Bundesgerichtshof Urteil, 29. Sept. 2016 - 4 StR 320/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:290916U4STR320.16.0
bei uns veröffentlicht am29.09.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 320/16
vom
29. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:290916U4STR320.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. September 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Bender, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Rechtsanwältin als Vertreterin des Nebenklägers,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 5. Februar 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts Freiburg zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Nach der zugelassenen Anklage liegt dem Angeklagten sexueller Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in fünf Fällen, sexueller Missbrauch von Kindern und schwerer sexueller Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in zwei Fällen zur Last. Der zur Tatzeit an einer Schule für Körperbehinderte als Lehrer tätige Angeklagte soll an dem am 6. August 1998 geborenen Nebenkläger, einem seiner Schüler, im Sommer 2009 während einer Unterrichtspause in seinem in Schulnähe geparkten Reisemobil den Oralverkehr ausgeübt (Fall 1) und vor ihm in der Dusche des Schulschwimmbads onaniert haben (Fall 2). Außerdem soll es bei Besuchen des Nebenklägers in der Wohnung des Angeklagten in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum Ende des Schuljahrs 2010/2011 zu sexuellen Handlungen des Angeklagten vor und an dem Nebenkläger und zu sexuellen Handlungen des Nebenklägers an dem Angeklagten gekommen sein. Dabei soll der Angeklagte nach der Vorführung von mehreren kurzen Pornofilmen sein erigiertes Geschlechtsteil an dem Nebenklä- ger gerieben und diesen an seinem Geschlechtsteil berührt (Fall 3) sowie bei einer anderen Gelegenheit sein erigiertes Geschlechtsteil zwischen dessen Beine geschoben haben (Fall 4). Außerdem soll der Nebenkläger von dem Angeklagten dazu veranlasst worden sein, ihm bei der Selbstbefriedigung zuzusehen und das zu diesem Zweck gezuckerte Sperma von seinem Penis abzulecken (Fall 5), in den Mund des Angeklagten zu urinieren (Fall 6) sowie an dem Angeklagten den Oralverkehr auszuüben (Fall 7). Schließlich soll der Angeklagte zur eigenen sexuellen Stimulation vor dem Nebenkläger einen Löffelstiel in die Harnröhre seines erigierten Penis eingeführt und ihn dazu veranlasst haben, an dem Penis zu fühlen, wie weit der Löffelstiel bereits eingeführt sei (Fall 8). Das Landgericht hat den Angeklagten von allen Vorwürfen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen richtet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der nicht vorbestrafte Angeklagte war in den Schuljahren 2005/2006 bis 2010/2011 Lehrer des Nebenklägers an einer Schule für Körperbehinderte. Das Lehrer-Schüler-Verhältnis war gut. Der Angeklagte war der Lieblingslehrer des Nebenklägers. Zu im Einzelnen nicht näher feststellbaren Zeitpunkten zwischen dem 1. Januar 2009 und dem Ende des Schuljahrs 2010/2011 kam es zu mindestens zwei Übernachtungen des Nebenklägers im Haus des Angeklagten, die jeweils mit dessen Mutter abgesprochen waren. Zum Schuljahr 2011/2012 wechselte der Nebenkläger – auch auf Empfehlung des Angeklagten – auf eine andere Schule.
4
Der Angeklagte ist Eigentümer eines selbst ausgebauten geländegängigen Reisemobils, mit dem er regelmäßig auch zur Schule fuhr. Das auffällige Fahrzeug stieß bei dem Nebenkläger und seinen Mitschülern auf großes Interesse und wurde ihnen seitens des Angeklagten auch von innen gezeigt.
5
Die Schule verfügt über ein eigenes Schwimmbad. Der Angeklagte duschte nach dem von ihm betreuten Schwimmen nackt mit den Jungen in der Gemeinschaftsdusche. Kurz vor Weihnachten des Jahres 2009 oder 2010 fasste der Angeklagte beim gemeinsamen Duschen nach dem Schwimmunterricht einem seiner Schüler an den Penis und schob die Vorhaut zurück. Danach begab er sich sogleich zum Schulleiter, berichtete von dem Vorfall und gab zur Erklärung an, er habe dem Schüler aus hygienischen Gründen zeigen wollen, wie man die Vorhaut zurückschiebt.
6
Jedenfalls seit dem Jahr 2013 konsumierte der Angeklagte zumindest gelegentlich pornografische Bild- und Videodateien, die er sich in großem Umfang aus dem Internet herunterlud und auf verschiedenen Datenträgern vorrätig hielt. Dabei interessierten ihn insbesondere transsexuelle Inhalte, daneben aber auch weniger verbreitete bis ausgesprochen selten vorkommende Sexualpraktiken wie Urinspiele oder das – selbst im Internet nur schwierig aufzufindende – Einführen von schmalen Gegenständen in die Harnröhre des Penis. Auf einem USB-Stick des Angeklagten waren unter anderem vier Bilder abgespeichert, bei denen sich Männer schmale längliche Gegenstände in die Harnröhre einführen. Weiterhin finden sich auf dem USB-Stick drei Bilder, die „Urinspiele“ zum Gegenstand haben. Auf einem Bild uriniert eine Frau unmittelbar in den Mund eines Mannes. Bilder oder Videos mit pädophilem Inhalt waren auf den Datenträgern des Angeklagten nicht gespeichert.
7
2. Der Angeklagte hat alle Vorwürfe von sich gewiesen. Die Strafkammer hat sich – in Abweichung von der Einschätzung der aussagepsychologischen Sachverständigen – von der Glaubhaftigkeit der den Angeklagten belastenden Angaben des Nebenklägers „nicht vollständig“ zu überzeugen vermocht. Zwar habe die Beweisaufnahme eine Reihe von Indizien erbracht, die für eine Täterschaft des Angeklagten sprächen. Dies betreffe insbesondere die Angaben des Nebenklägers zu zum Teil nur sehr selten vorkommenden Sexualpraktiken, die sich mit Bilddateien gedeckt hätten, die der Angeklagte aus dem Internet heruntergeladen habe. Doch seien insoweit auch andere Erklärungsmöglichkeiten aufgezeigt worden, die zu erwägen gewesen seien. Auch habe die Aussage des Nebenklägers in den Bereichen Aussageentstehung, Aussageentwicklung und Aussageinhalt zahlreiche Schwächen aufgewiesen, die jeweils für sich ge- nommen „zwar keinen überragenden Erkenntniswert“ gehabt hätten. Diese hät- ten es aber doch in der Summe unmöglich gemacht, sich von der uneingeschränkten Glaubwürdigkeit des Nebenklägers und der Richtigkeit seiner Angaben zu überzeugen.

II.


8
Die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, weil der Freispruch des Angeklagten auf einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung beruht.
9
1. Spricht der Tatrichter den Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht hinzunehmen, denn die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen stellt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, Rn. 9; weitere Nachweise bei Brause, NStZ-RR 2010, 329, 330 f.). Der Tatrichter ist gehalten , die Gründe für den Freispruch so vollständig und genau zu erörtern, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, anhand der Urteilsgründe zu prüfen, ob der Freispruch auf rechtsfehlerfreien Erwägungen beruht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16, Rn. 10; Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15, Rn. 2; Urteil vom 20. November 2013 – 2 StR 460/13, NStZ-RR 2014, 56).
10
2. Daran gemessen hält die Beweiswürdigung des Landgerichts revisionsrechtlicher Überprüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.
11
a) Die Ausführungen zum Beweiswert der Angaben des Nebenklägers in Bezug auf Fall 8 der Anklage (Befühlen des erigierten Penis des Angeklagten beim Einführen eines Gegenstands in die Harnröhre) lassen besorgen, dass die Strafkammer überhöhte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat.
12
aa) Der Tatrichter darf bei der Überzeugungsbildung Zweifeln keinen Raum geben, die lediglich auf einer abstrakt-theoretischen Möglichkeit gründen (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1998 – 2 StR 65/98, NStZ-RR 1998, 275 mwN).
Auch ist es rechtsfehlerhaft, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen , für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2008 – 5 StR 224/08, NStZ 2009, 401, 402; Urteil vom 17. März 2005 – 4 StR 581/04, StV 2005, 421; Urteil vom 26. Juni 2003 – 1 StR 269/02, NStZ 2004, 35; Urteil vom 6. Februar 2002 – 1 StR 513/01, NJW 2002, 2188, 2189 [insoweit in BGHSt 47, 243 nicht abgedruckt]; weitere Nachweise bei Miebach in MüKoStPO § 261 Rn. 88 und 129).
13
bb) Gegen diese Grundsätze hat das Landgericht verstoßen.
14
Nach den Urteilsgründen hat der Nebenkläger in der Hauptverhandlung, bei seiner polizeilichen Vernehmung im Ermittlungsverfahren und im Rahmen des Explorationsgespräches mit der aussagepsychologischen Sachverständigen konstant geschildert, dass der Angeklagte einen Gegenstand in die Harnröhre seines erigierten Penis eingeführt und er auf seine Aufforderung hin immer wieder gefühlt habe, wie tief dieser eingedrungen sei. Lediglich zu der Beschaffenheit des Gegenstandes machte er unterschiedliche Angaben. Die Strafkammer hat in dem Umstand, dass sich auf einem USB-Stick des Angeklagten Bilddateien befanden, die das Einführen von Gegenständen in die Harnröhre und damit eine sehr seltene Sexualpraktik zeigen, ein Indiz für die Glaubhaftigkeit der Angaben des Nebenklägers gesehen. Dessen Gewicht hat sie dann aber mit der Erwägung relativiert, dass kaum zuverlässig ausgeschlossen werden könne, dass der Nebenkläger im Internet auf solche Inhalte gestoßen sei. Denn die Beweisaufnahme habe auch ergeben, dass die betreffenden Inhalte im Internet frei zugänglich gewesen seien und der Nebenkläger sowohl im Elternhaus als auch in seiner Wohngruppe Zugang zum Internet gehabt habe. Schließlich sei es auch „keinesfalls fernliegend“, dass der Nebenkläger dievon ihm beschriebenen Sexualpraktiken gekannt habe, weil er sich zusammen mit dem Angeklagten entsprechende Bilder angesehen habe. Weder für die erste noch für die zweite als mögliche Erklärung für die Kenntnis des Nebenklägers von derartigen Sexualpraktiken herangezogene Variante hat das mitgeteilte Beweisergebnis konkrete Anhaltspunkte erbracht. Sowohl die Mutter des Nebenklägers als auch sein Betreuer in der Wohngruppe haben angegeben, dass der Nebenkläger nie über längere Zeit im Internet unbeaufsichtigt habe „surfen“ können. Zudem seien jeweils Jugendschutzfilter installiert gewesen. Dass der Nebenkläger von selbst im Internet auf – wie die Strafkammer an anderer Stelle festgestellt hat – dort nur schwierig aufzufindende Bilder über das Einführen von schmalen Gegenständen in die Harnröhre des Penis gestoßen sein könnte, ist unter diesen Umständen eine lediglich abstrakt-theoretische Möglichkeit. Gleiches gilt für die Annahme, der Nebenkläger könnte sich derartige Bilddateien zusammen mit dem Angeklagten angesehen haben. In diese Richtung weisende Angaben des Nebenklägers sind in den Urteilsgründen nicht aufgeführt. Der Angeklagte hat behauptet, die einschlägigen Bilddateien nicht gekannt zu haben und damit auch ein Betrachten dieser Dateien zusammen mit dem Nebenkläger in Abrede gestellt.
15
Das Urteil beruht auch auf diesem Beweiswürdigungsmangel. Denn der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei einer rechtsfehlerfreien Bewertung dieses Gesichtspunktes die Glaubhaftigkeit der Angaben des Nebenklägers insgesamt anders beurteilt hätte.
16
b) Soweit die Strafkammer bei der Bewertung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Nebenklägers von der Einschätzung der aussagepsychologischen Sachverständigen abgewichen ist, lassen die schriftlichen Urteilsgründe eine revisionsgerichtliche Überprüfung nicht zu.
17
aa) Weicht der Tatrichter von der Einschätzung eines Sachverständigen ab, nachdem er zuvor glaubte, einer Beratung durch diesen Sachverständigen zu bedürfen, muss er sich erschöpfend mit dessen Ausführungen auseinandersetzen und diese im Einzelnen darlegen. Dazu gehört auch eine Wiedergabe der Stellungnahme des Sachverständigen zu den Gesichtspunkten, auf die der Tatrichter seine abweichende Auffassung stützt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 5 StR 181/12, NStZ 2013, 55, 56; Urteil vom 20. Juni 2000 – 5 StR 173/00, NStZ 2000, 550). Andernfalls ist dem Revisionsgericht eine Prüfung nicht möglich, ob das Tatgericht das Gutachten zutreffend gewürdigt und aus ihm rechtlich zulässige Schlüsse gezogen hat sowie woher sich sein besseres Fachwissen oder seine fortbestehenden Zweifel ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 4 StR 435/09, NStZ-RR 2010, 105, 106; Urteil vom 12. Juni 2001 – 1 StR 190/01; Beschluss vom 25. April 2006 – 1 StR 579/05, NStZ-RR 2006, 242, 243).
18
bb) Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht.
19
Die Strafkammer hat zwar mitgeteilt, dass sie sich eingehend mit dem zu einem anderen Ergebnis gelangenden aussagepsychologischen Sachverständigengutachten auseinandergesetzt habe. Sie hat es aber verabsäumt, den wesentlichen Inhalt des Gutachtens mitzuteilen und im Zusammenhang darzulegen , warum sie der Einschätzung der Sachverständigen im Ergebnis nicht zu folgen vermocht hat. Auch wird nicht nachvollziehbar dargestellt, wie sich die Sachverständige zu den Gesichtspunkten verhalten hat, auf die das Landgericht seine abweichende Auffassung stützt. Das Revisionsgericht kann daher nicht prüfen, ob die in den Urteilsgründen an verschiedenen Stellen angeführten Defizite des Gutachtens (unzureichende Auseinandersetzung mit den „recht dürftigen Angaben“ des Nebenklägers zu dem jeweiligen Randgeschehen und seinen ausweichenden Reaktionen auf Vorhalte, keine erschöpfende Thematisierung möglicher suggestiver Beeinflussung durch betreuende Personen, mangelnde Erörterung von Abweichungen und Widersprüchen, Beschränkung der Konstanzanalyse auf die Angaben vor der Polizei, gegenüber der Sachverständigen und in der Hauptverhandlung) und die Zurückweisung von einzelnen Bewertungen der Sachverständigen (etwa zum fehlenden Interesse des Nebenklägers an sexualbezogenen Handlungen und der Beurteilung seiner Persönlichkeitsstruktur ) auf einer zutreffenden Würdigung des Gutachtens beruhen.
20
3. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Fall StPO Gebrauch und verweist die Sache an ein anderes Gericht gleicher Ordnung zurück.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

9
Schließlich unterliegt der revisionsgerichtlichen Überprüfung auch, ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 StR 360/12, NStZ 2013, 180 mwN). Jedoch ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bundesgerichtshof als Maßstab seiner revisionsrechtlichen Kontrolle darauf abstellt, ob die vom Tatgericht gezogenen Schlussfolgerungen möglich sind (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2008 - 2 BvR 2067/07, Rn. 43). Das Revisionsgericht hat die tatrichterliche Überzeugungsbildung sogar dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung der Beweise näher liegend gewesen wäre (BGH, Urteil vom 20. September 2012 - 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89). Dies gilt unabhängig von der Bedeutung und dem Gewicht des strafrechtlichen Vorwurfs des jeweiligen Verfahrens; denn diese vermögen eine unterschiedliche Handhabung der Grundsätze revisionsgerichtlicher Rechtsprüfung nicht zu rechtfertigen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2007 - 3 StR 342/07, NStZ-RR 2008, 146).
10
Die schriftlichen Urteilsgründe müssen dabei so sorgfältig und strukturiert abgefasst sein, dass die tatgerichtliche Entscheidung nachvollziehbar und einer revisionsrechtlichen Überprüfung anhand dieses Maßstabes zugänglich ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. August 2014 – 3 StR 224/14 mwN; BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15 Rn. 2 [NStZ-RR 2015, 180 nur redaktioneller Leitsatz]).
2
1. Die Beweiswürdigung ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen stellt. Die schriftlichen Urteilsgründe müssen daher so sorgfältig und strukturiert abgefasst sein, dass die tatgerichtliche Entscheidung nachvollziehbar und einer revisionsrechtlichen Überprüfung anhand dieses Maßstabes zugänglich ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. August 2014 – 3 StR 224/14 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 460/13
vom
20. November 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betrugs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. November
2013, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
in der Verhandlung,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten H. W.,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten T. W.,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten M. W.,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 20. Februar 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten H. und T. W. unter Freisprechung im Übrigen wegen Betrugs in 29 Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren verurteilt und diese zur Bewährung ausgesetzt, wobei bei dem Angeklagten H. W. Einzelstrafen aus einer anderen Verurteilung einbezogen worden sind. Den Angeklagten M. W. hat es insgesamt freigesprochen. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2
Die drei Angeklagten, H. W. und seine Söhne T. und M. , waren seit dem Jahr 1999 in einem Maklerbüro selbständig tätig. Im Zusam- menhang mit Versicherungsgeschäften lernte der Angeklagte H. W. im Frühjahr 2003 den mittlerweile verstorbenen K. kennen, bei dem es sich um einen "charismatischen Geschäftsmann mit einer überaus starken Überzeugungskraft" handelte. Dieser erwarb schnell das Vertrauen der drei Angeklagten und diente ihnen ein "Anlagemodell" an, für das sie Kunden werben sollten. Dabei gab er vor, selbst ein erfolgreicher Geschäftsmann und mehrfacher Millionär zu sein und jetzt andere an seinem Erfolg teilhaben lassen zu wollen. Er spiegelte vor, bei der Bank S. B. in den USA Gelder zinsgünstig und risikolos anlegen zu können, wobei Zinsen von mind. 8,5% realisierbar seien. Zu diesem Zweck sollten die Angeklagten Anleger werben, deren Geld er dann in den USA gewinnbringend anlegen würde. Hierfür sollten sie jeweils ein Prozent der Anlagesumme als Provision erhalten.
3
Alle drei Angeklagten sagten ihre Beteiligung zu, nachdem der Notar G. den zugrunde liegenden Vertrag geprüft und für gut befunden hatte. Sie akquirierten in der Zeit vom 19. Mai 2003 bis 10. März 2005 insgesamt über 70 Personen, wobei einige auch mehrfach Geld einzahlten. Bis Dezember 2003 flossen die Gelder entsprechend dem ursprünglichen Plan - jedenfalls in den meisten Fällen - auf ein Rechtsanwaltsanderkonto, von dem es dann absprachewidrig unter Beteiligung der Ehefrau des K. , J. K. , an eine von ihr gegründete GmbH weitergeleitet wurde. In einzelnen Fällen kam es nicht zu Weiterleitungen der von den Angeklagten vereinnahmten Gelder auf das Rechtsanwaltsanderkonto; außerdem erfolgten Rückzahlungen an den Angeklagten H. W..
4
Im Dezember 2003 wies K. die Angeklagten an, die eingesammelten Gelder nicht mehr auf das Rechtsanwaltsanderkonto weiter zu leiten. Im Hinblick auf den damit verbundenen hohen Verwaltungsaufwand sei es praktikabler, wenn er von seinem eigenen Vermögen Gelder in Höhe der jeweils angelegten Beträge direkt in den USA anlegen würde und die Anlagegelder in Deutschland verblieben und von den Angeklagten nach seiner Anweisung für zwischenzeitlich von ihm gegründete Gesellschaften verwendet würden, an denen die Angeklagten Beteiligungen hielten bzw. als Geschäftsführer tätig waren.
5
Tatsächlich wurden in keinem Fall die Anlagebeträge entsprechend der mit den Anlegern getroffenen Vereinbarung gewinnbringend angelegt. Sie wurden vielmehr nach den Anweisungen von K. , auch für private Zwecke der Angeklagten, eingesetzt und größtenteils verbraucht. Rückzahlungen der Einlagen und Zinszahlungen erfolgten lediglich im Einzelfall.
6
Im Februar 2004 recherchierte T. W. im Internet nach der Person des K. und stieß dabei auf Hinweise, wonach dieser bereits eine Haftstrafe verbüßt habe und gesucht werde. Der von ihm daraufhin angesprochene K. versuchte die Bedenken zu zerstreuen. Gleichwohl informierte T. W. seinen Bruder und seinen Vater von der Internetrecherche. Daraufhin zog sich der Angeklagte M. W. von diesem Zeitpunkt an aus dem Geschäftsmodell zurück, die beiden anderen Angeklagten setzten ihre Akquirierung fort und rechneten nunmehr zumindest mit der Möglichkeit, dass die Gelder nicht von K. angelegt würden und es sich entgegen ihren Angaben den geworbenen Kunden gegenüber nicht um eine sichere Anlage handeln würde. Dabei nahmen sie billigend in Kauf, dass sie die von den Anlegern ab diesem Zeitpunkt eingezahlten Gelder nicht würden zurückzahlen können.
7
Die Angeklagten H. und T. W. warben in der Zeit vom 1. März 2004 bis 10. März 2005 in 29 Fällen Anleger und sammelten dabei Gelder in Höhe von insgesamt 402.000 € ein. Ca. 6.000 € an Provisionen erhielten sie ausgezahlt. Die übrigen ihnen aus den Geschäften zustehenden Beträge legten sie auf Empfehlung von K. an.
8
Das Landgericht hat die Angeklagten H. und T. W. im Hinblick auf diese 29 Taten wegen Betrugs verurteilt und im Übrigen - wegen der zeitlich davor liegenden Akquirierungen - freigesprochen. Wie auch der Angeklagte M. W. , der ebenfalls freigesprochen wurde, seien sie davon ausgegangen , K. wäre als erfolgreicher Millionär jederzeit in der Lage gewesen , die von den Anlegern eingezahlten Gelder zurückzuzahlen, weshalb kein Risiko eines teilweisen oder vollständigen Verlustes des eingezahlten Kapitals bestanden habe. M. W. hat es - auch mangels nachweisbarer Beteiligung an den Geschäften - freigesprochen, soweit dieser wegen Taten ab 1. März 2004 angeklagt worden war.

II.

9
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
10
1. a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an dessen Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Ein Urteil kann indes keinen Bestand haben, wenn die Beweiswürdigung Rechtsfehler aufweist. Das ist etwa der Fall, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht berücksichtigt oder nahe liegende Schlussfolgerungen nicht erörtert werden, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 2008, 2792, 2793; NStZ 2010, 407, 408; NStZ-RR 2010, 182). Der Tatrichter ist gehalten, die Gründe für den Freispruch so vollständig und genau zu erörtern, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, an Hand der Urteilsgründe zu prüfen, ob der Freispruch auf rechtsfehlerfreien Erwägungen beruht. Insbesondere muss er sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Ent- scheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinandersetzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen (vgl. BGH NJW 2008, 2792, 2793; Meyer-Goßner StPO, 56. Aufl., § 267 Rn. 33 mwN).
11
b) Daran gemessen leidet die Beweiswürdigung des Landgerichts an durchgreifenden rechtlichen Mängeln.
12
aa) Dies gilt zunächst, soweit die Strafkammer angenommen hat, dass die Angeklagten gutgläubig in das Betrugssystem des K. geraten und jedenfalls bis Ende November 2003 davon ausgegangen seien, dieser würde die eingesammelten Anlagegelder nach Eingang auf dem Rechtsanwaltsanderkonto auch tatsächlich in den USA gewinnbringend anlegen.
13
Die Beweiswürdigung erweist sich insoweit als lückenhaft, weil das Landgericht wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat. So findet es keine Berücksichtigung, dass es in einer nicht geringen Anzahl von Fällen offenbar gar nicht erst zu einer Weiterleitung der vom Angeklagten H. W. vereinnahmten Anlagegelder auf das Rechtsanwaltsanderkonto gekommen ist (vgl. die Urteilsfeststellungen zu Ziff. 7, 26, 42a und 42b, 47, 50, 59, 98 der Anklageschrift ). Ebenso wenig wird erörtert, dass zunächst dorthin überwiesene Gelder an den Angeklagten H. W. zurückgeflossen und Gelder auch für private Zwecke der Angeklagten verbraucht worden sind (vgl. die Urteilsfeststellungen zu Ziff. 15, 58, 64, 69, 78, 81, 88 der Anklageschrift). Dies lässt besorgen, dass die Strafkammer diese Umstände, die gegen das Vertrauen der Angeklagten auf die tatsächliche Durchführung des Anlagegeschäfts sprechen, aus dem Blick verloren hat. Sind zur Anlage vorgesehene Gelder letztlich bei den Angeklagten verblieben, konnten sie - jedenfalls in diesen Fällen - nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass es zu einer den Kunden versprochenen gewinnbringenden Anlage auch tatsächlich gekommen ist. Inwieweit sich dies auf die An- nahme auswirkt, die Angeklagten seien gutgläubig in das Betrugssystem des K. geraten und hätten daran bis Ende November 2003 geglaubt, hätte das Landgericht jedenfalls bei seiner Beweiswürdigung berücksichtigen müssen.
14
bb) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet es auch, dass die Strafkammer sich auch für die Zeit von Dezember 2003 bis einschließlich Februar 2004 nicht vom Vorliegen eines zumindest bedingten Vorsatzes der Angeklagten überzeugen konnte.
15
Das Landgericht ist insoweit von der "nicht widerlegbaren" Einlassung der Angeklagten ausgegangen, K. habe sie im Dezember 2003 angewiesen , die Anlagegelder nicht mehr auf das Rechtsanwaltsanderkonto zu überweisen. Das habe er damit begründet, es sei praktikabler, wenn er von seinem eigenen, in den USA vorhandenen Vermögen Gelder in Höhe der jeweils angelegten Beträge direkt dort anlegen würde, die Anlagegelder in Deutschland verbleiben und von den Angeklagten nach seiner Anweisung für zwischenzeitlich von ihm gegründete Gesellschaften verwendet würden (UA S. 20, 75). Auf der Grundlage dessen ist das Landgericht unter Berücksichtigung der charismatischen Person des "überdurchschnittlich redegewandten, extrem überzeugenden" K. davon ausgegangen, die Angeklagten hätten trotz des schwer nachzuvollziehenden "Geschäftsmodells", bei dem es angesichts vorhandenen Vermögens keiner Werbung von Anlegern bedurft hätte, um Zinsen zu erwirtschaften, zumindest noch auf eine Anlage der Gelder gehofft (UA S. 75 f.). Diese ohnehin wenig nahe liegenden Schlussfolgerungen des Landgerichts sind lückenhaft, weil sie wesentliche gegen sie sprechende Umstände außer Betracht gelassen haben. Hinsichtlich der in den Zeitraum von Dezember 2003 bis Ende Februar 2004 fallenden erfolgreichen Akquirierungen von Anlagegeldern ist es in keinem Fall - entsprechend der Einlassung der Angeklagten - zu den von ihnen beschriebenen Zahlungsflüssen gekommen. Die Gelder sind zwar weiterhin auf Privatkonten des Angeklagten H. W. bei der bank und der C. bank eingegangen und von dort - entgegen vorher bestehender Übung - nicht mehr auf das Rechtsanwaltsanderkonto weitergeleitet worden (Ausnahme Fall 34 der Anklageschrift, UA S. 50). Feststellungen dazu, dass die den Konten gutgeschriebenen Beträge den Weisungen des K. entsprechend auf Konten der zwischenzeitlich von ihm gegründeten Gesellschaften wie etwa der G. AG oder der G. D. Ltd. übertragen worden oder jedenfalls diesen irgendwie zugute gekommen wären, hat die Kammer nicht getroffen; mit Ausnahme des Falles 79 der Anklageschrift (UA S. 63 f.), in dem das Geld auf ein Privatkonto des Angeklagten H. W. weitertransferiert worden ist - fehlen in der landgerichtlichen Entscheidung jegliche Hinweise, was mit den dem Angeklagten H. W. gutgeschriebenen Beträgen geschehen ist. Wären die eingenommenen Gelder - wie zu Fall 79 der Anklageschrift festgestellt - ganz oder teilweise den Angeklagten privat zugeflossen, spräche dies gegen die Einlassung der Angeklagten, sie hätten darauf gehofft, dass K. Beträge in der angenommenen Höhe in den USA weiter anlegen würde.
16
cc) Die Beweiswürdigung erweist sich schließlich auch insoweit als rechtsfehlerhaft, als die Strafkammer den Angeklagten M. W. hinsichtlich der Anwerbung von Anlegern ab März 2004 freigesprochen hat. Das Landgericht ist davon ausgegangen, der Angeklagte habe nach der Internetrecherche seines Bruders T. keine Anleger mehr geworben und sei auch sonst nicht im Rahmen des Anlagesystems tätig geworden. Dabei hat es aber nicht in den Blick genommen, dass der Angeklagte auch über Februar 2004 hinaus als Geschäftsführer der G. D. Ltd. tätig bzw. als Aufsichtsratsmitglied der G. AG bestellt war und somit verantwortlich in den Geschäftsbetrieb dieser Gesellschaften eingebunden war, die nach der ab Dezember 2003 mit K. getroffenen Abrede Zahlungsempfänger der nicht länger in die USA weitergeleiteten Anlagegelder sein sollten.
17
c) Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung der Freisprüche. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Berücksichtigung der außer Betracht gelassenen Umstände zu einer umfassenden Verurteilung aller drei Angeklagter gelangt wäre.
18
2. Die aufgezeigten Mängel in der Beweiswürdigung führen auch zur Aufhebung, soweit die Angeklagten H. und T. W. in 29 Fällen für ab März 2004 geworbene Anleger wegen Betrugs verurteilt worden sind. Die lückenhafte Beweiswürdigung ist (auch) Grundlage für die zwischen den Angeklagten und K. in diesem Zeitraum getroffenen, die Verurteilung tragenden Abreden und liegt etwa auch der Annahme des Landgerichts zugrunde, eine bandenmäßige Begehungsweise sei nicht gegeben. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei fehlerfreier Beweiswürdigung insoweit zu einer anderen rechtlichen Beurteilung in den Verurteilungsfällen gelangt wäre.
19
3. Die Aufhebung in den Verurteilungsfällen entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage, ohne dass es darauf ankäme, ob dieser selbst an durchgreifenden Rechtsmängeln leidet.
20
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Taten II. 10-12 der Urteilsgründe (Ziff. 37-39 der Anklageschrift) womöglich auf nur eine Täuschungshandlung zurückgehen und deshalb eine Tat im Rechtssinne gegeben wäre.
21
Sollte die zur Entscheidung berufene Strafkammer erneut zu einer Verurteilung gelangen, wird bei der Bemessung der Einzelstrafen darauf zu achten sein, dass diese - sowohl mit Blick auf eine an der Höhe des Schadens ausgerichtete Strafbemessung als auch im Vergleich zum Tatbeitrag des bzw. der beteiligten Mittäter - ohne Weiteres nachvollzogen werden können. Appl Krehl Eschelbach Ott Zeng
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja zu A 1 + 2
Veröffentlichung: ja
_____________________________
§ 246 StGB ist nicht nur gegenüber Zueignungsdelikten subsidiär (im Anschluß an
BGHSt 43, 237).
BGH, Urt. vom 6. Februar 2002 - 1 StR 513/01 - LG Heidelberg

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 513/01
vom
6. Februar 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
6. Februar 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
Dr. Wahl,
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 5. Juli 2001 wird mit der Maßgabe verworfen , daß der Angeklagte wegen Totschlags zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt ist. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. 2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Der Angeklagte wurde wegen Totschlags in Tatmehrheit mit Unterschlagung zu zwölf Jahren und einem Monat Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Hiergegen wenden sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft jeweils mit der Sachrüge.
Die nicht näher ausgeführte Revision des Angeklagten hat nur hinsichtlich der Verurteilung wegen Unterschlagung Erfolg. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist darauf beschränkt, daû der Angeklagte nicht wegen Mordes, sondern nur wegen Totschlags verurteilt wurde. Sie führt zur Aufhebung des Urteils insgesamt.

A.


Zur Revision des Angeklagten.
1. Der Angeklagte hat am 8. September 2000 einen Landsmann erstochen und anschlieûend dessen Mobiltelefon und dessen Geldbeutel an sich genommen. Unter Anwendung des Zweifelssatzes ist die Strafkammer davon ausgegangen, daû er sich erst zur Wegnahme entschlossen hat, als er sein Opfer erstochen hatte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei dieser Fallgestaltung Tateinheit zwischen dem Tötungsdelikt und dem Vermögensdelikt vor; der Zweifelssatz, der zur Verneinung von Mord aus Habgier führte, ist bei der Beurteilung der Konkurrenzen nochmals heranzuziehen (BGH b. Holtz MDR 1990, 676; BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 4 m. w. N.).
2. Ein Schuldspruch wegen Totschlags in Tateinheit mit Unterschlagung kommt dennoch nicht in Betracht.
Eine Verurteilung wegen Unterschlagung setzt nach der durch das 6. StrRG in § 246 StGB eingefügten Subsidiaritätsklausel voraus, daû die Tat nicht in anderen Vorschriften mit höherer Strafe bedroht ist. Eine ("die") Tat in
diesem Sinne liegt bei Tateinheit (§ 52 StGB) regelmäûig vor (vgl. Noak, Drittzueignung und 6. StrRG S. 109). Daû die Annahme von Tateinheit hier auf der Anwendung des Zweifelssatzes beruht, ist dabei ohne Belang.
Der Senat hat erwogen, ob die Subsidiaritätsklausel hier deshalb nicht anwendbar ist, weil es sich bei der Vorschrift mit höherer Strafandrohung um Totschlag und nicht um ein Zueignungsdelikt handelt (hierfür etwa Tröndle/ Fischer StGB 50. Aufl. § 246 Rdn. 29; Eser in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 246 Rdn. 32 jew. m. w. N.; in vergleichbarem Sinne auch Rudolphi in JZ 1998, 471, 472).
Unbeschadet der Frage, ob ein derartiges Ergebnis zweckmäûig sein könnte, ist dies zu verneinen.

a) Eine solche Einschränkung der Subsidiaritätsklausel wäre mit dem Wortlaut des Gesetzes, dessen möglicher Wortsinn die äuûerste Grenze der Auslegung strafrechtlicher Bestimmungen zum Nachteil des Angeklagten markiert (BGHSt 43, 237, 238 m. w. N. zur identischen Subsidiaritätsklausel des § 125 StGB), unvereinbar. Daher gilt die Subsidiaritätsklausel des § 246 StGB für alle Delikte mit höherer Strafdrohung (ebenso Laufhütte/Kuschel in LK 11. Aufl. § 246 Rdnr. 9; Lackner/Kühl StGB 24. Aufl. § 246 Rdn. 14; Sander/Hohmann NStZ 1998, 273, 276; Noak, aaO S. 110; Wagner in Festschrift für Grünwald, S. 797, 800 ff; vgl. auch Otto, Jura 1998, 550, 551).

b) Eine Gegenüberstellung der Subsidiaritätsklauseln, die durch das 6. StrRG in § 246 StGB und in § 265 StGB eingefügt worden sind, bestätigt dieses Ergebnis:
§ 265 StGB enthält jetzt eine spezielle Subsidiaritätsklausel ("wenn die Tat nicht in § 263 mit Strafe bedroht ist"), deren Wortlaut demjenigen spezieller Subsidiaritätsklauseln anderer Strafbestimmungen (§§ 145, 145d, 202, 218c, 316 StGB) angeglichen ist. Die gleichzeitig in § 246 StGB eingefügte allgemeine Subsidiaritätsklausel kann danach nur so verstanden werden, daû sie auch allgemein gilt, Unterschlagung also hinter sämtlichen Vorschriften mit höherer Strafdrohung zurücktritt (Wagner aaO S. 800).

c) Der Senat verkennt bei alledem nicht, daû § 246 StGB nach den Materialien zum 6. StrRG alle Formen der rechtswidrigen Zueignung erfassen soll, die nicht einen mit schwererer Strafe bedrohten eigenständigen Straftatbestand erfüllen; beispielhaft sind Diebstahl, Raub, Erpressung und Hehlerei angeführt (BTDrucks. 13/8587, 43 f; hierzu im einzelnen Wagner aaO S. 797 f, 800). Danach läge die Annahme nahe, daû § 246 StGB nur hinter mit schwererer Strafe bedrohten Zueignungsdelikten subsidiär sein soll. Da ein solcher Wille des Gesetzgebers im Wortlaut des Gesetzes aber nicht zum Ausdruck gebracht ist (Kritik an der Gesetzesfassung etwa bei Otto aaO und Wagner aaO S. 810), kann er nicht Grundlage einer mit dem Wortlaut des Gesetzes unvereinbaren Auslegung des Gesetzes zum Nachteil des Angeklagten sein (vgl. BGHSt 42, 291, 293).
3. Der Senat ändert daher den Schuldspruch, der im übrigen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten enthält, dahin ab, daû die Verur-
teilung wegen Unterschlagung entfällt, und erkennt auf die ebenfalls ohne Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten festgesetzte Einzelstrafe wegen Totschlags (vgl. BGH b. Holtz MDR 1990, 676).
4. Der geringe Teilerfolg der Revision des Angeklagten hat auf die Kostenentscheidung keinen Einfluû (§ 473 Abs. 4 StPO).

B.


Zur Revision der Staatsanwaltschaft.
Das auch vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg. Die Mordmerkmale Habgier und niedrige Beweggründe sind nicht mit rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung verneint.

I.


1. Zu den Hintergründen der Tat, ihrem Ablauf sowie dem übrigen Geschehen am Tattag hat die Strafkammer folgendes festgestellt:
Der Angeklagte, ein gebürtiger Vietnamese, hatte von sich aus seine Arbeit im Betrieb seines Bruders in K. aufgegeben und hielt sich statt dessen vor allem in Spielhallen auf, wurde aber zumindest zeitweilig noch von seiner Familie finanziell unterstützt. Ein Freund der Familie, der an den Rollstuhl gefesselte Wissenschaftler H. , hatte dem Angeklagten 10.000 DM geliehen, damit er sich am Kauf eines Pkws durch die Familie beteiligen konnte. Auûerdem hatte er ihm eine Lehrstelle an der Universität He. ver-
mittelt. Der Angeklagte trat sie jedoch nicht an und behauptete sowohl gegenüber H. als auch gegenüber seiner Familie, er habe in Düsseldorf eine Lehre begonnen. Tatsächlich hielt er sich weiterhin vor allem in Spielhallen auf, bekam daher finanzielle Probleme und verbrauchte das Darlehen. Als H. von einer Schwester des Angeklagten erfuhr, daû dieser sich nicht an den Kosten des Pkws beteiligt hatte, forderte er vom Angeklagten über die Schwester wenigstens einen Teil des Darlehens zurück. Der Angeklagte konnte nicht zahlen und beschloû, H. in dessen Wohnung in N. aufzusuchen. Da er zwar Auto fahren kann, aber keinen Führerschein hat, forderte der Angeklagte seinen Bekannten L. auf, ihn zu begleiten. Als Grund der Reise gab er wahrheitswidrig an, er wolle einen Computer abholen. Der Angeklagte fuhr daher am Tattag in Begleitung L. s in einem seiner Familie gehörenden Pkw in Richtung N. . Nachdem man unterwegs in eine Polizeikontrolle geraten war, übergab der Angeklagte anschlieûend das Steuer an L. . In N. veranlaûte er ihn mit der bewuût falschen Behauptung, näher am Wohnhaus des H. könne man nicht parken, den Pkw in einiger Entfernung abzustellen und auf ihn zu warten.
In der Hoffnung, H. werde ihm einen Ausweg zeigen, legte der Angeklagte diesem in der Wohnung sein Lügengebäude offen. Als H. ihm jedoch Vorhalte machte, befürchtete er, daû nun auch gegenüber seiner Familie seine Lügen offenbar würden. Dies hätte nach seiner Vorstellung sowohl für ihn als auch für seine Familie groûe Schande bedeutet. Hierüber geriet er in völlige Verzweiflung, ergriff spontan ein H. gehörendes Messer und tötete ihn mit zahlreichen Stichen. Anschlieûend kam ihm die Idee, Geldbeutel und Mobiltelefon an sich zu nehmen. Auûerdem reinigte er sich und beseitigte das Tatmesser, das seither nicht aufgefunden werden konnte. Äu-
ûerlich ruhig begab er sich zum Pkw, wo er L. eingehend erklärte, warum er jetzt doch keinen Computer mitbrächte. Auf der anschlieûenden Rückfahrt entledigte er sich des Mobiltelefons; dessen Besitz war ihm verräterisch erschienen , nachdem es geklingelt hatte. Nach einem Zwischenaufenthalt in F. , wo man nach einem Sexshop suchte, waren der Angeklagte und L. am nächsten Morgen wieder zu Hause.
2. Der Angeklagte hat bestritten, H. getötet zu haben. Zunächst hatte er sich um ein falsches Alibi bemüht. Später hat er seine Angaben dem jeweiligen Ermittlungsstand angepaût. Zuletzt hat er angegeben, zur Tatzeit bei H. gewesen zu sein und ihm seine Lügengeschichten offenbart zu haben. Dieser sei von ihm enttäuscht gewesen und habe ihn aufgefordert zu gehen. Dies habe er getan. Wie und warum er Geldbeutel und Mobiltelefon mitgenommen habe, wisse er nicht. Als er es bemerkt habe, habe er sich gesorgt, daû er seinen Freund "schon wieder ... enttäuscht habe".
Die Strafkammer, die sich weder hinsichtlich des genauen Geschehensablaufs in der Wohnung noch hinsichtlich des Tatmotivs auf Zeugenaussagen stützen konnte, hat sich mit rechtsfehlerfreien Erwägungen davon überzeugt, daû der Angeklagte H. getötet hat. Ein Motiv, das zur Annahme von Mord führen würde, konnte sie dagegen nicht feststellen.
Hätte der Angeklagte H. getötet, um das Darlehen nicht zurückzahlen zu müssen, läge aus Habgier begangener Mord vor (vgl. BGH NJW 1993, 1664, 1665 m. w. N.), wäre es (auch) um die Wertgegenstände von H. gegangen, in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge (vgl. BGHSt 39, 100).
Niedrige Beweggründe im Sinne des § 211 StGB kämen in Betracht, wenn der Angeklagte eigenes, zwar nicht strafbares, aber ehrenrühriges Verhalten hätte verdecken wollen (vgl. BGH NStZ 1987, 81).
Von alledem geht auch die Strafkammer aus. Sie konnte jedoch nicht ausschlieûen, daû der Angeklagte H. nur aufgesucht hat, um eine Aussprache herbeizuführen und sich erst in deren Verlauf voller Verzweiflung über die drohende groûe Schande zur Tötung entschlossen hat. Dementsprechend scheide Habgier aus, weil es ihm nicht um Bereicherung gegangen sei; bei der Furcht vor Schande handle es sich jedenfalls im Hinblick auf den hohen Grad seiner seelischen Erregung nicht um einen niedrigen Beweggrund.
3. Kann der Tatrichter tatsächliche Zweifel nicht überwinden und zieht die danach gebotene Konsequenz (hier: Verurteilung wegen Totschlags statt wegen Mordes), so hat dies das Revisionsgericht regelmäûig hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters; es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte.
Demgegenüber kann ein Urteil keinen Bestand haben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa der Fall, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, nicht alle wesentlichen Feststellungen in die Erwägungen einbezieht oder naheliegende Möglichkeiten unerörtert läût (st. Rspr., vgl. nur BGH Urteil vom 12. Juni 2001 - 1 StR 190/01; wistra 1999, 338, 339 m. w. N.).
Ist eine Vielzahl einzelner Erkenntnisse angefallen, so ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. Ein auf einen feststehenden Kern gestütztes Beweisanzeichen , dessen Bedeutung für sich genommen unklar bleibt, kann nicht vorab isoliert nach dem Zweifelssatz beurteilt werden. Beweisanzeichen können nämlich in einer Gesamtschau wegen ihrer Häufung und gegenseitigen Durchdringung die Überzeugung von der Richtigkeit eines Vorwurfs begründen (vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 24; BGH Urteil vom 15. Juli 1998 - 1 StR 243/98 jew. m. w. N.). Hat der Angeklagte Angaben gemacht, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine (ausreichenden) Beweise gibt, sind diese in die Gesamtwürdigung des Beweisergebnisses einzubeziehen und nicht ohne weiteres als unwiderlegt dem Urteil zu Grunde zu legen. Ihre Zurückweisung erfordert nicht, daû sich das Gegenteil der Behauptung positiv feststellen lieûe (vgl. nur BGHR StPO § 261 Einlassung 5, 6; Engelhardt in KK 4. Aufl. § 261 Rdn. 28 jew. m. w. N.). Auch im übrigen gebietet es der Zweifelssatz nicht, zugunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. BGH NJW 1995, 2300; Urteil vom 12. Dezember 2001 - 3 StR 303/01 m. w. N.).
An alledem gemessen, enthält die Beweiswürdigung der Strafkammer den Angeklagten begünstigende Rechtsfehler.

II.


1. Die Strafkammer geht zutreffend davon aus, daû es gegen eine spontane und für eine geplante Tat spreche, wenn der Angeklagte das - nicht mehr auffindbare - Tatmesser zum Tatort mitgebracht hätte.

Dies konnte sie jedoch nicht feststellen.

a) Sie führt aus, gegen ein Mitbringen des Messers spreche schon, daû dieses Messer bei der polizeilichen Kontrolle auf der Hinfahrt nicht bemerkt werden konnte. Demgegenüber sei bei dieser Gelegenheit in der Aktentasche des Angeklagten ein Metallhandschuh gefunden worden, dessen Bedeutung (Handschutz beim Zuschneiden) der Angeklagte den kontrollierenden Beamten auf deren Nachfrage im einzelnen erläutert habe. Die Strafkammer folgert daraus , daû bei dieser Kontrolle auch ein im Pkw befindliches Messer gefunden worden wäre und Anlaû zu Erörterungen gegeben hätte.
Diese Erwägungen sind im Ansatz nicht zu beanstanden.
Im einzelnen ergeben die Ausführungen der Strafkammer jedoch von ihr nicht erörterte Gesichtspunkte, die dagegen sprechen, daû der Pkw überhaupt kontrolliert wurde. Selbst wenn man der Strafkammer aber insoweit folgt, sind die Feststellungen zu dem Metallhandschuh widersprüchlich und unklar.
aa) Die Strafkammer hat festgestellt, daû am Tattag auf der vom Angeklagten und dem Zeugen L. benutzten Bundesautobahn zahlreiche Kraftfahrzeuge im Rahmen einer Drogenfahndung kontrolliert wurden. Schriftliche Unterlagen darüber, daû auch das hier in Rede stehende Fahrzeug kontrolliert wurde, gibt es nicht; jedoch hätten der Angeklagte und der Zeuge L. die Kontrolle und ihren Ablauf weitgehend übereinstimmend geschildert. Eine Differenz in den Schilderungen gäbe es allerdings insofern, als nur L. behauptet habe, daû auch die Führerscheine kontrolliert worden seien.

Zum Zeitpunkt der Kontrolle steuerte der Angeklagte das Fahrzeug. Er hat keinen Führerschein. Hätte es, wie L. behauptet, eine Führerscheinkontrolle gegeben, läge zumindest nahe, daû dies festgestellt worden wäre. Ebenso nahe liegt, daû es dann schriftliche Unterlagen über die Kontrolle dieses Fahrzeugs gäbe.
Es erscheint aber auch fernliegend und hätte daher näherer Begründung bedurft, daû, wie der Angeklagte behauptet, Polizeibeamte ein Fahrzeug intensiv und zeitaufwendig durchsuchen, mit dem Fahrer dabei über einen in einer Aktentasche aufgefundenen Metallhandschuh debattieren und bei alledem nicht überprüfen, ob der Fahrer eine Fahrerlaubnis hat.
bb) Die Angaben des Angeklagten und die von L. zum Ablauf der Kontrolle differierten nur hinsichtlich der Führerscheinkontrolle. Danach haben beide das Auffinden des Metallhandschuhs übereinstimmend geschildert. Damit unvereinbar ist jedoch, daû der Metallhandschuh "nach Einlassung des Angeklagten" zu Nachfragen führte, während L. "hiervon" nichts berichtet hat. Beruhten die Feststellungen zum Auffinden des Metallhandschuhs nur auf den sonst durch nichts bestätigten Angaben des Angeklagten, wären sie aber, zumal unter Berücksichtigung seines übrigen Aussageverhaltens, nicht ohne weiteres als unwiderlegt den Feststellungen zu Grunde zu legen.

b) Diesen Maûstab hat die Strafkammer (auch) an die Erklärung des Angeklagten angelegt, er habe seine Aktentasche allein deshalb mit in die Wohnung von H. mitgenommen, weil sich darin (wohl zusätzlich zu dem Metallhandschuh) Hochzeitsbilder befunden hätten, die er ihm habe zei-
gen wollen. Die Strafkammer sieht diese Einlassung zwar als "wenig glaubhaft" an, sie sei aber "letztlich nicht zu widerlegen". Die Strafkammer brauchte sich jedoch nicht, wie sie es getan hat, durch eine sonst nicht belegte, wenig glaubhafte Einlassung des Angeklagten daran gehindert zu sehen, aus einem als solchen feststehenden Beweisanzeichen (der Angeklagte führte eine Aktentasche mit sich) einen Schluû zum Nachteil des Angeklagten (in der Aktentasche, die er ohne sonst erkennbaren Grund mit in die Wohnung nahm, befand sich ein Messer) zu ziehen.
2. Die Strafkammer hat auch die Lüge des Angeklagten zu den fehlenden Parkmöglichkeiten am Wohnhaus des H. nur isoliert und auch sonst nicht rechtsfehlerfrei bewertet. Sie verkennt zwar nicht, daû dieses Verhalten des Angeklagten, mit dem er verhindert hat, daû der auf ihn hindeutende Pkw in der Nähe des Tatorts gesehen werden konnte, für einen vorgefaûten Tatplan sprechen könnte. Sie meint aber, der Angeklagte habe möglicherweise einen lautstarken Streit mit H. vorausgesehen und befürchtet, L. könne diesen Streit mitbekommen, wenn der Pkw in unmittelbarer Nähe des Hauses parken würde. Konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für diese Variante sind jedoch nicht ersichtlich; darüber hinaus ist auch nicht erörtert, wie sie mit einer durch Vorwürfe H. s ausgelösten Spontantat vereinbar ist.
3. Schlieûlich sind auch Gesichtspunkte, die gegen die Annahme einer ungewöhnlichen Verzweiflung wegen der drohenden groûen Schande sprechen können, nicht erkennbar erörtert.

a) Der Angeklagte hatte die Arbeit bei seinem Bruder aufgegeben und sich statt dessen hauptsächlich in Spielhallen aufgehalten. Dies war der Fami-
lie bekannt, die ihn gleichwohl finanziell zumindest zeitweilig weiter unterstützte. Die Angehörigen wuûten auch, daû der Angeklagte das Darlehen von H. absprachewidrig nicht dazu verwendet hatte, sich an den Kosten des neuen Pkws zu beteiligen. Es ist nicht ersichtlich, daû all dies zu einem besonderen Ehrverlust des Angeklagten gegenüber seiner Familie geführt hätte, oder daû gar die Familie deshalb in Schande geraten sei. Unter diesen Umständen verdeutlichen die Hinweise auf Herkunft und enge familiäre Bindung des Angeklagten nicht, warum er demgegenüber schwere Schande befürchtete , wenn (auch) offenbar würde, daû seine Behauptung über seine angebliche Tätigkeit in D. eine Lüge war.

b) Nach der Tat hat der Angeklagte Spuren beseitigt, Wertgegenstände seines Opfers an sich gebracht, dem Zeugen L. genau erklärt, warum er jetzt doch keinen Computer dabei hatte und sich an der Suche nach einem Sexshop beteiligt. Dieses Verhalten erscheint insgesamt zielgerichtet, überlegt und unauffällig. Es wäre daher zu erörtern gewesen, wie dies mit der Annahme vereinbar ist, der Angeklagte habe kurz zuvor aus spontan entstandener groûer Verzweiflung seinen Freund erstochen.

III.


1. Nach alledem sind die tatsächlichen Grundlagen zur Verneinung von Habgier und niedrigen Beweggründen nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Da die Sache deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung bedarf, können die in der Revisionsbegründung der Beschwerdeführerin vom 2. November 2001 und im Antrag des Generalbundesanwalts vom 28. November 2001 im einzelnen vor-
getragenen weiteren Bedenken gegen die Verneinung niedriger Beweggründe auf sich beruhen.
2. Die Urteilsaufhebung umfaût das gesamte Urteil. Da die Wegnahme von Geld und Mobiltelefon nicht in Tatmehrheit zu dem Tötungsdelikt steht, geht die Revisionsbeschränkung der Staatsanwaltschaft auf das Tötungsdelikt ins Leere (vgl. BGH b. Kusch NStZ-RR 1998, 257, 262 f m. w. N.).
Schäfer Nack Wahl Schluckebier Kolz
5 StR 181/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 19. Juni 2012
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juni 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 15. Dezember 2011 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen schuldig gesprochen und ihn unter Einbeziehung der durch das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 2. November 2010 wegen Unterhaltspflichtverletzung in zwei Fällen verhängten Einzelfreiheitsstrafen von jeweils zwei Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt sowie angeordnet, dass von der Gesamtfreiheitsstrafe drei Monate als vollstreckt gelten. Vom Vorwurf weiterer sechs Fälle des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen hat es den Angeklagten freigesprochen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Urteils, soweit er verurteilt worden ist.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts besuchte die am 6. Juni 1997 geborene Nebenklägerin, Tochter aus der ersten Ehe des Angeklagten , diesen an einem Wochenende im September 2008 gemeinsam mit ih- rem Bruder in seiner Wohnung. Zu dieser Zeit befand sich die zweite Ehefrau des Angeklagten in Marokko. Während der Junge im Wohnzimmer an seinem Computer beschäftigt war, legten sich der Angeklagte und seine Tochter im Elternschlafzimmer im Doppelbett schlafen. Als diese bereits eingeschlafen war, schob der Angeklagte seine Hand unter ihre Unterwäsche und berührte sie mit seinen Fingern im Scheidenbereich. Als sie wach wurde, zog er seine Hand schnell zurück.
3
Von dem Vorwurf, die Nebenklägerin im Tatzeitraum Juni 2006 bis Februar 2010 in mindestens fünf weiteren Fällen in seinen jeweiligen Wohnungen unter ihrer Oberbekleidung an den Brüsten berührt zu haben, wobei sie in mindestens drei dieser Fälle das erigierte Glied des Angeklagten an ihren Schenkeln spürte, hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen , da es unter Berücksichtigung der grundsätzlich für glaubhaft erachteten Angaben der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung „nicht die erforder- liche Konkretisierung vornehmen“ konnte (UA S. 25). Darüber hinaus hat die Jugendschutzkammer den Angeklagten auch von dem weiteren Vorwurf freigesprochen , im Tatzeitraum Januar 2008 bis Januar 2010 anlässlich eines spielerischen Gerangels sein bedecktes Geschlechtsteil an der Scheide der ebenfalls bekleideten Geschädigten gerieben zu haben, da sie sich aufgrund der Hauptverhandlung nicht mit hinreichender Sicherheit überzeugen konnte, „dass dieser Vorfall so stattgefunden hat. Zugunsten des Angeklagten konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Nebenklägerin dieses Verhalten des Angeklagten falsch interpretiert haben kann“ (UA S. 9).
4
Im Ergebnis seiner Prüfung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin hat das Landgericht „keinerlei Zweifel daran, dass sich die Tathandlung sowie die übrigen sexuellen Übergriffe des Angeklagten zum Nach- teil der Nebenklägerin so abspielten wie im Sachverhalt festgestellt“ (UA S. 18). Es weicht damit von der Beurteilung der aussagepsychologischen Gutachterin ab, die – entgegen ihrem schriftlichen Gutachten – „im Hinblick auf das Aussagematerial der Nebenklägerin im Rahmen der Hauptverhand- lung“ (UAS. 18) nicht mehr zu dem Ergebnis gelangte, dass deren Bekundungen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert seien. In der Hauptverhandlung habe sich die „Qualität des Aussagematerials“ reduziert.
5
2. Die Beweiswürdigung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat seine Überzeugung vom Tathergang und der Täterschaft des die Taten bestreitenden Angeklagten alleine auf die Angaben der Nebenklägerin gestützt. Es weist zwar auf die besonderen, an diese Beweiskonstellation zu stellenden Anforderungen hin (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. April 1987 – 3 StR 141/87 – und vom 18. Juni 1997 – 2 StR 140/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1 und 14); gleichwohl genügen die Urteilsgründe diesen Anforderungen nicht. Sie machen vielmehr nicht in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise deutlich, dass die Jugendschutzkammer alle zur Beeinflussung der Entscheidung geeigneten Umstände in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise in die Überzeugungsbildung einbezogen hat.
6
a) Zwar ist das Tatgericht nicht gehalten, einem Sachverständigen zu folgen. Kommt es aber zu einem anderen Ergebnis, so muss es sich konkret mit den Ausführungen des Sachverständigen auseinandersetzen, um zu belegen , dass es über das bessere Fachwissen verfügt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2001 – 1 StR 190/01). Es muss insbesondere auch dessen Stellungnahme zu den Gesichtspunkten wiedergeben, auf die es seine abweichende Auffassung stützt (BGH, Urteil vom 20. Juni 2000 – 5 StR 173/00, NStZ 2000, 550). Aus den im Urteil wiedergegebenen Ausführungen der Sachverständigen wird deutlich, weshalb sie von einer Reduzierung der „Qualität des Aussagematerials“ in der Hauptverhandlung ausgegangen ist, aufgrund derer sie nicht mehr an ihrer Einschätzung im schriftlichen Gutachten festhalten könne (UA S. 19). Die Mutmaßung der Sachverständigen, das Aussageverhalten der Nebenklägerin könne „aufgrund des großen Zeitintervalls“ zwischen polizeilicher Vernehmung und Exploration einerseits und Hauptverhandlung andererseits oder mit dem schwierigen Lebensabschnitt erklärbar sein, in dem sich die Nebenklägerin befinde, ändert nichts an der – ineinem unaufgelösten Widerspruch zitierten – Wertung der Sachverstän- digen, dass die Reduktion des Aussagematerials mit gutachterlichen Methoden nicht durch Vergessensprozesse erklärt werden könne.
7
Die Jugendschutzkammer stellt dieser Würdigung der Sachverständigen eine eigene Beweiswürdigung gegenüber, ohne sich dabei aber mit der von der Sachverständigen festgestellten Reduzierung der Aussagequalität der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung auseinanderzusetzen. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Aussage des Tatopfers das einzige Beweismittel ist, hat das Tatgericht eine besonders sorgfältige Beweiswürdigung unter Berücksichtigung der aussagepsychologischen Glaubwürdigkeitskriterien vorzunehmen (Brause, NStZ 2007, 505, 506). Das Landgericht beruft sich insoweit darauf, dass es anders als die Sachverständige die Frage der Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin nicht aufgrund aussagepsychologischer Instrumentarien zu entscheiden habe, sondern nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO). Indes hatte das Landgericht dabei aussagepsychologische Glaubwürdigkeitskriterien zu beachten; es hat diese in verschiedenen Bereichen auch selbst angewendet. Bei seiner Prüfung, die demnach substantiell denselben Kriterien zu folgen hatte wie diejenige der Sachverständigen, musste es sich mit deren Einwänden auseinandersetzen.
8
b) Das Landgericht stützt seine Beweiswürdigung vor allem auf das sachliche und keine überschießende Belastungstendenz zeigende Aussageverhalten der Geschädigten, das Fehlen von Falschbelastungsmotiven, die spontane Offenbarung des Geschehens zunächst gegenüber Freundinnen und die Schilderung „sehr origineller Details“ (UA S. 21, 23). Insoweit werden allerdings nur zwei Details genannt, die gerade nicht den Verurteilungsfall betreffen. Überdies bezieht sich eines dieser Details (der Angeklagte habe anlässlich eines sexuellen Übergriffs ihr gegenüber geäußert, nicht er, sondern der Fuß der zwischen den beiden im Bett liegenden kleinen Halbschwester habe sie im Genitalbereich berührt) auf einen Vorfall, bei dem sich – jedenfalls nach der nachvollziehbaren Auffassung der Sachverständigen, der das Landgericht insoweit nicht widerspricht – nicht ausschließen lässt, dass es hier zu einer Fehlinterpretation der Nebenklägerin gekommen ist. Darüber hinaus sind die Schilderungen der Nebenklägerin zu diesem Vorfall an verschiedenen Stellen des Urteils unterschiedlich wiedergegeben („sie habe dann bemerkt, dass ihr Vater mit seinem Penis sie in ihrem Genitalbe- reich berührt habe“, UA S. 16; anlässlich eines Vorfalls, bei dem sie mit dem Angeklagten und ihrer kleinen Halbschwester im Ehebett lag, habe sie „et- was festes“ an ihrem Oberschenkel gespürt, was sie als den Penis des Angeklagten interpretierte, UA S. 25). Ob insoweit eine Inkonstanz der Angaben der Nebenklägerin vorlag, mit der sich das Urteil hätte auseinandersetzen müssen, bleibt unklar.
9
c) Die Jugendschutzkammer befasst sich mit verschiedenen Mängeln der Zeugenaussage (Probleme bei der zeitlichen Einordnung der Taten, Widersprüche hinsichtlich des Tatorts) und erklärt diese – ohne Rücksicht auf die Einschätzung der Sachverständigen – im Ergebnis mit Vergessens- und Verschmelzungsprozessen. Die von der Nebenklägerin abgegebene inkonstante Schilderung hinsichtlich eines Eindringens des Angeklagten mit dem Finger in ihre Scheide führt die Jugendschutzkammer auf Schwierigkeiten der Nebenklägerin hinsichtlich sexueller Begrifflichkeiten zurück. Indes befasst sich das Urteil in keiner Weise mit der Bekundung der Mutter der Nebenklägerin , diese habe ihr unter anderem mitgeteilt, der Angeklagte habe „sein ‚Ding‘ bei ihr reingemacht“ (UA S. 13). Eine solche Darstellung der Ne- benklägerin gegenüber ihrer Mutter wäre kaum mit mangelnden Begrifflichkeiten zu erklären. Die Beweiswürdigung der Jugendschutzkammer ist mithin auch insoweit lückenhaft.
10
d) Ohne dass dies den Angeklagten für sich beschwert, bleibt die Beweiswürdigung auch in ihrer Gesamtheit widersprüchlich, weil kaum erklärlich ist, weshalb das Landgericht bei seiner insgesamt positiven Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin hinsichtlich der weiteren Tatvorwürfe nicht zu Mindestfeststellungen gelangt ist, die insoweit einer umfassenden Freisprechung entgegengestanden hätten.
11
3. Das angefochtene Urteil war demnach insgesamt aufzuheben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist. Wenngleich der Teilfreispruch Bestand hat, wird das neue Tatgericht allein zur Überprüfung des einzigen verbleibenden Anklagevorwurfs den Wahrheitsgehalt der belastenden Angaben der Nebenklägerin in ihrer Gesamtheit zu überprüfen haben. Die Aufhebung umfasst notwendigerweise auch die Kompensationsentscheidung, für die das Urteil keinerlei Begründung gibt.
Basdorf Schaal Schneider Dölp Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
5 StR 173/00
URTEIL
vom 20. Juni 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Juni
2000, an der teilgenommen haben:
Richterin Dr. Tepperwien als Vorsitzende,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof und
Richterin am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin B
als Verteidigerin,
Rechtsanwältin M
als Beistand der Nebenklägerin,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 24. Juni 1999 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das Landgericht Frankfurt/Oder zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hatte den Angeklagten am 23. Februar 1997 – unter Freisprechung im übrigen – wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes und wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in 90 Fällen sowie wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes und sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen (jeweils begangen zum Nachteil seiner am 7. September 1979 geborenen Tochter M ) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Dieses Urteil hatte der Senat auf Revision des Angeklagten durch Beschluß vom 25. November 1997 – 5 StR 458/97 – wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben. Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin haben Erfolg.
1. Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, seine Tochter, die Nebenklägerin , zu keiner Zeit in der ihm vorgeworfenen Weise sexuell mißbraucht zu haben. Dies war ihm nach Auffassung des Tatrichters in der erneuten Hauptverhandlung nicht zu widerlegen. Die Aussage der Nebenklägerin , die der Sachverständige – ein Kinder- und Jugendpsychiater – für glaubhaft befunden hat, konnte der Strafkammer nicht die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten verschaffen.
2. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Ausführungen zur Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin sind teilweise widersprüchlich, es fehlt in wesentlichen Punkten an der erforderlichen Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Sachverständigen und die Urteilsgründe lassen nicht ausreichend erkennen, daß das Gericht alle Umstände , die Schlüsse auch zuungunsten des Angeklagten ermöglichen, in die Gesamtwürdigung einbezogen hat.

a) Zunächst führt das Landgericht bei Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin aus, daß ihre Aussage keine vordergründige Belastungstendenz aufweise. Es spreche auch nicht gegen ihre Aussage, daß sie erst nach Jahren – die Zeugin war inzwischen 16 Jahre alt – angefangen habe, den Angeklagten zu belasten. Insoweit folge es dem Gutachter, daß das Pubertätsalter für die Nebenklägerin ein günstiger Zeitpunkt gewesen sein könnte, eventuell über Jahre Aufgestautes auszusprechen (UA S. 13). Demgegenüber wird die Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin an anderer Stelle (UA S. 15) gerade mit der Erwägung in Zweifel gezogen, es sei unverständlich, daß sie sich trotz der jahrelang andauernden Vorfälle erst so spät jemandem offenbart habe. Hinzu komme, daß die Nebenklägerin mit den Beschuldigungen erst begonnen habe, als sie sich längst nach Beendigung der sexuellen Übergriffe in einem auf der allgemeinen Erziehungssituation beruhenden Konflikt mit dem Angeklagten befunden habe. Zur Begründung nimmt das Landgericht auch den Sachverständigen mit dem allgemeinen Erfahrungssatz in Anspruch, in Mißbrauchsfällen seien belastende Angaben, die aus einem Spontankonflikt erwachsen seien, grundsätzlich eher glaubhaft als solche, die im Zusammenhang mit einer allgemeinen Konfliktsituation stünden (UA S. 16). Hierbei läßt die Strafkammer jedoch die relativierende Ä ußerung des Sachverständigen unerörtert, daß bei langanhaltenden Übergriffen auch eine Aussage in allgemeinen Konfliktsituationen glaubhaft und daß der Nebenklägerin die Aussage dadurch erleichtert worden sei, daß sie zum Zeitpunkt ihrer ersten Anschuldigungen nicht mehr bei dem Angeklagten gewohnt habe (UA S.13).

b) Das Landgericht hat sich auch deshalb nicht von der Täterschaft des Angeklagten zu überzeugen vermocht, weil die Aussagen der Zeugin gewisse Abweichungen und Unstimmigkeiten enthielten, die den Wahrheitsgehalt ihrer Bekundungen in Frage stellten. So habe die Zeugin in der erneuten Hauptverhandlung erstmals angegeben, daß ihr Vater bei der ersten Mißbrauchshandlung „total betrunken“ gewesen sei. Die zeitliche Einordnung dieser ersten Tat stehe teilweise im Widerspruch zu anderen Beweisergebnissen (UA S. 14). Zweifel seien auch deshalb angebracht, weil die Nebenklägerin hinsichtlich einer sexuellen Beziehung zu dem Zeugen W unterschiedliche Angaben gemacht habe (UA S. 15).
Auch vor dem Hintergrund dieser von dem Landgericht angenommenen Unstimmigkeiten war eine Auseinandersetzung mit dem Gutachten unerläßlich. Zwar ist der Tatrichter nicht gehindert, die Glaubwürdigkeit eines Zeugen anders zu beurteilen als der Sachverständige, da dessen Gutachten stets nur eine Grundlage der eigenen Überzeugungsbildung sein kann. Jedoch muß er, sofern er in einer schwierigen Frage den Rat eines Sachverständigen in Anspruch genommen hat und diese Frage dann im Widerspruch zu dem Gutachten lösen will, die Darlegungen im einzelnen wiedergeben, insbesondere dessen Stellungnahme zu den Gesichtspunkten, auf welche der Tatrichter seine abweichende Auffassung stützt. Anderenfalls ist dem Revisionsgericht die Prüfung nicht möglich, ob das Tatgericht das Gutachten zutreffend gewürdigt und aus ihm rechtlich zulässige Schlüsse gezogen hat (vgl. BGH NStZ–RR 1997, 172; BGHR StPO § 261 – Sachverständiger 1 und 5). Denn Abweichungen des Aussageinhalts erlauben nicht ohne weiteres den Schluß auf die Unglaubhaftigkeit; jedenfalls darf das Kriterium der Widerspruchsfreiheit und Konstanz einer Aussage nicht überbewertet werden (BGH NStZ–RR 1997, 172). Gerade deshalb hätte es einer Erörterung der Frage bedurft, welches Gewicht den vom Landgericht im einzelnen dargestellten Abweichungen und Unstimmigkeiten in der Aussage der Nebenklägerin , die im übrigen das Kerngeschehen nicht oder nur unwesentlich berühren, nach Auffassung des Sachverständigen sowie in Bezug auf die Beurteilung der speziellen Glaubwürdigkeit dieser Zeugin zukommt.

c) Die Beweiswürdigung begegnet schließlich insofern durchgreifenden Bedenken, als das Landgericht es versäumt hat, alle aus dem Urteil ersichtlichen wesentlichen Umstände, die Schlüsse auch zuungunsten des Angeklagten ermöglichen, in die gebotene Gesamtwürdigung einzubeziehen (vgl. BGHSt 25, 285, 286; BGH NStZ–RR 1997, 172, 173). Dies gilt namentlich für die im Urteil ausführlich dargestellte Entstehungsgeschichte der Aussage der Nebenklägerin (UA S. 7 bis 9). Nach den Feststellungen hat sie sich zunächst eher zögerlich und z urückhaltend gegenüber ihrer Freundin und später gegenüber professionellen Helfern geäußert, wobei sie erst allgemeine Andeutungen machte und erst auf näheres Befragen der Zeugin G , einer Psychologin des Jugendnotdienstes, von konkreten sexuellen Übergriffen ihres Vaters berichtete. In diesem Zusammenhang hätte auch berücksichtigt werden müssen, in welcher Verfassung sich die Nebenklägerin bei diesen ersten Angaben befand und in welcher Weise sie sich im einzelnen äußerte. Für die Glaubhaftigkeit sprechende Gesichtspunkte hätten auch darin gefunden werden können, daß die Zeugin nach den Urteilsfeststellungen zum Kerngeschehen identische Aussagen gemacht hat wie im Vorverfahren und daß Belastungstendenzen nicht erkennbar waren (UA S. 13). Schließlich hätte es einer vertieften Erörterung bedurft, daß der Angeklagte einen Tag, nachdem er von den Anschuldigungen seiner Tochter erfahren hatte, dieser gegenüber als erste Reaktion erklärte, es tue ihm leid, was zwischen ihnen geschehen sei (UA S. 9). Das Landgericht hält es für möglich, daß sich diese Entschuldigung auf andere Fehler des Angeklagten im Umgang mit seiner Tochter bezogen habe (UA S. 16), wobei es den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Mitteilung über die Anschuldigungen und dem Gespräch außer Acht läßt. Gerade dieser zeitliche Aspekt läßt die Erwägung des Landgerichts eher als fernliegend erscheinen. Daß das Landgericht auf die genannten Umstände nicht oder nur unvollständig eingeht, gibt Anlaß zu der Annahme, daß es die erforderliche Gesamtwürdigung aller Umstände, die für und gegen die Zuverlässigkeit der Angaben der Nebenklägerin sprechen, nicht vorgenommen hat.
3. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Tepperwien Häger Basdorf Gerhardt Raum

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 435/09
vom
10. Dezember 2009
in dem Sicherungsverfahren
gegen
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Dezember
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Richter am Amtsgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 10. Juni 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Unterbringung der Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt. Hiergegen wendet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft , die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen entfachte die Beschuldigte, die schon tagelang Selbstmordgedanken gehegt und sogar einen entsprechenden Versuch unternommen hatte, unter Verwendung von Brennspiritus ein Feuer im Dachgeschoss des unter anderem von ihr und ihrem Ehemann bewohnten Mehrfamilienhauses, um sich durch Einatmen von Rauchgasen zu töten. Beim Anblick des Feuers erschrak sie jedoch und verließ fluchtartig den Dachboden; auch ihr anschließender Versuch, sich vor einen Zug zu werfen, scheiterte, weil der Triebwagenführer rechtzeitig eine Schnellbremsung einleitete. Da das Feuer frühzeitig entdeckt wurde, konnten die anwesenden Hausbewohner das Gebäude unverletzt verlassen. Der entstandene Sachschaden beträgt etwa 60.000 €.
3
Die Strafkammer ist - sachverständig beraten - rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Beschuldigte bei Begehung der Tat wegen einer schweren krankhaften seelischen Störung nicht einsichtsfähig gewesen war. Die Beschuldigte leide seit mehr als 30 Jahren an einer affektiven Störung im Sinne einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen (ICD 10: F 32.3). Obwohl sie seit dem Jahre 1993 medikamentös behandelt werde, habe sich ihr Zustand fortlaufend verschlechtert. Zudem seien seit 2006 grenzwertige psychotische Symptome in Form von Beziehungsideen aufgetreten, die auf ihre jeweiligen Nachbarn gerichtet seien. Zwischen Dezember 2006 und Dezember 2007 habe ihre Suizidalität drei stationäre Aufenthalte in einer psychiatrischen Klinik erforderlich gemacht.
4
2. Die Voraussetzungen für eine Unterbringung der Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB hat das Landgericht mit folgender Begründung verneint:
5
Zwar dauere die schwere krankhafte seelische Störung fort. Entgegen der Auffassung der gehörten Sachverständigen Dr. S. ergebe die Gesamtwürdigung der Person der Beschuldigten und der Anlasstat jedoch nicht, dass von ihr infolge ihres Zustands weitere erhebliche Straftaten zu erwarten seien und sie deshalb für die Allgemeinheit gefährlich sei. Das folge schon daraus, dass die Beschuldigte, obwohl sie seit vielen Jahren an der depressiven Störung leide, bisher weder strafrechtlich in Erscheinung getreten sei noch fremdaggressives Verhalten gezeigt habe. Außerdem sei die Fremdgefährdung bei der Anlasstat nur "bei Gelegenheit" einer beabsichtigten Selbsttötung der Be- schuldigten erfolgt und stünde nicht in Bezug zu der wahnhaften Symptomatik in Form von "grenzwertigen" Beziehungsideen.
6
3. Die Ablehnung der Unterbringung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
7
a) Der Tatrichter ist zwar nicht gehindert, von dem Gutachten eines vernommenen Sachverständigen abzuweichen, da dieses stets nur Grundlage der richterlichen Überzeugungsbildung sein kann (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1992 - 2 StR 440/92, BGHR StPO § 261 Sachverständiger 5). Will er aber eine Frage, für deren Beantwortung er sachverständige Hilfe in Anspruch genommen hat, im Widerspruch zu dem Gutachten beantworten, muss er die Gründe hierfür in einer Weise darlegen, die dem Revisionsgericht die Nachprüfung erlaubt , ob er das Gutachten zutreffend gewürdigt und aus ihm rechtlich zulässige Schlüsse gezogen hat. Hierzu bedarf es einer erschöpfenden Auseinandersetzung mit den Darlegungen des Sachverständigen, insbesondere zu den Gesichtspunkten , auf welche das Gericht seine abweichende Auffassung stützt (vgl. BGH aaO; BGH, Beschluss vom 25. April 2006 - 1 StR 579/05 = NStZ-RR 2006, 242, 243; Beschluss vom 13. September 2001 - 3 StR 333/01 m.w.N.). Dies lässt die angefochtene Entscheidung vermissen.
8
Soweit das Landgericht entgegen dem Sachverständigengutachten eine qualifizierte Steigerung der affektiven Störung in den letzten beiden Jahren vor der Anlasstat verneint und dabei darauf abstellt, dass die Vorstellung der Beschuldigten , einem "Nachbarschaftsterror" ausgesetzt zu sein, zeitlich und örtlich auf eine frühere Wohnsituation beschränkt sei, lässt es außer Acht, dass die Beschuldigte auch in ihrer neuen Mietwohnung die unbegründete und über- triebene Sorge hegte, ihre Vermieter wollten sie wegen ihrer Krankheit "loswerden" und die Nachbarn würden hinter ihrem Rücken schlecht über sie reden.
9
b) Schon im Ansatz fehl geht die weitere Überlegung der Strafkammer, wonach gegen eine qualifizierte Steigerung der affektiven Störung spreche, dass die Beschuldigte auf den "akustischen Nachbarschaftsterror" nicht mit fremdaggressivem Verhalten reagiert habe. Nach den Ausführungen der Sachverständigen zum Krankheitsbild ist dieses zwar nicht durch Fremdaggression, sondern durch ausgeprägte Suizidalität gekennzeichnet. Da die Beschuldigte bei ihren Selbsttötungsbestrebungen aber, wie die Sachverständige ausgeführt hat, mögliche Folgen für Dritte ausblendet, entsteht aus einer erhöhten Suizidalität auch eine erhöhte Gefahr für die Allgemeinheit.
10
4. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das Urteil insgesamt der Aufhebung. Die Möglichkeit, die Beschuldigte belastende, für sich genommen rechtsfehlerfrei getroffene Feststellungen zum äußeren Tathergang teilweise aufrecht zu erhalten, scheidet aus, da die Beschuldigte das Urteil insoweit nicht hätte anfechten können (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2000 - 3 StR 595/99, NStZ-RR 2000, 300 m.w.N.).
11
Sollte der neue Tatrichter eine fortdauernde Gefährlichkeit der Beschuldigten feststellen, wird er zu prüfen haben, ob die von der Beschuldigten ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit durch eine konsequente medizinische Behandlung, für deren Durchführung bereits ein Betreuer bestellt ist, abgewendet werden kann. In diesem Fall würde es, worauf auch die Revisionsführerin hingewiesen hat, nahe liegen, die Vollstreckung der Unterbringung gemäß § 67 b StGB zur Bewährung auszusetzen (vgl. BGH aaO; BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 - 5 StR 575/07, jeweils m.w.N.).
Tepperwien Maatz Solin-Stojanović
Franke Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 190/01
vom
12. Juni 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
12. Juni 2001, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Nack
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Schluckebier,
Hebenstreit,
Schaal,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 29. November 2000 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Der Angeklagte wurde vom Vorwurf freigesprochen, seine am 26. August 1976 geborene Tochter, die Nebenklägerin, am 11. Juli 1989 zu Handverkehr und am 22. Juli 1989 zu Mundverkehr veranlaßt zu haben, sowie insgesamt elfmal - dreimal vor dem 14. Geburtstag, fünfmal zwischen dem 14. und dem 18. Geburtstag und dreimal im Dezember 1994 - mit ihr Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Ursprünglich lagen ihm 142 Sexualdelikte zur Last. Nachdem er hiervon am 27. März 1998 freigesprochen worden war, der Senat dieses Urteil auf Revision der Nebenklägerin aber aufgehoben hatte (Urteil vom 29. September 1998 - 1 StR 420/98 -, teilweise abgedruckt in NStZ-RR 1999, 275), war das
Verfahren am 12. August 1999 gemäß § 154 Abs. 2 StPO auf die genannten Vorwürfe beschränkt worden. Die Revision der Nebenklägerin hat erneut Erfolg.

I.

Die Revision ist in vollem Umfang zulässig. Die Strafkammer geht allerdings davon aus, gegebenenfalls seien die Vorgänge vor dem 14. Geburtstag (nur) gemäß § 176 StGB zu bestrafen, die Vorgänge zwischen dem 14. und dem 18. Geburtstag (nur) gemäß § 174 StGB und die Vorgänge nach dem 18. Geburtstag (nur) gemäß § 173 StGB. Ersichtlich im Hinblick auf den Freispruch ist dies nicht näher ausgeführt. Strebte die Nebenklägerin nur solche Verurteilungen an, wäre die Revision hinsichtlich der Vorwürfe vom Dezember 1994 unzulässig, § 400 Abs. 1 StPO, da § 173 StGB, anders als §§ 176, 174 StGB, kein nebenklagefähiges Delikt ist, § 395 Abs. 1 StPO. 1. Die Nebenklägerin wendet sich gegen die Annahme, ihre Angaben seien insgesamt keine taugliche Verurteilungsgrundlage. Ausweislich der Urteilsgründe behauptet sie auch Gewaltanwendungen und entsprechende Drohungen. Solche Nötigungsmittel sind teilweise näher geschildert, so habe der Angeklagte ihr am 11. Juli 1989 Schläge angedroht und am 22. Juli 1989 habe er ihren Kopf an den Haaren "herauf- und heruntergezogen"; bei einem Geschlechtsverkehr im Winter 1989/90 habe sie vergeblich versucht, ihn von sich "herunterzuwerfen". Auch sonst bezeichnet sie Geschlechtsverkehr als Vergewaltigung. Hinzu kommt: Zu einem nicht klar mitgeteilten Zeitpunkt, möglicherweise 1993, haben mehrere Ä rzte unabhängig voneinander Verletzungsspuren bei ihr festgestellt, der Angeklagte räumt insoweit "gewalttätige Züchtigungen"
ein. In der Nacht vom 10. auf 11. Dezember schrieb sie, s ie werde seit Juli 1989 vom Angeklagten mißbraucht, zuletzt dreimal seit dem 5. Dezember. Wörtlich heißt es u.a.: "Mir graust ... und wenn ich es nicht mache gibt es Dresche". Träfe all dies zu, käme nicht nur eine Verurteilung nach den genannten Bestimmungen sondern tateinheitlich auch eine Verurteilung wegen der nebenklagefähigen Delikte Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung in Betracht, da früher angewandte Nötigungsmittel später fortgewirkt haben können (vgl. nur BGH StV 1994, 127 m.w.N). 2. Die Strafverfolgung ist auch nicht (wirksam) gemäß § 154 a StPO auf die von der Strafkammer genannten Delikte beschränkt, was der Senat andernfalls bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision von Amts wegen zu beachten hätte. Eine entsprechende Verfahrensbeschränkung vor der Zulassung der Nebenklage wäre mit der uneingeschränkt erfolgten Zulassung gemäß § 397 Abs. 2 Satz 2 StPO wieder entfallen; danach wäre sie nur mit ausdrücklich und klar erteilter Zustimmung der Nebenklage wirksam (vgl. BGHR StPO § 400 Abs. 1 Satz 1 Zulässigkeit 1; Rieß in Löwe/Rosenberg StPO 24. Aufl. § 154 a Rdn. 26; Hilger in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 402 Rdn. 1; Schoreit in KK 4. Aufl. § 154 a Rdn. 4 m.w.N.). In dem Beschluß vom 12. August 1999 ist jedoch weder § 154 a StPO als Rechtsgrundlage angegeben, noch ist ersichtlich, daß die Nebenklage jemals eine Stellungnahme zu diesem Beschluß abgegeben hätte. Daher führt auch der Verfahrensverlauf nicht zu einer (teilweisen) Unzulässigkeit der Revision.

II.

Der Tatverdacht beruht nur auf den Angaben der Nebenklägerin.
1. Nach der Bewertung der Strafkammer fehlen jedoch teilweise "räumlich -zeitliche Verknüpfungen und Interaktionsschilderungen", nicht alle Angaben seien detailreich, vielfach seien sie nur "allgemein". Konkretere Schilderungen seien demgegenüber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht klar bewiesen oder für sich genommen unglaubhaft. Wie auch der Senat in seinem Urteil vom 29. September 1998 dargelegt habe, könne einem Zeugen, dessen Angaben teilweise unglaubhaft seien, auch im übrigen nicht ohne weiteres gefolgt werden. Angesichts des Aussageverhaltens der Nebenklägerin und des Fehlens objektiver Umstände, die geeignet seien, ihre Angaben zu schützen, sei der Angeklagte daher freizusprechen. 2. Wird der Angeklagte freigesprochen, weil das Gericht Zweifel an seiner Täterschaft nicht überwinden kann, so hat das Revisionsgericht dies regelmäßig hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht die Beweisergebnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Demgegenüber kann ein Urteil keinen Bestand haben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa der Fall, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht berücksichtigt oder naheliegende Schlußfolgerungen nicht erörtert, widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewißheit überspannte Anforderungen gestellt sind (ständ. Rspr.; vgl. nur BGH wistra 1999, 338, 339 m.w.N.). Das angefochtene Urteil weist derartige Mängel auf.

III.

Soweit die Strafkammer die Angaben der Nebenklägerin wegen fehlender zeitlicher Präzision und Detailarmut für nicht glaubhaft hält, legt sie schon im Ansatz einen rechtsfehlerhaften Maßstab an; auch ist zu besorgen, daß sie dabei zugleich die Bedeutung des hier wesentlichen Verfahrensablaufs nicht bedacht hat. 1. Die Nebenklägerin behauptet, zwischen ihrem 13. und 19. Lebensjahr vielfach sexuell mißbraucht worden zu sein. Sind derartige Behauptungen, zumal nach weiteren Jahren, zu überprüfen, kann schon wegen dem naheliegend immer wieder ähnlichen Ablauf des eigentlichen Tatgeschehens nicht für jeden einzelnen Vorgang eine zeitlich exakte und detailreiche Schilderung erwartet werden. Ebensowenig kann erwartet werden, daß jedes als solches erinnerliche Detail auch einem zeitlich exakt fixierten Vorgang zugeordnet werden kann (vgl. nur BGHSt 40, 44, 46). Mögen solche Angaben auch nicht immer ohne weiteres hinlänglich zu konkretisieren sein (vgl. BGHSt 42, 107 ff), so sind sie aber nicht schon allein wegen solcher Ungenauigkeiten falsch. 2. In diesem Zusammenhang hat die Strafkammer auch verkannt, daß der von ihr ausdrücklich herangezogene Hinweis des Senats im Urteil vom 29. September 1998 eine wesentlich andere Fallgestaltung betraf:
a) Dem Freispruch vom 27. März 1998 lag zu Grunde, daß sich die Angaben der Nebenklägerin zu drei näher geprüften Einzelfällen wegen konkreter und detaillierter Alibiangaben der Zeugin G. , der Ehefrau des Angeklagten und Mutter der Nebenklägerin, als falsch erwiesen hätten und daher auch die dann nicht weiter geprüften Angaben der Nebenklägerin zu den übrigen Fällen unglaubhaft seien.
Der Angabe der Nebenklägerin, sie sei, erstmals überhaupt, 1989 am Nachmittag des Geburtstags des Angeklagten in der Wohnung mißbraucht worden, hätte G. entgegengesetzt, an diesem Nachmittag sei die Nebenklägerin im Kinderhort gewesen. Außerdem hätte in der Wohnung damals eine Geburtstagsfeier stattgefunden, bei der mehrere Gäste dem Angeklagten gratuliert hätten, was weitere Zeugen detailiert bestätigten. Die Strafkammer hatte jedenfalls als erwiesen angesehen, daß die Nebenklägerin im Kinderhort war, und war daher ihren nicht konkret dargelegten Zweifeln an der Geburtstagsfeier nicht weiter nachgegangen.
b) Da der Aufenthalt im Kinderhort (auch schon) aus anderem Grunde nicht rechtsfehlerfrei festgestellt war, hatte der Senat dieses Urteil aufgehoben. Zugleich hatte er darauf hingewiesen, daß ein absichtlicher Versuch zur Irreführung des Gerichts vorläge und kein erklärliches Versehen, wenn es keine Geburtstagsfeier gegeben hätte. Dies sei gegebenenfalls auch bei der Würdigung anderer Aussagen von G. (die übrigen Zeugen der Geburtstagsfeier hatten sonst keine Angaben gemacht) erkennbar zu bedenken.
c) Ein Versuch, das Gericht absichtlich in die Irre zu führen, kann die Annahme nahe legen, nach Art und Tendenz vergleichbare Angaben des selben Zeugen dienten nur dem selben Zweck. Eine teilweise nur ungenaue Schilderung langjährigen sexuellen Mißbrauchs kann aber im Rahmen der Gesamtbewertung einer Aussage nicht mit ausgeschmückten Lügen - z.B. über eine Geburtstagsfeier, die in Wahrheit nicht stattgefunden hat - gleichgesetzt werden. 3. Die Strafkammer hat auch die Verfahrensbeschränkung (vor I.) nicht klar erkennbar bedacht.

a) So waren etwa für die Zeit zwischen dem 14. und dem 18. Geburtstag (noch) fünf Vorfälle zu prüfen. Hätte die Nebenklägerin nur diese Vorfälle behauptet , würde es sich um eher vereinzelte Vorfälle handeln, über die dementsprechend nicht nur "allgemeine Angaben", sondern eine jedenfalls einigermaßen genaue Schilderung erwartet werden könnte.
b) Tatsächlich war dem Angeklagten aber etwa zur Last gelegt worden, mit der Nebenklägerin zwischen ihrem 14. Geburtstag und seiner (verhältnismäßig kurzen) Inhaftierung am 24. Februar 1993 etwa alle 14 Tage Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, wobei Tatort entweder das Bade- oder das Schlaf- oder das Wohnzimmer gewesen sei. Nach der Verfahrensbeschränkung ging es noch um je einen Vorfall in jedem dieser Zimmer, wobei diese Vorfälle innerhalb des genannten Zeitraums zeitlich nicht näher eingegrenzt waren. Die Nebenklägerin hat ihre ursprünglichen Angaben - Geschlechtsverkehr etwa alle 14 Tage - wiederholt. Diese Angaben sind in zeitlicher Hinsicht jedenfalls wesentlich präziser als der Beschränkungsbeschluß.
c) Im übrigen hat - dies hatte der Senat als Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen - nach der Verfahrensbeschränkung auch für die Zeit zwischen dem 14. und 18. Geburtstag eine noch hinreichend konkrete Verfahrensgrundlage vorgelegen. Es ist aber zu besorgen, daß die Strafkammer durch die sehr weitgehende Verfahrensbeschränkung nicht nur den Gesamtumfang der ursprünglichen Vorwürfe für die Würdigung des Gesamtergebnisses der Beweisaufnahme aus den Augen verloren hat; darüber hinaus kann durch die nachhaltige Verwischung der zuvor wesentlich klareren zeitlichen Konturen auch konkretes Verteidigungsvorbringen erschwert werden (vgl. BGHSt 42, 107, 109). Dies kann sich zwar auf den Freispruch nicht ausgewirkt
haben, im weiteren Verlauf des Verfahrens wird diesem Gesichtspunkt aber Rechnung zu tragen sein (vgl. BGHSt 40, 44, 48; 44, 155, 157).

IV.

Bei einer Beweislage wie hier kann die Entstehung der Beschuldigung (sog. Aussagegenese) bedeutsam sein (ständ. Rspr.; vgl. d. Nachw. b. Kleinknecht /Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 261 Rdn. 11). Dies gilt zunächst für die erste Anschuldigung überhaupt. Führt diese zu keiner Ä nderung der Verhältnisse , können spätere Beschuldigungen ebenso bedeutsam sein, zumal wenn sie gegenüber Personen erfolgten, denen die früheren Behauptungen nicht bekannt waren. Dies gilt insbesondere auch für die Umstände der Strafanzeige, wenn Beschuldigungen gegenüber Privatpersonen nicht ohne weiteres zeitnah zu behördlichen Ermittlungen geführt haben. Die Strafkammer weist auf die Bedeutung der Aussageentstehung hin. Ihre Feststellungen dazu sind aber lückenhaft. Soweit Feststellungen getroffen sind, sind sie (mit einer Ausnahme; vgl. hierzu VII 2 b, c) allenfalls inzident gewürdigt. Dies hängt offenbar damit zusammen, daß sie die Strafkammer im Rahmen der Aussagen zu einzelnen Taten mitteilt, die sie schon anderweitig, jedoch nicht rechtsfehlerfrei, als widerlegt ansieht. 1. Die Strafkammer geht offenbar davon aus, erste Beschuldigungen seien am 15. April 1993 gegenüber der Mutter geäußert worden. Nach den Urteilsfeststellungen ist aber nicht auszuschließen, daß es sich hierbei nicht um die erste Beschuldigung gehandelt hat. Der Angeklagte wurde zwischenzeitlich rechtskräftig zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am 17. März 1998 eine mit der Nebenklägerin
etwa gleichaltrige Zeugin dazu überredet hatte, in der (ersten) Hauptverhandlung unter Eid falsch auszusagen. Der Zusammenhang bleibt unklar. Die Strafkammer verweist zu den jener Verurteilung zu Grunde liegenden Feststellungen entgegen § 267 StPO nur auf den Akteninhalt (vgl. demgegenüber nur Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. § 267 Rdn. 2 m.w.N.). Auch im übrigen ergeben die Urteilsgründe keinen klaren Zusammenhang zwischen dieser Zeugin und einer wesentlichen Beweisfrage. Da erfahrungsgemäß erste Anschuldigungen oder zumindest Andeutungen Jugendlicher, sexuell motiviertem Verhalten Erwachsener ausgesetzt zu sein, nicht selten gegenüber Gleichaltrigen erfolgen, ist dies auch hier nicht auszuschließen. Wäre es so, könnte die von der Strafkammer allein angestellte Erwägung, auch ein Unschuldiger könne aus Angst vor Strafe zum Meineid anstiften, Feststellung und Würdigung der Angaben der Nebenklägerin gegenüber dieser Zeugin nicht ersetzen. 2. Die Strafkammer hat geprüft, ob der Angeklagte die Nebenklägerin zwischen Mai und September 1993 zweimal vergewaltigt hat (der tatsächliche Umfang der Beschuldigungen war auch für diesen Zeitraum nicht unerheblich höher). Sie hält diese Angaben nicht nur wegen ihrer Allgemeinheit für unglaubhaft. Auf ihre Bewertung "strahlen" vielmehr auch die Feststellungen zu einem zwar "erwähnenswerten" aber "fragwürdigen" Suizidversuch der Nebenklägerin vom 15. April 1993 aus. Die Annahme der Fragwürdigkeit des Suizidversuchs beruht teilweise auch darauf, wie sich die Nebenklägerin in diesem Zeitraum gegenüber Ä rzten und einem Therapeuten geäußert hat. Offenbar deshalb hielt die Strafkammer eine Prüfung für entbehrlich, ob unabhängig von dem Suizidversuch die Ä ußerungen der Nebenklägerin Rückschlüsse auf Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Beschuldigungen zulassen.

a) In der Nacht des 15. April 1993 schluckte die Nebenklägerin sämtliche erreichbaren Tabletten, bekam Magenkrämpfe und rief den Notarzt. Dann weckte sie die Mutter und sagte, sie habe einen Suizidversuch begangen, weil sie fürchte, vom Angeklagten schwanger zu sein. Sie wurde in ein Krankenhaus eingeliefert, wo ihr Magen ausgepumpt wurde. Die Nebenklägerin war "um den 15. April" 1993 bei Dr. K. in hausärztlicher Behandlung, ohne etwas von sexuellem Mißbrauch zu erwähnen. Er hatte - ob damals oder zu anderer Zeit wird nicht deutlich - Verletzungsspuren bei der Nebenklägerin festgestellt, die auf "gewalttätige Züchtigungen" zurückgeführt werden, die auch der Angeklagte einräumt. Verletzungen waren auch - zu ebenfalls nicht mitgeteilter Zeit - in einem Krankenhaus festgestellt worden, in dem die Nebenklägerin offenbar aus anderem Grunde war; an sexuellen Mißbrauch dachte dort niemand. Am 19. April 1993 suchte sie den Frauenarzt Dr. B. auf und fragte, ob sie schwanger sein könne, obwohl sie am 12. April ihre Regelblutung gehabt habe. Von einem Suizidversuch erwähnte sie nichts. Am 26. April suchte sie ihn erneut auf und fragte nach Hilfsmöglichkeiten bei sexuellem Mißbrauch. Dr.B. verwies sie an den Therapeuten ( ) Fi. , bei dem sie "daraufhin" vom 8. April bis 11. Mai in Behandlung war. Beim zweiten Besuch am 26. April gab sie an, vom Angeklagten vergewaltigt worden zu sein. Nachdem sie "zunächst" als Begründung für ihren Suizidversuch angegeben hatte, ihr Freund habe sie verlassen, erklärte sie "nun" der Grund sei die Vergewaltigung durch den Angeklagten. Im weiteren Verlauf schilderte sie dem Therapeuten dann im einzelnen vielfachen sexuellen Mißbrauch durch den Angeklagten.
b) Die Strafkammer geht davon aus, der Suizidversuch könne sowohl eine Verzweiflungstat, als auch ein "Hilfeschrei in Richtung Mutter" gewesen
sein. Er könne aber auch nur vorgetäuscht sein. Hierfür spreche, daß die Nebenklägerin den Notarzt gerufen habe, sowie der (auch) angegebene Grund, ihr Freund habe sie verlassen und schließlich ihre Frage nach Schwangerschaft trotz Regelblutung. Sei der Suizidversuch aber nur vorgetäuscht, könne er auch zur grundlosen Belastung des Angeklagten gedient haben.
c) All dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Schon eine ursprüngliche Ernsthaftigkeit des Suizidversuchs ist nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen. Auch wer einen zunächst ernsthaft gemeinten Suizidversuch begeht , kann dann doch noch Angst vor dem Tod bekommen und seine Entscheidung rückgängig machen wollen. Diese bei jedermann naheliegende Möglichkeit hätte die Strafkammer erst recht bei einem 16 Jahre alten Mädchen erörtern müssen. Auch wenn man der Strafkammer aber darin folgt, daß die Nebenklägerin nicht wirklich aus dem Leben scheiden wollte, spricht das Rufen des Notarztes nicht gegen einen "Hilfeschrei". Wer um Hilfe schreit, erhofft sich dadurch eine Veränderung seiner Lebensumstände, will also - wenn auch nicht mehr so wie bisher - weiter leben. In diesem Sinne "täuscht" er nur vor, er wolle wirklich sterben. Auch das Verhalten gegenüber den Ä rzten und dem Therapeuten ist nicht rechtsfehlerfrei gewürdigt, das gegenüber dem Therapeuten schon nicht rechtsfehlerfrei festgestellt: Soweit die Strafkammer auf die Frage nach einer Schwangerschaft trotz eingetretener Regelblutung abstellt, wäre die naheliegende Möglichkeit zu erörtern gewesen, daß dies auf Unerfahrenheit der damals 16 Jahre alten Nebenklägerin über biologische Zusammenhänge zurückgeht. Dabei wäre auch zu bedenken gewesen, daß der von der Strafkammer gehörte Sachverständige der Nebenklägerin nur "geringes Allgemeinwissen" bescheinigt.
Im übrigen kann es nicht für sondern gegen eine Absicht der Nebenklägerin sprechen, den Angeklagten zu Unrecht zu belasten, daß sie gegenüber dem Hausarzt (und im Krankenhaus) nichts erwähnte, gegenüber dem Frauenarzt erst spät allgemeine Andeutungen über sexuellen Mißbrauch machte und selbst gegenüber dem Therapeuten zunächst nur zögerlich von sexuellem Mißbrauch und seinem Zusammenhang mit dem Suizidversuch berichtete. Die naheliegende Möglichkeit, daß es die Nebenklägerin Überwindung gekostet haben könnte, von sexuellem Mißbrauch durch den eigenen Vater und einem darauf beruhenden Suizidversuch zu sprechen, ist demgegenüber nicht erwogen. Bei alledem sind auch die Ä ußerungen gegenüber der Mutter am 15. April 1993 nicht bedacht, obwohl es, zumals in der konkreten Situation nach dem Schlucken der Tabletten, nahe gelegen haben könnte, daß die Nebenklägerin ihr gegenüber weniger gehemmt war, den Angeklagten zu beschuldigen, als gegenüber Außenstehenden. Im übrigen kann es aber auch keinesfalls so gewesen sein, daß die Nebenklägerin am 26. April zum Therapeuten geschickt wurde, daraufhin ab 8. April bei ihm in Behandlung war und dann beim zweiten Besuch am 26. April von Mißbrauch sprach. Auch sonst erschließt sich der Ablauf der Behandlung nur schwer. Die Nebenklägerin kann jedenfalls nicht "zunächst" am 8. April das Verlassen durch den Freund als Grund für den Suizidversuch vom 15. April angegeben haben, während sie "nun" am 26. April das Verhalten des Angeklagten angab. Unabhängig von alledem wäre auch zu erörtern gewesen, daß es auf eine sehr schwerwiegende geistig-seelische Störung der Nebenklägerin hindeuten würde, wenn sie lediglich zur Falschbelastung des Angeklagten eine massive Selbstbeschädigung vorgenommen hätte - ihr Magen mußte ausgepumpt
werden - und diese Falschbelastung dann aber nicht konsequent durchhält. Andere Anhaltspunkte, die für eine derartige Störung sprechen könnten, sind nicht festgestellt. Nach alledem erweist sich die Annahme, der Suizidversuch könne zur Belastung des Angeklagten nur vorgetäuscht sein, allenfalls als abstrakttheoretisch gedankliche Möglichkeit ohne realen Anhaltspunkt, die daher im Rahmen der Beweiswürdigung kein Gewicht gewinnen kann (vgl. nur Engelhardt in KK 4. Aufl. § 261 Rdn. 4 m.w.N.). 3. Zuletzt soll der Angeklagte dreimal im Dezember 1994 mit der Nebenklägerin Geschlechtsverkehr gehabt haben. In diesem Zusammenhang ist auch festgestellt, daß die Nebenklägerin den Angeklagten damals gegenüber Außenstehenden belastet hat. Diese Feststellungen sind jedoch nicht gewürdigt, offenbar weil die Strafkammer die Tatvorwürfe aus anderen, aber nicht rechtsfehlerfreien , Erwägungen für unglaubhaft hält.
a) Die Nebenklägerin gibt an, letztmals sei es am 10. Dezember zu einer Vergewaltigung gekommen, als sie sich im Badezimmer für die Tanzstunde fertig machen wollte. Nach den Feststellungen der Strafkammer fuhr sie noch am Abend zu dem Zeugen P. , einem Offizier der Bundeswehr, den sie seit einigen Monaten kannte, um bei ihm zu übernachten. Ihr Verhalten bei ihm war "auffällig anders". Als sich P. ihr sexuell nähern wollte, wies sie ihn ab. Von ihm nach dem Grund ihres Verhaltens befragt, schrieb sie auf ein Blatt Papier - die Strafkammer bezeichnet dies als Brief -, er habe unbewußt bei ihr "tiefe Wunden aufgerissen", da sie seit Juli 1989 vom Angeklagten mißbraucht werde. Wenn sie den Wünschen des Angeklagten nicht nachkomme, gebe es "Dre-
sche". Nachdem zuletzt "eineinhalb Monate Pause" gewesen sei, "in dieser Woche dafür gleich dreimal am Montag, Freitag und gestern abend" (vgl. I 1). Danach kam es zu einer "dramatischen Szene" mit "Weinen und Schluchzen". An "diesem Abend" - die Strafkammer spricht vom 10. Dezember, gemeint ist wohl eher der 11. Dezember - fuhr P. z usammen mit seinem Freund ( ) F. , ebenfalls ein Offizier, die Nebenklägerin nach Hause, damit sie Kleider und Medikamente holen konnte. Dort erklärte sie der Mutter: "Ich halts nicht mehr aus" und verließ das Haus eilig durch ein Fenster.
b) Die Strafkammer hält es für nicht glaubhaft, daß es zu den drei Vergewaltigungen gekommen sei. Die Nebenklägerin habe s ich nicht nur an die beiden anderen Vorgänge nicht erinnert, und den letzten Vorfall nur allgemein beschrieben, auch sonst gebe es "Ungereimtheiten": Es sei schon nicht klar, ob es vor dem 10./11. Dezember (so der Zeuge P. ) oder erst danach (so die Nebenklägerin) erstmals zwischen ihnen zum Geschlechtsverkehr gekommen sei. Außerdem habe die Nebenklägerin zu Unrecht behauptet, P. habe auf der Fahrt zu ihr nach Hause eine Waffe dabeigehabt. Dies haben P. und F. - vor ihrem beruflichen Hintergrund nach Auffassung der Strafkammer "nachvollziehbar" - bestritten. Der Zeuge F. hat allerdings angegeben, von der Mitnahme einer Waffe sei gesprochen worden. P. habe aber Angst vor dem Angeklagten gehabt und ihm keinen Vorwand für eine "Notwehrhandlung" geben wollen.
c) Die Erwägungen zu der Waffe sind schon für sich genommen rechtsfehlerhaft , weil sich aufdrängende Gesichtspunkte nicht erörtert sind. Es ist schon nicht ohne weiteres einsichtig, daß der ersichtlich wesentlich jüngere P. , der sich auch noch in Begleitung von F. befand,
mit einer Waffe mehr Angst vor dem Angeklagten gehabt haben sollte, als ohne Waffe. Außerdem wäre zu erörtern gewesen, daß die Zeugen gerade vor ihrem beruflichen Hintergrund auch einen nachvollziehbaren Grund gehabt haben könnten, die Mitnahme einer Waffe in Abrede zu stellen. Insbesondere hat die Strafkammer aber die objektiv geringe Bedeutung der von ihr maßgeblich herangezogenen Gesichtspunkte nicht erkennbar erwogen (vgl. BGH StV 1993, 509; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 261 Rdn. 62). Ob eine Waffe mitgeführt wurde oder nicht, kann für sich genommen hier den Angeklagten ebensowenig be- oder entlasten wie der Zeitpunkt des ersten Geschlechtsverkehrs zwischen der Nebenklägerin und dem Zeugen P. . Allerdings können im Rahmen der Beweiswürdigung auch für sich genommen wenig gewichtige Gesichtspunkte Bedeutung gewinnen. Gegenläufige Gesichtspunkte, zumal wenn sie einen wesentlich engeren Bezug zu den Vorwürfen haben könnten, dürfen dann aber nicht unerörtert bleiben. Dementsprechend durfte die Strafkammer nicht allein im Hinblick auf die von ihr herangezogenen Umstände davon absehen, das Verhalten der Nebenklägerin gegenüber dem Zeugen P. (z.B. den Brief und die "dramatische Szene") und der Mutter ("Ich halts nicht mehr aus"; Flucht aus dem Fenster) zu würdigen. 4. Es ist nicht festgestellt, wie es zur Strafanzeige gekommen ist. Die Urteilsgründe ergeben lediglich, daß der Angeklagte am 1. März 1995 in Untersuchungshaft genommen wurde. Daraus ergibt sich nicht, daß die Information der Behörden noch in irgendeiner Weise unmittelbar auf die Vorgänge im Dezember 1994 zurückginge. Da die Erstattung einer Strafanzeige noch eine andere Qualität haben kann als Beschuldigungen gegenüber Privatpersonen, wä-
ren deren Umstände festzustellen und in die Würdigung der Aussagegenese einzubeziehen gewesen.

V.

Die Strafkammer hat sich auch nicht rechtsfehlerfrei mit den Ausführungen des Sachverständigen auseinandergesetzt, den sie zur Frage der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin gehört hatte. 1. Dieser ist zu dem Ergebnis gekommen, trotz aller Schwierigkeit der Bewertung seien die Angaben der Nebenklägerin "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit" glaubhaft. Die Strafkammer teilt zunächst ohne weitere Ausführungen mit, der Sachverständige habe damit seine frühere Bewertung modifiziert. Dem Senat ist aus dem von ihm überprüften Urteil vom 27. März 1998 bekannt, daß dieser Sachverständige damals die Angaben der Nebenklägerin "mit großer Wahrscheinlichkeit" für glaubhaft gehalten hat. Es wird nicht klar, ob schon dieser Unterschied nach Auffassung der Strafkammer bedeutsam sein soll. In diesem Fall wären dessen Grundlagen konkret darzulegen und zu bewerten gewesen. Dies gilt um so mehr, als der Sachverständige ausgeführt hat, auch wenn die Nebenklägerin "manchmal gelogen haben möge", sei bei ihr gleichwohl sowohl die generelle als auch die spezielle Glaubwürdigkeit (vgl. hierzu BGH StV 1994, 64 m.w.N.) zu bejahen. In diesem Zusammenhang weist der Senat auch auf folgendes hin: Die Annahme, daß die Nebenklägerin manchmal auch gelogen haben möge, bezieht sich ersichtlich nicht auf den Verfahrensgegenstand, sondern auf überwiegend wenig konkrete, allgemeine Charakterisierungen der Nebenklägerin durch Verwandte und Schulkameradinnen. Unterstellt, die Behauptungen der Nebenklägerin über jahrelangen sexuellen Mißbrauch seien wahr, bedeutete
dies zugleich aber auch, daß sie jahrelang angehalten war, die Wahrheit zu unterdrücken und zu vertuschen. Gerade im damaligen Alter der Nebenklägerin kann dies auch auf ihren übrigen Umgang mit der Wahrheit ausgestrahlt haben. 2. Soweit die Strafkammer konkrete Bewertungen des Sachverständigen zu als solchem feststehenden Geschehen mitteilt, sprechen diese im Grunde ausschließlich für die Richtigkeit der Angaben der Nebenklägerin. So seien etwa die Angaben nach dem Suizidversuch "so originell, daß die Vorgänge wahrscheinlich als real einzustufen seien"; in ähnliche Richtung könnte auch die allerdings nicht leicht verständliche Mitteilung deuten, der Sachverständige hielte "das Aufgeben der Anzeigelatenz nach dem Brief an P. für sehr originell und kaum produziert". Die Strafkammer kommt demgegenüber insgesamt zu einem anderen Ergebnis, ohne das Gutachten konkret zu würdigen. Sie beschränkt sich vielmehr auf die allgemeine Mitteilung, auch die Ausführungen des Sachverständigen seien berücksichtigt. 3. Dies genügt nicht. Wie der Senat auch bereits im Urteil vom 29. September 1998 im einzelnen und unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung dargelegt hatte, ist der Tatrichter allerdings nicht gehalten, einem Sachverständigen zu folgen. Kommt er aber zu einem anderen Ergebnis, muß er sich konkret mit den Ausführungen des Sachverständigen auseinandersetzen , um zu belegen, daß er über das bessere Fachwissen verfügt, nachdem er zuvor glaubte, sachverständiger Beratung zu bedürfen (zuletzt ebenso BGH NStZ 2000, 550, 551 m.w.Nachw.). Anders wäre es nur dann, wenn sich schon auf Grund von Feststellungen, die offensichtlich auch ohne sachverständige Beratung getroffen werden konnten (etwa, daß sich Angeklagter und Neben-
klägerin zu behaupteten Tatzeiten an unterschiedlichen Orten aufgehalten haben ), erwiesen hätte, daß die vom Sachverständigen überprüften Angaben falsch sind. Hierfür ist jedoch nichts ersichtlich.

VI.

Soweit die Strafkammer - über die Behauptungen zum Dezember 1994 hinaus (IV 3) - weitere Anklagevorwürfe näher überprüft hat, beruhen die ihr verbliebenen Zweifel nicht auf rechtsfehlerfreier Grundlage. 1. a) Die Nebenklägerin hat angegeben, erstmals sei sie 1989 am Nachmittag des Geburtstags mißbraucht worden. Der Angeklagte, der zum Geburtstag Ausgang aus der JVA gehabt habe, habe sie im Badezimmer unter Gewaltandrohung zum Handverkehr veranlaßt. Anschließend habe er in das Waschbecken ejakuliert.
b) Objektive Gesichtspunkte, die alledem entgegenstünden, sind nicht festgestellt. Der Angeklagte hatte am 11. Juli 1989 Ausgang aus der JVA. Die Zeugin G. behauptet nicht mehr, die Nebenklägerin sei an diesem Nachmittag im Kinderhort gewesen (III 2 a). Die Strafkammer hält es "durchaus für möglich", daß dieser Vorfall so, wie von der Nebenklägerin geschildert , stattgefunden hat. Gleichwohl sieht sie aber die "personenbezogenen und räumlichen Gegebenheiten" für unaufgeklärt und damit im Ergebnis die Aussagen der Nebenklägerin für zweifelhaft an.
c) Die Grundlagen dieser Zweifel sind nicht zu erkennen. "Personenbezogen" beruft sich der Angeklagte auf die von keinem Zeugen - mehr (III 2 a) - bestätigte Geburtstagsfeier, die die Strafkammer für "äußerst unwahrschein-
lich" hält. G. hatte sich nämlich wenige Tage nach dem Geburtstag in einem Brief an den Angeklagten zu "Deiner Beschwerde, weil Dir keiner zum Geburtstag gratuliert hat" geäußert. "Räumlich" ist in den allein mitgeteilten Angaben, Tatort sei das Badezimmer gewesen und der Angeklagte habe in das Waschbecken ejakuliert, ebenfalls kein unaufgeklärter Widerspruch zu erkennen. 2. a) Die Nebenklägerin gibt an, zum nächsten Vorgang sei es im gleichen Monat beim nächsten Ausgang des Angeklagten aus der JVA an einem schulfreien Samstag am frühen Nachmittag gekommen. Der Angeklagte, der etwa eine Stunde zu Hause gewesen sei, sei in das Schlafzimmer gekommen, als sie gerade Wäsche eingeräumt habe. Er habe, vermutlich wegen vorangegangener Gartenarbeit, Stiefel getragen. Er habe sie aufs Bett "gelegt", sie an den Haaren gezogen und sie zu seiner oralen Befriedigung gezwungen. Das Ejakulat habe "grausig" geschmeckt. Der ganze Vorgang habe nicht viel mehr als fünf Minuten gedauert.
b) Auch insoweit sind objektiv entgegenstehende Umstände nicht festgestellt. Der Angeklagte hatte auch am 22. Juli 1989 Ausgang aus der JVA. Allerdings seien die Angaben der Nebenklägerin durch die "nachvollziehbaren" Angaben der Zeugin G. "relativiert". Diese hatte angegeben, der Angeklagte sei nur etwa zehn Minuten zu Hause gewesen. Außerdem habe er nur einen einzigen Stiefel besessen - zu dieser ungewöhnlichen Behauptung ist nichts Näheres mitgeteilt -, den er für so kurze Zeit kaum getragen habe.
c) Die Angaben der Zeugin G. über die Dauer des Aufenthalts des Angeklagten würden der Richtigkeit der Schilderung der Nebenklägerin nicht einmal dann entgegenstehen, wenn sie zutreffend wären. Sie stehen aber auch schon im Widerspruch zu den Angaben des Angeklagten,
der erklärt hat, er sei an diesem Nachmittag etwa eine Stunde zu Hause gewesen , ohne daß die Strafkammer dies gewürdigt hätte. Von alledem abgesehen, ist diese Behauptung jedoch mit den übrigen Feststellungen unvereinbar: Der Angeklagte kam kurz nach 14 Uhr nach Hause, von dort brachte ihn die Zeugin G. zurück zur JVA, wo er gegen 15.30 Uhr eintraf. Zur Dauer dieser Fahrt ist zwar nichts mitgeteilt, jedoch hatte die gleiche Fahrt am 11. Juli 1989 etwa 25 Minuten gedauert. Danach muß der Angeklagte aber etwa eine Stunde und nicht nur zehn Minuten zu Hause gewesen sein. Zugleich verlieren damit auch alle weiteren Vermutungen der Zeugin G. , die an eine nur kurze Aufenthaltsdauer anknüpfen, ihre Grundlage. Deren Angaben sind daher insgesamt ungeeignet, die Angaben der Nebenklägerin zu "relativieren" und somit in Zweifel zu ziehen. 3. a) Die Nebenklägerin hat angegeben, Anfang Dezember 1989 habe sie der Angeklagte ausgezogen und auf das Bett "geworfen". Nach manuellem Verkehr sei es zu Geschlechtsverkehr gekommen. Sie habe geschrien, er habe ihren Mund zugehalten; ihr Versuch, ihn von sich "runter(zu)werfen", sei gescheitert. Am Schluß habe er sich an ihrer herumliegenden Unterwäsche abgewischt. Das Datum hat sie nicht (noch) weiter präzisiert, es habe aber Neuschnee gelegen.
b) Nachdem sich im Hinblick auf den Neuschnee ergeben hatte, daß ein solcher Vorfall frühestens am 6. Januar 1990 stattgefunden haben konnte, "tendierte" die Nebenklägerin zu diesem Datum. Die Beweiswürdigung der Strafkammer beschränkt sich auf die Bewertung, die Nebenklägerin habe den Vorfall "nicht verläßlich zeitlich" eingeordnet.

c) Freilich kann es Bedenken begründen, wenn ein Zeuge ein zuvor präzise behauptetes Datum austauscht, nachdem sich erwiesen hat, daß die Tat an dem zuerst behaupteten Datum nicht stattgefunden haben kann. Hier hatte die Nebenklägerin jedoch gerade kein präzises Datum genannt. Daher wäre der naheliegende Gesichtspunkt zu erwägen gewesen, daß die Erinnerung nicht an das Datum, sondern an den Neuschnee anknüpfen könnte.

VII.

Erstmals in der (erneuten) Hauptverhandlung hatte die Nebenklägerin zwei bisher nicht von ihr geschilderte Vorgänge behauptet. Sie hat angegeben, diese Vorgänge seien ihr als Ergebnis ihrer "Aufarbeitungstherapie" wieder eingefallen. Die Strafkammer hat zwar erkannt, daß auch diese Angaben, bei denen es sich eher um die Präzisierung alter Vorwürfe als um eigentlich neue Vorwürfe handelt, für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin bedeutsam sein können. Ihre Feststellungen sind jedoch lückenhaft und ihre Erwägungen nicht rechtsfehlerfrei. 1. a) Die Nebenklägerin hat angegeben, zu einem nicht näher bestimmten , von ihr aber "spontan" zwischen 1991 und 1993 eingeordneten Zeitpunkt, sei sie mit dem Angeklagten in Richtung B. gefahren, da für sie ein Mofa gekauft werden sollte. Unterwegs sei der Angeklagte in einen Wald abgebogen. Auf der Forststraße habe er zwei Fahrräder schiebende Personen überholt und gefragt "was die sich jetzt wohl denken". Im Anschluß habe er sie vergewaltigt und die Tat als "Anzahlung" für das Mofa bezeichnet.

b) Die Strafkammer beschränkt sich auf die Mitteilung, daß diese Behauptungen "nicht weiter aufgeklärt" werden konnten. Aus dieser Feststellung ergibt sich nichts. Schlüsse auf Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit der Nebenklägerin wären möglich, wenn feststünde, daß ihr ein Mofa gekauft wurde oder daß dies nicht der Fall war. Warum es unaufklärbar bleibt, ob - angeblich offenbar in B. - ein Mofa gekauft wurde, wird nicht deutlich. 2. a) Die Nebenklägerin hat angegeben, nach einer Mandeloperation im Krankenhaus von A. habe sie der Angeklagte, der an diesem Tag (15. Juli 1991) im Raum M. gearbeitet habe, mit seinem Pkw Audi abgeholt , da die Mutter damals selbst in M. im Krankenhaus gewesen sei. Unterwegs sei er in der H. auf den Parkplatz am See gefahren. Er sei um den Pkw herumgelaufen, und habe den Beifahrersitz umgelegt. Er habe sie von vorne vergewaltigt. Dabei sei seine weiße Latzhose halb ausgezogen gewesen. Die Beifahrertür sei offen geblieben.
b) Die Strafkammer hat festgestellt, daß die Angaben zu den Krankenhausaufenthalten zutreffen. Ebenso ergäben weder näher geprüfte Zeiträume und Entfernungen noch sonstige Beweisergebnisse zum Ablauf der Arbeit des Angeklagten an diesem Tage die Unrichtigkeit des Vorbringens der Nebenklägerin. Dennoch sei es unglaubhaft. Es sei schon nicht so detailreich wie ihre Schilderung anderer Fälle, außerdem folge die Unglaubwürdigkeit des Vorwurfs im Hinblick auf seine "Ungeheuerlichkeit" auch aus seiner Entstehungsgeschichte.
c) Auch diese Bewertung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand: Ohne daß dies näherer Darlegung bedürfte, läge der Auffassung, daß die Schilderung für sich genommen detailarm sei, ein überspannter Maßstab zu
Grunde. Jedenfalls ist die Schilderung zumindest ebenso detailliert wie andere Schilderungen, auf die die Strafkammer abgrenzend verweist (vgl. V 1 bis 3). Die "Ungeheuerlichkeit" gerade dieses Vorwurfs wird jedenfalls im Vergleich mit den anderen Vorwürfen nicht erkennbar. Was die Entstehungsgeschichte des Vorwurfs betrifft, so bezweifelt die Strafkammer offenbar nicht, daß sich die Nebenklägerin einer solchen Therapie unterzieht, wobei im übrigen auch zu erwägen gewesen wäre, warum sie dies tut. Daß eine derartige Therapie nicht dazu führen kann, daß verdrängte Erlebnisse wieder ins Gedächtnis geraten, versteht sich jedenfalls nicht von selbst. Dies wäre um so mehr zu erörtern gewesen, als auch der Sachverständige ein solches Ergebnis für "durchaus" möglich hält.
d) Der Senat weist im übrigen darauf hin, daß die übrigen Erwägungen des Sachverständigen zu dieser Schilderung, jedenfalls so, wie sie zusammengefaßt von der Strafkammer mitgeteilt sind, kaum verständlich sind. Danach könne die Schilderung nicht nur - dies ist offensichtlich - Wahrheit oder Lüge sein, sondern auch auf einem Irrtum beruhen. Dieser Vorfall - gemeint ist offenbar Irrtum oder Lüge - berühre die Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin nicht, vermindere sie aber. In Abgrenzung zu Lüge kann Irrtum nur bedeuten, daß die Nebenklägerin an ein solches Ereignis glaubt, obwohl es in Wahrheit nicht stattgefunden hat. Dies wäre erforderlichenfalls ebenso zu erläutern wie die Auffassung, daß Lüge oder Irrtum die Beurteilung der Glaubwürdigkeit einerseits nicht beeinflußten , andererseits aber doch.

VIII.

Die Auffassung, die Angaben der Nebenklägerin seien teilweise nicht glaubhaft und im übrigen fehlten objektive Umstände, die ihre Angaben stützen könnten, ist nach alledem teils objektiv unzutreffend und beruht im übrigen auf einem überspannten Maßstab. 1. Die Angaben der Nebenklägerin sind durch viele signifikante Details gekennzeichnet. Dies ergibt sich schon weitgehend aus den bisherigen Ausführungen , weitere, nicht zugleich konkreten Fällen zugeordnete Detailangaben treten noch hinzu. Diese betreffen etwa die gelegentliche Benutzung von Kondomen, Geschlechtsverkehr auch während der Regelblutung oder eine angebliche Ä ußerung des Angeklagten über die "ausgelutschte Muschi" der Zeugin G. . Soweit objektivierbar und überprüft, haben sich die Angaben der Nebenklägerin überwiegend als richtig und jedenfalls an keiner Stelle als falsch erwiesen , so ist etwa von Alibis keine Rede mehr. Demgegenüber besteht der schwerwiegende Verdacht, daß ihr mit der von mehreren Zeugen abgegebenen Schilderung der Geburtstagsfeier ein ganzes Lügengeflecht entgegengesetzt worden war. In ähnliche Richtung deutet, daß ein weiterer Zeuge zum Meineid angestiftet worden war. 2. Objektive Umstände im Sinne eines Sachbeweises, die zurückliegenden sexuellen Mißbrauch belegen oder widerlegen können, sind demgegenüber nur schwer vorstellbar und können jedenfalls nicht erwartet werden. Jedoch sind eine Reihe von Erkenntnissen über Vorgänge außerhalb des Verfahrens angefallen, die jedenfalls geeignet sein können, die Angaben der Nebenklägerin zu stützen. Sie hat einen Suizidversuch begangen, ist aus dem Eltern-
haus geflüchtet und unterzieht sich noch immer einer Therapie. Darüber hinaus hat sie gegenüber mehreren Zeugen den Angeklagten belastende Angaben gemacht, etwa gegenüber G. , (andeutungsweise) gegenüber Dr. B. , dem Therapeuten Fi. und ihrem Bekannten P. . Die Angaben gegenüber dem Zeugen P. liegen sogar schriftlich vor. Ein Grund für eine dann ungewöhnlich hartnäckige Falschbelastung wird demgegenüber nicht erkennbar, der Sachverständige spricht insoweit von "fehlender Evidenz".

IX.

Ohne daß es noch auf die Verfahrensrügen ankäme - insoweit macht die Revision zutreffend geltend, daß die Strafkammer mehrere, vorsorglich für den Fall eines Freispruchs gestellte Anträge nicht beschieden hat - bedarf die Sache nach alledem neuer Verhandlung und Entscheidung.
Entsprechend auch einer Anregung des Generalbundesanwalts in der Hauptverhandlung vor dem Senat erschien es angemessen, die Sache nunmehr an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO, zweite Alternative). Nack Wahl Herr RiBGH Schluckebier befindet sich im Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift verhindert. Nack Hebenstreit Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 579/05
vom
25. April 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2006 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 16. August 2005 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts München II zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in 27 Fällen , wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen, wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen in 43 Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Von weiteren Tatvorwürfen hat es ihn freigesprochen. Gegen das Urteil wendet der Angeklagte sich mit Verfahrensrügen und der näher ausgeführten Sachrüge. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
I. Die Revision beanstandet die Behandlung von zwei Hilfsbeweisanträgen , die auf die Einholung aussagepsychologischer Sachverständigengutachten zur Glaubhaftigkeit der Angaben der Geschädigten E. und M. G. gerichtet waren und von der Strafkammer unter Hinweis auf eigene Sachkunde abgelehnt worden sind. Die Rüge nach § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO greift durch.
3
1. Gegenstand der Verurteilung sind Misshandlungen und sexuelle Übergriffe des Angeklagten zum Nachteil seiner Ehefrau E. G. , seines am 1. Mai 1989 geborenen Sohnes M. und seiner am 7. November 1993 geborenen Tochter S. . Das Landgericht hat den nicht vorbestraften Angeklagten für schuldig befunden, in den Jahren 1998 bis 2002 im Abstand von jeweils zwei Monaten den Geschlechtsverkehr mit seiner Ehefrau erzwun- gen zu haben, indem er sie würgte und bedrohte (“Wenn ich Dich jetzt umbringe , kannst Du gar nichts tun.”). Nach den Urteilsfeststellungen missbrauchte der Angeklagte zwischen 1994 und 2000 seinen behinderten Sohn M. fünfzehn Mal, indem er das fünf bis elf Jahre alte Kind auf dessen Bett warf, es mit der einen Hand würgte und mit der anderen vor ihm masturbierende Bewegungen an sich vollzog. Mit der vier bis sechs Jahre alten S. führte der Angeklagte nach den Feststellungen in drei Fällen den Geschlechtsverkehr durch. Daneben kam es - so das Landgericht - wiederholt zu Gewalttätigkeiten, indem der Angeklagte S. mit einem eisernen Pfannenwender und M. mit einem Gürtel schlug, M. zudem in zwei weiteren Fällen mit einem Messer in den Arm schnitt.
4
Der Angeklagte hat die Taten bestritten. Das Landgericht hat sich in seiner Beweiswürdigung im Wesentlichen auf die jeweiligen Aussagen der Geschädigten zu den an ihnen begangenen Taten gestützt. Ergänzend hat es Angaben der Zeugin E. G. zu Begleitumständen des Missbrauchs von S. und zu den Misshandlungen von M. berücksichtigt, weiterhin Angaben der Zeugin K. G. , Schwester von S. und M. , die einen Fall des Missbrauchs von S. beobachtet haben will. Die Kammer hat die Zeugin S. G. einer aussagepsychologischen Begutachtung unterzogen ; sie ist der Bewertung der Sachverständigen, wonach die Schilderungen der Zeugin keinen Erlebnisbezug aufweisen, Aussageentstehung und –inhalt vielmehr deutliche Hinweise auf suggestive Prozesse und die Entstehung von Scheinerinnerungen ergeben, indes nicht gefolgt. Auch die Zeugin K. G. war im Ermittlungsverfahren im Hinblick auf Missbrauchsvorwürfe, die sie gegenüber dem Angeklagten erhoben hatte, Gegenstand einer aussagepsychologischen Begutachtung. Die Sachverständige ist auch hinsichtlich dieser Zeugin zu dem Ergebnis gelangt, dass die Annahme von Scheinerinnerungen und einer darauf beruhenden Falschaussage nicht zurückzuweisen sei. Die Kammer hat dem in die Verhandlung eingeführten Gutachten keine durchgreifende Bedeutung beigemessen, da es sich hauptsächlich auf Berichte der Zeugin über an ihr selbst begangene Taten beziehe, nicht aber auf solche zu Lasten ihrer Schwester S. .
5
Die Verteidigung hat Hilfsbeweisanträge auf Einholung aussagepsychologischer Sachverständigengutachten zum Beweis dafür gestellt, dass die Aussagen der Zeugen E. und M. G. nicht erlebnisfundiert seien. Die Kammer hat die Anträge abgelehnt, weil sie selbst über die erforderliche Sachkunde verfüge.
6
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Ablehnung der Beweisanträge erweist sich in Anbetracht der ungewöhnlichen Besonderheiten des Falles als rechtsfehlerhaft.
7
Die Würdigung von Aussagen nicht nur erwachsener, sondern auch kindlicher oder jugendlicher Zeugen gehört zum Wesen richterlicher Rechtsfindung und ist daher grundsätzlich dem Tatrichter anvertraut (BGHSt 8, 130; BGH NStZ 2001, 105). Die Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens ist allerdings dann geboten, wenn der Sachverhalt oder die Person des Zeugen solche Besonderheiten aufweist, dass Zweifel daran aufkommen können, ob die Sachkunde des Gerichts auch zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit unter den gegebenen besonderen Umständen ausreicht (st. Rspr.; BGHR StPO § 244 Abs. 4 Satz 1 Glaubwürdigkeitsgutachten 2; BGH StV 1994, 173). Um einen solchen Fall handelt es sich hier.
8
a) Auffälligkeiten im Hinblick auf die Aussage der Zeugin E. G. liegen in ihrer Person und in den Umständen der Aussageentstehung begründet. Den Urteilsfeststellungen ist zu entnehmen, dass die Zeugin nach ihren eigenen Angaben von ihrem vierten bis zum achtzehnten Lebensjahr in ihrer eigenen Familie sexuellen Übergriffen ausgesetzt gewesen ist. Solche Übergriffe habe sie auch von einem Freund hinnehmen müssen, mit dem sie eine Beziehung unterhielt, bevor sie den Angeklagten kennen gelernt habe.
9
Zur Entstehung der den Angeklagten belastenden Aussagen verhält sich das Urteil nicht näher. Ihm ist aber zu entnehmen, dass die Zeugin in Gesprächen mit Ärzten eines psychiatrischen Krankenhauses, in dem der Angeklagte sich im Jahr 2004 zur Behandlung einer Depression aufgehalten hatte, verbalaggressives Verhalten des Angeklagten geschildert, körperliche Übergriffe jedoch entschieden verneint hatte. Den Inhalt weiterer in diesem Zeitraum geführter Unterredungen der Zeugin mit einem Vertrauten, dem Zeugen Ge. Ei. , teilt das Urteil nicht mit. Aus den polizeilichen Vernehmungen des Zeugen Ei. und der Zeugin G. ergibt sich, dass beide Zeugen zahlreiche intensive Gespräche über die familiäre Situation der Zeugin G. geführt haben. Die Zeugin brachte dabei zunächst ihre Überzeugung zum Ausdruck, in einer glücklichen Ehe und heilen Familie zu leben. Nach dem Eindruck des - von der Zeugin G. als “Hobbypsychologen” beschriebenen - Zeugen Ei. lagen dieser Überzeugung jedoch verdrängte familiäre Probleme zugrunde. Auf Anraten des Zeugen unterzog die Zeugin G. sich einer „Familienaufstellung“; hierbei und hiernach sei ihr nach Aussage des Zeugen Ei. “nach und nach zu Be- wusstsein gekommen, was überhaupt passiert ist”.
10
b) Besonderheiten hinsichtlich des Zeugen M. G. finden sich in dessen organischer Hirnschädigung sowie auch hier in den Umständen der Aussageentstehung. Der Zeuge hatte bei seiner von der Revision mitgeteilten polizeilichen Vernehmung sexuelle Übergriffe und Schläge mit Gegenständen seitens des Angeklagten noch ausdrücklich verneint. Erst in seiner ermittlungsrichterlichen Vernehmung schilderte der Zeuge die Geschehnisse, wie sie später Gegenstand der Feststellungen geworden sind, ohne dass ihm seine frühere gegenteilige Aussage hierbei vorgehalten wurde. Die der ermittlungsrichterlichen Vernehmung des Zeugen beiwohnende aussagepsychologische Sachverständige vermutete ausweislich eines von der Revision mitgeteilten Aktenvermerkes der Staatsanwaltschaft, dass der Aussage durch Suggestion hervorgerufene Pseudoerinnerungen zugrunde liegen könnten.
11
c) Hinsichtlich beider Zeugen war zudem zu berücksichtigen, dass Sachverständigengutachten über die Glaubwürdigkeit der über ähnliche Missbrauchserfahrungen berichtenden familienangehörigen Zeugen S. und K. G. vorlagen, in welchen die Sachverständige erhebliche Anzeichen für eine wechselseitige innerfamiliäre Beeinflussung der Zeuginnen dokumentiert hatte. Auch wenn die Kammer dem Ergebnis der Gutachten nicht gefolgt ist, boten sie bei Würdigung der Aussagen weiterer als Zeugen vernommener Familienmitglieder doch Anlass für eine besonders kritische Prüfung möglicher suggestiver Einflüsse und hierdurch hervorgerufener Fehlerinnerungen.
12
Vor dem Hintergrund all dieser Besonderheiten durfte die Kammer sich nicht für befugt halten, über die Glaubhaftigkeit der den Angeklagten belastenden Aussagen der Zeugen E. und M. G. aus eigener Sachkunde zu entscheiden; vielmehr hätte es der Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens bedurft (vgl. BGH NStZ 2001, 105).
13
3. Der Verfahrensmangel führt zur Aufhebung aller Urteilsfeststellungen, soweit sie der Verurteilung des Angeklagten zugrunde liegen. Denn die Kammer hat die Aussagen dieser beiden Zeugen zur Feststellung sämtlicher Tatkomplexe in wechselnder Beteiligung herangezogen.
14
Auf die weiteren von der Revision erhobenen verfahrensrechtlichen Beanstandungen und auf die Sachrüge kommt es hiernach nicht mehr an.
15
II. Der Senat hat Anlaß zu folgendem Hinweis: Der Tatrichter ist nicht gehindert, die Glaubwürdigkeit eines Zeugen anders zu beurteilen als ein hierfür herangezogener Sachverständiger, denn das von diesem erstattete Gutachten kann stets nur eine Grundlage der eigenen Überzeugungsbildung sein. Er muss dann aber die wesentlichen Ausführungen des Sachverständigen im Einzelnen darlegen, insbesondere die Stellungnahme des Sachverständigen zu den Gesichtspunkten, auf die er seine abweichende Auffassung stützt. Dem Revisionsgericht ist ansonsten keine Prüfung möglich, ob der Tatrichter das Gutachten zutreffend gewürdigt und aus ihm rechtlich zulässige Schlüsse gezogen hat (st. Rspr.; BGH NStZ 2000, 550f.; BGHR StPO § 261 Sachverständiger 1 und 5). Zu den Anforderungen an ein aussagepsychologisches Gutachten , welche von der herangezogenen Sachverständigen hier beachtet wurden, weist der Senat auf BGHSt 45, 164 hin.
16
Im Hinblick auf die bisherige Länge der Untersuchungshaft wird der neue Tatrichter im weiteren Verfahren das Beschleunigungsgebot besonders zu beachten haben.
Nack Kolz Hebenstreit Elf Herr RiBGH Dr. Graf ist erkrankt und deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack