Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 29. Jan. 2014 - 7 C 13/13

bei uns veröffentlicht am29.01.2014

Gründe

I.

1

Die Klägerin betreibt eine juristische Datenbank. Sie verlangt von der Beklagten die Übermittlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in derselben von Dokumentaren des Gerichts aufbereiteten Form, wie sie der beigeladenen juris GmbH zur Verfügung gestellt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Klagebegehren auf der Grundlage des Gleichbehandlungsanspruchs nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) und Art. 3 Abs. 1 GG stattgegeben. Gegen dieses Urteil richten sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen.

2

Die Klägerin hat die Richter des 7. Revisionssenats sowie alle weiteren Richter des Bundesverwaltungsgerichts wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Sie macht geltend, dass alle Richter wegen ihrer Mitgliedschaft im Verein der Bundesrichter bei dem Bundesverwaltungsgericht e.V. (Richterverein) ein wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hätten. Die Richter könnten sich darüber hinaus von den Rechtsansichten, die die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts zu den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden vertraglichen Regelungen verlautbart habe, nicht freimachen. Die Richter des 7. Senats zeigten durch die Zitierweise in ihren Entscheidungen eine besondere Nähe zur Beigeladenen. Schließlich sei bei den Mitgliedern des Präsidiums des Bundesverwaltungsgerichts die Vermutungsregelung des § 54 Abs. 3 VwGO zu beachten.

II.

3

1. Über die Ablehnungsgesuche entscheidet der Senat gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2 VwGO in seiner im Beschluss nach § 21g GVG vom 17. Dezember 2013 (BVerwG 7 ER2 4.13) vorgesehenen Zusammensetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter. Das grundsätzliche Verbot der Selbstentscheidung (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO) steht dem nicht entgegen.

4

a) Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Hiernach ist die zur Entscheidung berufene "Spruchgruppe", der die abgelehnten Richter angehören, zunächst durch andere Mitglieder des Spruchkörpers nach Maßgabe der senatsinternen Regelung, sodann durch die übrigen nach der Geschäftsverteilung des Gerichts zur Vertretung heranzuziehenden Richter dieses Gerichts zu ergänzen. Schließlich ist in § 45 Abs. 3 ZPO vorgesehen, dass das im Rechtszug zunächst höhere Gericht entscheidet, falls das Gericht durch Ausscheiden der abgelehnten Mitglieder beschlussunfähig wird. Durch diese Bestimmungen bleibt die nötige professionelle Distanz des entscheidenden Richters bei der Bewertung der zur Begründung des Befangenheitsantrags vorgebrachten Umstände gewahrt. Damit wird vermieden, dass der Abgelehnte zum Richter in eigener Sache wird.

5

Von diesem Grundsatz sind allerdings Ausnahmen anerkannt. Soweit das Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig, insbesondere rechtsmissbräuchlich ist, kann ohne Beachtung dieser Verfahrensgarantie unter Mitwirkung des abgelehnten Richters selbst entschieden werden (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 11. Dezember 2012 - BVerwG 8 B 58.12 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 74 Rn. 23 m.w.N.; Gehrlein, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 45 Rn. 2; siehe auch Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 54 Rn. 119 ff.). Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn pauschal alle Richter eines Gerichts abgelehnt werden oder das Gesuch nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können. Allerdings ist eine enge Auslegung dieser Ausnahmetatbestände geboten. Es reicht insbesondere nicht aus, dass das Ablehnungsgesuch als offensichtlich unbegründet angesehen wird. Vielmehr soll das vereinfachte Ablehnungsverfahren wegen Vorliegens eines gänzlich untauglichen Ablehnungsgesuchs nur eine Formalentscheidung ermöglichen, die lediglich nach der Prozessordnung vorgeschriebene Handlungen des Richters zu bewerten hat, während jegliches Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist. Ist dies hingegen, wenn auch nur in geringfügigem Umfang, geboten, scheidet die Ablehnung als unzulässig grundsätzlich aus (siehe BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 18. Dezember 2007 - 1 BvR 1273/07 - NVwZ-RR 2008, 289 <291> und vom 11. März 2013 - 1 BvR 2853/11 - juris Rn. 30).

6

b) An diesen Kriterien gemessen wäre eine Selbstentscheidung hier nicht in jeglicher Hinsicht zulässig.

7

Die Ablehnungsgesuche sind nicht bereits deswegen als rechtsmissbräuchlich einzustufen, weil es sich um eine Pauschal- bzw. Globalablehnung handelte. Die Klägerin hat zwar neben sämtlichen Richtern des 7. Revisionssenats auch alle übrigen Richter des Bundesverwaltungsgerichts als befangen abgelehnt. Die Ablehnung auch der namentlich nicht genannten, aber gleichwohl ohne Weiteres bestimmbaren Richter wird jedoch nicht allein mit deren Zugehörigkeit zum Bundesverwaltungsgericht als solcher begründet. Vielmehr macht die Klägerin in Bezug auf alle abgelehnten Richter einen - wenn auch vermittelt über die Mitgliedschaft im Verein der Bundesrichter beim Bundesverwaltungsgericht e.V. (Richterverein) gleich gearteten - darüber hinausgehenden Umstand geltend, aus dem sich die Befangenheit ergeben soll (vgl. dazu Urteil vom 5. Dezember 1975 - BVerwG 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <37 f.> = Buchholz 448.0 § 34 WehrPflG Nr. 48 S. 11 f. und Beschluss vom 31. Januar 2013 - BVerwG 2 AV 1.13 - NVwZ-RR 2013, 343 Rn. 5; Czybulka, a.a.O., § 54 Rn. 85). Der insoweit behauptete Befangenheitsgrund eines wirtschaftlichen Interesses der abgelehnten Richter am Ausgang des anhängigen Revisionsverfahrens erfordert ein Eingehen auf den Gegenstand dieses Rechtsstreits. Der Rahmen einer bloßen Formalentscheidung, wie in der Rechtsprechung bislang für die Zulässigkeit einer Selbstentscheidung zwingend vorausgesetzt, ist damit überschritten.

8

c) Die vorliegende Fallgestaltung zeigt indessen, dass die in der Rechtsprechung der Fachgerichte entwickelten und durch das Bundesverfassungsgericht präzisierten Ausnahmen vom Verbot der Selbstentscheidung nicht als abschließend verstanden werden können. Eine restriktive Handhabung der Möglichkeit einer Selbstentscheidung setzt nämlich immer voraus, dass über die geltend gemachten Ablehnungsgründe gleichwohl von dem hierfür vorgesehenen gesetzlichen Richter entschieden werden kann. Das will insbesondere die Regelung des § 45 Abs. 3 ZPO für den - abgesehen von der Ablehnung von Richtern an sehr kleinen Gerichten - wohl seltenen Fall gewährleisten, dass nach dem Ausschöpfen der gerichtsinternen Vertretungsregelungen ein beschlussfähiger Spruchkörper nicht zur Verfügung steht. Auf oberste Bundesgerichte ist die Bestimmung indessen nicht anwendbar; denn diese sind keinem anderen Gericht im Instanzenzug untergeordnet. Es ist auch nicht ersichtlich, wie eine solche Regelungslücke geschlossen werden könnte. Im Wege richterlicher Rechtsfortbildung kann eine Ersatzzuständigkeit anderer Richter jedenfalls nicht begründet werden; denn das an den Instanzenzug anknüpfende Regelungsmodell des § 45 Abs. 3 ZPO kann nicht fortentwickelt werden.

9

Die Möglichkeit, das aufgezeigte Problem durch eine gestaffelte Entscheidung über die Ablehnungsgesuche gegen jeweils einzelne Richter zu entschärfen, ist nicht eröffnet. Denn über gemeinsam angebrachte Ablehnungsgesuche ist in einem einheitlichen Beschluss zu entscheiden. Im Übrigen ließe ein anderes Vorgehen schon außer Betracht, dass gerade gleich gelagerte Befangenheitsgründe geltend gemacht werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. April 2004 - 2 BvR 2225/03 - NJW 2004, 2514 <2515>).

10

Diese Rechtslage darf dann aber nicht zur Folge haben, dass eine ordnungsgemäße Entscheidung über den Befangenheitsantrag von vornherein ausgeschlossen und in der Folge eine Sachentscheidung blockiert ist. Sollte letztlich dieses Ergebnis mit den Ablehnungsgesuchen bezweckt sein - öffentliche Äußerungen eines der Geschäftsführer der Klägerin könnten so verstanden werden (siehe Sonntagsgespräch 29.09.2013, www.buchmarkt.de/content/56237-christoph-schwalb-ueber-verfassungsrichter-die-vom-verkauf-eigener-urteile-feste-und-ausfluege-bezahlen.h tm?hilite=schwalb) -, wären sie, da damit letztlich von der Prozessordnung nicht gedeckte Ziele erstrebt würden, rechtsmissbräuchlich (vgl. auch Beschluss vom 22. August 2013 - BVerwG 2 AV 5.13 - juris Rn. 20).

11

Zur Wahrung der Anforderungen aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) und auch aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, die den rechtskräftigen Abschluss eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits umfasst und deswegen die Beschlussfähigkeit der Gerichte erfordert, ist folglich in der vorliegenden Sondersituation eine einschränkende Handhabung der Verfahrensgarantie des § 45 Abs. 1 ZPO geboten (vgl. dazu auch SächsVerfGH, Beschluss vom 15. November 2013 - Vf. 56-IV-13 (HS), Vf. 57-IV-13 (e.A.) - juris Rn. 14). Bei den inhaltlichen Kriterien für die Prüfung der Besorgnis der Befangenheit dürfen jedoch keine Abstriche gemacht werden.

12

2. Die Ablehnungsgesuche haben insgesamt keinen Erfolg.

13

a) Die Ablehnungsgesuche gegen die Vorsitzenden Richter der anderen Senate des Bundesverwaltungsgerichts, einschließlich der Präsidentin und des Vizepräsidenten, sind mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig, weil sie nach den Vertretungsregelungen im Geschäftsverteilungsplan des Bundesverwaltungsgerichts für das Geschäftsjahr 2014 (Abschnitt C. II., III.) zur Mitwirkung als Vertreter im 7. Revisionssenat nicht herangezogen werden können.

14

b) Soweit die Klägerin die Besorgnis der Befangenheit der übrigen Richter des Bundesverwaltungsgerichts in deren vermuteter wirtschaftlicher Nähe zum Verfahrensgegenstand begründet sieht, ist dem nicht zu folgen.

15

Zur Prüfung dieser Frage war die Einholung dienstlicher Äußerungen aller betreffenden Richter gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 44 Abs. 3 ZPO nicht erforderlich. Dies ist entbehrlich, weil die Bewertung des generalisierend vorgebrachten Einwands keiner weiteren auf die Person des jeweils abgelehnten Richters bezogenen Aufklärung mehr bedarf (vgl. Meissner, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 54 Rn. 51).

16

Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit verlangt dagegen nicht, dass der Richter tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt der Beteiligten aus gesehen hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Allein die subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 2003 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 108, 122 <126>; BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1975 a.a.O. S. 38 f. bzw. S. 13).

17

Ein eigenes Interesse des Richters am Verfahrensausgang kann zwar die Besorgnis der Befangenheit begründen. Das setzt allerdings voraus, dass echte wirtschaftliche oder nicht unerhebliche persönliche Belange für den Richter auf dem Spiel stehen (siehe etwa Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 42 Rn. 11 m.w.N.). Das ist hier - für den vernünftigen Betrachter erkennbar - nicht der Fall.

18

Die Klägerin meint, der Verein der Bundesrichter bei dem Bundesverwaltungsgericht e.V. (Richterverein), dem alle Richter des Bundesverwaltungsgerichts angehören, werde bei einer Bestätigung der im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vertretenen Rechtsauffassung als Herausgeber der Sammlung "Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts" Einnahmeverluste erleiden und deswegen weniger finanzielle Mittel für die Angelegenheiten seiner Mitglieder verwenden können. Diese Veröffentlichung werde weniger Abnehmer finden, wenn die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts in der durch die Dokumentationsstelle bisher nur für die Beigeladene aufbereiteten Fassung allgemein zugänglich und damit in verstärktem Umfang auch in anderen Datenbanken verfügbar seien. Bereits dieser Kausalzusammenhang ist indessen wenig wahrscheinlich, da die traditionsreiche, aber aufwändige Entscheidungssammlung bereits seit Jahren der Konkurrenz nicht nur durch den Abdruck der Entscheidungen in einer Vielzahl von juristischen Fachzeitschriften, sondern auch durch die Verfügbarkeit in Datenbanken einschließlich derjenigen der Beigeladenen ausgesetzt ist und der Abnehmerkreis dieser Sammlung sich - soweit ersichtlich - auch schon jetzt in einem weit überwiegenden Teil auf Stellen beschränken dürfte, die daneben auch auf elektronischem Weg auf die Entscheidungen zurückgreifen können. Von Letzterem ist auszugehen, weil die genannte Sammlung nur einen kleinen Ausschnitt aus der umfänglichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dokumentiert. Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass die Entscheidung im Verfahren BVerwG 7 C 13.13 merkliche Auswirkungen auf die Einnahmen des Richtervereins haben sollte, sind daraus resultierende "finanzielle Einbußen" für die Richter angesichts der Geringfügigkeit der Beträge ersichtlich nicht von Bedeutung. Für einen besonnenen Kläger besteht kein Anlass zu Zweifeln, dass die Richter, die nach Art. 97 Abs. 1 GG nur dem Gesetz unterworfen sind, sich von solchen Überlegungen bei ihrer Rechtsfindung nicht werden beeinflussen lassen.

19

c) Soweit die Klägerin auf das beim Verwaltungsgericht Leipzig anhängige (Parallel-)Verfahren gegen die Beklagte wegen Überlassung der durch die Dokumentationsstelle des Gerichts aufbereiteten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sowie auf die von der Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts mitgetragenen Äußerungen der Konferenz der Präsidenten der obersten Bundesgerichte sowie andere Äußerungen zum Thema verweist, werden damit nicht im Ansatz Umstände aufgezeigt, die die Besorgnis der Befangenheit zu begründen geeignet wären.

20

Klagen gegen die Anstellungskörperschaft gehören für den Verwaltungsrichter zum Alltagsgeschäft und rechtfertigen die Ablehnung nicht (vgl. Czybulka, a.a.O., § 54 Rn. 54). Auf ein Wohlwollen des Dienstherrn ist der Richter bei seiner richterlichen Tätigkeit nicht angewiesen.

21

Die Befürchtung, die Präsidentin könnte im Sinne der von ihr geäußerten Rechtsansichten Einfluss zu nehmen versuchen oder die Richter könnten aus eigenem Antrieb auf die Positionierung der Präsidentin zu Rechtsfragen in besonderer Weise Rücksicht nehmen, ist fernliegend und nicht geeignet, an der Objektivität der abgelehnten Richter zu zweifeln. Die Dienstaufsicht über die beim Bundesverwaltungsgericht tätigen Richter liegt zwar gemäß § 38 Abs. 1 VwGO bei dem Präsidenten bzw. der Präsidentin des Gerichts. Die Dienstaufsicht erstreckt sich aber allein auf die äußere Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben, nicht aber auf die Ausübung der den Richtern in voller Unabhängigkeit anvertrauten rechtsprechenden Gewalt (§ 26 Abs. 1 DRiG). Unbegründet ist ebenso die Befürchtung, die Richter des Bundesverwaltungsgerichts könnten schon wegen der der Präsidentin dieses Gerichts eröffneten Möglichkeit, Einfluss auf ihr berufliches Fortkommen zu nehmen, nicht frei entscheiden. Soweit die Präsidentin einen derartigen Einfluss überhaupt ausüben kann, geschieht dies in dem formalisierten Verfahren der dienstlichen Beurteilung. Eine negative Beurteilung im Hinblick auf der Präsidentin persönlich unliebsame Entscheidungen wäre unzulässig und würde einer gerichtlichen Kontrolle nicht standhalten (Beschluss vom 9. Mai 2003 - BVerwG 2 AV 1.03 u.a. - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 63).

22

d) Die von der Klägerin beanstandete Übung, in Entscheidungen des 7. Revisionssenats Rechtsprechung gelegentlich unter Hinweis auf die Verfügbarkeit in der Datenbank der Beigeladenen zu zitieren, hat keinen hinreichenden Bezug zum Rechtsstreit und gibt in keiner Weise Anlass, an der Unvoreingenommenheit der Richter zu zweifeln. Sie erklärt sich aus der Nutzung eines vom Dienstherrn zur Verfügung gestellten Arbeitsmittels, das im Übrigen bei fachlich interessierten Lesern der Entscheidungen weit verbreitet ist. Die Auffindbarkeit der Entscheidungen ist, da sie jeweils mit Datum und Aktenzeichen zitiert werden, in jeglicher Datenbank garantiert. Soweit bei älteren Entscheidungen die Randnummern der juris-Veröffentlichung angegeben werden, ist das als Erleichterung und Dienstleistung für den Leser zu verstehen, der damit die in Bezug genommene Passage schneller finden kann. Soweit die Entscheidungen seit August 2005 bereits durch die Geschäftsstelle des Bundesverwaltungsgerichts mit Randnummern versehen werden, kann der Leser die bezeichnete Stelle auch in der Wiedergabe in jeglicher anderen Datenbank bzw. auf der Homepage des Bundesverwaltungsgerichts selbst finden.

23

e) Zu Unrecht beruft sich die Klägerin schließlich hinsichtlich der Mitglieder des Präsidiums des Bundesverwaltungsgerichts auf § 54 Abs. 3 VwGO. Danach ist die Besorgnis der Befangenheit stets dann begründet, wenn der Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden. Diese Bestimmung ist hier nicht einschlägig. Das Bundesverwaltungsgericht ist nicht körperschaftlich strukturiert und verfügt deshalb über kein dem einer (Gebiets-, Real- oder Personal-)Körperschaft vergleichbares Vertretungsorgan. Eine analoge Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht. Das in § 4 Satz 1 VwGO i.V.m. § 21a GVG vorgesehene Präsidium trägt zwar Verantwortung für die ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Rechtsprechungsaufgaben durch die dem Gericht zugeteilten Richter. Hierzu bestimmt es insbesondere nach § 21e Abs. 1 Satz 1 und 2 GVG die Besetzung der Spruchkörper, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. An der allgemeinen Verwaltung des Bundesverwaltungsgerichts wirkt es aber in keiner Weise mit.

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Tatbestand 1 Der Kläger hat die syrische Staatsangehörigkeit. Er hatte vor Einreise in die Bundesrepublik Deutschla

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Innerhalb des mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörpers werden die Geschäfte durch Beschluss aller dem Spruchkörper angehörenden Berufsrichter auf die Mitglieder verteilt. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Präsidium.

(2) Der Beschluss bestimmt vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer, nach welchen Grundsätzen die Mitglieder an den Verfahren mitwirken; er kann nur geändert werden, wenn es wegen Überlastung, ungenügender Auslastung, Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Mitglieder des Spruchkörpers nötig wird.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend, soweit nach den Vorschriften der Prozessordnungen die Verfahren durch den Spruchkörper einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen werden können.

(4) Ist ein Berufsrichter an der Beschlussfassung verhindert, tritt der durch den Geschäftsverteilungsplan bestimmte Vertreter an seine Stelle.

(5) § 21i Abs. 2 findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Bestimmung durch den Vorsitzenden getroffen wird.

(6) Vor der Beschlussfassung ist den Berufsrichtern, die von dem Beschluss betroffen werden, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(7) § 21e Abs. 9 findet entsprechend Anwendung.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(3) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlussunfähig, so entscheidet das im Rechtszug zunächst höhere Gericht.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

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(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(3) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlussunfähig, so entscheidet das im Rechtszug zunächst höhere Gericht.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

Tenor

1. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 20. August 2009 - 5 K 1216/06 - (erster Befangenheitsantrag), der Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 20. August 2009 - 5 K 1216/06 - (zweiter Befangenheitsantrag) und das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 20. August 2009 - 5 K 1216/06 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes.

Die Entscheidungen werden aufgehoben und die Sache wird an das Verwaltungsgericht Leipzig zurückverwiesen.

Damit wird der Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. September 2011 - 4 A 186/10 - gegenstandslos.

2. Der Freistaat Sachsen hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verwerfung von Befangenheitsanträgen unter Mitwirkung der abgelehnten Kammervorsitzenden in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

I.

2

1. Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin war Klägerin in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vernahm die mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzte Kammer des Verwaltungsgerichts einen Zeugen unter anderem zu der Verwaltungspraxis der Behörde, die den angegriffenen Bescheid erlassen hatte. Dabei weigerte sich der Zeuge, bestimmte Einzelheiten zu anderen Fällen mitzuteilen.

3

a) Im Verlauf der Beweisaufnahme lehnte der Prozessbevollmächtigte der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin die Kammervorsitzende mit folgender Begründung wegen Besorgnis der Befangenheit ab:

4

"(…)

Der Zeuge (…) hat sich auf 'nicht näher darzulegende Umstände' im Rahmen seiner Zeugenaussage berufen. Als der Prozessbevollmächtigte der Klägerin insoweit nachfragte, erklärte die abgelehnte Richterin, es könnten insoweit datenschutzrechtliche Gründe maßgebend sein. Obwohl der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Zeugen insoweit nochmals befragte, hielt die abgelehnte Richterin nicht zur vollständigen Aussage an. Die abgelehnte Richterin meinte sogar, der Zeuge sollte weiter befragt werden.

(…)

Die Klägerin behält sich weiteren Sachvortrag nach Vorlage des Sitzungsprotokolls vor und auch dann, wenn die dienstliche Äußerung vorliegt."

5

Daraufhin wurde die mündliche Verhandlung unterbrochen. Nach Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung verkündete die Kammer den folgenden in unveränderter Besetzung getroffenen und mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss:

6

"Der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gestellte Beweisantrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

Er geht zum einen von Tatsachen aus, die so nicht stattgefunden haben. Der Zeuge (…) hat sich nicht verweigert Umstände offenzulegen, sondern Einzelfälle darzulegen. Im Übrigen ist offensichtlich ein Hinweis darauf, dass die einzelfallbezogene Darlegung anderer Fälle als des vorliegenden Falles datenschutzrechtlichen Bedenken begegnen könnte, nicht zu beanstanden. Schließlich ist es auch offensichtlich korrekt, wenn die Vorsitzende den Prozessbevollmächtigten der Klägerin bittet, konkrete Fragen zu stellen, damit der Zeuge auch konkret antworten kann, ggf. dann bezogen auf die konkrete Verwaltungspraxis zum vorliegenden Fall.

Dieser Beschluss ergeht in der Besetzung wie bisher verhandelt worden ist. Dies ist zulässig, weil der Beweisantrag als unzulässig abgewiesen wird.

(...)"

7

b) Daraufhin stellte die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, einen weiteren Antrag, mit dem sie nunmehr sämtliche an der zuvor erwähnten Entscheidung beteiligten Richter der Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnte. Sie begründete dies unter anderem wie folgt:

8

"Die Begründung des Befangenheitsgesuchs ergibt sich aus der Begründung des - soeben - abgelehnten Befangenheitsgesuchs (…). Der vorgenannte Antrag ist als solcher zulässig. Niemand kann in eigener Sache entscheiden. Jedenfalls durfte Frau (…) an dem vorgenannten Beschluss nicht mitwirken. Rechtliches Gehör wurde trotz Vorbehalts nicht gewährt.

(…)"

9

Nach erneuter Unterbrechung der mündlichen Verhandlung verkündete die Kammer daraufhin den weiteren in unveränderter Besetzung getroffenen und mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss folgenden Inhalts:

10

"Der zweite Befangenheitsantrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Befangenheitsantrag ist dann rechtsmissbräuchlich, wenn er ausschließlich auf einer abweichenden rechtlichen Bewertung der Klägerseite gegenüber der Bewertung der Kammer beruht. Offensichtlich unbegründete Befangenheitsanträge können von der Kammer als solcher insgesamt abgelehnt werden, d.h. auch von dem Richter, der als befangen abgelehnt worden ist. Die Einschätzung des Beweisantrags als zulässig oder unzulässig ist eine Rechtsfrage, auf die allein ein Befangenheitsantrag nicht gestützt werden kann.

(…)"

11

2. Aufgrund der mündlichen Verhandlung erließ die Kammer in unveränderter Besetzung das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil, mit dem die Klage abgewiesen wurde.

12

3. Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit angegriffenem Beschluss vom 27. September 2011 ab. Im Hinblick auf den von der Beschwerdeführerin wegen der Behandlung ihrer Ablehnungsgesuche geltend gemachten Verfahrensmangel stand es zwar auf dem Standpunkt, dass die willkürliche Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs einen Berufungszulassungsgrund darstellen könne. Es sah die Voraussetzungen hierfür jedoch nicht als gegeben an.

II.

13

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin allein eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wegen der aus ihrer Sicht zu Unrecht in unveränderter Kammerbesetzung erfolgten Zurückweisung der Befangenheitsanträge als unzulässig.

14

Mit dem ersten Befangenheitsantrag seien offensichtlich keine Umstände oder Handlungen, die nach der Prozessordnung vorgeschrieben seien oder sich aus der Stellung des Richters ergäben, beanstandet worden. Mit datenschutzrechtlichen Gründen lasse sich ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht begründen. Halte die abgelehnte Richterin den Zeugen nicht zur Aussage an, sondern lege diesem sogar noch nahe, von der Aussage abzusehen, sei eine solche Vorgehensweise geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Richterin zu rechtfertigen.

15

Jedenfalls - und dies sei vorliegend allein entscheidend - sei ein solcher erster Befangenheitsantrag nicht offensichtlich rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig. Das habe auch die Kammer unter Mitwirkung der abgelehnten Richter in ihrem ersten zurückweisenden Beschluss nicht darzulegen vermocht. Eine Begründung dafür, weshalb der Befangenheitsantrag als ausnahmsweise unzulässig zu qualifizieren sein sollte, gebe die Kammer nicht an. Soweit sich die Kammer mit der Begründung des Befangenheitsantrags auseinandersetze, handele es sich hierbei um Ausführungen, die - wenn überhaupt - im Rahmen der Begründetheit des Befangenheitsantrags zu berücksichtigen gewesen wären. Die Tatsache, dass die Kammer unter Mitwirkung der abgelehnten Richterin meine, nicht ohne Stellungnahme zur Unbegründetheit auszukommen, zeige gerade, dass sie den Befangenheitsantrag nicht für aussichtslos und damit rechtsmissbräuchlich gehalten habe.

16

Noch weniger sei der zweite Befangenheitsantrag offensichtlich rechtsmissbräuchlich und unzulässig. Dass der erste Befangenheitsantrag rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig gewesen sei, vermöge die Kammer erneut nicht zu begründen. Sie führe sogar ausdrücklich aus, dass die Einschätzung eines Befangenheitsantrags als zulässig oder unzulässig eine Rechtsfrage darstelle. Dann könne hierüber aber erst Recht nicht von der Kammer selbst entschieden werden.

III.

17

Das Staatsministerium der Justiz und für Europa des Freistaats Sachsen sowie der Beklagte des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

IV.

18

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung an und gibt ihr zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG statt.

19

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben.

20

a) Das gilt auch, obwohl die Beschwerdeführerin zunächst einen - im Ergebnis erfolglosen - Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht gestellt hat. Ausweislich der Begründung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts war der Zulassungsantrag der Beschwerdeführerin soweit er sich auf die Behandlung der Befangenheitsgesuche stützte, nicht von vornherein aussichtslos. Das Oberverwaltungsgericht hat lediglich, im Ergebnis zu Unrecht, das Vorliegen einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch das Verwaltungsgericht verneint.

21

b) Die Beschwerdeführerin ist auch beschwerdebefugt. Zwar war sie selbst zunächst nicht am Ausgangsrechtsstreit beteiligt. Sie ist jedoch im Laufe des Berufungszulassungsverfahrens aufgrund Verschmelzung im Wege der Aufnahme (vgl. § 2 Nr. 1 UmwG) Gesamtrechtsnachfolgerin der ursprünglichen Klägerin geworden.

22

Zur Durchsetzung vermögenswerter Rechte und für sonstige Rügen, die der Rechtsnachfolger im eigenen Interesse geltend machen kann, können Rechtsnachfolger Verfassungsbeschwerdeverfahren fortführen oder erheben (vgl. BVerfGE 3, 162 <164>; 17, 86 <90 f.>; 23, 288 <300>; 26, 327 <332>; 69, 188 <201>; 94, 12 <30>; 109, 279 <304>), nicht jedoch zur Durchsetzung des Schutzes der Menschenwürde und höchstpersönlicher Rechte (vgl. BVerfGE 109, 279 <304>).

23

Jedenfalls im Berufungszulassungsverfahren war die Beschwerdeführerin selbst Partei des Rechtsstreits und damit ohne weiteres beschwerdebefugt. Aber auch soweit Verfassungsverstöße gegenüber ihrer Rechtsvorgängerin, begangen in der ersten Instanz, im Raum stehen, ist die Beschwerdebefugnis gegeben. Die Rechtskraft der fachgerichtlichen Entscheidung erstreckt sich auch insoweit auf die Beschwerdeführerin (vgl. § 121 Nr. 1 VwGO). Aufgrund ihrer daraus resultierenden Bindung an die Entscheidung, die mit für sie nachteiligen (finanziellen) Folgen verbunden ist, ist sie hierdurch auch als Rechtsnachfolgerin beschwert. Es geht demnach nicht um speziell ihrer Rechtsvorgängerin zustehende höchstpersönliche Rechte, die eine Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin entfallen lassen könnten.

24

2. Die angegriffenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts verletzen das grundrechtsgleiche Recht der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

25

a) aa) Die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens haben nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG Anspruch auf den gesetzlichen Richter, der sich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz, den Prozessordnungen sowie den Geschäftsverteilungs- und Besetzungsregelungen des Gerichts ergibt. Darüber hinaus wird ihnen durch die Verfassung gewährleistet, dass sie nicht vor einem Richter stehen, dem es an der gebotenen Neutralität fehlt. Die Frage, ob Befangenheitsgründe gegen die Mitwirkung eines Richters sprechen, berührt die prozessuale Rechtsstellung der Verfahrensbeteiligten (vgl. BVerfGE 89, 28 <36>).

26

Eine "Entziehung" des gesetzlichen Richters durch die Rechtsprechung, der die Anwendung der Zuständigkeitsregeln und die Handhabung des Ablehnungsrechts im Einzelfall obliegt, kann allerdings nicht in jeder fehlerhaften Rechtsanwendung gesehen werden; andernfalls müsste jede fehlerhafte Handhabung des einfachen Rechts zugleich als Verfassungsverstoß gelten (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>). Die Grenzen zum Verfassungsverstoß sind aber jedenfalls dann überschritten, wenn die Auslegung einer Zuständigkeitsnorm oder ihre Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar sind oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>). Ob die Entscheidung eines Gerichts auf Willkür, also auf einem Fall grober Missachtung oder grober Fehlanwendung des Gesetzesrechts (vgl. BVerfGE 29, 45 <49>; 82, 159 <197>; 87, 282 <286>) beruht oder ob sie darauf hindeutet, dass ein Gericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt, kann nur angesichts der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. BVerfGK 5, 269 <280>).

27

Bei der Anwendung der Vorschriften über die Ausschließung und Ablehnung von Richtern ist zu beachten, dass diese Normen dem durch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Ziel dienen, auch im Einzelfall die Neutralität und Distanz der zur Entscheidung berufenen Richter zu sichern. Für den Zivilprozess und damit über § 54 Abs. 1 VwGO auch für den Verwaltungsprozess enthalten die §§ 44 ff. ZPO Regelungen über das Verfahren zur Behandlung des Ablehnungsgesuchs und bestimmen, dass das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung zur Entscheidung auf der Grundlage einer dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters berufen ist. Durch diese Zuständigkeitsregelung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Annahme nahe liegt, es werde an der inneren Unbefangenheit und Unparteilichkeit eines Richters fehlen, wenn er über die vorgetragenen Gründe für seine angebliche Befangenheit selbst entscheiden muss (vgl. BVerfGK 7, 325 <337> für den Strafprozess; BVerfGK 11, 434 <442> für den Zivilprozess und BVerfGK 13, 72 <77 f.> für den Verwaltungsprozess).

28

bb) In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings auch für den Bereich des Verwaltungsprozesses anerkannt, dass der abgelehnte Richter ein Ablehnungsgesuch selbst ablehnen kann, ohne dass es der Durchführung des Verfahrens nach § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 44 f. ZPO bedarf, wenn das Gesuch als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist, etwa wenn pauschal alle Richter eines Gerichts abgelehnt werden, das Gesuch nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können, oder wenn gegen den Richter unqualifizierbare Angriffe wegen seiner angeblich rechtsstaatswidrigen Rechtsfindung erhoben werden (vgl. BVerfGK 13, 72 <78> m.w.N. zu Rspr. und Lit.).

29

Ähnlich wie der Gesetzgeber im Strafprozessrecht, in welchem § 26a StPO ein vereinfachtes Ablehnungsverfahren für unzulässige Ablehnungsgesuche unter Mitwirkung des abgelehnten Richters zur Verfügung stellt, während das Regelverfahren nach § 27 StPO die Entscheidung ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters garantiert, trägt die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung mit der differenzierenden Zuständigkeitsregelung in den Fällen der Richterablehnung einerseits dem Gewährleistungsgehalt des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG angemessen Rechnung: Ein Richter, dessen Unparteilichkeit mit jedenfalls nicht von vorneherein untauglicher Begründung in Zweifel gezogen worden ist, kann und soll nicht an der Entscheidung gegen das gegen ihn selbst gerichtete Ablehnungsgesuch mitwirken, das sein eigenes richterliches Verhalten und die - ohnehin nicht einfach zu beantwortende - Frage zum Gegenstand hat, ob das beanstandete Verhalten für eine verständige Partei Anlass sein kann, an der persönlichen Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Andererseits soll aus Gründen der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens der abgelehnte Richter in den klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert sein und ein aufwendiges und zeitraubendes Ablehnungsverfahren verhindert werden (vgl. BVerfGK 5, 269 <280 f.>; 7, 325 <338>).

30

Im Verwaltungs- und Zivilprozessrecht gilt ebenso wie im Strafprozessrecht, dass bei strenger Beachtung der Voraussetzungen des gänzlich untauglichen oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchs eine Entscheidung des abgelehnten Richters selbst mit der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in Konflikt gerät, weil die Prüfung keine Beurteilung des eigenen Verhaltens des abgelehnten Richters voraussetzt und deshalb keine Entscheidung in eigener Sache ist (vgl. BVerfGK 5, 269 <281 f.>; 11, 434 <442>; 13, 72 <79>). Ein vereinfachtes Ablehnungsverfahren soll indes nur echte Formalentscheidungen ermöglichen oder einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts verhindern, was eine enge Auslegung der Voraussetzungen gebietet (vgl. BVerfGK 5, 269 <282>; 11, 434 <442>; 13, 72 <79>). Völlige Ungeeignetheit ist anzunehmen, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens selbst entbehrlich ist. Hierfür werden regelmäßig nur solche Gesuche in Betracht kommen, die Handlungen des Richters beanstanden, welche nach der Prozessordnung vorgeschrieben sind oder sich ohne weiteres aus der Stellung des Richters ergeben. Unzulässig ist ein Ablehnungsgesuch daher, wenn der Ablehnende die bloße Tatsache beanstandet, ein Richter habe an einer Vor- oder Zwischenentscheidung mitgewirkt. Unzulässig ist das Gesuch auch, wenn sich der Richter an den von der Prozessordnung vorgeschriebenen Verfahrensgang hält, der Ablehnende aber eine Änderung begehrt. Grundsätzlich wird also eine Verwerfung als unzulässig nur dann in Betracht kommen, wenn das Ablehnungsgesuch für sich allein - ohne jede weitere Aktenkenntnis - offenkundig eine Ablehnung nicht zu begründen vermag. Ist hingegen ein - wenn auch nur geringfügiges - Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erforderlich, scheidet die Ablehnung als unzulässig aus. Eine gleichwohl erfolgende Ablehnung durch den abgelehnten Richter selbst ist dann willkürlich. Über eine bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte Richter nicht durch Mitwirkung an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe zum Richter in eigener Sache machen (vgl. BVerfGK 7, 325 <340>; 11, 434 <442>; 13, 72 <79 f.>).

31

b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich die Verwerfung des ersten Befangenheitsgesuchs durch das Verwaltungsgericht - was die Zurückweisung des "Beweisantrags" als unzulässig offensichtlich meint - unter Mitwirkung der abgelehnten Kammervorsitzenden als objektiv willkürlich. Damit liegt ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vor.

32

Das folgt jedenfalls daraus, dass es sich vorliegend gerade nicht um eine bloße Formalentscheidung handelt. Die Kammer einschließlich der abgelehnten Richterin setzt sich vielmehr im Sinne einer Begründetheitsprüfung mit dem Vorbringen im Ablehnungsgesuch auseinander.

33

Anlass der Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit war die Verhandlungsführung der abgelehnten Kammervorsitzenden bei Vernehmung des Zeugen. Dabei ging es nicht bloß um formale Fragen wie zum Beispiel den Umstand, dass ihr als Kammervorsitzender die Leitung der mündlichen Verhandlung und damit auch die Vernehmung des Zeugen oblag (vgl. § 173 VwGO in Verbindung mit § 136 ZPO). Die aus Sicht der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin zentrale Frage war, ob die wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnte Kammervorsitzende den Zeugen hinreichend zu einer vollständigen Aussage veranlasst hatte. Das zielt auf den Inhalt ihrer Verhandlungsführung. Die Beantwortung dieser Frage erforderte folglich eine Bewertung des Verhaltens der abgelehnten Richterin unter Berücksichtigung des von der Prozessordnung gesteckten Rahmens. Eine Entscheidung hierüber war ihr demnach verwehrt.

34

c) Der Beschluss über den zweiten Befangenheitsantrag erfolgte ebenfalls unter Verstoß gegen das grundrechtsgleiche Recht der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

35

Bei der Prüfung, ob ein Ablehnungsgesuch als unzulässig verworfen werden kann, ist das Gericht in besonderem Maße verpflichtet, das Ablehnungsgesuch seinem Inhalt nach vollständig zu erfassen und gegebenenfalls wohlwollend auszulegen, da das Gericht andernfalls leicht dem Vorwurf ausgesetzt sein kann, tatsächlich im Gewande der Zulässigkeitsprüfung in eine Begründetheitsprüfung einzutreten, und sich zu Unrecht zum Richter in eigener Sache zu machen. Überschreitet das Gericht bei dieser Prüfung die ihm gezogenen Grenzen, so kann dies seinerseits die Besorgnis der Befangenheit begründen (vgl. BVerfGK 5, 269 <283>; 11, 434 <444>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 2007 - 1 BvR 2228/06 -, NJW 2007, S. 3771 <3773>).

36

Obwohl der Vorwurf der Selbstentscheidung durch den vorangegangenen Beschluss über das Ablehnungsgesuch gegen die Kammervorsitzende Gegenstand des zweiten Befangenheitsantrags war, hat die Kammer in unveränderter Besetzung den daraufhin ergangenen Beschluss erlassen, ohne dass die Voraussetzungen hierfür vorgelegen hätten. Der formelhaft begründete Beschluss zieht zur Rechtfertigung der Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs das Kriterium der Rechtsmissbräuchlichkeit heran und versucht dies mit dem Verweis auf die offensichtliche Unbegründetheit des Befangenheitsantrags zu untermauern. Abgesehen davon, dass an keiner Stelle erläutert wird, weshalb - abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGK 5, 269 <282>) - auch bei offensichtlicher Unbegründetheit eines Ablehnungsgesuchs das vereinfachte Ablehnungsverfahren mit Selbstentscheidung des abgelehnten Richters angewendet werden können soll, lag ein Fall offensichtlicher Unbegründetheit des Befangenheitsantrags hier nicht vor. Das folgt schon aus dem einfachen Umstand, dass die festgestellte Überschreitung der durch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gezogenen Grenzen bei Bescheidung des ersten Befangenheitsantrags nach der zitierten bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich geeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit auszulösen. Das Ablehnungsgesuch erforderte letztendlich eine Entscheidung darüber, ob sich die abgelehnten Richter durch die Behandlung des ersten Befangenheitsantrags soweit von Recht und Gesetz entfernt hatten, dass die Besorgnis ihrer Befangenheit bestand. Damit waren sie gezwungen, über ihr vorangegangenes eigenes Verhalten bei der Beschlussfassung über das erste Ablehnungsgesuch zu entscheiden und sich dadurch zu Richtern in eigener Sache zu machen.

37

d) Der durch die fehlerhafte Behandlung der Ablehnungsgesuche verursachte Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erfasst auch das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts.

38

Die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs ist zwar nach § 146 Abs. 2 VwGO unanfechtbar. Die abgelehnte Kammervorsitzende und die weiteren mit dem zweiten Ablehnungsgesuch abgelehnten Richter unterlagen daher formal nicht mehr dem Gebot des § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 47 Abs. 1 ZPO, der bis zur Erledigung des jeweiligen Ablehnungsgesuchs die Befugnisse des abgelehnten Richters auf die Vornahme unaufschiebbarer Handlungen beschränkt. Auch steht bislang nicht fest, dass tatsächlich die Besorgnis der Befangenheit bei einer der abgelehnten Gerichtspersonen vorgelegen hätte.

39

In der Konsequenz der in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Garantie, nicht vor einem Richter stehen zu müssen, dem es an der gebotenen Neutralität mangelt (vgl. BVerfGE 89, 28 <36>), liegt es jedoch auch, nicht vor einem Richter stehen zu müssen, über dessen Ablehnung unter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG entschieden worden ist (vgl. BVerfGK 13, 72 <75 ff.>).

40

Die hinter dem Ablehnungsgesuch stehende Partei kann so lange nicht davon ausgehen, dass sie unabhängigen Richtern gegenübersteht, bis diese Frage von dem zuständigen Gericht ohne Beteiligung der möglicherweise befangenen Richter geklärt ist. Sie muss im Falle einer nach den dargelegten Kriterien unzulässigen Selbstentscheidung befürchten, dass die Entscheidung über ihr Ablehnungsgesuch maßgeblich von Richtern beeinflusst ist, die der Sache nicht mit der notwendigen Distanz und Neutralität gegenüberstehen und dass sich diese Voreingenommenheit auch in der anschließend zu treffenden Sachentscheidung fortsetzt. Aus den genannten Gründen ist immer dann, wenn ein Fall unzulässiger Selbstentscheidung vorliegt, davon auszugehen, dass auch die dem Ablehnungsgesuch folgende Sachentscheidungen mit dem Makel des Verstoßes gegen den gesetzlichen Richter behaftet ist.

41

3. Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts sind aufzuheben und die Sache gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, da nicht auszuschließen ist, dass sie auf dem festgestellten Verfassungsverstoß beruhen. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ebenfalls gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstößt, kann offen bleiben. Die Entscheidung wird durch die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils gegenstandslos.

V.

42

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

VI.

43

Der Gegenstandswert für das Verfassungsbeschwerdeverfahren ist nach § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>) auf 8.000 € festzusetzen. Es ist nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführerin ein über diesen Betrag hinausgehendes Interesse hat.

Die Berufung gegen ein Urteil und die Beschwerde gegen eine andere Entscheidung des Verwaltungsgerichts sind ausgeschlossen. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 135 in Verbindung mit § 133 der Verwaltungsgerichtsordnung und die Beschwerde gegen Beschlüsse über den Rechtsweg nach § 17a Absatz 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Auf die Beschwerde gegen Beschlüsse über den Rechtsweg findet § 17a Absatz 4 Satz 4 bis 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechende Anwendung.

(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(3) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlussunfähig, so entscheidet das im Rechtszug zunächst höhere Gericht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(3) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlussunfähig, so entscheidet das im Rechtszug zunächst höhere Gericht.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(2) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden.

(3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.

(4) Wird ein Richter, bei dem die Partei sich in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so ist glaubhaft zu machen, dass der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder der Partei bekannt geworden sei. Das Ablehnungsgesuch ist unverzüglich anzubringen.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.

(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.

(1) Der Präsident des Gerichts übt die Dienstaufsicht über die Richter, Beamten, Angestellten und Arbeiter aus.

(2) Übergeordnete Dienstaufsichtsbehörde für das Verwaltungsgericht ist der Präsident des Oberverwaltungsgerichts.

(1) Der Richter untersteht einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird.

(2) Die Dienstaufsicht umfaßt vorbehaltlich des Absatzes 1 auch die Befugnis, die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.

(3) Behauptet der Richter, daß eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtige, so entscheidet auf Antrag des Richters ein Gericht nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

Für die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des Zweiten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Die Mitglieder und drei Vertreter des für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 zuständigen Spruchkörpers bestimmt das Präsidium jeweils für die Dauer von vier Jahren. Die Mitglieder und ihre Vertreter müssen Richter auf Lebenszeit sein.

(1) Bei jedem Gericht wird ein Präsidium gebildet.

(2) Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter als Vorsitzenden und

1.
bei Gerichten mit mindestens achtzig Richterplanstellen aus zehn gewählten Richtern,
2.
bei Gerichten mit mindestens vierzig Richterplanstellen aus acht gewählten Richtern,
3.
bei Gerichten mit mindestens zwanzig Richterplanstellen aus sechs gewählten Richtern,
4.
bei Gerichten mit mindestens acht Richterplanstellen aus vier gewählten Richtern,
5.
bei den anderen Gerichten aus den nach § 21b Abs. 1 wählbaren Richtern.

(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.