Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2018 - 4 StR 158/17

ECLI: ECLI:DE:BGH:2018:010318U4STR158.17.0
published on 01/03/2018 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2018 - 4 StR 158/17
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 158/17
vom
1. März 2018
in der Strafsache
gegen
wegen fahrlässiger Tötung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:010318U4STR158.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 1. März 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Franke, Bender, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung –, Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung – als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 1. Dezember 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II. 2 der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Rechtsfolgenausspruch.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Die Jugendkammer hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit Gefährdung des Straßenverkehrs und wegen Nötigung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Außerdem hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von „weiteren“ zwei Jah- ren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision gegen die Annahme einer fahrlässigen Tötung im Fall II. 2 der Urteilsgründe und gegen den Rechtsfolgenausspruch. Das Rechtsmittel wird vom Generalbundesanwalt vertreten. Die unbeschränkt eingelegte Revision des Angeklagten ist auf die Sachrüge gestützt. Die Rechtsmittel haben den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Am 13. Januar 2015 fuhr der Angeklagte auf der Bundesstraße 43 in Frankfurt am Main mit einem Pkw der Marke Audi, Typ A 3, sehr dicht auf das vorausfahrende Fahrzeug der Geschädigten B. auf, nachdem diese zuvor auf die Abbiegespur in Richtung Nied gewechselt war. Während des gesamten sich anschließenden Abbiegevorgangs versuchte er die Geschädigte verkehrswidrig über den Standstreifen zu überholen. Als die Geschädigte danach nach links abbiegen wollte, überholte sie der Angeklagte rechts, setzte sich vor sie, bremste sie aus und hielt an der Lichtzeichenanlage an. Sodann stiegen der Angeklagte und sein Beifahrer aus und begaben sich zu der in ihrem Fahrzeug sitzenden Geschädigten, die aus Angst sofort die Fahrzeugtüren verriegelte. Der Angeklagte beleidigte die Geschädigte mit den Worten „Hure“ und „Ich fick dich“. Anschließend stieg er mit seinem Begleiter wieder in sein Fahrzeug und entfernte sich.
4
2. Am Abend des 22. April 2015 gegen 22.25 Uhr befuhr der Angeklagte mit einem gemieteten Pkw der Marke BMW, Typ 530d, die Straße „Schwan- heimer Ufer“ in Frankfurt am Main in Fahrtrichtung Stadtmitte, um sich an einer Tankstelle mit seinen Freunden A. und Q. zu treffen. Den Anschnallgurt hatte er hinter seinem Rücken in das Gurtschloss gesteckt, sodass er unan- geschnallt war. Die Straße „Schwanheimer Ufer“ ist in diesem Bereich in der Fahrtrichtung des Angeklagten zweispurig ausgebaut; die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 70 km/h. In der Gegenrichtung ist die Straße dreispurig ausgebaut, wobei die linke Fahrspur zum Abbiegen auf die Auffahrt zur BAB A 5 dient und die stadteinwärts verlaufenden Fahrspuren an der späteren Unfallstelle kreuzt. Ca. 158 Meter vor der Unfallkreuzung befindet sich aus der Sicht des Angeklagten eine weitere (erste) Kreuzung. Beide sind mit Lichtzeichenanlagen versehen. Auf den jeweiligen Fahrspuren sind Detektoren in die Fahrbahn eingelassen, die sich in der Fahrtrichtung des Angeklagten jeweils 32 Meter vor der Haltelinie befinden.
5
Der Angeklagte befuhr mit seinem Fahrzeug die rechte Fahrspur und überholte kurz vor der Lichtzeichenanlage der ersten Kreuzung den auf dem linken Fahrstreifen fahrenden Pkw der Marke Audi, Typ A 6, seiner Freunde A. und Q. . Anschließend missachtete er die Lichtzeichenanlage der ersten Kreuzung, die – wie der Angeklagte auch wahrnahm – seit dem Überfahren des zugehörigen Detektors Rotlicht zeigte und zuvor fünf Sekunden Gelblicht gezeigt hatte. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 142 km/h fuhr der Angeklagte sodann auf gerader Strecke auf der rechten Fahrspur weiter in Richtung der Unfallkreuzung. Deren Lichtzeichenanlage zeigte für den Angeklagten bereits seit sieben Sekunden Rotlicht, nachdem sie zuvor fünf Sekunden Gelblicht gezeigt hatte. Der Angeklagte passierte die Lichtzeichenanlage unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bei Rotlicht, was er auch wahrnahm. Anschließend stieß er mit dem Pkw der Marke Audi, Typ A 4, des Geschädigten H. zusammen, der aus der Gegenrichtung kommend bei Grünlicht in Richtung der Autobahnauffahrt abbiegend losgefahren war und vorfahrtsberechtigt die Fahrbahn des Angeklagten kreuzte. Dabei fuhr der Angeklagte mit einer Geschwindigkeit von ca. 142 km/h ungebremst in die rechte Seite des Fahrzeugs des Geschädigten, der noch an der Unfallstelle seinen dadurch erlittenen Verletzungen erlag. Sein Fahrzeug wurde vollständig zerstört. Der Angeklagte wurde bei dem Unfall nur leicht verletzt.
6
Dem Angeklagten war beim Passieren der Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage an der Unfallkreuzung und beim Einfahren in den Kreuzungsbereich zwar bewusst, dass möglicherweise vorfahrtsberechtigter Verkehr in die Unfallkreuzung einfahren könnte. Er vertraute aber aufgrund des wenigen Verkehrs sowie seiner hohen Geschwindigkeit fest darauf, dass es ihm gelingen würde, die Kreuzung vor Einfahren eines möglichen Kreuzungsverkehrs bereits geräumt zu haben. Das Herannahen des Fahrzeugs des Geschädigten H. nahm er aufgrund der räumlichen Verhältnisse bis zu dessen unmittelbaren Einfahren in den Kreuzungsbereich nicht wahr.
7
3. Die Jugendkammer hat die unter II. 1 der Urteilsgründe festgestellte Tat als Nötigung (§ 240 StGB) in Tateinheit mit Beleidigung (§ 185 StGB) gewertet. Wegen der unter II. 2 festgestellten Tat hat sich der Angeklagte nach Meinung des Landgerichts der fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB) schuldig gemacht.

II.


8
Die auf die Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs im Fall II. 2 der Urteilsgründe und den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
9
1. Das Rechtsmittel ist wirksam auf die Verurteilung im Fall II. 2 der Urteilsgründe und den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
10
a) Ob der Rechtsmittelführer nur einzelne abtrennbare Teile eines Urteils angreifen will, ist eine Frage, die im Zweifelsfall im Wege der Auslegung seiner Rechtsmittelerklärungen zu beantworten ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106; Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 365 [zu § 318 StPO]). Dabei kann die Auslegung der Revisionsbegründung auch bei einem unbeschränkten Revisionsantrag eindeutig zu dem Ergebnis führen, dass der Beschwerdeführer – im Widerspruch zu seinem Antrag – bestimmte Urteilsteile von seinem Rechtsmittelangriff ausnehmen will. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem Beschwerdeführer um die Staatsanwaltschaft handelt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88; vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; vom 7. August 1997 – 1 StR 319/97, NStZ 1998, 210).
11
b) Zwar hat die Staatsanwaltschaft die uneingeschränkte Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt. Die Auslegung ihrer Revisionsbegründung ergibt aber, dass lediglich die Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung u.a. im Fall II. 2 der Urteilsgründe und der Rechtsfolgenausspruch angegriffen werden.
Die von der Beschwerdeführerin zum Schuldspruch erhobenen Einzelbeanstandungen betreffen ausschließlich die Annahme einer fahrlässigen Tötung im Fall II. 2 der Urteilsgründe und die damit verbundene Verneinung eines bedingten Tötungsvorsatzes. Außerdem wird beanstandet, dass eine rechtskräftige Vorverurteilung bei der Prüfung schädlicher Neigungen unberücksichtigt geblieben und in Bezug hierauf eine Einbeziehung nach § 31 Abs. 2 und 3 JGG nicht geprüft worden sei. Gegen den Schuldspruch wegen Nötigung und Beleidigung im Fall II. 1 der Urteilsgründe werden hingegen keine Einwendungen erhoben. Diese Beschränkung der Revision ist auch wirksam; es liegen keine Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung zwischen beiden Schuldsprüchen ergeben könnte. Die Maßregelanordnung ist, obgleich auch sie nicht ausdrücklich beanstandet worden ist, vom Rechtsmittelangriff umfasst, weil sie an die Verurteilung im Fall II. 2 der Urteilsgründe anknüpft.
12
2. Die Erwägungen, mit denen die Jugendkammer im Fall II. 2 der Urteilsgründe die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes verneint und bewusste Fahrlässigkeit bejaht hat, halten auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsumfangs (vgl. BGH, Urteile vom 12. Januar 2017 – 1 StR 360/16, juris Rn. 10; vom 18. September 2008 – 5 StR 224/08, NStZ 2009, 401, 403; vom 20. Juni 2013 – 4 StR 159/13, juris Rn. 19) einer Überprüfung nicht stand.
13
a) In rechtlicher Hinsicht ist ein bedingter Tötungsvorsatz gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt – Wissenselement – und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein – Willenselement – (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 – 3 StR 172/17, NStZ 2018, 37, 38; vom 8. Dezember 2016 – 1 StR 351/16, NStZ 2017, 277, 279; vom 7. Juli 2016 – 4 StR 558/15, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 67; vom 14. August 2014 – 4 StR 163/14, NJW 2014, 3382, 3383; vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186; jeweils mwN). Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten (vgl. BGH, Urteile vom 14. Januar 2016 – 4 StR 72/15, NStZ 2016, 211, 215; vom 30. April 2014 – 2 StR 383/13, StV 2015, 300, 301; vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186; vom 16. Oktober 2008 – 4 StR 369/08, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 63).
14
b) Ob der Täter nach diesen rechtlichen Maßstäben bedingt vorsätzlich gehandelt hat, ist in Bezug auf beide Elemente im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend zu prüfen und durch tatsächliche Feststellungen zu belegen (vgl. BGH, Urteile vom 7. Juli 2016 – 4 StR 558/15, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 67; vom 16. September 2015 – 2 StR 483/14, NStZ 2016, 25, 26).
15
Die Prüfung, ob Vorsatz oder (bewusste) Fahrlässigkeit vorliegt, erfordert insbesondere bei Tötungs- oder Körperverletzungsdelikten eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, wobei es vor allem bei der Würdigung des voluntativen Vorsatzelements regelmäßig erforderlich ist, dass sich der Tatrichter mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und dessen psychische Verfassung bei der Tatbegehung, seine Motivation und die für das Tatgeschehen bedeutsamen Umstände – insbesondere die konkrete Angriffsweise – mit in Betracht zieht (vgl. BGH, Urteile vom 14. Januar 2016 – 4 StR 84/15, NStZ-RR 2016, 79, 80; vom 18. Oktober 2007 – 3 StR 226/07, NStZ 2008, 93 f.; vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186 f.). Dabei ist die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung wesentlicher Indikator sowohl für das Wissens- als auch für das Willenselement des bedingten Vorsatzes (vgl. BGH, Urteile vom 14. Januar 2016 – 4 StR 84/15, NStZ-RR 2016, 79, 80; vom 16. Mai 2013 – 3 StR 45/13, NStZ-RR 2013, 242, 243; Beschluss vom 26. April 2016 – 2 StR 484/14, NStZ 2017, 22, 23). Die Gefährlichkeit der Tathandlung und der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts sind jedoch keine allein maßgeblichen Kriterien für die Entscheidung, ob ein Angeklagter mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat; vielmehr kommt es auch bei in hohem Maße gefährlichen Handlungen auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1986 – 2 StR 311/86, BGHR StGB § 15 Vorsatz,bedingter 1 – Willenselement; Beschluss vom 7. März 2006 – 4 StR 25/06, NStZ 2006, 446). Dabei hat der Tatrichter die im Einzelfall in Betracht kommenden, einen Vorsatz in Frage stellenden Umstände in seine Erwägungen einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2014 – 2 StR 54/14, NStZ 2015, 516, 517; Beschluss vom 10. Juli 2007 – 3 StR 233/07, NStZ-RR 2007, 307; Beschluss vom 27. August 2013 – 2 StR 148/13, NStZ 2014, 35).
16
Ein wesentlicher vorsatzkritischer Gesichtspunkt ist in Fällen, in denen dies – wie hier – naheliegt, die Eigengefährdung des Täters. Dabei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Zwar gibt es keine Regel, wonach es einem Tötungsvorsatz entgegensteht, dass mit der Vornahme einer fremdgefährdenden Handlung auch eine Eigengefährdung einhergeht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2000 – 4 StR 162/00, NStZ 2000, 583, 584; Urteil vom 20. Dezember 1968 – 4 StR 489/68, VerkMitt 1969, Nr. 44). Bei riskanten Verhaltensweisen im Straßenverkehr, die nicht von vornherein auf die Verletzung einer anderen Person oder die Herbeiführung eines Unfalls angelegt sind, kann aber eine vom Täter als solche erkannte Eigengefährdung dafür sprechen, dass er auf einen guten Ausgang vertraut hat (vgl. BayObLG, NJW 1955, 1448, 1449 für den alkoholisierten Autofahrer; Roxin, AT I, 4. Aufl., § 12 Rn. 23 ff.; ders., FS Rudolphi, 2004, 243, 255; Frisch, Vorsatz und Risiko, 1983, S. 219; Jäger, JA 2017, 786, 788; Walter, NJW 2017, 1350 f.). Dementsprechend muss sich der Tatrichter beim Vorliegen einer solchen Konstellation einzelfallbezogen damit auseinandersetzen, ob und in welchem Umfang aus Sicht des Täters aufgrund seines Verhaltens eine Gefahr (auch) für seine eigene körperliche Integrität drohte. Hierfür können sich wesentliche Indizien aus den objektiven Tatumständen ergeben, namentlich dem täterseitig genutzten Verkehrsmittel und den konkret drohenden Unfallszenarien. So kann es sich etwa unterschiedlich auf das Vorstellungsbild des Täters zu seiner Eigengefährdung auswirken, ob er sich selbst in einem Pkw oder auf einem Motorrad befindet und ob Kollisionen mit Fußgängern oder Radfahrern oder mit anderen Pkw oder gar Lkw drohen.
17
c) Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht in jeder Hinsicht gerecht.
18
aa) Die Jugendkammer hat mit Rücksicht auf die äußerst riskante Fahr- weise des Angeklagten das Wissenselement des bedingten Vorsatzes „unproblematisch“ als gegeben erachtet. Vom Vorliegen auch des Willenselementes hat sie sich trotz des „extrem rücksichtslosen“ Verhaltens (Passieren von zwei Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlagen, deutlich überhöhte Geschwindigkeit, sieben Sekunden Rotlicht an der Unfallkreuzung) jedoch nicht zu überzeugen vermocht. Für ein ernsthaftes Vertrauen des Angeklagten in das Ausbleiben einer Kollision mit tödlichem Ausgang spreche neben anderen Umständen (geringes Verkehrsaufkommen, keine Sicht auf den herannahenden Geschädigten, zur Unterschätzung von Gefahren und zur Überschätzung der eigenen Fähigkeiten neigende „Raserpersönlichkeit“), dass er nicht angeschnallt gewesen sei. Da der genaue Verlauf einer abstrakt für möglich gehaltenen Kollision für ihn nicht abschätzbar gewesen sei, hätte der Angeklagte bei Billigung einer Kollision mit tödlichen Folgen für einen der Unfallbeteiligten „zwangsläufig“ auch seinen eigenen Tod billigend in Kauf genommen, insbesondere da die Gefährlichkeit für ihn selbst aufgrund des Nichtanlegens des Anschnallgurtes gegenüber einem angeschnallten Fahrzeugführer noch einmal deutlich erhöht gewesen sei. Dass der Angeklagte seinen eigenen Tod in Kauf genommen habe, sei aber auszuschließen.
19
bb) Damit hat die Strafkammer zwar die dem Angeklagten drohende Gefahr für seine eigene körperliche Integrität zutreffend als vorsatzkritischen Umstand in ihre Betrachtung einbezogen. Die hierzu angestellten Erwägungen greifen aber zu kurz, weil sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, welche konkreten Unfallszenarien der Angeklagte, der den Tod anderer als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkannte (Wissenselement des bedingten Vorsatzes), tatsächlich im Blick hatte. Damit fehlt es für die Annahme , der Angeklagte hätte bei Billigung einer Kollision mit tödlichen Folgen für einen der Unfallbeteiligten „zwangsläufig“ auch seinen eigenen Tod billigend in Kauf genommen – trotz des zu Recht herangezogenen Aspekts des Nichtangeschnalltseins – an einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Eine generelle Regel, wonach bei Fahrzeugkollisionen im Straßenverkehr die Risiken unter den Insassen der beteiligten Fahrzeuge nahezu gleichmäßig verteilt sind und deshalb die Inkaufnahme tödlicher Folgen für andere Unfallbeteiligte notwendig die Billigung eines entsprechenden Eigenrisikos einschließt, besteht in dieser Allgemeinheit nicht. Der Umstand, dass der Geschädigte infolge der Kollision noch an der Unfallstelle verstarb, während der Angeklagte weit gehend unverletzt blieb, spricht dagegen.
20
d) Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Aufhebung betrifft auch die tateinheitliche Verurteilung wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB und zieht die Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs nach sich.
21
3. Dessen ungeachtet, erweist sich der Strafausspruch auch für sich genommen als rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht bei der Erörterung schädlicher Neigungen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 JGG die nach den verfahrensgegenständlichen Taten ergangene rechtskräftige Verurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – vom 6. Juli 2016 nicht in Betracht gezogen und eine Einbeziehung dieses Urteils gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, § 32 Satz 1 i.V.m. § 105 JGG nicht geprüft hat.
22
a) Das Landgericht hat die Verhängung der Jugendstrafe nur auf die Schwere der Schuld gestützt, bei dem Angeklagten jedoch keine schädlichen Neigungen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 JGG festzustellen vermocht. Dabei hat es neben den verfahrensgegenständlichen Taten lediglich die Vorahndungen aus den Jahren 2010 bis 2013 in seine Erwägung einbezogen. Damit hat die Strafkammer die Feststellungen nicht ausgeschöpft. Schädliche Neigungen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 JGG sind erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel, die ohne längere Gesamterziehung die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Sie müssen auch noch zum Urteilszeitpunkt bestehen und weitere Straftaten befürchten lassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2016 – 3 StR 78/16, NStZ 2016, 682; Beschluss vom 17. Juli 2012 – 3 StR 238/12, NStZ 2013, 287; Beschluss vom 10. März 1992 – 1 StR 105/92, BGHR JGG § 17 Abs. 2 Schädliche Neigungen 5 mwN). Wird der Täter nach der verfahrensgegenständlichen Tat zeitnah erneut straffällig, kann dies sowohl ein Indiz für be- reits im Tatzeitpunkt entwickelte Persönlichkeitsmängel, als auch für deren Fortbestand sein und deshalb für die Annahme schädlicher Neigungen sprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 – 5 StR 55/09, NStZ 2010, 280, 281; weitere Nachweise bei Radtke in: MünchKomm. z. StGB, 3. Aufl., § 17 JGG Rn. 42 ff.). Das Landgericht hätte sich an dieser Stelle daher auch damit auseinandersetzen müssen, dass der Angeklagte am 12. Juli 2015 einen Diebstahl „im besonders schweren Fall“ beging, wofür er am 6. Juli 2016 vom Amtsgericht Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – verurteilt wurde.
23
b) Das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – vom 6. Juli 2016 kam zudem auch für eine Einbeziehung gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, § 32 Satz 1 i.V.m. § 105 JGG in Betracht. Die Tatsache, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der dort abgeurteilten Tat das 21. Lebensjahr bereits vollendet hatte, steht dem nicht entgegen.
24
aa) Nach der Rechtsprechung kann in entsprechender Anwendung von § 31 Abs. 2 Satz 1, § 32 Satz 1 i.V.m. § 105 Abs. 2 JGG in eine einheitliche Jugendstrafe auch eine rechtskräftige und noch nicht erledigte Verurteilung zu Freiheitsstrafe einbezogen werden, die wegen einer Tat verhängt worden ist, die der Angeklagte als Erwachsener begangen hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2012 – 4 StR 139/12 [insoweit in NStZ 2013, 36 nicht abgedruckt]; vom 21. Dezember 2011 – 4 StR 596/11, juris Rn. 2; vom 12. Dezember2001 – 4 StR 474/01; vom 23. November 1993 – 5 StR 573/93, BGHSt 40, 1; Urteil vom 2. Mai 1990 – 2 StR 64/90, BGHSt 37, 34, 35 ff.; Brunner/Dölling, JGG, 13. Aufl., § 105 Rn. 39; Eisenberg, JGG, 19. Aufl., § 105 Rn. 44 mwN; krit. Laue in: MünchKomm. z. StGB, 3. Aufl., § 105 JGG Rn. 47). Voraussetzung dafür ist, dass eine oder mehrere noch im Heranwachsendenalter begangene Tat(en) zur Aburteilung anstehen, auf die gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. § 105 Abs. 1 JGG Jugendstrafrecht anzuwenden wäre und eine zusammenfassende, die Erwachsenenstraftat einbeziehende Bewertung ergibt, dass das Schwergewicht im Sinne des § 32 Satz 1 JGG bei den nach Jugendstrafrecht zu beurteilenden Tat(en) liegt und deshalb einheitlich Jugendstrafrecht gilt (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1993 – 5 StR 573/93, BGHSt 40, 1 = NStZ 1994, 132 f. mit Ausführungen zur Prüfungsreihenfolge [insoweit in BGHSt 40, 1 nicht abgedruckt ]; Urteil vom 2. Mai 1990 – 2 StR 64/90, BGHSt 37, 34, 35 ff.). Liegt das Schwergewicht dagegen bei der Erwachsenenstraftat, ist entsprechend § 32 Satz 2 i.V.m. § 105 Abs. 2 JGG einheitlich das allgemeine Strafrecht anzuwenden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1993 – 5 StR 573/93, BGHSt 40, 1, 2). Schließlich kann die Jugendkammer aber auch nach § 31 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 105 Abs. 2 JGG von einer Einbeziehung absehen, wenn dies aus erzieherischen Gründen zweckmäßig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1993 – 5 StR 573/93, BGHSt 40, 1, 2).
25
bb) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass auf die von dem Angeklagten im Heranwachsendenalter begangenen abzuurteilenden Straftaten gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. § 105 Abs. 1 JGG Jugendstrafrecht anzuwenden ist. Es hat sich jedoch zu der Frage einer möglichen Einbeziehung des rechtskräftigen und ersichtlich noch nicht erledigten Urteils des Amtsgerichts Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – vom 6. Juli 2016 nicht verhalten. Der Strafausspruch muss daher auch aus diesem Grunde aufgehoben werden.

III.


26
Die Revision des Angeklagten hat in Bezug auf den Strafausspruch nur insoweit Erfolg, als die Jugendkammer – wie dargelegt – eine Einbeziehung des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – vom 6. Juli 2016 nicht geprüft hat. Dadurch kann der Angeklagte auch beschwert sein. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin
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31/07/2020 12:31

Autofahrer, die ein illegales Wettrennen im Straßenverkehr mit dem Willen, das Rennen zu obsiegen, durchführen, können sich wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe strafbar machen. Wie ein bedingter Vorsatz in solchen Raserfällen das Mordurteil begründen und damit auch eine Abgrenzung zur fahrlässigen Körperverletzung mit Todesfolge geschaffen werden kann, prüft der 4.Strafsenat im folgendem Urteil (4 StR 482/19) vom 18. Juni 2020. In diesem Artikel lesen Sie, wieso der BGH das Mordurteil des einen Angeklagten bestätigt, das des anderen aber aufhebt und zurück an das Landgericht Berlin verweist. – Streifler & Kollegen – Benedikt Mick, Anwalt für Strafrecht
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.
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published on 16/05/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 45/13 vom 16. Mai 2013 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen gefährlicher Körperverletzung Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. Mai 2013, an der teilgenommen haben:
published on 20/06/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 159/13 vom 20. Juni 2013 in der Strafsache gegen wegen versuchter schwerer Brandstiftung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Juni 2013, an der teilgenommen ha
published on 17/07/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 238/12 vom 17. Juli 2012 in der Strafsache gegen wegen besonders schweren Raubes Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Ant
published on 21/12/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 596/11 vom 21. Dezember 2011 in der Strafsache gegen wegen besonders schweren Raubes Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21. Dezember 20
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published on 06/08/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 255/19 vom 6. August 2019 in dem Sicherungsverfahren gegen ECLI:DE:BGH:2019:060819B4STR255.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6.
published on 25/09/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 448/19 vom 25. September 2019 in der Strafsache gegen alias: wegen versuchten Totschlags u.a. ECLI:DE:BGH:2019:250919B4STR448.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesa
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Annotations

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer im Straßenverkehr

1.
ein Fahrzeug führt, obwohl er
a)
infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b)
infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
2.
grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a)
die Vorfahrt nicht beachtet,
b)
falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c)
an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d)
an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e)
an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f)
auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g)
haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
die Gefahr fahrlässig verursacht oder
2.
fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Die Berufung kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Ist dies nicht geschehen oder eine Rechtfertigung überhaupt nicht erfolgt, so gilt der ganze Inhalt des Urteils als angefochten.

(1) Auch wenn ein Jugendlicher mehrere Straftaten begangen hat, setzt das Gericht nur einheitlich Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe fest. Soweit es dieses Gesetz zuläßt (§ 8), können ungleichartige Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nebeneinander angeordnet oder Maßnahmen mit der Strafe verbunden werden. Die gesetzlichen Höchstgrenzen des Jugendarrestes und der Jugendstrafe dürfen nicht überschritten werden.

(2) Ist gegen den Jugendlichen wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig die Schuld festgestellt oder eine Erziehungsmaßregel, ein Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe festgesetzt worden, aber noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so wird unter Einbeziehung des Urteils in gleicher Weise nur einheitlich auf Maßnahmen oder Jugendstrafe erkannt. Die Anrechnung bereits verbüßten Jugendarrestes steht im Ermessen des Gerichts, wenn es auf Jugendstrafe erkennt. § 26 Absatz 3 Satz 3 und § 30 Absatz 1 Satz 2 bleiben unberührt.

(3) Ist es aus erzieherischen Gründen zweckmäßig, so kann das Gericht davon absehen, schon abgeurteilte Straftaten in die neue Entscheidung einzubeziehen. Dabei kann es Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel für erledigt erklären, wenn es auf Jugendstrafe erkennt.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.

(1) Wer im Straßenverkehr

1.
ein Fahrzeug führt, obwohl er
a)
infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b)
infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
2.
grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a)
die Vorfahrt nicht beachtet,
b)
falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c)
an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d)
an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e)
an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f)
auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g)
haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
die Gefahr fahrlässig verursacht oder
2.
fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

Für mehrere Straftaten, die gleichzeitig abgeurteilt werden und auf die teils Jugendstrafrecht und teils allgemeines Strafrecht anzuwenden wäre, gilt einheitlich das Jugendstrafrecht, wenn das Schwergewicht bei den Straftaten liegt, die nach Jugendstrafrecht zu beurteilen wären. Ist dies nicht der Fall, so ist einheitlich das allgemeine Strafrecht anzuwenden.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.