Bundesgerichtshof Urteil, 04. Feb. 2016 - IX ZR 42/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:040216UIXZR42.14.0
bei uns veröffentlicht am04.02.2016
vorgehend
Landgericht Mühlhausen, 3 O 673/12, 07.06.2013
Thüringer Oberlandesgericht, 1 U 565/13, 30.01.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 42/14
Verkündet am:
4. Februar 2016
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Veranlasst ein Schuldner einen Mittler zur Erbringung von Leistungen, die aus seinem
Vermögen stammen, an seinen Gläubiger, und fechten, nachdem sowohl der
Schuldner als auch der Mittler in die Insolvenz geraten sind, beide Insolvenzverwalter
die Leistungen an, schließt die auf die mittelbare Zuwendung gestützte Deckungsanfechtung
durch den Insolvenzverwalter des Schuldners eine Schenkungsanfechtung
durch den Insolvenzverwalter des Mittlers nur insoweit aus, als der Anfechtungsgegner
das anfechtbar Erlangte tatsächlich an den Insolvenzverwalter, der die
Deckungsanfechtung geltend macht, zurückgewährt (Ergänzung zu BGHZ 174, 228).
BGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - IX ZR 42/14 - OLG Jena
LG Mühlhausen
ECLI:DE:BGH:2016:040216UIXZR42.14.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Schoppmeyer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 30. Januar 2014 aufgehoben.
Die Berufung gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mühlhausen vom 7. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 19. Januar 2009 am 29. April 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der W. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Die Beklagte war Inhaberin zweier im Wege mehrfachen Forderungskaufs und mehrfacher Abtretung erworbener Forderungen gegen die W. S. GmbH, einem Schwesterunternehmen der Schuldnerin (nachfolgend: Schwestergesellschaft), über deren Vermögen ebenfalls am 29. April 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
2
Die Schuldnerin zahlte an die Beklagte auf die beiden Forderungen gegen die Schwestergesellschaft am 12. Dezember 2008 und am 23. Dezember 2008 insgesamt 64.942,28 €. Im Zeitpunkt dieser Zahlungen war die Schwestergesellschaft insolvenzreif.
3
Der Verwalter über das Vermögen der Schwestergesellschaft focht diese Zahlungen als inkongruente Deckungen an. Die Parteien im dortigen Prozess schlossen (für die Beklagte: deren Rechtsvorgängerin) einen Vergleich, wonach die Beklagte 32.500 € an den dortigen Kläger zahlen musste.
4
Wegen des Differenzbetrages von 32.442,28 € nimmt nunmehr der Kläger die Beklagte nach § 134 InsO in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


6
Das Berufungsgericht hat gemeint, die Schenkungsanfechtung durch den Kläger sei vollständig ausgeschlossen, weil der Verwalter über das Vermögen der Schwestergesellschaft dieselbe Forderung bereits im Wege der Deckungsanfechtung geltend gemacht habe. Für den Fall, dass beide Insolvenzverwalter - jeder für sich mit Recht - die Erfüllungshandlung anfochten, schließe die auf die mittelbare Zuwendung gestützte Deckungsanfechtung die Schenkungsanfechtung aus. Dafür sei zwar grundsätzlich maßgebend, ob die mittelbare Zuwendung tatsächlich anfechtbar gewesen sei. Vorliegend könne dies aber dahinstehen, weil durch den Vergleich in dem Vorprozess die gesamte geltend gemachte Deckungsanfechtung abgegolten worden sei. Der dortige Teilverzicht auf die Klageforderung führe nicht dazu, dass nur von einer teilweisen Geltendmachung der Deckungsanfechtung ausgegangen werden könne. Da beide Anfechtungen letztlich im Verhältnis der Schwestergesellschaft zur Beklagten wurzelten, verdiene die Deckungsanfechtung den Vorrang. Müsste die Beklagte einen Teil der Forderung an den Kläger zahlen, könnte sie diesen Teil wegen des Vergleichs nicht mehr zur Insolvenztabelle in dem Verfahren über das Vermögen der Schwestergesellschaft anmelden. Zur Tabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin könne die Forderung ohnehin nicht angemeldet werden, weil gegen diese eine Forderung niemals bestanden habe. Dann aber müsse jegliche Schenkungsanfechtung ausgeschlossen sein.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Schenkungsanfechtung ist begründet. Sie ist auch im Umfang der Klage durchsetzbar, weil insoweit die Deckungsanfechtung nicht durchgesetzt worden ist.

8
1. Der vom Kläger geltend gemachte Anfechtungsanspruch wegen unentgeltlicher Leistung ist gemäß § 134 Abs. 1 InsO begründet. Die Beklagte hat von der Schuldnerin in gläubigerbenachteiligender Weise Zahlungen erhalten. Diese Zahlungen waren unentgeltliche Leistungen. Sie erfolgten im Dezember 2008 und damit innerhalb von vier Jahren vor dem am 19. Januar 2009 bei Gericht eingegangenen Insolvenzantrag.
9
Im "Zwei-Personen-Verhältnis" ist eine Verfügung als unentgeltlich anzusehen , wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Verfügenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entspricht. Wird eine dritte Person in den Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Verfügende selbst einen Ausgleich für seine Verfügung erhalten hat; maßgeblich ist vielmehr, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Bezahlt der Verfügende die gegen einen Dritten gerichtete Forderung des Zuwendungsempfängers, liegt dessen Gegenleistung in der Regel darin, dass er mit der Leistung, die er gemäß § 267 Abs. 2 BGB nur bei Widerspruch seines Schuldners ablehnen kann, eine werthaltige Forderung gegen diesen verliert. Ist hingegen die Forderung des Zuwendungsempfängers wertlos, verliert dieser wirtschaftlich nichts, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden kann. In solchen Fällen ist die Tilgung einer fremden Schuld als unentgeltliche Leistung anfechtbar. Der Zuwendungsempfänger ist gegenüber den Insolvenzgläubigern des Verfügenden nicht schutzwürdig ; denn er hätte ohne dessen Leistung, auf die er keinen Anspruch hatte, seine Forderung nicht durchsetzen können (BGH, Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156, 1157; vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8; vom 17. Oktober 2013 - IX ZR 10/13, WM 2013, 2182 Rn. 6; vom 29. Oktober 2015 - IX ZR 123/13, ZInsO 2016, 36 Rn. 6).
10
Im vorliegenden Fall waren die Forderungen der Beklagten gegen die Schwestergesellschaft zu dem Zeitpunkt, als die Schuldnerin sie beglich, wirtschaftlich wertlos, weil die Schwestergesellschaft insolvenzreif war. Dabei ist unerheblich, ob die Beklagte bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schwestergesellschaft eine auf ihre Forderung entfallende Quote erhalten hätte (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 - IX ZR 182/08, WM 2009, 2283 Rn. 9; vom 17. Oktober 2013, aaO Rn. 7).
11
2. Die Schenkungsanfechtung ist durch die vorherige Deckungsanfechtung im Umfang der Verurteilung nicht ausgeschlossen.
12
a) Hat die Schwestergesellschaft über die Schuldnerin als Leistungsmittlerin an die Beklagte geleistet (§ 267 Abs. 1 Satz 1 BGB) und ist die Erfüllungshandlung - nachdem sowohl die Schuldnerin als auch die Schwestergesellschaft in die Insolvenz geraten sind - von beiden Insolvenzverwaltern im Interesse der jeweiligen Masse angefochten worden, geht die Anfechtung durch den Insolvenzverwalter des Leistenden der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter des Leistungsmittlers vor (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 23 f). Voraussetzung des Vorrangs ist allerdings , dass die Voraussetzungen der Deckungsanfechtung tatsächlich vorliegen (BGH, aaO Rn. 49) und dass diese rechtzeitig geltend gemacht worden ist (BGH, aaO Rn. 46). Andernfalls wäre nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte den anfechtbar erhaltenen Betrag an niemanden zurückzahlt (BGH, aaO Rn. 46).

13
Da der Anfechtungsanspruch des Klägers gegeben ist, muss die Beklagte darlegen und beweisen, dass eine vorrangige Deckungsanfechtung erhoben worden ist und durchgreift (BGH, aaO Rn. 49). Das ist im Umfang der Verurteilung nicht geschehen.
14
b) Ungeklärt sind in diesem Zusammenhang bisher allerdings zwei Fragen :
15
Zum einen hat der Senat noch nicht entschieden, ob die Deckungsanfechtung die Schenkungsanfechtung auch dann ausschließt, wenn sie zwar rechtzeitig geltend gemacht worden ist, ihre Voraussetzungen aber zweifelhaft geblieben sind und der Rechtsstreit über die Deckungsanfechtung durch Vergleich beendet worden ist. Zum anderen ist offen, ob ein Vergleich über einen Anspruch aus Deckungsanfechtung - das Vorliegen von deren Voraussetzungen hier unterstellt - die Schenkungsanfechtung auch dann insgesamt ausschließt , wenn der diese Deckungsanfechtung geltend machende Verwalter sich im Vergleich mit einem Teil der Forderung begnügt.
16
aa) Das Berufungsgericht hat dahingestellt sein lassen, ob die Deckungsanfechtung tatsächlich rechtlich begründet war. Es hat als ausreichend angesehen, dass in dem Rechtsstreit über die Deckungsanfechtung durch den Vergleich die gesamte mögliche Deckungsanfechtung abgegolten, also über die Deckungsanfechtung von den Prozessparteien eine abschließende Regelung getroffen worden ist.
17
Dies durfte mit dieser Begründung nicht offen bleiben. Die Deckungsanfechtung hat nur dann Vorrang, wenn sie tatsächlich begründet ist. Es reicht nicht aus, wenn ihre Voraussetzungen lediglich behauptet worden sind und hierüber ein Vergleich geschlossen wird.
18
(1) Der Vorrang der Deckungsanfechtung beruht insbesondere auf der Erwägung, mittelbare Zuwendungen seien anfechtungsrechtlich so zu behandeln , als habe der Zuwendungsempfänger die Leistung unmittelbar von seinem Forderungsschuldner, der den Zuwendenden als Leistungsmittler angewiesen hat, erhalten. Er folgt außerdem daraus, dass sich die Schenkungsanfechtung auf die Wertlosigkeit der gegen den Forderungsschuldner gerichteten Forderung gründet. Hätte dieser selbst geleistet, unterläge seine Zahlung infolge seiner Insolvenzreife der Deckungsanfechtung. Hinter diese Deckungsanfechtung hat die auf die Wertlosigkeit der beglichenen Forderung gestützte Schenkungsanfechtung zurückzutreten (BGH, Urteil vom 16. November 2007, aaO Rn. 38; vom 22. Oktober 2009 - IX ZR 182/08, WM 2009, 2283 Rn. 12). Da die Anfechtung einer mittelbaren Zuwendung voraussetzt, dass der Forderungsschuldner den Gegenwert der Leistung dem Zuwendenden zur Verfügung gestellt hat (BGH, Urteil vom 16. November 2007, aaO Rn. 25), erscheint es auch im Blick auf dieses Vermögensopfer und die darum schutzwürdigeren Belange der Gläubiger des Forderungsschuldners angemessen, der Deckungsanfechtung Priorität zu geben (BGH, aaO Rn. 42 ff). Freilich hat der Leistungsempfänger, der sich unter Hinweis auf eine vorrangige Deckungsanfechtung gegen eine Schenkungsanfechtung wendet, im Streitfall darzulegen und zu beweisen, dass eine Deckungsanfechtung tatsächlich durchgreift (BGH, aaO Rn. 49; Urteil vom 22. Oktober 2009, aaO Rn. 12).
19
(2) Der Leistungsempfänger hat - obgleich er sich gemäß § 267 Abs. 2 BGB gegen die Leistung regelmäßig nicht zur Wehr setzen kann - bei einer Leistung durch einen ihm gegenüber unentgeltlich handelnden Leistungsmittler in Fällen der mittelbaren Zuwendung stets eine Deckungs- und eine Schenkungsanfechtung zu gewärtigen. Die an sich vorrangige Deckungsanfechtung kann aber aus verschiedenen Gründen scheitern, etwa weil die Fristen der §§ 130, 131 InsO nicht eingehalten sind oder weil andere Anfechtungsvoraussetzungen fehlen. Sieht er sich der Situation ausgesetzt, dass ein Anspruch aus Schenkungsanfechtung ohne weiteres gegeben wäre (sofern über das Vermögen des Leistungsmittlers das Insolvenzverfahren eröffnet ist), gegen die Berechtigung einer geltend gemachten Deckungsanfechtung aber Bedenken bestehen , handelt er, wenn wie im vorliegenden Fall beide Anfechtungsansprüche bereits entstanden sind, auf eigenes Risiko, wenn er einen der Forderungsprätendenten befriedigt. Ergibt eine spätere Prüfung, dass der befriedigte Anspruch nicht bestand, muss er gegebenenfalls an den wahren Berechtigten erneut zahlen. Er kann sich durch Hinterlegung des angefochtenen Betrages (§ 372 BGB) oder dadurch schützen, dass er im anhängigen Rechtsstreit dem anderen Forderungsprätendenten den Streit verkündet (§ 72 ZPO). Wie in hier nicht vorliegenden Sonderfällen zu verfahren wäre, etwa wenn über das Vermögen des Leistungsmittlers das Insolvenzverfahren (noch) nicht eröffnet und deshalb der Anfechtungsanspruch wegen unentgeltlicher Leistung noch nicht entstanden ist, bedarf hier keiner Vertiefung. In der Höhe, in der sich die Beklagte zur Zahlung an den Insolvenzverwalter der Schwestergesellschaft aufgrund der Deckungsanfechtung verpflichtet hat, macht der Kläger den konkurrierenden Anfechtungsanspruch aus Schenkungsanfechtung nicht geltend.
20
bb) Durch den Vergleich über den Anspruch aus Deckungsanfechtung wird der Anspruch aus Schenkungsanfechtung in dem hier geltend gemachten Umfang nicht ausgeschlossen. Der Vorrang der Deckungsanfechtung verdrängt den Anspruch aus der Schenkungsanfechtung nur insoweit, als der streitige Betrag tatsächlich an den Verwalter mit dem Anspruch aus Deckungsanfechtung zurückbezahlt worden ist.
21
(1) Der Verwalter, der einen Anfechtungsanspruch geltend macht, ist allerdings berechtigt, sich bezüglich dieses Anspruchs zu vergleichen oder den Anfechtungsanspruch ganz oder teilweise zu erlassen (BGH, Urteil vom 17. Februar 2011 - IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114 Rn. 7). Ein Vergleich mag etwa zweckmäßig sein, wenn Anfechtungsvoraussetzungen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht fraglich erscheinen, schwierige und kostenintensive Beweiserhebungen erforderlich wären, andere für die Masse vorteilhaftere Lösungen wie Massekredite oder freiwillige Zahlungen durch den Anfechtungsgegner in Frage stehen oder der Anfechtungsgegner nur in beschränktem Maße leistungsfähig ist.
22
Die Vergleichskompetenz des Verwalters bezieht sich aber nur auf die ihm zustehenden Ansprüche, nicht auch auf die Ansprüche anderer Personen oder Insolvenzverwalter, insbesondere nicht auf die Anfechtungsansprüche des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Leistungsmittlers aus unentgeltlicher Zuwendung. Dies ist für die Vertragsparteien des Vergleichs über die Deckungsanfechtung auch offensichtlich. Beide können wirksame Vergleiche in Form eines Vertrages zu Lasten Dritter nicht schließen. Sie müssten den Dritten in den Vergleichsabschluss einbeziehen.
23
Schließen die Parteien des Anspruchs der Deckungsanfechtung, wie im vorliegenden Fall, einen Vergleich in der Weise, dass zur Wegfertigung des gesamten Anspruchs (nur) ein Teilbetrag bezahlt wird, ist damit - nach näherer Maßgabe des Vergleichs - im Verhältnis zum Anspruch stellenden Insolvenzverwalter die gesamte Forderung erledigt. Der darin enthaltene Erlass hinsicht- lich des Restbetrages ist in vollem Umfang wirksam. Er betrifft aber nur den verglichenen Anspruch aus dem Deckungsverhältnis.
24
(2) Die beiden Insolvenzverwalter sind mit ihren Ansprüchen aus Deckungsanfechtung einerseits und Schenkungsanfechtung andererseits weder Gesamtgläubiger noch Teilgläubiger (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 30 ff). Also liegen konkurrierende Anfechtungsansprüche für verschiedene Insolvenzmassen vor, die sich allerdings, auch soweit beide begründet sind, nur einmal durchsetzen lassen (BGH, aaO Rn. 33). Die aus dem Konkurrenzverhältnis folgende Durchsetzungssperre für die Schenkungsanfechtung greift, wenn ein begründeter Anspruch aus Deckungsanfechtung auch tatsächlich erfüllt wird. Andernfalls wäre nicht ausgeschlossen , dass die Beklagte den in doppelter Weise anfechtbaren Betrag an überhaupt niemand zurückzahlt (BGH, Urteil vom 16. November 2007, aaO Rn. 46). Es lässt sich gegenüber den Gläubigern im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Leistungsmittlers nicht rechtfertigen, dass der von Rechts wegen zugunsten dieser Masse bestehende Anfechtungsanspruch dadurch zunichte gemacht wird, dass ein Vergleich über einen zweifelhaften Anspruch aus Deckungsanfechtung geschlossen wird. Dann bestünde außerdem in erheblichem Umfang die Gefahr von Verträgen zu Lasten der Masse des Leistungsmittlers , weil derartige Vergleichsabschlüsse nicht nur für den Verwalter der Deckungsanfechtung, sondern auch für den Anfechtungsgegner von unmittelbarem wirtschaftlichen Vorteil wären.
25
(3) Da die Anfechtung einer mittelbaren Zuwendung regelmäßig voraussetzt , dass der Forderungsschuldner den Gegenwert der Leistung dem Zuwendenden zur Verfügung gestellt hat (BGH, Urteil vom 16. November 2007, aaO Rn. 25; vom 22. Oktober 2009, aaO Rn. 12), erscheinen im Hinblick auf dieses Vermögensopfer die Belange der Gläubiger des Forderungsschuldners schutzwürdiger als diejenigen der Gläubiger des Leistungsmittlers. Gleicht der Anfechtungsgegner diese Nachteile aber nicht aus, kann von den Gläubigern des Leistungsmittlers kein weiteres Zurücktreten ihrer Interessen verlangt werden.
26
(4) Der Anfechtungsgegner ist in dieser Situation nicht in gleicher Weise oder in vorzuziehender Weise schutzwürdig. Es gibt im Verhältnis zu den Gläubigern des Leistungsmittlers keine Rechtfertigung dafür, dass er durch eine Teilleistung auf die Deckungsanfechtung die gegebene Forderung aus Schenkungsanfechtung in ganzer Höhe soll wegfertigen können, zumal wenn in diesem Verhältnis für einen Vergleichsschluss kein Anlass bestünde.
27
(5) Dieses Ergebnis entspricht auch der Situation, in welcher der Anfechtungsschuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund der Vorschriften des Anfechtungsgesetzes von einem Gläubiger in Anspruch genommen worden ist. Dann scheidet ein weiterer Anspruch auf Rückgewähr zur Insolvenzmasse zwar auch hier aus, allerdings auch hier nur in dem Umfang, in dem der Anfechtungsanspruch tatsächlich erfüllt wurde (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 173/09, WM 2013, 81 Rn. 15).
28
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dieser Beurteilung nicht entgegen, dass die Beklagte, soweit sie im vorliegenden Rechtsstreit verurteilt wird, diesen Forderungsteil nicht mehr zur Tabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schwestergesellschaft anmelden könnte. Die Annahme der fehlenden Anmeldbarkeit ist falsch. Das Gegenteil ist richtig.
29
aa) Nach § 144 Abs. 1 InsO lebt die Forderung des Empfängers einer anfechtbaren Leistung wieder auf, wenn er das Erlangte zurückgewährt. Das gilt unabhängig von dem geltend gemachten Anfechtungsgrund. Voraussetzung für das Wiederaufleben der Forderung ist die tatsächliche Rückgewähr des Empfangenen (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 - IX ZR 300/13, ZIP 2015, 485 Rn. 17). Das gilt auch im anfechtungsrechtlichen Drei-Personen-Verhältnis (BGH, Urteil vom 22. November 2012 - IX ZR 22/12, ZInsO 2013, 73 Rn. 12; vom 8. Januar 2015, aaO Rn. 17). Allein die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs oder der Abschluss eines Vergleichs über den Rückforderungsanspruch reichen dagegen nicht aus (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015, aaO). Durch den Vergleichsabschluss im Vorprozess ist die Forderung der Beklagten also nicht wieder aufgelebt, sondern erst durch die Auszahlung des Vergleichsbetrages an den Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schwestergesellschaft.
30
bb) Ebenso lebt aber die Forderung der Beklagten gegen die Schwestergesellschaft in dem Umfang wieder auf, in dem die Beklagte das Erlangte aufgrund der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits an den Kläger tatsächlich wieder zurückgewährt. Die Beklagte kann dann die ursprüngliche Forderung wieder in vollem Umfang zur Tabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schwestergesellschaft anmelden.
31
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist unerheblich, ob der Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schwestergesellschaft auf eine weitergehende Forderung aus Deckungsanfechtung verzichtet hat. Damit ist zwar diese Forderung erloschen. Zu den Folgen einer erfolgreichen Schenkungsanfechtung durch den Kläger im vorliegenden Rechtsstreit besagt dies indessen nichts. Das könnte nur dann anders sein, wenn die Beklagte in dem Vergleich auf die Geltendmachung von Forderungen zur Tabelle für den Fall der erfolgreichen Geltendmachung einer Schenkungsanfechtung durch den Kläger verzichtet hätte. Dafür besteht keinerlei Anhaltspunkt.

III.


32
Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf Art. 13 EuInsVO beruft sich die Beklagte nicht. Die Berufung der Beklagten ist deshalb zurückzuweisen.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Mühlhausen, Entscheidung vom 07.06.2013 - 3 O 673/12 -
OLG Jena, Entscheidung vom 30.01.2014 - 1 U 565/13 -

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2018 - IX ZR 307/16

bei uns veröffentlicht am 19.07.2018

Berichtigt durch Beschluss vom 11.09.2018 Kirchgeßner, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 307/16 Verkündet am: 19. Juli 2018 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der.

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Okt. 2017 - IX ZR 289/14

bei uns veröffentlicht am 19.10.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 289/14 Verkündet am: 19. Oktober 2017 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja InsO §§ 129, 143 Ab

Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 27. Okt. 2016 - I-12 U 2/16

bei uns veröffentlicht am 27.10.2016

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 15.12.2015 (3 O 293/14) teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen. Dies

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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Gewährt der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurück, so lebt seine Forderung wieder auf.

(2) Eine Gegenleistung ist aus der Insolvenzmasse zu erstatten, soweit sie in dieser noch unterscheidbar vorhanden ist oder soweit die Masse um ihren Wert bereichert ist. Darüber hinaus kann der Empfänger der anfechtbaren Leistung die Forderung auf Rückgewähr der Gegenleistung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich.

(2) Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
IX ZR 84/05
Verkündet am:
30. März 2006
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Leistung, die der spätere Insolvenzschuldner zur Tilgung einer Forderung
des Leistungsempfängers gegen einen Dritten erbringt, ist unentgeltlich, wenn
der Empfänger keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat.

b) Für die Frage, ob der künftige Insolvenzschuldner eine unentgeltliche Leistung
erbracht hat, sind eine entsprechende Leistungsverpflichtung gegenüber einem
Dritten oder gegenüber einem Dritten verfolgte wirtschaftliche Interessen oder
Vorteile unerheblich.

c) Die Gegenleistung des Empfängers, dessen gegen einen Dritten gerichtete
Forderung bezahlt wird, liegt in der Regel darin, dass er eine werthaltige Forderung
gegen seinen Schuldner verliert.

d) Die Leistung, die der spätere Insolvenzschuldner zur Tilgung einer nicht werthaltigen
Forderung des Empfängers gegen einen Dritten erbringt, ist nicht deshalb
entgeltlich, weil der Empfänger zu einem früheren Zeitpunkt seinerseits
Leistungen an den Dritten erbracht hat, die eine Gegenleistung zu der nun erfüllten
Forderung darstellten.
(Fortführung der Rechtsprechung zu § 32 Nr. 1 KO für § 134 Abs. 1
BGH, Versäumnis-Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05 - LG Augsburg
AG Augsburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2006 durch die Richter Dr. Ganter, Kayser und Vill, die Richterin
Lohmann und den Richter Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 15. März 2005 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 9. Mai 2003 auf Eigenantrag vom 26. März 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. GmbH (im folgenden: Schuldnerin). Er begehrt im Wege der Insolvenzanfechtung von der Beklagten Rückzahlung des Sozialversicherungsbeitrages für den Monat November 2002, den die Schuldnerin am 28. Januar 2003 für die Z. GmbH & Co. KG bezahlt hat. Zwischen der Schuldnerin und der Z. GmbH & Co. KG bestand eine gesellschaftsrechtliche Verbindung dergestalt, dass die Y. GmbH alleinige Gesellschaf- terin der beiden und die Z. GmbH & Co. KG (im folgenden auch: Schwestergesellschaft ) nahezu alleinige Lieferantin der Schuldnerin war.
2
Der Kläger behauptet, die Schwestergesellschaft sei zum Zeitpunkt der Zahlung der Schuldnerin an die Beklagte zahlungsunfähig gewesen. Deshalb sei die Zahlung der Schuldnerin als unentgeltliche Leistung nach § 134 InsO anfechtbar.
3
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
5
1. Da die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).
6
2. Das Berufungsgericht meint, ein Anspruch auf Rückzahlung gemäß §§ 143, 134 InsO bestehe schon deshalb nicht, weil die Leistung der Schuldnerin nicht unentgeltlich erfolgt sei. Die Beklagte habe zum Zahlungszeitpunkt als Gegenleistung bereits den Sozialversicherungsschutz erbracht gehabt. Dass ihre Leistung nicht an die Schuldnerin, sondern an die Schwestergesellschaft erfolgt sei, ändere nichts an der Entgeltlichkeit. Die Beklagte sei schutzbedürftig , weil für sie nicht erkennbar gewesen sei, ob die Leistung im Verhältnis der Schuldnerin zu ihrer Schwestergesellschaft mit oder ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Davon unabhängig sei der Anspruch auch deshalb unbegründet, weil der darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht schlüssig dargelegt und unter Beweis gestellt habe, dass die Schuldnerin mit der Zahlung keine eigenen wirtschaftlichen Interessen oder Vorteile verfolgt habe.
7
3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
8
a) Die Beklagte ist als Einzugsstelle (§§ 28h, 28i SGB IV) des Gesamtsozialversicherungsbetrages passiv legitimiert für eine Anfechtung auf Rückzahlung der an sie gezahlten Sozialversicherungsbeiträge, auch soweit die Beiträge im Innenverhältnis anderen Versicherungsträgern zustehen (BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 - IX ZR 70/03, ZIP 2004, 862, 863; v. 21. Oktober 2004 - IX ZR 71/02, ZIP 2005, 38 f).
9
b) Der Umstand, dass die Beklagte den Beschäftigten der Schwestergesellschaft Sozialversicherungsschutz gewährt hat, lässt die Unentgeltlichkeit der Leistung der Schuldnerin nicht entfallen.
10
eine Wird dritte Person in einen Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es für die Frage der Unentgeltlichkeit einer Leistung des Schuldners nicht darauf an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Es entspricht der Wertung des § 134 InsO, dass der Empfänger einer Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat (BGHZ 41, 298, 302; 141, 96, 99 f; BGH, Urt. v. 3. März 2005 - IX ZR 441/00, ZIP 2005, 767, 768, z.V.b. in BGHZ 162, 276). Die Gegenleistung des Empfängers, dessen gegen einen Dritten gerichtete Forderung bezahlt wird, liegt in der Regel darin, dass er eine werthaltige Forderung gegen seinen Schuldner verliert. In diesem Fall ist nicht der Leistungsempfänger, sondern dessen Schuldner der richtige Beklagte für eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Zuwendung (BGHZ 41, 298, 302; BGH, Urt. v. 15. Dezember 1982 - VIII ZR 264/81, ZIP 1983, 32; v. 5. Februar 2004 - IX ZR 473/00, ZIP 2004, 917, 918; v. 3. März 2005, aaO) oder für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (BGHZ 70, 389, 396 f).
11
Ist die Forderung des Zuwendungsempfängers gegen seinen Schuldner dagegen wertlos, ist die Zuwendung unentgeltlich. Dabei ist es unerheblich, ob der Leistungsempfänger seinem Schuldner zu einem früheren Zeitpunkt eine Leistung erbracht hat. Maßgeblich für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit ist vielmehr der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs, also des Erhalts der Zahlung (BGHZ 41, 17, 19; BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO). Hat der Zuwendungsempfänger eine Leistung bereits erbracht, kann die Entgeltlichkeit der Zuwendung nur nach dem Wert seiner Forderung bemessen werden. Ist diese im Zeitpunkt der Leistung nicht werthaltig, liegt eine unentgeltliche Zuwendung vor. Der Leistungsempfänger, der lediglich eine nicht werthaltige Forderung gegen seinen Schuldner verliert, ist gegenüber den Insolvenzgläubigern des Schuldners nicht schutzwürdig, denn er hätte ohne dessen Leistung, auf die er keinen Anspruch hatte, seine Forderung nicht durchsetzen können (BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO).
12
Ob die Beklagte gegebenenfalls die Wertlosigkeit ihrer Forderung gegen die Schwestergesellschaft kannte, ist unerheblich (vgl. im Einzelnen BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO).

13
c) Die Klageabweisung lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Kläger nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt hat, die Schuldnerin habe mit der Zahlung keine eigenen wirtschaftlichen Interessen oder Vorteile verfolgt.
14
Hierauf kommt es nicht an. Maßgeblich ist allein das Rechtsverhältnis zwischen dem verfügenden Schuldner und dem Zuwendungsempfänger; nur in diesem Verhältnis kann ausgehend von dem Schutzzweck des § 134 InsO die Unentgeltlichkeit beurteilt werden (BGHZ 141, 96, 101; BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO). Selbst wenn die Schuldnerin im Verhältnis zu der Schwestergesellschaft zur Leistung verpflichtet war oder mit der Leistung eigene wirtschaftliche Interessen verfolgte oder Vorteile erzielte, macht dies den Leistungsempfänger gegenüber den Insolvenzgläubigern der Schuldnerin nicht schutzwürdig und lässt die Unentgeltlichkeit der Leistung im Verhältnis zum Empfänger nicht entfallen (BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO). Die Schuldnerin war zur Zahlung gegenüber der Beklagten nicht verpflichtet. Zwischen beiden bestanden unstreitig - von der Zahlung abgesehen - keine Rechtsbeziehungen.
15
4. Das Berufungsgericht wird deshalb zu prüfen haben, ob die Forderung der Beklagten gegen die Schwestergesellschaft auf Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge für November 2002 am 28. Januar 2003 werthaltig war. Die Beweislast für die fehlende Werthaltigkeit dieser Forderung im Zeitpunkt der Bezahlung durch die Schuldnerin hat der Kläger; er hat Beweis dafür angetreten, dass die Schwestergesellschaft bereits damals zahlungsunfähig gewesen sei.
16
War die Forderung nicht werthaltig, greift die Anfechtung nach § 134 InsO durch. War sie dagegen werthaltig, scheidet eine Anfechtung nach dieser Vorschrift aus. Auch eine Anfechtung nach anderen Vorschriften ist in diesem Fall nicht gegeben. §§ 130, 131 InsO scheiden aus, weil die Beklagte nicht Insolvenzgläubigerin der Schuldnerin war. Die Vorschrift des § 132 Nr. 1 InsO ist nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht anwendbar, weil der Kläger nicht vorgetragen hat, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und die Beklagte dies wusste. Schließlich kommt eine Anfechtung nach § 133 InsO nicht in Betracht. Die vorliegende inkongruente Deckung ergibt kein Indiz für die Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil für die Beklagte nach dem Vortrag des Klägers kein Anlass bestand, an der Liquidität der Schuldnerin zu zweifeln (vgl. BGHZ 157, 242, 251; HK-InsO/Kreft, 4. Aufl. § 133 Rn. 24).
Ganter Kayser Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 26.05.2004 - 74 C 662/04 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 15.03.2005 - 4 S 2832/04 -
6
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Beurteilung, ob eine Leistung des Schuldners unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO erfolgte, zwischen Zwei-Personen-Verhältnissen und DreiPersonen -Verhältnissen zu unterscheiden. Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Verfügung als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zufließen soll. Wird eine dritte Person in den Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Leistende selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat; maßgeblich ist vielmehr, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Bezahlt der Leistende die gegen einen Dritten gerichtete Forderung des Zuwendungsempfängers , liegt dessen Gegenleistung in der Regel darin, dass er mit der Leistung , die er gemäß § 267 Abs. 2 BGB nur bei Widerspruch seines Schuldners ablehnen kann, eine werthaltige Forderung gegen diesen verliert. Ist hingegen die Forderung des Zuwendungsempfängers wertlos, verliert dieser wirtschaftlich nichts, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden kann. In solchen Fällen ist die Tilgung einer fremden Schuld als unentgeltliche Leistung anfechtbar. Der Zuwendungsempfänger ist gegenüber den Insolvenzgläubigern des Leistenden nicht schutzwürdig; denn er hätte ohne dessen Leistung, auf die er keinen Anspruch hatte, seine Forderung nicht durchsetzen können (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8; vom 19. November 2009 - IX ZR 9/08, WM 2010, 129 Rn. 8; jeweils mwN).
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1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Beurteilung, ob eine Leistung des Schuldners unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO erfolgte, zwischen Zwei-Personen-Verhältnissen und Drei- Personen-Verhältnissen zu unterscheiden. Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Verfügung als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zufließen soll. Wird eine dritte Person in den Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Leistende selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat; maßgeblich ist vielmehr, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Bezahlt der Leistende die gegen einen Dritten gerichtete Forderung des Zuwendungsempfängers , liegt dessen Gegenleistung in der Regel darin, dass er mit der Leistung , die er gemäß § 267 Abs. 2 BGB nur bei Widerspruch seines Schuldners ablehnen kann, eine werthaltige Forderung gegen diesen verliert. Ist hingegen die Forderung des Zuwendungsempfängers wertlos, verliert dieser wirtschaftlich nichts, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden kann. In solchen Fällen ist die Tilgung einer fremden Schuld als unentgeltliche Leistung anfechtbar. Der Zuwendungsempfänger ist gegenüber den Insolvenzgläubigern des Leistenden nicht schutzwürdig; denn er hätte ohne dessen Leistung, auf die er keinen Anspruch hatte, seine Forderung nicht durchsetzen können (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 - IX ZR 10/13, WM 2013, 2182 Rn. 6 mwN).
9
b) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung mit der Maßgabe fest, dass das Erlöschen einer Forderung (§ 362 Abs. 1, § 267 Abs. 1 BGB), die gegen den Schuldner nicht durchsetzbar war, weil in dessen Person ein Insolvenzgrund gegeben war, keine ausgleichende Gegenleistung für die Entgegennahme der Drittleistung darstellt. Ist der Schuldner zumindest insolvenzreif, kann die Forderung nicht mehr durchgesetzt werden, weil nunmehr eine gemeinschaftliche Befriedigung aller (Insolvenz-) Gläubiger in dem dafür vorgesehenen Verfahren stattzufinden hat (§ 1 Satz 1 InsO). Verschafft ein Leistungsmittler dem Gläubiger in dieser Lage eine gesonderte Befriedigung, hat der Gläubiger Befriedigung seiner gegen den Schuldner nicht mehr durchsetzbaren Forderung erlangt, und zwar ohne Gegenleistung (vgl. BGHZ 41, 298, 302 f). Die Wertlosigkeit und fehlende Durchsetzbarkeit der Forderung im Zeitpunkt ihrer Tilgung wird durch das spätere Ergebnis einer Gesamtbefriedigung und eine etwaige auf den Gläubiger entfallende Quote nicht berührt. Kann der Gläubiger seine durch die Insolvenzreife entwertete Forderung nicht mehr isoliert durchsetzen, kann ihr auch im Falle einer Drittleistung ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert nicht beigemessen werden. Dem Gläubiger bleibt nach Anfechtung der von dem Dritten erbrachten Leistung nur die Möglichkeit, den Restwert seiner Forderung durch Anmeldung im Insolvenzverfahren seines Schuldners zu realisieren.

(1) Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich.

(2) Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht.

9
b) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung mit der Maßgabe fest, dass das Erlöschen einer Forderung (§ 362 Abs. 1, § 267 Abs. 1 BGB), die gegen den Schuldner nicht durchsetzbar war, weil in dessen Person ein Insolvenzgrund gegeben war, keine ausgleichende Gegenleistung für die Entgegennahme der Drittleistung darstellt. Ist der Schuldner zumindest insolvenzreif, kann die Forderung nicht mehr durchgesetzt werden, weil nunmehr eine gemeinschaftliche Befriedigung aller (Insolvenz-) Gläubiger in dem dafür vorgesehenen Verfahren stattzufinden hat (§ 1 Satz 1 InsO). Verschafft ein Leistungsmittler dem Gläubiger in dieser Lage eine gesonderte Befriedigung, hat der Gläubiger Befriedigung seiner gegen den Schuldner nicht mehr durchsetzbaren Forderung erlangt, und zwar ohne Gegenleistung (vgl. BGHZ 41, 298, 302 f). Die Wertlosigkeit und fehlende Durchsetzbarkeit der Forderung im Zeitpunkt ihrer Tilgung wird durch das spätere Ergebnis einer Gesamtbefriedigung und eine etwaige auf den Gläubiger entfallende Quote nicht berührt. Kann der Gläubiger seine durch die Insolvenzreife entwertete Forderung nicht mehr isoliert durchsetzen, kann ihr auch im Falle einer Drittleistung ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert nicht beigemessen werden. Dem Gläubiger bleibt nach Anfechtung der von dem Dritten erbrachten Leistung nur die Möglichkeit, den Restwert seiner Forderung durch Anmeldung im Insolvenzverfahren seines Schuldners zu realisieren.

(1) Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich.

(2) Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

Geld, Wertpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten kann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger im Verzug der Annahme ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden Grund oder infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewissheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann.

(1) Eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden.

(2) Das Gericht und ein vom Gericht ernannter Sachverständiger sind nicht Dritter im Sinne dieser Vorschrift. § 73 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

(3) Der Dritte ist zu einer weiteren Streitverkündung berechtigt.

7
1. Der insolvenzrechtliche Anfechtungsanspruch ist als schuldrechtlicher Anspruch auf Rückführung des anfechtbar weggegebenen Vermögensgegenstandes zur Insolvenzmasse ausgestaltet (BGH, Urteil vom 21. September 2006 - IX ZR 235/04, ZIP 2006, 2176 Rn. 10, 14 ff; BT-Drucks. 12/2443, S. 168 f). Gemäß § 143 Abs. 1 InsO ist dasjenige, was durch eine anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Der Anfechtungsanspruch unterliegt dem Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters (§ 80 InsO). Dieser kann den Anfechtungsgegner nach den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Verzug setzen (§§ 286 ff BGB), die geschuldete Leistung als Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) oder eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt oder erfüllungshalber (§ 364 BGB) entgegennehmen, einen Ver- gleich über den Anfechtungsanspruch schließen (vgl. hierzu Kreft, FS K. Schmidt S. 965 mwN) oder ihn erlassen (§ 397 BGB). Er kann ihn durch Klage oder im Wege der Einrede geltend machen oder den Schuldner ermächtigen, ihn als Prozesstandschafter einzuklagen (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1987 - III ZR 2/86, BGHZ 100, 217, 218).
15
1. Soweit die Erblasserin wegen der unentgeltlichen Zuwendung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners von einem anderen Gläubiger erfolgreich nach den Vorschriften des Anfechtungsgesetzes in Anspruch genommen worden ist, kommt eine Insolvenzanfechtung nicht mehr in Betracht.

(1) Gewährt der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurück, so lebt seine Forderung wieder auf.

(2) Eine Gegenleistung ist aus der Insolvenzmasse zu erstatten, soweit sie in dieser noch unterscheidbar vorhanden ist oder soweit die Masse um ihren Wert bereichert ist. Darüber hinaus kann der Empfänger der anfechtbaren Leistung die Forderung auf Rückgewähr der Gegenleistung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

17
(2) Eine die Fristsetzung des Nebenintervenienten zu 1 rechtfertigende neuerliche Fälligkeit des Kaufpreisanspruchs, aufgrund deren die Voraussetzungen für einen Rücktritt des Nebenintervenienten zu 1 nach § 323 Abs. 1 BGB gegeben sein könnten, ist durch die Anfechtung der von der A.
12
c) Die Interessenabwägung im Drei-Personen-Verhältnis führt gleichfalls nicht dazu, die Vorsatzanfechtung gegen den Gläubiger durch den Insolvenzverwalter des Leistungsmittlers auszuschließen oder zu beschränken. Im An- schluss an Kirchhof (MünchKomm-InsO, 2. Aufl., § 144 Rn. 7) nimmt das Berufungsgericht an, nach Rückgewähr der Beiträge freiwillig versicherter Arbeitnehmer an den Insolvenzverwalter des Arbeitgebers richte sich die Beziehung zwischen der Beklagten und ihren freiwillig Versicherten nach Beitragsrecht. Das trifft zu, setzt aber voraus, dass die zunächst nach § 267 BGB erfüllten Beitragsansprüche der Beklagten gemäß § 144 Abs. 1 InsO wieder aufleben. Diese Vorschrift gilt auch im anfechtungsrechtlichen Drei-Personen-Verhältnis (BGH, Urteil vom 24. September 1962 - VIII ZR 18/62, BGHZ 38, 44, 48 zu § 39 KO; Kirchhof, aaO; Jacoby in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2011, § 144 Rn. 10 - mit unrichtiger Begründung; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 144 Rn. 6, Jaeger/Lent, KO, 8. Aufl., § 39 Rn. 5). Durch die erfolgreiche Anfechtung gegen den Gläubiger lebt dessen Forderung gegen den Leistungsschuldner wieder auf, auch wenn dieser im Drei-Personen-Verhältnis mit dem Insolvenzschuldner nicht identisch ist.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.