Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Mai 2017 - XII ZB 337/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:240517BXIIZB337.15.0
bei uns veröffentlicht am24.05.2017
vorgehend
Amtsgericht Schöneberg, 71 III 170/14, 22.01.2015
Kammergericht, 1 W 513/15, 09.07.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 337/15
vom
24. Mai 2017
in der Personenstandssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 10 Abs. 2; ZPO § 293; FamFG § 26
Der deutsche Tatrichter hat ausländisches Recht (hier: ecuadorianisches Recht in
Bezug auf den Ehenamen) im Wege des Freibeweises zu ermitteln. In welcher Weise
er sich die notwendigen Kenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen.
Das Rechtsbeschwerdegericht überprüft insoweit nur, ob der Tatrichter sein
Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen
unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls hinreichend ausgeschöpft
hat (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 26. April 2017 - XII ZB 177/16 -
zur Veröffentlichung bestimmt; BGH Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZB 197/12 -
NJW 2013, 3656).
BGH, Beschluss vom 24. Mai 2017 - XII ZB 337/15 - Kammergericht Berlin
AG Schöneberg
ECLI:DE:BGH:2017:240517BXIIZB337.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Guhling und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 9. Juli 2015 wird auf Kosten der Antragsteller zurückgewiesen. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Die Antragsteller (Beteiligte zu 1 und 2) schlossen im Januar 2014 die Ehe. Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) ist deutsche Staatsangehörige , der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) besitzt die italienische und die ecuadorianische Staatsangehörigkeit.
2
Die Ehegatten hatten bei Eheschließung zunächst auf Anraten der Standesbeamtin von einer Erklärung zur Namensführung in der Ehe abgesehen. Nunmehr begehren sie, dass die Ehefrau ihrem Geburtsnamen (K.) verbunden mit der Präposition "de" den Nachnamen des Ehemanns (M.) nach ecuadorianischem Recht anfügen könne, und die Anweisung an das Standesamt (Beteiligter zu 4), eine entsprechende Erklärung entgegenzunehmen.
3
Das Amtsgericht hat das Standesamt antragsgemäß angewiesen, die von den Ehegatten gewünschte Namensführung der Ehefrau entgegenzuneh- men. Das Beschwerdegericht hat auf die Beschwerde der Standesamtsaufsicht (Beteiligte zu 3) den Antrag der Ehegatten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der sie die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses erreichen wollen.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
5
1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts konnte der empfangszuständige Standesbeamte die Beurkundung der Erklärung zur Namensführung ablehnen, weil die gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten die geltend gemachte Rechtsfolge nicht zuließen. Die Erklärung enthalte zunächst schlüssig die Wahl des ecuadorianischen Rechts. Diese sei hier zulässig und habe grundsätzlich beurkundet werden können und müssen. Die Rechtswahl habe jedoch nur dem erklärten Ziel gedient, dass die Ehefrau den gewünschten Familiennamen "K. de M." bilden könne. Die Erklärung sei mithin dahin auszulegen , dass das ecuadorianische Recht nur für den Fall gewählt werden solle, dass es den Erwerb des Namens "K. de M." zulasse. Diese Bedingung sei indessen nicht erfüllt.
6
Die gewünschte Namensführung stelle nach ecuadorianischem Recht keinen Namen dar, den die Ehefrau rechtlich erwerben könne. Die in Art. 82 des ecuadorianischen Gesetzes über Zivilregister, Identifikation und Registrierung vom 21. April 1976 (LRC) geregelte Möglichkeit, dass die verheiratete Frau ihrem Familiennamen jenen ihres Ehemanns unter Vorschaltung der Präposition "de" beifügen könne, stelle keine Änderung des Familiennamens, sondern eine bloße Gebrauchsbefugnis dar. Das ergebe eine Auslegung des ausländischen Gesetzes auf der Grundlage der Auskünfte der Botschaft von Ecuador und stimme mit zahlreichen Rechtsordnungen des romanischen Rechtskreises, Asiens und Afrikas überein, die zwischen dem rechtlichen Namen , der in ein Register eingetragen werde, und einem Gebrauchsnamen, der im gesellschaftlichen Bereich geführt werden könne, unterschieden. Der Gebrauchsname sei typisch für Rechtsordnungen mit rechtlich getrennter Namensführung der Ehegatten. Die eheliche Verbundenheit werde dadurch dokumentiert , dass ein Ehegatte den Namen des anderen im Alltag gebrauche.
7
Dass es sich bei der Namensführung nach Art. 82 LRC nicht um einen materiellrechtlichen Namenserwerb, sondern um die Befugnis zum Gebrauch eines fremden Namens handele, ergebe sich auch aus der Regelung in Art. 77 LRC, nach der Vor- und Familienname nach der Geburtsurkunde einer Person feststünden und bei öffentlichen und privaten Urkunden von rechtlicher Bedeutung gebraucht werden müssten. Die Geburtsurkunde werde nach einer Heirat weder geändert noch durch eine andere für die Namensführung maßgebliche Urkunde ersetzt. Nach Auskunft der Botschaft Ecuadors habe eine Frau, die sich für die Führung eines solchen zusammengesetzten Namens entscheide, auch keinen Anspruch auf Ausstellung von Ausweispapieren auf diesen Namen. Das sei ein hinreichendes Indiz dafür, dass der (zusammengesetzte) Name , mit dem man sich nicht legitimieren könne, der Ehefrau nicht materiellrechtlich als eigener zustehen solle.
8
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
9
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass das Standesamt die Entgegennahme einer Namenserklärung nach § 41 PStG ablehnen muss, die materiellrechtlich nicht zulässig und daher unwirksam ist (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juli 2016 - XII ZB 609/14 - FamRZ 2016, 1761 zur Ausstellung einer Bescheinigung über Erklärungen zur Namensführung nach § 46 Nr. 1 PStV).
10
b) Nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB können Ehegatten bei oder nach der Eheschließung gegenüber dem Standesamt ihren künftig zu führenden Namen nach dem Recht eines Staates wählen, dem einer der Ehegatten angehört. Das ecuadorianische Ehenamensstatut steht ihnen aufgrund der entsprechenden Staatsangehörigkeit des Ehemanns offen. Weil die Wahl des Ehenamensstatuts ungeachtet des Art. 5 Abs. 1 EGBGB möglich ist, ist nicht von Bedeutung, dass der Ehemann außerdem die italienische Staatsangehörigkeit besitzt, selbst wenn es sich dabei um dessen effektive Staatsangehörigkeit handeln sollte.
11
c) Das Beschwerdegericht hat die Regelungen des ecuadorianischen Gesetzes über Zivilregister, Identifikation und Registrierung vom 21. April 1976 (LRC) dahin ausgelegt, dass es sich bei der Möglichkeit der Ehefrau, den Namen des Mannes verbunden mit der Präposition "de" ihrem Namen anzufügen , nicht um einen materiellrechtlichen Namenserwerb handelt, der durch die Wahl des ecuadorianischen Rechts begründet werden kann. Es hat die in Art. 82 LRC der Ehefrau ermöglichte Namensführung lediglich als eine Regelung zum Gebrauchsnamen angesehen, der vom rechtlichen Namen nach ecuadorianischem Recht zu unterscheiden sei. Der rechtliche Name ergebe sich nach Art. 77 LRC aus der Geburtsurkunde und werde durch die Eheschließung nicht berührt.
12
Die dagegen von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen sind unbegründet.
13
aa) Auf eine Verletzung ausländischen Rechts kann die Rechtsbeschwerde nach dem FamFG nicht gestützt werden. Nur eine unzureichende oder fehlerhafte Ermittlung des ausländischen Rechts kann mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 26. April 2017 - XII ZB 177/16 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGHZ 198, 14 = NJW 2013, 3656 Rn. 15 ff., 25; vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 203, 372 = FamRZ 2015, 479 Rn. 20; Sturm JZ 2011, 74).
14
bb) Der deutsche Tatrichter hat ausländisches Recht im Wege des Freibeweises zu ermitteln. In welcher Weise er sich die notwendigen Kenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Das Rechtsbeschwerdegericht überprüft insoweit nur, ob der Tatrichter sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls hinreichend ausgeschöpft hat. An die Ermittlungspflicht sind dabei umso höhere Anforderungen zu stellen, je komplexer und je fremder im Vergleich zum deutschen das anzuwendende Recht ist. Bei Anwendung einer dem deutschen Recht verwandten Rechtsordnung und bei klaren Rechtsnormen sind die Anforderungen geringer (vgl. Senatsbeschluss vom 26. April 2017 - XII ZB 177/16 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZB 197/12 - NJW 2013, 3656 Rn. 14 ff. und Urteil vom 13. Dezember 2005 - XI ZR 82/05 - NJW 2006, 762 Rn. 33 mwN).
15
cc) Das Beschwerdegericht hat seine Feststellung auf eine von der ecuadorianischen Botschaft erteilte Rechtsauskunft gestützt. Zusätzlich hat es sich auf wissenschaftliche Quellen zu den Eigenheiten von Rechtsordnungen des romanischen Rechtskreises berufen, insbesondere des spanischen Rechts, das mit dem ecuadorianischen Recht Gemeinsamkeiten aufweist. Die - wenn auch kurz gefasste - Auskunft der ecuadorianischen Botschaft als für Personenstandsangelegenheiten zuständiger Stelle ist zum Nachweis des Auslandsrechts besonders geeignet. Der Einholung eines vertiefenden Rechtsgutachtens bedurfte es wegen der überschaubaren und ersichtlich auch nicht außergewöhnlichen Fragestellung nicht. Die Rechtsbeschwerde hat nichts für eine abweichende Rechtspraxis oder dafür vorgebracht, dass es sich um eine umstrittene oder ungeklärte Rechtsfrage handelte. Vielmehr handelt es sich um eine bei jeder Eheschließung nach dem Recht Ecuadors potenziell auftretende Frage , die in der dortigen Rechtspraxis offenbar nicht zweifelhaft ist. Die Rechtsbeschwerde beschränkt sich insoweit auf die schon in den Instanzen vorgebrachten Behauptungen, die sich indessen nicht bestätigt haben und dem Beschwerdegericht auch keine Veranlassung für weitere Ermittlungen geben mussten (zu Gebrauchsnamen vgl. auch Pintens StAZ 2016, 65, 71 f.; Sperling StAZ 2010, 259, 260).
16
d) Da die begehrte Namensführung nach ecuadorianischem Recht nicht zu einer materiellrechtlichen Änderung des Familiennamens führt, ist sie somit weder in ein ecuadorianisches noch in ein deutsches Personenstandsregister einzutragen.
Dose Klinkhammer Günter Guhling Krüger
Vorinstanzen:
AG Schöneberg, Entscheidung vom 22.01.2015 - 71 III 170/14 -
Kammergericht Berlin, Entscheidung vom 09.07.2015 - 1 W 513/15 -

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 26 Ermittlung von Amts wegen


Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 293 Fremdes Recht; Gewohnheitsrecht; Statuten


Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise

Personenstandsgesetz - PStG | § 41 Erklärungen zur Namensführung von Ehegatten


(1) Die Erklärung, durch die 1. Ehegatten nach der Eheschließung einen Ehenamen bestimmen,2. ein Ehegatte seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen dem Ehenamen voranstellt oder anfügt oder

Personenstandsverordnung - PStV | § 46 Familienrechtliche Erklärungen


(1) Einer Person deren Name oder Geschlechtseintrag geändert worden ist, wird auf Wunsch eine Bescheinigung von dem Standesamt erteilt, das1.eine Erklärung, Einwilligung oder Zustimmung zur Namensführung auf Grund familienrechtlicher Vorschriften ent

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Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Die Erklärung, durch die

1.
Ehegatten nach der Eheschließung einen Ehenamen bestimmen,
2.
ein Ehegatte seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen dem Ehenamen voranstellt oder anfügt oder durch die er diese Erklärung widerruft,
3.
ein Ehegatte seinen Geburtsnamen oder den bis zur Bestimmung des Ehenamens geführten Namen wieder annimmt,
4.
Ehegatten nach der Eheschließung ihren künftig zu führenden Namen gemäß Artikel 10 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche wählen,
kann auch von den Standesbeamten beglaubigt oder beurkundet werden. Gleiches gilt für die Erklärung, durch die ein Kind und sein Ehegatte die Namensänderung des Kindes oder der Eltern des Kindes auf ihren Ehenamen erstrecken.

(2) Zur Entgegennahme der Erklärungen ist das Standesamt zuständig, das die Eheschließung zu beurkunden hat oder das Eheregister führt, in dem die Eheschließung beurkundet ist. Ist die Eheschließung nicht in einem deutschen Eheregister beurkundet, so ist das Standesamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich einer der Erklärenden seinen Wohnsitz hat oder zuletzt hatte oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ergibt sich danach keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt I in Berlin zuständig. Das Standesamt I in Berlin führt ein Verzeichnis der nach den Sätzen 2 und 3 entgegengenommenen Erklärungen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 609/14
vom
20. Juli 2016
in der Personenstandssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1355; EGBGB Art. 10 Abs. 2, 13, 17 b; LPartG § 3

a) Eine im Ausland (hier: Niederlande) geschlossene gleichgeschlechtliche
Ehe ist im deutschen Recht als eingetragene Lebenspartnerschaft zu behandeln
(im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. April 2016
- XII ZB 15/15 - juris, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

b) Die von den gleichgeschlechtlichen Partnern getroffene ausdrückliche Bestimmung
eines Ehenamens nach deutschem Recht anstatt eines Lebenspartnerschaftsnamens
ist unwirksam.
BGH, Beschluss vom 20. Juli 2016 - XII ZB 609/14 - Kammergericht Berlin
AG Schöneberg
ECLI:DE:BGH:2016:200716BXIIZB609.14.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Günter und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 14. Oktober 2014 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Die Beteiligten zu 1 und 2 schlossen am 7. Juli 2011 in den Niederlanden eine gleichgeschlechtliche Ehe nach niederländischem Recht. Der Beteiligte zu 1 besitzt die deutsche, der Beteiligte zu 2 die niederländische Staatsangehörigkeit.
2
Da das niederländische Recht einen gemeinsamen Familiennamen der Ehegatten nicht vorsieht, wählten die Beteiligten zu 1 und 2 mit konsularisch beglaubigter Erklärung für ihre Namensführung das deutsche Recht und bestimmten den Namen des Beteiligten zu 2 zum Familiennamen. Der Beteiligte zu 1 bestimmte seinen Geburtsnamen zum Begleitnamen. Gleichzeitig erklärten die Beteiligten zu 1 und 2, sie verweigerten "eine Aufnahme ihrer Erklärung im Institut der Lebenspartnerschaft" oder eine Umwandlung der Erklärung in eine Namenserklärung als Lebenspartnerschaftsname, da sie verheiratet seien.
3
Das zuständige Standesamt I in Berlin lehnte die Ausstellung einer Bescheinigung über die Namenserklärung ab. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben beantragt, das Standesamt anzuweisen, die Namensänderung auf den gewählten Ehenamen einschließlich des vorangestellten Geburtsnamens des Beteiligten zu 1 "einzutragen". Das Amtsgericht hat die als Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 46 Nr. 1 PStV aufgefassten Anträge zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
5
1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts, dessen Entscheidung in StAZ 2015, 142 veröffentlicht ist, liegt keine wirksame Namenswahl vor. Die von den Beteiligten zu 1 und 2 abgegebene Erklärung solle nach ihrer ausdrücklichen Einschränkung nur gelten, wenn auf sie die Bestimmungen des deutschen Rechts zur Ehe Anwendung fänden und nicht die Bestimmungen zur Lebenspartnerschaft. Es könne dahinstehen, ob die Erklärung schon deshalb unwirksam sei, weil sie unter einer unzulässigen Bedingung stehe. Denn jedenfalls sei die Bedingung nicht erfüllt. Die gleichgeschlechtlichen Beteiligten zu 1 und 2 könnten nach deutschem Recht einen gemeinsamen Familiennamen nicht als Ehenamen, sondern nur als Lebenspartnerschaftsnamen bestimmen.
6
Ehe bedeute nach deutschem Recht eine rechtliche Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, während der Begriff der Lebenspartnerschaft auf die gleichgeschlechtliche Personenkonstellation verweise. Das stehe im Einklang mit der Verfassung. Insbesondere verstießen die unterschiedlichen Bezeichnungen der Rechtsinstitute nicht gegen Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 1 GG. Das Recht der Europäischen Union gebiete es ebenfalls nicht, die Beteiligten zu 1 und 2 als Ehegatten i.S.v. Art. 10 Abs. 2 EGBGB anzusehen. Familienund Namensrecht müssten in den Mitgliedstaaten nicht übereinstimmend geregelt sein. Es obliege dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber, ein fremdes Rechtsinstitut (hier die gleichgeschlechtliche Ehe nach niederländischem Recht) als Gegenstand der Anknüpfung für das Internationale Privatrecht zu qualifizieren. Dabei bestehe keine Bindung an die Bezeichnungen, die das ausländische Recht verwende, oder an die Qualifikation sonstiger Mitgliedstaaten.
7
Hinkende Namensverhältnisse könnten in der vorliegenden Fallkonstellation nicht entstehen. In deutschen Personaldokumenten werde nicht kenntlich gemacht, ob es sich bei dem Familiennamen um einen Ehe- oder Lebenspartnerschaftsnamen handele. Ohnehin seien die Freiheiten, die das europäische Gemeinschaftsrecht den Unionsbürgern zuerkenne, durch die Möglichkeit einer Rechtswahl gewahrt. Ein Verstoß gegen Art. 8, 12 und 14 EMRK sei ebenfalls nicht ersichtlich.
8
Eine Umdeutung in eine Rechts- und Namenswahl nach Art. 17 b Abs. 2 Satz 1 EGBGB scheitere an der ausdrücklich dagegen gerichteten Erklärung der Beteiligten zu 1 und 2.
9
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
10
Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beteiligten zu 1 und 2 keine wirksame Namenswahl getroffen haben und daher keinen Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 46 Nr. 1 PStV haben.
11
a) Das von den Beteiligten zu 1 und 2 nach dem jedenfalls entsprechend anwendbaren Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB (vgl. Art. 17 b Abs. 2 Satz 1 EGBGB) in zulässiger Weise gewählte deutsche Recht sieht für eine im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe nur die Möglichkeit der Bestimmung eines Lebenspartnerschaftsnamens (§ 3 LPartG; § 42 PStG), nicht aber eines Ehenamens (§ 1355 BGB; § 41 PStG) vor.
12
aa) Die Frage, ob die sich im Namensrecht stellende Vorfrage des Bestehens einer Ehe oder Lebenspartnerschaft selbstständig oder unselbstständig anzuknüpfen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2016 - XII ZB 15/15 - juris, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt Rn. 31 f.), kann im vorliegenden Fall offenbleiben. Nach beiden Alternativen ist die von den Beteiligten zu 1 und 2 geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe als Lebenspartnerschaft zu behandeln. Dies gilt bei unselbstständiger Anknüpfung schon wegen der gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB zugunsten des deutschen Rechts getroffenen Rechtswahl. Bei selbstständiger Anknüpfung ist die im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe als Lebenspartnerschaft nach Art. 17 b EGBGB zu qualifizieren.
13
Der Senat hat die Frage der Qualifikation einer im Ausland geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehe bereits dahin entschieden, dass diese nach deutschem Recht als Lebenspartnerschaft im Sinne von Art. 17 b EGBGB zu betrachten ist (Senatsbeschluss vom 20. April 2016 - XII ZB 15/15 - juris, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt Rn. 34 ff.). Die Beteiligte zu 3 hat ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass auch eine Qualifikation als Ehe dem Anliegen der Beteiligten zu 1 und 2 nicht zum Erfolg verhelfen könnte. In diesem Fall wäre die Ehe nach dem gemäß Art. 13 EGBGB auf den Beteiligten zu 1 anwendbaren deutschen Recht schon nicht wirksam geschlossen worden, weil es an dem nach deutschem Recht konstitutiven Merkmal der Verschiedenge- schlechtlichkeit der Ehegatten fehlen würde (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2016 - XII ZB 15/15 - juris, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt Rn. 36).
14
bb) Da die von den Beteiligten zu 1 und 2 eingegangene rechtliche Verbindung nach deutschem Recht keine Ehe, sondern eine Lebenspartnerschaft ist, können die Partner nur einen Lebenspartnerschaftsnamen nach § 3 LPartG, nicht aber einen Ehenamen nach § 1355 BGB bestimmen. Ihre Namensbestimmung ist aber ausdrücklich nur auf einen Ehenamen gerichtet und daher unwirksam.
15
b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde gebietet es die Verfassung nicht, dass gleichgeschlechtlichen Partnern anstelle der eingetragenen Lebenspartnerschaft auch die Ehe offenstehen muss (BVerfG FamRZ 2002, 1169). Das gilt bezogen auf das von den Beteiligten zu 1 und 2 verfolgte Anliegen erst recht, weil das deutsche Recht mit dem Lebenspartnerschaftsnamen die von ihnen gewünschte Namensführung ermöglicht, zumal in den deutschen Personaldokumenten nicht kenntlich gemacht wird, ob es sich um einen Eheoder Lebenspartnerschaftsnamen handelt. Aus diesem Grund liegt auch eine von der Europäischen Menschenrechtskonvention verbotene Diskriminierung fern. Da die Beteiligten zu 1 und 2 in der Lage sind, die von ihnen gewünschte Namensführung im deutschen Recht zu verwirklichen, könnte es zu einer europarechtlich möglicherweise relevanten hinkenden Namensführung nur kommen, wenn das niederländische Recht die nach deutschem Recht getroffene Namenswahl nicht anerkennt. Das könnte aber nicht die Europarechtswidrigkeit des deutschen Namensrechts zur Folge haben.
Dose Klinkhammer Schilling Günter Guhling
Vorinstanzen:
AG Schöneberg, Entscheidung vom 14.10.2013 - 71 III 157/13 -
KG Berlin, Entscheidung vom 14.10.2014 - 1 W 554/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 177/16
vom
26. April 2017
in der Personenstandssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 48
Die Wahlmöglichkeit nach Art. 48 EGBGB beschränkt sich nicht auf dem
deutschen Recht bekannte Namensbestandteile. Wählbar ist vielmehr der gesamte
im Ausland erworbene Name (hier: Mittelname nach dänischem Recht).
BGH, Beschluss vom 26. April 2017 - XII ZB 177/16 - Kammergericht Berlin
AG Schöneberg
ECLI:DE:BGH:2017:260417BXIIZB177.16.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. April 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger, Dr. Botur und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 17. März 2016 wird zurückgewiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Der weiteren Beteiligten zu 4 werden die außergerichtlichen Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 auferlegt. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Das Verfahren betrifft die Namensführung eines in Dänemark geborenen Kindes deutscher Staatsangehörigkeit.
2
Das betroffene Kind wurde am 5. Juli 2010 in Dänemark als Tochter von Lydia Mo. (Beteiligte zu 1; im Folgenden: Mutter) und Janko Mo. (Beteiligter zu 2; im Folgenden: Vater) geboren. Im Geburtsgrundeintrag des Standesamts I in Berlin (Beteiligter zu 3; im Folgenden: Standesamt) wurde zur Namensführung des Mädchens der Vorname Lo. und der Familienname Mo. beurkundet. Die Familie lebt auf Dauer in Dänemark.
3
Die Eltern haben eine von einer Kirchenangestellten beglaubigte Abschrift eines dänischen Geburtseintrags vom 8. Juli 2010 vorgelegt, wonach in Dänemark als Vorname "Lo.", als Familienname "Jankosdatter" und als Mittelname "Mo." eingetragen sind. Am 20. Januar 2014 gaben die Eltern auf einem für die Beantragung der Nachbeurkundung der Geburt gedachten Formular der deutschen Botschaft in Kopenhagen eine öffentlich beglaubigte Erklärung zur Namensführung des Kindes ab. Die formularmäßige Erklärung lautete: "Wir/ich bestimme(n) für das o.g. Kind gem. Art 48 EGBGB den in Dänemark erworbenen und dort in ein Personenstandsregister eingetragenen Namen zum Familiennamen des Kindes. Das Kind führt demnach den Familiennamen…" In das folgende freie Feld war der Name "Jankosdatter" eingetragen. Als Vornamen des Kindes waren "Lo." und "Mo." eingetragen; eine Möglichkeit zur Angabe anderer Namensbestandteile sah das Formular nicht vor. Dieser Erklärung war ein Schreiben der Eltern beigefügt, in dem sie unter Bezugnahme auf die Erklärung den Namen "Lo. Mo. Jankosdatter" als alleinigen Namen, der die Voraussetzungen des Art. 48 EGBGB erfülle, bezeichneten. Am 22. März 2014 teilten sie dem Standesamt mit, dass sich die Erklärung nach Art. 48 EGBGB auf den gesamten Namen des Kindes beziehe.
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Das Standesamt beurkundete daraufhin, dass der Familienname des Kindes mit Wirkung vom 8. Juli 2010 neu bestimmt wurde und jetzt "Jankosdatter" lautet.
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Die Eltern haben zuletzt beantragt, den Geburtseintrag des Kindes dahingehend zu berichtigen, dass es den Mittelnamen, hilfsweise den zweiten Vornamen "Mo." trägt. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Eltern hat das Beschwerdegericht das Standesamt angewiesen , die Folgebeurkundung dahin zu berichtigen, dass das Kind mit Wirkung vom 8. Juli 2010 auf Grund Namenswahl zusätzlich den Mittelnamen "Mo." führt. Hiergegen wendet sich die Standesamtsaufsicht (Beteiligte zu 4) mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

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Die Rechtsbeschwerde der nach § 53 Abs. 2 PStG beschwerdebefugten Standesamtsaufsicht ist gemäß §§ 51 Abs. 1 PStG, 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat aber keinen Erfolg.
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1. Das Beschwerdegericht hat seine in FamRZ 2016, 1281 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
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Das Kind führe aufgrund der Namenswahl mit Wirkung vom 8. Juli 2010 auch den Mittelnamen "Mo.". Der Name des Kindes unterliege gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB deutschem Recht. Die Wahlmöglichkeit des Art. 48 EGBGB umfasse aber auch dem deutschen Recht unbekannte Namensbestandteile wie die von skandinavischen Rechtsordnungen vorgesehenen Mittelnamen. Durch Art. 48 EGBGB solle die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt werden, in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine einheitliche Namensführung zu ermöglichen. Dieses Ziel würde ohne die Erstreckung der Wahlmöglichkeit auf einen Mittelnamen verfehlt. Aufgrund der in Dänemark üblichen Verwendung von Personenkennzahlen (CPR-Nummern) könne die Identifizierung des Kindes erschwert werden, wenn in deutschen Personaldokumenten der Mittelname fehle.
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Die Wahl des Mittelnamens "Mo." sei auch nicht offensichtlich mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar. Das erforderliche Ordnungs- und Unterscheidungskriterium sei durch den vorhandenen Vor- und den Familiennamen gegeben. Der Name "Mo." sei zwar in Deutschland als männlicher Vorname gebräuchlich. Dies begründe aber keinen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, denn das Kindeswohl sei durch diesen Mittelnamen nicht gefährdet.
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Das Kind habe den Mittelnamen in Dänemark auch rechtmäßig erworben. Das dänische internationale Privatrecht knüpfe für die Namensführung an den Wohnsitz des Betroffenen an. Der Mittelname "Mo." sei nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 und 4 des dänischen Namensgesetzes zulässig. Schließlich sei auch die Wahl des Mittelnamens formgerecht erklärt worden. Die öffentlich beglaubigte Erklärung vom 20. Januar 2014 sei dahin zu verstehen, dass sich die Wahl auf den Mittelnamen erstrecke.
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2. Dies hält rechtlicher Überprüfung stand. Die Eltern haben im Namen des Kindes neben dem Familiennamen "Jankosdatter" wirksam den in Dänemark erworbenen Mittelnamen "Mo." nach Art. 48 EGBGB gewählt.
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a) Zu Recht nimmt das Beschwerdegericht an, dass sich der Name des Kindes gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB nach deutschem Recht richtet, weil das Kind allein die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Ferner bestehen keine Zweifel daran, dass das Kind seit seiner Geburt den gewöhnlichen Aufenthalt in Dänemark hat.
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b) Die Wahlmöglichkeit nach Art. 48 EGBGB beschränkt sich nicht nur auf dem deutschen Recht bekannte Namensbestandteile. Wählbar ist vielmehr der gesamte im Ausland erworbene Name (ebenso BeckOK BGB/Mäsch [Stand: 1. Mai 2013] Art. 48 EGBGB Rn. 17; MünchKommBGB/Lipp 6. Aufl. Art. 48 EGBGB Rn. 4).
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aa) Dafür spricht schon der Wortlaut des Gesetzes. Art. 48 EGBGB regelt eine Wahlmöglichkeit für den "Namen einer Person". Dieser Begriff ist kolli- sionsrechtlich zu verstehen (MünchKommBGB/Lipp 6. Aufl. Art. 48 EGBGB Rn. 4). Unter ihn fällt nicht nur der Familienname, sondern jedes sprachliche Mittel zur Identifikation und Unterscheidung einer Person, insbesondere sind Vor-, Zwischen- und Familiennamen umfasst (MünchKommBGB/Lipp Art. 10 EGBGB Rn. 21, 23; BeckOK BGB/Mäsch [Stand: 1. Mai 2013] Art. 10 EGBGB Rn. 21), wobei das einzelne Namensstatut darüber entscheidet, welche Namensbestandteile erworben werden können (Senatsbeschluss vom 9. Juni 1993 - XII ZB 3/93 - FamRZ 1993, 1178, 1179; BGH Beschluss vom 26. Mai 1971 - IV ZB 22/70 - NJW 1971, 1521; Staudinger/Hepting/Hausmann BGB [2013] Art. 10 Rn. 21 ff., 63). Soll eine kollisionsrechtliche Regelung nur für einzelne Namensbestandteile gelten, benennt der Gesetzgeber diese hingegen ausdrücklich (vgl. Art. 10 Abs. 3, Art. 47 EGBGB).
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bb) Auch die Systematik des Gesetzes zeigt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich die Wahl des gesamten ausländischen Namens einer Person ermöglichen wollte und nicht nur diejenige des Vor- und Familiennamens. Dies ergibt sich aus dem Verweis des Art. 48 Satz 4 EGBGB auf Art. 47 Abs. 1 EGBGB, der Regelungen für alle Namensbestandteile enthält (vgl. auch BT-Drucks. 17/11049 S. 12).
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cc) Schließlich wird diese Auslegung auch durch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung getragen. Art. 48 EGBGB wurde zur Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Beeinträchtigung der im Primärrecht der Europäischen Union garantierten Grundfreiheiten, insbesondere der Freiheit eines jeden Unionsbürgers, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und sich dort aufzuhalten (Art. 21 Abs. 1 AEUV), eingeführt (BT-Drucks. 17/11049 S. 12). Nach dieser Rechtsprechung liegt eine unzulässige Beschränkung der Grundfreiheiten in der Verpflichtung des Betroffenen, gegen seinen Willen einen anderen Namen tragen zu müssen als den, der im Geburtsmitgliedstaat eingetragen wurde und den er dort führt (EuGH FamRZ 2008, 2089 Rn. 22 "Grunkin-Paul" und StAZ 2004, 40 Rn. 45 "Garcia Avello") oder den er in einem Mitgliedstaat lange Zeit mit Billigung der Behörden dieses Staats geführt hat (EuGH FamRZ 2011, 1486 Rn. 67 ff. "Sayn-Wittgenstein"). Denn die Führung unterschiedlicher Namen kann zu schwerwiegenden Nachteilen führen (EuGH FamRZ 2008, 2089 Rn. 23 ff. "Grunkin-Paul"; StAZ 2004, 40 Rn. 45 "Garcia Avello" und FamRZ 2011, 1486 Rn. 54 "Sayn-Wittgenstein"). Zwar betrafen die bisher vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fälle nur den Familiennamen. Die unterschiedliche Führung anderer Namensbestandteile führt aber in gleicher Weise zu einer Beschränkung der vom Unionsvertrag gewährleisteten Freizügigkeit, denn auch insoweit können voneinander abweichende Namensangaben in Personaldokumenten zu Zweifeln an der Identität einer Person führen, was das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall sogar festgestellt hat. Dementsprechend hat der Europäische Gerichtshof sich in seinen allgemeinen Ausführungen auch auf den gesamten Namen der Person bezogen (EuGH FamRZ 2008, 2089 Rn. 22 "Grunkin-Paul"; StAZ 2004, 40 Rn. 36 "Garcia Avello" und FamRZ 2011, 1486 Rn. 55 f. "Sayn-Wittgenstein"). Somit erfordert die vollständige Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch die Möglichkeit, sämtliche nach ausländischem Recht erworbenen Namensbestandteile zu wählen.
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c) Entgegen der Rüge der Rechtsbeschwerde ist das Beschwerdegericht auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Mittelname des Kindes im dänischen Personenstandsregister eingetragen ist. Der Nachweis der Eintragung muss nicht durch eine von der gemäß Art. 3 Abs. 2 des deutsch-dänischen Beglaubigungsabkommens vom 17. Juni 1936 (RGBl. II S. 213; wieder anwendbar aufgrund der Bekanntmachung vom 1. September 1952, BGBl. II S. 186) zuständigen Behörde überbeglaubigte Abschrift der Urkunde geführt werden.
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aa) Dabei kann offen bleiben, ob - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung mit Bezugnahme auf eine Veröffentlichung des Bundesministeriums des Innern geltend macht - Art. 3 Abs. 2 des Abkommens obsolet ist, weil das dänische Recht diese Beglaubigung nicht mehr vorsieht. Jedenfalls bezweckt das Übereinkommen eine Vereinfachung des Urkundenverkehrs und enthält daher nur eine Verpflichtung, dänische Urkunden in Deutschland ohne weitere Voraussetzungen anzuerkennen, soweit sie nach den Vorgaben des Abkommens beglaubigt sind. Umgekehrt schließt es aber nicht aus, nicht entsprechend überbeglaubigte dänische öffentliche Urkunden ebenfalls in Deutschland anzuerkennen.
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Insoweit hat das Gericht nach dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG) die erforderlichen Tatsachen zu ermitteln, die vorliegenden Beweise zu würdigen und sich Gewissheit über die Echtheit der Urkunde zu verschaffen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Beweiswürdigung nur dahingehend überprüfen, ob das Beschwerdegericht alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen hat und die Würdigung auf einer ausreichenden Sachaufklärung beruht (Senatsbeschluss vom 28. September 2016 - XII ZB 227/16 - FamRZ 2016, 2091 Rn. 6 f.).
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bb) Gemessen daran lassen die Feststellungen des Beschwerdegerichts zum Registereintrag keine Rechtsfehler erkennen. Dem Beschwerdegericht lag eine von der Kirchenbeamtin öffentlich beglaubigte Abschrift des Registereintrags vor. Die Zuständigkeit der Kirchenbeamtin sowie die Echtheit und inhaltliche Richtigkeit der beglaubigten Abschrift wurde von keinem Verfahrensbeteiligten in Zweifel gezogen. Angesichts dieser Umstände musste sich das Beschwerdegericht insbesondere nicht veranlasst sehen, weitere Ermittlungen zur Echtheit der Urkunde durchzuführen oder eine besondere Beglaubigung oder Legalisation der Urkunde zu verlangen.
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d) Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht von einem Erwerb des Mittelnamens des Kindes in Dänemark ausgegangen ist. Entgegen der Rüge der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht das dänische internationale Privatrecht sowie das dänische Namensrecht in hinreichender Weise ermittelt.
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aa) Insoweit ist es umstritten, ob eine Ermittlung des ausländischen Rechts überhaupt erforderlich ist. Nach einer Ansicht ist der Erwerb des Namens im Sinne von Art. 48 EGBGB nämlich bereits dann erfolgt, wenn die Person den Namen im anderen Mitgliedstaat tatsächlich als rechtmäßig führt (vgl. Staudinger/Hepting/Hausmann BGB [2013] Art. 48 EGBGB Rn. 16 f. und Art. 10 EGBGB Rn. 562; BeckOK BGB/Mäsch [Stand: 1. Mai 2013] Art. 48 EGBGB Rn. 9; Mankowski StAZ 2014, 97, 103 f.). Nach einer anderen Ansicht ist zusätzlich erforderlich, dass der eingetragene Name auch in dem Sinne rechtmäßig sein muss, dass er nach dem Recht des Mitgliedstaats richtig bestimmt wurde (KG FamRZ 2016, 1280 f.; MünchKommBGB/Lipp 6. Aufl. Art. 48 EGBGB Rn. 12; Wall StAZ 2013, 237, 241 ff.; wohl auch Freitag StAZ 2013, 69, 70). Ein rechtswidrig geführter Name soll nur dann als "erworben" im Sinne von Art. 48 EGBGB angesehen werden können, wenn ein schützenswertes Vertrauen des Betroffenen vorliegt (MünchKommBGB/Lipp 6. Aufl. Art. 48 EGBGB Rn. 12).
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bb) Dieser Streit muss hier aber nicht entschieden werden. Denn das Beschwerdegericht hat in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass das Kind den Namen nach dänischem Recht rechtmäßig erworben hat.
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Der deutsche Tatrichter hat ausländisches Recht im Wege des Freibeweises zu ermitteln. In welcher Weise er sich die notwendigen Kenntnisse verschafft , liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Das ausländische Recht selbst unterliegt dabei nicht der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Dieses überprüft insoweit nur, ob der Tatrichter sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls hinreichend ausgeschöpft hat. An die Ermittlungspflicht sind dabei umso höhere Anforderungen zu stellen, je komplexer und je fremder im Vergleich zum deutschen das anzuwendende Recht ist. Bei Anwendung einer dem deutschen Recht verwandten Rechtsordnung und klaren Rechtsnormen sind die Anforderungen geringer (vgl. BGH Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZB 197/12 - NJW 2013, 3656 Rn. 14 ff. und Urteil vom 13. Dezember 2005 - XI ZR 82/05 - NJW 2006, 762 Rn. 33 mwN).
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Gemessen daran ist es im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht den Inhalt des dänischen internationalen Privatrechts mit Hilfe von Erläuterungen hierzu in der wissenschaftlichen Literatur festgestellt und auf den in der Kommentarliteratur abgedruckten und erläuterten Text des dänischen Namensgesetzes zurückgegriffen hat. Der Rechtsbeschwerde lassen sich - über pauschal geäußerte und nicht belegte Zweifel hinaus - keine tragfähigen Angriffe gegen die Feststellung des Beschwerdegerichts entnehmen , dass die Namensführung im dänischen internationalen Privatrecht auch bezüglich des Mittelnamens dem Recht des Wohnsitzes unterliegt. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 des dänischen Namensgesetzes kann der Mittelname ein Name sein, der auch als Nachname angenommen werden kann; dies ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 des dänischen Namensgesetzes für den Nachnamen der Eltern erlaubt. Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass diese Vorschriften in Dänemark ihrem eindeutigen Wortlaut zuwider angewandt werden oder dass andere dänische Regelungen entgegenstehen, werden von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt.
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e) Zu Recht legt das Beschwerdegericht die öffentlich beglaubigte Erklärung der Eltern über die Namenswahl dahingehend aus, dass das Kind auch in Deutschland den vollständigen in Dänemark registrierten Namen einschließlich des Mittelnamens führen soll, und nimmt somit eine gemäß Art. 48 Abs. 1 Satz 3 EGBGB formgerechte Erklärung an. Zwar ist die namensrechtliche Erklärung ihrem Wortlaut nach scheinbar nur auf den Familiennamen gerichtet. Aber schon daraus, dass hier ein für diese Erklärung nicht vorrangig gedachtes Formular verwendet wurde, ergibt sich die Notwendigkeit, den Inhalt der namensrechtlichen Erklärung durch Auslegung zu ermitteln. Unter Berücksichtigung des der Erklärung beigefügten Schreibens, in dem die Eltern ausdrücklich erklären, dass der dem Kind in Dänemark erteilte Name auch in Deutschland maßgeblich sein soll, ist eindeutig, dass die Eltern mit der Erklärung auch den Mittelnamen des Kindes wählen wollten.
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Soweit dabei zur Auslegung der Erklärung auf Schriftstücke und Umstände außerhalb der öffentlich beglaubigten Urkunde zurückgegriffen wird, stellt dies die Formgültigkeit der Erklärung nicht in Frage. Zur Auslegung einer formbedürftigen Erklärung können auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände herangezogen werden, wenn der Wille in der Urkunde zumindest einen, wenn auch unvollkommenen, Ausdruck gefunden hat (vgl. BGH Urteile vom 11. Februar 2010 - VII ZR 218/08 - MDR 2010, 621 und vom 14. November 1991 - IX ZR 20/91 - MDR 1992, 745). Bestimmungen, die den Erklärungsinhalt nicht modifizieren, sondern lediglich erläutern, bedürfen selbst nicht der notwendigen Form (vgl. Senatsurteil BGHZ 142, 158 = NJW 1999, 2591, 2592). Mit der Angabe auch des Mittelnamens in der beglaubigten Erklärung sowie der darin enthaltenen Bezugnahme auf den dänischen Geburtseintrag hat dieser Wille hinreichenden Ausdruck in der Urkunde gefunden.
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f) Die Wahl des Mittelnamens "Mo." verstößt schließlich auch nicht gegen den deutschen ordre public.
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aa) Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 EGBGB setzt die Wahl eines im Ausland erworbenen Namens voraus, dass diese nicht mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Das deutsche Recht setzt für einen bürgerlichen Namen zwingend einen Namensbestandteil voraus, der mit der Übertragbarkeit auf den Ehegatten und die Kinder auch die Aufgabe des Familiennamens erfüllen kann und einen anderen Namensteil, der als Vorname die Mitglieder einer Familie und allgemein die Träger des gleichen Familiennamens voneinander unterscheidbar macht (Senatsbeschluss vom 19. Februar 2014 - XII ZB 180/12 - FamRZ 2014, 741 Rn. 24). Hingegen sind bloße Probleme bei der Registerdarstellung - die bei ausländischem Namensstatut ohnehin bewältigt werden müssten - kein Grund, die Wahl eines Mittelnamens abzulehnen (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Februar 2014 - XII ZB 180/12 - FamRZ 2014, 741 Rn. 29). Ebenso ergibt sich aus einer fehlenden Erkennbarkeit des Geschlechts grundsätzlich kein Verstoß gegen den ordre public. Dasdeutsche Recht kennt weder einen ausdrücklichen noch einen immanenten Grundsatz, dass der Name über das Geschlecht einer Person unterrichten muss (BVerfG FamRZ 2009, 294 Rn. 15). Bietet der Name allerdings einem Kind offensichtlich nach keiner Betrachtungsweise die Möglichkeit, sich anhand des Vornamens mit seinem Geschlecht zu identifizieren (vgl. BVerfG FamRZ 2009, 294 Rn. 17), und erscheint er somit nicht geeignet, die Identitätsfindung und Individualisierung zu ermöglichen (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 2008 - XII ZB 5/08 - FamRZ 2008, 1331 Rn. 18), führt die darin enthaltene Kindeswohlgefährdung zu einem Verstoß gegen den deutschen ordre public.
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bb) Nach diesen Maßstäben liegt keine offensichtliche Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts vor. Die notwendige Indi- vidualisierungsfunktion des Namens wird durch den vorhandenen Vor- und Familiennamen erfüllt. Dass der Mittelname "Mo." auch ein in Deutschland gebräuchlicher männlicher Vorname ist, nimmt dem Kind nicht offensichtlich die Möglichkeit, sich mit seinem Geschlecht zu identifizieren. Der Mittelname ist nicht dem Vornamen gleichzusetzen (BGH Beschluss vom 26. Mai 1971 - IV ZB 22/70 - NJW 1971, 1521) und kann schon daher in diesem Fall die Identitätsfindung nur in geringem Umfang beeinträchtigen. Ob der Mittelname hier eher dem Vor- oder dem Familiennamen zuzurechnen ist (vgl. BGH Beschluss vom 26. Mai 1971 - IV ZB 22/70 - NJW 1971, 1521) oder ob die von der Rechtsbeschwerde angeführte Verwechslungsgefahr mit einem zweiten Vornamen besteht, kann offen bleiben. Denn der gewählte Vorname "Lo." des Kindes lässt das weibliche Geschlecht des Kindes eindeutig erkennen. Wäre der Name "Mo." ein zweiter Vorname, könnten die Eltern und das Kind diesbezüglichen Problemen bereits durch das Unterlassen der Verwendung dieses Namens im täglichen Leben begegnen (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 2008 - XII ZB 5/08 - FamRZ 2008, 1331 Rn. 28). Bei einem Mittelnamen, der von vornherein schon nicht als Rufname des Kindes gedacht ist, gilt dies erst recht. Darüber hinaus lässt der vom Familiennamen der Eltern abgeleitete Mittelname die Abstammung des Kindes erkennen. Dadurch, dass es diesen Familiennamen weiter trägt, wird es dem Kind sogar erleichtert, seine Zugehörigkeit zum Familienverband nach außen zu verdeutlichen und dementsprechend seine Identität zu entwickeln.
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3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose Schilling Nedden-Boeger Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Schöneberg, Entscheidung vom 23.01.2015 - 71 III 315/14 -
Kammergericht Berlin, Entscheidung vom 17.03.2016 - 1 W 19/15 -
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Der a) deutsche Tatrichter hat das maßgebliche ausländische Recht gemäß § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln. In welcher Weise er sich die notwendigen Kenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Vom Revisionsgericht überprüft werden darf insoweit lediglich, ob er sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles hinreichend ausgeschöpft hat (st.Rspr., siehe etwa Senatsurteil vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, WM 2002, 1186, 1187 m.w.Nachw.). An die Ermittlungspflicht sind dabei umso höhere Anforderungen zu stellen, je komplexer und je fremder im Vergleich zum deutschen das anzuwendende Recht ist. Bei Anwendung einer dem deut- deutschen Recht verwandten Rechtsordnung und klaren Rechtsnormen sind die Anforderungen geringer (BGHZ 118, 151, 163).