Verwendung müsse von Institutionen vorgenommen werden, die sowohl zur Feststellung der zweckentsprechenden Inanspruchnahme und Verwendung der Bundesmittel als auch zur Beurteilung der Erreichung der Ziele in der Lage seien, die mit den Finanzhilfen als gesamtstaatlich ausgerichtetem Steuerungsinstrument angestrebt würden.

64

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Reichweite der Kontrollbefugnisse des Bundes im Falle des Art. 104a Abs. 4 GG a.F. bedürfe im Hinblick auf Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG der Modifikation.

65

c) Die Erhebungskompetenzen des Bundesrechnungshofs fänden in Art. 114 Abs. 2 GG eine Grundlage. Zwischen Prüfungs- und Erhebungskompetenz sei zu unterscheiden. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beziehe sich nur auf die Prüfungskompetenz. Das Bundesverwaltungsgericht habe hinsichtlich der Verwaltung der Gemeinschaftssteuern entschieden, dass der Bundesrechnungshof zu örtlichen Erhebungen berechtigt sei. Die Landesbehörden seien dabei nicht Prüfungsadressat, sondern nur Erhebungsobjekt. Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG sei ein Generalauftrag für eine effektive Finanzkontrolle zu entnehmen, der nur erfüllt werden könne, wenn der Bundesrechnungshof auch gegenüber Landesfinanzbehörden Ermittlungsbefugnisse habe. Auch in der Bundesauftragsverwaltung außerhalb der Steuerverwaltung seien Erhebungen bei den Landesbehörden ständige Praxis. Weder Art. 114 Abs. 2 Satz 3 GG noch einer anderen Regelung des Grundgesetzes sei zu entnehmen, dass der Bundesrechnungshof nur zu Erhebungen bei den obersten Landesbehörden ermächtigt werden dürfte.

66

Soweit umstritten sei, ob die Erhebungsrechte des Bundesrechnungshofs in der Landesverwaltung durch Verwaltungskompetenzen des Bundes begrenzt würden, verdiene die Auffassung Zustimmung, die zwischen Finanzierungs- und Verwaltungskompetenzen unterscheide. Es bestehe eine eigene Finanzierungsverantwortung des Bundes, der der Bund nur gerecht werden könne, wenn ihm eine Kontrolle der Verwendung der bereitgestellten Finanzmittel ermöglicht werde. Das setze Erhebungen voraus.

67

Die Finanzhilfen gemäß Art. 104b Abs. 1 GG würden zwar nicht im Auftrag des Bundes, sondern in eigener Verantwortung der Länder verwaltet. Gleichwohl sei es zulässig, dem Bundesrechnungshof Erhebungsbefugnisse durch ein Gesetz auf der Grundlage des Art. 114 Abs. 2 Satz 3 GG einzuräumen. Dafür spreche das hohe Interesse des Bundes an einer effektiven Finanzkontrolle. Die auf die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen ausgerichteten bundespolitischen Ziele der Verwendungsprüfung nach Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG könnten auf der Grundlage von Erhebungen, die allein von den Landesrechnungshöfen vorgenommen würden, nicht befriedigt werden. Im Falle der Finanzhilfen sei nur eine rechtzeitige Beratung des Parlaments geeignet, Nachsteuerungen zu ermöglichen. Dazu müsse der Bundesrechnungshof seinen Zeitplan selbst festlegen können. Der Bundesrechnungshof könne eine rechtzeitige Beratung des Parlaments nicht anders als durch örtliche Erhebungen in den Kommunen gewährleisten. Dem Anliegen des verfassungsändernden Gesetzgebers, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern so weit wie möglich zu trennen, werde dadurch Rechnung getragen, dass Mischfinanzierungen abgebaut und Finanzhilfen auf Ausnahmefälle begrenzt würden. Die Kommunen würden durch Erhebungen nicht in gleichem Umfang belastet wie durch Prüfungen.

68

d) Der Grundsatz der Haushaltsautonomie stehe in einem Spannungsverhältnis zu dem Prüfungsauftrag aus Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG und der Unterrichtungspflicht aus Art. 104b Abs. 3 GG. Der Gesetzgeber habe hier einen Ausgleich zu schaffen. Dabei sei ihm ein gewisser Spielraum einzuräumen. Die Befugnisse des Bundesrechnungshofs bewirkten keinen schwerwiegenden Eingriff in die eigenständige Haushaltsführung der Länder. Nachteile könnten dann entstehen, wenn zweckwidrige Verwendungen festgestellt würden. Das gleiche gelte, wenn Erkenntnisse gewonnen würden, die eine Nachsteuerung durch den Bundesgesetzgeber nahelegten. Das Interesse, solche Konsequenzen zu vermeiden, sei aber kaum schutzwürdig. Die Belastung insbesondere der Kommunen sei gering. Demgegenüber habe das Interesse des Bundes, eine effektive Finanzkontrolle zu gewährleisten, hohes Gewicht. Auch die Befugnisse des Bundes nach § 6a Satz 1 ZuInvG seien Ergebnis einer sachgerechten Abwägung zwischen der Haushaltsautonomie und dem Prüfauftrag des Bundes gemäß Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG. Sie hätten praktische Bedeutung in Fällen, in denen sich konkrete Anhaltspunkte für zweckwidrige Verwendungen ergeben hätten. Hier sei die Informationsbeschaffung nur mit geringfügigen Belastungen verbunden, das Interesse an der Vermeidung der Aufdeckung zweckwidriger Verwendungen oder Zielverfehlungen nicht schutzwürdig, das Interesse des Bundes, die Beachtung der bundesrechtlichen Zweckvorgaben und die gesamtwirtschaftliche Zielerreichung zu gewährleisten, dagegen von hohem Gewicht.

69

5. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Landesrechnungshöfe - mit Ausnahme des Landesrechnungshofs Mecklenburg-Vorpommern - sehen § 6a Satz 1, 3 und 4 ZuInvG als verfassungswidrig an. Die Finanzhilfen würden mit der Vereinnahmung in den Landeshaushalten zu Landesmitteln. Wie vom Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, sei der Bundesrechnungshof nur bis zur Hingabe der Finanzhilfen an die Länder zuständig. Art. 104b GG habe die Zuständigkeiten und Finanzverantwortlichkeiten von Bund und Ländern deutlicher abgrenzen sollen. Erhebungsrechte seien von Prüfungsrechten nicht sinnvoll zu trennen. Die angegriffene Vorschrift schaffe neue, sich überschneidende Prüfungskompetenzen. Die Prüfung des Bundes gemäß Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG könne sich lediglich auf die Frage beziehen, ob die allgemeinen Voraussetzungen für den Abruf der Mittel vorlägen. Das habe anhand der von den Ländern bereitzustellenden Informationen und der Prüfungsfeststellungen der Rechnungshöfe der Länder zu geschehen.

70

Im Bereich der Finanzhilfen leite sich aus dem eigenverantwortlichen admi-nistrativen Vollzug das alleinige Prüfungsrecht der Landesrechnungshöfe auf den der Ministerialebene nachgeordneten Verwaltungsstufen ab. Die Haushaltsautonomie schließe gegenseitige Haushaltskontrollen aus und stehe einem über die Abrechnungsunterlagen hinausgehenden Prüfungsrecht des Bundesrechnungshofs bei den Landesministerien entgegen.

71

Soweit der Bundesrechnungshof im Gesetzgebungsverfahren die Einschätzung vertreten habe, die Prüfung durch die Rechnungshöfe der Länder sei nicht ausreichend, und hierfür Beispiele angeführt habe, treffe das nicht zu. Prüfungsfreie Räume habe es nicht gegeben.

72

6. Der Deutsche Landkreistag schließt sich den Ausführungen der Antragsteller an und ergänzt, der Bundesrechnungshof spreche zwar nur von Erhebungen, diese stünden aber nicht für sich, sondern würden bewertet und in Prüfergebnissen zusammengeführt. Die Prüftätigkeit bewirke bei den Kommunen eine erhebliche Verunsicherung. Während sich die Bundesverwaltung der direkten Kommunikation mit den Kommunen bewusst und ausdrücklich enthalten habe, solle nun bei der Prüfung der förderrelevanten Tatbestände der Bundesrechnungshof mit möglicherweise abweichenden Auslegungen auf kommunaler Ebene erheben können und Prüfergebnisse vorbereiten. Das trage nicht zur Rechtssicherheit für die auf kommunaler Ebene handelnden Akteure bei. Die Gefahr des Attentismus sollte mit Blick auf die konjunkturgerichtete Zielsetzung des Zukunftsinvestitionsgesetzes vermieden werden.

73

Die Annahme, nur durch die Einräumung zusätzlicher Erhebungsbefugnisse für den Bund könne ein zweckgerichteter Einsatz der Finanzhilfen sichergestellt werden, gehe fehl. Unterhalb der Bundesebene gebe es keine rechts- und prüffreien Räume. Die Prüfung durch den Bundesrechnungshof bis zur Hingabe der Finanzhilfen an die Länder und danach durch die Landesrechnungshöfe sei seit mehr als dreißig Jahren übliche Praxis. Sie sei, zusammen mit den Informationspflichten aus der Verwaltungsvereinbarung, ausreichend.

74

Eine Bundeskompetenz lasse sich nicht daraus ableiten, dass der Bund die Finanzhilfen zur Verfügung gestellt habe. Die Mitfinanzierungskompetenzen des Bundes drehten nicht den Grundsatz der Finanzverfassung als Folgeverfassung dergestalt um, dass die Sachkompetenzzuordnungen des Grundgesetzes und die daraus folgenden haushaltsrechtlichen Rechte und Pflichten außer Kraft gesetzt würden. Auch die in Art. 104b GG vorgesehenen Überprüfungs- und Unterrichtungspflichten führten nicht zu Durchgriffsmöglichkeiten des Bundes bis auf die kommunale Ebene. Durch Art. 104b Abs. 2 GG würden keine neuen Prüfkompetenzen des Bundes geschaffen. Die Vorschrift sei nicht Ausdruck einer bislang als unzureichend empfundenen Kontrolle im zweistufigen System. Die Überprüfung solle zusammen mit der geforderten degressiven Ausgestaltung einzig dazu dienen, Verkrustungen vorzubeugen und schematisch verfestigte Forderungen zu vermeiden. Es gehe vorrangig um das "Ob" der Finanzhilfe. Art. 104b Abs. 3 GG solle eine am Förderziel ausgerichtete Erfolgskontrolle ermöglichen und einen flexibleren und effizienteren Einsatz der Hilfe gewährleisten. Ein gesondertes Prüfungsrecht des Bundes gegenüber den kommunalen Gebietskörperschaften sei hiermit jedoch gleichfalls nicht verbunden.

75

7. Der Verband der bayerischen Bezirke macht sich im Wesentlichen die Antragsbegründung zu Eigen.

B.

76

Der Antrag ist zulässig. Der Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass die Antragsteller mit dem umfangreichen Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland auch der zur Prüfung gestellten Vorschrift im Bundesrat zugestimmt haben. Der objektive Charakter des abstrakten Normenkontrollverfahrens macht die Antragsbefugten zu Garanten einer verfassungsgemäßen Rechtsordnung. Deshalb müssen sie sich nicht schon im Normentstehungsverfahren bei ihrer Stimmabgabe im Bundesrat schlüssig sein, ob sie später einen Antrag auf abstrakte Normenkontrolle stellen werden (BVerfGE 122, 1 <17>; vgl. BVerfGE 101, 158 <213>). Das Vorgehen der Antragsteller ist, zumal angesichts der zeitlichen Vorgaben für den Gesetzesvollzug (vgl. BVerfGE 41, 291 <305>), auch nicht missbräuchlich.

C.

77

Die Bestimmungen des § 6a Satz 1 und 4 ZuInvG sind mit der Verfassung teilweise unvereinbar, während § 6a Satz 3 ZuInvG bei zutreffender Auslegung mit dem Grundgesetz im Einklang steht.

I.

78

Für das Handeln der Bundesverwaltung nach § 6a Satz 1 ZuInvG besteht nur insoweit eine Bundeskompetenz, als der Bund bei den Landesverwaltungen - einschließlich nachgeordneter Stellen und Kommunalverwaltungen - auch im Rahmen örtlicher Erhebungen Berichte anfordern, Akten beiziehen und Unterlagen einsehen kann, wenn aufgrund konkreter Tatsachen im Einzelfall ein Anspruch nach § 7 Abs. 1 ZuInvG und Art. 104a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz GG möglich erscheint.

79

1. Für das in § 6a Satz 1 ZuInvG vorgesehene Verwaltungshandeln des Bundes bedarf es eines grundgesetzlichen Kompetenztitels.

80

Die durch § 6a Satz 1 ZuInvG eingeräumten Befugnisse berühren den Grundsatz der Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern gemäß Art. 109 Abs. 1 GG (vgl. Meyer/Freese, NVwZ 2009, S. 609 <613>; vgl. auch BVerfGE 1, 117 <133>; 86, 148 <264>) und die Zuweisung der Erfüllung der staatlichen Aufgaben an die Länder gemäß Art. 30 GG. Indem § 6a Satz 1 ZuInvG es dem Bund ermöglicht, eine Rechtspflicht von Landesbehörden zur Information über ausgabenwirtschaftliche Vorgänge zu begründen, wird die grundsätzliche Länderkompetenz beeinträchtigt.

81

Der Regelung des § 6a Satz 1 ZuInvG steht allerdings entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht das Verbot einer sogenannten Mischverwaltung entgegen. Zum einen hat allein die Zuordnung zum Begriff der Mischverwaltung keine verfassungsrechtlichen Konsequenzen, vielmehr bedarf es der Betrachtung der Kompetenzvorschriften im Einzelnen (vgl. BVerfGE 63, 1 <38>; 119, 331 <364 ff.>). Zum anderen kann die Bundesverwaltung auf der Grundlage des § 6a Satz 1 ZuInvG nur an Landesbehörden herantreten und für eigene Zwecke Informationen verlangen sowie bei ihnen Daten ermitteln. Damit fehlt bereits das eine Mischverwaltung kennzeichnende Element gemeinsamer Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben. § 6a Satz 1 ZuInvG räumt der Bundesverwaltung keinen Einfluss - sei es auch nur mittels bestimmter Formen des Zusammenwirkens (vgl. BVerfGE 119, 331 <367 ff.>) - auf Entscheidungen der Landesbehörden ein.

82

2. Weder Art. 104b noch Art. 84 Abs. 3 GG bieten eine Grundlage für das in § 6a Satz 1 ZuInvG vorgesehene Verwaltungshandeln. Eine auf die Vorbereitung der Durchsetzung von Haftungsansprüchen begrenzte Verwaltungskompetenz ergibt sich aber aus Art. 104a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz GG.

83

a) Weder die Gesetzgebungskompetenz des Art. 104b Abs. 2 Satz 1 GG noch die Überprüfungspflicht und das Unterrichtungsrecht aus Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz und Abs. 3 GG oder die mit Finanzhilfen gemäß Art. 104b GG verbundenen Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes gestatten Maßnahmen im Sinne des § 6a Satz 1 ZuInvG.

84

aa) Das Grundgesetz bestimmt in Art. 104b Abs. 1, unter welchen Voraussetzungen der Bund den Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbänden) Finanzhilfen gewähren kann. Gemäß Art. 104b Abs. 2 Satz 1 GG wird das Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investitionen, durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, oder aufgrund des Bundeshaushaltsgesetzes durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. Die Mittel sind nach Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG befristet zu gewähren und hinsichtlich ihrer Verwendung in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen, nach Satz 3 sind die Finanzhilfen im Zeitablauf mit fallenden Jahresbeträgen zu gestalten. Art. 104b Abs. 3 GG sieht vor, dass Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat auf Verlangen über die Durchführung der Maßnahmen und die erzielten Verbesserungen zu unterrichten sind.

85

Art. 104b Abs. 2 Satz 1 GG enthält keine Ermächtigung zu Regelungen, die der Bundesverwaltung Verwaltungsbefugnisse gegenüber den Ländern einräumen. Wenn das Grundgesetz wie in Art. 104b Abs. 2 Satz 1 GG dem Bund Regelungskompetenzen zuspricht, kann die Auslegung zwar ergeben, dass damit in bestimmtem Umfang Verwaltungskompetenzen des Bundes verbunden sein sollen. Hierauf kann aber nur bei hinreichend deutlichen Anhaltspunkten geschlossen werden. Solche Anhaltspunkte sind bei Art. 104b Abs. 2 Satz 1 GG nicht ersichtlich. Die Vorschrift lässt insbesondere nicht erkennen, welche Verwaltungsaufgaben dem Bund zugeordnet werden könnten und wie dessen Verwaltungskompetenzen im Übrigen einzugrenzen wären. Im Gegenteil sprechen die in Art. 104b Abs. 2 und 3 GG im Einzelnen behandelten Gegenstände und die Gesetzessystematik (dazu im Folgenden) deutlich dafür, dass die Ausgestaltungskompetenz des Art. 104b Abs. 2 Satz 1 GG ein Verwaltungshandeln des Bundes nicht umfasst.

86

bb) Auf Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz und Abs. 3 GG kann die in § 6a Satz 1 ZuInvG vorgesehene Befugnis des Bundes, weitergehende Nachweise zu verlangen und bei Ländern und Kommunen Bücher, Belege und sonstige Unterlagen einzusehen sowie örtliche Erhebungen durchzuführen, ebenfalls nicht gestützt werden.

87

(1) Die Pflicht zu regelmäßiger Überprüfung der Verwendung der Mittel gemäß Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz GG und das Unterrichtungsrecht gemäß Art. 104b Abs. 3 GG zielen vornehmlich auf eine erneute und gegebenenfalls wiederholte Beschäftigung mit der Frage, ob die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Finanzhilfe noch vorliegen und ob, auch wenn das der Fall ist, der politische Wille gebildet werden kann, sie abzuschaffen oder zu reduzieren. In diesem Zusammenhang können Fragen der gesamtwirtschaftlichen Effizienz sowie einer zielgenauen Auswahl der Förderbereiche von Interesse sein. Dagegen hat die Frage der zweckgemäßen Verausgabung von Mitteln für konkrete Einzelprojekte insoweit eine untergeordnete Bedeutung, die eine Informationsbeschaffung durch Bundesbehörden wie die hier zu beurteilende nicht rechtfertigen kann (vgl. Meyer/Freese, NVwZ 2009, S. 609 <613>; wohl auch von Arnim, in: Isensee/Kirchhof, HStR VI, 3. Aufl. 2008, § 138 Rn. 57).

88

Dass die Reduzierung einer zuvor eingeführten Finanzhilfe der vorrangige Zweck der in Art. 104b GG vorgesehenen Kontrollmechanismen ist, ergibt sich aus der Stellung der Vorschrift in der Finanzverfassung des Grundgesetzes und ihrer Einbettung in die Entwicklung der föderalen Strukturen. Finanzleistungen aus dem Bundeshaushalt an die Länder für Landesaufgaben, zu denen auch die Förderung von Investitionen der Gemeinden und Gemeindeverbände gehört, schaffen die Gefahr von Abhängigkeiten der Länder vom Bund. Sie gefährden damit die verfassungsrechtlich garantierte Eigenständigkeit der Länder, denen das Grundgesetz die volle Sach- und Finanzverantwortung für die ihnen obliegenden Aufgaben eingeräumt hat. In einem System, das darauf angelegt ist, eine der Aufgabenverteilung gerecht werdende Finanzausstattung der Länder zu erreichen, dürfen deshalb nach dem bundesstaatlichen Grundverhältnis zwischen Bund und Ländern Bundeszuschüsse in Form von Finanzhilfen für Landesaufgaben nur eine Ausnahme sein (BVerfGE 39, 96 <108>).

89

Finanzleistungen des Bundes an die Länder sind in zwei Reformschritten zurückgedrängt und verrechtlicht worden. In der Staatspraxis hatte sich nach 1949 ein "wild wucherndes Zuschusswesen" (Heun, in: Dreier, GG, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 104b Rn. 1) in Form der Fondswirtschaft und anderer Mischfinanzierungen entwickelt. Die 1969 durchgeführte Finanzreform hatte die Bezuschussung von Landesaufgaben durch den Bund unter anderem in Art. 104a Abs. 4 GG a.F. verfassungsrechtlich institutionalisiert, verrechtlicht und in mehrfacher Hinsicht begrenzt. Die rechtliche Ausgestaltung des Zusammenwirkens von Bund und Ländern in Art. 104a Abs. 4 GG a.F. hatte zugleich die Grundlage für rechtliche Auseinandersetzungen im Konfliktfall geschaffen, um eine mit der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes unvereinbare politische Abhängigkeit der Länder, die auf die Finanzhilfen des Bundes angewiesen sind und angebotene Bundesmittel aus politischen Gründen praktisch nicht ablehnen können, nach Möglichkeit zu verhindern (vgl. BVerfGE 39, 96 <110>). Im Rahmen der Föderalismusreform des Jahres 2006 wurden die Voraussetzungen für Finanzhilfen verschärft; dieses Instrument sollte auf seine eigentliche Zielrichtung, Bundesmittel gezielt und flexibel zur Behebung konkreter Problemlagen einzusetzen, zurückgeführt werden (vgl. BTDrucks 16/813, S. 10, 19). Soweit die Finanzierungskompetenz durch Einfügung des Art. 104b Abs. 1 Satz 2 GG im August 2009 wiederum erweitert worden ist, betrifft das nur Fallgestaltungen, in denen der Bund bei Naturkatastrophen oder näher qualifizierten außergewöhnlichen Notsituationen unter erleichterten Voraussetzungen Finanzhilfen gewähren können soll.

90

Der Einschränkung der Gewährung von Finanzhilfen dient auch Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz und Abs. 3 GG. Die Überprüfungspflicht des Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz GG steht in systematischem Zusammenhang mit den Pflichten zur Befristung gemäß Art. 104b Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz GG und zur Gestaltung mit fallenden Jahresbeträgen gemäß Art. 104b Abs. 2 Satz 3 GG. Diese Anforderungen dienen nicht einer Optimierung der Verwendung der Finanzhilfen im Einzelfall, sondern sollen ihre Verfestigung verhindern. Nichts anderes gilt für die Überprüfungspflicht. Sie ergänzt die Befristung und die degressive Staffelung, die bereits bei der Gewährung der Finanzhilfe durch Gesetz oder Verwaltungsvereinbarung vorzusehen sind, durch eine während der Laufzeit der Finanzhilfe andauernde Verpflichtung, die fortbestehende verfassungsrechtliche und finanzpolitische Rechtfertigung des Finanzierungsinstruments zu hinterfragen. Die Überprüfung im Sinne des Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz GG erfolgt nicht kontinuierlich - etwa in der Art einer weiteren Kontrolle anhand von Verwendungsnachweise -, sondern in regelmäßigen Zeitabständen. Damit wird unterstrichen, dass es bei dieser Überprüfung in erster Linie darum geht, die (makroökonomischen) Effekte des Mitteleinsatzes mit den Voraussetzungen der Gewährung der Finanzhilfen nach Art. 104b Abs. 1 Satz 1 GG und den in diesem Rahmen verfolgten finanzpolitischen Zielen zu vergleichen. Bereits die Zwecksetzung der Überprüfungspflicht lässt also erkennen, dass die Beschaffung von Informationen über die Durchführung der geförderten Maßnahmen im Rahmen des Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz GG ein allenfalls geringes Gewicht besitzt.

91

Diese Erwägung wird bestätigt durch die Systematik des Art. 104b GG. Soweit die der Überprüfung vorausgehende Unterrichtung über die Wirkung der Finanzhilfen einer rechtlichen Regelung bedarf, was namentlich im Verhältnis zu den Ländern der Fall ist, ist diese in Art. 104b Abs. 3 GG enthalten. Diese Bestimmung wäre überflüssig, wenn bereits Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz GG dem Bund Befugnisse zur Informationsbeschaffung einräumen würde. Die Auslegungsalternative, dass Art. 104b Abs. 3 GG lediglich Informationsrechte des Bundestages, der Bundesregierung und des Bundesrates in Bezug auf Daten hervorheben und absichern will, die dem Bund aufgrund eigener und umfassender Erhebungsbefugnisse und -pflichten gemäß Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG ohnehin zur Verfügung stehen, überzeugt nicht, weil die Verfassungsnorm dann keine eigene Bedeutung hätte.

92

Die Entstehungsgeschichte spricht eher für die durch Sinn und Zweck sowie die Gesetzessystematik nahegelegte Deutung des Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz und Abs. 3 GG. Die Überprüfungs- und Unterrichtungspflichten sind im Zusammenhang mit den Zielen der Föderalismusreform im Bereich der Finanzverfassung zu sehen. Durch Art. 104b GG sollten die Voraussetzungen für Finanzhilfen verschärft werden (vgl. BTDrucks 16/813, S. 10). Im Vorfeld der Grundgesetzänderung hatte die Bundesregierung die "Implementierung von Regelungen zur Evaluierung und Befristung" gefordert (Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung - Position der Bundesregierung vom 9. April 2003, S. 6, in: Deutscher Bundestag/Bundesrat Öffentlichkeitsarbeit, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, Zur Sache 1/2005, CD-ROM-Beilage). In den Beratungen der Bundesstaatskommission hatte es geheißen, zur Vermeidung schematisch verfestigter Dauersubventionierungen dürften Finanzhilfen zukünftig nur noch befristet gewährt werden; zugleich werde in der Verfassung zum Ausdruck gebracht, dass die Verwendung der Finanzhilfen in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen sei. Das Instrument werde dadurch auf seine eigentliche Zielrichtung zurückgeführt, Bundesmittel gezielt und flexibel zur Behebung konkreter Problemlagen einzusetzen (Kröning/Runde, Vorschlag zur Neuregelung der Mischfinanzierungstatbestände der Art. 91a und 91b sowie Art. 104a Abs. 4 GG mit Erläuterungen vom 2. Juli 2004 , S. 1, 4; Kröning/Runde, Erläuterungen zu Kom-Drs. 57 vom 17. Juni 2004 , S. 1, 4; beide in: Deutscher Bundestag/Bundesrat Öffentlichkeitsarbeit, a.a.O.). Die Gesetzesbegründung führt aus, die vorgeschriebene Überprüfung der Verwendung der Finanzhilfen in regelmäßigen Zeitabständen solle sich neben der erforderlichen Feststellung der zweckentsprechenden Inanspruchnahme und Verwendung der Bundesmittel auch mit der Frage der Erreichung der mit der Finanzhilfengewährung angestrebten Ziele befassen. Das für Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat vorgesehene Unterrichtungsrecht erstrecke sich auf die Information über Einzelheiten der mit Finanzhilfen geförderten Investitionsmaßnahmen sowie auf die mit der Finanzhilfengewährung erzielten Verbesserungen. Die Regelung ermögliche es, eine an dem jeweiligen Förderziel orientierte Erfolgskontrolle vorzunehmen und einen flexibleren und effizienteren Einsatz des gesamtstaatlich ausgerichteten Steuerungsinstruments der Finanzhilfen zu erreichen (BTDrucks 16/813, S. 19 f.).

93

Die Forderung nach Wirksamkeitskontrollen und Gesetzesevaluation hatte im Hinblick auf die allgemeinen Ziele der Föderalismusreform höheres Gewicht als die - eher als Routineangelegenheit vorausgesetzte - Feststellung der zweckentsprechenden Verwendung der Bundesmittel. Die Föderalismusreform wollte eine klarere Zuordnung der Finanzverantwortung erreichen. Sie verfolgte die Ziele der Entflechtung, Verantwortungsklarheit und Handlungsautonomie. Die Ebenen des Bundes und der Länder sollten in ihren Zuständigkeiten und Finanzverantwortlichkeiten deutlicher abgegrenzt werden. Finanzhilfen sollten wegen der durch sie bewirkten Verschränkung von Aufgaben- und Ausgabenzuständigkeiten und der Verengung der Spielräume für eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung die Ausnahme bleiben. Insgesamt sollte die Reform demokratie- und effizienzhinderliche Verflechtungen zwischen Bund und Ländern abbauen und wieder klarere Verantwortlichkeiten schaffen (BTDrucks 16/813, S. 7 ff.). Dementsprechend findet die dieser Zielsetzung zuwiderlaufende Annahme, die Föderalismusreform habe die Vorschriften über Finanzhilfen verschärft, um den Bund mit Detailfragen der Subventionsverwaltung auf Landes- und Kommunalebene zu befassen, keinen maßgeblichen Rückhalt in den Materialien. Soweit der Bundesrechnungshof auf die Stellungnahme eines von der Bundesstaatskommission bestellten Sachverständigen verweist, der eine Erhöhung des Bundeseinflusses, um dem Selbstbedienungsdrang der Länder entgegenzuwirken, sowie eine stärkere Kontrolle der Wirkungen gefordert habe (vgl. H.-P. Schneider, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung "Finanzbeziehungen" am 11. März 2004 , S. 15 f., in: Deutscher Bundestag/Bundesrat Öffentlichkeitsarbeit, a.a.O.), ist den Äußerungen der in den Prozess der Verfassungsänderung eingebundenen Organe nicht zu entnehmen, dass sie sich diese Sichtweise zu eigen gemacht und deswegen mit Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz und Abs. 3 GG die Vorstellung weitergehender Informationsbeschaffungsrechte des Bundes verbunden hätten.

94

(2) Die Annahme, dass Art. 104b Abs. 2 Satz 2 GG keine Informationsbeschaffungsbefugnisse des Bundes regelt, führt Grundsätze der bundesstaatlichen Ordnung konsequent fort, während die gegenteilige Auffassung zu ihnen in Widerspruch geriete. Dies zeigt die nähere Betrachtung der in Art. 104b Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG festgelegten Voraussetzungen und Rechtsfolgen.

95

(a) Die Pflicht zur Überprüfung aus Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz GG trifft diejenigen Organe, die über die Gewährung der Finanzhilfe entschieden haben. Das ist bei der Gewährung von Finanzhilfen durch ein Leistungsgesetz - wie bei der Prüfungs- und Anpassungspflicht in Bezug auf Sonderabgaben (vgl. BVerfGE 82, 159 <181>; 110, 370 <392>; stRspr) - der Gesetzgeber. Im Falle einer Verwaltungsvereinbarung ist jedenfalls die Bundesregierung zur Überprüfung verpflichtet. Die Überprüfung richtet sich auf das Fortbestehen der verfassungsrechtlichen und finanzpolitischen Rechtfertigung des Finanzierungsinstruments und mündet ein in eine - überwiegend von politischen Wertungen geprägte - Entscheidung des Gesetzgebers beziehungsweise der Bundesregierung. Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz GG äußert sich nicht dazu, wie die der Überprüfung zugrundeliegenden Tatsachen beschafft werden. Darin liegt kein - durch Auslegung des Begriffs "überprüfen" auszufüllendes - Regelungsdefizit, vielmehr wird die Informationsbeschaffung als ein der Prüfung vorangehender Schritt behandelt. Die Überprüfung soll ihrer Zielsetzung gemäß auf alle vorliegenden, insbesondere die auf der Grundlage des Art. 104b Abs. 3 GG beigebrachten Informationen und sachverständigen Bewertungen zugreifen.

96

Nach der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes wird der Informationsfluss von den Ländern zum Bund üblicherweise durch die obersten Landesbehörden vermittelt (vgl. auch Hellermann, in: Starck, Föderalismusreform, 2007, Rn. 362). Die vermittelnde Stellung der Landesministerien zeigt sich etwa in Art. 84 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 sowie in Art. 85 Abs. 3 Satz 2 GG. Art. 104b GG lässt nicht erkennen, dass abweichend von diesem Regelungsmodell eine Informationsbeschaffungsbefugnis des Bundes bei nachgeordneten Landesstellen zugelassen werden sollte. Damit folgt der verfassungsändernde Gesetzgeber dem Grundanliegen der Föderalismusreform 2006, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern deutlicher abzugrenzen.

97

Befugnisse des Bundes zu aktiver Informationsbeschaffung über Art. 104b Abs. 3 GG hinaus folgen auch nicht etwa daraus, dass ohne sie die Frage, ob die Finanzhilfe die durch Art. 104b Abs. 1 Satz 1 GG festgelegten konjunktur- und strukturpolitischen Zwecke erfüllt, nicht sachgerecht beantwortet werden könnte. Es ist nicht ersichtlich, dass die durch die obersten Landesbehörden gemäß Art. 104b Abs. 3 GG vermittelten Informationen hierfür nicht ausreichen.

98

(b) Die Unterrichtung im Sinne des Art. 104b Abs. 3 GG besteht darin, dass der Verpflichtete Informationen zusammenstellt und berichtsmäßig zusammenfasst. Die Bundesorgane informieren sich nicht durch Ermittlungen selbst, vielmehr sind sie nach dem Wortlaut der Vorschrift zu unterrichten. In ihrem Unterrichtungsverlangen geben sie den Gegenstand der Unterrichtung an, nicht aber die Mittel der Informationsbeschaffung im Einzelnen. Adressat der Unterrichtungspflicht ist das jeweilige Land (vgl. Meyer, Die Föderalismusreform 2006, 2008, S. 279). Von der Bundesverwaltung können sich die in Art. 104b Abs. 3 GG genannten Bundesorgane ohnehin unterrichten lassen. In Art. 104b Abs. 3 GG gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass den Bundesorganen in Abweichung von der üblichen bundesstaatlichen Ordnung die Befugnis eingeräumt werden soll, unmittelbar an nachgeordnete Landesstellen heranzutreten; Adressat der Regelung können daher weder nachgeordnete Stellen der unmittelbaren Landesverwaltung noch Gemeinden oder Gemeindeverbände sein, sondern nur die obersten Landesbehörden (vgl. Butzer, in: Kluth, Föderalismusreformgesetz, 2007, Art. 104b Rn. 29; Hellermann, in: Starck, Föderalismusreform, 2007, Rn. 362; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Hopfauf, GG, 11. Aufl. 2008, Art. 104b Rn. 33; Heun, in: Dreier, GG, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 104b Rn. 25).

99

(c) Darüber hinausgehende Mittel der Informationsbeschaffung können die Länder dem Bund auch nicht durch Verwaltungsvereinbarung einräumen; dem steht die abschließende Regelung der Materie in Art. 104b GG entgegen. Eine Verwaltungsvereinbarung kann zwar abstrakt-generelle Bestimmungen über Art und Gegenstand von Informationen enthalten, die die Länder dem Bund zu übermitteln haben (dazu unten C. I. 2. a) cc). Für eine unabhängig von einer Rechtspflicht vorgenommene Unterrichtung des Bundes durch ein Land bedarf es ebenfalls keiner Kompetenzgrundlage. Eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, aufgrund deren die Bundesverwaltung konkret-individuell rechtsverbindlich bestimmen könnte, welche Landesbehörden mit welchen Mitteln Informationen bereitzustellen haben, oder die die Bundesverwaltung zu eigenen Ermittlungen ermächtigte, würde aber eine unzulässige Kompetenzverschiebung bewirken (vgl. BVerfGE 119, 331 <364 f.> m.w.N.).

100

(3) Die in § 6a Satz 1 ZuInvG geregelten Befugnisse des Bundes können danach nicht auf Art. 104b Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG gestützt werden.

101

Gemäß § 6a Satz 1 ZuInvG kann der Bund in Einzelfällen weitergehende Nachweise verlangen und bei Ländern und Kommunen Bücher, Belege und sonstige Unterlagen einsehen sowie örtliche Erhebungen durchführen. Die Vorschrift schafft eine Befugnis der Bundesverwaltung, nach ihrem Ermessen Nachweise erstellen und vorlegen zu lassen, Unterlagen einzusehen und am Sitz der betroffenen Stelle Erhebungen durchzuführen, bei denen außer der Vorlage von Unterlagen auch die Erteilung von Auskünften gefordert werden darf. Soweit die Vorschrift den Bund ermächtigt, sind, wie sich auch aus der Entstehungsgeschichte ergibt, die Bundesressorts gemeint (vgl. das Schreiben des Bundesrechnungshofs an den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom 6. Februar 2009, S. 3, das im Haushaltsausschuss des Bundestages rezipiert wurde, vgl. Deutscher Bundestag, Haushaltsausschuss, Kurzprotokoll Nr. 16/93 vom 11. Februar 2009, S. 73 f.). Dies entspricht dem Sprachgebrauch in anderen Vorschriften des Zukunftsinvestitionsgesetzes. Hier wird mit "Bund" zwar auch der Bund allgemein als das Rechtssubjekt, das die Mittel bereitstellt, bezeichnet (z.B. § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 6 ZuInvG); soweit aber das Verhalten von Bundesorganen gemeint ist, handelt es sich um solche der Exekutive (z.B. § 5 Satz 2, § 7 Abs. 1 ZuInvG). Die Formulierung "bei Ländern" in § 6a Satz 1 ZuInvG erfasst auch einen Zugriff des Bundes auf nachgeordnete Landesbehörden. Dies zeigt sich daran, dass nach derselben Vorschrift auch Erhebungen unmittelbar bei Kommunen durchgeführt werden können. § 6a Satz 1 ZuInvG bezweckt danach insgesamt, also auch im staatlichen Bereich, dass die Informationen ohne Einhaltung der Behördenhierarchie nach Wahl der Bundesverwaltung bei jeder Stelle angefordert werden können. "Weitergehend" sind Nachweise, die über das hinausgehen, was die Länder aufgrund der Verwaltungsvereinbarung von sich aus vorzulegen haben. Örtliche Erhebungen sind wie in § 94 Abs. 1 BHO Erhebungen vor Ort, insbesondere in den Räumlichkeiten der zur Informationsbeschaffung herangezogenen Stelle (vgl. auch Deutscher Bundestag, Haushaltsausschuss, Kurzprotokoll Nr. 16/93 vom 11. Februar 2009, S. 74 f.).

102

Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz GG verleiht der Bundesverwaltung keine Kompetenz, derartige Informationspflichten der Landesverwaltungen zu begründen. Das Unterrichtungsrecht des Art. 104b Abs. 3 GG schließt weder den Zugriff auf nachgeordnete Stellen und Kommunen ein, noch werden dem Bund damit Informationsbefugnisse eingeräumt, die über den Anspruch auf Unterrichtung zu einem von dem Berechtigten bezeichneten Gegenstand hinausgehen (vgl. auch Meyer/Freese, NVwZ 2009, S. 609 <613>). Weder die Einsicht in einzelne Unterlagen noch die Vorlage von Nachweisen entsprechen der berichtsmäßigen Zusammenstellung von Tatsachen, die in Art. 104b Abs. 3 GG vorgesehen ist.

103

cc) Die durch § 6a Satz 1 ZuInvG in Anspruch genommene Verwaltungskompetenz ergibt sich ferner nicht aus den Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes, die bei der Gewährung von Finanzhilfen in Betracht kommen.

104

Das Bundesverfassungsgericht hat sich unter der Geltung des Art. 104a Abs. 4 GG a.F. zu den Grenzen des Bundeseinflusses auf die Auswahlentscheidungen der Länder im Rahmen von Programmen zur Investitionsförderung geäußert und entschieden, dass die Bundesexekutive nur dann einzelne Projekte von der Förderung ausschließen kann, wenn sie ihrer Art nach nicht der im Bundesgesetz festgelegten Zweckbindung der Finanzhilfen entsprechen oder gänzlich ungeeignet sind, zur Verwirklichung der mit den Bundeszuschüssen angestrebten Ziele des Art. 104a Abs. 4 Satz 1 GG a.F. beizutragen (vgl. BVerfGE 39, 96 <115, 118>). Der Ausschluss von Projekten bei programmwidriger Inanspruchnahme von Bundeszuschüssen setzt die Pflicht der Länder voraus, dem Bund die dazu erforderlichen Informationen rechtzeitig und vollständig zu liefern (vgl. BVerfGE 41, 291 <313>).

105

Unabhängig davon, ob - worüber hier nicht abschließend zu befinden ist - die zur früheren Rechtslage entwickelten Grundsätze unter der Geltung des Art. 104b GG weiterhin zu beachten sind, lassen sich aus ihnen die in § 6a Satz 1 ZuInvG vorgesehenen Befugnisse nicht ableiten. Die Kompetenz zur Prüfung von Förderungsausschlüssen umfasst nach diesen Grundsätzen nicht die Befugnis, Informationen aktiv, insbesondere vor Ort, zu erheben; aus ihr lässt sich allein die Kompetenz ableiten, die obersten Landesbehörden zur rechtzeitigen Vorlage der nötigen Informationen zu verpflichten. Diese Verpflichtung soll hier erfüllt werden durch die vierteljährlichen Berichte gemäß § 3 Abs. 2 VV-ZuInvG, die Förderlisten laufender Projekte, Kurzbeschreibungen der einzelnen Maßnahmen sowie Angaben über die Höhe des Investitionsvolumens, den kommunalbezogenen Anteil und die Höhe der Beteiligung des Bundes an der öffentlichen Finanzierung enthalten. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die in § 6a Satz 1 ZuInvG vorgesehenen darüber hinausgehenden Maßnahmen zur Wahrnehmung der dem Bund zukommenden Prüfungsbefugnis erforderlich sein könnten. Die durch Einsicht in Unterlagen, örtliche Erhebungen oder weitergehende Nachweise - also Nachweise, die über das hinausgehen, was die Länder aufgrund der Verwaltungsvereinbarung von sich aus vorzulegen haben - zu gewinnenden Erkenntnisse mögen einen statistischen Abgleich oder eine detaillierte und einzelfallorientierte Würdigung ermöglichen, beides gehört aber gerade nicht zu den dem Bund mit der Ausreichung von Finanzhilfen an die Länder verbundenen Aufgaben (zu Verwendungsnachweisen unten C. I. 2. d) aa) <2>).

106

b) § 6a Satz 1 ZuInvG kann nicht als Ausprägung der Bundesaufsicht gemäß Art. 84 Abs. 3 GG verstanden werden.

107

Allerdings sind auch Gesetze nach Art. 104b GG gemäß Art. 83 GG von den Ländern als eigene Angelegenheit auszuführen. Dem Bund kommt dabei die Bundesaufsicht nach Art. 84 GG zu. Er kann insbesondere die Rechte nach Art. 84 Abs. 3 und 4 GG wahrnehmen (vgl. BVerfGE 39, 96 <109>). § 6a Satz 1 ZuInvG steht jedoch mit dem Zweck der durch Art. 84 GG eingeräumten Bundeskompetenzen in keinem Zusammenhang. Art. 84 GG vermittelt zwischen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes und der Verwaltungskompetenz der Länder, indem er dem Bund Einflussmöglichkeiten auf die Anwendung des von ihm gesetzten Rechts einräumt. Der Bund soll die Möglichkeit haben, auf eine einheitliche Geltung der Rechtsvorschriften hinzuwirken (vgl. BVerfGE 11, 6 <18>). Der Gesichtspunkt der Wirksamkeit des Gesetzesvollzugs tritt hinzu (vgl. BVerfGE 22, 180 <210>).

108

§ 6a Satz 1 ZuInvG ist hingegen nicht den allgemeinen Ingerenzrechten beim Vollzug der Bundesgesetze in Landeseigenverwaltung, sondern der externen Finanzkontrolle zuzuordnen. Die Vorschrift bezweckt nicht die Rückkopplung des Gesetzesvollzugs an die Absichten des Gesetzgebers und insbesondere nicht die grundsätzliche Einheitlichkeit des Gesetzesvollzugs, sondern eine Kontrolle der finanziellen Auswirkungen der gesetzgeberischen Entscheidung. Die Vorschrift hat nicht die inhaltliche Ausfüllung der Vorschriften des Zukunftsinvestitionsgesetzes durch die Länder im Auge, sondern die Ausgabenpraxis ihrer Verwaltungsbehörden. Die Bezugnahme der Paragraphenüberschrift auf die Sätze 3 und 4 zeigt, dass die Rechnungshofkontrolle im Zentrum der gesetzgeberischen Überlegungen stand. Das wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt (vgl. Deutscher Bundestag, Haushaltsausschuss, Kurzprotokoll Nr. 16/93 vom 11. Februar 2009, S. 73 f.; BTDrucks 16/11825, S. 7).

109

c) Die Amtshilfepflicht gemäß Art. 35 Abs. 1 GG kann zwar gewisse korrespondierende Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte einschließen (vgl. BVerfGE 10, 20 <49>). Sie dient aber nicht einer allgemeinen oder bereichsbezogenen Kontrolltätigkeit des Bundes gegenüber den Ländern und bietet folglich ebenfalls keine Grundlage für das in § 6a Satz 1 ZuInvG vorgesehene Handeln der Bundesverwaltung.

110

d) Eine auf die Vorbereitung der Durchsetzung von Haftungsansprüchen begrenzte Verwaltungskompetenz ist Art. 104a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz GG zu entnehmen. § 6a Satz 1 ZuInvG ist verfassungsgemäß, soweit die darin vorgesehenen Befugnisse der Wahrnehmung dieser Kompetenz dienen.

111

aa) Art. 104a Abs. 5 GG verleiht dem Bund neben einer Gesetzgebungskompetenz zur Bestimmung des Näheren auch eine Verwaltungskompetenz.

112

(1) Die Haftung nach Art. 104a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz GG setzt eine nicht ordnungsmäßige Verwaltungstätigkeit voraus, die außer bei einem Lenkungsversagen von Regierung oder Parlament im Hinblick auf die Verwaltungstätigkeit auch dann vorliegt, wenn einzelne Verwaltungshandlungen fehlerhaft vorgenommen werden (vgl. BVerfGE 116, 271 <319 ff.>; BVerwGE 96, 45 <57>; 128, 99 <104>; BTDrucks V/2861, S. 52; Prokisch, in: Bonner Kommentar, Art. 104a Rn. 335 ; a.A. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, 1998, S. 307 ff.). Der Gesetzgeber kann eine verschuldensunabhängige Haftung begründen (vgl. BVerfGE 116, 271 <322>; BVerwGE 96, 45 <57 f.>; 104, 29 <33>; 128, 99 <106>). Eine Beschränkung auf evidente oder grobe Rechtsverstöße kann dem Gesetzgebungsauftrag in Art. 104a Abs. 5 Satz 2 GG nicht entnommen werden (vgl. BVerfGE 116, 271 <315 f., 319 f.>; Rudisile, DÖV 1985, S. 909 <911>; a.A. Prokisch, a.a.O., Rn. 335 ff.). Das Ausführungsgesetz nach Art. 104a Abs. 5 Satz 2 GG braucht keine übergreifende Kodifizierung des Verwaltungshaftungsrechts zu sein; möglich - und jeweils an Art. 104a Abs. 5 GG zu messen - sind auch Teilausführungsregelungen im Zusammenhang bereichsspezifischer Sachregelungen (vgl. Prokisch, a.a.O., Rn. 313 f.).

113

(2) Art. 104a Abs. 5 GG eröffnet dem Bundesgesetzgeber jedenfalls die Möglichkeit, mit Zustimmung des Bundesrates der Bundesverwaltung die Befugnis einzuräumen, zum Zwecke der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen eines Haftungsanspruchs und unter der Voraussetzung, dass aufgrund konkreter Tatsachen ein solcher Anspruch möglich erscheint, bei den Landesverwaltungen Berichte anzufordern, Akten beizuziehen und Unterlagen einzusehen; dazu kann die Bundesverwaltung - wenn entsprechende Hinweise vorliegen - sich unmittelbar an nachgeordnete Behörden auch der Länder und Kommunalverwaltungen wenden und örtliche Erhebungen durchführen.

114

(a) Art. 104a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz GG sieht eine Haftungsregelung vor, die gerade auf das Auseinanderfallen von Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeit zugeschnitten ist (BVerfGE 116, 271 <312>). In dieser Situation kann der Bund häufig schon für die Erkenntnis, dass in einem konkreten Fall überhaupt ein Haftungsanspruch naheliegt, auf die bei einem Land vorliegenden Informationen angewiesen sein (vgl. BVerwGE 128, 99 <116>). Dass die Haftungsvoraussetzungen erfüllt sind, wird sich typischerweise nur aus den bei der Landesbehörde vorliegenden Unterlagen ergeben, über die der mitfinanzierende Bund nicht verfügt. Nicht zuletzt im Hinblick auf die engen Voraussetzungen, unter denen nach Art. 104b Abs. 1 GG Finanzhilfen gewährt werden dürfen, ist aber eine wirksame Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen bei nicht zweckentsprechender Verwendung von Finanzhilfen geboten. Dazu bedarf die Bundesverwaltung nicht nur der - von den Ländern anerkannten und übermittelten - Informationen mittels standardisierter Verwendungsnachweise (vgl. im vorliegenden Zusammenhang § 4 VV-ZuInvG), sondern auch der Befugnis, ins Einzelne gehende weitere Informationen zu erlangen, soweit das für die Feststellung der Haftungsvoraussetzungen unumgänglich ist, und zwar gegebenenfalls auch gegen den Willen der betroffenen obersten Landesbehörde.

115

Es lässt sich nicht einwenden, der Bund bedürfe keiner aktiven, mit rechtlicher Bindungswirkung ausgestatteten Informationsbeschaffung, weil letztlich die Gerichte über Haftungsansprüche zu entscheiden hätten, und deshalb sei es nicht angezeigt, Art. 104a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz GG eine entsprechende Verwaltungskompetenz zu entnehmen. Bund und Land stehen sich insbesondere im Vorfeld der gerichtlichen Durchsetzung streitiger Ansprüche nicht wie Zivilparteien gegenüber. Ihr Verhältnis ist durch das in Art. 104a Abs. 5 GG zum Ausdruck kommende gesamtstaatliche Interesse an der Rückabwicklung von materiell der Finanzverfassung zuwiderlaufenden Leistungen geprägt und möglichst streitvermeidend zu verstehen und auszugestalten. Dem dienen - vornehmlich gesetzlich klar ausgeformte - Informationsansprüche.

116

(b) Auch in Teilen der Literatur ist anerkannt, dass der Festlegung eines Haftungsanspruchs im Bund-Länder-Verhältnis Verwaltungskompetenzen des möglichen Gläubigers korrespondieren (vgl. Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, 2001, S. 404 ff.; Prokisch, a.a.O., Rn. 329; Schulze, DÖV 1972, S. 409 <414>; Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, 1998, S. 303 ff.). Soweit allerdings daraus gefolgert wird, die materiellen Voraussetzungen der Haftung müssten zur Vermeidung zu weit gehender Bundesbefugnisse einschränkend ausgelegt werden, ist dem nicht zu folgen. Vielmehr ist derartigen Gefahren durch verfahrensrechtliche Anforderungen zu begegnen.

117

Führen die Länder Bundesgesetze - wie im Falle von Finanzhilfen nach Art. 104b Abs. 1 GG - als eigene Angelegenheit aus (Art. 84 GG), sind die Eigenständigkeit der verwaltungsmäßigen Durchführung der Bundesgesetze durch die Länder auf der einen und die Wirksamkeit des Haftungsrechts sowie die föderale Gleichbehandlung bei der Behandlung von Haftungsfällen auf der anderen Seite zum Ausgleich zu bringen. Ein angemessener Ausgleich wird insbesondere dadurch erreicht, dass die Informationsbeschaffung des Bundes sich auf die konkreten Einzelfälle beschränkt, in denen das Informationsbedürfnis des Bundes besonders hervortreten wird. Hierdurch unterscheidet sich diese Verwaltungskompetenz schon im Ansatz von der anlassunabhängigen, auch auf die Beeinflussung des zukünftigen Gesetzesvollzugs zielenden Bundesaufsicht. Aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte muss die Möglichkeit bestehen, dass ein Haftungsanspruch unmittelbar aus Art. 104a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz GG (vgl. BVerfGE 116, 271 <302 ff.>) oder nach einem aufgrund von Art. 104a Abs. 5 Satz 2 GG erlassenen Gesetz besteht. Die tatsächlichen Anhaltspunkte können sich insbesondere aus Meldungen ergeben, die die Länder von sich aus abzugeben haben, aber auch aus Bemerkungen der Landesrechnungshöfe und Erkenntnissen der kommunalen Finanzaufsicht oder Medienberichten. Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, so kann der Bund Informationen und Unterlagen von den Landesbehörden anfordern. Zu diesem begrenzten Zweck kann der Gesetzgeber aber auch die Sachverhaltserforschung am Sitz der Landesbehörde und bei nachgeordneten Behörden und Kommunen (örtliche Erhebungen) zulassen. Soweit es um Fragen des Einzelfalles geht und die Informationen gerade vor Ort vorliegen, spricht hierfür die Effektivität des Informationszugriffs. Zudem wiegt der Schutz des Binnenbereichs der Landesverwaltung vor Zugriffen des Bundes weniger schwer, wenn es nur um die Feststellung von in der Vergangenheit liegenden Umständen im Hinblick auf Haftungsansprüche in Einzelfällen geht.

118

bb) § 7 Abs. 1 ZuInvG regelt die Rückforderung von Finanzhilfen. Es handelt sich um eine gesetzliche Bestimmung des Näheren im Sinne des Art. 104a Abs. 5 Satz 2 GG für den Bereich der Finanzhilfen nach dem Zukunftsinvestitionsgesetz, in der die Fälle nicht ordnungsmäßiger Verwaltung als Haftungsvoraussetzungen normiert sind (Sätze 1, 2 und 8) und der Haftungsanspruch weiter ausgestaltet ist (Sätze 3 bis 7). § 6a Satz 1 ZuInvG ermöglicht in diesem Zusammenhang die Informationsbeschaffung der Bundesverwaltung im Vorfeld der Geltendmachung dieses Anspruchs. Für Aufklärungsmaßnahmen mit dieser Zwecksetzung besteht eine Bundeskompetenz gemäß Art. 104a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz GG, soweit die in § 6a Satz 1 ZuInvG eingeräumte Befugnis auf Einzelfälle beschränkt bleibt, in denen aufgrund konkreter Tatsachen ein Rückforderungsanspruch möglich erscheint.

119

3. Soweit § 6a Satz 1 ZuInvG in dem dargestellten Rahmen ohne Verstoß gegen die föderale Kompetenzordnung zu Erhebungen bei Kommunen ermächtigt, verletzt die Bestimmung auch nicht die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Dabei kann offen bleiben, ob die Finanzhoheit der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 3 1. Halbsatz GG) und Gemeindeverbände (Art. 28 Abs. 2 Satz 2 und 3 1. Halbsatz GG) auch beeinträchtigt wird, wenn eine außenstehende Stelle über den Einsatz der Finanzmittel unterrichtet und ihr insbesondere Einsicht in Bücher und sonstige Unterlagen gewährt werden muss. Jedenfalls schränkt § 6a Satz 1 ZuInvG die Finanzhoheit in zulässiger Weise ein. Insbesondere im Hinblick auf den engen Anwendungsbereich der Norm bestehen keine Anhaltspunkte für eine generell unverhältnismäßige Belastung der Gemeinden und Gemeindeverbände, die gemäß § 6a Satz 2 ZuInVG auch im Einzelfall zu vermeiden ist.

II.

120

Die Ermächtigung des Bundesrechnungshofs zu Erhebungen nach § 6a Satz 4 ZuInvG findet in Art. 114 Abs. 2 GG nur zum Teil die erforderliche verfassungsrechtliche Rechtfertigung. Die mit dem Normenkontrollantrag ebenfalls angegriffene Vorschrift des § 6a Satz 3 ZuInvG berührt hingegen nicht die Kompetenz der Länder und ist nach Maßgabe der Gründe verfassungsgemäß.

121

1. Erhebungen des Bundesrechnungshofs bei Ländern und Kommunen gemäß § 6a Satz 4 ZuInvG berühren - anders als Prüfungen im Sinne des § 6a Satz 3 ZuInvG - die grundsätzliche Zuständigkeit der Länder und bedürfen daher einer Ermächtigung im Grundgesetz.

122

Der Bundesrechnungshof prüft nach § 6a Satz 3 ZuInvG gemeinsam mit dem jeweiligen Landesrechnungshof im Sinne von § 93 der Bundeshaushaltsordnung, ob die Finanzhilfen zweckentsprechend verwendet wurden. Dazu kann er auch Erhebungen bei Ländern und Kommunen durchführen (§ 6a Satz 4 ZuInvG). Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen der Prüfung und der Erhebung. Prüfen bedeutet dabei, dass ein konkreter Sachverhalt festgestellt und in seinen finanzwirksamen Auswirkungen nach bestimmten Maßstäben bewertet wird (vgl. Dittrich, BHO, § 88 Anm. 9.2 ). Erheben ist ein Teil dieser Tätigkeit, nämlich die Sachverhaltsfeststellung durch das Ermitteln einzelner Tatsachen; diesem Begriff kommt gegenüber dem der Prüfung selbständige Bedeutung zu (vgl. BVerwGE 116, 92 <95>).

123

Die durch § 6a Satz 4 ZuInvG eingeräumte Befugnis zu Erhebungen bei Ländern und Kommunen beeinträchtigt den Grundsatz der Haushaltsautonomie gemäß Art. 109 Abs. 1 GG und die Zuweisung der Erfüllung der staatlichen Aufgaben an die Länder gemäß Art. 30 GG. Die Datenerhebung durch den Bundesrechnungshof ist unter dem Aspekt föderaler Zuständigkeitsverteilung nicht anders zu beurteilen als die Informationsbeschaffung seitens der Bundesverwaltung gemäß § 6a Satz 1 ZuInvG (oben C. I. 1.).

124

Der Prüfungsauftrag des § 6a Satz 3 ZuInvG berührt den Kompetenzbereich der Länder dagegen nicht. Nur Stellen des Bundes können Adressat der Prüfung durch den Bundesrechnungshof sein. Der Vorschrift ist weder zu entnehmen, dass die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Länder zum Prüfungsgegenstand des Bundesrechnungshofs gemacht werden soll, noch dass Teile der Prüfungstätigkeit, insbesondere Erhebungen, im Länderbereich stattzufinden hätten. Wäre Letzteres bezweckt, so wäre § 6a Satz 4 ZuInvG überflüssig. Daran ändert die Einbeziehung von § 93 BHO nichts. Nach dem hier in erster Linie in Betracht zu ziehenden § 93 Abs. 1 Satz 1 BHO soll in Fällen, in denen sowohl der Bundesrechnungshof als auch ein Landesrechnungshof für die Prüfung zuständig ist, gemeinsam geprüft werden. Mit der gemeinsamen Prüfung, die insbesondere der Vermeidung von Doppelprüfungen dient, sind keine Zuständigkeitsverlagerungen verbunden, insbesondere wird keine Verpflichtung des jeweils anderen Rechnungshofs begründet, an der Prüfung mitzuwirken. § 6a Satz 3 ZuInvG hält daher den Bundesrechnungshof lediglich an, von dieser kooperativen und Verwaltungsressourcen schonenden Vorgehensweise nach Möglichkeit Gebrauch zu machen. Wann die Voraussetzungen dafür vorliegen, regelt § 6a Satz 3 ZuInvG nicht. Die Bezugnahme auf § 93 BHO stellt klar, dass die Vorschrift die für die Prüfungsformen des § 93 BHO erforderliche Zustimmung des Landesrechnungshofs nicht ersetzt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2010 - 7 VR 5/10 -, Rn. 12).

125

Soweit § 6a Satz 3 ZuInvG den Bundesrechnungshof nur beauftragt zu prüfen, ob die Finanzhilfen zweckentsprechend verwendet wurden, könnte dies mit Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG unvereinbar sein, wonach der Bundesrechnungshof die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsgemäßheit der Haushalts- und Wirtschaftsführung prüft. § 6a Satz 3 ZuInvG ist jedoch nicht im Sinne einer Beschränkung der allgemeinen Prüfungsmaßstäbe des Bundesrechnungshofs zu verstehen. Die Norm benennt vielmehr, wie der Zusammenhang zeigt, zum Schutz der Länder einen eingeschränkten Erhebungsumfang im Blick auf § 6a Satz 4 ZuInvG und entfaltet darüber hinaus keine Rechtswirkungen.

126

2. Die in § 6a Satz 4 ZuInvG vorgesehenen Erhebungen des Bundesrechnungshofs können nicht auf Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz oder Abs. 3 GG und nur teilweise auf Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG gestützt werden.

127

a) Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz GG verpflichtet den Gesetzgeber des Finanzhilfen gewährenden Gesetzes zu einer Überprüfung, die ihren Schwerpunkt bei der Frage der verfassungsrechtlichen und finanzpolitischen Rechtfertigung der Finanzhilfe hat. Soweit die Überprüfung namentlich durch den Bundestag der Vorbereitung bedarf, spricht zwar nichts dagegen, hierzu auch den Bundesrechnungshof heranzuziehen. Diesem stehen aber ebenso wie den überprüfenden Organen selbst nur die allgemein vorliegenden sowie die gemäß Art. 104b Abs. 3 GG durch die obersten Landesbehörden beigebrachten Informationen zur Verfügung (vgl. Meyer/Freese, NVwZ 2009, S. 609 <613>; so wohl auch Meyer, Die Föderalismusreform 2006, 2008, S. 278). Art. 104b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz GG lässt sich keine Ermächtigung dafür entnehmen, die der Überprüfung zugrunde liegenden Tatsachen vor Ort selbst zu beschaffen. Ebenso wenig gibt es einen Anhaltspunkt dafür, dass die Vorschrift dem Bundesrechnungshof eine Befugnis zur Sachverhaltserforschung im Länderbereich einräumen könnte. Art. 104b Abs. 3 GG nennt als Berechtigte ausdrücklich nur Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat und kommt als Grundlage einer durch den Bundesrechnungshof wahrzunehmenden Kompetenz des Bundes nicht in Betracht.

128

b) Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG rechtfertigt Erhebungsbefugnisse des Bundesrechnungshofs bei Ländern und Kommunen im Falle der Gewährung von Finanzhilfen nur in dem Umfang, in dem dem Bund Verwaltungskompetenzen zukommen. Dies folgt aus einer Auslegung des Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG, die die dem Bundesrechnungshof gestellte Aufgabe mit der verfassungsrechtlich geschützten Haushaltsautonomie der Länder (Art. 109 Abs. 1 GG) in Ausgleich bringt. Nicht ausschlaggebend ist, ob der Bundesrechnungshof als Teil der Bundesexekutive anzusehen ist (vgl. zum Streitstand Groß, VerwArch 95 <2004>, S. 194 <200 ff.> m.w.N.).

129

aa) Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG schließt Erhebungen des Bundesrechnungshofs im Länderbereich nicht grundsätzlich aus. Angesichts der Verflechtung von Bundes- und Länderfinanzen in verschiedenen Teilbereichen der Finanzverfassung, namentlich bei den Gemeinschaftsaufgaben und den Finanzhilfen, bedarf der Bundesrechnungshof eines Instrumentariums der Informationsbeschaffung, um seine Aufgabe der Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes zu erfüllen. Mit diesem Interesse des Bundes muss jedoch die Haushaltsautonomie der Länder (Art. 109 Abs. 1 GG) in Ausgleich gebracht werden (vgl. Kube, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 114 Rn. 85 ; Schwarz, NdsVBl 2010, S. 7 <8>). Die Grenzen der Befugnisse des Bundesrechnungshofs im Verhältnis zu den Ländern sind der Verfassung zu entnehmen und daher Gegenstand der Auslegung des Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG. Der Gesetzgeber kann im Rahmen von Regelungen nach Art. 114 Abs. 2 Satz 3 GG diese Grenzen lediglich nachvollziehen. Dies hat auch deshalb zu gelten, weil Art. 114 Abs. 2 Satz 3 GG - etwa im Gegensatz zu Art. 104a Abs. 5 GG - kein Zustimmungserfordernis des Bundesrates kennt, so dass eine institutionelle Sicherung gegen eine Überbewertung der Bundesinteressen fehlt.

130

Der Bundesrechnungshof prüft gemäß Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG die Rechnung (Rechnungsprüfung) sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung (rechnungsunabhängige Prüfung); im Übrigen werden seine Befugnisse durch Bundesgesetz geregelt (Art. 114 Abs. 2 Satz 3 GG). Auch wenn sich die Finanzkontrolle durch Rechnungshöfe in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat (siehe unten C. II. 2. b) bb) <3>), hat die Gegenüberstellung des Interesses des Bundesrechnungshofs an effektiver Aufgabenerfüllung mit dem Anliegen der Länder an Wahrung ihrer Haushaltsautonomie von der seit 1969 unveränderten Aufgabenstellung in Art. 114 Abs. 2 GG auszugehen.

131

bb) Jedenfalls für die Finanzkontrolle hinsichtlich der Gewährung von Finanzhilfen ist die Befugnis des Bundesrechnungshofs zu Erhebungen im Länderbereich akzessorisch zur Kompetenz der Bundesverwaltung zu bestimmen (vgl. Blasius, DÖV 1992, S. 18 <22 f.>; Brockmeyer, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/ Hopfauf, GG, 11. Aufl. 2008, Art. 114 Rn. 12d; Dittrich, BHO, § 91 Anm. 5 ; Eggeling, Finanzkontrolle im Bundesstaat, 1986, S. 85 f., 100; Kube, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 114 Rn. 88, 92 ; von Mutius/Nawrath, in: Heuer/Engels/Eibelshäuser, Kommentar zum Haushaltsrecht, Art. 114 GG Rn. 31 ; Nebel, in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 114 GG Rn. 23 ; Reger, DÖH 9 <1967/1968>, S. 129 <141 ff.>; Ruge, DÖV 1977, S. 523 <524>; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 5. Aufl. 2005, Art. 114 Rn. 57 f.; Schwarz, NdsVBl 2010, S. 7 <8>).

132

(1) Der Bundesrechnungshof ist zum ersten mit der Prüfung der vom Bundesminister der Finanzen gemäß Art. 114 Abs. 1 GG gelegten Rechnung beauftragt. Unter den Maßstäben der Finanzkontrolle hat dabei die Ordnungsmäßigkeit besondere Bedeutung (vgl. Kube, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 114 Rn. 65 ; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 5. Aufl. 2005, Art. 114 Rn. 81 ff.; Siekmann, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 114 Rn. 11). Diese Aufgabe des Bundesrechnungshofs ist nicht nur durch die Verfassung selbst festgelegt, sie hat auch besonderes rechtliches Gewicht. Denn während die Funktion des Haushaltskreislaufs im Übrigen von der Aufgabenerfüllung des Bundesrechnungshofs prinzipiell unabhängig ist, ist die Rechnungsprüfung Voraussetzung der Entlastung der Bundesregierung durch Bundestag und Bundesrat gemäß Art. 114 Abs. 1 GG.

133

Die Bedeutung der Rechnungsprüfung könnte weitreichende Einschränkungen der Haushaltsautonomie der Länder rechtfertigen. Indes ist nicht erkennbar, dass bei der Rechnungsprüfung Erhebungen bei Ländern und Kommunen nötig sein könnten, die über diejenigen Informationsrechte hinausgehen, die auch der Exekutive des Bundes gegenüber den Ländern zur Verfügung stehen. Bei der Rechnungsprüfung geht es allein um die Fehlerfreiheit der Rechnungslegung. Wo die Bundesexekutive keine Befugnisse zur Informationsbeschaffung im Länderbereich hatte, ist nicht zu erwarten, dass es zu Fehlern der Bundesexekutive hinsichtlich ihrer Rechnungslegung gekommen ist.

134

(2) Der ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestattete Auftrag des Bundesrechnungshofs zur rechnungsunabhängigen Prüfung betrifft die Prüfung der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung am Maßstab der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, die sich auch auf die der Mittelbewirtschaftung vorausgehenden Verwaltungsentscheidungen bezieht. Adressat ist die Bundesexekutive. Nicht Prüfungsadressat der rechnungsunabhängigen Prüfung ist hingegen der Gesetzgeber hinsichtlich des Inhalts der von ihm erlassenen Gesetze (vgl. Dittrich, BHO, § 88 Anm. 9.1 ; Lange, in: Böning/von Mutius, Finanzkontrolle im repräsentativ-demokratischen System, 1990, S. 83 <85 ff.>; Reus/Mühlhausen, VR 2010, S. 1 <5>; S. Tiemann, Die staatsrechtliche Stellung der Finanzkontrolle des Bundes, 1974, S. 112; a.A. von Arnim, Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, 1988, S. 82 ff.; Degenhardt, VVDStRL 55 <1996>, S. 190 <205 f.>; Schulze-Fielitz, VVDStRL 55 <1996>, S. 231 <246>; alle m.w.N.). Die Festlegung des Gesetzesinhalts ist nicht Teil der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. Die Auswirkungen gesetzlicher Regelungen können lediglich Inhalt von Beratungen nach § 88 Abs. 2 BHO sein (vgl. Kube, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 114 Rn. 98 ; Nebel, in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, § 88 BHO Rn. 5 ). Daher bezieht sich insbesondere die Wirtschaftlichkeitskontrolle im Rahmen der rechnungsunabhängigen Prüfung auf die Ergebnisse der Tätigkeit der Bundesverwaltung und nicht auf die Wirtschaftlichkeit von Gesetzesinhalten.

135

Bei der rechnungsunabhängigen Prüfung sind zwar Erhebungen im Länderbereich eher denkbar als bei der Rechnungsprüfung, jedoch kann ihnen keine erhebliche Bedeutung beigemessen werden, so dass der Ausgleich des Finanzkontrollinteresses des Bundes mit der Haushaltsautonomie der Länder im Ergebnis lediglich verwaltungsakzessorische Befugnisse des Bundesrechnungshofs rechtfertigt. Die rechnungsunabhängige Prüfung ist in der Verfassung selbst vorgesehen und für eine demokratisch verantwortete Haushalts- und Wirtschaftsführung unabdingbar; sie hat daher hohes Gewicht. Andererseits ist die rechnungsunabhängige Prüfung von vornherein offener als die in den Haushaltskreislauf eingeschaltete Rechnungsprüfung und kann bereits aus Kapazitäts- und Praktikabilitätsgründen nicht auf Vollständigkeit angelegt sein, weshalb für die Berücksichtigung von Länderinteressen Raum ist, ohne dass auf Seiten des Bundes schwerwiegende Einbußen drohen.

136

Für die Ordnungsmäßigkeitsprüfung genügen überwiegend Erhebungen des Bundesrechnungshofs bei der Bundesverwaltung. Es ist zwar denkbar, dass Rechtsverstöße erst anhand von Unterlagen zutage treten, die bei Landesbehörden vorhanden sind. Die in ihnen enthaltenen Informationen werden aber in aller Regel der Bundesverwaltung im Rahmen ihrer Aufsichtsbefugnisse, die zumindest die Rechtsaufsicht nach Art. 84 Abs. 3 GG umfassen, zur Verfügung stehen. Der zusätzlich zu erwartende Nutzen, der durch den Zugriff auf weitere Informationen und durch die unmittelbare Erhebung bei nachgeordneten Landesbehörden und Kommunen zu erwarten ist, erscheint marginal und rechtfertigt nicht, die darin liegenden Eingriffe in die Zuständigkeit der Länder.

137

Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung auf Bundesebene einschließlich der Erfolgskontrolle. Auch insoweit spricht nichts dafür, dass die auch der Bundesverwaltung zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen, um Informationen zu beschaffen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Finanzkontrolle in nennenswertem Umfang von Informationen abhängig sein könnte, die bei den Ländern vorhanden sind und auf die die Bundesverwaltung keinen Zugriff hat. Selbst wenn insoweit Informationslücken verbleiben sollten, ist jedenfalls das resultierende Prüfungsdefizit zur Wahrung der Haushaltsautonomie der Länder hinzunehmen.

138

(3) Gemäß Art. 114 Abs. 2 Satz 3 GG kann der Gesetzgeber dem Bundesrechnungshof weitere Aufgaben übertragen. Dazu gehört insbesondere die Beratung (§ 88 Abs. 2 BHO) des Parlaments, die vor dem Hintergrund der 1969 eingeführten jährlichen Berichtspflicht gegenüber Bundestag und Bundesrat gemäß Art. 114 Abs. 2 Satz 2 GG und der damit verbundenen stärkeren Orientierung des Bundesrechnungshofs auf die gesetzgebenden Körperschaften hin zu sehen ist. Die Beratung kann die Wirtschaftlichkeit von Gesetzesinhalten zum Gegenstand haben und damit einen bedeutsamen Beitrag zur Gesetzesfolgenabschätzung leisten. Ein solcher Beitrag kann vor allem angesichts des in den letzten Jahrzehnten zu verzeichnenden Wandels der Rechnungshofkontrolle erwartet werden. Insoweit werden als Tendenzen genannt: von der Beleg- und Sparsamkeitsprüfung zur rechnungsunabhängigen Funktionsprüfung ganzer Verwaltungsabläufe, Organisationsformen und Betriebsstrukturen; von der Vollzugsprüfung zur Programmprüfung; von der Vollzugskritik zur Staatsaufgabenkritik; von der prüfenden Kritik zur gezielten Beratung der Politik; von der Vergangenheits- zur Zukunftsorientierung des Prüfungsauftrags; von der punktuellen zur prozesshaften Kritik; von der Erfolgskontrolle hin zum Institutionendesign (vgl. Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem, Verwaltungskontrolle, 2001, S. 73 <74 f.>; Schulze-Fielitz, VVDStRL 55 <1996>, S. 231 <245 ff.>). Auch wenn dem Bundesrechnungshof damit die Erarbeitung und Vermittlung von Themen, die für eine gute Gesetzgebung wesentlich sind, obliegen, gilt es für die Beantwortung der Frage, ob dies eigenständige Ingerenzrechte gegenüber den Ländern rechtfertigt, doch zu berücksichtigen, dass die Beratungsaufgabe des Bundesrechnungshofs, anders als die in Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG genannten Aufgaben, nicht von der Verfassung vorgegeben und damit von geringerem Gewicht ist als diese (vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. 2, 1980, § 34 III. 1., S. 427). Vor diesem Hintergrund schafft die Verwaltungsakzessorietät der Bundesrechnungshofskompetenz im Hinblick auf Finanzhilfen einen angemessenen Ausgleich mit der Haushaltsautonomie der Länder.

139

Die Wirksamkeit der Finanzhilfen kann ohnehin nicht allein oder auch nur in erster Linie durch den Bundesrechnungshof bewertet werden. Die Gesetzesziele ergeben sich auf einer ersten Ebene aus Art. 104b Abs. 1 GG. Die Finanzhilfe dient der Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, dem Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder der Förderung des wirtschaftlichen Wachstums; der Gesetzgeber konkretisiert diese Ziele im Hinblick auf die einzelnen Finanzhilfen. Eine diesbezügliche Erfolgskontrolle, ein Vorher-Nachher-Vergleich auf globaler, regionaler oder sektoraler Ebene, kann nur mit Methoden der empirischen Wirtschaftsforschung und angewandten Ökonometrie geleistet werden. Der Bundesrechnungshof betreibt nach eigener Bekundung aber keine empirische Wirtschaftsforschung (Bundesrechnungshof, Leitlinien für die Prüfung der Maßnahmen der Konjunkturpakete I und II, S. 3; Bundesrechnungshof, Basiskonzept Flächenerhebung - Kommunale Investorenebene -, Stand 25. Juni 2009, S. 5).

140

Auf einer zweiten Ebene ist es zwar von nicht geringer Bedeutung, ob die bei der Gewährung der Finanzhilfen rechtlich verbindlich festgelegten Vergabekriterien eingehalten worden sind. Erkenntnisse darüber können etwa für die Struktur und nähere Ausgestaltung künftiger Finanzhilfen hilfreich sein. Indes fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass die Informationen, die dem Bundesrechnungshof für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung zur Verfügung stehen, insoweit nicht hinreichend aussagekräftig sind. Selbst wenn aber dem Bund durch die Beschränkung der Erhebungsbefugnisse des Bundesrechnungshofs bestimmte Daten nicht zugänglich sein sollten, ist zu bedenken, dass deren Berücksichtigung über die notwendige Beteiligung der Länder an der zukünftigen Gewährung von Finanzhilfen (Art. 104b Abs. 2 Satz 1 GG) ermöglicht wird.

141

Kommt dem Bundesinteresse an einer Datenerhebung des Bundesrechnungshofs zur Überprüfung von Finanzhilfen im Interesse künftiger Gesetzgebung demnach keine herausragende Bedeutung zu, stellt es einen angemessenen Ausgleich dar, wenn die Erhebungsbefugnisse des Bundesrechnungshofs auch insoweit auf den Umfang beschränkt werden, den die Informationsrechte der Bundesverwaltung haben. Die Verwaltungsakzessorietät fügt sich in den für die Rechnungsprüfung und die rechnungsunabhängige Prüfung gefundenen Ausgleich ein. Wirtschaftlichkeits- und Erfolgskontrollen sind grundsätzlich möglich. Die Informationsrechte, die die Bundesverwaltung und der Bundesrechnungshof haben, sind zwar nach Zweck und Mitteln begrenzt, aber keineswegs bedeutungslos. Andererseits bleibt die Eigenstaatlichkeit der Länder im Hinblick auf die Pflicht zur Information des Bundes in praktisch bedeutsamer Weise gewahrt.

142

cc) Die für weitergehende Erhebungsbefugnisse des Bundesrechnungshofs angeführten Gründe greifen nicht durch.

143

(1) Die Bestimmung der Reichweite der aus Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitenden Befugnisse kann sich nicht allein von dem Ziel größtmöglicher Effektivität der Tätigkeit des Bundesrechnungshofs leiten lassen.

144

Es mag zutreffen, dass eine intensivere Überwachung der nachgeordneten Verwaltungsstellen die Anzahl der Verstöße gegen die gesetzliche Zweckbestimmung noch weiter verringert, als bei Ausnutzung der zu den Verwaltungskompetenzen des Bundes akzessorischen Befugnisse erreicht werden kann. Eine Datenerhebung nach einheitlichen, vom Bundesrechnungshof gesetzten und praktizierten Maßstäben dürfte es auch erleichtern, ein Gesamtbild von der Art und Weise des Gesetzesvollzuges zu gewinnen. Ferner wird eine frühere Beratung des Bundestages durch den Bundesrechnungshof realisierbar sein, wenn dieser die Prüfungsabläufe selbst festlegt. Dass die Landesrechnungshöfe die bundespolitisch motivierten Prüfinteressen nicht befriedigten und kein Interesse daran hätten, durch Prüfungen das Risiko einer Rückforderung der Finanzmittel zu begründen, erscheint zwar möglich, ist aber vor allem wegen des Eigenanteils der Länder an der Finanzierung nicht ohne Weiteres plausibel (zu Effektivitätsgesichtspunkten s. auch BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2010 - 7 VR 5/10 -, Rn. 14; Heuer, in: Zavelberg, Die Kontrolle der Staatsfinanzen, 1989, S. 181 <186>; Kammer, in: Heuer/Engels/Eibelshäuser, Kommentar zum Haushaltsrecht, § 91 BHO Rn. 7 ; Kammer, DVBl 1990, S. 555 <557>; Schäfer, in: Gedächtnisschrift für Friedrich Klein, 1977, S. 450 <459>). Es kann dahingestellt bleiben, in welchem Umfang diese Annahmen zutreffen - der Gesetzgeber des Zukunftsinvestitionsgesetzes hat sich jedenfalls von ihnen nicht leiten lassen, sondern in § 6a Satz 3 ZuInvG die gemeinsame Prüfung mit dem jeweiligen Landesrechnungshof vorgesehen -, denn es kommt nicht auf eine isolierte Würdigung von Effektivitätssteigerungen bei der Prüfung durch den Bundesrechnungshof an.

145

Bei der Auslegung des Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG ist, wie dargelegt, ein Ausgleich der Bundesinteressen mit der Haushaltsautonomie der Länder herbeizuführen. Das verbietet es, allein auf das Bundesinteresse abzustellen und einseitig die Effektivität der Bundesrechnungshofstätigkeit zu maximieren. In der bundesstaatlichen Kompetenzordnung können Effektivitätsgesichtspunkte nur dann ausschlaggebend sein, wenn die auszulegende Kompetenzvorschrift und ihr Zusammenhang mit weiteren Vorschriften hierfür ausreichende Anhaltspunkte bieten. Das ist bei Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG nicht der Fall. Den Aufgaben des Bundesrechnungshofs steht die verfassungsrechtliche Absicherung gegenläufiger Länderinteressen durch Art. 109 Abs. 1 GG gegenüber, ohne dass den Vorschriften eine Vorrangregel entnommen werden könnte. Der "Generalauftrag" für eine effektive Finanzkontrolle, den das Bundesverwaltungsgericht Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG entnimmt (vgl. BVerwGE 116, 92 <98>), bezeichnet daher nur eine der beiden zum Ausgleich zu bringenden Positionen. Aus dieser Qualifizierung folgt noch nicht, wie der Ausgleich zu erfolgen hat. Er kann daher bei den Finanzhilfen anders als bei der Bundesauftragsverwaltung ausfallen, bei der zudem eine weiterreichende Verwaltungskompetenz des Bundes besteht (vgl. Mähring, DÖV 2006, S. 195 <202>).

146

Ferner ist es nicht möglich, bei der Bestimmung der Zuständigkeiten des Bundesrechnungshofs im Sinne ihrer Effektuierung "großzügig" zu verfahren, weil dieser keine Entscheidungsbefugnisse habe und das Ausschließlichkeitsprinzip des Kompetenzrechts uneingeschränkt nur für staatliches Handeln mit Entscheidungscharakter gelte (vgl. Heintzen, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 3, 5. Aufl. 2003, Art. 114 Rn. 9). Dieser Ansatz verfehlt bereits Sinn und Zweck der Trennung der Verwaltungsräume von Bund und Ländern und die in Art. 109 Abs. 1 GG verankerte Selbständigkeit und Unabhängigkeit ihrer Haushaltswirtschaft. Jedenfalls greift er im Falle gesetzlicher Regelungen nicht, nach denen der Bundesrechnungshof befugt ist, Rechtspflichten der Landesbehörden und Kommunen zur Informationsherausgabe und zur Duldung von Erhebungen durch Verwaltungsakt (vgl. zu § 6a Satz 4 ZuInvG BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2010 - 7 VR 5/10 -, Rn. 11) zu begründen, also verbindlich zu entscheiden.

147

(2) Zu anderen Ergebnissen kann auch nicht die Ansicht führen, dass die Kompetenzen des Bundesrechnungshofs nicht von der Verwaltungs-, sondern von der Finanzierungskompetenz des Bundes her definiert werden müssten. Nach dieser Auffassung wird im Abschnitt X des Grundgesetzes ein ganzer Sachbereich mit Gesetzgebung, Verwaltung, Rechtsprechung, Haushaltsminister und Finanzkontrolle geregelt, der zusammengefasst als Finanzgewalt zu verstehen ist. Diese nehme Teile der drei herkömmlichen staatlichen Funktionen auf, gehe aber auch über sie hinaus, wie sich vor allem an der Institution des Bundesrechnungshofs zeige. Wo die Finanzierungskompetenz des Bundes, wie bei den Finanzhilfen, über seine Verwaltungskompetenzen hinausgehe, müsse die Erhebungskompetenz des Bundesrechnungshofs dem folgen (vgl. Kammer, DVBl 1990, S. 555 <558 f.>; Mähring, DÖV 2006, S. 195 <203>).

148

Dem ist entgegenzuhalten, dass es nicht entscheidend auf die Zuordnung der Tätigkeit des Bundesrechnungshofs zu den herkömmlichen Staatsfunktionen oder zu einer Finanzgewalt ankommt. Grundlage der Tätigkeit des Bundesrechnungshofs ist unabhängig davon Art. 114 Abs. 2 GG (vgl. auch Brockmeyer, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Hopfauf, GG, 11. Aufl. 2008, Art. 114 Rn. 12). Für die Bestimmung der Reichweite seiner Befugnisse gibt die Annahme einer Finanzgewalt nichts her. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, dass der Bund Erhebungsbefugnisse im Hinblick auf die Gesamtheit der föderalen Finanzströme haben müsste (vgl. Eggeling, Finanzkontrolle im Bundesstaat, 1986, S. 86; Ruge, DÖV 1977, S. 523 <524>). Die Behauptung des Bestehens einer eigenständigen und gesondert zu würdigenden Finanzgewalt ist erkennbar von dem Anliegen getragen, die Kompetenzen des Bundesrechnungshofs möglichst effektiv zu gestalten. Im Hinblick auf die Effektivität der Rechnungshofstätigkeit gilt aber, dass deren verfassungsrechtliche Grenze unter Berücksichtigung des Informationsinteresses der Bundesorgane einerseits und der Länderautonomie andererseits sachangemessen und ausgewogen gezogen werden muss.

149

dd) Die Kompetenz des Bundes, durch seinen Rechnungshof Erhebungen im Länderbereich durchzuführen, folgt im Hinblick auf Finanzhilfen nach Art. 104b GG demnach den Verwaltungskompetenzen des Bundes gemäß Art. 84 Abs. 3 und Art. 104a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz GG. Da die Verwaltungsakzessorietät als abstraktes Kriterium der Kompetenzbegrenzung dient, können dem Bundesrechnungshof dementsprechende Befugnisse unabhängig davon eingeräumt werden, welche konkreten Handlungsmöglichkeiten das Gesetz den Bundesbehörden eröffnet und ob diese hiervon Gebrauch machen.

150

(1) Der Bundesrechnungshof hat zunächst - akzessorisch zu Art. 84 Abs. 3 GG - die Befugnis, zum Zwecke der Feststellung von Rechtsverletzungen seitens der Landesbehörden bei den obersten Landesbehörden - nur mit deren Zustimmung oder Zustimmung des Bundesrates auch bei nachgeordneten Behörden - Erhebungen durchzuführen und Berichte anzufordern. Er kann sich von diesen Behörden Akten übersenden lassen, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Rechtsverstoß vorliegen. Diese Erhebungen müssen die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes oder die Beratung des Bundesgesetzgebers bezwecken.

151

Zur Aufsichtskompetenz der Bundesverwaltung gemäß Art. 84 Abs. 3 GG gehört insbesondere die Möglichkeit der Aktenanforderung. Diese ist allerdings auf Fälle beschränkt, in denen es Anhaltspunkte für einen Rechtsverstoß gibt. Anders als Art. 85 Abs. 4 Satz 2 GG regelt Art. 84 Abs. 3 GG die Aktenvorlage nicht ausdrücklich. Zur Vermeidung eines mit der Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder als eigene Angelegenheit (Art. 83 GG) unvereinbaren routinemäßigen Aktenvorlagewesens bedarf es der Eingrenzung des Rechts auf Aktenanforderung auf konkrete Verdachtsfälle (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 84 Rn. 98; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 84 Rn. 19). Es hat damit nicht den gleichen Umfang wie bei der Bundesauftragsverwaltung (a.A. wohl Dittmann, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 84 Rn. 37), ist aber auch bei der Landeseigenverwaltung Teil der ungeschriebenen Informationsrechte zur Mängelfeststellung (a.A. Groß, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum GG, Art. 84 Rn. 45 ; Lerche, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 84 Rn. 164 ; Trute, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 5. Aufl. 2005, Art. 84 Rn. 50). Die Akteneinsicht vor Ort durch den gemäß Art. 84 Abs. 3 Satz 2 GG entsandten Beauftragten bleibt hiervon unberührt.

152

(2) Entsprechend der Verwaltungskompetenz, die aus Art. 104a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz GG abzuleiten ist, kann der Bundesrechnungshof außerdem zum Zwecke der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen eines in einem Gesetz nach Art. 104a Abs. 5 Satz 2 GG bestimmten Haftungsanspruchs und unter der Bedingung, dass aufgrund von Tatsachen ein solcher Anspruch möglich erscheint, bei den Landesverwaltungen Berichte anfordern, Akten beiziehen und Unterlagen einsehen; dazu kann er sich unmittelbar an nachgeordnete Behörden und Kommunalverwaltungen wenden und örtliche Erhebungen durchführen.

153

(3) Aus den allgemeinen Einwirkungsmöglichkeiten der Bundesverwaltung bei der Gewährung von Finanzhilfen (siehe oben C. I. 2. a) cc) ergeben sich keine hierüber hinausgehenden Erhebungsrechte. Die Anwendbarkeit der zu Art. 104a GG a.F. entwickelten Grundsätze unterstellt, gilt insoweit, dass die Landesbehörden beim administrativen Vollzug der Bundesförderung der parlamentarischen Kontrolle und der Kontrolle des Rechnungshofs des Landes unterliegen, während die parlamentarische Kontrolle des Bundestages und die des Bundesrechnungshofs nur bis zur Hingabe der Finanzhilfen der Länder reicht. Prüfungszuständigkeiten des Bundes, die sich auf Planung, Durchführung und Auswirkungen des einzelnen Projektes beziehen, ergeben sich daraus nicht (BVerfGE 39, 96 <127>).

154

ee) Soweit die in § 6a Satz 4 ZuInvG vorgesehenen Erhebungen den Rahmen der Bundeskompetenz überschreiten, ist die Norm verfassungswidrig.

155

Kompetenzrechtlich unbedenklich ist es allerdings, dass Erhebungen, wie der Zusammenhang mit § 6a Satz 3 ZuInvG ergibt, zur Prüfung der zweckentsprechenden Verwendung der Finanzhilfen durchzuführen sind. Der Gesetzgeber hat dabei nicht auf allgemeine Zweckmäßigkeitsaspekte abgestellt. Der Zweck der Finanzhilfen nach dem Zukunftsinvestitionsgesetz ergibt sich vielmehr aus den Kriterien der Mittelvergabe, insbesondere aus den Förderbereichen gemäß § 3 Abs. 1 ZuInvG. Die zweckentsprechende Verwendung betrifft also einen Ausschnitt der Rechtmäßigkeit des Mitteleinsatzes. Diesbezügliche Erhebungen sind akzessorisch zur Rechtsaufsicht des Bundes, können aber auch mit einem Rückforderungsanspruch in Zusammenhang stehen. Allerdings müssen sie mit dieser Zielsetzung vorgenommen werden.

156

Diesen Vorgaben entsprechende örtliche Erhebungen sind bei den obersten Landesbehörden uneingeschränkt zulässig (vgl. Art. 84 Abs. 3 Satz 2 GG). § 6a Satz 4 ZuInvG beschränkt sich allerdings nicht auf derartige Erhebungen, sondern ermächtigt schlechthin zu Erhebungen. Die damit grundsätzlich ermöglichte Aktenanforderung überschreitet die Bundeskompetenz, soweit sie ohne konkrete Anhaltspunkte für einen Rechtsverstoß erfolgen kann und auch nicht auf tatsächliche Anhaltspunkte für einen Rückforderungsanspruch gestützt ist.

157

Erhebungen unmittelbar bei nachgeordneten Landesbehörden und Kommunen können dem Bundesrechnungshof von Verfassungs wegen nur dann gestattet werden, wenn entweder die Zustimmung der obersten Landesbehörde vorliegt beziehungsweise durch den Bundesrat ersetzt wurde (vgl. Art. 84 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz GG) oder wenn aufgrund konkreter Tatsachen das Bestehen eines Anspruchs im Sinne des Art. 104a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz GG möglich erscheint. Soweit § 6a Satz 4 ZuInvG auch ohne das Vorliegen einer dieser Voraussetzungen zu Erhebungen ermächtigt, fehlt die erforderliche Bundeskompetenz.

158

3. Aus Art. 28 Abs. 2 GG ergibt sich keine weitergehende Verfassungswidrigkeit des § 6a Satz 4 ZuInvG. Soweit die Vorschrift verfassungsgemäß ist, stellt sie keine unverhältnismäßige Beschränkung des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung dar.

III.

159

Die teilweise Verfassungswidrigkeit des § 6a Satz 1 und 4 ZuInvG führt zur Erklärung der Teilnichtigkeit der Bestimmung nach Maßgabe der Entscheidungsformel (§ 78 Satz 1 BVerfGG). Mit dem Ausspruch der Teilnichtigkeit werden die Regelungsabsichten des Gesetzgebers, soweit wie möglich, respektiert, ohne dass ein von seinem Willen nicht gedeckter Regelungstorso entstünde (vgl. BVerfGE 88, 203 <333>).

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Recht, das Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, wird innerhalb seines Geltungsbereiches Bundesrecht,

1.
soweit es innerhalb einer oder mehrerer Besatzungszonen einheitlich gilt,
2.
soweit es sich um Recht handelt, durch das nach dem 8. Mai 1945 früheres Reichsrecht abgeändert worden ist.

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.

(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

(1) Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet. Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen. Für die Begründung der Europäischen Union sowie für Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen und vergleichbare Regelungen, durch die dieses Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt wird oder solche Änderungen oder Ergänzungen ermöglicht werden, gilt Artikel 79 Abs. 2 und 3.

(1a) Der Bundestag und der Bundesrat haben das Recht, wegen Verstoßes eines Gesetzgebungsakts der Europäischen Union gegen das Subsidiaritätsprinzip vor dem Gerichtshof der Europäischen Union Klage zu erheben. Der Bundestag ist hierzu auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder verpflichtet. Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können für die Wahrnehmung der Rechte, die dem Bundestag und dem Bundesrat in den vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union eingeräumt sind, Ausnahmen von Artikel 42 Abs. 2 Satz 1 und Artikel 52 Abs. 3 Satz 1 zugelassen werden.

(2) In Angelegenheiten der Europäischen Union wirken der Bundestag und durch den Bundesrat die Länder mit. Die Bundesregierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten.

(3) Die Bundesregierung gibt dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme vor ihrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäischen Union. Die Bundesregierung berücksichtigt die Stellungnahmen des Bundestages bei den Verhandlungen. Das Nähere regelt ein Gesetz.

(4) Der Bundesrat ist an der Willensbildung des Bundes zu beteiligen, soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären.

(5) Soweit in einem Bereich ausschließlicher Zuständigkeiten des Bundes Interessen der Länder berührt sind oder soweit im übrigen der Bund das Recht zur Gesetzgebung hat, berücksichtigt die Bundesregierung die Stellungnahme des Bundesrates. Wenn im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder, die Einrichtung ihrer Behörden oder ihre Verwaltungsverfahren betroffen sind, ist bei der Willensbildung des Bundes insoweit die Auffassung des Bundesrates maßgeblich zu berücksichtigen; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren. In Angelegenheiten, die zu Ausgabenerhöhungen oder Einnahmeminderungen für den Bund führen können, ist die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich.

(6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung, der Kultur oder des Rundfunks betroffen sind, wird die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.

(7) Das Nähere zu den Absätzen 4 bis 6 regelt ein Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(1) Wer gewerbsmäßig Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher), bedarf der Erlaubnis der nach Landesrecht zuständigen Behörde.

(2) Der Buchmacher bedarf der Erlaubnis für die Örtlichkeit, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden, und auch für die Personen, deren er sich zum Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedienen will. Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf die Erlaubnis nur für die Örtlichkeiten ihres Landesgebiets erteilen. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung oder einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt oder mit einer Auflage oder einem Vorbehalt einer nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage verbunden werden.

(3)

(1) Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur sofort angenommen werden. Dies gilt auch von einem mittels Fernsprechers oder einer sonstigen technischen Einrichtung von Person zu Person gemachten Antrag.

(2) Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf.

(1) Wer gewerbsmäßig Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher), bedarf der Erlaubnis der nach Landesrecht zuständigen Behörde.

(2) Der Buchmacher bedarf der Erlaubnis für die Örtlichkeit, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden, und auch für die Personen, deren er sich zum Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedienen will. Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf die Erlaubnis nur für die Örtlichkeiten ihres Landesgebiets erteilen. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung oder einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt oder mit einer Auflage oder einem Vorbehalt einer nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage verbunden werden.

(3)

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 296/98
Verkündet am:
3. Februar 2000
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
------------------------------------

a) Die nach § 7 WHG erteilte wasserrechtliche Erlaubnis begründet eine
Legalisierungswirkung für die gestattete Gewässerbenutzung. Ohne
Widerruf der Erlaubnis kann eine solche Nutzung - soweit sie sich im
Rahmen der Erlaubnis hält - nicht auf der Grundlage der (wasser-)polizeilichen
Generalklausel untersagt werden. Das gilt auch dann, wenn
die Gewässerbenutzung nun im Widerspruch zu einer nachträglich ergangenen
Wasserschutzgebietsverordnung steht.

b) Gegenüber einem Amtshaftungsanspruch aufgrund rechtswidriger Untersagung
einer erlaubten Gewässerbenutzung ist der Einwand rechtmäßigen
Alternativverhaltens wegen eines sonst gebotenen Widerrufs
der wasserrechtlichen Erlaubnis jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn
ein solcher Widerruf der erkennbaren damaligen Absicht der Verwaltungsbehörde
widersprochen hätte.
BGH, Urteil vom 3. Februar 2000 - III ZR 296/98 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 28. Oktober 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Feststellungsklage in bezug auf die Verpflichtung zum Ersatz des aus der polizeilichen Verfügung vom 4. Dezember 1992 folgenden weiteren Schadens abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin ist Inhaberin einer widerruflichen wasserrechtlichen Erlaubnis vom 28. Mai 1965 zur Naßauskiesung auf dem Grundstück Gemarkung H., Flur 6, Parzelle Nr. 1. Das Kiesabbaugebiet liegt nunmehr in den Schutzzonen II und III A einer von der Bezirksregierung Koblenz am 17. April 1991 erlassenen Wasserschutzgebietsverordnung. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 und Abs. 3 Nr. 1 der Verordnung sind in beiden Schutzzonen Veränderungen und Aufschlüsse der Erdoberfläche, selbst wenn Grundwasser nicht aufgedeckt wird, insbesondere Fischteiche, Kies- und Sandgruben, verboten. Ein Normenkontrollantrag der Klägerin hiergegen ist erfolglos geblieben.
Durch sofort vollziehbare polizeiliche Verfügung vom 9. Januar 1992 untersagte die Bezirksregierung Koblenz als obere Wasserbehörde der Klägerin zunächst auf einer Teilfläche, sodann mit einer ebenfalls für sofort vollziehbar erklärten Verfügung vom 4. Dezember 1992 auch im übrigen Bereich des in der Erlaubnis umschriebenen Grundstücks den weiteren Kiesabbau. Die wasserpolizeiliche Verfügung vom 4. Dezember 1992 wurde mit Verstößen gegen die Schutzgebietsfestsetzung vom 17. April 1991 begründet, deren Verbote unmittelbar wirkten, ohne daß es dazu eines Widerrufs der wasserrechtlichen Erlaubnis bedürfe. Über die von der Klägerin gegen beide Bescheide eingelegten Widersprüche ist noch nicht entschieden; auf deren Antrag stellte jedoch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz durch Beschluß vom 1. September 1993 (1 B 10702/93) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die polizeiliche Verfügung vom 4. Dezember 1992 wieder her.
Mit der Klage hat die Klägerin das beklagte Land wegen beider Polizeiverfügungen aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz bzw. nach dem rheinland-pfälzischen Polizeiverwaltungsgesetz auf Entschädigung in Anspruch genommen. Ihren Schaden hat sie in erster Linie mit nutzlos aufgewendeten Vorhaltekosten für einen Radlader und einen LKWKipper begründet und ihn für die Jahre 1992 bis 1994 auf 1.020.000 DM beziffert. Außerdem hat die Klägerin die Feststellung begehrt, daß der Beklagte ihr zum Ersatz jedes weiteren durch die beiden polizeilichen Verfügungen entstandenen und noch entstehenden Schadens verpflichtet sei. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hat der Senat nur hinsichtlich der Feststellungsklage und nur insoweit angenommen , als diese die Untersagungsverfügung vom 4. Dezember 1992 betrifft.

Entscheidungsgründe


Im Umfang der Annahme führt die Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe gegen den Beklagten weder Amtshaftungsansprüche (§ 839 BGB, Art. 34 GG) noch einen Ausgleichsanspruch gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 RhPfPOG (richtig: PVG in der
Fassung vom 1. August 1981, da die Neufassung des Polizeiverwaltungsgesetzes unter der Überschrift Polizei- und Ordnungsbehördengesetz [POG] durch das Ä nderungsgesetz vom 8. Juni 1993 erst am 1. September 1993 in Kraft getreten ist). Selbst wenn man die Polizeiverfügung vom 4. Dezember 1992 wegen der fortdauernden wasserrechtlichen Erlaubnis vom 28. Mai 1965 als rechtswidrig ansehe, hätte ein verfahrensmäßig rechtmäßiges Verhalten der Behörde, nämlich der Widerruf der wasserrechtlichen Erlaubnis, zu demselben Schaden geführt. Der Bescheid vom 4. Dezember 1992 könne zwar nicht in einen Widerruf der Erlaubnis umgedeutet werden. Hätte die Bezirksregierung aber die Rechtsauffassung vertreten, die Schutzgebietsfestsetzung entziehe der wasserrechtlichen Erlaubnis nicht schon von sich aus die rechtliche Grundlage und Wirksamkeit, so hätte sie diese zwingend widerrufen müssen , da jede eigene Ermessensausübung bereits durch die Rechtsverordnung vorweggenommen worden sei. Eine Verpflichtung zur Entschädigung der Klägerin wäre damit nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht verbunden gewesen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob das durch die Polizeiverfügung vom 4. Dezember 1992 angeordnete Verbot jeglichen weiteren Kiesabbaus rechtswidrig (und amtspflichtwidrig) war. Zugunsten der Klägerin ist dies deswegen - zunächst - auch für die Revisionsinstanz zu unterstellen.

2. Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht indessen darin, daß das beklagte Land allen hieraus etwa hergeleiteten Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen nach § 839 BGB, Art. 34 GG oder - sofern hier unmittelbar oder entsprechend anwendbar - gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 RhPfPVG, gegebenenfalls auch aus enteignungsgleichem Eingriff, den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens entgegenhalten könne.

a) Die Berufung des Schädigers auf rechtmäßiges Alternativverhalten, d.h. der Einwand, der Schaden wäre auch bei einer ebenfalls möglichen, rechtmäßigen Verhaltensweise entstanden, kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Zurechnung eines Schadenserfolgs beachtlich sein (BGHZ 96, 157, 171 ff.; 120, 281, 285 f.; BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 220/95 - NJW-RR 1997, 562, 563 f.; vom 24. April 1997 - VII ZR 106/95 - NJW-RR 1997, 1106, 1107 = WM 1997, 1583, 1584; Senatsurteil vom 11. Dezember 1997 - III ZR 52/97 - NJW 1998, 1307, 1308). Entscheidend ist der Schutzzweck der jeweils verletzten Norm (BGHZ 96, 157, 173; 120, 281, 286). Bei Amtshaftungsansprüchen hat der Bundesgerichtshof rechtmäßiges Alternativverhalten insbesondere berücksichtigt, wenn der Behörde ein Verfahrensfehler unterlaufen war und sie bei einem ordnungsgemäßen Verfahren zu der gleichen Entscheidung hätte kommen oder sofern sie selbst eine fehlende Rechtsgrundlage pflichtgemäß hätte schaffen müssen (vgl. BGHZ 63, 319, 325 f.; Senatsurteile vom 30. April 1959 - III ZR 4/58 - NJW 1959, 1316, 1317; vom 11. Juli 1963 - III ZR 44/62 - VersR 1963, 1175, 1176; vom 2. November 1970 - III ZR 173/67 - NJW 1971, 239; vom 6. Juli 1995 - III ZR 145/94 - NJW 1995, 2778, 2780; Beschluß vom 26. September 1996 - III ZR 244/95 - UPR 1997, 71, 72 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1
Kausalität 10; s. auch BGH, Urteil vom 16. Juni 1988 - IX ZR 69/87 - WM 1988, 1454, 1456 f.).

b) Mit diesen Fallgestaltungen ist der Streitfall indessen nicht vergleichbar , unabhängig von den weiteren - hier nicht zu entscheidenden - Fragen, ob der vom Berufungsgericht als rechtmäßige Alternative angesehene Widerruf der wasserrechtlichen Erlaubnis noch fristgemäß (§§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 LVwVfG i.d.F. vom 23. Dezember 1976, 110 Abs. 1 LWG) erfolgen konnte und die Wasserbehörde insbesondere hierzu auch verpflichtet gewesen wäre, was die Revision nicht ohne Grund bekämpft. Im Rahmen der Kausalitätserwägungen würde durch die Berücksichtigung einer solchen hypothetischen Variante nicht nur an die Stelle einer aus materiellen Gründen rechtswidrigen Verwaltungsentscheidung ein abweichender Verwaltungsakt mit wesentlich anderem rechtlichem Inhalt und auf unterschiedlicher Rechtsgrundlage, lediglich tatsächlich mit demselben Ergebnis (Unzulässigkeit weiterer Auskiesung des Grundstücks) gesetzt, dessen Rechtsfolgen zudem unter dem Gesichtspunkt denkbarer Entschädigungspflicht (§§ 19 Abs. 3 WHG, 49 Abs. 5 VwVfG a.F.) ungeklärt wären, sondern dieser alternative Verwaltungsakt widerspräche nach den im Zusammenhang mit der Umdeutung rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch dem damaligen - in Kenntnis der rechtlichen Problematik gebildeten - Willen der oberen Wasserbehörde. Die insoweit auf Verletzung des § 286 ZPO gestützte Gegenrüge der Revisionserwiderung hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 565 a ZPO). Bei einer derartigen Sachlage muß sich billigerweise die Verwaltungsbehörde an ihrer getroffenen Entscheidung gleichermaßen festhalten lassen wie es im Haftungsprozeß dem Geschädigten unzumutbar ist, sich auf
einen hypothetischen Verwaltungsakt dieser Art einzulassen, nicht zuletzt im Hinblick auf die sich an beide Verwaltungsentscheidungen knüpfenden unterschiedlichen Rechtsfolgen. Ein solches Nebeneinander von wirklicher und fiktiver Rechtslage könnte überdies zu Rechtsunsicherheit und erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen, wie sie beispielhaft bei der Behandlung eines etwaigen fiktiven Entschädigungsanspruchs als Folge eines Widerrufs hervortreten.
Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil daher nicht bestehenbleiben.

III.


Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand stellt sich die jetzt noch im Streit befindliche Teilabweisung des Feststellungsantrags auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
1. Revisionsrechtlich läßt sich weder die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung noch eine für den (weiteren) Schaden ursächliche Amtspflichtverletzung verneinen. Die bisherigen Feststellungen ergeben keinen Verstoß der Klägerin gegen die wasserrechtliche Ordnung, der auf der Grundlage von § 93 Abs. 1 Satz 1 LWG allein ein Einschreiten der Wasserbehörde hätte rechtfertigen können.

a) Solange die wasserrechtliche Erlaubnis vom 28. Mai 1965 nicht widerrufen war, konnte die Klägerin gegen die Abbauverbote der Wasserschutzge-
bietsverordnung nicht verstoßen. Eine durch Verwaltungsakt erlaubte Gewässerbenutzung ist, soweit und solange sie durch die Erlaubnis gedeckt ist, rechtmäßig (Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl. 1987, Rn. 74). Der von der oberen Wasserbehörde angenommenen, sich unmittelbar gegen die Erlaubnis durchsetzenden Wirkung der Rechtsverordnung stand, wie bereits das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Eilverfahren über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs entschieden hat (Beschluß vom 1. September 1993 - 1 B 10702/93), die Legalisierungswirkung der wasserrechtlichen Erlaubnis entgegen. Diese Beurteilung ist zwar, da eine Entscheidung im Verfahren über vorläufigen Rechtsschutz die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht rechtskräftig feststellt, für die Zivilgerichte nicht bindend. Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts jedoch an.
aa) Die Erteilung einer behördlichen Genehmigung für eine Anlage oder gewerbliche Tätigkeit schließt es aus, den bestimmungsgemäßen Betrieb des Unternehmens innerhalb der von der Genehmigung festgesetzten Grenzen als polizeiwidrige Störung zu werten und mit Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts zu bekämpfen. Dieser Rechtssatz ist - gleichgültig, woraus er im einzelnen zu begründen sein mag (Sinngehalt, Tatbestands- oder Bindungswirkung des Verwaltungsakts, Vertrauensschutz, Verbot eines venire contra factum proprium, Einheit oder Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung; vgl. etwa Fluck, VwA 79 [1988], 406, 409 ff.; Peine, JZ 1990, 201, 209 ff.; Schink, GewA 1996, 50, 58), im Grundsatz in Rechtsprechung und Schrifttum seit langem anerkannt (PrOVGE 82, 351, 357; BVerwGE 55, 118, 120 ff.; VGH Baden-Württemberg NVwZ 1990, 781, 783; 94, 698; BayVGH NVwZ 1992, 905; NVwZ-RR 1994, 314, 315; Fluck, aaO S. 406 ff.; Papier, DVBl. 1985, 873, 875 f.; Friauf in
Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1999, 2. Abschnitt Rn. 79; jeweils m.w.N.) und wird seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Dezember 1977 (BVerwGE 55, 118) gewöhnlich als "Legalisierungswirkung" der Genehmigung bezeichnet (kritisch zur Begriffsbildung Peine, JZ 1990, 201 ff.). Innerhalb des Wasserrechts gilt er nicht nur für die einem Benutzer als subjektives Recht gewährte Bewilligung (§ 8 WHG; Breuer, JuS 1986, 359, 363; Peine, JZ 1990, 201, 211), sondern auch für die schwächere , nach § 7 WHG kraft Gesetzes widerrufliche Erlaubnis (Schink, DVBl. 1986, 161, 166 f.; Himmel, Kommentar zum LWG Rheinland-Pfalz und zum WHG, Stand Mai 1990, § 93 LWG/§ 21 WHG Rn. 26 f., a.A. möglicherweise Czychowski, § 7 Rn. 2). Die Erlaubnis begründet zwar kein subjektiv-öffentliches Recht, sondern lediglich eine öffentlich-rechtliche Benutzungsbefugnis (BGHZ 88, 34, 40 f.; Senatsurteil vom 5. Oktober 1995 - III ZR 61/93 - NVwZ 1996, 821, 822 f. = WM 1996, 1228, 1229; Czychowski, § 7 Rn. 2; Sieder/Zeitler /Knopp, § 7 Rn. 5; vgl. auch BVerwG ZfW 1994, 390). Infolge ihrer Widerruflichkeit sind die Bestandskraft des Verwaltungsakts und damit verbunden die Vertrauensgrundlage für den Begünstigten gemindert. Das alles ändert aber nichts daran, daß auch die wasserrechtliche Erlaubnis dem Benutzer eine nicht beliebig entziehbare und darum gegen (wasser-)polizeiliche Eingriffe ähnlich bestandsfeste Rechtsposition verschafft; die Widerruflichkeit der Erlaubnis darf nicht als Schutzlosigkeit mißdeutet werden (Salzwedel in Erichsen [Hrsg], Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, § 44 Rn. 15; in der 11. Aufl. nicht mehr enthalten). Einzelne Widerrufsgründe sind im Wasserhaushaltsgesetz (vgl. § 12 Abs. 2 für die Bewilligung) oder in den Wassergesetzen der Länder näher bestimmt. Darüber hinaus genügt nicht jeder denkbare Grund; der Widerruf muß sich vielmehr auch im Rahmen der gesetzlichen Ziele halten, die der Erlaubnis zugrunde liegen (vgl. BVerwG ZfW 1987, 149), und hat die
Grenzen des Ermessens zu beachten, darf namentlich bei bereits ins Werk gesetzten Benutzungen die wirtschaftlichen Belange des Unternehmers nicht außer acht lassen (s. im einzelnen Breuer, Rn. 438 ff.; Czychowski, § 7 Rn. 24 f.). Zeitlich ist der Widerruf an die Jahresfrist der §§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG gebunden. Dieses differenzierte Regelungsgefüge darf, soweit die Erlaubnis reicht, nicht durch Anwendung der (wasser-)polizeilichen Generalklausel außer Kraft gesetzt werden, selbst wenn dabei - wie hier - dieselbe Behörde handelt; die Erlaubnis entfaltet insoweit eine Sperrwirkung.
bb) Daß sich im Streitfall durch die Festsetzung des Wasserschutzgebiets nachträglich die Rechtslage geändert hatte, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Im Gegenteil ergibt sich aus der Regelung des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwVfG, daß auch geänderte Rechtsvorschriften allenfalls zum Widerruf eines ursprünglich rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakts berechtigen und daß die Wirksamkeit der nach früherer Rechtslage erlassenen Verwaltungsakte hierdurch nicht einfach beseitigt wird (vgl. dazu BVerwGE 59, 148, 161; 64, 24, 28; 69, 1, 3; Kopp, § 49 Rn. 41). Für Dauerverwaltungsakte gilt nichts anderes. Auch der Festsetzung von Wasserschutzgebieten sind trotz ihrer erheblichen Bedeutung für das Gemeinwohl nicht ausnahmsweise weitergehende Rechtswirkungen zuzuerkennen, insbesondere besagt der Umstand, daß in solchen Schutzgebieten gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG bestimmte Handlungen verboten oder für nur beschränkt zulässig erklärt werden können, nichts über das Verhältnis derartiger Verbote zu früher erteilten Bewilligungen oder Erlaubnissen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 1. September 1993 aaO; a.A. Beile, Wassergesetz für das Land Rheinland-Pfalz, Stand Juni 1998, § 13 Anm. 4.2; Himmel, aaO, § 93 LWG/§ 21 WHG Rn. 26). Die mit der Ausweisung von Wasserschutzgebieten verfolgten öffentlichen Ziele lassen
sich angesichts des begrenzten Umfangs ihrer Schutzzonen und der bereits vorausgegangenen Sachverhaltsaufklärung im Verwaltungsverfahren ausreichend und zeitnah unter Berücksichtigung auch des notwendigen Individualrechtsschutzes mittels Einleitung von Widerrufsverfahren durchsetzen.

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht es ferner abgelehnt, die insoweit, als es um eine Durchsetzung der Schutzgebietsfestsetzung geht, fehlerhafte Untersagungsverfügung vom 4. Dezember 1992 gemäß § 47 VwVfG in einen Widerruf der wasserrechtlichen Erlaubnis umzudeuten. Die Umdeutung eines Verwaltungsakts ist zwar grundsätzlich zulässig, sofern die an die Stelle der ursprünglichen Entscheidung tretende, im Entscheidungssatz anders geartete Regelung auf das gleiche materielle Regelungsziel wie die ursprüngliche Verwaltungsentscheidung gerichtet ist (BVerwGE 62, 300, 306; 80, 96, 97; BGH, Beschluß vom 28. September 1999 - KVR 29/96 - WRP 2000, 196, 198; Kopp, § 47 Rn. 3, 8). Das kann auch im gerichtlichen Verfahren erfolgen (BVerwGE 62, 300, 306; BVerwG DVBl 1984, 431 = NVwZ 1984, 645; BGH aaO; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl. 1998, § 47 Rn. 11; a.A. Kopp, § 47 Rn. 4). Welche Grenzen dafür bestehen, ist hier nicht entscheidend. Eine Umdeutung setzt jedenfalls voraus, daß der anderslautende Verwaltungsakt nicht der erkennbaren Absicht der erlassenen Behörde widerspricht (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Einen solchen abweichenden Willen der Bezirksregierung hat das Berufungsgericht aber, wie ausgeführt, hier rechtsfehlerfrei festgestellt.

c) In der Begründung der polizeilichen Verfügung vom 4. Dezember 1992 wird allerdings erwähnt - und das beklagte Land hat sich in den Tatsacheninstanzen hierauf auch berufen - die Klägerin habe nach den örtlichen Feststellungen vom März und August 1992 in weiten Teilen des Abbaugebiets
gegen die Auflage II Nr. 9 der Erlaubnis vom 28. Mai 1965 (Einhaltung eines Böschungswinkels von 1:2) verstoßen sowie keinen Nachweis über die Verfügbarkeit geeigneten "rolligen" Materials für die Wiederverfüllung erbracht. Dieses - bestrittene - Beklagtenvorbringen, das in dem beanstandeten Verwaltungsakt schon angelegt ist und mindestens deswegen hier bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist (vgl. im übrigen auch BGHZ 127, 223, 227 ff.), könnte nunmehr für die Frage einer Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung Bedeutung gewinnen. Ein Kiesabbau unter Verstoß gegen Nebenbestimmungen der wasserrechtlichen Erlaubnis wäre von deren Legalisierungswirkung nicht mehr gedeckt und darum illegal. Es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß die obere Wasserbehörde hierauf - ganz oder teilweise - mit der Untersagung weiterer Auskiesung reagieren durfte. Dazu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus mit Recht - keine Feststellungen getroffen. Das wird nachzuholen sein.
2. Entgegen der Ansicht des Beklagten, der sich auch das Landgericht angeschlossen hat, läßt sich jedenfalls nach dem bisherigen Sachvortrag der Parteien auch ein Verschulden der handelnden Beamten nicht verneinen. Bei der Rechtsanwendung hat jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes die Rechtslage mit den ihm zu Gebote stehenden Hilfsmitteln sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und sich danach aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Meinung zu bilden. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründet dann einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar anzusehen ist, kann aus der späteren Mißbilligung dieser Auffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (st. Rspr. des Senats; z.B. BGHZ 119, 365, 369 f.; Senatsurteil vom 17. März 1994 - III ZR 27/93 - NJW 1994, 3158, 3159; Urteil vom 13. Juli 1995
- III ZR 160/94 - NJW 1995, 2918, 2920, insoweit in BGHZ 130, 232 nicht abgedruckt ). Indessen ist aus der allein vorgelegten Untersagungsverfügung vom 4. Dezember 1992 nicht ersichtlich, daß die Bezirksregierung die Frage, ob sich eine Schutzgebietsverordnung unmittelbar gegen die auf einer wasserrechtlichen Erlaubnis beruhende Benutzungsbefugnis durchsetzt, in dieser Weise sorgfältig geprüft hätte. Die bloße Verweisung in der Begründung auf zwei erstinstanzliche Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Koblenz, von denen das Urteil vom 15. Oktober 1982 (7 K 213/81) auf die Streitfrage kaum eingeht und der Beschluß vom 9. Januar 1991 (1 L 4091/90) - hinsichtlich einer durch Planfeststellung genehmigten Ausbaumaßnahme - sie letztlich offenläßt, reicht angesichts der Komplexität der Fragestellung schon nicht aus, selbst wenn dieselbe Auffassung außerdem auch in der Fachliteratur vertreten wird (Beile, § 13 Anm. 4.2). Das gilt zumal deswegen, weil das zuständige Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) im Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung vom 9. Januar 1991 mit Beschluß vom 25. Januar 1991 (1 B 10038/91) bereits eine gegenteilige Auffassung vertreten und auch der 10. Senat desselben Gerichts im vorausgegangenen Normenkontrollverfahren die Frage ausdrücklich offengelassen hatte (Urteil vom 26. August 1992 - 10 C 11217/91). An beiden Verfahren war der Regierungspräsident Koblenz beteiligt. Ebensowenig entlastet den Beklagten im Sinne der "KollegialgerichtsRichtlinie" des Senats die Billigung der Rechtsauffassung seiner Behörden durch das Verwaltungsgericht Koblenz im Verfahren über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Eine Entscheidung im summarischen Verfahren genügt dafür nicht (BGHZ 117, 240, 250).
3. Schließlich ist auch die Möglichkeit eines über den bereits rechtskräftig abgewiesenen Betrag von 1.020.000 DM hinausgehenden Schadens gegeben.
Anders als für die Zahlungsklage, bei der es hier an einer schlüssigen Schadensberechnung fehlte, braucht bei einer Feststellungsklage der regelmäßig noch ungewisse Schaden vom Kläger nicht näher dargelegt zu werden.
4. In bezug auf die polizeiliche Verfügung vom 4. Dezember 1992 hat die Klägerin ferner alle ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten eines Primärrechtsschutzes (§ 839 Abs. 3 BGB) wahrgenommen.

IV.


Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 ZPO), damit es die fehlenden Feststellungen noch treffen kann.
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.