Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 22. März 2018 - 2 BvR 1509/15

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2018:rk20180322.2bvr150915
bei uns veröffentlicht am22.03.2018

Tenor

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Juli 2015 - III-4 Ws 206/15 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 Satz 1 und Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Juli 2015 - III-4 Ws 206/15 - wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in der Sicherungsverwahrung in einem sogenannten Altfall.

I.

2

1. Der am 12. Juli 1942 geborene Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. April 1985 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Außerdem wurde seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Das Landgericht Düsseldorf begründete diese Anordnung damit, dass die Disposition zu "solchen Taten" tief im Beschwerdeführer verwurzelt sei. Die Persönlichkeitsproblematik bestehe im Fehlen einer stabilen männlichen Identität. Seine Sexualität sei nie erwachsen geworden, sodass es ihn zu Opfern statt zu Partnern hinziehe.

3

2. Nach Vollverbüßung der Freiheitsstrafe im April 1990 wurde die Sicherungsverwahrung bis Oktober 1992 vollzogen und mit Beschluss des Landgerichts Arnsberg vom 7. Oktober 1992 zur Bewährung ausgesetzt. Das Landgericht Düsseldorf widerrief die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung mit Beschluss vom 4. November 1996, nachdem der Beschwerdeführer durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 20. Februar 1996 wegen Diebstahls und gefährlicher Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden war. Nach Vollverbüßung dieser Strafe wurde seit Februar 1999 erneut die Maßregel der Sicherungsverwahrung vollzogen. Am 4. Juli 2006 waren zehn Jahre vollstreckt. Im Juni 2010 wurde dem Beschwerdeführer der Teil eines Beines bis einschließlich des Knies und im Juni 2012 ein weiterer Teil des Beines im Oberschenkelbereich abgenommen. Über eine Prothese verfügt der Beschwerdeführer nicht, er bewegt sich in einem Faltrollstuhl fort.

4

3. Nach Einholung einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt H. und eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. H. sowie nach Anhörung des Beschwerdeführers erklärte das Landgericht Paderborn mit Beschluss vom 4. März 2015 die Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aus dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. April 1985 mit Ablauf des 30. September 2015 für erledigt. Im Rahmen der fünf Jahre dauernden Führungsaufsicht erteilte es dem Beschwerdeführer folgende Weisungen:

a) Er hat sich um Aufnahme im Kreisseniorenheim O. zu bemühen und hat dort Wohnung zu nehmen.

b) Er darf sich aus dieser Einrichtung ohne Zustimmung von deren Leitung nicht über Nacht und nicht für mehrere Tage entfernen und hat jeden Wohnungswechsel der Führungsaufsichtsstelle unverzüglich anzuzeigen.

c) Er hat jeden Kontakt zu Kindern zu meiden und hat sich insbesondere von Orten fernzuhalten, an denen sich Kinder gewöhnlich aufhalten, speziell Kinderspielplätze, Kindergärten, Schulhöfe, Schwimmbäder und insbesondere dem nahegelegenen Reiterhof.

d) Der Konsum von Alkohol ist ihm verboten. Er hat sich auf Aufforderung seines Bewährungshelfers jederzeit unangekündigten Alkoholkontrollen zu unterziehen.

5

Auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. H. und der Stellungnahme der Vollzugseinrichtung, die übereinstimmend einen Verbleib des Beschwerdeführers in einem Alten- beziehungsweise Pflegeheim unter gewissen Kontrollen für ausreichend erachteten, um das von ihm ausgehende Restrisiko zu minimieren, sei die Maßregel für erledigt zu erklären. Von dem Beschwerdeführer seien aufgrund seiner körperlichen Gebrechen wahrscheinlich keine schweren Gewalttaten mehr zu befürchten. Das in Aussicht genommene Altenheim sei im Umgang mit Sicherungsverwahrten erfahren. Dem verbleibenden Risiko einer Kontaktaufnahme zu Kindern oder widerstandsunfähigen Personen verbunden mit einem möglichen nicht gewalttätigen sexuell übergriffigen Verhalten könne durch die erteilten Weisungen Rechnung getragen werden.

6

4. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Düsseldorf hob das Oberlandesgericht Hamm mit angegriffenem Beschluss vom 28. Juli 2015 den Beschluss des Landgerichts Paderborn auf und ordnete die weitere Vollstreckung der Unterbringung des Beschwerdeführers in der Sicherungsverwahrung an. Es bestehe nach wie vor die hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- und/oder Sexualstraftaten, die durch bloße Verbote und Weisungen nicht wirksam reduziert werden könne. Nach seiner Überzeugung erfordere die durch intensive sexuelle (Gewalt-)Fantasien geprägte Persönlichkeit des Beschwerdeführers, wenn überhaupt an eine Entlassung aus dem Maßregelvollzug gedacht werden könne, eine engmaschig strukturierte und professionell kontrollierte Einrichtung, um die hochgradige Gefahr schwerer sexueller Übergriffe wirksam reduzieren zu können. Die Erwartung des Landgerichts Paderborn und des Sachverständigen, ein normales Altenheim könne die erforderliche Kontrolle gewährleisten, sei angesichts der Persönlichkeit beziehungsweise Persönlichkeitsstörung des Beschwerdeführers für den Senat nicht nachvollziehbar. Die bloße 24-stündige Anwesenheit von Personal, das vielfältige Aufgaben zu erfüllen habe und in der Pflege und Betreuung alter Menschen geschult sei, nicht aber in der Bewachung potentieller Straftäter, sei zusammen mit den ausgesprochenen Weisungen und Verboten nicht ansatzweise geeignet, den zwar schon älteren und gesundheitlich angegriffenen, aber ausreichend mobilen Beschwerdeführer an strafbaren Aktivitäten analog der Anlasstat zu hindern. Der Beschwerdeführer könne sich ganztägig unbeobachtet bewegen und im Bereich des Reiterhofs, der in der Nähe des Altenheims gelegen sei, ungehindert Kinder ansprechen. Bei weisungswidrigem Fernbleiben vom Altenheim sei nicht im Mindesten gewährleistet, dass er vor der Begehung von Straftaten aufgefunden werde.

7

5. Nach Erhebung der vorliegenden Verfassungsbeschwerde hat das Landgericht Paderborn mit Beschluss vom 20. April 2016 die Fortdauer der Maßregel angeordnet. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 14. Juli 2016 verworfen.

II.

8

Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Grundrechte beziehungsweise grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 104 und Art. 3 Abs. 3 GG. Das Oberlandesgericht setze sich nicht mit milderen Mitteln auseinander, die eine Aussetzung der Maßregel rechtfertigen könnten, wenn das zu seiner Unterbringung angedachte Seniorenheim tatsächlich nicht infrage kommen sollte. Es verschweige, dass der Sachverständige die konkreten Bedingungen in dem Seniorenheim für ein ausreichend kontrolliertes Umfeld halte, welches geeignet sei, die Begehung von Straftaten zu verhindern. Unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustands sei die von ihm ausgehende Gefahr nicht mehr als hochgradig einzuschätzen. Die schlichte und nicht nachvollziehbar begründete Feststellung des Oberlandesgerichts, die vom Landgericht gewählten Möglichkeiten, der fortbestehenden Gefährlichkeit zu begegnen, seien untauglich, genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.

III.

9

1. Nach Auffassung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof hat die Verfassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg, da die angegriffene Entscheidung den verfassungsrechtlichen Begründungsanforderungen nicht vollständig gerecht werde. Das Oberlandesgericht hätte erwägen müssen, ob andere Weisungen oder Sicherungsmaßnahmen als die vom Landgericht Paderborn ausgesprochenen als mildere Mittel gegenüber einer fortgesetzten Freiheitsentziehung geeignet wären, einen noch hinreichenden Schutz der Allgemeinheit zu gewährleisten. Der angegriffene Beschluss enthalte keine ausreichenden Darlegungen zur Begründung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Freiheitsentziehung.

10

2. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von der Abgabe einer Stellungnahme abgesehen

IV.

11

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, da die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG vorliegen. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen - insbesondere hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Fortdauer einer vor 1998 angeordneten Sicherungsverwahrung über den Zeitraum von zehn Jahren hinaus - bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 128, 326 <399>) und die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

12

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die weitere Fortdauer der Maßregel zwischenzeitlich mit rechtskräftigem Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 20. April 2016 angeordnet worden ist. Denn die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm war Grundlage eines tiefgreifenden Eingriffs in das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 128, 326 <389>). Der Beschwerdeführer hat daher ein fortbestehendes schutzwürdiges Interesse an einer nachträglichen verfassungsrechtlichen Überprüfung und gegebenenfalls einer hierauf bezogenen Feststellung der Verfassungswidrigkeit dieses Grundrechtseingriffs durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 9, 89 <92 ff.>; 32, 87 <92>; 53, 152 <157 f.>; 91, 125 <133>; 104, 220 <234 f.>).

13

2. a) Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Art. 20 Abs. 3 GG, weil er den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, die für die Begründung der Anordnung einer Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wegen vor dem 1. Juni 2013 begangener Taten gelten.

14

aa) Das Bundesverfassungsgericht hat - neben anderen Vorschriften über die Anordnung und Dauer der Sicherungsverwahrung - auch § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl I S. 160) wegen Verstoßes gegen das Abstandsgebot für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG erklärt (BVerfGE 128, 326). Zugleich hat es gemäß § 35 BVerfGG die Weitergeltung der Norm bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens bis zum 31. Mai 2013, mit der Maßgabe angeordnet, dass § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB nur auf der Grundlage einer - insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an die Gefahrenprognose und die gefährdeten Rechtsgüter - strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung angewandt werden darf (BVerfGE 128, 326<332, 406>).

15

Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass § 67d Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 6 StGB - soweit er zur Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus auch bei Verurteilten ermächtigt, deren Anlasstaten vor Inkrafttreten von Art. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl I S. 160) begangen wurden - mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG unvereinbar ist (BVerfGE 128, 326<331, 332>). In diesen Fällen darf wegen des damit verbundenen Eingriffs in das grundrechtlich geschützte Vertrauen des Betroffenen die Fortdauer der Sicherungsverwahrung gemäß Nr. III. 2. a) des Tenors des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 nur noch angeordnet werden, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist und dieser an einer psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz - ThUG) leidet (BVerfGE 128, 326<332>).

16

Dieser Rechtsprechung trägt der mit Wirkung vom 1. Juni 2013 durch das Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl I S. 2425) eingeführte Art. 316f Abs. 2 EGStGB Rechnung (vgl. BTDrucks 17/9874, S. 12, 31 ff.; BRDrucks 173/12, S. 14, 45 ff.). Gemäß Art. 316f Abs. 2 Satz 1 EGStGB sind bei Entscheidungen über die Fortdauer der Unterbringung - soweit in dessen Absatz 3 nichts anderes bestimmt ist - die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzuwenden, wenn die Anlasstaten vor dem 1. Juni 2013 begangen worden sind.

17

Dabei bestimmt Art. 316f Abs. 2 Satz 2 EGStGB, dass die Fortdauer der Sicherungsverwahrung aufgrund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, nur zulässig ist, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird. Dies entspricht dem vom Bundesverfassungsgericht in seiner Weitergeltungsanordnung vom 4. Mai 2011 aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Maßstab (vgl. BVerfGE 128, 326 <332>).

18

bb) Darüber hinaus gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass die Fortdauer der Sicherungsverwahrung als letztes Mittel nur angeordnet werden darf, wenn andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht ausreichen, um den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit Rechnung zu tragen (BVerfGE 128, 326 <379>; siehe auch BVerfGE 70, 297 <314>).

19

cc) Die Feststellung der Voraussetzungen für die Fortdauer der Sicherungsverwahrung gemäß § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB in Verbindung mit Art. 316f Abs. 2 Satz 1 und 2 EGStGB setzt eine wertende richterliche Entscheidung voraus, die das Bundesverfassungsgericht nicht in allen Einzelheiten nachprüfen kann (vgl. BVerfGE 70, 297 <314, 315>). Aufgrund des zunehmenden Gewichts des Freiheitsanspruchs aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG erhöhen sich bei langandauernden Unterbringungen aber die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte und die Anforderungen an die Begründung einer Entscheidung. Notwendig ist daher, dass der Richter seine Bewertung anhand der einfachrechtlichen Kriterien substantiiert offenlegt, die Art und den Grund der Wahrscheinlichkeit zukünftiger rechtswidriger Taten, die von dem Untergebrachten drohen, konkretisiert und dabei auf die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles eingeht. Nur dadurch wird es möglich, im Rahmen verfassungsgerichtlicher Kontrolle nachzuvollziehen, ob die von dem Täter ausgehende Gefahr seinen Freiheitsanspruch gleichsam aufzuwiegen vermag (vgl. BVerfGE 70, 297 <315 f.>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 21. April 2015 - 2 BvR 2462/13 -, juris, Rn. 37 und vom 16. August 2017 - 2 BvR 1280/15 -, juris, Rn. 27 f.).

20

b) Diesen Maßstäben genügt der angegriffene Beschluss nicht, da es ihm an der verfassungsrechtlich gebotenen Begründungstiefe mangelt. Dem Beschluss ist bereits nicht zweifelsfrei zu entnehmen, von welchem Prüfungsmaßstab das Oberlandesgericht bei der Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung ausgegangen ist (aa). Vor allem aber setzt sich das Oberlandesgericht nicht hinreichend mit den Fragen auseinander, welche "schwersten Straftaten" von dem Beschwerdeführer künftig zu erwarten sind (bb) und ob weniger einschneidende Maßnahmen als die Fortdauer der Unterbringung ausgereicht hätten, um den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit Rechnung zu tragen (cc).

21

aa) Dem angegriffenen Beschluss kann nicht eindeutig entnommen werden, welchen Prüfungsmaßstab das Oberlandesgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Ausgehend von § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB formuliert das Gericht, dass der Vollzug der Maßregel fortzudauern habe, wenn die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer körperlich oder seelisch schwer geschädigt werden. Eine Bezugnahme auf die vorliegend einschlägige, einen verschärften Maßstab beinhaltende Regelung des Art. 316f Abs. 2 Satz 1 und 2 EGStGB findet demgegenüber nicht statt. Auch wird das Vorliegen einer psychischen Störung des Beschwerdeführers im Sinne dieser Vorschrift nicht ausdrücklich festgestellt. Zugleich verweist das Oberlandesgericht aber darauf, dass vom Beschwerdeführer "nach wie vor die hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- und/oder Sexualstraftaten" ausgehe. Dies allein rechtfertigt allerdings die Annahme nicht, dass das Gericht bei seiner Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers den aus Art. 316f Abs. 2 Satz 1 und 2 EGStGB folgenden, verfassungsrechtlich gebotenen Maßstab angewandt hat.

22

bb) Ungeachtet dessen fehlt es an der für eine Abwägung zwischen den Sicherungsinteressen der Allgemeinheit und dem Freiheitsanspruch des Beschwerdeführers erforderlichen Konkretisierung der Art und des Grades der Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten.

23

Insoweit hätte es gemäß Art. 316f Abs. 2 Satz 2 EGStGB der konkreten Darlegung einer vom Beschwerdeführer ausgehenden hochgradigen Gefahr "schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten" bedurft. Demgegenüber beschränkt das Oberlandesgericht sich auf die Behauptung, nach den Feststellungen des Sachverständigen lägen Übergriffe des Beschwerdeführers zur Umsetzung seiner sexuellen Vorstellungen in Form von Nötigung, Drohungen oder dem Erkaufen von Zuneigung durch das Versprechen von Zuwendungen im Bereich des "hochgradig Möglichen". Außerdem verweist das Oberlandesgericht darauf, dass die Mobilität des Beschwerdeführers ausreiche, um strafbare Aktivitäten "analog der Anlasstat" zu begehen.

24

Diese Ausführungen genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Feststellung der Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten nicht. Hinsichtlich der Gefahr künftiger Sexualstraftaten des Beschwerdeführers bleibt außer Betracht, dass der Gesetzgeber in §§ 176, 176a, 176b StGB erhebliche Differenzierungen im Bereich des Kindesmissbrauchs vorgenommen hat, die deutliche Unterschiede im Strafmaß zur Folge haben. Daher hätte es einer näheren Bestimmung der vom Beschwerdeführer konkret zu erwartenden Delikte und einer Qualifizierung dieser Delikte als "schwerste Sexualstraftaten" im Sinne des Art. 316f Abs. 2 Satz 2 EGStGB bedurft. Daran fehlt es. Ebenso wenig verhält sich das Gericht zu der vom Sachverständigen erörterten Möglichkeit weiterer Brandstiftungsdelikte des Beschwerdeführers.

25

cc) Schließlich setzt das Oberlandesgericht sich unzureichend mit der Frage auseinander, ob der Verhältnismäßigkeit einer Fortdauer der Unterbringung entgegensteht, dass den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit mit milderen Mitteln hätte genügt werden können.

26

Insoweit widerspricht das Gericht der Einschätzung des Sachverständigen Dr. H. und des Landgerichts Paderborn in seinem Aussetzungsbeschluss vom 4. März 2015, wonach eine ausreichende Reduzierung der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers durch die Aufnahme in einem ununterbrochen mit Pflegepersonal besetzten Altenheim und die Erteilung von Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht möglich sei. Dabei lässt das Gericht aber die konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles in einem Maße außer Betracht, dass die verbleibenden Erwägungen zur Begründung der Verhältnismäßigkeit einer Fortdauer der Unterbringung nicht ausreichen.

27

Insbesondere fehlt es an einer näheren Befassung mit der Frage, in welchem Umfang die von dem Beschwerdeführer ausgehenden Gefahren künftiger Straftaten angesichts seines Alters und seines Gesundheitszustands bei einer Unterbringung in einem permanent mit Pflegepersonal besetzten Altenheim vermindert werden können. Der am 12. Juli 1942 geborene Beschwerdeführer ist nach der Amputation eines Beines im Oberschenkelbereich auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen und dadurch in seiner Mobilität eingeschränkt. Der Sachverständige hat aus diesem Grund die Möglichkeit physischer Übergriffe des Beschwerdeführers auf potentielle Opfer als äußerst gering erachtet. Das Oberlandesgericht hätte sich daher nicht auf die bloße Behauptung beschränken dürfen, der Beschwerdeführer sei zwar "schon älter und gesundheitlich angegriffen", aber "ausreichend mobil". Vielmehr hätte es konkret darlegen müssen, inwieweit trotz der sozialen Kontrolle, die mit der Unterbringung in einem beständig mit Pflegekräften besetzten Altenheim verbunden ist, das Risiko der Begehung weiterer Sexualstraftaten durch den im Entscheidungszeitpunkt 73-jährigen und stark mobilitätseingeschränkten Beschwerdeführer fortbesteht. Dabei hätte es auch auf den Umstand eingehen müssen, dass das Altenheim, in dem der Beschwerdeführer weisungsgemäß Wohnung zu nehmen hatte, bereits über Erfahrungen im Umgang mit Sicherungsverwahrten verfügt.

28

Soweit das Oberlandesgericht darauf verweist, der Beschwerdeführer könne sich unbeobachtet außerhalb des Altenheims bewegen und im Bereich des nahegelegenen Reiterhofs Kinder ansprechen, so dass ihm die Umsetzung seiner sexuellen Vorstellungen im Wege von Drohungen, Nötigungen oder dem Versprechen von Zuwendungen möglich sei, finden die dem Beschwerdeführer im Rahmen der Führungsaufsicht erteilten Weisungen, jeden Kontakt zu Kindern zu meiden und sich nicht im Bereich des Reiterhofs aufzuhalten, unzureichende Berücksichtigung. Gleiches gilt auch für den Hinweis, der Beschwerdeführer könne dem Altenheim über Nacht oder für mehrere Tage fernbleiben. Dabei wird dem Beschwerdeführer unterstellt, dass er die ihm erteilten Weisungen missachten werde, ohne dass diese Vermutung durch Tatsachen unterlegt oder in sonstiger Weise begründet wird. Dies genügt zur Rechtfertigung der Annahme, der Beschwerdeführer werde sich in seinem Verhalten durch die ihm erteilten Weisungen nicht beeinflussen lassen, nicht. Außerdem ändert dies nichts an der unzureichenden Auseinandersetzung mit den Beeinträchtigungen der Handlungsmöglichkeiten des Beschwerdeführers aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustands. Schließlich bleibt auch unerörtert, ob durch sonstige Maßnahmen - etwa die Bestimmung eines Altenheims als Wohnort des Beschwerdeführers, das nicht in der Nähe von Einrichtungen gelegen ist, die regelmäßig von Kindern aufgesucht werden - den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit hätte hinreichend Rechnung getragen werden können.

29

3. Es ist daher festzustellen, dass die angegriffene Entscheidung den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Art. 20 Abs. 3 GG verletzt (§ 93c Abs. 2, § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Sie ist aufzuheben. Die Sache ist aufgrund der prozessualen Überholung durch die Entscheidungen des Landgerichts Paderborn vom 20. April 2016 und des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. Juli 2016 nur zur erneuten Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers an das Oberlandesgericht Hamm zurückzuverweisen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juli 2016 - 2 BvR 2474/14 -, juris, Rn. 29; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Mai 2014 - 2 BvR 1823/13 - juris, Rn. 27; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2014 - 2 BvR 119/12 -, juris, Rn. 15).

30

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

31

5. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG.

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bei uns veröffentlicht am 16.08.2017

Tenor Die Beschlüsse des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 2. Juni 2015 - 1 Ws 122/15 - und des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 7. April 2015 - StVK 7/97 - verletzen den Beschwerd

Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 28. Juli 2015 - 4 Ws 206/15

bei uns veröffentlicht am 28.07.2015

Tenor Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die weitere Vollstreckung der Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung wird angeordnet. Der Verurteilte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tra

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 21. Apr. 2015 - 2 BvR 2462/13

bei uns veröffentlicht am 21.04.2015

Tenor Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. September 2013 - III-4 Ws 299/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel

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Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die weitere Vollstreckung der Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung wird angeordnet.

Der Verurteilte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen.


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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

Das Bundesverfassungsgericht kann in seiner Entscheidung bestimmen, wer sie vollstreckt; es kann auch im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Die bisherigen Vorschriften über die Sicherungsverwahrung sind in der ab dem 1. Juni 2013 geltenden Fassung anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll (Anlasstat), nach dem 31. Mai 2013 begangen worden ist.

(2) In allen anderen Fällen sind, soweit Absatz 3 nichts anderes bestimmt, die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzuwenden. Die Anordnung oder Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, oder eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung, die nicht die Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus voraussetzt, oder die Fortdauer einer solchen nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung ist nur zulässig, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird. Auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, kann die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur vorbehalten werden, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und die in Satz 2 genannte Gefahr wahrscheinlich ist oder, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen Heranwachsenden handelt, feststeht. Liegen die Voraussetzungen für eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung in den in Satz 2 genannten Fällen nicht mehr vor, erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt; mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Die durch die Artikel 1, 2 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc und Nummer 4 sowie die Artikel 3 bis 6 des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425) geänderten Vorschriften sind auch auf die in Absatz 2 Satz 1 genannten Fälle anzuwenden, § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches jedoch nur dann, wenn nach dem 31. Mai 2013 keine ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c des Strafgesetzbuches angeboten worden ist. Die Frist des § 119a Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes für die erste Entscheidung von Amts wegen beginnt am 1. Juni 2013 zu laufen, wenn die Freiheitsstrafe zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen wird.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Die bisherigen Vorschriften über die Sicherungsverwahrung sind in der ab dem 1. Juni 2013 geltenden Fassung anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll (Anlasstat), nach dem 31. Mai 2013 begangen worden ist.

(2) In allen anderen Fällen sind, soweit Absatz 3 nichts anderes bestimmt, die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzuwenden. Die Anordnung oder Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, oder eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung, die nicht die Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus voraussetzt, oder die Fortdauer einer solchen nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung ist nur zulässig, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird. Auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, kann die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur vorbehalten werden, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und die in Satz 2 genannte Gefahr wahrscheinlich ist oder, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen Heranwachsenden handelt, feststeht. Liegen die Voraussetzungen für eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung in den in Satz 2 genannten Fällen nicht mehr vor, erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt; mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Die durch die Artikel 1, 2 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc und Nummer 4 sowie die Artikel 3 bis 6 des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425) geänderten Vorschriften sind auch auf die in Absatz 2 Satz 1 genannten Fälle anzuwenden, § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches jedoch nur dann, wenn nach dem 31. Mai 2013 keine ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c des Strafgesetzbuches angeboten worden ist. Die Frist des § 119a Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes für die erste Entscheidung von Amts wegen beginnt am 1. Juni 2013 zu laufen, wenn die Freiheitsstrafe zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. September 2013 - III-4 Ws 299/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus.

I.

2

1. a) Das Landgericht Flensburg verurteilte den zur Tatzeit 18-jährigen Beschwerdeführer mit Urteil vom 15. Juli 1981 wegen Mordes und versuchten Mordes zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und ordnete zugleich seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB an.

3

Der bei der Familie seiner Schwester wohnhafte Beschwerdeführer hatte nach einem Streit mit seiner Schwester aus Frust und unter erheblicher Alkoholisierung seinen zweijährigen Neffen erdrosselt und - zur Verdeckung dieser Tat - versucht, seine dreijährige Nichte mit einem Brotmesser zu erstechen.

4

b) Das sachverständig beratene Landgericht Flensburg ging von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers gemäß § 21 StGB zur Tatzeit aus. Zum einen habe die höchstmögliche Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt bei 2,14 Promille gelegen. Zum anderen erfülle die diagnostizierte neurotische Fehlentwicklung des Beschwerdeführers, die auf seine Minderbegabung - wohl aufgrund eines leichten frühkindlichen Hirnschadens - zurückzuführen sei und mit anhaltendem Bettnässen, einer transvestitischen Neigung und übermäßiger Neigung zur Masturbation einhergehe, die Voraussetzungen einer schweren seelischen Abartigkeit. Auch seine Verwahrlosungstendenzen und die Alkoholabhängigkeit wiesen Merkmale der schweren seelischen Abartigkeit auf. Diese schwere seelische Abartigkeit in Verbindung mit dem genossenen Alkohol habe zur verminderten Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers im Tatzeitpunkt geführt.

5

Die abnorme Persönlichkeitsstruktur habe sich bereits so verfestigt, dass einer therapeutischen Korrektur nur geringe Chancen einzuräumen seien. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in vergleichbaren Konfliktsituationen wiederum dazu neigen werde, diese durch schwerste Aggressionshandlungen gegen andere zu lösen. Von ihm seien daher infolge seines Zustands erhebliche weitere rechtswidrige Taten zu erwarten.

6

c) In Abweichung von dem gesetzlichen Regelfall (§ 67 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB) wurde zunächst die Jugendstrafe zu einem großen Teil vollstreckt. Seit dem 3. Februar 1987 befindet sich der Beschwerdeführer im Maßregelvollzug, derzeit in der LWL-Klinik Herne.

7

2. Mit Beschluss vom 25. Juli 2013 ordnete das Landgericht Bochum erneut die Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände, namentlich des persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers im Anhörungstermin, dessen Entwicklung im Überprüfungszeitraum, des psychiatrischen Gutachtens des externen Sachverständigen Dr. C. vom 31. Januar 2011 und der Stellungnahme der Klinik des Maßregelvollzugs vom 15. Mai 2013 könne eine Aussetzung der Unterbringung noch nicht erfolgen.

8

Die Kriminalprognose sei nach wie vor ungünstig. Nach Einschätzung des Sachverständigen leide der Beschwerdeführer an einer passiv aggressiven Persönlichkeitsstörung mit depressiven Zügen, Transvestismus und Alkoholabhängigkeit. Trotz intensiver Therapie während der langjährigen Behandlung im Maßregelvollzug sei es ihm nicht gelungen, eine nachvollziehbare Motivationsanalyse und Auseinandersetzung mit der Tat darzulegen. Die Persönlichkeitsstörung werde von dem Sachverständigen als verfestigt angesehen. Der Beschwerdeführer leide an Selbstwert- und Identifikationskonflikten, seine mangelnde Fähigkeit zur Introspektion, zum Perspektivenwechsel und zur Affektdistanzierung sowie die Folgen der langjährigen Hospitalisierung stünden einer Verminderung der Störung und ihrer Ausprägungen entgegen. Selbst wenn eine akute Rückfallgefahr nicht bestehe, sei nach wie vor zu befürchten, dass der Betroffene eine Aussetzung der Maßregel zur erneuten Ausübung seines fetischistischen Transvestismus nutzen würde, äußeren Belastungen nicht gewachsen wäre und dann zur Konfliktvermeidung erneut alkoholrückfällig würde und Gefahr liefe, weitere Straftaten zu begehen.

9

Nach der Stellungnahme der Klinik nehme der Beschwerdeführer regelmäßig an begleiteten Ausgängen teil und könne sich in einem gut strukturierten Setting angemessen bewegen. Dies könne sich bei einem Settingwechsel jedoch sehr schnell ändern. Die weitere Behandlungs- und Kriminalprognose seien ungünstig. Es liege eine ausgeprägte Hospitalisierung vor. Eine reflektierte Aufarbeitung sei bislang nicht möglich gewesen, es sei fraglich, ob der Beschwerdeführer über die dazu notwendige Mentalisierung verfüge.

10

Angesichts der immer noch negativen Sozialprognose habe die Unterbringung weder für erledigt erklärt noch zur Bewährung ausgesetzt werden können. Die Fortdauer der Unterbringung sei mit Blick auf die Schwere des Einweisungsdelikts und der von dem Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr trotz ihrer erheblichen Dauer von mehr als 30 Jahren noch nicht unverhältnismäßig. Die weitere Entwicklung bleibe abzuwarten.

11

3. Das Oberlandesgericht Hamm verwarf die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers mit angegriffenem Beschluss vom 26. September 2013 als unbegründet.

12

Von dem Beschwerdeführer seien im Falle einer Entlassung erneut erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 63 StGB zu erwarten. Es sei davon auszugehen, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder Gewaltdelikte sogar bis hin zu Tötungsdelikten begehen werde.

13

Aus der Stellungnahme der Klinik des Maßregelvollzugs aus dem Jahr 2012 ergebe sich, dass der Beschwerdeführer, paranoid gefärbt, annahm, eine Mitarbeiterin an der Pforte habe über ihn gelacht. Er habe sich daraufhin gedacht: "Das kriegst Du zurück". Der Mitarbeiterin sei von ihm sodann ein Verhältnis mit einem Mitpatienten unterstellt worden; dieser Verdacht sei für ihn zur "fixen Idee" geworden. Die Versuche, die Gesamtsituation mit ihm zu reflektieren, seien nur teilweise erfolgreich gewesen. Er habe bedingt einlenken können, Unverständnis und Gekränktsein hätten jedoch überwogen. Nach der Vereinbarung, Probleme nicht zurückzuhalten, habe er von Gewaltphantasien (Prügeleien) gegenüber diesem Mitpatienten berichtet und gesagt: "Da fließt Blut!" Der Beschwerdeführer sei - auch wegen anderer Auffälligkeiten - auf eine andere Station zurückverlegt worden, wo sich sein Zustand stabilisiert habe. Die Klinik sei deshalb in ihrer (aktuellen) Stellungnahme aus dem Jahr 2013 zu der Einschätzung gekommen, dass sich der Zustand des Beschwerdeführers bei einem Settingwechsel sehr schnell ändern könne, ohne dass er dies selbst reflektieren oder auch nur bemerken könne. Dem Beschwerdeführer sei daher von der Maßregelvollzugseinrichtung sowohl eine negative Behandlungs- als auch eine negative Kriminalprognose ausgestellt worden. Da bei ihm weder die Anlasstaten noch andere Konfliktsituationen aufgearbeitet hätten werden können und er Gewaltphantasien anhänge, sei die Wahrscheinlichkeit, dass er in Freiheit erneut Gewaltdelikte und damit erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 63 StGB begehen werde, sehr hoch.

14

Diese Gefahr könne auch (noch) nicht mit weniger belastenden Maßnahmen, wie der im Falle der Aussetzung eintretenden Führungsaufsicht und der damit verbindbaren weiteren Maßnahmen der Aufsicht und Hilfe gemäß §§ 68a, 68b StGB begegnet werden. Der Beschwerdeführer befinde sich seit 26 Jahren und damit fast sein gesamtes Erwachsenenleben im Maßregelvollzug; auch sei auf ihn im Zeitpunkt seiner Verurteilung noch Jugendstrafrecht anzuwenden gewesen. Vor einer Unterbringung außerhalb des Maßregelvollzugs in einem strukturierten Rahmen mit professioneller Unterstützung, zum Beispiel in einem engmaschig betreuten Wohnen, müsste sich der Beschwerdeführer jedoch zunächst eine gewisse Zeit bei den - wieder aufzunehmenden - unbegleiteten Einzelausgängen und einer Langzeitbeurlaubung bewährt haben.

15

4. Vom Beschwerdeführer erhobene "Gegenvorstellungen" mit Blick auf die (angeblich) unzureichende Auseinandersetzung des Oberlandesgerichts mit der von ihm ausgehenden konkreten Gefahr wies das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 14. November 2013 zurück. Es sei weder von unzutreffenden tatsächlichen oder prozessualen Voraussetzungen ausgegangen worden noch bestehe sonst Anlass, den Beschluss aufzuheben oder abzuändern. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei die Wahrscheinlichkeit weiterer rechtswidriger Taten und deren Deliktstypus konkretisiert worden.

16

5. Die Fortdauer der Unterbringung wurde zwischenzeitlich erneut mit Beschluss des Landgerichts Bochum vom 21. August 2014 angeordnet. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht Hamm - nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Flensburg - mit Beschluss vom 18. November 2014 verworfen.

II.

17

Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer sieht sich durch den angegriffenen Beschluss in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 GG verletzt.

18

Die Abwägung des Oberlandesgerichts bewege sich außerhalb des Wertungsrahmens, der den Fachgerichten im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zukomme.

19

Zwar werde auf das letzte externe Sachverständigengutachten eingegangen und unter Bezugnahme auf die landgerichtliche Entscheidung festgestellt, dass das Landgericht zu einer weiterhin negativen Kriminal- wie auch Sozialprognose gekommen sei. Das Oberlandesgericht habe es jedoch versäumt, sich in beanstandungsfreier Weise mit der vom Beschwerdeführer ausgehenden konkreten Gefahr auseinanderzusetzen. Lediglich pauschal werde festgestellt, dass davon auszugehen sei, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder Gewaltdelikte sogar bis hin zu Tötungsdelikten begehen werde. Zur Begründung referiere das Gericht lediglich die Stellungnahme der Klinik des Maßregelvollzugs, die eine negative Behandlungs- wie auch Kriminalprognose ausstelle. Vor dem Hintergrund der überaus langen Unterbringungsdauer wäre dem Oberlandesgericht allerdings abzuverlangen gewesen, sich näher mit der vom Beschwerdeführer ausgehenden konkreten Gefahr auseinanderzusetzen.

20

Dies gelte umso mehr, als der letzte externe Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt habe, dass eine akute Rückfallgefahr nicht anzunehmen, sondern lediglich eine erneute Dekompensation nicht auszuschließen sei. Vor dem Hintergrund des gewichtigen Freiheitsanspruchs des Beschwerdeführers sei nicht hinzunehmen, dass das Oberlandesgericht sich auf die Stellungnahme der Maßregelvollzugsklinik zurückziehe und sich dieser "anschließe". Dass der Beschwerdeführer sich seit nunmehr 30 Jahren im Straf- und Maßregelvollzug befinde und infolgedessen außerhalb des Vollzuges Schwierigkeiten haben werde, sich "zurecht zu finden", sei kein tragfähiges Argument für die weitere Vollstreckung der Maßregel.

21

Die vom Oberlandesgericht angestellte Erwägung hinsichtlich unbegleiteter Einzelausgänge und einer Langzeitbeurlaubung zeige deutlich, dass auch für das Gericht eine Unterbringung außerhalb des Maßregelvollzugs möglich sein dürfte. In diesem Fall sei die weitere Vollstreckung jedoch unverhältnismäßig.

III.

22

1. a) Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen.

23

b) Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.

24

aa) Der angegriffenen Entscheidung liege ein zutreffender Prüfungsmaßstab zugrunde. Das Oberlandesgericht gehe von einer hohen Wahrscheinlichkeit aus, dass der Beschwerdeführer erneut Gewaltdelikte sogar bis hin zu Tötungsdelikten begehen werde. Diese fachgerichtliche Bewertung sei tragfähig begründet und berücksichtige alle ersichtlich relevanten Gesichtspunkte.

25

Das Oberlandesgericht habe seiner Gefahrenprognose neben der Anlasstat - und deren im vorliegenden Fall besonders hohen Indizwirkung für die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers - auch das letzte Sachverständigengutachten sowie die aktuelle Behandlungs- und Unterbringungssituation zugrunde gelegt. Die darauf aufbauende Bewertung und die daraus gezogenen Schlüsse hätten angesichts der durch die Anlasstaten zum Ausdruck gekommenen ganz erheblichen Gefährlichkeit, der bislang nicht erkennbaren Behandlungsfortschritte und der im Rahmen der Lockerungsversuche offenbar gewordenen Probleme nicht weiter erläutert werden müssen. Da durch die bislang unternommenen Therapieversuche keine Herabsetzung der Gefährlichkeit habe erreicht werden können, sei nach wie vor davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer schon alltägliche Konfliktsituationen und vergleichsweise geringe innere Spannung zum Anlass für die Begehung schwerster Straftaten nehmen könnte. Er habe Gewaltphantasien und verfüge insoweit weder über Selbstkontrollmechanismen noch über ausreichende Selbsteinschätzungsfähigkeiten.

26

Somit habe sich das Oberlandesgericht nicht lediglich "pauschal und wenig stichhaltig" auf die Stellungnahme der Maßregelvollzugsklinik zurückgezogen und sich dieser angeschlossen, sondern vielmehr die maßgeblichen Anknüpfungstatsachen benannt und eine eigene Einschätzung vorgenommen.

27

Die Bewertung der Gefährlichkeit des Oberlandesgerichts widerspreche auch nicht der Einschätzung im letzten externen Sachverständigengutachten. Dort sei unter Benennung der relevanten Faktoren von "einer schlechten oder zumindest zweifelhaften Legalprognose" die Rede.

28

bb) Die Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die übereinstimmenden Einschätzungen des externen Sachverständigen und der Maßregelvollzugsklinik, dass erst nach ausreichender Erprobung durch Lockerungen und bei ausreichend stabilisierenden Rahmenbedingungen eine Außervollzugsetzung der Unterbringung in Betracht komme, seien unmittelbar nachvollziehbar. Das Oberlandesgericht habe auch nicht zum Ausdruck gebracht, dass seiner Auffassung nach bereits jetzt eine Unterbringung des Beschwerdeführers außerhalb des Maßregelvollzugs möglich sei.

29

2. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten 102 Js 712/80 der Staatsanwaltschaft Flensburg vorgelegen.

B.

30

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG sind erfüllt. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen - insbesondere die sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden Anforderungen an die Anordnung der Fortdauer lang andauernder Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus - bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 70, 297). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

31

Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. September 2013 sowie der diesem zugrundeliegende Beschluss des Landgerichts Bochum vom 25. Juli 2013 nicht mehr die aktuelle Grundlage der Vollstreckung bilden, sondern prozessual überholt sind. Denn die angegriffene Entscheidung war - in Verbindung mit dem Beschluss des Landgerichts Bochum vom 25. Juli 2013 - Grundlage eines tiefgreifenden Eingriffs in das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 128, 326 <389>). Der Beschwerdeführer hat daher ein fortbestehendes schutzwürdiges Interesse an einer nachträglichen verfassungsrechtlichen Überprüfung und gegebenenfalls einer hierauf bezogenen Feststellung der Verfassungswidrigkeit dieses Grundrechtseingriffs durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 9, 89 <92 ff.>; 32, 87 <92>; 53, 152 <157 f.>; 91, 125 <133>; 104, 220 <234 f.>).

II.

32

Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. September 2013 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, weil er den Anforderungen, die sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ergeben, nicht genügt. Der Beschluss weist nicht die verfassungsrechtlich gebotene Begründungstiefe auf.

33

1. a) Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistet jedermann die Freiheit der Person und nimmt einen hohen Rang unter den Grundrechten ein. Das kommt darin zum Ausdruck, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG die Freiheit der Person als "unverletzlich" bezeichnet, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ihre Beschränkung nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes zulässt und Art. 104 Abs. 2 bis 4 GG besondere Verfahrensgarantien für ihre Beschränkung statuiert (vgl. BVerfGE 35, 185 <190>; 109, 133 <157>; 128, 326 <372>).

34

Die Freiheit der Person darf nur aus besonders gewichtigen Gründen und unter strengen formellen Gewährleistungen eingeschränkt werden. Zu diesen Gründen gehören in erster Linie solche des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts. Eingriffe in die persönliche Freiheit auf diesem Gebiet dienen vor allem dem Schutz der Allgemeinheit (vgl. BVerfGE 22, 180 <219>; 45, 187 <223>; 58, 208 <224 f.>); zugleich haben die gesetzlichen Eingriffstatbestände freiheitsgewährleistende Funktion, da sie die Grenzen zulässiger Einschränkung der Freiheit der Person bestimmen. Das gilt auch für die Regelung der Unterbringung eines schuldunfähigen oder erheblich vermindert schuldfähigen Straftäters, von dem infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB (vgl. BVerfGE 70, 297 <307>).

35

b) Die freiheitssichernde Funktion des Art. 2 Abs. 2 GG hat auch verfahrensrechtliche Bedeutung. Unverzichtbare Voraussetzung eines rechtsstaatlichen Verfahrens ist, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen (vgl. BVerfGE 58, 208 <222>) und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (vgl. BVerfGE 58, 208 <230>).

36

c) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beherrscht Anordnung und Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das hier bestehende Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des betroffenen Einzelnen und dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsgutverletzungen verlangt nach gerechtem und vertretbarem Ausgleich. Dieser lässt sich für die Entscheidung über die Aussetzung der Maßregelvollstreckung nur dadurch bewirken, dass die Sicherungsbelange und der Freiheitsanspruch des Untergebrachten als wechselseitiges Korrektiv gesehen und im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden (BVerfGE 70, 297 <311>). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist in die Prüfung der Aussetzungsreife der Maßregel nach § 67d Abs. 2 StGB einzubeziehen (integrative Betrachtung). Die darauf aufbauende Gesamtwürdigung hat die von dem Täter ausgehenden Gefahren zur Schwere des mit der Maßregel verbundenen Eingriffs ins Verhältnis zu setzen (vgl. BVerfGE 70, 297 <312 f.>).

37

d) Je länger die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB andauert, umso strenger sind die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzugs. Bei langdauernden Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) wirkt sich das zunehmende Gewicht des Freiheitsanspruchs bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch auf die an die Begründung einer Entscheidung zu stellenden Anforderungen aus. In diesen Fällen engt sich der Bewertungsrahmen des Strafvollstreckungsrichters ein; mit wachsender Intensität des Freiheitseingriffs wächst auch die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte. Dem lässt sich dadurch Rechnung tragen, dass der Richter seine Würdigung eingehender abfasst, sich also nicht etwa mit knappen, allgemeinen Wendungen begnügt, sondern seine Bewertung anhand der dargestellten einfachrechtlichen Kriterien substantiiert offenlegt. Erst dadurch wird es möglich, im Rahmen verfassungsgerichtlicher Kontrolle nachzuvollziehen, ob die von dem Täter ausgehende Gefahr seinen Freiheitsanspruch gleichsam aufzuwiegen vermag (vgl. BVerfGE 70, 297 <315 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 442/12 -, NStZ-RR 2013, S. 72 <73>).

38

Zu verlangen ist die Konkretisierung der Art und des Grades der Wahrscheinlichkeit zukünftiger rechtswidriger Taten, die von dem Untergebrachten drohen (vgl. BVerfGE 70, 297 <315 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Februar 2014 - 2 BvR 1795/12, 2 BvR 12 BvR 1852/13 -, juris, Rn. 42). Dabei ist auf die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles einzugehen. Zu erwägen sind das frühere Verhalten des Untergebrachten und von ihm bislang begangene Taten. Abzuheben ist aber auch auf die seit Anordnung der Maßregel eingetretenen Umstände, die für die künftige Entwicklung bestimmend sind. Dazu gehören der Zustand des Untergebrachten und die künftig zu erwartenden Lebensumstände (vgl. BVerfGE 70, 297 <314 f.>; BVerfGK 16, 501 <506>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Februar 2014 - 2 BvR 1795/12, 2 BvR 12 BvR 1852/13 -, juris, Rn. 40; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 442/12 -, juris, Rn. 15).

39

Genügen die Gründe einer Entscheidung über die Fortdauer einer bereits außergewöhnlich lange währenden Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus diesen Maßstäben nicht, so führt dies dazu, dass die Freiheit der Person des Untergebrachten nicht rechtmäßig eingeschränkt werden kann; sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ist verletzt, weil es an einer verfassungsrechtlich tragfähigen Grundlage für die Unterbringung fehlt (vgl. BVerfGE 70, 297 <316 f.>).

40

2. Nach diesen Maßstäben verletzt der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. September 2013 den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

41

Das Oberlandesgericht geht zwar grundsätzlich von einem zutreffenden Prüfungsmaßstab aus, wenn es ausführt, dass vom Beschwerdeführer im Falle der unmittelbaren Entlassung mit hoher Wahrscheinlichkeit Gewaltdelikte sogar bis hin zu Tötungsdelikten drohten. Eine solche Gefahrenprognose wird mit Blick auf das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit selbst in Fällen sehr langdauernder Unterbringungen regelmäßig die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus rechtfertigen können. Allerdings genügen die Darlegungen des Oberlandesgerichts den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung einer vom Beschwerdeführer mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgehenden Gefahr künftiger Gewaltdelikte bis hin zu Tötungsdelikten nicht. Dies gilt sowohl, soweit das Oberlandesgericht auf den Beschluss des Landgerichts Bochum vom 25. Juli 2013 Bezug nimmt (a), als auch für die darüber hinausgehenden Ausführungen in dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss (b).

42

a) Das Landgericht Bochum verweist in seinem Beschluss vom 25. Juli 2013 zwar auf den persönlichen Eindruck des Beschwerdeführers im Anhörungstermin, dessen Entwicklung im Überprüfungszeitraum, das externe Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2011 und die aktuelle Stellungnahme der Klinik des Maßregelvollzugs.

43

Es fehlt in diesem Beschluss aber bereits an einer hinreichenden Gefahrenprognose, da das Landgericht lediglich unter Bezugnahme auf das externe Sachverständigengutachten feststellt, dass zwar nicht von einer akuten Rückfallgefahr auszugehen, jedoch nach wie vor zu befürchten sei, dass der Beschwerdeführer eine Aussetzung der Maßregel zur erneuten Ausübung seines fetischistischen Transvestismus nutzen würde, äußeren Belastungen nicht gewachsen wäre und Gefahr liefe, weitere Straftaten zu begehen. Welche Art von Straftaten mit welchem Wahrscheinlichkeitsgrad droht, wird hingegen nicht konkretisiert. Das Landgericht bezeichnet die Straftaten, mit deren Begehung durch den Beschwerdeführer gerechnet werden muss, nicht und legt nicht dar, worauf sich seine diesbezügliche Einschätzung gründet. Eine inzidente Bezugnahme auf die Anlasstaten kann dem Beschluss nicht entnommen werden und wäre auch nicht ausreichend. Bei den Anlasstaten handelte es sich um schwerste Taten, die der Beschwerdeführer als 18-jähriger unter erheblichem Alkoholeinfluss begangen hat. Es hätte insofern einer eigenständigen Begründung bedurft, warum rund 33 Jahre nach dieser Tat vom Beschwerdeführer weiterhin die Gefahr gleichartiger Taten droht. Auch der Grad der Wahrscheinlichkeit derartiger Taten wird nicht bestimmt. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, da die bloße Möglichkeit zukünftiger rechtswidriger Taten grundsätzlich eine weitere Maßregelvollstreckung nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfGE 70, 297 <313>).

44

Auch aus der Wiedergabe der Stellungnahme der Klinik des Maßregelvollzugs vom 15. Mai 2013, die von einem grenzüberschreitenden Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber einer Mitarbeiterin und den Problemen eines Settingwechsels berichtet, folgt nichts anderes. Sie ersetzt die konkrete Auseinandersetzung mit der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr künftiger Straftaten nicht. Soweit die nicht spezifizierte Gefahrenprognose schließlich mit dem Hinweis auf die Hospitalisierung des Beschwerdeführers begründet wird, vermag dies die Fortdauer der Unterbringung nicht zu rechtfertigen, da ansonsten der Maßregelvollzug seine eigenen Voraussetzungen schüfe.

45

b) Auch die zusätzlichen Ausführungen des Oberlandesgerichts in seinem Beschluss vom 26. September 2013 genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung einer hohen Wahrscheinlichkeit künftiger Gewaltdelikte bis hin zu Tötungsdelikten nicht.

46

aa) Das Oberlandesgericht stützt seine Gefahrenprognose maßgeblich auf Vorfälle, die Gegenstand der Stellungnahme der Maßregelvollzugsklinik vom 10. April 2012 waren. In dieser war das Vollzugsverhalten des Beschwerdeführers vor allem gegenüber einer Mitarbeiterin und einem Mitpatienten beanstandet worden. Ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer angenommen habe, dass die Mitarbeiterin über ihn gelacht habe, weshalb er ihr ein Verhältnis mit dem Mitpatienten angedichtet habe. Dieser Verdacht sei zur "fixen Idee" geworden. Nach einer Stabilisierung habe der Beschwerdeführer in Betreuungsgesprächen von Gewaltphantasien, bei denen er sich mit dem Mitpatienten prügele, berichtet und gesagt: "Da fließt Blut." Ferner habe er sich auffällig für andere Mitarbeiterinnen der Klinik interessiert. Daneben nimmt das Oberlandesgericht auf die aktuelle Stellungnahme der Maßregelvollzugsklinik vom 15. Mai 2013 Bezug, wonach sich der Zustand des Beschwerdeführers stabilisiert habe, sich bei einem Settingwechsel aber schnell wieder ändern könne. Da weder die Anlasstaten noch andere Konfliktsituationen hätten aufgearbeitet werden können und der Beschwerdeführer Gewaltphantasien anhänge, bestehe die sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer in Freiheit erneut Gewaltdelikte begehen werde.

47

bb) Dem kann nicht gefolgt werden. Der Annahme hoher Wahrscheinlichkeit künftiger Gewaltdelikte aufgrund der geschilderten Vorfälle während des Maßregelvollzugs steht bereits entgegen, dass diese nicht nur primär Gegenstand der vorletzten Stellungnahme der Vollzugseinrichtung waren, sondern auch über ein übermäßiges Interesse an Mitarbeiterinnen der Klinik, die Unterstellung sexueller Beziehungen und Gewaltphantasien, die lediglich Prügeleien beinhalten, nicht hinausgingen. Weder ist der Beschwerdeführer tätlich geworden noch hat er dies in irgendeiner Weise angekündigt. Für eine mögliche Umsetzung der Gewaltphantasien, die mit den Anlasstaten nicht vergleichbar sind, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Daher erschließt sich nicht, dass aus den dargestellten Vorfällen während des Maßregelvollzugs eine (sehr) hohe Wahrscheinlichkeit weiterer Gewaltdelikte sogar bis hin zu Tötungsdelikten folgt.

48

cc) Hinzu kommt, dass in dem angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts - abgesehen von der Bezugnahme auf den zugrunde liegenden Beschluss des Landgerichts - eine Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Sachverständigen Dr. C. vom 31. Januar 2011, soweit dieses zu dem Ergebnis gelangt war, dass eine akute Rückfallgefahr nicht bestehe und die Legalprognose "schlecht oder zumindest zweifelhaft" sei, unterbleibt. Angesichts der zumindest in ihrer Eindeutigkeit hiervon abweichenden Gefahrenprognose des Oberlandesgerichts hätte es einer Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Sachverständigen bedurft. Zwar ist ein Abweichen von einem eingeholten Sachverständigengutachten grundsätzlich möglich, da die Prognoseentscheidung nicht der Sachverständige, sondern das Gericht zu treffen hat (vgl. BVerfGE 70, 297 <310>; 109, 133 <164>). Will das Gericht von diesem jedoch abweichen, muss es seine Gründe offenlegen und plausibel darlegen, warum es zu einer anderen Einschätzung gelangt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Juli 2013 - 2 BvR 2957/12 -, juris, Rn. 35). Dies ist vorliegend nicht in hinreichendem Umfang geschehen. Allein die Bezugnahme auf die vorletzte Stellungnahme der Maßregelvollzugsklinik vom 10. April 2012, die noch dazu keine eigenständige Gefahrenprognose enthält, sondern sich mit dem Vollzugsverhalten des Beschwerdeführers befasst, ersetzt nicht die richterliche Auseinandersetzung mit den Feststellungen des vorliegenden Sachverständigengutachtens (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Juli 2013 - 2 BvR 2957/12 -, juris, Rn. 36).

49

c) Der Beschluss des Oberlandesgerichts weist demnach nicht die verfassungsrechtlich erforderliche Begründungstiefe auf. Vor dem Hintergrund einer bereits rund 33 Jahre andauernden Unterbringung des nicht nennenswert vorbestraften Beschwerdeführers im Straf- und Maßregelvollzug, der zudem zur Tatzeit erst 18 Jahre alt und erheblich alkoholisiert war, genügt die Darstellung einzelner, nicht mit der Anwendung von Gewalt verbundener Vorfälle während des Maßregelvollzugs sowie der Verweis auf die fehlende Aufarbeitung der Anlasstaten nicht, um die Annahme einer hohen Wahrscheinlichkeit weiterer Gewaltdelikte bis hin zu Tötungsdelikten in dem verfassungsrechtlich gebotenen Umfang zu begründen.

50

d) Ob darüber hinaus ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG vorliegt, weil der Beschluss den Anforderungen, die sich aus dem verfassungsrechtlichen Gebot zureichender richterlicher Sachaufklärung für die Anordnung der Fortdauer von Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus ergeben, nicht genügt, kann vor dem Hintergrund der festgestellten Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG dahinstehen. Angesichts der zumindest nicht eindeutigen Feststellungen des externen Sachverständigengutachtens vom 31. Januar 2011, das von einer negativen oder zumindest zweifelhaften Legalprognose ausgeht, eine akute Rückfallgefahr verneint, zugleich aber die Möglichkeit einer erneuten Dekompensation nicht ausschließt, und der fehlenden Angaben zu der Art der drohenden Straftaten im Fall erneuter Dekompensation sowohl im Sachverständigengutachten als auch in den Stellungnahmen der Maßregelvollzugseinrichtung erscheint es jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass durch das Gebot zureichender richterlicher Sachaufklärung vorliegend die Notwendigkeit ergänzender sachverständiger Begutachtung der aktuell vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr weiterer Straftaten begründet wird.

III.

51

Demgemäß ist festzustellen, dass der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. September 2013 den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzt. Einer Aufhebung des Beschlusses bedarf es hingegen nicht, da er durch die Fortdauerentscheidung des Landgerichts Bochum vom 21. August 2014 und die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. November 2014 mittlerweile prozessual überholt ist.

52

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Tenor

Die Beschlüsse des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 2. Juni 2015 - 1 Ws 122/15 - und des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 7. April 2015 - StVK 7/97 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.

Das Land Rheinland-Pfalz hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus.

I.

2

1. a) Das Landgericht Frankenthal - Jugendkammer - verurteilte den Beschwerdeführer mit Urteil vom 19. Dezember 1995 wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und ordnete dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB an, weil bei ihm zum Tatzeitpunkt aufgrund einer schweren anderen seelischen Abartigkeit eine im Sinne des § 21 StGB erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit und aufgrund der festgestellten Störung eine negative Gefährlichkeitsprognose vorlag.

3

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beschwerdeführer war am Abend des 22. Januar 1995 der zum Tatzeitpunkt sechzehnjährigen Geschädigten auf deren Heimweg gefolgt. An einem Kanal versetzte er ihr einen Faustschlag in den Magen und trat sie, nachdem sie zu Boden gegangen war, in den Bauch. Er riss ihre Latzhose auf und griff ihr von oben durch Hose und Slip an die Scheide, zog aber seine Hand zurück, als die Geschädigte, um ihn abzuschrecken, behauptete, die Regel zu haben. Wütend wegen ihres Flehens, sie gehen zu lassen, trat er ihr ein zweites Mal in den Leib, öffnete seine Hose, zwang ihren Mund über sein erigiertes Glied und drückte sie mehrere Minuten lang an Schulter und Nacken gegen sich. Als sie einen Hustenanfall vortäuschte, ließ er sie kurzfristig los. Als er der Geschädigten einen weiteren Faustschlag in den Magen versetzte, gelang es ihr, den Beschwerdeführer zur Seite zu stoßen und wegrennend so viel Vorsprung zu gewinnen, dass es diesem aussichtslos erschien, sie zu verfolgen.

4

b) Die Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wird seit dem 28. Februar 1996 vollstreckt.

5

2. Mit angegriffenem Beschluss vom 7. April 2015 ordnete das Landgericht Landau in der Pfalz die Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers an.

6

Zur Begründung nahm es Bezug auf die gutachtliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung vom 18. Februar 2015 und die Äußerungen der behandelnden Ärzte im Termin zur mündlichen Anhörung vom 7. April 2015. Die Fortführung der Maßregel sei derzeit unabdingbar, da noch nicht zu erwarten sei, dass der Beschwerdeführer, bei dem eine Persönlichkeitsstörung mit dissozialen, emotional instabilen, impulsiven sowie narzisstischen Anteilen bestehe, außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen werde.

7

Unter Berücksichtigung der strafrechtlichen Vorbelastungen, der Art und Intensität der Anlassstraftat und des hierbei zutage getretenen psychiatrischen Krankheitsbildes sei die Fortsetzung der Maßregel auch nicht unverhältnismäßig. Insoweit habe die Kammer in ihre Erwägungen einbezogen, dass eine lang andauernde, die zuerkannte Schuldstrafe deutlich übersteigende Unterbringung auch dann unverhältnismäßig sein könne, wenn trotz hoher Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls in die Anlasskriminalität die dadurch bedingte Gefährlichkeit für die Allgemeinheit die Fortführung der Freiheitsentziehung nicht mehr rechtfertigen könne. In einem solchen Fall sei die Strafvollstreckungskammer gehalten, den Aspekt der Verhältnismäßigkeit mit Rücksicht auf das Gewicht der bedrohten Rechtsgüter besonders zu beachten. Eine solche Verhältnismäßigkeitsprüfung führe hier zur Verneinung der Rechtswidrigkeit des weiteren Vollzugs der Unterbringung. Die behandelnden Ärzte der Maßregelvollzugseinrichtung sähen eine erhebliche Gefahr eines Rückfalls in Verhalten vergleichbar der Anlasstat, die geeignet wäre, über die konkrete und schwere Rechtsgutsverletzung hinaus die Öffentlichkeit in erheblichem Umfang zu beunruhigen.

8

3. Die gegen den landgerichtlichen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde verwarf das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 2. Juni 2015 als unbegründet.

9

Dabei verwies es auf die aus seiner Sicht zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts, die durch die Beschwerdebegründung des Beschwerdeführers nicht entkräftet worden seien, und schloss sich "unter Berücksichtigung des derzeitigen Vollzugs- und Behandlungsstandes" der Auffassung des Landgerichts an, dass der weitere Vollzug der Maßregel nicht unverhältnismäßig sei.

10

4. Die Fortdauer der Unterbringung wurde zwischenzeitlich erneut mit rechtskräftigem Beschluss des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 5. April 2016 angeordnet.

II.

11

Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer sieht sich durch die angegriffenen Beschlüsse in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 und mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzt.

12

Die weitere Unterbringung im Maßregelvollzug sei nicht verhältnismäßig. Der Beschwerdeführer befinde sich dort seit über 19 Jahren, was sich weder durch die Vorstrafen noch durch die ihm prognostizierte Gefährlichkeit rechtfertigen lasse. Der Sachverständige Prof. P. habe in seinem schriftlichen Gutachten vom 8. August 2009 festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht konkret in dem Sinne rückfallgefährdet sei, erneut dem Anlassdelikt vergleichbare gefährliche Straftaten zu begehen. Eine andere Einschätzung ergebe sich auch nicht durch die von der Maßregelvollzugseinrichtung in der Stellungnahme vom 18. Februar 2015 angeführten Vorfälle.

13

Zudem trügen die angegriffenen Beschlüsse dem zunehmenden Gewicht des Freiheitsanspruchs des Beschwerdeführers angesichts der Dauer seiner Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus von über 19 Jahren nur unzureichend Rechnung. Es werde auch nicht dargelegt, dass der Schutz der Allgemeinheit durch weniger belastende Maßnahmen nicht erreicht werden könne.

14

Die abschließenden Ausführungen des Landgerichts im angegriffenen Beschluss entsprächen im Übrigen wörtlich den diesbezüglichen Passagen in dessen vorangegangenem Beschluss vom 8. April 2014 und in demjenigen vom 9. April 2013. Das Landgericht habe insofern dreimal in Folge den gleichen Wortlaut für seine Ausführungen gewählt. Hierbei handele es sich um formelhafte Ausführungen, aus denen nicht entnommen werden könne, dass der jeweiligen Entscheidung eigene aktuelle Erwägungen des Gerichts zugrunde liegen. Vielmehr habe das Landgericht die Auffassung der Maßregelvollzugseinrichtung ungeprüft übernommen, ohne sich inhaltlich mit den zum Teil abweichenden Sachverständigengutachten auseinanderzusetzen.

III.

15

1. a) Das Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz hat von einer Stellungnahme abgesehen.

16

b) Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hält die Verfassungsbeschwerde für erfolgversprechend, da die angegriffenen Entscheidungen den verfassungsrechtlichen Begründungsanforderungen an die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht gerecht würden.

17

Es bestünden Bedenken, ob das Landgericht Art und Grad der Wahrscheinlichkeit der von dem Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr der Begehung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten ausreichend konkretisiert habe. Außerdem sei nicht zu erkennen, dass sich das Landgericht genügend mit den seiner Gefahrprognose zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen auseinandergesetzt habe, da es sich auf die Berücksichtigung des früheren Verhaltens des Beschwerdeführers und der von ihm bislang begangenen Taten beschränke, obgleich auch auf die seit Anordnung der Maßregel eingetretenen Umstände, die für die künftige Entwicklung bestimmend seien, abzuheben sei. Dadurch fehle es an einer ausreichenden Grundlage für die verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem zunehmenden Gewicht des Freiheitsanspruchs des Beschwerdeführers und den Sicherungsinteressen der Allgemeinheit.

18

Zudem hielten die Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlicher Prüfung nicht stand. Jedenfalls fehle es an einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob im Falle einer Aussetzung des Maßregelvollzugs zur Bewährung den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit durch Maßnahmen der kraft Gesetzes eintretenden Führungsaufsicht und die damit zu verbindenden weiteren Maßnahmen der Aufsicht und Hilfe hinreichend hätte Rechnung getragen werden können.

19

2. Dem Bundesverfassungsgericht haben die staatsanwaltschaftlichen Akten vorgelegen.

B.

20

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG sind erfüllt. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen - insbesondere die anzulegenden Maßstäbe bei der Anordnung der Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus - bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 70, 297 ff.). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

21

Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die weitere Vollstreckung der Maßregel zwischenzeitlich erneut mit Beschluss des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 5. April 2016 angeordnet wurde. Denn die angegriffenen Entscheidungen waren Grundlage eines tiefgreifenden Eingriffs in das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 128, 326 <389>). Der Beschwerdeführer hat daher ein fortbestehendes schutzwürdiges Interesse an einer nachträglichen verfassungsrechtlichen Überprüfung und gegebenenfalls einer hierauf bezogenen Feststellung der Verfassungswidrigkeit dieses Grundrechtseingriffs durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 9, 89 <92 ff.>; 32, 87 <92>; 53, 152 <157 f.>; 91, 125 <133>; 104, 220 <234 f.>).

II.

22

Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

23

1. a) Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistet jedermann die Freiheit der Person und nimmt einen hohen Rang unter den Grundrechten ein. Das kommt darin zum Ausdruck, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG die Freiheit der Person als "unverletzlich" bezeichnet, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ihre Beschränkung nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes zulässt und Art. 104 Abs. 2 bis 4 GG besondere Verfahrensgarantien für ihre Beschränkung statuiert (vgl. BVerfGE 35, 185 <190>; 109, 133 <157>; 128, 326 <372>).

24

Die Freiheit der Person darf nur aus besonders gewichtigen Gründen und unter strengen formellen Gewährleistungen eingeschränkt werden. Zu diesen Gründen gehören in erster Linie solche des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts. Eingriffe in die persönliche Freiheit auf diesem Gebiet dienen vor allem dem Schutz der Allgemeinheit (vgl. BVerfGE 22, 180 <219 f.>; 45, 187 <223>; 58, 208 <224f.>); dabei haben die gesetzlichen Eingriffstatbestände auch freiheitsgewährleistende Funktion, da sie die Grenzen zulässiger Einschränkung der Freiheit der Person bestimmen. Das gilt auch für die Regelung der Unterbringung eines schuldunfähigen oder erheblich vermindert schuldfähigen Straftäters, von dem infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB (vgl. BVerfGE 70, 297 <307>).

25

b) Die freiheitssichernde Funktion des Art. 2 Abs. 2 GG hat auch verfahrensrechtliche Bedeutung. Unverzichtbare Voraussetzung eines rechtsstaatlichen Verfahrens ist, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen (vgl. BVerfGE 58, 208 <222>) und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (vgl. BVerfGE 58, 208 <230>).

26

c) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beherrscht Anordnung und Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das hier bestehende Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des betroffenen Einzelnen und dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsgutverletzungen verlangt nach gerechtem und vertretbarem Ausgleich. Dieser lässt sich für die Entscheidung über die Aussetzung der Maßregelvollstreckung nur dadurch bewirken, dass die Sicherungsbelange und der Freiheitsanspruch des Untergebrachten als wechselseitiges Korrektiv gesehen und im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden (BVerfGE 70, 297 <311>). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist in die Prüfung der Aussetzungsreife der Maßregel nach § 67d Abs. 2 StGB einzubeziehen (integrative Betrachtung). Die darauf aufbauende Gesamtwürdigung hat die von dem Täter ausgehenden Gefahren zur Schwere des mit der Maßregel verbundenen Eingriffs ins Verhältnis zu setzen (vgl. BVerfGE 70, 297 <312 f.>).

27

d) Je länger die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB andauert, umso strenger sind die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzugs. Bei langdauernden Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) wirkt sich das zunehmende Gewicht des Freiheitsanspruchs bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch auf die an die Begründung einer Entscheidung zu stellenden Anforderungen aus. In diesen Fällen engt sich der Bewertungsrahmen des Strafvollstreckungsrichters ein; mit wachsender Intensität des Freiheitseingriffs wächst auch die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte. Dem lässt sich dadurch Rechnung tragen, dass der Richter seine Würdigung eingehender abfasst, sich also nicht etwa mit knappen, allgemeinen Wendungen begnügt, sondern seine Bewertung anhand der dargestellten einfachrechtlichen Kriterien substantiiert offenlegt. Erst dadurch wird es möglich, im Rahmen verfassungsgerichtlicher Kontrolle nachzuvollziehen, ob die von dem Täter ausgehende Gefahr seinen Freiheitsanspruch gleichsam aufzuwiegen vermag (vgl. BVerfGE 70, 297 <315 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 21. April 2015 - 2 BvR 2462/13 -, juris, Rn. 37).

28

Zu verlangen ist die Konkretisierung der Art und des Grades der Wahrscheinlichkeit zukünftiger rechtswidriger Taten, die von dem Untergebrachten drohen (vgl. BVerfGE 70, 297 <315 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 21. April 2015 - 2 BvR 2462/13 -, juris, Rn. 38). Dabei ist auf die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles einzugehen. Zu erwägen sind das frühere Verhalten des Untergebrachten und von ihm bislang begangene Taten. Abzuheben ist aber auch auf die seit Anordnung der Maßregel eingetretenen Umstände, die für die künftige Entwicklung bestimmend sind. Dazu gehören der Zustand des Untergebrachten und die künftig zu erwartenden Lebensumstände (vgl. BVerfGE 70, 297 <314 f.>; BVerfGK 16, 501 <506>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Februar 2014 - 2 BvR 1795/12, 2 BvR 12 BvR 1852/13 -, juris, Rn. 40; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 442/12 -, juris, Rn. 15).

29

Genügen die Gründe einer Entscheidung über die Fortdauer einer bereits außergewöhnlich lange währenden Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus diesen Maßstäben nicht, so führt dies dazu, dass die Freiheit der Person des Untergebrachten nicht rechtmäßig eingeschränkt werden kann; sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ist verletzt, weil es an einer verfassungsrechtlich tragfähigen Grundlage für die Unterbringung fehlt (vgl. BVerfGE 70, 297 <316 f.>).

30

2. Mit diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben sind die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 7. April 2015 und des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 2. Juni 2015 nicht zu vereinbaren. Sie genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung der Anordnung einer Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers nicht. Es fehlt bereits an der hinreichenden Konkretisierung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr zukünftiger rechtswidriger Taten (a). Daneben wird in den angegriffenen Beschlüssen nicht in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise dargelegt, dass die von dem Beschwerdeführer ausgehende Gefahr das angesichts der Dauer der Unterbringung zunehmende Gewicht seines Freiheitsanspruchs aufzuwiegen vermag (b). Schließlich fehlt auch eine Befassung mit der Frage, ob dem Sicherungsinteresse der Allgemeinheit nicht auch durch den Beschwerdeführer weniger belastende Maßnahmen hätte Rechnung getragen werden können (c).

31

a) aa) Das Landgericht stellt fest, dass "entsprechend der Empfehlung der Sachverständigen des Pfalzklinikums" die Fortdauer der Unterbringung anzuordnen sei, da "derzeit noch nicht zu erwarten ist, dass der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen wird (§ 67d Abs. 2 StGB)." Diese am Wortlaut des § 67d Abs. 2 Satz 1 StGB orientierte Formulierung genügt der verfassungsrechtlich gebotenen Festlegung der Art und des Grades der Wahrscheinlichkeit zukünftiger rechtswidriger Taten nicht. Eine solche kann auch den übrigen Darlegungen des Landgerichts nicht entnommen werden.

32

(1) Das Landgericht zitiert zwar die Feststellung des Sachverständigen Prof. D. aus seinem Gutachten vom 2. März 2013, wonach bei derzeitigem Behandlungsstand im Falle unvorbereiteter Entlassung des Beschwerdeführers Straftaten im Sinne der Anlassstraftat zu erwarten seien. Es macht sich diese Feststellung aber weder ausdrücklich zu eigen, noch lässt sich daraus der Grad der Wahrscheinlichkeit künftiger, dem Anlassdelikt vergleichbarer Straftaten entnehmen.

33

(2) Nichts anderes gilt, soweit das Landgericht auf die Stellungnahme des Pfalzklinikums vom 18. Februar 2015 Bezug nimmt. Zwar enthält diese die Einschätzung, dass bei einer Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Maßregelvollzug, insbesondere "beim selbstständigen Wohnen in einer eigenen Wohnung weitere Taten im Sinne der Anlassdelikte zu erwarten" seien. Der Grad der Wahrscheinlichkeit derartiger Delikte wird in der Stellungnahme jedoch nicht bestimmt. Bereits deshalb kann die bloße Bezugnahme auf diese Stellungnahme die eigenständige Bestimmung der Art und des Grades der Wahrscheinlichkeit der vom Beschwerdeführer drohenden Straftaten durch das Landgericht nicht ersetzen.

34

(3) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch die - als solche nicht kenntlich gemachte - ausführliche Wiedergabe der Darlegungen des Pfalzklinikums zum Vollzugsverhalten des Beschwerdeführers durch das Landgericht. Dieses lässt für sich genommen einen Rückschluss auf die von ihm ausgehenden Gefahren künftiger, dem Anlassdelikt vergleichbarer Straftaten nicht zu, zumal der Sachverständige Prof. P. in seinem Gutachten vom 8. August 2009 (S. 51 ff.) hierfür Erklärungsmuster ohne Straftatrelevanz angeboten hat.

35

(4) Vor allem aber lässt das Landgericht für die Beurteilung der Art und des Grades der Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten des Beschwerdeführers relevante Umstände völlig außer Betracht. So hat der Sachverständige Prof. P. in seinem Gutachten vom 8. August 2009 festgestellt, dass bei dem Beschwerdeführer ein nennenswertes Rückfallrisiko nicht bestehe (S. 51). Der Sachverständige Prof. D. attestiert dem Beschwerdeführer in seinem Gutachten vom 2. März 2013 nicht unerhebliche Therapiefortschritte und Nachreifungsprozesse mit der Folge, dass gewalttätige Übergriffe nicht mehr vorgekommen seien (S. 57 f.). Außerdem hat der Beschwerdeführer weitreichende Lockerungen beanstandungsfrei absolviert. Zu all dem verhält das Landgericht sich in seinem angegriffenen Beschluss nicht.

36

bb) Aufgrund der fehlenden Bestimmung des Grades der Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten fehlt es an einer ausreichenden Grundlage für die durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebotene Abwägung zwischen dem zunehmenden Gewicht des Freiheitsanspruchs des Beschwerdeführers und den Sicherungsinteressen der Allgemeinheit. Das Landgericht stellt insoweit nur fest, dass die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers im Maßregelvollzug trotz des deutlichen Überschreitens der zuerkannten Schuldstrafe unter Berücksichtigung der strafrechtlichen Vorbelastungen, der Art und Intensität der Anlassstraftat und des hierbei zutage getretenen psychiatrischen Krankheitsbildes derzeit nicht unverhältnismäßig sei. Die von den behandelnden Ärzten gesehene "erhebliche Gefahr eines Rückfalls in Verhalten vergleichbar der Anlasstat" führe zur Verneinung der Rechtswidrigkeit des weiteren Vollzugs der Unterbringung.

37

Dies genügt den verfassungsrechtlich vorgegebenen Begründungsanforderungen nicht: Abgesehen davon, dass eine Qualifizierung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr als "erheblich" der Stellungnahme des Pfalzklinikums vom 18. Februar 2015 nicht entnommen werden kann, setzt sich das Landgericht nicht in ausreichendem Umfang damit auseinander, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die Unterbringung des Beschwerdeführers bereits 19 Jahre andauerte und die festgesetzte Freiheitsstrafe um ein Vielfaches überstieg. Dem hätte das Gericht durch eine eingehende Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortdauer der Unterbringung unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles Rechnung tragen müssen. Der Rückgriff des Landgerichts auf knappe, überwiegend allgemein gehaltene und die Besonderheiten des vorliegenden Falles allenfalls in geringem Umfang berücksichtigende Wendungen reicht demgegenüber nicht aus, um ein Überwiegen des Sicherungsinteresses der Allgemeinheit gegenüber dem im Zeitablauf stärker gewordenen Freiheitsanspruch des Beschwerdeführers zu begründen.

38

cc) Schließlich fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob im Falle einer Aussetzung des Maßregelvollzugs zur Bewährung den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit durch sonstige Maßnahmen im Rahmen der kraft Gesetzes eintretenden Führungsaufsicht (§ 67d Abs. 2 Satz 3 StGB) und damit verbindbarer weiterer Möglichkeiten der Aufsicht und Hilfe (§§ 68a, 68b StGB) hinreichend hätte Rechnung getragen werden können. Dies wäre insbesondere im Hinblick darauf erforderlich gewesen, dass seitens der Maßregelvollzugseinrichtung dem vom Beschwerdeführer gewünschten Umzug in ein sozialtherapeutisches Wohnheim nicht nur keine grundsätzlichen Bedenken entgegenstanden, sondern die Erprobung des dortigen Wohnens ausdrücklich empfohlen worden war. Die bloße Feststellung des Landgerichts, die Fortführung des Maßregelvollzugs sei derzeit unabdingbar, genügt nicht. Vielmehr wäre es verfassungsrechtlich geboten gewesen, weniger belastende Maßnahmen zu erörtern und gegebenenfalls darzulegen, weshalb diese nicht in Betracht kommen.

39

b) Das Oberlandesgericht hat sich in dem angegriffenen Beschluss darauf beschränkt, die Gründe der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts in Bezug zu nehmen und hat dadurch den Eingriff in das Freiheitsgrundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG vertieft.

III.

40

Demgemäß ist festzustellen, dass die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 7. April 2015 und des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 2. Juni 2015 den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzen. Einer Aufhebung der Beschlüsse bedarf es hingegen nicht, da sie durch die erneute Anordnung der Fortdauer der Unterbringung durch Beschluss des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 5. April 2016 mittlerweile prozessual überholt sind.

41

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG, die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Die bisherigen Vorschriften über die Sicherungsverwahrung sind in der ab dem 1. Juni 2013 geltenden Fassung anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll (Anlasstat), nach dem 31. Mai 2013 begangen worden ist.

(2) In allen anderen Fällen sind, soweit Absatz 3 nichts anderes bestimmt, die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzuwenden. Die Anordnung oder Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, oder eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung, die nicht die Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus voraussetzt, oder die Fortdauer einer solchen nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung ist nur zulässig, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird. Auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, kann die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur vorbehalten werden, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und die in Satz 2 genannte Gefahr wahrscheinlich ist oder, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen Heranwachsenden handelt, feststeht. Liegen die Voraussetzungen für eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung in den in Satz 2 genannten Fällen nicht mehr vor, erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt; mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Die durch die Artikel 1, 2 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc und Nummer 4 sowie die Artikel 3 bis 6 des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425) geänderten Vorschriften sind auch auf die in Absatz 2 Satz 1 genannten Fälle anzuwenden, § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches jedoch nur dann, wenn nach dem 31. Mai 2013 keine ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c des Strafgesetzbuches angeboten worden ist. Die Frist des § 119a Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes für die erste Entscheidung von Amts wegen beginnt am 1. Juni 2013 zu laufen, wenn die Freiheitsstrafe zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen wird.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer auf ein Kind durch einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) einwirkt, um

1.
das Kind zu sexuellen Handlungen zu bringen, die es an oder vor dem Täter oder an oder vor einer dritten Person vornehmen oder von dem Täter oder einer dritten Person an sich vornehmen lassen soll, oder
2.
eine Tat nach § 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 oder nach § 184b Absatz 3 zu begehen.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Bei Taten nach Absatz 1 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Die bisherigen Vorschriften über die Sicherungsverwahrung sind in der ab dem 1. Juni 2013 geltenden Fassung anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll (Anlasstat), nach dem 31. Mai 2013 begangen worden ist.

(2) In allen anderen Fällen sind, soweit Absatz 3 nichts anderes bestimmt, die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzuwenden. Die Anordnung oder Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, oder eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung, die nicht die Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus voraussetzt, oder die Fortdauer einer solchen nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung ist nur zulässig, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird. Auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, kann die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur vorbehalten werden, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und die in Satz 2 genannte Gefahr wahrscheinlich ist oder, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen Heranwachsenden handelt, feststeht. Liegen die Voraussetzungen für eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung in den in Satz 2 genannten Fällen nicht mehr vor, erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt; mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Die durch die Artikel 1, 2 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc und Nummer 4 sowie die Artikel 3 bis 6 des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425) geänderten Vorschriften sind auch auf die in Absatz 2 Satz 1 genannten Fälle anzuwenden, § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches jedoch nur dann, wenn nach dem 31. Mai 2013 keine ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c des Strafgesetzbuches angeboten worden ist. Die Frist des § 119a Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes für die erste Entscheidung von Amts wegen beginnt am 1. Juni 2013 zu laufen, wenn die Freiheitsstrafe zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen wird.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.

(1) Die Vorschriften für die Revision in Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 des Vergütungsverzeichnisses gelten entsprechend in folgenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Verfassungsgericht (Verfassungsgerichtshof, Staatsgerichtshof) eines Landes:

1.
Verfahren über die Verwirkung von Grundrechten, den Verlust des Stimmrechts, den Ausschluss von Wahlen und Abstimmungen,
2.
Verfahren über die Verfassungswidrigkeit von Parteien,
3.
Verfahren über Anklagen gegen den Bundespräsidenten, gegen ein Regierungsmitglied eines Landes oder gegen einen Abgeordneten oder Richter und
4.
Verfahren über sonstige Gegenstände, die in einem dem Strafprozess ähnlichen Verfahren behandelt werden.

(2) In sonstigen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Verfassungsgericht eines Landes gelten die Vorschriften in Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Vergütungsverzeichnisses entsprechend. Der Gegenstandswert ist unter Berücksichtigung der in § 14 Absatz 1 genannten Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen; er beträgt mindestens 5 000 Euro.