Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2017 - IV ZR 74/14
Gericht
Tenor
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Der Senat beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg - 1. Zivilsenat - vom 23. Januar 2014 durch Beschluss nach § 552a ZPO auf Kosten der Klägerin zurückzuweisen.
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Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen
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eines Monats
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Stellung zu nehmen.
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Streitwert: 449.338,25 €.
Gründe
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I. Die Klägerin fordert Leistungen aus einer von ihr bei der Beklagten unter anderem auch zugunsten der A. Ltd., K. (Vereinigtes Königreich; im Folgenden: Versicherte) gehaltenen Transportversicherung.
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Nach der Behauptung der Klägerin schloss die Versicherte im Oktober 2008 mit der Verkäuferin M. T. Import Export S.r.l., N. einen Vertrag über die Lieferung von Elektronikartikeln im Werte von 449.588,25 € ("F. N. ") und beauftragte den italienischen Frachtführer Autotrasporti T. C. damit, die Ware von N. in ein Lager in V. zu transportieren. Am 4. Dezember 2008 habe der Zeuge Ciro T. die von der Verkäuferin bereitgehaltenen Güter verpackt auf 33 Paletten geladen, um damit am darauffolgenden Tag nach V. zu fahren. Am 5. Dezember 2008 zwischen 4.10 Uhr und 4.20 Uhr sei er bei der Auffahrt auf die Autobahn Opfer eines Raubüberfalls geworden, bei dem er von den unbekannten Tätern zum Anhalten gezwungen, in einen PKW verbracht und später freigelassen worden sei, während sein LKW samt Ladung weggefahren worden sei.
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Das Landgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - die auf 449.338,25 € bezifferte Klage nach Vernehmung dreier Zeugen abgewiesen, weil die Klägerin nicht bewiesen habe, dass die Elektronikartikel, so wie von ihr behauptet, auf den LKW verladen worden seien. Im Übrigen sei die Beklagte auch nach § 137 Abs. 1 VVG n.F. leistungsfrei, weil die Versicherte es grob fahrlässig versäumt habe, ein Unternehmen zu beauftragen, das den Transport ohne längere Unterbrechungen und bei Tage hätte durchführen können.
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Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zwar bestehe dem Grunde nach Anspruch auf die begehrte Versicherungsleistung, weil die Klägerin aktivlegitimiert sei und das Gericht - insoweit unter Gewährung der in der Kfz-Kaskoversicherung entwickelten Beweiserleichterungen für den Versicherungsnehmer - davon ausgehe, dass der behauptete Raub, dessen äußeres Bild durch die Bekundungen des Zeugen T. erwiesen sei, stattgefunden und die Klägerin (oder die Versicherte) ihn auch nicht grob fahrlässig herbeigeführt habe.
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Es sei aber nicht zu beanstanden, dass das Landgericht sich nicht davon überzeugt habe, dass der Inhalt der 33 verladenen Paletten nach Typ und Stückzahl der Elektronikartikel exakt der Aufstellung in der Rechnung der Verkäuferin vom 29. Oktober 2008 (Anlage K 5) entsprochen habe. Zu Recht habe es die Klägerin diesbezüglich als beweisfällig angesehen. Mit ihren Angriffen auf diese Beweiswürdigung könne die Klägerin nicht durchdringen. Die Verladung der Ware sei allein mittels der erwähnten Rechnung dokumentiert, die zugleich Transportbegleitpapier sei, während der Lieferschein vom 4. Dezember 2008 nur darauf Bezug nehme, ohne die Waren selbst zu benennen, und weitere Schriftstücke, etwa Kommissionierungspapiere, Packungs-/Versand-/Stücklisten nicht vorhanden seien. Ihr Fehlen sei im Streitfall weder durch anderweitige Dokumente noch durch Zeugenbeweis ausgeglichen worden. Die Zeugen hätten lediglich die Verpackung und Verladung von 33 Paletten, nicht aber die Übereinstimmung von deren Inhalt mit den in der Rechnung vom 29. Oktober 2008 aufgeführten Elektronikartikeln bestätigen können.
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Dem Versicherungsnehmer einer Transportversicherung komme nicht die in der Rechtsprechung zur Hausratversicherung entwickelte Beweiserleichterung zugute, nach welcher bei Entwendung einer Vielzahl von Gegenständen, etwa eines Warenlagers oder einer Sammlung, vom Versicherungsnehmer lediglich der Nachweis geführt werden müsse, dass die Gegenstände "in etwa" oder "im Wesentlichen" in der angegebenen Menge vorhanden gewesen seien. Auch die vom Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung zur Haftung des Frachtführers bei Transportverlust entwickelten Beweisgrundsätze seien nicht auf die Transportversicherung zu übertragen.
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Wegen der Frage des Beweismaßes für den Nachweis der Vollständigkeit der an den Transporteur übergebenen Güter, die es für klärungsbedürftig hält, hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen.
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II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen indes nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
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1. Eine - vom Berufungsgericht angenommene - Klärungsbedürftigkeit der Frage, ob dem Versicherungsnehmer einer Transportversicherung Beweiserleichterungen in Bezug auf das beförderte und abhanden gekommene Transportgut zu gewähren sind, ist nicht ersichtlich.
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Eine Rechtsfrage ist dann klärungsbedürftig, wenn sie vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird oder in den beteiligten Verkehrskreisen umstritten ist oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen dazu vertreten werden (Senatsbeschlüsse vom 23. September 2015 - IV ZR 484/14, VersR 2016, 388 Rn. 14; vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 319/02, VersR 2004, 225 unter 2 a und b; BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09, NJW-RR 2010, 1047 Rn. 3, jeweils m.w.N.). Daran fehlt es hier.
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a) Der Senat hat bereits entschieden, dass der Versicherte einer Geld- und Werttransportversicherung darlegen und beweisen muss, dass ein geltend gemachter Schaden in den Schutzbereich des Versicherungsvertrages fällt (Senatsurteile vom 25. Mai 2011 - IV ZR 117/09, VersR 2011, 918 Rn. 41; vom 9. November 2011 - IV ZR 16/10, VersR 2012, 566 Rn. 30). Er hat in diesem Zusammenhang unter anderem ausgeführt, dass der Auftraggeber eines Transportes infolge des mit dem Versicherungsnehmer vereinbarten Transportvertrages besseren Einblick in die für den Transport verabredeten Abläufe hat als der Transportversicherer, der regelmäßig keine - eigene - Kenntnis von den konkreten Transportvorgängen erlangt, und es der Auftraggeber über die Gestaltung des Transportvertrages selbst in der Hand hat, seine Interessen am Erhalt des Transportgutes durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen und die Überwachung ihrer Einhaltung zu schützen (Senatsurteil vom 25. Mai 2011 aaO Rn. 45).
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Daher erschien es dem Senat nicht geboten, dem Transportversicherer in Abweichung von dem Grundsatz, dass derjenige, der Versicherungsleistungen beansprucht, den Versicherungsfall darlegen und beweisen muss, die Darlegungslast dafür aufzuerlegen, dass das Transportgut seinen Bestimmungsort unversehrt erreicht hat (Senatsurteil vom 25. Mai 2011 aaO).
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Das lässt sich auf den Streitfall in der Weise übertragen, dass Auftraggeber und Transporteur es ohne weiteres in der Hand haben, die Beförderung des Transportgutes nach Art und Menge ausreichend zu dokumentieren, während der Versicherer insoweit keinen Einblick hat. Auch insoweit ist es nicht angezeigt, dem Versicherungsnehmer Beweiserleichterungen im Hinblick auf Umstände zu gewähren, die sich einerseits der Kenntnis des Versicherers entziehen und die andererseits für den Versicherungsnehmer bei ordnungsgemäßer Dokumentation des Transportvorganges ohne unzumutbaren Aufwand zu belegen sind.
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b) Eine Kontroverse in Literatur und/oder Rechtsprechung zur Frage des Beweismaßes für den Nachweis des Vorhandenseins und der Vollständigkeit der an den Transporteur übergebenen Güter in der Transportversicherung und zur Frage, ob dem Versicherungsnehmer insoweit Beweiserleichterungen zugutekommen sollen, zeigen weder das Berufungsurteil noch die Revision auf. Sie ist auch sonst nicht ersichtlich.
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2. Soweit die Revision beanstandet, das Berufungsgericht habe es rechtsfehlerhaft abgelehnt, die Rechtsprechung des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zum Vollbeweis von Transportschäden in Haftungsfällen wegen Verlustes von Transportgut auf den Streitfall zu übertragen, deckt sie keinen entscheidungserheblichen Rechtsfehler und damit ebenfalls keinen Revisionszulassungsgrund im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO auf.
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Selbst wenn diese Rechtsprechungsgrundsätze im Streitfall Anwendung fänden, könnte die Klägerin - anders als die Revision meint - den Beweis für den Transport und den Verlust des behaupteten Transportgutes nicht im Wege eines Anscheinsbeweises führen. Zu Recht verweist die Revisionserwiderung darauf, dass der I. Zivilsenat mit Urteil vom 13. September 2012 (I ZR 14/11, NJW-RR 2013, 813 Rn. 13, 16-19 m.w.N.) ausgesprochen hat, wer Schadensersatz wegen des Verlustes von Transportgut begehre, müsse substantiiert darlegen und im Bestreitensfalle auch beweisen, dass das Gut während der Obhutszeit beim Transportunternehmen abhandengekommen und wie hoch der eingetretene Schaden sei. Dies umfasse neben dem Beweis der Übernahme von Gütern als solchen auch den Nachweis ihrer Identität, ihrer Art, ihrer Menge und ihres Zustands. Ob dieser Beweis geführt sei, sei grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln des Zivilprozessrechts, insbesondere nach § 286 ZPO, zu beurteilen. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ist (aaO Rn. 16) dabei ausdrücklich von seiner früheren Rechtsprechung (vgl. nur BGH, Urteile vom 24. Oktober 2002 - I ZR 104/00, TransportR 2003, 156 unter II 3 b; vom 20. Juli 2006 - I ZR 9/05, VersR 2007, 564 Rn. 19) abgerückt, nach welcher der Anscheinsbeweis in Fällen angewendet werden konnte, in denen das zu befördernde Gut dem Frachtführer in einem verschlossenen Behältnis, etwa einem Karton, übergeben und in dessen Obhut verlorengegangen war. Soweit sich die Revision weiterhin auf diese ältere Rechtsprechung zu stützen versucht, kann sie damit nicht durchdringen; eine Übertragung der vom I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs aufgegebenen Rechtsprechung auf den Beweis des Versicherungsfalles in der Transportversicherung kommt nicht in Betracht.
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3. Auch im Übrigen hat die Revision keine Aussicht auf Erfolg.
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Soweit sie sich gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts wendet, hat der Senat dies geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO). Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts lässt revisionsrechtlich beachtliche Fehler nicht erkennen.
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Dies gilt insbesondere auch, soweit die Revision beanstandet, dass das Berufungsgericht die als Anlage K 5 vorgelegte Rechnung nicht als ausreichenden Beleg für die Verladung der darin bezeichneten Elek-tronikartikel habe gelten lassen, obwohl sich ein Tatrichter diese Überzeugung auch ohne eigenständigen Lieferschein oder sonstige Begleitpapiere anhand von anderen Indizien bilden könne; insoweit versucht sie lediglich, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts durch eine eigene zu ersetzen.
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Das Gleiche gilt, soweit die Revision meint, das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Überprüfung der landgerichtlichen Feststellungen Teile der Aussagen der vom Landgericht vernommenen Zeugen nicht vollständig berücksichtigt.
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Mayen
Felsch
Karczewski
Brockmöller
Götz
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Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
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Annotations
Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.