Bundessozialgericht Beschluss, 31. Juli 2017 - B 1 KR 47/16 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:310717BB1KR4716B0
bei uns veröffentlicht am31.07.2017

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 27. April 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 47 179,81 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der im April 2006 verstorbene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versichert gewesene B. (im Folgenden: Versicherter) erkrankte an einem hochmalignen Knochentumor (Ewing-Sarkom). Er erhielt ua wegen eines im Dezember 2003 aufgetretenen Rezidivs zunächst konventionelle Chemotherapie, die jedoch eine Größenzunahme der Lungenmetastasen und ein Fortschreiten der Knochenmarkinfiltration nicht verhinderte. Die Lungenmetastasen wurden deshalb operativ entfernt. Der Kläger, Träger eines für die Behandlung Versicherter zugelassenen Krankenhauses, behandelte den Versicherten mit einer Hochdosis-Chemotherapie und anschließender autologer Stammzelltransplantation vollstationär vom 24.3. bis 20.4.2005 und berechnete hierfür 47 179,81 Euro (Fallpauschale - Diagnosis Related Group 2005 A15B sowie Zusatzentgelte - ZE - 21.07 und 34.08; Rechnung vom 18.5.2005). Der Versicherte erhielt im weiteren Verlauf in der Universitätsklinik D. eine Immuntherapie mit Tumorvakzinen und eine Erhaltungs-Chemotherapie. Die Beklagte bezahlte den geforderten Betrag, rechnete diesen aber - nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung - gegen andere Forderungen des Klägers auf, da die Behandlung nicht dem medizinischen Standard entspreche. Das SG hat die Beklagte zur Zahlung der Krankenhausvergütung nebst Zinsen verurteilt (Urteil vom 20.4.2012). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs seien bei einer grundrechtsorientierten Auslegung der Vorschriften des SGB V erfüllt. Für die Krebserkrankung des Versicherten im fortgeschrittenen Stadium habe im Behandlungszeitpunkt als allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nur noch eine Erhaltungs-Chemotherapie mit palliativem Ansatz zur Verfügung gestanden. Bei der Hochdosis-Chemotherapie habe es sich dagegen um einen kurativen Therapieansatz gehandelt, für den eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden habe (Urteil vom 27.4.2016).

2

Die Beklagte wendet sich mit ihrer dagegen eingelegten Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

3

II. Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Die Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung(§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und des Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

4

1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Die Beklagte richtet ihr Vorbringen hieran nicht aus.

5

Die Beklagte formuliert als Rechtsfragen:

        

"a) Erfordert die im Rahmen der grundrechtsorientierten Auslegung einer Regelung des SGB V zu treffende Feststellung einer nicht ganz fernliegenden Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf hinsichtlich der durchzuführenden abstrakten und konkret-individuellen Chancen-Risikoabwägung die Gesamtbewertung eines mehrteiligen Behandlungskonzeptes, wenn darin eine experimentelle Behandlungsmethode in der Weise zusammen mit der Behandlung eines anderen Leistungserbringers geplant und verbunden wird, dass die erste Behandlungsmethode der Vorbereitung der nachfolgenden Behandlung eines anderen Leistungserbringers zu dienen bestimmt ist und beide gemeinsam den Heilungserfolg herbeiführen sollen?"

        

"b) Erfordert die wirksame Einwilligung des Versicherten bzw. seiner Eltern in eine nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechenden Krankenhausbehandlung (individueller Heilversuch) die vorherige Aufklärung über das vollständige Behandlungskonzept, wenn hinsichtlich des angestrebten Heilungserfolges der betreffende Heilversuch nicht die "letzte Therapie" darstellt, sondern als Teil eines umfassenden Behandlungskonzepts der Vorbereitung eines weiteren experimentellen Behandlungsabschnitts durch ein anderes Krankenhaus dient?
Genügt das vorbehandelnde Krankenhaus in diesem Zusammenhang seinen Dokumentationspflichten, wenn sich in den schriftlichen Aufklärungs- bzw. Einwilligungsprotokollen Informationen zu Eigenart, Zweck und Risiken der (Vor-)Behandlung finden, jedoch keine Hinweise auf den experimentellen Charakter und den fehlenden Nutzennachweis des geplanten Behandlungskonzepts."

6

a) Die Beklagte zeigt schon den Klärungsbedarf der ersten Frage nicht hinreichend auf. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rspr keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Die Beklagte hätte sich deshalb in der Beschwerdebegründung näher damit auseinandersetzen müssen, wieso in Würdigung der ergangenen höchstrichterlichen Rspr noch Klärungsbedarf verblieben ist. Die Beschwerdebegründung genügt diesen Anforderungen nicht. Sie setzt sich nicht damit auseinander, dass die Rspr des erkennenden Senats hinsichtlich der Beachtung des Qualitätsgebots fordert, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können, ohne bei Prüfung der grundrechtsorientierten Leistungsauslegung einen abweichenden Standpunkt einzunehmen (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 10 ff mwN, insbesondere RdNr 20).

7

Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann zwar dennoch (erneut) klärungsbedürftig sein, wenn der Rspr in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN; BSG Beschluss vom 27.1.2012 - B 1 KR 47/11 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 5.2.2013 - B 1 KR 72/12 B - RdNr 7). Dies ist jedoch im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen (vgl zB BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 7; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 5). Daran fehlt es.

8

Die Beklagte zeigt auch die Entscheidungserheblichkeit der ersten Frage nicht auf. Eine Rechtsfrage ist vom Revisionsgericht klärungsfähig, wenn sie sich ihm auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz stellt. Ob eine Rechtsfrage klärungsfähig ist, hängt davon ab, ob das Revisionsgericht über die betreffende Frage konkret sachlich entscheiden kann (vgl BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 7 S 22 f; BSG Beschluss vom 24.6.1998 - B 9 VG 2/98 B - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 20.2.2017 - B 1 KR 91/16 B - Juris RdNr 9; ebenso zB Pietzner/Buchheister in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 132 RdNr 44), nicht davon, ob es sie für den Rechtsstreit abschließend ohne Zurückverweisung beantworten kann. Soweit Literatur weitergehend fordert, dass das LSG alle Tatsachen festgestellt haben muss, damit das Revisionsgericht abschließend - ohne Zurückverweisung - nicht nur über die zu klärende Rechtsfrage entscheiden kann, sondern auch über ihre Anwendung auf den konkreten Fall, überspannt dies die Anforderungen (so aber Berchtold/Lüdtke in HK-SGG, 5. Aufl 2017, § 160a RdNr 20 aE; Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, § 160a RdNr 66a bei Fn 284 mit diese Auffassung nicht tragenden Zitaten). Hat das Tatsachengericht Sachverhaltsaufklärung deswegen unterlassen, weil es die als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage anders als der Beschwerdeführer beantwortet und deswegen die Beweisaufnahme als nicht entscheidungserheblich ansieht, handelt es verfahrensrechtlich pflichtgemäß (vgl zur Begrenzung des aufzuklärenden Sachverhalts durch die Rechtsauffassung des Gerichts zB BSG SozR Nr 40 zu § 103 SGG; BSG SozR 3-2500 § 18 Nr 1 S 4, stRspr; vgl Hauck in Hennig, SGG, Stand Juni 2017, § 103 RdNr 26). Der hierdurch beschwerte Rechtsmittelführer kann dementsprechend ergänzende Beweiserhebung auch mit einem förmlichen Beweisantrag nicht erzwingen (vgl BVerwG Beschluss vom 17.3.2000 - 8 B 287/99 - BVerwGE 111, 61 = Juris RdNr 9). In Verfahren nach dem SGG kann dem Rechtsmittelführer nicht abverlangt werden, einen solchen Antrag dennoch zu stellen (so aber zu § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO BVerwG Beschluss vom 17.3.2000 - 8 B 287/99 - BVerwGE 111, 61 = Juris RdNr 9 mwN, auch zu weiteren Ansichten). Das SGG kennt nämlich - anders als die VwGO - keinen Vertretungszwang für das Verfahren vor den Obergerichten. Das Revisionsrecht enthält die Regelung der Zurückverweisung (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), um dem Revisionsgericht die Entscheidung in solchen Fällen zu ermöglichen und damit die Einheitlichkeit der Rspr in Deutschland zu sichern. Diese Regelung setzt voraus, dass das angegriffene Urteil auf einer Verletzung materiellen Rechts beruht, sich nicht aus anderen Gründen als rechtmäßig erweist und der zuständige Senat des Revisionsgerichts wegen fehlender Feststellungen des Tatsachengerichts nicht abschließend in der Sache entscheiden kann (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 13.12.2016 - B 1 KR 25/16 R - Juris RdNr 8 ff; BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 1/14 R - Juris RdNr 12 ff; BSGE 118, 91 = SozR 4-1720 § 198 Nr 7 RdNr 14 ff; BSG SozR 4-3200 § 81 Nr 6 RdNr 11 ff; s auch die vergleichbare Regelung des § 144 Abs 3 S 1 Nr 2 VwGO). Auch die zurückverweisende Entscheidung sichert die Einheitlichkeit der Rspr, soweit sie auf tragenden, bindenden Rechtssätzen beruht (vgl § 170 Abs 5 SGG). Denn diese tragenden Rechtssätze sind divergenzfähig.

9

Der Zugang zur Revision darf entgegen der oben zitierten Literaturansicht auch insoweit nicht durch Hürden erschwert oder vereitelt werden, die durch den Zweck der Revision nicht gerechtfertigt sind. Aufgrund der Rechtsschutzgarantie in Art 19 Abs 4 S 1 GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (stRspr, vgl zB BVerfG Beschluss vom 2.3.1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 123 f; BVerfG Beschluss vom 21.10.2015 - 2 BvR 912/15 - NJW 2016, 44 = Juris RdNr 22). Das müssen auch die Gerichte bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Sie dürfen ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und so für den Rechtsmittelführer leerlaufen lassen (BVerfG Beschluss vom 30.4.1997 - 2 BVR 817/90 ua - BVerfGE 96, 27, 39; BVerfG Beschluss vom 21.10.2015 aaO). Formerfordernisse dürfen deshalb nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährleistung des Rechtsschutzes abhängt (BVerfG Beschluss vom 2.3.1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 126 f). Das gilt auch für Darlegungsanforderungen. Sie dürfen nicht derart streng gehandhabt werden, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (BVerfG Beschluss vom 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - BVerfGE 125, 104, 137; BVerfG Beschluss vom 21.10.2015 aaO; vgl auch BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 4 RdNr 13).

10

Es genügt dagegen nicht, dass lediglich die bloße Möglichkeit besteht, dass die formulierte Rechtsfrage nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht aufgrund weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden kann (vgl BSG Beschluss vom 28.3.2013 - B 12 KR 72/12 B - Juris RdNr 14; BSG Beschluss vom 10.11.2008 - B 12 R 14/08 B - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 24.6.1998 - B 9 VG 2/98 B - Juris RdNr 6; BVerwG Buchholz 310 § 132 Abs 2 Ziff 1 VwGO Nr 12, mwN). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, über eine abstrakte Rechtsfrage zu entscheiden, deren Bedeutung für den konkreten Rechtsstreit (noch) nicht feststeht, zumal die Revisionszulassung hier zur Umgehung der Beschränkung der Verfahrensrevision in § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG führen würde.

11

Die Beklagte hätte dementsprechend darlegen müssen, dass das LSG festgestellt hat, dass die Hochdosis-Chemotherapie der Vorbereitung der nachfolgenden Behandlung durch die Universitätsklinik D. "zu dienen bestimmt" war "und beide gemeinsam den Heilungserfolg herbeiführen" sollten (vgl auch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 S 28; vgl zum Ganzen auch Zeihe/Hauck, SGG, Stand April 2017, § 160 Anm 12g). Daran fehlt es. Die Beklagte zitiert insoweit lediglich Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren, den das LSG im Konjunktiv wiedergegeben hat. Sie legt nicht dar, dass und inwieweit sich das Berufungsgericht dies selbst zu eigen gemacht hat (vgl BSG SozR 4-1500 § 163 Nr 1, Juris RdNr 20 f, insoweit in SozR nicht abgedruckt).

12

b) Die Beklagte legt auch die Klärungsfähigkeit der zweiten Frage nicht hinreichend dar. Auch diese Frage setzt in ihren beiden Komponenten voraus, dass die Hochdosis-Chemotherapie der Vorbereitung der nachfolgenden Behandlung durch die Universitätsklinik D. zu dienen bestimmt war und beide gemeinsam den Heilungserfolg herbeiführen sollten. Die Beklagte legt - wie zur ersten Frage erläutert - nicht dar, dass das LSG Entsprechendes festgestellt hat.

13

2. Wer sich - wie hier die Beklagte - auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 19.9.2007 - B 1 KR 52/07 B - Juris RdNr 6) und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht (vgl BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - Juris RdNr 9). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN). Wenn das LSG einen abweichenden entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz nicht ausdrücklich formuliert, sondern nur implizit zugrunde gelegt hat, genügt es, dass der Beschwerdeführer darlegt, dass das LSG von einer Entscheidung ua des BSG abgewichen ist, indem es einen der höchstrichterlichen Rspr widersprechenden abstrakten Rechtssatz nur sinngemäß und in scheinbar fallbezogene Ausführungen gekleidet entwickelt hat (vgl zB BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - Juris RdNr 10 mwN). In einem solchen Fall muss der Beschwerdeführer jedoch darlegen, dass sich aus den Ausführungen des Berufungsurteils unzweifelhaft der sinngemäß zugrunde gelegte abstrakte Rechtssatz schlüssig ableiten lässt, den das LSG als solchen auch tatsächlich vertreten wollte (vgl sinngemäß BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 45; BSG Beschluss vom 19.12.2011 - B 12 KR 42/11 B - Juris RdNr 8 f; BSG Beschluss vom 4.8.2016 - B 1 KR 29/16 B - Juris RdNr 17). Daran fehlt es.

14

Die Beklagte meint, das LSG habe sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt,

        

"dass bei Behandlungsmethoden, die im Rahmen eines umfassenden, stationären Therapiekonzepts von mehreren Leistungserbringern geplant kombiniert und erbracht werden, die Bewertung des Nutzens und der Risiken nicht auf eine Gesamtbewertung des Therapiekonzepts, sondern allein auf die isolierte Betrachtung desjenigen Behandlungsabschnitts zu stützen ist, den der betreffende Leistungserbringer selbst erbracht hat und der für sich genommen in die Fallpauschale (DRG) führt, auf die der streitige Vergütungsanspruch fußt."

15

Die Beklagte legt aber nicht dar, dass sich dies aus den Ausführungen des Berufungsurteils unzweifelhaft schlüssig ableiten lässt. Sie führt - wie oben dargelegt - schon nicht aus, dass das LSG festgestellt hat, dass Behandlungsmethoden betroffen sind, die im Rahmen eines umfassenden, stationären Therapiekonzepts von mehreren Leistungserbringern geplant kombiniert und erbracht werden sollten.

16

3. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Daran fehlt es.

17

Die Beklagte rügt ausdrücklich einen Verstoß gegen § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 404, 406 und § 42 Abs 1 und 2 ZPO. Es hätten Umstände vorgelegen, die die erhebliche Besorgnis der Befangenheit des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. J. begründeten. Die Beklagte legt aber nicht dar, wieso sie ihr Rügerecht nicht verloren hat, obwohl sie bisher keinen Befangenheitsantrag gestellt hat (vgl § 202 S 1 SGG; §§ 556, 406 Abs 2, 295 ZPO und hierzu zB BVerwGE 75, 214 = Juris RdNr 145). Soweit die Beklagte mit ihrem Vortrag, das LSG habe erkennen müssen, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen nicht gewährleistet gewesen sei, sinngemäß eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG geltend machen will, trägt sie bereits nicht vor, dass sie einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat.

18

4. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

19

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.

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Bundessozialgericht Beschluss, 15. Aug. 2018 - B 13 R 66/18 B

bei uns veröffentlicht am 15.08.2018

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27. September 2017 wird als unzulässig verworfen.

Bundessozialgericht Beschluss, 21. Feb. 2018 - B 13 R 28/17 R, B 13 R 285/17 B

bei uns veröffentlicht am 21.02.2018

Tenor Die Verfahren zu den Aktenzeichen B 13 R 28/17 R und B 13 R 285/17 B werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. April 2011 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Kläger ist mit seinem Begehren auf Erstattung der Zuzahlungen und Fahrkosten für die Jahre 1997 bis 2001 in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat unter Bezug auf die Ausführungen des SG ua ausgeführt, der Kläger könne keine Erstattung verlangen, weil die Beklagte wegen Ablaufs der Verjährungsfrist wirksam die Einrede der Verjährung erhoben habe. Selbst für das Jahr 2001 sei die Frist am 31.12.2005 abgelaufen. Eine Hemmung nach den Grundsätzen zur Verjährungshemmung (BGHZ 132, 240, 243 RdNr 18) sei durch das seit 1999 bis 2002 laufende gerichtliche Verfahren wegen der Befreiung von Zuzahlungen für 1994 (SG Koblenz - S 11 KR 39/99 -; LSG Rheinland-Pfalz - L 5 KR 43/01 -; BSG - B 1 KR 54/01 B -) nicht eingetreten (Urteil vom 7.4.2011).

2

II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung(§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

3

1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG)beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Der Kläger richtet sein Vorbringen hieran nicht aus.

4

Die Beschwerdebegründung formuliert schon keine über den Einzelfall hinaus bedeutsame Rechtsfrage, soweit sie darauf abhebt, "ob die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche verjährt sind oder insbesondere durch das zuvor geführte Gerichtsverfahren eine verjährungshemmende Wirkung erfahren haben". Für die weitere von ihr formulierte Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen sich die verjährungshemmende Wirkung auch auf weitere über den eigentlichen Klagegegenstand hinausgehende Ansprüche erstreckt, zeigt sie einen Klärungsbedarf nicht auf. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt nämlich, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt ist" (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann dennoch klärungsbedürftig sein, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist (vgl zB BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - RdNr 7). Daran fehlt es. Der Kläger legt nicht dar, dass trotz der von ihm und den Vorinstanzen zitierten Rechtsprechung des BGH, wonach als weitere Voraussetzung der Verjährungsunterbrechung hinzukommen muss, dass der zur Begründung des jetzigen Anspruchs vorgetragene Lebenssachverhalt in seinem Kern bereits Gegenstand der früheren Klage gewesen ist (BGHZ 104, 268, 274 f; BGHZ 132, 240, 244), weiterer Klärungsbedarf besteht. Auch hätte sich die Beschwerdebegründung mit der Rechtsprechung des BSG beschäftigen müssen, die bei zeitabschnittweise beantragten Sozialleistungen ebenfalls besondere Anforderungen an die Unterbrechung bzw (nach der Schuldrechtsreform) Hemmung der Verjährung von Folgeansprüchen stellt (vgl BSGE 86, 182, 184 ff = SozR 3-1200 § 45 Nr 9 S 34 ff). Dies ist nicht geschehen.

5

Soweit der Kläger darüber hinaus die Auffassung der Vorinstanz als unzutreffend beanstandet, rügt er die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall. Diese ist nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67).

6

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab ( § 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG ).

7

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 27. Juli 2010 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die 1945 geborene, bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren, 12 557,62 Euro Kosten der am 23.10.2003 wegen Lebermetastasen durchgeführten laserinduzierten Thermotherapie (LITT) erstattet zu erhalten, bei der Beklagten und dem LSG ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat das der Klage stattgebende SG-Urteil aufgehoben und zur Begründung ua ausgeführt, die Klägerin habe keinen Naturalleistungsanspruch auf die ambulante Behandlung mit der neuen Methode LITT gehabt. Der Bundesausschuss habe nämlich die Methode zum Zeitpunkt der Behandlung nicht positiv empfohlen, wie von § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzt, und die Voraussetzungen eines Systemversagens seien nicht erfüllt gewesen(Hinweis auf BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Auch sei eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts (vgl BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) nicht in Betracht gekommen, da der Klägerin im Behandlungszeitpunkt eine Standardtherapie zur Verfügung gestanden habe, nämlich die auch für sie vorgesehene und dann von ihr nicht in Anspruch genommene Teilresektion der betroffenen Leberlappen (Urteil vom 27.7.2010).

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil und beruft sich auf Divergenz und grundsätzliche Bedeutung.

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs 2 Nr 2 und Nr 1 SGG.

4

1. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in dem herangezogenen höchstrichterlichen Urteil andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar seien sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN). An der Darlegung eines vom LSG bewusst abweichend von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Rechtssatzes fehlt es. Die Klägerin deutet im Kern lediglich an, dass das LSG vermeintlich das Recht in Form der vom LSG selbst herangezogenen Entscheidungen des BVerfG und des BSG nicht zutreffend angewendet habe.

5

2. Die Klägerin legt auch den Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht hinreichend dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwieweit diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 1 ff; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Die Klägerin richtet ihr Beschwerdevorbringen an diesen Anforderungen nicht aus.

6

           

Die Klägerin formuliert mit folgendem Vorbringen schon keine klare Rechtsfrage:

        

"ob die Behandlungsmethode LITT, bei der es sich um eine 'neue Behandlungsmethode' nach § 92 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 135 SGB V handelt und es sich dabei auch um eine allgemein anerkannte wissenschaftliche Behandlungsmethode für die Spezifik der Tumorerkrankung, wie sie bei der Beschwerdeführerin gegeben ist, handelt, die Kostentragungspflicht nur deshalb verneint wird, weil diese Methode als 'nicht anerkannte Methode' in die Anlage B der RL zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden … ausgewiesen wird und dies deshalb, weil die vom BMBF geforderte Vergleichsstudie zu LITT objektiv nicht erbringbar ist, auch nicht für die Zukunft."

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Zudem legt die Klägerin auch die Klärungsbedürftigkeit der allenfalls angedeuteten Rechtsfrage nicht hinreichend dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt nämlich, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt ist" (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann dennoch klärungsbedürftig sein, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist. Daran fehlt es. Die Klägerin legt nicht dar, dass trotz der auch vom LSG zitierten BSG-Rechtsprechung (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12)noch Klärungsbedarf verblieben ist, der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt, weil von einer Entscheidung der Rechtssache im Revisionsverfahren in einer die Interessen der Allgemeinheit berührenden Weise die Wahrung, Sicherung oder Herstellung von Rechtseinheit oder die Fortbildung des Rechts erwartet werden kann.

8

           

Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit die Klägerin die Frage formuliert,

        

"ob der Bundesausschuss vom 18. Oktober 2005, der die LITT als Nr 43 als 'nicht anerkannte Methode' in der Anlage B der RL zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-RL) ausweist, rückwirkend zum Nachteil der Beschwerdeführerin anzuwenden, zulässig ist oder nicht, nachdem der Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005 (Az: 1 BvR 347/98) in seinem Leitsatz auf das Recht abstellt, dass ein gesetzlich Krankenversicherter bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung einen Anspruch auf eine allgemein anerkannte medizinische Behandlungsmethode hat".

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Es bedarf keiner Vertiefung, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage klar formuliert hat. Jedenfalls legt sie nicht dar, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist. Insbesondere setzt sie sich nicht damit auseinander, dass das LSG in den Gründen seiner Entscheidung gerade nicht auf die am 13.1.2006 in Kraft getretenen Richtlinien abgehoben, sondern darauf verwiesen hat, dass weder die gesetzlichen Voraussetzungen des § 135 Abs 1 SGB V erfüllt sind noch ein Fall grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts gegeben ist, weil für die Klägerin eine allgemeinem Standard entsprechende Behandlungsmethode verfügbar gewesen sei.

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3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

11

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 5. November 2015 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 10 272,49 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Aufwendungen für Sozialleistungen.

2

Die Beigeladene ist bei beklagten Krankenkasse (KK) versichert. Sie stieg bei der Arbeit als angestellte Lehrerin im M.-Gymnasium am Morgen des 6.3.2006 eine Treppe herab, um das Klassenbuch zu holen, rutschte ab und verdrehte sich das rechte Bein. Der H-Arzt ging von einer Distorsion des rechten Kniegelenks aus. Der Durchgangsarzt veranlasste ihre stationäre Aufnahme. Sie erhielt eine Kreuzbandersatzplastik und eine Meniskusnachresektion. Die klagende Unfallkasse erkannte das Ereignis vom 6.3.2006 als Arbeitsunfall mit einer folgenlos ausgeheilten Distorsion des rechten Kniegelenks an. Der Riss des vorderen Kreuzbandes und die notwendige Teilresektion des Innenmeniskushinterhorns seien unter Berücksichtigung eines Freizeitunfalls 2005 nicht Folge dieses Unfalls. Unfallbedingt habe Behandlungsbedürftigkeit bis 9.3.2006 und Arbeitsunfähigkeit bis 10.3.2006 bestanden (Bescheid vom 2.11.2006; Widerspruchsbescheid vom 15.6.2007). Die Beklagte lehnte es ab, der Klägerin 10 272,49 Euro Kosten der chirurgischen Behandlung des Kreuzbandrisses, der Folgebehandlungen und des Verletztengeldes nebst Beitragstragung zu erstatten. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29.3.2012). Das LSG hat die Beklagte zur Zahlung eines Erstattungsbetrags in Höhe der "nach dem SGB V zu übernehmenden Leistungen" verurteilt. Die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin die verauslagten Kosten zu erstatten. Sie habe als unzuständige Leistungsträgerin Sozialleistungen anstelle der Beklagten erbracht. Das folge aus der Bindung an den Bescheid der Klägerin gegenüber der Beigeladenen (Urteil vom 5.11.2015).

3

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 105 SGB X, § 11 Abs 5 SGB V und § 27 SGB V. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der erbrachten Sozialleistungen, da der Kreuzbandriss und die erneute Innenmeniskusläsion Unfallfolgen seien. Die Leistungsablehnung gegenüber der Beigeladenen entfalte gegenüber der Beklagten keine Bindungswirkung.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landesssozialgerichts vom 5. November 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29. März 2012 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Sächsischen Landesssozialgerichts vom 5. November 2015 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene vorinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

7

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das LSG-Urteil ist aufzuheben, weil es auf einer Verletzung materiellen Rechts beruht und sich nicht aus anderen Gründen als rechtmäßig erweist. Der erkennende Senat ist für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig (dazu 1.). Er kann wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG zu den Voraussetzungen des streitigen Erstattungsanspruchs nicht abschließend in der Sache entscheiden (dazu 2.). Das LSG wird bei Bestehen des Erstattungsanspruchs auch über dessen Höhe zu entscheiden haben (dazu 3.).

9

1. Der erkennende 1. Senat des BSG ist geschäftsplanmäßig für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. In Streitigkeiten zwischen dem Bund, den Ländern, Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Behörden entscheidet nach dem Geschäftsverteilungsplan des BSG (GVPl) - vorbehaltlich der Regelungen unter Abschnitt I - derjenige Senat, der für das Rechtsgebiet zuständig ist, dem der erhobene Anspruch angehört. Bei Erstattungsstreitigkeiten ist der zugrunde liegende Leistungsanspruch maßgeblich; im Zweifel entscheidet derjenige Senat, der für die Streitigkeiten aus dem Aufgabengebiet des Beklagten zuständig ist (vgl RdNr 24 aller Fassungen der GVPl 2016, entsprechend RdNr 23 aller Fassungen der GVPl 2015). Das entspricht auch den Grundsätzen der Rechtsprechung des BSG: Ein Erstattungsanspruch ist demjenigen Rechtsgebiet zuzuordnen, aus dem sich die Leistungspflicht ergibt, auf die der Erstattungsanspruch letztlich gründet; denn dieses Rechtsgebiet gibt dem Erstattungsbegehren sein Gepräge (stRspr, vgl BSGE 18, 18, 21 = SozR Nr 2 zu § 31 SGG; BSGE 44, 133, 134 f = SozR 1500 § 31 Nr 1; BSGE 57, 15 = SozR 4100 § 105b Nr 1). Der GVPl trifft unter Abschnitt I für das streitige Erstattungsbegehren keine Regelung. Die Klägerin stützt ihren Erstattungsanspruch auf die Rechtsbehauptung, sie habe den Leistungsanspruch der Beigeladenen aus dem SGB V auf Krankenbehandlung und Krankengeld nebst Beitragstragung ab 10.3. und ab 11.3.2006 erfüllt. Dieser behauptete Leistungsanspruch liegt dem geltend gemachten Erstattungsanspruch zugrunde. Es bedarf auch keiner Anrufung des Großen Senats wegen Divergenz (vgl § 41 Abs 2 SGG). Soweit der 2. Senat des BSG über einen Erstattungsanspruch einer Berufsgenossenschaft gegen eine KK entschieden hat, hat er keinen von Vorstehendem abweichenden Rechtssatz aufgestellt (vgl BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 49).

10

2. Ob die Klägerin einen - zulässigerweise mit der echten Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG, vgl BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 23 RdNr 7)verfolgten - Anspruch auf Erstattung gegen die Beklagte aus der allein in Betracht kommenden Regelung des § 105 Abs 1 S 1 SGB X hat, kann der erkennende Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen des LSG nicht entscheiden. § 105 Abs 1 S 1 SGB X regelt, dass wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 102 Abs 1 SGB X vorliegen, der zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig ist, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Der Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass ein unzuständiger Leistungsträger in der Annahme seiner Leistungszuständigkeit Sozialleistungen an den Leistungsberechtigten nicht nur vorläufig erbracht hat (dazu BSGE 58, 263, 273 f = SozR 2200 § 1237 Nr 20 S 55 f). Für die Leistung zuständig ist der Sozialleistungsträger, der im Hinblick auf den erhobenen Sozialleistungsanspruch nach materiellem Recht richtigerweise anzugehen, dh sachlich befugt (passiv legitimiert) ist (vgl BSG SozR 1300 § 105 Nr 5 S 13; BSGE 65, 31, 33 = SozR 1300 § 111 Nr 6 S 19; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 43 S 176; BSGE 84, 61, 62 = SozR 3-1300 § 105 Nr 5 S 14; BSG SozR 4-4300 § 126 Nr 3 RdNr 11). Die Klägerin ist in diesem Sinne nicht schon aufgrund ihrer Entscheidung gegenüber der Beigeladenen unzuständiger Leistungsträger (dazu a). Das LSG hat - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, dass die Voraussetzungen einer Unzuständigkeit der Klägerin nach materiellem Recht erfüllt sind (dazu b).

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a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist sie nicht schon wegen ihrer Verwaltungsentscheidung gegenüber der Beigeladenen ab 10. und 11.3.2006 "unzuständiger Leistungsträger". Die Beklagte war an der Verwaltungsentscheidung der Klägerin nicht beteiligt (§ 12 SGB X). Die "Tatbestandswirkung" der Entscheidung der Klägerin gegenüber der Beigeladenen ist ohne Belang. Eine denkbare Tatbestandswirkung der Entscheidung ist allein auf den Verfügungssatz beschränkt, hier also das Bestehen der festgestellten Leistungsansprüche der Beigeladenen gegen die Klägerin bis zum 9. und 10.3.2006. Die Tatbestandswirkung (Drittbindungswirkung) von Verwaltungsakten besagt lediglich, dass Behörden und Gerichte die in einem bindenden Bescheid getroffene Regelung, solange sie Bestand hat, als verbindlich hinzunehmen und ohne Prüfung der Rechtmäßigkeit ihren Entscheidungen zugrunde zu legen haben (vgl BSG SozR 4-1300 § 48 Nr 11 RdNr 16; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 42 f; BSGE 119, 298 = SozR 4-2500 § 16 Nr 1, RdNr 22 mwN). Die Erstattungsansprüche nach den §§ 102 ff SGB X sind keine von der Rechtsposition des Berechtigten abgeleiteten, sondern eigenständige Ansprüche(stRspr, vgl zB BSGE 57, 146, 147 = SozR 1300 § 103 Nr 2 S 3; BSGE 58, 119, 125 f mwN = SozR 1300 § 104 Nr 7 S 24 mwN; BSG SozR 1300 § 104 Nr 6; BSGE 61, 66, 68 mwN = SozR 2200 § 182 Nr 104 S 222 mwN; BVerwGE 89, 39, 45 f; BVerwGE 91, 177, 185; BVerwGE 118, 52, 57 f). Eine Feststellungswirkung der Entscheidung besteht nicht. Sie müsste gesetzlich geregelt sein, sieht das Gesetz aber nicht vor. Nur die Feststellungswirkung schließt auch Sachverhaltsmerkmale und rechtliche Wertungen in die "Bindung" mit ein (vgl BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 29 S 136; BSGE 119, 298 = SozR 4-2500 § 16 Nr 1, RdNr 22 mwN).

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Das Gesetz steckt die Systemgrenzen der einzelnen Sozialleistungsbereiche des Sozialgesetzbuchs - vorbehaltlich abweichender Spezialregelungen - regelmäßig nach objektiv zu ermittelnden Kriterien ab und nicht schon danach, was zB ein anderer Leistungsträger insoweit für zutreffend oder vertretbar erachtet hat; dies gilt im Kern in gleicher Weise für die sich dann ergebenden Konsequenzen in Gestalt von Erstattungsansprüchen (vgl bereits BSG Urteil vom 16.11.1984 - 8 RK 33/84 - USK 84213; BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 30). Es gibt keine durchgreifenden Gründe, die es rechtfertigen, in Fällen der vorliegenden Art ausnahmsweise von der Maßgeblichkeit objektiver Kriterien abzuweichen. Die Beklagte hat nur eine objektiv rechtmäßige Leistungsentscheidung der Klägerin hinzunehmen.

13

Anders, als die Klägerin meint, greift die Rechtsprechung nicht ein, wonach der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger diejenigen Einwendungen, die ihm gegenüber dem Leistungsanspruch des Berechtigten zustehen, im Falle der Geltendmachung auch gegenüber dem Erstattung begehrenden Leistungsträger erheben kann (BSGE 58, 119, 126 = SozR 1300 § 104 Nr 7 S 24; BSGE 70, 99, 104 = SozR 3-1500 § 54 Nr 15 S 41; BSG SozR 1300 § 105 Nr 5 S 12; BFH Urteil vom 14.5.2002 - VIII R 88/01 - Juris RdNr 16 ff). Diese Rechtsprechung, die auch für den Einwand gilt, dass der Bescheid des auf Erstattung in Anspruch genommenen Leistungsträgers gegenüber dem Berechtigten in "Rechtskraft" erwachsen ist (vgl BSGE 58, 119, 126 = SozR 1300 § 104 Nr 7 S 24 f), stützt sich darauf, dass der nachrangige oder unzuständige Leistungsträger bei der Geltendmachung der Erstattung die Entscheidung des vorrangigen oder zuständigen Leistungsträgers zu beachten hat. Dem korrespondiert das Recht des in Anspruch genommenen Leistungsträgers, sich auf seine bindenden Verwaltungsakte zu berufen (vgl BSGE 101, 86 = SozR 4-2500 § 51 Nr 2, RdNr 14; BSG SozR 4-2600 § 116 Nr 1 RdNr 13; BSGE 84, 80, 83 f = SozR 3-1300 § 104 Nr 15 S 56 f; BSGE 82, 226, 228 = SozR 3-2600 § 99 Nr 2 S 4; BSGE 72, 163, 166 = SozR 3-2200 § 183 Nr 6 S 14 f; BSGE 57, 146, 149 f = SozR 1300 § 103 Nr 2 S 5). Hierbei handelt es sich um Erfordernisse der Funktionsfähigkeit des auf dem Prinzip der Aufgabenteilung beruhenden gegliederten Sozialleistungssystems (vgl BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 30; BSGE 84, 80, 83 f = SozR 3-1300 § 104 Nr 15 S 57; BSG SozR 3-1300 § 112 Nr 2 S 5; BSGE 57, 146, 149 f = SozR 1300 § 103 Nr 2 S 5). Eine entsprechende Bindungswirkung im Erstattungsstreit besteht hierbei grundsätzlich selbst dann, wenn der Verwaltungsakt fehlerhaft ist (vgl BSGE 72, 163, 166 = SozR 3-2200 § 183 Nr 6 S 15; BSGE 82, 226, 228 = SozR 3-2600 § 99 Nr 2 S 4). Der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger ist nur dann nicht befugt, auf der Bindungswirkung seiner Entscheidung zu beharren, wenn diese sich als offensichtlich fehlerhaft erweist und sich dies zum Nachteil des anderen Leistungsträgers auswirkt (vgl BSGE 101, 86 = SozR 4-2500 § 51 Nr 2, RdNr 14; BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 30; BSGE 72, 163, 168 = SozR 3-2200 § 183 Nr 6 S 17; BSGE 57, 146, 149 f = SozR 1300 § 103 Nr 2 S 6). Um aufwendige Ermittlungen im Erstattungsstreit und damit Doppelprüfungen zu vermeiden, ist bei der Beurteilung einer offensichtlichen Unrichtigkeit (nur) auf die verfügbaren Entscheidungsgrundlagen abzustellen (vgl BSGE 101, 86 = SozR 4-2500 § 51 Nr 2, RdNr 15; BSG SozR 4-2600 § 116 Nr 1 RdNr 14, 18; BSG SozR 3-1300 § 86 Nr 3 S 6).

14

Vorliegend geht es demgegenüber um die Erheblichkeit der Verwaltungsentscheidung des als Erstattungsgläubiger Auftretenden. Insoweit bedarf es keiner Vertiefung, inwieweit die generelle Kritik an der aufgezeigten Rechtsprechung berechtigt ist (vgl dazu Kater in Kasseler Komm, Stand Juni 2016, § 105 SGB X RdNr 49; Krasney, KrV 2014, 1 ff; Prange in juris-PK-SGB X, Online-Ausgabe, § 105 RdNr 64 ff, Stand 1.9.2016).

15

Der faktisch in Vorleistung getretene (vermeintlich unzuständige) Leistungsträger ist weniger schutzwürdig als der Leistungsträger, der von diesem auf Erstattung in Anspruch genommen wird. Dem Erstattungsbegehren des (vermeintlich unzuständigen) Leistungsträgers nach § 105 SGB X geht nämlich ein Verwaltungsverfahren voraus, in dem dieser seine Leistungszuständigkeit prüfte und (zunächst) bejahte. Er hatte hierbei den Sachverhalt von Amts wegen bis zur Entscheidungsreife aufzuklären (§ 20 SGB X). Bei unklarer Zuständigkeit konnte er eine (nur) vorläufige Leistungsbewilligung nach Maßgabe des § 43 SGB I vornehmen(dazu BSG SozR 4-1300 § 111 Nr 3 RdNr 5). Bejaht ein solcher Leistungsträger danach seine Zuständigkeit und bewilligt er dem Berechtigten Sozialleistungen, setzt er selbst die Ursache für den späteren Erstattungsstreit, falls dieser im Nachhinein zur Auffassung gelangt, doch nicht leistungszuständig zu sein. Der Umstand, dass der Erstattungsstreit aus der Sphäre des Erstattung begehrenden Trägers herrührt, ist ein wesentlicher Grund für die Auffassung, dass dem auf Erstattung in Anspruch genommenen Leistungsträger der Einwand erhalten bleiben muss, bestandskräftig über den Leistungsanspruch des Versicherten entschieden zu haben. Würde man auch dem Erstattung begehrenden Leistungsträger das Recht einräumen, sich im Erstattungsstreit gegenüber dem auf Erstattung in Anspruch genommenen Leistungsträger auf die Bindungswirkung seiner Bescheide zu berufen, würde dieser Gesichtspunkt ausgeblendet.

16

Auch erlangt in einem solchen Fall der grundsätzliche Einwand besonderes Gewicht, dass die Bindungswirkung die Rechtsschutzmöglichkeiten des anderen Leistungsträgers einschränkt (vgl Krasney, KrV 2014, 1, 4, 9). Dem bislang nicht mit dem Leistungsbegehren des Berechtigten konfrontierten (vermeintlich zuständigen) Leistungsträger würden hierdurch regelmäßig sämtliche Einwendungen genommen, die er dem Berechtigten hätte entgegenhalten können. Diese Folge träte ein, obwohl er keine Möglichkeit hatte, den Sachverhalt eigenständig aufzuklären. Das wäre besonders gravierend, wenn er sich nur auf eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit der Verwaltungsentscheidung des Erstattungsgläubigers berufen könnte und bei dieser Prüfung (nur) auf die vorhandenen Ermittlungsergebnisse abzustellen wäre. Der als Erstattungsgläubiger Auftretende hätte es in der Hand, den Ausgang des Erstattungsstreits durch den Umfang der eigenen Sachverhaltsermittlungen zu determinieren. Eine solch weitgehende einseitige Gestaltungsmöglichkeit ist missbrauchsanfällig. Sie gäbe Leistungsträgern die Gelegenheit, eine der gesetzlichen Aufgabenverteilung im gegliederten Leistungssystem entsprechende Lastenverteilung zu vereiteln. Dies widerspräche erkennbar der Pflicht der Leistungsträger, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch eng zusammenzuarbeiten (§ 86 SGB X), und der Zielsetzung der Erstattungsansprüche nach den §§ 102 ff SGB X. Auch die Funktionsfähigkeit des gegliederten Systems spricht dafür, der Verwaltungsentscheidung des als Erstattungsgläubiger Auftretenden gegenüber dem Leistungsberechtigten im Erstattungsstreit keine Bedeutung beizumessen.

17

Das Ergebnis steht in Einklang mit der früheren Rechtsprechung des BSG zum spezialgesetzlich geregelten Erstattungsanspruch des unzuständigen Krankenversicherungsträgers gegenüber dem zuständigen Unfallversicherungsträger nach § 1504 RVO. Hiernach entfalteten auch bestandskräftige Verwaltungsakte des Unfallversicherungsträgers gegenüber dem Versicherten für das Erstattungsbegehren der KK keine Bindung. Die KK war danach auch nicht Beteiligte iS des § 77 SGG. Der Bescheid des Unfallversicherungsträgers griff gegenüber dem Versicherten nicht unmittelbar in die Rechtsphäre der KK ein (zB BSGE 24, 155, 156 = SozR Nr 2 zu § 1504 RVO; BSG Urteil vom 26.5.1966 - 2 RU 91/62 - Juris RdNr 22). Das BSG übertrug diese Rechtsprechung auch auf Konstellationen, in denen ein Unfallversicherungsträger nach § 1509a RVO von der zuständigen KK Ersatz seiner Aufwendungen verlangte(BSG Urteil vom 27.1.1976 - 8 RU 64/75 - Juris RdNr 17; in SozR 2200 § 1509a Nr 1 nur in Auszügen wiedergegeben).

18

b) Es fehlen Feststellungen dazu, um zu entscheiden, ob die Klägerin für die ab 10. und 11.3.2006 erbrachten Sozialleistungen die unzuständige Trägerin nach materiellem Recht war. Auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind (vgl § 11 Abs 4 SGB V, hier anzuwenden idF durch Art 1 Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 20.12.1988, BGBl I 2477, gemäß Art 79 Abs 4 GRG am 1.1.1991 in Kraft getreten). Durch einen Arbeitsunfall geschädigte Versicherte haben gegenüber dem zuständigen Unfallversicherungsträger ua Anspruch auf stationäre Behandlung und Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln sowie auf Zahlung von Verletztengeld nebst Sozialversicherungsbeiträgen (§ 26 Abs 1 S 1 iVm § 27 Abs 1 Nr 4 und 6, § 30, § 31, § 34 sowie §§ 45 ff SGB VII; Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft in der GKV durch Verletztengeldbezug, § 192 Abs 1 Nr 3 SGB V, Beitragstragung nach § 251 Abs 1 SGB V idF durch Art 5 Nr 32 Buchst a Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046, mWv 1.7.2001; zur sozialen Pflegeversicherung vgl § 49 Abs 2 SGB XI idF durch Art 10 Nr 3 Gesetz zur Reform der Arbeitsförderung vom 24.3.1997, BGBl I 594, mWv 1.1.1998 iVm § 59 Abs 4 S 2 Nr 1 SGB XI idF durch Art 4 Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 15.12.1995, BGBl I 1824, mWv 1.1.1995; zur Arbeitsförderung vgl § 347 Nr 5 SGB III idF durch Art 1 Nr 3e Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621, mWv 1.4.2003 iVm § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III idF durch Art 1 Nr 1 Buchst a Viertes Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.11.2004, BGBl I 2902, mWv 1.1.2004; zur gesetzlichen Rentenversicherung vgl § 170 Abs 1 Nr 2 Buchst a SGB VI idF durch Art 5 Nr 5 Buchst a Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848, mWv 1.1.2004 iVm § 3 S 1 Nr 3 SGB VI idF durch Art 6 Nr 2 Buchst a Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, mWv 1.1.2005). Die Unfallversicherungsträger gewähren Heilbehandlung einschließlich ärztlich verordneter Heil- und Hilfsmittel, um den durch den Versicherungsfall iS des § 7 SGB VII verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern(§ 26 Abs 2 Nr 1, § 30, § 31, § 34 SGB VII). Dazu, dass die Behandlung ab 10.3.2006 und die Zahlung von Verletztengeld nebst Beitragstragung ab 11.3.2006 nicht wesentlich aufgrund der Unfallfolgen erfolgten, hat das LSG keine Feststellungen getroffen. Es wird diese nun nachzuholen haben.

19

3. In prozessrechtlicher Hinsichtlich gilt Folgendes: Sollte das LSG auf der Grundlage der nachzuholenden Sachverhaltsermittlungen zum Ergebnis gelangen, dass die Klägerin unzuständige Leistungsträgerin ist und die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs dem Grunde nach bejahen, wird es auch abschließend über die Höhe des Erstattungsanspruchs zu entscheiden haben. In Fällen echter Leistungsklagen (§ 54 Abs 5 SGG) - wie vorliegend - wird der Rechtsstreit durch den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 SGG) nämlich nicht in vollem Umfang beendet. In der Sache handelt es sich bei einem solchen Grundurteil lediglich um ein Zwischenurteil iS von § 130 Abs 2 SGG(idF des ab 2.1.2002 geltenden 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17.8.2001, BGBl I 2144; zuvor § 202 SGG iVm § 304 Abs 1 ZPO, vgl BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 13). Es ist lediglich ein vorweggenommener und unselbstständiger Teil des Endurteils. Anders als ein echtes Grundurteil (§ 130 Abs 1 S 1 SGG) beendet es den Rechtsstreit nicht in vollem Umfang und ergeht daher ohne Kostenentscheidung (vgl zB Behrend in Hennig, SGG, Stand September 2016, § 130 RdNr 105). Der Erlass eines echten Grundurteils als Vollendurteil scheidet demgegenüber bei reinen Leistungsklagen aus, mit denen - wie im vorliegenden Fall - unter Leistungsträgern über einen bezifferten Erstattungsanspruch gestritten wird; in derartigen Fällen ist vielmehr die Durchführung eines Nachverfahrens über die Höhe des Erstattungsanspruchs erforderlich (vgl zB BSGE 74, 36, 44 = SozR 3-1300 § 104 Nr 8 S 24; BSGE 61, 217, 221 ff = SozR 3100 § 19 Nr 18 S 57 f; BSGE 29, 69 f = SozR Nr 7 zu § 130 SGG). Hier ist der Rechtsstreit auf die Berufung gegen das ohne Einschränkung klageabweisende SG-Urteil hin prozessual insgesamt beim LSG angefallen. Er ist dort hinsichtlich der Entscheidung über die Höhe des Erstattungsbetrages anhängig geblieben und nach der aus anderen Gründen - wie oben dargelegt - gebotenen Aufklärung mit der Notwendigkeit einer (formellen) abschließenden Kostenentscheidung fortzuführen (vgl entsprechend BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 13).

20

4. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. November 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 31 938,05 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen.

2

Die Klägerin (eine GmbH) betreibt ua das St. J.-Krankenhaus in H. Die Beigeladenen zu 1. bis 30. waren Beschäftigte der Klägerin, für welche sie in den Jahren 2005 und 2006 als Arbeitgeberin Sozialversicherungsbeiträge abführte. Im Dezember 2006 kürzte die Klägerin die in diesem Monat abzuführenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge um insgesamt 31 938,05 Euro, da nach ihrer Auffassung in dieser Höhe für Zeiten vom 1.1.2005 bis 30.11.2006 gezahlte Beiträge nicht hätten entrichtet werden dürfen. Der Kürzung lag die Annahme zugrunde, die Beigeladenen zu 1. bis 30. hätten insoweit im genannten Zeitraum einkommensteuerfreie Einnahmen aus der nebenberuflichen Pflege in einer gemeinnützigen Einrichtung iS von § 3 Nr 26 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielt und damit auch kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt.

3

Nach einer Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2006 forderte der beklagte Rentenversicherungsträger (Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz) mit Bescheid vom 15.2.2008 (versehen mit einer umfangreiche Berechnungen enthaltenden Anlage) von der Klägerin ua Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 31 938,05 Euro nach. Die Beklagte begründete die Nachforderung damit, dass die rückwirkende Anwendung der Steuerfreibetragsregelung keine beitragsrechtlichen Folgen habe. Im Zeitpunkt ihrer Zahlung seien die Beiträge zu Recht entrichtet worden. Eine Erstattung/Rückrechnung sei nicht zulässig. Den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.8.2009).

4

Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, der gesetzliche Steuerfreibetrag sei in der Vergangenheit "fehlerhaft" nicht angesetzt worden. Dies habe zur Zahlung zu hoher Sozialversicherungsbeiträge geführt, da steuerfreie Aufwandsentschädigungen kein Arbeitsentgelt darstellten. Im Dezember 2006 habe sie deshalb eine "Verrechnung" für den rückwirkenden Zeitraum vorgenommen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 11.11.2011).

5

Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die angefochtenen Bescheide der Beklagten insoweit aufgehoben, als in Höhe von 31 938,05 Euro Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachgefordert wurden. Das LSG hat zur Begründung unter Hinweis auf Rechtsprechung des BSG (SozR 3-2400 § 14 Nr 24) ua ausgeführt, dass dann, wenn - wie hier - "aufgrund der irrtümlich unterbliebenen Anwendung der steuerrechtlichen Bestimmungen des § 3 Nr. 26 EStG ein Arbeitgeberversehen bei der Berechnung des Arbeitsentgelts" vorliege, dieses Versehen nachträglich auch mit Auswirkungen auf die Beitragspflicht berichtigt werden könne. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Anwendung der maßgeblichen steuerrechtlichen Bestimmung nicht auf einem durch den Gesetzgeber veranlassten steuerrechtlichen Rückanwendungsbefehl beruhe, sondern die unverändert gebliebene Bestimmung versehentlich durch den Arbeitgeber nicht angewandt worden sei (Urteil vom 13.11.2013).

6

Die Beklagte macht mit ihrer Revision eine Verletzung von § 14 Abs 1 S 3 und § 22 Abs 1 SGB IV geltend: In der rückwirkenden Geltendmachung der steuerfreien Aufwandsentschädigung liege eine unzulässige nachträgliche Änderung der tatsächlichen Umstände eines bereits rechtmäßig abgewickelten Versicherungsverhältnisses. Die steuerfreien Aufwandsentschädigungen seien in den Lohnunterlagen der Klägerin als Arbeitsentgelt ausgewiesen. Damit seien Beiträge zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu Recht entrichtet worden. Mit dem bereits in der Vergangenheit erfolgten Beitragsabzug sei das Versicherungsverhältnis "abgewickelt" worden. Es könne nachträglich nur noch unter besonderen Bedingungen geändert werden. Auch liege keine nur irrtümliche Zahlung aufgrund eines "Arbeitgeberversehens" vor. Mache ein Betroffener von einer steuerlichen Gestaltungsmöglichkeit keinen Gebrauch, so könne dies auf einer Vielzahl von Gründen beruhen; er könne sich etwa auch bewusst gegen eine solche Gestaltungsmöglichkeit entschieden haben. Hilfsweise rügt die Beklagte, das LSG habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, die Voraussetzungen des § 3 Nr 26 EStG zu prüfen. Die Revision sei deshalb jedenfalls im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet.

7

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. November 2013 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 11. November 2011 zurückzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Sie ist der Auffassung, es handele sich "um eine zulässige Beseitigung einer offenbaren Unrichtigkeit", die sie in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin vorgenommen habe.

10

Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich nicht.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der beklagten Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet.

12

Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob und ggf in welchem Umfang die Beklagte von der klagenden GmbH als Arbeitgeberin der Beigeladenen zu 1. bis 30. Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 31 938,05 Euro für Zeiten vom 1.1.2005 bis 31.12.2006 zu Recht oder zu Unrecht nachfordert. Deshalb ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

13

Das LSG hat verfahrensfehlerhaft weitere notwendige Beiladungen unterlassen (dazu im Folgenden 1.), die nachzuholen sind. Darüber hinaus kann der Senat anhand der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klägerin als Arbeitgeberin verpflichtet ist, die in den angefochtenen Bescheiden festgesetzten Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu zahlen (dazu 2.).

14

1. Zu entscheiden ist über Bescheide der Beklagten, mit denen diese von der Klägerin als Arbeitgeberin von 30 namentlich bekannten Beschäftigten im Anschluss an eine Betriebsprüfung Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nachfordert. Bei einer solchen Konstellation mit personenbezogenen Beitragsbescheiden sind nicht nur - wie im Berufungsverfahren erfolgt - die betroffenen Beschäftigten (dazu zB BSGE 89, 158, 159 = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 4), sondern auch sämtliche von der Beitragsforderung mitbegünstigten Fremdversicherungsträger der genannten Versicherungszweige notwendig beizuladen, dh auch die Bundesagentur für Arbeit und die jeweils für die Beschäftigten kontoführenden Rentenversicherungsträger (vgl zB BSG SozR 4-2400 § 14 Nr 16 RdNr 10 mwN; SozR 4-2400 § 23a Nr 6 RdNr 10 mwN; BSGE 89, 158, 159 = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 4 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 75 RdNr 10f mwN). Bei unterlassenen notwendigen Beiladungen handelt es sich um einen im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel (vgl zB BSG SozR 1500 § 75 Nr 10 S 11 und Nr 21 S 17; BSG Urteil vom 25.10.1990 - 12 RK 22/90 - Die Beiträge 1991, 98, 99 mwN).

15

Es bestand für den Senat keine Veranlassung, die unterbliebene notwendige Beiladung nach § 168 S 2 SGG selbst vorzunehmen, da aus anderen Gründen ohnehin an das LSG zurückverwiesen werden muss(vgl allgemein stRspr BSGE 103, 39 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1, RdNr 14 mwN). Das LSG wird daher die Beiladung nach § 75 Abs 2 SGG zur Gewährleistung eines verfahrensfehlerfreien Sozialgerichtsverfahrens nachholen müssen.

16

2. Aufgrund der Feststellungen des LSG lässt sich nicht beurteilen, ob und in welchem Umfang die Klägerin in der Zeit vom 1.1.2005 bis 30.11.2006 Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Beigeladenen zu 1. bis 30. schuldete.

17

Rechtsgrundlage der Bescheide der Beklagten ist § 28p Abs 1 S 1 und S 5 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (S 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 SGB X nicht(S 5).

18

Um über die Rechtmäßigkeit der Beitragsnachforderung entscheiden zu können, ist es deshalb auf der Grundlage von § 170 Abs 5 SGG erforderlich, dass das LSG vor einer erneuten Verhandlung und Entscheidung zunächst ermittelt, ob die Beschäftigten überhaupt der Versicherungspflicht unterlagen und ob nicht etwa wegen Geringfügigkeit von vornherein Versicherungsfreiheit bestand(dazu a). Erst jeweils nach Bejahung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. bis 30. wird das LSG dann im Einzelnen zu klären haben, ob die Voraussetzungen für eine Beitragspflicht und Beitragsberechnung in dem von der Beklagten angenommenen Umfang vorlagen oder nicht. Dabei muss das LSG näher prüfen, ob und in welchem Umfang die Beigeladenen zu 1. bis 30. nach § 14 Abs 1 S 3 SGB IV Arbeitsentgelt bezogen und ob und ggf in welchem Umfang es sich um steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr 26 EStG handelte, die nicht als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt gelten(dazu b). Erst wenn weiter feststeht, dass alle vorgenannten Voraussetzungen erfüllt waren, kann es hier entscheidungserheblich auf die - vom LSG allein in den Vordergrund gerückte - Frage ankommen, ob auch noch eine nachträgliche Geltendmachung der Voraussetzungen des § 3 Nr 26 EStG rückwirkend zur fehlenden Beitragspflicht führt(dazu c).

19

a) Es fehlen bereits Feststellungen des LSG dazu, ob die Beigeladenen zu 1. bis 30. der Versicherungspflicht wegen Beschäftigung unterlagen oder ob nicht etwa wegen Geringfügigkeit von vornherein Versicherungsfreiheit bestand.

20

Das LSG wird zunächst aufzuklären haben, in welchem Umfang es sich bei den Beschäftigungen der Beigeladenen zu 1. bis 30. um geringfügige Beschäftigungen iS von § 8 Abs 1 SGB IV handelte mit der Folge der Versicherungsfreiheit in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung(§ 27 Abs 2 S 1 SGB III; § 7 Abs 1 S 1 SGB V; § 20 Abs 1 S 1 SGB XI; § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI in der bis 31.12.2012 geltenden Fassung). Nach § 8 Abs 1 SGB IV in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung (des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621, neugefasst durch Bekanntmachung vom 23.1.2006, BGBl I 86) liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt (Nr 1), die Beschäftigung innerhalb eines Jahres seit ihrem Beginn auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt (Nr 2). Angesichts der Voraussetzung der nur "nebenberuflich" ausgeübten Pflegetätigkeit für die Annahme von steuerfreien Einnahmen (zu den Voraussetzungen des § 3 Nr 26 EStG im Einzelnen sogleich unter b) kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich unter den 30 Beigeladenen - über die in der Anlage des Bescheides vom 15.2.2008 als solche erkennbaren Beigeladenen hinaus - möglicherweise noch weitere geringfügig Beschäftigte befinden.

21

b) Das LSG wird darüber hinaus im Einzelnen noch zu ermitteln haben, ob die Voraussetzungen für eine Beitragspflicht und Beitragsberechnung in dem von der Beklagten angenommenen Umfang vorlagen oder nicht. Dabei wird zu prüfen sein, ob und in welchem Umfang die Beigeladenen zu 1. bis 30. in den einzelnen Sozialversicherungszweigen beitragspflichtiges Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 S 3 SGB IV bezogen oder ob und ggf in welchem Umfang es sich insoweit um steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr 26 EStG handelte, die nicht als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt gelten.

22

Bei versicherungspflichtig Beschäftigten ist das Arbeitsentgelt in allen Zweigen der Sozialversicherung zur Beitragsbemessung heranzuziehen (vgl § 226 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V; § 57 Abs 1 SGB XI iVm § 226 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V; § 162 Nr 1 SGB VI; § 342 SGB III, jeweils in den in den streitigen Zeiträumen geltenden Fassungen). Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs 1 S 1 SGB IV). In den Jahren 2005 und 2006 galten steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen nicht als Arbeitsentgelt(§ 14 Abs 1 S 3 SGB IV idF vom 26.6.2001 bzw neugefasst durch Bekanntmachung vom 23.1.2006, BGBl I 86). Steuerfrei waren danach Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs 1 Nr 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG) fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke(§§ 52 bis 54 Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 1848 Euro im Jahr.

23

Ob für die Beigeladenen zu 1. bis 30. sämtliche Voraussetzungen des § 14 Abs 1 S 3 SGB IV vorlagen, vermag der Senat auf der Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht zu beurteilen. Das LSG hat seiner Entscheidung ohne Weiteres die Annahme zugrunde gelegt, dass die Beigeladenen zu 1. bis 30. in der Zeit vom 1.1.2005 bis 30.11.2006 steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr 26 EStG erzielten, ohne jedoch die dafür nötigen Anforderungen an die Person der Klägerin und die weiteren Voraussetzungen betreffend die Beigeladenen zu 1. bis 30. geprüft und festgestellt zu haben.

24

Das LSG wird dies nachzuholen und deshalb zunächst aufzuklären haben, ob es sich bei der Klägerin (eine GmbH, also eine juristische Person des Privatrechts) in den Jahren 2005 bis 2006 um eine unter § 5 Abs 1 Nr 9 KStG fallende Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke im vorbeschriebenen Sinne handelte. Zudem muss es Feststellungen dazu treffen, ob und ggf in welchem Umfang die Beigeladenen zu 1. bis 30. nur "nebenberuflich" für die Klägerin tätig waren. Steuerfrei sind nach § 3 Nr 26 EStG nur Einnahmen aus "nebenberuflichen" Tätigkeiten, dh solchen Tätigkeiten, die vom zeitlichen Umfang her nicht mehr als ein Drittel derjenigen ausmacht, die ein denselben Beruf ausübender Vollerwerbstätiger zu erbringen hat(vgl - auch zur dabei einkommensteuerrechtlichen Irrelevanz des Umstandes, ob der Steuerpflichtige daneben tatsächlich noch einen Hauptberuf ausübt - BFHE 160, 486 Leitsatz 1 und Juris RdNr 13 ff). Dabei wird das LSG zum einen auch das Vorliegen von ggf einheitlichen Beschäftigungsverhältnissen mit einer nur vorgenommenen Aufteilung in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Entgeltteil zu prüfen haben (zum Vorliegen eines einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 39 sowie BSG SozR 4-2400 § 8 Nr 5 Leitsatz und RdNr 21 ff). Darüber hinaus muss das LSG Feststellungen dazu treffen, ob die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. bis 30. jeweils in der "Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen" bestand oder (einkommensteuerrechtlich nicht begünstigte) Dienste oder Hilfstätigkeiten anderer Art umfasste, zB Reinigungsarbeiten, Waschen, Kochen (vgl dazu zB Bayerisches Landesamt für Steuern vom 8.7.2011 - S 2121.1.1-1/27 St32 - ESt-Kartei BY § 3 Nr 26 EStG Karte 1.1). Schließlich wird das LSG zu ermitteln haben, ob der Höchstbetrag der steuerfreien Einnahmen von seinerzeit 1848 Euro pro Jahr hinsichtlich der Beigeladenen zu 1. bis 30. von diesen jeweils (noch) in vollem Umfang in Anspruch genommen werden konnte oder bereits anderweitig - ggf auch nur teilweise - ausgeschöpft war (zu den Einzelheiten der sog Übungsleiterpauschale nach § 3 Nr 26 EStG vgl auch R 3.26 Lohnsteuer-Richtlinien).

25

c) Erst wenn sich nach den weiter vorzunehmenden Ermittlungen des LSG ergibt, dass die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt waren, kann es auf die Frage ankommen, ob eine nachträgliche Geltendmachung der Voraussetzungen des § 3 Nr 26 EStG durch die Klägerin als Arbeitgeberin gegenüber den Einzugsstellen bzw gegenüber der Beklagten rückwirkend zu einer fehlenden Beitragspflicht führen kann.

26

Insoweit hat das LSG im Ausgangspunkt zutreffend die Rechtsprechung des Senats zur Kenntnis genommen, dass es für die Frage der Beitragspflicht grundsätzlich auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entgeltzahlung und Beitragsentrichtung ankommt. Die Korrektur von bereits erfolgten Beitragszahlungen kann grundsätzlich nicht verlangt werden, wenn dies auf einer nachträglichen Änderung der Rechtslage - wenn auch mit Rückwirkung - (vgl BSGE 75, 298, 301 = SozR 3-2400 § 26 Nr 6 S 27; BSG SozR 3-2400 § 26 Nr 8) oder darauf beruht, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse später mit Wirkung für die Vergangenheit ändern (vgl BSGE 78, 224, 229 = SozR 3-2500 § 226 Nr 2 S 7; BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 24 Leitsatz und S 63 f). Grund dafür ist, dass die Frage, ob Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit vorliegt oder wie hoch ein vor diesem Hintergrund zu prüfender Leistungsanspruch ist, nicht vom ungewissen Eintritt künftiger Ereignisse abhängen darf. Insoweit ist die Sozialversicherung sowohl zum Schutz des Beschäftigten als auch zum Schutz der Solidargemeinschaft bedingungsfeindlich (vgl BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 24 S 62).

27

Dass - wie vom LSG angenommen - im zu entscheidenden Fall eine atypische Konstellation vorlag, vergleichbar dem bereits entschiedenen Fall, wonach eine Rückausnahme von dem Grundsatz anzuerkennen ist, dass den Beschäftigten abweichend von getroffenen vertraglichen Abreden zugeflossenes (typischerweise überhöht gezahltes) Arbeitsentgelt die Bemessungsgrundlage für einen Beitragsanspruch bildet (vgl BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 24), lässt sich ohne weitere Feststellungen des LSG nicht bejahen.

28

Der Senat hat in diesem vom LSG für dessen Argumentation auf Seite 11 seines Urteils als entscheidend herangezogenen Urteil vom 7.2.2002 - B 12 KR 13/01 R - eine solche Ausnahme nur für den Fall für möglich erachtet, dass es sich "um eine lediglich irrtümliche Zahlung, zB aufgrund eines Bankirrtums oder eines Arbeitgeberversehens (zB Berechnungsfehler oder offenbare Unrichtigkeit)" handelte (BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 24 S 63; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 14 Nr 7). Dass hier eine dem vergleichbare Konstellation vorliegt, hat das LSG - ohne nähere Begründung - bejaht, weil "aufgrund der irrtümlich unterbliebenen Anwendung der steuerrechtlichen Bestimmungen des § 3 Nr 26 EStG ein Arbeitgeberversehen bei der Berechnung des Arbeitsentgelts" vorliege. Zu den tatsächlichen Grundlagen der darin liegenden Wertung "Arbeitgeberversehen = zB ausnahmsweise unbeachtlicher Berechnungsfehler oder offenbare Unrichtigkeit" fehlen indessen nachvollziehbare, eine Subsumtion unter die Grundsätze des Senatsurteils vom 7.2.2002 (aaO) erkennen lassende Ausführungen des LSG. Auch dazu muss das LSG mithin weitere Feststellungen zu den Hintergründen des vermeintlichen Fehlverhaltens treffen. Nach den oa dargestellten Grundsätzen muss danach ein Fehler des Arbeitgebers von solcher Art vorliegen, dass der Fehler im Sinne der oa Rechtsprechung einem Berechnungsfehler oder einer "offenbaren" Unrichtigkeit gleichkommt (vgl dazu auch § 138 S 1 SGG, § 38 S 1 SGB X). Die Feststellungen des LSG reichen insoweit nicht aus, um die Rechtssache unter diesem Blickwinkel abschließend entscheiden zu können und sind nachzuholen.

29

Sollte sich bei alledem im Einzelfall ergeben, dass die Beitragsnachforderung der Beklagten in Bezug auf einzelne Beschäftigte in Anwendung der gesetzlichen Regelungen zu Recht erfolgte, könnte schließlich auch noch zu prüfen sein, ob hinsichtlich ggf auch nur einzelner Betroffener möglicherweise ein Vertrauensschutz der Klägerin daraus resultiert, dass nach dem Inhalt der Verwaltungsakten anscheinend einzelne Einzugsstellen in der Vergangenheit bereits Beitragserstattungen vorgenommen hatten.

30

3. Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

31

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 24. Juli 2012 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

In dem der - als solche (und nicht als Revision) auszulegenden - Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, in welcher Höhe der Kläger, der selbstständiger Rechtsanwalt und Steuerberater ist, als nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung Pflichtversicherter Krankenversicherungsbeiträge zu entrichten hat.

2

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer LSG vom 24.7.2012 ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

3

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

4

Mit der Behauptung, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich unrichtig, lässt sich die Zulassung der Revision demgegenüber nicht erreichen.

5

1. Der Kläger macht in seiner Beschwerdebegründung vom 24.9.2012 zunächst Mängel des Berufungsverfahrens geltend (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

6

a) Der Kläger sieht einen Verfahrensmangel zunächst darin (Seite 1 bis 3 der Beschwerdebegründung), dass das Urteil des LSG "ausweislich des Urteilstatbestandes bzw. der Entscheidungsgründe (und auch des Tenors) keine spezifizierte Begründung enthält, wer die Kosten bezüglich der Bescheide über die Pflegeversicherung zu tragen hat". Seiner Auffassung nach habe das Berufungsgericht noch nicht über die Kosten des Rechtsstreits bezüglich der Pflegeversicherung entschieden; der Antrag auf Urteilsergänzung bzw Erlass einer gesonderten Kostenentscheidung habe deshalb nicht zurückgewiesen werden dürfen. Der Kläger meint, dass die Kostenentscheidung zudem "aus dem System der Anwaltsvergütung im Sozialrecht" inkonsequent sei und nur eine Kostenentscheidung zu zutreffenden Ergebnissen führe, die die Bescheide zur Pflegeversicherung "spezifiziert" herausnehme.

7

Einen dem Berufungsverfahren anhaftenden Mangel bezeichnet der Kläger damit nicht in der gebotenen Weise. Er legt - unbeschadet des für Kostenentscheidungen auch im Revisionsverfahren nach § 144 Abs 4 SGG geltenden Rechtsmittelausschlusses(BSG SozR 1500 § 160 Nr 54)- nicht substantiiert dar, woraus er entnimmt, dass das LSG bei der Kostenentscheidung Fragen offengelassen hat, etwa den Kostenpunkt ganz oder teilweise übergangen hat, hat es doch im Urteilstenor die Kosten "gequotelt" und in den Gründen hierzu ausgeführt, dass die rechtswidrige Festsetzung des Beitrags zur Pflegeversicherung (und die Erledigung des Rechtsstreits insoweit) bei der Kostenentscheidung nach § 193 SGG zu "berücksichtigen" gewesen sei. Der Sache nach begehrt der Kläger (außerdem) eine Richtigstellung der von ihm (inhaltlich) für unzutreffend gehaltenen Kostenentscheidung. Hierauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Verfahrensmangels aber nicht gestützt werden.

8

b) Der Kläger hält das Berufungsverfahren weiter deshalb für verfahrensfehlerhaft, weil das LSG "wegen Nichteinstufung … als sonstiges freiwilliges Mitglied" bzw "wegen Vollzugsdefizit bei der Beitragserhebung" eine mangelhafte bzw keine Sachaufklärung (§ 103 S 1 SGG) betrieben habe (Seite 3 f der Beschwerdebegründung). "Weitere Nachfragen" bzw "genaue Ermittlungen" hätten ergeben, dass er - der Kläger - in der Gesamtschau mit anderen Anwälten nicht vergleichbar sei, ferner, wie groß das Vollzugsdefizit bei "freiwilligen Mitgliedern"/Selbstständigen sei oder wie hoch die jeweiligen Zahlungsausfälle seien.

9

Auch insoweit legt der Kläger einen (oder mehrere) entscheidungserhebliche(n) Verfahrensfehler nicht dar. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann die Zulassung der Revision auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Berufungsgerichts nach § 103 S 1 SGG nur unter qualifizierten Voraussetzungen gestützt werden; dem genügt sein Vorbringen nicht. Im Übrigen erläutert der Kläger nicht in der erforderlichen Weise, warum das LSG im Hinblick auf die von ihm (auf Seite 9 seines Urteils) vertretene Auffassung bei Vermeidung des - solchermaßen angenommenen - Verfahrensmangels zu einem für ihn - den Kläger - günstigeren Ergebnis hätte gelangen können. Das Berufungsgericht hat nämlich "eventuelle Vollzugsdefizite im Steuerrecht" zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen gemacht und unter Hinweis auf die für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige geltenden Mindest(beitrags)bemessungsgrundlagen nicht beanstandet, wenn die Krankenkasse "aus der Versteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen auf vorhandenes Vermögen schließt". Aus den genannten Gründen legt der Kläger auch eine - ebenfalls geltend gemachte - Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) nicht substantiiert dar, ebenso nicht, dass das Berufungsurteil insoweit nicht mit Entscheidungsgründen versehen sei (§ 136 Abs 1 Nr 6 SGG).

10

c) Einen Mangel des Berufungsverfahrens sieht der Kläger schließlich darin, dass das LSG in den Entscheidungsgründen seines Urteils auf den Aspekt nicht eingegangen sei, dass die beklagte Krankenkasse ihm - dem Kläger - (in einer Einkommensanfrage vom 14.7.2008) mitgeteilt habe, würden geringere beitragspflichtige Einnahmen nachgewiesen, berechnete sich der Beitrag aus diesen niedrigeren Einnahmen (Seite 4 der Beschwerdebegründung).

11

Auch mit diesem Vortrag kann die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels nicht erreicht werden. Der Kläger lässt bereits offen, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt hier eine Verfahrensfehlerhaftigkeit anzunehmen sein soll (Verletzung des § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG? Verstoß gegen § 136 Abs 1 Nr 6 SGG?). Insoweit fehlt es schon an der Bezeichnung eines (konkreten) Verfahrensfehlers. Sollte in dem Vortrag des Klägers die Rüge enthalten sein, das Berufungsurteil sei (in diesem Bereich) entgegen § 136 Abs 1 Nr 6 SGG ungenügend begründet, fehlten überdies Ausführungen des Klägers dazu, dass es sich hierbei um einen für den Urteilsausspruch in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht rechtserheblichen Streitpunkt handelte, dessen Nichterwähnung im Urteil darauf schließen lässt, dass die Berufungsentscheidung aufgrund unvollständiger Prüfung der Sach- und Rechtslage ergangen ist.

12

2. Der Kläger macht in seiner Beschwerdebegründung des Weiteren die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) geltend.

13

a) Der Kläger bezieht sich zunächst auf das Urteil des BVerfG vom 9.3.2004 (BVerfGE 110, 94 = NJW 2004, 1022), mit dem die Besteuerung von privaten Spekulationsgeschäften bei Wertpapieren in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 für verfassungswidrig erklärt wurde; er meint, dass - wegen eines seitens der beklagten Krankenkasse nicht bestrittenen Vollzugsdefizits - auch im vorliegenden Fall vom Vorhandensein eines strukturellen Vollzugsdefizits im Bereich der Beitragserhebung bei "freiwilligen Mitgliedern"/Selbstständigen auszugehen sei und das BSG (und auch das BVerfG) eine "solche Rechtsfrage" für die Rechtslage ab 1.4.2007 noch nicht entschieden habe, "wo auch ein faktischer Versicherungszwang bestand" (Seite 5 f der Beschwerdebegründung).

14

Mit diesen Ausführungen genügt der Kläger den Anforderungen an die Begründung des Zulassungsgrundes nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht. Eine klare Rechtsfrage formuliert er nicht. Insoweit reicht es nicht aus, ein strukturelles Vollzugsdefizit bei der Beitragserhebung nur pauschal zu behaupten. Denn selbst wenn ein solches Vollzugsdefizit anzunehmen wäre, müsste in der Beschwerdebegründung dargelegt werden, dass dieses konkrete Auswirkungen auf die Beitragsforderung gegenüber dem Kläger hatte. Hieran fehlt es. Die Beschwerde legt nicht in der gebotenen Weise Umstände dar, dass solche Vollzugsdefizite gerade auch bei der für ihn zuständigen beklagten Krankenkasse vorlagen. Entsprechende Feststellungen zur Praxis der beklagten Krankenkasse bei der Erhebung von Beiträgen hat das LSG nicht getroffen. Ob solche Vollzugsdefizite bei der beklagten Krankenkasse vorlagen, könnte daher nicht im angestrebten Revisionsverfahren, sondern allenfalls nach einer Zurückverweisung der Sache geklärt werden. Die Revision kann jedoch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden, wenn das Berufungsgericht eine Tatsache nicht festgestellt hat, die für die Entscheidung einer mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochene Rechtsfrage (hier schon: welcher?) in dem angestrebten Revisionsverfahren erheblich sein würde, vielmehr lediglich die bloße Möglichkeit besteht, dass sie nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht aufgrund weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden kann (vgl BVerwG Buchholz 310 § 132 Abs 2 Ziff 1 VwGO Nr 12, mwN; BSG Beschluss vom 24.6.1998 - B 9 VG 2/98 B - Juris). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, über eine abstrakte Rechtsfrage zu entscheiden, deren Entscheidungserheblichkeit für den konkreten Rechtsstreit (noch) nicht feststeht, zumal die Revisionszulassung hier zur Umgehung der Beschränkung der Möglichkeit der Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels in § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG führen würde. Über die Grundsatzrüge würde nämlich die Rüge eines - angenommenen - Verfahrensmangels ermöglicht, der als solcher nicht zur Zulassung der Revision führen kann (vgl BSG Beschluss vom 7.8.1996 - 12 BK 18/96 - Juris).

15

b) Der Kläger rügt in seiner Beschwerdebegründung außerdem eine - aus seiner Sicht - verfassungswidrige Ungleichbehandlung der von ihm repräsentierten Personengruppe "geringfügig" Selbstständiger mit "normalen Arbeitnehmern" (Seite 6 bis 8 der Beschwerdebegründung). Er hält die höhere Beitragsbelastung freiwillig Versicherter für gleichheitswidrig, meint, dass "Disharmonien" aus dem Gesetz entfernt und auch bei Arbeitnehmern alle weiteren Einkünfte zur Beitragsbemessung herangezogen werden müssten, und begründet dies. Ferner stellt er sich auf den Standpunkt, dass der Beschluss des BVerfG vom 22.5.2001 (BVerfGE 103, 392 = SozR 3-2500 § 240 Nr 39) zur Mindest(beitrags)bemessungsgrundlage bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen und die (bisherige) Rechtsprechung des BSG (zB BSG Beschluss vom 3.3.2006 - B 12 KR 3/06 B - Juris) nicht mehr herangezogen werden könnten, weil diese sich (noch) auf Zeiten mit anderer Rechtslage bezögen (niedrigere Beitragssätze; keine "faktische Zwangsmitgliedschaft"; weniger große Differenz zwischen den Mindestbeiträgen).

16

Zwar trifft es zu, dass eine - hier ebenfalls nicht klar formulierte - Rechtsfrage (gerade auch des Verfassungsrechts), etwa durch Gesetzesänderung erneut klärungsbedürftig werden kann. Ähnliches gilt bei einer grundlegenden Veränderung der Lebensverhältnisse in einem bestimmten Bereich. Hierdurch wird möglicherweise eine (auch verfassungsrechtliche) Neuinterpretation des Gesetzes erforderlich. Solche Umstände und ihre rechtlichen Konsequenzen für die (verfassungsrechtliche) Bewertung müssen in der Beschwerdebegründung jedoch ausführlich erörtert und es muss - unter Bezugnahme auf einschlägige verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstäbe und hierzu bestehende verfassungsgerichtliche Rechtsprechung - dargelegt werden, dass die Rechtsfrage wieder höchstrichterlicher Klärung bedarf. An beidem fehlt es.

17

Der Kläger unternimmt es zwar, eine vermeintliche "Widersprüchlichkeit des Beitragssystems" im Hinblick auf die beiden genannten Personengruppen, Implikationen des Steuerrechts und Forderungen nach Steuergerechtigkeit zu begründen. Er unterlässt es indessen, sich mit dem Beschluss des BVerfG vom 22.5.2001 auch insoweit auseinanderzusetzen, als dieses gerade auch zur wirtschaftlichen Situation Selbstständiger mit geringem Arbeitseinkommen Stellung genommen hat (BVerfGE 103, 392, 402 f = SozR 3-2500 § 240 Nr 39 S 196 f). Das BVerfG hat insoweit nämlich ausgeführt, dass der Gesetzgeber die Beitragsbelastung dieser Personengruppe von Verfassungs wegen nicht - etwa mit dem Ziel der wirtschaftlichen Ermöglichung einer freiwilligen Mitgliedschaft hauptberuflich Selbstständiger mit geringem Arbeitseinkommen - durch eine Härteklausel habe abmildern müssen. Es hat dies (auch) damit begründet, dass der Gesetzgeber Personen, die zur Aufbringung von Mindestbeiträgen auf der Grundlage des § 240 Abs 4 S 2 Halbs 2 SGB V nicht in der Lage seien, auf das subsidiäre System staatlicher Fürsorgeleistungen habe verweisen dürfen.

18

c) Der Kläger hält einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG ferner deshalb für gegeben, weil das "Beitragssystem" wegen der Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze und des "Bestehens von Höchstbeiträgen" zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Selbstständigen führe. Das bewirkte Mehrbelastungen der Niedrigverdiener, während den Sozialkassen Beiträge der Großverdiener vorenthalten blieben. Hierüber habe das BSG (und auch das BVerfG) für die Rechtslage ab 1.4.2007 bei Bestehen eines "faktischen Versicherungszwangs" noch nicht entschieden (Seite 8 der Beschwerdebegründung).

19

Auch insoweit genügt die Beschwerdebegründung den Begründungsanforderungen nicht. Der Kläger legt auch hier nicht in der gebotenen Weise dar, warum sich nicht aus der bisherigen Rechtsprechung des BSG und des BVerfG, insbesondere dessen Beschluss vom 22.5.2001, ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von ihm aufgeworfenen (Rechts)Fragen ergeben sollen. Wie bereits erörtert (dazu unter b), hat sich das BVerfG in dem angesprochenen Beschluss unter verfassungsrechtlichen Aspekten ausführlich mit den Auswirkungen des Mindestbeitrags auf die wirtschaftliche Situation hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger mit geringem Arbeitseinkommen auseinandergesetzt und hierbei deren Verhältnis zu anderen Beitragszahlern berücksichtigt. Des Weiteren befasst sich der Kläger nicht mit der Bedeutung von Beitragsbemessungsgrenzen in verfassungsrechtlicher Sicht und hierzu bestehender höchstrichterlicher Rechtsprechung. Er legt vor allem nicht dar, warum die Begrenzung der Beitragspflicht von Einnahmen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung von der in diesem Bereich bestehenden Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers nicht (mehr) gedeckt sein sollte, dieser vielmehr - auch mit Blick auf die Rechtslage ab 1.4.2007 - äußerste Grenzen überschritten haben sollte.

20

d) Der Kläger macht in seiner Beschwerdebegründung des Weiteren geltend, die beklagte Krankenkasse habe mit einer Mitteilung (in einer Einkommensanfrage vom 14.7.2008) einen "Vertrauenstatbestand" geschaffen, "der zur … beantragten Beitragsfestsetzung zwingend führen muss"; er rügt ferner, von der beklagten Krankenkasse (nach ihrer Satzung) nicht als "sonstiges freiwilliges Mitglied" eingestuft worden zu sein (Seite 8 bis 11 der Beschwerdebegründung). Hierzu berechnet er seine beitragspflichtigen Einnahmen eigenständig, hebt hervor, dass das LSG in Abweichung von dem Urteil des BSG vom 22.5.2003 (BSGE 91, 83 = SozR 4-2500 § 10 Nr 2) Sparerfreibetrag und Werbungskosten unzutreffend nicht abgezogen habe, und meint, dass - entsprechend den Regeln im Steuerrecht, fußend auf Verfassungsrecht - sein Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit im Jahr 2008 mit dem Verlust aus dem Jahr 2007 habe verrechnet werden müssen, sodass nur die Einkünfte aus Kapitalvermögen verblieben. Seine beitragspflichtigen Einnahmen hätten jedenfalls im Jahr 2008 nicht 1/7 der Bezugsgröße West überstiegen. Der Kläger sieht "eine solche Rechtsfrage" für die Rechtslage ab 1.4.2007 bei Bestehen eines "faktischen Versicherungszwangs" als höchstrichterlich (erneut) zu klären an.

21

Der Sache nach macht der Kläger damit - wiederum ohne eine klare Rechtsfrage zu formulieren - (lediglich) geltend, das LSG habe in seinem (konkreten) Einzelfall Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes rechtswidrig nicht geprüft und die bei der Beklagten bestehenden (Satzungs)Regelungen über die Bemessung der Beiträge bei freiwillig Versicherten nicht zutreffend angewandt. Hierauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) aber nicht gestützt werden, weil die vom Kläger hierin gesehenen "materiell-rechtlichen Fehler" (Seite 9 der Beschwerdebegründung) erst in einem späteren Revisionsverfahren (also nach einer den gesetzlichen Anforderungen gemäß zu begründenden Zulassung der Revision) zur Überprüfung gestellt werden können. Ebenso wenig legt der Kläger mit diesem Vortrag den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) in der gebotenen Weise dar. Soweit er sich auf das Urteil des BSG vom 22.5.2003 (BSGE 91, 83 = SozR 4-2500 § 10 Nr 2) bezieht, macht er nämlich nicht die Unvereinbarkeit verallgemeinerungsfähiger Rechtssätze des LSG und des BSG geltend; er rügt damit nur, dass das Berufungsgericht höchstrichterliche Rechtsprechung - ohne hiervon iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG abzuweichen - unzutreffend auf seinen (individuellen) Fall angewandt habe.

22

Soweit der Kläger schließlich - sinngemäß - befürwortet, auch im Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung - entsprechend den Regeln im Steuerrecht, fußend auf Verfassungsrecht - einen "Verlustausgleich über die Jahre" oder einen "Verlustausgleich, der in die Folgejahre in die Gesamteinkünfte eingreift", einzuführen (Seite 10 der Beschwerdebegründung), belässt er es bei dieser Forderung, ohne eine Rechtsfrage zu formulieren und seine Auffassung mittels anerkannter Auslegungsmethoden aus den einschlägigen Normen des Beitragsrechts herzuleiten und/oder in Auswertung von Verfassungsrecht und hierzu bestehender verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung zu begründen. Die Klärungsbedürftigkeit hiermit zusammenhängender (Rechts)Fragen ist damit nicht substantiiert dargelegt.

23

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

24

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Die Beschwerden der Kläger und der Beigeladenen zu 7. gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. Februar 2011 werden als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. In dem der Beschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit wenden sich die Kläger gegen die Nachzahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für "Honorare", die den in ihrer Rechtsanwaltskanzlei beschäftigten Beigeladenen zu 7. und zu 8. aufgrund gesondert vereinbarter Nebentätigkeiten gezahlt worden sind. Nach erfolglosem Widerspruch gegen den aufgrund einer Betriebsprüfung der Beklagten ergangenen Beitragsbescheid hat das SG die Klage abgewiesen und das LSG die Berufungen der Kläger und der Beigeladenen zu 7. zurückgewiesen.

2

Mit zwei eigenständigen Beschwerden wenden sich die Kläger und die Beigeladene zu 7. gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.2.2011.

3

II. Die Beschwerden der Kläger und der Beigeladenen zu 7. gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG sind unzulässig, denn die Kläger und die Beigeladene zu 7. haben in den jeweiligen Begründungen keinen Zulassungsgrund in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt oder bezeichnet. Sie sind deshalb in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG zu verwerfen.

4

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung der inhaltlichen Unrichtigkeit der Berufungsentscheidung ist demgegenüber kein Zulassungsgrund.

5

1. Sowohl die Kläger als auch die Beigeladene zu 7. berufen sich auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt worden sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG eine höchstrichterliche Entscheidung nur unrichtig ausgelegt oder das Recht unrichtig angewandt hat, sondern erst, wenn das LSG Kriterien, die ein in der Norm genanntes Gericht aufgestellt hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat. Das LSG weicht damit nur dann iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG von einer Entscheidung ua des BSG ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen Aussage des BSG entgegensteht und dem Berufungsurteil tragend zugrunde liegt. Die Beschwerdebegründung muss deshalb aufzeigen, welcher abstrakte Rechtssatz in einem höchstrichterlichen Urteil enthalten ist, und welcher in der Entscheidung des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht, und darlegen, dass die Entscheidung hierauf beruhen kann.

6

a) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Kläger nicht, die eine Abweichung des Berufungsurteils von drei Entscheidungen des BSG (Urteile vom 3.2.1994 - 12 RK 18/93 - SozR 3-2400 § 14 Nr 8, vom 29.8.1963 - 3 RK 86/59 - BSGE 20, 6 = SozR Nr 41 zu § 165 RVO und vom 1.12.1977 - 12/3/12 RK 39/74 - BSGE 45, 199 = SozR 2200 § 1227 Nr 8) geltend machen. Hierzu leiten die Kläger unter Ziffer 2. der Begründung (Seite 10 bis 13) her, das LSG habe aufgrund der von ihm gegebenen Urteilsbegründung den Rechtssatz aufgestellt,

        

"dass es für die Annahme, eine Tätigkeit werde 'im Zusammenhang mit einem Beschäftigungsverhältnis' erbracht, und sei also sozialversicherungspflichtig, bereits ausreiche, wenn

        

- ein intensives Vorgespräch zwischen Auftragnehmerin (und Arbeitnehmerin) und Auftraggeber (und Arbeitgeber des Beschäftigungsverhältnisses) zur Vorbereitung der Tätigkeit stattfinden musste,

        

- obwohl die Tätigkeit unstreitig im Wesentlichen, d. h. bis auf wenige Ausnahmen, außerhalb der sonstigen Arbeitsräume, außerhalb der regulären Arbeitszeit,

        

- mit eigenen, selbstständig zu entwickelnden Kriterien durchgeführt,

        

- mit einem Honoraranspruch nur im Falle eines Erfolges,

        

- und trotz ausdrücklicher entgegenstehender vertraglicher Formulierungen angenommen werden kann."

7

Dem stellen die Kläger Zusammenfassungen und - zT sinngemäß zitierte - Passagen der og Urteile des BSG gegenüber (Seiten 13 bis 15 der Begründung), von denen das LSG abgewichen sein soll. Zusammenfassend führen sie hierzu aus (Seite 16 der Begründung):

        

"Aus dieser Gegenüberstellung der Voraussetzungen, die das LSG in der angefochtenen Entscheidung ausreichen lässt, und der Voraussetzungen, die das BSG bisher für notwendig erachtet hatte, um zu einem entweder abhängigen oder selbstständigen Beschäftigungsverhältnis/Auftragsverhältnis zu kommen, wird deutlich, dass das LSG mit der angefochtenen Entscheidung entweder von den drei genannten Entscheidungen und den dort niedergelegten Grundsätzen abweicht (§ 160 II Nr. 2 SGG), oder die Entscheidung diese Rechtsprechung weiterentwickeln will, indem neue Rechtssätze, wie sie oben dargestellt worden sind, aufgestellt werden (§ 160 II Nr. 1 SGG)."

8

Es kann dahinstehen, ob mit den zitierten bzw umrissenen Abschnitten der Beschwerdebegründung und den dort wiedergegebenen Passagen aus den og BSG-Urteilen jeweils hinreichend konkrete Rechtssätze des LSG und des BSG benannt werden. Denn den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungserfordernissen genügt die Beschwerdebegründung bereits deshalb nicht, weil sich das Berufungsgericht zur Herleitung der rechtlichen Maßstäbe für die Beurteilung der Frage, ob die den Beigeladenen zu 7. und zu 8. gezahlten "Honorare" als Einnahmen im Zusammenhang mit einer Beschäftigung und damit als Arbeitsentgelt zu qualifizieren sind, ausdrücklich auf zwei der von den Klägern zur Begründung einer Divergenz zitierten Urteile des BSG (Urteile vom 3.2.1994 - 12 RK 18/93 - SozR 3-2400 § 14 Nr 8 und vom 29.8.1963 - 3 RK 86/59 - BSGE 20, 6 = SozR Nr 41 zu § 165 RVO) sowie ein weiteres BSG-Urteil (SozR Nr 62 zu § 165 RVO) berufen und an keiner Stelle seines Urteils zu erkennen gegeben hat, von Rechtssätzen der BSG-Rechtsprechung abweichen oder abweichende eigene Rechtssätze aufstellen zu wollen. Vor diesem Hintergrund hätte es in der Beschwerdebegründung eingehender Ausführungen dazu bedurft, dass die Rechtsauffassung des LSG nicht nur auf einer - im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unbeachtlichen - vermeintlich falschen Anwendung der vom BSG aufgestellten Grundsätze beruht. Zwar kann das LSG von einer Entscheidung ua des BSG auch dann abweichen, wenn es einen der höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprechenden Rechtssatz nur sinngemäß und in scheinbar fallbezogene Ausführungen gekleidet entwickelt. In einem solchen Fall wäre jedoch darzulegen, dass sich der Rechtssatz nicht erst nachträglich logisch induktiv aus der Urteilsbegründung ableiten lässt, sondern dass sich aus den Ausführungen des Berufungsurteils unzweifelhaft die Deduktion des gefundenen Ergebnisses aus dem sich aus der Entscheidung selbst schlüssig ergebenden Rechtssatz, den das LSG als solchen auch tatsächlich vertreten wollte, erkennen lässt (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26). Dies darzulegen haben die Kläger versäumt. Vielmehr verdeutlicht die oben zitierte Passage der Beschwerdebegründung (dort Seite 16) trotz des Hinweises auf die - vermeintliche - Entwicklung oder Weiterentwicklung von Rechtssätzen durch das LSG, dass sich die Kritik der Kläger im Kern gegen die ungenügende Berücksichtigung der vom BSG zum Begriff des Arbeitsentgelts iS des § 14 SGB IV aufgestellten Abgrenzungskriterien durch das LSG im angegriffenen Urteil richtet. An Stelle eines Widerspruchs abstrakter Rechtssätze rügen die Kläger die Rechtsanwendung durch das LSG. Auf eine bloße fehlerhafte Rechtsanwendung kann aber das Revisionszulassungsbegehren wegen Divergenz nicht gestützt werden.

9

b) Auch die Divergenzrüge der Beigeladenen zu 7. wird nicht den oben dargelegten Anforderungen entsprechend begründet. Die Beigeladene zu 7. benennt bereits keinen tragenden Rechtssatz, den das LSG in Abweichung von tragenden Rechtssätzen des BSG oder eines anderen in § 160 Abs 2 Nr 2 SGG genannten Gerichts aufgestellt haben soll. Vielmehr begründet sie die behauptete Divergenz allein damit (Seite 11 der Beschwerdebegründung), das LSG ziehe für die Abgrenzung zwischen einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis und einer gemischten Tätigkeit die Möglichkeit heran, dass die aufgrund der Honorarverträge entfalteten Tätigkeiten auch solche sind, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei entsprechender Vertragsgestaltung hätten geschuldet werden können. Dieses Kriterium werde jedoch in keiner der "oben genannten" Entscheidungen des BSG herangezogen. Damit bleibt die Beschwerdebegründung auch insofern hinter den Darlegungsanforderungen im Rahmen der Divergenzrüge zurück, als nach der Rechtsprechung des BSG (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29) die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweichen soll, so zu bezeichnen ist, dass sie ohne große Schwierigkeiten auffindbar ist. Denn vorliegend bleibt offen, welche der zahlreichen auf den vorhergehenden Seiten der Beschwerdebegründung zitierten BSG-Urteile mit der gewählten Formulierung konkret in Bezug genommen werden sollten. Selbst wenn man aber zugunsten der Beigeladenen zu 7. aufgrund der Ausführungen auf Seite 8 f der Beschwerdebegründung davon ausgehen wollte, dass eine Abweichung des LSG von den auf Seite 7 f angesprochenen BSG-Urteilen (Urteile vom 3.2.1994 - 12 RK 18/93 - SozR 3-2400 § 14 Nr 8, vom 26.3.1998 - B 12 KR 17/97 R - SozR 3-2400 § 14 Nr 15, vom 29.8.1963 - 3 RK 86/59 - BSGE 20, 6 = SozR Nr 41 zu § 165 RVO und vom 16.10.1968 - 3 RK 58/65 - SozR Nr 62 zu § 165 RVO) gerügt werden soll, wird - entgegen den diesbezüglichen Erfordernissen - kein in den in Bezug genommenen Entscheidungen enthaltener konkreter Rechtssatz des BSG benannt. Gleichzeitig wird ebenso wie schon in der Beschwerdebegründung der Kläger auch von der Beigeladenen zu 7. nicht dargelegt, dass das LSG mit der behaupteten Anwendung eines bisher in der Rechtsprechung des BSG nicht enthaltenen Abgrenzungskriteriums im Widerspruch zu dieser Rechtsprechung einen eigenen Rechtssatz hat aufstellen wollen, obwohl es sich zur Herleitung der von ihm angewandten rechtlichen Maßstäbe ausdrücklich auf Rechtsprechung des BSG bezogen hat.

10

2. Die Kläger wie auch die Beigeladene zu 7. berufen sich ferner auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60, 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7; BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 12, 24). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen genügen die Beschwerdebegründungen nicht.

11

a) Die Kläger formulieren bereits keine Rechtsfrage. Allenfalls sinngemäß lässt sich aus den Ausführungen auf den Seiten 16 f der Beschwerdebegründung entnehmen, dass sie für klärungsbedürftig halten, ob die vom LSG gegenüber der einschlägigen Rechtsprechung des BSG vermeintlich geringere Zahl der "für die Annahme einer gemischten bzw. einer abhängigen Beschäftigung" herangezogenen Kriterien diese Annahme tragen oder nicht.

12

Der Senat kann offenlassen, ob die Kläger damit überhaupt eine Rechtsfrage hinreichend konkret umrissen haben, denn jedenfalls wird deren Klärungsbedürftigkeit nicht den diesbezüglichen Anforderungen entsprechend dargelegt. Diese werden nämlich bereits deshalb verfehlt, weil auch nach den Ausführungen der Kläger das BSG schon durch tragende Rechtssätze die Frage beantwortet hat, welche Kriterien für die Abgrenzung eines "einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses" von einer "gemischten Tätigkeit" maßgeblich sind, zB in dem sowohl von den Klägern als auch vom LSG zitierten Urteil vom 3.2.1994 (12 RK 18/93 - SozR 3-2400 § 14 Nr 8 mwN zur älteren diesbezüglichen Rspr; bestätigt in BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 15 S 28 f). Eine Rechtsfrage aber, die das BSG bereits entschieden hat, ist nicht mehr klärungsbedürftig und kann somit keine grundsätzliche Bedeutung haben, es sei denn, die Beantwortung der Frage ist aus besonderen Gründen klärungsbedürftig geblieben oder erneut klärungsbedürftig geworden; das muss - was vorliegend nicht geschieht - substanziiert vorgetragen werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 13, 65). Allein die vermeintliche Vernachlässigung einzelner nach der Rechtsprechung des BSG maßgeblicher Kriterien durch das LSG führt allenfalls zur inhaltlichen Unrichtigkeit der Berufungsentscheidung. Hierauf jedoch kann - wie bereits oben erörtert - die Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.

13

b) Auch die Beigeladene zu 7. beruft sich - sogar vorrangig - auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung. Für klärungsbedürftig hält sie die Frage nach den Abgrenzungskriterien zwischen "einheitlichem Beschäftigungsverhältnis" und "gemischter Tätigkeit". Hierzu formuliert sie die folgende Rechtsfrage:

        

"Ist die selbständige Tätigkeit mit der abhängigen Beschäftigung zu einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis erst dann verbunden, wenn sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt wird, in diese zeitlich, örtlich, organisatorisch und inhaltlich eingebunden ist, im Verhältnis zur Beschäftigung nebensächlich ist und daher insgesamt wie ein Teil der abhängigen Beschäftigung erscheint (vgl. BSG vom 3. 2. 1994 zum Az. 12 RK 18/93 in SozR 3-240, § 14 Nr. 8, Seite 17)? Oder ist es für die Annahme eines einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses bereits ausreichend, wenn die aus dem Beschäftigungsverhältnis gewonnenen Kenntnisse für die selbständige Tätigkeit eingesetzt werden (vgl. BSG vom 26. 3. 1998 zum Az. B 12 KR 17/97 R in SozR 3-240, § 14 Nr. 15, Seite 29)?"

14

Im Folgenden erläutert sie, zur Frage der Abgrenzung zwischen einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis und einer gemischten Tätigkeit existierten zwar einige höchstrichterliche Entscheidungen, allerdings ergebe sich aus diesen Entscheidungen, deren Inhalt sie kurz wiedergibt (Seite 7 f der Beschwerdebegründung), kein klares Bild. Vielmehr würden die genannten Entscheidungen des BSG unterschiedliche Kriterien aufstellen. Klärungsbedürftig sei daher, welche gelten sollten.

15

Auch mit dieser Beschwerdebegründung werden die aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen verfehlt. Dabei kann hier ebenfalls offenbleiben, ob die Beigeladene zu 7. vorliegend überhaupt eine konkrete Rechtsfrage formuliert hat, denn jedenfalls wird die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nicht diesen Anforderungen entsprechend dargelegt. Wie bereits oben ausgeführt, ist eine Rechtsfrage, die das BSG bereits entschieden hat, nicht mehr klärungsbedürftig und kann somit keine grundsätzliche Bedeutung haben, es sei denn, die Beantwortung der Frage ist aus besonderen Gründen klärungsbedürftig geblieben oder erneut klärungsbedürftig geworden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 13, 65). Dabei geht auch die Beigeladene zu 7. zunächst davon aus, dass das BSG die Rechtsfrage nach der Abgrenzung von einheitlichem Beschäftigungsverhältnis und gemischter Tätigkeit bereits in mehreren, nämlich ua den von ihr zitierten Urteilen, entschieden hat. Jedoch versucht sie durch die Gegenüberstellung einzelner, in den jeweiligen Urteilen besonders herausgestellter Umstände darzulegen, dass das BSG jeweils unterschiedliche Abgrenzungskriterien genutzt habe und wegen der hierdurch bestehenden Unsicherheit über die tatsächlich maßgeblichen Kriterien die Abgrenzungsfrage als solche klärungsbedürftig geblieben sei. Dies ist jedoch nicht ausreichend, um den Fortbestand bzw das Wiederentstehen der Klärungsbedürftigkeit trotz mehrfacher Entscheidung des BSG über eine Rechtsfrage darzulegen. Vielmehr hätte die Beigeladene zu 7. auch darlegen müssen, dass sich nicht nur die vom BSG im jeweiligen Fall für die Abgrenzung als entscheidend angesehenen konkreten Umstände unterscheiden, sondern auch die vom BSG hierbei jeweils herangezogenen abstrakten Rechtssätze, bzw dass diese abstrakten Rechtssätze für bestimmte Fallkonstellationen, zu denen auch der der Beschwerde zugrunde liegende Rechtsstreit zu rechnen ist, keine hinreichend sicheren Abgrenzungsgrundsätze zur Verfügung stellen. Gleichzeitig hätte sich die Beigeladene zu 7. allein aufgrund der zeitlichen Abfolge der von ihr zitierten Urteile zur Darlegung des Fort- oder Wiederbestehens der Klärungsbedürftigkeit auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, in welchem Verhältnis die Urteile zueinander stehen. Insofern wäre darauf einzugehen gewesen, ob - eine tatsächliche Abweichung abstrakter Rechtssätze unterstellt - aus Sicht des jeweils entscheidenden Senats eine bewusste Fortentwicklung der bereits bestehenden Rechtsprechung vorgenommen oder diese sogar aufgegeben werden sollte, sodass die Rechtsfrage mit den zuletzt formulierten Rechtssätzen weiterhin (wenn auch modifiziert) beantwortet ist. Entsprechende Darlegungen hat die Beigeladene zu 7. versäumt, obwohl hierzu auch deshalb besonderer Anlass bestand, weil sich das BSG im Urteil vom 26.3.1998 (BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 15) ausdrücklich die zuvor ua im Urteil vom 3.2.1994 (BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 8)entwickelten Rechtssätze zur Abgrenzung von einheitlichem Beschäftigungsverhältnis und gemischter Tätigkeit zu eigen gemacht hat (BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 15 S 28 aE), um anschließend die danach für die Annahme eines einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses notwendige Verbindung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung nach der Eigenart der damals vorliegenden selbstständigen Tätigkeit zu bestimmen.

16

Darüber hinaus versäumt es die Beigeladene zu 7. entgegen den oben dargelegten Erfordernissen überhaupt auf die Klärungsfähigkeit der von ihr formulierten Rechtsfrage gesondert einzugehen, was bereits für sich genommen zur Unzulässigkeit ihrer Beschwerde führt.

17

3. Soweit sich die Kläger mit ihrem Vorbringen, dass LSG habe den auf den Seiten 11 bis 13 ihrer Beschwerdebegründung im Einzelnen aufgeführten Vortrag aus der Berufungsbegründung bei seiner Entscheidung "nicht gewürdigt", sinngemäß auf einen ggf die Zulassung begründenden Verfahrensfehler in Form der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) berufen, wird auch dieser Zulassungsgrund nicht den insoweit geltenden Anforderungen entsprechend dargelegt.Hierzu hätten die Kläger konkret darlegen müssen, aus welchen Umständen sie darauf schließen, das LSG habe diesen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen. Denn das Gericht ist nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe des Verfahrens von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Eine Verletzung der Pflicht des Gerichts, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, kann nur dann festgestellt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles ergibt (vgl BVerfGE 96, 205, 217 mwN). Solche Umstände werden hier gerade nicht vorgetragen.

18

Ebenso würde es nicht zur Zulässigkeit der Beschwerde der Kläger führen, wenn mit der von ihnen gewählten Formulierung "hat das LSG gar nicht gewürdigt" nicht die mangelnde Kenntnisnahme des Inhalts der Berufungsbegründung, sondern dessen fehlerhafte Würdigung gerügt werden sollte. Zwar wäre dies sinngemäß als Rüge der Verletzung allgemeiner Sachverhalts- oder Beweiswürdigungsgrundsätze, also einer Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG durch das LSG zu qualifizieren. Jedoch kann nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG der Antrag auf Zulassung der Revision hierauf nicht gestützt werden.

19

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

20

5. Die Kostenentscheidung erfolgt in entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf die Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. An Stelle der zuerst ernannten Sachverständigen kann es andere ernennen.

(2) Vor der Ernennung können die Parteien zur Person des Sachverständigen gehört werden.

(3) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern.

(4) Das Gericht kann die Parteien auffordern, Personen zu bezeichnen, die geeignet sind, als Sachverständige vernommen zu werden.

(5) Einigen sich die Parteien über bestimmte Personen als Sachverständige, so hat das Gericht dieser Einigung Folge zu geben; das Gericht kann jedoch die Wahl der Parteien auf eine bestimmte Anzahl beschränken.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Die Verletzung einer das Verfahren der Berufungsinstanz betreffenden Vorschrift kann in der Revisionsinstanz nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei das Rügerecht bereits in der Berufungsinstanz nach der Vorschrift des § 295 verloren hat.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.