Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2012 - I ZR 14/11

bei uns veröffentlicht am13.09.2012
vorgehend
Landgericht Nürnberg-Fürth, 2 HKO 5518/08, 25.09.2009
Oberlandesgericht Nürnberg, 12 U 2150/09, 15.12.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 14/11 Verkündet am:
13. September 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Grundsatz, dass anhand von Lieferscheinen oder Handelsrechnungen im
Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß § 286 Abs. 1 ZPO der Inhalt
eines verlorengegangenen Pakets nachgewiesen werden kann, ist bei einem
Streit über den Inhalt eines entwendeten, vom Versender selbst beladenen
und verschlossenen Transportcontainers nicht ohne weiteres anwendbar.
BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 14/11 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. September 2012 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher,
Prof. Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Streithelferin zu 1 der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg - 12. Zivilsenat - vom 15. Dezember 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der G. B.V. mit Sitz in Amsterdam und der in Nürnberg ansässigen G. GmbH (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegen des Verlusts von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Juni 2007 mit der Beförderung eines Containers von Istanbul/Türkei nach Nürnberg. Der Container enthielt nach dem Vortrag der Klägerin Fernsehgeräte. Mit der Durchführung des Transports beauftragte die Beklagte ihre Streithelferin zu 1, die ihrerseits die ebenfalls auf der Seite der Beklagten beigetretene Streithelferin zu 2 beauftragte. Von Istanbul bis Wien erfolgte der Transport auf der Schiene. Nach der Ankunft in Wien übernahm ein Fahrer der Streithelferinnen den Container zum Weitertransport nach Nürnberg zur Versicherungsnehmerin. Dort kam der Container nicht an, weil er am 29. Juni 2007 auf einem Parkplatz in Wien von unbekannten Tätern entwendet wurde.
3
Die Klägerin hat behauptet, die in dem Container transportierten Fernsehgeräte hätten einen Wert von 145.778,20 € gehabt. Sie habe an die G. B.V., die die Geräte zum Zeitpunkt des Verlusts bereits gekauft gehabt habe, unter Berücksichtigung einer im Versicherungsvertrag vereinbarten Selbstbeteiligung von 1.500 € eine Entschädigung in Höhe von 144.278,20 € gezahlt. Den von ihr nicht erstatteten Betrag von 1.500 € könne sie aus abgetretenem Recht der G. B.V. geltend machen.
4
Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Zahlung von 145.778,20 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.

5
Die Beklagte und ihre Streithelferinnen haben die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und darüber hinaus insbesondere in Abrede gestellt, dass das Gut in dem behaupteten Umfang während ihrer Obhutszeit abhandengekommen ist.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben.
7
Mit der vom Senat beschränkt auf die vom Berufungsgericht festgestellte Höhe des Schadens zugelassenen Revision verfolgt die Streithelferin zu 1 ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch gemäß § 452 Satz 1, § 452a Satz 1 HGB, Art. 17 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR in Verbindung mit § 398 BGB, § 67 Abs. 1 VVG aF für begründet erachtet. Zur Schadenshöhe, um die es in der Revisionsinstanz allein noch geht, hat es ausgeführt:
9
Der Schadensersatz verlangende Kläger müsse grundsätzlich darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass der Verlust des Transportguts während der Obhut des Beklagten eingetreten und wie hoch der Schaden sei. Im Streitfall spreche ein Anscheinsbeweis für die Richtigkeit des von der Klägerin zum Inhalt des entwendeten Containers gehaltenen Vortrags, da das Frachtgut dem Frachtführer unstreitig in einem verschlossenen Transportcontainer übergeben worden und dieser - ebenfalls unstreitig - in der Obhut des Frachtführers verlorengegangen sei. Dieser Anschein werde durch die vorgelegten Urkunden verstärkt. Der Beklagten sei es nicht gelungen, den zugunsten der Klägerin sprechenden Anscheinsbeweis zu erschüttern. Einer zusätzlichen Beweiserhebung durch Vernehmung der von den Parteien benannten Zeugen bedürfe es unter diesen Umständen nicht.
10
Der zu ersetzende Schaden bestehe in Höhe der Klageforderung. Nach Art. 23 Abs. 2 CMR sei der Marktpreis zu ersetzen, der sich aus der von der Klägerin vorgelegten Handelsrechnung ergebe und 193.580 US-Dollar (umgerechnet 145.778,20 €) betrage. Bei einer Berechnung des Schadens nach § 429 HGB ergebe sich ebenfalls ein Schadensersatzanspruch in der zuerkannten Höhe. Auf die Haftungshöchstgrenzen des Art. 23 Abs. 3 CMR und des § 431 HGB könne sich die Beklagte nicht berufen, da ihr ein qualifiziertes Verschulden im Sinne von Art. 29 Abs. 1 CMR in Verbindung mit § 435 HGB anzulasten sei.
11
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
12
1. Die Rügen der Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, aufgrund eines von der Beklagten nicht erschütterten Anscheinsbeweises stehe fest, dass der entwendete Container die von der Klägerin behauptete Anzahl von Fernsehgeräten enthalten habe, sind begründet.
13
a) Die Klägerin macht gegen die Beklagte wegen des Verlusts von Transportgut (Fernsehgeräte) einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1 CMR in Verbindung mit § 435 HGB geltend. Sie muss daher substantiiert darlegen und, da die Beklagte die Sachdarstellung der Klägerin insoweit bestritten hat, auch beweisen, dass das Gut während der Obhutszeit der Beklagten abhandengekommen und wie hoch der eingetretene Schaden ist (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 16. November 1995 - I ZR 245/93, TranspR 1996, 72, 74 = VersR 1996, 913 zu § 407 HGB aF; Urteil vom 26. April 2007 - I ZR 31/05, TranspR 2007, 418 Rn. 13 mwN zu Art. 17 CMR; Koller, Transportrecht, 7. Aufl., Art. 17 CMR Rn. 12; MünchKomm.HGB/Jesser-Huß, 2. Aufl., Art. 18 CMR Rn. 5). Dies umfasst neben dem Beweis der Übernahme von Gütern als solchen auch den Nachweis ihrer Identität, ihrer Art, ihrer Menge und ihres Zustands (BGH, TranspR 2007, 418 Rn. 13; Koller aaO Art. 17 CMR Rn. 12). Die Frage, ob der Schadensersatz verlangende Kläger den ihm obliegenden Beweis geführt hat, ist grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln des Zivilprozessrechts, insbesondere nach § 286 ZPO, zu beurteilen (BGH, TranspR 2007, 418 Rn. 13; Helm, Frachtrecht II, CMR, Art. 17 Rn. 46). Die Bildung der richterlichen Überzeugung davon, dass sich in dem entwendeten Container bei Übernahme durch die Beklagte Fernsehgeräte in der von der Klägerin behaupteten Anzahl befanden, setzt einen Grad an Gewissheit voraus, der Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2003 - VI ZR 28/03, NJW 2004, 777, 778 = VersR 2004, 118; BGH, TranspR 2007, 418 Rn. 13).
14
b) Danach steht der Klägerin im Streitfall der Anscheinsbeweis nicht zur Seite.
15
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, es gehe im vorliegenden Fall um die Frage, ob sich die von der Klägerin behaupteten Güter in dem abhandengekommenen Transportcontainer befunden hätten. Bei einer solchen Fallgestaltung greife zugunsten der Klägerin ein Anscheinsbeweis ein, da das Transportgut dem Frachtführer unstreitig in einem verschlossenen Behältnis (dem Transportcontainer) übergeben worden und dieser unstreitig in der Obhut des Frachtführers verlorengegangen sei. Die Rechtsprechung wende den Anscheinsbeweis zwar dann nicht an, wenn darüber gestritten werde, ob nur ein Teil der Lieferung in die Obhut des Frachtführers gelangt sei. Eine solche Fallkonstellation sei im Streitfall jedoch nicht gegeben, weil die Beklagte den gesamten Container erhalten habe und es daher darum gehe, welche Waren sich in diesem der Beklagten zum Transport übergebenen verschlossenen Behältnis befunden hätten. Die vorgelegten Urkunden rechtfertigten im vorliegenden Fall auch einen Anscheinsbeweis zugunsten der Klägerin. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
16
bb) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin sich im Streitfall auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises stützen kann. Soweit es sich dabei auf die Senatsrechtsprechung berufen hat, hat es unberücksichtigt gelassen, dass der Senat von seiner früher vertretenen Auffassung mittlerweile abgerückt ist. Nach dieser - nicht mehr aktuellen - Rechtsprechung konnte der Anscheinsbeweis in Fallgestaltungen angewendet werden, in denen das zu befördernde Gut dem Frachtführer in einem verschlossenen Behältnis (Karton) übergeben worden und in dessen Obhut verlorengegangen war (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - I ZR 104/00, TranspR 2003, 156, 159; Urteil vom 20. Juli 2006 - I ZR 9/05, TranspR 2006, 394, 395 = VersR 2007, 564). Nach der neueren Senatsrechtsprechung unterliegt die Würdigung der Umstände, die für Umfang und Wert einer verlorengegangenen Sendung sprechen , stets der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO (BGH, TranspR 2007, 418 Rn. 13; BGH, Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 60/06, TranspR 2009, 262 Rn. 24; Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 191/07, TranspR 2010, 200 Rn. 31). Der Tatrichter hat sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Umfangs einer Sendung daher anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls, insbesondere aufgrund von vorgelegten Lieferscheinen und da- zu korrespondierenden Rechnungen, zu bilden. Dafür ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnungen zum Nachweis des Sendungsumfangs vorgelegt werden. Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Inhalts einer Sendung auch dann bilden, wenn nur eines der beiden Dokumente vorgelegt wird und der beklagte Frachtführer dagegen keine substantiierten Einwände erhebt (BGH, Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 44/05, TranspR 2008, 163 Rn. 34 f.; Versäumnisurteil vom 22. Oktober 2009 - I ZR 119/07, TranspR 2010, 73 Rn. 20; BGH, TranspR 2010, 200 Rn. 31).
17
cc) Dem angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, dass das Berufungsgericht auch auf der Grundlage des § 286 ZPO davon überzeugt gewesen wäre, dass der entwendete Transportcontainer den von der Klägerin behaupteten Inhalt hatte. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (CMRFrachtbrief , Handelsrechnung, Lieferschein und Fahrzeugcheckliste) rechtfertigen eine solche Annahme nicht ohne weiteres. Für vom Anspruchsteller behauptete Paketinhalte hat der Senat zwar entschieden, dass sich der Tatrichter die Überzeugung von der Richtigkeit anhand eines Lieferscheins oder einer dazu korrespondierenden Rechnung bilden kann, wenn der beklagte Frachtführer dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt. Der Tatrichter muss aber prüfen, ob die zum Nachweis eines behaupteten Schadens vorgelegten Dokumente in sich schlüssig und geeignet sind, den Vortrag des Anspruchstellers zum entstandenen Schaden zu belegen (BGH, TranspR 2010, 73 Rn. 20).
18
Das Berufungsgericht hat lediglich geprüft, ob die vorgelegten Unterlagen im Streitfall die Anwendung eines Anscheinsbeweises zugunsten der Klägerin rechtfertigen. Es hat dies bejaht, weil im CMR-Frachtbrief, im Lieferschein vom 21. Juni 2007, in der Handelsrechnung vom 22. Juni 2007 und in der Fahrzeugcheckliste an verschiedenen Stellen - jeweils übereinstimmend - die Con- tainernummer, die Anzahl der im Container befindlichen Packstücke und der Verkaufspreis angegeben seien. Es hat zudem darauf abgestellt, dass die Vertragsparteien "des Transportvertrags" (gemeint ist ersichtlich: des Kaufvertrags) jeweils Kaufleute seien und deshalb davon auszugehen sei, dass die Verkäuferin die in den vorgelegten Urkunden bezeichneten Waren auch tatsächlich zum Versand gebracht habe. Diesen Ausführungen kann nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnommen werden, dass das Berufungsgericht im Rahmen von § 286 Abs. 1 ZPO geprüft hat, ob die vorgelegten Dokumente geeignet sind, den Vortrag der Klägerin zum entstandenen Schaden zu belegen.
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dd) Das Berufungsgericht hat darüber hinaus nicht beachtet, dass die zum Inhalt von verlorengegangenen Paketen aufgestellten Grundsätze auf die im Streitfall zu beurteilende Fallgestaltung nicht ohne weiteres übertragbar sind. Es hat zugunsten der Beklagten unterstellt, dass sie einen bereits vorgeladenen und anschließend verschlossenen und verplombten Container zum Transport übernommen hat. Mit seiner Unterschrift auf dem CMR-Frachtbrief (Anlage K 1) konnte der den Transportcontainer übernehmende Lkw-Fahrer mithin nur bestätigen , bei der türkischen Absenderin einen Container mit der Nummer PSSU982346-4 übernommen zu haben (vgl. BGH, TranspR 2003, 156, 158). Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass das Verpacken von Waren in Kartons nicht gleichgesetzt werden kann mit dem Beladen eines Lkw, einer Wechselbrücke oder eines Containers. Bei einem Container handelt es sich nicht um ein vom kaufmännischen Absender zum Versand gebrachtes verschlossenes Behältnis (Karton) (so BGH, TranspR 2003, 156, 159), sondern um ein Transportmittel. Bei der Versendung von Paketen ist eine in Täuschungsabsicht vorgenommene Fehlbestückung durch den Verkäufer oder seine Bediensteten im Allgemeinen eher unwahrscheinlich, weil nicht vorausgesehen werden kann, ob gerade dasjenige Paket verlorengeht, das nur unzureichend bestückt wurde. Bei einem vom Versender selbst vorgeladenen und verplombten Transportcon- tainer, dessen Inhalt vom Frachtführer bei der Übernahme nicht überprüft werden kann, besteht dagegen die Möglichkeit, gerade diesen Container gezielt entwenden zu lassen. Der Anreiz für eine Fehlbeladung eines vom Versender selbst verschlossenen und verplombten Transportcontainers ist daher deutlich größer als bei einem Paket.
20
Das Berufungsgericht wird daher im wiedereröffneten Berufungsverfahren - gegebenenfalls nach Vernehmung weiterer Zeugen - klären müssen, ob nach diesen Grundsätzen zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden kann, dass der entwendete Transportcontainer den von der Klägerin behaupteten Inhalt hatte. Dabei wird das Berufungsgericht auch den Vortrag der Streithelferin zu 1 zu berücksichtigen haben, in drei Fällen hätten von derselben Absenderin beladene und verplombte Container bei der Ankunft am Abladeort weniger Frachtstücke enthalten als in den dazugehörigen Frachtpapieren ausgewiesen gewesen seien.
21
3. Die Angriffe der Revision gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des zu ersetzenden Schadens greifen nicht durch.
22
a) Die Rüge, das Berufungsgericht hätte bei der Schadensberechnung nach Art. 23 Abs. 2 CMR auch die Haftungshöchstgrenze gemäß Art. 23 Abs. 3 CMR berücksichtigen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2010 - I ZR 39/09, BGHZ 187, 141 Rn. 41 ff. = TranspR 2010, 437), hat schon deshalb keinen Erfolg, weil das Berufungsgericht den Schaden nicht nur auf der Grundlage der CMR-Bestimmungen, sondern - rechtsfehlerfrei (dazu nachfolgend ) - auch nach § 429 HGB berechnet hat und dabei zum identischen Ergebnis gelangt ist.
23
b) Ohne Erfolg bleibt auch die weitere Rüge der Revision, soweit das Berufungsgericht die Schadensberechnung auf die Vermutung des § 429 Abs. 3 Satz 2 HGB gestützt habe, habe es verfahrensfehlerhaft angenommen, der von der Klägerin vorgelegten Handelsrechnung (Anlage K 2) habe ein Kaufgeschäft zwischen der türkischen Produzentin der Fernsehgeräte und der niederländischen G. B.V. zugrunde gelegen. Die Beklagte habe dies bereits in erster Instanz bestritten und daher in ihrer Berufungsbegründung auch gerügt, dass das Landgericht ihr Bestreiten zu Unrecht nicht berücksichtigt habe. Gleichwohl sei das Berufungsgericht von einem Kaufvertrag ausgegangen. Damit habe es seinem Urteil zu Lasten der Beklagten eine streitige Tatsache zugrunde gelegt.
24
Entgegen der Ansicht der Revision liegt der gerügte Verfahrensverstoß des Berufungsgerichts nicht vor. Das Berufungsgericht ist angesichts der vorgelegten Handelsrechnung ersichtlich davon ausgegangen, dass die Beklagte das Zustandekommen eines Kaufvertrags über das entwendete Gut nicht hinreichend substantiiert bestritten hat. Es konnte daher als unstreitig annehmen, dass das Gut schon vor der Entwendung an die G. B.V. veräußert worden war. Ohne nähere konkrete Anhaltspunkte musste das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass es nicht zum Abschluss des von der Klägerin dargelegten Kaufvertrags gekommen war.
25
Die von der Revision gerügte rechtsfehlerhafte Auslegung des § 429 Abs. 3 Satz 2 HGB liegt ebenfalls nicht vor, weil das verlorengegangene Gut bereits vor der Übernahme zur Beförderung veräußert wurde, und zwar von der rechtlich selbständigen türkischen Produzentin an die ebenfalls rechtlich selbständige G. B.V.
26
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Streithelferin zu 1 der Beklagten aufzuheben. Die Sache ist, da weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind, an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 25.09.2009 - 2 HKO 5518/08 -
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

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Handelsgesetzbuch - HGB | § 435 Wegfall der Haftungsbefreiungen und -begrenzungen


Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person

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(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts anzuwenden, soweit die folgenden besonderen Vorschriften oder anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes bestimmen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der Beförderung über See durchgeführt wird.

Steht fest, daß der Verlust, die Beschädigung oder das Ereignis, das zu einer Überschreitung der Lieferfrist geführt hat, auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, so bestimmt sich die Haftung des Frachtführers abweichend von den Vorschriften des Ersten Unterabschnitts nach den Rechtsvorschriften, die auf einen Vertrag über eine Beförderung auf dieser Teilstrecke anzuwenden wären. Der Beweis dafür, daß der Verlust, die Beschädigung oder das zu einer Überschreitung der Lieferfrist führende Ereignis auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, obliegt demjenigen, der dies behauptet.

Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.

Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

(1) Hat der Frachtführer für gänzlichen oder teilweisen Verlust des Gutes Schadenersatz zu leisten, so ist der Wert am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung zu ersetzen.

(2) Bei Beschädigung des Gutes ist der Unterschied zwischen dem Wert des unbeschädigten Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung und dem Wert zu ersetzen, den das beschädigte Gut am Ort und zur Zeit der Übernahme gehabt hätte. Es wird vermutet, daß die zur Schadensminderung und Schadensbehebung aufzuwendenden Kosten dem nach Satz 1 zu ermittelnden Unterschiedsbetrag entsprechen.

(3) Der Wert des Gutes bestimmt sich nach dem Marktpreis, sonst nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit. Ist das Gut unmittelbar vor Übernahme zur Beförderung verkauft worden, so wird vermutet, daß der in der Rechnung des Verkäufers ausgewiesene Kaufpreis abzüglich darin enthaltener Beförderungskosten der Marktpreis ist.

(1) Die nach den §§ 429 und 430 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt.

(2) Besteht das Gut aus mehreren Frachtstücken (Sendung) und sind nur einzelne Frachtstücke verloren oder beschädigt worden, so ist der Berechnung nach Absatz 1

1.
die gesamte Sendung zu Grunde zu legen, wenn die gesamte Sendung entwertet ist, oder
2.
der entwertete Teil der Sendung zu Grunde zu legen, wenn nur ein Teil der Sendung entwertet ist.

(3) Die Haftung des Frachtführers wegen Überschreitung der Lieferfrist ist auf den dreifachen Betrag der Fracht begrenzt.

(4) Die in den Absätzen 1 und 2 genannte Rechnungseinheit ist das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds. Der Betrag wird in Euro entsprechend dem Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht am Tag der Übernahme des Gutes zur Beförderung oder an dem von den Parteien vereinbarten Tag umgerechnet. Der Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht wird nach der Berechnungsmethode ermittelt, die der Internationale Währungsfonds an dem betreffenden Tag für seine Operationen und Transaktionen anwendet.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

(1) Durch den Frachtvertrag wird der Frachtführer verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern.

(2) Der Absender wird verpflichtet, die vereinbarte Fracht zu zahlen.

(3) Die Vorschriften dieses Unterabschnitts gelten, wenn

1.
das Gut zu Lande, auf Binnengewässern oder mit Luftfahrzeugen befördert werden soll und
2.
die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört.
Erfordert das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht und ist die Firma des Unternehmens auch nicht nach § 2 in das Handelsregister eingetragen, so sind in Ansehung des Frachtgeschäfts auch insoweit die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Vierten Buches ergänzend anzuwenden; dies gilt jedoch nicht für die §§ 348 bis 350.

13
1. Die Klägerin macht gegen die Beklagte wegen des Verlusts der Festplatten einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR geltend. Sie hat daher vorzutragen und, da die Beklagte die Sachdarstellung der Klägerin insoweit bestritten hat, zu beweisen, dass das Gut in der Obhut der Beklagten Schaden genommen hat und wie hoch dieser Schaden ist (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.1985 - I ZR 88/83, TranspR 1986, 278, 280 f. = VersR 1986, 381; Urt. v. 8.6.1988 - I ZR 149/86, TranspR 1988, 370 = VersR 1988, 952; Urt. v. 16.11.1995 - I ZR 245/93, TranspR 1996, 72, 74 = VersR 1996, 913, zu § 407 HGB a.F.; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 17 CMR Rdn. 12 m.w.N.). Dies umfasst neben dem Beweis der Übernahme von Gütern als solchen auch den Beweis ihrer Identität, ihrer Art, ihrer Menge und ihres Zustands (vgl. BGH, Urt. v. 10.4.1974 - I ZR 4/73, VersR 1974, 796, 798 = NJW 1974, 1614; Koller aaO Art. 17 CMR Rdn. 12; Großkomm.HGB/Helm, 4. Aufl., Anh. VI nach § 452: CMR Art. 17 Rdn. 46 m.w.N.). Die Beweisführung ist grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln des Zivilprozessrechts und insbesondere nach § 286 ZPO zu beurteilen (Großkomm.HGB/Helm aaO CMR Art. 17 Rdn. 46). Danach setzte die Bildung der richterlichen Überzeugung, dass die 100 bei der L. Group S.A. nicht angekommenen Festplatten sich im Zeitpunkt der Übernahme der Sendung durch die Unterfrachtführerin bei der E. GmbH noch auf der Palette befunden hatten, einen Grad von Gewissheit voraus, der den Zweifeln Schweigen gebot (vgl. BGH, Urt. v. 4.11.2003 - VI ZR 28/03, NJW 2004, 777, 778 = VersR 2004, 118).

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 28/03 Verkündet am:
4. November 2003
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
§ 287 Abs. 1 ZPO findet bei der Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität
auch dann keine Anwendung, wenn der durch einen Verkehrsunfall Betroffene den
Beweis, daß eine zeitlich nach dem Unfall aufgetretene Erkrankung auf den Unfall
zurückzuführen ist, wegen der Art der Erkrankung (hier: Morbus Sudeck) nach dem
Maßstab des § 286 ZPO nicht führen kann.
BGH, Urteil vom 4. November 2003 - VI ZR 28/03 - OLG Celle
LG Verden
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 19. Dezember 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen gesundheitlicher Schäden in Anspruch, die bei ihr nach ihrer Behauptung aufgrund eines Verkehrsunfalls eingetreten sind, der sich Anfang Dezember 1997 ereignete. Die volle Haftung der Beklagten ist außer Streit. Die Klägerin befand sich als Beifahrerin in einem der unfallbeteiligten Fahrzeuge. Nach dem Unfall hatte sie zunächst keine gesundheitlichen Beschwerden. Später spürte sie ein Kribbeln in der linken Hand, das mit der Zeit an Intensität zunahm. Ende Januar 1998 suchte die Klägerin deswegen erstmals einen Arzt auf, der sie arbeitsunfähig schrieb. Die Schmerzen in der linken Hand nahmen zu. Es entwickelte sich das Krankheitsbild eines Morbus Sudeck. Die Krankheit hat sich inzwischen derart verschlimmert, daß es zu einer Versteifung der Hand mit geschlossenen Fingern gekommen ist. Eine Besserung ist nicht zu erwarten. Die Klägerin hat behauptet, sie habe sich bei dem Unfall
mit der linken Hand am Armaturenbrett abgestützt und auf Grund der Kollision mit dem von der Beklagten zu 1 geführten Fahrzeug einen kurzen schweren Anstoß in der Hand verspürt. Aufgrund dieses Vorgangs habe sich der Morbus Sudeck entwickelt. Das Landgericht hat die Klage nach Einholung des Gutachtens eines medizinischen Sachverständigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Sachverständigen ergänzend gehört und die Berufung alsdann zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin nicht bewiesen, daß ihre Erkrankung an dem Morbus Sudeck eine kausale Folge des Unfallgeschehens ist, für das die Beklagten einzustehen haben. Die Klägerin müsse eine Primärverletzung nach den Grundsätzen des § 286 ZPO zur vollen Überzeugung des Gerichts beweisen. Dies sei ihr nicht gelungen. Der Sachverständige habe sein schriftliches Gutachten mündlich dahin erläutert, daß zwar auch Bagatellunfälle und Bagatellverletzungen, wie beispielsweise Prellungen oder Verstauchungen, die Sudecksche Dystrophie verursachen könnten. Das bloße Abstützen mit der Hand allein reiche jedoch als Ursache nicht aus. Es müsse schon irgendeine traumatische Einwirkung gegeben sein. Über die Frage, ob bei der Klägerin ein solches Trauma stattgefunden habe, könne er nur spekulieren. Es komme darauf an, wie die Abstützung erfolgt sei. Hierzu hebt das Berufungsgericht hervor, nach ihrem eigenen Vortrag habe die Klägerin unmittel-
bar nach dem Unfall keinerlei Beschwerden beklagt. Vielmehr hätten sich Beschwerden in Form eines Kribbelns an der linken Hand erst zwei Wochen nach dem Unfallereignis eingestellt. Aus diesem Vorbringen ergebe sich nicht der juristische Tatbestand der Körperverletzung. Bei dem bloßen Spüren eines schweren Anstoßes sei die Erheblichkeitsschwelle für eine Körperverletzung noch nicht überschritten. Im übrigen reiche selbst ein schwerer Anstoß nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht aus, um einen Morbus Sudeck auszulösen. Der Senat sei deshalb mit dem Landgericht nicht vollends davon überzeugt, daß der Verkehrsunfall den Morbus Sudeck bei der Klägerin verursacht habe. In den Genuß der Beweismaßerleichterung des § 287 ZPO komme die Klägerin nicht, weil schon der Haftungsgrund in Frage stehe, der allein nach § 286 ZPO zu beweisen sei; die Anwendung des § 287 ZPO auf diese Frage wäre systemwidrig.

II.

Die dagegen gerichtete Revision ist unbegründet. 1. Die Revision macht geltend, ein schwerer Anstoß, wie ihn die Klägerin aufgrund des Zusammenstoßes der Fahrzeuge verspürt habe, sei juristisch auch dann als Körperverletzung zu qualifizieren, wenn er keine erkennbaren körperlichen Folgen nach sich ziehe. Deshalb hätte das Berufungsgericht eine Primärverletzung bejahen und die Ursächlichkeit des Unfalls für den Morbus Sudeck nach § 287 ZPO beurteilen müssen. Dem kann nicht gefolgt werden.
a) Der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anstoß, den ein Fahrzeuginsasse beim Abstützen am Armaturenbrett spürt, als Körperverletzung zu qualifizieren ist, müßte nur dann nachgegangen werden, wenn die
Folgeerkrankung, nämlich der Morbus Sudeck, durch eine solche Primärverletzung verursacht sein könnte. Davon ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auszugehen. Die Revision wendet sich nicht dagegen, daß das Berufungsgericht den Ausführungen des Sachverständigen entnimmt, ein schwerer Anstoß, wie ihn die Klägerin beim Abstützen auf das Armaturenbrett verspürt habe, reiche nicht aus, um einen Morbus Sudeck auszulösen; hierzu bedürfe es einer traumatischen Einwirkung, wie einer Verstauchung oder Prellung, die für die Klägerin fühlbar gewesen wäre. Das sei jedoch bereits nach ihrem Vorbringen nicht der Fall. Auf der Grundlage dieser tatsächlichen Feststellungen kann aber der von der Klägerin vorgetragene Anstoß nicht die Ursache für das vorliegende Krankheitsbild sein.
b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe jedenfalls das Kribbeln in der Hand der Klägerin als Primärverletzung ansehen müssen. Sie übersieht, daß das Berufungsgericht keinen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Kribbeln festgestellt hat. Dem angefochtenen Urteil ist zu entnehmen, daß das Berufungsgericht das Kribbeln als erstes Anzeichen der beginnenden Erkrankung angesehen hat, seine Ursache aber gerade nicht hat feststellen können.
c) Daß ansonsten ausreichende Tatsachen festgestellt sind oder feststellbar wären, die die Ursächlichkeit des Unfalls für eine den Morbus Sudeck auslösende Körperverletzung nach dem Maßstab des § 286 ZPO als ausreichend sicher erscheinen lassen, macht die Revision nicht geltend. Sie sind auch nicht ersichtlich. Die bloße zeitliche Nähe der Entstehung der Erkrankung zu dem Unfallereignis reicht dazu nicht aus. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß sich das Berufungsgericht auch im Hinblick darauf, daß nach
den weiteren Ausführungen des Sachverständigen andere Möglichkeiten als Auslöser für die Erkrankung als möglich erscheinen (Entwicklung ohne äußeren Anlaß bei ca. 10 % der Patienten oder ein bisher nicht bekanntes Trauma vor oder unmittelbar nach dem Unfall), die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung nicht hat bilden können. Diese verlangt zwar keine absolute oder unumstößliche Gewißheit und auch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit ; ausreichend ist vielmehr ein unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung gewonnener für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewißheit , der den Zweifeln Schweigen gebietet (Senatsurteil vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - VersR 2003, 474, 475 m.w.N.). Die von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht indes auch nach diesem Maßstab ohne Rechtsfehler nicht für ausreichend gehalten, um die erforderliche Überzeugung zu gewinnen. 2. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung habe, soweit es um die Frage gehe, ob § 287 ZPO für den Beweis einer Primärverletzung jedenfalls dann Anwendung finden könne , wenn der Vollbeweis nach § 286 ZPO wegen der Art der Unfallfolge nicht geführt werden kann.
a) Das Revisionsgericht ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO an die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht gebunden. Die vom Berufungsgericht aufgeworfene grundsätzliche Frage stellt sich allerdings im Streitfall nicht. Der Tatrichter kann auch eine haftungsausfüllende Kausalität nur feststellen , wenn er von diesem Ursachenzusammenhang überzeugt ist. Dabei werden lediglich geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt;
es genügt, je nach Lage des Einzelfalls, eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit (Senatsurteil vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - VersR 2003, 474, 476 m.w.N.). Bei der Feststellung von Kausalbeziehungen ist der Tatrichter nach § 287 ZPO insofern freier gestellt, als er in einem der jeweiligen Sachlage angemessenen Umfang andere, weniger wahrscheinliche Verlaufsmöglichkeiten nicht mit der sonst erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausschließen muß (vgl. Senatsurteile vom 7. Juli 1970 - VI ZR 233/69 - VersR 1970, 924, 926; vom 27. Februar 1973 - VI ZR 27/72 - VersR 1973, 619, 620; vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - aaO). Weder das Berufungsgericht noch die Revision zeigen auf, inwiefern die Klägerin bei Anwendung dieses Maßstabes angesichts der vorstehend bereits beschriebenen Beweislage den Kausalitätsbeweis sollte führen können. Wenn ein Vorgang, der Ursache der jetzigen Erkrankung der Klägerin sein kann, nicht vorgetragen ist und die ernsthafte Möglichkeit besteht, daß sich die Krankheit schicksalhaft entwickelt hat, können andere Kausalverläufe nicht ausgeschlossen und die Ursächlichkeit des Unfalls für die Beschwerden der Klägerin nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit bejaht werden. Die zeitliche Nähe zwischen dem Unfallereignis und der Entstehung der Beschwerden und die daran anknüpfende "gefühlsmäßige" Wertung, beide Ereignisse müßten irgendwie miteinander in Zusammenhang stehen, reicht dazu nicht aus. Die Tatsache , daß die Beklagte zu 1 den Unfall pflichtwidrig verursacht hat, mag als Grundlage für die Anwendung des § 287 ZPO zu diskutieren sein (vgl. etwa Hanau, Die Kausalität der Pflichtwidrigkeit, 1971, S. 119 ff., 127 ff.; dagegen Arens, ZZP 88 (1975), 1, 20; Stoll, AcP 176 (1976), 145, 187); sie ist aber für sich genommen kein Element der nach dem Maßstab dieser Vorschrift erforderlichen Überzeugungsbildung.

b) Darüber hinaus gibt die vorliegende Fallgestaltung keinen Anlaß, den Anwendungsbereich des § 287 ZPO auf die haftungsbegründende Kausalität auszudehnen. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats unterliegt der Nachweis des Haftungsgrundes (die haftungsbegründende Kausalität) den strengen Anforderungen des § 286 ZPO, während der Tatrichter nur bei der Ermittlung des Kausalzusammenhangs zwischen dem Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden (der haftungsausfüllenden Kausalität) nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt ist (vgl. etwa Senatsurteile vom 24. Juni 1986 - VI ZR 21/85 - VersR 1986, 1121, 1122 f.; vom 21. Oktober 1986 - VI ZR 15/85 - VersR 1987, 310; vom 21. Juli 1998 - VI ZR 15/98 - VersR 1998, 1153, 1154; vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - aaO, S. 475, jew. m.w.N.). Davon abzuweichen besteht kein Anlaß. Der Grund für die Differenzierung im Beweismaß ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Ausnahmeregelung des § 287 ZPO und auch aus der Überlegung, daß eine Haftung des Schädigers nur in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen des gesetzlichen Haftungsgrundes (hier § 823 Abs. 1 BGB oder § 7 Abs. 1 StVG), insbesondere der Zusammenhang zwischen dem Handeln des Schädigers und einem ersten Verletzungserfolg feststehen. Das Handeln des Schädigers als solches ohne festgestellte Rechtsgutverletzung (hier Körperverletzung) scheidet als Haftungsgrundlage aus (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 1986 - VI ZR 21/85 - aaO). In der Literatur vertretene Ansichten, die - etwa im Hinblick auf die Gefährdung der Rechtsgüter des Geschädigten durch den Schädiger und die von diesem letztlich veranlaßten Beweisschwierigkeiten - § 287 ZPO auch im Bereich der Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität anwenden wollen (vgl. Hanau , aaO; Gottwald, Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 1979, S. 78 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., § 116 II 3 m.w.N.), nehmen eine Haftung des Schädigers für eine nur möglicherweise von
ihm verursachte Rechtsgutverletzung in Kauf und dehnen damit seine Haftung ohne gesetzliche Grundlage zu weit aus. Erst wenn eine vom Schädiger verursachte Primärverletzung feststeht, ist es gerechtfertigt, den Richter hinsichtlich der Feststellung der Schadensfolgen auf Wahrscheinlichkeitserwägungen zu verweisen. Die Notwendigkeit, den Ursachenzusammenhang zwischen dem Handeln des Schädigers und einer bestimmten Rechtsgutverletzung nach Maßgabe des § 286 ZPO beweisen zu müssen, führt freilich für den Geschädigten oft zu erheblichen Beweisschwierigkeiten. In geeigneten Fällen können diese durch gesetzliche (z.B. § 84 Abs. 2 AMG, § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder tatsächliche Vermutungen, einen Anscheinsbeweis oder durch sonstige Beweiserleichterungen (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 104, 323, 332 ff. zur Produzentenhaftung und BGHZ 132, 47, 49 ff. zur Arzthaftung) gemildert werden. Darüber hinaus kann den Beweisschwierigkeiten des Geschädigten je nach den Umständen des Falles durch angemessene Anforderungen an den Sachvortrag, Ausschöpfung der angebotenen Beweismittel und sorgfältige, lebensnahe Würdigung der erhobenen Beweise Rechnung getragen werden. Eine weitergehende Beweiserleichterung durch Anwendung des § 287 ZPO bei Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität ist indes abzulehnen (so auch Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 287 Rn. 3; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 287 Rn. 13 ff.; vgl. auch MünchKommZPO/Prütting, 2. Aufl., § 286 Rn. 47, § 287 Rn. 10 ff.).

III.

Die Revision ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 104/00 Verkündet am:
24. Oktober 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Im Schadensersatzprozeß wegen Verlustes von Transportgut kann der Beweis
für die Anzahl der übergebenen Frachtstücke und den Zustand des
Gutes von dem Anspruchsberechtigten grundsätzlich durch eine von dem
Frachtführer oder seinem Fahrer ausgestellte Empfangsbestätigung (Übernahmequittung
) geführt werden. Sind die Güter in verschlossenen Behältnissen
(Kartons) zum Versand gebracht worden, ist bei kaufmännischen Absendern
prima facie anzunehmen, daß die im Lieferschein und in der dazu
korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem Behältnis enthalten
waren. Es obliegt dann dem Schädiger, den zugunsten des Versenders
streitenden Anscheinsbeweis durch substantiierten Vortrag auszuräumen.
BGH, Urt. v. 24. Oktober 2002 - I ZR 104/00 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. März 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, Transportversicherer der C. GmbH (im folgenden : Versicherungsnehmerin), nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Niederlassung der Versicherungsnehmerin in Bad Hersfeld beauftragte die Spedition E. GmbH (im folgenden: E-GmbH), fünf Euro -Paletten mit in Kartons verpackten Computern zur M. in Hürth zu
befördern. Die E-GmbH transportierte die Sendung zunächst zu ihrer Niederlassung in Köln, die den Beklagten mit dem Weitertransport zur Empfängerin in Hürth betraute. Dessen Fahrer T. nahm das Gut am 18. Februar 1998 bei der E-GmbH in Köln entgegen. Die Ware kam bei der Empfängerin jedoch nicht an, weil der Fahrer sie unterschlug. Er wurde deshalb u.a. wegen veruntreuender Unterschlagung rechtskräftig verurteilt.
Die Klägerin hat an ihre Versicherungsnehmerin für den Verlust der Ware - unter Berücksichtigung einer Selbstbeteiligung - eine Entschädigung in Höhe von 124.810,26 DM geleistet. Die Versicherungsnehmerin bestätigte den Erhalt des genannten Ersatzbetrages mit Schreiben vom 12. Oktober 1998 und trat zugleich ihre möglichen Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Schadensereignis an die Klägerin ab. Mit Telefax vom selben Tag erklärte auch die E-GmbH die Abtretung sämtlicher Ansprüche aus dem Frachtvertrag mit dem Beklagten an die Klägerin.
Die Klägerin hat behauptet, dem Fahrer des Beklagten seien die in der Rechnung ihrer Versicherungsnehmerin vom 17. Februar 1998 sowie in dem damit korrespondierenden Lieferschein vom selben Tag aufgeführten Waren, deren Wert 126.410,26 DM netto betragen habe, übergeben worden.
Mit ihrer am 9. Februar 1999 eingereichten und dem Beklagten am 24. Februar 1999 zugestellten Klage hat die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 124.810,26 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Der Beklagte ist dem Vortrag der Klägerin zum Umfang des seinem Fahrer übergebenen Gutes und dessen Wert entgegengetreten. Zudem hat er die Auffassung vertreten, etwaige Schadensersatzansprüche seien gemäß § 26 AGNB verjährt, da die Geltung der AGNB zwischen ihm und der E-GmbH ausdrücklich vereinbart worden sei. Für das Transportfahrzeug habe zum Zeitpunkt der von seinem Fahrer begangenen Unterschlagung eine Haftpflichtversicherung gegen Güterschäden bestanden.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne aus abgetretenem Recht der E-GmbH gemäß § 429 HGB (in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung, im folgenden: HGB a.F.) in Verbindung mit § 398 BGB Schadensersatz in der geltend gemachten Höhe verlangen. Dazu hat es ausgeführt :
Die E-GmbH sei als versendende Spediteurin und Vertragspartnerin des Beklagten nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation berechtigt, den der Versicherungsnehmerin durch den Verlust des Transportgutes entstande-
nen Schaden geltend zu machen. Der Beklagte müsse sich das Verschulden seines Fahrers gemäß § 431 HGB a.F. zurechnen lassen.
Durch die Veruntreuung des Fahrers des Beklagten sei der Versicherungsnehmerin Ware im Wert von 126.410,26 DM netto abhanden gekommen. Der Beklagte bestreite ohne Erfolg, die in der Rechnung und in dem Lieferschein der Versicherungsnehmerin mit Datum vom 17. Februar 1998 aufgeführte Ware erhalten zu haben. Zwar trage grundsätzlich der Ersatzberechtigte die Darlegungs- und Beweislast für den behaupteten Schaden. Es spreche jedoch eine Vermutung für die Annahme, daß dem Fahrer des Beklagten die in der Rechnung vom 17. Februar 1998 ausgewiesene Ware übergeben worden sei, die der Beklagte nicht entkräftet habe. Die Vermutung rechtfertige sich vor allem aus der von dem Fahrer bei der Entgegennahme des Transportgutes unterzeichneten Empfangsbestätigung. Unter diesen Umständen bedürfe es keiner Vernehmung der von der Klägerin für den Umfang der Warenlieferung benannten Zeugen.
Der Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt. Die auf § 26 AGNB gestützte Verjährungseinrede bleibe ohne Erfolg, weil nach dem Vortrag des Beklagten nicht davon ausgegangen werden könne, daß die AGNB in den Frachtvertrag zwischen ihm und der E-GmbH einbezogen worden seien. Der Beklagte berufe sich auf die für ihn günstigen Regelungen dieses Klauselwerkes; er habe deshalb die tatsächlichen Voraussetzungen für deren Geltung darzulegen und zu beweisen. Dieser prozessualen Obliegenheit sei er nicht hinreichend nachgekommen. Insbesondere biete seine Behauptung, die Geltung der AGNB sei zwischen ihm und der E-GmbH "ausdrücklich vereinbart" worden, keine geeignete Grundlage für die Erhebung von Zeugenbeweisen.
Die somit geltende einjährige Verjährungsfrist gemäß § 439 Satz 1, § 414 Abs. 1 Satz 1 HGB a.F., die am 18. Februar 1998 zu laufen begonnen habe, sei durch Einreichung der Klage am 9. Februar 1999 unterbrochen worden , da die Klage "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 2 ZPO a.F. zugestellt worden sei.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat im rechtlichen Ansatz zutreffend angenommen , daß sich die Haftung des Beklagten für den streitgegenständlichen Schaden nach § 429 Abs. 1 HGB a.F. beurteilt.
Das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Transportrechtsreformgesetz vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588 ff.) findet auf die Ersatzpflicht für Gütertransportschäden , die - wie hier - vor dem 1. Juli 1998 eingetreten sind, keine Anwendung. Dies folgt insbesondere aus dem allgemein anerkannten, in Art. 170 und Art. 232 § 1 EGBGB enthaltenen Rechtsgrundsatz, wonach sich Inhalt und Wirkung eines Schuldverhältnisses nach der zum Zeitpunkt seiner Entstehung geltenden Rechtslage richten, sofern - wie im Streitfall - kein Dauerschuldverhältnis betroffen ist (vgl. nur BGHZ 149, 337, 344 m.w.N.).
2. Die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 429 Abs. 1 HGB a.F. i.V. mit § 398 BGB sei nicht verjährt, haben Erfolg.
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede nur dann Erfolg hätte, wenn er
sich auf die sechsmonatige Verjährungsfrist gemäß § 26 Abs. 1 AGNB berufen könnte. Es hat die Anwendbarkeit dieser die gesetzliche Verjährungsfrist verkürzenden Regelung auf der bisherigen Tatsachengrundlage jedoch zu Unrecht verneint.

a) Die Annahme des Berufungsgerichts, es sei bislang nicht festgestellt, daß die Geltung der AGNB allgemeiner Handelsbrauch sei mit der Folge, daß diese nicht durch Individualvereinbarung in ein Vertragsverhältnis einbezogen werden müßten, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht beanstandet.

b) Die Revision rügt aber mit Recht, daß das Berufungsgericht eine Einbeziehung der AGNB in den zwischen der E-GmbH und dem Beklagten geschlossenen Frachtvertrag kraft individueller vertraglicher Vereinbarung verfahrensfehlerhaft verneint hat.
aa) Bei den AGNB handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1965 - Ib ZR 140/63, VersR 1966, 180, 181; BGHZ 129, 323, 326 ff.; MünchKomm.HGB/Dubischar, Vor § 1 AGNB Rdn. 1). Die Einbeziehung dieses Klauselwerks in einen Vertrag bedarf daher grundsätzlich einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung (MünchKomm.HGB/Dubischar, § 1 AGNB Rdn. 1; Koller, Transportrecht, 3. Aufl., § 1 AGNB Rdn. 3). Dabei müssen die formalisierten Einbeziehungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 AGBG a.F. (nunmehr: § 305 Abs. 2 BGB n.F.) gegenüber einem Kaufmann zwar nicht erfüllt sein (§ 24 Satz 1 Nr. 1 AGBG in der bis zum 30.6.1998 geltenden Fassung ). Vielmehr reicht es im kaufmännischen Geschäftsverkehr für die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig aus, daß der Verwender im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß auf sie hinweist und der
Vertragspartner der Geltung nicht widerspricht (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.1977 - I ZR 80/75, NJW 1978, 698; BGHZ 117, 190, 194). Jedoch können auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr - sofern ein entsprechender Handelsbrauch nicht besteht - Allgemeine Geschäftsbedingungen nur kraft rechtsgeschäftlicher Vereinbarung Vertragsbestandteil werden. Hierzu bedarf es einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Willensübereinstimmung der Vertragspartner (vgl. BGHZ 117, 190, 194 f.; MünchKomm.BGB/Basedow, 4. Aufl., § 2 AGBG Rdn. 42 ff.). Ein stillschweigender Einbeziehungswille kann dann gegeben sein, wenn Kaufleute im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung stets Verträge zu den Geschäftsbedingungen der einen Seite abgeschlossen haben und der Verwender unmißverständlich zu erkennen gegeben hat, daß er regelmäßig Geschäfte nur auf der Grundlage seiner eigenen Geschäftsbedingungen tätigen will (vgl. BGHZ 117, 190, 195; 129, 323, 324 f.; MünchKomm.BGB/Basedow, § 2 AGBG Rdn. 46). Auch durch eine Rahmenvereinbarung (§ 2 Abs. 2 AGBG a.F. = § 305 Abs. 3 BGB n.F.) konnte das Regelwerk der AGNB im voraus in künftig abzuschließende Verträge einbezogen werden (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.1982 - I ZR 176/80, TranspR 1983, 73, 74 = VersR 1983, 339).
bb) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt.
(1) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Beklagte , der aus den AGNB eine für ihn günstige Rechtsfolge herzuleiten sucht, darzulegen und zu beweisen hat, daß dieses Regelwerk Bestandteil des streitgegenständlichen Frachtvertrages zwischen ihm und der E-GmbH geworden ist (vgl. MünchKomm.BGB/Basedow, § 2 AGBG Rdn. 41).
(2) Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Sachvortrag des Beklagten, die Geltung der AGNB sei zwischen ihm und der E-GmbH ausdrücklich vereinbart worden, sei nicht hinrei- chend substantiiert und daher keine geeignete Grundlage für die Erhebung des von dem Beklagten angebotenen Zeugenbeweises.
(a) An die Substantiierungslast des Darlegungspflichtigen dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast , wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht zu begründen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind; dabei hängt es vom Einzelfall, insbesondere der Einlassung des Gegners und dem, was der Partei an näheren Angaben möglich und zumutbar ist, ab, in welchem Maße die Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen noch weiter substantiieren muß (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 12.7.1984 - VII ZR 123/83, MDR 1985, 315; Urt. v. 23.4.1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2709; Urt. v. 13.7.1998 - II ZR 131/97, NJW-RR 1998, 1409; Urt. v. 4.7.2000 - VI ZR 236/99, NJW 2000, 3286, 3287; Urt. v. 8.5.2002 - I ZR 28/00, WRP 2002, 1077, 1081 - Vergleichsverhandlungen ).
(b) Das Berufungsgericht hat angenommen, aus dem an den Beklagten gerichteten Schreiben der E-GmbH vom 14. Dezember 1994 ergebe sich trotz der Überschrift "Versicherungsbestätigung zum AGNB-Rahmenvertrag E. " nicht die Einbeziehung der AGNB in den streitgegenständlichen Beförderungsvertrag , weil der Beklagte einen Rahmenvertrag mit der E-GmbH nicht vorgelegt habe und das Schreiben zudem mehr als drei Jahre vor dem hier zu beurteilenden Geschehnis abgefaßt worden sei. Die vom Beklagten in der Beru-
fungsverhandlung vorgelegte Ablichtung eines ausgefüllten Fragebogens für Subunternehmer der E-GmbH entbehre jeder Aussagekraft, weil das Formular, in dem unter der Rubrik "Versicherungsart" die Alternative "AGNB" angekreuzt sei, lediglich vom Beklagten selbst ausgefüllt worden sei und weder einen Beleg noch eine Bestätigung durch das Speditionsunternehmen enthalte.
(c) Das Berufungsgericht hat dem an den Beklagten gerichteten Schreiben der E-GmbH vom 14. Dezember 1994, das mit "Versicherungsbestätigung zum AGNB-Rahmenvertrag E. " überschrieben ist, verfahrensfehlerhaft keine hinreichende Indizwirkung für die unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung des Beklagten beigemessen, die Geltung der AGNB sei zwischen ihm und der E-GmbH ausdrücklich vereinbart worden. Der vom Berufungsgericht für maßgeblich erachtete Umstand, daß der Beklagte einen Rahmenvertrag nicht vorgelegt hat, spricht nicht zwingend gegen die Schlüssigkeit seines Vortrages, da eine derartige Vereinbarung nicht unbedingt schriftlich geschlossen worden sein muß. Ebensowenig steht dem Vorbringen des Beklagten zur Geltung der AGNB entgegen, daß das Schreiben mehr als drei Jahre vor dem streitgegenständlichen Schadensfall abgefaßt wurde. Denn der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, daß er bereits zum damaligen Zeitpunkt für die E-GmbH als Nahverkehrsunternehmer tätig war. Anhaltspunkte für die Annahme, daß sich daran bis zum in Rede stehenden Schadensereignis etwas geändert haben könnte, sind nicht ersichtlich. Dem Beklagten kann angesichts des lange zurückliegenden Zeitpunktes der behaupteten Vereinbarung über die Einbeziehung der AGNB in die mit der E-GmbH geschlossenen Beförderungsverträge auch nicht vorgehalten werden, daß er zu den näheren Umständen der Vereinbarung in der Berufungsverhandlung ohne vorherigen Hinweis, daß ein derartiger Vortrag erforderlich sein würde, keine Angaben machen konnte. Er hat einen Mitarbeiter der E-GmbH als Zeugen für die Richtigkeit seiner Behauptung betreffend die
Einbeziehung der AGNB in den streitgegenständlichen Beförderungsvertrag benannt. Dieses Beweisangebot ist im Zusammenhang mit den vorgelegten Unterlagen hinreichend substantiiert. Dem hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen.
Sollte das Berufungsgericht nach Durchführung der erforderlichen Beweisaufnahme zu der Feststellung gelangen, daß die AGNB auch Gegenstand des in Rede stehenden Vertragsverhältnisses zwischen dem Beklagten und der E-GmbH waren, wird es dem weiteren unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag des Beklagten, für das Transportfahrzeug habe zum Zeitpunkt der von seinem Fahrer begangenen Unterschlagung eine Haftpflichtversicherung gegen Güterschäden bestanden, nachzugehen haben.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Beklagte habe die zugunsten der Klägerin sprechende Vermutung , daß der Fahrer die in der Rechnung und in dem Lieferschein der Versicherungsnehmerin mit Datum vom 17. Februar 1998 aufgeführten Waren erhalten habe, nicht durch hinreichend substantiierten Vortrag entkräftet. Der Beklagte hat den Vortrag der Klägerin zur Übergabe des Transportguts in der behaupteten Menge, hinsichtlich der die Klägerin grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1964 - Ib ZR 222/62, VersR 1964, 1014, 1015; Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 15/84, TranspR 1986, 459, 461 = VersR 1986, 1019; Urt. v. 16.1.1997 - I ZR 208/94, TranspR 1997, 294, 296 = VersR 1997, 1020), entgegen der Ansicht der Revision nicht wirksam bestritten.

a) Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, der Fahrer des Beklagten habe bei der Entgegennahme des Transportgutes eine Empfangsbestätigung unterzeichnet, die ihrerseits auf die beigefügte Rollkarte Bezug ge-
nommen habe. Die Bestätigung habe den ausdrücklichen Hinweis: "Stückzahlenmäßig und in einwandfreiem Zustand laut Rollkarte übernommen" enthalten. Die Empfangsbestätigung des Fahrers stellte jedenfalls bei Berücksichtigung des Inhalts der Rollkarte, des Lieferscheins und der Rechnung ein geeignetes Beweismittel zugunsten der Klägerin dar mit der Folge, daß der Beklagte die dadurch begründete Vermutung zu entkräften habe, was ihm nicht gelungen sei. Er habe weder aussagekräftige Indizien vorgetragen und unter Beweis gestellt , die gegen die Richtigkeit der Angaben der Klägerin zur Schadenshöhe sprechen würden, noch habe er einen Gegenbeweis - etwa durch Berufung auf die von der Klägerin selbst benannten Zeugen - angetreten. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

b) Der Beweis für die Anzahl der übergebenen Frachtstücke und den Zustand des Gutes kann von dem Anspruchsberechtigten grundsätzlich auch durch eine von dem Frachtführer oder seinem Fahrer ausgestellte Empfangsbestätigung (Übernahmequittung) geführt werden. Die formelle Beweiskraft einer solchen Empfangsbestätigung richtet sich nach § 416 ZPO. Ihre materielle Beweiskraft hängt - ebenso wie bei der Quittung i.S. von § 368 BGB - von den Umständen des Einzelfalls ab. Sie unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) und kann durch jeden Gegenbeweis, durch den die Überzeugung des Gerichts von ihrer inhaltlichen Richtigkeit erschüttert wird, entkräftet werden (vgl. BGH, Urt. v. 14.4.1978 - V ZR 10/77, WM 1978, 849 m.w.N. zur Quittung gemäß § 368 BGB; Helm in Großkomm.HGB, 4. Aufl., § 429 Rdn. 106; MünchKomm.HGB/Dubischar, § 426 HGB Rdn. 24 f., § 429 HGB Rdn. 36 ff.; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., § 408 HGB Rdn. 27). Letzteres kommt etwa in Betracht, wenn die Empfangsbestätigung Angaben enthält, die der Unterzeichnende ersichtlich oder erwiesenermaßen nicht bestätigen konnte, wie beispielsweise Angaben über die Anzahl der in Kartons verpackten Waren
oder das nicht nachgewogene Gewicht einer Sendung. Denn die Beweiskraft einer Empfangsbestätigung bezieht sich im Zweifel nicht auf den Inhalt einer verschlossenen Sendung (vgl. BGH TranspR 1986, 459, 461; Koller, Transportrecht , 4. Aufl., § 425 HGB Rdn. 41; MünchKomm.HGB/Dubischar § 426 HGB Rdn. 25, § 429 HGB Rdn. 38).
Die von dem Fahrer des Beklagten unterzeichnete Empfangsbestätigung beweist danach zwar weder für sich allein noch in Verbindung mit der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Rollkarte, daß es sich bei dem unstreitig im Obhutsbereich des Beklagten in Verlust geratenen Transportgut um diejenige Ware gehandelt hat, die in der Rechnung der Versicherungsnehmerin vom 17. Februar 1998 und in dem Lieferschein vom selben Tag im einzelnen aufgeführt ist. Das hindert den Tatrichter jedoch nicht, sich die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung der Klägerin, dem Fahrer des Beklagten seien die in der Rechnung und in dem Lieferschein der Versicherungsnehmerin mit Datum vom 17. Februar 1998 aufgeführten Waren übergeben worden, anhand der gesamten Umstände des Einzelfalles zu bilden, solange der Beklagte dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt. Im Streitfall sprechen für die Annahme, daß durch die Unterschlagung des Transportgutes ein Schaden in der behaupteten Höhe entstanden ist, folgende Gesichtspunkte:
Die Angaben in dem Lieferschein vom 17. Februar 1998 und in der vom selben Tag datierenden Rechnung legen die Vermutung nahe, daß die darin aufgeführten Waren auch tatsächlich von der Versicherungsnehmerin zum Versand gebracht worden sind. Dies ergibt sich vor allem aus dem Umstand, daß es sich sowohl bei der Versenderin als auch bei der Empfängerin der Ware um Gewerbetreibende handelt. Im gewerblichen Bereich spricht nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß an den gewerb-
lichen Kunden exakt die bestellten und sodann berechneten Waren versandt wurden. Sofern die Güter - wie hier - in verschlossenen Behältnissen (Kartons) zum Versand gebracht wurden, ist bei kaufmännischen Absendern zwar nicht - wie das Berufungsgericht angenommen hat - aufgrund einer tatsächlichen Vermutung (§ 292 ZPO), die den vollen Gegenbeweis erfordert (vgl. Zöller/ Greger, ZPO, 23. Aufl., § 292 Rdn. 2), sondern prima facie anzunehmen, daß die im Lieferschein und in der dazu korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem Behältnis enthalten waren (vgl. Koller, Transportrecht, 4. Aufl., § 425 HGB Rdn. 41). Es obliegt dann dem Schädiger, den zugunsten des Versenders streitenden Anscheinsbeweis durch substantiierten Vortrag zu erschüttern.
Das ist dem Beklagten im Streitfall nicht gelungen. Er hat lediglich mit Nichtwissen bestritten, daß die in der Rechnung vom 17. Februar 1998 aufgeführten "EDV-Artikel" tatsächlich von der Versicherungsnehmerin an die in der Rechnung genannte Empfängerin verschickt worden sind. Das reicht zur Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht aus.
Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe übersehen, daß der Beklagte vorgetragen habe, seinem Fahrer sei bei der Übernahme der Ware von der E-GmbH kein Lieferschein übergeben worden, rechtfertigt keine andere Beurteilung, da der zugunsten der Klägerin sprechende Anscheinsbeweis an diesen Umstand nicht anknüpft. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, die Empfangsbestätigung des Fahrers stelle jedenfalls unter Berücksichtigung des Inhaltes der Rollkarte, des Lieferscheins und der Rechnung ein geeignetes Beweismittel zugunsten der Klägerin dar mit der Folge, daß der Beklagte die dadurch begründete Vermutung zu entkräften habe, sind - wie die Revision offenbar meint - nicht in dem Sinne zu verstehen, daß das Berufungsgericht hat an-
nehmen wollen, Voraussetzung für das Eingreifen der von ihm angenommenen Vermutung sei die Übergabe des Lieferscheins an den Fahrer des Beklagten.
III. Das angefochtene Urteil war danach auf die Revision des Beklagten aufzuheben. Da der Ausgang des Rechtsstreits noch von weitergehenden tatsächlichen Feststellungen abhängt, die im Revisionsverfahren nicht getroffen werden können, war die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 9/05 Verkündet am:
20. Juli 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Der Grundsatz, dass bei kaufmännischen Absendern prima facie anzunehmen
ist, dass die im Lieferschein und in der dazu korrespondierenden Rechnung
aufgeführten Waren in dem verschlossenen Behältnis enthalten waren, in dem
sie zum Versand gebracht worden sind (BGH, Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 104/00,
TranspR 2003, 156), gilt auch, wenn ein Versender dem Transportunternehmer
ständig eine Vielzahl von Paketen übergibt.
Bietet die vom Frachtführer angebotene Versendungsart keinerlei Anhaltspunkte
für die Annahme, bereits eine Wertdeklaration führe zu einer besonderen
Behandlung des Transportguts, so kann von einem schadensursächlichen Mitverschulden
des Versenders auszugehen sein, wenn er nicht selbst weitergehende
Maßnahmen ergreift, um das Paket der für wertdeklarierte Sendungen
vorgesehenen sorgfältigeren Behandlung zuzuführen.
BGH, Urt. v. 20. Juli 2006 - I ZR 9/05 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Dezember 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, eine Transportversicherungsgesellschaft, nimmt die Beklagte , die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht der D. GmbH (im Folgenden: Versicherungsnehmerin) wegen des Verlustes von Transportgut in zwei Fällen auf Schadensersatz in Anspruch.

2
Am 28. November 2001 übergab die M. GmbH in Stutensee (im Folgenden: Versenderin), die 200 Teile Computerzubehör an die in Braunschweig ansässige Versicherungsnehmerin zum Gesamtpreis von 26.380 DM netto (= 13.487,88 €) verkauft hatte, der Beklagten eine Sendung zum Transport an die Versicherungsnehmerin. Die Sendung, deren Inhalt und Wert streitig ist, erreichte die Versicherungsnehmerin nicht. Daraufhin übergab die Versenderin der Beklagten am 30. November 2001 eine nach der Behauptung der Klägerin entsprechende Sendung zur Durchführung des Auftrags. Auch diese Sendung erreichte die Versicherungsnehmerin nicht.
3
Die Beförderungsbedingungen der Beklagten Stand 11/00 enthalten u.a. folgende Regelungen: "... 2. Serviceumfang Sofern keine besonderen Dienstleistungen vereinbart werden, beschränkt sich der von U. angebotene Service auf Abholung, Transport, Zollabfertigung (sofern zutreffend) und Zustellung der Sendung. die Um vom Versender gewünschte kurze Beförderungsdauer und das niedrige Beförderungsentgelt zu ermöglichen, werden die Sendungen im Rahmen einer Sammelbeförderung transportiert. Der Versender nimmt mit der Wahl der Beförderungsart in Kauf, dass aufgrund der Massenbeförderung nicht die gleiche Obhut wie bei einer Einzelbeförderung gewährleistet werden kann. Der Versender ist damit einverstanden, wenn eine Kontrolle des Transportweges, insbesondere durch Ein- und Ausgangsdokumentation , an den einzelnen Umschlagstellen innerhalb des U. -Systems nicht durchgeführt wird. Soweit der Versender eine weitergehende Kontrolle der Beförderung wünscht, wählt er die Beförderung als Wertpaket. … 9.2 Gelten keine Abkommensbestimmungen oder sonstige zwingende nationale Gesetze, wird die Haftung ausschließlich durch diese Bedingungen geregelt. In Deutschland ist die Haftung für Verlust oder Beschädigung begrenzt auf nachgewiesene direkte Schäden bis maximal DM 1.000,00 pro Sendung oder 8,33 SZR für jedes Kilogramm, je nachdem welcher Betrag höher ist. In Österreich und in der Schweiz haftet U. bei Verschulden für nachgewiesene direkte Schäden bis zu einer Höhe von maximal CHF 150 pro Sendung in der Schweiz bzw. in Österreich öS 1.200 pro Sendung oder dem nach § 54 AÖSp ermittelten Betrag, je nachdem welcher Betrag höher ist. Bei Teilverlusten oder -beschädigungen wird das Gewicht des entwerteten Teils der Sendung zugrundegelegt. Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die U. , seine gesetzlichen Vertreter, oder Erfüllungsgehilfen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, dass der Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen haben. … 9.4 Die Haftungsgrenze nach Ziffer 9.2 wird angehoben durch korrekte Deklaration eines höheren Wertes der Sendung auf dem Frachtbrief und durch Zahlung des in der "Tariftabelle und Serviceleistungen" aufgeführten Zuschlages auf den angegebenen Wert (Wertpaket). In keinem Fall dürfen die in Absatz 3 (a) (ii) festgesetzten Grenzen überschritten werden. Der Versender erklärt durch Unterlassung einer Wertdeklaration, dass sein Interesse an den Gütern die in Ziffer 9.2 genannte Grundhaftung nicht übersteigt. kann U. Wertzuschläge namens und im Auftrag des Versenders als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders an eine Versicherungsgesellschaft weitergeben. In diesem Fall werden etwaige Ansprüche des Versenders auf Schadensersatz durch U. gestellt und im Namen der Versicherungsgesellschaft bezahlt. Die von U. für diese Zwecke eingesetzten Policen können bei der oben genannten Anschrift eingesehen werden. …"
4
Die Klägerin hat behauptet, sie sei alleiniger Transportversicherer der D. GmbH und habe an diese wegen des Verlustes der Pakete jeweils einen Betrag von 13.487,88 € bezahlt. Die Pakete hätten die in den Rechnungen und Lieferscheinen aufgeführten Waren mit den jeweils angegebenen Werten enthalten. Die Beklagte hafte für deren Verlust in voller Höhe, weil sie mangelhaft organisiert sei.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 26.975,76 € nebst Zinsen zu zahlen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat das Vorliegen der Voraussetzungen für eine unbeschränkte Haftung bestritten und geltend gemacht , die Klägerin müsse sich ein haftungsausschließendes Mitverschulden anrechnen lassen, weil die Versenderin eine Wertdeklaration unterlassen habe.
7
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
8
Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
9
Mit der (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat - wie auch schon das Landgericht - eine unbeschränkte Haftung der Beklagten für den Verlust der Sendungen nach den §§ 425, 435 HGB angenommen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
11
Der an die Klägerin abgetretene Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmerin aus § 421 Abs. 1 Satz 2, § 425 HGB sei nicht auf den Höchstbetrag nach § 431 HGB oder Nr. 9 der Beförderungsbedingungen der Beklagten beschränkt, weil der Beklagten ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB zur Last falle. Die Beklagte führe nicht an sämtlichen Umschlagstellen Einund Ausgangskontrollen durch. Hierin liege ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB. Auf Nr. 2 Abs. 2 ihrer Beförderungsbedingungen könne sich die Beklagte nicht berufen. Danach verzichte der Versender nicht auf die Durchführung von Ein- und Ausgangskontrollen, sondern nur auf deren Dokumentation. Die Klausel stelle auch keine einer Inhaltskontrolle entzogene Leistungsbeschreibung dar. Zugunsten der Versicherungsnehmerin spreche der Anscheinsbeweis , dass die im Lieferschein und in der dazu korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in den verloren gegangenen Paketen enthalten gewesen seien. Ein Mitverschulden der Versenderin gemäß § 254 Abs. 1 und 2 BGB an dem Verlust der Sendungen sei der Klägerin nicht zur Last zu legen.
12
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Denn dieses hat zu Unrecht ein Mitverschulden der Versenderin verneint.
13
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten gemäß § 421 Abs. 1 Satz 2, § 425 HGB bejaht. Die Beklag- te hat nicht bestritten, dass der Verlust der beiden Pakete in ihrem Gewahrsam eingetreten ist. Mit Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Beklagte gemäß § 435 HGB unbeschränkt haftet, weil sie keine Schnittstellenkontrollen durchführt (vgl. BGHZ 158, 322, 327 ff.; BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 276/02, TranspR 2005, 208, 209). Entgegen der Ansicht der Revision ist die unbeschränkte Haftung der Beklagten nicht nach Nr. 2 ihrer Beförderungsbedingungen ausgeschlossen. Wie der Senat mittlerweile entschieden hat, ist die Klausel, sofern sie einen Verzicht auf das Erfordernis von Schnittstellenkontrollen und damit einen Haftungsausschluss enthält, gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB unwirksam (BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, TranspR 2006, 169, 170 f.).
14
2. Die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die in Verlust geratenen Sendungen hätten die aus den von der Klägerin vorgelegten Lieferscheinen und Rechnungen ersichtlichen Waren enthalten, bleiben gleichfalls ohne Erfolg.
15
a) Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, das einfache Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen des Inhalts der streitgegenständlichen Sendungen sei angesichts der von einem kaufmännischen Absender stammenden Lieferscheine , Packlisten und Rechnungen unerheblich, weil prima facie anzunehmen sei, dass die in den Lieferscheinen und in den dazu korrespondierenden Rechnungen aufgeführten Waren in den Behältnissen enthalten gewesen seien. Zwar treffe es zu, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen kein Bezug zu einer Paketnummer ergebe. Die Beklagte bestreite jedoch nicht, die für die Versicherungsnehmerin bestimmten Pakete in Empfang genommen zu haben. Entsprechend seien auch Paketkontrollnummern für die für die Versicherungsnehmerin bestimmten Pakete vergeben worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Versenderin an den entsprechenden Abholungstagen noch weitere Pakete über die Beklagte an die Versicherungsnehmerin versandt habe, bestünden nicht. Auch sei nicht ersichtlich, dass die Versenderin die Pakete an anderen Tagen versandt habe.
16
b) Diese Erwägungen des Berufungsgerichts lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
17
aa) Der Beweis für die Anzahl der übergebenen Frachtstücke und den Zustand des Gutes kann von dem Anspruchsberechtigten grundsätzlich auch durch eine von dem Frachtführer oder dessen Fahrer ausgestellte Empfangsbestätigung (Übernahmequittung) geführt werden. Deren materielle Beweiskraft hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 104/00, TranspR 2003, 156, 158 m.w.N.). Die Beweiskraft einer Empfangsbestätigung bezieht sich allerdings im Zweifel nicht auf den dem Unterzeichnenden nicht erkennbaren Inhalt einer verschlossenen Sendung (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.1986 - I ZR 15/84, TranspR 1986, 459, 461; Koller, Transportrecht , 5. Aufl., § 425 HGB Rdn. 41).
18
bb) Den von der Versenderin erstellten und von der Beklagten nicht beanstandeten Versandlisten in dem von ihnen angewandten so genannten EDIVerfahren kommt unter den vom Berufungsgericht festgestellten Umständen die Wirkung einer Empfangsbestätigung zu (vgl. BGH, Urt. v. 4.5.2005 - I ZR 235/02, TranspR 2005, 403, 404). Sie beweisen zwar weder für sich allein noch in Verbindung mit den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Packlisten, dass es sich bei den unstreitig im Obhutsbereich der Beklagten in Verlust geratenen Transportgütern um diejenigen Waren gehandelt hat, die in den Rechnungen der Versenderin vom 28. und 30. November 2001 und in den Lieferscheinen mit jeweils demselben Datum im Einzelnen aufgeführt sind. Das hindert den Tatrichter nach der Rechtsprechung des Senats jedoch nicht, sich die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung der Klägerin, dem Fahrer der Beklagten seien die in den Rechnungen und in den Lieferscheinen aufgeführten Waren übergeben worden, anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls zu bilden, solange die Beklagte dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt (vgl. BGH TranspR 2003, 156, 158 f.).
19
cc) Das Berufungsgericht hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass die Angaben in den Rechnungen und Lieferscheinen die Vermutung nahe legen , dass die Versenderin die darin aufgeführten Waren tatsächlich der Beklagten übergeben hat. Dies folgt aus dem Umstand, dass es sich sowohl bei der Versenderin als auch bei der Empfängerin der Waren um Gewerbetreibende handelt und im gewerblichen Bereich nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass an den gewerblichen Kunden exakt die bestellten und sodann berechneten Waren versandt wurden. Sofern die Güter - wie hier - in verschlossenen Behältnissen zum Versand gebracht wurden, ist bei kaufmännischen Absendern prima facie anzunehmen, dass die im Lieferschein und in der dazu korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem Behältnis enthalten waren (vgl. BGH TranspR 2003, 156, 159; Koller aaO § 425 HGB Rdn. 41). Es obliegt dann dem Schädiger, den zugunsten des Versenders streitenden Anscheinsbeweis durch substantiierten Vortrag zu erschüttern.
20
dd) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein Dauerkunde - wie im vorliegenden Fall die Versenderin - dem Transportunternehmen ständig eine Vielzahl von Paketen übergibt. Ausweislich der EDI-Versandlisten hat die Versenderin der Beklagten am 28. November 2001 187 Pakete und am 30. November 2001 151 Pakete übergeben. Der zugunsten der Versenderin streitende Anscheinsbeweis ist nicht auf den Fall beschränkt, dass dem Transportunter- nehmen nur ein einzelnes Gut zur Beförderung übergeben wird. Gewerbliche Unternehmen nehmen erfahrungsgemäß täglich eine Vielzahl von Bestellungen anderer Gewerbetreibender entgegen und wickeln diese ab. Der vom Senat in der Entscheidung vom 24. Oktober 2002 - I ZR 104/00 (TranspR 2003, 156, 159) zugrunde gelegte Erfahrungssatz, dass an den gewerblichen Kunden mit hoher Wahrscheinlichkeit exakt die bestellten und sodann berechneten Waren versandt wurden, gilt folglich auch dann, wenn eine Vielzahl von Waren gleichzeitig demselben Transportunternehmen zum Versand übergeben worden sind. Entgegen der Ansicht der Revision kann auch bei einem Massenversand durch einen Dauerkunden grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass sich die in einem Lieferschein und einer Rechnung aufgeführte Ware in irgendeiner beliebigen der zum Versand gebrachten Sendungen befunden haben kann. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts waren die beiden unstreitig im Gewahrsam der Beklagten verloren gegangenen Pakete mit Paketkontrollnummern versehen und wiesen als Empfängerin die Versicherungsnehmerin auf. Anhaltspunkte dafür, dass diese Pakete nicht die gemäß den vorgelegten Rechnungen und Lieferscheinen für die Versicherungsnehmerin bestimmten Waren enthalten haben, hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Es ist vielmehr, wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, nichts dafür ersichtlich , dass die Versenderin an den betreffenden Abholungstagen noch weitere Pakete an die Versicherungsnehmerin versandt hat oder dass Pakete mit den auf den Lieferscheinen und Rechnungen aufgeführten Waren an anderen als den mit den Daten auf den Lieferscheinen und Rechnungen übereinstimmenden Abholungstagen versandt worden sein könnten.
21
3. Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Versenderin treffe kein Mitverschulden am Verlust der Sendungen.
22
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Mitverschuldenseinwand auch im Fall des qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 471; Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, TranspR 2004, 177, 179).
23
b) Nach § 425 Abs. 2 HGB hängen die Verpflichtung zum Schadensersatz und der Umfang des zu leistenden Schadensersatzes davon ab, inwieweit bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders mitgewirkt hat. Die Vorschrift des § 425 Abs. 2 HGB greift den Rechtsgedanken des § 254 BGB auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (Begr. zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes , BT-Drucks. 13/8445, S. 60). Ein mitwirkender Schadensbeitrag des Versenders kann sich daraus ergeben, dass dieser eine Wertdeklaration unterlassen oder von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens abgesehen hat. Die vom Senat zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 zu § 254 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB aufgestellten Grundsätze sind ohne inhaltliche Änderungen auf § 425 Abs. 2 HGB zu übertragen (BGH TranspR 2003, 467, 471; BGH, Urt. v. 30. 3. 2006 - I ZR 57/03, TranspR 2006, 250, 253).
24
c) Nicht beigetreten werden kann dem Berufungsgericht in seiner Annahme , ein Mitverschulden der Versenderin wegen Unterlassens einer Wertdeklaration komme im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil nicht festgestellt werden könne, dass die Beklagte die Sendungen bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, also besonderen Sicherungen unterstellt hätte und die Versenderin hiervon Kenntnis gehabt habe.
25
aa) Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein Versender in einen gemäß § 425 Abs. 2 HGB254 Abs. 1 BGB) beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Spediteur die Sendung bei richtiger Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt , von einer Wertdeklaration absieht und bei Verlust gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401). Es ist weiter davon auszugehen, dass es für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden ausreichen kann, wenn der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch den Transporteur hätte erkennen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 284/02, TranspR 2006, 202, 204; Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04, TranspR 2006, 205, 206). Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich die Versenderin die Kenntnis, dass bei einer Beförderung eines Pakets als Wertpaket bei der Beklagten weitergehende Kontrollen vorgesehen sind als bei nicht wertdeklarierten Paketen, aus Nr. 2 Abs. 2 letzter Satz der Beförderungsbedingungen der Beklagten hätte verschaffen können.
26
bb) Das Berufungsgericht hat auch beachtet, dass der Einwand des Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration nicht bereits dann an der fehlenden Kausalität scheitert, wenn bei wertdeklarierten Sendungen ein Verlust nicht vollständig ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH TranspR 2004, 399, 401). Ein bei der Entstehung des Schadens mitwirkendes Verschulden des Versenders kommt vielmehr auch in Betracht, wenn bei wertdeklarierten Sendungen Lücken in der Schnittstellenkontrolle verbleiben und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Sendung gerade in diesem Bereich verloren gegangen ist und die Angabe des Werts der Ware daher deren Verlust nicht verhindert hätte (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318).
27
cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Vortrag der Beklagten, sie behandele wertdeklarierte Pakete sorgfältiger als nicht wertdeklarierte , nicht deshalb unerheblich, weil die verloren gegangenen Pakete im vorliegenden Fall im Wege des so genannten EDI-Verfahrens versandt worden sind.
28
(1) Bei dem EDI-Verfahren der Beklagten, an dem nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch die Versenderin teilgenommen hat, handelt es sich um ein EDV-gestütztes Verfahren, bei dem der Versender die zu befördernden Pakete mittels einer von der Beklagten zur Verfügung gestellten Software selbst im System erfassen kann. Dieses System teilt sodann jedem Paket eine Kontrollnummer zu und erstellt einen Aufkleber, den der Versender auf das Paket aufbringen kann. Die Versanddaten werden auf elektronischem Wege an die Beklagte übersandt. Der Abholfahrer der Beklagten nimmt die Vielzahl der bereit gestellten und von der Versenderin üblicherweise in einen so genannten Feeder verladenen Pakete entgegen und quittiert die Gesamtzahl der übernommenen Pakete auf einem "Summary Manifest". Hierbei unterbleibt ein Abgleich zwischen der Versandliste und dem Inhalt des Feeders.
29
(2) Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht dargetan, auf welche Weise sie sicherstellt, dass Wertpakete auch in diesem Verfahren mit erhöhter Beförderungssicherheit transportiert werden. Die von ihr vorgetragenen Kontrollen bei der Beförderung von Wertpaketen könnten nicht umgesetzt werden, wenn Kunden, die am EDI-Verfahren teilnähmen, zwar bei der Eingabe der Paketdaten eine Wertdeklaration vornähmen, das wertdeklarierte Paket dann aber zusammen mit anderen Paketen in den Feeder gäben. Denn das Paket werde dann weiterhin wie eine Standardsendung befördert. Soweit die Beklagte vorgetragen habe, eine Behandlung als Wertpaket im Rahmen des EDI-Verfahrens setze voraus, dass das Paket dem Abholfahrer der Beklagten separat als Wertpaket übergeben werde, sei nicht ersichtlich, dass der Versenderin dies bekannt gewesen sei.
30
(3) Mit dieser Begründung kann ein Mitverschulden der Versenderin wegen des Unterlassens einer Wertdeklaration nicht verneint werden. Wie auch das Berufungsgericht gesehen hat, konnte die Versenderin der Regelung in Nr. 2 Abs. 2 der Beförderungsbedingungen der Beklagten entnehmen, dass die Beklagte weiter gehende Kontrollen der Beförderung vornimmt, wenn die Beförderung als Wertpaket gewählt wird. Eine sorgfältigere Behandlung ihr übergebener wertvoller Sendungen setzt, wie sich einem ordentlichen und verständigen Versender aufdrängen muss, zunächst voraus, dass der Beklagten der besondere Wert des Transportguts zur Kenntnis gebracht wird. Bietet der Transporteur verschiedene Beförderungsarten an, so hat der Versender zur Vermeidung eigenen Schadens diejenige Beförderungsart zu wählen, die bei einer Wertdeklaration eine sorgfältigere Behandlung des übergebenen Guts gewährleistet. Insoweit kann auch bei einem EDV-gestützten Verfahren der Mitverschuldenseinwand schon durch die bloße Wertangabe ausgeschlossen sein, wenn die Versandlisten in dem dem Kunden von dem Transportunternehmen zur Verfügung gestellten Softwaresystem Wertangaben ausdrücklich vorsehen und der Versender daher davon ausgehen kann, dass das Transportunternehmen seine Wertangaben beachten wird (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 117/04, TranspR 2006, 119, 121). Von einer solchen Ausgestaltung des im Streitfall angewendeten EDI-Verfahrens kann nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen jedoch nicht ausgegangen werden.
31
(4) Nach dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Vortrag der Beklagten kommt eine besondere Behandlung eines wertdeklarierten Pakets nur in Betracht, wenn dieses der Transportperson gesondert übergeben wird. Entgegen den Ausführungen der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhand- lung ist dieses dem Berufungsgericht „aus anderen Verfahren bekannte“ Vorbringen der Beklagten Gegenstand der Erörterung auch im vorliegenden Verfahren gewesen. Dies ist dem in der mündlichen Verhandlung am 8. November 2004 protokollierten Kenntnisstand des Berufungsgerichts zu entnehmen, dass bei der Wahrnehmung des EDI-Verfahrens die Betriebsorganisation der Beklagten über die Behandlung wertdeklarierter Pakete nicht eingreife. Daraus folgt, dass eine besondere Behandlung eines wertvollen Pakets die gesonderte Übergabe an den Fahrer erfordert. Entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts scheitert ein Mitverschulden der Versenderin nicht daran, dass sie von dieser (herkömmlichen) Verfahrensweise nichts gewusst habe.
32
Wenn die konkrete Ausgestaltung des EDI-Verfahrens dem Absender keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme bietet, bereits die Erfassungssoftware teile wertdeklarierte Sendungen einem besonders kontrollierten Transportsystem zu, hat er selbst Maßnahmen zu ergreifen, um auf eine sorgfältigere Behandlung der wertdeklarierten Sendung aufmerksam zu machen. Von einem schadensursächlichen Mitverschulden der Versenderin ist auszugehen, weil sie hätte erkennen können, dass eine sorgfältigere Behandlung durch die Beklagte nur gewährleistet ist, wenn wertdeklarierte Sendungen nicht mit anderen Paketen in den Feeder gegeben, sondern dem Abholfahrer der Beklagten gesondert übergeben werden. Dass eine solche gesonderte Übergabe an den Abholfahrer erforderlich ist, liegt angesichts der Ausgestaltung des vorliegend angewandten EDI-Verfahrens, das im beiderseitigen Interesse der Beschleunigung des Versands darauf angelegt ist, dass Paketkontrollen zunächst unterbleiben (vgl. BGH TranspR 2005, 403, 404), für einen ordentlichen und vernünftigen Versender auf der Hand.
33
d) Nicht zutreffend ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Versenderin ergebe sich auch nicht daraus, dass die Versenderin nicht auf einen drohenden besonders hohen Schaden hingewiesen habe (§ 254 Abs. 2 BGB).
34
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liegt ein ungewöhnlich hoher Schaden nicht erst bei einem Wert der Sendung oberhalb von 50.000 USDollar vor. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, liegt es angesichts des Umstands, dass nach den Beförderungsbedingungen der Beklagten Beträge von 1.000 DM und 50.000 US-Dollar im Raum stehen, nahe, die Gefahr eines besonders hohen Schadens in solchen Fällen anzunehmen , in denen der Wert der Sendung 5.000 €, also etwa den zehnfachen Betrag der Haftungshöchstgrenze gemäß Nr. 9 der Beförderungsbedingungen der Beklagten, übersteigt (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 265/03, TranspR 2006, 208, 209; BGH TranspR 2006, 205, 207). Danach hat in beiden Schadensfällen , bei denen der Handelswert des verloren gegangenen Gutes nach den tatrichterlichen Feststellungen jeweils 13.487,88 € betragen hat, die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens bestanden.
35
4. Die Haftungsabwägung im Falle eines Mitverschuldens obliegt grundsätzlich dem Tatrichter (vgl. BGHZ 149, 337, 355).
36
Im Rahmen der Haftungsabwägung ist zu beachten, dass die Reichweite des bei wertdeklarierten Sendungen gesicherten Bereichs einen für die Bemessung der Haftungsquote relevanten Gesichtspunkt darstellt: Je größer der gesicherte Bereich ist, desto größer ist auch der Anteil des Mitverschuldens des Versenders, der durch das Unterlassen der Wertangabe den Transport der Ware außerhalb des gesicherten Bereichs veranlasst (BGH TranspR 2006, 205, 207).
37
Ferner ist der Wert der transportierten, nicht wertdeklarierten Ware von Bedeutung: Je höher der tatsächliche Wert der nicht wertdeklarierten Sendung ist, desto gewichtiger ist der in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Schadensbeitrag. Denn je höher der Wert der zu transportierenden Sendung ist, desto offensichtlicher ist es, dass die Beförderung des Gutes eine besonders sorgfältige Behandlung durch den Spediteur erfordert, und desto größer ist das in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Verschulden des Versenders gegen sich selbst.
38
III. Danach konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es war daher auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.11.2003 - 31 O 20/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.12.2004 - I-18 U 30/04 -

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

24
b) Die Revision macht demgegenüber vergeblich geltend, nach der Rechtsprechung des Senats könne ein Anscheinsbeweis für den Inhalt eines Pakets nur angenommen werden, wenn die in einem von einem kaufmänni- schen Versender erstellten Lieferschein aufgeführten Waren mit einer korrespondierenden Rechnung übereinstimmten. Der Beweis für den Inhalt und den Wert eines verlorengegangenen Pakets unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO (BGH, Urt. v. 26.4.2007 - I ZR 31/05, TranspR 2007, 418 Tz. 13; Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 44/05, TranspR 2008, 163 Tz. 34; Urt. v. 30.1.2008 - I ZR 165/04, TranspR 2008, 122 Tz. 21). Entgegen der Ansicht der Revision ist es nicht erforderlich, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnungen zum Nachweis des Inhalts eines Pakets vorgelegt werden. Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Inhalts auch dann bilden, wenn nur eines der beiden Dokumente vorgelegt wird und der Beklagte dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt (BGH, Urt. v. 28.9.2006 - I ZR 198/03, TranspR 2007, 110 Tz. 24; BGH TranspR 2008, 163 Tz. 35).
31
Der Beweis für den Umfang und den Wert einer verlorengegangenen Sendung unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO (BGH, Urt. v. 2.4.2009 - I ZR 60/06, TranspR 2009, 262 Tz. 24 m.w.N.). Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Umfangs einer Sendung anhand von vorgelegten Lieferscheinen und dazu korrespondieren Rechnungen bilden, wobei es nicht erforderlich ist, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnungen zum Nachweis vorgelegt werden (BGH TranspR 2009, 262 Tz. 24). Die Revisionserwiderung weist mit Recht darauf hin, dass das Berufungsgericht seine Überzeugung vom Umfang der verlorengegangenen Ladung nicht allein auf die Rechnung der Versenderin vom 5. April 2006 gestützt hat. Es hat seine Überzeugung vielmehr anhand weiterer korrespondierender Unterlagen gebildet, insbesondere aufgrund von zwei an die Empfängerin gerichtete Rechnungen der Versenderin vom 15. November 2005, die genau die vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Beträge aufweisen. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
34
Der Beweis für den Inhalt und den Wert eines verlorengegangenen Pakets unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO (vgl. BGH TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 17; BGH TranspR 2007, 418 Tz. 13 f.). Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung der Klägerin, dem Fahrer der Beklagten seien die in den Rechnungen aufgeführten Waren übergeben worden, daher anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls bilden (vgl. BGH TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 17).

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

41
c) Die Frage, ob der Geschädigte seinen Ersatzanspruch wegen Verlustes von Transportgut bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 CMR auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR berechnen kann, ohne dabei der Haftungsbegrenzung gemäß Art. 23 Abs. 3 CMR zu unterliegen, wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beurteilt.

(1) Hat der Frachtführer für gänzlichen oder teilweisen Verlust des Gutes Schadenersatz zu leisten, so ist der Wert am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung zu ersetzen.

(2) Bei Beschädigung des Gutes ist der Unterschied zwischen dem Wert des unbeschädigten Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung und dem Wert zu ersetzen, den das beschädigte Gut am Ort und zur Zeit der Übernahme gehabt hätte. Es wird vermutet, daß die zur Schadensminderung und Schadensbehebung aufzuwendenden Kosten dem nach Satz 1 zu ermittelnden Unterschiedsbetrag entsprechen.

(3) Der Wert des Gutes bestimmt sich nach dem Marktpreis, sonst nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit. Ist das Gut unmittelbar vor Übernahme zur Beförderung verkauft worden, so wird vermutet, daß der in der Rechnung des Verkäufers ausgewiesene Kaufpreis abzüglich darin enthaltener Beförderungskosten der Marktpreis ist.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.