Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 28. Juli 2015 - 4 Ws 206/15
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die weitere Vollstreckung der Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung wird angeordnet.
Der Verurteilte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen.
1 2
Oberlandesgericht Hamm
3Beschluss
4III-4 Ws 206/15 OLG Hamm
53 AR 1190/15 GStA Hamm
612 StVK 5/14 LG Paderborn
7111 Js 203/84 StA Düsseldorf
8Maßregelvollstreckungssache
9w e g e n |
sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.,(hier: Anordnung der Erledigung der Maßregel). |
Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 1. April 2015 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Paderborn vom 4. März 2015 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28. Juli 2015
11nach Anhörung des Verurteilten bzw. seiner Verteidigerin
12b e s c h l o s s e n :
13Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
14Die weitere Vollstreckung der Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung wird angeordnet.
15Der Verurteilte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen.
16G r ü n d e :
17I.
18Gegen den Untergebrachten ist durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. April 1985 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexueller Nötigung eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren verhängt und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB a. F. angeordnet worden.
19Nach den Feststellungen des Landgerichts lockte der – vielfach, überwiegend wegen Sexualstraftaten vorbestrafte – Verurteilte am 14. April 1984 ein achtjähriges Mädchen mit dem Versprechen, ihr 5 DM schenken zu wollen, auf eine nicht einsehbare Rasenfläche am S in E, wo er dem sich wehrenden Kind Strumpfhose und Schlüpfer herunterriss und sodann mit einer Hand heftig am Geschlechts-teil des Mädchens manipulierte, wobei er auch einen Finger in den Scheidenbereich einführte. Als das Kind anfing, laut zu schreien, würgte er es bis zum Eintritt der Bewusstlosigkeit. Neben dem bewusstlosen Kind sitzend wurde er dann von zwei Frauen entdeckt und flüchtete, wurde jedoch von anderen Passanten gestellt. Das Mädchen erlangte nach ca. fünf Minuten das Bewusstsein wieder. Die Blutalkoholkonzentration des Verurteilten zur Tatzeit betrug maximal 1,28 Promille.
20Nachdem der Verurteilte die verhängte Freiheitsstrafe bis zum 29. April 1990 voll verbüßt hatte, ordnete das Landgericht Arnsberg mit Beschluss vom 22. Mai 1990 den Vollzug der Sicherungsverwahrung an.
21Nach zwischenzeitlicher Aussetzung der Maßregel zur Bewährung und dem Widerruf wird die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung seit dem
221. Februar 1999 erneut vollstreckt. 10 Jahre der Maßregel waren am 4. Juli 2006 vollstreckt.
23Mit Beschluss vom 4. März 2015 hat das Landgericht Paderborn die Maßregel der Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung mit Ablauf des 30. September 2015 für erledigt erklärt und dem Verurteilten im Rahmen der auf fünf Jahre bestimmten Führungsaufsicht diverse Weisungen erteilt. Unter anderem habe sich der Verurteilte um Aufnahme im Kreisseniorenheim K zu bemühen und dort Wohnung zu nehmen; er dürfe sich aus dieser Einrichtung ohne Zustimmung von deren Leitung nicht über Nacht und nicht für mehrere Tage entfernen; ferner habe er jeden Kontakt zu Kindern zu meiden und sich von Orten fernzuhalten, an denen sich Kinder gewöhnlich aufhalten, insbesondere von dem nahe zum Seniorenheim gelegenen Reiterhof.
24Gegen diesen Beschluss wendet sich die Staatsanwaltschaft Düsseldorf mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 1. April 2015, die unter dem 20. Mai 2015 eingehend begründet worden ist. Die Maßregel sei nicht für erledigt zu erklären, die Voraussetzungen für deren Fortdauer seien nach wie vor gegeben. Wegen der Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf die Ausführungen der Staatsanwaltschaft vom 20. Mai 2015, die der Verteidigerin des Verurteilten mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zugeleitet worden sind, Bezug genommen.
25Die Verteidigerin hat darauf mit Schriftsatz vom 10. Juli 2015 erwidert. Der angefochtene Beschluss sei nicht zu beanstanden.
26Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm hat nach Vorlage der Vorgänge durch die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf die Akten dem Senat ohne eigenen Antrag zugeleitet.
27Zuletzt hat der mit einer schriftlichen Vollmacht versehene Lebensgefährte des Verurteilten in einem Schreiben vom 11. Juli 2015 die Auffassung geäußert, die Entlassung des Verurteilten zum 30. September 2015 sei gerechtfertigt.
28II.
29Das zulässige Rechtsmittel ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
30Die Voraussetzungen für die weitere Vollstreckung der Maßregel liegen vor.
31Sind 10 Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, § 67 d Abs. 3 S. 1 StGB.
32Die Strafvollstreckungskammer hat, dem Gutachten des Sachverständigen
33Dr. I vom 11. Januar 2015 folgend, die Gefahr der Begehung schwerer Straftaten als Folge sexueller Kontaktaufnahmen des Verurteilten durch Bedrohung oder manipulatives Handeln gegenüber Kindern zwar bejaht. Eine erkennbare Reduzierung der Gefährlichkeit des Verurteilten sei jedoch gewährleistet, solange er sich in einem sozial kontrollierten Umfeld aufhalte. Hierbei müsse es sich nicht um eine hoch gesicherte Einrichtung handeln, sondern es würde ein normales Altenheim ausreichen, das allerdings 24 Stunden am Tag mit Personal besetzt sein müsse. Die soziale Kontrolle in einem Altenheim würde, in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen, ausreichen, da es in einer solchen Einrichtung möglich wäre, zu beobachten, wenn der Verurteilte Besuch empfange, und es würde mit Sicherheit auffallen, wenn er Kinder auf sein Zimmer mitbrächte oder tagelang wegbliebe.
34Eine Mitarbeiterin der Justizvollzugsanstalt Hövelhof habe, so die Kammer, zudem mitgeteilt, das vorgesehene Kreisseniorenheim habe Erfahrung mit Sicherungsverwahrten, zwei ehemalige Verwahrte seien dort untergebracht. Die von dem Sachverständigen geforderte Kontrolldichte in Form einer 24-Stunden-Betreuung sei gegeben.
35Die Kammer verkenne im Übrigen nicht, dass in der Nähe des Heimes ein Reiterhof sei, wo sich erfahrungsgemäß auch – vor allem weibliche – Kinder und Jugendliche aufhielten. Aber auch hier könne durch das Verbot der Kontaktaufnahme das Risiko begrenzt werden.
36Der Senat vermag sich dieser Einschätzung der sachverständig beratenen Strafkammer nicht anzuschließen.
37Er sieht vielmehr nach wie vor die hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- und/oder Sexualstraftaten, die durch bloße Verbote und Weisungen nicht wirksam reduziert werden kann.
38Der Sachverständige Dr. I hat dem Verurteilten eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit dissozialen und schizoiden Zügen attestiert. Der Verurteilte sei getrieben von starken sexuellen Wünschen und Phantasien. Es bestehe eine intensive Beschäftigung mit sexuellen Inhalten aller Art, die auch sadistische Inhalte umfassen könnten, wie u.a. Schriftstücke beweisen würden, die bei dem Verurteilten vorgefunden worden seien. Darunter sei eine Art phantastische Geschichte enthalten gewesen, in der massive sadistische Handlungen mit Unterwerfungsritualen und Hinzufügen von Schmerzen unter Benutzung von Maschinen und Geräten an einem kleinen Mädchen beschrieben werden. Die gedankliche Fixierung auf sexuelle Betätigung sei bei dem Verurteilten nach wie vor ausgeprägt und man könne davon ausgehen, dass er sie in solchen Fällen auch auf der Handlungsebene umsetze. Übergriffe zur Umsetzung seiner sexuellen Vorstellungen in Form von Nötigung, Drohungen oder das Erkaufen von Zuneigung durch das Versprechen von Zuwendungen
39– wie im Übrigen bei der Anlasstat – lägen im Bereich des „hochgradig Möglichen“.
40Eine erkennbare Reduzierung der Gefährlichkeit des Verurteilten, so der Sachverständige, sei nur dann gewährleistet, wenn er sich in einem sozial kontrollierten Umfeld aufhalte. Im Prinzip reiche ein ganz normales Altenheim, das allerdings 24 Stunden mit Personal besetzt sein müsse, aus.
41Zur Überzeugung des Senats erfordert die durch intensive sexuelle (Gewalt-)Phantasien geprägte Persönlichkeit des Verurteilten, wenn überhaupt an eine Entlassung aus dem Maßregelvollzug gedacht werden kann, eine engmaschig strukturierte und professionell kontrollierte Einrichtung, um die nach wie vor hochgradige Gefahr schwerer sexueller Übergriffe wirksam reduzieren zu können. Die Erwartung der Strafvollstreckungskammer und des Sachverständigen, ein normales Altenheim könne die erforderliche Kontrolle gewährleisten, ist angesichts der Persönlichkeit bzw. Persönlichkeitsstörung des Verurteilten für den Senat nicht nachvollziehbar. Die bloße 24-stündige Anwesenheit von Personal, das vielfältige Aufgaben zu erfüllen hat und in der Pflege und Betreuung alter Menschen geschult ist, nicht aber in der Bewachung potentieller Straftäter, ist zusammen mit den ausgesprochenen Weisungen und Verboten nicht ansatzweise geeignet, den zwar schon älteren und gesundheitlich angegriffenen, aber ausreichend mobilen Verurteilten am Verlassen des Heimes und an strafbaren Aktivitäten außerhalb analog der Anlasstat zu hindern. Das Ansprechen von Kindern, etwa im Bereich des nahe gelegenen Reiterhofs, zur Umsetzung sexueller Phantasien erfordert keine nennenswerten Vorbereitungen, geschweige denn einen großen, für das Heimpersonal auffälligen Zeitaufwand. Dem Verurteilten steht es nach den von der Strafkammer ausgesprochenen Weisungen frei, sich ganztägig unbeobachtet außerhalb des Heims zu bewegen. Selbst wenn er weisungswidrig über Nacht oder für mehrere Tage ausbleiben sollte, ist nicht im mindesten gewährleistet, dass er rechtzeitig, vor der Begehung drohender Straftaten, aufgefunden wird.
42Nach alledem sieht der Senat angesichts der fortbestehenden Gefährlichkeit des Verurteilten und der derzeit ins Auge gefassten untauglichen Möglichkeiten, dieser Gefahr außerhalb der Sicherungsverwahrung wirksam begegnen zu können, die Voraussetzungen für eine Erledigungserklärung gemäß § 67 d Abs. 3 S. 1 StGB als nicht gegeben an.
43Der angefochtene Beschluss unterliegt daher der Aufhebung.
44Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung dauert daher fort.
45III.
46Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf den §§ 465, 473 StPO.
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(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.