Bundesgerichtshof Urteil, 10. Okt. 2017 - 1 StR 447/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:101017U1STR447.14.0
bei uns veröffentlicht am10.10.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 447/14
vom
10. Oktober 2017
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
Art. 49 Abs. 1
Die zur Ausfüllung des Straftatbestands der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) vorgenommene
Auslegung von § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG in der Fassung vom 13. Dezember
2006, wonach der dort verwendete Begriff der "ähnlichen Rechte" Emissionszertifikate
einschließt, verstößt weder gegen das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG
noch gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit gemäß Art. 49 Abs. 1 der Charta
der Grundrechte der Europäischen Union.
BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 - 1 StR 447/14 - LG Hamburg
in der Strafsache
gegen
ECLI:DE:BGH:2017:101017U1STR447.14.0


1.

2.



wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 8. Juni 2017 in der Sitzung am 10. Oktober 2017, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Jäger, Bellay und die Richterin am Bundesgerichtshof Cirener,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung vom 8. Juni 2017 –, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung vom 8. Juni 2017 –, Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung am 10. Oktober 2017 – als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 8. Juni 2017 – als Verteidiger der Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 8. Juni 2017 – als Verteidiger der Angeklagten Sc. ,
Justizobersekretärin – in der Verhandlung vom 8. Juni 2017 –, Justizangestellte – bei der Verkündung am 10. Oktober 2017 – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten S. und Sc. gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. Februar 2014 werden verworfen. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihres jeweiligen Rechtsmittels zu tragen. 2. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben , soweit die Angeklagten S. und Sc. vom Vorwurf der Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat Juni 2009 freigesprochen worden sind. 3. Die weitergehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu Gesamtgeldstrafen von 120 Tagessätzen zu je 500 Euro (Angeklagter S. ) bzw. 90 Tagessätzen zu je 40 Euro (Angeklagte Sc. ) verurteilt; im Übrigen hat es sie freigesprochen.
2
Die Angeklagten wenden sich mit ihren Revisionen gegen ihre Verurteilung und rügen die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen die Freisprechung der Angeklagten vom Tatvorwurf der Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat Juni 2009 sowie, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind, den Strafausspruch.
3
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich des Teilfreispruchs Erfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten unbegründet.

A.


4
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen (s. dazu bereits BGH, Urteil vom 22. Juli 2015 – 1 StR 447/14, NStZ 2016, 39 sowie Beschluss vom 22. Juli 2015 – 1 StR 447/14, NStZ-RR 2015, 375):
5
I. Der nicht revidierende Mitangeklagte G. war Initiator eines im Zeitraum von April 2009 bis März 2010 betriebenen und auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer im Handel mit CO2-Emissionszertifikaten ausgerichteten „Be- trugssystems“, in das ab September 2009 auch der Mitangeklagte St. eingebunden war.
6
Die im Inland ansässige E. GmbH (im Folgenden: E. ), die von G. faktisch beherrscht wurde, erwarb ab April 2009 Treibhausgasemissionszertifikate (im Folgenden: Emissionszertifikate) umsatzsteuerfrei im Ausland. Die Zertifikate wurden zeitnah an die ebenfalls von G. geführte I. S.A. (im Folgenden: I. ) mit Sitz in Luxemburg weiterveräußert, die der E. über die Leistungen Gutschriften unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer erteilte und parallel dazu jeweils eine Provision mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer in Rechnung stellte. Die I. veräußerte die Zertifikate an die von dem Mitangeklagten St. geführte C. GmbH (im Folgenden: C. ), wobei auch insoweit im Gutschriftsverfahren unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer und mit gesonderter Inrechnungstellung einer Provision für den Käufer abgerechnet wurde. Die C. veräußerte die Zertifikate an mehrere deutsche Abnehmer, darunter auch Banken, weiter. Nach dem 7. Januar 2010 schied die E. aus der Leistungskette aus. Die I. erwarb die Zertifikate ab diesem Zeitpunkt direkt aus dem Ausland, erteilte aber dennoch weiterhin Gutschriften mit Ausweis deutscher Umsatzsteuer an die E. und leistete entsprechende Zahlungen.
7
Die E. , die als sog. Missing Trader in das Umsatzsteuerbetrugssystem eingebunden war, erklärte in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für das zweite, dritte und vierte Quartal 2009 zwar die Umsätze aus der Veräuße- rung der Zertifikate an die I. . Um die Umsatzsteuerschuld zu mindern, machte sie jedoch einen Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen vermeintlicher inländischer Lieferanten geltend. Für die Monate Januar und März 2010 gab sie keine Umsatzsteuervoranmeldungen mehr ab. Nach den Berechnungen des Landgerichts wurde hierdurch zugunsten der E. insgesamt Umsatzsteuer in Höhe von 11.484.179,12 Euro verkürzt (UA S. 50 - 55, 125).
8
In den Umsatzsteuervoranmeldungen der I. , die als sog. Buffer auftrat, erklärte der Mitangeklagte G. als deren Geschäftsführer für die Voranmeldungszeiträume April bis Juli 2009, September 2009 bis Januar 2010 sowie März 2010 die Leistungen an die C. – teilweise allerdings mit niedrigeren als den Rechnungsbeträgen – als steuerpflichtige Umsätze und machte dabei die in den der E. erteilten Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer zu Unrecht als Vorsteuer geltend. Dadurch wurde nach den Berechnungen des Landgerichts zugunsten der I. insgesamt Umsatzsteuer in Höhe von 10.667.491,10 Euro verkürzt (UA S. 55 - 66, 125 f.).
9
Für die als weiterer „Buffer“ eingeschaltete C. machte der Mitan- geklagte St. als deren Geschäftsführer in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September 2009 bis Januar 2010 sowie März 2010 zu Unrecht einen Vorsteuerabzug aus den der I. erteilten Gutschriften geltend. St. hatte im August 2009 erkannt, dass die C. in ein Umsatzsteuerbetrugssystem eingebunden war und die I. lediglich zum Zwecke des Umsatzsteuerbetrugs mit Emissionszertifikaten handelte. Er wusste zudem, dass mindestens ein weiteres Unternehmen in die Umsatzsteuerbetrugskette eingeschaltet war, das seinerseits Steuern verkürzte, und billigte dies. Hierdurch wurde nach den Berechnungen des Landgerichts zugunsten der C. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 4.663.456,61 Euro verkürzt (UA S. 67 - 73, 126).
10
II. Die Angeklagten sind bei einer großen Steuerberatungsgesellschaft beschäftigt, die Ende Mai/Anfang Juni 2009 die steuerliche Beratung der I. übernahm. Das Mandat betreute die Angeklagte Sc. , wobei jeder Zwischenschritt und jeder Schriftsatz aufgrund des bei der Steuerberatungsgesellschaft geltenden Vier-Augen-Prinzips mit dem zuständigen Partner der Gesellschaft , dem Angeklagten S. , abgestimmt wurde.
11
Die I. , die ihren Sitz in Luxemburg hatte, verfügte in den Monaten April und Mai 2009 über keine Betriebsstätte in Deutschland. Nachdem der Mitangeklagte G. von St. darüber unterrichtet worden war, dass ein Ausweis deutscher Umsatzsteuer seitens der I. nur bei Vorhandensein einer inländischen Betriebsstätte zulässig sei, wandte sich G. am 27. Mai 2009 an die Steuerberatungsgesellschaft der Angeklagten, um sich zur umsatzsteuerlichen Situation der I. beraten zu lassen. Bei einem ersten Telefongespräch mit der Angeklagten Sc. erläuterte er die Situation der I. und teilte dabei mit, dass diese Gesellschaft nicht über Büroräume oder eine sonstige räumliche Repräsentanz in Deutschland verfügte. G. beauftragte die Steuerberatungsgesellschaft mit der Erstellung eines Kurzgutachtens zur umsatzsteuerlichen Situation der I. . Die Angeklagte Sc. erstellte das Gutachten in Abstimmung mit dem Angeklagten S. . In dem Gutachten wurde u.a. ausgeführt, dass die I. nur dann deutsche Umsatzsteuer ausweisen und als Vorsteuer gelten machen könne, wenn sie über einen Sitz in Deutschland verfüge und die entsprechenden Geschäfte von Deutschland aus tätige. Weiterhin wurde darauf hingewiesen, dass die Einrichtung einer solchen Zweigniederlassung keine Rückwirkung entfalte und deshalb die Rechnungen, die vor Errichtung einer Betriebsstätte in Deutschland unter Ausweis von deutscher Umsatzsteuer ausgestellt wurden, zu korrigieren seien. Das Gutachten wurde am 5. Juni 2009 an G. übermittelt. Dieser ließ sich am 8. Juni 2009 telefonisch durch die Angeklagte Sc. nach Rücksprache mit dem Angeklagten S. die Anforderungen für die Anerkennung einer Betriebsstätte näher erläutern.
12
Am 9. Juni 2009 übersandte G. sodann einen Vertrag über die Anmietung von Büroräumen in Sa. ab dem 1. April 2009. Tatsächlich war der Mietvertrag erst Anfang Juni 2009 abgeschlossen und zurückdatiert worden. G. beauftragte die Steuerberatungsgesellschaft der Angeklagten mit der umsatzsteuerlichen Beratung für die Zeit ab April 2009 und legte im August 2009 die erforderlichen Unterlagen – insbesondere Verträge zwischen der I. und der C. sowie Gutschriften für die betreffenden Monate – vor.
13
Die Angeklagten erstellten für die I. – nachdem zunächst durch den zuvor für diese Gesellschaft tätigen Steuerberater sog. Nullmeldungen abgegeben worden waren – für die Voranmeldungszeiträume April und Mai 2009 „berichtigte“ Umsatzsteuervoranmeldungen und reichten sie am 12. August 2009 beim zuständigen Finanzamt ein. In diesen Steueranmeldungen wurden die Übertragungen der Zertifikate an die C. als steuerpflichtige Umsätze erklärt und in den an die E. erteilten Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 147.519,80 Euro im April 2009 bzw. 1.146.788,70 Euro im Mai 2009 als Vorsteuer geltend gemacht.
14
Die Angeklagten hatten keine Kenntnis von der Rolle der I. im Rahmen eines Umsatzsteuerhinterziehungssystems. Aufgrund des Gangs der umsatzsteuerlichen Beratung hielten sie es aber „für höchst wahrscheinlich“, dass der Vertrag über die Anmietung der Büroräume erst infolge ihrer Beratung des Mitangeklagten G. Anfang Juni des Jahres 2009 abgeschlossen und rückdatiert worden war und die I. in den Monaten April und Mai 2009 über keine Büroräume und damit auch über keine Betriebsstätte in Deutschland verfügt hatte, so dass die I. für diese Monate weder deutsche Umsatzsteuer ausweisen noch einen Vorsteuerabzug vornehmen durfte. Hierüber setzten sich die Angeklagten hinweg und nahmen die Abgabe unrichtiger Vorsteueranmeldungen billigend in Kauf. Sie meinten, sich auf eine die wahren Verhältnisse kaschierende Papierlage verlassen zu können, und schlossen deshalb die Möglichkeit der Entdeckung ihres Verhaltens aus.
15
III. Hinsichtlich des Mitangeklagten St. wertete das Landgericht die Geltendmachung der Vorsteuer aus den an die I. erteilten Gutschriften als Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) zugunsten der C. . Der Vorsteuerabzug sei für die Voranmeldungszeiträume ab September 2009 zu versagen, da die C. in eine Umsatzsteuerbetrugskette eingebunden gewesen sei und der Mitangeklagte St. dies gewusst habe. Den Ankauf der Emissionszertifikate wertete es als jeweils rechtlich selbständige Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch G. zugunsten der I. sowie der E. . Vom Vorwurf der Steuerhinterziehung beziehungsweise der Beihilfe hierzu hinsichtlich früherer Voranmeldungszeiträume sprach es den Mitangeklagten St. mangels Kenntnis von der Einbeziehung in das Umsatzsteuerbetrugssystem frei. Die Verurteilung des St. hatte weitgehend Bestand (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2015 – 1 StR 447/14, NStZ 2016, 39).
16
IV. Hinsichtlich der Angeklagten wertete das Landgericht die Erstellung der „berichtigten“ Umsatzsteuervoranmeldungen für die I. betreffend die Monate April und Mai 2009, in denen insbesondere die gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge aus den der E. erteilten Gutschriften als Vorsteuer geltend gemacht wurden, jeweils als Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Da eine deutsche Betriebsstätte nicht vorhanden gewesen sei, sei dieI. weder zum Ausweis deutscher Umsatzsteuer noch zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen.
17
Im Rahmen der Strafzumessung legte das Landgericht jeweils den nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO zugrunde. Aufgrund einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände sah es die Indizwirkung des Regelbeispiels einer Steuerverkürzung großen Ausmaßes im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO für entkräftet an.
18
Vom Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung für die Voranmeldungszeiträume ab Juni 2009 sprach das Landgericht die Angeklagten frei. Jedenfalls nach der Vorstellung der Angeklagten habe der Mitangeklagte G. entsprechend ihrer Beratung Anfang Juni 2009 durch Anmietung von Büroräumen eine Betriebsstätte in Deutschland errichtet und die Geschäfte der I. von dort aus betrieben.

B.


19
Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet.
20
I. Ihre verfahrensrechtlichen Beanstandungen dringen nicht durch.
21
1. Die Rüge einer Verletzung von § 261 StPO im Hinblick auf das von den Angeklagten gefertigte und im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführte Gutachten vom 5. Juni 2009 zur umsatzsteuerrechtlichen Situation der I. hat keinen Erfolg.
22
a) Die Revisionen haben vorgetragen, das Landgericht habe seine Überzeugung davon, dass die Angeklagten das anfängliche Fehlen einer Betriebsstätte in Deutschland für zumindest höchst wahrscheinlich gehalten haben (UA S. 117), auch auf den Inhalt dieses Gutachtens gestützt. In dem Gutachten werde u.a. ausgeführt, dass die I. nur dann deutsche Umsatzsteuer ausweisen und Vorsteuer geltend machen könne, wenn sie über eine Betriebsstätte in Deutschland verfüge und die entsprechenden Geschäfte von Deutschland aus tätige. Zudem werde in dem Gutachten darauf hingewiesen, dass die Einrichtung einer solchen Betriebsstätte keine Rückwirkung entfalte und deshalb die Rechnungen, welche die I. vor der Errichtung einer Betriebsstätte in Deutschland unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer ausgestellt habe, korrigiert werden sollten (UA S. 78/80). Ein derartiger Hinweis gäbe keinen Sinn, wenn die Angeklagten vom Vorliegen einer Betriebsstätte ausgegangen wären (UA S. 114).
23
b) Die Revisionen machen geltend, diese Schlussfolgerung sei mit dem Inhalt des Schriftstücks nicht vereinbar. Das Landgericht habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, sich damit auseinanderzusetzen, dass das Gutachten keine Angaben über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen einer Betriebsstätte enthalte, sondern vielmehr die Sachverhaltsalterna- tiven „Handel mit CO2-Zertifikaten mit und ohne Betriebsstätte“ abstrakt neben- einander abhandele. Durch die isolierte Darstellung des Teils des Gutachtens, der sich mit der Alternative „ohne Betriebsstätte“ beschäftige, erwecke das Landgericht einen falschen Eindruck vom Inhalt der Urkunde.
24
c) Die Rüge erweist sich jedenfalls als unbegründet. Die vom Landgericht in den Urteilsgründen dargelegten Teile des Gutachtens zu den umsatzsteuerrechtlichen Folgen des Handels mit Emissionszertifikaten ohne deutsche Betriebsstätte sind inhaltlich zutreffend wiedergegeben. Mit den darüber hinaus in dem Gutachten vorhandenen Ausführungen zu den umsatzsteuerrechtlichen Folgen bei Bestehen einer deutschen Betriebsstätte musste sich das Landgericht in den Urteilsgründen nicht auseinandersetzen. Denn es hat im Rahmen der Beweiswürdigung rechtsfehlerfrei die Umstände des in englischer Sprache geführten Mandatsanbahnungsgesprächs am 27. Mai 2009 zwischen dem Mitangeklagten G. und der Angeklagten Sc. in den Blick genommen, das zur Beauftragung mit der Gutachtenerstellung geführt hat. Die durch die Angeklagte Sc. über dieses Gespräch gefertigte handschriftliche Notiz „Lux. Untern., kein Sitz in Deutschland, Vertr. A. Sa. “ (Übersetzung aus dem Englischen, UA S. 77) hat das Landgericht – ungeachtet dessen, dass nach ihrem Wortlaut nur ein Sitz des Unternehmens in Deutschland, nicht auch eine Betriebsstätte verneint wird – rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass sie nahelegt, über das Vorhandensein von Büroräumen oder einer sonstigen Repräsentanz in Deutschland sei gesprochen worden. Das Landgericht durfte eine Bestätigung hierfür in einer auch dem Angeklagten S. übersandten E-Mail der Angeklagten Sc. vom selben Tag erblicken, in der die Angeklagte einem Kollegen mitteilt, der Mandant wünsche eine Betriebsstätte in Deutschland zu errichten, damit das Reverse-Charge-Verfahren keine Anwendung mehr finde. Daher werde man umsatzsteuerrechtlich prüfen, ob dies gehe und wenn ja, ob es auch für die Vergangenheit möglich sei (UA S. 78 f.). Auch die in der gutachterlichen Stellungnahme enthaltene Wiedergabe des vom Mitangeklag- ten G. erteilten Auftrags, nämlich die Darstellung der Auswirkungen auf die Umsatzsteuer, die „die Errichtung einer Betriebsstätte von I. in Deutschland hätte sowie die Voraussetzungen einer Betriebsstätte in Bezug auf die Umsatzsteuer“ (UA S. 78), hat das Landgericht rechtsfehlerfrei dahin gedeu- tet, dass nach der Auskunft G. ` im Zeitpunkt der Beauftragung keine deutsche Betriebsstätte der I. bestand.
25
2. Die Verfahrensrüge, das Landgericht habe dadurch gegen die Vorschrift des § 261 StPO verstoßen, dass es sich nicht mit dem im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführten Gutachten des Steuerberaters L. und des Rechtsanwalts K. zu Fragen der üblichen und professionsadäquaten Beratung in Umsatzsteuerangelegenheiten auseinandergesetzt habe, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
26
a) Die Revisionen weisen darauf hin, dass das Landgericht die Einlassung der Angeklagten Sc. , in dem Mandatsanbahnungsgespräch am 27. Mai 2009 sei nicht über die tatsächlichen Voraussetzungen einer Betriebsstätte gesprochen worden, als Schutzbehauptung gewertet habe. Es habe dies damit begründet, die Angeklagte sei eine hervorragend qualifizierte, präzise arbeitende Volljuristin und Steuerberaterin, so dass es in einem derartigen Gespräch nahegelegen habe, die tatsächlichen Grundlagen zu klären, auf deren Basis eine entsprechende Beratung erfolgen solle (UA S. 113). Die Revisionen machen geltend, das Landgericht hätte sich in diesem Zusammenhang zwingend mit dem Gutachten von L. und K. auseinandersetzen müssen.
27
b) Die Rüge erweist sich als unbegründet. Zwar muss sich ein Tatgericht mit einer Urkunde in den Urteilsgründen dann auseinandersetzen, wenn deren Würdigung im Hinblick auf die vollständige Erfassung des relevanten Beweisstoffes und die inhaltliche Richtigkeit der Feststellungen geboten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 1987 – 1 StR 366/87, StV 1988, 138 und Urteil vom 3. Juli 1991 – 2 StR 45/91, BGHSt 38, 14, jeweils mwN). Dies war hinsichtlich dieses Gutachtens jedoch nicht der Fall.
28
Zwar enthält das Gutachten Ausführungen zum Verhalten eines professionellen und qualifizierten Steuerberaters im Rahmen eines Mandatsanbahnungsgesprächs. Auch legt es dar, dass für die Erstellung eines abstrakten Gutachtens eine Sachverhaltsermittlung nicht notwendig sei. Allerdings unterstellt das Gutachten, dass bei dem Gespräch am 27. Mai 2009 zwischen dem Mitangeklagten G. und der Angeklagten Sc. über bestehende Sachmittel der I. in Deutschland nicht gesprochen worden sei. Es lässt insoweit die von der Angeklagten Sc. vorgenommene Dokumentation der Umstände der Beauftragung durch G. (handschriftliche Notiz [UA S. 77], E-Mail an Kollegen [UA S. 78 f.]) weitgehend außer Betracht. Zwar wird die E-Mail an einen Kollegen der Angeklagten Sc. genannt; dieser wird aber in der Folge „kein allzu großes Gewicht“ beigemessen, da einer hausinternen E-Mail, bei der keine fachliche Überprüfung durch einen mandatsverantwortlichen Manager oder Partner erfolgt sei, nicht derselbe Aussagegehalt zukomme wie einer externen und geprüften E-Mail oder einem unter Beachtung des Vier-Augen-Prinzips erstellten Gutachten. Die handschriftliche Notiz bleibt unerwähnt. Das Gutachten geht somit von einem unvollständigen Sachverhalt aus und erweist sich schon deshalb als nicht ergiebig. Daher musste sich das Landgericht unter dem Gesichtspunkt der Beweiserheblichkeit nicht ausdrücklich mit dem Gutachten auseinandersetzen.
29
3. Auch die Rüge, das Landgericht habe gegen § 261 StPO verstoßen, weil es sich nicht mit dem in die Hauptverhandlung eingeführten Antrag des zunächst für die I. tätigen Steuerberaters auf umsatzsteuerrechtliche Registrierung dieser Gesellschaft in Deutschland auseinandergesetzt habe, bleibt ohne Erfolg.
30
a) Der damalige Steuerberater der I. , J. , beantragte am 16. März 2009 beim Finanzamt Sa. die Erteilung einer Umsatzsteuernummer für die I. . In diesem Antrag gab er wahrheitsgemäß an, dass die I. über keine Betriebsstätte im Inland verfügte. Zur Art der Geschäftstätigkeit führte er jedoch unzutreffend aus, die I. kaufe Waren in Deutschland und verkaufe diese Ware direkt an deutsche Kunden weiter und tätige damit in Deutschland steuerbare Lieferungen.
31
b) Die Revision macht geltend, die Erteilung einer Steuernummer habe nur aufgrund der unzutreffenden Angaben des damals für die I. tätigen Steuerberaters erfolgen können. Bei zutreffenden Angaben zum Geschäftsgegenstand , nämlich der Ausführung sonstiger Leistungen durch Übertragung von Emissionszertifikaten, wäre eine Registrierung mangels in Deutschland steuerbarer Umsätze abgelehnt worden. Von den unzutreffenden Angaben des Steuerberaters hätten die Angeklagten nichts wissen können, so dass sich das Landgericht bei der Widerlegung der Einlassung, die Angeklagten seien aufgrund der umsatzsteuerlichen Registrierung und der Erteilung einer Steuernummer vom Vorhandensein einer Betriebsstätte ausgegangen, mit dem Antrag auf Erteilung einer Umsatzsteuernummer hätte auseinandersetzen müssen.
32
c) Die Rüge hat im Ergebnis keinen Erfolg.
33
aa) Allerdings weisen die Beschwerdeführer zutreffend darauf hin, dass für im Ausland ansässige Unternehmer i.S.v. § 13b Abs. 4 UStG a.F. eine umsatzsteuerliche Registrierung im Inland und damit eine Teilnahme am allgemeinen Besteuerungsverfahren nach § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG grundsätzlich nur erfolgte, wenn im Inland steuerbare Umsätze i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, für die nicht der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG schuldete , oder innergemeinschaftliche Erwerbe i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG ausgeführt wurden (vgl. § 59 UStDV a.F.). Ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist nach § 13b UStG a.F. ein Unternehmer, der weder im Inland noch auf der Insel Helgoland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat. Der Begriff der Zweigniederlassung setzt dabei voraus, dass von dort aus Umsätze bewirkt werden; ob Umsätze beabsichtigt wurden, ist insoweit ohne Bedeutung (vgl. BFH, Urteil vom 5. Juni 2014 – V R 50/13, BFHE 245, 439). Da im Falle der Übertragung von Emissionszertifikaten – wie noch darzulegen sein wird – im Inland steuerbare Umsätze nur vorliegen, wenn der Leistungsempfänger seinen Sitz bzw. eine Betriebsstätte im Inland hat, kann die umsatzsteuerliche Registrierung ein Indiz für das Vorhandensein einer deutschen Betriebsstätte sein.
34
bb) Das Landgericht hat aber auf der Grundlage der Dokumentation der Angeklagten Sc. zu den Umständen und dem Inhalt des Mandatsanbahnungsgesprächs vom 27. Mai 2009 (handschriftliche Notiz, E-Mail an Kollegen) rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Mitangeklagte G. in diesem Gespräch mitgeteilt hatte, die I. verfüge in Deutschland nicht über Büroräume oder eine sonstige Repräsentanz. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken , dass das Landgericht die Annahme, die Angeklagten seien trotz Kenntnis von der umsatzsteuerlichen Registrierung und der Vorlage des auf den 1. April 2009 zurückdatierten Mietvertrags nicht vom Vorhandensein einer inländischen Betriebsstätte ausgegangen, durch eine Telefonnotiz der Angeklagten Sc. vom 28. Juli 2009 bestätigt gesehen hat. Das Landgericht hat weiterhin rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass die Angeklagte Sc. ausweislich dieses Telefonvermerks in einem von ihr mit einem Kollegen aus Großbritannien geführten Gespräch dargelegt habe, man habe die I. im Hinblick auf das Empfängerortprinzip beim Handel mit Emissionszertifikaten dahingehend beraten, wie in Deutschland eine Betriebsstätte errichtet werden könne, welche die Leistung bezieht. Im Hinblick auf diesen Umstand ist jedenfalls auszuschließen, dass das Urteil auf der von den Revisionen behaupteten unzureichenden Würdigung des Antrags auf steuerliche Registrierung beruht.
35
II. Die auf die Sachrüge vorzunehmende Überprüfung des Urteils hat weder zum Schuldspruch noch zum Strafausspruch Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die Verurteilung der Angeklagten wegen Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für die Monate April und Mai 2009 zugunsten der I. hat Bestand.
36
1. Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Dies gilt auch für die Feststellungen zur subjektiven Tatseite. Das Landgericht hat die Einlassung der Angeklagten, sie seien für die Monate April und Mai 2009 vom Bestehen einer deutschen Betriebsstätte der I. und deren Berechtigung zum Umsatzsteuerausweis ausgegangen, rechtsfehlerfrei für widerlegt angesehen (UA S. 111 - 117).
37
Dabei hat sich das Landgericht ohne Rechtsfehler auf der Grundlage der von der Angeklagten Sc. geschaffenen Dokumentation zu den Umständen und dem Inhalt des Mandatsanbahnungsgesprächs vom 27. Mai 2009 (hand- schriftliche Notiz, E-Mail an Kollegen) davon überzeugt, dass der Mitangeklagte G. die Angeklagte Sc. darüber informiert hatte, dass die I. zu diesem Zeitpunkt nicht über Büroräume oder eine sonstige räumliche Repräsentanz in Deutschland verfügte. Auch wenn in der handschriftlichen Notiz der Angeklagten Sc. nach dem Wortlaut lediglich ein Sitz des Unternehmens in Deutschland, nicht jedoch eine Betriebsstätte verneint wird, durfte das Landgericht den naheliegenden Schluss ziehen, dass über das Vorhandensein von Büroräumen oder einer sonstigen Repräsentanz in Deutschland gesprochen wurde. Dabei hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auch in den Blick genommen, dass der Mitangeklagte G. sich gerade deshalb an die Steuerberatungsgesellschaft der Angeklagten gewandt hatte, weil er von dem Mitangeklagten St. damit konfrontiert wurde, dass ein Umsatzsteuerausweis nur bei Vorliegen einer deutschen Betriebsstätte möglich sei. Dementsprechend wird in der gutachterlichen Stellungnahme vom 5. Juni 2009 der von G. erteilte Auftrag als Darstellung der Auswirkungen auf die Umsatzsteuer, welche die Errichtung einer Betriebsstätte durch die I. hätte, sowie der Voraussetzungen einer Betriebsstätte in Bezug auf die Umsatzsteuer zusammengefasst. In dem am 5. Juni 2009 an den Mitangeklagten G. übermittelten Gutachten zur umsatzsteuerrechtlichen Situation der I. wurde nach den Feststellungen u.a. aufgezeigt, dass die I. nur deutsche Umsatzsteuer ausweisen und Vorsteuer geltend machen könne, wenn sie über eine Betriebsstätte in Deutschland verfüge. In dem Gutachten wurde ausdrücklich darauf hingewiesen , dass die Errichtung einer Betriebsstätte keine Rückwirkung entfalte und deshalb Rechnungen, die vor Errichtung der Betriebsstätte unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer ausgestellt worden seien, korrigiert werden sollten. Nach Erhalt des Gutachtens ließ sich der Mitangeklagte G. am 8. Juni 2009 nochmals telefonisch die für die Anerkennung einer Betriebsstätte maßgeblichen Voraussetzungen im Hinblick auf den Personaleinsatz erläutern, weshalb das Landgericht in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Überzeugung gelangt ist, den Angeklagten sei dadurch vermittelt worden, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine Betriebsstätte bestand.
38
Das Landgericht hat sich auch damit auseinandergesetzt, ob die Angeklagten aufgrund des von G. am 9. Juni 2009 übersandten Mietvertrags für Büroräumlichkeiten, der auf den 1. April 2009 zurückdatiert war, nunmehr doch vom Vorliegen einer Betriebsstätte bereits ab Aufnahme der Geschäftstätigkeit ausgegangen sein könnten. Dies hat es rechtsfehlerfrei aufgrund der vorangegangenen Kommunikation, über die der Angeklagte S. stets durch die Angeklagte Sc. informiert worden war, verneint. Insoweit hat das Landgericht ohne Rechtsfehler in den Blick genommen, dass das Büroserviceunternehmen , bei dem die Büroräume angemietet wurden, erstmals am 9. Juni 2009 eine Rechnung stellte, obwohl laut Mietvertrag eine monatliche Vorauszahlung vereinbart war, und zudem die Rechnung keinen Mietzins für den Monat April 2009 auswies. Weitere Anhaltspunkte hat das Landgericht rechtsfehlerfrei darin gesehen, dass in den von G. im August 2009 vorgelegten Verträgen zwischen der I. und der C. aus dem April 2009 und in einigen der von C. gegenüber der I. ausgestellten Gutschriften für die Monate April und Mai 2009 als Adresse der I. die Anschrift des damals für die I. tätigen Steuerberaters, nicht aber die Anschrift der vermeintlich bereits seit Anfang April 2009 bestehenden Betriebsstätte angegeben war.
39
Auch die Überzeugung des Landgerichts, dass die Angeklagten inhaltlich unrichtige Steueranmeldungen billigend in Kauf nahmen, weil sie meinten, sich auf eine die wahren Verhältnisse kaschierende Papierlage verlassen zu können (UA S. 117), wird von der Beweiswürdigung getragen.
40
2. Die Schuldsprüche werden von den vom Landgericht getroffenen Feststellungen getragen.
41
In den am 12. August 2009 abgegebenen (berichtigten) Umsatzsteuervoranmeldungen der I. für die Monate April und Mai 2009 wurden unrichtige Angaben über die Berechtigung zum Vorsteuerabzug und damit über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht, die zu einer Steuerverkürzung führten (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO).
42
a) Die Geltendmachung der in den Gutschriften an die E. ausgewiesenen deutschen Umsatzsteuer als Vorsteuer erfolgte – unabhängig von der Versagung des Vorsteuerabzugs aufgrund der Beteiligung der I. an einem Umsatzsteuerhinterziehungssystem, von der die Angeklagten keine Kenntnis hatten – zu Unrecht.
43
aa) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen abziehen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt dabei voraus, dass der Unternehmer eine Rechnung bzw. Gutschrift i.S.v. §§ 14, 14a UStG besitzt. Der Vorsteuerabzug ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) jedoch dann zu versagen, wenn der Steuerpflichtige – im unionsrechtlichen Sinne – selbst eine Steuerhinterziehung begeht oder wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist und er deswegen als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist (vgl. EuGH, Urteile vom 6. Juli 2006 – Rechtssache C-439/04 u.a., Slg. 2006, I-6161 und vom 18. Dezember 2014 – Rechtssache C-131/13, Italmoda, DStR 2015, 573; BGH, Beschlüsse vom 19. November 2014 – 1 StR 219/14, wistra 2015, 147 und vom 22. Juli 2015 – 1 StR 447/14, NStZ 2016, 39; jeweils mwN). Dem Mitangeklagten G. war bekannt, dass die I. in eine Umsatzsteuerbetrugskette eingebunden war. Damit war ein Vorsteuerabzug aus Gutschriften über die Veräußerung von Emissionszertifikaten der E. an die I. in den Monaten April und Mai 2009 in Deutschland nicht zulässig.
44
bb) Selbst wenn die Firmen I. und E. – wie es dem Vorstellungsbild der Angeklagten entsprach – beim Handel mit Emissionszertifikaten als Unternehmer gehandelt hätten (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 – 1 StR 24/10, BGHR UStG § 15 Abs. 1 Unternehmer 1), hätte in den Gutschriften keine deutsche Umsatzsteuer ausgewiesen werden dürfen. Denn der Ort der sonstigen Leistung gemäß § 3a Abs. 3 i.V.m. § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG in der zu den Übertragungszeitpunkten geltenden Fassung dieser Normen lag nicht in Deutschland, sondern in Luxemburg. Damit schuldete zwar die E. die in den ihr von der I. erteilten Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c UStG. Ein Recht zum Vorsteuerabzug besteht jedoch nur für im Hinblick auf ausgeführte Leistungen geschuldete Steuern, nicht jedoch für Steuern, die nach § 14c UStG geschuldet werden (st. Rspr.; vgl. z.B. BFH, Urteile vom 11. April 2002 – V R 26/01, BFHE 198, 238 und vom 2. April 1998 – V R 34/97, BFHE 185, 536).
45
(1) Bei der Übertragung eines Emissionszertifikats handelt es sich um die Übertragung eines Rechts und damit um eine sonstige Leistung i.S.v. § 3 Abs. 9 UStG.
46
(a) Nach der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung des Umsatzsteuergesetzes (im Folgenden: UStG a.F.) wird eine sonstige Leistung grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 1 UStG a.F.). Dagegen werden in Fällen, in denen der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, die in § 3a Abs. 4 UStG a.F. genannten sonstigen Leistungen dort ausgeführt, wo der Leistungsempfänger seinen Sitz hat (§ 3a Abs. 3 Satz 1 UStG a.F.). Wird die sonstige Leistung an der Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, so ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgeblich (§ 3a Abs. 3 Satz 2 UStG a.F.).
47
Zu den von § 3a Abs. 4 UStG a.F. erfassten Leistungen gehört gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten. Die Vorschrift beruht auf Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der im Tatzeitraum geltenden Fassung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. EU Nr. L 347 S. 1, ber. ABl. EU Nr. L 335 S. 60; im Folgenden: Mehrwertsteuersystemrichtlinie). Diese Regelung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie bestimmt u.a. für Fälle, in denen der Dienstleistungsempfänger in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als der Dienstleistungserbringer, dass als Leistungsort der Dienstleistung für die Abtretung und Einräumung von Urheberrechten, Patentrechten, Lizenzrechten, Fabrik- und Warenzeichen sowie ähnlichen Rechten derjenige Ort gilt, an dem der Dienstleistungsempfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für welche die Dienstleistung erbracht worden ist oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Die Regelung entspricht Art. 9 Abs. 2 Buchst. e, 1. Gedankenstrich der zuvor geltenden Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie (Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zu Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: ein- heitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage [6. Mehrwertsteuerrichtlinie], ABl. EG Nr. L 154 S. 1).
48
(b) Bei den Emissionszertifikaten handelt es sich um Berechtigungen i.S.v. § 3 Abs. 4 TEHG a.F. (Gesetz über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen – Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz vom 8. Juli 2004, BGBl. I, 1578) und damit um die Befugnis zur Emission von jeweils einer Tonne Kohlendioxidäquivalente in einem bestimmten Zeitraum. Berechtigungen , die von anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union für die laufende Zuteilungsperiode ausgegeben worden sind, stehen den in der Bundesrepublik Deutschland ausgegebenen Berechtigungen gleich (§ 13 Abs. 1 TEHG a.F). Die zuständige Behörde führt ein Emissionshandelsregister in Form einer elektronischen Datenbank. Dort wird für jeden Verantwortlichen i.S.v. § 3 Abs. 7 Satz 1 TEHG a.F., d.h. für jede natürliche und juristische Person, welche die unmittelbare Entscheidungsgewalt über eine Tätigkeit im Sinne dieses Gesetzes innehat und dabei die wirtschaftlichen Risiken der Tätigkeit trägt – in der Regel der Betreiber der Anlage – ein Konto eingerichtet, auf dem die Ausgabe, der Besitz, die Übertragung und die Abgabe von Berechtigungen verzeichnet werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 TEHG a.F.). Auch jede andere natürliche oder juristische Person kann die Einrichtung eines Kontos beantragen (§ 14 Abs. 2 Satz 3 TEHG a.F.).
49
Die Berechtigungen sind gemäß § 6 Abs. 3 TEHG a.F. übertragbar. Die Übertragung findet gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 TEHG a.F. durch Einigung und Eintragung auf dem Konto des Erwerbers im Emissionshandelsregister statt. Die Eintragung erfolgt auf Anweisung des Veräußerers an die kontoführende Stelle, Berechtigungen von seinem Konto auf das Konto des Erwerbers zu übertragen (§ 16 Abs. 1 Satz 2 TEHG a.F.). Soweit für jemanden eine Berechti- gung eingetragen ist, gilt der Inhalt des Registers als richtig (§ 16 Abs. 2 Satz 1 TEHG a.F.). Dies gilt lediglich dann nicht, wenn die Unrichtigkeit dem Empfänger ausgegebener Berechtigungen bei Ausgabe bekannt war (§ 16 Abs. 2 TEHG a.F.).
50
(2) Der Handel mit einem Emissionszertifikat stellt die Übertragung eines „ähnlichen Rechts“ i.S.v. § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. dar.
51
(a) Dies ergibt sich bereits daraus, dass es sich bei § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG um eine ausdrückliche Umsetzung der Vorgaben der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie in das deutsche Umsatzsteuerrecht handelt (vgl. bereits BT-Drucks. 8/2827, S. 1). Schon in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie war das Empfängerprinzip für sonstige Leistungen an Empfänger außerhalb des Ausgangsstaates vorgesehen, soweit es sich bei der Leistung um die Abtretung und Einräumung von Urheberrechten, Patentrechten, Lizenzrechten, Fabrik- und Warenzeichenrechten sowie ähnlichen Rechten handelte. Die identische Formulierung findet sich in Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie in der im Tatzeitraum anwendbaren Fassung.
52
Auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats im vorliegenden Verfahren (Beschluss vom 22. Juli 2015 – 1 StR 447/14, NStZ-RR 2015, 375) hat der EuGH am 8. Dezember 2016 entschieden, dass die in dieser Bestimmung genannten „ähnlichen Rechte“ die in Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates definierten Treibhausgasemissionszertifikate einschließen (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – Rechtssache C-453/15, MwStR 2017, 68). Der EuGH bejahte dies zum einen mit der Begründung, dass die Zertifikate und anderen Rechte jeweils immaterieller Art sind, ihrem Inhaber die Stellung der Ausschließlichkeit gewähren, mittels einer Abtretung oder Lizenz an einen Dritten übertragen werden können und einer Eintragung unterliegen. Zum anderen wies er darauf hin, dass Ziel der Regeln über den Ort der Besteuerung von Dienstleistungen sei, einerseits Kompetenzkonflikte, die zu einer Doppelbesteuerung führen könnten, und andererseits die Nichtbesteuerung von Einnahmen zu verhindern (EuGH aaO, MwStR 2017, 68, Rn. 22 ff. mwN). Bereits zu Art. 9 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie habe der EuGH festgestellt, dass die Erhebung nach Möglichkeit an dem Ort erfolgen soll, an dem die Gegenstände verbraucht oder die Dienstleistungen in Anspruch genommen werden (EuGH aaO, MwStR 2017, 68, Rn. 25 mwN).
53
Wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts (vgl. dazu nur Dannecker /Bülte in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts , 4. Aufl. 2014, Kap. 2 Rn. 203) ist diese Auslegung des Art. 56 a.F. der Mehrwertsteuersystemrichtlinie) auch für die steuerrechtliche Auslegung des § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. maßgeblich (vgl. Bülte, NZWiSt 2017, 161, 162).
54
(b) Auch unabhängig hiervon könnten die von den Revisionen der Angeklagten vorgebrachten Bedenken die Einstufung der Emissionszertifikate als „ähnliches Recht“ i.S.v. § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. nicht in Frage stellen.
55
(aa) Der Hinweis der Revisionen darauf, dass von Nummer 1 des Anhangs B zu Art. 6 Abs. 2 der zweiten Richtlinie 67/228/EWG des Rates vom 11. April 1967 (zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, ABl. EG Nr. 1303/67) auch die Gewährung von Lizenzen auf die genannten Rechte erfasst worden seien, berührt das Ergebnis der Auslegung nicht. Denn § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. wurde erst auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e, 1. Gedankenstrich der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie in das Umsatzsteuergesetz eingeführt (BGBl. I 1979, 1953, 1955). Die Formulierung „Gewährung von Lizenzen betreffend diese Rechte“ war in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e, 1. Gedankenstrich der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie gerade nicht enthalten.
56
(bb) Soweit die Revisionen geltend machen, eine Berechtigung nach dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) könne andere Personen nicht davon ausschließen, Treibhausgase zu emittieren, könnte dies der Einstu- fung von Emissionszertifikaten als „ähnliches Recht“ ebenfalls nicht entgegen- stehen. Denn nur wer diese Berechtigung besitzt, hat die Befugnis zur Emission von einer Tonne Kohlendioxidäquivalent in einem bestimmten Zeitraum (§ 3 Abs. 4 Satz 1 TEHG a.F.). Wer kein Emissionszertifikat besitzt und trotzdem Treibhausgase emittiert, setzt sich dem Sanktionsmechanismus des § 18 TEHG aus (vgl. Frenz, Emissionshandelsrecht, 2. Aufl., § 6 Rn. 13).
57
(c) Die vom EuGH vorgegebene Auslegung des § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. zum Begriff des „ähnlichen Rechts“ ist auch zugrunde zu legen, soweit diese steuerrechtliche Norm als Ausfüllungsnorm des Straftatbestands der Steuerhinterziehung heranzuziehen ist. Sie wahrt sowohl die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG als auch die Grundsätze aus Art. 49 Abs. 1 EU-GRCh. Die unionsrechtskonforme Auslegung des § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. entsprechend der vom EuGH vorgenommenen Auslegung von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, nach der der dort verwendete Begriff des „ähnlichen Rechts“ Emissionszertifikate einschließt, verstößt nicht gegen das Gesetzlichkeitsprinzip des Art. 103 Abs. 2 GG in seinen Ausprägungen als Analogieverbot und Bestimmtheitsgebot.
58
(aa) Zum Gewährleistungsinhalt des Art. 103 Abs. 2 GG gehört die den Gesetzgeber treffende Verpflichtung, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so genau zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände für den Normadressaten schon aus dem Gesetz selbst zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln und konkretisieren lassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. März 2002 – 2 BvR 794/95, BVerfGE 105, 135, 153). Für die Rechtsprechung folgt aus dem Erfordernis gesetzlicher Bestimmtheit ein Verbot strafbegründender oder strafverschärfender Analogie (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Dezember 2004 – 2 BvR 930/04, BVerfGK 4, 261, 265). Ausgeschlossen ist dabei jede Rechtsanwendung, die über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht. Der mögliche Wortsinn markiert die äußere Grenze zulässiger richterlicher Interpretation (st. Rspr.; vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 23. Oktober 1985 – 1 BvR 1053/82, BVerfGE 71, 108, 115 und vom 26. Juni 2008 – 2 BvR 2067/07, wistra 2009, 17).
59
Bei Blankettstrafgesetzen unterliegen neben der Strafnorm auch die sie ausfüllenden Vorschriften den sich aus Art. 103 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich bei § 370 Abs. 1 AO um eine solche Blankettstrafnorm, die durch die Vorschriften der Einzelsteuergesetze ausgefüllt wird. Daher ist auch die Auslegung und Anwendung der ausfüllenden steuerrechtlichen Vorschriften am Maßstab des Art. 103 Abs. 2 GG zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2011 – 2 BvR 542/09, wistra 2011, 458 mwN).
60
(bb) Für die Bestimmung des möglichen Wortsinns können gesetzessystematische und teleologische Erwägungen von Bedeutung sein (vgl. BVerfG aaO, wistra 2011, 458). Die für das Verbot strafbegründender Analogie maßgebliche Wortbedeutung erschließt sich bei dem hier maßgeblichen Begriff der „Ähnlichkeit“ erst durch den Vergleich. Der mögliche Wortsinn, der „die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation“ absteckt, ergibt sich daher nicht aus dem Wort selbst, sondern aus dem Zusammenhang der gesetzlichen Vorschrift (vgl. Bülte, NZWiSt 2017, 161, 165). Um den Wortsinn zu ermitteln, ist daher der Zusammenhang des Normgefüges in den Blick zu nehmen (vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 26. Juni 1990 – 1 BvR 776/84, BVerfGE 82, 236, 270 und vom 10. Januar 1995 – 1 BvR 718/89 u.a., BVerfGE 92, 1, 16).
61
Berücksichtigt man den Sinnzusammenhang des Tatbestandsmerkmals Patente, Urheberrechte, Markenrechte und ähnliche Rechte, so handelt es sich in § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. um ein normatives Tatbestandsmerkmal, das sich zur Ausfüllung der einzelnen Teilmerkmale der Vorgaben des Rechts über das geistige Eigentum, also des Patentrechts, des Urheberrechts und des Markenrechts bedient (Bülte, NZWiSt 2017, 161, 166). Da es sich jedoch um eine steuerrechtliche Vorschrift handelt, ist die Ähnlichkeit anderer Rechte nicht aus dem Blickwinkel des Rechts des geistigen Eigentums zu bestimmen, sondern aus der „Außensicht“ des Steuerrechts,der eine wirtschaftliche Betrachtungsweise immanent ist. Es kommt also auf die steuerrechtliche Vergleichbarkeit an. Da das Gesetz weder den Grad der Ähnlichkeit noch ihre Kriterien benennt, ist die Wortsinngrenze selbst dann nicht überschritten, wenn die Rechte, die unter § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. subsumiert werden, nur in einem einzigen Kriterium , das steuerrechtliche Bedeutung haben kann, übereinstimmen (zutreffend Bülte aaO). Die vom EuGH genannten Kriterien (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2016 – Rechtssache C-453/15, MwStR 2017, 68, Rn. 21 ff.) sind sowohl bei den Rechten des geistigen Eigentums als auch in dem in den Emissionszertifikaten verkörperten Verschmutzungsrecht erfüllt. Steuerrechtliche Bedeutung für die Ähnlichkeit der Rechte hat die Befugnis, andere von der Nutzung auszuschließen , insofern, als die Erhebung an dem Ort stattfindet, von dem aus die Nutzung oder Verwertung des Rechts erfolgt. Es handelt sich um einen klaren Maßstab, durch den eine Doppelbesteuerung ebenso verhindert werden kann wie eine Nichtbesteuerung (vgl. EuGH aaO, MwStR 2017, 68, Rn. 24). Keine Bedeutung hat demgegenüber die Frage, ob es sich nach zivilrechtlicher Be- wertung um ein „ähnliches Recht“ handelt. Denn trotz der grundsätzlichen Bin- dung des Steuerrechts an die verwendeten Begriffe aus anderen Rechtsgebieten , sind – auch im Hinblick auf die im Steuerrecht maßgebliche wirtschaftliche Betrachtungsweise – steuerrechtliche Vorschriften eigenständig auszulegen.
62
(cc) Art. 103 Abs. 2 GG enthält zudem die Verpflichtung des Gesetzgebers , die Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Diese Verpflichtung dient einem doppelten Zweck. Es geht einerseits um den rechtsstaatlichen Schutz des Normadressaten: Jedermann soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist. Andererseits soll sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber selbst abstrakt -generell über die Strafbarkeit entscheidet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. April 2010 – 2 BvR 871/04, 2 BvR 42 BvR 414/08, Rn. 54, wistra 2010, 396 mwN). Allerdings darf das Gebot der Gesetzesbestimmtheit nicht übersteigert werden; die Gesetze würden sonst zu starr und kasuistisch und könnten der Vielgestaltigkeit des Lebens, dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden. Generalklauseln oder unbestimmte, wertausfüllungsbedürftige Begriffe im Strafrecht sind deshalb nicht von vornherein und immer verfassungsrechtlich zu beanstanden. Dabei kann die Frage, ob der Tatbestand der Strafnorm „gesetzlich bestimmt“ im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG ist, auch davon abhängen, an welchen Kreis von Adressaten sich die Vorschrift wendet (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 1. Dezember 1992 – 1 BvR 88/911 BvR 576/91, BVerfGE 87, 399, 411 und vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 197). Die Sinngrenze ist also nach dem Verständnis des jeweiligen Normadressaten, mithin aus dem Empfängerhorizont des Bürgers zu bestimmen (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. November 1986 – 1 BvR 713/83 u.a., BVerfGE 73, 206, 235; Bülte, NZWiSt 2017, 161, 165 mwN). Richtet sich die Strafnorm ausschließlich an Personen, bei denen aufgrund ihrer Ausbildung oder praktischen Erfahrungen bestimmte Fachkenntnisse regelmäßig vorauszusetzen sind, begegnet die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe auch dann keinen Bedenken, wenn der Adressat aufgrund seines Fachwissens imstande ist, den Regelungsinhalt solcher Begriffe zu verstehen und ihnen konkrete Verhaltensanforderungen zu entnehmen (vgl. BVerfG aaO, wistra 2010, 396 Rn. 55 mwN). So verhält es sich auch hier.
63
Normadressaten des § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. sind Unternehmer, deren gewerbliche oder berufliche Tätigkeit (§ 2 UStG) sich auf die Einräumung, Übertragung oder Wahrnehmung von Rechten erstreckt. Sie konnten den Regelungsgehalt dieser Norm verstehen. Auch die Angeklagten sind nach den Feststellungen bei der Beratung des Mitangeklagten G. zutreffend davon ausgegangen, dass die Emissionszertifikate von dieser Norm erfasst werden.
64
Selbst jeder andere steuerlich beratene Unternehmer hätte ohne weiteres erkennen können, dass im vorliegenden Fall die Leistung aufgrund der Anwendung des Empfängerprinzips die Leistungen der E. nicht in Deutschland, sondern in Luxemburg der Umsatzsteuer unterlagen. Denn die Auffassung, dass die Emissionszertifikate von § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG a.F. er- fasst werden, entspricht der einhelligen Ansicht in Rechtsprechung (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 21. Juni 2013 – 1 K 2550/11 U, Rn. 78; OLG Karlsruhe, Urteil vom 16. März 2015 – 1 (4) Ss 560/14 u.a., wistra 2015, 325), Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben vom 2. Februar 2005, IV A 5 – S 7100 – 16/05, BStBl. I 2005, 494, 495) und Literatur (vgl. Birgel, UVR 2005, 229, 231; HundtEßwein in Küffner/Stöcker/Zugmaier, UStG, 114. Lfg., § 3a Rn. 121; Kemper in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, 167. Lfg., § 3a Rn. 328; Sobotta, NWB 2005, 937; Meyer-Hollatz/Nagel/Krüger in Elspas/Salje/Stewing, Emissionshandel , Kap. 45 Rn. 3 f.; Adam/Hentschke/Kopp-Assenmacher, Handbuch des Emissionshandelsrechts, Kap. 8.7). Somit war die Strafbarkeit gemäß § 370 Abs. 1 AO im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug aus Gutschriften über die Veräußerung von Emissionszertifikaten vorhersehbar.
65
(dd) Soweit die Revisionen der Angeklagten geltend machen, Generalanwalt W. habe die im Vorabentscheidungsverfahren zu beantwortende Frage dahin beschrieben, ob es gerechtfertigt sei, die Mehrwertsteuersystemrichtlinie über den Wortlaut von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie hinaus auszulegen (vgl. dazu auch Wulf, NZWiSt 2017, 344), ist dem zu widersprechen. Bereits der Generalbundesanwalt hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um einen Übersetzungsfehler der deutschen Fassung der Schlussanträge des Generalanwalts handelt. Sowohl aus der verbindlichen Originalsprache der Schlussanträge Französisch, welche in Textziffer 41 die For- mulierung „outre la formulation“ verwendet, als auch aus der englischsprachigen Fassung „aside from the wording“ geht eindeutig hervor, dass es allein darum ging, ob „abgesehen vom Wortlaut“ bereits aus dem Normzweck des Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie oder dem anderer Bestimmungen oder auch aus anderen Gesichtspunkten abzuleiten war, dass die Emissionszertifkate in Anbetracht ihrer Merkmale der Kategorie der ähnli- chen Rechte im Sinne dieser Bestimmung zuzuordnen waren. Der Generalanwalt ist – wie dann auch der EuGH – zum Ergebnis gelangt, dass die Bejahung dieser Frage im Einklang mit Systematik und Zweck von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie steht (Tz. 58 ff. der Schlussanträge von Generalanwalt W. vom 7. September 2016 im Vorabentscheidungsverfahren C-453/15, Rechtssache A und B, juris). Der EuGH hat anhand der Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie dargelegt, dass es sich bei Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht um eine eng auszulegende Ausnahme von einem allgemeinen Grundsatz handelt. Dies entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu anderen Bestimmungen dieser Regelung über den Ort der sonstigen Leistung (vgl. BFH, Urteil vom 1. Juni 2016 – XI R 29/14, BStBl. II 2016, 905 zu § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. sowie Grube, MwStR 2017, 71). Gerade die Auslegung im Zusammenhang des Normgefüges ist damit entscheidend, um den Wortsinn zu ermitteln.
66
Wie bereits der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen (Tz. 58 ff.) dargelegt und der EuGH später bestätigt hat, weisen die Emissionszertifikate mit den in der Richtlinie beispielhaft genannten Rechten die Übereinstimmung auf, dass sie dem Inhaber eine Stellung der Ausschließlichkeit gewähren. Sie können ferner durch Abtretung oder Lizenzierung auf Dritte übertragen und von diesen genutzt werden. Überdies unterliegen der Besitz und die Übertragung dieser Emissionsrechte ebenso der Eintragung wie manche der ausdrücklich genannten Rechte (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – Rechtssache C-453/15, Tz. 22, MwStR 2017, 68). Zudem hat der EuGH klargestellt, dass die Einbeziehung der Emissionszertifikate in die in Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie auch dem Normzweck der Regelung entspricht, einerseits Kompetenzkonflikte mit einer Doppelbesteuerung zu vermeiden und andererseits Nichtbesteuerungen zu verhindern (EuGH aaO Tz. 24).
67
Soweit die Revisionen behauptet haben, bei den „ähnlichen Rechten“ müsse es sich um Rechte handeln, bei denen sowohl die Möglichkeit der Abtretung als auch die der Einräumung bestehe (lizenzierbare Rechte), ist dem schon der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen (Tz. 54) entgegengetreten. Solches lässt sich nicht aus der Systematik der Bestimmungen der Richtlinie ableiten; erst recht ist die äußerste Grenze des Wortsinns der „ähnlichen Rech- te“ nicht auf eine solche Auslegung beschränkt. Entscheidend ist, dass die vom EuGH anhand des Normgefüges der Mehrwertsteuersystemrichtlinie vorge- nommene Auslegung des Begriffs der „ähnlichen Rechte“ (EuGH aaO Tz. 18 ff.) mit dessen möglichen Wortsinn vereinbar ist und damit weder gegen Art. 103 Abs. 2 GG noch gegen Art. 49 Abs. 1 EU-GRCh verstößt. Wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ist diese Auslegung daher auch im Rahmen des Straftatbestandes der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO) zugrundezulegen; denn § 3a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Nr. 1 UStG in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung setzt die unionsrechtlichen Vorgaben von Art. 56 bzw. Art. 59 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie in nationales Recht um.
68
(3) Da sich der Leistungsort somit gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 3a Abs. 3 UStG a.F. am Sitz der Leistungsempfängerin in Luxemburg befand, war eine Übertragung der Emissionszertifkate von der E. auf die I. in Deutschland nicht steuerbar, so dass der Vorsteuerabzug in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate April und Mai 2009 selbst dann unrichtig war, wenn man die sich aus der Einbindung der beiden Gesellschaften in ein Umsatzsteuerhinterziehungssystem ergebenden Versagungsgründe für den Vorsteuerabzug außer Betracht lässt.
69
b) Der Umfang der Steuerverkürzung aus dem unberechtigten Vorsteuerabzug zugunsten der I. aus den der E. erteilten Gutschriften hat sich nicht dadurch verringert, dass für diese Gesellschaft die Weiterübertragung der Emissionszertifikate auf die C. zu Unrecht als steuerpflichtiger Umsatz erklärt wurde.
70
aa) Allerdings trifft es zu, dass eine sich aus Leistungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ergebende Steuerschuld der I. nicht bestand. Dies gilt selbst dann, wenn man trotz Einbindung in ein Umsatzsteuerhinterziehungssystem ein Handeln dieser Gesellschaft als Unternehmerin unterstellte. Zwar wäre dann die sonstige Leistung am Sitz der Leistungsempfängerin C. in Deutschland ausgeführt (§ 3a Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 3a Abs. 3 UStG a.F.), so dass eine in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Leistung vorläge. Da die Steuerschuld dann aber gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UStG a.F. auf die C. als Empfängerin einer sonstigen Leistung eines ausländischen Unternehmers (vgl. § 13b Abs. 4 UStG a.F.) überginge, wäre diese Gesellschaft und nicht die I. Schuldnerin der durch die Leistungserbringung entstandenen Umsatzsteuer.
71
bb) Gleichwohl schuldete die I. die in den Gutschriften der C. ausgewiesene Umsatzsteuer. Sie wurde gemäß § 14c Abs. 2 UStG – nach dem Wissensstand der Angeklagten nach § 14c Abs. 1 UStG (vgl. Wid- mann in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, Stand: 8. Mai 2017, § 14c Rn. 11) – Schuldnerin dieser Umsatzsteuer, weil sie den ihr von der C. übermittelten Gutschriften als vereinbarte Abrechnungsweise nicht gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG widersprochen hatte (vgl. BFH, Urteile vom 19. November 2014 – V R 41/13, DStR 2015, 361; vom 16. Oktober 2013 – XI R 39/12, BFHE 243, 77 und vom 23. April 1998 – V R 13/92, BStBl. II, 1998, 418; FG Nieder- sachsen, Urteil vom 9. Oktober 2013 – 5 K 319/12, DStRE 2014, 1328; FG München, Urteil vom 28. Juni 2016 – 2 K 3248/13, EFG, 1484; Korn in Bunjes, UStG, 16. Aufl., § 14 Rn. 60; Weymüller in BeckOK-UStG, § 14c Rn. 90 f. und 211 f.; Abschn. 13b.14 Abs. 1 und 14c.1 Abs. 3 UStAE mwN).
72
Die Steuer nach § 14c UStG entstand jeweils mit der Ausgabe der Gutschriften anstelle von Rechnungen, da die Beteiligten diesen Abrechnungsweg vereinbart hatten (vgl. zu § 13 Abs. 1 Nr. 3 und 4 UStG a.F.: BFH, Urteile vom 8. September 2011 – V R 5/10, BFHE 235, 481 und vom 5. Juni 2014 – XI R 44/12, DStR 2014, 1673). Die Urteilsfeststellungen zu den Abläufen in der betrügerischen Handelskette, in der die I. die Rolle eines Buffers innehatte, belegen, dass die Gutschriften jeweils taggleich mit den Ketten-Veräußerungen der Zertifikate erstellt und den jeweiligen Verkäufern – darunter der I. – zugeleitet wurden (UA S. 29 ff. sowie UA S. 48 ff.). Auch die I. übermittelte der E. ihre Gutschriften und Provisionsrechnungen taggleich (UA S. 29).
73
cc) Der Umstand, dass für diese Steuerbeträge in den Umsatzsteuervoranmeldungen ein falscher Rechtsgrund angegeben wurde, nämlich „steuer- pflichtige Umsätze“ i.S.v. § 1Abs. 1 Nr. 1 UStG anstatt „andere Umsätze“ gemäß § 14c UStG, führt zu keinem anderen Ergebnis (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2013 – 1 StR 579/13, wistra 2014, 144).
74
c) Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegen auch den Tatvorsatz der Angeklagten. Denn danach gingen die Angeklagten entgegen ihrer Einlassung nicht davon aus, dass während der Monate April und Mai 2009 eine deutsche Betriebsstätte der I. und deren Berechtigung zum Umsatzsteuerausweis bestanden hatte (UA S. 111). Sie erkannten die daraus re- sultierenden steuerrechtlichen Konsequenzen, nämlich dass kein Recht zum Vorsteuerabzug bestand. Dabei setzten sie sich bewusst über diese Erkenntnis hinweg und nahmen Steueranmeldungen mit unzutreffendem Inhalt billigend in Kauf.
75
Unabhängig davon, dass die vom Landgericht getroffenen Feststellungen wegen der Erstellung der Umsatzsteueranmeldungen in der Steuerberaterkanzlei sogar eine Verurteilung wegen täterschaftlich begangener Steuerhinterziehung gerechtfertigt hätten, liegen auch die subjektiven Voraussetzungen einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor.
76
Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den sog. berufs- typischen bzw. „neutralen“ Handlungenvgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2016 – 1 StR 112/16, Rn. 30, NStZ 2017, 337; Urteile vom 21. August 2014 – 1 StR 13/14, NStZ-RR 2014, 316; vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12, wistra 2014, 176 und vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 21; Beschluss vom 20. September 1999 – 5 StR 729/98, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 20; jeweils mwN), ergibt sich im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis. Zwar wurden die unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen von den Angeklagten im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als steuerliche Berater erstellt und eingereicht. Auch war ihnen die Einbindung der I. in ein „Umsatzsteuerbetrugssystem“ nicht bekannt. Zudem gingen sie davon aus, dass „ein materieller Steuerschaden“ nicht entstehe, weil sich für die I. aufgrund der Umsatzsteuervoranmeldungen jeweils eine geringe Zahllast ergab. Die Feststellungen belegen jedoch, dass das von ihnen erkannte Risiko eines strafbaren Verhaltens des Mitangeklagten G. derart hoch war, dass sie sich mit ihrer Hilfeleistung die Förderung einer erkennbar tatgeneigten Person angelegen sein ließen. Nach den Feststellungen hielten sie es für „höchst wahrscheinlich“, dass die I. währendder Monate April und Mai 2009 über keine Betriebsstätte oder sonstige Niederlassung in Deutschland verfügte, und erkannten die daraus resultierenden steuerrechtlichen Konsequenzen , nämlich dass kein Recht zum Vorsteuerabzug bestand. Sie setzten sich bewusst über diese Erkenntnis hinweg. In dieser Situation verlor ihr Tun den „Alltagscharakter" als berufstypisch; es ist als „Solidarisierung" mit einem Straftäter zu deuten und damit auch nicht mehr als sozialadäquat anzusehen.
77
d) Eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass betreffend die I. für die Voranmeldungszeiträume April und Mai 2009 durch den zuerst beauftragten Steuerberater sog. Nullmeldungen abgegeben worden waren.
78
Zwar sind durch diese „Nullmeldungen“ bereits Steuerverkürzungen ein- getreten, weil die eingereichten Steueranmeldungen, in denen die nach § 14c UStG geschuldete Umsatzsteuer nicht erklärt wurde, gemäß § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung gleichstehen. Dies schließt jedoch neue Steuerverkür- zungen durch „berichtigte“ Umsatzsteuervoranmeldungen nicht aus, auch wenn diese hier jeweils zu einer geringen Zahllast und damit zu einer etwas niedrigeren Steuerverkürzung als die Nullmeldungen führten.
79
Die Steuerhinterziehung ist zwar Erfolgsdelikt, jedoch nicht notwendig Verletzungsdelikt. Wie die Vorschrift des § 370 Abs. 4 Satz 1 AO zeigt, genügt für eine Steuerverkürzung schon die zu niedrige Festsetzung von Steuern, also eine konkrete Gefährdung des Steueranspruchs. Dies lässt auch die mehrfache Verwirklichung eines tatbestandlichen Erfolges zu (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2008 – 1 StR 322/08, Rn. 22 f. mwN, wistra 2009, 114).
80
So verhält es sich auch hier. Indem in den „berichtigten“ Umsatzsteuer- voranmeldungen statt der nach § 14c UStG geschuldeten Umsatzsteuer eine solche aus Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) angemeldet wurde, wobei die Zahllast durch unberechtigte Vorsteuerbeträge vermindert wurde, wurden unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gemacht. Diese führten gemäß § 168 Satz 1 AO zu einer zu niedrigen Steuerfestsetzung. Da der in Wirklichkeit bestehende Steueranspruch aus § 14c UStG durch neue unrichtige Angaben weiter verschleiert wurde, liegt in der unrichtigen „Berichtigung“ auch eine weitere Gefährdung des Steuerauf- kommens.
81
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob in der vorliegenden Fallkon- stellation für eine an der Abgabe der unrichtigen „Nullmeldungen“ beteiligte Person die Annahme einer mitbestraften Nachtat (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 – 1 StR 405/14, BGHSt 60, 188, 195 mwN) in Betracht kommen könnte. Denn für die Angeklagten scheidet die Annahme einer mitbestraften Nachtat schon deshalb aus, weil sie an den als Vortaten in Betracht kommenden und durch die Abgabe der ursprünglichen Umsatzsteuervoranmeldungen verwirklichten Steuerhinterziehungen nicht beteiligt waren (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 1993 – 5 StR 212/93, wistra 1993, 302).
82
3. Auch die Strafzumessung weist keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.

C.


83
Revisionen der Staatsanwaltschaft
84
Die wirksam auf den Freispruch vom Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung hinsichtlich des Monats Juni 2009 und im Übrigen auf den Strafausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich des Teilfreispruchs Erfolg.
85
I. Die Freisprechung der Angeklagten vom Vorwurf der Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat Juni 2009 hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand; sie beruht auf einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung.
86
Allerdings muss es das Revisionsgericht grundsätzlich hinnehmen, wenn der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil er Zweifel an dessen Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters; die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob ihm Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft, in sich widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit übertriebene Anforderungen gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. April 2015 – 5 StR 79/15 mwN). Solche Rechtsfehler liegen hier vor. Die Beweiswürdigung des Landgerichts erweist sich zum Kenntnisstand der Angeklagten für den Monat Juni 2009 als widersprüchlich.
87
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf der Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat Juni 2009 mit der Begründung freigesprochen, es sei bereits nicht auszuschließen, dass der Mitangeklagte G. die ihm ab Juni 2009 zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten tatsächlich als Betriebsstätte genutzt habe. Jedenfalls seien die Angeklagten davon ausgegangen, dass die I. ab Anfang Juni 2009 über eine Betriebsstätte in Deutschland verfügt und die Geschäfte von dort aus betrieben habe.
88
Dies steht jedoch im Widerspruch zu der vom Landgericht getroffenen Feststellung, dass es die Angeklagten für höchst wahrscheinlich hielten, der Mitangeklagte G. habe erst infolge ihrer Steuerberatung den Mietvertrag über die Büroräumlichkeiten abgeschlossen. Nach den Urteilsfeststellungen wurde die gutachterliche Stellungnahme zur umsatzsteuerrechtlichen Situation der I. erst am 5. Juni 2009 an G. übersandt, woraufhin sich G. am 8. Juni 2009 von der Angeklagten Sc. nach Abstimmung mit dem Angeklagten S. nochmals die Voraussetzung für die Errichtung einer Betriebsstätte in Deutschland erläutern ließ. Aufgrund dieses Telefonats gelangte das Landgericht rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung, dass „den Angeklagten S. und Sc. eindeutig vermittelt wurde, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine deutsche Zweigniederlassung der I. bestand“ (UA S. 114).
89
Der Teilfreispruch beruht auch auf dieser fehlerhaften Beweiswürdigung. Nach den Feststellungen erteilte die I. der E. für die Übertragung von Emissionszertifikaten unter dem Datum des 3. Juni 2009 zwei Gutschriften im Umfang von insgesamt netto 1.165.600 Euro. Aus diesen hätte bei Fehlen einer inländischen Betriebsstätte der I. kein Vorsteuerabzug vorgenommen werden dürfen. Die Angeklagten wiederum hätten durch Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung für den Juni 2009 zur Steuerhinterziehung des Mitangeklagten G. zugunsten der I. Beihilfe geleistet. Der Freispruch ist daher insoweit mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben.
90
II. Die Strafzumessung hinsichtlich der Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für die Monate April und Mai 2009 hält dagegen rechtlicher Nachprüfung stand.
91
1. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft ist nicht zu besorgen , dass das Landgericht bei der Strafrahmenwahl die Verkürzung einer nach § 14c UStG entstandenen Umsatzsteuer für strafrechtlich weniger schutzwürdig als einer nach anderen Normen entstandenen Steuer erachtet haben könnte.
92
Zwar wäre dies rechtsfehlerhaft, da es sich bei dem Steueranspruch aus § 14c UStG nicht um eine Steuer minderer Qualität handelt. Er dürfte deshalb bei der Rechtsfolgenentscheidung nicht einfach außer Betracht gelassen werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. August 2012 – 1 StR 257/12, Rn. 31, wistra 2013, 28). Denn mit der Vorschrift des § 14c UStG wollte der Gesetzgeber das Steueraufkommen vor den Folgen eines unberechtigten Vorsteuerabzugs schützen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2014 – 1 StR 209/14, wistra 2015, 33 Rn. 13 und Urteil vom 11. Juli 2002 – 5 StR 516/01, BGHSt 47, 343 zu § 14 Abs. 3 UStG a.F.).
93
Hier hat sich die mit der Ausstellung unrichtiger Gutschriften entstandene Gefahr mit der tatsächlichen Geltendmachung des Vorsteuerabzugs aus ebendiesen Gutschriften auch tatsächlich realisiert (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2014 – 1 StR 209/14, wistra 2015, 33 Rn. 13 und Urteil vom 30. April 2009 – 1 StR 342/08, BGHSt 53, 311), weil die C. die Vorsteuer aus den Gutschriften geltend machte. Dies hat das Landgericht jedoch nicht aus dem Blick verloren. Vielmehr hat es ausdrücklich berücksichtigt, dass mit Unterstützung der Angeklagten ein dauerhafter Steuerschaden entstanden sei, für den die Angeklagten auch hafteten (UA S. 134).
94
2. Es stellt auch keinen Rechtsfehler dar, dass das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung zugunsten der Angeklagten gewertet hat, dass aus deren Sicht der deutsche Staat im Ergebnis höhere Steuereinnahmen erzielte, als ihm bei korrekter Fakturierung und steuerlichen Anmeldung zugestanden hätte (UA S. 133).
95
Maßgeblich ist insoweit, dass die Angeklagten von der Einschaltung der E. durch den Mitangeklagten G. als sog. Missing Trader keine Kenntnis hatten und deshalb von einem unternehmerischen Tätigwerden der I. ausgingen. Aus ihrer Sicht bestand daher die Möglichkeit, die von der C. ausgestellten und von der I. akzeptierten Gutschriften jederzeit wieder zu berichtigen. Zwar stellt allein die bloße Möglichkeit der Schadenswiedergutmachung keinen strafmildernden Umstand dar (vgl. zur Möglichkeit der Berichtigung im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung BGH, Urteil vom 17. März 2009 – 1 StR 627/08, Rn. 40 ff., BGHSt 53, 221, 230). Einen solchen hat das Landgericht jedoch auch nicht angenommen. Es hat vielmehr – was zulässig ist – bei der Bewertung der kriminellen Energie der Angeklagten in den Blick genommen, dass aus ihrer Sicht seitens des Haupttäters keine mit einem „Griff in die Kasse des Staates“ verbundene Steuerhinterziehung erfolgte (UA S. 133). In diesem Zusammenhang durfte das Landgericht auch berücksichtigen , dass die I. – was auch aus Sicht der Angeklagten richtig gewesen wäre – keine deutsche Umsatzsteuer zu entrichten gehabt hätte, wenn sie weder deutsche Umsatzsteuer ausgewiesen noch Vorsteuer geltend gemacht hätte. Den Umstand, dass es sich aus Sicht der Angeklagten mithin um eine Kon- stellation handelte, in der G. aus dem Wunsch heraus, die I. als deutschen Unternehmer auftreten zu lassen, sich zu Unrecht deutscher Umsatzsteuer unterwerfen wollte, durfte das Landgericht bei der Bewertung des Maßes ihrer kriminellen Energie ebenfalls zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigen (zur tatgerichtlichen Wertung des Ausmaßes der aufgewendeten kriminellen Energie als gering vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Januar 2016 – 1 StR 414/15, NStZ-RR 2016, 107). Die Tatsache, dass sich hier wegen der Einbindung der I. in ein den Angeklagten nicht bekanntes Umsatzsteuerhinterziehungssystem die sich aus der Ausstellung unrichtiger Gutschriften ergebende Gefahr für das Steueraufkommen tatsächlich realisierte und für den Fiskus auch zu einem dauerhaften Steuerschaden führte, hat das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung ausdrücklich zum Nachteil der Angeklagten berücksichtigt (UA S. 134).
96
3. Soweit das Landgericht zugunsten der Angeklagten deren drohende Inanspruchnahme in Millionenhöhe seitens der Steuerbehörden wegen der verfahrensgegenständlichen Taten gesehen hat, begegnet dies ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar kommt eine strafmildernde Berücksichtigung einer möglichen Heranziehung gemäß § 71 AO nur dann in Betracht , wenn ein Angeklagter nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls tatsächlich mit seiner Heranziehung rechnen muss und dies eine besondere Härte darstellen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2012 – 1 StR 407/12, wistra 2013, 67). Solche Umstände lassen sich den Urteils- gründen indes entnehmen. So drohte nicht nur dem Angeklagten S. im Hinblick auf seine guten wirtschaftlichen Verhältnisse (UA S. 13) konkret die Inanspruchnahme als Haftungsschuldner. Auch musste sich die Angeklagte Sc. u.a. wegen der drohenden Haftung in Millionenhöhe in psychotherapeutische Behandlung begeben (UA S. 134). Die besondere Härte einer solchen Inanspruchnahme ergibt sich schon daraus, dass beide Angeklagte erheblich gesundheitlich beeinträchtigt sind und von den verfahrensgegenständlichen Taten finanziell in kaum messbarem Umfang profitiert haben (UA S. 133).
97
4. Allerdings ist das Landgericht bei der Prüfung, ob das Regelbeispiel eines besonderen schweren Falles der Steuerhinterziehung i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO verwirklicht wurde, rechtsfehlerhaft von einer Wertgrenze von 100.000 Euro ausgegangen. Denn das nach objektiven Maßstäben zu bestim- mende Merkmal des Regelbeispiels der Hinterziehung „in großem Ausmaß“ ist bereits dann erfüllt, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 Euro übersteigt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 StR 373/15, BGHSt 61, 28). Werden steuermindernde Tatsachen – wie hier nicht bestehende Vorsteuerbeträge – geltend gemacht, bleibt es bei der Wertgrenze von 50.000 Euro. Diese Grundsätze sind auch in Fällen der Beihilfe anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 – 1 StR 103/12, NStZ 2012, 637). Bei Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist aber für die Strafrahmenwahl nicht entscheidend, ob sich die Tat des Haupttäters, zu der Beihilfe geleistet wird, als besonders schwerer Fall erweist; zu prüfen ist vielmehr, ob sich die Beihilfe selbst – bei Berücksichtigung des Gewichts der Haupttat – als besonders schwerer Fall darstellt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 25. April 2017 – 1 StR 606/16, StraFo 2017, 242 und vom 6. September 2016 – 1 StR 575/15, NZWiSt 2016, 474 mwN). Im Hinblick auf die vom Landgericht vorgenommene Gesamtwürdigung, aufgrund deren es die Indizwirkung des Regelbeispiels aus § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO für entkräftet gehalten hat, und den Umstand, dass die Hinterziehungsbeträge jeweils weit über 100.000 Euro lagen, schließt der Senat aus, dass das Landgericht zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wenn es von einer Wertgrenze von 50.000 Euro ausgegangen wäre. Somit beruht das Urteil auf diesem Rechtsfehler nicht.
98
5. Die Verhängung von Geldstrafen löst sich hier auch nicht deswegen von ihrer Bestimmung, angemessener Schuldausgleich zu sein, weil der Verkürzungsbetrag der unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung für Mai 2009 1.146.788,70 Euro betrug.
99
Der Hinterziehungsbetrag ist zwar ein bestimmender Strafzumessungsgrund für die Steuerhinterziehung, der eine an der Höhe der verkürzten Steuern ausgerichtete Differenzierung der Einzelstrafen nahelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 1998 – 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270). Allein das Ausmaß der Steuerverkürzung kann jedoch nicht in dem Sinne ausschlaggebend für die Strafhöhenbemessung sein, dass die Strafe gestaffelt nach der Höhe des Hin- terziehungsbetrages schematisch und quasi „tarifmäßig“ verhängt wird. Jeder Einzelfall ist vielmehr nach den von § 46 StGB vorgeschriebenen Kriterien zu beurteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2012 – 1 StR 423/12, BGHR AO § 370 Abs. 1 Strafzumessung 26 sowie die Beispiele für Strafmilderungs - und Strafschärfungsgründe in BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, Rn. 44 ff., BGHSt 53, 71, 81). Bereits bei der Strafrahmenwahl hat das Tatgericht damit dem typisierten Milderungsgrund der Beihilfe und den besonderen beihilfebezogenen Umständen, wie etwa dem Gewicht der Beihilfehandlungen , angemessen Rechnung zu tragen.
100
Diesen Anforderungen hält die Strafzumessung des Landgerichts stand. Da hier im Hinblick auf die Vielzahl gewichtiger Strafmilderungsgründe – darunter die gesundheitliche Situation der Angeklagten und die gravierenden Auswirkungen des Strafverfahrens auf deren berufliche Stellung als Steuerberater – die Wertung Bestand hat, dass hier auch ohne Verbrauch des typisierten Milderungsgrundes der Beihilfe (§ 27 StGB) keine besonders schweren Fälle der Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 3 AO gegeben sind (s.o.), durfte das Landgericht die Einzelstrafen dem gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO entnehmen. Ausgehend hiervon lösen sich die vom Landgericht gegen die Angeklagten verhängten Geldstrafen noch nicht nach unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein.
101
III. Die Gesamtstrafenaussprüche haben Bestand. Nur im Falle einer weiteren Verurteilung werden die festgesetzten Gesamtstrafen aufzulösen und unter Einbeziehung sämtlicher Einzelstrafen neue Gesamtstrafen festzusetzen sein (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 2016 – 5 StR 570/15, Rn. 15).
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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und

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(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

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(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 3 Lieferung, sonstige Leistung


(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 2 Unternehmer, Unternehmen


(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. G

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 18 Besteuerungsverfahren


(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu ü

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(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Ber

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Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde z

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 13b Leistungsempfänger als Steuerschuldner


(1) Für nach § 3a Absatz 2 im Inland steuerpflichtige sonstige Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. (2) Fü

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 3a Ort der sonstigen Leistung


(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstät

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 16 Steuerberechnung, Besteuerungszeitraum und Einzelbesteuerung


(1) Die Steuer ist, soweit nicht § 20 gilt, nach vereinbarten Entgelten zu berechnen. Besteuerungszeitraum ist das Kalenderjahr. Bei der Berechnung der Steuer ist von der Summe der Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 auszugehen, soweit für sie die St

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 14a Zusätzliche Pflichten bei der Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen


(1) Hat der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und führt er einen Umsatz in einem ander

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(1) Die Steuer entsteht 1. für Lieferungen und sonstige Leistungen a) bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Das gilt auch fü

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Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz - TEHG 2011 | § 6 Überwachungsplan


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Für dieses Gesetz gelten die folgenden Begriffsbestimmungen: 1. Anlage eine Betriebsstätte oder sonstige ortsfeste Einrichtung;2. Anlagenbetreiber eine natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die die unmittelbare Entscheidungsge

Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz - TEHG 2011 | § 18 Überwachung, Berichterstattung und Prüfung


(1) Die Verpflichtungen für Luftfahrzeugbetreiber zur Überwachung, Berichterstattung und Prüfung der von ihnen bei internationalen Flügen freigesetzten Treibhausgase nach dem globalen marktbasierten Mechanismus der Internationalen Zivilluftfahrt-Orga

Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV 1980 | § 59 Vergütungsberechtigte Unternehmer


Die Vergütung der abziehbaren Vorsteuerbeträge (§ 15 des Gesetzes) an im Ausland ansässige Unternehmer ist abweichend von den §§ 16 und 18 Abs. 1 bis 4 des Gesetzes nach den §§ 60 bis 61a durchzuführen, wenn der Unternehmer im Vergütungszeitraum 1. i

Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz - TEHG 2011 | § 14 Ausgabe von Berechtigungen


(1) Die zuständige Behörde gibt die nach § 9 Absatz 4 zugeteilten Berechtigungen nach Maßgabe der Zuteilungsentscheidung bis zum 28. Februar eines Jahres, für das Berechtigungen abzugeben sind, aus. (2) Abweichend von Absatz 1 werden für Anlagen, di

Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz - TEHG 2011 | § 16 Anerkennung von Emissionsberechtigungen


Emissionsberechtigungen, die von Drittländern ausgegeben werden, mit denen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Berechtigungen gemäß Artikel 25 Absatz 1 der Richtlinie 2003/87/EG geschlossen wurden, stehen nach Maßgabe der Vorgaben einer na

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Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2013 - 1 StR 579/13

bei uns veröffentlicht am 03.12.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 579/13 vom 3. Dezember 2013 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Dezember 2013 beschlossen : 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Aug. 2012 - 1 StR 257/12

bei uns veröffentlicht am 21.08.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 257/12 vom 21. August 2012 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. August 2012, an der teilgenommen haben: Vorsitzend

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 1 StR 407/12

bei uns veröffentlicht am 25.09.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 407/12 vom 25. September 2012 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Steuerhinterziehung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 beschlossen : Die Revisionen der Angeklagten gegen d

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2012 - 1 StR 423/12

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 423/12 vom 26. September 2012 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2012 beschlossen : Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des L

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2008 - 1 StR 416/08

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. März 2009 - 1 StR 627/08

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 112/16 vom 21. Dezember 2016 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ECLI:DE:BGH:2016:211216B1STR112.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Sept. 2016 - 1 StR 575/15

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 575/15 vom 6. September 2016 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ECLI:DE:BGH:2016:060916U1STR575.15.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhan

Bundesfinanzhof Urteil, 01. Juni 2016 - XI R 29/14

bei uns veröffentlicht am 01.06.2016

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 14. Mai 2014  9 K 3338/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Jan. 2016 - 1 StR 414/15

bei uns veröffentlicht am 12.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 414/15 vom 12. Januar 2016 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung ECLI:DE:BGH:2016:120116U1STR414.15.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Januar 201

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2015 - 1 StR 373/15

bei uns veröffentlicht am 27.10.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 373/15 vom 27. Oktober 2015 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ________________________ AO § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Ein großes Ausmaß im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Feb. 2015 - 1 StR 405/14

bei uns veröffentlicht am 10.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 4 0 5 / 1 4 vom 10. Februar 2015 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ________________________ StGB § 52; AO § 370 Abs. 1 AO; ErbStG § 14 1. Die in einer Schenkungsteuer

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Nov. 2014 - 1 StR 219/14

bei uns veröffentlicht am 19.11.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR219/14 vom 19. November 2014 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. November 2014 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Auf die Revision der Angeklagt

Bundesfinanzhof Urteil, 19. Nov. 2014 - V R 41/13

bei uns veröffentlicht am 19.11.2014

Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) zu Recht der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) den Vorsteuerabzug im Fe

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2014 - 1 StR 209/14

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 2 0 9 / 1 4 vom 21. August 2014 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. August 2014 beschlossen : 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das

Bundesfinanzhof Urteil, 05. Juni 2014 - XI R 44/12

bei uns veröffentlicht am 05.06.2014

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine aus den Eheleuten X bestehende Grundstücksgemeinschaft.

Bundesfinanzhof Urteil, 05. Juni 2014 - V R 50/13

bei uns veröffentlicht am 05.06.2014

Tatbestand 1 I. Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zum Vorsteuerabzug.

Bundesfinanzhof Urteil, 16. Okt. 2013 - XI R 39/12

bei uns veröffentlicht am 16.10.2013

Tatbestand I. 1 Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, vermittelte in den Ja

Bundesfinanzhof Urteil, 08. Sept. 2011 - V R 5/10

bei uns veröffentlicht am 08.09.2011

Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob Dienstleistungen (sog. driving services) der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Streitjahr 2006 im Ausland ausgeführt worden u

Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 447/14
vom
22. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
8. Juli 2015, in der Sitzung am 22. Juli 2015, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener
und der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Mosbacher,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 8. Juli 2015 -
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. Februar 2014, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte S. der Steuerhinterziehung in sechs Fällen sowie der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sechs Fällen schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen dahingehend abgeändert , dass der Angeklagte wie folgt verurteilt ist: aa) hinsichtlich der Fälle 2 und 10 der Anklage (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat September 2009 bzw. das 3. Quartal 2009) zu einer einheitlichen Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bb) hinsichtlich der Fälle 4 und 14 der Anklage (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat Januar 2010) zu einer einheitlichen Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je zehn Euro sowie cc) hinsichtlich der Fälle 5 und 15 der Anklage (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat März 2010) zu einer einheitlichen Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten; die in diesen Fällen darüber hinaus festgesetzten Einzelstrafen entfallen;
c) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall 3 der Anklage sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten S. wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen sowie wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen.
2
Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revisionen. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet.

A.

3
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
Der nicht revidierende Mitangeklagte G. war Initiator eines im Zeitraum April 2009 bis März 2010 betriebenen und auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer im Handel mit CO2-Emissionszertifikaten ausgerichteten „Betrugssystems“ , in das ab September 2009 auch der Angeklagte S. eingebunden war.
5
Die im Inland ansässige E. GmbH (im Folgenden: E. ), die von G. faktisch beherrscht wurde, erwarb ab April 2009 CO2- Emissionszertifikate „umsatzsteuerfrei“im Ausland. Die Zertifikate wurden zeit- nah an die ebenfalls von G. geführte I. S.A. (im Folgenden : I. ) mit Sitz in Luxemburg weiterveräußert, die der E. über die Leistungen Gutschriften unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer erteilte. Die I. veräußerte die Zertifikate an die vom Angeklagten S. geführte C. GmbH (im Folgenden: C. ), wobei auch insoweit im Gutschriftsverfahren unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer abgerechnet wurde. Die C. veräußerte die Zertifikate an mehrere deutsche Abnehmer , darunter auch Banken, weiter. Nach dem 7. Januar 2010 schied die E. aus der Leistungskette aus. Die I. erwarb die Zertifikate ab diesem Zeitpunkt direkt aus dem Ausland, erteilte aber dennoch weiterhin Gutschriften mit Ausweis deutscher Umsatzsteuer an die E. und leistete entsprechende Zahlungen.
6
Die E. , die als sog. Missing Trader in das Umsatzsteuerbetrugssystem eingebunden war, erklärte in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für das zweite, dritte und vierte Quartal 2009 zwar die Umsätze aus der Veräußerung der Zertifikate an die I. . Um die Umsatzsteuerschuld zu mindern, machte sie jedoch einen Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen vermeintlicher inländischer Lieferanten geltend (Fälle 1 bis 3 der Anklage). Für die Monate Januar und März 2010 gab sie keine Umsatzsteuervoranmeldungen mehr ab (Fälle 4 und 5 der Anklage). Nach den Berechnungen der Strafkammer wurde hierdurch zugunsten der E. insgesamt Umsatzsteuer in Höhe von 11.484.179,12 Euro verkürzt (UA S. 50 - 55, 125).
7
In den Umsatzsteuervoranmeldungen der I. , die als sog. Buffer auftrat, erklärte der Mitangeklagte G. als deren Geschäftsführer für die Voranmeldungszeiträume April bis Juli 2009, September 2009 bis Januar 2010 sowie März 2010 die Leistungen an die C. – teilweise allerdings mit niedrigeren als den Rechnungsbeträgen – als steuerpflichtige Umsätze und machte dabei die in den der E. erteilten Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer zu Unrecht als Vorsteuer geltend (Fälle 6 - 15 der Anklage). Dadurch wurde nach den Berechnungen des Landgerichts zugunsten der I. insgesamt Umsatzsteuer in Höhe von 10.667.491,10 Euro verkürzt (UA S. 55 - 66, 125 f.).
8
Für die als weiteren „Buffer“ eingeschaltete C. machte der Angeklagte S. als deren Geschäftsführer in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September 2009 bis Januar 2010 sowie März 2010 zu Unrecht einen Vorsteuerabzug aus den der I. erteilten Gutschriften geltend (Fälle 20 bis 25 der Anklage). Der Angeklagte S. hatte im August 2009 erkannt, dass die C. in ein Umsatzsteuerbetrugssystem eingebunden war und die I. lediglich zum Zwecke des Umsatzsteuerbetrugs mit Emissionszertifikaten handelte. Er wusste zudem, dass mindestens ein weiteres Unternehmen in die Umsatzsteuerbetrugskette eingeschaltet war, das seinerseits Steuern verkürzte, und billigte dies. Hierdurch wurde nach den Berechnungen des Landgerichts zugunsten der C. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 4.663.456,61 Euro verkürzt (UA S. 67 - 73, 126).

B.


9
I. Die Verfahrensrüge, mit der der Angeklagte S. eine Verletzung von § 257b StPO i.V.m. § 273 Abs. 1 Satz 2 StPO geltend macht, dringt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen nicht durch.
10
II. Mit der Sachrüge hat die Revision des Angeklagten teilweise Erfolg. Sie führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs und zu einer Aufhebung von Teilen des Strafausspruchs. 1. Die Verurteilung des Angeklagten S. wegen Hinterziehung von
11
Umsatzsteuer zugunsten der C. in sechs Fällen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) wird von den Feststellungen getragen.
12
Der Angeklagte machte als Geschäftsführer der C. in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September 2009 bis Januar 2010 sowie März 2010 unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen, indem er die in den der I. erteilten Gutschriften offen ausgewiesene Umsatzsteuer zu Unrecht als Vorsteuer geltend machte (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich
13
geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen abziehen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt dabei voraus, dass der Unternehmer eine Rechnung bzw. Gutschrift i.S.v. §§ 14, 14a UStG besitzt. Der Vorsteuerabzug ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union jedoch dann zu versagen, wenn der Steuerpflichtige - im unionsrechtlichen Sinne - selbst eine Steuerhinterziehung begeht oder wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist und er deswegen als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist (vgl. EuGH, Urteile vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 u.a., Kittel und Recolta Recycling, Slg. 2006, I-6161 und vom 18. Dezember 2014, Rechtssache C-131/13 u.a., Italmoda, DStR 2015, 573; BGH, Beschluss vom 19. November 2014 - 1 StR 219/14, wistra 2015, 147 mwN). Für die Frage, ob die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug vorliegen , ist nicht der Zeitpunkt der Abgabe der Steueranmeldung, in welcher der Vorsteuerabzug vorgenommen wird, maßgeblich, sondern derjenige der Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2015 - 1 StR 216/14, NStZ 2015, 283 mwN und vom 1. Oktober 2013 – 1StR 312/13, NStZ 2014, 331). Der Angeklagte erkannte Mitte August 2009, dass die C. in eine Umsatzsteuerbetrugskette eingebunden war, so dass jedenfalls für die ab September 2009 bezogenen Leistungen der Vorsteuerabzug zu Unrecht geltend gemacht wurde. 2. Auch die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte S. habe
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durch den Ankauf der CO2-Zertifikate und die Erteilung der Gutschriften zu Steuerhinterziehungen zugunsten der Firmen I. und E. Hilfe geleistet (§ 27 StGB), hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Als Hilfeleistung im Sinne des § 27 StGB ist grundsätzlich jede Hand15 lung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 21). Ist eine Person in ein auf Hinterziehung von Umsatzsteuer ausgerichtetes Gesamtsystem integriert, fördert sie, wenn sie von den anderen Geschäften in der Lieferkette Kenntnis hat, als Gehilfe mit ihrem eigenen Beitrag innerhalb der Lieferkette auch jeweils eine Umsatzsteuerhinterziehung der anderen Mitglieder, die an den auf Hinterziehung der Umsatzsteuer gerichteten Geschäften beteiligt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2002 - 5 StR 212/02, NStZ 2003, 268).

16
b) Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern; Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 21 mwN). Entscheidend ist, dass der Gehilfe die Dimension der Tat erfassen kann (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 - 1 StR 454/14, NStZ-RR 2015, 75). Ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden würde, ist dagegen nicht entscheidend. Es reicht, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Hilfeleistende dies weiß (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 21). Ausgehend von diesen Maßstäben sind hier die tatsächlichen Vorausset17 zungen für das Vorliegen des Gehilfenvorsatzes rechtsfehlerfrei festgestellt. Der Angeklagte S. hat – was er selbst eingeräumt hat – im August 2009 erkannt , dass die C. vom Mitangeklagten G. in eine Umsatzsteuerbetrugskette eingebunden worden war, in die mindestens ein weiteres Unternehmen eingeschaltet war, das seinerseits Steuern verkürzte. Damit konnte der Angeklagte S. auch die Dimension der Steuerverkürzung erfassen und nahm diese billigend in Kauf.
18
3. Entgegen der Auffassung der Revision, wonach es sich bei den Beihilfetaten des Angeklagten S. um mitbestrafte Vortaten der von ihm täterschaftlich begangenen Steuerhinterziehung zugunsten der C. handeln soll, ist das Landgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Taten zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit i.S.v. § 53 StGB stehen. Denn die Steuerverkürzungen betreffen Steueransprüche gegenüber unterschiedlichen Steuerpflichtigen, nämlich die Steueransprüche betreffend die Umsatzsteuer gegenüber der C. einerseits und der E. bzw. der I. andererseits.
Gleichwohl begegnet die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Beihilfeta19 ten des Angeklagten S. durch das Landgericht insoweit durchgreifenden Bedenken, als das Landgericht den Ankauf der Emissionszertifikate in den betreffenden Voranmeldungszeiträumen jeweils als eigenständige Beihilfe zur Hinterziehung der Umsatzsteuer zugunsten der E. und zugunsten der I. gewertet hat. Ob bei Beihilfe Tateinheit oder Tatmehrheit anzunehmen ist, hängt von
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der Anzahl der Beihilfehandlungen und der vom Gehilfen geförderten Haupttaten ab. Tatmehrheit gemäß § 53 StGB ist anzunehmen, wenn durch mehrere Hilfeleistungen mehrere selbstständige Taten gefördert werden, also den Haupttaten jeweils eigenständige Beihilfehandlungen zuzuordnen sind. Dagegen liegt eine einheitliche Beihilfe i.S.v. § 52 StGB vor, wenn der Gehilfe mit einer einzigen Unterstützungshandlung zu mehreren Haupttaten eines anderen Hilfe leistet (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2008 - 5 StR 594/07, wistra 2008, 217). Dasselbe gilt wegen der Akzessorietät der Teilnahme, wenn sich mehrere Unterstützungshandlungen auf dieselbe Haupttat beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107).
21
Nach diesen Grundsätzen hat der Angeklagte S. im jeweiligen Voranmeldungszeitraum durch den Ankauf der Emissionszertifikate und die Erteilung von Gutschriften sowohl zur Hinterziehung von Umsatzsteuer zugunsten der E. als auch gleichzeitig zugunsten der I. Hilfe geleistet. Somit liegt entgegen der Annahme des Landgerichts eine einheitliche Beihilfe zu mehreren Haupttaten vor; der Schuldumfang bleibt hiervon unberührt. Damit bilden die zugunsten sowohl der E. als auch der I. vorgenommenen Unterstützungshandlungen hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume September 2009 betr. I. bzw. 3. Quartal 2009 (Anteil September 2009) betr. E. (Fälle 2 und 10 der Anklage), Januar 2010 (Fälle 4 und 14 der Anklage) und März 2010 (Fälle 5 und 15 der Anklage) jeweils nur eine selbstständige Tat der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Die Unterstützungshandlungen zur Hinter- ziehung von Umsatzsteuer zugunsten der E. für das 4. Quartal 2009 (Fall 3 der Anklage) gehen in denjenigen zur Hinterziehung von Umsatzsteuer zugunsten der I. für die Monate Oktober bis Dezember 2009 (Fälle 11 bis 13 der Anklage) auf. Eine eigenständige Beihilfe im Fall 3 der Anklage liegt damit nicht vor. Es gefährdet daher den Bestand des Urteils nicht, dass bei isolierter Betrachtung des Falles 3 der Anklage lediglich eine Beihilfe zu einer versuchten Steuerhinterziehung vorgelegen hätte, weil das Finanzamt in diesem Fall die gemäß § 168 Satz 2 AO erforderliche Zustimmung zur Auszahlung des geltend gemachten Umsatzsteuerüberhangs verweigert hatte (UA S. 53; vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 1 StR 182/14, wistra 2015, 188 und Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 StR 196/14, wistra 2014, 486).
22
Der Senat ändert daher den Schuldspruch dahingehend ab, dass der Angeklagte neben der Steuerhinterziehung in sechs Fällen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in lediglich sechs (statt zehn) Fällen schuldig ist. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte S. nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. 4. Die abweichende konkurrenzrechtliche Beurteilung wirkt sich – trotz
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insgesamt unveränderten Schuldumfangs – auf die verhängten Einzelstrafen aus. Sie haben teilweise zu entfallen. Auch die vom Landgericht verhängte Gesamtstrafe hat keinen Bestand.
24
a) Soweit mehrere vom Landgericht als rechtlich selbstständig gewertete Beihilfetaten jeweils eine Tat im materiellen Sinn darstellen, hält der Senat die jeweils höchste für diese Taten vom Landgericht verhängte Einzelstrafe aufrecht (§ 354 Abs. 1 StPO analog). Denn es ist wegen des bei Annahme einer einheitlichen Beihilfe höheren Schuldumfangs ausgeschlossen, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Einstufung der Taten eine geringere Einzelstrafe als die jeweils höchste für einen Teil des Tatunrechts festgesetzte verhängt hätte. Die weiteren für Teile der einheitlichen Tat verhängten Einzelstrafen entfallen. Auch die für Fall 3 der Anklage festgesetzte Einzelstrafe, zugleich die Einsatzstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten, fällt weg, weil es insoweit neben den Taten in den Fällen 11 bis 13 der Anklage an einer weiteren eigenständigen Beihilfetat fehlt. Hierdurch wird der Angeklagte nicht beschwert.
25
b) Die Strafzumessung der Einzelstrafen weist im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten S. auf. Insbesondere hat das Landgericht hinsichtlich der Beihilfetaten bei der Strafrahmenwahl zutreffend darauf abgestellt, ob das Gewicht der Beihilfehandlung selbst die Annahme eines besonders schweren Falls i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 1 AO rechtfertigt. Es hat insbesondere nicht verkannt, dass das Vorliegen des vertypten Milderungsgrunds Beihilfe (§ 27 Abs. 2 Satz 2 StGB) Anlass sein kann, einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung zu verneinen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 StR 142/14, wistra 2015, 235).
c) Der Wegfall von Einzelstrafen, darunter der Einsatzstrafe, zieht die Auf26 hebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Der Senat kann trotz gleichbleibenden Schuldumfangs auch angesichts der zahlreichen verbleibenden Einzelstrafen nicht ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Beurteilung der Tatkonkurrenzen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe
27
erkannt hätte. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von den Rechtsfehlern nicht betroffen sind.
Raum Graf Jäger
Cirener Mosbacher

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 447/14
vom
22. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
8. Juli 2015, in der Sitzung am 22. Juli 2015, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener
und der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Mosbacher,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 8. Juli 2015 -
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. Februar 2014, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte S. der Steuerhinterziehung in sechs Fällen sowie der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sechs Fällen schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen dahingehend abgeändert , dass der Angeklagte wie folgt verurteilt ist: aa) hinsichtlich der Fälle 2 und 10 der Anklage (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat September 2009 bzw. das 3. Quartal 2009) zu einer einheitlichen Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bb) hinsichtlich der Fälle 4 und 14 der Anklage (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat Januar 2010) zu einer einheitlichen Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je zehn Euro sowie cc) hinsichtlich der Fälle 5 und 15 der Anklage (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat März 2010) zu einer einheitlichen Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten; die in diesen Fällen darüber hinaus festgesetzten Einzelstrafen entfallen;
c) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall 3 der Anklage sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten S. wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen sowie wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen.
2
Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revisionen. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet.

A.

3
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
Der nicht revidierende Mitangeklagte G. war Initiator eines im Zeitraum April 2009 bis März 2010 betriebenen und auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer im Handel mit CO2-Emissionszertifikaten ausgerichteten „Betrugssystems“ , in das ab September 2009 auch der Angeklagte S. eingebunden war.
5
Die im Inland ansässige E. GmbH (im Folgenden: E. ), die von G. faktisch beherrscht wurde, erwarb ab April 2009 CO2- Emissionszertifikate „umsatzsteuerfrei“im Ausland. Die Zertifikate wurden zeit- nah an die ebenfalls von G. geführte I. S.A. (im Folgenden : I. ) mit Sitz in Luxemburg weiterveräußert, die der E. über die Leistungen Gutschriften unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer erteilte. Die I. veräußerte die Zertifikate an die vom Angeklagten S. geführte C. GmbH (im Folgenden: C. ), wobei auch insoweit im Gutschriftsverfahren unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer abgerechnet wurde. Die C. veräußerte die Zertifikate an mehrere deutsche Abnehmer , darunter auch Banken, weiter. Nach dem 7. Januar 2010 schied die E. aus der Leistungskette aus. Die I. erwarb die Zertifikate ab diesem Zeitpunkt direkt aus dem Ausland, erteilte aber dennoch weiterhin Gutschriften mit Ausweis deutscher Umsatzsteuer an die E. und leistete entsprechende Zahlungen.
6
Die E. , die als sog. Missing Trader in das Umsatzsteuerbetrugssystem eingebunden war, erklärte in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für das zweite, dritte und vierte Quartal 2009 zwar die Umsätze aus der Veräußerung der Zertifikate an die I. . Um die Umsatzsteuerschuld zu mindern, machte sie jedoch einen Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen vermeintlicher inländischer Lieferanten geltend (Fälle 1 bis 3 der Anklage). Für die Monate Januar und März 2010 gab sie keine Umsatzsteuervoranmeldungen mehr ab (Fälle 4 und 5 der Anklage). Nach den Berechnungen der Strafkammer wurde hierdurch zugunsten der E. insgesamt Umsatzsteuer in Höhe von 11.484.179,12 Euro verkürzt (UA S. 50 - 55, 125).
7
In den Umsatzsteuervoranmeldungen der I. , die als sog. Buffer auftrat, erklärte der Mitangeklagte G. als deren Geschäftsführer für die Voranmeldungszeiträume April bis Juli 2009, September 2009 bis Januar 2010 sowie März 2010 die Leistungen an die C. – teilweise allerdings mit niedrigeren als den Rechnungsbeträgen – als steuerpflichtige Umsätze und machte dabei die in den der E. erteilten Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer zu Unrecht als Vorsteuer geltend (Fälle 6 - 15 der Anklage). Dadurch wurde nach den Berechnungen des Landgerichts zugunsten der I. insgesamt Umsatzsteuer in Höhe von 10.667.491,10 Euro verkürzt (UA S. 55 - 66, 125 f.).
8
Für die als weiteren „Buffer“ eingeschaltete C. machte der Angeklagte S. als deren Geschäftsführer in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September 2009 bis Januar 2010 sowie März 2010 zu Unrecht einen Vorsteuerabzug aus den der I. erteilten Gutschriften geltend (Fälle 20 bis 25 der Anklage). Der Angeklagte S. hatte im August 2009 erkannt, dass die C. in ein Umsatzsteuerbetrugssystem eingebunden war und die I. lediglich zum Zwecke des Umsatzsteuerbetrugs mit Emissionszertifikaten handelte. Er wusste zudem, dass mindestens ein weiteres Unternehmen in die Umsatzsteuerbetrugskette eingeschaltet war, das seinerseits Steuern verkürzte, und billigte dies. Hierdurch wurde nach den Berechnungen des Landgerichts zugunsten der C. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 4.663.456,61 Euro verkürzt (UA S. 67 - 73, 126).

B.


9
I. Die Verfahrensrüge, mit der der Angeklagte S. eine Verletzung von § 257b StPO i.V.m. § 273 Abs. 1 Satz 2 StPO geltend macht, dringt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen nicht durch.
10
II. Mit der Sachrüge hat die Revision des Angeklagten teilweise Erfolg. Sie führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs und zu einer Aufhebung von Teilen des Strafausspruchs. 1. Die Verurteilung des Angeklagten S. wegen Hinterziehung von
11
Umsatzsteuer zugunsten der C. in sechs Fällen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) wird von den Feststellungen getragen.
12
Der Angeklagte machte als Geschäftsführer der C. in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September 2009 bis Januar 2010 sowie März 2010 unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen, indem er die in den der I. erteilten Gutschriften offen ausgewiesene Umsatzsteuer zu Unrecht als Vorsteuer geltend machte (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich
13
geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen abziehen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt dabei voraus, dass der Unternehmer eine Rechnung bzw. Gutschrift i.S.v. §§ 14, 14a UStG besitzt. Der Vorsteuerabzug ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union jedoch dann zu versagen, wenn der Steuerpflichtige - im unionsrechtlichen Sinne - selbst eine Steuerhinterziehung begeht oder wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist und er deswegen als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist (vgl. EuGH, Urteile vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 u.a., Kittel und Recolta Recycling, Slg. 2006, I-6161 und vom 18. Dezember 2014, Rechtssache C-131/13 u.a., Italmoda, DStR 2015, 573; BGH, Beschluss vom 19. November 2014 - 1 StR 219/14, wistra 2015, 147 mwN). Für die Frage, ob die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug vorliegen , ist nicht der Zeitpunkt der Abgabe der Steueranmeldung, in welcher der Vorsteuerabzug vorgenommen wird, maßgeblich, sondern derjenige der Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2015 - 1 StR 216/14, NStZ 2015, 283 mwN und vom 1. Oktober 2013 – 1StR 312/13, NStZ 2014, 331). Der Angeklagte erkannte Mitte August 2009, dass die C. in eine Umsatzsteuerbetrugskette eingebunden war, so dass jedenfalls für die ab September 2009 bezogenen Leistungen der Vorsteuerabzug zu Unrecht geltend gemacht wurde. 2. Auch die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte S. habe
14
durch den Ankauf der CO2-Zertifikate und die Erteilung der Gutschriften zu Steuerhinterziehungen zugunsten der Firmen I. und E. Hilfe geleistet (§ 27 StGB), hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Als Hilfeleistung im Sinne des § 27 StGB ist grundsätzlich jede Hand15 lung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 21). Ist eine Person in ein auf Hinterziehung von Umsatzsteuer ausgerichtetes Gesamtsystem integriert, fördert sie, wenn sie von den anderen Geschäften in der Lieferkette Kenntnis hat, als Gehilfe mit ihrem eigenen Beitrag innerhalb der Lieferkette auch jeweils eine Umsatzsteuerhinterziehung der anderen Mitglieder, die an den auf Hinterziehung der Umsatzsteuer gerichteten Geschäften beteiligt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2002 - 5 StR 212/02, NStZ 2003, 268).

16
b) Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern; Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 21 mwN). Entscheidend ist, dass der Gehilfe die Dimension der Tat erfassen kann (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 - 1 StR 454/14, NStZ-RR 2015, 75). Ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden würde, ist dagegen nicht entscheidend. Es reicht, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Hilfeleistende dies weiß (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 21). Ausgehend von diesen Maßstäben sind hier die tatsächlichen Vorausset17 zungen für das Vorliegen des Gehilfenvorsatzes rechtsfehlerfrei festgestellt. Der Angeklagte S. hat – was er selbst eingeräumt hat – im August 2009 erkannt , dass die C. vom Mitangeklagten G. in eine Umsatzsteuerbetrugskette eingebunden worden war, in die mindestens ein weiteres Unternehmen eingeschaltet war, das seinerseits Steuern verkürzte. Damit konnte der Angeklagte S. auch die Dimension der Steuerverkürzung erfassen und nahm diese billigend in Kauf.
18
3. Entgegen der Auffassung der Revision, wonach es sich bei den Beihilfetaten des Angeklagten S. um mitbestrafte Vortaten der von ihm täterschaftlich begangenen Steuerhinterziehung zugunsten der C. handeln soll, ist das Landgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Taten zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit i.S.v. § 53 StGB stehen. Denn die Steuerverkürzungen betreffen Steueransprüche gegenüber unterschiedlichen Steuerpflichtigen, nämlich die Steueransprüche betreffend die Umsatzsteuer gegenüber der C. einerseits und der E. bzw. der I. andererseits.
Gleichwohl begegnet die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Beihilfeta19 ten des Angeklagten S. durch das Landgericht insoweit durchgreifenden Bedenken, als das Landgericht den Ankauf der Emissionszertifikate in den betreffenden Voranmeldungszeiträumen jeweils als eigenständige Beihilfe zur Hinterziehung der Umsatzsteuer zugunsten der E. und zugunsten der I. gewertet hat. Ob bei Beihilfe Tateinheit oder Tatmehrheit anzunehmen ist, hängt von
20
der Anzahl der Beihilfehandlungen und der vom Gehilfen geförderten Haupttaten ab. Tatmehrheit gemäß § 53 StGB ist anzunehmen, wenn durch mehrere Hilfeleistungen mehrere selbstständige Taten gefördert werden, also den Haupttaten jeweils eigenständige Beihilfehandlungen zuzuordnen sind. Dagegen liegt eine einheitliche Beihilfe i.S.v. § 52 StGB vor, wenn der Gehilfe mit einer einzigen Unterstützungshandlung zu mehreren Haupttaten eines anderen Hilfe leistet (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2008 - 5 StR 594/07, wistra 2008, 217). Dasselbe gilt wegen der Akzessorietät der Teilnahme, wenn sich mehrere Unterstützungshandlungen auf dieselbe Haupttat beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107).
21
Nach diesen Grundsätzen hat der Angeklagte S. im jeweiligen Voranmeldungszeitraum durch den Ankauf der Emissionszertifikate und die Erteilung von Gutschriften sowohl zur Hinterziehung von Umsatzsteuer zugunsten der E. als auch gleichzeitig zugunsten der I. Hilfe geleistet. Somit liegt entgegen der Annahme des Landgerichts eine einheitliche Beihilfe zu mehreren Haupttaten vor; der Schuldumfang bleibt hiervon unberührt. Damit bilden die zugunsten sowohl der E. als auch der I. vorgenommenen Unterstützungshandlungen hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume September 2009 betr. I. bzw. 3. Quartal 2009 (Anteil September 2009) betr. E. (Fälle 2 und 10 der Anklage), Januar 2010 (Fälle 4 und 14 der Anklage) und März 2010 (Fälle 5 und 15 der Anklage) jeweils nur eine selbstständige Tat der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Die Unterstützungshandlungen zur Hinter- ziehung von Umsatzsteuer zugunsten der E. für das 4. Quartal 2009 (Fall 3 der Anklage) gehen in denjenigen zur Hinterziehung von Umsatzsteuer zugunsten der I. für die Monate Oktober bis Dezember 2009 (Fälle 11 bis 13 der Anklage) auf. Eine eigenständige Beihilfe im Fall 3 der Anklage liegt damit nicht vor. Es gefährdet daher den Bestand des Urteils nicht, dass bei isolierter Betrachtung des Falles 3 der Anklage lediglich eine Beihilfe zu einer versuchten Steuerhinterziehung vorgelegen hätte, weil das Finanzamt in diesem Fall die gemäß § 168 Satz 2 AO erforderliche Zustimmung zur Auszahlung des geltend gemachten Umsatzsteuerüberhangs verweigert hatte (UA S. 53; vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 1 StR 182/14, wistra 2015, 188 und Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 StR 196/14, wistra 2014, 486).
22
Der Senat ändert daher den Schuldspruch dahingehend ab, dass der Angeklagte neben der Steuerhinterziehung in sechs Fällen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in lediglich sechs (statt zehn) Fällen schuldig ist. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte S. nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. 4. Die abweichende konkurrenzrechtliche Beurteilung wirkt sich – trotz
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insgesamt unveränderten Schuldumfangs – auf die verhängten Einzelstrafen aus. Sie haben teilweise zu entfallen. Auch die vom Landgericht verhängte Gesamtstrafe hat keinen Bestand.
24
a) Soweit mehrere vom Landgericht als rechtlich selbstständig gewertete Beihilfetaten jeweils eine Tat im materiellen Sinn darstellen, hält der Senat die jeweils höchste für diese Taten vom Landgericht verhängte Einzelstrafe aufrecht (§ 354 Abs. 1 StPO analog). Denn es ist wegen des bei Annahme einer einheitlichen Beihilfe höheren Schuldumfangs ausgeschlossen, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Einstufung der Taten eine geringere Einzelstrafe als die jeweils höchste für einen Teil des Tatunrechts festgesetzte verhängt hätte. Die weiteren für Teile der einheitlichen Tat verhängten Einzelstrafen entfallen. Auch die für Fall 3 der Anklage festgesetzte Einzelstrafe, zugleich die Einsatzstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten, fällt weg, weil es insoweit neben den Taten in den Fällen 11 bis 13 der Anklage an einer weiteren eigenständigen Beihilfetat fehlt. Hierdurch wird der Angeklagte nicht beschwert.
25
b) Die Strafzumessung der Einzelstrafen weist im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten S. auf. Insbesondere hat das Landgericht hinsichtlich der Beihilfetaten bei der Strafrahmenwahl zutreffend darauf abgestellt, ob das Gewicht der Beihilfehandlung selbst die Annahme eines besonders schweren Falls i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 1 AO rechtfertigt. Es hat insbesondere nicht verkannt, dass das Vorliegen des vertypten Milderungsgrunds Beihilfe (§ 27 Abs. 2 Satz 2 StGB) Anlass sein kann, einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung zu verneinen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 StR 142/14, wistra 2015, 235).
c) Der Wegfall von Einzelstrafen, darunter der Einsatzstrafe, zieht die Auf26 hebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Der Senat kann trotz gleichbleibenden Schuldumfangs auch angesichts der zahlreichen verbleibenden Einzelstrafen nicht ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Beurteilung der Tatkonkurrenzen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe
27
erkannt hätte. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von den Rechtsfehlern nicht betroffen sind.
Raum Graf Jäger
Cirener Mosbacher

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Für nach § 3a Absatz 2 im Inland steuerpflichtige sonstige Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind.

(2) Für folgende steuerpflichtige Umsätze entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats:

1.
Werklieferungen und nicht unter Absatz 1 fallende sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers;
2.
Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens;
3.
Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen;
4.
Bauleistungen, einschließlich Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen. Als Grundstücke gelten insbesondere auch Sachen, Ausstattungsgegenstände und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern. Nummer 1 bleibt unberührt;
5.
Lieferungen
a)
der in § 3g Absatz 1 Satz 1 genannten Gegenstände eines im Ausland ansässigen Unternehmers unter den Bedingungen des § 3g und
b)
von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität, die nicht unter Buchstabe a fallen;
6.
Übertragung von Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, zertifizierten Emissionsreduktionen nach § 2 Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, Emissionszertifikaten nach § 3 Nummer 2 des Brennstoffemissionshandelsgesetzes sowie von Gas- und Elektrizitätszertifikaten;
7.
Lieferungen der in der Anlage 3 bezeichneten Gegenstände;
8.
Reinigen von Gebäuden und Gebäudeteilen. Nummer 1 bleibt unberührt;
9.
Lieferungen von Gold mit einem Feingehalt von mindestens 325 Tausendstel, in Rohform oder als Halbzeug (aus Position 7108 des Zolltarifs) und von Goldplattierungen mit einem Goldfeingehalt von mindestens 325 Tausendstel (aus Position 7109);
10.
Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Tablet-Computern und Spielekonsolen sowie von integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt;
11.
Lieferungen der in der Anlage 4 bezeichneten Gegenstände, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt;
12.
sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Nummer 1 bleibt unberührt.

(3) Abweichend von den Absatz 1 und 2 Nummer 1 entsteht die Steuer für sonstige Leistungen, die dauerhaft über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erbracht werden, spätestens mit Ablauf eines jeden Kalenderjahres, in dem sie tatsächlich erbracht werden.

(4) Bei der Anwendung der Absätze 1 bis 3 gilt § 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 2 und 3 entsprechend. Wird in den in den Absätzen 1 bis 3 sowie in den in Satz 1 genannten Fällen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist.

(5) In den in den Absätzen 1 und 2 Nummer 1 bis 3 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person ist; in den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe a, Nummer 6, 7, 9 bis 11 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist. In den in Absatz 2 Nummer 4 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 4 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Bei den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe b genannten Lieferungen von Erdgas schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Wiederverkäufer von Erdgas im Sinne des § 3g ist. Bei den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe b genannten Lieferungen von Elektrizität schuldet der Leistungsempfänger in den Fällen die Steuer, in denen der liefernde Unternehmer und der Leistungsempfänger Wiederverkäufer von Elektrizität im Sinne des § 3g sind. In den in Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 8 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Bei den in Absatz 2 Nummer 12 Satz 1 genannten Leistungen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Leistungen in deren Erbringung besteht und dessen eigener Verbrauch dieser Leistungen von untergeordneter Bedeutung ist; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Die Sätze 1 bis 6 gelten vorbehaltlich des Satzes 10 auch, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird. Sind Leistungsempfänger und leistender Unternehmer in Zweifelsfällen übereinstimmend vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 2 Nummer 4, 5 Buchstabe b, Nummer 7 bis 12 ausgegangen, obwohl dies nach der Art der Umsätze unter Anlegung objektiver Kriterien nicht zutreffend war, gilt der Leistungsempfänger dennoch als Steuerschuldner, sofern dadurch keine Steuerausfälle entstehen. Die Sätze 1 bis 7 gelten nicht, wenn bei dem Unternehmer, der die Umsätze ausführt, die Steuer nach § 19 Absatz 1 nicht erhoben wird. Die Sätze 1 bis 9 gelten nicht, wenn ein in Absatz 2 Nummer 2, 7 oder 9 bis 11 genannter Gegenstand von dem Unternehmer, der die Lieferung bewirkt, unter den Voraussetzungen des § 25a geliefert wird. In den in Absatz 2 Nummer 4, 5 Buchstabe b und Nummer 7 bis 12 genannten Fällen schulden juristische Personen des öffentlichen Rechts die Steuer nicht, wenn sie die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich beziehen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden keine Anwendung, wenn die Leistung des im Ausland ansässigen Unternehmers besteht

1.
in einer Personenbeförderung, die der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5) unterlegen hat,
2.
in einer Personenbeförderung, die mit einem Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 durchgeführt worden ist,
3.
in einer grenzüberschreitenden Personenbeförderung im Luftverkehr,
4.
in der Einräumung der Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse im Inland,
5.
in einer sonstigen Leistung einer Durchführungsgesellschaft an im Ausland ansässige Unternehmer, soweit diese Leistung im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Messen und Ausstellungen im Inland steht, oder
6.
in der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn erfolgt.

(7) Ein im Ausland ansässiger Unternehmer im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 und 5 ist ein Unternehmer, der im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat; dies gilt auch, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Ausland hat. Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte hat; dies gilt nicht, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Drittlandsgebiet hat. Hat der Unternehmer im Inland eine Betriebsstätte und führt er einen Umsatz nach Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder Nummer 5 aus, gilt er hinsichtlich dieses Umsatzes als im Ausland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig, wenn die Betriebsstätte an diesem Umsatz nicht beteiligt ist. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wird. Ist es zweifelhaft, ob der Unternehmer diese Voraussetzungen erfüllt, schuldet der Leistungsempfänger die Steuer nur dann nicht, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamts nachweist, dass er kein Unternehmer im Sinne der Sätze 1 und 2 ist.

(8) Bei der Berechnung der Steuer sind die §§ 19 und 24 nicht anzuwenden.

(9) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Absatz 1 Satz 3), der andere an Stelle des Leistungsempfängers Steuerschuldner nach Absatz 5 ist.

(10) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung den Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach den Absätzen 2 und 5 auf weitere Umsätze erweitern, wenn im Zusammenhang mit diesen Umsätzen in vielen Fällen der Verdacht auf Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall aufgetreten ist, die voraussichtlich zu erheblichen und unwiederbringlichen Steuermindereinnahmen führen. Voraussetzungen für eine solche Erweiterung sind, dass

1.
die Erweiterung frühestens zu dem Zeitpunkt in Kraft treten darf, zu dem die Europäische Kommission entsprechend Artikel 199b Absatz 3 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der Fassung von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 2013/42/EU (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 1) mitgeteilt hat, dass sie keine Einwände gegen die Erweiterung erhebt;
2.
die Bundesregierung einen Antrag auf eine Ermächtigung durch den Rat entsprechend Artikel 395 der Richtlinie 2006/112/EG in der Fassung von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 2013/42/EG (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 1) gestellt hat, durch die die Bundesrepublik Deutschland ermächtigt werden soll, in Abweichung von Artikel 193 der Richtlinie 2006/112/EG, die zuletzt durch die Richtlinie 2013/61/EU (ABl. L 353 vom 28.12.2013, S. 5) geändert worden ist, die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für die von der Erweiterung nach Nummer 1 erfassten Umsätze zur Vermeidung von Steuerhinterziehungen einführen zu dürfen;
3.
die Verordnung nach neun Monaten außer Kraft tritt, wenn die Ermächtigung nach Nummer 2 nicht erteilt worden ist; wurde die Ermächtigung nach Nummer 2 erteilt, tritt die Verordnung außer Kraft, sobald die gesetzliche Regelung, mit der die Ermächtigung in nationales Recht umgesetzt wird, in Kraft tritt.

(1) Die Steuer ist, soweit nicht § 20 gilt, nach vereinbarten Entgelten zu berechnen. Besteuerungszeitraum ist das Kalenderjahr. Bei der Berechnung der Steuer ist von der Summe der Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 auszugehen, soweit für sie die Steuer in dem Besteuerungszeitraum entstanden und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist. Der Steuer sind die nach § 6a Abs. 4 Satz 2, nach § 14c sowie nach § 17 Abs. 1 Satz 6 geschuldeten Steuerbeträge hinzuzurechnen.

(1a) Macht ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer von § 18 Abs. 4c Gebrauch, ist Besteuerungszeitraum das Kalendervierteljahr. Bei der Berechnung der Steuer ist von der Summe der Umsätze nach § 3a Abs. 5 auszugehen, die im Gemeinschaftsgebiet steuerbar sind, soweit für sie in dem Besteuerungszeitraum die Steuer entstanden und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist. Absatz 2 ist nicht anzuwenden.

(1b) Macht ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2) von § 18 Absatz 4e Gebrauch, ist Besteuerungszeitraum das Kalendervierteljahr. Bei der Berechnung der Steuer ist von der Summe der Umsätze nach § 3a Absatz 5 auszugehen, die im Inland steuerbar sind, soweit für sie in dem Besteuerungszeitraum die Steuer entstanden und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist. Absatz 2 ist nicht anzuwenden.

(1c) Macht ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer von § 18i Gebrauch, ist Besteuerungszeitraum das Kalendervierteljahr. Sofern die Teilnahme an dem Verfahren nach § 18i im Inland angezeigt wurde, ist bei der Berechnung der Steuer von der Summe der sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 auszugehen, die im Gemeinschaftsgebiet steuerbar sind, soweit für sie in dem Besteuerungszeitraum die Steuer entstanden und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist. Sofern die Teilnahme an dem Verfahren nach § 18i in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union angezeigt wurde, ist bei der Berechnung der Steuer von der Summe der sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 auszugehen, die im Inland steuerbar sind, soweit für sie in dem Besteuerungszeitraum die Steuer entstanden und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist. Absatz 2 ist nicht anzuwenden.

(1d) Macht ein Unternehmer von § 18j Gebrauch, ist Besteuerungszeitraum das Kalendervierteljahr. Sofern die Teilnahme an dem Verfahren nach § 18j im Inland angezeigt wurde, ist bei der Berechnung der Steuer von der Summe der Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates und der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, die im Gemeinschaftsgebiet steuerbar sind, sowie der sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union steuerbar sind, auszugehen, soweit für sie in dem Besteuerungszeitraum die Steuer entstanden und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist. Sofern die Teilnahme an dem Verfahren nach § 18j in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union angezeigt wurde, ist bei der Berechnung der Steuer von der Summe der Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 und der sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 auszugehen, die im Inland steuerbar sind, soweit für sie in dem Besteuerungszeitraum die Steuer entstanden und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist. Absatz 2 ist nicht anzuwenden.

(1e) Macht ein Unternehmer oder ein in seinem Auftrag handelnder Vertreter von § 18k Gebrauch, ist Besteuerungszeitraum der Kalendermonat. Sofern die Teilnahme an dem Verfahren nach § 18k im Inland angezeigt wurde, ist bei der Berechnung der Steuer von der Summe der Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2 und § 3c Absatz 2 und 3, die im Gemeinschaftsgebiet steuerbar sind, auszugehen, soweit für sie in dem Besteuerungszeitraum die Steuer entstanden und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist. Sofern die Teilnahme an dem Verfahren nach § 18k in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union angezeigt wurde, ist bei der Berechnung der Steuer von der Summe der Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2 und § 3c Absatz 2 und 3 auszugehen, die im Inland steuerbar sind, soweit für sie in dem Besteuerungszeitraum die Steuer entstanden und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist. Absatz 2 ist nicht anzuwenden.

(2) Von der nach Absatz 1 berechneten Steuer sind vorbehaltlich des § 18 Absatz 9 Satz 3 die in den Besteuerungszeitraum fallenden, nach § 15 abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen. § 15a ist zu berücksichtigen.

(3) Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so tritt dieser Teil an die Stelle des Kalenderjahres.

(4) Abweichend von den Absätzen 1, 2 und 3 kann das Finanzamt einen kürzeren Besteuerungszeitraum bestimmen, wenn der Eingang der Steuer gefährdet erscheint oder der Unternehmer damit einverstanden ist.

(5) Bei Beförderungen von Personen im Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen, die nicht im Inland zugelassen sind, wird die Steuer, abweichend von Absatz 1, für jeden einzelnen steuerpflichtigen Umsatz durch die zuständige Zolldienststelle berechnet (Beförderungseinzelbesteuerung), wenn eine Grenze zum Drittlandsgebiet überschritten wird. Zuständige Zolldienststelle ist die Eingangszollstelle oder Ausgangszollstelle, bei der der Kraftomnibus in das Inland gelangt oder das Inland verlässt. Die zuständige Zolldienststelle handelt bei der Beförderungseinzelbesteuerung für das Finanzamt, in dessen Bezirk sie liegt (zuständiges Finanzamt). Absatz 2 und § 19 Abs. 1 sind bei der Beförderungseinzelbesteuerung nicht anzuwenden.

(5a) Beim innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge durch andere Erwerber als die in § 1a Abs. 1 Nr. 2 genannten Personen ist die Steuer abweichend von Absatz 1 für jeden einzelnen steuerpflichtigen Erwerb zu berechnen (Fahrzeugeinzelbesteuerung).

(5b) Auf Antrag des Unternehmers ist nach Ablauf des Besteuerungszeitraums an Stelle der Beförderungseinzelbesteuerung (Absatz 5) die Steuer nach den Absätzen 1 und 2 zu berechnen. Die Absätze 3 und 4 gelten entsprechend.

(6) Werte in fremder Währung sind zur Berechnung der Steuer und der abziehbaren Vorsteuerbeträge auf Euro nach den Durchschnittskursen umzurechnen, die das Bundesministerium der Finanzen für den Monat öffentlich bekanntgibt, in dem die Leistung ausgeführt oder das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vor Ausführung der Leistung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4) vereinnahmt wird. Ist dem leistenden Unternehmer die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten gestattet (§ 20), so sind die Entgelte nach den Durchschnittskursen des Monats umzurechnen, in dem sie vereinnahmt werden. Das Finanzamt kann die Umrechnung nach dem Tageskurs, der durch Bankmitteilung oder Kurszettel nachzuweisen ist, gestatten. Macht ein Unternehmer von § 18 Absatz 4c oder 4e oder den §§ 18i, 18j oder 18k Gebrauch, hat er zur Berechnung der Steuer Werte in fremder Währung nach den Kursen umzurechnen, die für den letzten Tag des Besteuerungszeitraums nach Absatz 1a Satz 1, Absatz 1b Satz 1, Absatz 1c Satz 1, Absatz 1d Satz 1 oder Absatz 1e Satz 1 von der Europäischen Zentralbank festgestellt worden sind. Sind für die in Satz 4 genannten Tage keine Umrechnungskurse festgestellt worden, hat der Unternehmer die Steuer nach den für den nächsten Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums nach Absatz 1a Satz 1, Absatz 1b Satz 1, Absatz 1c Satz 1, Absatz 1d Satz 1 oder Absatz 1e Satz 1 von der Europäischen Zentralbank festgestellten Umrechnungskursen umzurechnen.

(7) Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten § 11 Abs. 5 und § 21 Abs. 2.

(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. § 16 Abs. 1 und 2 und § 17 sind entsprechend anzuwenden. Die Vorauszahlung ist am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten.

(2) Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat. Daneben ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr in folgenden Fällen Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat:

1.
bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
2.
bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme.
Für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ist abweichend von Satz 4 in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen und in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend.

(2a) Der Unternehmer kann an Stelle des Kalendervierteljahres den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen, wenn sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zu seinen Gunsten von mehr als 7 500 Euro ergibt. In diesem Fall hat der Unternehmer bis zum 10. Februar des laufenden Kalenderjahres eine Voranmeldung für den ersten Kalendermonat abzugeben. Die Ausübung des Wahlrechts bindet den Unternehmer für dieses Kalenderjahr. Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). In den Fällen des § 16 Absatz 3 und 4 ist die Steueranmeldung binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Berechnet der Unternehmer die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr abweichend von der Summe der Vorauszahlungen, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach dem Eingang der Steueranmeldung fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für den Voranmeldungszeitraum oder für das Kalenderjahr oder auf Grund unterbliebener Abgabe der Steueranmeldung fest, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen (Absatz 1) bleibt von den Sätzen 1 und 2 unberührt.

(4a) Voranmeldungen (Absätze 1 und 2) und eine Steuererklärung (Absätze 3 und 4) haben auch die Unternehmer und juristischen Personen abzugeben, die ausschließlich Steuer für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 13b Absatz 5 oder § 25b Abs. 2 zu entrichten haben, sowie Fahrzeuglieferer (§ 2a). Voranmeldungen sind nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen die Steuer für diese Umsätze zu erklären ist. Die Anwendung des Absatzes 2a ist ausgeschlossen.

(4b) Für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 oder nach § 14c Abs. 2 schulden, gilt Absatz 4a entsprechend.

(4c) Ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1a Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts hat der Unternehmer auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen, bevor er Umsätze nach § 3a Abs. 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 oder § 22 Abs. 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn das Bundeszentralamt für Steuern von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt.

(4d) Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die vor dem 1. Juli 2021 im Inland im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 erbringen und diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklären sowie die darauf entfallende Steuer entrichten, gelten insoweit die Absätze 1 bis 4 nicht.

(4e) Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2), der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Inland erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat; dies gilt nur, wenn der Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat. Die Steuererklärung ist der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union zu übermitteln, in dem der Unternehmer ansässig ist; diese Steuererklärung ist ab dem Zeitpunkt eine Steueranmeldung im Sinne des § 150 Absatz 1 Satz 3 und des § 168 der Abgabenordnung, zu dem die in ihr enthaltenen Daten von der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, an die der Unternehmer die Steuererklärung übermittelt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurden. Satz 2 gilt für die Berichtigung einer Steuererklärung entsprechend. Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts nach Satz 1 hat der Unternehmer in dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, vor Beginn des Besteuerungszeitraums anzuzeigen, ab dessen Beginn er von dem Wahlrecht Gebrauch macht. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 5 oder § 22 Absatz 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn die zuständige Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt. Die Steuererklärung nach Satz 1 gilt als fristgemäß übermittelt, wenn sie bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union übermittelt worden ist, in dem der Unternehmer ansässig ist, und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurde. Die Entrichtung der Steuer erfolgt entsprechend Satz 4 fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) bei der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingegangen ist. § 240 der Abgabenordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Säumnis frühestens mit Ablauf des 10. Tages nach Ablauf des auf den Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) folgenden übernächsten Monats eintritt.

(4f) Soweit Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder durch ihr Handeln eine Erklärungspflicht begründen, obliegen der jeweiligen Organisationseinheit für die Umsatzbesteuerung alle steuerlichen Rechte und Pflichten. In den in § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung genannten Verfahren tritt die Organisationseinheit insoweit an die Stelle der Gebietskörperschaft. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Organisationseinheiten können jeweils für ihren Geschäftsbereich durch Organisationsentscheidungen weitere untergeordnete Organisationseinheiten mit Wirkung für die Zukunft bilden. Einer Organisationseinheit übergeordnete Organisationseinheiten können durch Organisationsentscheidungen mit Wirkung für die Zukunft die in Satz 1 genannten Rechte und Pflichten der untergeordneten Organisationseinheit wahrnehmen oder mehrere Organisationseinheiten zu einer Organisationseinheit zusammenschließen. Die in § 1a Absatz 3 Nummer 2, § 2b Absatz 2 Nummer 1, § 3a Absatz 5 Satz 3, § 3c Absatz 4 Satz 1, § 18 Absatz 2 Satz 2, § 18a Absatz 1 Satz 2, § 19 Absatz 1, § 20 Satz 1 Nummer 1 und § 24 Absatz 1 Satz 1 genannten Betragsgrenzen gelten für Organisationseinheiten stets als überschritten. Wahlrechte, deren Rechtsfolgen das gesamte Unternehmen der Gebietskörperschaft erfassen, können nur einheitlich ausgeübt werden. Die Gebietskörperschaft kann gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt mit Wirkung für die Zukunft erklären, dass die Sätze 1 bis 5 nicht zur Anwendung kommen sollen; ein Widerruf ist nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.

(4g) Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann anordnen, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung örtlich zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des jeweiligen Landes übernimmt. Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des Landes der zuständigen Finanzbehörde übernimmt. Die Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin oder eine von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder mit einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung für eine Organisationseinheit der Gebietskörperschaft Bund übernimmt.

(5) In den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) ist abweichend von den Absätzen 1 bis 4 wie folgt zu verfahren:

1.
Der Beförderer hat für jede einzelne Fahrt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in zwei Stücken bei der zuständigen Zolldienststelle abzugeben.
2.
Die zuständige Zolldienststelle setzt für das zuständige Finanzamt die Steuer auf beiden Stücken der Steuererklärung fest und gibt ein Stück dem Beförderer zurück, der die Steuer gleichzeitig zu entrichten hat. Der Beförderer hat dieses Stück mit der Steuerquittung während der Fahrt mit sich zu führen.
3.
Der Beförderer hat bei der zuständigen Zolldienststelle, bei der er die Grenze zum Drittlandsgebiet überschreitet, eine weitere Steuererklärung in zwei Stücken abzugeben, wenn sich die Zahl der Personenkilometer (§ 10 Abs. 6 Satz 2), von der bei der Steuerfestsetzung nach Nummer 2 ausgegangen worden ist, geändert hat. Die Zolldienststelle setzt die Steuer neu fest. Gleichzeitig ist ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts zu entrichten oder ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Beförderers zu erstatten. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Unterschiedsbetrag weniger als 2,50 Euro beträgt. Die Zolldienststelle kann in diesen Fällen auf eine schriftliche Steuererklärung verzichten.

(5a) In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5a) hat der Erwerber, abweichend von den Absätzen 1 bis 4, spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des Tages, an dem die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln oder nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (Steueranmeldung). Bei Verwendung des Vordrucks muss dieser vom Erwerber eigenhändig unterschrieben sein. Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder hat er die Steuer nicht richtig berechnet, so kann die Finanzbehörde die Steuer festsetzen. Die Steuer ist am zehnten Tag nach Ablauf des Tages fällig, an dem sie entstanden ist, und ist bis dahin vom Erwerber zu entrichten.

(5b) In den Fällen des § 16 Abs. 5b ist das Besteuerungsverfahren nach den Absätzen 3 und 4 durchzuführen. Die bei der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) entrichtete Steuer ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(6) Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen. Dabei kann angeordnet werden, dass der Unternehmer eine Sondervorauszahlung auf die Steuer für das Kalenderjahr zu entrichten hat.

(7) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen auf die Erhebung der Steuer für Lieferungen von Gold, Silber und Platin sowie sonstige Leistungen im Geschäft mit diesen Edelmetallen zwischen Unternehmern, die an einer Wertpapierbörse im Inland mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, verzichtet werden kann. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen.

(8) (weggefallen)

(9) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von den Absätzen 1 bis 4, in einem besonderen Verfahren regeln. Dabei kann auch angeordnet werden,

1.
dass die Vergütung nur erfolgt, wenn sie eine bestimmte Mindesthöhe erreicht,
2.
innerhalb welcher Frist der Vergütungsantrag zu stellen ist,
3.
in welchen Fällen der Unternehmer den Antrag eigenhändig zu unterschreiben hat,
4.
wie und in welchem Umfang Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen nachzuweisen sind,
5.
dass der Bescheid über die Vergütung der Vorsteuerbeträge elektronisch erteilt wird,
6.
wie und in welchem Umfang der zu vergütende Betrag zu verzinsen ist.
Von der Vergütung ausgeschlossen sind in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Ausfuhrlieferungen, bei denen die Gegenstände vom Abnehmer oder von einem von ihm beauftragten Dritten befördert oder versendet wurden, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 steuerfrei sind, oder für innergemeinschaftliche Lieferungen, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a steuerfrei sind oder in Bezug auf § 6a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 steuerfrei sein können. Sind die durch die Rechtsverordnung nach den Sätzen 1 und 2 geregelten Voraussetzungen des besonderen Verfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder § 13a Absatz 1 Nummer 4, kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge nur in dem besonderen Verfahren durchgeführt werden. Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe vergütet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, bei Anwendung eines Pro-rata-Satzes zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. Einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, wird die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird. Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Die Sätze 6 und 7 gelten nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von § 18 Absatz 4c Gebrauch gemacht haben oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen nach § 3a Absatz 5 stehen. Die Sätze 6 und 7 gelten auch nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) nach dem 30. Juni 2021 als Steuerschuldner Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufe nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von den §§ 18i, 18j oder 18k Gebrauch gemacht haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge mit Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufen nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftlichen Fernverkäufen nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufen nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Zusammenhang stehen.

(10) Zur Sicherung des Steueranspruchs in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge und neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 und 3) gilt folgendes:

1.
Die für die Zulassung oder die Registrierung von Fahrzeugen zuständigen Behörden sind verpflichtet, den für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge zuständigen Finanzbehörden ohne Ersuchen Folgendes mitzuteilen:
a)
bei neuen motorbetriebenen Landfahrzeugen die erstmalige Ausgabe von Zulassungsbescheinigungen Teil II oder die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen. Gleichzeitig sind die in Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen oder, wenn dieses noch nicht zugeteilt worden ist, die Nummer der Zulassungsbescheinigung Teil II zu übermitteln,
b)
bei neuen Luftfahrzeugen die erstmalige Registrierung dieser Luftfahrzeuge. Gleichzeitig sind die in Nummer 3 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen zu übermitteln. Als Registrierung im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht die Eintragung eines Luftfahrzeugs in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen.
2.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge (§ 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Ausgabe einer Zulassungsbescheinigung Teil II im Inland oder bei der erstmaligen Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für zulassungsfreie Fahrzeuge im Inland hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ee)
den Kilometerstand am Tag der Lieferung,
ff)
die Fahrzeugart, den Fahrzeughersteller, den Fahrzeugtyp und die Fahrzeug-Identifizierungsnummer,
gg)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach den Doppelbuchstaben aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Absatz 1 Nummer 2 und § 1b Absatz 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, dass die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 3 Nummer 1 vorliegen. Die Zulassungsbehörde darf die Zulassungsbescheinigung Teil II oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen, die nach § 4 Absatz 2 und 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ein amtliches Kennzeichen führen, die Zulassungsbescheinigung Teil I erst aushändigen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b)
Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag des Finanzamts die Zulassungsbescheinigung Teil I für ungültig zu erklären und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln. Die Zulassungsbehörde trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Das Finanzamt kann die Abmeldung von Amts wegen auch selbst durchführen, wenn die Zulassungsbehörde das Verfahren noch nicht eingeleitet hat. Satz 2 gilt entsprechend. Das Finanzamt teilt die durchgeführte Abmeldung unverzüglich der Zulassungsbehörde mit und händigt dem Fahrzeughalter die vorgeschriebene Bescheinigung über die Abmeldung aus. Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
3.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Registrierung in der Luftfahrzeugrolle hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
das Entgelt (Kaufpreis),
ee)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ff)
die Starthöchstmasse,
gg)
die Zahl der bisherigen Betriebsstunden am Tag der Lieferung,
hh)
den Flugzeughersteller und den Flugzeugtyp,
ii)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach Satz 1 Doppelbuchstabe aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 und § 1b Abs. 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, ob die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Abs. 3 Nr. 3 vorliegen. Das Luftfahrt-Bundesamt darf die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle erst vornehmen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b) Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, so hat das Luftfahrt-Bundesamt auf Antrag des Finanzamts die Betriebserlaubnis zu widerrufen. Es trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(11) Die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen wirken an der umsatzsteuerlichen Erfassung von Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen mit. Sie sind berechtigt, im Rahmen von zeitlich und örtlich begrenzten Kontrollen die nach ihrer äußeren Erscheinung nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibusse anzuhalten und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, die für die Umsatzsteuer maßgebend sind, und die festgestellten Daten den zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln.

(12) Im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Absatz 7), die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, haben dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze (§ 3b Abs. 1 Satz 2) bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt anzuzeigen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) unterliegen. Das Finanzamt erteilt hierüber eine Bescheinigung. Die Bescheinigung ist während jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen den für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen vorzulegen. Bei Nichtvorlage der Bescheinigung können diese Zolldienststellen eine Sicherheitsleistung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften in Höhe der für die einzelne Beförderungsleistung voraussichtlich zu entrichtenden Steuer verlangen. Die entrichtete Sicherheitsleistung ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Für nach § 3a Absatz 2 im Inland steuerpflichtige sonstige Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind.

(2) Für folgende steuerpflichtige Umsätze entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats:

1.
Werklieferungen und nicht unter Absatz 1 fallende sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers;
2.
Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens;
3.
Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen;
4.
Bauleistungen, einschließlich Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen. Als Grundstücke gelten insbesondere auch Sachen, Ausstattungsgegenstände und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern. Nummer 1 bleibt unberührt;
5.
Lieferungen
a)
der in § 3g Absatz 1 Satz 1 genannten Gegenstände eines im Ausland ansässigen Unternehmers unter den Bedingungen des § 3g und
b)
von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität, die nicht unter Buchstabe a fallen;
6.
Übertragung von Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, zertifizierten Emissionsreduktionen nach § 2 Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, Emissionszertifikaten nach § 3 Nummer 2 des Brennstoffemissionshandelsgesetzes sowie von Gas- und Elektrizitätszertifikaten;
7.
Lieferungen der in der Anlage 3 bezeichneten Gegenstände;
8.
Reinigen von Gebäuden und Gebäudeteilen. Nummer 1 bleibt unberührt;
9.
Lieferungen von Gold mit einem Feingehalt von mindestens 325 Tausendstel, in Rohform oder als Halbzeug (aus Position 7108 des Zolltarifs) und von Goldplattierungen mit einem Goldfeingehalt von mindestens 325 Tausendstel (aus Position 7109);
10.
Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Tablet-Computern und Spielekonsolen sowie von integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt;
11.
Lieferungen der in der Anlage 4 bezeichneten Gegenstände, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt;
12.
sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Nummer 1 bleibt unberührt.

(3) Abweichend von den Absatz 1 und 2 Nummer 1 entsteht die Steuer für sonstige Leistungen, die dauerhaft über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erbracht werden, spätestens mit Ablauf eines jeden Kalenderjahres, in dem sie tatsächlich erbracht werden.

(4) Bei der Anwendung der Absätze 1 bis 3 gilt § 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 2 und 3 entsprechend. Wird in den in den Absätzen 1 bis 3 sowie in den in Satz 1 genannten Fällen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist.

(5) In den in den Absätzen 1 und 2 Nummer 1 bis 3 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person ist; in den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe a, Nummer 6, 7, 9 bis 11 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist. In den in Absatz 2 Nummer 4 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 4 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Bei den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe b genannten Lieferungen von Erdgas schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Wiederverkäufer von Erdgas im Sinne des § 3g ist. Bei den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe b genannten Lieferungen von Elektrizität schuldet der Leistungsempfänger in den Fällen die Steuer, in denen der liefernde Unternehmer und der Leistungsempfänger Wiederverkäufer von Elektrizität im Sinne des § 3g sind. In den in Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 8 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Bei den in Absatz 2 Nummer 12 Satz 1 genannten Leistungen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Leistungen in deren Erbringung besteht und dessen eigener Verbrauch dieser Leistungen von untergeordneter Bedeutung ist; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Die Sätze 1 bis 6 gelten vorbehaltlich des Satzes 10 auch, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird. Sind Leistungsempfänger und leistender Unternehmer in Zweifelsfällen übereinstimmend vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 2 Nummer 4, 5 Buchstabe b, Nummer 7 bis 12 ausgegangen, obwohl dies nach der Art der Umsätze unter Anlegung objektiver Kriterien nicht zutreffend war, gilt der Leistungsempfänger dennoch als Steuerschuldner, sofern dadurch keine Steuerausfälle entstehen. Die Sätze 1 bis 7 gelten nicht, wenn bei dem Unternehmer, der die Umsätze ausführt, die Steuer nach § 19 Absatz 1 nicht erhoben wird. Die Sätze 1 bis 9 gelten nicht, wenn ein in Absatz 2 Nummer 2, 7 oder 9 bis 11 genannter Gegenstand von dem Unternehmer, der die Lieferung bewirkt, unter den Voraussetzungen des § 25a geliefert wird. In den in Absatz 2 Nummer 4, 5 Buchstabe b und Nummer 7 bis 12 genannten Fällen schulden juristische Personen des öffentlichen Rechts die Steuer nicht, wenn sie die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich beziehen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden keine Anwendung, wenn die Leistung des im Ausland ansässigen Unternehmers besteht

1.
in einer Personenbeförderung, die der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5) unterlegen hat,
2.
in einer Personenbeförderung, die mit einem Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 durchgeführt worden ist,
3.
in einer grenzüberschreitenden Personenbeförderung im Luftverkehr,
4.
in der Einräumung der Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse im Inland,
5.
in einer sonstigen Leistung einer Durchführungsgesellschaft an im Ausland ansässige Unternehmer, soweit diese Leistung im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Messen und Ausstellungen im Inland steht, oder
6.
in der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn erfolgt.

(7) Ein im Ausland ansässiger Unternehmer im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 und 5 ist ein Unternehmer, der im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat; dies gilt auch, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Ausland hat. Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte hat; dies gilt nicht, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Drittlandsgebiet hat. Hat der Unternehmer im Inland eine Betriebsstätte und führt er einen Umsatz nach Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder Nummer 5 aus, gilt er hinsichtlich dieses Umsatzes als im Ausland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig, wenn die Betriebsstätte an diesem Umsatz nicht beteiligt ist. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wird. Ist es zweifelhaft, ob der Unternehmer diese Voraussetzungen erfüllt, schuldet der Leistungsempfänger die Steuer nur dann nicht, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamts nachweist, dass er kein Unternehmer im Sinne der Sätze 1 und 2 ist.

(8) Bei der Berechnung der Steuer sind die §§ 19 und 24 nicht anzuwenden.

(9) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Absatz 1 Satz 3), der andere an Stelle des Leistungsempfängers Steuerschuldner nach Absatz 5 ist.

(10) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung den Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach den Absätzen 2 und 5 auf weitere Umsätze erweitern, wenn im Zusammenhang mit diesen Umsätzen in vielen Fällen der Verdacht auf Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall aufgetreten ist, die voraussichtlich zu erheblichen und unwiederbringlichen Steuermindereinnahmen führen. Voraussetzungen für eine solche Erweiterung sind, dass

1.
die Erweiterung frühestens zu dem Zeitpunkt in Kraft treten darf, zu dem die Europäische Kommission entsprechend Artikel 199b Absatz 3 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der Fassung von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 2013/42/EU (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 1) mitgeteilt hat, dass sie keine Einwände gegen die Erweiterung erhebt;
2.
die Bundesregierung einen Antrag auf eine Ermächtigung durch den Rat entsprechend Artikel 395 der Richtlinie 2006/112/EG in der Fassung von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 2013/42/EG (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 1) gestellt hat, durch die die Bundesrepublik Deutschland ermächtigt werden soll, in Abweichung von Artikel 193 der Richtlinie 2006/112/EG, die zuletzt durch die Richtlinie 2013/61/EU (ABl. L 353 vom 28.12.2013, S. 5) geändert worden ist, die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für die von der Erweiterung nach Nummer 1 erfassten Umsätze zur Vermeidung von Steuerhinterziehungen einführen zu dürfen;
3.
die Verordnung nach neun Monaten außer Kraft tritt, wenn die Ermächtigung nach Nummer 2 nicht erteilt worden ist; wurde die Ermächtigung nach Nummer 2 erteilt, tritt die Verordnung außer Kraft, sobald die gesetzliche Regelung, mit der die Ermächtigung in nationales Recht umgesetzt wird, in Kraft tritt.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

Die Vergütung der abziehbaren Vorsteuerbeträge (§ 15 des Gesetzes) an im Ausland ansässige Unternehmer ist abweichend von den §§ 16 und 18 Abs. 1 bis 4 des Gesetzes nach den §§ 60 bis 61a durchzuführen, wenn der Unternehmer im Vergütungszeitraum

1.
im Inland keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 des Gesetzes oder nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 3 des Gesetzes ausgeführt hat,
2.
nur Umsätze ausgeführt hat, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (§ 13b des Gesetzes) oder die der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5 und § 18 Abs. 5 des Gesetzes) unterlegen haben,
3.
im Inland nur innergemeinschaftliche Erwerbe und daran anschließende Lieferungen im Sinne des § 25b Abs. 2 des Gesetzes ausgeführt hat
4.
im Inland als Steuerschuldner vor dem 1. Juli 2021 nur Umsätze im Sinne des § 3a Absatz 5 des Gesetzes erbracht und von dem Wahlrecht nach § 18 Absatz 4c des Gesetzes Gebrauch gemacht hat oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet hat oder nach dem 30. Juni 2021 nur sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 des Gesetzes erbracht und von dem Wahlrecht nach § 18i des Gesetzes Gebrauch gemacht hat,
5.
im Inland als Steuerschuldner vor dem 1. Juli 2021 nur Umsätze im Sinne des § 3a Absatz 5 des Gesetzes erbracht und von dem Wahlrecht nach § 18 Absatz 4e des Gesetzes Gebrauch gemacht hat oder nach dem 30. Juni 2021 nur Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 des Gesetzes innerhalb eines Mitgliedstaates, innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 des Gesetzes sowie sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 des Gesetzes erbracht und von dem Wahlrecht nach § 18j des Gesetzes Gebrauch gemacht hat oder
6.
im Inland als Steuerschuldner nur Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2 und § 3c Absatz 2 und 3 des Gesetzes erbracht und von dem Wahlrecht nach § 18k des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.
Ein im Ausland ansässiger Unternehmer im Sinne des Satzes 1 ist ein Unternehmer, der im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 des Gesetzes bezeichneten Gebiete weder einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat, von der aus im Inland steuerbare Umsätze ausgeführt werden; ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist auch ein Unternehmer, der ausschließlich einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, aber im Ausland seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte hat, von der aus Umsätze ausgeführt werden. Maßgebend für die Ansässigkeit ist der jeweilige Vergütungszeitraum im Sinne des § 60, für den der Unternehmer eine Vergütung beantragt.

(1) Für nach § 3a Absatz 2 im Inland steuerpflichtige sonstige Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind.

(2) Für folgende steuerpflichtige Umsätze entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats:

1.
Werklieferungen und nicht unter Absatz 1 fallende sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers;
2.
Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens;
3.
Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen;
4.
Bauleistungen, einschließlich Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen. Als Grundstücke gelten insbesondere auch Sachen, Ausstattungsgegenstände und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern. Nummer 1 bleibt unberührt;
5.
Lieferungen
a)
der in § 3g Absatz 1 Satz 1 genannten Gegenstände eines im Ausland ansässigen Unternehmers unter den Bedingungen des § 3g und
b)
von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität, die nicht unter Buchstabe a fallen;
6.
Übertragung von Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, zertifizierten Emissionsreduktionen nach § 2 Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, Emissionszertifikaten nach § 3 Nummer 2 des Brennstoffemissionshandelsgesetzes sowie von Gas- und Elektrizitätszertifikaten;
7.
Lieferungen der in der Anlage 3 bezeichneten Gegenstände;
8.
Reinigen von Gebäuden und Gebäudeteilen. Nummer 1 bleibt unberührt;
9.
Lieferungen von Gold mit einem Feingehalt von mindestens 325 Tausendstel, in Rohform oder als Halbzeug (aus Position 7108 des Zolltarifs) und von Goldplattierungen mit einem Goldfeingehalt von mindestens 325 Tausendstel (aus Position 7109);
10.
Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Tablet-Computern und Spielekonsolen sowie von integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt;
11.
Lieferungen der in der Anlage 4 bezeichneten Gegenstände, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt;
12.
sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Nummer 1 bleibt unberührt.

(3) Abweichend von den Absatz 1 und 2 Nummer 1 entsteht die Steuer für sonstige Leistungen, die dauerhaft über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erbracht werden, spätestens mit Ablauf eines jeden Kalenderjahres, in dem sie tatsächlich erbracht werden.

(4) Bei der Anwendung der Absätze 1 bis 3 gilt § 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 2 und 3 entsprechend. Wird in den in den Absätzen 1 bis 3 sowie in den in Satz 1 genannten Fällen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist.

(5) In den in den Absätzen 1 und 2 Nummer 1 bis 3 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person ist; in den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe a, Nummer 6, 7, 9 bis 11 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist. In den in Absatz 2 Nummer 4 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 4 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Bei den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe b genannten Lieferungen von Erdgas schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Wiederverkäufer von Erdgas im Sinne des § 3g ist. Bei den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe b genannten Lieferungen von Elektrizität schuldet der Leistungsempfänger in den Fällen die Steuer, in denen der liefernde Unternehmer und der Leistungsempfänger Wiederverkäufer von Elektrizität im Sinne des § 3g sind. In den in Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 8 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Bei den in Absatz 2 Nummer 12 Satz 1 genannten Leistungen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Leistungen in deren Erbringung besteht und dessen eigener Verbrauch dieser Leistungen von untergeordneter Bedeutung ist; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Die Sätze 1 bis 6 gelten vorbehaltlich des Satzes 10 auch, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird. Sind Leistungsempfänger und leistender Unternehmer in Zweifelsfällen übereinstimmend vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 2 Nummer 4, 5 Buchstabe b, Nummer 7 bis 12 ausgegangen, obwohl dies nach der Art der Umsätze unter Anlegung objektiver Kriterien nicht zutreffend war, gilt der Leistungsempfänger dennoch als Steuerschuldner, sofern dadurch keine Steuerausfälle entstehen. Die Sätze 1 bis 7 gelten nicht, wenn bei dem Unternehmer, der die Umsätze ausführt, die Steuer nach § 19 Absatz 1 nicht erhoben wird. Die Sätze 1 bis 9 gelten nicht, wenn ein in Absatz 2 Nummer 2, 7 oder 9 bis 11 genannter Gegenstand von dem Unternehmer, der die Lieferung bewirkt, unter den Voraussetzungen des § 25a geliefert wird. In den in Absatz 2 Nummer 4, 5 Buchstabe b und Nummer 7 bis 12 genannten Fällen schulden juristische Personen des öffentlichen Rechts die Steuer nicht, wenn sie die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich beziehen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden keine Anwendung, wenn die Leistung des im Ausland ansässigen Unternehmers besteht

1.
in einer Personenbeförderung, die der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5) unterlegen hat,
2.
in einer Personenbeförderung, die mit einem Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 durchgeführt worden ist,
3.
in einer grenzüberschreitenden Personenbeförderung im Luftverkehr,
4.
in der Einräumung der Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse im Inland,
5.
in einer sonstigen Leistung einer Durchführungsgesellschaft an im Ausland ansässige Unternehmer, soweit diese Leistung im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Messen und Ausstellungen im Inland steht, oder
6.
in der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn erfolgt.

(7) Ein im Ausland ansässiger Unternehmer im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 und 5 ist ein Unternehmer, der im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat; dies gilt auch, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Ausland hat. Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte hat; dies gilt nicht, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Drittlandsgebiet hat. Hat der Unternehmer im Inland eine Betriebsstätte und führt er einen Umsatz nach Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder Nummer 5 aus, gilt er hinsichtlich dieses Umsatzes als im Ausland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig, wenn die Betriebsstätte an diesem Umsatz nicht beteiligt ist. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wird. Ist es zweifelhaft, ob der Unternehmer diese Voraussetzungen erfüllt, schuldet der Leistungsempfänger die Steuer nur dann nicht, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamts nachweist, dass er kein Unternehmer im Sinne der Sätze 1 und 2 ist.

(8) Bei der Berechnung der Steuer sind die §§ 19 und 24 nicht anzuwenden.

(9) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Absatz 1 Satz 3), der andere an Stelle des Leistungsempfängers Steuerschuldner nach Absatz 5 ist.

(10) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung den Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach den Absätzen 2 und 5 auf weitere Umsätze erweitern, wenn im Zusammenhang mit diesen Umsätzen in vielen Fällen der Verdacht auf Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall aufgetreten ist, die voraussichtlich zu erheblichen und unwiederbringlichen Steuermindereinnahmen führen. Voraussetzungen für eine solche Erweiterung sind, dass

1.
die Erweiterung frühestens zu dem Zeitpunkt in Kraft treten darf, zu dem die Europäische Kommission entsprechend Artikel 199b Absatz 3 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der Fassung von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 2013/42/EU (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 1) mitgeteilt hat, dass sie keine Einwände gegen die Erweiterung erhebt;
2.
die Bundesregierung einen Antrag auf eine Ermächtigung durch den Rat entsprechend Artikel 395 der Richtlinie 2006/112/EG in der Fassung von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 2013/42/EG (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 1) gestellt hat, durch die die Bundesrepublik Deutschland ermächtigt werden soll, in Abweichung von Artikel 193 der Richtlinie 2006/112/EG, die zuletzt durch die Richtlinie 2013/61/EU (ABl. L 353 vom 28.12.2013, S. 5) geändert worden ist, die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für die von der Erweiterung nach Nummer 1 erfassten Umsätze zur Vermeidung von Steuerhinterziehungen einführen zu dürfen;
3.
die Verordnung nach neun Monaten außer Kraft tritt, wenn die Ermächtigung nach Nummer 2 nicht erteilt worden ist; wurde die Ermächtigung nach Nummer 2 erteilt, tritt die Verordnung außer Kraft, sobald die gesetzliche Regelung, mit der die Ermächtigung in nationales Recht umgesetzt wird, in Kraft tritt.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zum Vorsteuerabzug.

2

Klägerin ist die Hauptniederlassung der "A A/S". Das Finanzgericht (FG) bezeichnet dagegen im Rubrum die "AD als Zweigniederlassung der A A/S, vertreten durch deren Vorstand MS" als Klägerin und behandelt in seinem Urteil auch die Zweigniederlassung und nicht die Hauptniederlassung als Klägerin.

3

Die Zweigniederlassung wurde als solche gemäß § 13 des Handelsgesetzbuchs (HGB) in das Handelsregister des Amtsgerichts X eingetragen. Die Zweigniederlassung gab für sich als Unternehmerin ab 2008 Umsatzsteuererklärungen ab. In ihren Umsatzsteuererklärungen für 2008 und 2009 sowie für das erste Quartal 2010 erklärte sie keine steuerpflichtigen Umsätze, machte aber Vorsteuerbeträge geltend. Der jeweilige Vorsteuerüberschuss wurde an die Zweigniederlassung ausgezahlt. Der Vorsteuerbetrag für das zweite Quartal 2010 wurde nicht ausgezahlt.

4

Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung verneinte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Unternehmereigenschaft der Zweigniederlassung und setzte mit an die Zweigniederlassung gerichteten Änderungsbescheiden die Umsatzsteuer für die Jahre 2008 und 2009 sowie für das erste Quartal 2010 auf jeweils 0 € fest. Mit Bescheid vom 11. November 2010 setzte das FA auch die Umsatzsteuer für das zweite Quartal 2010 auf 0 € fest.

5

Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch trug die Zweigniederlassung im Wesentlichen vor, dass sie nicht rechtlich selbständig sei; sie sei ein unselbständiger Teil der Hauptniederlassung, könne nicht am Rechtsverkehr teilnehmen und folglich auch nicht Unternehmerin sein. Die Hauptniederlassung sei Unternehmerin i.S. von § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Die Hauptniederlassung werde in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) durch sie, die Zweigniederlassung, tätig.

6

Mit Einspruchsentscheidung vom 15. Februar 2011 wies das FA die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Einsprüche als unbegründet zurück. Die Zweigniederlassung sei als unselbständige Zweigstelle keine Unternehmerin i.S. von § 2 Abs. 1 UStG. Sie nehme nicht selbständig am Rechtsverkehr in Deutschland teil, trage kein Unternehmerrisiko und habe zudem kein eigenes Konto. Sie habe vielmehr nur die Funktion eines Repräsentationsbüros in Deutschland; sämtliche Umsätze seien somit der Hauptniederlassung zuzuordnen. Da es sich dabei um ein im Ausland ansässiges Unternehmen handele, sei für eine Vorsteuervergütung das Bundeszentralamt für Steuern unter den Voraussetzungen der §§ 59 bis 61 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) zuständig. Eine Vorsteuererstattung nach den allgemeinen Vorschriften könne nicht beansprucht werden.

7

Mit der Klage wiederholte die Zweigniederlassung ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Wenn das Büro in Deutschland als Zweigniederlassung eingetragen sei, müssten die damit zusammenhängenden Vorsteuern im Wege des Veranlagungsverfahrens und nicht im Wege des Vergütungsverfahrens erstattet werden. Die Hauptniederlassung sei wegen der inländischen Zweigniederlassung keine ausländische Unternehmerin. Im Übrigen sei es durchaus beabsichtigt gewesen, in Deutschland Umsätze zu erzielen. Sie, die Klägerin, habe in geringem Umfang ertragsteuerliche Erlöse erzielt, weil sie von der Hauptniederlassung einen 5 %igen Aufschlag beim Kostenersatz erhalten habe. Bei der Beurteilung ihrer Unternehmereigenschaft sei zu berücksichtigen, dass eine eigenständige Organisation mit Mitarbeitern vorhanden gewesen sei und Innenumsätze getätigt worden seien.

8

Die Klage hatte keinen Erfolg. Zur Begründung seines in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2013, 218 veröffentlichten Urteils führte das FG im Wesentlichen aus, Klägerin sei die Zweigniederlassung. Diese sei aber keine Unternehmerin i.S. des § 2 Abs. 1 UStG und könne daher auch keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen.

9

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie Verletzung materiellen Rechts geltend macht. Sie vertritt die Auffassung, eine Zweigniederlassung könne in keinem Fall Unternehmer i.S. des § 2 UStG sein. Für einen ausländischen Unternehmer gebe es zwei Möglichkeiten, Vorsteuerbeträge erstattet zu bekommen: das Regelverfahren nach § 18 Abs. 1 bis 4 UStG und das Vergütungsverfahren nach § 18 Abs. 9 UStG. Voraussetzung des Vergütungsverfahrens sei aber, dass es sich um einen ausländischen Unternehmer handele. Das setze gemäß § 59 UStDV aber voraus, dass der Unternehmer im Inland keinen Wohnsitz, keinen Sitz, keine Geschäftsleitung und keine Betriebsstätte habe. Wegen des Bestehens einer Zweigniederlassung in H seien die Voraussetzungen des Vergütungsverfahrens im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Um einen Verstoß gegen das System der Mehrwertsteuer zu vermeiden, müsse der Vorsteuerabzug daher im Regelbesteuerungsverfahren gewährt werden.

10

Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 2008 und 2009 sowie die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für das I. und II. Kalendervierteljahr 2010, jeweils vom 11. November 2010, sowie die Einspruchsentscheidung vom 15. Februar 2011 und das Urteil des FG aufzuheben.

11

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Das FA macht sich im Wesentlichen die Begründung des FG-Urteils zu eigen.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG erweist sich aus anderen als den in den Entscheidungsgründen dargelegten Gründen als zutreffend. Die Klägerin kann den Vorsteuerabzug nicht im Besteuerungsverfahren nach § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG beanspruchen; sie muss Vorsteuerabzugsbeträge vielmehr im besonderen Vergütungsverfahren nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV geltend machen.

14

1. Die Bezeichnung der Klägerin in der Vorentscheidung ist unrichtig. Das FG bezeichnet im Rubrum zu Unrecht als Klägerin die "AD als Zweigniederlassung der A A/S, vertreten durch deren Vorstand MS". Klägerin ist aber nicht die Zweigniederlassung, sondern die "A A/S".

15

Die Auslegung der Klageschrift und der weiteren Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten, die der Senat selbst vornehmen kann (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. April 2012 V R 2/11, BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634; vom 14. November 1986 III R 12/81, BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; vgl. auch BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2008 I B 81/08, BFH/NV 2009, 948), führt zu dem Ergebnis, dass Klägerin von Anfang an die "A A/S" war.

16

a) Prozessuale und außerprozessuale Rechtsbehelfe sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH in entsprechender Anwendung von § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen, wenn eine eindeutige und zweifelsfreie Erklärung fehlt (z.B. BFH-Urteil in BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634). Maßgeblich ist, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Auch bei scheinbar eindeutiger Erklärung hängt die Bestimmung des Klägers von allen dem FA und dem FG als den Empfängern der Klageschrift bekannten oder erkennbaren Umständen tatsächlicher oder rechtlicher Art ab; dabei ist auch der im weiteren Verfahren erfolgte Tatsachenvortrag mit einzubeziehen (z.B. BFH-Urteil in BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634; BFH-Beschlüsse vom 7. Oktober 2009 VII B 26/09, BFH/NV 2010, 441; vom 26. Mai 2009 X B 215/08, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, R683; BFH-Urteil in BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178).

17

b) Danach ist die "A A/S" Klägerin. In der Klageschrift wird die Ansicht vertreten, dass die Zweigniederlassung keine Unternehmerin sei und umsatzsteuerrechtlich auch nicht sein könne. Wenn die Zweigniederlassung aber nicht als Unternehmerin angesehen wird, dann kann sie den geltend gemachten Vorsteueranspruch auch nicht erhalten, weil § 15 Abs. 1 UStG die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers voraussetzt. Die Klageschrift kann dann nur dahin verstanden werden, dass sie von demjenigen erhoben werden soll, der die Grundvoraussetzung des geltend gemachten Anspruchs, die Unternehmereigenschaft, erfüllt; und das ist die "A A/S".

18

2. Die Klägerin kann den ihr als Unternehmerin grundsätzlich zustehenden Vorsteueranspruch aus § 15 Abs. 1 UStG nicht im Besteuerungsverfahren nach § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG geltend machen. Da die Klägerin eine im Ausland ansässige Unternehmerin ist und die übrigen Voraussetzungen des Vergütungsverfahrens nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV erfüllt sind, können die Vorsteuerbeträge nur in diesem besonderen Vergütungsverfahren vergütet werden (BFH-Urteil vom 28. April 1988 V R 95, 96/83, BFHE 153, 247, BStBl II 1988, 748).

19

a) Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren regeln. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in §§ 59 ff. UStDV Gebrauch gemacht.

20

aa) Gemäß § 59 UStDV in der bis 31. Dezember 2009 geltenden Fassung ist die "... Vergütung der abziehbaren Vorsteuerbeträge (§ 15 des Gesetzes) an im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Abs. 4 des Gesetzes)... abweichend von § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 des Gesetzes nach den §§ 60 und 61 durchzuführen, wenn der Unternehmer im Vergütungszeitraum" die in Nr. 1 bis 4 näher bezeichneten --hier vorliegenden-- Voraussetzungen erfüllt. § 13b Abs. 4 UStG definiert als einen im Ausland ansässigen Unternehmer einen Unternehmer, "... der weder im Inland noch auf der Insel Helgoland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat".

21

bb) In § 59 UStDV in der ab 1. Januar 2010 geltenden Fassung durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794) ist an Stelle der Verweisung auf § 13b UStG die Regelung in § 59 Satz 2 UStDV getreten, wonach ein im Ausland ansässiger Unternehmer ein Unternehmer ist, "... der weder im Inland noch auf der Insel Helgoland oder in einem der in § 1 Abs. 3 des Gesetzes bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte hat; maßgebend hierfür ist der Zeitpunkt, in dem die jeweilige Leistung an den Unternehmer ausgeführt wird".

22

cc) Da die weiteren Voraussetzungen des § 59 UStDV erfüllt sind, beantwortet sich die Frage, ob die Klägerin ein ausländischer Unternehmer ist, der den Vorsteuerabzug im Vergütungsverfahren geltend machen muss, nach § 59 UStDV in der bis 31. Dezember 2009 geltenden Fassung danach, ob sie im Inland eine Zweigniederlassung und in der ab 1. Januar 2010 geltenden Fassung danach, ob sie im Inland eine Betriebsstätte hat. Für die Streitjahre 2008 und 2009 ist diese Frage schon deshalb zu bejahen, weil die Zweigniederlassung der Klägerin gemäß § 13 HGB in das Handelsregister des Amtsgerichts X eingetragen war. Für das Streitjahr 2010 gilt nichts anderes, weil nicht ersichtlich ist, dass durch die Ersetzung des Begriffes der Zweigniederlassung durch den der Betriebsstätte inhaltlich eine Rechtsänderung eingetreten sein könnte.

23

b) Die Klägerin ist dennoch eine im Ausland ansässige Unternehmerin, weil die unionsrechtlichen Voraussetzungen einer Ansässigkeit im Inland nicht erfüllt sind, der deutsche Verordnungsgeber mit der in § 59 UStDV getroffenen Regelung das Unionsrecht nicht zutreffend umgesetzt hat und § 59 UStDV richtlinienkonform unter Einbeziehung der unionsrechtlichen Ansässigkeitserfordernisse auszulegen ist.

24

aa) Bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung (II.3.) des § 59 UStDV setzt sowohl der Begriff der Zweigniederlassung als auch der der Betriebsstätte voraus, dass von dort aus Umsätze bewirkt wurden. Das ist ausweislich der von der Zweigniederlassung für die Klägerin eingereichten Umsatzsteuererklärungen aber nicht der Fall. Ob Umsätze beabsichtigt worden sind, ist insoweit ohne Bedeutung.

25

bb) Gemäß Art. 170 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystem-Richtlinie --MwStSystRL--) hat jeder Steuerpflichtige, "... der im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 79/1072/EWG, des Artikels 1 der Richtlinie 86/560/EWG (ab 1.1.2010 des Artikels 1 der Richtlinie 86/560/EWG, des Artikels 2 Nr. 1 und des Artikels 3 der Richtlinie 2008/9/EG) und des Art. 171 der vorliegenden Richtlinie nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem er die Gegenstände und Dienstleistungen erwirbt oder mit der Mehrwertsteuer belastete Gegenstände einführt,... Anspruch auf Erstattung dieser Mehrwertsteuer, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke folgender Umsätze verwendet werden:

        

a) die in Artikel 169 genannten Umsätze

        

b) die Umsätze, bei denen die Steuer nach den Artikeln 194 bis 197 und 199 lediglich vom Empfänger geschuldet wird".

26

Gemäß Art. 171 Abs. 1 der MwStSystRL erfolgt die Erstattung der Mehrwertsteuer an Steuerpflichtige, die nicht in dem Mitgliedstaat, in dem sie die Gegenstände und Dienstleistungen erwerben oder mit der Mehrwertsteuer belastete Gegenstände einführen, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, nach dem in der Richtlinie 79/1072/EWG (ab 1. Januar 2010: Richtlinie 2008/9/EG) vorgesehenen Verfahren.

27

(1) Nach Art. 1 der bis 31. Dezember 2009 geltenden Richtlinie 79/1072/EWG gilt als nicht im Inland ansässiger Steuerpflichtiger, wer in diesem Land weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, noch --in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung-- seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort gehabt hat und im Inland keine Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht hat.

28

(2) Gemäß Art. 3 der ab 1. Januar 2010 geltenden Richtlinie 2008/9/EG gilt diese Richtlinie für jeden nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässigen Steuerpflichtigen, der

-       

im Mitgliedstaat der Erstattung weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von der aus Umsätze bewirkt wurden, noch --in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung-- dort seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat und

-       

keine Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht hat, die als im Mitgliedstaat der Erstattung bewirkt gelten [mit Ausnahme bestimmter Beförderungsleistungen und der Erbringung bestimmter anderer Dienstleistungen].

29

Gemäß Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2008/9 gilt diese Richtlinie für Erstattungsanträge, die nach dem 31. Dezember 2009 gestellt werden, und gemäß Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9 wird die Richtlinie 79/1072/EWG mit Wirkung vom 1. Januar 2010 aufgehoben, wobei sie jedoch für Erstattungsanträge, die vor dem 1. Januar 2010 gestellt werden, weiter gilt.

30

cc) Sowohl Art. 1 der bis 31. Dezember 2009 geltenden Richtlinie 79/1072/EWG als auch Art. 3 Buchst. a der ab 1. Januar 2010 geltenden Richtlinie 2008/9/EG enthalten damit zwei Voraussetzungen, die gleichzeitig erfüllt sein müssen, nämlich zum einen, dass eine "feste Niederlassung" besteht, und zum anderen, dass von dort aus "Umsätze" bewirkt wurden (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 25. Oktober 2012 C-318, 319/11, Daimler und Widex, Umsatzsteuer-Rundschau 2012, 932 Rdnr. 32).

31

3. Zwar obliegt die verfahrensrechtliche Umsetzung unionsrechtlicher Anforderungen an das nationale Steuerrecht mangels einer einschlägigen Unionsregelung autonom den einzelnen Mitgliedstaaten (z.B. BFH-Urteile vom 11. Januar 2012 I R 30/10, BFH/NV 2012, 1105; vom 19. Dezember 2013 V R 5/12, juris; EuGH-Urteile vom 30. Juni 2011 C-262/09, Meilicke u.a., BFH/NV 2011, 1467, Rdnr. 55; vom 15. März 2007 C-35/05, Reemtsma, Slg. 2007, I-2425, Rdnr. 40, jeweils m.w.N.). Das Verfahrensrecht als solches ist aus diesem Grund grundsätzlich einer richtlinienkonformen Auslegung nicht zugänglich. Demgegenüber ist der Begriff der Ansässigkeit ausdrücklich in Art. 1 der bis 31. Dezember 2009 geltenden Richtlinie 79/1072/EWG und in Art. 3 der ab 1. Januar 2010 geltenden Richtlinie 2008/9/EG geregelt. Folglich ist der Begriff der Ansässigkeit richtlinienkonform auszulegen (BFH-Urteile vom 22. Mai 2003 V R 97/01, BFHE 203, 193, BStBl II 2003, 819; vom 10. Februar 2005 V R 56/03, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2005, 1208). Von der "Zweigniederlassung" oder der "Betriebsstätte" (§ 59 UStDV) aus müssen in richtlinienkonformer Auslegung "Umsätze" bewirkt worden sein. Da von der Zweigniederlassung der Klägerin aus keine Umsätze bewirkt wurden, ist die Klägerin ungeachtet ihrer Zweigniederlassung in H ein im Ausland ansässiger Unternehmer und kann den von ihr beanspruchten Vorsteuerabzug nur im Vergütungsverfahren geltend machen.

32

4. Ob der Klägerin der Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren nach §§ 163, 227 der Abgabenordnung zu gewähren sein könnte, kann der Senat im Festsetzungsverfahren nicht entscheiden, weil Steuerfestsetzung und Billigkeitsentscheidung zwei unterschiedliche Verwaltungsakte sind (BFH-Beschlüsse vom 12. Dezember 2012 V B 70/12, BFH/NV 2013, 515; vom 12. Oktober 2010 V B 134/09, BFH/NV 2011, 326). In einem Billigkeitsverfahren könnte zu berücksichtigen sein, dass der deutsche Verordnungsgeber nach Unionsrecht zwingende Voraussetzungen für die Annahme einer Ansässigkeit im Inland bzw. für die Verneinung einer Ansässigkeit im Ausland nicht übernommen hat. Die Klägerin konnte auf der Grundlage des Wortlautes des § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. § 59 UStDV davon ausgehen, dass sie unabhängig von der Ausführung von Umsätzen allein durch ihre Zweigniederlassung in H kein im Ausland ansässiger Unternehmer ist, der Vorsteuerbeträge im Vergütungsverfahren geltend machen muss. Es ist für die Klägerin kaum vorhersehbar gewesen, dass das deutsche Recht das Unionsrecht unzutreffend umgesetzt hat und im Wege der richtlinienkonformen Auslegung korrigiert werden muss. Dass die Voraussetzungen für die Durchführung des von der Klägerin zu beschreitenden Vergütungsverfahrens mittlerweile nicht mehr zu erfüllen sein dürften, könnte eine Härte darstellen, über deren Unbilligkeit angesichts der Versäumnis des deutschen Verordnungsgebers, das Unionsrecht zutreffend umzusetzen, gegebenenfalls noch zu entscheiden sein könnte.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Hat der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und führt er einen Umsatz in einem anderen Mitgliedstaat aus, an dem eine Betriebsstätte in diesem Mitgliedstaat nicht beteiligt ist, so ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet, wenn die Steuer in dem anderen Mitgliedstaat von dem Leistungsempfänger geschuldet wird und keine Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Führt der Unternehmer eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 in einem anderen Mitgliedstaat aus, so ist die Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, auszustellen. In dieser Rechnung sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Wird eine Abrechnung durch Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 über eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 vereinbart, die im Inland ausgeführt wird und für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Absatz 1 und 5 schuldet, sind die Sätze 2 und 3 und Absatz 5 entsprechend anzuwenden.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung im Sinne des § 3c Absatz 1 im Inland aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j teilnimmt.

(3) Führt der Unternehmer eine innergemeinschaftliche Lieferung aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, verpflichtet. In der Rechnung sind auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Satz 1 gilt auch für Fahrzeuglieferer (§ 2a). Satz 2 gilt nicht in den Fällen der §§ 1b und 2a.

(4) Eine Rechnung über die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs muss auch die in § 1b Abs. 2 und 3 bezeichneten Merkmale enthalten. Das gilt auch in den Fällen des § 2a.

(5) Führt der Unternehmer eine Leistung im Sinne des § 13b Absatz 2 aus, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Absatz 5 die Steuer schuldet, ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet; Absatz 1 bleibt unberührt. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung nach § 14 Absatz 4 Satz 1 Nummer 8 wird nicht angewendet.

(6) In den Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 hat die Rechnung die Angabe „Sonderregelung für Reisebüros“ und in den Fällen der Differenzbesteuerung nach § 25a die Angabe „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung“, „Kunstgegenstände/Sonderregelung“ oder „Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung“ zu enthalten. In den Fällen des § 25 Abs. 3 und des § 25a Abs. 3 und 4 findet die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) keine Anwendung.

(7) Wird in einer Rechnung über eine Lieferung im Sinne des § 25b Abs. 2 abgerechnet, ist auch auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinzuweisen. Dabei sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) findet keine Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR219/14
vom
19. November 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. November 2014 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 22. November 2013 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es die Angeklagte S. betrifft.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte S. wegen Steuerhinterziehung in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt; den Angeklagten B. hat es wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte Revision eingelegt, die sie auf Rügen der Verletzung sachlichen und des Verfahrensrechts stützt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Rügen der Verletzung formellen Rechts kommt es nicht mehr an.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Die Angeklagte S. handelte als Zwischenhändlerin mit Verbrauchsgütern , sogenannten „fast moving consumer goods“, vor allem Rasierklingen und Getränkedosen. Zu diesem Zweck betrieb sie im Tatzeitraum zwischen Januar 2009 bis Juli 2010 das Einzelunternehmen E. und ab August 2010 bis Mai 2011 als einzige Gesellschafterin und Geschäftsführerin die E. GmbH.
4
In dem genannten Tatzeitraum waren die beiden Firmen der Angeklagten als sogenannte „buffer“ in von unbekannt gebliebenen Initiatoren „europaweit aufgebaute betrügerische Umsatzsteuerkettengeschäfte eingebunden“. Diesen lag folgendes Muster zugrunde: Die Angeklagte erwarb die tatsächlich existierende Ware von jeweils einem von insgesamt drei in das System eingebundenen inländischen Zwischenhändlern mit Sitz in Deutschland, die die Funktion eines sogenannten missing trader einnahmen. Diese hatten die Ware von in anderen EU-Staaten ansässigen Händlern als innergemeinschaftliche Lieferung erworben und veräußerten sie anschließend zu unauffälligen Preisen unter gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer an die Firmen der Angeklagten. Dabei unterhielten die von den Initiatoren des Umsatzsteuerbetrugs gesteuerten „missing trader“ keinen Geschäftsbetrieb und entfalteten keine Geschäftstätigkeit; sie gaben gegenüber dem Finanzamt gar keine oder falsche Erklärungen ab und waren nur für einen begrenzten Zeitraum aktiv. Die Angeklagte verkaufte die Waren stets mit offenem Ausweis der Umsatzsteuer, „fast ausnahmslos“ an einen einzigen Kunden. Ab Anfang 2011 war vor dem Erwerb durch die Firmen der Angeklagten noch jeweils ein weiterer „buffer“ in die Lieferkette eingebun- den, von dem die Angeklagte die Waren erwarb. Als solche zwischengeschalte- ten „buffer“ agierten zwei Firmen, die von den Initiatoren als „willenlose Werkzeuge“ gesteuert wurden.
5
Den Initiatoren des „Umsatzsteuerbetrugs“ kam es dabei darauf an, dass die „missing trader“ keine Umsatzsteuer erklären bzw. abführen, um auf diese Weise die vom inländischen Erwerber infolge des Weiterverkaufs mitüberwiesene Umsatzsteuer für sich zu vereinnahmen. Sie bemühten sich jedoch da- rum, diese Absicht der Angeklagten gegenüber zu verbergen und sich als „redliche Kaufleute“ zu gerieren. Daher wusste die Angeklagte beim Abschluss der Geschäfte „zwar nicht sicher“ um die Einbindung ihrer Firmen in den Umsatz- steuerbetrug, sie hielt eine solche jedoch zumindest für möglich und billigte sie, um durch den Weiterverkauf einen schnellen Gewinn zu erwirtschaften.
6
Dennoch machte sie in der Jahressteuererklärung 2009 und in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar 2010 bis Mai 2011 die in den Rechnungen der „missing trader“ ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 5.844.667,97 Euro als Vorsteuer geltend.

II.


7
Der Schuldspruch gegen die Angeklagte S. hält der sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
1. Die fehlende Berechtigung zum Vorsteuerabzug der Angeklagten ist nicht in allen Fällen tragfähig begründet.
9
a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt dabei voraus, dass der Unternehmer eine nach §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Vorsteuerabzug dann zu versagen, wenn der Steuerpflichtige - im unionsrechtlichen Sinne - selbst eine Steuerhinterziehung begeht oder wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist und er deswegen als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006 in den Rechtssachen C-439/04 und C-440/04 „Kittel und Recolta Recycling“, Slg. 2006, I-6161, Rn. 53, 55 f.; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 1 StR 312/13, NStZ 2014, 331 ff. mwN).
10
Für die Frage, wann die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen müssen, kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Abgabe der Steueranmeldung an, in welcher der Vorsteuerabzug vorgenommen wird. Vielmehr ist ein Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG dann zulässig, wenn dessen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Ausführung der Lieferungen bzw. sonstigen Leistungen vorgelegen haben. Eine einmal bestehende Berechtigung zum Vorsteuerabzug entfällt auch nicht etwa deshalb nachträglich wieder, weil der Unternehmer später von Umständen Kenntnis erlangt, die einem Vorsteuerabzug entgegengestanden hätten, wenn er sie bereits beim Bezug der Waren gekannt hätte (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 1 StR 312/13, NStZ 2014, 331, 334).
11

b) Diese Maßgaben hat das landgerichtliche Urteil nicht bedacht. Vielmehr lassen die Urteilsausführungen besorgen, dass es hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen für die fehlende Berechtigung zum Vorsteuerabzug unzutreffend auf einen späteren Zeitpunkt abgestellt hat.
12
Zwar stellt die Strafkammer im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung fest, dass die Angeklagte S. schon bei Abschluss der Geschäfte mit den „missing trader“ die Einbindung ihrer Firmen in ein Umsatzsteuerkarussell billigend in Kauf genommen hat. Dies wird jedoch von den beweiswürdigenden Erwägungen zum Vorstellungsbild der Angeklagten S. nicht getragen. Denn dort ist als Ergebnis der von der Strafkammer angestellten Würdigung festgehalten, dass aufgrund der Gesamtheit der Indizien keine Zweifel daran bestünden, dass „die Angeklagte bei Abgabe der Umsatzsteuererklärungen einen un- berechtigten Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der missing trader bzw. buffer um ihrer Geschäfte willen zumindest billigend in Kauf nahm“.
13
aa) Bei den die Geschäftsbeziehungen zu jedem einzelnen „missing trader“ bzw. vorgeschalteten „buffer“ betreffenden Erwägungen - eine zusammenfassende Würdigung findet sich insoweit nicht - ist dann für die Firmen D. , R. , I. , IE. zwar noch festgestellt, dass die Angeklagte „auch während der Geschäftsbeziehungen“ dieses Vorstellungsbild hatte. Damit ist aber nicht belegt, dass die Angeklagte S. zum relevanten Zeitpunkt, nämlich dem Bezug der jeweiligen Waren, um ihre fehlende Berechtigung zum Vorsteuerabzug wusste. Dies wird erhellt durch die Differenzierung hinsichtlich des Zeitpunkts des Vorliegens eines bedingten Vorsatzes der Angeklagten S. . Konnte die Strafkammer sich betreffend Handelsbeziehungen zum „missing trader“ Ra. davon überzeugen, dass der bedingte Vorsatz schon zu deren Beginn vorlag, so ist für die Feststellung zum Vorstellungsbild in Bezug auf die anderen „missing trader“ bzw. „buffer“ ein anderer, späterer Zeitpunkt gewählt.
14
bb) Daneben lassen aber die von der Strafkammer im Rahmen ihrer jeweiligen Gesamtwürdigung herangezogenen Indizien ebenfalls besorgen, dass sie sich des rechtlich relevanten Zeitpunkts für das Vorstellungsbild der Angeklagten nicht bewusst war und sich mithin jedenfalls für die ersten Lieferungen auch keine entsprechende Überzeugung gebildet hat. So gründet sie ihre Überzeugung maßgeblich auf Fehler und Mängel, die sich aus den Rechnungen der jeweils betroffenen Firmen ergeben. Das Landgericht stellt aber nicht fest, wann der Angeklagten diese Unterlagen zugegangen sind. Ob dies in der Gesamtheit tatsächlich vor sämtlichen Lieferungen erfolgte, ist weder festgestellt, noch kann es den sonstigen Umständen der Handelstätigkeit der Angeklagten, die die Waren erst nach dem Weiterverkauf an ihre Kunden selber erwarb, entnommen werden.
15
cc) Zwar ist für die Geschäftsbeziehungen zur als „missing trader“ agierenden Firma Ra. festgestellt, dass die Angeklagte schon zu Beginn der Geschäftsbeziehungen die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen erfüllte (oben II.1.b.aa). Dies entbehrt aber einer tragfähigen Grundlage. Denn die Überzeugung wird maßgeblich auf Fehler und Mängel in den Rechnungen der Ra. gestützt. Auch insoweit ist nicht festgestellt, wann diese der Angeklagten vorgelegen haben und ob dies bereits vor Bezug der ersten Ware geschehen ist, mithin schon zu diesem Zeitpunkt Einfluss auf ihr Vorstellungsbild haben konnte.
16
2. Daneben leidet das Urteil an der fehlenden Nachvollziehbarkeit der Steuerberechnung. Die Urteilsgründe müssen die für erwiesen erachteten Tat- sachen mitteilen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 1989 - 3 StR 55/89, BGHR, StPO, § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 4; Beschluss vom 19. April 2007 - 5 StR 549/06, NStZ 2007, 595; Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08, NStZ 2009, 639, 640). Bei der Steuerhinterziehung, bei der die Strafvorschrift des § 370 AO durch die im Einzelfall anzuwendenden steuerrechtlichen Vorschriften materiell-rechtlich ausgefüllt wird, müssen die jeweiligen Umstände festgestellt werden, aus denen sich ergibt, welches steuerlich erhebliche Verhalten im Rahmen der jeweiligen Abgabenart zu einer Steuerverkürzung geführt hat. Dazu gehören insbesondere auch diejenigen Parameter, die maßgebliche Grundlage für die Steuerberechnung sind (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2011 - 1 StR 154/11). Die auf den Besteuerungsgrundlagen aufbauende Steuerberechnung ist Rechtsanwendung und daher Aufgabe des Tatrichters (Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08, NStZ 2009, 639, 640; Beschluss vom 25. März 2010 - 1 StR 52/10, wistra 2010, 228; Beschluss vom 13. Juli 2011 - 1 StR 154/11; Beschluss vom 19. November 2013 - 1 StR 498/13 wistra 2014, 102).
17
Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht in vollem Umfang gerecht, da es eine Auflistung der einzelnen Umsätze und deren Verteilung auf die jeweiligen Veranlagungszeiträume und die Bezugsquellen vermissen lässt. Soweit es stattdessen auf eine Berechnung durch einen zeugenschaftlich vernommenen Steuerfahnder verweist, ersetzt dies eine solche Darstellung nicht. Denn es ermöglicht dem Senat nicht, die Berechnung der von der Angeklagten hinterzogenen Steuern nachzuvollziehen. Dies gilt insbesondere, soweit für die Berech- nungsweise des Zeugen wiedergegeben wird, er habe „im Falle für ihn nicht erklärlicher Differenzen“ bzw. bei für ihn nicht erklärlichen Abweichungen der erklärten Vorsteuern von den Buchhaltungsunterlagen den für die Angeklagte günstigsten Wert angenommen. Insoweit weist der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zu Recht darauf hin, dass es sich um eine Schlussfolgerung handelt, die mangels Kenntnis ihrer Grundlagen nicht nachvollzogen werden kann. Soweit das Urteil darauf verweist, dass der Zeuge die Steuerverkürzung berechnet habe, die auch der Anklageschrift zugrunde lag, weckt dies angesichts des von der Revision aufgezeigten Rechenfehlers für den Veranlagungszeitraum 2011, der sich gleichlautend in der Anklageschrift findet, durchgreifende Zweifel an der Berechnungsweise.
18
Dieser Darstellungsmangel stellt einen Rechtsfehler dar, der sich auf den Schuldspruch auswirkt. Denn es kann angesichts der nicht nachvollziehbaren Berechnung nicht ausgeschlossen werden, dass in einem Veranlagungszeitraum kein unberechtigter Vorsteuerabzug erklärt wurde.
19
3. Der Senat hebt das Urteil einschließlich sämtlicher Feststellungen auf; der nunmehr zur Entscheidung aufgeforderte Tatrichter kann so die erforderlichen Feststellungen insgesamt neu treffen.
20
4. Sollte das neu zuständige Tatgericht abermals zu dem Schluss kommen , dass die Firmen der Angeklagten Waren von als „missing trader“ agierenden Firmen bezogen, ohne aber mit diesen bzw. den Initiatoren des Umsatzsteuerhinterziehungskarussells kollusiv zusammenzuwirken, wird es eine sorgfältige Gesamtwürdigung der für und gegen die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen sprechenden Umstände vorzunehmen haben. Soweit es hierfür den Umstand berücksichtigen möchte, dass bei der Geschäftskorrespondenz der Angeklagten mit den jeweiligen „missing trader“ bzw. den vorgeschalteten „buf- fer“ teilweise identische Rechtschreibfehler und Mängel vorgelegen haben, so wird es die daraus resultierenden Folgerungen für das Vorstellungsbild der Angeklagten zu würdigen haben, allein der Hinweis darauf ersetzt eine solche Würdigung nicht.
Graf Cirener Radtke
Mosbacher Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 447/14
vom
22. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
8. Juli 2015, in der Sitzung am 22. Juli 2015, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener
und der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Mosbacher,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 8. Juli 2015 -
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. Februar 2014, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte S. der Steuerhinterziehung in sechs Fällen sowie der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sechs Fällen schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen dahingehend abgeändert , dass der Angeklagte wie folgt verurteilt ist: aa) hinsichtlich der Fälle 2 und 10 der Anklage (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat September 2009 bzw. das 3. Quartal 2009) zu einer einheitlichen Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bb) hinsichtlich der Fälle 4 und 14 der Anklage (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat Januar 2010) zu einer einheitlichen Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je zehn Euro sowie cc) hinsichtlich der Fälle 5 und 15 der Anklage (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Monat März 2010) zu einer einheitlichen Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten; die in diesen Fällen darüber hinaus festgesetzten Einzelstrafen entfallen;
c) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall 3 der Anklage sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten S. wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen sowie wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen.
2
Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revisionen. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet.

A.

3
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
Der nicht revidierende Mitangeklagte G. war Initiator eines im Zeitraum April 2009 bis März 2010 betriebenen und auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer im Handel mit CO2-Emissionszertifikaten ausgerichteten „Betrugssystems“ , in das ab September 2009 auch der Angeklagte S. eingebunden war.
5
Die im Inland ansässige E. GmbH (im Folgenden: E. ), die von G. faktisch beherrscht wurde, erwarb ab April 2009 CO2- Emissionszertifikate „umsatzsteuerfrei“im Ausland. Die Zertifikate wurden zeit- nah an die ebenfalls von G. geführte I. S.A. (im Folgenden : I. ) mit Sitz in Luxemburg weiterveräußert, die der E. über die Leistungen Gutschriften unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer erteilte. Die I. veräußerte die Zertifikate an die vom Angeklagten S. geführte C. GmbH (im Folgenden: C. ), wobei auch insoweit im Gutschriftsverfahren unter Ausweis deutscher Umsatzsteuer abgerechnet wurde. Die C. veräußerte die Zertifikate an mehrere deutsche Abnehmer , darunter auch Banken, weiter. Nach dem 7. Januar 2010 schied die E. aus der Leistungskette aus. Die I. erwarb die Zertifikate ab diesem Zeitpunkt direkt aus dem Ausland, erteilte aber dennoch weiterhin Gutschriften mit Ausweis deutscher Umsatzsteuer an die E. und leistete entsprechende Zahlungen.
6
Die E. , die als sog. Missing Trader in das Umsatzsteuerbetrugssystem eingebunden war, erklärte in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für das zweite, dritte und vierte Quartal 2009 zwar die Umsätze aus der Veräußerung der Zertifikate an die I. . Um die Umsatzsteuerschuld zu mindern, machte sie jedoch einen Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen vermeintlicher inländischer Lieferanten geltend (Fälle 1 bis 3 der Anklage). Für die Monate Januar und März 2010 gab sie keine Umsatzsteuervoranmeldungen mehr ab (Fälle 4 und 5 der Anklage). Nach den Berechnungen der Strafkammer wurde hierdurch zugunsten der E. insgesamt Umsatzsteuer in Höhe von 11.484.179,12 Euro verkürzt (UA S. 50 - 55, 125).
7
In den Umsatzsteuervoranmeldungen der I. , die als sog. Buffer auftrat, erklärte der Mitangeklagte G. als deren Geschäftsführer für die Voranmeldungszeiträume April bis Juli 2009, September 2009 bis Januar 2010 sowie März 2010 die Leistungen an die C. – teilweise allerdings mit niedrigeren als den Rechnungsbeträgen – als steuerpflichtige Umsätze und machte dabei die in den der E. erteilten Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer zu Unrecht als Vorsteuer geltend (Fälle 6 - 15 der Anklage). Dadurch wurde nach den Berechnungen des Landgerichts zugunsten der I. insgesamt Umsatzsteuer in Höhe von 10.667.491,10 Euro verkürzt (UA S. 55 - 66, 125 f.).
8
Für die als weiteren „Buffer“ eingeschaltete C. machte der Angeklagte S. als deren Geschäftsführer in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September 2009 bis Januar 2010 sowie März 2010 zu Unrecht einen Vorsteuerabzug aus den der I. erteilten Gutschriften geltend (Fälle 20 bis 25 der Anklage). Der Angeklagte S. hatte im August 2009 erkannt, dass die C. in ein Umsatzsteuerbetrugssystem eingebunden war und die I. lediglich zum Zwecke des Umsatzsteuerbetrugs mit Emissionszertifikaten handelte. Er wusste zudem, dass mindestens ein weiteres Unternehmen in die Umsatzsteuerbetrugskette eingeschaltet war, das seinerseits Steuern verkürzte, und billigte dies. Hierdurch wurde nach den Berechnungen des Landgerichts zugunsten der C. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 4.663.456,61 Euro verkürzt (UA S. 67 - 73, 126).

B.


9
I. Die Verfahrensrüge, mit der der Angeklagte S. eine Verletzung von § 257b StPO i.V.m. § 273 Abs. 1 Satz 2 StPO geltend macht, dringt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen nicht durch.
10
II. Mit der Sachrüge hat die Revision des Angeklagten teilweise Erfolg. Sie führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs und zu einer Aufhebung von Teilen des Strafausspruchs. 1. Die Verurteilung des Angeklagten S. wegen Hinterziehung von
11
Umsatzsteuer zugunsten der C. in sechs Fällen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) wird von den Feststellungen getragen.
12
Der Angeklagte machte als Geschäftsführer der C. in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September 2009 bis Januar 2010 sowie März 2010 unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen, indem er die in den der I. erteilten Gutschriften offen ausgewiesene Umsatzsteuer zu Unrecht als Vorsteuer geltend machte (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich
13
geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen abziehen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt dabei voraus, dass der Unternehmer eine Rechnung bzw. Gutschrift i.S.v. §§ 14, 14a UStG besitzt. Der Vorsteuerabzug ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union jedoch dann zu versagen, wenn der Steuerpflichtige - im unionsrechtlichen Sinne - selbst eine Steuerhinterziehung begeht oder wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist und er deswegen als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist (vgl. EuGH, Urteile vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 u.a., Kittel und Recolta Recycling, Slg. 2006, I-6161 und vom 18. Dezember 2014, Rechtssache C-131/13 u.a., Italmoda, DStR 2015, 573; BGH, Beschluss vom 19. November 2014 - 1 StR 219/14, wistra 2015, 147 mwN). Für die Frage, ob die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug vorliegen , ist nicht der Zeitpunkt der Abgabe der Steueranmeldung, in welcher der Vorsteuerabzug vorgenommen wird, maßgeblich, sondern derjenige der Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2015 - 1 StR 216/14, NStZ 2015, 283 mwN und vom 1. Oktober 2013 – 1StR 312/13, NStZ 2014, 331). Der Angeklagte erkannte Mitte August 2009, dass die C. in eine Umsatzsteuerbetrugskette eingebunden war, so dass jedenfalls für die ab September 2009 bezogenen Leistungen der Vorsteuerabzug zu Unrecht geltend gemacht wurde. 2. Auch die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte S. habe
14
durch den Ankauf der CO2-Zertifikate und die Erteilung der Gutschriften zu Steuerhinterziehungen zugunsten der Firmen I. und E. Hilfe geleistet (§ 27 StGB), hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Als Hilfeleistung im Sinne des § 27 StGB ist grundsätzlich jede Hand15 lung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 21). Ist eine Person in ein auf Hinterziehung von Umsatzsteuer ausgerichtetes Gesamtsystem integriert, fördert sie, wenn sie von den anderen Geschäften in der Lieferkette Kenntnis hat, als Gehilfe mit ihrem eigenen Beitrag innerhalb der Lieferkette auch jeweils eine Umsatzsteuerhinterziehung der anderen Mitglieder, die an den auf Hinterziehung der Umsatzsteuer gerichteten Geschäften beteiligt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2002 - 5 StR 212/02, NStZ 2003, 268).

16
b) Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern; Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 21 mwN). Entscheidend ist, dass der Gehilfe die Dimension der Tat erfassen kann (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 - 1 StR 454/14, NStZ-RR 2015, 75). Ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden würde, ist dagegen nicht entscheidend. Es reicht, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Hilfeleistende dies weiß (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 21). Ausgehend von diesen Maßstäben sind hier die tatsächlichen Vorausset17 zungen für das Vorliegen des Gehilfenvorsatzes rechtsfehlerfrei festgestellt. Der Angeklagte S. hat – was er selbst eingeräumt hat – im August 2009 erkannt , dass die C. vom Mitangeklagten G. in eine Umsatzsteuerbetrugskette eingebunden worden war, in die mindestens ein weiteres Unternehmen eingeschaltet war, das seinerseits Steuern verkürzte. Damit konnte der Angeklagte S. auch die Dimension der Steuerverkürzung erfassen und nahm diese billigend in Kauf.
18
3. Entgegen der Auffassung der Revision, wonach es sich bei den Beihilfetaten des Angeklagten S. um mitbestrafte Vortaten der von ihm täterschaftlich begangenen Steuerhinterziehung zugunsten der C. handeln soll, ist das Landgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Taten zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit i.S.v. § 53 StGB stehen. Denn die Steuerverkürzungen betreffen Steueransprüche gegenüber unterschiedlichen Steuerpflichtigen, nämlich die Steueransprüche betreffend die Umsatzsteuer gegenüber der C. einerseits und der E. bzw. der I. andererseits.
Gleichwohl begegnet die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Beihilfeta19 ten des Angeklagten S. durch das Landgericht insoweit durchgreifenden Bedenken, als das Landgericht den Ankauf der Emissionszertifikate in den betreffenden Voranmeldungszeiträumen jeweils als eigenständige Beihilfe zur Hinterziehung der Umsatzsteuer zugunsten der E. und zugunsten der I. gewertet hat. Ob bei Beihilfe Tateinheit oder Tatmehrheit anzunehmen ist, hängt von
20
der Anzahl der Beihilfehandlungen und der vom Gehilfen geförderten Haupttaten ab. Tatmehrheit gemäß § 53 StGB ist anzunehmen, wenn durch mehrere Hilfeleistungen mehrere selbstständige Taten gefördert werden, also den Haupttaten jeweils eigenständige Beihilfehandlungen zuzuordnen sind. Dagegen liegt eine einheitliche Beihilfe i.S.v. § 52 StGB vor, wenn der Gehilfe mit einer einzigen Unterstützungshandlung zu mehreren Haupttaten eines anderen Hilfe leistet (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2008 - 5 StR 594/07, wistra 2008, 217). Dasselbe gilt wegen der Akzessorietät der Teilnahme, wenn sich mehrere Unterstützungshandlungen auf dieselbe Haupttat beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107).
21
Nach diesen Grundsätzen hat der Angeklagte S. im jeweiligen Voranmeldungszeitraum durch den Ankauf der Emissionszertifikate und die Erteilung von Gutschriften sowohl zur Hinterziehung von Umsatzsteuer zugunsten der E. als auch gleichzeitig zugunsten der I. Hilfe geleistet. Somit liegt entgegen der Annahme des Landgerichts eine einheitliche Beihilfe zu mehreren Haupttaten vor; der Schuldumfang bleibt hiervon unberührt. Damit bilden die zugunsten sowohl der E. als auch der I. vorgenommenen Unterstützungshandlungen hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume September 2009 betr. I. bzw. 3. Quartal 2009 (Anteil September 2009) betr. E. (Fälle 2 und 10 der Anklage), Januar 2010 (Fälle 4 und 14 der Anklage) und März 2010 (Fälle 5 und 15 der Anklage) jeweils nur eine selbstständige Tat der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Die Unterstützungshandlungen zur Hinter- ziehung von Umsatzsteuer zugunsten der E. für das 4. Quartal 2009 (Fall 3 der Anklage) gehen in denjenigen zur Hinterziehung von Umsatzsteuer zugunsten der I. für die Monate Oktober bis Dezember 2009 (Fälle 11 bis 13 der Anklage) auf. Eine eigenständige Beihilfe im Fall 3 der Anklage liegt damit nicht vor. Es gefährdet daher den Bestand des Urteils nicht, dass bei isolierter Betrachtung des Falles 3 der Anklage lediglich eine Beihilfe zu einer versuchten Steuerhinterziehung vorgelegen hätte, weil das Finanzamt in diesem Fall die gemäß § 168 Satz 2 AO erforderliche Zustimmung zur Auszahlung des geltend gemachten Umsatzsteuerüberhangs verweigert hatte (UA S. 53; vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 1 StR 182/14, wistra 2015, 188 und Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 StR 196/14, wistra 2014, 486).
22
Der Senat ändert daher den Schuldspruch dahingehend ab, dass der Angeklagte neben der Steuerhinterziehung in sechs Fällen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in lediglich sechs (statt zehn) Fällen schuldig ist. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte S. nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. 4. Die abweichende konkurrenzrechtliche Beurteilung wirkt sich – trotz
23
insgesamt unveränderten Schuldumfangs – auf die verhängten Einzelstrafen aus. Sie haben teilweise zu entfallen. Auch die vom Landgericht verhängte Gesamtstrafe hat keinen Bestand.
24
a) Soweit mehrere vom Landgericht als rechtlich selbstständig gewertete Beihilfetaten jeweils eine Tat im materiellen Sinn darstellen, hält der Senat die jeweils höchste für diese Taten vom Landgericht verhängte Einzelstrafe aufrecht (§ 354 Abs. 1 StPO analog). Denn es ist wegen des bei Annahme einer einheitlichen Beihilfe höheren Schuldumfangs ausgeschlossen, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Einstufung der Taten eine geringere Einzelstrafe als die jeweils höchste für einen Teil des Tatunrechts festgesetzte verhängt hätte. Die weiteren für Teile der einheitlichen Tat verhängten Einzelstrafen entfallen. Auch die für Fall 3 der Anklage festgesetzte Einzelstrafe, zugleich die Einsatzstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten, fällt weg, weil es insoweit neben den Taten in den Fällen 11 bis 13 der Anklage an einer weiteren eigenständigen Beihilfetat fehlt. Hierdurch wird der Angeklagte nicht beschwert.
25
b) Die Strafzumessung der Einzelstrafen weist im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten S. auf. Insbesondere hat das Landgericht hinsichtlich der Beihilfetaten bei der Strafrahmenwahl zutreffend darauf abgestellt, ob das Gewicht der Beihilfehandlung selbst die Annahme eines besonders schweren Falls i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 1 AO rechtfertigt. Es hat insbesondere nicht verkannt, dass das Vorliegen des vertypten Milderungsgrunds Beihilfe (§ 27 Abs. 2 Satz 2 StGB) Anlass sein kann, einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung zu verneinen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 StR 142/14, wistra 2015, 235).
c) Der Wegfall von Einzelstrafen, darunter der Einsatzstrafe, zieht die Auf26 hebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Der Senat kann trotz gleichbleibenden Schuldumfangs auch angesichts der zahlreichen verbleibenden Einzelstrafen nicht ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Beurteilung der Tatkonkurrenzen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe
27
erkannt hätte. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von den Rechtsfehlern nicht betroffen sind.
Raum Graf Jäger
Cirener Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 24/10
vom
8. Februar 2011
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
Jedenfalls dann, wenn derjenige, für den eine Lieferung ausgeführt wird, weiß,
dass diese Teil eines auf Hinterziehung von Umsatzsteuer angelegten Systems
ist, so ist er hinsichtlich dieser Lieferung nicht als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG
tätig. Macht er dennoch die in einer Rechnung für diese Lieferung ausgewiesene
Umsatzsteuer nach § 15 UStG als Vorsteuer geltend, begeht er eine Steuerhinterziehung.
BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 24/10 - LG Hamburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung
zu 2.: versuchter Steuerhinterziehung
zu 3.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 4.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 5.: Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Februar 2011 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. August 2009 werden als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Verfahrensgegenstand sind Steuerdelikte (Hinterziehung von Umsatzsteuer ), die in den Veranlagungszeiträumen 2006 und 2007 im Rahmen von „zwei groß angelegten und gut organisierten sowie auf Verschleierung ausgerichteten Steuerhinterziehungssystemen“ begangen (System „B. “, B. GmbH & Co. KG in S. ; Steuerverkürzung durch unberechtigte Geltendmachung von Vorsteuer in Höhe von etwa 10 Mio. €) oder versucht (System „H. “, H. AG & Co. KG; vergebliche unberechtigte Geltendmachung von Vorsteuer in Höhe von etwa 4,8 Mio. €) wurden. Die in näher festgestellter Weise hieran beteiligten Angeklagten wurden, differenziert nach Art und Maß ihrer Beteiligung, wegen vollendeten und/oder versuchten Steuerhinterziehungen jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.
2
Ihre auf eine von allen Angeklagten erhobene Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revisionen bleiben erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.



3
Mit der Verfahrensrüge wird geltend gemacht, der in der am 5. November 2008 begonnenen Hauptverhandlung häufig als alleiniger Urkundsbeamter der Geschäftsstelle (Protokollführer) eingesetzte Justizfachangestellte K. sei zuvor entgegen § 153 Abs. 5 GVG nicht mit dieser Aufgabe betraut worden; daher sei insoweit die Hauptverhandlung entgegen § 226 Abs. 1 StPO ohne Urkundsbeamten der Geschäftsstelle durchgeführt worden (§ 338 Nr. 5 StPO).
4
1. Folgendes liegt zu Grunde:
5
Der Justizfachangestellte K. war nach Bestehen der entsprechenden Prüfung seit 2004 am Verwaltungsgericht Hamburg tätig und dort 2006 mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle betraut worden. Zum 15. September 2008 wechselte er zum Landgericht Hamburg. Mit Verfügung vom 22. September 2008 übertrug ihm die Personalleiterin die Aufgaben eines Angestellten in Serviceeinheiten. Mit Schreiben vom 11. August 2009 (dem Tag vor der Verkündung des angefochtenen Urteils) betraute ihn der Geschäftsleiter des Landgerichts im Auftrag der Präsidentin des Landgerichts mit Wirkung vom 15. September 2008 mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Landgericht.
6
2. Eine Betrauung mit der Aufgabe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle muss erfolgen, bevor der Betraute diese Aufgabe wahrnimmt (OLG Hamburg, MDR 1984, 337; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 153 GVG Rn. 3), sie ist also nicht rückwirkend möglich. Wäre sie erst am 11. August 2009 erfolgt, wären zuvor bezüglich des Justizfachangestellten K. die Voraussetzungen des § 153 Abs. 5 GVG nicht erfüllt gewesen.
7
3. Der Senat entnimmt jedoch die entsprechende Betrauung des Justizfachangestellten K. mit genügender Klarheit der genannten Verfügung der Personalleiterin vom 22. September 2008.
8
a) Unter den Voraussetzungen von § 153 Abs. 5 GVG hier in Verbindung mit § 8 der Allgemeinen Verfügung Nr. 22 (AV 22) der Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. Dezember 2004 (HmbJVBl 2004, 95 f.) können Angestellte mit der Aufgabe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle betraut werden. Es handelt sich dabei um ein Geschäft der Justizverwaltung i.S.v. § 22 Satz 1 HmbAGGVG, das den Gerichtspräsidenten zugewiesen ist. Diese können gemäß § 22 Satz 2 HmbAGGVG zur Erledigung ihnen zugewiesener Justizverwaltungsgeschäfte die ihrer Dienstaufsicht unterstellten Justizangehörigen heranziehen. Die Personalleiterin untersteht der Dienstaufsicht der Präsidentin des Landgerichts. Sie ist, wie sich aus der ergänzenden Revisionsgegenerklärung der Staatsanwaltschaft im Einzelnen ergibt, unter anderem mit der Entscheidung über den Einsatz von Angestellten im Geschäftsbereich des Landgerichts betraut. Einen Grundsatz, wonach insoweit eine Einschränkung gelte, weil die Betrauung mit der Aufgabe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle durch den Präsidenten selbst erfolgen müsse, gibt es nicht (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1985 - 1 StR 18/85, StV 1985, 492;allgemein zur Möglichkeit , diese nicht an eine bestimmte Form gebundene Betrauung zugleich mit der Zuweisung weiterer Aufgaben an den Angestellten zu verbinden, vgl. OLG Bremen StV 1984, 109; Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl., § 153 Rn. 22).
9
b) Die Voraussetzungen von § 153 Abs. 5 GVG liegen hier vor. Bei Einführung dieser Bestimmung (Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 19. Dezember 1979, BGBl. I 2306) war die Ausbildung von Justizangestellten nicht auf eine Tätigkeit als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle ausgerichtet (BT-Drucks. 8/2024, S. 10, 14). Daher sollte sichergestellt werden, dass nur geeignete Angestellte (BT-Drucks. aaO S. 14) nach sorgfältiger Prüfung im Einzelfall mit dieser Aufgabe betraut wurden (vgl. Kissel/Mayer aaO). Inzwischen umfasst die Berufsausbildung zum Justizfachangestellten auch das Führen von Hauptverhandlungsprotokollen in Strafsachen (vgl. § 3 Nr. 8 und § 4 der - bundeseinheitlichen - VO über die Berufsausbildung zum/zur Justizfachangestellten vom 26. Januar 1998 i.V.m. Nr. 8b der Anlage zu § 4 JFangAusbV). Wer die Abschlussprüfung als Justizfachangestellter bestanden hat (§ 8 JFangAusbV), bietet daher grundsätzlich die Gewähr für die gebotene Sachkunde bei der Protokollführung in Strafsachen. Dies deckt sich mit dem von der Revision vorgelegten Schreiben der Präsidentin des Landgerichts vom 19. November 2009, wonach ein Justizfachangestellter nach bestandener Prüfung als zur Protokollführung befähigt angesehen wird.
10
c) Dementsprechend ist auch in der Stellenbeschreibung - die die objektiven Kriterien bestimmt, die man erfüllen muss, um für die Übertragung des Dienstpostens in Betracht zu kommen (allgemein zum Rechtscharakter von Stellenbeschreibungen vgl. BAG AP GG Art. 33 Nr. 59; BAG NZA 2005, 1185, 1187) - , die der Einstellung des Justizfachangestellten K. zu Grunde lag, die Protokollführung in Strafsachen als ein wesentlicher Tätigkeitsschwerpunkt genannt; auf sie entfallen 30 % der Arbeitszeit. Dem entsprechend lautet die Funktionsbezeichnung dieser Stelle „Geschäftsstellenverwaltung mit Protokollführung in einer … Strafkammer“. Dem entspricht, dass eine Tätigkeit als Protokollführer in Strafsachen ein Tätigkeitsmerkmal ist, das dazu führt, dass die Stelle - wie hier - in die Vergütungsgruppe VIb BAT eingruppiert ist, während im übrigen vergleichbare, aber nicht mit Protokollführung in Strafsachen verbundene Stellen regelmäßig in die Vergütungsgruppe VII BAT eingruppiert sind, also niedriger besoldet werden.

11
d) Die ihm vorgelegten nachträglichen Erläuterungen der Justizverwaltung versteht der Senat insgesamt dahin, dass die in der Verfügung vom 22. September 2008 liegende Betrauung des Justizfachangestellten K. mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mit dem genannten Schreiben vom 11. August 2009 ausdrücklich auch schriftlich zum Ausdruck gebracht werden sollte. Der Senat bemerkt jedoch, dass ein von Beginn an klar dokumentiertes, nicht auslegungsbedürftiges Verwaltungshandeln das Verfahren entlastet hätte.

II.


12
Auch die Sachrügen bleiben erfolglos.
13
1. Die abgeurteilten Taten (vor I) beruhten auf folgendem Hinterziehungssystem :
14
a) Es wurden zum Schein Fakturierungsketten aufgebaut, die den Firmen B. und H. den Abzug von in Rechnungen ausgewiesener Umsatzsteuer als Vorsteuer ermöglichen sollten. Zu diesem Zweck wurden jeweils mindestens zwei Gesellschaften vorgeschaltet, deren Aufgabe im Wesentlichen darin bestand, Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer zu erstellen. Irgendeinen Spielraum hatten sie dabei nicht, die Rechnungen waren ihnen zuvor von den Angeklagten samt Lieferpapieren übersandt worden. Die Rechnungssummen waren dabei planmäßig so gewählt, dass ein „Umsatzsteuergewinn“ erwirtschaftet wurde, der verschleiert an Firmen im Ausland transferiert werden konnte.
15
b) Im Einzelnen wurde folgende Vorgehensweise gewählt:
16
Die jeweils erste Firma der Kette „erwarb“ die Waren aufgrund einer innergemeinschaftlichen Lieferung umsatzsteuerfrei von Unternehmern aus anderen EU-Staaten. Diese erste Firma „veräußerte“ sie dann an eine andere in Deutschland ansässige Firma. Der Nettoausgangsrechnungsbetrag wurde gegenüber dem Nettoeingangsrechnungsbetrag um gut 100 % „aufgepreist“. Die in diesen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer wurde von der ersten Gesellschaft der jeweiligen Kette weder angemeldet noch abgeführt. Die dann in der Kette nachfolgende Gesellschaft fakturierte die Waren mit geringem Aufpreis - direkt oder unter Einschaltung einer dritten Gesellschaft - an die Firma B. oder die Firma H. weiter. Die in den entsprechenden Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer wurde angemeldet und abgeführt. Damit sollten sich die Umsätze der Firmen B. und H. gegenüber den Finanzbehörden als unauffällig darstellen. Diese Firmen generierten den „Umsatzsteuergewinn“, indem sie die in den an sie gerichteten Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machten. Die Waren wurden umsatzsteuerfrei an Firmen im europäischen Ausland - jedenfalls auf dem Papier - weitergeleitet.
17
2. Obwohl die Firmen B. und H. danach keinen Anspruch auf Abzug oder Erstattung von Vorsteuer hatten, haben die Angeklagten den Abzug der in den jeweiligen Eingangsrechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer veranlasst und so durch unrichtige Erklärungen Steuern verkürzt oder dies versucht.
18
Hier kommt allein eine Vorsteuererstattung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in Betracht. Eine Vorsteuererstattung setzt voraus, dass in Rechnungen (§ 14 UStG) für Lieferungen eines anderen Unternehmers (§ 2 Abs. 1 UStG) an den Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, gesondert Umsatzsteuer ausgewiesen ist. Die in den Fakturierungsketten den Firmen B. bzw. H. vorgeschalteten Gesellschaften waren hier jedoch in diesem Sinne keine Unternehmer, sondern nicht als Unternehmer einzustufende Strohmänner.
19
Bei der Entscheidung darüber, ob umsatzsteuerrechtlich ein Unternehmer vorliegt, ist die Gesamtheit der Gegebenheiten des Einzelfalls den Umständen gegenüber zu stellen, unter denen gewöhnlich eine entsprechend vergleichbare wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 26. September 1996, C-230/94, Rechtssache Enkler, Rn. 28, 30; vgl. hierzu Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 9. Aufl., § 2 Rn. 7). Entscheidend ist daher, ob die jeweils hier den Firmen B. oder H. vorgeschaltete Firma als Teil der Lieferkette wie ein typischer Händler gehandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, NStZ 2004, 578, 579 mwN; BFH BStBl II 1987, 752; Heidner aaO).
20
Dies ist zu verneinen. Das „Bild des Handels“ ist durch die wiederholte Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern im Sinne eines marktmäßigen Umschlags von Sachwerten gekennzeichnet (vgl. auch BFH HFR 2010, 21). Im hier in Rede stehenden Zusammenhang hatten die vorgeschalteten Firmen weder ein Kapital- noch ein Abnahmerisiko zu tragen. Sie hatten vielmehr ohne eigenen Spielraum im Wesentlichen nur vorgegebene Rechnungen auszustellen. Es liegen sog. Strohmanngeschäfte vor, da die vorgeschalteten Firmen nicht im Rahmen eines Geschäftes, das wechselseitige Rechte und Pflichten begründen sollte, eigene Interessen wahrnahmen. Vielmehr waren sich die Beteiligten dieser Geschäfte darüber einig, dass die vorgeschalteten Firmen ohne sonstige eigene Rechte oder Pflichten als im Lager der Firmen B. oder H. stehende Hilfspersonen ausschließlich der Durchsetzung von deren Interesse dienten (vgl. BGH aaO; Heidner aaO Rn. 13 jew. mwN).
21
Da nach alledem die vorgeschalteten Firmen hier nicht als Unternehmer tätig waren, waren die Firmen B. und H. gemäß § 15 UStG nicht zum Vorsteuerabzug im Hinblick auf die von diesen Firmen ausgestellten Rechnungen berechtigt und hatten dementsprechend auch keinen Anspruch auf Erstattung der in diesen Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer. Durch die gleichwohl auf dieser Grundlage vorgenommenen Umsatzsteuervoranmeldungen haben die Angeklagten (zumindest konkludent) für die Firmen B. und/oder H. eine Vorsteuerabzugsberechtigung behauptet und durch diese unrichtigen Erklärungen (täterschaftlich) ungerechtfertigte Steuervorteile für diese beiden Firmen erlangt oder zu erlangen versucht (vgl. auch BGH aaO). Am Vorsatz besteht kein Zweifel.
22
3. Unabhängig davon tragen die Feststellungen auch noch aus einem anderen Grunde die Schuldsprüche. Sowohl dem Angeklagten L. (Geschäftsführer Firma B. ) als auch den Angeklagten P. und Be. (jeweils Vorstand der H. ) war nämlich bekannt, dass sich diese Firmen durch den (zumindest auf dem Papier erfolgten) Erwerb der in den Lieferketten fakturierten Waren an Umsätzen beteiligten, die in Umsatzsteuerhinterziehungen einbezogen waren. Auch deshalb waren die Firmen B. und H. - ebenso wie die in den Lieferketten vorgeschalteten Unternehmer - hier nicht als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG tätig. Die in diesem Zusammenhang wesentlichen Tatsachen - Vorsteuerabzug (bzw. der entsprechende Versuch) durch die Fir- men B. und H. , obwohl Verantwortliche dieser Firmen von der vorangegangenen Umsatzsteuerhinterziehung wussten - waren auch den übrigen Angeklagten bekannt und sie machten sie sich bei ihrer Beteiligung am Tatgeschehen zu eigen; sie sind daher auch ihnen zuzurechnen.
23
a) Der Wertung, dass die Firmen B. und H. hinsichtlich der hier getätigten Geschäfte nicht als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG tätig waren, liegt eine Auslegung dieser Bestimmung zu Grunde, wie sie (auch) gemeinschaftsrechtlich geboten ist. Gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der „Sechste(n) Richtlinie 77/388 EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage“ (ABl. Nr. L 145 S. 1; nachfolgend Sechste Richtlinie) darf der Steuerpflichtige (Art. 4 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie; vgl. zum Begriff des Steuerpflichtigen auch EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, C-439/04, C-440/04, Rechtssache Kittel u.a. Rn. 41 mwN) „die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer“ (unter anderem) „für Gegenstände“ abziehen, „die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden ...“. Der Anspruch auf diesen Vorteil entfällt jedoch, wenn er in betrügerischer Weise geltend gemacht wird, da eine betrügerische oder sonst missbräuchliche Berufung (auch) auf Gemeinschaftsrecht verboten ist. Die Sechste Richtlinie soll auch das Ziel fördern, Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und damit vergleichbare sonstige Missbräuche zu bekämpfen. Ein derartiger betrügerischer Missbrauch liegt jedenfalls vor, wenn sich der Steuerpflichtige bewusst an einem in eine Mehrwert- bzw. Umsatzsteuerhinterziehung einbezogenen Umsatz beteiligt: dabei kommt es nicht darauf an, ob er auch schon die (frühere) Umsatzsteuerhinterziehung selbst begangen hat, sondern es genügt, wenn ihm diese bekannt ist (vgl. EuGH aaO Rn. 54 ff., 61 mwN; die Auffassung der Revision, dass diese Entscheidung „mittlerweile durch neuere Entscheidun- gen [des EuGH] überholt sein dürfte“, teilt der Senat nicht, vgl. EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2010, C-285/09, Rechtssache R Rn. 52 ff.).
24
b) Unter diesen Umständen können auch die Firmen B. und H. nach Auffassung des Senats nicht als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG angesehen werden. Das Vorliegen eines Unternehmers i.S.d. § 15 Abs. 1 UStG ist in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch, bei solcher wirtschaftlicher Betätigung zu verneinen, die sich durch bewusste Beteiligung an und bewusste Ausnutzung von anderweitigen Steuerstraftaten steuerrechtliche Vorteile verschafft, wie etwa hier „Umsatzsteuergewinne“ auf der Grundlage von Umsatzsteuerhinterziehungen , die innerhalb einer eigens zu diesem Zweck geschaffenen Lieferkette begangen wurden. Die sonstigen Voraussetzungen von § 370 AO liegen, wie dargelegt, vor.
25
c) Da nach alledem hier die Firmen B. und H. schon nicht i.S.d. § 15 UStG als Unternehmer tätig waren, bedarf es keiner Entscheidung, ob das Recht zum Vorsteuerabzug auch mit der Begründung zu verneinen sein könnte, dass unter den gegebenen Umständen (trotz möglicherweise durchgeführter Warenbewegung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG) auch keine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichen , zum Vorsteuerabzug berechtigenden Sinne vorliegt (vgl. in diesem Zusammenhang BFHE 217, 94; BFH/NV 2011, 81; vgl. auch Muhler wistra 2009, 1, 5).
26
d) Soweit das Revisionsvorbringen in diesem Zusammenhang dahin zu verstehen ist, dass gegen die der genannten Begründung - Umsatzsteuerhinterziehung auch deshalb, weil die Firmen B. und H. wegen bewusster Beteiligung an einem in eine Umsatzsteuerhinterziehung einbezogenen Umsatz keine vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer sind - zu Grunde liegende Aus- setzung des Gesetzes unter dem Blickwinkel des Bestimmtheitsgebotes (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB) Bedenken bestehen, teilt der Senat diese Auffassung nicht.
27
aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs bestehen an der hinreichenden Bestimmtheit von § 370 AO selbst keine Zweifel (vgl. nur BVerfGE 37, 201; BGH, Urteil vom 19. Dezember 1990 - 3 StR 90/90, BGHSt 37, 266 ff.). Insoweit hat der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell hinreichend bestimmt über die Strafbarkeit entschieden. Es gibt keinen Steueranspruch des Staates, der nach dem Willen des Gesetzes nicht gegen eine rechtswidrige und schuldhafte Verkürzung strafrechtlich geschützt sein soll. Dies gilt umso mehr, als das materielle Steuerrecht selbst aufgrund seines Eingriffscharakters dem allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Bestimmtheitsgebot unterliegt (Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, vgl. Tipke/Lang Steuerrecht, 20. Aufl., § 4 Rn. 150 ff.).
28
bb) Nach Auffassung des Senats bestehen auch hinsichtlich der Auslegung von § 15 UStG im vorgenannten Sinne mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz keine Bedenken. Sie ist nicht nur, wie dargelegt, ohne weiteres mit dem Wortlaut des Gesetzes zu vereinbaren, sondern sie entspricht auch dem Normzusammenhang und der Zwecksetzung des Umsatzsteuerrechts. Letztlich soll der Endverbraucher die Umsatzsteuer tragen, der Unternehmer soll dagegen vollständig von der im Rahmen seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Umsatzsteuer entlastet werden. Dies gewährleistet die Neutralität der umsatzsteuerlichen Belastung aller ihrerseits der Umsatzsteuer unterliegenden wirtschaftlichen Tätigkeiten, unabhängig von den Zwecken und (oder) Ergebnissen dieser Tätigkeiten (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, C-439/04, C-440/04, Rechtssache Kittel u.a. Rn. 48 mwN). Jeden- falls für die Adressaten des Umsatzsteuergesetzes - ausschließlich Unternehmer , die auf Grund von Ausbildung und (oder) praktischer Erfahrung über das einschlägige Fachwissen verfügen - ist dieser Normzusammenhang, als zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm, ohne weiteres erkennbar. Sie sind als regelmäßig dazu im Stande anzusehen, den Regelungsgehalt dieses Gesetzes zu verstehen und ihm konkrete Verhaltensanweisungen zu entnehmen (vgl. BVerfGE 48, 48, 56 f. mwN; BVerfG wistra 2010, 396, 404). Deswegen haben sie - über den Wortlaut der Vorschrift hinaus - auch insoweit die Möglichkeit, das Verbot bestimmter Verhaltensweisen zu erkennen und die staatliche Reaktion vorauszusehen.
29
Die geschilderte Generierung von „Umsatzsteuergewinnen“ verstößt gegen das dargelegte Prinzip der Umsatzsteuerneutralität. Der Staat erstattet Vorsteuer, die er zuvor nicht in Form der Umsatzsteuer erhalten hat. Die anderen Marktteilnehmer, die derartige illegale „Umsatzsteuergewinne“ nicht generieren , haben dadurch Wettbewerbsnachteile. Die hiermit verbundene Verletzung der Gerechtigkeitsprinzipien des Umsatzsteuergesetzes und die daraus resultierenden strafrechtlichen Konsequenzen sind nach Auffassung des Senats für jedermann, jedenfalls aber für die Adressaten des Umsatzsteuergesetzes , zu denen die Angeklagten zählen, erkennbar.
30
4. Auch im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Nack Wahl Hebenstreit RiBGH Prof. Dr. Jäger ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschrift verhindert. Nack Sander

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.

(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

(2) (weggefallen)

(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.

(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.

(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.

(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.

(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.

(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.

(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:

1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.

(8a) (weggefallen)

(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn

1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind;
2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer hinsichtlich der Erbringung der sonstigen Leistung im Sinne des Satzes 2
1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert,
2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder
3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Unternehmer lediglich Zahlungen in Bezug auf die erbrachte sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 abwickelt und nicht an der Erbringung dieser sonstigen Leistung beteiligt ist.

(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes 1.

(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.

(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

Für dieses Gesetz gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

1.
Anlageeine Betriebsstätte oder sonstige ortsfeste Einrichtung;
2.
Anlagenbetreibereine natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die die unmittelbare Entscheidungsgewalt über eine Anlage innehat, in der eine Tätigkeit nach Anhang 1 Teil 2 Nummer 1 bis 32 durchgeführt wird, und die dabei die wirtschaftlichen Risiken trägt; wer im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes eine genehmigungsbedürftige Anlage betreibt, in der eine Tätigkeit nach Anhang 1 Teil 2 Nummer 1 bis 30 durchgeführt wird, ist Anlagenbetreiber nach Halbsatz 1;
3.
Berechtigungdie Befugnis zur Emission von einer Tonne Kohlendioxidäquivalent in einem bestimmten Zeitraum; eine Tonne Kohlendioxidäquivalent ist eine Tonne Kohlendioxid oder die Menge eines anderen Treibhausgases, die in ihrem Potenzial zur Erwärmung der Atmosphäre einer Tonne Kohlendioxid entspricht;
4.
Betreiberein Anlagenbetreiber oder Luftfahrzeugbetreiber;
5.
Emissiondie Freisetzung von Treibhausgasen durch eine Tätigkeit nach Anhang 1 Teil 2; die Weiterleitung von Treibhausgasen steht nach Maßgabe der Monitoring-Verordnung der Freisetzung gleich;
6.
(weggefallen)
7.
Luftfahrzeugbetreibereine natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die die unmittelbare Entscheidungsgewalt über ein Luftfahrzeug zu dem Zeitpunkt innehat, zu dem mit diesem eine Luftverkehrstätigkeit durchgeführt wird, und die dabei die wirtschaftlichen Risiken der Luftverkehrstätigkeit trägt, oder, wenn die Identität dieser Person nicht bekannt ist oder vom Luftfahrzeugeigentümer nicht angegeben wird, der Eigentümer des Luftfahrzeugs;
8.
Luftverkehrsberechtigungeine Berechtigung, die für Emissionen des Luftverkehrs vergeben wird;
9.
Luftverkehrstätigkeiteine Tätigkeit nach Anhang 1 Teil 2 Nummer 33;
10.
Monitoring-Verordnungdie Verordnung (EU) Nr. 601/2012 der Kommission vom 21. Juni 2012 über die Überwachung von und die Berichterstattung über Treibhausgasemissionen gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 181 vom 12.7.2012, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung;
11.
MRV-Seeverkehrsverordnungdie Verordnung (EU) 2015/757 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über die Überwachung von Kohlendioxidemissionen aus dem Seeverkehr, die Berichterstattung darüber und die Prüfung dieser Emissionen und zur Änderung der Richtlinie 2009/16/EG (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 55);
12.
(weggefallen)
13.
Produktionsleistungdie tatsächlich und rechtlich maximal mögliche Produktionsmenge pro Jahr;
14.
Tätigkeiteine in Anhang 1 Teil 2 genannte Tätigkeit;
15.
Transportleistungdas Produkt aus Flugstrecke und Nutzlast;
16.
TreibhausgaseKohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC) und Schwefelhexafluorid (SF6);
17.
Überwachungsplaneine Darstellung der Methode, die ein Betreiber anwendet, um seine Emissionen zu ermitteln und darüber Bericht zu erstatten;
18.
(weggefallen)

(1) Die zuständige Behörde gibt die nach § 9 Absatz 4 zugeteilten Berechtigungen nach Maßgabe der Zuteilungsentscheidung bis zum 28. Februar eines Jahres, für das Berechtigungen abzugeben sind, aus.

(2) Abweichend von Absatz 1 werden für Anlagen, die nach Beginn der Handelsperiode in Betrieb genommen wurden, für das erste Betriebsjahr zugeteilte Berechtigungen unverzüglich nach der Zuteilungsentscheidung ausgegeben. Ergeht die Zuteilungsentscheidung vor dem 28. Februar eines Kalenderjahres, so werden Berechtigungen nach Satz 1 erstmals zum 28. Februar desselben Jahres ausgegeben.

(3) Bei der Zuteilung für Luftfahrzeugbetreiber nach § 11 gibt die zuständige Behörde die Luftverkehrsberechtigungen jeweils bis zum 28. Februar eines Jahres aus.

(1) Der Betreiber ist verpflichtet, bei der zuständigen Behörde für jede Handelsperiode einen Überwachungsplan für die Emissionsermittlung und Berichterstattung nach § 5 Absatz 1 einzureichen. Dabei hat er die in Anhang 2 Teil 1 Nummer 1 genannten Fristen einzuhalten.

(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Überwachungsplan den Vorgaben der Monitoring-Verordnung, der Rechtsverordnung nach § 28 Absatz 2 Nummer 1 und, soweit diese keine Regelungen treffen, des Anhangs 2 Teil 2 Satz 3 entspricht. Entspricht ein vorgelegter Überwachungsplan nicht diesen Vorgaben, ist der Betreiber verpflichtet, die festgestellten Mängel innerhalb einer von der zuständigen Behörde festzusetzenden Frist zu beseitigen und den geänderten Überwachungsplan vorzulegen. Im Verfahren zur Genehmigung des Überwachungsplans ist in den Fällen des § 19 Absatz 1 Nummer 1 der danach zuständigen Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die zuständige Behörde kann die Genehmigung mit Auflagen für die Überwachung von und Berichterstattung über Emissionen verbinden.

(3) Der Betreiber ist verpflichtet, den Überwachungsplan innerhalb einer Handelsperiode unverzüglich anzupassen und bei der zuständigen Behörde einzureichen, soweit sich folgende Änderungen bezüglich der Anforderungen an die Emissionsermittlung oder an ihre Berichterstattung ergeben:

1.
Änderung der Vorgaben nach Absatz 2 Satz 2,
2.
Änderung seiner Emissionsgenehmigung oder
3.
eine erhebliche Änderung der Überwachung nach Artikel 15 Absatz 3 und 4 der Monitoring-Verordnung.
Für den angepassten Überwachungsplan gilt Absatz 2 entsprechend.

Emissionsberechtigungen, die von Drittländern ausgegeben werden, mit denen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Berechtigungen gemäß Artikel 25 Absatz 1 der Richtlinie 2003/87/EG geschlossen wurden, stehen nach Maßgabe der Vorgaben einer nach Artikel 19 Absatz 3 und 4 der Richtlinie 2003/87/EG erlassenen Verordnung der Kommission Berechtigungen gleich.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

Für dieses Gesetz gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

1.
Anlageeine Betriebsstätte oder sonstige ortsfeste Einrichtung;
2.
Anlagenbetreibereine natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die die unmittelbare Entscheidungsgewalt über eine Anlage innehat, in der eine Tätigkeit nach Anhang 1 Teil 2 Nummer 1 bis 32 durchgeführt wird, und die dabei die wirtschaftlichen Risiken trägt; wer im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes eine genehmigungsbedürftige Anlage betreibt, in der eine Tätigkeit nach Anhang 1 Teil 2 Nummer 1 bis 30 durchgeführt wird, ist Anlagenbetreiber nach Halbsatz 1;
3.
Berechtigungdie Befugnis zur Emission von einer Tonne Kohlendioxidäquivalent in einem bestimmten Zeitraum; eine Tonne Kohlendioxidäquivalent ist eine Tonne Kohlendioxid oder die Menge eines anderen Treibhausgases, die in ihrem Potenzial zur Erwärmung der Atmosphäre einer Tonne Kohlendioxid entspricht;
4.
Betreiberein Anlagenbetreiber oder Luftfahrzeugbetreiber;
5.
Emissiondie Freisetzung von Treibhausgasen durch eine Tätigkeit nach Anhang 1 Teil 2; die Weiterleitung von Treibhausgasen steht nach Maßgabe der Monitoring-Verordnung der Freisetzung gleich;
6.
(weggefallen)
7.
Luftfahrzeugbetreibereine natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die die unmittelbare Entscheidungsgewalt über ein Luftfahrzeug zu dem Zeitpunkt innehat, zu dem mit diesem eine Luftverkehrstätigkeit durchgeführt wird, und die dabei die wirtschaftlichen Risiken der Luftverkehrstätigkeit trägt, oder, wenn die Identität dieser Person nicht bekannt ist oder vom Luftfahrzeugeigentümer nicht angegeben wird, der Eigentümer des Luftfahrzeugs;
8.
Luftverkehrsberechtigungeine Berechtigung, die für Emissionen des Luftverkehrs vergeben wird;
9.
Luftverkehrstätigkeiteine Tätigkeit nach Anhang 1 Teil 2 Nummer 33;
10.
Monitoring-Verordnungdie Verordnung (EU) Nr. 601/2012 der Kommission vom 21. Juni 2012 über die Überwachung von und die Berichterstattung über Treibhausgasemissionen gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 181 vom 12.7.2012, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung;
11.
MRV-Seeverkehrsverordnungdie Verordnung (EU) 2015/757 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über die Überwachung von Kohlendioxidemissionen aus dem Seeverkehr, die Berichterstattung darüber und die Prüfung dieser Emissionen und zur Änderung der Richtlinie 2009/16/EG (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 55);
12.
(weggefallen)
13.
Produktionsleistungdie tatsächlich und rechtlich maximal mögliche Produktionsmenge pro Jahr;
14.
Tätigkeiteine in Anhang 1 Teil 2 genannte Tätigkeit;
15.
Transportleistungdas Produkt aus Flugstrecke und Nutzlast;
16.
TreibhausgaseKohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC) und Schwefelhexafluorid (SF6);
17.
Überwachungsplaneine Darstellung der Methode, die ein Betreiber anwendet, um seine Emissionen zu ermitteln und darüber Bericht zu erstatten;
18.
(weggefallen)

(1) Die Verpflichtungen für Luftfahrzeugbetreiber zur Überwachung, Berichterstattung und Prüfung der von ihnen bei internationalen Flügen freigesetzten Treibhausgase nach dem globalen marktbasierten Mechanismus der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation bestimmen sich nach einer nach Artikel 28c der Richtlinie 2003/87/EG erlassenen Verordnung und der Rechtsverordnung nach Absatz 4.

(2) Das Umweltbundesamt ist die zuständige Behörde für den Vollzug des globalen marktbasierten Mechanismus. § 19 Absatz 2 gilt entsprechend.

(3) Die §§ 3, 20 und 22 Absatz 3 sowie § 23 gelten entsprechend.

(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Einzelheiten zur Ermittlung von und Berichterstattung über Emissionen nach dem globalen marktbasierten Mechanismus sowie zur Verifizierung der berichteten Angaben zu regeln, soweit diese Sachverhalte in einer nach Artikel 28c der Richtlinie 2003/87/EG erlassenen Verordnung nicht abschließend geregelt sind.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 14. Mai 2014  9 K 3338/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ab dem 1. Juli 2003 sonstige Leistungen auf elektronischem Weg i.S. des § 3a Abs. 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes (UStG a.F.) erbracht hat, so dass der Leistungsort gemäß § 3a Abs. 3a UStG a.F. im Inland liegt. Ihre vor diesem Zeitpunkt ausgeführten Umsätze stehen nicht im Streit.

2

Die Klägerin ist eine in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) ansässige Kapitalgesellschaft amerikanischen Rechts. Sie betreibt ihr Unternehmen von den USA aus und hat im Gemeinschaftsgebiet weder einen Sitz noch eine feste Niederlassung (Betriebsstätte).

3

Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2003 Kontaktbörsen (Communities) im Internet. Die entgeltliche Mitgliedschaft ihrer Kunden (User) berechtigte zum Zugriff auf persönliche Informationen anderer Mitglieder und ermöglichte eine Kontaktaufnahme i.S. einer Partnervermittlung.

4

Die Mitglieder konnten sich auf den Internetseiten der Klägerin über andere Mitglieder ihrer Community informieren, mit diesen kommunizieren und ggf. in Kontakt treten. Zu diesem Zweck waren auf den Webseiten schriftliche Mitglieder- und Videoprofile hinterlegt. Die Portale enthielten Suchfunktionen, mit denen andere Mitglieder nach bestimmten Kriterien herausgefiltert werden konnten. Auf den jeweiligen Portalen wurden verschiedene Möglichkeiten der Kontaktaufnahme genannt, um ein persönliches Treffen, das --wie bei Partner- und Freundschaftsvermittlungen üblich-- ein wesentliches Ziel der Mitglieder darstellte, zu ermöglichen.

5

Darüber hinaus enthielten die Webseiten Nachrichtenmagazine mit Inhalten, die für die Mitglieder der Communities zugänglich waren. Ferner bestand für die Nutzer u.a. die Möglichkeit, sog. Chat-Räume zu besuchen.

6

Neben den verschiedenen Plattformen unterhielt die Klägerin Beschwerde-Hotlines sowie eine Abteilung, die die Mitgliederaktivitäten kontrollierte und Verletzungen der Privatsphäre oder sonstigem Missbrauch vorbeugte oder abhalf. Dabei wurden die Mitgliederprofile auf ihre Geeignetheit bzw. die Verletzung der Rechte anderer Mitglieder überprüft und unpassende oder missbräuchliche Profile deaktiviert.

7

Die Klägerin nahm an, der Ort der von ihr erbrachten Leistungen liege in den USA, und gab deshalb für die an ihre in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ansässigen Kunden ausgeführten Umsätze keine Umsatzsteuererklärungen ab.

8

Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) von den Leistungen der Klägerin erfahren hatte, setzte er im Umsatzsteuerbescheid für 2003 (Streitjahr) vom 4. Juli 2008 in der Annahme, der Ort der an deutsche Kunden erbrachten Leistungen liege seit dem 1. Juli 2003 gemäß § 3a Abs. 3a i.V.m. Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. im Inland, Umsatzsteuer fest; das FA schätzte dabei die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 der Abgabenordnung. Daraufhin reichte die Klägerin Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2003 bis 2007 sowie Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate Januar bis Juni 2008 ein (danach ist sie gemäß § 18 Abs. 4d des Umsatzsteuergesetzes --UStG-- wegen Erklärung der Umsätze und Entrichtung der Steuer im Königreich der Niederlande im Inland nicht mehr erklärungspflichtig). Das FA erließ daraufhin am 17. September 2008 einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2003, der hinsichtlich des Zahlenwerks unstreitig ist.

9

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Ort der von der Klägerin an deutsche Kunden gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen liege gemäß § 3a Abs. 3a UStG a.F. im Inland.

10

Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1517 veröffentlicht.

11

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. Sie trägt vor, der Ort ihrer an deutsche Kunden erbrachten Leistungen liege gemäß § 3a Abs. 1 UStG in den USA.

12

Der Begriff der auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistung in § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. sei eng auszulegen. Die Regelbeispiele in Anhang L der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) bezögen sich auf einfache, erkennbar vollautomatisierte Leistungsvorgänge (z.B. vollautomatisierter Download von Programmen), d.h. nur auf Dienstleistungen, die ihrer Art nach ausschließlich elektronisch erbracht werden können.

13

Ihre Leistungen seien auch deshalb keine auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen, weil sie eine mehr als nur minimale menschliche Beteiligung erforderten. Die Überprüfung der Profile durch ihre besonders geschulten Mitarbeiter sei ein bedeutendes Element ihrer Leistung.

14

Es liege ferner keine "Bereitstellung einer Datenbank" i.S. des Anhangs L der Richtlinie 77/388/EWG vor. Denn es werde keine Suchmaschine bereitgestellt, die Suchergebnisse automatisiert durch sog. Webcrawler oder ähnliche Programme sammele.

15

Die Klägerin beantragt,
das FG-Urteil, die Umsatzsteuerbescheide 2003 vom 17. September 2008 und 4. Juli 2008 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 18. September 2009 aufzuheben und die Umsatzsteuer auf 0 € festzusetzen,
hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

16

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

17

Es hält die Vorentscheidung für zutreffend. Die von der Klägerin befürwortete enge Auslegung finde im Gesetz keine Stütze.

Entscheidungsgründe

18

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

19

Die Klägerin hat mit der Gewährung des Zugangs zu ihren Online-Communities an die zahlenden Mitglieder sonstige Leistungen gegen Entgelt ausgeführt. Diese wurden ab dem 1. Juli 2003 i.S. von § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. "auf elektronischem Weg" erbracht und daher gemäß § 3a Abs. 3a UStG a.F. im Inland ausgeführt. Die Einwendungen der Klägerin dringen nicht durch.

20

1. Der Umsatzsteuer unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG). Eine sonstige Leistung wird nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung (§ 3a Abs. 1 Satz 2 UStG).

21

a) Seit dem 1. Juli 2003 (Art. 14 Abs. 2 des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 16. Mai 2003, BGBl I 2003, 660) wird eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung (§ 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F.; jetzt: § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG) gemäß § 3a Abs. 3a UStG a.F. (jetzt: § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG) dort ausgeführt, wo der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat, wenn dieser Empfänger kein Unternehmer ist und seinen Wohnsitz oder Sitz im Gemeinschaftsgebiet hat. Weitere Voraussetzung ist, dass die sonstige Leistung von einem Unternehmer ausgeführt wird, der --wie die Klägerin-- im Drittlandsgebiet (§ 1 Abs. 2a Satz 3 UStG) --hier: USA-- ansässig ist oder dort eine die Leistung ausführende Betriebsstätte hat.

22

b) § 3a Abs. 3a und Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. beruhen nach der Gesetzesbegründung (BRDrucks 866/02, S. 73) auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. e zwölfter Gedankenstrich und Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Art. 58 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--).

23

Danach gilt als Ort, an dem auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistungen an nicht steuerpflichtige Personen erbracht werden, die in einem Mitgliedstaat ansässig sind ..., der Ort, an dem die nicht steuerpflichtige Person ansässig ist ..., wenn die Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen erbracht werden, der den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung, von der aus die Dienstleistung erbracht wird, außerhalb der Gemeinschaft hat.

24

aa) Diese unionsrechtliche Regelung wurde durch die Richtlinie 2002/38/EG des Rates vom 7. Mai 2002 zur Änderung und vorübergehenden Änderung der Richtlinie 77/388/EWG bezüglich der mehrwertsteuerlichen Behandlung der Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie bestimmter elektronisch erbrachter Dienstleistungen (Richtlinie 2002/38/EG, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 128 vom 15. Mai 2002, S. 41) eingefügt und war von den Mitgliedstaaten bis zum 1. Juli 2003 umzusetzen (vgl. Art. 1 Nr. 1, Art. 3 Abs. 1 und Anhang der Richtlinie 2002/38/EG). Ziel war es, dass auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen in der Gemeinschaft besteuert werden, wenn sie gegen Entgelt erbracht und von Kunden mit Sitz in der Gemeinschaft verbraucht werden, und dass sie nicht besteuert werden, wenn sie außerhalb der Gemeinschaft verbraucht werden (Erwägungsgrund Nr. 2 der Richtlinie 2002/38/EG; ebenso Gesetzesbegründung zu § 3a Abs. 3a, BRDrucks 866/02, S. 74).

25

bb) Zur Definition der elektronisch erbrachten Dienstleistungen sollten Beispiele für solche Dienstleistungen in einen Anhang dieser Richtlinie aufgenommen werden (Erwägungsgrund Nr. 4 der Richtlinie 2002/38/EG). In diesem Anhang (Anhang L der Richtlinie 77/388/EWG; jetzt im Wesentlichen inhaltsgleich: Anhang II MwStSystRL) war folgende Auflistung enthalten:

"ANHANG L
EXEMPLARISCHE AUFLISTUNG AUF ELEKTRONISCHEM WEGE ERBRACHTER DIENSTLEISTUNGEN IM SINNE VON ARTIKEL 9 ABSATZ 2 BUCHSTABE e)

1.    

Bereitstellung von Web-Sites, Web-hosting, Fernwartung von Programmen und Ausrüstungen.

2.    

Bereitstellung von Software und deren Aktualisierung.

3.    

Bereitstellung von Bildern, Texten und Informationen sowie Bereitstellung von Datenbanken.

4.    

Bereitstellung von Musik, Filmen und Spielen, einschließlich Glücksspielen und Lotterien sowie von Sendungen und Veranstaltungen aus den Bereichen Politik, Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung.

5.    

Erbringung von Fernunterrichtsleistungen.

Kommunizieren der Erbringer einer Dienstleistung und sein Kunde über E-Mail miteinander, so bedeutet dies für sich gesehen nicht schon, dass die erbrachte Dienstleistung eine auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistung im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e) letzter Gedankenstrich wäre."

26

cc) Dieser Katalog findet sich auch in der Gesetzesbegründung zu § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. (vgl. BRDrucks 866/02, S. 74 f.).

27

c) Anders als die Klägerin meint, ist § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. nicht eng auszulegen.

28

Zwar legt --worauf die Klägerin hinweist-- die Gesetzessystematik nahe, dass § 3a Abs. 4 UStG a.F. Ausnahmen zu dem in § 3a Abs. 1 UStG geregelten allgemeinen Grundsatz enthält.

29

Zum --hier letztlich relevanten-- Verhältnis zwischen Art. 9 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 77/388/EWG hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) aber bereits entschieden, dass Abs. 1 keinen Vorrang gegenüber Abs. 2 hat. Es stellt sich vielmehr in jedem Einzelfall die Frage, ob eine der Bestimmungen des Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG einschlägig ist. Andernfalls gilt Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. z.B. EuGH-Urteile Dudda vom 26. September 1996 C-327/94, EU:C:1996:355, BStBl II 1998, 313, Rz 21; Kommission/ Deutschland vom 6. Dezember 2007 C-401/06, EU:C:2007:759, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2008, 117, Rz 30).

30

Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ist daher weder eng noch weit auszulegen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. August 2012 XI R 19/09, BFH/NV 2013, 272, Rz 8; ferner EuGH-Urteil SPI vom 15. März 2001 C-108/00, EU:C:2001:173, UR 2001, 204, Rz 17). Dies gilt auch für die Auslegung von § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F.

31

2. Die von der Klägerin --nach den unstreitigen Feststellungen des FG aus dem Drittland (USA) an im Inland ansässige Nichtunternehmer (Verbraucher)-- erbrachten sonstigen Leistungen wurden ab dem 1. Juli 2003 i.S. von § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. "auf elektronischem Weg erbracht"; ihr Leistungsort liegt nach § 3a Abs. 3a UStG a.F. im Inland.

32

a) Die Bestimmung des Leistungsinhalts durch das FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

33

aa) Das FG hat ausgeführt, dass die Hauptleistung der Klägerin (für die der Kunde seine Mitgliedsbeiträge zahle) darin bestehe, dass es dem Kunden über die von der Klägerin auf ihren Plattformen (Communities) zur Verfügung gestellten Datenbanken mittels einer automatisierten Such- und Filterfunktion rein elektronisch und ohne menschliches Zutun ermöglicht wird, anhand eines von ihm zuvor eingegebenen Dateninputs die für ihn interessanten Mitglieder zum Zweck sexueller Kontakte herauszufinden oder sich selbst herausfinden zu lassen und dass die durch Mitarbeiter der Klägerin erbrachten Leistungselemente lediglich der Vorbereitung und der Sicherung dieser eigentlichen Hauptleistung dienen.

34

bb) Diese vom FG vorgenommene Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist verfahrensfehlerfrei zustande gekommen, weder widersprüchlich, lückenhaft oder mehrdeutig und verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze. Sie bindet damit den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 17. Dezember 2014 XI R 16/11, BFHE 248, 436, BStBl II 2015, 427, Rz 33; vom 12. August 2015 XI R 16/14, BFHE 251, 275, BFH/NV 2016, 346, Rz 32).

35

cc) Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Klägerin den Mitgliedern ergänzend neben dem Zugang als solchem auch Chat-Räume und Nachrichtenmagazine zur Verfügung gestellt hat, wie das FG im Einzelnen ausgeführt hat. Die ergänzende Nutzung dieser Angebote ist --worauf die Klägerin zutreffend hinweist-- in diesem Zusammenhang notwendigerweise Nebenleistung und für die Bestimmung des Leistungsortes nicht entscheidend.

36

b) Das FG ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen als "Bereitstellung von Datenbanken" (vgl. Anhang L Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG; BRDrucks 866/02, S. 74 f., Spiegelstrich Nr. 3 der Aufzählung) zu qualifizieren sind.

37

aa) Eine "Datenbank" ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit elektronischen Mitteln oder auf andere Weise zugänglich sind (vgl. z.B. die Definitionen in § 87a des Urheberrechtsgesetzes und in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken, ABlEG Nr. L 77 vom 27. März 1996, S. 20). Unter den Begriff "Bereitstellung von Datenbanken" fällt z.B. die Benutzung von Suchmaschinen oder Internetverzeichnissen (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 12. Juni 2003, BStBl I 2003, 375, unter II.3., Abs. 2 Nr. 5).

38

bb) Dies erfasst auch --wie im Streitfall-- eine Sammlung und Bereitstellung von Mitgliederprofilen.

39

Dem steht --anders als die Klägerin meint-- nicht entgegen, dass nach ihrem Vortrag die in den von ihr bereitgestellten Datenbanken enthaltenen Informationen --anders als bei (anderen) Internet-Suchmaschinen-- nicht automatisiert durch Programme (z.B. Webcrawler) beschafft wurden.

40

cc) Ohne Erfolg rügt die Klägerin, das FG habe zur Begründung unzutreffend auf 2003 noch nicht geltende unionsrechtliche Bestimmungen der MwStSystRL abgestellt. Denn die "Bereitstellung einer Datenbank" wurde schon von § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. erfasst (vgl. die Gesetzesbegründung in BRDrucks 866/02, S. 74 f., Spiegelstrich Nr. 3 der Aufzählung) und war --wie dargelegt-- bereits seinerzeit vom Unionsrecht gedeckt.

41

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin erfüllen die von ihr erbrachten Leistungen die Kriterien für "elektronisch erbrachte Dienstleistungen" nach Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (VO (EG) Nr. 1777/2005; jetzt: Art. 7 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --DVO (EU) Nr. 282/2011--).

42

aa) Nach Art. 11 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1777/2005 sind auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen i.S. von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e zwölfter Gedankenstrich sowie von Anhang L der Richtlinie 77/388/EWG "Dienstleistungen, die über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erbracht werden, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und ohne Informationstechnologie nicht möglich wäre" (ebenso BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 375, unter II.2.; Abschn. 3a.12 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses --UStAE--; Kossack in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3a UStG Rz 117; Lippross, Umsatzsteuer, 23. Aufl., S. 289 f.; Langer in Reiß/Kraeusel/ Langer, UStG § 3a Rz 210.50; Wäger in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a Rz 321; Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 76 Rz 171; Radeisen in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 3a Rz 842; Hundt-Eßwein in Küffner/Stöcker/Zugmaier, Umsatzsteuer, § 3a Rz 209; Lang in Weymüller, UStG, § 3a Rz 286).

43

bb) Art. 11 der VO (EG) Nr. 1777/2005 ist zwar erst am 1. Juli 2006 in Kraft getreten. Diese Bestimmung kann aber --anders als die Klägerin meint-- auch im Streitfall zur Auslegung herangezogen werden. Denn sie klärt (rückwirkend) Begriffe, die sich seit deren Einführung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG finden (vgl. dazu EuGH-Urteile Leichenich vom 15. November 2012 C-532/11, EU:C:2012:720, BStBl II 2013, 891, Rz 32; Welmory vom 16. Oktober 2014 C-605/12, EU:C:2014:2298, UR 2014, 937, Rz 45 f.; jeweils zur DVO (EU) Nr. 282/2011; BFH-Urteil vom 11. März 2004 VII R 20/01, BFH/NV 2004, 1305, unter 2.b cc, Rz 19).

44

cc) Die Klägerin hat i.S. von Art. 11 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1777/2005 ihre aufgrund deren Art im Wesentlichen automatisierten Leistungen über das Internet erbracht. Entgegen ihrer Auffassung erfolgte die Leistungserbringung im Streitfall ferner "nur mit minimaler menschlicher Beteiligung".

45

(1) Maßgeblich ist insoweit, ob eine "menschliche Beteiligung" den eigentlichen Leistungsvorgang betrifft. Deshalb stellen weder die (ursprüngliche) Inbetriebnahme des elektronischen Systems noch dessen Wartung eine wesentliche "menschliche Beteiligung" i.S. von Art. 11 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1777/2005 dar (Luther/Sailer, UR 2016, 81, 84). Nichts anderes gilt für die nach den Feststellungen des FG im Streitfall erfolgte Prüfung der Mitgliederprofile durch Mitarbeiter der Klägerin. Denn die Würdigung des FG, die durch Mitarbeiter der Klägerin erbrachten Leistungselemente dienten nur der Vorbereitung und der Sicherung der Hauptleistung (Gewährung des Zugangs zur Online-Community), ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

46

(2) Eine menschliche Beteiligung der Mitglieder (als Leistungsempfänger) an deren Suche nach anderen Mitgliedern ist nicht Teil der von der Klägerin (als leistende Unternehmerin) erbrachten Leistung und daher für die Beurteilung der Frage, ob eine Dienstleistung "nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt", nicht zu berücksichtigen.

47

(3) Dies entspricht auch Art. 11 Abs. 2 Buchst. c der VO (EG) Nr. 1777/2005 (jetzt: Art. 7 Abs. 2 Buchst. c der DVO (EU) Nr. 282/2011). Danach fallen unter den Begriff der "elektronisch erbrachten Dienstleistungen" (auch) "von einem Computer automatisch generierte Dienstleistungen über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz auf der Grundlage spezifischer Dateninputs des Leistungsempfängers" (vgl. auch BFH-Beschluss vom 14. Mai 2008 V B 227/07, BFH/NV 2008, 1371, unter II.2.aa, Rz 17; BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 375, unter II.3., Abs. 1 Nr. 3; Abschn. 3a.12 Abs. 2 Nr. 3 UStAE; Lippross, a.a.O., S. 290; Kossack in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3a UStG Rz 117a; Hundt-Eßwein in Küffner/Stöcker/Zugmaier, a.a.O., § 3a Rz 209).

48

Die nach den Feststellungen des FG vollständig automatisierte Suche nach anderen Mitgliedern der jeweiligen Community entspricht diesem Leistungsbild.

49

dd) Schließlich waren die von der Klägerin erbrachten Dienstleistungen i.S. von Art. 11 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1777/2005 "ohne Informationstechnologie nicht möglich". Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung nicht deshalb ausgeschlossen, weil dieselbe Leistung auch ohne Internetnutzung (z.B. im Rahmen einer Partnervermittlung) denkbar wäre.

50

Maßgeblich ist insoweit, wie die Ausführung der Leistung tatsächlich geschieht (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1371, unter II.2.bb, Rz 19; Kossack in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3a UStG Rz 117b; Lange, UR 2000, 409; Vellen, UR 2003, 53, 56; Büchter-Hole, EFG 2008, 170, 172; Luther/Sailer, UR 2016, 81, 83). Dass es --entgegen der Auffassung der Klägerin-- nicht darauf ankommt, ob die Leistung ausschließlich auf elektronischem Weg erbracht werden kann, zeigen insbesondere die in Anhang L Nr. 2 bis 4 der Richtlinie 77/388/EWG (und in der Gesetzesbegründung; vgl. BRDrucks 866/02, S. 74 f.) aufgezählten Beispiele. So können z.B. Software, Musik, Filme und Spiele auf einem Datenträger sowie Bilder, Texte und andere Informationen auf Papier oder Datenträgern "bereitgestellt" werden. Fernunterrichtsleistungen können auch auf Papier erbracht werden.

51

Der --mit dem unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot begründeten-- Ansicht, der Anwendungsbereich von § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. (jetzt: § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG) beschränke sich auf solche Dienstleistungen, die "wesensgemäß nur auf elektronischem Wege... erbracht werden können" (so Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 3a --bis 2009-- Rz 339; § 3a Rz 592), vermag sich der erkennende Senat deshalb nicht anzuschließen.

52

d) Die Besteuerung der von der Klägerin erbrachten Leistungen im Inland steht auch in Einklang mit den Zielen der unionsrechtlichen Bestimmungen über den Ort der auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen in Art. 9 der Richtlinie 77/388/EWG.

53

Diese Bestimmungen sollen Kompetenzkonflikte verhindern, die zu einer Doppelbesteuerung oder zu einer Nichtbesteuerung von Einnahmen führen könnten (ständige EuGH-Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile RCI Europe vom 3. September 2009 C-37/08, EU:C:2009:507, BFH/NV 2009, 1762, Rz 20; Welmory, EU:C:2014:2298, UR 2014, 937, Rz 42; WebMindLicences vom 17. Dezember 2015 C-419/14, EU:C:2015:832, UR 2016, 58, Rz 41) und gewährleisten, dass die Erhebung der Mehrwertsteuer nach Möglichkeit an dem Ort erfolgt, an dem die Gegenstände verbraucht oder die Dienstleistungen in Anspruch genommen werden (vgl. z.B. EuGH-Urteil RCI Europe, EU:C:2009:507, BFH/NV 2009, 1762, Rz 39; ebenso Erwägungsgrund Nr. 2 der Richtlinie 2002/38/EG; Gesetzesbegründung zu § 3a Abs. 3a UStG a.F., BRDrucks 866/02, S. 74). Die hier streitgegenständlichen Leistungen der Klägerin werden von den Mitgliedern im Inland in Anspruch genommen.

54

e) Aus dem EuGH-Urteil RCI Europe (EU:C:2009:507, BFH/NV 2009, 1762) ergibt sich nichts anderes, denn anders als die Klägerin meint, betrifft dieses Urteil einen nicht vergleichbaren Sachverhalt.

55

3. Eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (vgl. zu den Voraussetzungen: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. August 2010  1 BvR 1631/08, Neue Juristische Wochenschrift 2011, 288, unter B.II.1.; BFH-Beschluss vom 1. April 2011 XI B 75/10, BFH/NV 2011, 1372, Rz 14 f.) ist nicht geboten. Es ist Sache der nationalen Gerichte, die allein für die Würdigung des Sachverhalts zuständig sind, in Anbetracht der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls die wesentlichen Merkmale der in Rede stehenden Dienstleistung zum Zweck ihrer Einstufung nach der Richtlinie 77/388/EWG festzustellen (vgl. EuGH-Urteil Inter-Mark Group vom 27. Oktober 2011 C-530/09, EU:C:2011:697, BStBl II 2012, 160, Rz 32).

56

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

(1) Für nach § 3a Absatz 2 im Inland steuerpflichtige sonstige Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind.

(2) Für folgende steuerpflichtige Umsätze entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats:

1.
Werklieferungen und nicht unter Absatz 1 fallende sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers;
2.
Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens;
3.
Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen;
4.
Bauleistungen, einschließlich Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen. Als Grundstücke gelten insbesondere auch Sachen, Ausstattungsgegenstände und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern. Nummer 1 bleibt unberührt;
5.
Lieferungen
a)
der in § 3g Absatz 1 Satz 1 genannten Gegenstände eines im Ausland ansässigen Unternehmers unter den Bedingungen des § 3g und
b)
von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität, die nicht unter Buchstabe a fallen;
6.
Übertragung von Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, zertifizierten Emissionsreduktionen nach § 2 Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, Emissionszertifikaten nach § 3 Nummer 2 des Brennstoffemissionshandelsgesetzes sowie von Gas- und Elektrizitätszertifikaten;
7.
Lieferungen der in der Anlage 3 bezeichneten Gegenstände;
8.
Reinigen von Gebäuden und Gebäudeteilen. Nummer 1 bleibt unberührt;
9.
Lieferungen von Gold mit einem Feingehalt von mindestens 325 Tausendstel, in Rohform oder als Halbzeug (aus Position 7108 des Zolltarifs) und von Goldplattierungen mit einem Goldfeingehalt von mindestens 325 Tausendstel (aus Position 7109);
10.
Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Tablet-Computern und Spielekonsolen sowie von integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt;
11.
Lieferungen der in der Anlage 4 bezeichneten Gegenstände, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt;
12.
sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Nummer 1 bleibt unberührt.

(3) Abweichend von den Absatz 1 und 2 Nummer 1 entsteht die Steuer für sonstige Leistungen, die dauerhaft über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erbracht werden, spätestens mit Ablauf eines jeden Kalenderjahres, in dem sie tatsächlich erbracht werden.

(4) Bei der Anwendung der Absätze 1 bis 3 gilt § 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 2 und 3 entsprechend. Wird in den in den Absätzen 1 bis 3 sowie in den in Satz 1 genannten Fällen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist.

(5) In den in den Absätzen 1 und 2 Nummer 1 bis 3 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person ist; in den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe a, Nummer 6, 7, 9 bis 11 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist. In den in Absatz 2 Nummer 4 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 4 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Bei den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe b genannten Lieferungen von Erdgas schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Wiederverkäufer von Erdgas im Sinne des § 3g ist. Bei den in Absatz 2 Nummer 5 Buchstabe b genannten Lieferungen von Elektrizität schuldet der Leistungsempfänger in den Fällen die Steuer, in denen der liefernde Unternehmer und der Leistungsempfänger Wiederverkäufer von Elektrizität im Sinne des § 3g sind. In den in Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des Absatzes 2 Nummer 8 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Bei den in Absatz 2 Nummer 12 Satz 1 genannten Leistungen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer ist, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Leistungen in deren Erbringung besteht und dessen eigener Verbrauch dieser Leistungen von untergeordneter Bedeutung ist; davon ist auszugehen, wenn ihm das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Die Sätze 1 bis 6 gelten vorbehaltlich des Satzes 10 auch, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird. Sind Leistungsempfänger und leistender Unternehmer in Zweifelsfällen übereinstimmend vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 2 Nummer 4, 5 Buchstabe b, Nummer 7 bis 12 ausgegangen, obwohl dies nach der Art der Umsätze unter Anlegung objektiver Kriterien nicht zutreffend war, gilt der Leistungsempfänger dennoch als Steuerschuldner, sofern dadurch keine Steuerausfälle entstehen. Die Sätze 1 bis 7 gelten nicht, wenn bei dem Unternehmer, der die Umsätze ausführt, die Steuer nach § 19 Absatz 1 nicht erhoben wird. Die Sätze 1 bis 9 gelten nicht, wenn ein in Absatz 2 Nummer 2, 7 oder 9 bis 11 genannter Gegenstand von dem Unternehmer, der die Lieferung bewirkt, unter den Voraussetzungen des § 25a geliefert wird. In den in Absatz 2 Nummer 4, 5 Buchstabe b und Nummer 7 bis 12 genannten Fällen schulden juristische Personen des öffentlichen Rechts die Steuer nicht, wenn sie die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich beziehen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 finden keine Anwendung, wenn die Leistung des im Ausland ansässigen Unternehmers besteht

1.
in einer Personenbeförderung, die der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5) unterlegen hat,
2.
in einer Personenbeförderung, die mit einem Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 durchgeführt worden ist,
3.
in einer grenzüberschreitenden Personenbeförderung im Luftverkehr,
4.
in der Einräumung der Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse im Inland,
5.
in einer sonstigen Leistung einer Durchführungsgesellschaft an im Ausland ansässige Unternehmer, soweit diese Leistung im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Messen und Ausstellungen im Inland steht, oder
6.
in der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn erfolgt.

(7) Ein im Ausland ansässiger Unternehmer im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 und 5 ist ein Unternehmer, der im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat; dies gilt auch, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Ausland hat. Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte hat; dies gilt nicht, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Drittlandsgebiet hat. Hat der Unternehmer im Inland eine Betriebsstätte und führt er einen Umsatz nach Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder Nummer 5 aus, gilt er hinsichtlich dieses Umsatzes als im Ausland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig, wenn die Betriebsstätte an diesem Umsatz nicht beteiligt ist. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wird. Ist es zweifelhaft, ob der Unternehmer diese Voraussetzungen erfüllt, schuldet der Leistungsempfänger die Steuer nur dann nicht, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamts nachweist, dass er kein Unternehmer im Sinne der Sätze 1 und 2 ist.

(8) Bei der Berechnung der Steuer sind die §§ 19 und 24 nicht anzuwenden.

(9) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Absatz 1 Satz 3), der andere an Stelle des Leistungsempfängers Steuerschuldner nach Absatz 5 ist.

(10) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung den Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach den Absätzen 2 und 5 auf weitere Umsätze erweitern, wenn im Zusammenhang mit diesen Umsätzen in vielen Fällen der Verdacht auf Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall aufgetreten ist, die voraussichtlich zu erheblichen und unwiederbringlichen Steuermindereinnahmen führen. Voraussetzungen für eine solche Erweiterung sind, dass

1.
die Erweiterung frühestens zu dem Zeitpunkt in Kraft treten darf, zu dem die Europäische Kommission entsprechend Artikel 199b Absatz 3 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der Fassung von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 2013/42/EU (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 1) mitgeteilt hat, dass sie keine Einwände gegen die Erweiterung erhebt;
2.
die Bundesregierung einen Antrag auf eine Ermächtigung durch den Rat entsprechend Artikel 395 der Richtlinie 2006/112/EG in der Fassung von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 2013/42/EG (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 1) gestellt hat, durch die die Bundesrepublik Deutschland ermächtigt werden soll, in Abweichung von Artikel 193 der Richtlinie 2006/112/EG, die zuletzt durch die Richtlinie 2013/61/EU (ABl. L 353 vom 28.12.2013, S. 5) geändert worden ist, die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für die von der Erweiterung nach Nummer 1 erfassten Umsätze zur Vermeidung von Steuerhinterziehungen einführen zu dürfen;
3.
die Verordnung nach neun Monaten außer Kraft tritt, wenn die Ermächtigung nach Nummer 2 nicht erteilt worden ist; wurde die Ermächtigung nach Nummer 2 erteilt, tritt die Verordnung außer Kraft, sobald die gesetzliche Regelung, mit der die Ermächtigung in nationales Recht umgesetzt wird, in Kraft tritt.

(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) zu Recht der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) den Vorsteuerabzug im Festsetzungsverfahren unter Verweisung auf das Vergütungsverfahren verweigert hat.

2

Klägerin ist die "W-KG" (KG). Sie wurde am 1. September 2007 mit Satzungssitz in Deutschland gegründet. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die nach dänischem Recht gegründete Fa. Y mit dänischer Geschäftsanschrift, diese vertreten durch den alleinvertretungsberechtigten Direktor M, wohnhaft in Deutschland. Kommanditistin ist die ebenfalls nach dänischem Recht gegründete Fa. Z. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) verfügt die Klägerin weder in Deutschland noch in Dänemark über ein eigenes Büro oder Personal. Die laufende kaufmännische Geschäftsführung und die laufende Betriebsführung hat die KG an die D-GmbH in Deutschland übertragen.

3

Die Gemeindewerke H-GmbH hatten im Jahre 2003 mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der V, einen Vertrag über die Lieferung von Strom geschlossen, in den die Klägerin mit Vertrag vom 14. November 2007 eingetreten ist.

4

Mit Wirkung zum 31. Dezember 2007, 1. April 2008 und 1. Juli 2008 veräußerte die Klägerin die drei Windkraftanlagen an Gesellschaften mit der Bezeichnung "Windpark H I bis III". Die Klägerin trug vor, sie habe den Betrieb der Stromerzeugung eingestellt und nehme nur noch die Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben für die neuen Eigentümergesellschaften vor. Sie erteilte jedoch im Streitjahr 2008 ganzjährig Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis an die Gemeindewerke H-GmbH über netto 620.041,21 € (Umsatzsteuer darauf 117.807,82 €).

5

Am 25. August 2009 reichte die Klägerin im Verlauf einer Betriebsprüfung erstmals eine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr (2008) ein mit Umsätzen von 337.926 €, was der Höhe nach den Umsätzen für Januar bis Juni 2008 entsprach, sowie Vorsteuerbeträgen von 29.429,65 €, sodass sich eine Umsatzsteuer von 34.776,29 € ergab.

6

Der Betriebsprüfer vertrat die Rechtsauffassung, die Klägerin sei nicht als inländische Unternehmerin anzusehen, da sie im Inland keine Betriebsstätte unterhalte, sodass nach § 13b Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr 2008 geltenden Fassung (UStG) die Gemeindewerke H-GmbH die Umsatzsteuern einzubehalten habe. Wegen der Rechnungsstellung mit offenem Umsatzsteuerausweis schulde die Klägerin jedoch Umsatzsteuer nach § 14c UStG, allerdings ohne Vorsteuerabzug, weil sie diesen im Vergütungsverfahren geltend machen müsse. Das FA folgte dem Prüfer und erließ am 27. Januar 2010 einen Umsatzsteuerjahresbescheid 2008 in Höhe von 64.205,94 €, was der Summe der Umsatzsteuer für die Umsätze Januar bis Juni 2008 ohne Vorsteuerabzug entsprach.

7

Mit Klage vor dem FG machte die Klägerin geltend, es handele sich bei ihr nicht um eine ausländische Gesellschaft, da sie in Dänemark über keinerlei geschäftliche Ausstattung verfüge. Der Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit befinde sich vielmehr im Inland, obwohl auch im Inland kein eingerichteter Betrieb mit Räumlichkeiten und Menschen bestehe, denn die Gesellschafter seien mit dem Betrieb der Windkraftanlagen nicht befasst. Ein Projektinitiator schließe Stromlieferungsverträge ab und beauftrage einen Verwalter.

8

Am 19. August 2013 hat das FA einen (verbösernden) Änderungsbescheid erlassen, in dem es nunmehr die Umsatzsteuer auf 117.807,70 € festgesetzt hat (Umsatzsteuer für die gesamten Jahresumsätze 2008 ohne Vorsteuerabzug). Eine inländische Betriebsstätte der Klägerin bestehe nicht, weil die leitenden Entscheidungen durch Aushandeln und Unterzeichnen von Verträgen von den hinter den dänischen Gesellschaften stehenden dänischen Personen vorgenommen worden seien.

9

Das FG setzte die Umsatzsteuer entsprechend dem Antrag der Klägerin auf 88.378,05 € herab und führte zur Begründung seines in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 1890 veröffentlichten Urteils aus: Die Klägerin habe in der ersten Jahreshälfte 2008 (Umsatzsteuer darauf = 64.205,94 €) als inländische Unternehmerin Stromlieferungen erbracht, da sie über eine feste inländische Zweigniederlassung in Form der Windräder verfügt habe. Die fehlende personelle Ausstattung der inländischen Zweigniederlassung werde durch die starke sachliche Ausstattung kompensiert. Daher finde keine Umkehr der Steuerschuld nach § 13b Abs. 4 UStG statt. Ob die Klägerin im Hinblick auf die Veräußerung der Windkraftanlagen auch in der zweiten Jahreshälfte selbst noch Stromlieferungen erbracht habe, sei wegen der Veräußerungen der Windräder zweifelhaft. Allerdings sei nicht ersichtlich, dass die Erwerber in den Stromlieferungsvertrag der Gemeinde eingetreten seien. Zudem sei auch nach den Veräußerungen die Klägerin aufgrund der Rechnungsstellung als Leistende aufgetreten. Letztlich könne dies jedoch dahinstehen, da die Klägerin die Umsatzsteuer auch für die zweite Jahreshälfte nach § 14c Abs. 2 UStG schulde. Der Klägerin stehe auch der geltend gemachte Vorsteuerabzug zu, der auf Leistungsbezüge für das erste Halbjahr 2008 entfalle. Die Klägerin sei nicht auf das Vergütungsverfahren zu verweisen, weil sie verpflichtet sei, ihre Umsätze im Regelbesteuerungsverfahren zu erklären (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. März 2013 V R 12/12, BFH/NV 2013, 1133).

10

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision. Das FG habe materielles Recht verletzt, weil es von einem Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit im Inland ausgegangen sei. Entscheidend sei, dass der Unternehmer die wesentlichen Leitungsentscheidungen und Verwaltungshandlungen in Dänemark getroffen habe. Wo sich die Windkraftanlagen befänden, sei unerheblich. Die Klägerin sei daher im Ausland ansässig. Die Steuerschuld der Klägerin könne nicht auf § 14c UStG gestützt werden.

11

Das FA beantragt,
unter Aufhebung des FG-Urteils die Klage als unbegründet abzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Die Klägerin sei im Inland ansässig, weil sie die Windkraftanlagen dort betreibe. Für den laufenden Betrieb sei kein weiteres Personal oder Büro erforderlich. Auch bei der Vermietung eines Grundstücks gehe die Finanzverwaltung von einer inländischen Ansässigkeit aus (Abschn. 13b.1. Abs. 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses --UStAE--).

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision ist unbegründet und ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

15

Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin einen Anspruch auf Vorsteuererstattung gemäß § 15 Abs. 1 UStG im Besteuerungsverfahren nach § 16 Abs. 1, § 18 Abs. 1 bis 4 UStG hat; das insoweit subsidiäre Vergütungsverfahren nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff UStDV kommt vorliegend nicht zur Anwendung.

16

Hierfür ist es --entgegen der Auffassung des FA-- nicht entscheidungserheblich, ob die Klägerin im Inland oder in Dänemark ansässig ist. Denn auch ein im Ausland ansässiger Unternehmer, der gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG eine Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr abzugeben hat, ist berechtigt und verpflichtet, alle in diesem Kalenderjahr abziehbaren Vorsteuerbeträge in dieser Steuererklärung geltend zu machen (BFH-Urteil vom 28. August 2013 XI R 5/11, BFHE 243, 51, BStBl II 2014, 497). Sollte der Ansicht des FA zu folgen und die Klägerin als in Dänemark ansässig anzusehen sein, hätte sie die Umsatzsteuer in den Rechnungen des Streitjahres 2008 gemäß § 14c Abs. 1 UStG zu Unrecht ausgewiesen, weil in diesem Fall nicht sie, sondern gemäß § 13b Satz 1 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 13b Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 UStG die Gemeindewerke H-GmbH Steuerschuldner gewesen wären. Die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung umfasst aber nach § 18 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 4 UStG auch die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldeten Steuerbeträge (BFH-Urteil in BFHE 243, 51, BStBl II 2014, 497, entgegen Abschn. 18.15. Abs. 1 Satz 2 UStAE).

17

1. Wie sich aus dem Umsatzsteuerbescheid des FA ergibt und von der Klägerin nicht angegriffen wird, schuldet die Klägerin Umsatzsteuern in Höhe von 117.807,70 €. Denn sie hat aufgrund ihrer Stromlieferungen an die Gemeindewerke H-GmbH im Inland steuerbare Leistungen erbracht. Der Leistungsort richtet sich --wie im Streitfall-- bei Stromlieferungen an einen Unternehmer nach dem (inländischen) Verbrauchsort (§ 3a Abs. 2 UStG). Sollte die Klägerin in der zweiten Jahreshälfte des Streitjahres die Lieferungen wegen der Veräußerung der Windkraftanlagen nicht mehr selbst erbracht haben, obwohl sie sie im eigenen Namen weiter berechnet hat, würde sich die Steuerschuld wegen der Rechnungsstellung mit offenem Umsatzsteuerausweis jedenfalls insoweit aus § 14c Abs. 1 UStG ergeben. Ob --wie das FA in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat-- die Dezemberrechnung 2008 erst im Folgemonat gestellt worden ist und daher eine Umsatzsteuerschuld entgegen dem Steuerbescheid des FA um den darauf entfallenden Betrag weiter zu mindern wäre, kann dahinstehen. Denn weder hat die Klägerin ihren Revisionsantrag in der mündlichen Verhandlung erweitert noch wäre sie hierzu wegen der Begrenzung des Streitgegenstandes im Revisionsverfahren auf den Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens (§ 123 FGO) berechtigt gewesen.

18

An der Höhe der Umsatzsteuer ändert sich auch dann nichts, wenn die Klägerin entgegen der Rechtsauffassung des FG nicht im Inland, sondern in Dänemark ansässig und demgemäß die Steuerschuld auf den inländischen Empfänger der Stromlieferungen nach § 13b Abs. 2 Nr. 5 UStG übergegangen wäre. Denn wegen der Rechnungsstellung durch die Klägerin für den gesamten Streitzeitraum nach § 14c Abs. 1 UStG wäre die Steuerschuld ebenfalls festzusetzen. Fände eine Umkehr der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger statt, auf den der Leistende nach § 14a Abs. 5 UStG hinzuweisen hat und rechnet er gleichwohl mit Umsatzsteuerausweis ab, schuldet er diese Steuer (Abschn. 13b.14. Abs. 1 Satz 5 UStAE; Korn in Bunjes/Geist, UStG, 13. Aufl., § 14c Rz 18, 35).

19

2. Das FG hat zu Gunsten der Klägerin auch zu Recht den Vorsteuerabzug im Regelbesteuerungsverfahren gewährt und nicht auf das Vergütungsverfahren verwiesen.

20

a) Die Klägerin hat aufgrund der Wartungsarbeiten an den Windkraftanlagen dem Grunde und der Höhe nach Vorleistungen mit gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuern von 29.429,65 € bezogen, die zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG berechtigten. Nach den Feststellungen des FG stehen diese Vorleistungen auch in Zusammenhang mit den Stromlieferungen, die die Klägerin im ersten Halbjahr 2008 erbracht hat.

21

b) An der Berechtigung der Klägerin, den Vorsteuerabzug im Regelverfahren geltend zu machen, würde sich entgegen der Rechtsansicht des FA auch dann nichts ändern, wenn die Klägerin nicht im Inland, sondern in Dänemark ansässig wäre (§ 16 Abs. 1 i.V.m. § 18 Abs. 1 bis 4 UStG).

22

aa) Besteht für den Unternehmer die Verpflichtung, Voranmeldungen und die Jahressteuererklärung im Regelbesteuerungsverfahren abzugeben, hat er auch den Anspruch auf Vorsteuerabzug in diesem Verfahren geltend zu machen (BFH-Urteil in BFHE 243, 51, BStBl II 2014, 497). Dem stehen die Vorschriften zum Vergütungsverfahren (§ 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung --UStDV--) nicht entgegen, denn § 59 Nr. 1 UStDV ist entsprechend seinem Vereinfachungszweck einschränkend dahin auszulegen, dass diese Regelung nur anwendbar ist, wenn der Steuerpflichtige nicht bereits aus anderen Gründen gesetzlich verpflichtet ist, eine Steuererklärung abzugeben (BFH-Urteile in BFH/NV 2013, 1133, unter II.2.b; vom 14. April 2011 V R 14/10, BFHE 233, 360, BStBl II 2011, 834, Leitsatz 1).

23

bb) Ein im Ausland ansässiger Unternehmer, der als Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 UStG ist und gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG ohnehin eine Steuererklärung für das Kalenderjahr abzugeben hat, ist berechtigt, alle in diesem Kalenderjahr entstandenen Vorsteuerbeträge in der Jahreserklärung geltend zu machen (BFH-Urteile in BFH/NV 2013, 1133; in BFHE 233, 360, BStBl II 2011, 834). Dasselbe gilt für einen im Ausland ansässigen Unternehmer, der gemäß § 14c Abs. 1 UStG Umsatzsteuer schuldet; denn die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung umfasst nach der gesetzlichen Regelung des § 18 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 4 UStG auch die nach § 14c UStG geschuldeten Steuerbeträge (BFH-Urteil in BFHE 243, 51, BStBl II 2014, 497; a.A. Abschn. 18.15. Abs. 1 Satz 2 UStAE).

24

cc) Der am Urteil des XI. Senats in BFHE 243, 51, BStBl II 2014, 497 geäußerten Kritik (z.B. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 24. April 2014 IV D 3-S 7359/13/10002 (2014/0374149), BStBl I 2014, 863; Sterzinger, Umsatzsteuer-Rundschau 2013, 878) schließt sich der Senat für die hier entscheidungserhebliche Fallgestaltung des § 14c Abs. 1 UStG nicht an. Wenn die Berechtigung des ausländischen Unternehmers ohne inländische Umsätze zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs im Regelbesteuerungsverfahren nach § 16 Abs. 1 i.V.m. § 18 Abs. 1 bis 4 UStG mit seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung verknüpft ist, kann die Frage, ob sich diese Verpflichtung aus §§ 18 Abs. 3, 16 Abs. 1, 13b oder § 14c UStG ergibt, kein hinreichender Differenzierungsgrund für die Anwendung unterschiedlicher Besteuerungsverfahren sein, zumal das Vergütungsverfahren nach der ausdrücklichen Ermächtigungsvorschrift des § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG die "Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens" bezweckt. Entgegen der Rechtsauffassung des BMF in seinem Schreiben in BStBl I 2014, 863 gilt die Berechtigung, die Vorsteuerbeträge im Regelverfahren geltend zu machen, wenn bereits aus anderen Gründen der Steuerpflichtige zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, nicht nur dann, wenn das FA treuwidrig handelt und den Unternehmer zunächst auf das Regelverfahren verweist und anschließend wieder das Vergütungsverfahren für allein zulässig ansieht. Für einen Missbrauch durch bewusst unberechtigte Rechnungsstellung nach § 14c Abs. 1 UStG bestehen im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte. Ob dies auch für einen unberechtigten Steuerausweis eines Nichtunternehmers gilt (§ 14c Abs. 2 UStG) braucht der Senat nicht zu entscheiden.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, vermittelte in den Jahren 2006 und 2007 (Streitjahre) Mobilfunkverträge zwischen Kunden und verschiedenen Mobilfunkanbietern. Sie bot auf ihrer Internetseite Mobilfunkverträge an, bei denen sie den von ihr vermittelten Kunden bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages ein Mobilfunktelefon (Handy) und andere Elektronikartikel ohne Berechnung zur Verfügung stellte; allerdings mussten die Kunden dafür höhere Gebühren an den Mobilfunkanbieter zahlen.

2

Der Kunde konnte bei den Mobilfunkverträgen zwischen Tarifen mit oder ohne Handy wählen. Bei den Tarifen mit Handy offerierte die Klägerin den Kunden, bei Vertragsabschluss ein Handy für 0 € oder --nicht streitgegenständlich-- gegen Zuzahlung ein höherwertiges Handy zu liefern. Entschied sich der Kunde für einen Zweijahresvertrag mit Handy, musste er an den Mobilfunkanbieter dafür eine um 5 bis 10 € erhöhte Monatsgebühr bezahlen. Die Gebührenerhöhung war unabhängig davon, ob der Kunde ein Handy ohne Berechnung oder gegen Zuzahlung bestellte. Entschied er sich für ein "kostenloses" Handy, bekam er das ausgewählte Handy von der Klägerin für 0 € übersandt. Soweit der Kunde sich für ein höherwertiges Handy entschied, leistete er an die Klägerin die vereinbarte Zuzahlung, wofür die Klägerin Umsatzsteuer abführte.

3

Um Kunden für einen teureren Mobilfunkvertrag mit Handy zu werben, machte die Klägerin auch zusammengefasste Angebote (sog. Bundle-Angebote) für 0 €, bei denen die Kunden bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages neben einem Handy noch andere Elektronikartikel wie Navigationsgeräte oder MP3-Player auswählen konnten. Die Abgabe der zusätzlichen Elektronikartikel war davon abhängig, dass der Kunde einen Mobilfunkvertrag mit Handy abschloss.

4

Die Klägerin erhielt nach Vermittlung der Mobilfunkverträge von den Mobilfunkanbietern Zahlungen, für die sie Umsatzsteuer abführte. Die Höhe der von den Mobilfunkanbietern an die Klägerin geleisteten Zahlungen war davon abhängig, ob der Kunde einen Tarif mit oder ohne Handy gewählt hatte. Schloss der Kunde einen Vertrag über einen Tarif mit Handy --unabhängig davon, ob das Handy von der Klägerin kostenlos oder gegen Zuzahlung abgegeben wurde-- ab, zahlte der jeweilige Mobilfunkanbieter an die Klägerin zusätzlich zu der "Provision" einen weiteren Betrag --als "Gerätebonus", "Hardware-Subvention", "Fremdhardwareunterstützung" oder "Fremd-Hardware Werbungskostenzuschuss" bezeichnet-- (im Folgenden: "Gerätebonus"). Die Auszahlung des Gerätebonus bei der Vermittlung eines Mobilfunkvertrages mit Handy war nach den Provisionsvereinbarungen mit den Mobilfunkanbietern davon abhängig, dass die Klägerin dem Anbieter die individuelle Seriennummer (IMEI - International Mobile Station Equipment Identity) des an den Kunden gelieferten Handys mitteilte.

5

Die Handys und die sonstigen Elektronikartikel hatte die Klägerin im eigenen Namen erworben und insoweit den Vorsteuerabzug geltend gemacht.

6

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, dass es sich bei der Abgabe der von der Klägerin an die Kunden für 0 € abgegebenen Handys und sonstigen Elektronikartikel um unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) handele, die wie folgt der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien:

7
                 

Jahr   

2006 (16 %)

   2007 (19 %)

Einkaufspreis Handys

... € 

... € 

Einkaufspreis sonstige Zugaben

... € 

... € 

Bemessungsgrundlage

... € 

... € 

Umsatzsteuer

... € 

... € 

8

Die Einsprüche gegen die entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheide für 2006 und 2007 vom 10. August 2009 --die aus hier nicht streitigen Gründen am 4. Februar 2010 nochmals geändert wurden-- blieben erfolglos.

9

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und setzte die Umsatzsteuer für 2006 um ... € und für 2007 um ... € herab. Es führte zur Begründung im Wesentlichen aus, im Streitfall lägen keine nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG steuerbaren unentgeltlichen Zuwendungen vor, sondern --aufgrund der erhöhten Provisionen der Mobilfunkanbieter an die Klägerin-- entgeltliche Lieferungen der Klägerin an die Kunden. Die von den Mobilfunkanbietern an die Klägerin gezahlten erhöhten Provisionen bei Vermittlung von Mobilfunkverträgen mit Handy stellten Entgelte von Dritten i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG dar.

10

Im Streitfall stünden die erhöhten Provisionszahlungen der Mobilfunkanbieter (Dritter) im unmittelbaren Zusammenhang mit der Lieferung der Handys und der elektronischen Zusatzartikel durch die Klägerin (Unternehmerin) an die Kunden (Leistungsempfänger). Das ergebe sich aus der in den Provisionsvereinbarungen vertraglich vereinbarten Verknüpfung der erhöhten Provision mit der Abgabe eines durch die IMEI-Nummer konkretisierten Handys und zeige sich auch an der Kalkulationsgrundlage der Klägerin.

11

Die Klägerin schulde die streitige Umsatzsteuer auch nicht nach § 14c UStG. Soweit sie für die Handylieferung in ihren Rechnungen an die Kunden das Drittentgelt des jeweiligen Mobilfunkanbieters nicht ausgewiesen habe, habe sie weder einen höheren als den gesetzlichen Steuerbetrag (§ 14c Abs. 1 UStG) noch unberechtigt einen Steuerbetrag ausgewiesen (§ 14c Abs. 2 UStG). Soweit über ihre Provisionen durch Gutschrift (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) der Mobilfunkanbieter abgerechnet worden sei, liege ebenfalls kein unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis nach § 14c UStG vor. Die in den Gutschriften ausgewiesenen Steuerbeträge beruhten auf den zwischen der Klägerin und den Mobilfunkanbietern vereinbarten Entgelten für die Vermittlung von Verträgen mit oder ohne Handygestellung. Sie habe hierfür Umsatzsteuer abgeführt, ohne dass eine Gefährdung des Steueraufkommens ersichtlich sei.

12

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 241 veröffentlicht.

13

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG und § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG. Es führt zur Begründung im Wesentlichen aus, das FG habe den Begriff des Entgelts verkannt. Die Handyabgaben seien unentgeltlich erfolgt, was zum Ansatz einer Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG führe.

14

Die erhöhten Provisionszahlungen durch die Mobilfunkanbieter an die Klägerin bei Vermittlung von Mobilfunkverträgen mit Handy stellten kein Entgelt eines Dritten nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG dar. Durch den Umstand, dass diese Zahlungen an die Klägerin von der Mitteilung der IMEI-Nummer des abgegebenen Handys an den jeweiligen Mobilfunkanbieter abhängig gewesen seien, ergebe sich kein unmittelbarer, sondern allenfalls ein für die Annahme von Drittentgelt nicht ausreichender mittelbarer Zusammenhang zwischen der Provisionserhöhung des Netzbetreibers und der kostenfreien Abgabe eines Mobilfunkgeräts.

15

Dass die Gewährung der erhöhten Provisionen an die Lieferung bestimmter Handys anknüpfe, bedeute insbesondere nicht, dass die Provisionserhöhung für diese Lieferungen als zusätzliches Entgelt vorgesehen gewesen sei. Es handele sich vielmehr lediglich um eine technische Anknüpfung zur Absicherung der Mobilfunkanbieter gegenüber der Klägerin, damit die Netzbetreiber zu Recht höhere Provisionen gezahlt hätten, sowie gegenüber den Kunden, damit diesen zu Recht höhere monatliche Grundgebühren in Rechnung gestellt worden seien. Derartige technische oder wirtschaftliche Verknüpfungen führten allein nicht dazu, die Zahlung zum zusätzlichen Entgelt für die Lieferung von Handys an Endkunden zu machen. Daraus könne insbesondere die für die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG erforderliche überwiegende Begünstigung der Abnehmer der Handylieferungen (Entgeltübernahme zu deren Gunsten) und damit ein preisauffüllender Charakter der Provisionserhöhungen nicht abgeleitet werden.

16

Es sei zu beachten, dass die von den Mobilfunkanbietern im Falle einer kostenlosen Handyabgabe entrichteten höheren Provisionen durch die höheren monatlichen Gebührenzahlungen der Kunden an diese kompensiert bzw. in der Summe übertroffen worden seien. Die Klägerin habe den Netzbetreibern bei Vermittlung von Mobilfunkverträgen mit Handy daher mehr Umsatz vermittelt und dieser zusätzliche Umsatz sei durch die höhere Provision abgegolten worden. Die jeweiligen Mobilfunkanbieter hätten sich von der höheren Provisionszahlung eigene wirtschaftliche Vorteile in Form höherer Mobilfunktarife versprochen. Deren Interesse habe mithin nicht --wie aber für die Annahme eines Entgelts von dritter Seite i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG erforderlich-- vornehmlich darin bestanden, die Leistung der Klägerin an die Kunden zu fördern bzw. sicherzustellen.

17

Im Streitfall komme hinzu, dass zwischen der Klägerin und den jeweiligen Mobilfunkanbietern durch die abgeschlossenen Vermarktungs- bzw. Vermittlungsverträge ein unmittelbarer, bereits gegen das Vorliegen eines Entgelts von dritter Seite sprechender Leistungsaustausch vorgelegen habe. Es habe sich bei der erhöhten Provisionszahlung durch die Netzbetreiber daher lediglich um ein weiteres Entgelt für die Vermittlung des Endkunden durch die Klägerin gehandelt.

18

Das FG habe zu Unrecht die Anwendung des § 14c Abs. 2 UStG abgelehnt. Den Drittentgeltcharakter der erhöhten Provisionen unterstellt, sei in den jeweiligen Gutschriften bezüglich der abgegebenen Handys der falsche Leistungsempfänger (der Mobilfunkanbieter anstelle des Endkunden) angegeben worden. Die Klägerin schulde als Empfängerin der Gutschriften die Umsatzsteuer, die in den Gutschriften gesondert ausgewiesen worden sei.

19

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

20

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

21

Sie tritt dem Vorbringen des FA entgegen.

Entscheidungsgründe

II.

22

Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

23

Zwar ist die Würdigung des FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, im Streitfall lägen keine nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG steuerbaren unentgeltlichen Zuwendungen der Klägerin vor, sondern --aufgrund der über die reine Vermittlungsprovision hinaus geleisteten Zahlungen (Geräteboni) der Mobilfunkanbieter an die Klägerin-- nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbare entgeltliche Lieferungen der Klägerin an die Kunden.

24

Die Revision des FA hat aber gleichwohl --mit dem Ergebnis der Zurückverweisung der Sache-- Erfolg, weil die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht seine rechtliche Beurteilung tragen, es liege kein unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis nach § 14c UStG vor, soweit über die Provisionen der Klägerin durch Gutschrift der Mobilfunkanbieter abgerechnet worden sei.

25

1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

26

Nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG wird einer Lieferung gegen Entgelt jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens, gleichgestellt. Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG).

27

2. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG entspricht Art. 5 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) bzw. Art. 16 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL-- (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Mai 2008 XI R 60/07, BFHE 221, 512, BStBl II 2008, 721, unter II.1.; vom 12. Dezember 2012 XI R 36/10, BFHE 239, 534, BStBl II 2013, 412, Rz 29).

28

Durch Art. 5 Abs. 6 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG (bzw. Art. 16 Satz 1 MwStSystRL) wird einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt haben. Jedoch fallen Entnahmen für Geschenke von geringem Wert und für Warenmuster zu Zwecken des Unternehmens nicht darunter (Art. 5 Abs. 6 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 16 Satz 2 MwStSystRL).

29

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 27. April 1999 C-48/97 --Kuwait Petroleum-- (Slg. 1999, I-2323, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1999, 278) können selbst Entnahmen, die für Zwecke des Unternehmens erfolgen, als unentgeltliche Zuwendung steuerbar sein. Dies gilt nach diesem Urteil z.B. für die ohne weitere Zuzahlung erfolgende Lieferung von Gegenständen aufgrund von Gutscheinen, die dem Abnehmer von Treibstoff ausgehändigt werden.

30

3. Eine Zuwendung i.S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 512, BStBl II 2008, 721, unter II.1.; in BFHE 239, 534, BStBl II 2013, 412, Rz 33 ff.) ist nicht unentgeltlich, wenn sie gegen Entgelt erfolgt.

31

a) Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG).

32

Eine Zahlung/Aufwendung ist grundsätzlich (nur) dann Entgelt/ Gegenleistung für eine bestimmte Leistung, wenn sie "für die Leistung" bzw. "für diese Umsätze" gewährt wird bzw. der Leistende sie hierfür erhält. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich regelmäßig aus dem "Rechtsverhältnis", d.h. den vertraglichen Beziehungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt (vgl. EuGH-Urteile vom 25. Mai 1993 C-18/92 --Bally--, Slg. 1993, I-2871, Der Betrieb --DB-- 1994, 25; vom 3. März 1994 C-16/93 --Tolsma--, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1994, 357, Neue Juristische Wochenschrift 1994, 1941, Rz 14; vom 24. Oktober 1996 C-317/94 --Elida Gibbs--, Slg. 1996, I-5339, HFR 1997, 111; vom 15. Mai 2001 C-34/99 --Primback Ltd.--, Slg. 2001, I-3833, UR 2001, 308; z.B. BFH-Urteile vom 19. Oktober 2001 V R 48/00, BFHE 196, 376, BStBl II 2003, 210, unter II.3.c; in BFHE 239, 534, BStBl II 2013, 412, Rz 37).

33

b) Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zahlung eines Dritten für eine bestimmte Leistung des Leistenden gewährt wird bzw. ob der Leistende die Zahlung für diese Leistung erhält, denn die Entrichtung der Gegenleistung für Lieferungen oder sonstige Leistungen kann auch durch einen "anderen als den Leistungsempfänger" (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG) bzw. durch einen "Dritten" (Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 73 MwSyStRL) erfolgen, d.h. durch einen nicht mit dem Leistungsempfänger identischen Zahlenden (vgl. EuGH-Urteil --Bally-- in Slg. 1993, I-2871, DB 1994, 25, Rz 17; BFH-Urteil in BFHE 196, 376, BStBl II 2003, 210, unter II.3.c).

34

Maßgebend ist, dass der Dritte für die Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger zahlt und der Unternehmer die Zahlung hierfür erhält, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Drittzahlung besteht. Ob die Zahlung des Dritten zugleich Teil eines anderen Geschäftsvorganges ist, ist unerheblich (vgl. BFH-Urteil in BFHE 196, 376, BStBl II 2003, 210, unter II.3.c). Bei der Zahlung des Dritten darf es sich aber nicht um ein Entgelt für eine an ihn erbrachte Leistung handeln (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 2010 V R 14/09, BFHE 231, 273, BStBl II 2012, 428, Rz 26).

35

4. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Würdigung des FG, dass die Abgabe der von der Klägerin für 0 € an die Kunden gelieferten Handys oder sonstigen Elektronikartikel keine nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG steuerbaren unentgeltlichen Zuwendungen darstellen, sondern aufgrund der Zahlungen der Geräteboni der Mobilfunkanbieter an die Klägerin den Kunden gegen Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG überlassen worden sind, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

36

a) Das FG hat die im Streitfall vorliegenden Leistungsbeziehungen zutreffend beurteilt. Die Klägerin hat die Handys und sonstigen Elektronikartikel nicht an die Mobilfunkanbieter, sondern (unmittelbar) an die Kunden geliefert.

37

Obwohl die Klägerin die Handys und sonstigen Elektronikartikel unmittelbar den Kunden ausgehändigt hat, käme umsatzsteuerrechtlich zwar auch eine Lieferung der Klägerin an den jeweiligen Mobilfunkanbieter und des Weiteren eine Lieferung des Mobilfunkanbieters an den Kunden in Betracht. Hierfür könnte sprechen, dass der Mobilfunkanbieter gegen den Kunden (nur) bei Überlassung eines Handys einen Anspruch auf eine höhere Monatsgebühr (5 oder 10 € mehr) hat.

38

Diese Sichtweise scheidet im Streitfall aber aus. Denn --soweit ersichtlich-- schuldete nach den abgeschlossenen Verträgen der Mobilfunkanbieter dem Kunden (lediglich) den Zugang zu seinem Mobilfunknetz, nicht aber die Lieferung eines Handys oder sonstiger Elektronikartikel. Auch enthielten die (im eigenen Namen erteilten) Rechnungen der Klägerin an die Kunden keinen Hinweis darauf, dass es sich bei der Abgabe des Handys oder sonstiger Elektronikartikel nicht um eine eigene Leistung (der Klägerin) handelte. Schließlich erfolgte in den Fällen, in denen sich der Kunde für ein höherwertiges Handy entschied, die vereinbarte Zuzahlung an die Klägerin (als Leistende).

39

b) Das FG ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass die Abgabe der Handys und sonstigen Elektronikartikel durch die Klägerin keine unselbständige Nebenleistung zu der vom Mobilfunkanbieter an die Kunden bewirkten Leistung (Einräumung des Zugangs zur Netznutzung) war.

40

Denn umsatzsteuerrechtlich sind Leistungen verschiedener Unternehmer --wie hier-- auch dann jeweils für sich zu beurteilen, wenn sie gegenüber demselben Leistungsempfänger erbracht werden (vgl. BFH-Urteile vom 7. Februar 1991 V R 53/85, BFHE 164, 482, BStBl II 1991, 737; vom 10. September 1992 V R 99/88, BFHE 169, 255, BStBl II 1993, 316; BFH-Beschluss vom 18. April 2007 V B 157/05, BFH/NV 2007, 1544).

41

c) Das FG hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Zuwendung der durch die Klägerin an die Kunden abgegebenen Gegenstände aufgrund der entsprechenden Zahlungen der Mobilfunkanbieter an die Klägerin nicht unentgeltlich erfolgt ist. Entgegen der Ansicht des FA ist der von dem Mobilfunkanbieter an die Klägerin gezahlte Gerätebonus (vom FG als "erhöhte Provision" bezeichnet) für die von ihr an den Kunden erfolgte Handylieferung im Streitfall nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG Entgelt eines Dritten (gl.A. Pickelmann, Mehrwertsteuerrecht --MwStR-- 2013, 352, 353).

42

aa) Das FG hat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend festgestellt, dass die Höhe der von den Mobilfunkanbietern an die Klägerin bezahlten Provisionen davon abhängig war, ob der Kunde einen Tarif mit oder ohne Handy gewählt hatte. Bei den Tarifen mit Handy zahlte der Anbieter an sie eine "höhere Provision", unabhängig davon, ob das Handy von ihr "kostenlos" oder gegen Zuzahlung abgegeben wurde. Die Auszahlung der "erhöhten Provision" bei der Vermittlung eines Mobilfunkvertrages mit Handy war nach den Vertriebsvereinbarungen mit den Mobilfunkanbietern davon abhängig, dass sie dem Anbieter die individuelle Seriennummer (IMEI) des an den Kunden gelieferten Handys mitteilte.

43

bb) Das FG hat dies --entgegen der Ansicht des FA unter Auseinandersetzung und Berücksichtigung der sachlichen Gegebenheiten des Streitfalls-- dahin gewürdigt, dass die "erhöhten Provisionszahlungen" der Mobilfunkanbieter (in Gestalt der Geräteboni) im unmittelbaren Zusammenhang mit der Handylieferung der Klägerin an die Kunden standen. Der unmittelbare Zusammenhang ergebe sich aus der in den Provisionsvereinbarungen vertraglich vereinbarten Verknüpfung der "erhöhten Provision" mit der Abgabe eines durch die IMEI-Nummer konkretisierten Handys. Der Mobilfunkanbieter (Dritter) zahle für die Lieferung der Klägerin (Unternehmer) an die Kunden (Leistungsempfänger). Sie erhalte die Zahlung für die Lieferung des Handys und der ggf. mitgelieferten elektronischen Zusatzartikel. Dies zeige auch die unter Vorlage der Provisionsvereinbarungen dargelegte Kalkulationsgrundlage, wie die Klägerin für die von den Mobilfunkanbietern vorgegebenen Tarife ihre Vertragsangebote zusammengestellt habe. Soweit der Einkaufspreis eines Handys durch die Hardware-Vergütung des Mobilfunkanbieters gedeckt gewesen sei, sei ein Handy für 0 € angeboten worden. Bei über der Hardware-Vergütung liegenden Einkaufspreisen hätten die Kunden eine Zuzahlung leisten müssen. Welche Handys von der Klägerin für 0 € angeboten worden seien, sei daher von der mit dem Mobilfunkanbieter getroffenen Provisionsvereinbarung abhängig gewesen.

44

cc) Diese --verfahrensfehlerfrei zustande gekommene und nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusste-- Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (§ 118 Abs. 2 FGO).

45

Wenn das FA hingegen meint, es läge kein unmittelbarer, sondern allenfalls ein für die Annahme von Drittentgelt nicht ausreichender mittelbarer Zusammenhang zwischen der Provisionserhöhung des Netzbetreibers und der kostenfreien Abgabe eines Mobilfunkgeräts vor und die Klägerin habe den Netzbetreibern bei Vermittlung von Mobilfunkverträgen mit Handy durch die höheren monatlichen Gebührenzahlungen mehr Umsatz vermittelt und dieser zusätzliche Umsatz sei durch die höheren Provisionen abgegolten worden, setzt es lediglich seine Würdigung an die Stelle der vertretbaren Würdigung des FG.

46

dd) Ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist --entgegen der Ansicht des FA-- die Auffassung der Vorinstanz, dass die von den Mobilfunkanbietern an die Klägerin geleistete (Basis)-Provision für die Kundenvermittlung der Annahme von Drittentgelt bei der "erhöhten Provision" nicht entgegensteht (vgl. auch FG Saarland, Beschluss vom 30. August 2012  1 V 1116/12, EFG 2012, 2163).

47

Bei der Zahlung des Mobilfunkanbieters ist zwischen der Vermittlungsprovision für den Vertragsabschluss und dem Gerätebonus für die Abgabe der Handys und der sonstigen Elektronikartikel zu unterscheiden, da die Zahlungen --wie dargelegt-- für jeweils selbständige, getrennte Leistungen gewährt wurden.

48

ee) Der Gerätebonus hatte demnach nicht die Funktion eines Zuschusses zur allgemeinen Förderung der Klägerin, sondern ersetzte den mit der IMEI-Nummer dokumentierten und bei ihr für die Abgabe der Handys und der sonstigen Elektronikartikel an den Kunden angefallenen Aufwand. Die Zahlung des Mobilfunkanbieters (Dritten) wurde vielmehr für die Lieferung der Geräte durch die Klägerin (Unternehmer) an den Kunden (Leistungsempfänger) gewährt. Die Klägerin gab die Geräte nur deshalb unberechnet an die Kunden weiter, weil sie dafür eine "erhöhte Provision" in Gestalt eines Gerätebonus vom Mobilfunkanbieter erhielt. Damit bestand der für die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG --wie dargelegt-- erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Drittzahlung, auch wenn sich die Mobilfunkanbieter von der Zahlung der Geräteboni eigene wirtschaftliche Vorteile in Form höherer Mobilfunktarife versprochen haben sollten (gl.A. FG Saarland, Beschluss in EFG 2012, 2163).

49

Dieser Drittentgeltcharakter des Gerätebonus entfällt im Streitfall --wie das FG zutreffend erkannt hat-- nicht dadurch, dass er nicht an den jeweiligen Einkaufspreis der von der Klägerin abgegebenen Geräte gekoppelt war, sondern von den Mobilfunkanbietern pauschal gewährt wurde. Denn der Gerätebonus diente dazu, den in den Provisionsvereinbarungen zwischen den Mobilfunkanbietern und der Klägerin vertraglich geregelten pauschalierten Aufwand für ihre Gerätelieferung an den Kunden zu vergüten.

50

ff) Eine abweichende rechtliche Beurteilung ergibt sich entgegen der Auffassung des FA nicht daraus, dass § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG in der Regel nur dann anwendbar ist, wenn ein unmittelbarer Leistungsaustausch zwischen dem Leistenden und dem Zahlenden zu verneinen ist (vgl. BFH-Urteil vom 20. Februar 1992 V R 107/87, BFHE 167, 567, BStBl II 1992, 705, unter II.3.).

51

Denn ein solcher Leistungsaustausch liegt im Streitfall in Bezug auf den allein zu beurteilenden Gerätebonus gerade nicht vor. Wie bereits dargelegt, ist bei der Provisionszahlung des Mobilfunkanbieters zwischen der Vermittlungsprovision für den Vertragsabschluss und dem Gerätebonus zu unterscheiden. Letzteren leistet der Mobilfunkanbieter an die Klägerin für ihre Lieferung der Handys und sonstigen Elektronikartikel an die Kunden.

52

5. Mithin hat die Klägerin (Unternehmer) den Kunden (Leistungsempfänger) Handys und ggf. sonstige Elektronikartikel gegen Entgelt eines Dritten (Mobilfunkanbieter) geliefert (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG). Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer für Lieferungen ist das Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Die "erhöhte Provisionszahlung" der Mobilfunkanbieter in Gestalt der Geräteboni gehört als Entgelt von dritter Seite (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG) zur Bemessungsgrundlage für die Leistungen (Lieferung der Handys und sonstigen Zugaben) der Klägerin an die Kunden (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2001 V R 75/98, BFH/NV 2002, 547, unter II.; BFH-Beschluss vom 29. März 2007 V B 208/05, BFH/NV 2007, 1542). Sie schuldet nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG die Steuer.

53

Diese Steuer hat die Klägerin (im Ergebnis) bereits gezahlt, weil sie nach den Feststellungen des FG die von den Mobilfunkanbietern erhaltenen Zahlungen --insgesamt, also auch soweit ein Gerätebonus gezahlt wurde-- der Umsatzsteuer unterworfen hat.

54

6. Allerdings sind die Ausführungen des FG, es liege kein unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis nach § 14c UStG vor, soweit über die Provisionen der Klägerin durch Gutschrift (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) der Mobilfunkanbieter abgerechnet worden sei (S. 14 des FG-Urteils), unzureichend. Hierzu bedarf es weiterer Feststellungen.

55

a) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG).

56

Die Regelung beruht auf Art. 21 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG (bzw. Art. 203 MwStSystRL), wonach im inneren Anwendungsbereich "jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung ausweist", die Mehrwertsteuer schuldet.

57

aa) Der Normzweck des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG besteht darin, Missbrauch durch Ausstellung von Rechnungen zu verhindern und der Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens durch ein Ungleichgewicht von Steuer und Vorsteuerabzug zu begegnen (vgl. BRDrucks 630/03, 84 f.; Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 14c Rz 13; Bunjes/Korn, UStG, 11. Aufl., § 14c Rz 1).

58

bb) Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG "... kann eine Rechnung von einem ... Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift)".

59

Nimmt der leistende Unternehmer eine Gutschrift widerspruchslos entgegen, in der ein höherer als der gesetzlich geschuldete Steuerbetrag gesondert ausgewiesen worden ist, schuldet er auch den Mehrbetrag (vgl. BFH-Urteil vom 23. April 1998 V R 13/92, BFHE 185, 317, BStBl II 1998, 418; Wagner in Sölch/ Ringleb, a.a.O., § 14c Rz 34 f.; Lippross, Umsatzsteuer, 23. Aufl., S. 915).

60

b) § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG ist auch anwendbar, wenn der ausgewiesene Steuerbetrag selbst nicht fehlerhaft ermittelt wurde (im Sinne von "unrichtiger Steuerbetrag"), sondern im Zusammenhang mit einer unzutreffenden Bemessungsgrundlage steht, z.B. weil in einer Rechnung (oder Gutschrift) unzutreffend ein Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG einbezogen wurde (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 14c Rz 49; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 14c Rz 139; Lippross, a.a.O., S. 917).

61

So liegt es im Streitfall, soweit in den Gutschriften der Mobilfunkanbieter --neben den Provisionen-- auch die Geräteboni erfasst und auch insoweit Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen wurde.

62

c) Entgegen der Auffassung des FG begründen im Streitfall solche von den Mobilfunkanbietern erteilten Gutschriften abstrakt die Gefahr, von den Mobilfunkanbietern zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs gebraucht zu werden. Denn den Mobilfunkanbietern steht insoweit kein Vorsteuerabzug nach § 15 UStG zu, weil sie nicht Leistungsempfänger sind (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 24. April 2009  1 K 4135/07 UAO, EFG 2010, 601); es kommt insofern --bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 UStG-- ausschließlich ein Vorsteuerabzug der Kunden als Leistungsempfänger der Klägerin in Betracht (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 10 Rz 189).

63

d) In welchem Umfang derartige Gutschriften im Streitfall erteilt worden sind und ob die Klägerin den Gutschriften evtl. widersprochen hat (vgl. dazu BFH-Urteil vom 23. Januar 2013 XI R 25/11, BFHE 239, 547, BStBl II 2013, 417; Wagner, MwStR 2013, 534), hat das FG --von seinem Standpunkt aus zu Recht-- nicht festgestellt.

64

Diese Feststellungen sind im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

Gründe

Finanzgericht München

Az.: 2 K 3248/13

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

Stichwort: „Unberechtigter Ausweis von Umsatzsteuer in Gutschriften

In der Streitsache

...

Kläger

gegen

...

Beklagter

wegen Umsatzsteuer 2000 und 2001

hat der 2. Senat des Finanzgerichts München durch ... aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 28. Juni 2016

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.

Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.

Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.

Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/9231-201.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt - FA -) den Kläger zu Recht wegen unberechtigtem Steuerausweis in Gutschriften in Anspruch genommen hat.

Der Kläger war bereits nach seinem Schulabschluss im Schrotthandel tätig, da seine Eltern einen Metallgroßhandel betrieben, den er bis 1992 weiterführte. Ab 1998 war er wieder im Schrotthandel aktiv und meldete im Februar 2000 einen Handel mit unedlen Metallen und Schrott an.

Neben tatsächlich durchgeführten Schrotthandelsgeschäften, erhielt der Kläger von verschiedenen Schrotthandelsfirmen im Einflussbereich von Herrn D (D-GmbH, S-GmbH, G-GmbH, N-GmbH, nachfolgend: D-Firmen) Schecks für Schrottlieferungen, die tatsächlich nicht stattfanden. Wie mit Herrn D vereinbart, löste er die Schecks ein, hob das Geld bar ab und gab es - abzüglich einer individuell ausgehandelten „Provision“ (in den Streitjahren: 5% der Nettosumme) - inklusive Umsatzsteuer Herrn D zurück.

Vereinzelt erhielt der Kläger von den D-Firmen mit den Schecks entsprechende Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis.

Insgesamt wurden in 2000 Abdeckrechnungen (Gutschriften) in Höhe von insgesamt 1.857.309 € mit darin enthaltener Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 256.181 € (= 501.046 DM) und in 2001 in Höhe von insgesamt 570.296 € mit darin enthaltener Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 78.662 € (= 153.849 DM) erstellt.

Bei den Schrotthandelsfirmen wurden die in den Abdeckrechnungen ausgewiesenen Schrottmengen als Wareneinkauf und die ausgewiesene Umsatzsteuer als abzugsfähige Vorsteuer verbucht. Eine Rückzahlung der geltend gemachten Vorsteuern durch die Schrotthandelsfirmen erfolgte für die Streitjahre - zumindest in den Streitjahren - nicht.

Mit seinen Umsatzsteuererklärungen für 2000 vom 7. Dezember 2001 und für 2001 vom 30. Oktober 2002, denen das FA zustimmte, erklärte der Kläger steuerpflichtige Umsätze aus dem Metallhandel ohne Berücksichtigung der fingierten Schrottlieferungen und Provisionen.

Aufgrund der Selbstanzeige des Klägers vom 17.Oktober 2007 setzte das FA mit Änderungsbescheiden vom 27. September 2012 unter Erhöhung der steuerpflichtigen Umsätze um 1.601.128 € (= 3.131.534 DM) für 2000 und um 491.634 € (= 961.552 DM) für 2001 die Umsatzsteuer für 2000 mit 261.943,01 € (= 512.316 DM) und für 2001 mit 92.169,05 € (= 180.267 DM) fest.

Die Einsprüche gegen diese Umsatzsteuerfestsetzungen und gegen die Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung wies das FA mit Einspruchsentscheidungen vom 7. Oktober 2013 als unbegründet zurück.

Mit der Klage wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig seien. Der Kläger sei zwar als Rechnungsaussteller zu behandeln und damit ebenfalls Umsatzsteuerschuldner, die Einspruchsentscheidung lasse im Hinblick auf die Auswahl des Klägers als Steuerschuldner aber jegliche Begründung vermissen und sei willkürlich. Das für die D-Firmen zuständige Finanzamt R sei in die Ermessensentscheidung des FA nicht mit einbezogen worden. Zudem sei die Inanspruchnahme des Klägers auch unbillig, da er mittellos sei und ihm - abgesehen von den „Provisionen“ - die in den Gutschriften ausgewiesenen Beträge nie zugeflossen seien.

Außerdem habe das Finanzamt noch nicht über den Antrag auf Berichtigung der unberechtigt ausgewiesenen Steuer entschieden bzw. mitgeteilt, ob eine Rückforderung der zu Unrecht erstatteten Steuern bei den D-Firmen erfolglos versucht worden sei. In jedem Falle könne der Kläger nicht auf das Berichtigungsverfahren verwiesen werden, da er durch seine Selbstanzeige die Voraussetzungen für die Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens geschaffen habe und eine eventuell verzögerte und deswegen erfolglose Inanspruchnahme der D-Firmen durch das FA von ihm nicht zu vertreten sei.

Im Übrigen sei § 14 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG a. F.) bei Abrechnungen mittels Gutschrift - jedenfalls aber bei Abrechnungen über nicht erfolgte Leistungen - nach der damaligen Rechtsprechung nicht anwendbar. Der Kläger habe keine Lieferungen ausgeführt und sei deswegen Nichtunternehmer. Er habe nicht gewusst, dass er den Gutschriften widersprechen könne.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide für 2000 und für 2001 vom 27. September 2012 und die Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2013 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist auf die Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2013 und trägt im Wesentlichen vor, dass der Kläger die in den streitgegenständlichen Gutschriften ausgewiesene Steuer nach § 14 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 UStG a. F. schulde. Die Festsetzung der unberechtigt ausgewiesenen Steuer gegenüber dem Kläger sei nicht ermessensfehlerhaft erfolgt, da das Gesetz dem FA insofern kein Ermessen einräume.

Das Berichtigungsverfahren nach § 14c Abs. 2 Umsatzsteuergesetz in der ab dem1. Januar 2004 geltenden Fassung (UStG) sei nicht Gegenstand des Klageverfahrens. Im Übrigen könne eine Berichtigung der Steuer noch nicht erfolgen, da die Gefährdung des Steueraufkommens noch nicht beseitigt sei. Allein die Selbstanzeige des Klägers entlasse den Kläger nicht aus der Gefährdungshaftung nach § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG a. F. Schließlich sei eine Berichtigung erst in dem Zeitraum vorzunehmen, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden sei - also zumindest nicht in den Streitjahren.

Das Verfahren ruhte im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Revisionsverfahren (Az. XI R 46/13). Nach Rücknahme der Revision wurde das Verfahren am 15. Februar 2016 fortgesetzt.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Der Kläger schuldet die in den streitigen Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 Satz 2, Abs. 5 UStG a. F.

a) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das gleiche gilt, wenn jemand in einer anderen Urkunde wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt (§ 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 UStG a. F.; entspricht dem jetzigen § 14c Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG).

Als Rechnung gilt auch eine Gutschrift, mit der ein Unternehmer über eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet, die an ihn ausgeführt wird (§ 14 Abs. 5 UStG a. F.).

§ 14 Abs. 3 UStG a. F. beruht auf Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG (entspricht Art. 203 MwStSystRL). Nach dieser Bestimmung schuldet jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung ausweist, diese Steuer.

Zweck der Regelungen in § 14 Abs. 3 UStG a. F. sowie in Art. 21 Nr. 1 Buchst. c 77/388/EWG ist es, Missbräuche durch Ausstellung von Rechnungen mit offenem Steuerausweis zu verhindern (vgl. BFH-Urteile vom 30. Januar 2003 V R 98/01, BStBl II 2003, 498, und vom 30. März 2006 V R 46/03, BFH/NV 2006, 1365; Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth und Strobel, ECLI:EU:C:2000:469). Dementsprechend ist die Vorschrift als Gefährdungstatbestand ausgestaltet. Derjenige, der mit einer Rechnung oder einer anderen Urkunde das Umsatzsteueraufkommen gefährdet oder schädigt, muss hierfür einstehen. Auf ein vorwerfbares Verhalten kommt es nicht an. Der gesetzliche Tatbestand verlangt weder, dass der Aussteller der Rechnung deren missbräuchliche Verwendung durch den Rechnungsempfänger kennt, noch ist eine dahingehende Absicht erforderlich (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteile in BStBl II 2003, 498, und vom 7. April 2011 V R 44/09, BStBl II 2011, 954).

aa) Die Geltung der Gefährdungshaftung auch für in Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer beruht auf Art. 22 Abs. 3 c) der Richtlinie 77/388/EWG, wodurch die Mitgliedstaaten ermächtigt wurden, eine den Anforderungen des § 14 Abs. 5 UStG a. F. entsprechende Gutschrift als Rechnung oder ähnliches Dokument zu behandeln, so dass der Empfänger der Gutschrift im Einklang mit Art. 21 Nr. 1 c) der Richtlinie 77/388/EWG einen zu hoch ausgewiesenen Mehrwertsteuerbetrag schuldet, wenn er ihr nicht widersprochen hat (vgl. EuGHUrteil vom 17. September 1997 C-141/96, Langhorst, ECLI:EU:C:1997:417, und BFH-Urteil vom 23. April 1998 V R 13/92, BStBl II 1998, 418).

Auch aufgrund der gesetzlichen Regelung ist die Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG a. F. auf Gutschriften nicht grundsätzlich ausgeschlossen (a. A. Verwaltungsauffassung zur alten Rechtslage: UStR 2000, Abschnitt 190 Abs. 2 Satz 2; FG Düsseldorf vom 22. September 2009 5 K 4568/05, EFG 2010, 444 m. w. N.; vgl. auch Verweis auf die damalige „Praxis“ von Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, § 14c Rz. 152).

Zwar gilt nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 5 Satz 1 UStG a. F. als Rechnung nur die Gutschrift, mit der über eine steuerpflichtige Leistung abgerechnet worden ist (keine Gutschrift über steuerfreie Leistungen) und ist nach § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 UStG a. F. eine Gutschrift nur anzuerkennen, wenn der Gutschriftempfänger zum gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung berechtigt ist (Ausschluss der Gutschrift gegenüber z. B. Kleinunternehmer). Dementsprechend ist § 14 Abs. 3 UStG a. F. möglicherweise nicht in Fallgestaltungen anwendbar, in denen mit Gutschrift über nicht steuerpflichtige Umsätze oder durch einen nicht zum gesonderten Steuerausweis berechtigten Unternehmer (z. B. einen Kleinunternehmer) abgerechnet worden ist (z. B. BFH-Urteil vom 31. Januar 1980 V R 60/74, BStBl II 1980, 369; FG Hessen vom 22. November 2004 6 K 1725/01, juris, zu Gutschrifterteilung über steuerfreie Leistungen; BFH-Urteil vom 21. Februar 1980 V R 113/73, BStBl II 1980, 613 zur Gutschrift gegenüber Kleinunternehmern; weitere Nachweise: Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, § 14c Rn. 152, und Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuerhandbuch, § 168 Rn. 606).

Einer Anwendbarkeit der Gefährdungshaftung bei einer Gutschrift gegenüber einem Nichtunternehmer oder über eine nicht ausgeführte Leistung steht der Wortlaut des § 14 Abs. 5 UStG a. F. jedoch nicht entgegen, zumal § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG a. F. die Gefährdungshaftung auch auf Gefährdungen durch „andere Urkunden“ ausdehnt. (Dies wird zumindest seit Änderung dieser Regelung mit Wirkung zum 1. Januar 2004 - parallel zur gesonderten Erfassung des Gefährdungstatbestands in § 14c UStG anstatt in § 14 Abs. 2 und Abs. 3 UStG a. F. - überwiegend in der Literatur vertreten, vgl. z. B. Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuerhandbuch, § 168 Rn. 606).

bb) Auf Gutschriften über nicht ausgeführte Leistungen ist die in § 14 Abs. 3 UStG a. F. vorgesehene Gefährdungshaftung anwendbar.

Gegen die Steuerschuldnerschaft des Gutschriftempfängers bei nicht ausgeführten Leistungen wird zwar eingewendet, dass Gutschriften gegenüber Nichtunternehmern oder über nicht ausgeführte Leistungen weder als Rechnungen noch als „andere Urkunden“ durch § 14 Abs. 3 UStG a. F. bzw. § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG erfasst würden, da nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG a. F. zumindest eine Abrechnung „wie ein leistender Unternehmer“ vorliegen müsse (FG Düsseldorf vom 22. September 2009 5 K 4568/05, EFG 2010, 444 m. w. N.; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 14c Rz. 100, wobei eingeräumt wird, dass diese Einschränkung wenig einleuchtet und den Anwendungsbereich des § 14c Abs. 2 UStG zweckwidrig einschränkt, da die Gefährdung des Steueraufkommens die gleiche sei, wie in den übrigen Fällen).

Insoweit ist jedoch darauf hinzuweisen, dass auch hinsichtlich des Wortlauts des § 14c Abs. 2 Satz 3 UStG, in dem vom „geschuldeten Steuerbetrag“ die Rede ist, unproblematisch und Normzweck entsprechend darüber hinweggesehen wird, dass es sich nicht wirklich um eine Steuer handeln kann, weil es am Handeln eines Unternehmers oder an der Ausführung eines Umsatzes fehlt (so Widmann in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 14c, Rn. 36 mit Verweis auf EuGH-Urteil vom 6. November 2003 C-78/02 bis C-80/02, Karageorgou u. a., ECLI:EU:C:2003:604).

Außerdem setzt ein unberechtigter Steuerausweis nicht voraus, dass die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 UStG aufgezählten Pflichtangaben aufweist (BFH-Urteil vom 17. Februar 2011 V R 39/09, BStBl. II 2011, 734). Vielmehr reicht es aus, dass das Dokument den Rechnungsaussteller, den Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung, das Entgelt und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ausweist. Denn nicht zuletzt wegen der Berichtigungsmöglichkeit nach § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG ist kein schutzwürdiges Interesse eines Rechnungsausstellers erkennbar, risikolos Dokumente in den Rechtsverkehr zu bringen, die als Abrechnungen über angebliche umsatzsteuerpflichtige Vorgänge erscheinen und dem Rechnungsempfänger einen unberechtigten Vorsteuerbetrug erst ermöglichen. Für die Anwendung des § 14c Abs. 2 UStG reicht es deshalb aus, dass das Dokument als Abrechnung über eine (angebliche umsatzsteuerpflichtige) Leistung durch einen (angeblichen) Unternehmer wegen des Ausweises der Umsatzsteuer die Gefahr begründet, vom Empfänger oder einem Dritten zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs gebraucht zu werden.

Diese Erwägungen, insbesondere die zu einem eigenständigen Rechnungsbegriff im Rahmen des Gefährdungstatbestands, sind ohne weiteres auch auf die Vorgängerregelung, den § 14 Abs. 3 UStG a. F. und den darin erfassten Gefährdungstatbestand übertragbar, zumal die Berichtigungsmöglichkeit nach § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG auch in Altfällen angewendet wird (vgl. Rz. 86 des BMF-Schreibens vom 29. Januar 2004, BStBl I 2004, 258).

Eine Rechnung i. S. d. § 14 Abs. 3 UStG a. F. bzw. § 14c UStG ist somit jedes Dokument -auch eine Gutschrift über tatsächlich nicht ausgeführte Leistungen -, das wegen des Ausweises der Umsatzsteuer die Gefahr begründet, vom Empfänger oder einem Dritten zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs gebraucht zu werden (vgl. Bunjes/Korn, UStG, 14. Auflage, § 14c Rn. 5).

b) Im Streitfall sind die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 UStG a. F. erfüllt.

Vom Kläger wurden keine Leistungen an die Schrotthandelsfirmen erbracht, so dass in den von den Schrotthandelsfirmen erteilten Gutschriften über nicht ausgeführte Leistungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis abgerechnet worden ist.

Auch wenn dem Kläger - neben den Schecks - Abrechnungen in Form von Gutschriften nur anfangs vereinzelt (zwei oder drei, vgl. Bl. 41 Rechtsbehelfsakte) und dann wieder ab 2002 (insgesamt vielleicht 15-20 Mal, vgl. Bl. 15 Ermittlungsakte - ErmA -) übermittelt wurden, hindert dies die Inanspruchnahme aus dem Gefährdungstatbestand des § 14 Abs. 3 UStG a. F. nicht.

Nach § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr.2 und Nr. 4 UStG a. F. ist eine Gutschrift nur anzuerkennen, wenn zwischen Aussteller und Empfänger Einverständnis über die Abrechnung durch Gutschrift besteht und diese dem leistenden Unternehmer zugeleitet worden ist. Zuleitung bedeutet, dass die Gutschrift dem Empfänger so zugänglich gemacht wird, dass er von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann (BFH-Urteil vom 15. September 1994 XI R 56/93, BStBl II 1995, 275).

Dem Gesetzeszweck entsprechend muss der bewusste Verzicht auf Kenntnisnahme jedoch ausreichen, um als Gutschriftempfänger in Anspruch genommen werden zu können. Dafür spricht auch, dass eine Person als Rechnungsaussteller zwar nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn sie in irgendeiner Weise an der Erstellung der Urkunde mitgewirkt hat oder wenn ihr die Ausstellung zuzurechnen ist. Aussteller einer Rechnung ist aber nicht nur, wer die betreffende Rechnung eigenhändig erstellt hat. Vielmehr sind insoweit die zum Recht der Stellvertretung entwickelten Grundsätze zur Anscheins- oder Duldungsvollmacht zu beachten (BFH-Urteil vom 7. April 2011 V R 44/09, BStBl II 2011, 954 m. w. N.). Insofern kann sich der Inanspruchnahme durch § 14 Abs. 3 UStG a. F. bzw. § 14c Abs. 2 UStG nicht entziehen, wer zulässt oder sogar einverständlich daran mitwirkt, dass ein Dritter Scheingutschriften an ihn ausstellt, die die Gefahr begründen, dass der Aussteller den Vorsteuerabzug hieraus geltend macht (FG Münstervom 9. September 2014 15 K 2469/13, EFG 2014, 2180; FG Niedersachsen vom 9. Oktober 2013 5 K 319/12, EFG 2014, 162; Bun-jes/Korn, UStG, 14. Auflage, § 14c Rn. 5; Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, § 14c Rn.. 153, jedenfalls wenn dem Gutschriftempfänger die Bedeutung des Widerrufsrechts bekannt ist; BeckOK UStG/Weymüller § 14c Rn. 211; Widmann in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 14c Rn. 36).

Dem Kläger war nach eigener Aussage und als in der Schrotthandelsbranche bereits langjährig erfahrenem Unternehmer bewusst, dass über die fiktiven Lieferungen Gutschriften erstellt und diese in der Buchhaltung des jeweiligen „Abnehmers“ verwendet werden. Dass diese Gutschriften auch Umsatzsteuer auswiesen, war dem Kläger bekannt aufgrund der nach eigener Aussage anfänglich erhaltenen Gutschriften und dem Umstand, dass sich seine Provision aus dem „Nettobetrag“ errechnete, er aber den zugewiesenen „Bruttobetrag“ abzüglich Provision zurückzugeben hatte (vgl. Vernehmung, Bl. 63 ErmA). Anderenfalls hätte auch keine Notwendigkeit zur Zahlung der Provisionen bestanden. Dies hat der Kläger insofern bestätigt, als er angab, für die Akzeptanz von Gutschriften der Fa. Z Provisionen erhalten zu haben (vgl. Selbstanzeige Bl. 17 ErmA). Insofern kommt es auf den Einwand nicht an, er hätte nicht von der Möglichkeit, den Gutschriften zu widersprechen, gewusst, da der Kläger einvernehmlich mit den Gutschrifterstellern gehandelt hat.

Auf die Übermittlung der Gutschriften hat er konkludent verzichtet. Er hat die Existenz der Gutschriften aber nicht nur akzeptiert, sondern den Anschein einer zu Recht mit Gutschrift abgerechneten entgeltlichen Leistung sogar bekräftigt, indem er die Schecks entgegennahm und einlöste. Damit hat der Kläger zu erkennen gegeben, dass er der jeweiligen unberechtigten Gutschrift zustimmt und hat sie sich zu Eigen gemacht. Sie sind ihm deshalb zuzurechnen.

Im Ergebnis fallen daher die gegenüber dem Kläger erteilten Gutschriften über die nicht erfolgten Schrottlieferungen unter § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG a. F. mit der Folge, dass dieser die in den Abrechnungen unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer schuldet. Die Steuer ist gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG a. F. im Zeitpunkt der Ausgabe der Gutschriften, also in den Jahren 2000 und 2001, entstanden.

c) Die durch die Gutschriften begründete Steuerschuldnerschaft ist in den Streitjahren auch nicht durch einen Widerspruch gemäß § 14 Abs. 5 Satz 4 UStG a. F. entfallen; denn ein solcher Widerspruch ist in den Streitjahren nicht erfolgt.

Ein etwaiger späterer Widerspruch könnte aber keine Rückwirkung entfalten. Daher kann dahingestellt bleiben, ob ein solcher bereits in der Erklärung gegenüber der Steuerfahndungsstelle gesehen werden kann oder ob dieser nicht gegenüber den jeweiligen Schrotthandelsfirmen hätte abgegeben werden müssen und ob ein Widerspruchsrecht nicht mittlerweile verjährt bzw. verwirkt war (vgl. FG München, Urteil vom 5. November 2014 3 K 3209/11, EFG 2015, 427).

Dahingestellt bleiben kann auch, ob ein wirksamer Widerspruch, soweit - wie hier - ein Missbrauchstatbestand vorliegt, voraussetzt, dass außerdem die Gefährdung des Steueraufkommen (entsprechend § 14c Abs. 2 Satz 3 UStG) beseitigt worden ist.

2. Bei der Inanspruchnahme des Klägers hat das FA auch nicht - entgegen der Auffassung des Klägers - ermessenswidrig gehandelt.

Das FA hat bei der Festsetzung der vom Kläger nach § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG a. F. geschuldeten Umsatzsteuer nicht nach seinem Ermessen darüber zu entscheiden, ob es den Kläger wegen unberechtigtem Steuerausweis in Anspruch nimmt, denn diese Regelung eröffnet keinen Ermessenspielraum für die Finanzverwaltung.

Für das FA hat bei der Inanspruchnahme des Klägers auch kein Auswahlermessen bestanden, da zwischen dem Kläger und den Gutschriftenausstellern kein Gesamtschuldverhältnis im Sinne von § 44 Abs. 1 Abgabenordnung vorgelegen hat.

Die Gutschriftenaussteller sind nicht Schuldner der in den Gutschriften unberechtigt ausgewiesenen Steuerbeträge. Diese werden nach § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG a. F. nur vom Kläger geschuldet (Urteil des FG Münster vom 9. September 2014 15 K 2469/13, EFG 2014, 2180 m. w. N. auch zu der in der Literatur vertretenen gegenteiligen Auffassung). Die Gutschriftenaussteller sind allerdings nicht zum Vorsteuerabzug aus den in den Gutschriften ausgewiesenen Steuerbeträgen berechtigt, weil die darin bezeichneten Lieferungen nicht ausgeführt worden sind (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG a. F.).

3. Schließlich kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, dass das FA noch nicht über den Antrag auf Berichtigung der unberechtigt ausgewiesenen Steuer entschieden hat. Denn unabhängig davon, ob ein Anspruch auf Zustimmung zur Berichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG im vorliegenden Fall besteht, ist hierüber in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden. Insofern spielt der Einwand des Klägers, das Finanzamt R sei nicht ausreichend bzw. rechtzeitig beteiligt worden, keine Rolle.

Außerdem ist eine Berichtigung zumindest in den Fällen, in denen der Vorsteuerabzug aus den zu berichtigenden Gutschriften bereits geltend gemacht wurde, in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des § 14c Abs. 2 Satz 4 UStG eingetreten sind (§ 14c Abs. 2 Satz 5 UStG). Die aufgrund des unrichtigen Steuerausweises geschuldeten Steuerbeträge bleiben bis zur - ohne Rückwirkung erfolgenden - Berichtigung des Steuerbetrags geschuldet (§ 14c Abs. 2 Satz 5 UStG). Eine rückwirkende Berichtigung eines unberechtigt ausgewiesenen Steuerbetrags widerspräche dem Regelungszweck von § 14c Abs. 2 UStG (BFH-Urteil vom 16. September 2015 XI R 47/13, BFH/NV 2016, 428 m. w. N.).

Nach den Ermittlungen des FA wurde bei den Gutschrifterstellern ein Vorsteuerabzug aus den hier streitigen Gutschriften durchgeführt und die geltend gemachten Vorsteuern - zumindest in den Streitjahren - nicht an die Finanzbehörden zurückgezahlt. Unter diesen Umständen ist eine Berichtigung im streitgegenständlichen Besteuerungszeitraum ausgeschlossen.

4. Soweit der Kläger geltend macht, seine Inanspruchnahme sei unbillig, begehrt er einen Erlass, über den das FA in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden hat. Eine solcher wurde beim FA jedoch bisher nicht ausdrücklich beantragt und ist nicht Gegenstand dieser Entscheidung.

5. Da eine Entscheidung über die Steuerschuldnerschaft des Klägers aufgrund des unberechtigten Steuerausweises in Gutschriften und über die Verpflichtung zur Vorsteuerberichtigung der Gutschriftenaussteller nicht einheitlich ergehen muss, liegt kein Fall der notwendigen Beiladung nach § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) vor. Die rechtlichen Interessen der Gutschriftenaussteller können durch die hier zu treffende Entscheidung über die Steuerschuldnerschaft des Klägers nicht berührt sein. Insofern waren - auch aus Gründen der Prozessökonomie - die Gutschriftenaussteller entgegen dem Antrag des Klägers nicht nach § 60 FGO beizuladen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

7. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen abweichender Finanzgerichtsentscheidung in Bezug auf § 14 Abs. 3 UStG a. F. (FG Düsseldorf vom 22. September 2009 5 K 4568/05, EFG 2010, 444) zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung bzw. in Hinblick auf die im Schrifttum vertretene Auffassung, wonach Gutschriften über nicht ausgeführte Leistungen nicht unter § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG fallen, gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

(1) Die Steuer entsteht

1.
für Lieferungen und sonstige Leistungen
a)
bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Das gilt auch für Teilleistungen. Sie liegen vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist,
b)
bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind,
c)
in den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung nach § 16 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Kraftomnibus in das Inland gelangt,
d)
in den Fällen des § 18 Abs. 4c mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Abs. 1a Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind,
e)
in den Fällen des § 18 Absatz 4e mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1b Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind,
f)
in den Fällen des § 18i mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1c Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind,
g)
in den Fällen des § 18j vorbehaltlich des Buchstabens i mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1d Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind,
h)
in den Fällen des § 18k mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1e Satz 1, in dem die Lieferungen ausgeführt worden sind; die Gegenstände gelten als zu dem Zeitpunkt geliefert, zu dem die Zahlung angenommen wurde,
i)
in den Fällen des § 3 Absatz 3a zu dem Zeitpunkt, zu dem die Zahlung angenommen wurde;
2.
für Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und 9a mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem diese Leistungen ausgeführt worden sind;
3.
in den Fällen des § 14c im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung;
4.
(weggefallen)
5.
im Fall des § 17 Abs. 1 Satz 6 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist;
6.
für den innergemeinschaftlichen Erwerb im Sinne des § 1a mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Kalendermonats;
7.
für den innergemeinschaftlichen Erwerb von neuen Fahrzeugen im Sinne des § 1b am Tag des Erwerbs;
8.
im Fall des § 6a Abs. 4 Satz 2 in dem Zeitpunkt, in dem die Lieferung ausgeführt wird;
9.
im Fall des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der Gegenstand aus einem Umsatzsteuerlager ausgelagert wird.

(2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gilt § 21 Abs. 2.

(3) (weggefallen)

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Dienstleistungen (sog. driving services) der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Streitjahr 2006 im Ausland ausgeführt worden und daher nicht steuerbar sind.

2

Die Klägerin, eine GmbH, weist in ihrer Satzung als Geschäftsgegenstand den Chauffeurservice, Veranstaltungsservice, das Künstlermanagement und die Außenhandelsberatung aus. Für Unternehmer, die als Veranstalter im In- und Ausland Konzert- und Sportveranstaltungen durchführen, hat die Klägerin im Zusammenhang mit Konzertveranstaltungen im europäischen Ausland sog. driving services erbracht. Sie stellte für die Beförderung der Künstler und Begleitpersonen in den jeweiligen Konzertorten Kleinbusse sowie Luxuslimousinen, jeweils mit Fahrern, zur Verfügung. Mit diesen Fahrzeugen wurden die Künstler und Begleitpersonen jeweils zwischen Flughäfen, Hotels und Veranstaltungsorten gefahren. Sie konnten die Fahrzeuge samt Fahrern auf Wunsch zusätzlich jederzeit für Fahrten zu Restaurants, Bars oder zum Einkaufen nutzen. Die von der Klägerin eingesetzten Fahrer mussten über gute Umgangsformen, Orts- und Sprachkenntnisse verfügen. Die Klägerin rechnete ihre Leistungen gegenüber den Auftraggebern nach Pauschalen für die Anzahl der Shows ohne Mehrwertsteuer ab.

3

Die Klägerin legte nach einer Änderung der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für die Monate April bis Juli des Streitjahres (2006) durch den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) zunächst Einspruch ein und erhob danach eine Untätigkeitsklage beim Finanzgericht (FG). Während des Klageverfahrens erließ das FA sowohl eine Einspruchsentscheidung als auch den Umsatzsteuer-Jahresbescheid für das Streitjahr vom 10. Juni 2008, der gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Es behandelte die "driving services" entgegen der Jahressteuererklärung der Klägerin als im Inland steuerbare und steuerpflichtige Leistungen.

4

Das FG hat die Klage abgewiesen. Die Leistungen der Klägerin seien gemäß § 3a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 2005 in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (UStG) am Sitz der Klägerin im Inland ausgeführt worden.

5

Die Klägerin habe keine Beförderungsleistungen gemäß § 3b Abs. 1 UStG, sondern einheitliche Leistungen eigener Art erbracht. Prägendes Element ihrer Leistungen sei es gewesen, "Fahrgelegenheiten in angemessenem Rahmen zu verschaffen" bzw. die "Mobilität der Auftragnehmer auf besondere Art und Weise sicherzustellen". Gegen das Vorliegen von Beförderungsleistungen i.S. des § 3b Abs. 1 UStG spreche, dass die Klägerin ihre Leistungen pauschal mit Gesamtpreisen und nicht nach den gefahrenen Strecken abgerechnet habe. Der Leistungsort liege auch nicht gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG an den ausländischen Konzertorten, da die Klägerin ihre Leistungen zwar dort erbracht habe, diese aber nicht für die künstlerischen Leistungen "unerlässlich" gewesen seien (Hinweis auf die Senatsentscheidung vom 6. November 2002 V R 57/01, BFH/NV 2003, 827).

6

Die Klägerin rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts. Der Leistungsort der im Ausland ausgeführten "driving services" sei entweder gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG oder gemäß § 3b Abs. 1 UStG zu bestimmen. In beiden Fällen liege er nicht im Inland. Das FG lege das Merkmal in § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG, dass ihre Leistungen an die Veranstalter der Konzerte "unerlässlich" für die künstlerischen Leistungen sein müssten, zu restriktiv aus. Es genüge, dass die Leistungen --wie im Streitfall-- die Konzertveranstaltungen ergänzten und die Kosten für die Leistungen auf die ausländischen Konzertbesucher überwälzt würden.

7

Überdies seien ihre Leistungen Beförderungsleistungen gemäß § 3b Abs. 1 UStG und Art. 9 Abs. 2 Buchst. b der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) und keine Leistungen eigener Art. Im Vordergrund des von ihr erbrachten Leistungsbündels stehe die Beförderung der Künstler. Die Gestellung von repräsentativen Fahrzeugen mit qualifizierten Fahrern sei keine überlagernde oder gleichwertige weitere Hauptleistung, die neben der Beförderungsleistung stehe. Anderenfalls sei jede Beförderungsleistung eine Leistung eigener Art, wenn vom Fahrgast an Fahrer und Fahrzeug besondere Anforderungen gestellt würden. Die "driving services" seien ferner nicht als Vermietung von Beförderungsmitteln mit Gestellung der Fahrer als Nebenleistung einzustufen. Ihr sei das Weitervermieten der von ihr selbst gemieteten Fahrzeuge an Dritte untersagt. Ihre Auftragnehmer wollten nicht als Mieter Besitz und Verfügungsmacht an den Fahrzeugen erlangen und für diese die Verantwortung übernehmen.

8

Die Klägerin beantragt,

die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 25. September 2007 aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 10. Juni 2008 in der Weise zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 73.683,29 € herabgesetzt wird.

9

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

10

Das FG habe das Merkmal "unerlässlich" in § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG zu Recht eng ausgelegt. Nicht jede Leistung, die im Vorfeld eines Konzerts an den Veranstalter erbracht werde, könne eine unerlässliche Leistung sein. Es liege keine Beförderungsleistung vor, da prägendes Element der Leistung ein Fahrbereitschaftsdienst gewesen sei.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klagestattgabe (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Entgegen der Auffassung des FG sind die --einheitlichen-- Leistungen der Klägerin bei der gebotenen Gesamtbetrachtung als Beförderungsleistungen i.S. des § 3b Abs. 1 Satz 1 UStG zu beurteilen. Diese sind im Inland nicht steuerbar, da sie ausschließlich im europäischen Ausland bewirkt worden sind.

12

1. Der Umsatzsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Eine sonstige Leistung wird nach § 3a Abs. 1 UStG grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Abweichend hiervon werden Beförderungsleistungen gemäß § 3b Abs. 1 UStG dort ausgeführt, wo die Beförderung bewirkt wird.

13

Diese Regelungen zum Leistungsort beruhen auf Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG. Danach gilt abweichend von der Grundregel in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG als Ort der Beförderungsleistung der Ort, an dem die Beförderung nach Maßgabe der zurückgelegten Beförderungsstrecke bewirkt wird. Diese Sonderregelung für Beförderungsleistungen soll --insbesondere bei grenzüberschreitenden Personenbeförderungen-- sicherstellen, dass jeder Mitgliedstaat die (Teil-)Strecken tatsächlich besteuert, die in seinem Hoheitsgebiet liegen (Gerichtshof der Europäischen Union --EuGH--, Urteile vom 6. November 1997 C-116/96, Reisebüro Binder, Slg. 1997, I-6103; vom 23. Mai 1996 C-331/94, Kommission/Griechenland, Slg. 1996, I-2675 Rdnr. 10; vom 13. März 1990 C-30/89, Kommission/Frankreich, Slg. 1990, I-691 Rdnr. 15; vgl. allgemein die 7. Begründungserwägung zur Richtlinie 77/388/EWG).

14

Befördern ist die räumliche Fortbewegung von Personen oder Gegenständen, wobei die Art des Beförderungsmittels nicht von Bedeutung ist (z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. März 2011 XI R 25/09, BFHE 233, 348, BStBl II 2011, 737; vom 1. August 1996 V R 58/94, BFHE 181, 208, BStBl II 1997, 160, m.w.N.).

15

2. Nach der Rechtsprechung ist bei einem Umsatz, der --wie im Streitfall-- ein Leistungsbündel darstellt, für die Frage, ob mehrere zusammenhängende Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln sind, eine Gesamtbetrachtung erforderlich. In der Regel ist zwar jede Leistung als eigene selbständige Leistung anzusehen. Eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darf aber im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems auch nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb ist das Wesen bzw. sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige gegenüber dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist (z.B. BFH-Urteile vom 17. April 2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712, und in BFHE 233, 348, BStBl II 2011, 737, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

16

Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 25. Februar 1999 C-349/96, Card Protection Plan Ltd. (CPP), Slg. 1999, I-973, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1999, 254; BFH-Urteile vom 11. November 2004 V R 30/04, BFHE 207, 560, BStBl II 2005, 802, und vom 10. Februar 2010 XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109). Dem Umstand, dass ein Gesamtpreis in Rechnung gestellt wird, kommt indizielle, aber keine allein entscheidende Bedeutung zu (BFH-Urteil in BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109); dasselbe gilt für den Umstand, dass Leistungen aufgrund einer einzigen Vertragsgrundlage erbracht werden (BFH-Beschluss vom 26. April 2010 V B 3/10, BFH/NV 2010, 1664, m.w.N.).

17

a) Die hiernach erforderliche Gesamtbetrachtung, ob aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers eine einheitliche Leistung vorliegt (vgl. EuGH-Urteil vom 27. Oktober 2005 C-41/04, Levob, Slg. 2005, I-9433, BFH/NV Beilage 2006, 38 Rdnr. 19, m.w.N.), ist im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das FG, die den BFH grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindet (z.B. BFH-Urteil vom 13. Januar 2011 V R 63/09, BFHE 233, 64, BStBl II 2011, 461, m.w.N.). In Übereinstimmung mit den Beteiligten geht das FG danach zu Recht von einer einheitlichen Leistung aus.

18

b) Bei dieser einheitlichen Leistung handelt es sich entgegen der Auffassung des FG um eine Beförderungsleistung.

19

Die umsatzsteuerrechtliche Qualifizierung einer einheitlichen Leistung verlangt eine Bestimmung ihrer dominierenden Bestandteile (BFH-Urteil in BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109, m.w.N. zur Rechtsprechung des EuGH). Das FG hat bei seiner Würdigung jedoch nicht --wie erforderlich-- die bisher von der Rechtsprechung zu Leistungen vergleichbarer Art --hier Beförderungsleistungen-- entwickelten Kriterien berücksichtigt.

20

c) Durch die Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass die Art des Beförderungsmittels nicht von Bedeutung ist (BFH-Urteile in BFHE 233, 348, BStBl II 2011, 737, und in BFHE 181, 208, BStBl II 1997, 160, m.w.N.) und dass Taxifahrten Beförderungsleistungen sind (BFH-Urteile vom 31. Mai 2007 V R 18/05, BFHE 217, 88, BStBl II 2008, 206; vom 19. Juli 2007 V R 68/05, BFHE 219, 224, BStBl II 2008, 208). Auch steht der Beurteilung als Beförderungsleistung nicht entgegen, dass das Taxi vereinbarungsgemäß zwischen mehreren Beförderungen auf den Kunden wartet (vgl. BFH-Urteile in BFHE 217, 88, BStBl II 2008, 206, und in BFHE 219, 224, BStBl II 2008, 208). Die Beurteilung als Beförderungsleistung ist nach der Rechtsprechung weiter nicht deswegen ausgeschlossen, weil dem Kunden während der Beförderung zusätzliche Annehmlichkeiten geboten werden (BFH-Urteile in BFHE 233, 348, BStBl II 2011, 737; in BFHE 181, 208, BStBl II 1997, 160). So beeinflusst nach dem BFH-Urteil in BFHE 233, 348, BStBl II 2011, 737 z.B. die Qualität der Verpflegung und Unterbringung auf einem Schiff grundsätzlich nicht die Art der Personenbeförderung, sondern nur die Umstände, unter denen sie durchgeführt wird. Die Verschaffung eines angenehmen Reiseerlebnisses steht der Beurteilung als Beförderung nicht entgegen (BFH-Urteil vom 19. September 1996 V R 129/93, BFHE 181, 216, BStBl II 1997, 164).

21

d) Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen, wenn es seine Beurteilung, es liege keine Beförderungsleistung vor, im Wesentlichen darauf gestützt hat, dass die Bereitstellung von Luxusfahrzeugen sowie von Fahrern mit angemessenen Umgangsformen und Englischkenntnissen vereinbart gewesen sei.

22

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindenden Feststellungen des FG hat die Klägerin die Künstler samt Reisetross sowohl zu im Voraus festgelegten Zeiten zwischen Flughäfen und Hotels an den Veranstaltungsorten als auch von den Hotels zu den betreffenden Auftrittsorten befördert und zusätzlich die Beförderung für nicht im Voraus geplante Fahrten auf Wunsch in Bars, Restaurants oder zum Einkaufen übernommen. Bei den vom FG als leistungsprägend beurteilten Umständen, wie der vereinbarten Qualität der Fahrzeuge, der Kriterien für die Auswahl der Fahrer sowie der "Fahrbereitschaft" zwischen mehreren Beförderungen handelt es sich nach den vorstehenden Grundsätzen lediglich um Annehmlichkeiten, die Beförderungsleistungen unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können, die der Beurteilung als Beförderungsleistung daher nicht entgegenstehen.

23

e) Zu Unrecht beruft sich das FG für seine Auffassung, die Überlassung eines Fahrzeugs mit Chauffeur sei eine Leistung eigener Art, auf den Beschluss des XI. Senats vom 12. Juni 2008 XI B 201/07 (juris). Diese Entscheidung führt im Zusammenhang mit der Frage, ob die für das Vorliegen einer Divergenz maßgebliche Voraussetzung des vergleichbaren Sachverhalts vorliege, lediglich aus, die Überlassung eines Schiffes für eine Segeltour sei mit der Überlassung eines Fahrzeugs mit Chauffeur nicht vergleichbar. Gleiches gilt, soweit sich das FG für seine Auffassung auf das BFH-Urteil vom 19. Juli 1961 II 202/57 U (BFHE 73, 502, BStBl III 1961, 450 zur Beförderungssteuer) stützt, in dem der BFH die Sache zurückverwiesen hatte, weil das FG bei der Überlassung eines LKW mit Fahrer die nach dem streitigen Sachverhalt nicht auszuschließende Möglichkeit der Beurteilung als Mietvertrag nicht in Betracht gezogen hatte. Grundlegendes Merkmal einer Vermietung ist nach der Rechtsprechung des EuGH, dass dem Mieter auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, einen Gegenstand so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 12. Juni 2003 C-275/01, Sinclair Collis Ltd., Slg. 2003, I-5965, UR 2003, 348 Rdnr. 25; BFH-Urteil vom 24. Januar 2008 V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60). Der Beurteilung als Mietvertrag im Streitfall steht entgegen, dass nach den Feststellungen des FG die Klägerin nur verpflichtet war, die "jederzeitige angenehme Mobilität" für Transporte vom Flugplatz zum Hotel, den Auftrittsorten oder anderen Zielen zu verschaffen; den Kunden wurde jedoch nicht --wie für eine Vermietung charakteristisch-- der Besitz an den Fahrzeugen und die Verantwortung für den Erhalt und die unversehrte Rückgabe der Fahrzeuge übertragen. Das Urteil des FG war hiernach aufzuheben.

24

3. Der Senat kann in der Sache entscheiden. Offenbleiben kann, ob die Klägerin --wie sie in dem vor dem erkennenden Senat geführten Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Februar 2010 V S 24/09, BFH/NV 2010, 930) vorgetragen hat-- zwar nicht im Streitjahr (2006), aber nach Verkündung des FG-Urteils vom 17. März 2009 über die streitigen Leistungen Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis ausgestellt hat. Dies berührt jedoch nicht die Steuerfestsetzung für das Streitjahr.

25

Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag ausgewiesen als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Die Steuer entsteht im Fall des § 14c Abs. 1 UStG gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG in dem Zeitpunkt, in dem die Steuer für die Lieferung oder sonstige Leistung entsteht, spätestens jedoch mit der Ausgabe der Rechnung. Wird über eine bisher steuerfreie oder nicht steuerbare Leistung erstmals mit Umsatzsteuer abgerechnet, entsteht die Steuer bei richtlinienkonformer Auslegung erst im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 13 Rz 84 f.; Reiß in Reiß/ Kraeusel/Langer, UStG, § 13 Rz 52). Da der Steuertatbestand bei einer zu hoch ausgewiesenen Steuer die Ausgabe der Rechnung ist, können die Mitgliedstaaten als Entstehungszeitpunkt die Ausstellung der Rechnung vorsehen (Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG). Für die Steuerschuld aufgrund des Steuerausweises in der Rechnung ist danach auf die Ausstellung der Rechnung abzustellen.

26

Soweit der Senat im Urteil vom 24. Januar 2008 V R 39/06 (BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786) entschieden hat, dass die Steuerschuld aufgrund einer Rechnungserteilung auf das Jahr der Leistungserbringung zurückwirke, betrifft dies nicht die im Streitfall geltende, sondern lediglich die vor Inkrafttreten des Steueränderungsgesetzes 2003 geltende Fassung des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG, die ausschließlich auf die Steuerentstehung für die Leistung abstellte.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine aus den Eheleuten X bestehende Grundstücksgemeinschaft.

2

Im Jahr 2005 begann sie auf einem im Eigentum der Gemeinschafter stehenden Grundstück mit der Errichtung einer Schweinezuchtanlage. Die vorsteuerbelasteten Anschaffungs- und Herstellungskosten betrugen für die Gebäude und die damit verbundenen Betriebsvorrichtungen ... € und für sonstige Betriebsvorrichtungen ... €.

3

Mit Pachtvertrag vom 1. Oktober 2005 verpachtete die Klägerin diese Anlage unter Verzicht gemäß § 9 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ab Juni 2006 an den gemeinsamen Sohn der Gemeinschafter, S, der einen landwirtschaftlichen Betrieb führte, auf die Durchschnittsbesteuerung nach § 24 UStG verzichtet hatte (§ 24 Abs. 4 UStG) und deshalb gemäß § 15 UStG zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt war. Als monatlicher Pachtzins wurden ... € zzgl. Mehrwertsteuer vereinbart. Ab dem 1. Juli 2020 beträgt der Pachtzins ... € netto pro Monat.

4

Die im Zusammenhang mit der Anschaffung und Herstellung anfallenden Vorsteuerbeträge machte die Klägerin in ihren Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2007 geltend. Aus der Verpachtung erklärte sie steuerpflichtige Umsätze für das Streitjahr 2006 zu 16 % in Höhe von ... € und für das Streitjahr 2007 zu 19 % in Höhe von ... €.

5

Im Anschluss an eine bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, dass als Bemessungsgrundlage der Verpachtungsumsätze der Klägerin nicht der vereinbarte --dem S (zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer) in Rechnung gestellte-- Pachtzins in Höhe von ... € netto pro Monat, sondern die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG anzusetzen sei. Der Prüfer ermittelte unter Berücksichtigung der Anschaffungs- und Herstellungskosten des Stalles und der Betriebsvorrichtungen unter Verteilung der Kosten für das Gebäude auf zehn Jahre und der für die Betriebsvorrichtungen auf fünf Jahre eine Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von ... € netto pro Monat.

6

Das FA erhöhte die monatlichen Umsätze der Klägerin dementsprechend um ... € und setzte mit Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden vom 22. Februar 2010 die Umsatzsteuer für das Streitjahr 2006 auf ... € sowie für das Streitjahr 2007 auf ... € fest. Mit Einspruchsentscheidung vom 24. März 2011 wies das FA die Einsprüche der Klägerin als unbegründet zurück.

7

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) setzte unter Änderung der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide die Umsatzsteuer für die Streitjahre antragsgemäß auf ... € bzw. ... € herab.

8

Es führte in den Gründen seiner Entscheidung aus, § 10 Abs. 5 UStG sei --möglicherweise entgegen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)-- nicht anwendbar, wenn --wie vorliegend-- Leistungsbeziehungen zwischen voll zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern betroffen seien.

9

Denn die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 5 UStG sei nicht durch die ihr zugrunde liegende Ratsermächtigung gemäß Art. 27 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) gedeckt, soweit der fragliche Umsatz zwischen zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmen stattfinde, weil auf dieser Stufe keine Steuerhinterziehung oder -umgehung stattfinden könne. Dies entspreche auch Art. 80 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), auf dem zwar die Vorschrift des § 10 Abs. 5 UStG nicht beruhe, der aber allgemeine Grundsätze beinhalte, die bei der richtlinienkonformen Auslegung der Sonderregelung in § 10 Abs. 5 UStG zu beachten seien.

10

Es komme demnach nicht darauf an, ob sich die Klägerin unmittelbar auf Art. 80 Abs. 1 der MwStSystRL berufen könne, und ob im Streitfall ein marktübliches Entgelt ermittelbar bzw. gezahlt worden sei.

11

Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 402 veröffentlicht.

12

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

13

Es bringt im Wesentlichen vor, die Vorentscheidung stehe im Widerspruch zum BFH-Urteil vom 24. Januar 2008 V R 39/06 (BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786), wonach eine Gefahr für eine Steuerumgehung, die zur Anwendung des § 10 Abs. 5 UStG führen müsse, auch dann vorliege, wenn diese Gefahr sich --wie hier-- erst später verwirkliche. Das FG habe insoweit nicht berücksichtigt, dass S als Leistungsempfänger mit Wirkung zum 1. Januar 2012 --mithin noch innerhalb des zehnjährigen Berichtigungszeitraums des § 15a Abs. 1 UStG-- wieder zur Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG zurückgekehrt sei.

14

Die Grundstücksgemeinschaft könne --trotz der Rückkehr des S zur Durchschnittssatzbesteuerung-- weiterhin auf die Steuerfreiheit ihrer Vermietungsumsätze verzichten und müsse ihren Vorsteuerabzug selbst nicht i.S. des § 15a UStG berichtigen. Bei S wäre ab 2012 --ohne Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage-- ein zu niedriger Umsatzsteuerbetrag nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG vom Vorsteuerausschluss betroffen.

15

Der Gefahr einer Steuerumgehung, die bei Rechtsgeschäften zwischen nahen Angehörigen grundsätzlich bestehe, könne nur durch § 10 Abs. 5 UStG begegnet werden, wenn nicht ausschließlich der Zeitpunkt der Leistungserbringung betrachtet werde. Eine Anwendung des § 10 Abs. 5 UStG erst in einem nachfolgenden Besteuerungszeitraum widerspreche wegen des Überwachungsaufwands und der damit steigenden Gefahr des Steuerausfalls dem Neutralitätsgrundsatz.

16

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 26. April 2012 C-621/10 und C-129/11 --Balkan and Sea Properties-- (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2012, 435, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 675) obliege es dem nationalen Gericht zu prüfen, ob Steuerpflichtige vorhanden seien, die zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt seien, und damit keine Gefahr einer Steuerumgehung bestehe. Der EuGH überlasse es in Rz 48 dieses Urteils den nationalen Gerichten, unter welchen zeitlichen Aspekten ein Unternehmer als Leistungsempfänger gelte, der zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sei.

17

Selbst wenn das FG die Anwendung des § 10 Abs. 5 UStG zu Recht auf Leistungen zwischen nicht zum vollen Vorsteuerabzug Berechtigten beschränkt hätte, wären die angefochtenen Steuerfestsetzungen rechtmäßig, weil die Klägerin am 2. März 2010 den sich bei einer Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs. 5 UStG ergebenden Betrag dem S zuzüglich Mehrwertsteuer nachberechnet habe, sodass insoweit ein unrichtiger Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 1 UStG vorliege. Nach dem BFH-Urteil vom 8. September 2011 V R 5/10 (BFHE 235, 481, BStBl II 2012, 620) entstehe die Steuer in den Fällen des unrichtigen Steuerausweises in dem Zeitpunkt, in dem die Steuer --vorliegend in den Streitjahren-- entstanden sei.

18

Zudem ergebe sich aus dem Gesetzeswortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG, dass ein nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldeter Mehrbetrag gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 UStG nur dann mit der Ausgabe der Rechnung entstehe, soweit über eine nicht steuerbare oder steuerfreie Leistung abgerechnet werde, was hier nicht der Fall sei.

19

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

20

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise die Rechtswidrigkeit der Umsatzsteuerbescheide für 2006 und 2007 vom 22. Februar 2010 festzustellen.

21

Sie tritt der Revision entgegen und führt dazu im Kern aus, die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG komme --wie sich aus dem EuGH-Urteil --Balkan and Sea Properties-- in UR 2012, 435, HFR 2012, 675 ergebe-- schon deshalb nicht zur Anwendung, weil der Leistungsempfänger --der S-- in den Streitjahren zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sei.

22

Die vom FA behauptete Veränderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse zum 1. Januar 2012 rechtfertige die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage in den Streitjahren 2006 und 2007 nicht.

23

Der Vorsteuerabzug des Pächters S als Leistungsempfänger unterliege --anders als der des Empfängers einer Lieferung, wozu der BFH in BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786 entschieden habe-- keiner Vorsteuerberichtigung. Die in den Streitjahren bei S angefallenen Vorsteuerbeträge seien endgültig.

24

Das FA könne mit seinem neuen tatsächlichen Vorbringen zu der am 2. März 2010 ausgestellten Rechnung, mit der die Klägerin den sich nach der Mindestbemessungsgrundlage ergebenden Mehrbetrag dem S zuzüglich Mehrwertsteuer nachberechnet habe, im Revisionsverfahren nicht mehr gehört werden. Im Übrigen entstehe die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer erst mit Ausstellung der Rechnung und nicht schon rückwirkend in den Festsetzungszeiträumen, in denen die Umsätze ausgeführt worden seien, für die eine zu hohe Steuer ausgewiesen werde.

Entscheidungsgründe

25

II. Die Revision des FA ist unbegründet. Sie war daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

26

Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die infolge des Verzichts auf die Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1, § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG in vollem Umfang steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin aus der Verpachtung einer Schweinezuchtanlage nicht nach der Mindestbemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG, sondern nach dem Entgelt i.S. des § 10 Abs. 1 UStG zu bemessen sind. Es kann im Streitfall dahinstehen, ob --wie das FG meint-- die Vorschriften über die sog. Mindestbemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG) nicht anwendbar sind, soweit Leistungsbeziehungen zwischen voll zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern betroffen sind.

27

1. Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG unterliegen entgeltliche Leistungen, die Körperschaften, Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften im Rahmen ihres Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahestehende Personen ausführen, der sog. Mindestbemessungsgrundlage. Gegenüber nahestehenden Personen --wie dem S-- erfolgt die Besteuerung dann nicht auf der Grundlage des vereinbarten Entgelts, sondern nach den Bemessungsgrundlagen des § 10 Abs. 4 UStG (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786, unter II.2.a).

28

a) § 10 Abs. 5 UStG stellt eine abweichende Sondermaßnahme i.S. des Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 395 Abs. 1 der MwStSystRL-- dar. Die Vorschrift ist als abweichende nationale Maßnahme zur Verhütung von Steuerhinterziehungen und -umgehungen eng auszulegen und darf nur angewandt werden, soweit dies hierfür unbedingt erforderlich ist (vgl. BFH-Urteile vom 8. Oktober 1997 XI R 8/86, BFHE 183, 314, BStBl II 1997, 840; in BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786; vom 27. Februar 2008 XI R 50/07, BFHE 221, 410, BStBl II 2009, 426; vom 29. Mai 2008 V R 12/07, BFHE 221, 525, BStBl II 2009, 428; vom 7. Oktober 2010 V R 4/10, BFHE 232, 537, BFH/NV 2011, 930; vom 19. Juni 2011 XI R 8/09, BFHE 234, 455, BFH/NV 2011, 2184; ferner EuGH-Urteil vom 29. Mai 1997 C-63/96 --Skripalle--, Slg. 1997, I-2847, BStBl II 1997, 841, Rz 22 f.)

29

b) Der EuGH hat zu Art. 80 der MwStSystRL --der die Bestimmungen des Art. 11 Teil A Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG in der durch die Richtlinie 2006/69/EG des Rates vom 24. Juli 2006 geänderten Fassung übernommen hat-- für den Fall der Lieferung von Gegenständen oder der Erbringung von Dienstleistungen zu einem künstlich niedrigen oder hohen Preis, der zwischen Beteiligten vereinbart wird, die beide zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, entschieden, dass auf dieser Stufe keine Steuerhinterziehung oder -umgehung stattfinde (vgl. EuGH-Urteil --Balkan and Sea Properties-- in UR 2012, 435, HFR 2012, 675, Rz 47). Erst beim Endverbraucher oder bei einem eine "Mischung" von Umsätzen bewirkenden Steuerpflichtigen, der nur zu einem Pro-Rata-Abzug berechtigt sei, könne ein künstlich hoher oder niedriger Preis zu einem Steuerausfall führen. Nur wenn die von dem Vorgang betroffene Person nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sei, bestehe ein Risiko von Steuerhinterziehung oder -umgehung, dem die Mitgliedstaaten vorbeugen dürften (vgl. EuGH-Urteil --Balkan and Sea Properties-- in UR 2012, 435, HFR 2012, 675, Rz 48).

30

c) Gemessen daran kommt die Mindestbemessungsgrundlage --wie das FG zutreffend entschieden hat und wovon das FA inzwischen auch selbst ausgeht-- in den Streitjahren nicht zur Anwendung; denn S war in den Streitjahren zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt.

31

Über die Situation ab 2012 ist vorliegend nicht zu befinden.

32

d) Soweit das FA vorbringt, eine Anwendung des § 10 Abs. 5 UStG erst in einem nachfolgenden Besteuerungszeitraum widerspräche wegen des Überwachungsaufwands und der damit steigenden Gefahr des Steuerausfalls dem Neutralitätsgrundsatz, rechtfertigt dies nicht die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG in den Streitjahren.

33

Denn als bloße Vereinfachungsregelung für die Steuererhebung darf die Vorschrift nicht herangezogen werden (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 183, 314, BStBl II 1997, 840; in BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786; ferner EuGH-Urteil --Skripalle-- in Slg. 1997, I-2847, BStBl II 1997, 841, Rz 30).

34

e) Danach bedarf es --entgegen der Ansicht des FA-- keiner Erörterung, ob vorliegend die Mindestbemessungsgrundlage das marktübliche Entgelt übersteigt (vgl. dazu EuGH-Urteil --Skripalle-- in Slg. 1997, I-2847, BStBl II 1997, 841, Rz 26).

35

2. Dies steht im Ergebnis im Einklang mit der Rechtsprechung des V. Senats des BFH in BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786.

36

a) Nach der --vor dem EuGH-Urteil --Balkan and Sea Properties-- in UR 2012, 435, HFR 2012, 675 ergangenen-- Rechtsprechung des V. Senats des BFH besteht die Gefahr von Steuerhinterziehungen und -umgehungen grundsätzlich bei Rechtsgeschäften zwischen nahestehenden Personen, und zwar nicht nur bei Leistungen an Personen, die nicht oder nur eingeschränkt zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, sondern auch bei Leistungen an Personen, die den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG vollumfänglich in Anspruch nehmen können (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786, unter II.2.b), wenn nach Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 184 der MwStSystRL-- und § 15a UStG ggf. eine Berichtigung des vom Leistungsempfänger in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs bei einer späteren Änderung der hierfür maßgeblichen Verhältnisse in Betracht kommt. Die Berichtigung nach § 15a UStG beziehe sich auf den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers und erfolge somit auf der Grundlage des Entgelts für die an diesen erbrachte Leistung. Wäre § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG aufgrund der Berechtigung des Leistungsempfängers zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG nicht anwendbar, würden Berichtigungen nach § 15a UStG auf der Grundlage eines Vorsteuerbetrags vorgenommen, der auf einem verbilligten Entgelt beruhe, woraus sich die Gefahr von Steuerumgehungen ergebe (vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786, unter II.2.b).

37

Die Finanzverwaltung hat sich dem angeschlossen und festgelegt, dass es der Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage nicht entgegenstehe, wenn über eine ordnungsgemäß durchgeführte Lieferung an einen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer abgerechnet werde (Abschn. 10.7. Abs. 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses --UStAE--).

38

b) Auch danach wären vorliegend die streitigen Umsätze nicht nach der Mindestbemessungsgrundlage zu bemessen.

39

Denn auch soweit S --wie das FA nunmehr vorbringt, wozu das FG jedoch keine Feststellungen getroffen hat-- zum 1. Januar 2012 von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung zurückgekehrt sein sollte, was nach § 15a Abs. 7 UStG als eine Änderung der Verhältnisse zu werten wäre, kommt keine Berichtigung des in den Streitjahren 2006 und 2007 aus dem streitigen Leistungsbezug in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs i.S. des § 15a Abs. 1 und 2 UStG in Betracht, sodass vorliegend eine die Anwendung der abweichenden Vorschriften über die Mindestbemessungsgrundlage rechtfertigende Gefahr von Steuerhinterziehung und -umgehung nicht besteht.

40

aa) Im Streitjahr 2006 galt § 15a Abs. 4 UStG in der durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz) vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3310) eingefügten Fassung. Die Vorschrift lautete: "Die Absätze 1 und 2 sind auf sonstige Leistungen, die nicht unter Absatz 3 Satz 1 fallen, entsprechend anzuwenden." Danach war der Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn der Unternehmer eine sonstige Leistung bezieht, die nicht in einen Gegenstand eingeht oder an diesem ausgeführt wird und deren Verwendung anders zu beurteilen ist, als dies im Zeitpunkt des Leistungsbezugs beabsichtigt war (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 6. Dezember 2005 IV A 5-S 7316-25/05, BStBl I 2005, 1068, Rz 43).

41

Eine sonstige Leistung, die unter die Berichtigungspflicht nach § 15a Abs. 4 UStG fiel, war u.a. die Anmietung eines Wirtschaftsguts (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 1068, Rz 44). Hiernach war die Pacht der Schweinezuchtanlage grundsätzlich eine nach § 15a Abs. 4 UStG berichtigungspflichtige sonstige Leistung.

42

bb) Allerdings wurde es aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn der Unternehmer die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auf solche sonstigen Leistungen beschränkte, für die in der Steuerbilanz ein Aktivposten gebildet werden müsste. Dies galt jedoch nicht, soweit es sich um sonstige Leistungen handelte, für die der Leistungsempfänger bereits für einen Zeitraum vor Ausführung der sonstigen Leistung den Vorsteuerabzug vornehmen konnte (Voraus- und Anzahlung). Unerheblich war, ob der Unternehmer nach den §§ 140, 141 der Abgabenordnung (AO) tatsächlich zur Buchführung verpflichtet war (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 1068, Rz 46; Abschn. 217c Abs. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2008).

43

cc) Diese Verwaltungsregelung wurde ab dem 1. Januar 2007 Gesetz. Nach der mit Wirkung zum 1. Januar 2007 durch Art. 8 Nr. 1 Buchst. b des Ersten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (BürokratieabbauG) vom 22. August 2006 (BGBl I 2006, 1970) geänderten Fassung des § 15a Abs. 4 UStG ist die Berichtigung auf solche sonstigen Leistungen zu beschränken, für die in der Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot bestünde (§ 15a Abs. 4 Satz 2 UStG). Dies gilt jedoch nicht, soweit es sich um sonstige Leistungen handelt, für die der Leistungsempfänger bereits für einen Zeitraum vor Ausführung der sonstigen Leistung den Vorsteuerabzug vornehmen konnte (§ 15a Abs. 4 Satz 3 UStG). Unerheblich ist, ob der Unternehmer nach den §§ 140, 141 AO tatsächlich zur Buchführung verpflichtet ist (§ 15a Abs. 4 Satz 4 UStG).

44

Nach der Gesetzesbegründung zum BürokratieabbauG wird durch § 15a Abs. 4 Sätze 2 bis 4 UStG "klargestellt, welche sonstigen Leistungen der Berichtigung des Vorsteuerabzugs unterliegen" (BRDrucks 302/06, S. 25).

45

dd) Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei sonstigen Leistungen, die --wie im Streitfall-- nicht unter § 15a Abs. 3 UStG fallen, ist demnach --mit Ausnahme für sonstige Leistungen, für die der Unternehmer wie bei An- oder Vorauszahlungen den Vorsteuerabzug geltend machen kann, bevor er die Leistung bezogen hat-- auf solche zu beschränken, für die in der Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot besteht, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Unternehmer nach den §§ 140, 141 AO selbst zur Buchführung verpflichtet ist (vgl. dazu Bunjes/Heidner, UStG, 12. Aufl., § 15a Rz 53; Nieskens in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 15a A 27 bis A 29).

46

Dies ist hier nicht der Fall. Denn ein --wie hier von S-- fortlaufend gezahltes Leistungsentgelt kann nicht als Anschaffungskosten eines immateriellen Wirtschaftsguts "Nutzungsrecht" aktiviert werden (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 19. Juni 1997 IV R 16/95, BFHE 183, 484, BStBl II 1997, 808, unter II.3.; vom 20. November 2012 VIII R 31/09, BFH/NV 2013, 527, Rz 17; ferner Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 32. Aufl., § 5 Rz 176, jeweils m.w.N.). Zwar ist das aus einem Mietverhältnis --gleiches gilt für ein hier vorliegendes Pachtverhältnis-- folgende Nutzungsrecht durch einen laufend zu entrichtenden Mietzins entgeltlich erworben; gleichwohl ist das Nutzungsrecht nicht zu bilanzieren, weil ihm ein schwebendes Geschäft zugrunde liegt, das nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht in die Bilanz aufzunehmen ist, solange --wie hier-- das bestehende Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten nicht durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände gestört ist (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile in BFHE 183, 484, BStBl II 1997, 808, unter II.3.; in BFH/NV 2013, 527, Rz 17; ferner zur Aktivierung von Nutzungsrechten aus einem Mietvertrag Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 100, Beispiele). Die von S aus der in den Streitjahren 2006 und 2007 von der Klägerin mit gesondertem Steuerausweis in Rechnung gestellten Pacht der Schweinezuchtanlage in Anspruch genommenen Vorsteuerbeträge sind mithin --selbst bei einer Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse i.S. des § 15a Abs. 7 UStG-- bei S nicht zu berichtigen.

47

3. Es kann dahinstehen, ob --wie die Klägerin meint-- bei der vom Senat zu treffenden Revisionsentscheidung unberücksichtigt bleiben muss, dass --wie das FA nunmehr unter Hinweis auf § 14c Abs. 1 UStG vorbringt, wozu das FG zwar keine Feststellungen getroffen hat, was die Klägerin jedoch mit Schriftsatz vom 8. Mai 2014 eingeräumt hat-- diese am 2. März 2010 den sich nach der Mindestbemessungsgrundlage ergebenden Mehrbetrag dem S zuzüglich Umsatzsteuer nachträglich in Rechnung gestellt hat (zur grundsätzlichen Nichtberücksichtigung von neuem tatsächlichen Vorbringen im Revisionsverfahren vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28. Januar 2014 VII R 26/10, BFHE 244, 480, BFH/NV 2014, 990, Rz 16). Die Revision des FA wäre selbst bei Berücksichtigung dieses neuen Sachverhalts unbegründet, weil eine von der Klägerin mit Rechnung vom 2. März 2010 ausgewiesene überhöhte Steuer nicht in den Streitjahren 2006 und 2007 entstanden wäre.

48

a) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag ausgewiesen, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG). Die Steuer entsteht in diesem Fall gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG in dem Zeitpunkt, in dem die Steuer für die Lieferung oder sonstige Leistung entsteht, spätestens jedoch mit der Ausgabe der Rechnung. § 13 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 UStG wurde auf Initiative des Bundesrats durch das Zweite Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz --StÄndG-- 2003) vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645) eingefügt.

49

Dies entspricht dem Unionsrecht. Die Mitgliedstaaten können --da der Steuertatbestand bei einer zu hoch ausgewiesenen Steuer die Ausgabe der Rechnung ist-- gemäß Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 Spiegelstrich 1 der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 66 Satz 1 Buchst. a der MwStSystRL-- als Entstehungszeitpunkt spätestens die Ausstellung der Rechnung vorsehen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 235, 481, BStBl II 2012, 620, Rz 25).

50

b) Wird über eine bisher steuerfreie oder nicht steuerbare Leistung erstmals mit Umsatzsteuer abgerechnet, entsteht die Steuer bei richtlinienkonformer Auslegung des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG erst im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 235, 481, BStBl II 2012, 620, Rz 25, m.w.N.). Dem hat sich die Finanzverwaltung in Abschn. 13.7. Satz 3 UStAE angeschlossen (vgl. dazu auch Abschn. 13.7. Beispiel 2 UStAE).

51

c) Nichts anderes gilt, wenn der leistende Unternehmer --was hier mit der Nachberechnung des sich nach der Mindestbemessungsgrundlage ergebenden Mehrbetrags zuzüglich Mehrwertsteuer vom 2. März 2010 der Fall wäre-- in einer berichtigenden Rechnung über eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung einen höheren Steuerbetrag ausweist, als er nach dem Gesetz schuldet. Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung in Abschn. 13.7. Satz 2 UStAE (vgl. dazu auch Abschn. 13.7. Beispiel 1 UStAE) kann auch in diesem Fall die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer jedenfalls nicht vor Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstehen, in dem die Rechnung erteilt worden ist (vgl. Nieskens in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 13 Rz 389; Bunjes/Leonard, a.a.O., § 13 Rz 28; Bunjes/Korn, a.a.O., § 14c Rz 30; Reiß/Seite in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 13 Rz 51; Leipold in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 13 Rz 85; ferner Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange, § 14c UStG Rz 7).

52

aa) Zwar hatten die gesetzgebenden Körperschaften --worauf das FA zutreffend hinweist und wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt-- bei Einfügung des § 13 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 UStG, wonach die Steuer im Fall des § 14c Abs. 1 UStG "spätestens jedoch im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung" entsteht, (nur) den Fall des überhöhten Steuerausweises bei Berechnung von Umsatzsteuer für nicht steuerbare oder steuerfreie Umsätze im Blick (vgl. dazu Gesetzesentwurf der Fraktionen, BTDrucks 15/1562, S. 45; Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 15/1621, S. 5; Stellungnahme des Bundesrats, BRDrucks 630/03 --Beschluss--, S. 20 f.; Unterrichtung durch die Bundesregierung, BTDrucks 15/1798, S. 9; Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, BTDrucks 15/1928, S. 29).

53

bb) Der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG ist jedoch --entgegen der Ansicht des FA-- richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass eine nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Mehrsteuer nicht vor Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem eine Rechnung, mit der der Unternehmer über einen Mehrbetrag abrechnet und insoweit einen überhöhten Steuerbetrag ausweist, erteilt worden ist.

54

Steuertatbestand ist nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 62 Abs. 1 der MwStSystRL-- der Tatbestand, durch den die gesetzlichen Voraussetzungen für den Steueranspruch verwirklicht werden. Das ist für eine überhöht ausgewiesene Steuer i.S. des § 14c Abs. 1 UStG nicht die Bewirkung der Lieferung oder Leistung, sondern die Begebung der Rechnung (vgl. Bunjes/Leonard, a.a.O., § 13 Rz 28). Denn in den Fällen des § 14c Abs. 1 UStG wird der die Mehrsteuer auslösende Tatbestand erst in dem Moment verwirklicht, in dem der Unternehmer in einer Rechnung überhöht Umsatzsteuer ausgewiesen hat (vgl. Nieskens in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 13 Rz 387). Soweit Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 63 der MwStSystRL-- den Entstehungszeitpunkt bei Leistungen an die Bewirkung des Umsatzes anknüpft, betrifft dies allein die Entstehung der gesetzlichen Umsatzsteuerschuld (vgl. Nieskens in Rau/ Dürrwächter, a.a.O., § 13 Rz 387; Leipold in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 13 Rz 85).

55

cc) Dem entspricht der allgemeine Grundsatz des § 38 AO, wonach die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erst mit Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands entstehen (vgl. Nieskens in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 13 Rz 387; Stadie in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 14c Rz 183).

56

dd) Danach ist die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Mehrsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG nicht bereits in dem Zeitpunkt entstanden, in dem die (gesetzliche) Steuer für die Lieferung oder sonstige Leistung entstanden ist, sondern erst im Zeitpunkt der Ausgabe der den überhöhten Steuerausweis betreffenden Rechnung. Dies wäre bezogen auf den Streitfall der 2. März 2010 und beträfe daher nicht die Umsatzsteuer für die Streitjahre 2006 und 2007.

57

d) Soweit der V. Senat des BFH mit Urteil in BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786 entschieden hat, dass die Steuerschuld aufgrund einer Rechnungserteilung auf das Jahr der Leistungserbringung zurückwirkt (s.a. BFH-Urteil vom 13. November 2003 V R 79/01, BFHE 204, 332, BStBl II 2004, 375), hat er inzwischen klargestellt, dass dies --was das FA verkennt-- lediglich die vor Inkrafttreten des StÄndG 2003 geltende Fassung des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG betrifft, die ausschließlich auf die Steuerentstehung für die Leistung abstellte (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 235, 481, BStBl II 2012, 620, Rz 26).

(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 579/13
vom
3. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Dezember 2013 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Würzburg vom 30. Juli 2013 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben

a) soweit der Angeklagte wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer
hinsichtlich des Voranmeldungszeitraums August
2010 (Fall Nr. 4 der Anklage) verurteilt worden ist,

b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist es unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
3
a) Seit 28. Dezember 2009 war der Angeklagte Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der G. H. (im Folgenden: G. ). Im Zeitraum August bis Dezember 2010 tätigte er folgende Geschäfte mit Altgold:
4
aa) In den Monaten August bis Oktober 2010 verkaufte der Angeklagte mehrfach zum Schein Altgold an die Go. R. S. (im Folgenden:Go. R. ). Er wusste dabei, dass tatsächlich keine Umsätze stattfanden und er insoweit auch nicht unternehmerisch tätig war. Er übergab lediglich Altgold, was ihm vorher zu diesem Zweck übergeben worden war, an S. , den „Verantwortlichen“ derGo. R. . Das von der Go. R. als Kaufpreis an die G. überwiesene Geld hob der Angeklagte jeweils in bar ab und gab es unter Einbehalt kleiner Beträge an S. zurück. Obwohl die einzelnen Goldverkäufe tatsächlich nicht stattgefunden hatten, erstellte die Go. R. Ankaufsgutschriften unter offenem Ausweis von Umsatzsteuer, denen der Angeklagte nicht widersprach. Die hierbei ausgewiesene Umsatzsteuer betrug für August 2010 220.849,40 Euro, für September 2010 67.802,46 Euro und für Oktober 2010 1.208,25 Euro.
5
bb) In den Monaten September bis Dezember 2010 führte der Angeklagte im Namen der G. (nicht fingierte) Goldlieferungen an die Scheideanstalten C. sowie M. durch. Über den Verkaufspreis erhielt er jeweils Gutschriften mit gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer. Die Gutschriften der C. enthielten im Monat September 2010 ausgewiesene Umsatzsteuer von 83.245,95 Euro und im Oktober 2010 von 48.662,50 Euro. Die M. erstellte der G. im Oktober 2010 Gutschriften mit einer ausgewiesenen Umsatzsteuer von 59.542,31 Euro, im November 2010 von 1.179.428,37 Euro und im Dezember 2010 von 1.184.717,40 Euro.
6
cc) Die „Umsätze“ an die Go. R. im August 2010 erklärte der Angeklagte in einer für diesen Monat für die G. eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung. Für die Monate September bis Dezember 2010 reichte der Angeklagte keine Umsatzsteuervoranmeldungen ein.
7
2. Das Landgericht hat die Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung für August 2010 als Steuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) gewertet. Es hat dabei ausgeführt, dass der Angeklagte gewusst habe, dass die von der Go. R. erstellten Gutschriften nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hätten (UA S. 12). Der Angeklagte habe vorsätzlich gehandelt, weil er gewusst habe, dass er zur Abgabe inhaltlich richtiger Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet war. Die Nichteinreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September bis Dezember 2010 hat das Landgericht als vier Fälle der Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) gewertet.
8
3. Die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung für den Monat August 2010 hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
a) Entgegen der Annahme des Landgerichts hat der Angeklagte für diesen Monat zugunsten der G. keine Umsatzsteuer verkürzt. Zwar war die Angabe eines steuerpflichtigen Nettoumsatzes mit der Go. R. in Höhe von 1.162.365,23 Euro und einer Umsatzsteuer von 220.849,40 Euro unzutreffend, da nur eine Goldübergabe, nicht jedoch eine Lieferung von Altgold stattgefunden hatte. Die angemeldete Umsatzsteuer war gleichwohl geschuldet , weil in den Gutschriften mangels zugrunde liegender Umsätze unbe- rechtigt Umsatzsteuer ausgewiesen worden war (§ 14c Abs. 2 Satz 2 UStG). Damit mag der Angeklagte in der Umsatzsteuervoranmeldung zwar über den Rechtsgrund der Steuerschuld getäuscht haben, indem er „steuerpflichtige Um- sätze“ (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) angemeldet hat, obwohl „andere Steuerbeträge“ gemäß § 14c UStG zu erklären waren (vgl. auch Niedersächsisches Finanzgericht , Urteil vom 9. Oktober 2013 – 5 K 319/12). Da sich deren Höhe deckte, führte die unrichtige Angabe bei der G. jedenfalls nicht zu einer Verkürzung von Steuern i.S.v. § 370 Abs. 1 AO.
10
Das Landgericht hat zwar im Ansatz zutreffend erkannt, dass die Umsatzsteuer aus Gutschriften über tatsächlich nicht durchgeführte Lieferungen nicht gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigen. Es hat jedoch verkannt, dass ein Vorsteuerabzug allenfalls beim Aussteller der Gutschriften, nicht aber beim Gutschriftsempfänger zu einer Steuerverkürzung führen konnte.
11
b) Obwohl für den Monat August 2010 zugunsten der G. eine Steuerverkürzung nicht eingetreten ist, kommt ein Freispruch des Angeklagten nicht in Betracht. Ein Freispruch darf nur erfolgen, wenn vollständige und fehlerfrei getroffene Feststellungen ergeben, dass sich der Angeklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt strafbar gemacht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2000 – 1 StR 106/00; BGHSt 46, 53, 61; BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008 – 5 StR 200/07, NStZ-RR 2008, 273). Dies ist hier nicht der Fall. Denn das Landgericht hat nicht geprüft, ob der Angeklagte mit der Einreichung einer Umsatzsteuervoranmeldung, in der er zum Vorsteuerabzug berechtigende steuerpflichtige Umsätze statt der tatsächlich vorliegenden, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden anderen Steuerbeträge (gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG) angemeldet hat, Beihilfe zu einer Steuerhinterziehung des Ausstellers der Gutschriften geleistet hat. Solches liegt zwar angesichts der Urteilsfeststellungen zur Einschaltung es Angeklagten nahe; es fehlen jedoch insbesondere Feststellungen dazu, ob die Go. R. gemäß § 15 UStG einen Vorsteuerabzug aus den in den Gutschriften enthaltenen Umsatzsteuerbeträgen vorgenommen hat. Der Tatvorwurf bedarf daher neuer tatrichterlicher Prüfung. Um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen , hebt der Senat die Feststellungen zu diesem Tatvorwurf insgesamt auf.
12
c) Die Aufhebung der Verurteilung in diesem Fall zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.
13
4. Das Urteil im Übrigen hat dagegen Bestand.
14
a) Der Schuldspruch in den weiteren Fällen hält rechtlicher Nachprüfung stand. Nach den Urteilsfeststellungen hatte die G. in den Monaten September bis Dezember 2010 gegenüber zwei Scheideanstalten Lieferungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) von Altgold vorgenommen (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 9. April 2013 – 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218). Die Nichteinreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen für diese Monate hat das Landgericht daher zutreffend jeweils als Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) angesehen.
15
b) Auch der Strafausspruch in diesen Fällen hält rechtlicher Nachprüfung stand. Insbesondere begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht die Unterlassungstaten für die Veranlagungszeiträume November und Dezember 2010 als besonders schwer i.S.v. § 370 Abs. 3 AO gewertet hat. Soweit der Beschwerdeführer die Erörterung des § 46b StGB vermisst, deckt er keinen Rechtsfehler auf. Entgegen seiner Ansicht werden von § 100a Abs. 2 StPO nur die dort unter Nummer 2 Buchst. a bis c genannten Steuerstraftatbe- stände erfasst. Dass der Angeklagte zur Aufdeckung solcher Taten beigetragen hat, ist nicht festgestellt; eine Aufklärungsrüge ist nicht erhoben. Der Senat schließt aus, dass die den Voranmeldungszeitraum August 2010 betreffende Einzelstrafe die Höhe der übrigen Einzelstrafen beeinflusst hat.
Raum Wahl Jäger Cirener Radtke
30
Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbei- trag als Beihilfehandlung zu werten. In diesem Fall verliert sein Tun stets den „Alltagscharakter“; es ist als „Solidarisierung“ mit dem Täter zu deuten und dann auch nicht mehr als sozialadäquat anzusehen. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ (BGH, Urteile vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12, wistra 2014, 176; und vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 112 ff.; Beschluss vom 20. September 1999 – 5 StR 729/98, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

22
Dem schließt sich der Senat an. Der in Feststellung unrichtiger Besteuerungsgrundlagen mit Bindungswirkung liegende Vorteil ist ein Vorteil spezifisch steuerlicher Art, der auf dem Tätigwerden der Finanzbehörde beruht, und damit Steuervorteil (gl. A. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 376 AO Rdn. 21; Gast-de Haan in Klein, AO 9. Aufl. § 370 Rdn. 56; Hardtke, AO-StB 2002, 92, 93; a.A. Beckemper NStZ 2002, 518, 520; Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 370 Rdn. 299; Sorgenfrei, wistra 2006, 370; zum Begriff des Steuervorteils vgl. auch BGHSt 25, 190, 202). Der Annahme eines mit dem Feststellungsbescheid erlangten Steuervorteils steht nicht entgegen , dass ein solcher Bescheid erst die Grundlage für die Berechnung der Steuerschuld bildet und regelmäßig noch keine abschließende Auskunft gibt, in welcher konkreten Höhe der Steueranspruch tatsächlich beeinträchtigt wird (a.A. Beckemper aaO S. 521). Aus dem Umstand, dass eine Umsetzung des Grundlagenbescheids in einen Einkommensteuerbescheid noch nicht stattgefunden hat, ergibt sich lediglich, dass eine Steuerverkürzung noch nicht eingetreten ist; dies schließt jedoch nicht aus, die Bekanntgabe des unrichtigen Feststellungsbescheids als gesonderten nicht gerechtfertigten Steuervorteil zu ver- stehen (vgl. Hardtke, AO-StB 2002, 92, 93). Auch eine genaue betragsmäßige Bestimmung der bei einer späteren Umsetzung der festgestellten Besteuerungsgrundlagen in einem Folgebescheid eintretenden Steuerverkürzung ist nicht Voraussetzung für die Annahme eines Steuervorteils (vgl. Hardtke aaO S. 95; a.A. Gast-de Haan aaO). Die Steuerhinterziehung ist zwar Erfolgsdelikt, jedoch nicht notwendig Verletzungsdelikt. Wie die Vorschrift des § 370 Abs. 4 Satz 1 AO zeigt, genügt z.B. für eine Steuerverkürzung schon die zu niedrige Festsetzung von Steuern, also eine konkrete Gefährdung des Steueranspruchs (vgl. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 15). Die hinreichend konkrete Gefährdung des Steueranspruchs genügt auch für die Annahme eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils. Da hier im Hinblick auf die Bindungswirkung von Grundlagenbescheiden (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO) die für die Kommanditgesellschaft - auch der Höhe nach - festgestellten Besteuerungsgrundlagen des Gewinnfeststellungsbescheids ohne weiteres Zutun der Angeklagten oder der Kommanditisten in die Folgebescheide der Kommanditisten einzubeziehen waren, lag eine solche Gefährdung hier vor (vgl. Joecks aaO § 376 AO Rdn. 21 und Hardtke aaO S. 95; einzelne Stimmen in der Literatur, z.B. Rolletschke in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen § 370 Rdn. 118 und Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 370 Rdn. 299, denen der Senat nicht folgt, sehen dagegen in einem unrichtigen Feststellungsbescheid noch keine für eine vollendete Steuerhinterziehung ausreichende Gefährdung von Steueransprüchen).

(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.

(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 4 0 5 / 1 4
vom
10. Februar 2015
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
1. Die in einer Schenkungsteuererklärung enthaltene unzutreffende Angabe,
vom Schenker keine Vorschenkungen erhalten zu haben, stellt sowohl für
die Besteuerung der Schenkung, auf die sich die Erklärung bezieht, als
auch für diejenige der Vorschenkungen eine unrichtige Angabe über steuerlich
erhebliche Tatsachen im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO dar.
2. Eine hierdurch im Hinblick auf eine Vorschenkung begangene Steuerhinterziehung
(§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) ist gegenüber einer zuvor durch Unterlassen
für diese Schenkung begangenen Hinterziehung von Schenkungsteuer
(§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) mitbestrafte Nachtat, deren Straflosigkeit
entfällt, wenn die Vortat nicht mehr verfolgbar ist.
BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 - 1 StR 405/14 - LG Frankfurt am Main
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Februar 2015 beschlossen
:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 11. März 2014 im Strafausspruch
aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte die Angeklagte im Zeitraum von Januar 2004 bis November 2007 mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Generalkonsul S. eine Beziehung. Einer beruflichen Tätigkeit ging sie während dieser Zeit nicht nach, da S. sie in seiner Nähe haben wollte und ihr zudem einen kostspieligen Lebenswandel finanzierte. Sie wohnte in verschiedenen Wohnungen in F. , die von S. finanziert wurden. Zeitweise lebte sie auch in einem Haus in R. , das ihr von S. als Wohndomizil für ihre Eltern geschenkt wurde.
3
Im Zeitraum von 23. März 2004 bis 3. Januar 2008 erhielt sie von S. zahlreiche Schenkungen im Gesamtwert von mindestens 2.514.549 Euro. Bei den Schenkungen handelte es sich um Barzuwendungen, Überweisungen, Kraftfahrzeuge, Immobilien sowie um Zahlungen für Mieten, Hotelkosten, Einkäufe und Reisen. Bei den Schenkungen wurde soweit wie möglich vermieden, in Deutschland Spuren nachvollziehbarer Zahlungsflüsse zu hinterlassen. Einkäufe in Modeboutiquen wickelte die Angeklagte mit einer schweizerischen Kreditkarte ab, die ihr von S. zur Verfügung gestellt worden war und über die sie frei verfügen konnte. Einen Betrag in Höhe von 500.000 Euro ließ S. von einer ihm gehörenden Liechtensteiner Stiftung für sie auf ein Nummernkonto bei einer Züricher Bank überweisen. Ebenfalls aus der Stiftung stammte der Kaufpreis für eine ihr geschenkte Immobilie in Österreich, den S. persönlich in bar zu einem Notar nach Sa. brachte. Ein ihr von S. als Schenkung überlassener Porsche wurde in Österreich erworben und angemeldet. Schenkungsteuererklärungen gab die Angeklagte für die Schenkungen nicht ab.
4
Nachdem ihr S. mit notariellem Vertrag vom 12. Dezember 2006 ein mit einem Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung bebautes Grundstück in R. geschenkt hatte, gab die Angeklagte am 20. Mai 2008 hierfür eine Schenkungsteuererklärung ab, die sie jedoch erst am 7. Juli 2008 unterzeichnete. Die im Schenkungsteuerformular enthaltene Frage nach Vorschenkungen verneinte sie. Sie gab vielmehr in der Steuererklärung an, von dem Zuwendenden keine weiteren Schenkungen oder (teil-)unentgeltlichen Zahlungen erhalten zu haben. Bei Abgabe der Schenkungsteuererklärung am 20. Mai 2008 war ihr bewusst, dass sämtliche Schenkungen gegenüber den Finanzbehörden anzuzeigen bzw. zu erklären waren.
5
Nachdem der für die Grundstücksschenkung anzusetzende Grundbesitzwert von der Bewertungsstelle des Lagefinanzamts mit 364.000 Euro festgesetzt worden war, setzte das Finanzamt Fu. mit Bescheid vom 23. Juli 2008 Schenkungsteuer in Höhe von 104.052 Euro fest.
6
2. Nach der Berechnung des Landgerichts hinterzog die Angeklagte dadurch, dass sie in ihrer Schenkungsteuererklärung vom 20. Mai 2008 für die Schenkung der Immobilie in R. im Dezember 2006 nicht nur die Vorschenkungen (im Umfang von 979.345 Euro), sondern auch alle weiteren bis zur Abgabe der Schenkungsteuererklärung von S. erhaltenen Schenkungen (im Wert von 1.171.204 Euro) verschwiegen hatte (UA S. 5 f.), Schenkungsteuer in Höhe von 768.139,50 Euro. Dieser Betrag wurde der Strafzumessung zugrunde gelegt.

II.


7
Die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts.

III.


8
Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
9
1. Die Beweiswürdigung hinsichtlich der im Wesentlichen geständigen Angeklagten, die nur einzelne Schenkungen bestritten hat, weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
10
2. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO).
11
a) Indem die Angeklagte in ihrer für die am 12. Dezember 2006 erfolgte Grundstücksschenkung abgegebenen Schenkungsteuererklärung wahrheitswidrig angab, von dem Zuwendenden S. keine weiteren Schenkungen oder (teil-)unentgeltliche Zuwendungen erhalten zu haben (UA S. 3), machte sie unrichtige und zugleich unvollständige Angaben im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.
12
aa) Eine Tathandlung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht, wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht.
13
Dies ist hier der Fall. Unrichtig waren die Angaben, weil die Angeklagte in der Schenkungsteuererklärung (vgl. Mantelbogen der Schenkungsteuererklärung , Zeile 20) der Wahrheit zuwider angab, vom Schenker S. keine weiteren Schenkungen erhalten zu haben. Unvollständig waren die Angaben , weil die Angeklagte die vom Schenker erhaltenen Vorschenkungen (in den Zeilen 110 bis 114 des Mantelbogens der Schenkungsteuererklärung) nicht im Einzelnen erklärte.
14
bb) Die Vorschenkungen waren in doppelter Hinsicht steuerlich erheblich im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Zum einen hatten sie Bedeutung für die Höhe des Steuersatzes und den steuerlichen Freibetrag (vgl. § 16 und 19 ErbStG in der für die Schenkungen geltenden Fassung); zum anderen waren die Angaben über die Vorschenkungen Grundlage für die Überprüfung der ordnungsgemäßen Besteuerung sämtlicher Schenkungen des Zuwendenden innerhalb eines Zehnjahreszeitraums. Dies ergibt sich aus den gesetzlichen Besonderheiten der Besteuerung von Schenkungen in § 14 ErbStG.
15
(1) Gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG bemisst sich die Höhe der für eine Schenkung zu erhebenden Schenkungsteuer in Abhängigkeit von früheren Schenkungen der vorangehenden zehn Jahre. Mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile werden dabei in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Von der Steuer für den Gesamtbetrag wird die Steuer abgezogen, die für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre (§ 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG; vgl. dazu BFH, Urteil vom 9. Juli 2009 – II R 55/08, DStR 2009, 2243).
16
Alle Erwerbe aus diesem Zehnjahreszeitraum sind damit maßgebliche Berechnungsfaktoren für die Höhe des anzuwendenden Steuersatzes und die Höhe der für die einzelne Schenkung zu erhebenden Schenkungsteuer. Indem mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Erwerbe bei der Besteuerung des letzten jeweiligen Erwerbs im Zehnjahreszeitraum zusammenzurechnen sind, soll verhindert werden, dass bei aufeinanderfolgenden Schenkungen die Freibeträge nach § 16 ErbStG innerhalb von zehn Jahren mehrfach ausgenutzt werden können; zudem soll ausgeschlossen werden, dass die progressive Steigerung des Steuersatzes nach § 19 ErbStG durch Zerlegung einer größeren Schenkung in mehrere Teilschenkungen vermieden werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 9. Juli 2009 – II R 55/08, DStR 2009, 2243; Högl in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht - BewG, ErbStG, Stand 1. Oktober 2013, § 14 ErbStG Rn. 1; Cramer in Lippross, Basiskommentar Steuerrecht, § 14 ErbStG, Lfg. 76, Rn. 1).
17
(2) § 14 ErbStG nimmt dabei den vorhergehenden Einzelerwerben nicht den Charakter selbständiger steuerpflichtiger Vorgänge und führt auch nicht zu einer nachträglichen Besteuerung der vorherigen Erwerbe, sondern verändert nur die Steuerprogression für den letzten Erwerb (vgl. BFH, Urteil vom 14. Januar 2009 – II R 48/07, DStR 2009, 1142 mwN; Högl aaO Rn. 2). Die Vorschrift enthält lediglich eine besondere Anordnung für die Berechnung der Steuer, die für den letzten Erwerb innerhalb des Zehnjahreszeitraums festzusetzen ist (BFH, Urteil vom 9. Juli 2009 – II R 55/08, DStR 2009, 2243 mwN). Damit handelt es sich bei § 14 ErbStG um eine Regelung der Steuerberechnung für die Steuer auf den Letzterwerb, nicht jedoch um die Ermittlung einer Gesamtsteuer für sämtliche Erwerbe innerhalb eines zehnjährigen Zeitraums (Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, 64. Lfg., § 14 Rn. 1.2).
18
(3) Allerdings hat das Finanzamt, wenn es bei der Besteuerung des letzten Erwerbs noch nicht versteuerte Schenkungen feststellt, deren Besteuerung durch einen besonderen Schenkungsteuerbescheid nachzuholen, sofern noch keine steuerrechtliche Verjährung eingetreten ist (Högl aaO Rn. 3; vgl. auch BFH, Urteil vom 24. August 2008 – II R 16/02, DStRE 2006, 85). Damit sind die Angaben in einer Schenkungsteuererklärung über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Vorschenkungen desselben Schenkers stets Grundlage für die Prüfung der ordnungsgemäßen Besteuerung sämtlicher Schenkungen des vorangehenden Zehnjahreszeitraums.
19
(4) Somit war die von der Angeklagten in der von ihr eingereichten Schenkungsteuererklärung enthaltene Angabe, vom Zuwendenden keine weiteren Schenkungen erhalten zu haben, steuerrechtlich sowohl für die Besteuerung des Erwerbs, für den die Erklärung abgegeben wurde, von Bedeutung als auch für die Besteuerung der Vorerwerbe der vorangehenden zehn Jahre.
20
b) Der Angeklagten war nicht im Hinblick auf bereits begangene Steuerhinterziehungen durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) unzumutbar, die Vorschenkungen, auf die sich die Unterlassungstaten bezogen, zu offenbaren. Eine solche Unzumutbarkeit ergibt sich auch nicht aus dem verfassungsrechtlich verankerten Verbot eines Zwangs zur Selbstbelastung (sog. Nemo-teneturGrundsatz ; vgl. dazu Jäger in Klein, AO, 12. Aufl., § 393 Rn. 26, mN aus der Rspr.).
21
Allerdings legen die Urteilsfeststellungen nahe, dass sich die Angeklagte im Hinblick auf die Vorschenkungen bereits jeweils wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) strafbar gemacht hat, weil sie diese entgegen § 30 ErbStG nicht angezeigt hat (vgl. zur Tatvollendung und Tatbeendigung der Hinterziehung von Schenkungsteuer durch Unterlassen BGH, Beschluss vom 25. Juli 2011 – 1 StR 631/10, Rn. 41 f., BGHSt 56, 298, 312 f.).
22
Eine sich aus dem Nemo-tenetur-Grundsatz ergebende Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens bestand gleichwohl nicht, weil die Angeklagte die Möglichkeit hatte, mit vollständigen und richtigen Angaben zu den Vorschenkungen zugleich die Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige im Sinne von § 371 AO zu erfüllen. Durch eine Selbstanzeige kann der Steuerpflichtige regelmäßig Straf- bzw. Sanktionsfreiheit erlangen (§ 371, § 378 Abs. 3 AO). Die Angeklagte befand sich damit nicht in einer unauflösbaren Konfliktlage, die im Hinblick auf den Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“ und das in § 393 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO normierte Zwangsmittel- verbot ihrer steuerrechtlichen Erklärungspflicht entgegenstehen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2009 – 1 StR 479/08, Rn. 26, BGHSt 53, 210, 218). Sofern eine Selbstanzeige wegen eines Sperrgrundes im Sinne von § 371 Abs. 2 AO nicht in Betracht gekommen sein sollte, war der Angeklagten die Angabe der Vorschenkungen ebenfalls nicht unzumutbar. Denn soweit erzwungene Angaben zu einer mittelbaren Selbstbelastung führen können, besteht für sie ein strafrechtliches Verwendungsverbot (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2012 – 1 StR 26/12, BGHR AO § 393 Abs. 2 Verwertungsverbot 3; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2005 – 5 StR 191/04, wistra 2005, 148).
23
c) Die unrichtige Angabe der Angeklagten, vom Schenker S. (innerhalb des vorangehenden Zehnjahreszeitraums) keine Vorschenkungen erhalten zu haben, führte sowohl hinsichtlich der erklärten Grundstücksschenkung vom 12. Dezember 2006 als auch hinsichtlich der von ihr zuvor von S. erhaltenen weiteren Schenkungen zu einer Steuerverkürzung. Gemäß § 370 Abs. 4 Satz 1 1. Halbsatz AO sind Steuern namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Dies war hier der Fall.
24
aa) Aufgrund der unrichtigen Angaben zu den Vorschenkungen wurde hinsichtlich der erklärten Schenkung eines Grundstücks vom 12. Dezember 2006 die Schenkungsteuer in Höhe von 23.348 Euro zu niedrig festgesetzt und damit verkürzt.
25
Das Finanzamt hat die Schenkungsteuer für den Erwerb des Grundstücks ausgehend von einem gemäß § 12 Abs. 3 ErbStG ermittelten Wert von 364.000 Euro bei Zugrundelegung der Steuerklasse III und unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 5.200 Euro anhand eines Steuersatzes von 29 Prozent berechnet und die Schenkungsteuer in Höhe von 104.052 Euro festgesetzt. Bei Berücksichtigung der Vorschenkungen wäre ausgehend von § 14 ErbStG in der im Jahr 2006 geltenden Fassung ein Steuersatz von 35 Prozent zugrundezulegen gewesen; der Freibetrag wäre nur bei den Vorschenkungen anzusetzen gewesen. Damit wäre für die Schenkung des Grundstücks eine Schenkungsteuer von 127.400 Euro, mithin 23.348 Euro mehr, festzusetzen gewesen.
26
bb) Auch hinsichtlich der Vorschenkungen führten die unrichtigen Angaben der Angeklagten zu einem angeblichen Fehlen von Vorschenkungen jeweils zu einer Steuerverkürzung. Denn bei zutreffender Angabe der Vorschenkungen hätte das Finanzamt alsbald durch Erlass entsprechender Steuerbescheide die Besteuerung der Vorerwerbe nachgeholt (vgl. dazu Högl aaO Rn. 3).
27
Der in der Literatur zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zum Teil vertretenen Auffassung, verkürzt sei nur die Steuer auf den neuerlichen Erwerb, sodass es nur für den Steuersatz und mögliche Freibeträge auf die Vorerwerbe ankomme (vgl. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 AO Rn. 233h; ihm zustimmend Hilgers-Klautzsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 51. Lfg., § 370 AO Rn. 1517.1; demgegenüber ablehnend Rolletschke in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, EL 103, § 370 Rn. 593), folgt der Senat nicht. Zwar trifft es zu, dass in Fällen, in denen die Verfolgung einer Hinterziehung von Schenkungsteuer durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) wegen eingetretener Verfolgungsverjährung nicht mehr in Betracht kommt, die Verfolgung der Hinterziehung derselben Steuer durch nachfolgendes aktives Tun wieder möglich wird, wenn der Täter später – und sei es nur zur Verdeckung seiner Unterlassungstat – gegenüber den Finanzbehörden un- richtige Angaben macht. Allerdings widerspricht dieses Ergebnis nicht der „ge- setzgeberischen Grundwertung“ der Verfolgungsverjährung (so aber Joecks aaO); vielmehr ist es die Folge einer neuen tatbestandlichen Handlung, die zu einem neuen Taterfolg führt und für die deshalb die Verfolgungsverjährung eigenständig zu prüfen ist. Die Tatbestandsmäßigkeit einer solchen neuen Tat scheidet lediglich dann aus, wenn für die Schenkungsteuer bereits die steuerliche Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO) eingetreten ist.
28
d) Allerdings stellt hier die in der Angabe, Vorschenkungen hätten nicht stattgefunden, liegende Steuerhinterziehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) insoweit eine mitbestrafte und damit konsumierte Nachtat dar, als die Angeklagte wegen noch nicht verjährter Taten der Hinterziehung von Schenkungsteuer bezogen auf die einzelnen Vortaten noch verfolgt werden kann.
29
aa) Die mitbestrafte Nachtat ist eine selbständige, den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllende rechtswidrige und schuldhafte Handlung, durch die der Täter den Erfolg der Vortat oder die durch diese erlangte Position sichert, aus- nutzt oder verwertet. Sie bleibt straflos, wenn die Bewertung des konkreten Sachverhalts ergibt, dass dieser nachfolgenden, an sich strafbaren Handlung wegen ihres inneren – funktionalen – Zusammenhangs mit der Vortat kein eigener Unwertgehalt zukommt, so dass auch kein Bedürfnis besteht, sie neben der Haupttat selbständig zu bestrafen (BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 – 2 StR 69/07, wistra 2007, 458; vgl. auch Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl., Vor § 52 Rn. 151; Fischer, StGB, 62. Aufl., Vor § 52 Rn. 65 f.; Sternberg-Lieben/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., Vor § 52 Rn. 129). Voraussetzung für die Straflosigkeit der Nachtat ist, dass die Geschädigten der beiden Straftaten identisch sind, die Nachtat kein neues Rechtsgut verletzt und der Schaden qualitativ nicht über das durch die Haupttat verursachte Maß hinaus erweitert wird (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 – 3 StR 178/13, Rn. 11, wistra 2014, 392; Beschluss vom 21. August 2012 – 1 StR 26/12, BGHR AO § 370 Abs. 1 Konkurrenzen 22; Urteil vom 24. September 1986 – 3 StR 348/86, BGHR StGB § 1 Nachtat, mitbestrafte 1; Urteil vom 22. April 1954 – 4 StR 807/53, BGHSt 6, 67, 68; Urteil vom 4. Februar 1954 – 4 StR 445/53, BGHSt 5, 295, 297; Rissingvan Saan aaO Vor § 52 Rn. 153; Sternberg-Lieben/Bosch aaO Rn. 131).
30
So verhält es sich auch hier im Hinblick auf die Taten der Hinterziehung von Schenkungsteuer durch Unterlassen der Angeklagten betreffend die von ihr erhaltenen Vorschenkungen. Mit der Falschangabe, es habe keine Vorschenkungen gegeben, sicherte sich die Angeklagte lediglich die Vorteile der Hinterziehung der Schenkungsteuer durch vorangegangene Unterlassungstaten (zur Sicherung der Vorteile aus einer Unterlassungstat als mitbestrafte Nachtat vgl. Jäger in Klein, AO, 12. Aufl., § 370 Rn. 247 mwN). Es wurde insoweit weder ein neues Rechtsgut verletzt noch entstand eine weitergehende Steuerverkürzung (vgl. zur Verhinderung der Festsetzung einer bereits verkürzten Steuer BGH, Beschluss vom 7. Juli 1993 – 5 StR 212/93, wistra 1993, 302).
31
bb) Allerdings entfällt die Straflosigkeit einer Nachtat, wenn die Vortat – z.B.wegen Verjährung – nicht mehr verfolgbar ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. November 2008 – 5 StR 344/08, wistra 2009, 105, 106 sowie BGH, Beschluss vom 27. Oktober 1992 – 5 StR 517/92, BGHSt 38, 366, jeweils mwN).
32
Ob hier für einzelne der länger zurückliegenden Vortaten bereits Verjährung eingetreten ist, kann der Senat nicht ohne weiteres feststellen. Es fehlt an entsprechenden tatsächlichen Feststellungen, da das Landgericht die Vortaten nicht in den Blick genommen hat (zum Verjährungsbeginn bei Hinterziehung von Schenkungsteuer durch Unterlassen vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2011 – 1 StR 631/10, Rn. 41 f., BGHSt 56, 298, 312 f.). Die Prüfung, ob und gegebenenfalls in welchen Fällen hinsichtlich der Hinterziehung von Schenkungsteuer für Vorschenkungen die Nachtat durch eine Unterlassungs-Vortat mitbestraft ist, obliegt daher dem neuen Tatrichter (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 – 1 StR 266/10, BGHSt 56, 6).
33
e) Der Schuldspruch der Steuerhinterziehung wird bereits durch die Verkürzung der Schenkungsteuer für die Grundstücksschenkung vom 12. Dezember 2006 getragen.
34
Sofern sich die Angeklagte durch Verschweigen von Vorschenkungen wegen weiterer in gleichartiger Tateinheit begangener Steuerhinterziehungen durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) strafbar gemacht hat, muss dies im Urteilstenor nicht zum Ausdruck kommen. Zwar kann es sich grundsätzlich auch bei gleichartiger Tateinheit empfehlen, dies im Urteilsspruch kenntlich zu machen. Davon kann aber gemäß § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO abgesehen werden , wenn der Tenor unübersichtlich würde. Denn dies widerspräche dem auch zu berücksichtigenden Gebot der Klarheit und Verständlichkeit der Urteilsformel (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2007 – 5 StR 127/07, wistra 2007, 388, 391). So verhält es sich auch hier; einer Aufhebung des Schuldspruchs bedarf es daher nicht.

IV.


35
Der Strafausspruch kann keinen Bestand haben, weil das Landgericht der Strafzumessung einen zu großen Schuldumfang zugrunde gelegt hat.
36
Das Landgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich bei den in einer Schenkungsteuererklärung anzugebenden Vorschenkungen um alle Schenkungen desselben Zuwendenden innerhalb eines Zehnjahreszeitraums vor Abgabe der Erklärung handelt. Zwar trifft es zu, dass die Schenkungsteuer anhand eines zehn Jahre in die Vergangenheit reichenden Zeitraums zu bemessen ist. Maßgeblicher Stichtag für die Anwendung des § 14 ErbStG ist dabei aber entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht der Zeitpunkt der Abgabe der Schenkungsteuererklärung, sondern derjenige der Entstehung der Steuer des letzten Erwerbs, auf den sich die Schenkungsteuererklärung bezieht (vgl. BFH, Urteil vom 28. März 2012 – II R 43/11, DStRE 2012, 1067; vgl. auch Högl aaO Rn. 25 und Cramer aaO Rn. 6). Dies war hier die Grundstücksschenkung vom 12. Dezember 2006. Bei allen nach diesem Zeitpunkt erfolgten Schenkungen an die Angeklagte handelt es sich somit um Nachschenkungen, die in der sich auf die Grundstücksschenkung beziehenden Schenkungsteuererklärung nicht anzugeben waren.
37
Das Verschweigen der Nachschenkungen stellt daher keine Tathandlung i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO dar. Eine Strafbarkeit wegen pflichtwidrigen Unter- lassens der Abgabe weiterer Schenkungsteuererklärungen für die nach der Grundstücksschenkung vom 12. Dezember 2006 erfolgten weiteren Schenkungen ist nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils. Indem das Landgericht Nachschenkungen im Wert von 1.171.204 Euro mit einbezogen hat, ist es somit rechtsfehlerhaft von einem zu hohen Schuldumfang ausgegangen. Es bedarf daher einer neuen tatrichterlichen Strafzumessung.
38
Die Urteilsfeststellungen sind von dem Rechtsanwendungsfehler nicht betroffen; sie haben daher Bestand. Soweit für die Strafzumessung erforderlich , hat das neue Tatgericht weitere Feststellungen – insbesondere zu den Vorschenkungen – zu treffen, die mit den bisherigen nicht im Widerspruch stehen.

V.


39
Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat im Hinblick auf den für die vorzunehmende Strafzumessung maßgeblichen Schuldumfang:
40
Das neue Tatgericht wird die Gelegenheit haben, bei den einzelnen Vorschenkungen zu prüfen, ob ein Steuerbefreiungstatbestand gemäß § 13 ErbStG in Betracht kommt. Insbesondere bei den der Angeklagten vom Schenker S. als Taschengeld und für Mieten zugewendeten Beträgen erscheint das Vorliegen des Steuerbefreiungstatbestands für Zuwendungen unter Lebenden zum Zwecke des angemessenen Unterhalts (§ 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG) nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. dazu Hartmann in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht - BewG, ErbStG, Stand 1. April 2013, § 13 ErbStG, Rn. 112; Cramer in Lipross, Basiskommentar Steuerrecht § 13 ErbStG, Lfg. 75, Rn. 68 f.), wenngleich dies im Hinblick auf die Höhe der einzelnen Zuwendungen eher fernliegt. Angemessen ist gemäß § 13 Abs. 2 ErbStG eine Zuwendung, die den Vermögensverhältnissen und der Lebensstellung des Bedachten entspricht; eine dieses Maß übersteigende Zuwendung ist in vollem Umfang steuerpflichtig (§ 13 Abs. 2 Satz 2 ErbStG).
41
Soweit sich das Tatgericht hinsichtlich der Vorschenkungen von Vortaten der Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) seitens der Angeklagten überzeugt, wird es das Konkurrenzverhältnis zu dem hier abgeurteilten Tatgeschehen in den Blick nehmen. Es wird dabei insbesondere zu klären haben, inwieweit sich das Verschweigen von Vorschenkungen in der verfahrensgegenständlichen Schenkungsteuererklärung als im Hinblick auf nicht verjährte Unterlassungstaten mitbestraftes und damit strafloses Nachtatverhalten darstellt.
Rothfuß Jäger Radtke
Mosbacher Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR79/15
vom
29. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen fahrlässigen Vollrausches
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. April
2015, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richter Dölp,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Dr. Berger,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 17. September 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist.
Auf die Revision des Angeklagten wird das genannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit gegen ihn die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässigen Vollrausches zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je fünf Euro verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und ihn im Übrigen freigesprochen. Mit seiner gegen die Verurteilung gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Revision gegen den Freispruch; sie beanstandet die Beweiswürdigung. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Die Revision des Angeklagten hat lediglich hinsichtlich der Anordnung der Maßregel Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts konsumierten der Angeklagte und sein Bekannter K. , die beide Alkoholiker sind, am 31. Oktober 2013 in der Wohnung des Angeklagten erhebliche Mengen Bier und Schnaps. Sie schliefen am Abend ein. Am nächsten Morgen tranken sie ihre Alkoholvorräte leer. Es kam zum Streit, wer von beiden weiteren Alkohol beschaffen und bezahlen sollte. Der Angeklagte, der so schwer alkoholisiert war, dass seine Steuerungsfähigkeit aufgehoben war, ergriff ein auf dem Wohnzimmertisch liegendes Brotmesser und versetzte K. damit einen Hieb auf die Stirn, der eine mehrere Zentimeter lange, blutende Schnittverletzung verursachte.
3
Das Schwurgericht hat aufgrund der exzessiven Trinkgewohnheiten des (geständigen) Angeklagten nicht ausschließen können, dass er durch die „morgendliche Auffrischung seines Alkoholspiegels“ in einen Vollrausch geraten war. Es liege zwar nicht nahe, dass er sich bewusst und gewollt in den Zustand der Schuldunfähigkeit getrunken habe. Jedoch sei er im Laufe des nächtlichen Schlafs soweit ernüchtert gewesen, dass er habe beurteilen können, bei Wiederaufnahme des Trinkens in einen Vollrausch geraten zu können.
4
2. Dem Angeklagten lag darüber hinaus zur Last, seinen Bekannten S. in den Abend- oder Nachtstunden des 13. Februar 2014 in dessen Wohnung getötet zu haben. Nach den Urteilsfeststellungen tranken der Angeklagte und S. oftmals gemeinsam erhebliche Mengen Alkohol, so auch an diesem Abend. Der Angeklagte schlief anschließend auf der Couch ein. Als er aufwachte, stellte er fest, dass S. vor dem laufenden Fernseher in einem Sessel saß und sich nicht bewegte. Der Angeklagte versuchte, S. zu we- cken; er bemerkte hierbei, dass dieser „vollkommen kalt war“. Seitlich unterhalb des Sessels war eine große Blutlache sichtbar. Der Angeklagte verließ nun die Wohnung und begab sich nach Hause. Am nächsten Tag offenbarte er einem Bekannten, dass S. tot sei; dieser verständigte die Polizei.
5
Der Leichnam wies eine etwa 7 cm tiefe Stichverletzung unterhalb der rechten Leistengegend auf. Hierbei waren – todesursächlich – die rechte Oberschenkelarterie und -vene durchtrennt worden. Weitere nicht todesursächliche Stich- bzw. Schnittverletzungen befanden sich im Bereich des Brustkorbes sowie am rechten Oberarm. Das Leichenblut wies eine Blutalkoholkonzentration von 3,03 ‰ auf.
6
Das Landgericht hat sich nicht von der Täterschaft des Angeklagten überzeugen können. Es sei angesichts des Vorfalls vom 1. November 2013 zwar naheliegend, dass der die Tat bestreitende Angeklagte auch mit S. in Streit geraten sei und ihn dabei mit einem Messer angegriffen habe. Nachzuweisen sei dies aber nicht. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass S. sich die Verletzungen in depressiver Stimmung selbst beigebracht oder dass er – wie vom Angeklagten eingewendet – eine weitere Person in seine Wohnung eingelassen habe, die ihn getötet habe.

II.


7
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, denn die Beweiswürdigung des Landgerichts (§ 261 StPO) hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
8
a) Das Revisionsgericht muss es zwar grundsätzlich hinnehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts ; die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob ihm Rechtsfehler unterlaufen sind, weil die Beweiswürdigung lückenhaft, in sich widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit übertriebene Anforderungen gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16). Insbesondere ist es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. September 2008 – 5 StR 224/08, NStZ 2009, 401, 402; vom 7. Juni 2011 – 5 StR 26/11).
9
b) Solche Rechtsfehler liegen hier vor. Die Beweiswürdigung der Schwurgerichtskammer enthält Lücken. Des Weiteren hat sie die Anforderungen an die tatgerichtliche Überzeugungsbildung überspannt und sich dadurch den Blick für eine Gesamtwürdigung der für und gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechenden Tatumstände verstellt.
10
aa) Zu Recht weist der Generalbundesanwalt hinsichtlich der vom Landgericht in Betracht gezogenen Möglichkeit eines Suizids darauf hin, dass ein grundlegender Erörterungsmangel vorliegt. Zwar geht die Schwurgerichtskammer in Übereinstimmung mit dem rechtsmedizinischen Sachverständigen davon aus, dass die vorgefundenen Verletzungen keine typischen Suizidmerkmale aufwiesen, zumal es an „Probeschnitten“ fehle. Es seien jedoch nicht die „normalen“ und typischen Verhältnisse einer Selbsttötung der Beurteilung zugrunde zu legen, weil es sich bei S. um einen (depressiven) Alkoholiker handelte, der zum Zeitpunkt des Todes stark betrunken gewesen sei. Deshalb halte sie „es in dem genau so hohen Grad für möglich, dassS. sich durch einen Stich in die Beinschlagader das Leben nahm, wie sie es für unwahrscheinlich halte, dass der Angeklagte dem S. in Tötungsabsicht ausgerechnet ins Bein stach“ (UA S. 15).
11
Ungeachtet dessen, dass eine fehlende Tötungsabsicht des Angeklagten nicht die Täterschaft insgesamt in Frage stellen könnte, verhält sich das Urteil nicht dazu, inwieweit S. sich die weiteren, im Einzelnen nicht näher beschriebenen Verletzungen im Bereich des Brustkorbes und am rechten Oberarm zugefügt haben kann und soll. In diesem Zusammenhang wäre vor allem dessen (verbliebene) Handlungsfähigkeit zur Selbstbeibringung aller Verletzungen zu erörtern gewesen. Des Weiteren geht das Landgericht nicht auf den der Selbsttötungsthese widerstreitenden Umstand ein, dass in der – wenn auch von Angehörigen des S. gesäuberten – Wohnung kein Messer mit Blutanhaftungen vorgefunden worden ist.
12
bb) Es gibt keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür, dass eine weitere unbekannte Person dem Opfer die tödlichen Verletzungen beigebracht haben könnte. Das Landgericht selbst hält es für „nicht besonders naheliegend“, dass S. eine dritte Person in seine Wohnung eingelassen hat, die ihn dann getötet habe, ohne dass der Angeklagte hiervon geweckt worden wäre. Die – von der Schwurgerichtskammer in Zweifel gezogene – Einlassung des Angeklagten, er habe „dunkel in Erinnerung, dass es geklingelt habe“, und der Umstand, dass sich Personen aus dem Trinkermilieu „nicht selten“ in der Tatwohnung getroffen haben, vermögen Anhaltspunkte für eine Alternativtäterthese über die bloß theoretische Ebene hinaus nicht zu begründen.
13
2. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, soweit sie den Schuldund den Strafausspruch angreift. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler die Voraussetzungen eines fahrlässigen Vollrausches (§ 323a Abs. 1 StGB), insbesondere den von der Revision vermissten Zeitpunkt des vorwerfbaren Sichberauschens festgestellt (UA S. 9). Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hat hingegen keinen Bestand.
14
a) Die Voraussetzungen für die gemäß § 64 Satz 2 StGBerforderliche hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges sind vom Landgericht nicht dargetan. Es verweist lediglich auf die Beurteilung des forensischpsychiatrischen Sachverständigen, dass der Angeklagte zurzeit zwar nicht motiviert sei, an einer solchen Behandlung teilzunehmen, was einer Heilbehandlung aber nicht entgegenstehe, weil dieser motivierungsfähig sei. Dieser Einschätzung hat sich das Landgericht ohne Begründung angeschlossen.
15
b) Das Landgericht hat damit rechtsfehlerhaft eine eigene und ausreichende Würdigung hinsichtlich einer konkreten Aussicht eines Behandlungser- folgs nicht vorgenommen. Vor dem Hintergrund des fortgeschrittenen Alters des Angeklagten, seiner langjährigen Alkoholabhängigkeit und körperlichen Verwahrlosung sowie zahlreicher im Ergebnis erfolgloser stationärer Entgiftungsbehandlungen hätte es mit Blick auf dessen geäußerte Therapieunwilligkeit einer eingehenderen Darlegung in den Urteilsgründen bedurft, auf welche Umstände das Landgericht die hinreichend konkrete Erfolgsaussicht stützt. Soweit es sich zudem nicht zur prognostizierten Therapiedauer verhält, kann schließlich auch nicht beurteilt werden, ob insoweit überhaupt eine tragfähige Basis für eine konkrete Therapieerfolgsaussicht besteht (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 – 5 StR 37/14, NStZ 2014, 315 mwN).
Sander Dölp König
Berger Bellay

(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

31
2. Die Strafkammer hat ihren Strafzumessungserwägungen im Übrigen einen zu geringen Schadens- und damit Schuldumfang zugrunde gelegt. Insoweit verweist sie ausdrücklich - allein - auf die Erstattungsbeträge in Höhe von 15,9 Millionen DM. Das Landgericht übersieht zwar nicht, dass die Umsatzsteuerschuld auch bei unrichtigem Steuerausweis mit der Rechnungsstellung unter Umsatzsteuerausweis entsteht (§ 14 Abs. 2 UStG aF, heute § 14c UStG). Wird die Umsatzsteuer dann nicht erklärt, ist das Steuerhinterziehung, wie die Strafkammer ebenfalls im Grundsatz nicht verkennt. Sie hat die tatbestandliche Steuerhinterziehung auch insoweit festgestellt. Dann ist aber auch der gesamte Hinterziehungsbetrag in die Erwägungen zur Strafzumessung einzubeziehen. Dies sind hier 29,7 Millionen DM. Zwar kommt den erstatteten Beträgen (umgangssprachlich ein - hier tiefer - „Griff in die Staatskasse“) besonderes Gewicht zu. Aber die darüber hinaus hinterzogenen Steuern - hier immerhin in Höhe von weiteren 13,8 Millionen DM - können bei der Rechtsfolgenentscheidung nicht einfach außer Betracht gelassen werden.

(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

13
Es hätte jedoch bei der Strafzumessung in den Blick nehmen müssen, dass die gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG geschuldete Steuer lediglich das Steueraufkommen vor den Folgen eines unberechtigten Vorsteuerabzugs schützen sollte. Letztlich hat sich hier nämlich lediglich die mit der Ausstellung der Scheingutschriften entstehende Gefahr für das Steueraufkommen, der der Gesetzgeber mit Schaffung des § 14 Abs. 3 UStG aF (§ 14c UStG nF) entgegenwirken wollte (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 – 5 StR 516/01, BGHSt 47, 343), mit der tatsächlichen Geltendmachung des Vorsteuerabzuges aus ebendiesen Gutschriften realisiert (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2009 – 1 StR 342/08, BGHSt 53, 311). Der dem Fiskus durch die Erstellung und Verwendung von Scheingutschriften entstandene Steuerschaden geht damit in seiner Bedeutung für die Strafzumessung über die Höhe des unberechtigten Vorsteuerabzugs nicht hinaus; der für die Strafzumessung maßgebliche Steuerschaden ist nicht etwa deshalb doppelt so hoch, weil der gemäß § 14c UStG geschuldete Steuerbetrag, der der Möglichkeit eines unberechtigten Vorsteuerabzugs Rechnung tragen sollte, ebenfalls verkürzt wurde. Diesen Zusammenhang zwischen Steuerentstehung gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG und unberechtigtem Vorsteuerabzug hat das Landgericht bei der Strafzumessung nicht erkennbar zugunsten des Angeklagten berücksichtigt. Dies führt zur Aufhebung der hiervon betroffenen Einzelstrafen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2002 – 5 StR 212/02, wistra 2003, 140; BGH, Beschluss vom 20. März 2002 – 5 StR 448/01, BGHR AO § 370 Abs. 1 Strafzumessung 14).
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
Können Scheinrechnungen nach den vom Gerichtshof
der Europäischen Gemeinschaften vorgegebenen steuerlichen
Grundsätzen berichtigt werden, hat dies regelmäßig
keinen Einfluß auf den Schuldspruch, ist aber im Rahmen
der Strafzumessung zu berücksichtigen.
Bei sogenannten Umsatzsteuerkarussellen ist jedenfalls
dann, wenn den einzelnen Beteiligten die Struktur und die
Funktionsweise des Karussells bekannt sind, der durch das
System verursachte Gesamtschaden zu ermitteln und in die
Strafzumessung einzustellen.
BGH, Urt. v. 11. Juli 2002 – 5 StR 516/01
LG Stuttgart –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 11. Juli 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Sitzung vom
10. und 11. Juli 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 11. Juli 2002 für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2001 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen diese Verurteilung wenden sich der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft, die ihre vom Generalbundesanwalt vertretene Revision auf den Strafausspruch beschränkt. Beide Rechtsmittel haben in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts erzielte der Angeklagte, der zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder ein Sägewerk mit angeschlossenem Holzgroßhandel in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG betrieb , im Laufe des Jahres 1997 Erlöse in Höhe von etwa 34.000 DM, die er entweder in bar oder über das Konto seines Schwiegervaters vereinnahmte. Im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung 1997, die der Angeklagte als Mit-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH vorbereitet und die sein Vater gutgläubig unterschrieben hatte, gab der Angeklagte für die L GmbH & Co. KG (im folgenden: Firma L ) diese Umsätze nicht an, so daß Umsatzsteuer in Höhe von ca. 4.500 DM verkürzt wurde.
Ebenfalls noch im Jahre 1997 begann der Angeklagte mit dem anderweitig verfolgten Zeugen M , der bei der G der für den Holzhandel verantwortliche Mitarbeiter war, Luftgeschäfte vorzunehmen. Dabei gingen M und der Angeklagte dergestalt vor, daß sie über Scheinrechnungen Lieferungen vortäuschten, die tatsächlich nicht erfolgt waren. So bezog der Angeklagte von der G angeblich Holz über einen Rechnungsbetrag in Höhe von 2,9 Mio. DM. Von M kaufte er laut Rechnungsstellung Waren in Höhe von etwa 2,4 Mio. DM an. Gleichzeitig lieferte der Angeklagte aber auch zum Schein an die G und an M . Er entrichtete auf diese von der Firma L gestellten Rechnungen die dafür ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von knapp 600.000 DM; umgekehrt zog er die Vorsteuer aus den an die Firma L gerichteten Scheinrechnungen, die entweder von der Firma M oder der G erstellt worden waren. Der Angeklagte buchte die Beträge aus den Scheinrechnungen gegen die G ± entsprechend der zwischen den Partnern bestehenden Übung ± direkt ab und zahlte 90 % des Rechnungsbetrages an M aus. M betrieb ein gleichartiges Scheinrechnungskarussell mit vier weiteren Firmen.
Der Angeklagte, der aus den nicht erfolgten Lieferungen keine Vorsteuer hätte geltend machen dürfen, verkürzte dadurch Umsatzsteuer für das Jahr 1997 in Höhe von 800.000 DM, worin auch die Steuerverkürzung in Höhe von 4.500 DM für die Gelder enthalten war, die auf die nicht verbuchten Lieferungen entfiel.
In den Monaten Januar bis März 1998 führten der Angeklagte und M dieses System weiter. Da auch in diesen Monaten der Angeklagte aus den jeweiligen an die Firma L gerichteten Scheinrechnungen unberechtigt die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer in den von ihm unterschriebenen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen in Abzug brachte, entstanden weitere Steuerverkürzungen in Höhe von 170.000 DM (Januar 1998), 120.000 DM (Februar 1998) und 110.000 DM (März 1998). Der Angeklagte beabsichtigte schon bei Abgabe der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen , diese unzutreffenden Angaben später im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 1998 nicht zu berichtigen.

II.


Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft führen im Strafausspruch zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils.
1. Die Revision des Angeklagten bleibt allerdings ohne Erfolg, soweit sie den Schuldspruch angreift.

a) Die von ihm erhobenen Verfahrensrügen sind sämtlich nicht ordnungsgemäû ausgeführt im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und damit unzulässig.

b) Die sachlichrechtlichen Beanstandungen gegen den Schuldspruch sind unbegründet. Das Landgericht hat den Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen vollendeter Steuerhinterziehung in vier Fällen verurteilt.
aa) Hinsichtlich der Umsatzsteuerjahreserklärung 1997 wird der Schuldspruch schon allein durch die von der Revision nicht angegriffene Feststellung getragen, daû der Angeklagte die bar vereinnahmten oder auf das Konto seines Schwiegervaters überwiesenen Erlöse der Firma L in der Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 1997 nicht angab. Da die Firma L aus diesen Geschäftsvorfällen Umsatzsteuer schuldete (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG a.F./§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG n.F.), verkürzte der Angeklagte als verantwortlicher Geschäftsführer (§ 34 AO) gemäû § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO Steuern, indem er die bereits erfolgten Lieferungen den Finanzbehörden verschwieg.
bb) Die Verurteilungen wegen dreier vollendeter Steuerhinterziehungen bezüglich der unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis März 1998 begegnen gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken, weil der Angeklagte ± was auch hinsichtlich der Umsatzsteuerjahreserklärung 1997 den Schuldspruch rechtfertigt ±, Vorsteuern aus Scheinrechnungen geltend gemacht und damit den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt hat.
Unabhängig davon, ob der Adressat einer Scheinrechnung, die einen Umsatzsteuerausweis enthält, diese tatsächlich bezahlt hat, scheidet ein Vorsteuerabzug aus. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist der Rechnungsadressat nur dann zum Vorsteuerabzug befugt, wenn die in Rechnung gestellte Lieferung oder sonstige Leistung tatsächlich ausgeführt worden ist (BGH NJW 2002, 1963, 1965 sub d). Da den Rechnungen jeweils keine tatsächlich durchgeführten Lieferungen oder sonstigen Leistungen zugrunde lagen, war der Angeklagte zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, UStG § 15 Rdn. 96 m. w. N.).
Entgegen der Auffassung der Revision kann im Rahmen der Prüfung der Schuldfrage ein gegebenenfalls zu Unrecht geltend gemachter Vorsteu-
erbetrag nicht mit solchen Umsatzsteuerverbindlichkeiten saldiert werden, die aufgrund einer späteren Berichtigung in Wegfall gelangen.
(1) Selbst wenn eine Berichtigungsmöglichkeit gegeben wäre, könnte diese den Schuldspruch nicht in Frage stellen. Die Umsatzsteuer war zum Zeitpunkt der Abgabe der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen nämlich nach § 14 Abs. 3 UStG geschuldet. Nach Satz 2 2. Alternative dieser Vorschrift haftet derjenige, der ± ohne daû ein entsprechender Geschäftsvorfall zugrunde liegt ± Rechnungen mit einem gesonderten Umsatzsteuerausweis erstellt. Mit der Schaffung eines allein an den Umsatzsteuerausweis geknüpften Steuertatbestandes soll die Erstellung entsprechender Scheinrechnungen verhindert werden, die ein erhebliches Gefährdungspotential aufweisen, weil aus ihnen Vorsteuerabzüge geltend gemacht werden können (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Versuch 2). Eine solche Gefährdung liegt aufgrund der Besonderheiten des Umsatzsteuererhebungssystems, das überwiegend auf Vertrauen aufgebaut und weitgehend automatisiert ist, besonders nahe. Der Steuerpflichtige errechnet seine Umsatzsteuerschuld selbst; er legt allenfalls die Rechnungen vor. Eine Prüfung des hinter einer Rechnung stehenden Sachverhalts ist der Finanzbehörde im Rahmen des Massengeschäftes , welches die Umsatzsteuererhebung darstellt, grundsätzlich nicht möglich. Die Finanzverwaltung verfügt dabei im wesentlichen über ein auf Stichproben beschränktes weitmaschiges Kontrollsystem. Vor diesem Hintergrund erschlieût sich auch der Zweck des § 14 Abs. 3 Satz 2 2. Alternative UStG. Mit dieser Regelung, die auf der gemeinschaftsrechtlichen Norm des Art. 21 Nr. 1 lit. c (jetzt: lit. d) der 6. EG-Richtlinie (77/388/EWG) beruht, ist ein Tatbestand geschaffen worden, der eine Ausfallhaftung gewährleistet (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG 8. Aufl. § 14 Rdn. 267.3).
Allerdings beschränkt der Gefährdungsgedanke auch den durch § 14 Abs. 3 UStG geschaffenen Haftungsumfang. Ist die Gefährdung nämlich rechtzeitig und vollständig beseitigt, verlangt es der Grundsatz der Neutralität
der Umsatzsteuer, daû eine zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer berichtigt werden kann. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) aufgrund einer Vorlage des Bundesfinanzhofes (BFHE 187, 84) entschieden, dabei aber gleichzeitig ausgeführt, daû die Umsetzung der Berichtigungsmöglichkeit, die allerdings nicht von einem behördlichen Ermessen abhängig gemacht werden darf, den nationalen Verfahrensordnungen obliegt (EuGH, Urt. vom 19. September 2000 ± C-454/98, Slg. 2000, I ± 6973 ± Schmeink & Cofreth und Manfred Strobel). In Umsetzung dieses Urteils des Europäischen Gerichtshofs hat der Bundesfinanzhof hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Behandlung einer etwaigen Berichtigung differenziert. Entfällt die Gefährdungslage bereits im Besteuerungszeitraum, ist analog § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG noch in demselben Besteuerungszeitraum die Rechnung zu berichtigen (BFH UR 2001, 255, 257). Tritt der Wegfall der Gefährdungslage später ein, erfolgt eine Berichtigung der Steuer nach der Billigkeitsregelung des § 227 AO (BFH UR 2001, 312, 314). Die Gefährdungslage wird beseitigt, wenn die Scheinrechnung zurückgegeben oder storniert ist, ohne daû vorher ein Vorsteuerabzug getätigt wurde (BFH UR 2001, 255, 257). Sie wird aber auch trotz erfolgten Vorsteuerabzuges beseitigt, sobald umgekehrt die in der Scheinrechnung ausgewiesene Umsatzsteuer gezahlt ist (BFH UR 2001, 312, 314). Damit ist der in der Rechnung angelegte umsatzsteuerliche Saldo ausgeglichen und der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer wiederum gewahrt. Berichtigungsfähig sind solche Rechnungen auch, wenn die gezogene Vorsteuer unzweifelhaft zurückgeführt wurde (vgl. zu den Berichtigungsmöglichkeiten eingehend Wagner aaO § 14 Rdn. 201 ff.).
Voraussetzung für eine entsprechende Berichtigung ist aber, daû eine solche in der hierfür erforderlichen Form durchgeführt wurde. In den Fällen der Berichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG muû die Berichtigung durch beide Partner des Scheinrechnungsverhältnisses erfolgen. In den Fällen, in denen nur noch eine Billigkeitsentscheidung nach § 227 AO in Betracht kommt, bedarf es eines gesonderten Verwaltungsverfahrens, in dem geprüft wird, ob
eine Gefährdung tatsächlich ausgeschlossen ist. Hier hatte jedenfalls im Voranmeldungszeitraum keine beiderseitige Berichtigung nach § 17 Abs.1 UStG stattgefunden. Selbst wenn die Finanzbehörde später einen Teil des Steueranspruches nach § 227 AO erlassen würde, lieûe dies den bereits vor dem getroffenen Billigkeitserlaû erfüllten Tatbestand der vollendeten Steuerhinterziehung unberührt. Dies hätte allenfalls als strafmildernder Umstand für die Rechtsfolgenbemessung Auswirkungen. Ein Einfluû auf den Schuldspruch läût sich mithin schon aus diesen Gründen ausschlieûen.
(2) Eine derartige Verrechnung, wie sie der Angeklagte mit seiner Revision geltend macht, unterfiele zudem dem Kompensationsverbot gemäû § 370 Abs. 4 Satz 3 AO. Der Abzug von Vorsteuern und die Bezahlung von Umsatzsteuern nach § 14 Abs. 3 UStG stehen nämlich in keinem so engen wirtschaftlichen Zusammenhang, als daû beide Gesichtspunkte nur einheitlich beurteilt werden könnten (BGH wistra 1984, 183; 1982, 199; Kohlmann AO 7. Aufl. § 370 Rdn. 160.2; Gast-de Haan in Klein AO 7. Aufl. § 370 Rdn. 74). Die jeweiligen umsatzsteuerrechtlich relevanten Tatbestände, nämlich der Vorsteuerabzug und die Rechnungsbesteuerung nach § 14 Abs. 3 UStG beruhen auf unterschiedlichen Sachverhalten. Dies ergibt sich hier schon daraus, daû die Firma L einmal Rechnungsaussteller und zum anderen Rechnungsempfänger war. Beide steuerlichen Tatbestände stehen nicht in einem untrennbaren Zusammenhang, auch wenn sie jeweils als Einzelrechnungsposten in die monatlichen Voranmeldungen eingehen (vgl. BGH wistra 1991, 107; kritisch hierzu Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 5. Aufl. § 370 Rdn. 71). Sowohl der Vorsteuerabzug als auch die Besteuerung nach § 14 Abs. 3 UStG haben jeweils unterschiedliche tatsächliche Grundlagen. Schon allein deshalb ist auch die Ermäûigung einer auf § 14 Abs. 3 UStG beruhenden Steuerlast aufgrund einer späteren Berichtigung ein anderer Grund im Sinne des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO.
cc) Das Landgericht hat zutreffend den Angeklagten jeweils wegen vollendeter Steuerhinterziehung verurteilt. Entgegen der Auffassung der Re-
vision ergibt sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-454/98 ± Schmeink & Cofreth und Manfred Strobel ± nicht, es könne insoweit nur der Tatbestand einer versuchten Steuerhinterziehung erfüllt sein. Die eher beiläufige Anmerkung des Gerichtshofs in Rdn. 62, die über die Vorlegungsfragen hinausgeht und Bezug nimmt auf Ausführungen der Kommission, die Mitgliedstaaten seien nicht gehindert, die Ausstellung fingierter Rechnungen mit Mehrwertsteuerausweis als versuchte Steuerhinterziehung mit den im nationalen Recht vorgesehenen Sanktionen wie Geldstrafe oder Geldbuûe zu belegen, verweist lediglich allgemein auf die den Mitgliedstaaten obliegende strafrechtliche Verfolgung derartiger Manipulationen und erwähnt beispielhaft unterschiedliche Sanktionsmöglichkeiten. Ob die Verwendung fingierter Belege als buûgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit (§ 379 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder als Straftat zu ahnden ist, richtet sich allein nach nationalem Recht.
Für die Strafvorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist die relevante Tathandlung die Abgabe einer entsprechenden Steuererklärung gegenüber den Finanzbehörden, in der die unrichtige Rechnung Verwendung findet oder auf sie Bezug genommen wird. Für die Abgrenzung von Versuch und Vollendung ist nach deutschem Recht maûgebend, ob durch die unrichtige Erklärung Steuern verkürzt werden, mithin also ein Steuerschaden wenigstens auf Zeit entstanden ist (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Die Voraussetzung tritt regelmäûig dann ein, wenn aufgrund der falschen Angaben eine zu niedrige Steuer festgesetzt wurde. Ob im Einzelfall eine Berichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG vor der Steuerfestsetzung als Rücktritt zu werten sein mag oder jedenfalls im Falle fehlender Freiwilligkeit im Sinne des § 24 StGB nur zu einer Versuchsstrafbarkeit führt, braucht der Senat hier ebensowenig zu prüfen wie die Frage , ob eine Berichtigung nach der Steuerfestsetzung zu einem persönlichen Strafaufhebungsgrund nach § 371 AO führen kann. Im vorliegenden Fall war der Steuerschaden schon in dem ungerechtfertigten Vorsteuerabzug begründet. Die Rechnungen, die den Vorsteuerabzügen zugrunde lagen, hat der Angeklagte jedenfalls bis zur Abgabe der Erklärungen, nicht berichtigt.
Da seine Steueranmeldungen mit einer Zahllast endeten, standen sie nach § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Damit lag eine zu geringe Steuerfestsetzung vor, die zugleich den Eintritt der Vollendung bewirkte (BGHR AO § 370 Abs. 1 Vollendung 2). Soweit der Angeklagte eigene (möglicherweise berichtigungsfähige) Steuerverbindlichkeiten nach § 14 Abs. 3 UStG gegenrechnen und so einen Steuerschaden beseitigen will, steht dem ± wie dargestellt ± das Kompensationsverbot entgegen; im übrigen hat er auch diese Rechnungen nicht innerhalb des Veranlagungszeitraumes und auch nicht vor Einleitung eines Steuerstrafverfahrens berichtigt.
2. Die Strafzumessung begegnet dagegen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie enthält Rechtsfehler zum Vor- und Nachteil des Angeklagten.

a) Zum Nachteil des Angeklagten hat das Landgericht einer für die Firma L gegebenenfalls bestehenden Berichtigungsmöglichkeit nicht das erforderliche Gewicht beigemessen. Soweit nämlich eine solche besteht, wäre der vom Landgericht festgestellte Schaden in der Höhe dieser Berichtigung nur ein solcher auf Zeit. Für die Bestimmung des Schuldumfangs ist dieser Umstand von erheblicher Bedeutung; denn bei einer Verkürzung auf Zeit ist der Verkürzungserfolg allein im Zinsschaden zu sehen (BGH wistra 1997, 186; vgl. auch Kohlmann aaO § 370 Rdn. 156). Insoweit steht einer möglichen Berichtigung auch nicht das Kompensationsverbot gemäû § 370 Abs. 4 Satz 3 AO entgegen, weil es sich hierbei um die nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB im Rahmen der Strafzumessung zu beachtenden verschuldeten Auswirkungen der Tat handelt (BGH NJW 2002, 1963, 1965 f.; vgl. Kohlmann aaO Rdn. 166; Gast-de Haan aaO Rdn. 75 jeweils m. w. N.). Auch soweit eine Berichtigung noch nicht erfolgt ist, hat schon die bloûe Möglichkeit hierzu als strafmildernder Gesichtspunkt Einfluû auf die Strafzumessung. Nur wenn nämlich ein umsatzsteuerlich neutraler und ausgeglichener Saldo besteht , ist überhaupt eine Berichtigungsmöglichkeit eröffnet.
Dies erfordert allerdings keine detailgenaue Ermittlung der etwaigen Gröûenordnung von Berichtigungsmöglichkeiten. Der neue Tatrichter wird aber festzustellen haben, hinsichtlich welcher Rechnungen überhaupt eine im Sinne des Umsatzsteuerrechts relevante Gefährdungslage bestand. Dies ist nach den vorgenannten Entscheidungen des Bundesfinanzhofes (UR 2001, 255 und 312), die im Anschluû des Urteils des EuGH im Vorlageverfahren ergangen sind, bei den Sachverhaltskonstellationen nicht der Fall, in denen überhaupt keine Vorsteuer geltend gemacht wurde und die Rechnung zurückgegeben oder storniert ist. Ob aus den Rechnungen, die vom Angeklagten für die Firma L ausgestellt worden waren, Vorsteuern gezogen wurden, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Selbst wenn aber ein Vorsteuerabzug geltend gemacht worden wäre, wäre die Neutralität der Umsatzsteuer wiederum gewahrt, soweit der Rechnungssteller in entsprechendem Umfang Umsatzsteuer abgeführt hat. Dies verlangt deshalb eine Prüfung in zweifacher Hinsicht. Hat der Empfänger von Scheinrechnungen des Angeklagten Vorsteuern geltend gemacht, wären diese durch eigene Steuerzahlungen nach § 14 Abs. 3 UStG durch die Firma des Angeklagten auszugleichen. Soweit der Angeklagte selbst aus an ihn gerichteten Scheinrechnungen für seine Firma Vorsteuern gezogen hat, kommt es darauf an, ob der Aussteller seinerseits Umsatzsteuer gezahlt hat. Für den Angeklagten könnte es sich schlieûlich jedenfalls schuldmindernd auswirken, wenn er für seine Firma Umsatzsteuer an den Rechnungssteller geleistet hätte, die jedoch von diesem nicht an das Finanzamt abgeführt wurde. Daû eine der vorstehend aufgeführten Fallgruppen gegeben sein könnte, liegt im vorliegenden Fall schon deshalb nahe, weil nach den Feststellungen des Landgerichts der Angeklagte für die Firma L 67.000 DM mehr an Umsatzsteuern abgeführt hatte, als er dies bei korrektem Verhalten hätte tun müssen.

b) Das landgerichtliche Urteil enthält aber auch einen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten. Dies führt zum Erfolg der Revision der Staatsanwaltschaft.
aa) Allerdings kann den Erwägungen der Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründung nicht gefolgt werden. Sie vertritt die Auffassung, eine Berichtigung von Scheinrechnungen könne nur der Aussteller dieser Rechnungen erreichen. Die Staatsanwaltschaft meint dabei offenbar, daû der Angeklagte die eingetretene Steuergefährdung aus eigener Kraft gar nicht hätte beseitigen können. Wie bereits vorstehend ausgeführt, kann aber auch bei gezogenen Vorsteuern eine Gefährdung dann ausgeschlossen sein, wenn die Umsatzsteuer abgeführt wurde. Auch bei dieser Sachverhaltskonstellation besteht dann eine Berichtigungsmöglichkeit, wenn die unberechtigt gezogene Vorsteuer zurückgezahlt wird. Nach Rückzahlung der Vorsteuer ist dann auch die Rückführung der nach § 14 Abs. 3 UStG geschuldeten Umsatzsteuer möglich, wodurch wiederum ein ausgeglichener neutraler umsatzsteuerlicher Saldo hergestellt wird (BFH UR 2001, 312, 314). Gleichfalls kann der Staatsanwaltschaft nicht zugestimmt werden, wenn sie meint, eine Berichtigung könne dem Angeklagten nicht strafmildernd zugerechnet werden, weil er erst aktiv wurde, als das Steuerstrafverfahren bereits eingeleitet war. Es kommt nämlich nicht auf die Berichtigung an, sondern auf die Steuergefährdung , deren Beseitigung letztlich die Berichtigungsmöglichkeit auslöst. Wenn der Angeklagte aber aus den von ihm gestellten Rechnungen die ausgewiesene Umsatzsteuer angemeldet und diese auch abgeführt haben sollte bzw. einzelne Rechnungsempfänger möglicherweise keine Vorsteuer gezogen haben, dann sind dies Umstände, die eine Steuergefährdung ausschlieûen oder zumindest mindern und die zudem vor der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens entstanden sind.
bb) Ein Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten ergibt sich aber aus einem anderen Grund. Das Landgericht hat nämlich den Umstand nicht berücksichtigt , daû es sich im vorliegenden Fall um ein aus mehreren Beteiligten bestehendes Umsatzsteuerkarussell gehandelt hat. Dies hat Auswirkung auf die Bestimmung des Schuldumfanges.
(1) Solche Karussellgeschäfte sind dadurch geprägt, daû eine Mehrzahl von Personen jeweils gegenüber dem nächsten Glied in der Kette Scheinrechnungen ausstellt. Bei den sogenannten Umsatzsteuerkarussellen wird dieses System ± in der Regel grenzübergreifend ± betrieben, weil über Vorsteuererstattungen Steuergelder betrügerisch erlangt werden sollen (vgl. hierzu Kühn/Winter, UR 2001, 478 ff.; Merk, UR 2001, 97 ff.). Bei entsprechenden Karussellen ist in der Regel als immer gleichartige Vorgehensweise kennzeichnend, daû in die Kette einzelne oder mehrere Glieder (meist vermögenslose natürliche oder juristische Personen) eingebaut sind, die entweder keine Umsatzsteuer anmelden oder geschuldete Umsatzsteuer nicht abführen. Damit werden in diesem System zwar sämtliche Vorsteuern aus den Scheinrechnungen gezogen, aber nicht sämtliche Umsatzsteuerschulden aus den Scheinrechnungen bezahlt. Der Gewinn entsteht aus der Differenz von voll gezogenen Vorsteuern, aber nicht vollständig abgeführten Umsatzsteuern.
Innerhalb eines solchen Karussellsystems tritt typischerweise die Situation ein, daû aus Sicht eines einzelnen Glieds der Kette die umsatzsteuerlichen Auswirkungen neutral sein können. Werden nämlich von einzelnen Personen in der Kette sämtliche Umsatzsteuern bezahlt und stehen den von dieser Person gezogenen Vorsteuern wieder vom Scheinrechnungsaussteller gezahlte Umsatzsteuern gegenüber, dann wäre aus dem Blickwinkel dieser Person die umsatzsteuerliche Bilanz an sich ausgeglichen. Dies würde zwar bei einer strafrechtlichen Bewertung nicht ± wie oben ausgeführt ± den Schuldspruch berühren, hätte aber naturgemäû auf die Bestimmung des Schuldumfanges erhebliche Auswirkungen. Bei materieller ± die jeweiligen Berichtigungsmöglichkeiten einschlieûenden ± Betrachtung könnte sich dann im Hinblick auf diese Person ein gegen Null konvergierender Steuerschaden ergeben.
(2) Eine solche auf das einzelne Scheinrechnungsverhältnis beschränkte Betrachtung würde ± wie der Senat schon in seiner Entscheidung vom 20. März 2002 (NJW 2002, 1963, 1966) angedeutet hat ± dem Gesamtunrechtsgehalt nicht gerecht. Dieser wird nämlich nicht durch das einzelne Rechnungsverhältnis geprägt, sondern durch das Karussellsystem als Ganzes, mit dem auf kriminelle Art und Weise Vorsteuerüberschüsse erzielt werden sollen. Jedenfalls soweit den einzelnen Beteiligten die Struktur und die Funktionsweise des Karussells bekannt sind, muû dies auch bei der Feststellung der für die Strafzumessung bestimmenden verschuldeten Auswirkungen der Tat (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) Gewicht erlangen. Maûgeblich ist deshalb der aus dem Gesamtsystem erwachsene deliktische Schaden, der in dem Überschuû von gezogener Vorsteuer im Vergleich zu gezahlter Umsatzsteuer besteht. Eine solche Zurechnung ist jedenfalls bei den Personen geboten, die sich bewuût in entsprechende Systeme einbinden lassen. Sie spielen nämlich, insbesondere wenn sie über einen eingeführten Betrieb verfügen, als vertrauenswürdige Deckadressen eine nicht zu unterschätzende Rolle für das Gelingen des kriminellen Gesamtunternehmens. Sind diese Betriebe der Finanzverwaltung als zuverlässig bekannt, wird sie auf die kurzfristige Anberaumung von Umsatzsteuerauûenprüfungen eher verzichten. Diese Einbeziehung in das Gesamtsystem rechtfertigt es dann auch, den steuerlichen Gesamtschaden, der durch dieses System erzeugt wurde, strafschärfend zu berücksichtigen.
Der neue Tatrichter wird demnach auch zu prüfen haben, inwieweit der Angeklagte in das Gesamtkarussellgeschäft eingeweiht war und gegebenenfalls in welcher Höhe ein deliktischer Steuerschaden entstanden ist.
Harms Häger Gerhardt Raum Brause

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

13
Es hätte jedoch bei der Strafzumessung in den Blick nehmen müssen, dass die gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG geschuldete Steuer lediglich das Steueraufkommen vor den Folgen eines unberechtigten Vorsteuerabzugs schützen sollte. Letztlich hat sich hier nämlich lediglich die mit der Ausstellung der Scheingutschriften entstehende Gefahr für das Steueraufkommen, der der Gesetzgeber mit Schaffung des § 14 Abs. 3 UStG aF (§ 14c UStG nF) entgegenwirken wollte (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 – 5 StR 516/01, BGHSt 47, 343), mit der tatsächlichen Geltendmachung des Vorsteuerabzuges aus ebendiesen Gutschriften realisiert (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2009 – 1 StR 342/08, BGHSt 53, 311). Der dem Fiskus durch die Erstellung und Verwendung von Scheingutschriften entstandene Steuerschaden geht damit in seiner Bedeutung für die Strafzumessung über die Höhe des unberechtigten Vorsteuerabzugs nicht hinaus; der für die Strafzumessung maßgebliche Steuerschaden ist nicht etwa deshalb doppelt so hoch, weil der gemäß § 14c UStG geschuldete Steuerbetrag, der der Möglichkeit eines unberechtigten Vorsteuerabzugs Rechnung tragen sollte, ebenfalls verkürzt wurde. Diesen Zusammenhang zwischen Steuerentstehung gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG und unberechtigtem Vorsteuerabzug hat das Landgericht bei der Strafzumessung nicht erkennbar zugunsten des Angeklagten berücksichtigt. Dies führt zur Aufhebung der hiervon betroffenen Einzelstrafen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2002 – 5 StR 212/02, wistra 2003, 140; BGH, Beschluss vom 20. März 2002 – 5 StR 448/01, BGHR AO § 370 Abs. 1 Strafzumessung 14).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 342/08
vom
30. April 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________________
1. In Fällen fingierter Ketten- oder Karussellgeschäfte, die auf Hinterziehung von
Steuern angelegt sind, ist bei der Strafzumessung der aus dem Gesamtsystem
erwachsene deliktische Schaden als verschuldete Auswirkung der Tat zu
Grunde zu legen, soweit den einzelnen Beteiligten die Struktur und die Funktionsweise
des Gesamtsystems bekannt sind (im Anschluss an BGHSt 47,
343).
2. Werden durch ein komplexes und aufwändiges Täuschungssystem, das die
systematische Verschleierung von Sachverhalten über einen längeren Zeitraum
bezweckt, in beträchtlichem Umfang Steuern verkürzt, kann sich die
Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung als
notwendig erweisen.
BGH, Urt. vom 30. April 2009 - 1 StR 342/08 - LG Gießen
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
30. April 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 23. November 2007 aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in zwei Fällen wegen Untreue verurteilt wurde; das Verfahren wird insoweit eingestellt;
b) im Gesamtstrafenausspruch. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil in den Fällen, in denen der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, im Ausspruch über die jeweilige Einzelstrafe und im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zehn Fällen sowie wegen Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt, führt lediglich zur Aufhebung des Urteils und Einstellung des Verfahrens, soweit der Angeklagte wegen Untreue in zwei Fällen verurteilt wurde. Der Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafen führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, gegen den Rechtsfolgenausspruch; das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

3
Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte seit 1985 Geschäftsführer der J. (nachfolgend J. GmbH). Deren Geschäftsgegenstand war der An- und Verkauf von Nutzfahrzeugen, insbesondere von Betonmischern.
4
1. Die Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer in zehn Fällen beruht auf folgenden Feststellungen:
5
In einer Vielzahl von Fällen verlangten die Halter der Gebrauchtfahrzeuge , die die J. GmbH ankaufen wollte, dass nicht der vollständige Kaufpreis in der Rechnung ausgewiesen wurde. Sie wollten auf diese Weise die Zahlung der auf den nicht in die Rechnung aufgenommenen Teil des Kaufpreises entfallenden Steuer vermeiden. Um diesem Ansinnen der Halter der Fahrzeuge zu entsprechen, wurde unter Anleitung des Angeklagten J. und unter Mitwirkung früherer Mitangeklagter ein System von Scheinfirmen sowie Scheingeschäften entwickelt und in der Folge auch umgesetzt. Dieses ermöglichte einerseits den Haltern, geringere Kaufpreise als die tatsächlich gezahlten zu fakturieren. Auf der anderen Seite konnte die J. GmbH durch das nachstehend näher dargelegte System Rechnungen erlangen, die ihr ermöglichten, Vorsteuer aus Beträgen geltend zu machen, die noch über dem tatsächlich gezahlten Kaufpreis lagen.
6
Im Einzelnen ging der Angeklagte gemeinsam mit den Mitangeklagten wie folgt vor:
7
Der ursprüngliche Halter des jeweiligen Gebrauchtfahrzeugs, der dieses verkaufen wollte, erstellte für Firmen, die zum Schein als unmittelbarer Käufer des Gebrauchtfahrzeugs auftraten (Erstankäufer), eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis über einen Teil des tatsächlichen Kaufpreises. Der verbleibende Rest des Kaufpreises wurde bar gezahlt, ohne dass dieser Teilbetrag versteuert wurde.
8
Der Erstankäufer stellte einem Zwischenhändler eine Scheinrechnung mit Umsatzsteuerausweis aus, wobei der dort angeführte Nettobetrag über dem Kaufpreis lag, der tatsächlich - als Rechnungsbetrag zuzüglich Schwarzgeldbetrag - an den letzten Halter des Fahrzeuges gezahlt worden war. Der Zwischenhändler erstellte seinerseits für die J. GmbH eine Rechnung, in der er einen nochmals höheren Nettopreis sowie die darauf anfallende Umsatzsteuer auswies. Die J. GmbH veräußerte die Fahrzeuge sodann, nachdem sie teilweise durch das Unternehmen instand gesetzt worden waren, im Inland oder - weit überwiegend - in das Ausland. Die Lieferungen ins Ausland waren umsatzsteuerfrei.
9
Einzelne Geschäfte wichen insoweit von dem dargestellten Grundmuster ab, als der ursprüngliche Halter des Fahrzeuges eine Rechnung an ein in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ansässiges Scheinunternehmen ausstellte, in der entsprechend § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG keine Umsatzsteuer ausgewiesen wurde. Parallel dazu wurde eine Lieferkette in Deutschland fingiert, nach der das identische Fahrzeug von einer Scheinfirma an einen Zwischenhändler und von diesem an die J. GmbH verkauft wurde. In anderen Fällen trat ein ansonsten als Zwischenhändler fungierendes Unternehmen unmittelbar als Käufer gegenüber dem ursprünglichen Halter der Fahrzeuge auf. In weiteren Fällen wurden die Teile des Kaufpreises, die von dem ursprünglichen Halter nicht versteuert wurden, durch Scheinrechnungen über den - tatsächlich nicht erfolgten - Verkauf von Ersatzteilen verschleiert.
10
Allen Geschäften war gemeinsam, dass tatsächlich der ursprüngliche Halter des jeweiligen Gebrauchtfahrzeugs mit Geldern bezahlt wurde, die die J. GmbH dem Zwischenhändler zur Verfügung gestellt hatte, der diese an die Verkäufer weiterleitete. Die Fahrzeuge wurden jeweils direkt an die J. GmbH geliefert. Die Entscheidung über den Ankauf eines Fahrzeuges und den zu zahlenden Preis traf in allen Fällen jeweils der Angeklagte J. , der für die J. GmbH handelte.
11
Die J. GmbH versteuerte die aus ihren Lieferungen resultierenden Umsätze im Inland. Umsätze aus Auslandslieferungen und innergemeinschaftlichen Lieferungen wurden als solche deklariert. Die sich aus den Rechnungen der Zwischenhändler ergebende Vorsteuer wurde nach § 15 UStG abgezogen. Auch die als Zwischenhändler auftretenden Unternehmen erklärten die Umsätze, die in ihren Rechnungen an die J. GmbH ausgewiesen wurden, und führten die ausgewiesene Umsatzsteuer ab. Von der daraus resultierenden Zahllast wurde die Vorsteuer abgezogen, die sich aus den Rechnungen ergab, die den Zwischenhändlern von den als Erstankäufer auftretenden Scheinfirmen ausgestellt worden waren. Demgegenüber erklärten die Erstankäufer die in den Rechnungen an die Zwischenhändler ausgewiesenen Umsätze nicht und führten die dort ausgewiesene Umsatzsteuer, die sich auf knapp 570.000,-- Euro belief, auch nicht ab.
12
Der Angeklagte J. machte in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 1997 bis 2001 und in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate März, April, Juni, Juli und Oktober 2002 für die J. GmbH die Vorsteuer aus den Rechnungen der Zwischenhändler geltend. Diese belief sich auf etwas mehr als 665.000,-- Euro.
13
Nach Auffassung des Landgerichts wurde insoweit durch die Abgabe falscher Umsatzsteuererklärungen Umsatzsteuer in einer Gesamthöhe von 433.900,-- Euro hinterzogen, die bei der Strafzumessung zu Grunde zu legen sei. Bei diesem Betrag handelt es sich um die jeweilige Umsatzsteuer, die auf den Anteil des Kaufpreises entfiel, der unversteuert an den ursprünglichen Halter des jeweiligen Fahrzeugs gezahlt wurde. Diesen berechnete die Strafkammer , indem sie den Nettobetrag der Ausgangsrechnung des ursprünglichen Halters an die Erstankäufer von dem Nettobetrag der Rechnung, die dieser den Zwischenhändlern ausstellte, subtrahierte. Demgegenüber sah die Strafkammer die Umsatzsteuer, die in den Rechnungen der Erstankäufer an die Zwischenhändler und in den Rechnungen der Zwischenhändler an die J. GmbH ausgewiesen wurde, nicht als strafzumessungsrelevanten Hinterziehungsschaden an. Bei einer Verurteilung wegen Vergehen nach § 370 AO sei im Rahmen der Strafzumessung „nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur auf die Verkürzung solcher Steuersummen abzustellen, die bei ordnungsgemäßem Verhalten von vornherein an den Fiskus abzuführen gewesen wären“.
14
2. Daneben verurteilte das Landgericht den Angeklagten wegen Untreue in zwei Fällen zum Nachteil der J. GmbH. Nach den diesbezüglichen Feststellungen entnahm der Angeklagte in den Jahren 2000 und 2001 unter Verletzung der ihn treffenden Pflichten als Geschäftsführer aus dem Vermögen der Gesellschaft ohne rechtfertigenden Grund insgesamt knapp 175.000,-- Euro , um das Geld für eigene Zwecke zu verwenden. Diese Entnahmen verschleierte er durch Scheinrechungen, die er in die Buchhaltung der J. GmbH einstellte. Die in den Scheinrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer machte der Angeklagte in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2000 bzw. 2001 als Vorsteuer geltend. Alleinige Gesellschafterin zur Tatzeit war die Ehefrau des Angeklagten.

II.

15
Die Revision des Angeklagten führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Teilaufhebung und -einstellung und zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
16
1. Soweit der Angeklagte wegen Untreue zum Nachteil der J. GmbH verurteilt wurde, ist die Verurteilung aufzuheben und das Verfahren gemäß § 260 Abs. 3 StPO einzustellen. Es besteht ein von Amts wegen zu berücksichtigendes Verfahrenshindernis, da der nach § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 247 StGB für die Strafverfolgung erforderliche Strafantrag der Verletzten fehlt.
17
a) Nach den Feststellungen war allein die Ehefrau des Angeklagten Gesellschafterin der J. GmbH. Als Verletzte der Untreuetaten zum Nachteil der J. GmbH ist daher allein die Ehefrau des Angeklagten anzusehen (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 86). Dass sie den erforderlichen Strafantrag ge- stellt hat, ist weder festgestellt, noch anderweitig ersichtlich. Auch für eine Ausnahme von dem Strafantragserfordernis, die dann in Betracht kommt, wenn durch die Untreuehandlung eine konkrete Existenzgefährdung der Gesellschaft verursacht worden ist (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 79, 80), ergeben sich keine Anhaltspunkte.
18
b) Der Senat schließt aus, dass noch ein wirksamer Strafantrag gestellt werden könnte. Dies gilt um so mehr, als die Antragsfrist nach § 77b Abs. 1 StGB, deren Lauf mit Kenntniserlangung der Antragsberechtigten von Tat und Täter beginnt (§ 77b Abs. 2 StGB), mit hoher Wahrscheinlichkeit verstrichen ist. Diesbezügliche, sich angesichts der konkreten Situation aufdrängende Zweifel würden zu Gunsten des Angeklagten wirken (vgl. BGHSt 22, 90, 93).
19
c) Der Wegfall der Verurteilung wegen Untreue führt vorliegend nicht zur Aufhebung der diesbezüglichen Feststellungen (vgl. Schoreit in KK StPO 6. Aufl. § 260 Rdn. 46), da die zu den Untreuetaten getroffenen Feststellungen auch für die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung hinsichtlich der Abgabe unrichtiger Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2000 und 2001 von Bedeutung sind.
20
2. Wegen des Wegfalls der wegen Untreue verhängten Einzelstrafen kann der Gesamtstrafenausspruch keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
21
3. Im Übrigen bleiben die Verfahrensrügen und die Sachrüge aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen, die auch durch die Gegenerklärung des Angeklagten nicht entkräftet werden, ohne Erfolg.
22
Ergänzend dazu bemerkt der Senat lediglich Folgendes:
23
a) Soweit der Angeklagte rügt, dass die Berufsrichter und die Schöffen vom Wortlaut der im Selbstleseverfahren eingeführten Urkunden keine Kenntnis erlangt haben, deckt er keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Das Urteil könnte auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler auch nicht beruhen. Denn der Angeklagte hat die einzelnen Lieferungen, deren Daten durch die verlesenen Urkunden eingeführt wurden, nicht bestritten (UA S. 110). Ist aber der Inhalt eines ansonsten zuverlässigen Schriftstücks in der Hauptverhandlung nicht bestritten worden, kann das Urteil im Allgemeinen nicht darauf beruhen, dass das Schriftstück nicht verlesen wurde (vgl. Senat StV 2007 - 569, 570 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend etwas anderes gelten könnte, sind nicht gegeben.
24
b) Auch im Hinblick auf die Rüge, ein Beweisantrag, der am 19. Juni 2007 gestellt wurde, sei rechtsfehlerhaft abgelehnt worden, kann jedenfalls ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf dem behaupteten Rechtsfehler beruhen könnte.
25
Zutreffend weist die Revision zwar darauf hin, dass die Strafkammer in dem Ablehnungsbeschluss lediglich die zur Begründung des Beweisantrags angeführte Schlussfolgerung des Antragstellers als bereits erwiesen erachtete, nicht aber die eigentliche Beweisbehauptung. In der Sache erweisen sich aber die unter Beweis gestellten Tatsachen aus Sicht des Landgerichts als in tatsächlicher Hinsicht bedeutungslos. Denn im Hinblick auf das Beweisziel kam den Beweistatsachen keine Bedeutung zu. Die Strafkammer erachtete die Tatsachen , auf die nach Feststellung der unter Beweis gestellten (Indiz-)Tatsachen geschlossen werden sollte, bereits anderweitig als erwiesen an. Dies war angesichts der Begründung des Beschlusses für den Angeklagten und seine Verteidiger auch erkennbar. Ein Beruhen des Urteils auf der fehlerhaften Ablehnung kann deshalb ausgeschlossen werden.
26
c) Der Sachrüge ist der Erfolg auch unabhängig davon zu versagen, ob es sich bei den Zwischenhändlern um Unternehmer handelte und ob diese tatsächlich eine Lieferung an die J. GmbH i.S.v. § 3 UStG erbrachten. Denn nach den Feststellungen wusste der Angeklagte J. um seine Einbindung in eine auf Hinterziehung von Umsatzsteuer ausgerichtete Lieferkette. Nach der Rechtsprechung des Senats zu missbräuchlichen Umsatzgeschäften bei innergemeinschaftlichen Lieferungen im Sinne von § 6a UStG sind aber auf Grund des im Gemeinschaftsrecht verankerten Verbots missbräuchlicher Praktiken für alle Beteiligten eines oder mehrerer Umsatzgeschäfte, die auf die Hinterziehung von Steuern gerichtet sind, die Steuervorteile, die für die einzelnen Geschäfte grundsätzlich vorgesehen sind, zu versagen (BGH DStR 2009, 577 ff.). Dies gilt auch für rein inländische Umsatzgeschäfte (vgl. auch EuGH, Urt. vom 6. Juli 2006 - Rechtssache C-439/05 - Kittel Rdn. 56 f.).

III.

27
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
28
1. Sie beantragt zwar, „das Urteil im angefochtenen Umfang aufzuheben“. Aus dem Inhalt der Revisionsbegründung lässt sich indes entnehmen, dass sich die Beschwerdeführerin allein gegen den Gesamtstrafenausspruch, die Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung und die Einzelstrafen, die für die zehn Fälle der Steuerhinterziehung verhängt wurden, wendet.
29
2. Die Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch ist wirksam. Eine isolierte Überprüfung der Strafzumessung ist möglich, ohne dass die den Schuldspruch tragenden Feststellungen hiervon berührt würden (vgl. BGH NJW 1996, 2663, 2664 m.w.N.). Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen bilden eine ausreichende Grundlage für die Nachprüfung der Strafzumessung (BGHSt 33, 59); sowohl das steuerrechtlich erhebliche Verhalten des Angeklagten als auch die Höhe der verkürzten Steuern hat das Landgericht dargelegt.
30
3. Einer Aufhebung und Einstellung des Verfahrens, soweit der Angeklagte in zwei Fällen wegen Untreue verurteilt wurde, auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft bedarf es nicht, da - unabhängig davon, dass dieses Rechtsmittel auch zu Gunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO) - das Urteil insoweit bereits auf die Revision des Angeklagten aufzuheben und das Verfahren einzustellen war (vgl. auch Senat, Urt. vom 11. März 2003 - 1 StR 507/02 m.w.N.).
31
4. Zu Recht beanstandet die Beschwerdeführerin, dass das Landgericht der Strafzumessung einen zu geringen Schuldumfang zu Grunde gelegt hat.
32
a) Bei der Zumessung einer Strafe wegen Steuerhinterziehung hat das in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB genannte Kriterium der „verschuldeten Auswirkungen der Tat“ im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung besonderes Gewicht. „Auswirkungen der Tat“ sind insbesondere die Folgen für das durch die Strafnorm geschützte Rechtsgut. Das durch § 370 AO geschützte Rechtsgut ist die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs, d.h. des rechtzeitigen und vollständigen Steueraufkommens jeder einzelnen Steuerart. Deshalb ist die Höhe der verkürzten Steuern ein bestimmender Strafzumessungsumstand i.S.d. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO (vgl. BGH NJW 2009, 528, 531 m.w.N.).
33
Vorliegend wurde zur Ermöglichung der Hinterziehung der Steuern, die der ursprüngliche Halter der Gebrauchtfahrzeuge hätte entrichten müssen, eine Kette von Scheingeschäften gebildet, durch die weitere Steuern hinterzogen wurden. Die Sachverhaltsvarianten, die das Landgericht festgestellt hat, sind betrügerischen Karussellgeschäften vergleichbar, die auf die Erschleichung von ungerechtfertigten Steuervorteilen gerichtet sind. Hier wie dort gilt aber hinsichtlich der verschuldeten Auswirkungen der Tat folgendes:
34
Aufgrund der Ausgestaltung des Gesamtsystems besteht in Fällen solcher fingierter Ketten- oder Karussellgeschäfte typischerweise die Situation, dass für einzelne Glieder der Kette die umsatzsteuerlichen Auswirkungen neutral erscheinen können. Werden nämlich von einzelnen Kettengliedern sämtliche Umsatzsteuern bezahlt und stehen den von diesem Kettenglied gezogenen Vorsteuern vom Scheinrechnungsaussteller gezahlte Umsatzsteuern gegenüber , dann scheint die umsatzsteuerliche Bilanz an sich ausgeglichen. Nach den Feststellungen bestand eine ebensolche Situation bei der J. GmbH. Diese machte zwar zu Unrecht die in den Rechnungen der Zwischenhändler ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Die Zwischenhändler führten aber die Umsatzsteuer, die in den Rechnungen ausgewiesen waren, die der J. GmbH ausgestellt wurden, an das jeweils zuständige Finanzamt ab.
35
Dieser Umstand berührt aber den Schuldspruch nicht. Denn ein Vorsteuerabzug scheidet aus, da den Rechnungen der Zwischenhändler keine tatsächlich durchgeführten Lieferungen zu Grunde lagen. Nur wenn solche tatsächlich gegeben gewesen wären, wäre der Rechnungsadressat zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen (BGH NJW 2002, 1963, 1965).
36
Der Umstand, dass die umsatzsteuerliche Bilanz der J. GmbH auf Grund der Entrichtung der Umsatzsteuer durch die Zwischenhändler als neutral erscheint, hätte aber Auswirkungen auf die Bestimmung des Schuldumfangs.
37
b) Eine solche auf das einzelne Scheinrechnungsverhältnis beschränkte Betrachtung würde dem Gesamtunrechtsgehalt des Hinterziehungssystems aber nicht gerecht. Dieser wird nämlich nicht durch das einzelne Rechnungsverhältnis geprägt, sondern durch das System als Ganzes. Es ist anerkannt, dass jedenfalls, soweit - wie hier - den einzelnen Beteiligten die Struktur und die Funktionsweise des Gesamtsystems bekannt sind, dies auch bei der Feststellung der für die Strafzumessung bestimmenden verschuldeten Auswirkungen der Tat Gewicht erlangen kann. Maßgeblich ist deshalb der vom Vorsatz umfasste , aus dem Gesamtsystem erwachsene deliktische Schaden, der in dem Überschuss von gezogener Vorsteuer im Vergleich zu gezahlter Umsatzsteuer besteht (BGH NJW 2002, 3036, 3039).
38
Es ist daher rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht allein die Umsatzsteuer , die durch die ursprünglichen Halter hinterzogen wurde, der Strafzumessung zu Grunde gelegt hat. Denn hierdurch wird der aus dem Gesamthinterziehungssystem erwachsene Schaden nicht vollständig erfasst.

39
aa) Die Feststellungen der Strafkammer sind bereits deshalb bedenklich, weil sie nicht zweifelsfrei feststellen konnte, welche Höhe der nicht versteuerte Kaufpreis hatte, der an die ursprünglichen Halter gezahlt wurde (UA S. 110, 112, 116). Die Strafkammer stellt allein fest, dass der Nettobetrag, der in den Rechnungen der Erstankäufer aufgeführt wurde, über dem Kaufpreis lag, der tatsächlich an den letzten Halter des Fahrzeuges gezahlt worden war (UA S. 16, 110). Im Ergebnis beschwert dies den Angeklagten aber nicht, da aufgrund der Feststellungen zu seinen Lasten anderweitig hinterzogene Steuern in den Blick zu nehmen sind, die der Höhe nach zweifelsfrei feststehen und den Betrag, den die Strafkammer der Strafzumessung zu Grunde gelegt hat, übersteigen.
40
bb) Denn jedenfalls die von den als formelle Erstankäufer eingesetzten Scheinfirmen in den Rechnungen an die Zwischenhändler ausgewiesene Umsatzsteuer , die sich nach den Feststellungen auf circa 570.000,-- Euro belief, wurde hinterzogen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
41
(1) Die als Erstankäufer eingesetzten Scheinfirmen gaben keine Umsatzsteuervoranmeldungen oder -jahreserklärungen ab und führten die in den Scheinrechnungen an die Zwischenhändler ausgewiesene Umsatzsteuer entgegen § 14 Abs. 3 UStG aF (bzw. § 14c Abs. 2 UStG nF) auch nicht ab. Daher haben die Erstankäufer den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht. Bei der Ausstellung einer Scheinrechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer ist eine Gefährdung des Steueraufkommens jedenfalls dann gegeben , wenn diese Rechnung zum Vorsteuerabzug benutzt werden kann und der Rechnungsaussteller die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abgeführt hat (BGH NStZ 2001, 380, 381).

42
(2) Die von den Scheinfirmen ausgestellten Rechnungen wurden zudem von den Zwischenhändlern dafür genutzt, unberechtigt Vorsteuern geltend zu machen. Die Steuergefährdung, der der Gesetzgeber mit Schaffung des § 14 Abs. 3 UStG aF (§ 14c UStG nF) entgegenwirken wollte (vgl. BGH NJW 2002, 3036, 3037), ist in einen Schaden umgeschlagen. Die Umsatzsteuer, die die Zwischenhändler aus den Rechnungen abzuführen hatten, die der J. GmbH ausgestellt worden waren, wurde hierbei verkürzt. Bezieht man auch die an anderer Stelle hinterzogene Umsatzsteuer in die gebotene Gesamtbetrachtung mit ein, erweist sich die umsatzsteuerrechtliche Bilanz der J. GmbH nicht mehr als neutral.
43
(3) Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung des Landgerichts, dass nach § 14 Abs. 3 UStG aF (resp. § 14c Abs. 2 UStG nF) geschuldete Steuern für die Strafzumessung irrelevant seien, da sie bei steuerehrlichem Verhalten nicht an den Fiskus abzuführen gewesen wären, rechtlich nicht zutreffend. Diese Sichtweise vernachlässigt, dass durch die Rechnungen, in denen Umsatzsteuer ausgewiesen wird, dem Rechnungsempfänger eine weitere Möglichkeit der Steuerhinterziehung eröffnet wird. Wenn sich die mit der Scheinrechnung verbundene Gefahr dann aber - wie hier - realisiert, hat diese verschuldete Auswirkung der Tat für die Strafzumessung Bedeutung. Es ist zu berücksichtigen , dass die Verkürzung, die aus den unrichtigen Erklärungen des Zwischenhändlers resultiert, den schon durch das Unterlassen der Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. -jahreserklärung durch den Erstankäufer verursachten Steuerschaden fortsetzt und allenfalls vergrößert. Damit ist das Steueraufkommen zwar nicht in der Summe der beiden Hinterziehungen, aber im Umfang des jeweils höheren Hinterziehungsbetrages gefährdet (BGH NStZ 2003, 268).
44
c) Auf dem Rechtsfehler beruht das Urteil auch zu Gunsten des Angeklagten. Angesichts der Tatsache, dass sowohl der Schaden der einzelnen Hinterziehungstaten als auch der Gesamtschaden weitaus höher ist, als von der Strafkammer angenommen, kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Zugrundelegung des zutreffenden Schadensumfangs sowohl auf höhere Einzel- als auch eine höhere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
45
Da lediglich ein Wertungsfehler vorliegt, können die vom Landgericht getroffenen Feststellungen aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter darf aber ergänzende Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
46
5. Da bereits der aufgezeigte Rechtsfehler zur Aufhebung des Strafausspruchs führt, bedarf es keines Eingehens auf die weiteren Beanstandungen, die die Beschwerdeführerin gegen den Rechtsfolgenausspruch erhebt. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
47
a) Nach § 153a Abs. 2 oder § 154 Abs. 2 StPO eingestellte Taten bzw. Tatteile, von deren Ahndung nach § 154a StPO abgesehen wurde, dürfen lediglich dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn sie prozessordnungsgemäß festgestellt wurden und der Angeklagte darauf hingewiesen wurde (vgl. die Nachweise bei Fischer StGB 56. Aufl. § 46 Rdn. 46 f.).
48
b) Das neue Tatgericht wird Gelegenheit haben zu prüfen, ob die Taten einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung darstellen. Dies bestimmt sich vorliegend, soweit in diesem Zusammenhang auf die Höhe der hinterzogenen Steuern abgestellt wird, nach § 370 Abs. 3 AO aF. Insoweit müssten Steuern in „großem Ausmaß“ aus „groben Eigennutz“ hinterzogen worden sein.

49
c) Soweit die Höhe der Umsatzsteuer, die seitens der ursprünglichen Halter hinterzogen wurde, beziffert werden kann, ist dieser Hinterziehungsbetrag ebenfalls zu Ungunsten des Angeklagten als verschuldete Auswirkung der Tat mit in die Strafzumessung einzuziehen. Denn gerade auch, um dem ursprünglichen Halter diese eigenständige Hinterziehung zu ermöglichen, wurde das Gesamtsystem unter Mitwirkung des Angeklagten installiert. Der Umstand, dass insoweit für sich genommen eine eigenständige Beihilfe zur Steuerhinterziehung der ursprünglichen Halter gegeben ist, die als solche nicht angeklagt wurde, steht dem nicht entgegen (vgl. BGH NStZ 2003, 268). Wie dargelegt kann insoweit allerdings zur Ermittlung des Schwarzgeldanteils, auf dessen Grundlage die hinterzogene Umsatzsteuer zu berechnen wäre, nicht die Differenz zwischen dem Nettobetrag der Rechnungen, die die Erstankäufer den Zwischenhändlern ausstellten und dem Nettobetrag der Rechnungen der Halter an die Erstankäufer herangezogen werden. Soweit der Schwarzgeldanteil am Kaufpreis nicht anderweitig festgestellt werden kann, wäre insoweit der Schwarzgeldanteil für die einzelnen Geschäfte zu schätzen.
50
d) Für den Fall, dass die neu zu bemessende Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigen sollte, wäre auch § 56 Abs. 3 StGB in den Blick zu nehmen.
51
Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass bei Steuerhinterziehungen beträchtlichen Umfangs auch von Gewicht ist, die Rechtstreue der Bevölkerung, auch auf dem Gebiet des Steuerrechts zu erhalten. Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe kann sich daher zur Verteidigung der Rechtsordnung als notwendig erweisen, wenn die Tat Ausdruck einer verbreiteten Einstellung ist, die eine durch einen erheblichen Unrechtsgehalt ge- kennzeichnete Norm nicht ernst nimmt und von vornherein auf die Strafaussetzung vertraut (BGH NStZ 1985, 459; GA 1979, 59; Urt. vom 28. September 1983 - 3 StR 280/83). Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung ist insbesondere dann geboten, wenn eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung im Hinblick auf schwerwiegende Besonderheiten des Einzelfalls für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müsste und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert werden könnte (vgl. BGHSt 24, 40, 46; BGHR StGB § 56 Abs. 3 - Verteidigung 15; BGH wistra 2000, 96, 97).
52
Besondere Umstände, die die Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe gebieten könnten, liegen nach den bisherigen Feststellungen hier vor. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass durch Umsatzsteuerhinterziehungen große Steuerausfälle verursacht werden (vgl. die Nachweise bei Muhler wistra 2009, 1). Zudem hat sich der Angeklagte an einem komplexen und aufwändigen Täuschungssystem beteiligt, das die systematische Verschleierung von Sachverhalten über einen längeren Zeitraum bezweckte (vgl. BGH NJW 2009, 533). Eine solche Vorgehensweise weist Merkmale einer organisierten Kriminalität (vgl. § 110a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StPO) auf. Andererseits liegen die Taten bereits einige Zeit zurück. Erforderlich ist eine dem Einzelfall gerecht werdende Abwägung, bei der Tat und Täter umfassend zu würdigen sind (BGHSt 24, 40, 46; BGHR StGB § 56 Abs. 3 - Verteidigung 5, 6 und 16; NStZ-RR 1998, 7, 8).
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander
40
(4) Im Hinblick auf den Charakter der Steuerhinterziehung als Gefährdungsdelikt unterscheiden sich daher bei der Umsatzsteuerhinterziehung die Verkürzung „auf Dauer“ und diejenige „auf Zeit“ nicht im Erfolgs-, sondern - im Hinblick auf das Vorstellungsbild des Täters - nur im Handlungsunrecht (vgl. Franzen/Gast/Joecks aaO). Will der Täter sich - was freilich nur in seltenen Fällen gegeben sein wird und deshalb sorgfältig zu prüfen ist - durch unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen lediglich auf Zeit Liquidität verschaffen und hat er vor, im Rahmen der Jahreserklärung zutreffende Angaben zu machen und den sich ergebenden Unterschiedsbetrag im Sinne von § 18 Abs. 4 Satz 1 UStG zu entrichten, ist sein Ziel nur eine Schadenswiedergutmachung. Es gilt dann Folgendes:

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 414/15
vom
12. Januar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
ECLI:DE:BGH:2016:120116U1STR414.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Januar 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Radtke und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 28. April 2015 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 7. Mai 2014 verhängten Einzelstrafen und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren sowie wegen Steuerhinterziehung in sieben weiteren Fällen zu einer weiteren Gesamtstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der beiden Gesamtfreiheitsstrafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich die zuungunsten des Angeklagten eingelegte, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte und wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird.

I.


2
Sämtliche Steuerhinterziehungen stehen im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit des Angeklagten, dem Handel mit Navigationsgeräten für PKWs. Für die - nun einbezogenen - sieben Steuerhinterziehungen hatte das Amtsgericht Braunschweig Einzelstrafen zwischen drei Monaten und einem Jahr verhängt, eine Gesamtstrafe von zwei Jahren gebildet und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Strafkammer hat für die ersten vier Steuerhinterziehungen Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und einem Jahr verhängt und unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus der Verurteilung des Amtsgerichts Braunschweig und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe auf eine solche von zwei Jahren erkannt. Aus den weiteren sieben Taten, für die sie Freiheitsstrafen zwischen zwei Monaten und einem Jahr und zwei Monaten verhängt hat, wurde eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten gebildet. Die wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet die Strafzumessung der Einzelstrafen, der Gesamtfreiheitsstrafen sowie deren Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung.

II.


3
Die Revision ist unbegründet. Der Strafausspruch hält sachlichrechtlicher Überprüfung stand. Die Strafrahmenwahl ist fehlerfrei. Das Landgericht hat mit seiner Einzel- und Gesamtstrafbemessung sowie der Strafaussetzung zur Bewährung den vom Revisionsgericht hinzunehmenden Rahmen des Vertretbaren nicht unterschritten.
4
1. Die Strafzumessung der angegriffenen Einzelstrafaussprüche ist ohne Rechtsfehler. Die Strafzumessungserwägungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
5
a) Die zu Gunsten des Angeklagten getroffene Strafzumessungserwä- gung der Strafkammer, der Angeklagte sei „aufgrund des im Falle einer zu voll- streckenden Freiheitsstrafe zu erwartenden Verlusts seines Arbeitsplatzes be- sonders strafempfindlich“ (UA S. 52), ist nicht rechtsfehlerhaft.
6
Zwar trifft es zu, dass nachteilige Folgen für den Täter in der Regel nicht strafmildernd berücksichtigt werden dürfen, wenn er bei seiner Tat bestimmte Nachteile für sich selbst - zwar nicht gewollt, aber bewusst - auf sich genommen hat (BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 - 2 StR 168/05, wistra 2005, 458). Der Verlust seiner selbstständigen Tätigkeit, während deren Ausübung sich der Angeklagte der Steuerhinterziehung strafbar gemacht hat, durfte daher nicht als Strafmilderungsgrund herangezogen werden. Die Aufgabe des Gewerbebetriebs aber hat die Strafkammer auch nicht herangezogen. Vielmehr hat sie den zu erwartenden Verlust seiner abhängigen Beschäftigung berücksichtigt, die er am 28. März 2015 und damit erst nach der Verhaftung im vorliegenden Verfahren bei einem Zulieferer der Automobilindustrie begonnen hat (UA S. 8, 57). Diese berufliche Folge durfte die Strafkammer strafmildernd berücksichtigen; denn dieser Nachteil war bei Begehung der Steuerstraftaten nicht absehbar.
7
b) Die von der Strafkammer als strafmildernd gewertete Erwägung, bei der Art und Weise der Begehung der Taten sei eine besonders geringe kriminelle Energie zum Ausdruck gekommen, weil der Angeklagte „in dem Wissen, dass Ermittlungen gegen ihn geführt wurden (Taten 1 - 4) bzw. er unmittelbar zuvor wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden war und er im Falle der Nichtabgabe von Steuererklärungen mit einem Widerruf der Strafaussetzung aufgrund eines Verstoßes gegen die Weisung aus dem Bewährungsbeschluss zu rechnen hatte (Taten 5 - 11) sein eigen programmiertes Rechnungserstellungssystem , aus dem sämtliche Geschäftsvorfälle für die Steuerfahnder einfach abzulesen waren, weiterverwendet und gleichwohl keine Steuererklärun- gen abgegeben“ hat (UA S. 52), erweist sich unter keinem der Kontrolle der tatrichterlichen Strafzumessung durch das Revisionsgericht unterliegenden rechtlichen Gesichtspunkt als rechtfehlerhaft.
8
aa) Die Staatsanwaltschaft hat diese Erwägung mit der Begründung beanstandet , der Straftatbestand der Steuerhinterziehung in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO setze keine aktive Begehungsform voraus, sondern knüpfe an ein pflichtwidriges Unterlassen in Gestalt der Nichtabgabe der Steuererklärung an und nicht an eine diesem vorgelagerte Handlung. Deswegen sei in dieser strafmildernden Erwägung der Strafkammer eine Verletzung des Doppelverwertungsverbots des § 46 Abs. 3 StGB zu sehen.
9
bb) Es kann dahinstehen, ob das in § 46 Abs. 3 StGB statuierte Doppelverwertungsverbot in Einzelfällen außerhalb des Anwendungsbereichs von § 50 StGB auch einen Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten begründen kann. Die Anwendung von § 46 Abs. 3 StGB mag in den Fällen in Betracht zu ziehen sein, in denen Tatbestandsmerkmale eine mildernde Tendenz aufweisen. Ein solcher Rechtsfehler liegt hier aber nicht vor. Das Landgericht hat mit der von der Revision beanstandeten Strafzumessungserwägung nicht an Merkmale des verwirklichten Tatbestandes gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO angeknüpft. Die Strafkammer hat nämlich maßgeblich auf die nach ihrer Wertung bei der Art und Weise der Begehung der Taten zum Ausdruck gekommene besonders geringe kriminelle Energie abgestellt. Dabei handelt es sich nicht um ein „Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes“ im Sinne von § 46Abs. 3 StGB, sondern um die Berücksichtigung eines von § 46 Abs. 2 StGB gerade vorgesehenen Straf- zumessungsgesichtspunktes. Dessen Anwendung weist keinen der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegenden Fehler auf.
10
Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB bildet die Schuld des Täters die Grundlage für die Zumessung der Strafe. Aus § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB folgt das Gebot einer umfassenden Würdigung aller für und gegen den Täter sprechenden Umstände. Der bei der Tat aufgewendete Wille und die Art der Tatausführung sind in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB beispielhaft benannte Umstände zur Bemessung der Schuld. Beide Umstände kennzeichnen ggf. die große kriminelle Intensität, mit der ein Täter sein Ziel verfolgt. Diese der Tat regelmäßig vorgelagerten oder sie begleitenden Umstände können die Schuld des Täters charakterisieren (BGH, Urteil vom 14. Februar 1996 - 3 StR 445/95, BGHSt 42, 43, 44) und dürfen daher in der Strafzumessung verwendet werden. Das Doppelverwertungsverbot verbietet es dem Gericht nicht, bei der Strafzumessung die Modalitäten der Tatausführung im konkreten Fall, hier also die „Art der Ausführung“ und den „bei der Tat aufgewendete(n) Wille(n)“ (§ 46 Abs. 2 StGB) als Strafzumes- sungsgrund heranzuziehen. Die dem Unterlassen des Angeklagten vorgelagerten Umstände zieht die Strafkammer in ihren Strafzumessungserwägungen heran.
11
cc) Die durch die Strafkammer vorgenommene Wertung des Ausmaßes der aufgewendeten kriminellen Energie als gering und die dafür angeführte Begründung hält revisionsgerichtlicher Kontrolle stand.
12
Es ist Aufgabe des Tatgerichts, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BGH, Urteile vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 127 Rn. 17 mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (BGH, GS, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteile vom 12. Januar 2005 - 5 StR 301/04; vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 127 Rn. 17 mwN).
13
Zu der dem Tatrichter aufgegebenen, lediglich der beschriebenen eingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegenden Strafzumessung gehört auch die Bewertung, ob ein einzelner Umstand zumessungserheblich ist und welche Bewertungsrichtung ihm gegeben wird (BGH, GS, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 350). Auch die Bestimmung der Bewertungsrichtung eines vom Tatrichter als zumessungserheblich betrachteten Umstands prüft das Revisionsgericht lediglich auf Vertretbarkeit. Bei diesem Maßstab ist die Annahme der Strafkammer, eine vollständige oder leicht zu vervollständigende Buchhaltung - wie vorliegend beim Angeklagten - deute auf eine geringere kriminelle Energie hin, nicht zu beanstanden.
14
2. Die Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafen begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
15
a) Die Strafkammer durfte bei der Begründung der Gesamtfreiheitsstrafen auf die den Einzelstrafen zu Grunde liegenden Strafzumessungserwägungen Bezug nehmen. Zwar müssen bei diesem Zumessungsakt (§ 54 Abs. 1 Satz 2 StGB) die hierfür maßgebenden Gesichtspunkte in einer Gesamtschau erneut berücksichtigt werden; jedoch ist nicht in jedem Fall eine ausdrückliche Wiederholung in den Urteilsgründen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 1988 - 2 StR 353/88, BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 1 und Beschluss vom 15. August 1989 - 1 StR 382/89, BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung

4).

16
Die Strafkammer hat es vorliegend nicht bei einer Bezugnahme bewenden lassen, sondern hat zusätzliche Strafzumessungserwägungen getroffen. Sie hat auf das Gesamtgewicht der Taten abgestellt und berücksichtigt, dass alle Taten in einem situativen Kontext standen, also alle im Zusammenhang mit der damaligen gewerblichen Tätigkeit des Angeklagten und in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum - sowie einzelne Taten unter laufender Bewährung - begangen wurden, und der Gesamtsteuerschaden bei den jeweiligen Gesamtstrafen beträchtlich ist. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Eine darüber hinausgehende „Begründungstiefe“ ist, anders als die Staatsanwaltschaft meint, nicht zu fordern.
17
b) Hinweise darauf, dass die Gesamtfreiheitsstrafen deshalb jeweils die Dauer von zwei Jahren nicht übersteigen, um sie zur Bewährung aussetzen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 321 f.), lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen.
18
c) Nach den Urteilsgründen ist auszuschließen, dass die Strafkammer die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafbemessung bei Steuerschäden über einer Million übersehen haben könnte. Nach dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt „bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe“ eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 86).
19
Der Gesamtsteuerschaden betrug bei den beiden Gesamtstrafen 682.485 Euro bzw. 232.804 Euro. Die Kammer hat hierzu ausgeführt, dass sie sich bewusst sei, dass auch bei „unter der Millionengrenze liegenden Hinterzie- hungsbeträgen eine Freiheitsstrafe von über zwei Jahren in Betracht kommt, wenn die Umstände des Einzelfalls dies rechtfertigen“ (UA S. 56). Die Kammer habe, nachdem aufgrund der Zäsurwirkung der Vorverurteilung (UA S. 55) zwei Gesamtstrafen zu bilden waren, „ihren Blick auch auf die Schuldangemessen- heit des Gesamtstrafmaßes gerichtet und dabei insbesondere auch den Gesamtschaden von 915.289 Euro berücksichtigt“.
20
In Anbetracht dieser Umstände verfehlen die verhängten und durchaus milden Strafen ihre Funktion eines gerechten Schuldausgleichs nicht.
21
3. Der Revision bleibt der Erfolg auch versagt, soweit sie sich gegen die Aussetzung der erkannten Freiheitsstrafen zur Bewährung wendet.
22
Wie die Strafzumessung ist auch die Bewährungsentscheidung grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Gelangt dieses auf Grund der Besonderheiten des Falles zu der Überzeugung, dass die Strafaussetzung trotz des Unrechtsund Schuldgehalts der Tat nicht als unangebracht erscheint und nicht den allgemeinen vom Strafrecht geschützten Interessen zuwiderläuft, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich auch dann hinzunehmen, wenn eine gegenteilige Würdigung möglich gewesen wäre (BGH, Urteil vom 17. Januar 2002 - 4 StR 509/01, NStZ 2002, 312).
23
Die getroffene Bewährungsentscheidung wurde eingehend begründet und enthält keinen Rechtsfehler.
24
a) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht dem Angeklagten eine positive Sozialprognose gestellt hat, sind rechtlich nicht zu beanstanden.
25
Das Landgericht hat diese Prognose wesentlich auf die geänderten Lebensverhältnisse des Angeklagten gestützt. Insbesondere der Aufgabe des Gewerbebetriebs, der die Grundlage für die Begehung der Steuerstraftaten war, kam erhebliches Gewicht zu. Mit den sozialen Bindungen des Angeklagten und seiner festen Arbeitsstelle bildete dies eine tragfähige Grundlage für eine günstige Prognose. Eine solche hat die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussvortrag (UA S. 58) trotz des Bewährungsbruchs ebenfalls bejaht.
26
b) Die Annahme besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2StGB hält ebenfalls revisionsrechtlicher Prüfung stand.
27
Besondere Umstände sind Milderungsgründe von besonderem Gewicht, die eine Strafaussetzung trotz des Unrechts- und Schuldgehalts, der sich in der Strafhöhe widerspiegelt, als nicht unangebracht erscheinen lassen. Dazu können auch solche gehören, die schon für die Prognose nach § 56 Abs. 1 StGB zu berücksichtigen waren. Wenn auch einzelne durchschnittliche Milderungsgründe eine Aussetzung nicht rechtfertigen, verlangt § 56 Abs. 2 StGB jedoch keine „ganz außergewöhnlichen“ Umstände.Vielmehr können dessen Voraussetzungen sich auch aus dem Zusammentreffen durchschnittlicher Milderungsgründe ergeben (BGH, Beschluss vom 29. Juli 1988 - 2 StR 374/88, BGHR StGB § 56 Abs. 2 Umstände, besondere 7). Bei der Prüfung ist eine Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten vorzunehmen. Dabei sind die wesentlichen Umstände nachprüfbar darzulegen. Die ganz maßgeblich auf dem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck beruhende Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 12. Juni 2001 - 5 StR 95/01, StV 2001, 676 und vom 28. Mai 2008 - 2 StR 140/08, NStZ-RR 2008, 276 und Beschluss vom 27. Juni 2012 - 1 StR 201/12).
28
Diesem Prüfungsmaßstab genügen die Urteilsgründe. Das Landgericht hat über die im Rahmen der Prüfung des § 56 Abs. 1 StGB herangezogenen Umstände hinaus vor allem als besonderen Umstand berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht nur die für den Gewerbebetrieb eingesetzte betriebliche Abfindung in Höhe von 145.000 Euro verloren hat, sondern auch Schulden in sechsstelliger Höhe angehäuft hat, die ihn wirtschaftlich ruinieren, auch im Hinblick auf sein Alter und der Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern. Das pflichtgemäße Ermessen des Tatgerichts ist vorliegend auch nicht deshalb überschritten , weil die Strafkammer dem Angeklagten trotz seines Bewährungsversagens nochmals Bewährung gewährte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. März 2012 - 1 StR 100/12, NStZ-RR 2012, 201 und vom 10. November 2004 - 1 StR 339/04, NStZ-RR 2005, 38).
29
Die Strafkammer hat gesehen, dass der Angeklagte zum Urteilszeitpunkt noch keine Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2014 abgegeben hatte (UA S. 57), musste dies aber nicht zu seinem Nachteil werten. Dass der Angeklagte gewillt ist, dies zu tun, hatte er bereits durch seine früheren Bemühungen gezeigt, unter Einbindung eines Steuerberaters Steuererklärungen fertigen zu lassen. Nach den Feststellungen ist dies allein durch die Unvollständigkeit der an den Steuerberater übergebenen Belege und die damalige Überforderung des Angeklagten mit seiner selbstständigen Tätigkeit gescheitert (UA S. 46). Diese Hindernisse bestanden für den Erklärungszeitpunkt 2014 nach den Urteilsgründen (UA S. 57) aber nicht. Raum Graf Jäger Radtke Fischer

Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese nach § 235 Absatz 4 auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 407/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Detmold vom 30. März 2012 werden als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte B. wurde wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen , davon drei Fälle des Versuchs, zu einer Gesamtfreiheitstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Von der zeitlich ersten Tat abgesehen, hat er nach den Urteilsfeststellungen die Taten gemeinschaftlich mit dem Angeklagten M. begangen. Dieser wurde wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen, davon drei Fälle des Versuchs, ebenso zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
3
Der Angeklagte B. war alleiniger Gesellschafter der H. GmbH (künftig: H. ); der Angeklagte M. (formal) deren alleiniger Geschäftsführer.
4
Den Taten liegt im Kern zugrunde, dass in den für die H. abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. Dieser ging auf Scheinrechnungen mit Umsatzsteuerausweis zurück, die bei der H. entsprechend verbucht worden waren.
5
Zu Vorgeschichte und Ablauf der Taten ist Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte B. war Alleinverantwortlicher der HAB, die mit gebrauchten Baumaschinen handelte. Sie hatte wirtschaftliche Schwierigkeiten, als er Ende 2008/Anfang 2009 den Angeklagten M. kennenlernte. Dieser hatte ebenfalls wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mehrere von ihm geführte Unternehmen hatten Insolvenz anmelden müssen. Er war nach Verbüßung einer im Jahre 2003 wegen Umsatzsteuerhinterziehung (Schaden über 1,5 Mio. DM) verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten erwerbslos und musste von Angehörigen unterstützt werden. Die Angeklagten vereinbarten , künftig im Rahmen der H. gezielt Umsatzsteuer zu hinterziehen, „ähnlich wie M. … in der Vergangenheit“.
7
M. wurde nach der ersten Tat im Mai 2009 wegen der guten "Zusammenarbeit" zum (alleinigen) Geschäftsführer der H. bei einem Fixgehalt von 1.200 Euro netto bestellt. Von seiner Mitwirkung an den Steuerhinterziehungen abgesehen, hatte er mit den Geschäften der H. kaum zu tun, war in die Abgabe von Steuererklärungen nicht involviert und konnte nur begrenzt auf Firmenkonten zugreifen. „Eigentlicher Chef“ der H. war und blieb B. .
8
Durchgeführt wurden die Umsatzsteuerhinterziehungen wie folgt:
9
M. hatte und schuf Kontakte zu Verkäufern von Baumaschinen in den Niederlanden und erwarb dort Baumaschinen mit Bargeld, das ihm B. hierfür überlassen hatte. Dabei spiegelte M. den niederländischen Verkäufern vor, nicht für die H. , sondern für andere deutsche Firmen aufzutreten, sodass die Verkäufer ihre Ausgangsrechnungen auf die vermeintlich von M. vertretenen Firmen ausstellten. Als einer der Verkäufer mit der vermeintlich von M. vertretenen Firma in Kontakt treten wollte, sorgte M. dafür, dass ihn, „um die Legende nicht zu gefährden“, zu diesem Zweck der (hier wegen Beihilfe ebenfalls abgeurteilte, nicht revidierende) Mitangeklagte K. begleitete.
10
Soweit einzelne Baumaschinen in anderen EU-Ländern gekauft worden waren, war dort nicht M. , sondern ein Angestellter der H. mit Wissen und Wollen der Angeklagten so wie geschildert tätig geworden.
11
In der Buchhaltung der H. wurden hinsichtlich der Baumaschinenan- käufe Scheinrechnungen verbucht, aus denen sich „ein inländischer Erwerb ergab“. In den Rechnungsköpfen waren jeweils als Veräußerer verschiedene in Deutschland ansässige, allerdings nicht im Baumaschinenhandel tätige Firmen ausgewiesen.
12
Diese Scheinrechnungen „ließ(en) sich unter Ausnutzung von Kontakten des Angeklagten M. leicht“ erstellen. Er kannte den gesondert verfolgten I. , der aus früherer Tätigkeit über vorlagegeeignete Unterlagen dieser Firmen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen verfügte.
13
Auf der Grundlage von 194 Scheinrechnungen wurde vom ersten Quartal 2009 bis Dezember 2010 in insgesamt 20 Voranmeldungszeiträumen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht. Den in den Umsatzsteuervoranmeldungen bis einschließlich Mai 2010 und nochmals im Juli und August 2010 jeweils geltend gemachten Erstattungen erteilte das Finanzamt die Zustimmung und es kam zur Auszahlung seitens des Finanzamts. Wegen dieser Auszahlungen kam es bereits im Frühjahr 2010 zu einer Umsatzsteuersonderprüfung. Auch wenn sie zunächst keine konkreten Verdachtsmomente ergab, führte sie dazu, dass die H. nunmehr Belege (also die Scheinrechnungen) vorlegen musste. Deren Überprüfung führte letztlich dazu, dass für die Voranmeldungszeiträume September bis November 2010 der jeweils geltend gemachten Auszahlung von Guthaben nicht mehr zugestimmt wurde. In den letztlich vergeblichen Versuch, in diesem Zusammenhang das Finanzamt zu täuschen, war auf Initiative M. s erneut auch K. verwickelt.
14
In den Voranmeldungszeiträumen Juni und Dezember 2010 meldete die H. Zahllasten an, so dass es einer Zustimmung des Finanzamts in diesen Fällen nicht bedurfte.
15
Insgesamt belief sich der unberechtigt geltend gemachte Vorsteuerabzug auf über 1,3 Mio. Euro.
16
Im weiteren Verlauf wurde ein gegen die H. gerichteter Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen.
17
Die Revision des Angeklagten B. ist näher ausgeführt auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt, die Revision des Angeklagten M. auf die näher ausgeführte Sachrüge. Die Revisionen bleiben erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
18
I. Verfahrensrüge(n) des Angeklagten B. :
19
Das Vorbringen, „diverse“ Beweisanträge seien zurückgewiesen und Hilfsbeweisanträge „zum Teil“ nicht beschieden, genügt nicht den Anforderun- gen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und wäre unbegründet.
20
1. Die Strafkammer hat die von der Revision genannten Anträge mit einzelfallbezogener Begründung (z.B. wegen Bedeutungslosigkeit, Wahrunterstellung u.a.) abgelehnt.
21
Nach dem Revisionsvorbringen sollen sämtliche Beschlüsse im Kern (offenbar ) deshalb fehlerhaft sein, weil die Strafkammer die von ihr erhobenen Beweise nach Auffassung der Revision falsch gewürdigt hat. Insoweit, so die Revision selbst, „vermengt sich die … Prozessrüge mit der Sachrüge“. Auf die Ablehnung der einzelnen Anträge geht die Revision nur vereinzelt konkret ein.
22
Bei einer Reihe dieser Anträge handelte es sich nicht um Beweisanträge, sondern Beweisermittlungsanträge:
23
a) Der Antrag auf Vernehmung sämtlicher in der Anklage aufgeführten (§ 200 Abs. 1 Satz 2 StPO), aber noch nicht vernommenen Zeugen nennt kein Beweisthema. Auch verdeutlicht das Revisionsvorbringen entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht, um welche Zeugen es sich konkret handelt.
24
b) Der Zeuge W. sollte bekunden, er hätte „entweder bei einer Baufirma oder einer Nutzfahrzeugshandelsfirma“ Fahrzeuge abgeholt, und dabei im Auf- trag M. s entweder „in dessen eigenem oder fremden Namen“ gehandelt. Sind mehrere, sich gegenseitig ausschließende Tatsachen in das Wissen eines Zeugen gestellt, fehlt auch bei einem einheitlichen Beweisziel eine bestimmte Tatsachenbehauptung (BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN).
25
c) Der Antrag, zum Beweis des Herkunftsorts der Lieferungen des ersten Halbjahres 2009 die „entsprechenden Frachtpapiere“ zu verlesen,hätte erfordert , die einschlägigen Dokumente erst aus einer Vielzahl vergleichbarer Dokumente herauszusuchen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98 mwN).
26
d) Ob der Antrag auf erneute Vernehmung eines Zeugen ein Beweisantrag ist, hängt davon ab, wozu er bereits ausgesagt hatte (BGH, Urteil vom 21. März 2002 - 5 StR 566/01 mwN). Hierzu ist jedoch nichts vorgetragen.
27
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch Zurückweisung dieser Anträge (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN) ist weder ausdrücklich noch der Sache nach in zulässiger Form geltend gemacht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, was die Strafkammer zu weiteren Beweiserhebungen gedrängt hätte.
28
2. Die Behauptung, Hilfsbeweisanträge seien im Urteil übergangen, ist unbehelflich, da deren Inhalt nicht mitgeteilt ist.
29
3. Auch hinsichtlich der verbleibenden Anträge ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, aus dem insgesamt pauschal gehaltenen Revisionsvorbringen und den Urteilsgründen Teile herauszufiltern, die zu einer hinreichend angebrachten Rüge zusammengefügt werden könnten. Dann bestimmte statt des hierzu berufenen Revisionsführers das Revisionsgericht selbst den Gegenstand seiner Überprüfung.

30
4. Selbst wenn man - in welchem Umfang auch immer - einzelne Verfahrensrügen für zulässig erhoben hielte (was, wie dargelegt, zu verneinen ist), wären sie unbegründet, wie dies der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat.
31
II. Zur Sachrüge hinsichtlich des Schuldspruchs:
32
1. Die Auffassung (Revisionsbegründung M. ), der Umfang der hinterzogenen Steuern sei mangels hinreichender Darlegung nicht überprüfbar, ist unzutreffend. Jede Scheinrechnung ist tabellarisch aufgeführt, ebenso die darin ausgewiesene Umsatzsteuer. Auch ist für jeden Voranmeldungszeitraum die sich daraus ergebende Gesamtsumme zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuer ausdrücklich genannt.
33
2. Auch sonst sind die Schuldsprüche rechtsfehlerfrei.
34
a) Angeklagter B. :
35
Das Revisionsvorbringen zeigt die Möglichkeit einer den Angeklagten belastenden rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung nicht auf.
36
b) Angeklagter M. :
37
Die Strafkammer hat, ihren Beurteilungsspielraum bei der Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe (BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 5 StR 403/04) nicht überschritten. Zwar erbrachte M. seine Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der falschen Steuererklärungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86); aufgrund dieser Tatbeiträge kam ihm jedoch nach der rechtsfehlerfreien Wertung der Strafkammer eine „Schlüsselstellung“ bei den gemeinschaftlich geplanten Taten zu. Er verfügte über einschlägige Erfahrungen und die erforderlichen Kontakte und sorgte dafür, dass I. und K. die Taten unterstützten. Unter diesen Umständen brauchte die Strafkammer auch die Annahme von Mittäterschaft nicht breiter als geschehen zu begründen.
38
Auch sonst sind Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht ersichtlich.
39
III. Zur Sachrüge hinsichtlich der Strafaussprüche:
40
1. Zu den Strafrahmen:
41
Die Strafkammer hat die Strafrahmen nicht rechtsfehlerfrei bestimmt, jedoch ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten:
42
a) Täuscht der Täter, wie hier, steuermindernde Umstände vor, indem er nicht bestehende Vorsteuerbeträge geltend macht, liegt (hier auf den jeweiligen Anmeldungszeitraum bezogen) ab einem Betrag von 50.000 Euro eine Steuerverkürzung großen Ausmaßes (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) vor. Dies hat die Strafkammer nicht verkannt, sie hat jedoch rechtsfehlerhaft nicht auf die allein maßgebliche Summe des zu Unrecht anerkannten (bzw. in den Versuchsfällen: geltend gemachten) Vorsteuerabzugs abgestellt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 1 StR 579/11). Vielmehr hat sie darauf abgestellt, ob es „zu Auszahlungen in Höhe von mehr als 50.000 Euro gekommen war“.
43
b) Die Frage, ob und in welcher Höhe es zu Auszahlungen gekommen ist, sagt aber nichts über die Höhe der verkürzten Steuern aus. Vielmehr hängt die Höhe von Auszahlungen oder verbleibenden Zahllasten allein von der Höhe der gemäß § 16 Abs. 1 UStG berechneten Umsatzsteuer einerseits und der Höhe der insgesamt geltend gemachten Vorsteuerbeträge andererseits ab. In dieses Ergebnis (Saldo) können also auch wahrheitsgemäß geltend gemachte Vorgänge einfließen. Wahrheitsgemäße Angaben können aber auf die Höhe des durch falsche Angaben zu anderen Vorgängen verursachten Schadens keinen Einfluss haben.
44
c) Der aufgezeigte Mangel bei der Strafrahmenbestimmung bleibt hier im Ergebnis unschädlich. In den Fällen, in denen die Strafkammer von einer Steuerverkürzung großen Ausmaßes ausgegangen ist, lag der Verkürzungsbetrag stets über 50.000 Euro. Soweit die Strafkammer wiederholt, meist durch das Abstellen auf die Höhe der Auszahlungsbeträge (für die Abrechnungszeiträume zweites Quartal 2009, Dezember 2009, Februar 2010, Juni 2010, August 2010, September 2010, November 2010) zu Unrecht eine Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall verneint hat (zum Strafrahmen in den Versuchsfällen vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 1 StR 332/10 mwN), sind die Angeklagten nicht beschwert.
45
d) Soweit besonders schwere Fälle angenommen sind, bestehen zur subjektiven Seite (auch) des Angeklagten M. - anders als seine Revision meint - keine Bedenken. Er war bei der H. ausschließlich zum Zwecke der Steuerhinterziehung tätig und hat sie maßgeblich ermöglicht. Die Möglichkeit, dass sein Vorsatz eine Steuerhinterziehung in dem jeweilig gegebenen Umfang nicht umfasst hätte, liegt daher fern (in vergleichbarem Sinne BGH, Beschluss vom 26. März 2004 - 1 StR 567/03; Urteil vom 4. September 1996 - 2 StR 299/96), auch wenn er an der Erstellung der unrichtigen Steuererklärungen nicht unmittelbar beteiligt war. Fernliegende Möglichkeiten sind aber nicht erörterungsbedürftig.
46
2. Zur konkreten Strafzumessung:
47
a) Auch hierbei hat sich der aufgezeigte Mangel nicht zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt. In den meisten Fällen führte er dazu, dass die Strafkammer von einem zu niedrigen Hinterziehungsbetrag ausgegangen ist. Die für die Strafzumessung maßgebliche Größenordnung des Steuerschadens hat sich aber auch in den wenigen Fällen nicht verändert, in denen die Strafkammer von einem zu hohen Betrag ausgegangen ist.
48
b) Das Revisionsvorbringen des Angeklagten M. zeigt die Möglichkeit beschwerender Rechtsfehler nicht auf:
49
(1) Zu Unrecht nicht strafmildernd gewertetes Verhalten des Finanzamts ist nicht ersichtlich. Das Revisionsvorbringen im Zusammenhang mit der Sonderprüfung - so sei etwa ein gebotener Abgleich von Steuernummern unterblieben - kann auf sich beruhen. Ein Straftäter hat keinen Anspruch darauf, dass staatliche Stellen rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern. (Vorwerfbares) Verhalten des Steuerfiskus kann regelmäßig allenfalls dann zu einer milderen Beurteilung von Steuerhinterziehung führen, wenn es das Täterverhalten unmittelbar beeinflusst hat und die Tatgenese den staatlichen Entscheidungsträgern vorzuwerfen ist (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10 mwN). Hierfür spricht vorliegend nichts. Vielmehr haben die Ermittlungen des Finanzamtes den (die) Angeklagten nicht von der Fortsetzung des bisherigen strafbaren Verhaltens abgehalten. Dies spricht für besondere kriminelle Hartnäckigkeit, ergibt aber offensichtlich keine strafmildernden Gesichtspunkte.
50
(2) Vergeblich macht die Revision geltend, die Strafkammer habe die strafmildernde Bedeutung serienmäßiger Tatbegehung verkannt:
51
Eine strafmildernde Berücksichtigung serienmäßiger Tatbegehung kann vor allem dann zu erwägen sein, wenn die einzelnen Taten räumlich, zeitlich oder sonst besonders eng verschränkt sind. Dies ist hier nicht der Fall. Im Übrigen kann sich das Vorliegen einer Vielzahl gleichartiger Taten je nach den Umständen des Falles auf die Strafzumessung unterschiedlich auswirken (BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - 2 StR 130/91 mwN). Allein die zunehmende Gewöhnung an die Begehung gleichartiger Straftaten wäre aber nicht strafmildernd (BGH, Urteil vom 18. September 1995 - 1 StR 463/95). Anderes ist hier nicht ersichtlich.
52
Der Senat bemerkt, dass der Unwertgehalt von Steuerstraftaten maßgeblich auch durch die Höhe des Steuerschadens bestimmt ist. Da serienmäßige Tatbegehung bei Steuerstraftaten zu höherem Steuerschaden führt, hat sie regelmäßig strafschärfende Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2011 - 1 StR 459/11; Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08 jew. mwN).
53
(3) Die Revision meint, I. habe zwar einen „gleichgewichtigen oder gar noch gewichtigeren Tatbeitrag“ geleistet, sei aber dennoch bisher nicht angeklagt oder verurteilt worden. Dies hätte strafmildernd berücksichtigt werden müssen.
54
Die Urteilsgründe ergeben schon keine nachvollziehbare Grundlage für die genannte Gewichtung des Tatbeitrages von I. und bestätigen auch den behaupteten Verfahrensstand nicht.
55
Unabhängig davon hat aber der Stand eines Verfahrens gegen einen anderen Tatbeteiligten ohnehin für die Strafzumessung keine Bedeutung. Es gilt nichts anderes als hinsichtlich der Strafzumessung gegen Tatbeteiligte in anderen Urteilen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - 1 StR 282/11 mwN). Die Revision stützt ihre gegenteilige Auffassung auf Rechtsprechung zur Strafzu- messung gegen „Mauerschützen“ (BGH, Urteil vom 3.November 1992 - 5 StR 370/92) oder in vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 3. März 1993 - 5 StR 546/92), wonach auch eine Rolle spielte, dass damals hierarchisch übergeordnete Verantwortliche noch nicht abgeurteilt waren. Derartige Besonderheiten liegen hier nicht vor.
56
(4) Die Revision hält es unter Berufung auf BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01 für strafmildernd, dass der Angeklagte trotz seines verhältnismäßig geringen Beuteanteils gemäß § 71 AO als Haftungsschuldner für die gesamte hinterzogene Steuer herangezogen werden könne.
57
Der Senat teilt diese Auffassung nicht.
58
aa) § 71 AO hat Schadensersatzcharakter und ist keine zusätzliche Strafsanktion für steuerunehrliches Verhalten (vgl. zusammenfassend Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 71 Rn. 2 mwN). Letztlich muss derjenige, der sich an einer Steuerhinterziehung beteiligt, für den von ihm (mit)verschuldeten Schaden ebenso einstehen, wie sonst ein Beteiligter an einer unerlaubten Handlung auch (§ 830 BGB). Allein die gesetzliche Pflicht, schuldhaft - hier vorsätzlich - (mit)verursachten Schaden ersetzen zu müssen, kann sich jedenfalls regelmäßig nicht strafmildernd auswirken.
59
bb) Es entspricht auch nicht der sonstigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , möglicherweise wegen der Straftat (bzw. des Strafurteils) zu erwartenden behördlichen Anordnungen strafzumessungsrechtliche Bedeutung zuzuerkennen, wenn die Verwaltungsbehörde dabei die Umstände des Einzelfalls in ihre Entschließung einzubeziehen hat (st. Rspr.; zu möglichen ausländerrechtlichen Konsequenzen einer Verurteilung vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - 1 StR 407/11 mwN). Die Möglichkeit fachgerichtlicher Überprüfung dieser Maßnahmen schützt vor besonderen, vom Gesetzeszweck nicht umfassten Härten (BGH aaO).
60
Es liegt nahe, diese Grundsätze auch hier anzuwenden. Ein Haftungsbescheid gemäß §§ 71, 191 AO steht im Ermessen der Finanzbehörden (zu den dabei wesentlichen Gesichtspunkten vgl. Rüsken aaO § 191 Rn. 30 - 62 mwN). Eine entsprechende Entscheidung unterliegt finanzgerichtlicher Überprüfung ; dabei ist Besonderheiten des Einzelfalles erforderlichenfalls Rechnung zu tragen (vgl. nur BFH, Urteil vom 21. Januar 2004 - XI R 3/03; zu vorläufigem gerichtlichen Rechtsschutz vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 24. April 2012 - 2 V 233/11).
61
cc) Unabhängig davon käme eine strafmildernde Berücksichtigung einer möglichen Heranziehung gemäß § 71 AO allenfalls dann in Betracht, wenn der Angeklagte nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls tatsächlich mit seiner Heranziehung „rechnen muss“ (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01) und dies eine besondere Härte darstellen würde (vgl. BGH, Ur- teil vom 14. März 2007 - 5 StR 461/06). Anhaltspunkte für eine solche Prognose sind jedoch nicht erkennbar:
62
Der Angeklagte ist erwerbs- und vermögenslos. Daher würden ihn auch die praktischen Folgen eines Haftungsbescheides schwerlich in besonderem Maße belasten, selbst wenn das Finanzamt, das schon aus Zweckmäßigkeitserwägungen naheliegend auch berücksichtigt, bei wem der Steueranspruch „am schnellsten, leichtesten und sichersten realisiert werden kann“ (Rüsken aaO Rn. 60 mwN), einen solchen Bescheid gegen ihn erlassen sollte.
63
Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass fern liegende Möglichkeiten nicht erörtert werden müssen.
64
(5) Die Revision hält das Alter des (1949 geborenen) Angeklagten bei den Taten und bei einem (etwaigen) Strafantritt nicht für hinlänglich gewürdigt.
65
Das „fortgeschrittene Alter“ desAngeklagten ist bei der Strafzumessung genannt. Weitere Ausführungen waren nicht geboten.
66
Im Alter von 60 und 61 Jahren begangene Steuerhinterziehungen im Rahmen eines hierfür selbst geschaffenen komplexen Systems sprechen gegen einen für das Maß der Schuld und damit die Strafzumessung bedeutsamen Altersabbau. Dies gilt umso mehr bei einem Angeklagten, der gleichartige Taten auch schon früher begangen hat (BGH, Urteil vom 11. August 1998 - 1 StR 338/98 mwN).

67
Die Verbüßung einer längeren Freiheitsstrafe hat den Angeklagten nicht von einschlägigen neuen Taten abgehalten. Ohne konkrete Anhaltspunkte musste daher hier nicht allein wegen des Zeitablaufs seit der letzten Strafverbüßung erwogen werden, ob er jetzt gleichwohl durch den Strafvollzug voraussichtlich besonders stark beeindruckbar (haftempfindlich) sein könnte.
68
Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass das Alter des Angeklagten hier die Erörterung seiner Chance, zu Lebzeiten „wieder der Freiheit teilhaftig zu werden“ (BGH, Urteil vom 27. April 2006 - 4 StR 572/05 mwN), erfordert hätte.
69
(6) Die Auffassung der Revision, für die Bemessung der Dauer des - angesichts seiner aus den Urteilsgründen ersichtlichen Komplexität ohne erkennbare Verzögerung durchgeführten - Verfahrens sei der Beginn des strafbaren Verhaltens maßgeblich, liegt neben der Sache.
70
(7) Gleiches gilt für die Ausführungen zu einer „Nähe der Tilgungsreife“ hinsichtlich der Vorstrafe. Diese wäre selbst bei straffreiem Verhalten erst 2020 tilgungsreif geworden (§ 46 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3, § 47 Abs. 3 BZRG).
71
(8) Schließlich gehen auch die Angriffe dagegen fehl, dass der Angeklagte ebenso hoch bestraft wurde wie der Angeklagte B. . Die Strafkammer hat insoweit zusammenfassend erwogen, dass B- zwar ein „größeres Eigeninteresse“ an den Taten hatte, also hiervon erheblich mehr pro- fitierte, dafür aber nicht vorbestraft ist. Die Ausführungen der Revision erschöpfen sich in dem unbehelflichen Versuch, rechtsfehlerfreies tatrichterliches Ermessen durch eigenes Ermessen zu ersetzen.
72
3. Auch sonst sind keine die Angeklagten beschwerenden rechtsfehlerhaften Strafzumessungserwägungen ersichtlich.

RiBGH Hebenstreit ist in den Ruhestand getreten und daher an der Unterschrift gehindert. Nack Wahl Nack Jäger Sander

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 373/15
vom
27. Oktober 2015
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
Ein großes Ausmaß im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO liegt bei jeder Steuerhinterziehung
über 50.000 Euro vor (Fortentwicklung von BGHSt 53, 71).
BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 StR 373/15 - LG Mannheim
in der Strafsache
gegen
ECLI:DE:BGH:2015:271015U1STR373.15.0

wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. Oktober 2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Radtke, Prof. Dr. Mosbacher und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 16. April 2015 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt , von denen zwei Monate als Kompensation für eine rechtswidrige Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe hat das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt.
2
Gegen das Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte in den Jahren 2000 bis 2004 in der Pizzeria seines Onkels F. angestellt, die dieser als Einzelunternehmer betrieb. Um gegenüber der Finanzverwaltung niedrige Umsätze bzw. Gewinne zu dokumentieren, ließ F. durch den Angeklagten oder einen seiner anderen Angestellten einen Teil seiner Umsätze in den Registrierkassen vor Ausdruck des Bons löschen. Darüber hinaus rechnete er mit dem Lieferanten Teile seines Einkaufs bar ab, über den anderen Teil ließ er Rechnungen ausfertigen, die für die Buchhaltungsunterlagen bestimmt waren. Zumindest für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 und die Voranmeldungszeiträume April 2004 und Mai 2004 gab F. sodann Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sowie Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer- und Einkommensteuerklärungen ab, in denen er Teile seiner Umsätze verschwieg bzw. zu niedrige Gewinne aus Gewerbebetrieb angab.
4
Nachdem diese Manipulationen durch die Steuerfahndung bei einer Betriebsprüfung entdeckt worden waren, ergingen geänderte Steuerbescheide mit hohen Steuernachforderungen. F. veräußerte den Betrieb nun an den Angeklagten, wobei sie vereinbarten, das bisherige System der Steuerhinterziehung unverändert fortzuführen.
5
Der Angeklagte übernahm die Pizzeria als Betriebsinhaber und wesentliche Geschäftsführeraufgaben, trat gegenüber dem Finanzamt, den Lieferanten und den Kunden als leistender Unternehmer auf, war Ansprechpartner für das Personal, entnahm wesentliche Teile der Gewinne für eigene Zwecke und manipulierte die Registrierkassen. In Absprache mit F. gab er für die Veranlagungszeiträume 2006 und 2007 falsche Einkommensteuer-, Gewerbesteuer - und Umsatzsteuerjahreserklärungen ab und für Januar 2008 bis Mai 2009 unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen. Die Steuererklärungen für das Jahr 2006 gingen am 10. Oktober 2007, die für das Jahr 2007 am 6. November 2008 beim Finanzamt ein.
6
Bezogen auf den Veranlagungszeitraum 2006 verkürzte der Angeklagte Umsatzsteuer in Höhe von 25.151 Euro. Hiervon zog die Strafkammer für die Strafzumessung Vorsteuern in Höhe von 3.960 Euro ab und legte insoweit einen Betrag von 21.191 Euro zugrunde. Unter Hinzurechnung hinterzogener Gewerbesteuer von 17.446 Euro ergab sich für die Strafkammer für dieses Jahr insgesamt ein strafzumessungsrelevanter Steuerschaden von 38.637 Euro. Die Verfolgung der Einkommensteuerhinterziehung für den Veranlagungszeitraum 2006 wurde nach § 154a Abs. 1 StPO behandelt.
7
Für den Veranlagungszeitraum 2007 verkürzte der Angeklagte Umsatzsteuer in Höhe von 53.830 Euro. Der Strafzumessung legte die Strafkammer unter Abzug von Vorsteuern in Höhe von 8.578 Euro einen Betrag von 45.252 Euro zugrunde. Unter Hinzurechnung hinterzogener Gewerbesteuer von 35.356 Euro ergab sich für die Strafkammer für dieses Jahr insgesamt ein strafzumessungsrelevanter Steuerschaden von 80.610 Euro. Die Verfolgung der Einkommensteuerhinterziehung für den Veranlagungszeitraum 2007 wurde ebenfalls nach § 154a Abs. 1 StPO behandelt.
8
Mit den 17 unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen bewirkte der Angeklagte insgesamt eine Verkürzung von Umsatzsteuer in Höhe von 60.858 Euro.
9
2. Die unrichtigen Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2006 wie auch für den Veranlagungszeitraum 2007 hat die Strafkammer jeweils als tateinheitlich begangene (§ 52 StGB) Steuerhinterziehung jeweils nach § 370 Abs. 1 AO gewertet.
10
3. Für den Veranlagungszeitraum 2007 hat die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung ausgehend von der Annahme, dass das Regelbeispiel einer Steuerverkürzung in großem Ausmaß (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) verwirklicht sei, einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung angenommen. Sie hat insoweit eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verhängt, die zugleich die Einsatzstrafe bildet.
11
Die Steuerhinterziehung betreffend den Veranlagungszeitraum 2006 hat die Strafkammer mit einer Freiheitsstrafe von acht Monaten und die 17 Fälle der Jahre 2008 bis 2009 jeweils mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten geahndet.

II.

12
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
13
Die Verfahrensrüge bleibt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen erfolglos.
14
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
15
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
16
a) Im Rahmen der gewerbesteuerrechtlichen Prüfung ist die Strafkammer ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass der Angeklagte nach außen als Geschäftsinhaber (mit unbeschränkter Vertretungsmacht), also als Unternehmer im eigenen Namen, aufgetreten ist. Er war zur Gewerbesteuer zu veranlagen , weil er das Gewerbe führte.
17
Rechtsfehlerfrei hat die Strafkammer den Angeklagten auch als zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen verpflichteten Unternehmer (§ 18 UStG) angesehen.
18
Zur Abgabe solcher Erklärungen ist in der Regel der Unternehmer verpflichtet , der die Leistung erbracht hat. Dies ist regelmäßig derjenige Unternehmer , der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausgeführt hat. Auch ein Strohmann, der nach außen im eigenen Namen auftritt, im Verhältnis zum Hintermann jedoch auf dessen Rechnung handelt, kann daher leistender Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein. Vorgeschobene Strohmanngeschäfte zwischen einem Strohmann und dem Leistungsempfänger sind hingegen dann umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich, wenn sie nur zum Schein (vgl. § 41 Abs. 2 AO) abgeschlossen sind, mithin die Vertragsparteien - der Strohmann und der Leistungsempfänger - einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2015 - 1 StR 216/14, NStZ 2015, 283, 285, vom 8. Juli 2014 - 1 StR 29/14, NStZ-RR 2014, 310, 312, vom 5. Februar 2014 - 1 StR 422/13, wistra 2014, 191 und vom 1. Oktober 2013 - 1 StR 312/13, NStZ 2014, 331, 333, jeweils mwN).
19
Ausgehend von diesem Maßstab war der Angeklagte als leistender Unternehmer anzusehen; denn die Rechtswirkungen der Geschäfte sollten zwischen ihm und den Gästen bzw. den Lieferanten der Pizzeria eintreten.
20
b) Die Annahme der Strafkammer, die Hinterziehungen von Gewerbeund Umsatzsteuer für die Veranlagungszeiträume 2006 und 2007 stünden jeweils zueinander in Tateinheit (§ 52 StGB), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
21
Die Abgabe jeder einzelnen unrichtigen Steuererklärung ist zwar grundsätzlich als selbständige Tat im Sinne von § 53 StGB zu werten. Von Tatmehrheit ist also auszugehen, wenn die abgegebenen Steuererklärungen verschiedene Steuerarten, verschiedene Besteuerungszeiträume oder verschiedene Steuerpflichtige betreffen. Jedoch liegt ausnahmsweise Tateinheit vor, wenn die Hinterziehungen durch dieselbe Erklärung bewirkt werden oder wenn mehrere Steuererklärungen durch eine körperliche Handlung gleichzeitig abgegeben werden. Entscheidend dabei ist, dass die Abgabe der Steuererklärungen im äußeren Vorgang zusammenfällt und überdies in den Erklärungen übereinstimmende unrichtige Angaben über die Besteuerungsgrundlagen enthalten sind (BGH, Beschlüsse vom 21. Mai 1985 - 1 StR 583/84, BGHSt 33, 163, vom 5. März 1996 - 5 StR 73/96, wistra 1996, 231 und vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, NStZ 2011, 294; Urteile vom 28. Oktober 2004 - 5 StR 276/04, NStZ-RR 2005, 53, 56 und vom 24. November 2004 - 5 StR 220/04, NStZ 2005,

516).

22
Übereinstimmende unrichtige Angaben im Sinne dieser Rechtsprechung liegen häufig im Verhältnis von Einkommensteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerhinterziehung vor (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 1996 - 5 StR 73/96, wistra 1996, 231); denn hier werden übereinstimmende unrichtige Angaben regelmäßig deshalb abgegeben, weil der Täter sich bei unterschiedlichen Angaben über die steuerlich erheblichen Tatsachen in den verschiedenen Steuererklärungen, die letztlich jeweils denselben Lebenssachverhalt betreffen, einem erhöhten Entdeckungsrisiko aussetzen würde (BGH, Beschluss vom 5. März 1996 - 5 StR 73/96, wistra 1996, 231).
23
Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15EStG) unterliegt der Gewinn - auch Gewinnanteile - der Einkommensteuer (§ 2 Abs. 1 EStG). Die Höhe des Umsatzes, an den die Umsatzsteuer anknüpft (§ 10 UStG), ist wiederum ein entscheidender Faktor für die Höhe des aus dem Gewerbebetrieb erzielten Gewinns. Der für die Gewerbesteuer maßgebliche Gewerbeertrag knüpft wiederum an die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes über die Gewinnermittlung an (§ 7 GewStG).
24
2. Der Strafausspruch lässt im Ergebnis keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen.
25
a) Rechtsfehlerfrei hat die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung zunächst die hinterzogenen Umsatz- und Gewerbesteuern für das Jahr 2007 addiert. Bei mehrfacher tateinheitlicher Verwirklichung des Tatbestandes der Steuerhinterziehung ist das "Ausmaß" des jeweiligen Taterfolges zu addieren, da in solchen Fällen eine einheitliche Handlung im Sinne des § 52 StGB vorliegt , die für die Strafzumessung einer einheitlichen Bewertung bedarf (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 85).
26
b) Die Strafkammer hat auch das Regelbeispiel (§ 370 Abs. 3 AO) rechtsfehlerfrei bestimmt.
27
Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung stellt in § 370 Abs. 3 Satz 1 AO für besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe zur Verfügung. Ein besonders schwerer Fall liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der Regel vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Vorteile erlangt.
28
Die Strafkammer hat für den Veranlagungszeitraum 2007 einen besonders schweren Fall nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO angenommen. Sie ist davon ausgegangen, dass die Schwelle zur Hinterziehung "in großem Ausmaß" bereits dann überschritten ist, wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt steuerlich erhebliche Tatsachen verschweigt und den Steueranspruch damit in einer Höhe von mehr als 50.000 Euro gefährdet. Nach der bisher geltenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt die Wertgrenze in Fällen dieser Art allerdings bei 100.000 Euro.
29
aa) Nach dieser Rechtsprechung, die der Senat seit der Grundsatzentscheidung vom 2. Dezember 2008 (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 84 ff.) mehrfach bestätigt und fortgeschrieben hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juli 2010 - 1 StR 332/10, wistra 2010, 449, vom 5. Mai 2011 - 1 StR 116/11, NStZ 2011, 643, 644, vom 5. Mai 2011 - 1 StR 168/11, vom 12. Juli 2011 - 1 StR 81/11, wistra 2011, 396, vom 29. November 2011 - 1 StR 459/11, wistra 2012, 151, vom 15. Dezember 2011 - 1 StR 579/11, NStZ 2012, 331, vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12, wistra 2013, 67, vom 26. September 2012 - 1 StR 423/12, wistra 2013, 31 und vom 22. November 2012 - 1 StR 537/12, wistra 2013, 1999 sowie Urteile vom 21. August 2012 - 1 StR 257/12, wistra 2013, 28, vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, wistra 2012, 236 und vom 22. Mai 2012 - 1 StR 103/12, wistra 2012, 350), ist das nach objektiven Maßstäben zu bestimmende Merkmal des Regelbeispiels "in großem Ausmaß" dann erfüllt, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 Euro übersteigt. Beschränkt sich das Verhalten des Täters aber darauf, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und führt das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs, soll die Wertgrenze bei 100.000 Euro liegen.
30
Mit Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 1 StR 579/11, NStZ 2012, 331, 332, hat der Senat seine Rechtsprechung weiter präzisiert:
31
Die Wertgrenze liegt bei 100.000 Euro, "wenn der Steuerpflichtige zwar eine Steuerhinterziehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) begeht, indem er eine unvollständige Steuererklärung abgibt, er dabei aber lediglich steuerpflichtige Einkünfte oder Umsätze verschweigt … und allein dadurch eine Gefährdung des Steueranspruchs herbeiführt".
32
bb) An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht fest. Aus folgenden Erwägungen ist eine einheitliche Wertgrenze von 50.000 Euro angemessen.
33
(1) Eine einheitliche Wertgrenze von 50.000 Euro gilt entsprechend bei den Regelbeispielen des Herbeiführens eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes der §§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 1. Var., 263a Abs. 2, 264 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, 266 Abs. 2, 300 Satz 2 Nr. 1 StGB.
34
Zwar hatte der Senat in seiner Grundsatzentscheidung (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, wistra 2009, 107) ausgeführt, der Umstand, dass sich die Betragsgrenze von 50.000 Euro bei § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO an derjenigen des Vermögensverlustes großen Ausmaßes im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB orientiere, bedeute zugleich, dass - ähnlich wie beim Betrug - zwischen schon eingetretenem Vermögensverlust und einem Gefährdungsschaden zu differenzieren sei.
35
Diese Erwägung berücksichtigt aber nicht hinreichend, dass ein vollendeter Betrug bereits dem Wortlaut nach den Eintritt eines Vermögensschadens voraussetzt; dies gilt auch für die Fälle der "schadensgleichen Vermögensgefährdung" (vgl. auch Fischer, StGB 62. Aufl., § 263 Rn. 159 mwN, MüKoStGB/Hefendehl, StGB 2. Aufl., § 263 Rn. 588 ff.). Für den Tatbestand der Steuerhinterziehung genügt dagegen eine tatbestandliche Gefährdung des Steueraufkommens.
36
Steuerhinterziehung und Betrug sind nicht uneingeschränktvergleichbar (dazu näher BGH, Beschluss vom 22. November 2012 - 1 StR 537/12, BGHSt 58, 50, 54 ff. Rn. 12-18), weil die Steuerhinterziehung gegenüber dem Betrugstatbestand "strukturelle Unterschiede" aufweist (MüKoStGB/Schmitz/Wulf AO 2. Aufl., § 370 Rn. 479).
37
§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO fordert für eine Steuerverkürzung lediglich eine nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig erfolgte Steuerfestsetzung, nicht aber den Eintritt eines Vermögensverlusts beim Fiskus (BGH aaO BGHSt 58, 50, 56 f. Rn. 15 f. mit zahlr. Nachw.). Die Gefährdung des durch die Verwirklichung des materiellen Besteuerungstatbestands entstandenen Steueranspruchs durch die infolge einer Tathandlung im Sinne von § 370 Abs. 1 AO unterbliebene , zu niedrige oder nicht rechtzeitig erfolgte Steuerfestsetzung genügt für die Erfüllung des Straftatbestands unabhängig davon, ob das "staatliche Vermögen" dadurch gemindert worden ist oder letztlich gar keine Zahllast des Steuerpflichtigen festzusetzen ist (BGH aaO BGHSt 58, 50, 56 Rn. 16, vgl. auch MüKoStGB/Schmitz/Wulf AO 2. Aufl., § 370 Rn. 11, 81). Darin liegt der Unterschied zum Betrugstatbestand, dessen Vollendung u.a. eine Vermögensverfügung und spiegelbildlich hierzu einen eingetretenen Vermögensschaden voraussetzt.
38
(2) Das Gesetz unterscheidet damit in § 370 AO nicht zwischen der Gefährdung des Steueranspruchs und dem Eintritt des Vermögensschadens beim Staat. Diese Gleichsetzung findet ihre Rechtfertigung darin, dass die falsche Steuerfestsetzung nahezu immer zu einem Schaden führen wird (vgl. MüKoStGB/Schmitz/Wulf AO 2. Aufl., § 370 Rn. 12), weil eine nicht festgesetzte Steuer auch nicht beigetrieben werden kann und darf.
39
Vor diesem Hintergrund zwischen Gefährdungsschaden und eingetretenem Schaden zu differenzieren, ist deshalb nicht gerechtfertigt (vgl. Rolletschke/Roth wistra 2012, 216, 217; Stam NStZ 2013,144, 146; Fischer StGB 62. Aufl., § 263 Rn. 263).
40
Steht aber die Gefährdung des Steueranspruchs dem beim Fiskus eingetretenen Schaden bei der Tatbestandserfüllung qualitativ gleich, ist die Verdoppelung des Schwellenwerts bei dem sog. Gefährdungsschaden nicht zu begründen (so auch Stam aaO, S. 146; Fischer aaO § 263 Rn. 265).
41
(3) Eine einheitliche Wertgrenze von 50.000 Euro gewährleistet zudem mehr Rechtssicherheit, weil sich die Differenzierung zwischen nicht erklärten Steuererhöhungsbeträgen und zu Unrecht geltend gemachten Steuerminderungsbeträgen und die auf Elemente des Erfolgsunrechts (Höhe des Steuerschadens ) und auf Elemente des Handlungsunrechts (unterschiedlicher Gehalt des Handlungsunrechts) gestützte und deshalb schwierige Abgrenzung erübrigt , in welchen Fällen der niedrigere und in welchen Fällen der höhere Grenzwert gilt (vgl. MüKoStGB/Schmitz/Wulf AO 2. Aufl., § 370 AO Rn. 479, Grießhammer , NZWiSt 2012, 155 ff., Ochs/Wargowske, NZWiSt 2012, 369, 370).
42
Das Merkmal "in großem Ausmaß" ist in diesem Sinne erfolgsbezogen, weil es an der Höhe der verkürzten Steuer betragsmäßig anknüpft. Aus dem erfolgsbezogenen würde andernfalls ein handlungsbezogenes Merkmal, wenn der das Regelbeispiel begründende, typischerweise erhöhte Unrechts- und Schuldgehalt nicht mehr aus dem Umfang des Taterfolgs, sondern aus der Art seiner Herbeiführung hergeleitet wird. Die Unterscheidung nach der Art und Weise der Hinterziehung von Steuern ist mit dem auf den Taterfolg abstellenden Regelbeispiel schon von seinem Wortlaut her nicht ohne Weiteres vereinbar. Es ist für den Taterfolg ohne Relevanz, ob der Täter dem Finanzamt Umsätze verschweigt, seine Buchhaltung entsprechend abstimmt und dadurch eine Steuerentlastung generiert oder ob er dieses Ziel durch Vortäuschen von Betriebsausgaben erreicht. Die Art seines manipulativen Verhaltens - zum Beispiel die Vorlage falscher Belege beim Finanzamt oder das teilweise Löschen von Umsätzen vor Ausdruck der Bons durch die Registrierkassen oder der Einkauf ohne Rechnung gegen Barzahlung - findet ihren Platz bei der Gesamtwürdigung im Rahmen der Prüfung, ob die "Indizwirkung" des Regelbeispiels entkräftet wird oder umgekehrt bei Nichterreichen der Wertgrenze ein unbenannter besonders schwerer Fall anzunehmen ist.
43
Die ausschließliche Ausrichtung am Ausmaß des Taterfolgs vermeidet beliebige Ergebnisse, weil es eine Frage des Einzelfalls ist, ob das Vortäuschen von Betriebsausgaben oder Vorsteuerbeträgen zu ungerechtfertigten Steuererstattungen oder dem scheinbaren Erlöschen bestehender Steuerforderungen führt. So kann eine Zahllast des Finanzamts, also der sogenannte "Griff in die Kasse des Staates", nicht nur durch das Vortäuschen von Betriebsausgaben oder einer Vorsteuerabzugsberechtigung entstehen, sondern ebenso durch Verschweigen von Betriebseinnahmen oder Umsätzen.
44
Der Steuerpflichtige erreicht eine zu niedrige Zahllast gleichermaßen durch Manipulationen bei den Betriebsausgaben, der Vorsteuerabzugsberechtigung , den Betriebseinnahmen oder Umsätzen. Bei unterschiedlichen Schwel- lenwerten würde, anders als im Falle einer Zahllast des Finanzamts, nach der Art der Manipulation differenziert, obwohl nicht sie, sondern ihr Umfang darüber entscheidet, ob es zu einer zu geringen Zahllast des Steuerpflichtigen und damit zu einem Gefährdungsschaden oder zu einer Zahllast des Finanzamts mit einem damit verbundenem Vermögensschaden kommt.
45
cc) Für den Tatrichter verbleibt auch bei einer einheitlichen Wertgrenze von 50.000 Euro ausreichend Spielraum, um den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen (Rolletschke/Roth, wistra 2012, 216, 218).
46
Hierzu hat der Senat in seiner Grundsatzentscheidung bereits angemerkt (BGHSt 53, 71, 88), dass die Bejahung bzw. Verneinung des Regelbeispiels in einem ersten Prüfungsschritt bei der Strafrahmenwahl bedeutet, dass - wie bei sonstigen Regelbeispielen auch - in einem zweiten Schritt zu prüfen ist, ob die Besonderheiten des Einzelfalls die Indizwirkung des Regelbeispiels entkräften. In diesem Zusammenhang spielen die vorgenannten handlungsbezogenen Gesichtspunkte eine entscheidende Rolle. In ihrem Licht hat der Tatrichter zu beurteilen , ob die Indizwirkung des Regelbeispiels durchgreifen kann.
47
Bei Bejahung eines Regelbeispiels verbleibt die Möglichkeit, innerhalb des Strafrahmens die konkrete Einzelstrafe wegen des Eintritts eines bloßen Gefährdungsschadens niedriger oder wegen eines Steuerverlusts höher anzusetzen (Rolletschke/Roth, aaO, S. 218); auch Geständnis, lange Verfahrensdauer , Nachzahlung der verkürzten Steuern, Steuerhinterziehungen, die sich erst nach Anwendung des Kompensationsverbots ergeben (Pflaum, wistra 2012, 376, 377), der Aufbau besonderer unternehmerischer Strukturen, um den steuerunehrlichen Handel zu betreiben, raffinierte Manipulationen und Relation von Geschäftsvolumen und Steuerschaden (Jäger in Klein, AO 12. Aufl., § 370 Rn. 282), können als Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt werden.
48
Im vorliegenden Fall hat die Strafkammer bei der Prüfung der Frage, ob die "Indizwirkung" des Regelbeispiels entkräftet wird, rechtsfehlerfrei ein Absehen von der Anwendung des Regelstrafrahmens deshalb verneint, weil die Taten Seriencharakter aufweisen und weil der Verurteilte die Kasse des Betriebs bereits seit dem Jahr 2000 regelmäßig manipulierte und "mit besonderer Dreistigkeit" das System der Steuerhinterziehung trotz Aufdeckung durch die Steuerfahndung unverändert weitergeführt hat.

III.

49
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. Raum Jäger Radtke Mosbacher Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 103/12
vom
22. Mai 2012
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________
1. Auch bei einer gewerbsmäßigen Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben
nach § 373 AO in Millionenhöhe kommt eine zwei Jahre nicht überschreitende Freiheitsstrafe
nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht.
2. Sowohl beim Schmuggel nach § 373 AO wie auch bei der Steuerhinterziehung
nach § 370 AO ist es dabei ohne Bedeutung, ob die Millionengrenze durch eine einzelne
Tat oder erst durch mehrere gleichgelagerte Einzeltaten erreicht worden ist.
(Fortführung von BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71
und BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11).
BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - 1 StR 103/12 - LG Hamburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gewerbsmäßigen Schmuggels u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Mai 2012,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin - beide in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten J. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 1. November 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen gewerbsmäßigen Schmuggels in 32 Fällen und wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Den Angeklagten J. hat es des gewerbsmäßigen Schmuggels in 32 Fällen schuldig gesprochen und ihn unter Auflösung einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren aus einem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. November 2010 und Einbeziehung der dieser zugrundeliegenden Einzelstrafen erneut zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es wiederum zur Bewährung ausgesetzt hat.
2
Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten, auf die Sachrüge gestützten und den Straf- ausspruch beschränkten Revisionen. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg und führen - bei unwirksamer Rechtsmittelbeschränkung - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt.

I.

3
1. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lassen sich noch folgende Feststellungen entnehmen:
4
Die Angeklagten importierten „im bewussten und arbeitsteiligen Zusam- menwirken“ und „mit Unterstützung der gesondert Verfolgten Z. und L. “ sowie, um sich eine zusätzliche Einkommensquelle zu verschaffen, Mobiltelefone und MP-Player aus der Volksrepublik China nach Deutschland und veräußerten „diese Unterhaltungselektronik“ (UA S. 12) in Deutschland sodann über Inter- netplattformen. Bei der Einfuhr gestellten sie die elektronischen Geräte nicht, sondern meldeten lediglich Tarnware an und verkürzten dadurch Einfuhrumsatzsteuer und Zoll. Die auf die Veräußerung der Geräte anfallende Umsatzsteuer wurde ebenfalls nicht angemeldet.
5
a) Zum gewerbsmäßigen Schmuggel
6
In einem Fall im Februar 2009 sowie in 30 Fällen im Januar und Februar 2010 (Fälle 1 bis 31 der Urteilsgründe) führten die Angeklagten Mobiltelefone (nachgebaute IPhones) aus der Volksrepublik China per See- oder Luftfracht nach Deutschland ein, ohne die jeweils anfallende Einfuhrumsatzsteuer (in Hö- he von rund 205.000 €) zu entrichten. Die Mobiltelefone waren in funktionslose Netzteile verpackt und wurden beim Zoll entsprechend als Netzteile deklariert. Die Einfuhr erfolgte - mit Ausnahme eines den Februar 2009 betreffenden Falles - über eine in Hamburg ansässige D. GmbH, „deren Geschäftsführer ein Zh. war“ (UA S. 13) und für die der Angeklagte G. Büroräume angemietet, ein Konto in China eröffnet und Bestellungen in China vorgenommen hat.
7
Im Februar 2009 (Fall 26 der Urteilsgründe) erfolgte die Einfuhr der Mobiltelefone über eine ebenfalls in Hamburg ansässige Firma O. GmbH, deren zunächst formeller (vgl. UA S. 12) und sodann faktischer Geschäftsführer (vgl. UA S. 14) der Angeklagte J. war. Die O. GmbH „war Teil einer von China aus handelnden Vertriebsorganisation für den europäischen Raum“ (UA S. 10). Der AngeklagteJ. und der gesondert Verfolgte Z. „veranlassten die Überweisungen der aus den Verkäufen verein- nahmten Entgelte nicht nur auf das Firmenkonto …, sondern zur Verschleierung der Geldflüsse“ auch auf Konten „von Strohleuten aus der Bekanntschaft des Z. “ (UA S. 10). Für diese Firma war der Angeklagte G. seit Anfang des Jahres 2007 zunächst von China aus tätig; er kaufte dort „insbesonde- re Maniküreartikel und Hundehalsbänder“ (UA S. 12). Ende Mai 2009 kam der Angeklagte G. , der zuvor in Deutschland drei Semester Volkswirtschaft studiert hatte und sich auch in der Zwischenzeit immer wieder für kurze Zeit in Deutschland aufhielt, dauerhaft nach Deutschland. Für die O. GmbH übernahm er zunächst nur Empfang und Weiterversand der Mobil- telefone, später „auch die Lagerverwaltung“ (UA S. 13). Für diese Tätigkeit er- hielt der Angeklagte G. 2.100 € monatlich brutto, nicht jedoch eine ihm zunächst in Höhe von bis zu 20 % des Gewinns zugesagte Provision.
8
Des Weiteren führten die Angeklagten in einem nicht festgestellten Zeitraum entweder über die O. GmbH oder die D. GmbH („Empfänger unbekannt“, UA S. 16; „Import der Waren erfolgte insbesondere, und bezüglich der hier abgeurteilten Taten ausschließlich, über die O. GmbH … und die D. GmbH“, UA S. 12) und in nicht festgestelltem Umfang („Anzahl unbekannt“, UA S. 16) MP- Player aus der Volksrepublik China nach Deutschland ein, ohne hierfür Ein- fuhrumsatzsteuer und Zoll „zu entrichten“ (UA S. 12). Hierdurch sei ein „Schaden EUSt inkl. Zollsatz 2 %“ in Höhe von 1.000.501,61 € abzüglich eines 10%igen Sicherheitsabschlags entstanden (UA S. 16). Der Schadensberech- nung hat die Kammer „die Berechnung des Zolls (Anlage 2 der Anklageschrift) zugrunde gelegt. … Diese Berechnung des Zolls war für die Kammer hinrei- chend detailliert und nachvollziehbar“ (UA S. 22).
9
b) Zur Umsatzsteuerhinterziehung
10
Die Geräte wurden in Deutschland über Internetplattformen an Endkunden veräußert, ohne dass dann die auf die ausgeführten Lieferungen anfallende Umsatzsteuer angemeldet wurde. Dies war bereits Gegenstand eines früheren Strafverfahrens gegen den Angeklagten J. . Weil dieser Angeklagte Umsätze der genannten Art in den für die O. GmbH abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis Dezember 2009 sowie Januar bis März 2010 verschwieg und für das Jahr 2008 entgegen der ihm bekannten Verpflichtung keine Umsatzsteuerjahreserklärung abgab (er verkürzte hierdurch Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 819.858,89 €), wurde er vom Landgericht Hamburg mit Urteil vom 12. November 2010 - rechtskräftig seit Juli 2011 - zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
11
Nach den Feststellungen im hier gegenständlichen Verfahren unterstützte der Angeklagte G. den Angeklagten J. bei der Hinterziehung von Umsatzsteuer dadurch, dass er die Lagerverwaltung übernahm und sein Konto in China zur Verfügung stellte, was J. zusätzlich ein Gefühl der Sicherheit vermittelte; dabei wusste und wollte G. , dass die elektroni- schen Geräte verkauft werden und die hierfür anfallende Umsatzsteuer „nicht abgeführt“ wird (UA S. 18; Fall 33 der Urteilsgründe).
12
2. Das Landgericht hat die Fälle 1 bis 32 der Urteilsgründe bei beiden Angeklagten als gewerbsmäßigen Schmuggel (§ 373 Abs. 1 AO) gewertet. Eine bandenmäßige Begehungsweise hat es dagegen verneint, weil „tragende Feststellungen zu einer Bandenstruktur mitsamt Bandenabrede“(UA S. 24) nicht hätten getroffen werden können. Den Fall 33 der Urteilsgründe, der lediglich den Angeklagten G. betrifft, hat das Landgericht als einheitliche Beihilfe zu den beim Angeklagten J. bereits im November 2010 abgeurteilten 16 Taten der Umsatzsteuerhinterziehung gewertet.
13
3. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht die Fälle 1 bis 32 der Urteilsgründe für beide Angeklagte jeweils als minder schwere Fälle des Schmuggels im Sinne von § 373 Abs. 1 Satz 2 AO angesehen. Es hat dafür jeweils eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, eine solche von acht Monaten und im Übrigen Geldstrafen zwischen 90 und 120 Tagessätzen verhängt.
14
Im Fall 33 der Urteilsgründe (Beihilfe des Angeklagten G. zur Umsatzsteuerhinterziehung) hat das Landgericht der Strafzumessung den gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO zugrunde gelegt und gegen den Angeklagten G. eine Freiheitsstrafe von acht Monaten verhängt.
15
Strafmildernd hat das Landgericht bei beiden Angeklagten jeweils ein umfassendes und beim Angeklagten G. ein auch von Reue getragenes Geständnis berücksichtigt, was zu einer erheblichen Verkürzung der Hauptverhandlung beigetragen habe, sowie den Umstand, dass den Angeklagten hinsichtlich der Schmuggeltaten eine untergeordnete Rolle zukam und sie nicht Initiatoren waren, zudem die von ihnen als Erstverbüßer erlittene Untersuchungshaft und eine besondere Haftempfindlichkeit. Zugunsten der Angeklagten hat das Landgericht jeweils auch gewertet, dass sie keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht hatten, der aber (lediglich) in Höhe von rund 12.000 € berech- tigt gewesen wäre. Zu Lasten der Angeklagten hat das Landgericht berücksich- tigt, dass ein „erheblicher Schaden entstanden“ sei.
16
Zugunsten des Angeklagten G. hat das Landgericht auch dessen Unbestraftheit sowie den Umstand gewertet, dass dieser Angeklagte außer einem „Gehalt in Höhe von 2.100 € brutto“ keine finanziellen Vorteile aus den Taten erlangt habe.
17
Zugunsten des Angeklagten J. hat das Landgericht weiterhin be- rücksichtigt, dass er zur Tatzeit nur unwesentlich bestraft war. „Insbesondere“ sei auch die lange Verfahrensdauer zugunsten des Angeklagten J. zu bewerten, der sich „über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr … der Ver- folgung durch die Staatsanwaltschaft ausgesetzt“ sah, „obwohl es sich- insbe- sondere, aber nicht nur, für ihn - um die gleiche Angelegenheit handelte und er mit Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht im November 2011 davon ausgehen konnte, dass dieser Lebensabschnitt damit für ihn abge- schlossen war“ (UA S. 29).
18
Bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe betreffend den Angeklagten J. hat das Landgericht „insbesondere“ berücksichtigt, dass dieser sich „in dem vorliegenden Verfahren das zweite Mal gerichtlich verantworten muss- te, obwohl es sich bei den Fällen 1 bis 32 und der vorangegangenen Verurteilung um einen einheitlichen Lebenssachverhalt handelt, der im Hinblick auf den Angeklagten nicht zusammen in einem Verfahren angeklagt, sondern unnatür- lich in zwei verschiedene Verfahren von der Staatsanwaltschaft aufgespalten wurde“ (UA S. 30).

II.

19
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt, weil die knappen und lückenhaften , dadurch unklaren und zudem widersprüchlichen Urteilsgründe keine hinreichende Grundlage für die Prüfung eines Rechtsfolgenausspruchs bieten. Angesichts solcher Feststellungen ist auch die Beschränkung der Rechtsmittel auf den Strafausspruch unwirksam.
20
1. Die Urteilsgründe sind unklar, lückenhaft und widersprüchlich.
21
Soweit das Landgericht festgestellt hat, dass die Angeklagten Mobiltelefone und MP-Player nach Deutschland einführten, ohne die jeweils anfallende Einfuhrumsatzsteuer (und Zoll) „zu entrichten“ und „diese Unterhaltungselektronik … unter Umgehung der Umsatzsteuer“ veräußerten (UA S. 12), ist es er- kennbar davon ausgegangen, dass es sich bei den geschmuggelten und den weiterverkauften Elektronikgegenständen jeweils um die nämliche Ware aus dem Einfuhrschmuggel handelt. Diese Annahme steht jedoch mit den vom Landgericht der Entscheidung zugrunde gelegten Tatzeitpunkten, soweit solche überhaupt festgestellt wurden, im Widerspruch.
22
Nach den - insoweit aus der vorangehenden, rechtskräftigen Verurteilung des Angeklagten J. entnommenen - wiedergegebenen Urteilsfest- stellungen war die Umsatzsteuer aus dem Weiterverkauf der „geschmuggelten“ Elektronikgegenstände bereits im Zeitraum zwischen dem Jahr 2008 und März 2010 hinterzogen worden. Da andererseits nach den Urteilsfeststellungen die Mobiltelefone - mit Ausnahme einer Einfuhr im Februar 2009 - erst im Januar und Februar 2010 nach Deutschland eingeführt wurden, bleibt unklar, inwieweit der Umsatzsteuerhinterziehung die Lieferung von Waren zugrunde liegen konnte , auf die sich die ausgeurteilten Schmuggeltaten beziehen. Die im Jahr 2010 eingeschmuggelten Elektronikgeräte konnten jedenfalls nicht bereits vorher an Abnehmer in Deutschland ausgeliefert worden sein.
23
Für die MP-Player hat das Landgericht keine Feststellungen zum konkreten Einfuhrzeitpunkt innerhalb des vom Landgericht angenommenen Gesamttatzeitraums vorgenommen. Es begnügt sich vielmehr mit der Mitteilung eines anzunehmenden Gesamtschadens und der Angabe eines Verkaufspreises an deutsche Endkunden, ohne auch nur ansatzweise sonstige Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen (zu den Anforderungen an die Urteilsdarstellungen in Steuerstrafsachen vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2011 - 1 StR 154/11; BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08, wistra 2009, 398). Es kann - wie auch die Ausführungen des Generalbundesanwalts belegen - lediglich vermutet werden, dass es ganz oder teilweise die in Fall 32 der Urteilsgründe genannten MP-Player waren, die Gegenstand der Umsatzsteuerhinterziehung gewesen sein könnten. Auf eine bloße Vermutung kann eine Verurteilung indes nicht gestützt werden (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 24. November 1992 - 5 StR 456/92, BGHR StPO § 261 Vermutung 11).
24
Die Strafkammer wäre freilich nicht gehindert gewesen, tragfähige Feststellungen auf ein nach ihrer Überzeugung glaubwürdiges Geständnis zu stützen , sofern die Feststellungen - wozu sich das Urteil jedoch ebenfalls nicht verhält - Gegenstand eines Geständnisses hätten sein können (vgl. BGH, Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10). Selbst wenn Angeklagte den Anklagevorwurf nur knapp einräumen, darf das Gericht dem freilich auf seine Zuverlässigkeit geprüften Geständnis Glauben schenken und Feststellungen darauf stützen (BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 - 2 StR 156/98, NStZ 1999, 92). Auch kann, wenn das Tatgericht von einem strafbaren Verhalten des Täters überzeugt ist, die Bestimmung des Schuldumfangs im Wege der Schätzung erfolgen , namentlich wenn sich Feststellungen auf andere Weise nicht treffen lassen , etwa weil über die kriminellen Geschäfte keine Belege oder Aufzeichnungen vorhanden sind (BGH, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 StR 283/09, wistra 2010, 148; BGH, Urteil vom 12. August 1999 - 5 StR 269/99, wistra 1999, 426). Eine solche Schätzung nimmt die Strafkammer hier indes gerade nicht vor, vielmehr stützt sie sich auf eine als Anlage der Anklageschrift beigefügte Schadensberechnung. Abgesehen davon, dass die Strafkammer allein durch die Bezugnahme auf das Ergebnis von Dritten gefertigter Steuer- oder Zollberechnungen den der Berechnungsdarstellung zukommenden Aufgaben nicht entsprechen konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2011 - 1 StR 154/11), wird der Inhalt der Berechnungsdarstellung nicht mitgeteilt und ist somit der Prüfung durch das Revisionsgericht entzogen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - 5 StR 17/06, NStZ 2007, 478).
25
Der Widerspruch bezüglich der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang hinsichtlich der ausgeurteilten 16 Taten der Umsatzsteuerhinterziehung - hinsichtlich derer sich die Feststellungen auf den Umfang der in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen pflichtwidrig nicht angemeldeten Umsätzen beschränken - und der 32 Fälle des gewerbsmäßigen Schmuggels Warenidentität bestand, lässt sich auch nicht aus dem weiteren Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe heraus beseitigen. Die Ausführungen der Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung, dass allein im Fall 26 der Urteilsgründe eine entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für zuvor eingeführte Gegenstände abzugsfähig gewesen wäre, in anderen Fällen der Import „für die D. GmbH“ (UA S. 27) erfolgt sei oder aber - im Fall 32 der Urteilsgründe - gar nicht feststellbar sei, für welche Gesellschaft die Waren eingeführt worden waren, legen die Nämlichkeit der Waren ebenfalls nur zugrunde, ohne diese zu belegen.
26
2. Schon die aufgezeigten Mängel müssen hier zur Unwirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung und zur Aufhebung des gesamten Urteils mit den Feststellungen führen. Die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
27
a) Eine - hier sogar ausdrücklich erklärte - Beschränkung eines Rechtsmittels allein auf den Rechtsfolgenausspruch ist grundsätzlich zulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 - 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359,364). Die in der Regel gegebene Trennbarkeit zwischen Schuld- und Strafausspruch ist jedoch - ausnahmsweise - zu verneinen, wenn die Schuldfeststellungen eine getrennte Überprüfung des angefochtenen Urteils nicht ermöglichen, ohne dass der nicht angefochtene Teil mitberührt würde. Dies ist hier - wie aufgezeigt - jedoch der Fall, weil die Feststellungen zur Tat so knapp, unvollständig, unklar und zudem widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1993 - 3 StR 334/93, NStZ 1994, 130; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 318 Rn. 16 mwN).
28
b) Dies bedingt zugleich die Aufhebung des Urteils insgesamt. Zwar erfordert ein lediglich den Schuldumfang betreffender Rechtsfehler regelmäßig nicht die Aufhebung auch des Schuldspruchs, da sich die Verurteilung jedenfalls im Ergebnis rechtfertigt (Kuckein in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 353 Rn. 13 mwN). So lässt es bei Steuerhinterziehung den Schuldspruch grundsätzlich unberührt, wenn lediglich der Verkürzungsumfang, etwa durch eine fehlerhafte Schätzung, unrichtig bestimmt ist, die Verwirklichung des Tatbestandes aber sicher von den Feststellungen getragen wird (vgl. BGH, Be- schluss vom 24. Mai 2007 - 5 StR 58/07, wistra 2007, 345). Der Schuldspruch ist hier jedoch aufzuheben, weil - insbesondere mit Blick auf § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG - wesentliche Modalitäten zu dem auch den Schuldumfang determinierenden Tathergang unklar bleiben (hierzu vgl. Kuckein in Karlsruher Kommentar , StPO, 6. Aufl., § 353 Rn. 18 mwN) und dem neuen Tatrichter die Möglichkeit zu geben ist, eine Entscheidung ohne Bindung an die bisherigen - widersprüchlichen - Feststellungen zu treffen (hierzu vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. Juni 1996 - 4 StR 680/95, NStZ-RR 1997, 72, 73).

III.

29
Die Erwägungen zur Strafzumessung im angefochtenen Urteil geben dem Senat Anlass, für den - angesichts der Geständnisse der Angeklagten zum Tatablauf naheliegenden - Fall eines erneuten Schuldspruchs durch den neuen Tatrichter Folgendes anzumerken:
30
1. Die Annahme minder schwerer Fälle des Schmuggels gemäß § 373 Abs. 1 Nr. 2 AO scheidet bei einer Hinterziehung von Einfuhrabgaben in großem Ausmaß regelmäßig aus. Dies ergibt sich aus Folgendem:
31
Bei Schmuggel gemäß § 373 AO handelt es sich um einen Qualifikationstatbestand gegenüber dem Grundtatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO). Liegen Qualifikationsmerkmale - wie etwa gewerbsmäßiges Handeln - nicht vor, ist die Hinterziehung von Einfuhrabgaben eine Steuerhinterziehung. Denn gemäß § 3 Abs. 3 AO sind Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Art. 4 Nr. 10 und 11 des Zollkodexes Steuern im Sinne der Abgabenordung. Sind in einem solchen Fall durch eine Tat Einfuhrabgaben in großem Ausmaß (hierzu zuletzt BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11) verkürzt, liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung vor, bei dem ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren eröffnet ist. Dieser Strafrahmen entspricht dem des Schmuggels nach § 373 AO.
32
Tritt ein Merkmal hinzu, das die Tat zum Schmuggel qualifiziert - etwa Gewerbsmäßigkeit (§ 373 Abs. 1 AO) - entfaltet der Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO, wenn er ohne das qualifizierende Merkmal anzuwenden wäre, eine Sperrwirkung. Deswegen kommt bei einem Schmuggel „in großem Ausmaß“ ein minder schwerer Fall mit einem auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe verminderten Strafrahmen (§ 373 Abs. 1 Satz 2 AO) allenfalls in besonderen Ausnahmefällen noch in Betracht.
33
Ein solcher Ausnahmefall liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn - wie hier vom Landgericht festgestellt - der Schmuggel in organisierten Vertriebsstrukturen stattgefunden hat. Denn nach der Intention des Gesetzgebers soll der mildere Strafrahmen für minder schwere Fälle eine angemessene Bestrafung des bandenmäßigen Schmuggels z.B. in Fällen, die nicht der typischen organisierten Kriminalität zuzurechnen sind, ermöglichen (BT-Drucks. 16/5846, S. 174 ff.).
34
2. Aus dem Umstand, dass es sich beim Schmuggel um einen Qualifikationstatbestand der Steuerhinterziehung handelt, folgt zudem, dass die Rechtsprechung zur Strafzumessung bei Hinterziehung in Millionenhöhe auch auf Schmuggeltaten Anwendung findet. Demnach kommt eine (aussetzungsfähige) Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren auch bei Schmuggel gemäß § 373 AO nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht. Dabei ist es für den Unrechtsgehalt ohne Bedeutung, ob die Millio- nengrenze durch eine einzelne oder mehrere Taten erreicht worden ist und ob eine Gesamtstrafe zu bilden ist.
35
a) Für die Strafzumessung in Fällen der Steuerhinterziehung in großem Ausmaß gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die der Gesetzgeber in den Beratungen zu dem am 3. Mai 2011 (BGBl. I, 676) in Kraft getretenen Schwarzgeldbekämpfungsgesetz aufgegriffen und gebilligt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11), Folgendes:
36
Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung sieht in § 370 Abs. 3 Satz 1 AO für besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Ein besonders schwerer Fall liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO (in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung ) in der Regel vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Vorteile erlangt. Dieses nach objektiven Maßstäben zu bestimmende Merkmal des Regelbeispiels „in großem Ausmaß“ ist dann erfüllt, wenn der Hinterziehungsbetrag (bei einem „Griff in die Kasse des Staates“ ) 50.000 € übersteigt. Beschränkt sich das Verhalten des Täters darauf, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und führt das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs, liegt die Wertgrenze zum „großen Ausmaß“ bei 100.000 € (vgl. zusammenfassend BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 1 StR 579/11, NJW 2012,

1015).

37
Der in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist bei hohen Hinterziehungsbeträgen im Rahmen der Strafzumessung Rechnung zu tragen, gleichviel ob dieser Betrag durch eine einzelne Tat hervorgerufen wurde oder durch eine Serie gleichgelagerter Taten, selbst wenn jede für sich genommen die Grenze zum großen Ausmaß nicht überschreitet. Schon bei der Einzelstrafbemessung ist nicht allein der jeweils durch die Einzeltat verursachte Schaden entscheidend, sondern auch die Gesamtserie und der dadurch verursachte Gesamtschaden in den Blick zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, BGHSt 53, 221). Es ist ferner - zumal bei der Bildung einer Gesamtstrafe aus so gebildeten Einzelstrafen - die Wertung des Gesetzgebers zu beachten, dass bei Überschreiten zur Grenze des „großen Ausmaßes“ eine Freiheitsstrafe von nicht unter sechs Monaten schuldangemessen ist, bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer Geldstrafe demzufolge nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein kann. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe - also bei einem Gesamthinterziehungsumfang, der die Millionengrenze überschreitet - kommt eine aussetzungsfähige, also eine zwei Jahre nicht überschreitende Freiheitsstrafe regelmäßig nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08 mwN, BGHSt 53, 71, zuletzt bestätigt in BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, NJW 2012, 1458).
38
b) Diese Grundsätze sind auch in Fällen des Schmuggels gemäß § 373 AO anzuwenden.
39
Zwar ist § 373 AO ein selbständiger Qualifikationstatbestand zu § 370 Abs. 1 AO. Mit der dies klarstellenden Fassung des § 373 AO durch Art. 3 Nr. 4 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen und zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I, 3198) wurde aber zugleich - mit Wirkung zum 1. Januar 2008 - der Strafrahmen des gewerbsmäßigen, gewaltsamen oder bandenmäßigen Schmuggels erhöht und an den Strafrahmen der Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall nach § 370 Abs. 3 AO angepasst. Eine Regelung für besonders schwere Fälle des § 373 AO oder eine Verweisung auf den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO und damit auch die Notwendigkeit, für besonders schwere Fälle des § 373 AO den Strafrahmen der Strafzumessungsregel in § 370 Abs. 3 AO zu entnehmen, wurde dadurch entbehrlich (vgl. BT-Drucks. 16/5846, S. 174 ff.). Wenn aber allein eine gewerbsoder bandenmäßige Begehung regelmäßig einen sechs Monate übersteigenden Strafrahmen eröffnet, kann durch eine zugleich verwirklichte Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben „in großem Ausmaß“ im Sinne der aufgezeigten Rechtsprechung zu § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO regelmäßig keine geringere Freiheitsstrafe verwirkt sein. Demzufolge kann entsprechend den Wertungen des Gesetzgebers auch bei einer gewerbsmäßigen Hinterziehung von Einfuhroder Ausfuhrabgaben in Millionenhöhe eine zwei Jahre nicht überschreitende Freiheitsstrafe regelmäßig nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht kommen.
40
c) Die bislang getroffenen Feststellungen belegen derartige Milderungsgründe nicht.
41
Ein solcher kann sich insbesondere nicht daraus ergeben, dass der Angeklagte J. bereits im November 2010 wegen Taten der Umsatzsteuerhinterziehung verurteilt wurde und sich nun einem weiteren Strafverfahren ausgesetzt sah. Der Umstand, dass sich bei einem diesen Taten vorgelagerten (Einfuhr -) Schmuggel aus Sicht der Angeklagten gegebenenfalls um einen Teil einer einheitlichen Gesamthinterziehungsstrategie gehandelt hat, führt weder zu einem Strafklageverbrauch, noch schafft er einen Vertrauenstatbestand, der einer gesonderten Verfolgung eines der Umsatzsteuerhinterziehung vorgelagerten Schmuggels entgegenstehen würde. Sofern bei beiden Taten die nämliche Ware betroffen ist, kann dies - wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen - lediglich dazu führen, dass der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für Einfuhrum- satzsteuer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG) im Rahmen der Strafzumessung Rechnung zu tragen ist.
42
Auf der Grundlage der - allerdings widersprüchlichen - Feststellungen kann auch aus dem Verfahren und dessen Dauer ein Strafmilderungsgrund nicht erblickt werden. Zwar stellt die belastende Wirkung einer unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer (als Folge der Tat für den Täter) einen allgemeinen Milderungsgrund dar (BGH, Beschluss vom 22. Januar 1992 - 3 StR 440/91, NStZ 1992, 229; vgl. aber auch BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, NJW 2012, 1458). Eine solche ist aber im Urteil ebenso wenig festgestellt wie Umstände, die beim Angeklagten J. ein schutzwürdiges Vertrauen hätten begründen können, mit der Verurteilung vom 12. November 2010 hätte es sein Bewenden. Eine nach den Ausführungen im Urteil zum Verfah- rensgang, namentlich zur „unnatürlichen“ Aufspaltung der Verfahren durchdie Staatsanwaltschaft hier zu besorgende Annahme des Landgerichts, es sei an eine bei außerhalb des von § 257c StPO vorgegebenen Rahmens geführten Gesprächen in Aussicht gestellte Strafobergrenze gebunden (die sich für das erkennende Gericht überdies nur auf den zu seiner Kognition gestellten Sachverhalt beziehen könnte), könnte gegebenenfalls sogar schon für sich den Bestand eines Urteils gefährden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2011 - 1 StR 274/11). Erst recht wäre der neue Tatrichter an solche Gespräche - sollten sie geführt worden sein - nicht gebunden.
43
Auch könnte es den Angeklagten G. nicht entlasten, dass er - sofern auch das neue Tatgericht zu entsprechenden Feststellungen gelangen sollte - über einen monatlichen Bruttolohn von 2.100 € hinaus keine weiteren Vorteile erzielt hat. Denn für gewerbsmäßiges Handeln genügt bereits die Absicht , sich durch wiederholte Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen (vgl. die Nachweise bei Jäger in Klein, AO, 11. Aufl., § 373 Rn. 16). Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils war das Tätigwerden des Angeklagten G. hier sogar auf eine Gewinnbeteiligung von bis zu 20 % ausgerichtet.
44
Ebenso wenig stellt der durch Untersuchungshaft erlittene Freiheitsentzug bei Verhängung einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe wegen der vollen Anrechenbarkeit nach § 51 StGB einen strafmildernd zu berücksichtigenden Nachteil für den Angeklagten dar (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 - 2 StR 34/ 06, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 21).
45
d) Die Grundsätze zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in großem Ausmaß bzw. in Millionenhöhe sind auch dann zu beachten, wenn lediglich - wie vom Landgericht hier bei dem Angeklagten G. angenommen - eine einheitliche Beihilfe zu einer Mehrzahl von Fällen der Steuerhinterziehung in Betracht kommt. Übersteigt in einem solchen Fall der Gesamtverkürzungsumfang der durch die Beihilfe geförderten Haupttaten die Betragsgrenze des Regelbeispiels Steuerhinterziehung „in großem Ausmaß“ gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO, muss deshalb das Tatgericht ausgehend von einer Gesamtwürdigung erörtern, ob im Rahmen der Strafzumessung statt des gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens des § 370 Abs. 1 AO von dem gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten (erhöhten) Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO oder dem nicht gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO auszugehen ist.
46
3. Das neue Tatgericht wird auch Gelegenheit haben, zu prüfen, ob das Tatgeschehen bei der Einfuhr der Elektronikartikel (auch) den Tatbestand eines bandenmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 2 Nr. 3 AO) erfüllt, was angesichts der bisherigen Feststellungen zur organisierten Vertriebsstruktur nahe liegt. Nack Wahl Graf Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 606/16
vom
25. April 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung
ECLI:DE:BGH:2017:250417U1STR606.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. April 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Bellay, Prof. Dr. Radtke, Dr. Bär,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger – in der Verhandlung –,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

1.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 25. Januar 2016 werden verworfen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Von Rechts wegen

Gründe:


1
Mit Urteil vom 9. Juli 2013 hatte das Landgericht den Angeklagten und zwei Mitangeklagte jeweils wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 69 Fällen verurteilt. Gegen den Angeklagten hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt und zudem den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 30.000 Euro angeordnet. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten hat der Senat in einem ersten Revisionsverfahren die Verurteilung des Angeklagten im Strafausspruch und im Ausspruch über den Verfall des Wertersatzes aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen (Urteil und Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 142/14). Der Schuldspruch wurde rechtskräftig.
2
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen dieser Taten am 25. Januar 2016 (und nicht wie im Rubrum des angefochtenen Urteils angegeben am 29. Januar 2016) erneut zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Daneben hat es gegen ihn den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 20.000 Euro angeordnet. Zudem hat es festgestellt, dass im Zeitraum vom 29. Mai 2015 bis zum 17. November 2015 eine konventionswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten ist.
3
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte rügt mit seinem unbeschränkten Rechtsmittel allgemein die Verletzung materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und ebenfalls auf die Sachrüge gestützten Revision den Strafausspruch. Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe den „Milderungsumständen“ einseitig zu hohes Gewicht beigemessen und insgesamt nicht mehr tat- und schuldangemessen niedrige Strafen verhängt. Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


4
Dem rechtskräftigen Schuldspruch gegen den Angeklagten wegen Beihilfe zur Hinterziehung von Energiesteuer durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 30 Abs. 2 Satz 4 EnergieStG sowie § 23 Abs. 6 Satz 3 EnergieStG, § 27 Abs. 1 StGB) in 69 Fällen liegt im Wesentlichen folgender, im Urteil des Senats vom 27. Januar 2015 – 1 StR 142/14 näher ausgeführter, Sachverhalt zugrunde:
5
Die von den gesondert verfolgten G. und Ga. betriebene Firma Sy. Sp. (im Folgenden: Firma Sy. ) stellte aus mit behördlicher Erlaubnis steuerfrei bezogenem Dieselkraftstoff sowie Basisöl angeblich „Formenöl“ her. Das durch einfaches Vermischen von einem hohen Anteil an Dieselkraftstoff und einem geringen Anteil an Basisöl entstandene Gemisch war jedoch weiterhin als Kraftstoff verwendbar und somit Gasöl im Sinne der Kombinierten Nomenklatur (Verordnung [EG] Nr. 948/2009 der Kommission vom 30. September 2009 zur Änderung von Anhang I der Verordnung [EWG] Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABl. EU Nr. L 287 vom 31. Oktober 2009, S. 1). Das im Gegensatz zu „Formenöl“ der Energiesteuer unterliegende Mischprodukt wurde gezielt zur Verwendung als Kraftstoff hergestellt, worauf sich die behördliche Erlaubnis aber nicht erstreckte. Zum Nachweis der Eignung dieses „Formenöls“ als Kraftstoff für die Abnehmer, zugleich aber zur Verschleierung und eigenen Absicherung, sollten die Produkteigenschaften durch ein für das Prüfgebiet Mineralöl akkreditiertes Labor bestätigt werden.
6
Die aufgrund der zweckwidrigen Verwendung des steuerfrei bezogenen Dieselkraftstoffs entstandene Energiesteuer wurde weder angemeldet noch entrichtet. Insgesamt wurden im Zeitraum vom 5. August 2010 bis 12. Dezember 2011 in 69 Fällen insgesamt 32.483.922 Liter dieser Mischung ausgeliefert und mangels Abgabe von Steueranmeldungen Energiesteuer im Umfang von 15.280.436,91 Euro verkürzt.
7
Der Angeklagte war damit beauftragt worden, eine Betriebsstätte ausfindig zu machen und sodann in dem Betrieb als Vertrauensmann und Aufpasser vor Ort zu fungieren. Auf der Grundlage seiner Bemühungen konnte die Firma Sy. ein Biodieselwerk in Gr. als Betriebsstätte anmieten. Bei der Produktion fungierte der Angeklagte dann als Bindeglied zwischen G. und Ga. , die das hergestellte Gemisch als Kraftstoff insbesondere in Tschechien und Polen vermarkten wollten, und dem Mitangeklagten K. in seiner Funktion als Betriebsleiter der Firma Sy. in Gr. . Hierbei übermittelte er betriebsbezogene Informationen – etwa hinsichtlich des anzuwendenden Mischungsverhältnisses – in beide Richtungen. Dem Angeklagten kam zudem die Aufgabe zu, die Daten der Fahrer der Tankfahrzeuge, die das hergestellte Produkt abholten, zu überprüfen und dem Mitangeklagten K. die Freigabe der jeweiligen Lieferung mitzuteilen. Darüber hinaus übernahm er es, Proben zu einem Prüflabor zu bringen und für einen laufenden Bürobetrieb zu sorgen.

II.


8
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
9
1. Das Rechtsmittel ist – wie auch der Generalbundesanwalt ausgeführt hat – wirksam auf den Strafausspruch beschränkt.
10
Zwar hat die Beschwerdeführerin beantragt, das Urteil, soweit es den Angeklagten betrifft, im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben. Die Verfallsanordnung und deren Umfang beanstandet sie jedoch nicht.
11
Widersprechen sich aber Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung , ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 22. Februar 2017 – 5 StR 545/16, Rn. 10, mwN). Nach dem insoweit maß- geblichen Sinn der Revisionsbegründung hat hier die Beschwerdeführerin deutlich zu erkennen gegeben, dass sie sich allein gegen den Strafausspruch wendet und mit ihrem Rechtsmittel den Ausspruch über den Verfall des Wertersatzes (§ 73a StGB) auch in der Höhe nicht angreifen will.
12
2. Der den Angeklagten betreffende Strafausspruch hat Bestand.
13
a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich , wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 27. Januar 2015 – 1 StR 142/14, NStZ 2015, 466 und vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 127 sowie Beschluss vom 13. Juni 2013 – 1 StR 226/13, wistra 2013, 471, jeweils mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine "Verletzung des Gesetzes" (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist dagegen ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349).
14
Diese Maßstäbe gelten auch für die dem Tatgericht obliegende Prüfung, ob ein minder schwerer oder ein besonders schwerer Fall vorliegt. Bei der dabei gebotenen Gesamtwürdigung obliegt es dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts, welches Gewicht es den einzelnen Milderungsgründen im Verhält- nis zu den Erschwerungsgründen beimisst; seine Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar (vgl. für das Vorliegen minder schwerer Fälle: BGH, Urteile vom 19. Januar 2017 – 4 StR 334/16; vom 14. Dezember 2016 – 2 StR 338/16 und vom 29. August 2001 – 2 StR 276/01, StV 2002, 20).
15
b) Grundlage für die Zumessung der Strafe ist bei einer Steuerhinterziehung – wie bei jeder anderen Straftat – die persönliche Schuld des Täters. Dabei sind auch die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 StGB). § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB bestimmt, dass bei der Zumessung der Strafe die Umstände gegeneinander abzuwägen sind, die für und gegen den Täter sprechen. Namentlich kommen die in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB genannten Umstände in Betracht.
16
aa) Bei der Zumessung einer Strafe wegen Steuerhinterziehung hat das von § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB vorgegebene Kriterium der „verschuldeten Aus- wirkungen der Tat“ im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung besonderes Gewicht. „Auswirkungen der Tat“ sind insbesondere die Folgen für das durch die Strafnorm geschützte Rechtsgut. Das durch § 370 AO geschützte Rechtsgut ist die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs, d.h. des rechtzeitigen und vollständigen Steueraufkommens (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, Rn. 21, BGHSt 53, 71, 80; vom 1. August 2000 – 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 120 und vom 25. Januar 1995 – 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 5; Beschluss vom 23. März 1994 – 5 StR 91/94, BGHSt 40, 109, 111 und Urteil vom 1. Februar 1989 – 3 StR 179/88, BGHSt 36, 100, 102). Deshalb ist die Höhe der verkürzten Steuern ein bestimmender Strafzumessungsumstand i.S.d. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, Rn. 21, BGHSt 53, 71, 80 und Beschluss vom 18. März 1998 – 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270).
17
Dies gilt nicht nur für die Strafrahmenwahl (vgl. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO), sondern auch für die Strafzumessung innerhalb des vom Tatgericht zugrunde gelegten Strafrahmens. Dass der Hinterziehungsbetrag dann, wenn er hoch ist, ein auch für die konkrete Strafzumessung wichtiger Strafschärfungsgrund ist, zeigt insbesondere die gesetzgeberische Wertung in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO zur Hinterziehung in großem Ausmaß als Regelbeispiel eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, Rn. 22, BGHSt 53, 71, 80). Das Merkmal in großem Ausmaß ist bereits erfüllt, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 Euro übersteigt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 StR 373/15, BGHSt 61, 28). Deshalb kommt bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, Rn. 42, BGHSt 53, 71, 86 und vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11, Rn. 29, BGHSt 57, 123, 130 f.). Unerheblich ist dabei, ob dieser Hinterziehungsumfang durch eine einzelne Tat oder durch mehrere Einzeltaten erreicht worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 – 1 StR 103/12, wistra 2012, 350).
18
bb) Auch wenn der Hinterziehungsbetrag ein bestimmender Strafzumessungsgrund für die Steuerhinterziehung ist, der eine an der Höhe der verkürzten Steuern ausgerichtete Differenzierung der Einzelstrafen nahelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 1998 – 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270), kann allein das Ausmaß der Steuerverkürzung nicht in dem Sinne ausschlaggebend für die Strafhöhenbemessung sein, dass die Strafe gestaffelt nach der Höhe des Hinterziehungsbetrages schematisch und quasi „tarifmäßig“ verhängt wird. Jeder Einzelfall ist vielmehr nach den von § 46 StGB vorgeschriebenen Kriterien zu beurteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2012 – 1 StR 423/12, BGHR AO § 370 Abs. 1 Strafzumessung 26 sowie die Beispiele für Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe in BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, Rn. 44 ff., BGHSt 53, 71, 81).
19
cc) Bei Tatserien ist zudem nicht allein der jeweils durch die Einzeltat verursachte Verkürzungsumfang maßgeblich für die Bemessung der Einzelstrafe ; vielmehr muss auch bei der Zumessung der Einzelstrafen die Gesamtserie und der dadurch verursachte Gesamthinterziehungsumfang in den Blick genommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2009 – 1 StR 627/08, Rn. 48, BGHSt 53, 221, 232 mwN und Beschluss vom 29. November 2011 – 1 StR 459/11, NZWiSt 2012, 112; vgl. auch Beschluss vom 25. September 2012 – 1 StR 407/12, BGHR AO § 370 Abs. 1 Strafzumessung 24). Kommt bei Serienstraftaten in der systematischen Vorgehensweise ein besonderes Maß an krimineller Energie zum Ausdruck, kann auch dieser Gesichtspunkt und nicht der konkrete Verkürzungsumfang bei der Bestimmung der Einzelstrafen im Vordergrund stehen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 1998 – 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270).
20
dd) In Fällen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist für die Strafrahmenwahl nicht entscheidend, ob sich die Tat des Haupttäters, zu der Beihilfe geleistet wird, als besonders schwerer Fall erweist; zu prüfen ist vielmehr, ob sich die Beihilfe selbst – bei Berücksichtigung des Gewichts der Haupttat – als besonders schwerer Fall darstellt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 6. September 2016 – 1 StR 575/15, NZWiSt 2016, 474 mwN und Beschluss vom 23. November 2000 – 3 StR 225/00, wistra 2001, 105). Dies gilt nicht nur in Fäl- len unbenannter besonders schwerer Fälle, sondern auch dann, wenn im Wege einer Gesamtwürdigung zu klären ist, ob die Indizwirkung eines oder mehrerer Regelbeispiele für besonders schwere Fälle widerlegt ist (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 142/14, Rn. 6, wistra 2015, 235). Dabei kann bei Unterlassungstaten der Umstand, dass eine mangels eigener Erklärungspflicht nur als Gehilfe strafbare Person Tatherrschaft hatte, erheblich strafschärfend zu werten sein (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2013 – 1 StR 586/12, Rn. 65, BGHSt 58, 218, 231). In Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls kann der Schuldgehalt (§ 29 StGB) der Beihilfetat sogar größer sein als der der Haupttat und trotz Strafrahmenverschiebung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB eine Strafe rechtfertigen, die derjenigen für den Haupttäter gleichkommt oder sie sogar übersteigt (vgl. Schünemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 27 Rn. 77 mwN).
21
c) Hieran gemessen haben sowohl die Einzelstrafen als auch der Gesamtstrafausspruch Bestand.
22
aa) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die Einzelstrafen dem gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Satz 1 AO) entnommen.
23
Nach den Urteilsfeststellungen verwirklichte der Angeklagte in allen Fällen das Regelbeispiel eines besonders schweren Falles der Verkürzung von Verbrauchsteuern als Mitglied einer Bande (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO). Zudem erfüllte er in den Fällen 2 bis 16 sowie 21 bis 68 der Urteilsgründe das Regelbeispiel der Verkürzung von Steuern in großem Ausmaß (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO), weil in diesen Fällen der Hinterziehungsumfang die Schwelle von 50.000 Euro (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 StR 373/15, BGHSt 61, 28) überstieg (UA S. 8). Der Umstand, dass das Landgericht insoweit trotz Anwendung zutreffender Maßstäbe die Fälle 2, 9 und 21 der Urteilsgründe nicht ausdrücklich genannt hat (UA S. 13), hat sich weder zum Vorteil noch zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt.
24
Im Rahmen der jeweils vorzunehmenden Würdigung, ob ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Satz 1 AO) gegeben ist, hat das Landgericht neben dem vertypten Milderungsgrund der Beihilfe (§ 27 Abs. 2 Satz 2 AO) in allen Fällen alle für die Wertung der Tat und des Täters wesentlichen Umstände berücksichtigt. Es hat dabei sowohl das „ganz erhebliche Gewicht der Beihilfehandlungen“ des Angeklagten in den Blick genommen als auch den Umstand, dass er „der Führungsebene der Bande zuzurechnen“ war, die sich zur fortgesetzten Hinterziehung von Energiesteuer verbunden hatte (UA S. 14).
25
bb) Auch im Übrigen hält die Strafzumessung rechtlicher Nachprüfung stand.
26
(1) Das Landgericht hat die Bemessung der Strafhöhen innerhalb des sich ergebenden Strafrahmens an den Grundsätzen des § 46 StGB ausgerichtet und dabei alle maßgebenden strafmildernden und strafschärfenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen. Die Zumessungserwägungen des Landgerichts sind weder lückenhaft noch verstoßen sie gegen anerkannte Strafzwecke.
27
Insbesondere hat das Landgericht nicht verkannt, dass die Höhe der Hinterziehungsbeträge in der Mehrzahl der Fälle „sechsstellig“ war (UA S. 16) und durch die Taten insgesamt Energiesteuer in Höhe von 15.280.436,91 Euro verkürzt wurde, der lediglich eine nachträgliche Tilgung der Steuerschuld im Umfang von 1.612.453,18 Euro gegenübersteht. Zu Lasten des Angeklagten hat das Landgericht auch gewertet, dass er gewerbsmäßig handelte und es sich bei den Taten um eine neue Erscheinungsform organisierter Kriminalität handelt, die von vornherein auf die Schädigung des Steueraufkommens in großem Umfang angelegt war und auch im konkreten Fall auf einem gut durchorganisierten und überaus profitablem Geschäftsmodell beruhte (vgl. zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung als Gewerbe: BGH, Urteil vom 29. November 2006 – 5 StR 324/06, wistra 2007, 145). Es hat dabei ebenfalls in den Blick genommen, dass aufgrund der grenzüberschreitenden Warenlieferungen und einer Bandenstruktur , bei der Hintermänner aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union heraus handelten, eine effektive Strafverfolgung deutlich erschwert war. Schließlich hat das Landgericht auch zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er der Führungsebene der Bande angehörte und zudem im laufenden Betrieb der Firma Sy. Beihilfehandlungen von erheblichem Gewicht vornahm.
28
Zu seinen Gunsten hat das Landgericht rechtsfehlerfrei neben der langen Verfahrensdauer berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft war, nach Beendigung der verfahrensgegenständlichen Taten nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und einem Haftungsbescheid des Fiskus in Millionenhöhe ausgesetzt ist, der seine finanzielle Leistungsfähigkeit bei weitem überschreitet.
29
(2) Die 69 Einzelstrafen von sieben bzw. zehn Monaten Freiheitsstrafe wie auch die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sind zwar gemessen am Unrechts- und Schuldgehalt der Taten sehr milde. Dies stellt jedoch im Hinblick auf den vom Revisionsgericht zu beachtenden Prüfungsmaßstab (s.o.) noch keinen Rechtsfehler dar. Insbesondere lösen sich die verhängten Strafen noch nicht nach unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 27. Januar 2015 – 1 StR 142/14, NStZ 2015, 466 mwN).
30
(3) Auch mit ihren Einzelangriffen gegen die Strafzumessung des Landgerichts dringt die Staatsanwaltschaft nicht durch.
31
(a) Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, das Landgericht habe die durch die einzelnen Straftaten verursachten „Steuerschäden“ nicht in den Blick genommen, was darin zum Ausdruck komme, dass es die Einzelstrafen nicht näher abgestuft, sondern pauschal Einzelfreiheitsstrafen von sieben bzw. zehn Monaten verhängt habe. Hiermit zeigt sie jedoch keinen Rechtsfehler bei der Strafzumessung auf.
32
Zwar erfordert das Schuldmaßprinzip (§ 46 Abs. 1 Satz 1 StGB) regelmäßig eine differenzierende Zumessung der Einzelstrafen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. November 2002 – 5 StR 361/02, NStZ-RR 2003, 72 und vom 29. Juni 2011 – 1 StR 136/11, wistra 2011, 423), die bei Steuerstraftaten eine an der Höhe der verkürzten Steuern ausgerichtete Differenzierung der Einzelstrafen nahelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 1998 – 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270). Dies schließt jedoch nicht aus, dass bei Steuerstraftaten – wie auch sonst bei Vermögensstraftaten –, denen gleichgelagerte Begehungsformen zugrunde liegen, eine Kategorisierung nach der Schadenshöhe erfolgen kann. Zwar muss diese immer am Maß des der konkreten Tat immanenten Schuldumfangs orientiert sein (BGH aaO NStZ-RR 2003, 72). Allerdings kann bei Tatserien der durch die Einzeltat verursachte Verkürzungsumfang gegenüber der systematischen Vorgehensweise zur Erreichung einer Gesamthinterziehung dergestalt in den Hintergrund treten (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 1998 – 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270 sowie Urteil vom 17. März 2009 – 1 StR 627/08, Rn. 48, BGHSt 53, 221, 232 und Beschluss vom 29. November 2011 – 1 StR 459/11, wistra 2012, 151), dass Schwankungen bei den Verkürzungsbeträgen im Rahmen der fortgesetzten Tatbegehung bei der Bemessung der Einzelstrafen keine erhebliche Bedeutung mehr zukommt. Soweit dies der Fall ist, dürfen auch Taten mit unterschiedlichem Hinterziehungsumfang für die Bemessung der Einzelstrafen zu Gruppen zusammengefasst werden.
33
So verhält es sich auch hier. Das Landgericht hat erkennbar die systematische Vorgehensweise im Rahmen eines fortgesetzt und bandenmäßig betriebenen Hinterziehungsmodells zur Verkürzung von Steuern in Millionenhöhe, die beim Angeklagten ein besonderes Maß krimineller Energie erkennen lässt, bei der Bemessung der Einzelstrafen in den Vordergrund gestellt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 18. März 1998 – 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270). Insbesondere angesichts der fortlaufenden Herstellung des „Formenöls“ im Zeitraum von August 2010 bis Dezember 2011, hinsichtlich deren lediglich die rechtlichen Besonderheiten des Straftatbestands der Steuerhinterziehung durch Unterlassen als Erklärungsdelikt zu insgesamt 69 Einzeltaten führten, ist es rechtlich noch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht für Taten mit Hinterziehungsbeträgen zwischen 13.878 Euro und 84.996 Euro ohne weitere Differenzierung Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sieben Monaten und für Steuerverkürzungen mit einem Ausmaß zwischen 110.105 Euro und 413.233 Euro jeweils Freiheitsstrafen von zehn Monaten verhängt hat. Im Hinblick darauf, dass das Landgericht sämtliche Taten als der organisierten Kriminalität zuzurechnen und insgesamt als besonders sozialschädlich gewertet hat, war es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht gehalten, in den Strafhöhen zwischen den Taten vor und denen nach der Beschlagnahme eines Tankfahrzeugs mit „Formenöl“ durch die Zolldirektion Prag (UA S. 9) zu differenzieren.
34
(b) Soweit die Staatsanwaltschaft rügt, das Landgericht habe (entgegen § 50 StGB) den vertypten Strafmilderungsgrund der Beihilfe (§ 27 Abs. 2 Satz 2 StGB) im Rahmen der konkreten Strafzumessung ein zweites Mal zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, zeigt sie keinen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler auf.
35
Zwar trifft es zu, dass der Angeklagte, der innerhalb der Bande eine Führungsrolle einnahm, nur deshalb nicht als Mittäter, sondern lediglich als Gehilfe zu bestrafen war, weil ihn keine eigene Erklärungspflicht für die entstandene Energiesteuer traf (vgl. dazu BGH, Urteil vom 9. April 2013 – 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218). Das Landgericht hat jedoch den Umstand, dass der Angeklagte keine täterschaftlichen Tatbeiträge erbracht hat, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht innerhalb des gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens ein weiteres Mal strafmildernd berücksichtigt. Vielmehr hat es im Gegenteil den Umstand, dass die Tatbeiträge des Angeklagten „von ganz erheblichem Gewicht“ waren, strafschärfend berück- sichtigt. Es hat auch nicht, was rechtsfehlerhaft gewesen wäre (vgl. Jäger in Klein, AO, 13. Aufl., § 370 Rn. 61c mwN), den Umstand, dass der Angeklagte nicht in eigener Person zur Abgabe von Steueranmeldungen über die entstandene Energiesteuer verpflichtet war, als besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB angesehen.
36
(c) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft war das Landgericht trotz der Einbindung des Angeklagten in die Bandenstruktur nicht gehindert, den Umstand, dass der Angeklagte seit Beendigung der verfahrensgegenständlichen Taten im Jahr 2011 nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, strafmildernd zu berücksichtigen. Zwar lässt dieser Umstand die Taten nicht in einem milderen Licht erscheinen; jedoch kommt hierin eine Stabilisierung der Lebensverhältnisse des Angeklagten zum Ausdruck, die das Landgericht unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention innerhalb des Schuldrahmens jedenfalls berücksichtigen durfte (vgl. Eschelbach in SSW-StGB, 3. Aufl., § 46 Rn. 145).
37
(d) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht auch den Umstand strafmildernd herangezogen, dass gegen den Angeklagten wegen der Beihilfetaten ein Haftungsbescheid über 13.667.389,73 Euro ergangen ist.
38
Zwar kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die strafmildernde Berücksichtigung einer Heranziehung gemäß § 71 AO nur dann in Betracht, wenn der Betroffene nach den Umständen des Einzelfalls tatsächlich mit seiner Heranziehung rechnen muss und diese für ihn eine besondere Härte darstellen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2012 – 1 StR 407/12, BGHR AO § 370 Abs. 1 Strafzumessung 25). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Landgericht aber rechtsfehlerfrei festgestellt. Es hat dabei nicht verkannt, dass die Haftungssumme die finanzielle Leistungsfähigkeit des Angeklagten bei weitem übersteigt. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft ist daher nicht zu besorgen, das Landgericht könnte bei der Strafzumessung verkannt haben, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten einen Ausgleich des Steuerschadens nicht zulassen.
39
(e) Soweit die Staatsanwaltschaft den Strafausspruch im Hinblick darauf angreift, dass die vom Senat mit der ersten Revisionsentscheidung beanstandeten Strafzumessungserwägungen weggefallen und neue strafmildernde Umstände nicht festgestellt worden seien, deckt sie ebenfalls keinen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler in der Strafzumessung auf.
40
Zwar hat im Falle der Zurückverweisung einer Sache das neue Tatgericht die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§ 358 Abs. 1 StPO). Nach einer Aufhebung des Strafausspruchs ist es jedoch nicht gehindert, die für die Strafzumessung bedeutsamen Umstände anders als das bisherige Tatgericht zu gewichten und sogar dieselben Strafen zu verhängen, sofern es nicht auf die vom Revisionsgericht beanstandeten Strafzumessungserwägungen zurückgreift. Es darf ohne Rückgriff auf neue Umstände lediglich dann nicht zur selben Strafhöhe gelangen, wenn – was hier nicht der Fall war – das Revisionsgericht bei Aufhebung des Strafausspruchs zum Ausdruck gebracht hatte, dass die Urteilsgründe des Tatgerichts nicht die Schuldangemessenheit der Strafe belegten (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 1992 – 5 StR 367/92, StV 1993, 26 und Beschluss vom 13. Juli 1993 – 5 StR 396/93, NStZ 1993, 552).

III.


41
Der Revision des Angeklagten bleibt ebenfalls der Erfolg versagt.
42
Die Strafzumessung und die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes (§ 73a StGB) weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB stand hier einer Verfallsanordnung nicht entgegen, weil der Angeklagte die erlangten Vermögenswerte nicht aus den Taten, sondern als Entlohnung für seine Tatbeteiligung erhalten hatte (zur Unanwendbarkeit von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB in diesen Fällen siehe BGH, Beschluss vom 13. März 2013 – 2 StR 275/12, wistra 2013, 347, 350 mwN). Aus dem von der Verteidigung angeführten Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28. Novem- ber 2000 im Verfahren 5 StR 371/00 (BGHR StGB § 73 Verletzter 3) ergibt sich nichts Gegenteiliges.

IV.


43
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 2 StPO.
Graf Jäger Bellay
Radtke Bär

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 575/15
vom
6. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung
ECLI:DE:BGH:2016:060916U1STR575.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 29. Juni 2016 in der Sitzung am 6. September 2016, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Radtke, und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte persönlich - in der Verhandlung vom 29. Juni 2016 -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom 29. Juni 2016 -, Rechtsanwältin - in der Verhandlung vom 29. Juni 2016 -, Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 11. Februar 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorgenannte Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebungen zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
2
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich gegen die Annahme eines zu geringen Schuldumfangs und beanstandet die Strafzumessung.
3
Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang Erfolg, das Rechtsmittel des Angeklagten lediglich im Hinblick auf den Strafausspruch; im Übrigen ist es unbegründet.

I.

4
Nach den Feststellungen des Landgerichts war Dr. G. als Vorstandsmitglied der Bayerischen Landesbank im April/Mai 2005 mit der Veräußerung des Anteilsbesitzes der Bayerischen Landesbank an der Formel-1-Gesellschaft S. Investment Ltd. betraut. Im zeitlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung vereinbarte Dr. G. mit dem damaligen Geschäftsführer der operativen Formel-1-Gesellschaften E. eine Zahlung von insgesamt knapp 44 Millionen US-Dollar an ihn persönlich, die als Beratungsleistungen getarnt werden sollten. Um den Zufluss der Gelder an ihn zu verschleiern, veranlasste Dr. G. den Geschäftsführer E. zum Abschluss einer als „Advisory Agreement 2006“ bezeichneten Vereinbarung, die den Anschein erwecken sollte, die Zahlung sei ein Entgelt der F. Holding Ltd. mit Sitz auf M. für (tatsächlich nie erfolgte) Beratungsleistungen der von Dr. G. gehaltenen G. GmbH. Das Geld sollte über die ausschließlich zu diesem Zweck gegründete und keine Geschäftstätigkeit ausübende G. GmbH mit Sitz in Ö. vereinnahmt werden. Zwischen dem 26. Juli 2006 und dem 25. September 2006 gingen insgesamt 21.199.902 US-Dollar auf dem Konto der G. GmbH in Ö. ein und lösten eine Verdachtsanzeige wegen Geldwäsche gegen den Geschäftsführer der G. GmbH aus. Dr. G. beauftragte den Angeklagten, der als Rechtsanwalt und Steuerberater tätig war, mit der Vorbereitung der Errichtung einer „Stiftungskonstruktion“ in Ö. zur Ver- waltung seines Privatvermögens. In diese private Stiftung sollten die Zahlungen des E. eingebracht werden. Der Angeklagte wusste, dass Dr. G. hiervon bereits 21 Millionen € über das Geschäftskonto derG. GmbH vereinnahmt hatte. Der Angeklagte übernahm zum 23. März 2007 die alleinige Geschäftsführung der G. GmbH und stellte der Gesellschaft die Geschäftsadresse der Kanzlei zur Verfügung. Ihm war klar, dass die G. GmbH, außer der Vereinnahmung der Zahlungen aus dem „Advisory Agreement 2006“ keine geschäftliche Tätigkeit ausübte. Am 3. Mai 2007 gründete Dr. G. als Stifter die vom Angeklagten vorbereitete Privatstiftung. Der Angeklagte übernahm die alleinige Geschäftsführung der neu gegründeten GR. GmbH, die an der Kanzleiadresse ihren Sitz hatte, und eröffnete ein Geschäftskonto in W. . Die Gründung der GR. GmbH war nach dem gemeinsamen Verständnis des Angeklagten und Dr. G. notwendig geworden, da wegen der Geldwäscheverdachtsanzeige die noch ausstehenden Zahlungen aus der Vereinbarung zwischen Dr. G. und E. nicht mehr über die G. GmbH vereinnahmt werden sollten. Der Angeklagte wusste, dass auch die GR. GmbH lediglich Zahlstelle für die noch ausstehenden Beträge sein sollte.
5
Der Angeklagte entwickelte, um deutsche Schenkungsteuer bei der Einbringung der auf Konten der G. GmbH liegenden 21.199.902 USDollar in die Privatstiftung des Dr. G. zu vermeiden, eine Treuhandvereinbarung zwischen der G. GmbH und der GR. GmbH, die er am 3. Mai 2007 für beide Gesellschaften jeweils als Geschäftsführer unterzeichnete. Gegenstand der Vereinbarung war die Übereinkunft, die G. GmbH habe die im Jahr 2006 erhaltenen Zahlungen von Beginn an treuhänderisch für die GR. GmbH als Vorgründungsgesellschaft gehalten. Dies entsprach, wie der Angeklagte wusste, nicht den Tatsachen, da die bei der G. GmbH eingegangenen Gelder Dr. G. persönlich zustanden und die Gründung der GR. GmbH bei Eingang der Zahlungen 2006 noch nicht geplant war.
6
Zur Tarnung eines weiteren Zahlungseingangs vor den deutschen Steuerbehörden veranlasste Dr. G. im Sommer 2007 den Abschluss einer weiteren Vereinbarung, dem „Advisory Agreement 2007“, nunmehr zwischen der GR. GmbH und einer von E. benannten Gesellschaft, der L. Invest Ltd., mit Sitz auf den B. . Auch diese Vereinbarung sollte den falschen Anschein erwecken, die dort genannten Zahlungen in Höhe von insgesamt 25 Millionen US-Dollar seien ein Entgelt für Beratungsleistungen der GR. GmbH gegenüber der auf den B. ansässigen Gesellschaft. Als der Angeklagte als Geschäftsführer der GR. GmbH die Vereinbarung unterzeichnete , wusste er, dass diese – wie auch schon das „Advisory Agreement 2006“ – nur zum Schein abgeschlossen wurde, dass die GR. GmbH – ebenso wie zuvor die G. GmbH – lediglich eine Zahlungsstelle der tatsächlich für Dr. G. bestimmten Zahlungen war und dass er Dr. G. durch den Abschluss des „Advisory Agreement 2007“ und die eingeräumte Kontovollmacht auf dem Geschäftskonto der GR. GmbH den unmittelbaren Zugriff auf die Zahlungen des E. ermöglichen würde. Die eingegangenen 22.770.870 US-Dollar gab der Angeklagte als Geschäftsführer der GR. GmbH gegenüber den österreichi- schen Steuerbehörden als Betriebseinnahmen der Gesellschaft im Jahr 2007 an, um den Schein einer tatsächlichen Geschäftstätigkeit der GR. GmbH aufrechtzuerhalten. Hierbei rechnete er damit, dass Dr. G. den Betrag nicht als eigenes Einkommen gegenüber den deutschen Steuerbehörden angeben würde. Wie von Anfang an beabsichtigt, verschwieg Dr. G. bei der im Jahr 2009 abgegebenen Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2007 die im Jahr 2007 zugeflossenen 22.770.870 US-Dollar. Hierdurch verkürzte er Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2007 in Höhe von 7.148.664 € nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 393.176,52 €.

II.

7
Feststellungen zu einer Verkürzung der Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2006 hat die Strafkammer nicht getroffen. Sie konnte sich im Rahmen ihrer Beweiswürdigung keine Überzeugung davon bilden, dass der Angeklagte seine Tätigkeiten auch hinsichtlich der von Dr. G. für den Veranlagungszeitraum 2006 hinterzogenen Einkommensteuer vorsätzlich, d.h. mit dem Ziel, den Zufluss des Geldes an Dr. G. zu verschleiern, entfaltet hatte.
8
Die Strafkammer hat insoweit ausgeführt, der Angeklagte habe mit der Unterzeichnung der Treuhandvereinbarung zwischen der G. GmbH und der GR. GmbH am 3. Mai 2007 die beim Transferieren der Vermögenswerte in die Privatstiftung anfallende deutsche Schenkungsteuer vermeiden, nicht aber zusätzlich den bereits 2006 erfolgten Zufluss an Dr. G. verschleiern wollen; denn bei Beginn seines Mandats für den Geschäftsführer der G. GmbH im Rahmen des Geldwäscheverdachtsverfahrens Ende2006 und für Dr. G. im Februar 2007 sei die erste Tranche der von E. zugesagten Gelder durch Dr. G. bereits über die G. GmbH vereinnahmt gewesen.

III.

9
Die Revision des Angeklagten ist, soweit sie den Schuldspruch wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung für den Veranlagungszeitraum 2007 angreift, unbegründet, soweit sie den Strafausspruch beanstandet, begründet.
10
1. Die Verfahrensrügen bleiben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen erfolglos.
11
2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist hinsichtlich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung für den Veranlagungszeitraum 2007 frei von Rechtsfehlern; die Urteilsfeststellungen tragen auch die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe vorsätzlich gehandelt.
12
a) Die Beanstandung der Revision, das Landgericht habe die auf dem Geschäftskonto der GR. GmbH eingegangene Zahlung von 22.770.870 USDollar fälschlich als sonstige Einkünfte des Dr. G. gemäß § 22 Nr. 3 EStG be- handelt, anstatt als solche des Dr. G. aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 EStG), trägt nicht.
13
Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG und § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes oder einer anderen selbständigen Tätigkeit anzusehen ist. Außerdem müssen durch die Tätigkeit die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten werden. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und der nicht steuerbaren Sphäre ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen (vgl. Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 3. Juli 1995 – GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617; vom 10. Dezember 2001 – GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).
14
aa) Die 22.770.870 US-Dollar waren nach den Feststellungen des Landgerichts keine Einkünfte der GR. GmbH aus Gewerbebetrieb; denn die GR. GmbH war nicht beratend und auch sonst nicht gewerblich tätig. Sie war nur „Einzahlungsstelle und Verwaltungsvehikel der tatsächlich für Dr. G. höchstpersönlich bestimmten Zahlungen“ (UA S. 7, 9). Es sollte lediglich der Schein einer beratend tätigen Gesellschaft erzeugt werden, was die Deklaration der Zahlungen als Betriebseinnahmen der GR. GmbH erforderte und die Veranlagung der GR. GmbH zur österreichischen Körperschaftsteuer sowie das Abführen der Steuer durch die Gesellschaft auslöste.
15
bb) Die Gespräche des Dr. G. mit E., die Veranlassung der Gründung verschiedener Gesellschaften, die Abwicklung der Zahlungsvorgänge und schließlich der Zufluss der 22.770.870 US-Dollar, erfüllen – anders als die Revision meint – die Merkmale der Gewerblichkeit in der Person des Dr. G. nicht. Zwar steht dem Merkmal einer selbständigen Betätigung nicht entgegen,dass Dr. G. Vorstandsmitglied der Bayerischen Landesbank und in dieser Funktion mit der Veräußerung des Anteilsbesitzes betraut war, denn er handelte bei Veranlassung der Gründung verschiedener Gesellschaften und der Abwicklung der Zahlungsvorgänge nicht aufgrund arbeitsrechtlicher Weisung und nicht in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag, sondern aus eigenem Antrieb und außerhalb der zwischen ihm und der Landesbank bestehenden Rechtsbeziehung, also selbständig. Es fehlt jedoch an einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen durch Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, da etwaig entfaltete Aktivitäten nur einem einzigen Ziel in einem überschaubaren Zeitraum dienten, nämlich den Zufluss der vereinnahmten 44 Millionen US-Dollar durch Veranlassung des Aufbaus und der Durchführung der Scheinkonstruktion zu verschleiern.
16
b) Soweit die Revision beanstandet, das Urteil lasse die Darstellung ei- nes „Veranlassungszusammenhangs“, also eines nicht nur zeitlichen, sondern auch inhaltlichen Zusammenhangs zwischen der Zahlung an Dr. G. und dessen Verhalten bei der Veräußerung der Anteile der Bayerischen Landesbank an der Formel-1-Gesellschaft vermissen, trifft dies nicht zu. Die Urteilsgründe machen in ihrem Gesamtzusammenhang noch hinreichend deutlich, dass die Zahlungen für eine Leistung des Dr. G. im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG erfolgt sind. Eine solche Leistung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vorgangs sein kann und eine Gegenleistung auslöst (vgl. z.B. Urteile vom 25. Februar 2009 – IX R 33/07, BFH/NV 2009, 1253, unter II.2., und vom 28. November 2007 – IX R 39/06, BFHE 220, 67, BStBl II 2008, 469, unter II.1., jeweils mwN).
17
Das Landgericht hat deutlich hervorgehoben, dass die Zahlungen nicht für Beratungsleistungen erfolgten, sondern die Advisory Agreements nur diesen falschen Schein erwecken sollten, dass Dr. G. im April/Mai 2005 mit der Veräußerung des Anteilsbesitzes der Bayerischen Landesbank an der Formel-1- Gesellschaft betraut war und „im zeitlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung“ mit E. eine Zahlung von knapp 44 Millionen US-Dollar an ihn per- sönlich vereinbart hat (UA 5). In seiner Einvernahme als Zeuge hat Dr. G., wie das Landgericht dargelegt hat, bestätigt, dass diese Zahlung an ihn persönlich im Zusammenhang mit dem Verkauf der Formel-1-Anteile stand, auch wenn er den genauen Grund der Zahlung nicht erläutert hat (UA 12). In der rechtlichen Würdigung wird darauf verwiesen, dass nicht festgestellt werden konnte, „welchen Hintergrund im Einzelnen“ die Zahlungen hatten (UA S. 21). Damit aber wird deutlich, dass die Strafkammer geprüft hat, ob ein Zusammenhang zwischen der Zahlungsvereinbarung und einem Tun, Dulden oder Unterlassen des Dr. G. im Rahmen der Veräußerung der Anteile bestand. Dieses hat die Kammer bejaht, indem sie eine Leistung des Dr. G. im einkommensteuerrechtlichen Sinn feststellt hat. Lediglich die Art der Leistung konnte sie auf Grund des Aussageverhaltens des Dr. G. nicht spezifizieren.
18
c) Entgegen der Ansicht der Revision mindert die durch die GR. GmbH in Ö. gezahlte Körperschaftsteuer weder die Höhe der durch Dr. G. verkürzten Einkommensteuer noch ist sie tauglicher Strafzumessungsgesichtspunkt. Die gezahlte ausländische Körperschaftsteuer war durch die GR. GmbH als Körperschaftsteuersubjekt zu entrichten und nicht durch Dr. G., der zur Einkommensteuer zu veranlagen war. Sie war auch bei der Strafzumessung nicht zu berücksichtigen, weil sie lediglich zu den Kosten gehörte, die auf der von Dr. G. aufgebauten, der Hinterziehung seiner Einkommensteuer dienenden, Scheinkonstruktion beruhten, mit welcher der Zufluss an ihn verschleiert werden sollte.
19
Im Übrigen wird auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts Bezug genommen.
20
3. Der Strafausspruch hält dagegen rechtlicher Überprüfung nicht stand.
21
a) Die Strafkammer hat im Rahmen der Strafzumessung § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2007, gültig ab 1. Januar 2008, angewendet (UA S. 21, Fn. 1). Das ist rechtsfehlerhaft, da die Tat vor dem 1. Januar 2008 begangen wurde und § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung als für den Angeklagten günstigeres Tatzeitrecht gemäß § 2 Abs. 3 StGB anzuwenden gewesen wäre.
22
Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung sieht in § 370 Abs. 3 Satz 1 AO für besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Ein besonders schwerer Fall liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der Regel vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Wurde die Tat vor dem 1. Januar 2008 begangen, findet § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anwendung. Das Regelbeispiel ist in diesem Fall nur dann erfüllt, wenn der Täter zudem aus grobem Eigennutz gehandelt hat.
23
Der Begehungszeitpunkt der Tat bestimmt sich gemäß § 2 Abs. 1, 2, § 8 StGB nach dem Zeitpunkt der Teilnahmehandlung als solcher und nicht nach dem Begehungszeitpunkt der Haupttat, den die Strafkammer für maßgeblich erachtet hat (UA S. 21, Fn. 1). Tatzeit der Haupttat war der 21. Januar 2009. An diesem Tag ist die am 14. Januar 2009 von Dr. G. unterzeichnete Einkommensteuererklärung beim Finanzamt eingegangen. Die Teilnahmehandlungen des Angeklagten waren aber alle zeitlich vorgelagert.
24
Die Teilnahmehandlung ist beendet, wenn sie als solche abgeschlossen ist; auf den Taterfolg kommt es nach § 8 Satz 2 StGB nicht an. Alle von der Strafkammer festgestellten Teilnahmehandlungen des Angeklagten wurden im Jahr 2007 begangen, so dass sich die Strafkammer damit hätte auseinandersetzen müssen, ob der Angeklagte aus grobem Eigennutz im Sinne des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung gehandelt hat. Grober Eigennutz ist ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 StGB.
25
b) Die Strafkammer hat wegen des Vorliegens des „Regelbeispiels einer Beihilfe zur Steuerverkürzung großen Ausmaßes“ (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) der Strafzumessung den Strafrahmen für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Satz 1 AO) zugrunde gelegt, weil ihrer Auffassung nach bei einer Gesamtwürdigung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände keine Gründe dafür vorlägen, einen besonders schweren Fall abzulehnen. Dieser Ansatz hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.
26
Es ist rechtsfehlerhaft, bei der Annahme eines besonders schweren Falles allein an das vom Haupttäter verwirklichte Regelbeispiel der Steuerverkürzung in großem Ausmaß anzuknüpfen. Ob die Voraussetzungen für die Annahme eines besonders schweren Falles (innerhalb oder außerhalb der Regelbeispiele ) erfüllt sind, ist bei mehreren Tatbeteiligten für jeden von ihnen gesondert zu prüfen. Das Ergebnis richtet sich – wenn auch unter Berücksichtigung der Tat des oder der anderen Beteiligten – jeweils nach dem Tatbeitrag und der Person des Teilnehmers, dessen Strafe zugemessen werden soll. Für die Bewertung der Tat des Gehilfen und den zugrunde zu legenden Strafrahmen ist somit entscheidend, ob sich die Beihilfe selbst – bei Berücksichtigung des Gewichts der Haupttat – als besonders schwerer Fall darstellt (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 17. Februar 1982 – 3 StR 19/82, NStZ 1982, 206; vom 12. Oktober 1987 – 2 StR 499/87; vom 17. März 1989 – 2 StR 712/88; BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 4, Gehilfe 2; vom 22. September 2008 – 1 StR 323/08, NJW 2009, 690; vom 13. September 2007 – 5 StR 65/07, wistra 2007, 461 und vom 31. Juli 2012 – 5 StR 188/12, NStZ-RR 2012, 342). Das hat die Strafkammer verkannt.

IV.

27
Die zum Nachteil des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg, weil die Beweiswürdigung zum Schuldspruch und die Strafzumessung des Urteils Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten enthalten.
28
1. Die im Jahr 2007 entfalteten Tätigkeiten des Angeklagten (Gründung der GR. GmbH, Übernahme der Geschäftsführung für die G. GmbH und die GR. GmbH, Zur-Verfügung-Stellen des Kanzleisitzes als jeweiligen Firmensitz, Vorbereitung der Stiftung und Abschluss der Treuhandvereinbarung ) bilden rechtlich eine einheitliche Tat der Beihilfe, die sich auf zwei Veranlagungszeiträume des Haupttäters auswirkt.
29
a) Dem Angeklagten lag nicht nur Beihilfe zur Hinterziehung von Einkommensteuer in Höhe von 7.148.664 € (nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 393.176,52 €) für den Veranlagungszeitraum 2007 zur Last,sondern auch eine Teilnahme an der Hinterziehung von Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2006 und zwar insbesondere dadurch, dass er als Geschäftsführer der G. GmbH tätig war, der Gesellschaft die Kanzleiadresse in S. als Sitz zur Verfügung stellte und die Treuhandvereinbarung bezüglich des Transfers der im Jahr 2006 auf einem Geschäftskonto der G. GmbH eingegangenen 21.199.902 US-Dollar entwickelte und unterzeichnete.
30
Die Strafkammer konnte sich allerdings nicht davon überzeugen, dass der Angeklagte auch hinsichtlich des im Jahr 2006 eingegangenen Betrags mit dem Vorsatz handelte, dessen Zufluss zu verschleiern, weil die Treuhandvereinbarung lediglich der Vermeidung deutscher Schenkungsteuer beim Transfer der Vermögenswerte in die Stiftung dienen und nicht zusätzlich den im Veranlagungszeitraum 2006 erfolgten Zufluss bei Dr. G. verschleiern sollte.
31
b) Diese Wertung ist mit den getroffenen Feststellungen nichtvereinbar und widersprüchlich. Die Beweiswürdigung erweist sich damit in diesem Punkt als rechtsfehlerhaft.
32
Die Strafkammer hat festgestellt, dass der Angeklagte bei Unterzeichnung des „Advisory Agreement 2007“ wusste, dass dieses – wie schon das ihm im Rahmen des Geldwäscheverdachtsverfahrens vorgelegte „Advisory Agreement 2006“ – lediglich zum Schein abgeschlossen wurde und die GR. GmbH – wie zuvor die G. GmbH – nur „Einzahlungsstelle und Verwaltungsvehikel“ der tatsächlich für Dr. G. bestimmten Zahlungen war. Ihm war bei Vorbereitung der „Stiftungskonstruktion“ klar, dass die G. GmbH außer der Vereinnahmung der Zahlungen aus dem „Advisory Agreement 2006“ keine geschäftliche Tätigkeit ausübte (UA S. 7, 9). Hinsichtlich der Dr. G. im Jahr 2007 zugeflossenen Gelder ging der Angeklagte davon aus, dass diese bei korrekter steuerlicher Behandlung in Deutschland der Einkommensteuer unterfielen. Für die im Jahr 2006 zugeflossenen Beträge kann nichts Anderes gelten.
33
Die Strafkammer hat weiter festgestellt, dass die vom Angeklagten entwickelte und von ihm am 3. Mai 2007 für beide Gesellschaften jeweils als Geschäftsführer unterzeichnete Treuhandvereinbarung zwischen der G. GmbH und der GR. GmbH inhaltlich nicht der Wahrheit entsprach, weil die G. GmbH die 2006 eingegangenen Gelder nicht treuhänderisch für die GR. GmbH als Vorgründungsgesellschaft gehalten hatte. Die GR. GmbH war 2006 noch nicht geplant. Sie wurde erst später wegen des Geldwäscheverdachtsverfahrens notwendig und die Gelder standen Dr. G. persönlich zu (UA S. 8). Dies wusste der Angeklagte. Auch wenn die Treuhandvereinbarung dazu diente, deutsche Schenkungsteuer bei der Einbringung der auf den Konten der G. GmbH liegenden 21.199.902 US-Dollar in die Privatstiftung zu vermeiden, führte sie zwangläufig – ebenso wie bei den 2007 vereinnahmten Geldern – zur Hinterziehung deutscher Einkommensteuer.
34
2. Die Strafkammer hat den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AOgemäß §§ 27, 49 Abs. 1 StGB (wegen Beihilfe) erstmals und über § 28 Abs. 1 StGB ein weiteres Mal gemildert, weil dem Angeklagten das persönliche Merkmal der Einkommensteuerpflicht in Deutschland fehle.
35
Eine weitere Milderung des Strafrahmens über § 28 StGB war jedoch rechtlich nicht veranlasst. Täter einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO kann nicht nur der Steuerschuldner, sondern jedermann sein, sofern er die Voraussetzungen erfüllt, die das Gesetz an die Täterschaft stellt. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist kein Sonderdelikt, das nur durch den Erklärungspflichtigen als Täter begangen werden kann (BGH, Beschlüsse vom 3. September 1970 – 3 StR 155/69, BGHSt 23, 319, 322; vom 17. Juli 1991 – 5 StR 225/91, BGHSt 38, 37, 41 und vom 7. November 2006 – 5 StR 164/06, wistra 2007, 112, 113; Urteil vom 6. Juni 2007 – 5 StR 127/07, BGHSt 51, 356, 359). Die im Einzelfall bestehende Steuerpflicht ist daher kein besonderes persönliches Merkmal, das die Strafbarkeit des Täters gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begründet.
36
3. Der Senat hebt auf die Revision der Staatsanwaltschaft auch die für sich genommen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen für die den Veranla- gungszeitraum 2007 betreffende Beihilfe zur Steuerhinterziehung auf, um dem neuen Tatrichter insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen, insbesondere zur inneren Tatseite, zu ermöglichen. Raum Graf Jäger Radtke Fischer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 423/12
vom
26. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2012 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Münster vom 20. Dezember 2011 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung unter Einbeziehung
der Einzelstrafen aus einer weiteren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten
verurteilt.
Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte veranlasst, dass für einen
aus China stammenden und zunächst im Hamburger Freihafen angelieferten
Container mit Waren beim Hauptzollamt Hamburg-Hafen nur die aus Personenwaagen
bestehende Tarnware angemeldet wurde, nicht aber 346 Kartons
mit je 36 Stangen zu je 200 unverzollten und unversteuerten Zigaretten. Hierdurch
wurden Einfuhrabgaben (Zoll, Tabaksteuer und Einfuhrumsatzsteuer) in
Höhe von mehr als 385.000 Euro hinterzogen.
Der Beschwerdeführer vertritt unter Hinweis auf das Urteil des Senats vom
2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, die Ansicht, dass die wegen
der Hinterziehung der Einfuhrabgaben verhängte Einzelfreiheitsstrafe von zwei
Jahren und drei Monaten schon deshalb rechtlich fehlerhaft sei, weil der Hinterziehungsbetrag
die Millionengrenze nicht überschritten habe. Dies trifft indes
nicht zu. Die Zumessung der schuldangemessenen Strafe richtet sich nach den
Grundsätzen des § 46 StGB. Je nach den Umständen des Einzelfalls kommt
daher auch bei geringeren Hinterziehungsbeträgen eine Freiheitsstrafe von
über zwei Jahren in Betracht.
Die Strafzumessung ist insgesamt rechtsfehlerfrei.
Nack Wahl Jäger
RiBGH Prof. Dr. Sander
ist urlaubsabwesend und
deshalb an der Unterschrift
gehindert.
Nack Cirener

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

44
f) Die „Indizwirkung“ des „großen Ausmaßes“ kann einerseits durch sonstige Milderungsgründe beseitigt, andererseits aber auch durch Strafschärfungsgründe verstärkt werden.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

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Bestand. Nur im Falle einer weiteren Verurteilung wird die festgesetzte Gesamtstrafe aufzulösen und unter Einbeziehung sämtlicher Einzelstrafen eine neue Gesamtstrafe festzusetzen sein.