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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 447/18
vom
14. November 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:141118B3STR447.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. November 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 26. Juni 2018, soweit es den Angeklagten betrifft, in der Einziehungsentscheidung dahin geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 530.810,50 € angeordnet wird. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in zwölf Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt sowie die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 534.186,72 € angeordnet. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt nur zu einer Minderung des Einziehungsbetrages. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
a) Der einkommens- und vermögenslose Angeklagte betrieb erfolglos mehrere Gesellschaften auf dem Gebiet des Speditionsgewerbes. Der Mitangeklagte F. , dessen Revision gegen das genannte Urteil der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage verworfen hat, ließ sich vom Angeklagten dafür gewinnen , alleiniger Gesellschafter der stillgelegten T. GmbH und Geschäftsführer dieser Firma zu werden. Tatsächlich führte die Geschäfte der Angeklagte, der die T. GmbH mit ihrem unauffälligen Eintrag bei der Creditreform als Mantel benötigte, um unter dieser Firma Mietkauf- und Leasingverträge über Fahrzeuge sowie Sattelzugmaschinen und -auflieger abzuschließen. Bei zwölf Verträgen täuschte er die Vermieter- und Leasingfirmen über die Zahlungsfähigkeit der GmbH sowie über die Zahlungswilligkeit. Wie von vornherein beabsichtigt, entrichtete der Angeklagte im Namen der GmbH nur die Anzahlungen sowie die ersten monatlichen Miet- und Leasingraten. Tatsächlich überführte der Angeklagte die Fahrzeuge, Maschinen und Auflieger nicht in das Firmenvermögen, sondern wollte sie in ein von ihm betriebenes deutsch-russisches Transportunternehmen einbringen. Er wollte Speditionsaufträge abwickeln, um aus den Erlösen unmittelbar seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Seinem Tatplan entsprechend gab der Angeklagte die Fahrzeuge, Maschinen und Sattelauflieger nach Kündigung durch die Vermietungs - und Leasingfirmen nicht an diese zurück, sondern verbrachte sie unauffindbar nach Russland. Nur bei der Tat 6 gelangte die Leasingfirma im April 2017 wieder in den Besitz des Sattelaufliegers, nachdem der Angeklagte die Raten ab September 2016 schuldig geblieben war.
4
Nach Vollendung der Taten im Zeitraum vom 20. Oktober 2015 bis Ende Juni 2016 stellten zwei Krankenkassen am 14. Juli 2016 bzw. 30. August 2016 Insolvenzanträge gegen die T. GmbH. Am 26. Januar 2017 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts Lüneburg mangels Masse abgelehnt. Der vorläufige Insolvenzgutachter konnte nicht auf die vom Angeklagten ins Ausland verbrachten Fahrzeuge, Maschinen und Sattelauflieger zugreifen. Über das Vermögen des Angeklagten wurde am 14. September 2016 durch das Amtsgericht Chemnitz das Insolvenzverfahren vor allem wegen seiner Schulden aus einer zuvor betriebenen Gesellschaft eröffnet.
5
b) Das Landgericht hat nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1, § 73e Abs. 1 StGB die Einziehung des Wertes von Taterträgen wie folgt bestimmt: Es hat auf den Marktwert der Fahrzeuge, Sattelzugmaschinen und -auflieger zum Zeitpunkt der jeweiligen Übergabe an den Angeklagten abgestellt und davon die geleisteten Anzahlungen und Raten abgezogen.
6
2. Der Schuld- und Strafausspruch begegnet keinen rechtlichen Bedenken , wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegt hat. Zur Einziehungsentscheidung gilt:
7
a) Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte und nicht die T. GmbH die Verfügungsgewalt über die Fahrzeuge, Maschinen und Sattelauflieger erlangte (§ 73 Abs. 1 StGB).
8
aa) Nach § 73 Abs. 1 StGB ist jeder Vermögenswert abzuschöpfen, den der Tatbeteiligte "durch" die rechtswidrige Tat erlangt hat, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seine Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist (BT-Drucks. 18/9525, S. 62; BGH, Urteil vom 8. Februar 2018 - 3 StR 560/17, NJW 2018, 2141, 2142; Köhler, NStZ 2017, 497, 503). Der tatsächliche Vorgang ist maßgeblich (BT-Drucks. 18/9525, S. 62).
9
Die zur Verfallsanordnung gegen den Täter oder zu Lasten eines Dritten (§ 73 Abs. 3 StGB aF) entwickelten Grundsätze sind zur Abgrenzung der Abschöpfung des Erlangten beim Täter (§ 73 StGB nF) von der Dritteinziehung (§ 73b StGB nF) weiterhin maßgeblich (BGH, Beschlüsse vom 31. Juli 2018 - 3 StR 620/17, juris Rn. 26; vom 23. Oktober 2018 - 5 StR 185/18, juris):
10
Wenn der Täter als Beauftragter, Vertreter oder Organ einer juristischen Person handelte, kann nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden, dass er die Verfügungsgewalt erlangte. Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die von dem Privatvermögen des Beauftragten, Vertreters oder Organs zu trennen ist. Der Zufluss in das Gesellschaftsvermögen einer Kapitalgesellschaft stellt daher trotz Zugriffsmöglichkeit nicht ohne weiteres zugleich einen privaten Vermögensvorteil der zur Geschäftsführung berufenen Personen dar. In solchen Fällen ist die Dritteinziehung bei der Gesellschaft vorrangig. Die Gesellschaft ist damit als Einziehungsbetroffene am Verfahren zu beteiligen oder es ist ein selbstständiges Einziehungsverfahren gegen sie zu führen.
11
Zur Begründung einer Einziehungsanordnung gegen den als Organ handelnden Täter bedarf es einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, ob dieser selbst etwas erlangte, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz führte. Eine tatsächliche oder rechtliche Vermutung spricht dafür nicht. Vielmehr bedarf es einer Darlegung der besonderen, den Zugriff auf das Vermögen des Täters rechtfertigenden Umstände. Sie können etwa darin liegen, dass der Täter die Gesellschaft nur als einen formalen Mantel seiner Tat nutzte, eine Trennung zwischen dem eigenen Vermögen und derjenigen der Gesellschaft aber nicht vornahm, oder darin, dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weiterge- leitet wird. Wird der Vermögensvorteil hingegen von der Gesellschaft vereinnahmt , so kann nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden, dass der wirtschaftliche Wert der Geschäftsanteile im Privatvermögen des Täters mit jeder Zahlung oder jeder zurückgewiesenen Forderung steigt oder sich der Zufluss auf die Höhe einer späteren Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen auswirkt. In solchen Fällen sind die Einziehungsanordnungen und die sie sichernden Maßnahmen gegen die Gesellschaft zu richten (vgl. zu § 73 Abs. 1, § 73b StGB nF: BGH, Beschluss vom 31. Juli 2018 - 3 StR 620/17, juris Rn. 26; zu § 73 Abs. 3 StGB aF: BVerfG, Beschlüsse vom 3. Mai 2005 - 2 BvR 1378/04, BVerfGK 5, 217, 221 f.; vom 17. Juli 2008 - 2 BvR 2182/06, WM 2008, 1588, 1589; vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, StV 2004, 409, 411; BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256; Beschluss vom 7. September 2016 - 2 StR 352/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 22).
12
bb) An diesen Grundsätzen gemessen hat das Landgericht die Verfügungsgewalt des Angeklagten über die betrügerisch erlangten Gegenstände (§ 263 Abs. 1 StGB) rechtsfehlerfrei festgestellt. Er trennte nicht zwischen Firmen- und Privatvermögen, sondern verfuhr mit den Fahrzeugen, Sattelzugmaschinen und -aufliegern nach Belieben. Desgleichen wollte er die Entgelte aus Transportaufträgen ohne Rücksicht darauf, ob dies nach der Vermögenslage der GmbH zu rechtfertigen war, vereinnahmen. Er benötigte nur die Firma der GmbH mitsamt ihrem unauffälligen Eintrag bei der Creditreform, um diese als zivilrechtlichen Vertragspartner der Vermietungs- und Leasingfirmen auftreten lassen zu können. In Umsetzung seines Tatplans hatte der Angeklagte die Gegenstände aus Deutschland verbracht, bevor der vorläufige Insolvenzgutachter darauf zugreifen konnte.
13
Ob bei einer abweichenden Betrachtung die Strafvorschriften einer Untreue zu Lasten der T. GmbH (§ 266 Abs. 1 StGB) unter dem Gesichtspunkt einer faktischen Geschäftsführung bzw. eines Bankrotts (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 Variante 1 StGB) eine Einziehung mit dem (nahezu) gleichen Ergebnis tragen würden, bedarf nach alledem nicht der Entscheidung.
14
b) Die Eröffnung des Privatinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Angeklagten steht der Einziehungsanordnung nicht entgegen. Dabei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
15
aa) Der dem Staat zustehende Einziehungsanspruch ist eine strafrechtliche Forderung eigener Art. Entsprechend ihrer "quasi-bereicherungsrechtlichen Rechtsnatur" soll sie mit dem Erlangen durch den Betroffenen (originär) entstehen und zugleich fällig werden (BT-Drucks. 18/11640, S. 86). Mit der Wertersatzeinziehungsanordnung nach § 73c Satz 1 StGB wird der Zahlungsanspruch des Staates gegen den Betroffenen tituliert (vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73c Rn. 9; Köhler, NStZ 2017, 497, 499).
16
bb) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht dazu, dass der Insolvenzverwalter, auf welchen die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über das Schuldnervermögen übergeht (§ 80 Abs. 1 InsO), am Strafverfahren zu beteiligen und die Einziehungsanordnung gegen ihn als Partei kraft Amtes zu richten wäre. Denn bei der Einziehung handelt es sich wie bei dem Verfall nach alter Rechtslage um eine strafrechtliche Nebenfolge (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB), die dem strafrechtlichen Erkenntnis vorbehalten bleiben muss (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 312). Die Einziehung ist eine regelmäßig anzuordnende hoheitliche Eingriffsmaßnahme zur Abschöpfung der dem Täter zugeflossenen Erträge und damit der Durchsetzung von zivil- rechtlichen Schadensersatzansprüchen im Gleichordnungsverhältnis zwischen Privatleuten im Zivilprozess nicht vergleichbar. Die Einziehung ist mithin ungeachtet der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen anzuordnen (vgl. zum Verfall von Wertersatz nach alter Rechtslage: BGH, Urteile vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 312; vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 253; SK-StPO/Rogall, 5. Aufl., Vor §§ 111b - 111p Rn. 44; MüKoStPO/Bittmann, Vor §§ 111b - 111p Rn. 8; zum aufschiebend bedingt entstandenen Zahlungsanspruch des Staates im Wege des Auffangrechtserwerbs bei der Rückgewinnungshilfe nach § 111i Abs. 2, Abs. 5 Satz 1 StPO aF: BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 4 StR 60/14, BGHSt 60, 75, 81 ff.; Beschluss vom 12. März 2015 - 2 StR 322/14, wistra 2015, 309).
17
cc) Dies gilt unabhängig davon, ob der Staat als Insolvenzgläubiger oder als anderer Gläubiger, etwa als Neugläubiger, zu behandeln ist (zur Abgrenzung vgl. etwa BGH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - IX ZB 57/12, NJW-RR 2014, 1079; danach kommt es darauf an, ob der anspruchsbegründende Tatbestand vor der Verfahrenseröffnung abgeschlossen ist, mag sich die Forderung des Gläubigers daraus auch erst nach Beginn des Insolvenzverfahrens ergeben). Zwar müssen zum vollendeten Straftatbestand, aufgrund dessen die Geschädigten mit ihren Schadensersatzansprüchen (aus Vertrag [§ 280 Abs. 1 BGB] und aus Delikt [§ 823 Abs. 1 BGB; § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 Abs. 1 StGB; § 826 BGB]) als Altgläubiger anzusehen sind, der Strafprozess und die Einziehungsanordnung hinzutreten (vgl. zum zivilprozessualen Kostenerstattungsanspruch [§ 91 ZPO] BGH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - IX ZB 57/12, NJW-RR 2014, 1079, 1080). Der Staat erwirbt den Wertersatzeinziehungsanspruch , der neben die Forderungen der Geschädigten tritt, originär, nicht abgeleitet. Gleichwohl ist mit dem Erlangen der Verfügungsge- walt durch den Täter oder den sonst von der Einziehung Betroffenen der anspruchsbegründende Sachverhalt bereits abgeschlossen, auch wenn die Voraussetzungen des § 73c Satz 1 StGB erst später eintreten. Dies könnte nahelegen, den Staat regelmäßig als Altgläubiger zu behandeln. Dies bedarf indes hier nicht der Entscheidung. Denn mit der Titulierung des Zahlungsanspruchs kraft der Einziehungsanordnung ist noch nicht darüber entschieden, ob der Staat die wie eine Geldstrafe zu vollstreckende Wertersatzeinziehungsforderung (§ 459g Abs. 2, §§ 459, 459c Abs. 1, 2 StPO) auch erfolgreich beitreiben kann.
18
(1) Als Altgläubiger unterfiele der Staat dem allgemeinen Vollstreckungsverbot nach § 89 Abs. 1 InsO; seine Wertersatzeinziehungsforderung wäre im Insolvenzverfahren nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO nachrangig zu bedienen (BGH, Urteil vom 11. Mai 2010 - IX ZR 138/09, NZI 2010, 607 ff.). Indes wäre eine Vollstreckung nach Beendigung des Insolvenzverfahrens (§ 201 Abs. 1 InsO) auch bei erteilter Restschuldbefreiung möglich, weil davon Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung ebenso wenig wie solche aus strafrechtlichen Nebenfolgen erfasst werden (§ 302 Nr. 1 InsO; § 302 Nr. 2 iVm § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO).
19
(2) Als Neugläubiger könnte der Staat beispielsweise während des Insolvenzverfahrens in den nach § 850f ZPO erweitert pfändbaren Teil von Bezügen des Schuldners vollstrecken (§ 89 Abs. 2 Satz 2 InsO).
20
(3) Im Übrigen gelten bei der Vollstreckung der Wertersatzeinziehungsforderung die Vorschriften gemäß § 459h Abs. 2 Satz 2, § 111i StPO.
21
c) Da der Angeklagte die Fahrzeuge, Maschinen und Sattelauflieger unauffindbar ins Ausland verbrachte, hat das Landgericht zutreffend eine Wertersatzeinziehungsentscheidung nach § 73c Satz 1 StGB getroffen (BGH, Beschluss vom 21. August 2018 - 2 StR 311/18, juris Rn. 9; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73c Rn. 7).
22
d) In der Höhe ist übereinstimmend mit dem Antrag des Generalbundesanwalts der Einziehungsbetrag geringfügig zu korrigieren.
23
Gegen die Bestimmung der tatsächlichen Werte der Fahrzeuge, Maschinen und Sattelauflieger nach ihrem Marktwert zum Zeitpunkt der Übergabe an den Angeklagten, der den Besitz an ihnen erlangte (§ 854 Abs. 1 BGB), ist nichts zu erinnern. Dass das Landgericht die Anzahlungen und Raten als Schadenswiedergutmachungsbeträge vom Marktwert ungeachtet möglicher Gewinnanteile abzog (§ 73e Abs. 1 StGB), birgt jedenfalls keinen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten. Indes ergibt die Addition der Beträge aus den Fällen 1 bis 5 und 7 bis 12 einen Betrag in Höhe von 528.748,66 €. Hinzuzurechnen sind die Beträge der monatlichen Leasingraten aus der Tat 6, die sich der Angeklagte trotz Nutzung der Sattelzugmaschine im Zeitraum von September 2015 bis einschließlich März 2016 ersparte.
24
3. Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt nicht die Anwendung des § 473 Abs. 4 StPO.
Schäfer Gericke Tiemann
Hoch Leplow

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 352/15 vom 7. September 2016 in der Strafsache gegen wegen veruntreuender Unterschlagung ECLI:DE:BGH:2016:070916B2STR352.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2015 - 2 StR 322/14

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Dez. 2014 - 4 StR 60/14

bei uns veröffentlicht am 04.12.2014

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Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2019 - V ZB 75/18

bei uns veröffentlicht am 21.11.2019

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Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2019 - 4 StR 486/18

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c ist ausgeschlossen, soweit der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.

(2) In den Fällen des § 73b, auch in Verbindung mit § 73c, ist die Einziehung darüber hinaus ausgeschlossen, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, es sei denn, dem Betroffenen waren die Umstände, welche die Anordnung der Einziehung gegen den Täter oder Teilnehmer ansonsten zugelassen hätten, zum Zeitpunkt des Wegfalls der Bereicherung bekannt oder infolge von Leichtfertigkeit unbekannt.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 560/17
vom
8. Februar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:080218U3STR560.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Februar 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
Richter am Bundesgerichtshof Gericke, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Tiemann, Hoch als beisitzende Richter,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 13. Juli 2017 aufgehoben, soweit von der Anordnung der Einziehung von Taterträgen oder des Wertes von Taterträgen abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in fünf Fällen, wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf das Unterbleiben einer Einziehungsentscheidung beschränkten und auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision; sie begehrt die Ergänzung des Urteils um die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von insgesamt 38.546,85 €. Das vom Generalbundesanwalt teilweise vertretene Rechtsmittel hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg. Der weitergehende Antrag war zurückzuweisen.

I.


2
Nach den Feststellungen entwendete der Angeklagte bei fünf Einbruchdiebstählen Bargeld und Wertgegenstände im Wert von insgesamt 35.476,85 €. Aus Verkäufen der Gegenstände erlangte er insgesamt 3.070 €. Das Landgericht, das die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB in der ab dem 1. Juli 2017 geltenden Fassung zur Anwendung gebracht hat, hat von einer Einziehung eines dem Wert der Tatbeute entsprechenden Geldbetrages abgesehen, da - bis auf einen Betrag von 321,75 € - alle Schäden von den jeweiligen Versicherungen der Geschädigten reguliert worden sind; damit seien nach Übergang der Forderungen auf die Versicherungen nach § 86 VVG die Ansprüche der Geschädigten gegen den Angeklagten im Sinne des § 73e Abs. 1 StGB nF erloschen. Hinsichtlich der Einziehung der nicht von der Versicherung abgedeckten Schadenssumme von 321,75 € sei versehentlich eine Einziehungsentscheidung unterblieben.
3
Demgegenüber vertritt die Staatsanwaltschaft die Auffassung, die Ansprüche der Geschädigten gegen den Angeklagten seien mit der Versicherungsleistung lediglich nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf die Versicherung übergegangen, aber nicht erloschen. Zudem habe der Angeklagte auch den Betrag von 3.070 €, den er durch den Verkauf der Gegenstände eingenommen habe, durch die Taten im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF erlangt, so dass auch dieser der Einziehung unterliege.

II.


4
1. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf die unterbliebene Einziehungsentscheidung ist wirksam. Zwar konnte nach früherer Rechtslage die Revision regelmäßig nicht wirksam auf eine Entscheidung über die Einziehung nach § 74 StGB aF beschränkt werden: Da jedenfalls die Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB aF eine Nebenstrafe und damit Teil der Strafzumessung war, konnte der Strafausspruch nur insgesamt angegriffen werden (BGH, Urteil vom 22. Dezember 1992 - 1 StR 618/92, NStZ 1993, 400). Jedoch handelt es sich bei der Einziehung von Taterträgen nach § 73 StGB nF, die in der Sache dem Verfall nach § 73 StGB aF entspricht, nicht um eine Strafe oder strafähnliche Maßnahme, so dass sie, wie der Verfall nach alter Rechtslage, den Strafausspruch in der Regel nicht berührt und einer Beschränkung der Revision jedenfalls dann zugänglich ist, wenn die Entscheidung - wie hier - losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt geprüft werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 2004 - 3 StR 246/04, NStZ-RR 2005, 104; vom 17. Juni 2010 - 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 f.).
5
2. Das Rechtsmittel hat auch - soweit das Landgericht von der Einziehung der Tatbeute oder eines Geldbetrages in ihrem Wert abgesehen hat - Erfolg. Die Strafkammer ist rechtsfehlerhaft von einem Ausschluss der Einziehung ausgegangen.
6
Nach § 73 Abs. 1 StGB nF ist zwingend das einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Ist die Einziehung des erlangten Gegenstandes nicht möglich, so ist nach § 73c Satz 1 StGB nF die Einziehung eines Geldbetrages auszusprechen, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine Einziehung ist nach § 73e Abs. 1 StGB nF zwar dann ausgeschlossen, wenn der Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten, der dem Verletzten aus der Tat erwachsen ist, erloschen ist.
7
Dies ist vorliegend entgegen der Auffassung des Landgerichts indes nicht der Fall. Die Vorschrift des § 73e Abs. 1 StGB nF soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der Täter, der durch die Tat etwas erlangt hat, sich nach der Gesetzesänderung neben der Einziehung auch weiterhin den Ansprüchen des Geschädigten ausgesetzt sieht. Zur Vermeidung einer Doppelbelastung soll die Einziehung deshalb entfallen, wenn der Anspruch des Geschädigten bis zum Abschluss des Erkenntnisverfahrens - etwa durch Rückgabe des entwendeten Gegenstandes - erlischt (vgl. Köhler, NStZ 2017, 497, 500). Mit der vorliegend erbrachten Leistung der Versicherung an die Geschädigten sind jedoch die Rückgewährungsansprüche der Verletzten nicht erloschen, sondern nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf die Versicherung übergegangen. Sie bestehen also fort. Als Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF gilt nunmehr der Versicherer (BT-Drucks. 18/9525, S. 51). Der Einziehung des durch die Tat Erlangten stand § 73e Abs. 1 StGB nF somit nicht entgegen. Die Strafkammer hätte mithin das Erlangte, nämlich die Diebesbeute, oder - soweit diese nicht mehr vorhanden war - entweder nach § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF das dafür erlangte Surrogat oder nach § 73c StGB nF die Einziehung des Wertersatzes anordnen müssen.
8
Die Entscheidung über eine Einziehung des (Wertes des) Erlangten bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung. Die vom Generalbundesanwalt beantragte Urteilsergänzung über die Einziehung des Wertersatzes analog § 354 Abs. 1 StPO durch den Senat selbst kam hingegen nicht in Betracht, da die Urteilsgründe die Höhe des Wertes des Erlangten nicht sicher ergeben. Insoweit kann das Tatgericht nach § 73d Abs. 2 StGB nF zwar eine Schätzung vornehmen. Den Urteilsgründen kann indes nicht in allen Fällen entnommen werden, auf welcher Grundlage das Landgericht den Wert der Tatbeute festgestellt hat, insbesondere ob es sich dabei an den Angaben der Geschädigten zum Wert der entwendeten Gegenstände oder an den Leistungen der Versicherung orientiert hat.
9
3. Dagegen scheidet - entgegen dem Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft - eine zusätzliche Einziehung des Betrages von 3.070 €, den der Angeklagte durch den Verkauf der Diebesbeute erlangt hat, aus. Insoweit gilt:
10
Die Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB nF ersetzt die Vorschrift über den Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF, wobei die Formulierung "aus" der Tat erlangt durch die Worte "durch eine rechtswidrige Tat" erlangt ersetzt wurde. Abzuschöpfen ist damit jeder Vermögenswert, den der Tatbeteiligte durch die rechtswidrige Tat erlangt hat, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seine Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist (BT-Drucks. 18/9525, S. 62; vgl. auch Köhler NStZ 2017, 497, 503). Allerdings erstreckt sich die Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB nF - wie der frühere Verfall - nach seinem Umfang grundsätzlich nur auf das unmittelbar erlangte Etwas (vgl. LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 17). Mittelbar durch die Verwertung der Tatbeute erlangte Vermögenszuwächse können weiterhin nur als Surrogat aufgrund einer Anordnung nach § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF (früher § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB aF) eingezogen werden. Die vom Gesetz getroffene Unterscheidung zwischen der Einziehung des Erlangten nach § 73 Abs. 1 StGB nF und der Einziehung des Surrogats nach § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF ergäbe keinen Sinn, wenn - wie die Staatsanwaltschaft meint - der mittelbar durch die Verwertung der Tatbeute er- zielte Gewinn ebenfalls "durch die Tat" erlangt und damit Gegenstand einer Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB nF wäre. Vielmehr wollte der Gesetzgeber mit dem Wortlaut der Regelung des § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF klarstellen, dass die Anordnung der Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB nF sich nicht ohne weiteres auf die Surrogate "erstreckt" (BT-Drucks. 18/9525, S. 62). Einer Auslegung des § 73 Abs. 1 StGB nF, wonach neben der Einziehung des unmittelbar Erlangten bzw. des Wertersatzes auch eine solche des Surrogats aus der Verwertung der Beute anzuordnen wäre, steht zudem der unmissverständliche Wortlaut des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB nF entgegen, wonach der Wert des Erlangten (nur) einzuziehen ist, wenn entweder die Einziehung des Erlangten nicht möglich ist oder aber von der Einziehung des Surrogats abgesehen wird.
Becker Gericke Spaniol Tiemann Hoch

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn

1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,
2.
ihm das Erlangte
a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder
b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
3.
das Erlangte auf ihn
a)
als Erbe übergegangen ist oder
b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde

1.
durch Veräußerung des erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

26
Eine Vermögensmehrung bei einem Drittbegünstigten schließt jedoch grundsätzlich eine gegen den handelnden Täter anzuordnende Einziehung aus; vielmehr ist gegebenenfalls eine (selbständige) Einziehungsanordnung gegen den Drittbegünstigen zu treffen. Das gilt auch dann, wenn der Täter die Möglichkeit hat, auf das Vermögen des Drittbegünstigten zuzugreifen (vgl. zu § 73 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 StGB aF BGH, Urteil vom 29. November 2017 - 2 StR 271/17, juris Rn. 12 ff. mwN). Diese nach altem Recht vorzunehmende grundsätzliche Unterscheidung hat das neue Recht der Vermögensabschöpfung in § 73 Abs. 1 StGB und § 73b StGB übernommen. Letztgenannte Norm setzt neben den sogenannten "Vertreterfällen" nach § 73 Abs. 3 StGB aF auch die bisher schon in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannte Fallgruppe der "Verschiebungsfälle" in Gesetzesrecht um (BT-Drucks. 8/9525, S. 56 f., 66 f.), so dass auch nach neuer Rechtslage auf die hierzu ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann (Köhler, NStZ 2017, 497, 498, 501). Danach kommt eine Einziehungsanordnung gegen den für eine Gesellschaft handelnden Täter ausnahmsweise dann in Betracht, wenn er diese nur als formalen Mantel nutzt und eine Trennung zwischen Täter- und Gesellschaftsvermögen tatsächlich nicht existiert oder wenn jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss bei der Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256; Beschluss vom 7. September 2016 - 2 StR 352/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 22). Da nicht ausgeschlossen erscheint, dass noch derartige Feststellungen getroffen werden können, die eine Einziehungsanordnung unmittelbar gegen den Angeklagten zulassen, ist über die Frage der Einziehung erneut zu entscheiden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 185/18
(alt: 5 StR 162/16)
vom
23. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Betruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:231018B5STR185.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 23. Oktober 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 29. November 2017 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat zur Anordnung der Einziehung des Wertes des Tatertrages (§§ 73, 73c StGB): 1. Das Landgericht hat zu Recht die §§ 73 ff. StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) angewendet.

a) Zwar wurden die der Einziehung des Wertes des Tatertrages nach §§ 73, 73c StGB zugrunde liegenden Betrugstaten vor dem Inkrafttreten der neuen Regelungen am 1. Juli 2017 (vgl. Art. 8 des Gesetzes vom 13. April 2017, BGBl. I S. 894) begangen. Abweichend von § 2 Abs. 5 StGB sind gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB aber auch dann die §§ 73 ff. StGB in der neuen Fassung anzuwenden, wenn – wie im vorliegenden Fall – erst nach dem Inkrafttre- ten des Gesetzes über die Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages entschieden wird (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 42/18, NStZ 2018, 400).

b) Dem steht nicht entgegen, dass dem nun angegriffenen Urteil vom 29. November 2017 eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorausging, mit dem das erste tatrichterliche Urteil in dieser Sache vom 30. Juli 2015 auf die Revision der Staatsanwaltschaft u.a. insoweit aufgehoben worden war, als die damals zuständige Strafkammer des Landgerichts Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO unterlassen hatte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 25. Oktober 2016 – 5StR 162/16, wistra 2017, 143). Denn die ausnahmsweise Fortgeltung des alten Rechts ergibt sich weder aus den Übergangsvorschriften des Art. 316h Satz 2 EGStGB oder des § 14 EGStPO noch aus dem Rückwirkungs- oder dem Verschlechterungsverbot.
aa) Art. 316h Satz 2 EGStGB ist auf eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF nicht anwendbar.
(1) § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF war trotz seines materiell-rechtlichen Gehalts (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 – 4 StR 60/14, BGHSt 60, 75, 80) Teil des Strafprozessrechts und unterfällt daher schon systematisch nicht dem EGStGB. Dieser Zuordnung zum Strafverfahrensrecht folgend hat der Reformgesetzgeber daher mit § 14 EGStPO eine gesonderte Übergangsregelung für Feststellungen nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF getroffen.
(2) Eine Anwendbarkeit von Art. 316h Satz 2 EGStGB auf Entscheidungen nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF stünde zudem nicht im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers, da dann kein eigenständiger Anwendungsbereich für die Übergangsregelung des § 14 EGStPO verbliebe. § 14 EGStPO muss daher als spezielle Übergangsvorschrift für Entscheidungen nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF Vorrang vor Art. 316h Satz 2 EGStGB haben.
(3) Die gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF zu treffende Entscheidung ist kei- ne „Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz“ im Sinne des Art. 316h Satz 2 EGStGB.
Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF. Danach hatte das Gericht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens eine Entscheidung über die in der Vorschrift bezeichnete Feststellung im Urteil zu treffen, nicht aber eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz.
Sie ist aber auch der Sache nach keine Entscheidung im Sinne des Art. 316h Satz 2 StGB. Im Falle einer ausdrücklichen Entscheidung folgt dies bereits aus der Entscheidungsformel selbst, da dann die Feststellung des Ausschlusses des Verfalls (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF) tenoriert ist und nicht die Anordnung des Verfalls (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF) oder des Verfalls von Wertersatz (§ 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB aF). Hat das Gericht hingegen keine Feststellung im Sinne des § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF getroffen, unterscheidet sich die Urteilsformel rein äußerlich zwar nicht von dem Fall, dass das Gericht keine Maßnahme nach § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a StGB angeordnet hat (vgl. zur Nichtanordnung als Entscheidung im Sinne des Art. 316h Satz 2 EGStGB BT-Drucks. 18/11640, S. 84; BGH, Urteil vom 29. März 2018 – 4 StR 568/17, NStZ 2018, 459), weil es die tatbestandlichen Voraussetzungen für nicht gegeben erachtet oder nach § 73c StGB aF von der Anordnung abgesehen hat (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2017 – 2 StR 271/17, unter missverständlichem Hinweis auf § 14 EGStPO). Die Nichtanordnung des Verfalls oder des Wertersatzverfalls beruht aber in den Fällen des § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF auch in dieser Konstellation nicht auf einer „Entscheidung“ des Gerichts in dem Sinn, dass es die tatbestandlichen Voraussetzungen der § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a StGB aF verneint oder die des § 73c StGB aF bejaht hat, sondern auf dem von § 73 Abs. 1 Satz 2 StPO aF gesetzlich angeordneten Ausschluss des Verfalls. Dass im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO inzident die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Verfallsanordnung geprüft werden mussten, ändert daran nichts. Insofern kann es auch dahinstehen, ob eine unbegründete, stillschweigende Nichtanordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz eine „Entscheidung“ im Sinne des Art. 316h Satz 2 EGStGB sein kann (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29. März 2018 – 4 StR 568/17, aaO).
bb) Die Fortgeltung des früheren Rechts ergibt sich nicht aus § 14 EGStPO, da die tatbestandlichen Voraussetzungen der Regelung nicht vorliegen.
Die Übergangsvorschrift des § 14 EGStPO setzt voraus, dass bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung am 1. Juli 2017 in einem Urteil oder Strafbefehl gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF festgestellt worden ist, dass (lediglich) deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil der Anordnung Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF entgegenstehen. Die Regelung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Feststellung nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF die Voraussetzung für die sogenannte Rückgewinnungshilfe und den Auffangrechtserwerb des Staates nach § 111i Abs. 5 StPO aF darstellte (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 – 4 StR 60/14, BGHSt 60, 75, 80). Als Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz des Strafverfahrensrechts, wonach neue strafprozessuale Regelungen auch für bereits anhängige Verfahren gelten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 1969 – 4 StR 357/68, BGHSt 22, 321,325; KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 354a Rn. 5; OLG Hamm StraFo 2018, 63, 64), ordnet sie daher die Fortgeltung des früheren Rechts an, um die rechtlichen Grundlagen für die beiden Konzepte (§ 111i Abs. 2 bis 5 StPO aF) zu erhalten und damit Regelungslücken zu vermeiden (BT-Drucks. 18/9525, S. 98; MeyerGoßner /Schmitt, EGStPO, 61. Aufl., § 14 Rn. 1). § 14 EGStPO knüpft deshalb an die – hier nicht gegebene – Feststellung des gesetzlichen Ausschlusses der Verfallsanordnung an und nicht – insofern anders als Art. 316h Satz 2 StGB – an die Entscheidung über die Feststellung nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF. Denn auch nur insoweit ist die Fortgeltung der früheren (prozessualen) Regelungen erforderlich, um das nach altem Recht begonnene Verfahren ohne Brüche zu Ende führen zu können.
cc) Der in Art. 316h Satz 1 EGStGB normierte Ausschluss von § 2 Abs. 5 StGB verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot (Art. 103 Abs. 2 GG, Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK), weil die vom Landgericht angeordnete Einziehung des Wertes des Tatertrages nach §§ 73, 73c StGB keinen Strafcharakter hat (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2018 – 5 StR 600/17, NStZ 2018, 366, 367; Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 42/18, NStZ 2018, 400). Das Verschlechterungsverbot steht der Anordnung nicht entgegen, weil das erste landgerichtliche Urteil in dieser Sache auch hinsichtlich der unterbliebenen Feststellung nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO aF auf die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft aufgehoben wurde (§ 358 Abs. 2 StPO).
2. Die vom Landgericht gegen die Angeklagten als Gesamtschuldner angeordnete Einziehung des Wertes des Tatertrages in Höhe von 349.500 Euro (§ 73 Abs. 1, § 73c StGB) weist keinen diese beschwerenden Rechtsfehler auf.

a) Der Wertersatzeinziehung liegen im Wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: Dem gemeinsamen Tatplan entsprechend setzten die Angeklagten bei der betrügerischen Erlangung der verfahrensgegenständlichen Darlehen und Kontokorrentkredite verschiedene Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) ein, die in den Fällen 1 und 2 die Angeklagten G. und L. und im Fall 3 die Angeklagten L. und H. „vorgehalten“ hatten. Als vermeintliche Gesellschafter und Geschäftsführer der jeweiligen GmbH setzten sie Dritte ein, die allerdings keinen Einfluss auf die Gesellschaften hatten. Vielmehr wurden ausschließlich die Angeklagten für diese tätig. Um den Eindruck tatsächlicher wirtschaftlicher Aktivitäten und Liquidität der Gesellschaften zu vermitteln , legten sie der geschädigten B. gefälschte Dokumente wie Betriebswirtschaftliche Auswertungen, Selbstauskünfte und Jahresabschlussberichte vor.
Infolge der Täuschungshandlungen gaben die zuständigen Mitarbeiter der B. die Darlehen und Kontokorrentkredite irrtumsbedingt frei, sodass die jeweiligen Geldbeträge in Höhe von insgesamt 450.000 Euro nach ihrer Gutschrift auf den Girokonten der Gesellschaften „zur freien Verfügung“ standen. Jeweils nur wenige Tage später ließen sich – teilweise nach Zwischenüberweisungen – der Angeklagte L. (Fall 1), der Angeklagte H. „im Beisein“ des Angeklagten K. (Fall 2) und der Angeklagte G. (Fall 3) insgesamt 387.000 Euro von den gutgeschriebenen Darlehen und Krediten auszahlen, um das Bargeld anschließend abredegemäß unter sich und dem gesondert verfolgten Sparkassenmitarbeiter Ki. aufzuteilen. Feststellungen zur konkreten Aufteilung der Geldbeträge konnte das Landge- richt nicht treffen. Der B. verblieb ein Schaden von 395.000 Euro, der mittlerweile in Höhe von 37.500 Euro wiedergutgemacht ist.

b) Die Anordnung der Einziehung des Wertes des Tatertrages nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
aa) Diese haben „durch“ rechtswidrige (Betrugs-)Taten die an ihre Gesellschaf- ten ausgereichten Darlehen und Kontokorrentkredite mit deren Gutschrift auf den Geschäftsgirokonten und Freigabe „zur freien Verfügung“ erlangt.
(1) Erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB hat der Täter oder Teilnehmer einen Vermögenswert, wenn dieser ihm durch die Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er die tatsächliche Verfügungsgewalt über ihn ausüben kann (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246). Bei mehreren Tatbeteiligten genügt eine tatsächliche oder wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Vermögenswert. Dies ist der Fall, wenn sie im Sinne eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den Vermögensgegenstand nehmen können (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2018 – 5 StR 645/17, NStZ-RR 2018, 278, 279).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Jeder der Angeklagten war tatsächlich in der Lage, für die zur Tatbegehung eingesetzten Gesellschaften in Form von Kontoeröffnungen, bei Notarterminen, der Einreichung von Schriftstücken bei der B. und ähnlichem tätig zu werden. Zudem war jeder von Ihnen zumindest in einem Fall an der Abhebung oder Zwischenüberweisung der Darlehen und Kontokorrentkredite von dem jeweiligen Gesellschaftskonto beteiligt. Sie hatten mithin ungehinderten Zugriff auf die der jeweiligen GmbH gewährten Darlehen und Kontokorrentkredite und damit jeweils wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über die Vermögenswerte, die den von ihnen „vorgehalte- nen“ Gesellschaften durch die Betrugstaten zugeflossen sind.
Dies wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Angeklagten die Taterträge in Gestalt der als Buchgeld ausgereichten Darlehen und Kontokorrentkredite nach den jeweiligen Barabhebungen untereinander aufgeteilt haben. Denn aufgrund der gebotenen gegenständlichen (tatsächlichen) Betrachtungsweise ist es unerheblich, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Beteiligten eine durch die Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben haben und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse bei der Beuteteilung gemindert wurde. Eine Mehrfachabschöpfung folgt daraus nicht, weil – was das Landgericht bedacht hat – in diesen Fällen von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 5 StR 624/17).
(2) Dem steht nicht entgegen, dass die strafrechtswidrige Vermögensmehrung nicht unmittelbar bei den Angeklagten selbst, sondern bei der jeweils für die Tatbegehung eingesetzten GmbH eingetreten ist.
Es kann offenbleiben, ob angesichts der Ersetzung des Tatbestandsmerkmals „aus“ und der damit einhergehendenAblehnung des von der Rechtsprechung zu § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF entwickelten Unmittelbarkeitskriteriums (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 56) der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Vermögenszufluss bei der juristischen Person und der Weiterleitung des Vermögenswertes an den oder die für diese handelnden Tatbeteiligten im neuen Recht weiter zu fassen ist als bisher. Denn die Vermögenswerte wären auch nach früherem Recht von den Angeklagten „erlangt“ worden. Zwar ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine GmbH als juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu unter- scheiden ist. Grundsätzlich erlangt ein Tatbeteiligter daher nicht ohne weiteres die der juristischen Person durch die rechtswidrige Tat zugeflossenen Vermögenswerte, auch wenn er legale Zugriffsmöglichkeiten auf das Vermögen der GmbH hat. Etwas anderes gilt aber, wenn der Täter die juristische Person nur als formalen Mantel nutzt, so dass er zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft nicht trennt, oder jeder durch die rechtswidrige Tat begründete Vermögenszufluss bei der juristischen Person sogleich an den oder die Tatbeteiligten weitergeleitet wird. In diesen Fällen hat der Täter oder Teilnehmer zugleich mit dem Vermögenszufluss bei der juristischen Person den betreffenden Vermögenswert selbst im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt (vgl. BVerfG, NJW 2005, 3630, 3631; BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256; vom 29. November 2018 – 2 StR 271/17 Rn.15). Ist dessen gegenständliche Einziehung nicht (mehr) möglich, so haftet er gemäß § 73c StGB für dessen Wert.
So liegt der Fall hier. Die jeweiligen Gesellschaften waren für die Tatbegehung „vorgehalten“ worden. Wirtschaftliche Aktivitäten entfalteten sie nicht. Sie dien- ten den Angeklagten mithin jeweils lediglich als formaler Mantel für die Betrugstaten. Zudem ließen sich die Angeklagten die den Gesellschaften gewährten Darlehen und Kontokorrentkredite jeweils nur wenige Tage später („sogleich“) auszahlen, um die entsprechenden Bargeldbeträge abredegemäß untereinander aufzuteilen. Damit sind den Angeklagten die betrügerisch erlangten Darlehen und Kontokorrentkredite mit der Gutschrift auf den Girokonten der von ihnen „vorgehaltenen“ Gesellschaften „zur freien Verfügung“ – und damit mit der Vollendung der jeweiligen Betrugstaten (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni1960 – 4 StR 121/60, BGHSt 15, 24, 26; Beschluss vom 10. Januar 1995 – 1 StR 582/94, NStZ 1995, 232) – zugeflossen.
Dass das Landgericht die jeweiligen Barauszahlungen als das durch die Tat erlangte Etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB angesetzt hat, beschwert die Angeklagten nicht, weil diese niedriger waren als die den Gesellschaften gewährten Darlehen und Kontokorrentkredite.
bb) Die Schadenswiedergutmachung in Höhe von 37.500 Euro hat das Landgericht zu Recht in Abzug gebracht, weil die Einziehung des Wertes des Tatertrages (§§ 73, 73c StGB) insoweit gemäß § 73e Abs. 1 StGB ausgeschlossen war.
Mutzbauer Sander Berger Mosbacher Köhler

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn

1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,
2.
ihm das Erlangte
a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder
b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
3.
das Erlangte auf ihn
a)
als Erbe übergegangen ist oder
b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde

1.
durch Veräußerung des erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

26
Eine Vermögensmehrung bei einem Drittbegünstigten schließt jedoch grundsätzlich eine gegen den handelnden Täter anzuordnende Einziehung aus; vielmehr ist gegebenenfalls eine (selbständige) Einziehungsanordnung gegen den Drittbegünstigen zu treffen. Das gilt auch dann, wenn der Täter die Möglichkeit hat, auf das Vermögen des Drittbegünstigten zuzugreifen (vgl. zu § 73 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 StGB aF BGH, Urteil vom 29. November 2017 - 2 StR 271/17, juris Rn. 12 ff. mwN). Diese nach altem Recht vorzunehmende grundsätzliche Unterscheidung hat das neue Recht der Vermögensabschöpfung in § 73 Abs. 1 StGB und § 73b StGB übernommen. Letztgenannte Norm setzt neben den sogenannten "Vertreterfällen" nach § 73 Abs. 3 StGB aF auch die bisher schon in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannte Fallgruppe der "Verschiebungsfälle" in Gesetzesrecht um (BT-Drucks. 8/9525, S. 56 f., 66 f.), so dass auch nach neuer Rechtslage auf die hierzu ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann (Köhler, NStZ 2017, 497, 498, 501). Danach kommt eine Einziehungsanordnung gegen den für eine Gesellschaft handelnden Täter ausnahmsweise dann in Betracht, wenn er diese nur als formalen Mantel nutzt und eine Trennung zwischen Täter- und Gesellschaftsvermögen tatsächlich nicht existiert oder wenn jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss bei der Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256; Beschluss vom 7. September 2016 - 2 StR 352/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 22). Da nicht ausgeschlossen erscheint, dass noch derartige Feststellungen getroffen werden können, die eine Einziehungsanordnung unmittelbar gegen den Angeklagten zulassen, ist über die Frage der Einziehung erneut zu entscheiden.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 166/07
vom
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Zum Zusammenhang zwischen Werbeaussage und beworbener Ware oder
Leistung als Voraussetzung strafbarer Werbung
2. Werden Kunden mittels strafbarer Werbung zu Warenbestellungen veranlasst
, sind die Kaufpreiszahlungen, welche die Kunden dafür an den Täter
oder Drittbegünstigten leisten, von diesem aus den Taten erlangt und unterliegen
– unbeschadet vorrangiger Ansprüche von Verletzten – in vollem Umfang
dem Verfall.
3. Infolge der strafbaren Werbung können den Bestellern Schadensersatzansprüche
aus unerlaubter Handlung jeweils in Höhe des gezahlten Kaufpreises
zustehen, die den Verfallsbetrag vermindern.
BGH, Urt. vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07 - LG Mannheim
30. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen strafbarer Werbung
Nebenbeteiligte:
1.
2.
3.
4.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
27. Mai 2008 in der Sitzung am 30. Mai 2008, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte G. persönlich - in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
und Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenbeteiligten I. ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten O.
,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten
V. 3 C. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Juni 2006 wird bezüglich der Angeklagten D. und S. im Schuldspruch dahin berichtigt, dass diese Angeklagten der strafbaren Werbung in 66 Fällen schuldig sind. 2. Auf die Revision der Nebenbeteiligten I. wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben, soweit gegen sie der Wertersatzverfall angeordnet worden ist und dabei etwaige entgegenstehende Ansprüche von Verletzten unberücksichtigt geblieben sind. 3. Die Revisionen der Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. werden verworfen. Die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. 4. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das oben bezeichnete Urteil im Ausspruch über den Verfall aufgehoben, soweit
a) zum Vorteil der Nebenbeteiligten I. von einem über die erfolgte Anordnung hinausgehenden Wertersatzverfall abgesehen worden ist,
b) gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. ganz von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen worden ist.
5. Die gegen die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen. Die Kosten dieser Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. 6. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen strafbarer Werbung in sechs Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten D. und S. hat es wegen strafbarer Werbung in 62 Fällen auf Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten erkannt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Den Verfall von Wertersatz hat es wie folgt angeordnet: – in das Vermögen des Angeklagten G. in Höhe von 244.467,- €, – in das Vermögen des Angeklagten D. in Höhe von 100.853,- €, – in das Vermögen des Angeklagten S. in Höhe von 58.700,- €, – in das Vermögen der Nebenbeteiligten I. in Höhe von 1.498.677,- €, – in das Vermögen der Nebenbeteiligten P. in Höhe von 671.136,- €.
2
Das Landgericht hat es abgelehnt, Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. zu treffen.
3
Die Staatsanwaltschaft greift das Urteil mit den zu Ungunsten der Angeklagten und sämtlicher Nebenbeteiligten eingelegten Revisionen an. Sie sind auf den Ausspruch über den Verfall beschränkt und werden auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützt. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. Erfolg.
4
Den auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützten Revisionen der drei Angeklagten bleibt ebenso der Erfolg versagt wie der auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision der Nebenbeteiligten P. . Die Revision der Nebenbeteiligten I. , die die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, dringt demgegenüber mit der Sachbeschwerde durch.
5
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. und die Revision der Nebenbeteiligten I. führen zur Teilaufhebung des Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache. Die Feststellungen sind indessen rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben (vgl. – auch zur Tenorierung – BGH NJW 2007, 1540). Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter kann ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.

I.

6
Der Verurteilung der Angeklagten wegen strafbarer Werbung und den Verfallsanordnungen liegt zugrunde, dass die Angeklagten nach Auffassung des Landgerichts für im Versandhandel tätige Gesellschaften die Versendung standardisierter Werbesendungen (sog. Mailings), die unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen enthielten, zusammen mit Warenkatalogen veranlassten und organisierten und hierdurch den Warenabsatz steigerten.
7
1. Im Einzelnen ist – soweit im Rahmen der Revisionen von Bedeutung – folgendes festgestellt:
8
a) Zu den Taten:
9
aa) Der Angeklagte G. war im Tatzeitraum vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 Präsident des Verwaltungsrats der 1964 von seinem Vater gegründeten Nebenbeteiligten I. , einer Holdinggesellschaft, die ihren Domizilsitz in der Schweiz hat. Seit 1993 ist der Bruder des Angeklagten G. , Gi. , alleiniger Aktionär. Seit Beginn der 1980er Jahre hielt die I. alle Geschäftsanteile der in Sc. ansässigen "OM.
", die bis Mitte der 1990er Jahre als Versandhandelsunternehmen am Markt auftrat und – seit 1989 auch über eine Tochtergesellschaft – Werbesendungen mit Gewinnversprechen versandte.
10
Wegen Beanstandungen von Verbraucher- und Wettbewerbsschützern und scharfen Angriffen in den Medien erfolgten zwei Umstrukturierungen, zunächst 1997 und dann 1999. Ziel der zweiten Umstrukturierung war es, die Tätigkeit des in Sc. ansässigen Unternehmens auf diejenige eines reinen Logistikdienstleisters zu beschränken und die rechtliche Verantwortung für künftige Werbesendungen auf abhängige ausländische Domizilgesellschaften (sog. Marketinggesellschaften) zu verlagern. Dementsprechend wurden der Name des nebenbeteiligten Unternehmens in "O. " und der Unternehmensgegenstand in Erbringung sog. "Fullfillment -Dienstleistungen" geändert. Die Konzeption von Werbesendungen wurde nunmehr von einer anderen Gesellschaft durchgeführt, der Se. , deren Anteile treuhänderisch für die I. gehalten wurden. Die Se. übernahm die hierfür zuständigen Mitarbeiter der Marketingabteilung der O. und mietete Büroräume in deren Gebäude in Sc. an.
11
Im Interesse der bzw. für die I. wurden im Ausland Gesellschaften gegründet oder bereits bestehende Gesellschaften "aktiviert", die im Versandhandel mit fünf Kataloglinien nach außen auftraten und unter deren Firma die Werbesendungen mit beigefügten entsprechenden Warenkatalogen verschickt wurden. Die ausländischen Gesellschaften wurden zweimal – ab 2001 und ab 2004 – durch andere ersetzt, als es Empfängern von Werbesendungen jeweils gelang, Vollstreckungstitel gegen sie zu erstreiten und Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Im Jahr 2000 hatte der Gesetzgeber mit § 661a BGB einen Leistungsanspruch des Verbrauchers aus Gewinnzusagen geschaffen, so dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert hatten.
12
Im Zeitraum von 2001 bis 2003 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Unter Angabe der Firma der in Florenz gegründeten SVD wurden die Kataloglinien "Sch. & G. " und "P. B. " vertrieben. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die EMO mit Sitz in London. Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. " wurden unter Angabe der Firma VH mit Sitz in Paris verschickt. Im Zeitraum ab 2004 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Die Kataloglinie "Sch. & G. " wurde mit der Absenderangabe der Gesellschaft "D. M. C. mit - angeblichem - Sitz in Mailand vertrieben, die aber unter der angegebenen Firma nie errichtet worden war. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die niederländische B. . Der Versand der Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. " erfolgte unter der Absenderangabe der Nebenbeteiligten 3 C V. mit Sitz in Paris. Die ausländischen Gesellschaften hatten ganz überwiegend weder eigenes Personal noch eigene Räumlichkeiten. Die Konzeption der Werbesendungen für den Versandhandel wurde von der Se. entwickelt; die logistische Abwicklung erfolgte durch die O. . Allein die 3 C V. verfügte über Geschäftsräume im elsässischen L. und beschäftigte mehrere Mitarbeiter; die technische Abwicklung des Versandhandels erfolgte aber auch hier über die O. .
13
bb) Über die ausländischen Gesellschaften veranlassten und organisierten die Angeklagten die Versendung von Werbesendungen für die fünf Kataloglinien an Verbraucher, darunter die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen, die vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 in einer Auflage von minimal 60.470 und maximal 700.936 Stück ausgesandt wurden. Die Schriftstücke enthielten standardisierten Text, in den die von der Abteilung Adressmarketing der O. selektierten Adressdaten eingedruckt waren; ihnen wurden die Warenkataloge der Kataloglinien beigefügt. Der Kundenstamm bestand vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau.
14
Die Werbesendungen enthielten – so das Landgericht – unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen, da die bezeichneten Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt wurden. Soweit behauptet wurde, es habe eine Vorabziehung eines Geldpreises stattgefunden, traf dies nicht zu oder es waren die gezogenen Gewinnnummern und -namen vernichtet worden. Soweit behauptet wurde, der Empfänger sei ein ausgesuchter "Gewinnberechtigter", der bei einer "Jackpotziehung" aufgrund seiner Gewinnnummer die Chance auf einen Gewinn habe, war dieselbe Gewinnnummer allen Empfängern zugeteilt worden, so dass der auf einen "Spieler" entfallende Gewinnanteil erwartungsgemäß unter der in den Teilnahmebedingungen jeweils festgelegten "Mindestgewinnsumme" von 1,50 € bis zu 5,- € lag. Soweit schließlich behauptet wurde, die Gewinnauskehrung würde im Rahmen einer Jahresendziehung erfolgen, fand hierbei keine Zufallsselektion statt, sondern wurden die Kunden mit den höchsten Umsätzen als "Gewinner" ausgewählt. Waren wertvolle Geschenke (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.) ausgelobt worden, so wurde der Warenlieferung nur "wertloser Plunder" mit einem Maximalwert von 3,- € beigelegt. War die Mitteilung enthalten, für den Empfänger sei ein – näher beschriebenes – Geschenk "reserviert" (sog. zweistufige Geschenkvergaben), erhielt der Besteller mit der ersten Warenlieferung überhaupt nichts. Ihm wurde hierbei lediglich mitgeteilt, er könne das Geschenk erhalten, wenn er nochmals eine Bestellung aufgebe. Der zweiten Warenlieferung wurde sodann ein solches beigegeben, welches allerdings bezogen auf die Anpreisung minderwertig war.
15
Die optische Gestaltung der Werbesendungen erfolgte in der Weise, dass der Empfänger nur die Anpreisung der Gewinne und Geschenke, nicht aber die Anpreisung einschränkende Aussagen wahrnehmen sollte. Die in Aus- sicht gestellte Chance, einen Gewinn zu erhalten, war nicht an den Erwerb der gleichzeitig angebotenen Waren gebunden. Die Übersendung der ausgelobten Geschenke wurde regelmäßig von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert von 15,- € abhängig gemacht. Nach den auf dem Bestellformular abgedruckten Bedingungen waren die Kunden berechtigt, die Waren binnen einer Frist von 30 Tagen zu testen ("Test-Anforderung") und bei Nichtgefallen zurückzusenden ("Kauf auf Probe"), wobei die Rückgabe mit (Versand-)Kosten verbunden war.
16
Exemplarisch kann auf folgende Werbesendung verwiesen werden, die unter dem "Betreff: Gewinnauszahlung 5.800 Euro!" folgendes persönliches Schreiben enthielt (UA S. 51): „Sehr geehrter Herr …, soeben komme ich aus der Buchhaltung, wo ich eigentlich Ihren Gewinnscheck aus der März-Vergabe abholen wollte, denn ich dachte, ich könnte Ihren Scheck gleich diesem Brief an Sie beilegen. Aber Sie wissen ja, wie Buchhalter so sind: immer muss alles 200%ig sein, bevor sie Bargeld oder Schecks aus der Hand geben. Und wehe, es fehlt eine Unterschrift oder ein Stempel! Also, Herr … Die Sache ist folgendermaßen: Herr H. , unser Chefbuchhalter, hat mir noch einmal bestätigt, dass es keinen Zweifel an Ihrem Bargeldgewinn gibt und dass mit der Auszahlung an Sie auch alles in Ordnung ist (die interne Aktennotiz habe ich Ihnen beigelegt). Es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung. Allerdings hat er von der internen Firmenrevision natürlich seine Vorgaben , wie Auszahlungen ordnungsgemäß zu verbuchen sind, und da fehlt jetzt eben noch der unterschriebene Auszahlungs-Beleg von Ihnen, Herr …! Daher habe ich nun alle Unterlagen vorbereitet und möchte Sie bitten, den beigelegten Auszahlungs-Beleg schnell zu unterschreiben und um- gehend zurückzuschicken. Dann kann die Auszahlung an Sie bereits in den nächsten Tagen über die Bühne gehen. … Herr H. und ich würden uns übrigens freuen, wenn Sie uns in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung beauftragen würden. … Ich möchte Sie wirklich zu nichts überreden, aber wenn Sie sich ohnehin etwas aus unserem aktuellen Angebot aussuchen möchten, könnte ich Ihre Sendung gleich mit anderen Lieferungen rausschicken."
17
Dass der Empfänger noch nicht gewonnen hatte, sondern nur an einem Gewinnspiel teilnehmen werde, ergab sich hier aus optisch schwer zugänglichen "Vergabe-Bedingungen" auf der Rückseite des "Auszahlungs-Belegs". Ein solches Gewinnspiel fand jedoch, wie von den Angeklagten beabsichtigt, überhaupt nicht statt. Des Weiteren enthielt dieselbe Werbesendung auf einem gesonderten Blatt für den Fall eines Mindestbestellwerts von 15,- € folgendes Geschenkversprechen über eine Damenuhr (UA S. 52): "Ein Hauch von Luxus – unser Dankeschön der Extraklasse für Sie … Für Sie GRATIS statt 29,95".
18
Tatsächlich erhielt der Kunde eine Uhr, die in Hongkong für einen Einkaufspreis von 1,80 US-$ beschafft worden war.
19
cc) Der Angeklagte D. , der bis Ende 2003 Geschäftsführer der O. war, hatte im gesamten Tatzeitraum die Entscheidungsgewalt auch bei der Se. , und zwar sowohl in allen Konzeptionsgesprächen für die einzelnen Werbesendungen als auch in allen die ausländischen Gesellschaften betreffenden fachlichen Fragen. Die Geschäftsführerin der Se. führte seine Anweisungen aus. Dem als Rechtsanwalt tätigen Angeklagten S. wurden sämtliche Werbesendungen zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Er wirkte an deren inhaltlicher Gestaltung mit; insoweit hatte er das "letzte Wort". Außerdem hatte er maßgeb- lichen Anteil an der Gründung und Steuerung der ausländischen Gesellschaften. Dass der Angeklagte G. an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen beteiligt war, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Im Interesse der I. steuerte er allerdings "die operative Tätigkeit der zur I. - Gruppe gehörenden Unternehmen … und (gab) die strategische Richtung" vor; er schuf "den unternehmerischen Rahmen für die Anfertigung und Versendung der auch von ihm gewollten Werbesendungen der hier relevanten Art" (UA S. 110). Der Angeklagte G. traf die Entscheidungen, die Kataloglinien unter der Absenderangabe der jeweiligen ausländischen Gesellschaft zu vertreiben , und erteilte die entsprechenden Weisungen zur "Installierung" und Nutzung der sechs Gesellschaften SVD, EMO, VH , DMC, B. und 3 C V. , unter deren Firmen die verfahrensgegenständlichen Werbesendungen verschickt wurden.
20
Die Angeklagten wussten, dass die Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt würden. Dessen ungeachtet wollten sie durch die Werbesendungen den Eindruck der Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit sowie den Anschein eines besonders günstigen Warenangebots hervorrufen. Sie wollten insbesondere ältere Empfänger beirren, um den Warenabsatz im Versandhandel zu fördern. Die Angeklagten gingen aufgrund mehrjähriger Erfahrungen davon aus, dass der Warenabsatz durch die Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen gefördert werden konnte (UA S. 28) und – so die Notiz über eine Besprechung unter anderem der Angeklagten G. und D. – "dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122). Die Angeklagten G. und D. vertrauten allerdings auf die Versicherung des Angeklagten S. , die Werbesendungen, wenngleich sie gegebenenfalls wettbewerbswidrig seien, überschritten die Grenze der Strafbarkeit nicht.
21
b) Zum Verfall:
22
Die ausländischen Gesellschaften hatten zunächst von Mitarbeitern der Buchhaltungsabteilung der O. verwaltete Girokonten gehabt. Nach Einführung der Vorschrift des § 661a BGB im Jahr 2000 entschied der Angeklagte G. auf Rat des Angeklagten S. , die Umsatzerlöse im Interesse der I. über eine weitere Gesellschaft "abzusichern", um sie dem Zugriff etwaiger den Leistungsanspruch aus Gewinnzusagen einklagender Kunden zu entziehen. Dementsprechend gründete der Angeklagte S. die F. , deren Geschäfte im Auftrag des Angeklagten G. und in enger Absprache mit den Angeklagten D. und S. geführt wurden. Indem für die F. eingerichtete Konten auf den für die Warenbestellungen ausgegebenen Rechnungs- und Zahlungsformularen aufgedruckt wurden, wurde nunmehr der gesamte Zahlungsverkehr der ausländischen Gesellschaften über die F. abgewickelt.
23
Im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 4. November 2004 gingen auf Konten der F. Zahlungen von Kunden der ausländischen Gesellschaften in Höhe von insgesamt ca. 149 Mio. € ein, wovon ca. 92 Mio. € ("abgerundet 60%") auf Konten der O. weitergeleitet wurden. Aufgrund sämtlicher im nämlichen Zeitraum zum Versand gegebener Werbesendungen bestellten Kunden bei den ausländischen Gesellschaften Waren für insgesamt ca. 177 Mio. €, wovon 68.006.573,36 € ("= 38%") auf die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen entfielen. Ausgehend von diesem Bestellvolumen für die abgeurteilten Taten hat die Strafkammer durch Abzug eines Sicherheitsabschlags für Forderungsausfälle und Retouren von 20% den entsprechenden Umsatzerlös mit 54.405.258,- € berechnet. Den Anteil, der hiervon an die O. weitergeleitet wurde, hat die Kammer auf 60%, somit 32.643.155,- €, geschätzt. Sie hat insoweit unter Zugrundelegung einer Quote von 5,34% – diese ist dem Jahresabschluss 2003 der O. als Verhältnis des Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes entnommen – einen Gewinn von 1.743.144,- € ermittelt. Über das Vermögen der O. ist mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet.
24
In dem benannten Zeitraum leistete die O. an die I. insgesamt 2.300.763,01 € aus eigenen Mitteln. Darin enthalten war der Gewinn aus den abgeurteilten Taten, welchen die O. unverkürzt an die I. weiterleitete. Im Jahr 1999 hatte die I. als damals einzige Gesellschafterin der O. eine Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM an sich selbst beschlossen. Da die O. hierzu finanziell nicht imstande war, stundete ihr die I. den Ausschüttungsbetrag; im Gegenzug verpflichtete sich die O. , den Betrag mit jährlich 6% zu verzinsen. Von Seiten der der O. Kredit gewährenden Volksbank wurden diese als Darlehen bezeichneten vertraglichen Regelungen nicht anerkannt.
25
Der Angeklagte G. erhielt Ende Dezember 2003 von der I. einen Betrag von 1 Mio. SFr. (umgerechnet 643.335,05 €). Hiervon waren mindestens 244.467,- € Tatentgelt für die abgeurteilten Taten; dies entspricht dem Anteil von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens, bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen.
26
Der Angeklagte D. erhielt in den Jahren 2003 und 2004 für seine Mitwirkung an der Verwaltung der ausländischen Gesellschaften und an der Konzeption der Werbesendungen insgesamt ein Entgelt von 265.402,82 €, wovon 38%, damit 100.853,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen. Dem Angeklagten S. wurden von den ausländischen Gesellschaften für die Mitwirkung an ihrer Verwaltung und für die rechtliche Prüfung der Werbesendungen tatbezogene Honorare von 58.700,- € gezahlt (38% von 154.473,74 €). Daneben wurden von Konten der F. insgesamt 28.484.315,86 € auf das Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. – der Angeklagte S. ist Sozius – transferiert. In der Folge wurden Rechnungen der Lieferanten der ausländischen Gesellschaften von diesem Konto bezahlt. "Auf diese Weise" wurden weitere 19.560.762,38 € auf Konten der O. weitergeleitet (UA S. 142).
27
Die Adressdaten sämtlicher Kunden der ausländischen Gesellschaften waren zentral auf dem Server der O. gespeichert und wurden von Mitarbeitern der Abteilung "Adressmarketing" verwaltet. Aus dem Bestand wurden dabei jeweils die Daten derjenigen Empfänger von Werbesendungen gelöscht, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgegeben hatten (UA S. 105). Auf Anweisung der Angeklagten G. und D. wurden die Adressdaten über die zu diesem Zweck im Interesse der I. gegründete Nebenbeteiligte P. an externe Unternehmen "vermietet". In dem benannten Zeitraum erzielte die P. hieraus Einnahmen von mindestens 1.766.147,- €, wovon mindestens 38%, damit 671.136,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen.
28
Zur Höhe der von der 3 C V. erlangten "Vermögensvorteile" aus den abgeurteilten Taten hat die Strafkammer keine Feststellungen zu treffen vermocht.
29
2. Die Strafkammer hat die Feststellungen rechtlich wie folgt gewürdigt:
30
a) Zu den Taten:
31
Die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen hat sie als strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und nach § 16 Abs. 1 UWG nF gewertet. Dass sich die unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen nicht ausdrücklich auf die zugleich angebotenen Waren bezogen, sei unschädlich, weil insoweit der zumindest bestehende wirtschaftliche Zusammenhang ausreiche. Die Angeklagten hätten als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) gehandelt. Die Angeklagten D. und S. hätten durch ihren Einfluss auf die Konzeption jeder der Werbesendungen jeweils eine eigenständige Tat begangen. Die maßgeblichen Tatbeiträge des Angeklagten G. , dessen Beteiligung an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen nicht festgestellt worden ist, hat die Kammer darin gesehen, dass er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften zum Zwecke des Versands der Kataloglinien einschließlich der Werbesendungen veranlasste. Sie hat ihn deshalb wegen sechs Taten verurteilt.
32
Weiterhin hat die Kammer angenommen, die Angeklagten G. und D. hätten in einem Verbotsirrtum (§ 17 StGB) gehandelt, weil sie auf die Angaben des Angeklagten S. zur Straflosigkeit der Werbesendungen vertraut hätten. Allerdings sei der Verbotsirrtum für beide vermeidbar gewesen, da sie es versäumt hätten, die Rechtsmeinung eines unparteiischen Rechtskundigen einzuholen.
33
b) Zum Verfall:
34
Die Kammer hat zunächst die ausländischen Gesellschaften als aus den Taten Bereicherte angesehen, die im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB unmittelbar eine erhöhte Chance dahin erlangt hätten, dass durch die Werbesendungen die Empfänger zur Aufgabe einer Bestellung veranlasst wurden. Von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. hat sie gleichwohl nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil dieser "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft wurde. Weitere "Vermögensvorteile" aus hiesiger Werbung hätten indessen nicht festgestellt werden können (UA S. 156).
35
Auch gegen die O. hat die Kammer den (Wertersatz-)Verfall nicht angeordnet. Zwar sei der von den ausländischen Gesellschaften erlangte Wett- bewerbsvorteil an die O. im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB verlagert worden. Dessen – im Wege der Schätzung zu bemessender (§ 73b StGB) – wirtschaftlicher Wert entspreche dem Gewinn, den die O. aus der Abwicklung der Bestellungen erzielt habe, damit dem Betrag von 1.743.144,- €, so dass die Voraussetzungen des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB insoweit vorlägen. Die Kammer hat von dessen Anordnung jedoch nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen , weil dieser Gewinn in voller Höhe an die I. weiter verschoben wurde. Im Übrigen würde eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern, die ohnehin "voraussichtlich" nicht ausreichen werde, um alle Gläubiger zu befriedigen.
36
Die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die I. erfasst nach Auffassung der Kammer einen Teilbetrag von 1.498.677,- €. Dieser entspreche dem durch die O. erzielten und unverkürzt weitergeleiteten Gewinn, der um das anteilige Tatentgelt des Angeklagten G. zu reduzieren sei. Die im Jahr 1999 zwischen der I. und der O. abgeschlossene, als Darlehen bezeichnete Vereinbarung führe nicht zu einer unbemakelten Forderung, welche die Anwendung von § 73 Abs. 3 StGB ausschließe (UA S. 150). Zivilrechtliche Ansprüche von geschädigten Kunden im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB seien nicht ersichtlich (UA S. 151). In Höhe des an den Angeklagten G. gezahlten Tatentgelts hat die Kammer von der Verfallsanordnung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil "andernfalls mehr abgeschöpft würde, als … tatsächlich erlangt" worden sei (UA S. 153).
37
Gegen den Angeklagten G. hat die Kammer den Wertersatzverfall in Höhe des Tatentgelts von 244.467,- € angeordnet. Sie hat es abgelehnt, darüber hinaus die Einnahmen der I. als relevante Vermögensmehrung beim Angeklagten G. zu bewerten. Auch hinsichtlich der Angeklagten D. und S. hat die Kammer jeweils den Wert des Tatentgelts von 100.853,- € bzw. 58.700,- € für verfallen erklärt. Beim Angeklagten S. hat die Kammer den Betrag von 28.484.315,86 € nicht berücksichtigt, der dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. von Konten der F. zufloss.
38
Die P. habe aus der "Vermietung" der durch strafbare Werbung erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB) Adressdaten der ausländischen Gesellschaften Einnahmen von anteilig 671.136,- € erzielt, die als gezogene Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dem Wertersatzverfall (§ 73a StGB) unterlägen.

II.

39
Bezüglich der Angeklagten D. und S. kann der Senat den Schuldspruch – wie geschehen – anhand der Urteilsgründe berichtigen. Im Hinblick auf die Anzahl der diesen Angeklagten zuzurechnenden Taten – 66 anstatt 62 Fälle – handelt es sich um ein offensichtliches Fassungsversehen im Urteilstenor (vgl. BGH, Beschl. vom 5. April 2000 – 3 StR 75/00; Beschl. vom 5. September 2001 – 1 StR 317/01).

III.

40
Revisionen der Angeklagten:
41
Den Revisionen der drei Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.
42
1. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist die Verurteilung wegen strafbarer Werbung in sechs bzw. 66 Fällen.
43
a) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen die tatbestandlichen Voraussetzungen des – bis zum 7. Juli 2004 gültigen – § 4 Abs. 1 UWG aF und des – seither gültigen – § 16 Abs. 1 UWG nF erfüllt.
44
aa) Dass es sich bei den Werbesendungen, die jeweils standardisierten Text enthielten und mit Hilfe von Adressdatenbanken in Auflagen von zumindest 60.470 Stück an die Empfänger verschickt wurden, um Mitteilungen handelte , die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt waren, bedarf keiner näheren Begründung.
45
bb) Die Angaben in den Werbesendungen waren nach einem objektiven Maßstab unwahr.
46
Ohne beschwerenden Rechtsfehler hat das Landgericht im Hinblick auf die Gewinnmitteilungen darauf abgestellt, dass eine Chance der Empfänger, bei einem Gewinnspiel einen Geld- oder sonstigen Preis zu erhalten, tatsächlich nicht bestand und daher nur vorgetäuscht war. Hinzu kommt, dass – über die Bewertung des Landgerichts hinaus – bei den einzelnen Gewinnmitteilungen unwahre Angaben schon deswegen gegeben sind, weil der Text nur so verstanden werden kann, dass der Empfänger bereits den Preis gewonnen hatte. Die Unwahrheit derartiger Angaben kann nicht ohne weiteres dadurch beseitigt werden, dass an anderer Stelle – etwa in optisch schwer zugänglichen "Vergabe -Bedingungen" auf der Rückseite eines sog. "Auszahlungs-Belegs" (UA S. 52) – Gegenteiliges behauptet wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415; OLG Celle NStZ-RR 2005, 25). Weil die Angeklagten durch den verkürzten rechtlichen Ansatz des Landgerichts nicht beschwert sein können, kommt es in diesem Zusammenhang hierauf allerdings nicht an.
47
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass auch die Geschenkversprechen unwahre Angaben enthielten. Denn die der Warenlieferung tatsächlich beigelegten Gegenstände entsprachen nicht den ausgelobten Geschenken (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.); vielmehr handelte es sich um "wertlosen Plunder". Für die sog. zweistufigen Geschenkvergaben ergibt sich die Unwahrheit insbesondere auch daraus, dass die Wendung, ein näher beschriebenes Geschenk sei "reserviert", in den Werbesendungen sinnentstellt verwendet wurde; hiermit sollte offensichtlich lediglich verbrämt werden, dass ein – noch dazu minderwertiges – Geschenk erst einer zweiten Warenlieferung beigegeben wurde.
48
cc) Aus der Unwahrheit der für die Werbeaussage zentralen Angaben ergab sich hier, dass diese aufgrund ihres – insoweit maßgeblichen (vgl. BGHSt 2, 139, 145; BGHR UWG § 4 [aF] Irreführung 1; Diemer in Erbs/Kohlhaas , Strafrechtliche Nebengesetze 168. Lfg. § 16 UWG Rdn. 32a) – Gesamteindrucks zur Irreführung geeignet waren. Darauf, ob die Empfänger tatsächlich einem Irrtum unterlegen waren, kommt es hingegen nicht an (Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 9). Hinzu kommt, dass der Kundenstamm, an den sich die Werbesendungen richtete, vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau bestand, die für die bezeichneten, Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit vortäuschenden Werbeaussagen besonders empfänglich waren (zur Maßgeblichkeit der von der Werbung konkret angesprochenen Zielgruppe für das Verbraucherleitbild vgl. nur Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 1 Rdn. 20, 27 m.w.N.). Die Werbesendungen waren darauf angelegt, diesen Personen den Eindruck zu vermitteln, der jeweilige Empfänger sei gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
49
dd) Die Annahme des Landgerichts, dass sich die Angaben nicht auf persönliche Verhältnisse, Eigenschaften oder Motive des Werbenden, sondern auf geschäftliche Verhältnisse im Sinne von § 4 Abs. 1 UWG aF bezogen, entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGHSt 36, 389, 392; BGH NJW 2002, 3415, 3416; Kempf/Schilling wistra 2007, 41, 45). Daher wirkt sich hier nicht aus, dass der Gesetzgeber dieses Tatbestandsmerkmal in § 16 Abs. 1 UWG nF nicht übernommen hat (vgl. hierzu einerseits Bornkamm aaO § 16 Rdn. 8; andererseits Diemer aaO Rdn. 19, 39 ff.).
50
ee) Entgegen der in den Revisionen der Angeklagten G. und S. geäußerten Auffassung fehlt es ebenso wenig an einem Zusammenhang zwischen den unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen und den (Waren-)Angeboten.
51
(1) Das Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen Werbung und beworbener Ware oder Leistung ist zwar im Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich niedergelegt, ergibt sich aber aus der Voraussetzung in § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF, dass der Täter in der Absicht handelt, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen (vgl. nur Rengier in Fezer, UWG § 16 Rdn. 98). Ein solcher Zusammenhang ist unzweifelhaft gegeben, wenn im Sinne eines rechtlichen Zusammenhangs der in der Werbeaussage versprochene Vorteil vom beabsichtigten Erwerbsgeschäft abhängig gemacht wird, so dass eine Kopplung der – vermeintlichen – Vorteilserlangung an die Bestellung der beworbenen Ware bzw. an die Inanspruchnahme der beworbenen Leistung vorliegt (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416: "im Sinne einer vertraglichen Gegenleistung" ; ferner zur Wettbewerbswidrigkeit BGHZ 147, 296, 302 [GewinnZertifikate ]; 151, 84 [Kopplungsangebot I]; BGH WRP 2002, 1259 [Kopplungsangebot II]). In dieser Fallkonstellation versteht sich von selbst, dass das Angebot des Werbenden neben der Ware oder Leistung auch den weiteren Vorteil umfasst. Der Kunde, der eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Preis kauft, erwirbt dann nicht nur diese Ware, sondern etwa auch eine Gewinnchance. Ob die Anwendung von § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 UWG nF insoweit auf diese Fallkonstellation beschränkt ist, hat der Bundesgerichtshof zuletzt in der sog. "Kaffeefahrtenentscheidung" ausdrücklich offen gelassen; freilich hat er zugleich Gründe dafür erörtert, dass auch ein sog. wirtschaftlicher Zusammenhang ausreichen könnte (BGH NJW aaO unter kritischer Bewertung von OLG Hamm WRP 1963, 176; OLG Köln MDR 1964, 1028). Denn der Unternehmer setzt die Anpreisung der weiteren geldwerten Vorteile als Werbemaßnahme zur Förderung seines Absatzes ein, aus deren Erlös wiederum die Kosten der Werbung zu finanzieren sind (BGH NJW aaO).
52
Für Fälle der vorliegenden Art entscheidet der Senat die Rechtsfrage nunmehr dahin, dass ein rechtlicher Zusammenhang nicht zwingend erforderlich ist, es also keiner strikt auf das beabsichtigte Erwerbsgeschäft bezogenen sachlichen Verknüpfung des angepriesenen Vorteils bedarf (ebenso Brammsen in MünchKomm-UWG § 16 Rdn. 44; a.A. Rengier aaO Rdn. 98 ff.; Rose wistra 2002, 370, 374 [mit – unzutreffendem – Hinweis auf BGHSt 36, 389]). Eine solche Einschränkung des Tatbestands der strafbaren Werbung läge bereits nach dem Gesetzeswortlaut fern, der lediglich an den beabsichtigten Anschein der Günstigkeit des Angebots anknüpft. Der Gesetzeswortlaut legt vielmehr nahe, dass jeder – vermeintliche – Vorteil genügt, der das Angebot in einem besonders günstigen Licht erscheinen lassen soll (vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 17). Von Bedeutung ist in Fällen der vorliegenden Art insoweit nur, ob der angepriesene geldwerte Vorteil mit der Ware oder Leistung als einheitliches Angebot zu qualifizieren ist. Aber auch nach dem Gesetzeszweck ist eine weitergehende Einschränkung des Anwendungsbereichs nicht gerechtfertigt. Denn Schutzzweck des § 4 Abs. 1 UWG aF und des § 16 Abs. 1 UWG nF ist in erster Linie der Verbraucherschutz. Der Verbraucher soll vor zweckverfehltem und – im Vorfeld der Betrugsstrafbarkeit nach § 263 StGB – vermögensschädigendem Mitteleinsatz bewahrt werden (vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 2; Piper in Piper /Ohly, UWG 4. Aufl. § 16 Rdn. 4); nur wenn er seine Entscheidung auf zutreffender Tatsachengrundlage treffen kann, wird er auch seiner marktregulierenden Funktion gerecht (vgl. Alexander WRP 2004, 407, 411). Vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks ist nicht ersichtlich, warum gerade die Fälle aus dem Anwendungsbereich der Strafnorm ausgenommen werden sollten, in denen mit bewusst undurchsichtig gehaltenen Paketen aus Waren bzw. Leistungen und sonstigen tatsächlich nicht vorhandenen Vorteilen geworben wird. Unter Schutzzweckgesichtspunkten scheint in diesen Fällen vielmehr die Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher hoch.
53
Für die Frage, ob ein einheitliches Angebot gegeben ist, ist maßgeblich der – vom Täter intendierte – Gesamteindruck der Werbeaussage auf die Adressaten. Dieser Maßstab ist im Übrigen auch für den die Irreführung regelnden zivilrechtlichen Tatbestand des § 5 Abs. 1 UWG anerkannt (vgl. nur Bornkamm aaO § 5 Rdn. 2.90 m. umfangreichen Nachw. aus der Rspr.). Dabei kommt es im Sinne eines wirtschaftlichen Zusammenhangs entscheidend darauf an, dass nach den Vorstellungen des Täters ("Absicht") die Entscheidung des Adressaten für das Erwerbsgeschäft unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von dem angepriesenen geldwerten Vorteil beeinflusst wird. Es liegt nahe, dass ein Interessent einen Gewinnvorteil oder ein Geschenkversprechen mit dem Warenangebot zusammen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
54
(2) Gemessen an den dargelegten Anforderungen hat das Landgericht den Zusammenhang zwischen Werbesendungen und zugleich angebotener Ware rechtsfehlerfrei bejaht.
55
Soweit die Übersendung der ausgelobten Geschenke von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert abhängig gemacht wurde, liegt bereits ein rechtlicher Zusammenhang vor. Darauf, dass entsprechend dem Bestellformular ("Test-Anforderung") die Kunden berechtigt waren, die Waren binnen einer näher bestimmten Frist zurückzusenden, kommt es nicht an. Denn auch mit der Vereinbarung eines Kaufs auf Probe – hier entgegen der Auslegungsregel des § 454 Abs. 1 Satz 2 BGB unter der auflösenden Bedingung der fristgerechten Missbilligung – ist ein Kaufvertrag abgeschlossen (vgl. nur Weidenkaff in Palandt, BGB 67. Aufl. § 454 Rdn. 8). Damit standen mit der Warenbestellung Leistung und Gegenleistung bereits in einem synallagmatischen Austauschverhältnis , an dem nach den vertraglichen Absprachen auch das Geschenkversprechen teilnahm. Die Möglichkeit der Kunden, nachträglich von ihrem Gestaltungsrecht Gebrauch zu machen, ändert hieran nichts, zumal dies wiederum mit Kosten verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt erst recht für das bei Fernabsatzverträgen wie hier bestehende Widerrufs- und/oder Rückgaberecht (vgl. § 312d BGB).
56
Im Übrigen hat das Landgericht zu Recht das Vorliegen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs angenommen. Nach dem Gesamteindruck der Werbesendungen zielte die Absicht der Angeklagten darauf ab, dass die Empfänger die Gewinnmitteilungen in Verbindung mit den Warenkatalogen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen. Die angepriesenen Gewinne waren somit Teil des einheitlichen Gesamtangebots. Die enge Verbindung von Werbesendungen und Katalogangebot zeigt sich auch darin, dass beides zusammen verschickt wurde. Die personalisierten Werbesendungen waren darauf ausgerichtet, dass sich der Empfänger gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert fühlen sollte. Ihre Gestaltung erfolgte deshalb in der Weise, dass für den Empfänger der Eindruck entstehen sollte, schon begünstigt worden zu sein; vor diesem Hintergrund erschien auch die Ware günstiger, weil der Kunde für sein Geld vermeintlich mehr erhielt als nur diese. Dieser Zusammenhang wird etwa besonders deutlich, wenn nach der Ankündigung einer "Gewinnauszahlung 5.800,- €" der Empfänger darum gebeten wird, anlässlich der Rücksendung des unterschriebenen "Auszahlungsbelegs" das Versandhandelsunternehmen "in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung (zu) beauftragen" (UA S. 51). In diesem Sinne suggerierte die Werbung Kundenfreundlichkeit und Großzügigkeit. Allein zu diesem Zweck setzten die Angeklagten die aufwendig gestalteten und sehr kostenintensiven Werbesendungen ein. Auch die Angeklagten gingen davon aus, der Warenabsatz werde durch die Gewinnmitteilungen gefördert und gerade der von den Angeklagten betriebene Versandhandel mit den betreffenden Kataloglinien sei von derartigen Werbemaßnahmen abhängig. Besonders prägnant brachten dies die Angeklagten G. und D. zum Ausdruck, indem sie – einer Notiz über eine Besprechung zufolge – "verdeutlicht(en), dass dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122). Die durch das Gesamtangebot bewirkte Umsatzsteigerung war Beweggrund ihres Tuns (UA S. 127).
57
b) Ein von sämtlichen Angeklagten mit ihren Revisionen geltend gemachter unvermeidbarer Verbotsirrtum (§ 17 Satz 1 StGB) liegt nicht vor. Der Senat kann dem Landgericht auch nicht darin folgen, dass die Angeklagten G. und D. überhaupt in einem, wenngleich vermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 Satz 2 StGB) gehandelt hätten; freilich sind diese Angeklagten hierdurch nicht beschwert. Die rechtsirrigen Vorstellungen der drei Angeklagten erweisen sich im Kern lediglich als Fehleinschätzung, sich den für wettbewerbswidrige Werbemaßnahmen vorgesehenen Rechtsfolgen entziehen zu können.
58
Ein Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB liegt nicht schon dann vor, wenn der Täter keine Kenntnis von der Strafbarkeit seines Verhaltens und der Anwendbarkeit eines Strafgesetzes hat. Dies ergibt sich schon aus dem Wort- laut des § 17 Satz 1 StGB ("Fehlt dem Täter … die Einsicht, Unrecht zu tun"; vgl. BGHSt 45, 97, 100 f.). Für die Unrechtseinsicht ist bereits ausreichend das Bewusstsein eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung (BGHR StGB § 17 Unrechtsbewusstsein 1; Bornkamm aaO § 16 Rdn. 19). In einem Verbotsirrtum handelt ein Täter also nur dann, wenn ihm die Einsicht fehlt, dass sein Tun gegen die durch verbindliches Recht erkennbare Wertordnung verstößt (Fischer, StGB 55. Aufl. § 17 Rdn. 3 m.w.N.). Ob der Täter glaubt, straf-, öffentlich- oder zivilrechtliche Normen zu verletzen, hat hingegen grundsätzlich keine Bedeutung (Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 17 Rdn. 5; vgl. auch – zur irrigen Annahme einer Ordnungswidrigkeit anstelle einer Straftat – BGHSt 11, 263, 266; BGHR aaO).
59
Die Angeklagten rechneten – auch nach eigenen Angaben des Angeklagten S. (vgl. UA S. 98) – damit, dass die Werbemaßnahmen wettbewerbsrechtlich unzulässig waren, also gegen verbindliches Recht verstießen. Gerade die Umstrukturierungen des Versandhandelsunternehmens dienten dazu , sich der aus den Wettbewerbsverstößen gezogenen Vorteile zu versichern und sich den Folgen zu entziehen. Dies gilt gleichermaßen für Beanstandungen von Wettbewerbs- und Verbraucherschützern wie für zivilrechtliche Ansprüche von Verbrauchern. Dass "bestehende Kataloglinien ausländischen Gesellschaften ohne Gegenleistung (!) überlassen" wurden, war "eine konsequente Fortsetzung der vom Angeklagten G. praktizierten Strategie …, den in Deutschland betriebenen Versandhandel mit wettbewerbswidriger Werbung zu fördern" (UA S. 116). Weil sich die Angeklagten nach alledem der Normwidrigkeit ihres Verhaltens in Bezug auf die durch § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF geschützten Rechtsgüter bewusst waren, ist es von vornherein ohne Belang, dass sie davon ausgingen, dies habe keine strafrechtlichen Konsequenzen , sondern könne "nur" zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen, denen sie erfolgreich entgehen könnten.
60
c) Die Bewertung des Landgerichts, die Angeklagten hätten als Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gehandelt, ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es auch die Anzahl der Taten für jeden Angeklagten nach der Art seiner Tatbeiträge beurteilt.
61
Der Angeklagte G. war dementsprechend nur wegen sechs tatmehrheitlich begangenen Taten zu verurteilen, weil er an der Konzeption der einzelnen 66 Werbesendungen nicht beteiligt war, seine Beiträge vielmehr im Vorfeld der Einzeltaten beging, indem er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften veranlasste. Die Einzeltaten sind dem Angeklagten G. zwar als in gleichartiger Tateinheit begangen zuzurechnen (BGH NStZ-RR 2004, 352; Fischer aaO vor § 52 Rdn. 35). Gemäß § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO sieht der Senat jedoch aufgrund des Gebots der Klarheit und Verständlichkeit der Urteilsformel davon ab, diese entsprechend zu ergänzen (vgl. BGH NJW 2007, 2864, 2867 m.w.N.; Beschl. vom 4. März 2008 – 5 StR 594/07 – Rdn. 11).
62
2. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist auch der Ausspruch über den (Wertersatz-)Verfall.
63
Das Landgericht hat angenommen, dass die drei Angeklagten folgende Beträge "für" die Taten erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB): der Angeklagte G. 244.467,- €, der Angeklagte D. 100.853,- € und der Angeklagte S. 58.700,- €. Gegen die Bewertung der jeweiligen Vermögensmehrung als Tatentgelt und deren Bemessung gemäß § 73b StGB – anhand eines Anteils von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen – ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
64
Anlass zu näheren Ausführungen bestehen nur hinsichtlich des Angeklagten G. :
65
Entgegen der Auffassung dieses Beschwerführers genügen die Schilderung der Überweisung von 1 Mio. SFr. aus dem Vermögen der I. an ihn, die von seinem Bruder Gi. Ende Dezember 2003 veranlasst wurde (UA S. 137, 146), und die Bezeichnung eines Anteils als Tatentgelt (UA S. 153, 155), um dem Senat die Prüfung des Merkmals "für die Tat" in § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB zu ermöglichen. Die Sachdarstellung erschöpft sich insoweit nicht bloß in der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts oder in der Umschreibung mit einem gleichbedeutenden Wort oder einer allgemeinen Redewendung (hierzu BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 11; Gollwitzer in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 267 Rdn. 32). Aus der – "nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme" (UA S. 154) vorgenommenen – Bewertung als (Tat-)Entgelt ergibt sich hinreichend, dass es sich bei dem überwiesenen Gesamtbetrag um eine Gegenleistung für die im Urteil im Einzelnen festgestellte Tätigkeit zugunsten der I. handelte, was sich nach der Interessenlage auch geradezu aufdrängt. Ein Anteil dieser Gegenleistung entfällt dabei eo ipso auf das Versandhandelsgeschäft, das die der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen betraf, und ist damit Tatentgelt. Wie hoch das Landgericht diesen Anteil – hier 38% – bemisst, ist hingegen eine Frage des § 73b StGB. Darauf, ob der Bruder des Angeklagten G. an den strafbaren Handlungen beteiligt war oder davon Kenntnis hatte, kommt es nach alledem nicht an.
66
Die Revision des Angeklagten G. stellt indessen an die gebotene Sachdarstellung im Urteil überzogene Anforderungen. Insbesondere ist nicht deswegen ein Rechtsfehler gegeben, weil nicht ("nicht einmal") festgestellt ist, "ob und ggf. inwieweit Gi. in die verfahrensgegenständlichen Taten involviert war und von den Einzelheiten hinsichtlich dieser Taten Kenntnis hatte". Auch ist es unschädlich, dass sich das Urteil nicht dazu verhält, ob der Bruder des Angeklagten die Überweisung mit der "Zweckbestimmung" versah, dass "es sich um eine Zahlung 'als Tatentgelt für die verurteilten Taten' handle" (S. 68 des Schriftsatzes vom 7. September 2007).
67
Da der Angeklagte G. den für verfallen erklärten Betrag somit als Tatentgelt erhielt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, ob die Überweisung aus Geldern erfolgte, die von der F. über die O. an die I. weitergeleitet wurden, inwieweit also die Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB für die I. vorliegen. Für den Verfall des für die Tat Erlangten gilt der Vorrang von Ansprüchen Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB regelmäßig – wie auch hier – nicht (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 17).
68
3. Die Verfahrensrügen der Angeklagten dringen nicht durch, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 8. August 2007 zutreffend dargelegt hat.
69
Ergänzend bemerkt der Senat, dass die vom Angeklagten G. im Zusammenhang mit einem Verbotsirrtum erhobenen Verfahrensrügen nach dem oben unter II 1 b Gesagten ohnehin von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgehen. Insbesondere kommt es für die Inbegriffsrüge nach § 261 StPO (S. 440 ff. [Punkt D II] des Schriftsatzes vom 6. November 2006) nicht darauf an, ob für die in der Hauptverhandlung verlesene Mustereinstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Offenburg die irrige Annahme tragend war, entsprechend dem in den Spielregeln niedergelegten Verfahren seien Gewinne auch ausgezahlt worden.

IV.

70
Revision der Nebenbeteiligten I. :
71
Die Revision der Nebenbeteiligten I. hat mit der Sachbeschwerde Erfolg. Die Verfahrensrügen sind dagegen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen unbegründet.
72
Zwar hat das Landgericht ohne Rechtsfehler angenommen, die I. habe nach § 73 Abs. 3 StGB durch die Taten 1.743.144,- € erlangt (nachfolgend 1). Die Beschwerdeführerin beanstandet jedoch zu Recht, dass sich das Urteil nicht hinreichend dazu verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall, den das Landgericht nur für einen Teilbetrag von 1.498.677,- € angeordnet hat, Ansprüche von Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen (nachfolgend

2).

73
1. Die I. erlangte als Drittbegünstigte einen Gesamtbetrag von 1.743.144,- € als weitergeleiteten Gewinn "aus" den Taten. Ob das Landgericht gehalten war, den Wertersatzverfall darüber hinaus auf einen – anteilig verschobenen – (Brutto-)Erlös zu erstrecken, ist im hiesigen Zusammenhang ohne Bedeutung, weil die Beschwerdeführerin insoweit nicht beschwert ist. Gleiches gilt, soweit das Landgericht gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB den der I. zugeflossenen Gewinn um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt reduziert hat.
74
a) Dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit Warenkatalogen verschickt wurden, waren zunächst die ausländischen Gesellschaften begünstigt. Auf hypothetische Kausalverläufe dahin gehend, inwieweit Empfänger Waren auch dann bestellt hätten, wenn ihnen die Kataloge ohne (strafbare) Werbesendungen zugegangen wären, kommt es dabei nicht an. Der Wert des Erlangten floss – jeweils anteilig – anschließend der O. und schließlich der I. zu.
75
§ 73 Abs. 3 StGB ist schon deswegen auf das von den ausländischen Gesellschaften, der O. und der I. Erlangte anwendbar, weil die Angeklagten als Verantwortliche der zur I. -Gruppe gehörenden Gesellschaften auch in deren Interesse handelten und diese vorgefasster Absicht entsprechend aus den Taten – jedenfalls vorübergehend – bereichert wurden. Werden nämlich Organe, Vertreter oder Beauftragte (§ 14 StGB) oder sonstige Angehörige einer Organisation gerade mit dem Ziel tätig, dass bei dieser infolge der Tat eine Vermögensmehrung eintritt, ist die Organisation im Erfolgsfall Drittbegünstigte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245).
76
Dass die Vermögensmehrung bei der O. und der I. nicht unmittelbar durch die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten erfolgte, sondern erst aufgrund weiterer dazwischen geschalteter Rechtsgeschäfte, hindert die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB nicht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist insoweit ein zwischen den Taten und dem Zufluss beim Drittbegünstigten bestehender Bereicherungszusammenhang (vgl. BGH aaO 244). Dieser ist durch das Zurechnungsverhältnis der Angeklagten zur O. und zur I. gegeben ; gerade für Straftaten im Interesse von Unternehmen ist es nicht untypisch, dass dadurch erst komplexe Geldkreisläufe in Gang gesetzt werden (vgl. BGH aaO 246). Deshalb wäre es rechtlich auch ohne Bedeutung, wenn – was nahe liegt – die Zahlungen an die O. zur Erfüllung von zwischen dieser und den ausländischen Gesellschaften geschlossenen Dienstleistungsverträgen erfolgt wären.
77
Nach alledem kommt es auch nicht darauf an, ob hinsichtlich der O. und der I. nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Kriterien – wie das Landgericht angenommen hat – jeweils auch ein sog. Verschiebungsfall (vgl. BGH aaO 246) gegeben ist.
78
b) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, die O. habe den von ihr erzielten Gewinn, den es rechtsfehlerfrei mit 1.743.144,- € berechnet hat, unverkürzt an die I. weitergeleitet.
79
aa) Als Ausgangspunkt hat das Landgericht zutreffend die auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bruttoeinnahmen der O. (32.643.155,- €) geschätzt (§ 73b StGB). Insoweit hat es das Bestellvolumen aus den abgeurteilten Taten (68.006.573,- €) um Forderungsausfälle und Retouren (20%) bereinigt; anschließend hat es den Anteil (60%) errechnet, der von den eingegangenen Kundengeldern auf verschiedene Weise auf Konten der O. transferiert wurde (UA S. 143). Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
80
bb) Das Landgericht hat die Überzeugung gewonnen, dass – nur – "der von der O. aus dem 'Fullfillment' der verfahrensgegenständlichen Mailings resultierende Gewinn in voller Höhe an die I. weiterverschoben wurde" (UA S. 149 f.).
81
Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters. Ein Urteil ist nur dann aufzuheben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sie widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn sie auf einer fehlerhaften Anwendung des Zweifelssatzes beruht (vgl. nur Senatsurt. vom 3. Juli 2007 – 1 StR 3/07 – Rdn. 41 m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung aber auch dann, wenn sich die Schlussfolgerung so sehr von einer festen Tatsachengrundlage entfernt, dass sie sich als eine bloße Vermutung erweist (vgl. BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26, 34; Vermutung 11, jew. m.w.N.).
82
Ein Fehler bei der Beweiswürdigung liegt hier nicht vor. Insbesondere beruht die Überzeugung des Landgerichts auf einer ausreichend tragfähigen Tatsachengrundlage. Als Indizien dafür, dass der Gewinn der I. vorgefasster Absicht entsprechend zufloss, hat das Landgericht auf folgende Umstände heranziehen dürfen, die im Urteil näher ausgeführt sind: Die I. hielt ursprünglich sämtliche Geschäftsanteile der O. . Sie zog als Gesellschafterin "den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft und der O. " (UA S. 115). Der Angeklagte G. , der "an oberster Stelle" stand (UA S. 116), handelte bei seinen für das Versandhandelgeschäft der zur I. - Gruppe gehörenden Unternehmen und für die unlauteren Werbemaßnahmen grundlegenden Entscheidungen dementsprechend "nach Sachlage im Interesse der I. " (UA S. 110). Rechtsfehlerfrei ist im Urteil auch dargelegt, dass der unverkürzten Weiterleitung des Gewinns nicht die als Darlehen bezeichnete Vereinbarung entgegensteht. Denn gerade aufgrund der im Jahr 1999 beschlossenen Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM, die der Vereinbarung zugrunde lag, für die der O. aber liquide Mittel fehlten (UA S. 151), liegt es nahe, dass Gewinne nicht dauerhaft bei der O. verbleiben, sondern der "Muttergesellschaft" zufließen sollten. Das hat auch das Landgericht im Blick gehabt, zumal auch die der O. Kredit gewährende Volksbank diese vertraglichen Regelungen nicht anerkannte.
83
Infolgedessen ist für die Annahme, in dem Gesamtbetrag von ca. 2,3 Mio. €, den die O. aus eigenen Mitteln an die I. leistete, sei ihr Gewinn aus den der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen allenfalls quotenmäßig – nämlich im Verhältnis zum sonstigen Gewinn – enthalten, entgegen der in den Revisionen der Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers G. geäußerten Auffassung kein Raum.
84
cc) Den an die I. weitergeleiteten Gewinn hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf der Grundlage des Jahresabschlusses 2003 auf insgesamt 1.743.144,- € geschätzt (§ 73b StGB).
85
2. Das Urteil weist aber einen die Beschwerdeführerin belastenden Rechtsfehler auf, weil es sich nicht hinreichend dazu verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall zivilrechtliche Ansprüche von Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
86
Der Ausschluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt auch gegenüber einem Drittbegünstigten (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 109; Nack GA 2003, 879, 882 m.w.N.). Der Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB steht nach ständiger Rechtsprechung nicht entgegen, dass eine – noch – unbekannte Vielzahl von Personen geschädigt wurde oder dass Ansprüche tatsächlich nicht geltend gemacht werden; für den Ausschluss kommt es auf die rechtliche Existenz der Ansprüche an (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 18 m.w.N.). Das bisherige Unterbleiben und die fehlende Erwartung der Geltendmachung solcher Ansprüche ermöglichen also die Verfallsanordnung nicht (BGH NStZ-RR 2007, 110). Vielmehr bleibt sie nur möglich, wenn die Verletzten auf die Geltendmachung wirksam verzichtet haben oder die Ansprüche verjährt sind (BGH NStZ 2006, 621, 623; Fischer aaO Rdn. 19).
87
Zutreffend hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass aufgrund der der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen Schadensersatzansprüche von Kunden auch ihr gegenüber aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF nahe liegen. Für den alten wie für den neuen Straftatbestand der strafbaren Werbung ist die Eigenschaft als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anerkannt (vgl. BTDrucks. 15/1487 S. 22; Alexander WRP 2004, 407, 420; Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 29; Brammsen in Münch- Komm-UWG § 16 Rdn. 12; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO Einl. Rdn. 7.5; Piper in Piper/Ohly, UWG 4. Aufl., § 16 Rdn. 4, 27; a.A. Dreyer in Harte /Henning, UWG § 16 Rdn. 22). Zwar wird der Schutzgesetzcharakter der Bestimmungen des UWG zu den zivilrechtlichen Rechtsfolgen allgemein verneint, weil sie sowohl hinsichtlich der Klagebefugnis als auch hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen abschließend sind. Anderes gilt jedoch für die Strafbestimmungen , da diese keine – abschließende – Regelung der zivilrechtlichen Rechtsfolgen enthalten (BTDrucks. aaO). Anspruchsgegner eines solchen Schadensersatzanspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF wäre auch die I. , in deren Interesse die Angeklagten letztlich tätig waren und die den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft zog. Die zivilrechtliche Zurechnung des Verhaltens – jedenfalls des Angeklagten G. – folgt dabei den Grundsätzen der Organhaftung analog § 31 BGB (vgl. Heinrichs/Ellenberger in Palandt, BGB 67. Aufl. § 31 Rdn. 5 f.).
88
Die durch die abgeurteilten Taten irre geführten Kunden könnten mit diesem Anspruch Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung der Ware verlangen. Grundsätzlich richtet sich der Schadensersatzanspruch auf das negative Interesse. Der Verletzte ist also so zu stellen, wie er ohne das haftungsbegründende Ereignis stünde (§ 249 Abs. 1 BGB), auch dann, wenn der Schaden im Abschluss eines Vertrages – etwa durch arglistiges Verleiten hierzu – besteht. Liegt ein wirksamer Vertrag vor, kann der Verletzte Befreiung von der Verbindlichkeit und damit auch dessen Rückabwicklung verlangen; dies gilt unabhängig davon, ob er die Unwirksamkeit durch Ausübung eines Gestaltungsrechts – wie hier gegebenenfalls durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB – herbeiführen könnte (vgl. Sprau in Palandt aaO vor § 823 Rdn. 17).
89
Der Senat kann anhand der Urteilsfeststellungen nicht beurteilen, inwieweit Ansprüche der Kunden verjährt sein könnten. Die Verjährung des Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF richtet sich nach § 195 BGB, nicht nach § 11 UWG nF bzw. § 21 UWG aF (Alexander WRP 2004, 407, 420). Die Verjährungsfrist beträgt damit drei Jahre und beginnt grundsätzlich gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist hier also nicht nur der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung durch die Kunden, vielmehr auch ihre Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Unwahrheit der Angaben in den Werbesendungen sowie von den Umständen, welche den Anspruch gerade gegen die I. begründen. Deswegen ist es alles andere als sicher, dass hinsichtlich der Schadensersatzansprüche von Kunden bereits Verjährung eingetreten ist; erst recht gilt dies für den revisionsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt der tatrichterlichen Urteilsverkündung. Der Senat hält es nicht für ausgeschlossen, dass in einer neuen Hauptverhandlung entsprechende Feststellungen – auch unter Anwendung des § 73b StGB – getroffen werden können.

V.

90
Revision der Nebenbeteiligten P. :
91
Die Revision der Nebenbeteiligten P. bleibt erfolglos. Die Wirtschaftsstrafkammer hat ohne sachlichen Rechtsfehler gegen die P. den Wertersatzverfall in Höhe von 671.136,- € angeordnet, weil diese aus der "Vermietung" der Adressdaten der ausländischen Gesellschaften, die durch die strafbaren Werbemaßnahmen gewonnen wurden, entsprechende – anteilige – Einnahmen erzielte.
92
Aus der Tat erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Begünstigten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 10 m.w.N.). Die strafbare Werbung hatte zur Folge, dass Verbraucher, die für derartige Werbemaßnahmen empfänglich waren, Bestellungen aufgaben. Das Wissen um diese Kundendaten war damit anteilig aus den abgeurteilten Taten erlangt, worauf der Adressdatenbestand beruhte. Denn durch die Verwaltung der Adressdaten wurde sichergestellt, dass die Daten – nur – derjenigen Empfänger gelöscht wurden, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgaben.
93
Die Einnahmen aus der "Vermietung" der Adressdaten stellen Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dar. Zudem ist die P. Drittbegünstigte nach § 73 Abs. 3 StGB, da die "Vermietung" in ihrem Interesse auf Anweisung der für sie handelnden Angeklagten G. und D. erfolgte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245). Der P. ist kein (Mit-)Verschulden an den Werbemaßnahmen selbst zuzurechnen, so dass Ansprüche im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht ersichtlich sind. Dass die Kammer die Einnahmen, die anteilig auf die der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen entfielen, gemäß § 73b StGB unter Zugrundelegung einer Quote von 38% errechnet hat, ist nicht zu beanstanden.

VI.

94
Revisionen der Staatsanwaltschaft:
95
Die – auf den Ausspruch über den Verfall beschränkten – Revisionen der Staatsanwaltschaft haben den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg. Während die gegen die Nebenbeteiligten O. , I. und 3 C V. gerichteten Revisionen jeweils mit der Sachbeschwerde durchdringen, sind die Revisionen unbegründet, soweit die drei Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. betroffen sind.
96
1. Zur Nebenbeteiligten O. :
97
Was eine Verfallsanordnung gegen die O. anbelangt, kann der Senat dem Landgericht im Hinblick auf den Umfang des Erlangten schon nicht darin folgen, dass Gegenstand des Wertersatzverfalls nur der (Netto-)Gewinn, nicht der (Brutto-)Umsatzerlös ist (nachfolgend a). Vor allem aber hat das Landgericht von einer Verfallsanordnung aufgrund einer rechtsfehlerhaften Anwendung des § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB abgesehen (nachfolgend b).
98
a) Das von der O. Erlangte umfasst nicht nur den von ihr erzielten Nettogewinn , sondern die anteilig an sie weitergeleiteten Bruttoeinnahmen, die das Landgericht mit 32.643.155,- € berechnet hat.
99
aa) Die ausländischen Gesellschaften erhielten als Drittbegünstigte "aus" den Taten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB), also dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit Warenkatalogen verschickt wurden, unmittelbar Warenbestellungen; deren Wert floss anteilig der O. zu.
100
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist insoweit ein "Wettbewerbsvorteil" , der zunächst nur in einer Chance auf Warenbestellungen bestanden habe, kein tauglicher Anknüpfungspunkt für den Verfall. Eine solche Chance ist für den Begünstigten überhaupt nur in dem Umfang werthaltig, in dem Empfänger auch tatsächlich Waren bestellen. Einen hiervon zu trennenden Marktwert hat eine solche Chance nicht. Darüber hinaus verwirklicht sich erst in den Vertragsschlüssen selbst die abstrakte Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher und die Marktaussichten von Mitbewerbern, deren Schutz die strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF bezweckt. Der 5. Strafsenat hat dementsprechend in einem Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr als im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unmittelbar erlangtes "etwas" die Auftragserteilung selbst, also den Vertragsschluss, angesehen, dagegen nicht schon die in der Manipulation des Vergabeverfahrens bestehende Chance auf Auftragserteilung (so BGHSt 50, 299, 309 f. ["Kölner Müllskandal"]; zustimmend Saliger NJW 2006, 3377, 3381; ablehnend Hohn wistra 2006, 321, 322).
101
bb) Der Umfang des Erlangten ist zwingend nach Maßgabe des Bruttoprinzips zu bemessen. Hiernach sind Vermögenswerte, die der Täter oder Teilnehmer in irgendeiner Phase des Tatablaufs unmittelbar erlangt hat, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen, ohne dass Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen in Abzug gebracht werden (BGHSt 47, 369, 370 f.; W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 18, jew. m.w.N.). Das gilt auch für den Drittbegünstigten im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB, zumal dann, wenn er Nutznießer der Tat ist (BGHSt aaO 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Bei der Umstellung auf das Bruttoprinzip durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) hat der Gesetzgeber unter anderem auf den Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB abgestellt, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein müsse (BTDrucks. 12/899 S. 11; hierzu BGHSt aaO 372). Dass das Bruttoprinzip sachgerecht ist, ergibt sich aus dem Präventionszweck des Verfalls: Müsste der von der Verfallsanordnung Betroffene lediglich die Abschöpfung des Nettogewinns befürchten, so würde sich die Tatbegehung für ihn unter finanziellen Gesichtspunkten als weitgehend risikolos erweisen. Den Drittbegünstigten soll das Bruttoprinzip veranlassen, zur Verhinderung solcher Taten wirksame Kontrollmechanismen zu errichten oder aufrechtzuerhalten (vgl. BGHSt aaO 374; ferner BGHSt 51, 65, 67; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215).
102
cc) Aus den Taten erlangt wurden hier nicht nur die Warenbestellungen, also die Vertragsschlüsse, die durch das Verschicken der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen kausal hervorgerufen wurden, sondern auch die von den Kunden in Erfüllung der Kaufverträge geleisteten Zahlungen (zum Kriterium der Unmittelbarkeit vgl. BVerfG, Kammerbeschl. vom 7. Juli 2007 – 2 BvR 527/06 – Rdn. 4). Insoweit besteht nach Auffassung des Senats hier kein sachlicher Grund, zwischen schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft und "dinglichem" Erfüllungsgeschäft zu differenzieren.
103
Der 5. Strafsenat hat freilich in einer anderen Fallgestaltung – einem Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr – die Notwendigkeit einer derartigen Differenzierung befürwortet (BGHSt 50, 299, 309 ff. ["Kölner Müllskandal"]): Unmittelbar aus einer solchen Tat erlange "ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn" (BGH aaO 310). Anders als etwa bei Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen sei bei der Bestechung im geschäftlichen Verkehr strafrechtlich bemakelt lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt sei, nicht dass er ausgeführt werde. Der wirtschaftliche Wert des Auftrags bemesse sich dort vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn (BGH aaO 310 f.). Erst wenn dieser ermittelt worden sei, folge aus dem Bruttoprinzip, dass für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen – wie insbesondere die Bestechungssumme – nicht weiter in Abzug gebracht werden könnten (BGH aaO 312; vgl. auch BGHSt 47, 260, 269 f.).
104
Die Rechtsprechung des 5. Strafsenats steht hier weder der Beurteilung entgegen, dass (auch) die Kaufpreiszahlungen (unmittelbar) aus den abgeurteilten Taten erlangt sind, noch widerspricht sie der Bemessung des anteilig an die O. weitergeleiteten Taterlöses nach dem Bruttoprinzip:
105
Eine Divergenz liegt schon deshalb nicht vor, weil die Durchführung der Kaufverträge hier strafrechtlich bemakelt ist. Wenn es nämlich – wie bereits oben unter III 1 a ee (1) ausgeführt – Schutzzweck von § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 UWG aF ist, den Verbraucher vor zweckverfehltem und vermögensschädigendem Mitteleinsatz zu bewahren, dann kann der Mitteleinsatz selbst nicht als in diesem Sinne strafrechtlich neutral beurteilt werden. Ohne das Verschicken der irreführenden Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen wäre es nicht zu Bestellungen und entsprechenden Kaufpreiszahlungen der Kunden gekommen. Anderes gilt für den vom 5. Strafsenat entschiedenen Fall. Das Werk wäre nämlich auch ohne korruptive Manipulation der Auftragsvergabe hergestellt worden, so dass ein Werklohn in jedem Fall hätte entrichtet werden müssen. Der Straftatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 2 StGB schützt dementsprechend – unmittelbar nur – den freien Wettbewerb (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. vor § 298 Rdn. 6, § 299 Rdn. 2). Dies könnte es rechtfertigen, lediglich einen "Mehrerlös", insbesondere soweit er über den regulär erzielbaren Werklohn hinausgeht, als das aus der Straftat Erlangte zu bewerten.
106
Hinzu kommt, dass auch nach der Entscheidung des 5. Strafsenats das in Straftaten Investierte nicht verfallsmindernd berücksichtigt werden darf (vgl. BGHSt 50, 299, 310, 312). Der Gesetzgeber wollte gerade dessen unwiederbringlichen Verlust anordnen (siehe oben unter bb). Die vom Landgericht vorgenommene Berechnung des Gewinns der O. – anhand des Verhältnisses des im Jahresabschluss 2003 ausgewiesenen Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes (siehe oben unter I 1 b) – dürfte jedoch dazu führen, dass die Aufwendungen für strafbare Werbung unzulässigerweise den Verfallsbetrag schmälern würden.
107
Wäre das vom 5. Strafsenat genannte Kriterium der strafrechtlichen Bemakelung gar dahin zu verstehen, dass die Ausführung eines Vertrags für sich gesehen strafbar sein müsse, könnte der Senat dieser Einschränkung nicht folgen. Das hätte nämlich zur Folge, dass bei "Alltagsgeschäften", etwa bei durch Betrug zustande gekommenen Verträgen über Dienstleistungen, über den Kauf von Autos oder über Geldanlagen, die Rückgewinnungshilfe (vgl. § 111i in Verbindung mit § 111b Abs. 5 StPO) sachwidrig begrenzt wäre. Da in solchen Fällen das Erfüllungsgeschäft als solches regelmäßig nicht verboten ist, wäre eine über den Gewinn hinausgehende Rückgewinnungshilfe von vornherein ausgeschlossen. Der Senat ist demgegenüber der Auffassung, dass auch in diesen Fällen das Erlangte in vollem Umfang dem Verfall unterliegt. Dies hat der Gesetzgeber jedenfalls mit dem Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl I 2350) klargestellt. Ziel des Gesetzes war nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks. 16/700 S. 8) zu verhindern, dass "Verbrechen sich lohnt". Die Rückgewinnungshilfe sollte insbesondere auch bei den durch Betrug verursachten Massenschäden – also auch in Fällen, in denen die Ausführung eines Vertrags für sich gesehen nicht strafbar ist – verbessert werden. Rückgewinnungshilfe setzt aber voraus, dass der Verfall, auch soweit das Erlangte über den Gewinn hinausgeht, nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB überhaupt angeordnet werden könnte. Wenn der Gesetzgeber danach für derartige Fallgestaltungen die Rückgewinnungshilfe nicht nur ermöglichen, sondern sogar noch verbessern wollte, dann hat er damit zugleich entschieden, dass dem Verfall das aus Erfüllungsgeschäften, die als solche nicht verboten sind, Erlangte – nach dem Bruttoprinzip – in voller Höhe unterliegt.
108
Aber auch unabhängig hiervon stößt die Rechtsprechung des 5. Strafsenats , wenngleich es im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf ankommt, beim Senat schon im rechtlichen Ausgangspunkt auf Bedenken. Sie bleibt näm- lich eine Erklärung dafür schuldig, aus welchen Gründen die Ermittlung des Werts des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts durch Saldierung – also gleichsam nach dem Nettoprinzip – erfolgt, während sich nur der Wert des "dinglichen" Erfüllungsgeschäfts nach dem Bruttoprinzip richten soll (insoweit krit. auch Hohn wistra 2006, 321, 322 f.; Saliger NJW 2006, 3377, 3381; Fischer aaO § 73 Rdn. 11). Nach dem Bruttoprinzip wäre es vielmehr nahe liegend, auch beim schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft den Anspruch auf Leistung (auf den vereinbarten Werklohn) so zu bewerten, dass die Verpflichtung zur Gegenleistung (zum Bau einer Restmüllverbrennungsanlage) unberücksichtigt bliebe. Des Weiteren ist das vom 5. Strafsenat vertretene enge Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums nicht ohne weiteres vereinbar mit der gesetzlichen Systematik von § 73 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StGB, aus der dieses Kriterium hergeleitet wird. § 73 Abs. 2 StGB erfasst als mittelbare Vermögenszuwächse ausschließlich Nutzungen und Surrogate; die Bestimmung ist § 818 Abs. 1 BGB nachgebildet (W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 43). Dieser knüpft gerade an die Herausgabe nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, also insbesondere die – nach gesetzlicher Wertung somit keineswegs mittelbare – "dingliche" (Rück-)Übertragung bei unwirksamem schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft an. Es geht daher zu weit, wenn sich aus § 73 Abs. 2 StGB ergeben soll, vom Anwendungsbereich des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sei nur ein vertraglicher Anspruch, nicht aber das zu seiner Erfüllung Geleistete erfasst.
109
b) Die Beschwerdeführerin beanstandet weiterhin zu Recht, dass das Landgericht § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB mit der Begründung angewendet hat, dass die O. den Gewinn an die I. weiterleitete und über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, so dass eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern würde und diese – nach Einschätzung des Landgerichts – "voraussichtlich" nicht ausreichen wird, um alle Gläubiger zu befriedigen.
110
aa) Im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB ist der Abfluss des Taterlöses für sich gesehen regelmäßig unbeachtlich. Da die zur I. - Gruppe gehörenden Gesellschaften von den Angeklagten vertreten wurden und durch deren Taten erst komplexe Geldkreisläufe in diesem zusammenwirkenden Firmengeflecht in Gang gesetzt wurden (vgl. BGHSt 45, 235, 245 f.; siehe oben IV 1 a), unterliegt bei jeder dieser Gesellschaften grundsätzlich das von ihr Erlangte bzw. das an sie Weitergeleitete dem (Wertersatz-)Verfall.
111
Die Unbeachtlichkeit des Abflusses des Taterlöses ergibt sich dabei aus dem Präventionszweck des Verfalls, der auf die Verhinderung gewinnorientierter Straftaten gerichtet ist (vgl. BGHSt 51, 65, 72). Eine Auslegung der Vorschriften über den Verfall, nach der die Tatbegehung unter finanziellen Gesichtspunkten weitgehend risikolos bleibt, genügt diesem Zweck nicht (vgl. hierzu BGH aaO 67; ferner BGHSt 47, 369, 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Dass der spätere Abfluss allein den Umfang der rechtlich gebotenen Erlösabschöpfung nicht berührt, korrespondiert dabei mit dem gesetzgeberischen Anliegen , das mit der Einführung des Bruttoprinzips verbunden war (siehe oben unter a bb); dieses Anliegen darf mit Hilfe der Härteklausel des § 73c StGB nicht unterlaufen werden (vgl. BGHR StGB § 73c Härte 7).
112
In der Höhe ist der Gesamtbetrag dessen, was tatsächlich abgeschöpft werden kann, hier lediglich durch das von den Erstbegünstigten Erlangte, also dem Vermögenszufluss bei den ausländischen Gesellschaften begrenzt. Dieser Betrag entspricht dem auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumen abzüglich der Forderungsausfälle und Retouren (54.405.258,- €). Nahe liegt, dass in Fällen der Drittbegünstigung nach § 73 Abs. 3 StGB, in denen das Erlangte weitergeleitet wurde, ohne dass dadurch erneut eine Straftat begangen wurde, – anders als in Fällen einer Handelskette beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (vgl. BGHSt 51, 65, 71 f.) – von Gesamtschuldner- schaft auszugehen ist, soweit die Verfallsanordnungen in der Summe über das vom Erstbegünstigten Erlangte hinausgehen. Dies bedarf hier jedoch keiner vertieften Erörterung.
113
bb) Eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB scheidet von vornherein aus, soweit und solange der Angeklagte oder Drittbegünstigte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem "verfallbaren" Betrag zurückbleibt. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene Vermögen einen konkreten oder unmittelbaren Bezug zu der rechtswidrigen Tat hat (BGH aaO 69 m.w.N.). Weist das Vermögen einen solchen Bezug nicht auf, namentlich weil der Taterlös weitergeleitet wurde, bietet § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in besonders gelagerten Einzelfällen einen hinreichenden Schutz (BGH aaO 70). Im Rahmen des Beurteilungsspielraums, den der Tatrichter für den Rechtsbegriff der unbilligen Härte hat, kann dabei insbesondere ins Gewicht fallen, dass ein Drittbegünstigter – anders als hier die O. über die für sie verantwortlich Handelnden – gutgläubig ist (vgl. BGHSt 47, 369, 376; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215; 2007, 109, 110; vgl. auch BGH, Urt. vom 3. Juli 2003 – 1 StR 453/02 – Umdr. S. 45 f.: kein Absehen bei bewusst verfallsvereitelnder Weitergabe von Vermögenswerten).
114
cc) Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hindert die Anordnung des Verfalls grundsätzlich nicht. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage , wie ein angeordneter Wertersatzverfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. BGHSt 50, 299, 312; Hohn wistra 2006, 321). Für die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB maßgeblich ist daher nicht schon die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern erst die Feststellung , dass die Insolvenzmasse nicht zur Befriedigung vorrangiger Forderungen ausreicht, somit kein verwertbares Vermögen vorhanden ist. Eine derartige – sichere – Feststellung fehlt im angefochtenen Urteil. Inwieweit im Einzelfall auch nachrangige Forderungen, etwa nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO solche auf Rückgewähr kapitalersetzender Darlehen eines Gesellschafters, im Rahmen des Ermessens Berücksichtigung finden könnten, braucht der Senat nicht zu entscheiden.
115
Der 5. Strafsenat hat zwar die Angemessenheit des Absehens vom Verfall nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB unter anderem damit begründet, dass kein bleibender "Gewinn" erzielt wurde und sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz befand (so BGHSt 50, 299, 313). Eine Divergenz zu dieser Entscheidung im Sinne von § 132 Abs. 2 GVG besteht jedoch auch insoweit nicht, weil dort die Anwendung der Vorschrift – anders als hier – insbesondere auch auf die Feststellung im tatrichterlichen Urteil gestützt worden ist, dass sich die Verfallsbeteiligte erheblichen Regressansprüchen konkret ausgesetzt sah.
116
2. Zur Nebenbeteiligten I. :
117
Soweit gegen die I. Verfall der von Wertersatz in Höhe von 1.498.677,- € angeordnet worden ist, enthält das Urteil ebenfalls einen diese begünstigenden Rechtsfehler. Die Beschwerdeführerin beanstandet zwar zu Unrecht, dass die Wirtschaftsstrafkammer den Gewinn von 1.743.177,- €, nicht die Einnahmen von ca. 2,3 Mio. € als das Erlangte angesehen hat. Denn anders als bei der O. entspricht allein dies – wie oben unter IV 1 b bb ausgeführt – den Urteilsfeststellungen, denen zufolge die I. den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft und der O. ziehen sollte, so dass ihr lediglich der Saldo aus Einnahmen und Ausgaben zufloss. Die Kammer hat jedoch rechtsfehlerhaft den weitergeleiteten Gewinn gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt von 244.467,- € reduziert. Gemäß dem oben unter 1 b aa und bb Dargelegten ist im Hinblick auf diese Vorschrift der – teilweise – Abfluss des Taterlöses für sich gesehen regelmäßig unbeachtlich.
118
3. Zur Nebenbeteiligten 3 C V. :
119
Soweit von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. abgesehen worden ist, ist das Urteil rechtsfehlerhaft, da das Landgericht in zweifacher Hinsicht einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt hat. Auf die von der Beschwerdeführerin insoweit erhobene Aufklärungsrüge, das Landgericht habe näher bestimmten Urkundsbeweis erheben und infolgedessen ergänzende Feststellungen zu Vereinbarungen und Geldflüssen zwischen der F. und der 3 C V. treffen müssen, kommt es daher nicht an.
120
Im Urteil ist ausgeführt, dass zur Höhe der von der 3 C V. aus verfahrensgegenständlicher Werbung erlangten Vermögensvorteile keine Feststellungen hätten getroffen werden können (UA S. 138). Des Weiteren sei der "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft worden, so dass § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB anzuwenden sei; "weitere" Vermögensvorteile seien indessen nicht feststellbar (UA S. 156).
121
Im Ansatz zutreffend ist – nach dem oben unter IV 1 a Gesagten – die Annahme, zunächst hätten die ausländischen Gesellschaften, damit auch die 3 C V. als Drittbegünstigte, durch die mit den Warenkatalogen verschickten Werbesendungen etwas erlangt. Die – wenngleich knapp gehaltenen – Ausführungen zeigen jedoch zweierlei:
122
Zum einen hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, die Anordnung des Wertersatzverfalls setze voraus, dass der Nettogewinn ermittelt werde. Darauf deutet zunächst die Verwendung des Bergriffs "Vermögensvorteil" im Urteil hin, der dem Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF entsprach, bevor der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes , des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) das Bruttoprinzip ("etwas") einführte. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sich die auf die Vertragsschlüsse mit der 3 C V. entfallenden Bruttoeinnahmen – selbst unter Anwendung des § 73b StGB – nicht berechnen ließen. Das Landgericht hat neun unter der Firma 3 C V. verschickte strafbare Werbesendungen mit Aussendedatum und Auflagenstärke festgestellt (UA S. 25). Es spricht nichts dafür, dass der Umsatzerlös der 3 C V. nicht hätte – entsprechend der auch ansonsten verwendeten Berechnungsmethode (vgl. UA S. 142) – geschätzt werden können, zumal, wie sich aus der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft ergibt (S. 49 ff.), im Rahmen der Anordnung eines dinglichen Arrests gemäß § 111b Abs. 2, § 111d StPO das auf diese neun Werbesendungen entfallende Bestellvolumen (8.888.981,81 €) ermittelt worden war. Auch dass die Zahlungen der Kunden auf Konten der F. "umgeleitet" wurden, um die Einnahmen dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen (UA S. 134), bedeutet nicht ohne weiteres, dass keine Vermögensmehrung bei der 3 C V. eintrat. Vielmehr könnten dieser – was angesichts der Feststellungen nahe liegt – Zahlungsansprüche in Bezug auf die erfolgten Bestellungen zugestanden haben.
123
Zum anderen beruhen die Erwägungen wiederum auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab, was die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB anbelangt. Wie bereits oben unter 1 b aa und bb ausgeführt , steht die Weiterleitung des Gewinns an die I. der Verfallsanordnung für sich gesehen regelmäßig nicht entgegen.
124
4. Zum Angeklagten G. :
125
Die gegen den Angeklagten G. gerichtete Revision ist unbegründet. Dass die Kammer nur einen Anteil von 38% der von der I. überwiesenen 1 Mio. SFr. als Tatentgelt bewertet hat, ist sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden (hierzu oben unter III 2). Überdies ist im Urteil rechtsfehlerfrei dargelegt , dass die persönliche Vermögensbilanz dieses Angeklagten nicht bereits durch den Zufluss der 1.743.144,- € bei der I. "verbessert" wurde und er selbst hierdurch noch nichts erlangt hat (nachfolgend a); die hierauf bezogene Verfahrensrüge dringt nicht durch (nachfolgend b).
126
a) Die Verfallsanordnung setzt voraus, dass der von ihr Betroffene den Vermögenswert tatsächlich erlangt hat. Erforderlich ist insoweit die tatsächliche Verfügungsgewalt oder – bei Mittätern zumindest – wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 13 ff.). In Vertretungsfällen gemäß § 73 Abs. 3 StGB, in denen – wie hier – der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) oder als sonstiger Angehöriger einer juristischen Person für diese handelt und die Vermögensmehrung bei der juristischen Person eintritt, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der Täter (Mit-)Verfügungsgewalt an dem Erlangten hat. Regelmäßig ist vielmehr davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne weiteres durch den Täter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt , wenn dieser eine – legale – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BVerfG [Kammer] StV 2004, 409, 411; NJW 2005, 3630, 3631). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Eine solche Feststellung rechtfertigende Umstände können etwa darin liegen, dass der Täter die juristische Person nur als einen formalen Mantel seiner Tat nutzt, eine Trennung zwischen der eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft aber nicht vornimmt, oder darin, dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BVerfG [Kammer] NJW aaO).
127
Dass es sich bei dem Vermögen der Aktiengesellschaft I. und dem Privatvermögen des Angeklagten G. um in diesem Sinne nur vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelte, hat das Landgericht nicht festgestellt und dementsprechend ein Erlangen im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB beim Angeklagten G. rechtsfehlerfrei verneint (vgl. UA S. 155). Eine nur vorgegebene Vermögenstrennung liegt in Anbetracht der Urteilsfeststellungen auch nicht nahe, wie die Überweisung der 1 Mio. SFr., in denen das Entgelt für die abgeurteilten Taten enthalten war, zeigt. Ein von der Beschwerdeführerin geltend gemachter Mangel in der Sachdarstellung liegt nicht vor.
128
b) Die Verfahrensrüge, mit der die Beschwerdeführerin die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit nach § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO beanstandet, ist unbegründet. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte die Verlesung einiger Urkunden beantragt, wobei die Beweisbehauptungen darauf zielten, dass nicht der Bruder des Angeklagten G. , sondern er selbst (nahezu) alleiniger Aktionär und "Inhaber" der I. sei.
129
Aus dem Ablehnungsbeschluss geht hervor, dass die Kammer die unter Beweis gestellten Indiztatsachen aus rechtlichen Gründen für bedeutungslos gehalten hat. In dem Beschluss ist in Bezug auf den Verfall lediglich ausgeführt, dass die Gesellschaftsverhältnisse der I. für die Abschöpfung etwaiger von dieser gezogener Gewinne keine Rolle spielten, weil der Verfall gegen die I. auch angeordnet werden könne, wenn nicht der oder ein Gesellschafter , sondern ein Organ die Tathandlungen begangen habe. Zwar ist die Begründung des Ablehnungsbeschlusses insoweit unzulänglich, da die Kammer das Beweisziel im Hinblick auf die Verfallsanordnung gegen den Angeklagten G. nicht vollständig erfasst zu haben scheint. Der Senat kann jedoch das Beruhen des Urteils auf diesem Mangel ausschließen, weil insoweit die Gründe der Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Gründen klar zutage traten (vgl. Herdegen in KK-StPO 5. Aufl. § 244 Rdn. 75 m.w.N.). Auch wenn die Beweisbehauptungen erwiesen worden wären und der Angeklagte G. nahezu alleiniger Aktionär der I. bzw. in diesem Sinne deren "Inhaber" gewesen wäre, wäre nämlich der von der Beschwerdeführerin begehrte Schluss auf nur vorgeblich getrennte Vermögenssphären nicht nahe liegend. Dies hat auch die Kammer erkennbar so gesehen.
130
5. Zum Angeklagten S. :
131
Der Senat teilt die Meinung der Beschwerdeführerin nicht, der Angeklagte S. habe über das Tatentgelt von 58.700,- € hinaus als Taterlös ("aus" den Taten) weitere Beträge nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, weil sich den Feststellungen zufolge auf dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. vorübergehend insgesamt 28.484.315,86 € befanden, die von Konten der F. dorthin transferiert wurden.
132
Ein Rechtsfehler in sachlich-rechtlicher Hinsicht, auch in Form eines Erörterungsmangels , liegt nicht vor. Feststellungen, welche die Beurteilung rechtfertigen , durch den Geldzufluss auf dem Kanzleikonto habe sich die private Vermögensbilanz des Angeklagten S. geändert, hat die Kammer nicht getroffen. Dass solche Feststellungen möglich gewesen wären, liegt auch nicht nahe. Vielmehr dürfte es sich bei dem in Rede stehenden Gesamtbetrag entweder um Vermögen der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGHZ 146, 341; BGH NJW 2006, 2191) oder – was nahe liegt – um treuhänderisch gebundenes Vermögen der O. handeln , zumal davon 19.560.762,38 € an die O. weitergeleitet wurden (UA S. 143).
133
6. Zum Angeklagten D. und zur Nebenbeteiligten P. :
134
Die Nachprüfung des Urteils hat im Ausspruch über den Verfall keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten D. und der P. ergeben.

VII.

135
1. Soweit in der neuen Hauptverhandlung die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die Nebenbeteiligte 3 C V. in Betracht kommt, weist der Senat darauf hin, dass ein Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG nF die Verfallsanordnung nicht nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindern würde. Dieser Anspruch kann nur in Bezug auf die jeweiligen Vertragsverhältnisse zwischen den Kunden und den Warenlieferanten – hier der 3 C V. – geltend gemacht werden (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 10 Rdn. 11). Er ist kein dem Verletzten aus der Tat erwachsener Anspruch im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; insbesondere kommt nämlich nach § 10 UWG nF der abgeschöpfte Gewinn dem Bundeshaushalt, nicht den Geschädigten zugute. Einer analogen Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bedarf es nicht (so aber Alexander WRP 2004, 407, 419), weil der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme sowohl im Zivil- als auch im Strafverfahren – namentlich mit § 10 Abs. 2 UWG nF einerseits und § 73c Abs. 1 StGB andererseits – wirksam begegnet werden kann. Im Übrigen unterliegt der Gewinnabschöpfungsanspruch auch anderen Verjährungsregeln (vgl. § 11 UWG nF; hierzu Köhler aaO § 11 Rdn. 1.36).
136
2. Sollte der neue Tatrichter zu dem Ergebnis gelangen, dass Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. allein wegen entgegenstehender Ansprüche Dritter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausgeschlossen sind, weist der Senat darauf hin, dass die seit dem 1. Januar 2007 geltenden Absätze 2 bis 8 von § 111i StPO auf Altfälle nicht anwendbar sind (vgl. BGH NJW 2008, 1093; Beschl. vom 19. Februar 2008 – 1 StR 503/07). Nack Boetticher Hebenstreit Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 352/15
vom
7. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen veruntreuender Unterschlagung
ECLI:DE:BGH:2016:070916B2STR352.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. September 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 3. März 2015 im Ausspruch über den Wertersatzverfall sowie im Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen veruntreuender Unterschlagung in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Es hat ausgesprochen , dass die in Belgien erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 angerechnet wird. Ferner hat das Landgericht über einen Geldbetrag in Höhe von 184.500 Euro den Wertersatzverfall angeordnet und festgestellt, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall in Höhe von (weiteren) 373.400,16 Euro erkannt werde , weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.

2
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensbeanstandungen und sachlich-rechtliche Einwendungen gestützten Revision.
3
Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet. Hinsichtlich der Anordnung des Wertersatzverfalls sowie der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO hat die Revision hingegen Erfolg. Diese Entscheidungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht nicht tragfähig begründet hat, dass und in welcher Höhe der Angeklagte aus den von ihm als Geschäftsführer und alleinigem Gesellschafter der von ihm in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Firma „etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt hat.
4
1. Das Landgericht hat – soweit für die Vermögensabschöpfungsentscheidungen von Bedeutung – im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
a) Der Angeklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der I. GmbH, die insbesondere Gebrauchtfahrzeuge vertrieb. Im Zeitraum von Anfang des Jahres 2009 bis Mitte März 2011 veräußerte er über seine Firma mindestens 15 Kraftfahrzeuge im Nettogesamtwert von rund 557.900 EUR, die ihm zuvor von der J. -Gruppe, einem in A. ansässigen gewerblichen Kraftfahrzeughändler unter Eigentumsvorbehalt zur Weiterveräußerung überlassen worden waren; er übergab die Fahrzeuge an seine überwiegend im Ausland ansässigen Kunden jeweils vor Zahlung des vollständigen Kaufpreises an die J. -Gruppe, obwohl er hierzu – wie er wusste – vor vollständiger Kaufpreiszahlung nicht befugt war. Das Landgericht hat die Taten rechtsfehlerfrei jeweils als veruntreuende Unterschlagungen im Sinne des § 246 Abs. 1 und Abs. 2 StGB gewürdigt.
6
b) Der Angeklagte hat die aus der Verwertung der Kraftfahrzeuge erhaltenen Zahlungen seiner Kunden überwiegend zum Ausgleich anderer Verbindlichkeiten des Unternehmens verwendet und dadurch den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten. Nach Auffassung des Landgerichts profitierte der Angeklagte mittelbar durch „regelmäßige, üblichem Umfang entsprechende Entnahmen aus den Einnahmen der Gesellschaft“ sowie durch den Umstand, dass er nicht aus einer zur Sicherung eines Kontokorrentkredits der I. GmbH bei einer Sparkasse übernommenen persönlichen Bürgschaft in Anspruch genommen wurde. Nähere Feststellungen zur Höhe der Entnahmen des Angeklagten im Tatzeitraum sowie zu den Einzelheiten der vom Angeklagten übernommenen Bürgschaft sowie der Kontokorrentabrede hat das Landgericht nicht getroffen.
7
c) Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte den in den Kraftfahrzeugen verkörperten Sachwert erlangt habe; es hat diesen Sachwert auf der Grundlage der Nettokaufpreiszahlungen der I. GmbH an die J. -Gruppe auf insgesamt 557.900 EUR geschätzt. Hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 184.500 EUR hat es den Verfall von Wertersatz angeordnet, weil die durch die Taten des Angeklagten Verletzten, die Unternehmen der J. -Gruppe, in insgesamt acht Fällen (den Fällen 47, 49, 51-54, 56 und 60) von den Kunden des Angeklagten Zahlungen in Höhe von insgesamt 184.500 EUR erhalten haben und in dieser Höhe Schadenswiedergutmachung eingetreten sei; damit seien die der Entscheidung über den Wertersatzverfall entgegen stehenden Ansprüche der Verletzten in dieser Höhe erloschen. Hinsichtlich des Differenzbetrages in Höhe von 373.400 EUR hat es wegen möglicher Ansprüche der Unternehmen der J. -Gruppe eine Feststellungsentscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen.

8
2. Die Feststellungen erlauben es nicht, revisionsgerichtlich zu überprüfen , ob – wie für die Anordnung des Wertersatzverfalls und für den Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO gleichermaßen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 43) – der Angeklagte als von der Verfallsanordnung Betroffener selbst „etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unmittelbar aus den verfahrensgegenständlichen Taten erlangt hat.
9
a) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82 mwN; Fischer, StGB 63. Aufl. § 73 Rn. 11 mwN). Erfasst ist dabei die Gesamtheit des materiell Erlangten (BGH, Urteil vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370; BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82). Der Verfall ist dabei gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB gegebenenfalls auch auf die Surrogate des Erlangten zu erstrecken (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2000 – 5 StR 371/00, NStZ 2001, 155, 156 f.).
10
b) Handelt der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) eines Unternehmens mit dem Ziel, dass infolge der Tat bei dem Unternehmen eine Vermögensmehrung eintritt, ist das Unternehmen im Erfolgsfall Drittbegünstigter im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, aaO; Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 242; Urteil vom 19. Oktober 1999 – 5 StR 336/99, BGHSt 45, 235, 245; BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2005 – 2 BvR 1378/04, NJW 2005, 3630, 3631).
In Fällen der genannten Art ist das Unternehmen gegebenenfalls gemäß § 442 Abs. 2, § 431 Abs. 1 Satz 1 StPO am Verfahren zu beteiligen oder ein selbstständiges Verfallsverfahren nach den §§ 440, 441, § 442 Abs. 1 StPO gegen es zu führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 2006 - 2 BvR 820/06, NStZ 2006, 639, 640).
11
c) Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne Weiteres durch den Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, wenn dieser eine – legale – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Umstände, die eine solche Feststellung rechtfertigen, können etwa darin zu sehen sein, dass der Täter die juristische Person lediglich als einen formalen Mantel nutzt und eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft tatsächlich nicht vornimmt, oder jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256 und vom 29. Juni 2010 – 1 StR 245/09, NStZ 2011, 83, 86; BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 – 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382).
12
d) Gemessen hieran ist nicht belegt, dass der als Geschäftsführer für die I. GmbH handelnde Angeklagte – neben der I. GmbH – auch selbst etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aus der Tat erlangt hat.
13
Dass es sich bei dem Vermögen der I. GmbH und dem Privatvermögen des Angeklagten um nur vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelt, hat das Landgericht nicht festgestellt.
14
Allein der Umstand, dass der Angeklagte Geschäftsführer und Alleingesellschafter dieser Gesellschaft war und in dieser Funktion unmittelbare Verfügungsgewalt über die Fahrzeuge und die dafür erhaltenen Erlöse seiner Kunden hatte, genügt für die Annahme einer (Mit-) Verfügungsgewalt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256 mwN).
15
Zwar hat der Angeklagte nach den Feststellungen mittelbar durch regelmäßige , üblichem Umfang entsprechende Entnahmen und durch eine unterbliebene Inanspruchnahme aus einer persönlichen Bürgschaft von dem Mittelzufluss an die I. GmbH profitiert. Die Annahme einer Mitverfügungsgewalt über die Mittelzuflüsse an das Unternehmen rechtfertigt dies jedoch nicht: Den Urteilsgründen lässt sich weder entnehmen, in welchem genauen Umfang Einnahmen der Gesellschaft aus den Taten an den Angeklagten weitergeleitet wurden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 505/12, NStZ 2014, 89, 93 Rn. 47, 48), noch ergeben die Feststellungen, dass der Angeklagte eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft faktisch nicht vornahm.
16
Soweit das Landgericht davon ausgegangen sein sollte, dass der Angeklagte durch die Taten einen Vorteil erlangt habe, weil die aus den Taten herrührenden Mittelzuflüsse an das Unternehmen dazu führten, dass er nicht aus einer persönlich übernommenen Bürgschaft zur Sicherung eines Kontokorrentkredits der I. GmbH bei der Sparkasse A. in Anspruch genommen worden ist, ist damit ein unmittelbar aus den Taten herrührender wirtschaftlicher Vermögenszuwachs des Angeklagten nicht belegt. Nach den Feststellungen verwandte der Angeklagte die Kaufpreiszahlungen seiner Kunden nicht zum Ausgleich bestehender und durch eine persönliche Bürgschaft gesicherter Verbindlichkeiten der I. GmbH gegenüber der Sparkasse, sondern „überwiegend zum Ausgleich anderweitiger Verbindlichkeiten gegenüber den Unternehmen der J. -Gruppe“.
17
3. Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs über den (Wertersatz-) Verfall sowie der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO. Der Senat hebt auch die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen - insbesondere auch zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten - zu ermöglichen.
18
Sollte das neue Tatgericht abermals eine Verfallsentscheidung oder eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO treffen, wird es im Rahmen seiner Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB näher in den Blick zu nehmen haben, dass Geld, das zur allgemeinen Schuldentilgung verwendet wird, wertmäßig im Vermögen des Täters oder verfallsbeteiligten Dritten ebensowenig enthalten ist, wie solches, das für verbrauchbare Sachen ausgegeben wurde (BGH, Urteil vom 5. April 2000 – 2 StR 500/99, NStZ 2000, 480, 481; BGH, Urteil vom 9. Juli 1991 – 1 StR 316/91, BGHSt 38, 23, 25). Appl Eschelbach Zeng Bartel Wimmer

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
Angehöriger:wer zu den folgenden Personen gehört:
a)
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist,
b)
Pflegeeltern und Pflegekinder;
2.
Amtsträger:wer nach deutschem Recht
a)
Beamter oder Richter ist,
b)
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder
c)
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;
2a.
Europäischer Amtsträger:wer
a)
Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist,
b)
Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder
c)
mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist;
3.
Richter:wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist;
4.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter:wer, ohne Amtsträger zu sein,
a)
bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder
b)
bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen,
beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist;
5.
rechtswidrige Tat:nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht;
6.
Unternehmen einer Tat:deren Versuch und deren Vollendung;
7.
Behörde:auch ein Gericht;
8.
Maßnahme:jede Maßregel der Besserung und Sicherung, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung;
9.
Entgelt:jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung.

(2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt.

(3) Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 266;
1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge
sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von § 11 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn ein Privater daran in einem Umfang beteiligt
ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische
Entscheidungen mitbestimmen kann.
2. Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen
Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich
der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die
Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils
im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
3. Durch Bestechung erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB
ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe der gesamte
wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
, nicht der vereinbarte Werklohn.
4. Wer Bestechungsgelder erhält, muss diese versteuern. Dem steht
der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit auch in Fällen des
§ 393 Abs. 2 Satz 2 AO nicht entgegen, soweit sich die Erklärungspflicht
auf die betragsmäßige Angabe der Einnahmen beschränkt
und nicht deren deliktische Herkunft umfasst.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05
LG Köln –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 2. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
- Verfallsbeteiligte:
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 1. und 2. Dezember 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sc
alsVerteidigerfürdenAngeklagten E ,
Rechtsanwalt W ,
Rechtsanwältin We
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Rechtsanwalt L ,
Rechtsanwältin H
alsVerteidigerfürdenA ngeklagten R ,
Rechtsanwalt M
alsVertreterderVerfallsbeteiligten,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
in der Sitzung vom 2. Dezember 2005 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagten E und M gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 13. Mai 2004 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten; die Angeklagten E und M tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten E wegen Untreue und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M hat es wegen Beihilfe zur Untreue und wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und daneben eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 165 Euro festgesetzt. Aus tatsächlichen Gründen freigesprochen hat das Landgericht den Angeklagten R insgesamt sowie den Angeklagten M , soweit diesem eine Steuerhinterziehung vorgeworfen wurde; zudem hat es die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Angeklagten und die Verfallsbeteiligte abgelehnt.
Die zuungunsten der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich mit der Sachrüge zum einen gegen die Freisprüche, die Strafzumessung und die Strafaussetzung zur Bewährung beim Angeklagten M sowie die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte; nur insoweit werden sie vom Generalbundesanwalt vertreten. Darüber hinaus beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Angeklagten nicht wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit verurteilt worden sind, ferner auch die Strafzumessung bei dem Angeklagten E . Die Angeklagten E und M wenden sich mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen umfassend gegen ihre Verurteilung.
Sämtliche Revisionen bleiben erfolglos.

I.


Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
Im Jahr 1990 beschloss der Rat der Stadt Köln die Gründung einer Abfallverwertungsgesellschaft in Form einer städtisch beherrschten Mischgesellschaft unter maßgeblicher Beteiligung der Privatwirtschaft. Die Einbeziehung eines privaten Unternehmers sollte dessen Fachwissen und wirtschaftliche Erfahrung nutzbar machen sowie zur Kostenersparnis beitragen. Als Mitgesellschafter wurde der gesondert Verfolgte T gewonnen, der über verschiedene Gesellschaften eine beherrschende Stellung – vom Zeugen A anschaulich als „Monopölchen“ bezeichnet – auf dem Abfallsektor im Rheinland besaß. Die Stadt Köln (Anteil am Stammkapital 50,1 %), die S K G (Anteil 24,8 %) und die T E G V (Anteil 25,1 %) gründeten 1992 die „AVG “ (nachfolgend: AVG). Gegenstand der Gesellschaft waren insbesondere die Errichtung und der Be-
trieb von Anlagen für die thermische Behandlung und die Kompostierung von Abfällen sowie das Baustellen- und Gewerbeabfallrecycling unter Beachtung der Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts der Stadt Köln. Der Gesellschaftsvertrag sah bei wichtigen Entscheidungen die Notwendigkeit einer Dreiviertel-Mehrheit vor. Die Stadt Köln schloss mit der AVG einen langfristigen Entsorgungsvertrag, wonach sie die AVG als sog. „Dritte“ mit der Wahrnehmung der Abfallentsorgungsaufgaben in zentralen Bereichen des Recyclings , der Kompostierung und der thermischen Behandlung beauftragte. Alleiniger Geschäftsführer der AVG wurde der Angeklagte E . Die Stadt Köln regelte die Müllentsorgung weiterhin durch Abfallsatzungen, nach denen die Abfallwirtschaft als öffentliche Einrichtung im Sinne einer rechtlichen , wirtschaftlichen und organisatorischen Einheit betrieben wurde.
Eine der zentralen Aufgaben der AVG war in den folgenden Jahren der Bau einer Restmüllverbrennungsanlage (nachfolgend: RMVA) in Köln zum Zweck der thermischen Müllentsorgung. Nach der Ausschreibung der Aufträge zur Planung und zum Bau der RMVA gaben mehrere Firmen Angebote ab; sie stellten teilweise auch die Zahlung von Schmiergeldern zwischen 2 % und 3 % des Auftragsvolumens bei Auftragsvergabe in Aussicht. Einer der Mitwettbewerber war die Verfallsbeteiligte L & C (nachfolgend: LCS), deren Geschäftsführer der Angeklagte M war. Unter maßgeblicher Einflussnahme des gesondert Verfolgten Wi , der seit mehreren Jahren als Unternehmensberater für die LCS tätig war und durch seine politische Laufbahn zahlreiche Kontakte zu den Entscheidungsträgern der Stadt Köln hatte, wurde schließlich im Herbst 1993 – einige Zeit vor dem Submissionstermin – zwischen E , T und M vereinbart, dass im Falle der Auftragsvergabe an die LCS von dieser ein Schmiergeld in Höhe von insgesamt 3 % des Auftragswerts in gleichen Teilen an E , T und Wi gezahlt werde, und zwar ein Drittel nach Vertragsschluss, ein Drittel nach Baubeginn und das letzte Drittel nach Abschluss der Bauarbeiten. E und M manipulierten die Ausschreibung, so dass die LCS nach Kenntnis der
anderen Angebote als günstigster Bieter schließlich den Zuschlag erhielt. In dem durch Verhandlungsgeschick des Angeklagten E schließlich erzielten, für die AVG insgesamt günstigen Festpreis von 792 Mio. DM war durch verschiedene Aufschläge auf einzelne Bau-Lose eine schmiergeldbedingte Erhöhung des Werklohns um rund 24 Mio. DM enthalten. Da sich dieser Betrag aus Sicht der LCS lediglich als Durchlaufposten darstellte, wäre der Angeklagte M auch bereit gewesen, für die LCS zu einem um den Schmiergeldbetrag verminderten Preis abzuschließen.
Die AVG zahlte den vereinbarten Werklohn einschließlich des darin enthaltenen Schmiergeldanteils bis August 2000 fast vollständig an die LCS. Die Abwicklung der Schmiergeldzahlungen, die in Höhe von insgesamt 21,6 Mio. DM flossen, erfolgte über verschiedene Schweizer Firmen, die der gesondert Verfolgte T absprachegemäß zur Verschleierung der Zahlungsflüsse vermittelte. An diese Firmen zahlte LCS im Jahr 1994 insgesamt 9 Mio. DM, 1995 2,7 Mio. DM, 1996 insgesamt 5,5 Mio. DM, 1998 insgesamt 3,4 Mio. DM und 1999 einen Restbetrag von 1 Mio. DM. Hiervon erhielt der Angeklagte E insgesamt 14,29 Mio. DM, und zwar 1994 3,2 Mio. DM, 1995 2 Mio. DM, 1996 5,2 Mio. DM, 1998 2 Mio. DM und 1999 schließlich 1,89 Mio. DM. Einen weiteren Betrag von mindestens 1 Mio. DM gab E 1995 oder 1996 an den Angeklagten M weiter; T und Wi erhielten zumindest 1994 jeweils 2 Mio. DM, wobei T seinen Anteil an Wi weiterreichte. Dass E von seinem Anteil weitere Millionensummen an die Angeklagten R und M sowie den gesondert Verfolgten Wienand auskehrte, konnte das Landgericht nicht sicher feststellen; es hat indes zugunsten des Angeklagten E angenommen, dass diesem lediglich Schmiergeldbeträge von insgesamt 7,49 Mio. DM verblieben sind.
Die Verfallsbeteiligte LCS rechnete das Projekt RMVA – nach einem zwischenzeitlichen vorläufigen Gewinn in Höhe von ca. 8 bis 9 Mio. Euro – im Jahr 2001 wegen verschiedener Gewährleistungsarbeiten endgültig mit
einem Verlust in Höhe von 688.000 Euro ab. Über das Vermögen der Verfallsbeteiligten ist inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.
1. Dass die Angeklagten E und M nicht wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung, sondern nur wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr gemäß §§ 299, 300 StGB verurteilt worden sind, ist nicht rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat eine Amtsträgerstellung des Angeklagten E als Geschäftsführer der AVG nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zutreffend verneint, weil es sich bei der AVG nicht um eine „sonstige Stelle“ im Sinne dieser Vorschrift handelt.

a) Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. „Sonstige Stellen“ sind – ohne Rücksicht auf ihre Organisationsform – behördenähnliche Institutionen, die zwar keine Behörden im organisatorischen Sinne sind, aber rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken (vgl. BGHSt 43, 370, 375 ff.; 49, 214, 219). Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass auch als juristische Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand als „sonstige Stellen“ den Behörden gleichzustellen sind, wenn bei ihnen Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung rechtfertigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei derart staatlicher – gegebenenfalls auch kommunaler – Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als „verlängerter Arm“ des Staates erscheinen (vgl. BGHSt 49, 214, 219 m.w.N.).

b) Diese Voraussetzungen liegen bei der AVG nicht vor.
aa) Die AVG ist zwar nach dem Gesellschaftsvertrag auf dem Gebiet der Müllentsorgung und damit in einem Bereich der Daseinsvorsorge tätig (vgl. BGHZ 40, 355, 360; BGH MDR 1983, 824; KG-Report 2005, 145); solche Tätigkeit wird von der Rechtsprechung seit jeher als öffentliche Aufgabe angesehen (vgl. BGHSt 12, 89, 90; 31, 264, 268; 45, 16, 19; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7; vgl. auch den Gesetzentwurf zum Korruptionsbekämpfungsgesetz BT-Drucks. 13/5584, S. 12). Als „verlängerter Arm“ des Staates und damit als „sonstige Stellen“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB können aber privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge jedenfalls dann nicht mehr verstanden werden, wenn ein Privater an dem Unternehmen in einem Umfang beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann.
bb) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge für sich genommen nicht ausreicht, um eine der Behörde gleichgestellte „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzunehmen (vgl. BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19). Die Tatsache, dass vielfältige der Daseinsvorsorge zugerechnete Aufgaben wie etwa die Energie- und Wasserversorgung oder die Müllentsorgung nach einer Liberalisierung der entsprechenden Märkte auch von privaten Unternehmen erbracht werden und dass die öffentliche Hand daneben in unterschiedlicher Organisations- und Beteiligungsform weiterhin auf diesen Gebieten tätig ist, erfordert jedenfalls im Bereich der Daseinsvorsorge ein aussagekräftiges zusätzliches Unterscheidungskriterium, um privates Handeln von staatlichem Handeln hinreichend abgrenzen zu können.
cc) Mit der Ergänzung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB durch die Worte „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform“ durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997
(BGBl I S. 2038) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Wahl der Organisationsform – privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich – für sich gesehen kein solches Abgrenzungskriterium sein kann. Der Bundesgerichtshof hat anstelle eines solchen formalen ein inhaltliches Abgrenzungskriterium entwickelt: Die „sonstige Stelle“ muss bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben derart staatlicher Steuerung unterliegen, dass sie als „verlängerter Arm“ des Staates erscheint ; erforderlich ist dabei eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände des Einzelfalls (BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19; 46, 310, 312 f.; 49, 214, 219; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6; BGH NJW 2004, 693, 694 m. Anm. Krehl StV 2005, 325 und Dölling JR 2005, 30, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7 nicht abgedruckt).
dd) Soweit ersichtlich noch nicht entschieden hat der Bundesgerichtshof dabei die Frage, ob auch ein solches Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge eine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, an dem ein Privater beteiligt ist.
(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind weder die alleinige Inhaberschaft einer Gesellschaft noch die damit verbundenen Aufsichtsbefugnisse für sich genommen geeignet, eine für die Annahme von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ausreichende staatliche oder kommunale Steuerung zu bejahen (vgl. BGHSt 43, 370, 378; 45, 16, 20; BGH NJW 2001, 3062, 3064, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6 nicht abgedruckt; BGH NJW 2004, 693, 694). Auch bei solchen Konstellationen ist vielmehr entscheidend, ob zusätzlich zu der alleinigen Inhaberschaft die Umstände des Einzelfalls bei einer Gesamtbewertung aller relevanten Umstände die Gleichstellung mit einer Behörde rechtfertigen können (vgl. BGH aaO). Daraus folgt, dass – anders als die Staatsanwaltschaft meint – auf eine Ähnlichkeit mit dem Begriff des „herrschenden Unternehmens“ i. S. von § 17 AktG allein nicht maßgeblich abzustellen ist.
(2) Ist schon die Alleininhaberschaft der öffentlichen Hand bei Unternehmen auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge kein hinreichendes Kriterium zur Annahme behördenähnlicher staatlicher Steuerung, gilt dies erst recht, wenn Private an einem Unternehmen beteiligt sind, das sich lediglich im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand befindet. Unabhängig von der Frage, ob jede Beteiligung von Privaten an öffentlich beherrschten Unternehmen schon die Anwendung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB hindert, liegt die Gleichstellung eines Unternehmens mit einer Behörde jedenfalls dann fern, wenn der Private durch seine Beteiligung über derart weitgehende Einflussmöglichkeiten verfügt, dass er wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann (vgl. auch EuGH NVwZ 2005, 187, 190 zum Vergaberecht). Räumt der Gesellschaftsvertrag dem Privaten aufgrund der Höhe seiner Beteiligung eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen ein, kann das Unternehmen nicht mehr als „verlängerter Arm“ des Staates und sein Handeln damit nicht mehr als unmittelbar staatliches Handeln verstanden werden.
ee) Nach diesen Kriterien ist die AVG nicht als „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzusehen:
Die Gesellschafterin T besaß aufgrund ihrer Beteiligung in Höhe von 25,1 % eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen der AVG: Der Gesellschaftsvertrag der AVG sah vor, dass wesentliche Angelegenheiten der Gesellschaft nur mit DreiviertelMehrheit beschlossen werden können. Dazu zählten neben der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils, der Änderung des Gesellschaftsvertrages und der Abberufung des Geschäftsführers insbesondere die Investitions- und Darlehensaufnahme , der Abschluss und die Kündigung von Unternehmensverträgen , die Bestellung eines Abschlussprüfers und die Feststellung des Wirtschaftsplans. Der Gesellschafterin T wurde zudem das Recht zur Stellung eines Prokuristen für den technischen Bereich eingeräumt und T selbst erhielt den stellvertretenden Vorsitz des – freilich von
den kommunalen Mitgesellschaftern dominierten – siebzehnköpfigen Aufsichtsrats , der die Geschäftsführung der AVG beraten, überwachen und überprüfen sollte.
Schon allein aufgrund dieser vom Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehenen wesentlichen Einflussmöglichkeiten des privaten Gesellschafters auf Kernbereiche unternehmerischen Handelns wie etwa die Möglichkeit einer Darlehensaufnahme stellte die AVG nicht mehr den „verlängerten Arm“ des Staates dar. Die weiteren, von der Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründungsschrift zutreffend aufgeführten Möglichkeiten der Stadt Köln – insbesondere durch ihre Mehrheitsbeteiligung, den Aufsichtsrat, den Abschluss des langfristigen Entsorgungsvertrages und die im Gesellschaftsvertrag verankerte Bindung der AVG an die von der Stadt Köln beschlossenen Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts –, Einfluss auf das Unternehmen AVG zu nehmen, hat das Landgericht bei seiner ausführlichen Gesamtbetrachtung hinreichend gesehen und im Ergebnis zutreffend gewürdigt. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es angesichts der dargestellten Sperrminorität der privaten Gesellschafterin auch in der Gesamtschau nicht, die AVG als behördenähnlich zu verstehen und wie eine Behörde zu behandeln.
ff) Ob die AVG bereits keine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, weil sie für einen Bereich (Abfallentsorgung) gegründet wurde, auf dem auch Private – wie etwa der Unternehmer T – als Marktteilnehmer unternehmerisch tätig sind, bedarf hier deshalb keiner weiteren Vertiefung. Angesichts der zunehmenden Schaffung wettbewerblicher Strukturen und der Öffnung auch zentraler Bereiche der Daseinsvorsorge für private Marktteilnehmer wie etwa beim Bahnverkehr (hierzu BGHSt 49, 214), bei der Wärmeversorgung (hierzu BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7) oder bei der Energie- und Wasserversorgung spricht allerdings einiges dafür, dass privatrechtlich organisierte Gesellschaften der öffentlichen Hand, die auf solchen Märkten tätig werden, – wie andere (rein private) Marktteilnehmer auch – allein erwerbswirtschaftlich tätig sind (vgl.
BGH wistra 2001, 267, 270, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 5 nicht abgedruckt). Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, kann insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge von einer öffentlichen Aufgabe dann nicht (mehr) gesprochen werden, wenn der Hoheitsträger diesen Bereich aus der Hand gibt und ihre Erledigung einem privaten, marktwirtschaftlichen Unternehmen überlässt (Aufgabenprivatisierung im Gegensatz zur Organisationsprivatisierung), selbst wenn das private Unternehmen einer staatlichen Aufsicht unterstellt wird (BGHSt 49, 214, 221). In diesen Fällen fehlt der spezifisch öffentlich-rechtliche Bezug, der eine Gleichstellung mit behördlichem Handeln rechtfertigt. Auch eine Gesellschaft in alleiniger staatlicher Inhaberschaft würde letztlich nur einen weiteren Wettbewerber auf einem Markt darstellen, der vom Staat eröffnet wurde und sich um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildet hat.
2. Das mithin verbleibende Vergehen der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ist nicht etwa verjährt.

a) Nach § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Die Beendigung tritt erst in dem Zeitpunkt ein, in dem das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluss findet. Die Verjährung setzt nur ein, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat. Vorher besteht kein Anlass, durch den Beginn der Verjährungsfrist einen Verfolgungsverzicht in Aussicht zu stellen (BGHR StGB § 78a Satz 1 Bestechung 1). Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist in diesem Sinne erst mit der letzten Annahme des von der Unrechtsvereinbarung umfassten Vorteils beendet (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21; Heine in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 299 Rdn. 31; vgl. auch BGHSt 10, 237, 243; 11, 345, 347; BGHR StGB § 334 Verjährung 1; jeweils zu §§ 331 ff. StGB).

b) Das Landgericht hat für die Frage der Beendigung zutreffend auf die letzte Zahlung von Schmiergeld an den Angeklagten E im Früh-
jahr 1999 abgestellt. Demgegenüber meinen die Angeklagten, die Unrechtsvereinbarung sei mit derjenigen Zahlung im Jahr 1996 an den Angeklagten E beendet worden, durch die – zumindest nicht ausschließbar – die Summe der ursprünglich allein für diesen Angeklagten vorgesehenen Zahlungen erreicht worden sei; sämtliche späteren Zahlungen an die Angeklagten E und M beruhten auf einer neuen, nicht von § 12 UWG a.F. oder § 299 StGB erfassten Vereinbarung.

c) Mit dieser Bewertung lösen sich die Revisionen von den Feststellungen des Landgerichts:
aa) Der von den Revisionen in Zweifel gezogene Ausgangspunkt des Landgerichts – sämtliche gemeinschaftlich vereinbarten und schließlich geleisteten Schmiergeldzahlungen seien vom Tatbestand der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr umfasst und daher für die Verjährungsfrage erheblich – trifft zu. Nicht nur die vereinbarten Zahlungen an E selbst, sondern auch diejenigen an T und Wi stellen sich als „Vorteile“ für E im Sinne von § 12 UWG a.F. und § 299 StGB dar.
(1) Zahlungen an Dritte wurden – wie in §§ 331 ff. StGB a.F. – schon vor den Änderungen des Tatbestands der Angestelltenbestechlichkeit durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) von § 12 UWG a.F. erfasst, wenn sie dem bestochenen Angestellten oder Beauftragten mittelbar zugute kamen (von Gamm, Wettbewerbsrecht 5. Aufl. Kap. 47 Rdn. 12; vgl. auch BGHSt 14, 123, 128; 33, 336, 339; 35, 128, 133; jeweils zu §§ 331 ff. StGB a.F.). Für die Frage, ob bei einer Drittzuwendung ein solcher Vorteil vorliegt, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, wobei dem persönlichen Interesse des Bestochenen entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. BGHSt 33, 336, 339 f.). Mit Einfügung der Worte „für sich oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 1 StGB bzw. „für diesen oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 2 StGB (sowie entsprechend in §§ 331 ff.
StGB) wurde nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen lediglich eine Klarstellung erstrebt, aber keine Änderung des bisherigen Rechtszustands (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 13/5584 S. 15 f.; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 299 Rdn. 25).
(2) Nach diesen Kriterien waren auch sämtliche gemeinsam vereinbarten Zahlungen an T (und auch an Wi ) mittelbar für E von Vorteil: Nur durch die Einbeziehung des an maßgeblichen Stellen in entscheidender Position tätigen T (stellvertretender Vorsitzender des AVG-Aufsichtsrats und Geschäftsführer der Mitgesellschafterin) konnte sichergestellt werden, dass es zu dem von E gewünschten und für den Empfang seines Schmiergeldanteils notwendigen Vertragsschluss zwischen der AVG und der LCS kommt; nur seine Beteiligung ermöglichte zudem die notwendige verdeckte Zahlungsabwicklung über die Schweiz. Die verabredeten Zahlungen an T gereichten E also selbst zum Vorteil, weil sie notwendige Voraussetzung des Geldflusses an ihn selbst waren. Für die Beteiligung Wi s als in der SPD einflussreicher „Strippenzieher“ sowie Mitinitiator und -organisator der Schmiergeldabrede, dessen Einbindung aus Sicht E s Grundvoraussetzung für deren Durchführung war, gilt – zumal ein mittelbarer Vorteil ausreichte – nichts anderes. Im Übrigen käme es auf Wi s Beteiligung für die Frage der Verjährung angesichts der festgestellten höchstmöglichen Zuflüsse von Schmiergeldern bei E nicht einmal an.
Zudem hatte E – mit Ausnahme von 4 Mio. DM, die zu Anfang direkt an T und Wi überreicht wurden – zunächst jeweils persönlich die Verfügungsmöglichkeit über sämtliche aus der Schweiz weitergegebene Schmiergelder erhalten (vgl. hierzu BGHSt 35, 128, 134 f.). Da bei § 12 UWG a.F. und bei § 299 StGB jeweils auf die gesamte vereinbarte Schmiergeldsumme abzustellen ist, konnte die Verjährung erst mit der letzten in diesem Rahmen geflossenen Zahlung beginnen; dies war die Zahlung an E im Frühjahr 1999.
bb) Die ursprüngliche Schmiergeldvereinbarung – Zahlung von insgesamt 3 % der Auftragssumme in drei Zeitabschnitten – ist auch nicht durch eine spätere Zahlungsvereinbarung ersetzt worden. Ursprung des Zahlungsflusses blieb bis zum Frühjahr 1999 die Abrede vom Herbst 1993. Das zwischenzeitliche Ausscheiden von Wi und T aus dem Kreis der Zahlungsempfänger hatte lediglich eine Veränderung der Zahlungsströme zur Folge. Die bloße Änderung der Richtung des Zahlungsflusses ist jedoch nicht derart wesentlich, dass hierin eine gänzlich neue, die Ursprungsvereinbarung ersetzende Vereinbarung gesehen werden muss, weil damit nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ der Zahlung modifiziert wurde. Ein solches bloßes Umleiten von Geldern führt auch nicht zu einem für den Verjährungsbeginn entscheidenden Abschluss des rechtsverneinenden Handelns.
cc) Zudem ist für den Verjährungsbeginn nicht allein auf die vereinbarten Beträge, sondern gleichermaßen auf den vereinbarten Zahlungszeitraum abzustellen. Nach dem gemeinsam verabredeten Zahlungsplan sollte die Zahlung des Schmiergelds an E , T und den gesondert verfolgten Wi zu gleichen Teilen in drei Zahlungsabschnitten entsprechend dem Baufortschritt erfolgen. Tatsächlich hat der Angeklagte E nach den Feststellungen des Landgerichts den vereinbarten Bestechungslohn im Wesentlichen entsprechend dieser Fälligkeitsabrede erhalten, nämlich einen ersten Teil 1994 nach Abschluss des Vertrages, weitere Beträge nach Beginn der Bauarbeiten sowie den Rest nach deren Ende. Damit wurde die Schmiergeldabrede in dem Zeitrahmen erfüllt, den die Beteiligten vereinbart hatten. Dass der Angeklagte E über seinen ursprünglich vereinbarten Anteil hinaus aufgrund des Ausscheidens von Wi und T als Zahlungsempfänger nicht ausschließbar bereits in den Jahren bis 1996 mehr Geld erhalten hatte, als ihm eigentlich zu diesem Zeitpunkt zufließen sollte, ist demgegenüber unbeachtlich, da jedenfalls die Zahlungen in den Jahren 1998 und 1999 dem ursprünglich vereinbarten Zahlungsplan entsprachen, wonach die letzte Zahlung nach Beendigung der Bauarbeiten erfolgen sollte.
3. Der Freispruch des Angeklagten R und der Teilfreispruch des Angeklagten M vom Vorwurf der Steuerhinterziehung haben Bestand.
In beiden Fällen war einziges Beweismittel für den Vorwurf, den Angeklagten seien in unverjährter Zeit erhebliche Geldbeträge zugeflossen, die sie nicht versteuert hätten, die belastende Aussage des Mitangeklagten E . Dass sich das Landgericht allein auf dieser Grundlage keine für eine Verurteilung hinreichende Überzeugung vom Geldzufluss hat bilden können, ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.: vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33; BGH NStZ 2000, 48; BGH wistra 2002, 260, 261). Aus den Urteilsgründen muss sich auch ergeben , dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11, 24). Weitergehende zum Schutz des Angeklagten aufgestellte besonders strikte Anforderungen an die Begründung der Beweiswürdigung in der Situation „Aussage gegen Aussage“ (BGHSt 44, 153, 158 f.; 44, 256, 257) gelten zwar – wie die Revision des Angeklagten M zutreffend hervorgehoben hat – grundsätzlich unmittelbar nur in Verurteilungsfällen. Gleichwohl kann das Bedürfnis nach vollständiger , nachprüfbarer Beweiswürdigung in Fällen gleich karger und widersprüchlicher Beweisgrundlage in ähnlicher Weise auch dann zum Tragen
kommen, wenn ein Angeklagter freigesprochen wird, weil sich das Gericht von der Richtigkeit der belastenden Aussage eines Zeugen nicht überzeugen kann (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 174, 175).

b) Den genannten Anforderungen genügt die Darstellung der Beweiswürdigung durch das Landgericht, soweit es sich keine hinreichende Überzeugung von der Richtigkeit der belastenden Angaben des Angeklagten E zu den von den Mitangeklagten bestrittenen Schmiergeldweitergaben gebildet hat, gerade noch.
Folgende Umstände waren aus Sicht des Landgerichts maßgebend: E hat die Mitangeklagten erstmals in Zusammenhang mit Gesprächen über einen Strafnachlass belastet; er hatte ein gewichtiges Motiv, den bei ihm verbliebenen Anteil des Schmiergeldes möglichst gering darzustellen , und hatte im Verlauf der Ermittlungen auch anderweitig versucht, sich durch unrichtige Angaben Teile der Tatbeute zu sichern; seine – zudem eher farblosen – Angaben zur zeitlichen Einordnung und zu Begleitumständen im Zusammenhang mit mehreren Geldübergaben waren uneinheitlich.
Den genannten Umständen hat das Landgericht sämtliche für die Glaubhaftigkeit der Angaben E s sprechenden Tatsachen gegenübergestellt , insbesondere dass andere Angaben E s in der Hauptverhandlung ihre Bestätigung gefunden haben, er maßgeblich und frühzeitig zur Aufklärung der Taten beigetragen hat und die Angaben von R und M zu diesem Vorwurf wenig überzeugend waren. Aufgrund einer Gesamtschau der für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben E sprechenden s Gesichtspunkte hat sich das Landgericht schließlich außer Stande gesehen, sich eine Überzeugung von der Richtigkeit dieser einzigen Belastungsangaben zu bilden; Anhaltspunkte für weitergehende Ermittlungsansätze waren nicht ersichtlich.
Diese tatrichterliche Wertung ist letztlich hinzunehmen. Der Revision der Staatsanwaltschaft ist allerdings zuzugeben, dass – wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen ausgeführt hat – das Landgericht Umstände wie insbesondere die Aussagegenese und den Inhalt divergierender oder detailarmer Aussagen von E nicht in einer Weise dargestellt hat, wie dies in dem sonst überaus umfangreichen Urteil konsequent und wünschenswert gewesen wäre. Lediglich im Hinblick auf die umgekehrt strengen Anforderungen an eine Verurteilung in der vorliegenden besonderen Konstellation, bei der der einzige Belastungszeuge ein erhebliches Motiv für eine Falschbelastung hat und seine Aussage auch sonst Ungereimtheiten aufweist, lässt der Senat im vorliegenden Fall den Freispruch unbeanstandet.
4. Die Strafzumessung des Landgerichts weist im Ergebnis keine Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten E und M auf.

a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ihm obliegt es, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn der Tatrichter gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängten Strafen nach oben oder unten von ihrer Bestimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 34, 345, 349; st. Rspr.).

b) Solche Rechtsfehler zeigt die Beschwerdeführerin, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, bei dem Angeklagten E nicht auf. Insbesondere durfte das Landgericht den Umstand zu seinen Gunsten berücksichtigen, dass er von der ihm zustehenden Möglichkeit, die Aussetzung der Hauptverhandlung nach § 265 Abs. 4 StPO wegen erst spä-
ter bekannt gewordenen umfangreichen Aktenmaterials zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht und damit eine zügige Erledigung der Hauptverhandlung ermöglicht hat. Anhaltspunkte dafür, dass diesem Umstand vom Landgericht unangebracht großes Gewicht zugemessen worden wäre, bestehen nicht. Die gegen den Angeklagten E verhängten Einzelstrafen sind ebenso wenig unvertretbar milde wie die Gesamtstrafe.

c) Gleichfalls weist die Strafzumessung keinen Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten M auf; dies gilt auch für die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung.
aa) Hinreichende Anhaltspunkte, dass das Landgericht, etwa nur um zu einer Strafaussetzung zur Bewährung zu gelangen, die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe unangemessen niedrig bemessen hätte, liegen nicht vor, letztlich auch nicht im Blick auf die für sich rechtsfehlerfreie Anwendung des § 41 StGB.
bb) Das Landgericht durfte im Hinblick auf zahlreiche gewichtige Strafmilderungsgründe – insbesondere Unbestraftheit, erstmalige Verbüßung von Untersuchungshaft, lange Dauer der seit der Tat vergangenen Zeit, Handeln auch im Interesse des Unternehmens, Abgabe eines Schuldanerkenntnisses über 1 Mio. DM – besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB annehmen, die die Aussetzung der zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung gestatteten. Die Entscheidung des Landgerichts, dass auch § 56 Abs. 3 StGB einer Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegenstehe, ist ebenfalls rechtlich noch hinzunehmen. Allerdings erfordern die durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr und durch damit einhergehende Untreue hervorgerufenen erheblichen wirtschaftlichen Schäden ein nachdrückliches und energisches Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden. Doch dürfen auch bei der Ahndung solcher Taten die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht außer Acht gelassen werden. Sie sind insbesondere in der mangelnden Tatinitiative des Angeklagten M und in seiner Kon-
frontation als Unternehmer mit ersichtlich verbreiteten skrupellosen Geschäftspraktiken bei der Konzeption von Großanlagen und dabei – sogar ungeachtet gegebener „Staatsnähe“ – bedenkenlos angebrachten Schmiergeldforderungen des von ihm gewünschten Vertragspartners zu finden. Danach kann die Entscheidung des Landgerichts nach § 56 Abs. 3 StGB noch als vertretbar angesehen werden, wenngleich eine gegenteilige Würdigung des Landgerichts rechtlich möglich gewesen wäre und im Blick auf die spätere Eigenbereicherung des Angeklagten M sogar näher gelegen hätte.
cc) In diesem Zusammenhang sieht der Senat Anlass zu folgender Anmerkung: Nach der Erfahrung des Senats kommt es bei einer Vielzahl von großen Wirtschaftsstrafverfahren dazu, dass eine dem Unrechtsgehalt schwerwiegender Korruptions- und Steuerhinterziehungsdelikte adäquate Bestrafung allein deswegen nicht erfolgen kann, weil für die gebotene Aufklärung derart komplexer Sachverhalte keine ausreichenden justiziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Die seit der Tat vergangene Zeit und auch die Dauer des Ermittlungs- und Strafverfahrens (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) werden in vergleichbaren Verfahren häufig zu derart bestimmenden Strafzumessungsfaktoren , dass die Verhängung mehrjähriger Freiheitsstrafen oder – wie hier – die Versagung einer Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 3 StGB namentlich wegen des Zeitfaktors ausscheidet. Dem in § 56 Abs. 3 StGB zum Ausdruck gekommenen Anliegen des Gesetzgebers, das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts vor einer Erschütterung durch unangemessen milde Sanktionen zu bewahren, kann im Bereich des überwiegend tatsächlich und rechtlich schwierigen Wirtschaftsund Steuerstrafrechts nach Eindruck des Senats nur durch eine spürbare Stärkung der Justiz in diesem Bereich Rechnung getragen werden. Nur auf diese Weise – nicht durch bloße Gesetzesverschärfungen – wird es möglich sein, dem drohenden Ungleichgewicht zwischen der Strafpraxis bei der allgemeinen Kriminalität und der Strafpraxis in Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren entgegenzutreten und dem berechtigten besonderen öffentlichen Inte-
resse an einer effektiven Strafverfolgung schwerwiegender Wirtschaftskriminalität gerecht zu werden.
5. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte abgesehen; der Senat geht mit dem Generalbundesanwalt davon aus, dass die Staatsanwaltschaft insoweit ihre Revision auf das Fehlen einer entsprechenden Nebenentscheidung gegenüber der Verfallsbeteiligten beschränkt hat, zumal das Absehen von der Anordnung des Verfalls bei den Angeklagten E und M im Hinblick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB keinen Bedenken begegnet.

a) Zutreffend hat der Generalbundesanwalt allerdings darauf hingewiesen , dass das Landgericht das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB nicht hinreichend genau bestimmt hat; entgegen der – insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen – Auffassung der Staatsanwaltschaft ist das Erlangte aber auch nicht der für den Bau der RMVA vereinbarte Werklohn in Höhe von 792 Mio. DM. Durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe nicht der vereinbarte Preis, sondern der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses; dieser umfasst den kalkulierten Gewinn und etwaige weitere, gegebenenfalls nach § 73b StGB zu schätzende wirtschaftliche Vorteile.
aa) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH NStZ 2001, 155, 156); „für die Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind dagegen Vermögenswerte, die dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, aber – wie etwa ein Lohn für die Tatbegehung – nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen
(vgl. BGHR StGB § 73 Erlangtes 4). Für die Bestimmung desjenigen, was der Täter in diesem Sinne aus einer Tat oder für sie erlangt hat, ist das Bruttoprinzip unerheblich. Erst wenn feststeht, worin der erlangte Vorteil des Täters besteht, besagt dieses Prinzip, dass bei der Bemessung der Höhe des Erlangten gewinnmindernde Abzüge unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. BGHSt 47, 260, 269). Zudem muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter gerade aus der Tat gezogen hat; dies setzt eine Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen Tat und Vorteil voraus (vgl. BGHSt 45, 235, 247 f.; 47, 260, 269; Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 17; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 16; jeweils m.w.N.).
bb) Unmittelbar aus einer Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 325 ff.; a. A. OLG Köln ZIP 2004, 2013; OLG Thüringen wistra 2005, 114). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr ) führt die „Tat“ als solche unmittelbar nur zu dem Vorteil des schuldrechtlichen Vertragsschlusses; die Vorteile aus der Ausführung des Auftrags wären hingegen nicht mehr unmittelbar aus der „Tat“ erlangt (vgl. Joecks in MünchKomm-StGB § 73 Rdn. 30). Strafrechtlich bemakelt ist lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt ist, nicht dass er ausgeführt wird. In diesem Punkt unterscheidet sich der Fall einer Auftragserlangung durch Bestechung von verbotenen Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen. Nur in solchen Fällen ist es deshalb gerechtfertigt, als das „Erlangte“ i. S. von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB den gesamten vereinbarten Kaufpreis anzusehen (vgl. BGH NStZ 2000, 480; BGHSt 47, 369).
cc) Der wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt der Auftragserlangung bemisst sich vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn. Aussagekräftiges Indiz hierfür wird regelmäßig die Gewinnspanne sein, die der Auftragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen.
tragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen. Fehlen hierfür Anhaltspunkte, kann u. U. auch ein branchenüblicher Gewinnaufschlag Grundlage einer Schätzung (§ 73b StGB) sein. Mit dem zu erwartenden Gewinn wird in aller Regel der wirtschaftliche Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags und damit das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB hinreichend erfasst.
Im Einzelfall können darüber hinaus konkrete Anhaltspunkte für weitergehende wirtschaftliche Vorteile bestehen, die durch den Vertragsschluss als solchen erlangt wurden (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 328; vgl. zum Begriff des wirtschaftlichen Vorteils auch § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG). Hierzu zählen mittelbare Vorteile wie etwa die konkrete Chance auf Abschluss von Wartungsverträgen für eine errichtete Anlage oder von sonstigen Folgegeschäften durch Aufbau einer Geschäftsbeziehung, die Chance zur Erlangung weiterer Aufträge für vergleichbare Anlagen, die Steigerung des wirtschaftlich werthaltigen „Goodwill“ eines Unternehmens durch Errichtung eines Prestigeobjekts für einen renommierten Auftraggeber, die Vermeidung von Verlusten durch Auslastung bestehender Kapazitäten oder die Verbesserung der Marktposition durch Ausschalten von Mitwettbewerbern (vgl. BayObLG wistra 1998, 199, 200; König in Göhler, OWiG 13. Aufl. § 17 Rdn. 41; Lemke /Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 17 Rdn. 38). Solche Vorteile hat auch das Landgericht bei der LCS durch den Vertragsschluss festgestellt (UA S. 78).
Bestehen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für derartige weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile, kann deren Wert, wenn der konkrete Sachverhalt eine tragfähige Grundlage dafür bietet (hierzu BGHR StGB § 73b Schätzung 1, 2), nach § 73b StGB geschätzt werden. Gegebenenfalls wird sich hierfür die Hinzuziehung von Sachverständigen anbieten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73b Rdn. 5).
Ein tragfähiger Anhaltspunkt im Rahmen der Bestimmung eines solchen über den kalkulierten Gewinn hinausgehenden Werts eines Auftrags
kann u. U. auch der Preis sein, den für die Auftragsvergabe zu zahlen der Auftragnehmer bereit ist. Wird ein Auftrag durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt, wird die Bestechungssumme allerdings nur dann ein aussagekräftiges Indiz für eine Art „Marktpreis“ der Auftragsvergabe jenseits des kalkulierten Gewinns sein, wenn der Auftragnehmer selbst die Bestechungssumme aufbringt und nicht – wie hier – in korruptivem Zusammenwirken mit den Verantwortlichen des Auftraggebers der Auftragssumme aufschlägt , so dass sie aus seiner Sicht einen bloßen Durchlaufposten bildet.
dd) Ist der Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags im Zeitpunkt der Auftragsvergabe auf diese Weise – ggf. mit sachverständiger Hilfe und mittels Schätzung nach § 73b StGB – ermittelt worden, folgt aus dem Bruttoprinzip , dass etwaige für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen (wie insbesondere eine vom Auftragnehmer gezahlte Bestechungssumme) nicht weiter in Abzug gebracht, sondern allenfalls im Rahmen von § 73c StGB berücksichtigt werden können.

b) Der Anordnung des Verfalls steht – entgegen der Auffassung der Verfallsbeteiligten – nicht bereits grundsätzlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verfallsbeteiligten unter dem Gesichtspunkt eines vorrangigen Schutzes der Geschädigten in der Insolvenz entgegen. Die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage, wie ein angeordneter Verfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. OLG Schleswig wistra 2001, 312, 313). Anders als nach § 240 ZPO kommt auch eine Unterbrechung des Strafverfahrens insoweit nicht in Betracht , weil die Anordnung des Verfalls als strafrechtliche Nebenfolge dem strafrichterlichen Erkenntnis vorbehalten bleiben muss. Ansprüche der Geschädigten werden im Rahmen von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hinreichend berücksichtigt.

c) Auch wenn das Landgericht den Umfang des Erlangten nicht in der vorbeschriebenen Weise ermittelt, sondern letztlich eher unbestimmt gelas-
sen hat, was es genau als das „Erlangte“ in diesem Sinne ansieht, hat es doch zumindest im Ergebnis zu Recht von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei der Verfallsbeteiligten nach § 73c Abs. 1 StGB abgesehen.
aa) Schadensersatzansprüche der AVG stehen nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer Verfallsentscheidung zu Lasten der Verfallsbeteiligten zumindest in der Höhe entgegen, in denen diese Ansprüche noch nicht durch Zahlungen der Angeklagten erfüllt worden sind. Ob der Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses diese noch vorhandenen – gegebenenfalls nach § 254 BGB geminderten – Ansprüche übersteigt, kann letztlich offen bleiben.
bb) Die Voraussetzungen von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB hat das Landgericht zwar – auch in Abgrenzung zu Satz 2 – nicht hinreichend dargelegt (vgl. hierzu BGH wistra 2000, 379, 382; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73c Rdn. 3 m.w.N.). Ergänzend hat es jedoch unter Hinweis auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB folgende Umstände genannt, die eine Verfallsanordnung jedenfalls unangemessen erscheinen lassen: Ein bleibender Gewinn , der Schadensersatzansprüche der AVG übersteigen würde, ist bei der LCS nicht vorhanden; letztlich ergab sich bei der endgültigen Abrechnung des Projekts im Jahr 2001 aufgrund von Gewährleistungsarbeiten ein Verlust von insgesamt 688.000 Euro (UA S. 159); zudem befindet sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz.
cc) Ungeachtet der rechtlich nicht unbedenklichen Ausführungen des Landgerichts zu §§ 73 ff. StGB ist es aus Sicht des Senats im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB jedenfalls angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO), gegenüber der insolventen Verfallsbeteiligten, die letztlich keinen Gewinn erzielt hat und sich erheblichen Regressansprüchen gegenüber sieht, von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz abzusehen.

III.


Die Revisionen der Angeklagten bleiben ebenfalls erfolglos.
1. Die Verurteilungen des Angeklagten E wegen Untreue nach § 266 StGB und des Angeklagten M wegen Beihilfe zu dieser Tat begegnen keinen Bedenken.

a) Zutreffend weist die Revision des Angeklagten E allerdings zunächst darauf hin, dass die Annahme des Landgerichts, dieser Angeklagte habe mit seinem Verhalten die Missbrauchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt, unzutreffend ist. Voraussetzung dieser Alternative ist, dass der rechtsgeschäftliche Missbrauch der Verpflichtungsbefugnis zu einer wirksamen Verpflichtung des Treugebers führt (vgl. BGH bei Holtz, MDR 1983, 92; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 20, 22 m.w.N.; Seier in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 2004, Abschnitt V 2 Rdn. 47). Dem steht hier bereits § 138 BGB entgegen. Die Sittenwidrigkeit der kollusiven Absprache zwischen den Angeklagten E und M zur Schädigung der AVG durch Vereinbarung eines um den Schmiergeldanteil überhöhten Preises wirkt sich auch auf den Hauptvertrag aus (vgl. BGH NJW 1989, 26, 27; Tröndle/Fischer aaO Rdn. 21; Seier aaO Rdn. 48; vgl. auch BGHZ 141, 357, 362 f.; BGH BB 1990, 733, 734; BGH NJW 2000, 511, 512). Zudem hat E bei dem Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages im kollusiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten M ersichtlich seine Vertretungsmacht zum Nachteil der AVG missbraucht (vgl. hierzu Tröndle/Fischer aaO § 266 Rdn. 22 m.w.N.; BGHZ 50, 112, 114; Bernsmann StV 2005, 576, 577).
Hieraus folgt indes unmittelbar, dass der Angeklagte E durch Abschluss des dergestalt unerkannt nichtigen Vertrages mit einem kollusiv überhöhten Auftragspreis die Treubruchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt und der Angeklagte M zu solcher Tat Beihilfe geleistet
hat. Hierauf kann der Senat von sich aus erkennen (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 2). Es ist auszuschließen, dass sich die Angeklagten gegen den tatsächlich identisch fundierten Vorwurf des Treubruchs anders als geschehen hätten verteidigen können.

b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte E durch den Abschluss des Vertrages mit der LCS zum Gesamtpreis von 792 Mio. DM seine als Geschäftsführer gegenüber der AVG bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und hierdurch der AVG einen Vermögensnachteil in Höhe des vereinbarten Schmiergeldaufschlags zugefügt hat.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei der Vereinbarung von Schmiergeldzahlungen in Form eines prozentualen Preisaufschlags regelmäßig ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vor (vgl. BGHSt 47, 295, 298 f.; 49, 317, 332 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49, insoweit in BGHSt 46, 310 nicht abgedruckt). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass jedenfalls mindestens der Betrag, den der Vertragspartner für Schmiergelder aufwendet, auch in Form eines Preisnachlasses dem Geschäftsherrn des Empfängers hätte gewährt werden können (vgl. Raum in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 2. Aufl. S. 304 m.w.N.). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr bildet deshalb der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
bb) Die Vermögensbetreuungspflicht gebietet in diesen Fällen, dass der Treupflichtige die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten Vermögens nutzt und den Vertrag zu dem günstigeren Preis abschließt (BGH wistra 1984, 109, 110; 1989, 224, 225). Zumeist liegt auf der Hand, dass das Geschäft auch für einen um den aufgeschlagenen
Schmiergeldanteil verminderten Preis abgeschlossen worden wäre, wenn das Schmiergeld – wie hier – einen bloßen Durchlaufposten darstellt (vgl. BGH wistra 1983, 118, 119; 1986, 67; 2001, 295, 296). Inwieweit andere Anbieter noch teurere Angebote eingereicht haben, bleibt demgegenüber unerheblich (vgl. BGH wistra 2001, 295, 296).
Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt in diesem Fall im aktiven Tun, nämlich im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überteuerten Vertrages und in der damit einhergehenden Verlagerung der Schmiergeldzahlungen zugunsten des Geschäftsführers auf die vertretene Gesellschaft durch Vereinbarung entsprechend überhöhter Zahlungsverpflichtungen mit Dritten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 38a m.w.N.). Der Abschluss des überteuerten Vertrages hindert gleichzeitig den Abschluss eines um den Schmiergeldanteil verminderten günstigeren. Zudem steht der eingegangenen Zahlungsverpflichtung in Höhe des vereinbarten Schmiergelds keinerlei Gegenleistung gegenüber. Nach anderer, aber gleichgerichteter Betrachtungsweise ist der Unrechtsschwerpunkt in der bewussten Verhandlung mit einem sachlich nicht gerechtfertigten Verteuerungsfaktor zu finden, der dem Geschäftsführer zu Unrecht einen von der vertretenen Gesellschaft nicht genehmigten, über seine Vergütung hinausgehenden wirtschaftlichen Vorteil verschaffen soll (vgl. auch BGHSt 49, 317, 333 ff.).
cc) Nach den Feststellungen des Landgerichts war in der vereinbarten Auftragssumme von 792 Mio. DM ein Schmiergeldanteil in Höhe von rund 24 Mio. DM enthalten. Dieser Anteil sollte als bloßer Durchlaufposten nicht der LCS, sondern auf Kosten der AVG allein den an der Schmiergeldabrede Beteiligten zukommen. Der vom Landgericht gezogene Schluss, die LCS wäre bereit gewesen, den Vertrag auch zu einem um diesen Schmiergeldanteil verminderten Betrag abzuschließen, ist nicht nur nachvollziehbar, sondern vielmehr naheliegend.
dd) Demgegenüber verfängt der Einwand der Revision nicht, der Angeklagte E habe ein solches Geschäft zum verminderten Preis überhaupt nicht abschließen dürfen, weil dieses durch die vorangegangene Vergabemanipulation nach wie vor wettbewerbswidrig gewesen wäre; vom Treupflichtigen könne nicht der Abschluss verbotener oder wettbewerbswidriger Geschäfte verlangt werden (vgl. Bernsmann StV 2005, 576, 578).
Nachdem sich E für den Zuschlag an die LCS entschlossen hatte, bestand die Alternative lediglich in dem Abschluss des Vertrages zum Preis von 792 Mio. DM oder zu einem um mehr als 24 Mio. DM verminderten Preis. Seine Vermögensbetreuungspflicht gebot E in dieser Situation den Abschluss zum geringeren statt zum höheren Preis. Da es für den Vorwurf der Untreue entscheidend auf den Vertragsschluss zu einem um den Schmiergeldanteil überhöhten Preis ankommt, sind die von der Revision angeführten Alternativszenarien ohne Bedeutung.
ee) Das Landgericht geht auch zutreffend von einem Nachteilsumfang in Höhe von rund 24 Mio. DM aus.
Die Berechnung des im vereinbarten Preis enthaltenen Schmiergeldanteils (3 % Aufschlag bei einem Teil der Lose, zusätzliche Anhebung beim Los Abgasbehandlung um 20 Mio. DM) ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht ist zudem richtigerweise davon ausgegangen, dass Vorteile, die der Angeklagte E durch besonders nachdrückliche und geschickte Verhandlungen bei der Preisgestaltung erreicht hat oder die zur Ermöglichung einer Vergabe des Auftrags an die LCS notwendig waren, nicht gegengerechnet werden können (treffend UA S. 309, 317). Dies gilt insbesondere für die Absenkung des Preises beim Los Bauteil um 9 Mio. DM im Rahmen der Vergabemanipulation. Denn es kommt allein darauf an, ob – was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – der Angeklagte M letztendlich bereit war, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Vertrag auch ohne den Schmiergeldanteil abzuschließen oder nicht. Es kann deshalb da-
hinstehen, ob der abweichende Ansatz der Verteidigung auch im Blick auf die zur Schmiergeldfinanzierung überhöhte Kalkulation des Gesamtpreises im ersten Angebot der LCS verfehlt ist. Selbst wenn man vom festgestellten Nachteilsumfang einen für Wi ursprünglich vorgesehenen Provisionsanteil in Höhe von 0,5 % der Auftragssumme abziehen würde, wäre dies angesichts des verbleibenden Nachteilumfangs in Höhe von etwa 20 Mio. DM letztlich unerheblich; auch ein solcher Nachteil rechtfertigt ohne weiteres die für die Untreue bzw. die Beihilfe hierzu verhängten Einzelfreiheitsstrafen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
2. Der Schuldspruch wegen – wie ausgeführt, nicht verjährter – Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§§ 299, 300 Nr. 1 StGB) ist rechtsfehlerfrei. Auch die Bestimmung der Konkurrenzverhältnisse zur Untreue bzw. Beihilfe dazu hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
Zutreffend ist das Landgericht bezüglich der Untreue und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr bei dem Angeklagten E (a) sowie hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue und der Bestechung im geschäftlichen Verkehr durch den Angeklagten M (b) jeweils von zwei Taten im Sinne von § 53 StGB ausgegangen.

a) Regelmäßig besteht zwischen Angestelltenbestechlichkeit und der in Aussicht gestellten „bevorzugenden Handlung“ Tatmehrheit (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; vgl. auch BGHSt 47, 22, 25 f., zu § 332 StGB). Dies gilt auch dann, wenn die Taten auf eine einheitliche Unrechtsvereinbarung zurückgehen (vgl. BGHSt 47, 22, 26; BGH NStZ 1987, 326, 327; BGH wistra 1993, 189, 190). Denn die Vornahme der durch die Unrechtsvereinbarung verabredeten unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb gehört nicht zum Tatbestand der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (BGH NStZ 1987, 326, 327; vgl. auch BGHSt 47, 22, 26; jeweils zu § 332 StGB).
Tateinheit ist lediglich in solchen Fällen möglich, in denen die Verwirklichung beider Tatbestände in einer Ausführungshandlung zusammentrifft (BGHSt 47, 22, 26, zu § 332 StGB). Solches hat das Landgericht nicht festgestellt. Verletzt hat der Angeklagte E seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der AVG erst durch den Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages; erst dadurch kam es auch zu einer schadensgleichen konkreten Vermögensgefährdung (UA S. 500). Die Unrechtsvereinbarung , mit der die Angestelltenbestechlichkeit vollendet war (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21), gehört angesichts der Notwendigkeit zahlreicher weiterer Zwischenschritte im vorliegenden Fall nicht zum Ausführungsstadium der Untreue.
Soweit die Revision für ihre Ansicht auf die Entscheidung BGHSt 47, 22 verweist, war der dortige Fall im Tatsächlichen anders gelagert; dort ging es um die Schaffung eines eingespielten Preisabsprachesystems unter Einbindung weiterer Mitwettbewerber im Rahmen langfristiger Geschäftsbeziehungen (vgl. BGHSt 47, 22, 28), nicht – wie hier – um den Abschluss eines einzigen Vertrages. Zudem war es nach dem Inhalt der Unrechtsvereinbarung zwar naheliegend, aber nicht einmal zwingend notwendig, dass der Schmiergeldanteil durch eine Untreue zu Lasten der AVG erwirtschaftet wird. Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte M erst nach der Unrechtsvereinbarung vom Herbst 1993 Gedanken darüber, wie dieser Betrag aufgebracht werden soll (UA S. 97). Erst als er erfuhr, dass LCS über keinen „Topf“ für solche Gelder verfügt, entschloss er sich, das verabredete Schmiergeld durch einen entsprechenden Aufschlag auf den Werklohn zu Lasten der AVG zu erwirtschaften.

b) Rechtlich vertretbar ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Bestechung im geschäftlichen Verkehr und die Beihilfe zur Untreue durch den Angeklagten M im vorliegenden Fall materiellrechtlich als zwei Taten im Sinne von § 53 StGB zu bewerten sind. Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr war bereits mit dem Abschluss der Un-
rechtsvereinbarung im Herbst 1993 vollendet. Dagegen bestand die Beihilfe zu der vom Angeklagten E begangenen Untreue im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages für die von M vertretene LCS. Die Vertragsunterzeichnung durch den Angeklagten E – die eigentliche Untreuehandlung – konnte nur zu einem Vermögensnachteil bei der AVG führen, weil auch der Angeklagte M den Vertrag seinerseits für die LCS unterzeichnete. Gegenüber dieser notwendigen Mitwirkung an der eigentlichen Untreuehandlung konnten für die Beurteilung der Konkurrenzen die im Vorfeld begangenen Vorbereitungsbeiträge als nachrangig bewertet werden. Selbst wenn das Landgericht das Konkurrenzverhältnis bei dem Angeklagten M falsch beurteilt hätte, wäre im Übrigen die verhängte Gesamtstrafe angesichts des gleichbleibenden Schuldumfangs als Einzelfreiheitsstrafe angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
3. Die Verurteilung des Angeklagten E wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen ist rechtsfehlerfrei.

a) Bei den erhaltenen Bestechungsgeldern handelt es sich um erklärungspflichtige sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG (vgl. BFH DStRE 2000, 1187; BFHE 191, 274; BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4 m.w.N.). Die Kapitalerträge aus der Anlage der verschwiegenen Schmiergelder stellen erklärungspflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Für die Jahre 1995 bis 1998 hat der Angeklagte E solche Einkünfte in Höhe von rund 4 Mio. DM verschwiegen und hierdurch Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag in der Gesamthöhe von rund 2,2 Mio. DM hinterzogen.

b) Die Pflicht zur Abgabe einer wahrheitsgemäßen Steuererklärung war auch nicht unter dem Gesichtspunkt suspendiert, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst anzuklagen oder sonst zur eigenen Überführung bei-
zutragen (nemo tenetur se ipsum accusare; hierzu näher Jäger NStZ 2005, 552, 556 ff. m.w.N.).
aa) Ein Steuerpflichtiger, der Einkünfte aus Bestechungsgeldern anzugeben hat, wird seiner durch § 370 AO strafbewehrten Erklärungspflicht regelmäßig bereits dadurch nachkommen können, dass er diese Einkünfte betragsmäßig offen legt und einer Einkunftsart zuordnet, ohne die genaue Einkunftsquelle zu benennen (vgl. auch BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4). Denn diese Erklärung reicht regelmäßig zu einer Festsetzung von Einkommensteuer aus, durch die im Ergebnis eine Verkürzung von Steuern – also der von § 370 AO vorausgesetzte Taterfolg – vermieden wird. Derartige Angaben, durch die sich der Steuerpflichtige nicht selbst einer Straftat bezichtigt, sondern lediglich Einkünfte offenbart, sind ihm ohne weiteres zumutbar. Die strafrechtliche Erzwingbarkeit dieser Erklärungspflicht in dem genannten beschränkten Umfang gerät regelmäßig nicht in Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit.
bb) Soweit nach der AO darüber hinaus Erläuterungspflichten (§§ 93 ff. AO) bestehen, die mit den in §§ 328 ff. AO genannten Zwangsmitteln durchsetzbar sind, ist der Steuerpflichtige zunächst durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) sowie das in § 393 Abs. 2 AO normierte begrenzte strafrechtliche Verwertungsverbot geschützt (vgl. BVerfGE 56, 37, 47; BGHR aaO). In dem Umfang, in dem dieser Schutz aufgrund überragender öffentlicher Interessen durch § 393 Abs. 2 Satz 2, § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO durchbrochen wird, gebietet der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit allenfalls, dass sich die erzwingbare Erklärungspflicht auf die betragsmäßige Angabe der Einkünfte als solche beschränkt und der Steuerpflichtige nicht mit Zwangsmitteln zur Abgabe weitergehender Erläuterungen zur – allein hierdurch nicht ermittelbaren – deliktischen Herkunft der Einkünfte angehalten werden kann (vgl. BGHR aaO). Nur soweit die steuerrechtliche Pflicht zur umfassenden Auskunft mit Zwangsmitteln durchsetzbar wäre, könnte ein Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz bestehen, dass
niemand zur eigenen Überführung beitragen muss (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353).
cc) Weder das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch die Menschenwürde werden schon allein dadurch tangiert, dass ein Steuerpflichtiger zur Angabe von Einnahmen aus Straftaten verpflichtet ist (vgl. auch BVerfG – Vorprüfungsausschuss – wistra 1988, 302). Denn der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit schützt nicht vor einer Bestrafung strafbaren Verhaltens , sondern lediglich vor einer strafrechtlichen Verurteilung, die auf einem rechtlichen Zwang zur Selbstbelastung beruht (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353). Die Grundrechte des Steuerpflichtigen sind jedenfalls dann gewahrt, wenn sich die Erzwingbarkeit der Erklärung nur auf die Angabe der Einnahme als solche und nicht auf deren – allein hierdurch nicht ermittelbare – deliktische Herkunft bezieht.
4. Die Strafzumessung lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen. Insbesondere hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten E bei diesem den besonders engen Zusammenhang zwischen der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung bei der Gesamtstrafbildung (vgl. hierzu BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht
4) ersichtlich dadurch hinreichend berücksichtigt, dass es die verhängten Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren, einem Jahr und sechs Monaten, zweimal einem Jahr, neun und vier Monaten straff zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten zusammengezogen
hat; ausdrücklicher Erwähnung bedurfte dieser Gesichtspunkt im vorliegenden Fall nicht.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 166/07
vom
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Zum Zusammenhang zwischen Werbeaussage und beworbener Ware oder
Leistung als Voraussetzung strafbarer Werbung
2. Werden Kunden mittels strafbarer Werbung zu Warenbestellungen veranlasst
, sind die Kaufpreiszahlungen, welche die Kunden dafür an den Täter
oder Drittbegünstigten leisten, von diesem aus den Taten erlangt und unterliegen
– unbeschadet vorrangiger Ansprüche von Verletzten – in vollem Umfang
dem Verfall.
3. Infolge der strafbaren Werbung können den Bestellern Schadensersatzansprüche
aus unerlaubter Handlung jeweils in Höhe des gezahlten Kaufpreises
zustehen, die den Verfallsbetrag vermindern.
BGH, Urt. vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07 - LG Mannheim
30. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen strafbarer Werbung
Nebenbeteiligte:
1.
2.
3.
4.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
27. Mai 2008 in der Sitzung am 30. Mai 2008, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte G. persönlich - in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
und Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenbeteiligten I. ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten O.
,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten
V. 3 C. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Juni 2006 wird bezüglich der Angeklagten D. und S. im Schuldspruch dahin berichtigt, dass diese Angeklagten der strafbaren Werbung in 66 Fällen schuldig sind. 2. Auf die Revision der Nebenbeteiligten I. wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben, soweit gegen sie der Wertersatzverfall angeordnet worden ist und dabei etwaige entgegenstehende Ansprüche von Verletzten unberücksichtigt geblieben sind. 3. Die Revisionen der Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. werden verworfen. Die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. 4. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das oben bezeichnete Urteil im Ausspruch über den Verfall aufgehoben, soweit
a) zum Vorteil der Nebenbeteiligten I. von einem über die erfolgte Anordnung hinausgehenden Wertersatzverfall abgesehen worden ist,
b) gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. ganz von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen worden ist.
5. Die gegen die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen. Die Kosten dieser Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. 6. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen strafbarer Werbung in sechs Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten D. und S. hat es wegen strafbarer Werbung in 62 Fällen auf Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten erkannt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Den Verfall von Wertersatz hat es wie folgt angeordnet: – in das Vermögen des Angeklagten G. in Höhe von 244.467,- €, – in das Vermögen des Angeklagten D. in Höhe von 100.853,- €, – in das Vermögen des Angeklagten S. in Höhe von 58.700,- €, – in das Vermögen der Nebenbeteiligten I. in Höhe von 1.498.677,- €, – in das Vermögen der Nebenbeteiligten P. in Höhe von 671.136,- €.
2
Das Landgericht hat es abgelehnt, Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. zu treffen.
3
Die Staatsanwaltschaft greift das Urteil mit den zu Ungunsten der Angeklagten und sämtlicher Nebenbeteiligten eingelegten Revisionen an. Sie sind auf den Ausspruch über den Verfall beschränkt und werden auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützt. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. Erfolg.
4
Den auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützten Revisionen der drei Angeklagten bleibt ebenso der Erfolg versagt wie der auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision der Nebenbeteiligten P. . Die Revision der Nebenbeteiligten I. , die die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, dringt demgegenüber mit der Sachbeschwerde durch.
5
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. und die Revision der Nebenbeteiligten I. führen zur Teilaufhebung des Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache. Die Feststellungen sind indessen rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben (vgl. – auch zur Tenorierung – BGH NJW 2007, 1540). Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter kann ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.

I.

6
Der Verurteilung der Angeklagten wegen strafbarer Werbung und den Verfallsanordnungen liegt zugrunde, dass die Angeklagten nach Auffassung des Landgerichts für im Versandhandel tätige Gesellschaften die Versendung standardisierter Werbesendungen (sog. Mailings), die unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen enthielten, zusammen mit Warenkatalogen veranlassten und organisierten und hierdurch den Warenabsatz steigerten.
7
1. Im Einzelnen ist – soweit im Rahmen der Revisionen von Bedeutung – folgendes festgestellt:
8
a) Zu den Taten:
9
aa) Der Angeklagte G. war im Tatzeitraum vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 Präsident des Verwaltungsrats der 1964 von seinem Vater gegründeten Nebenbeteiligten I. , einer Holdinggesellschaft, die ihren Domizilsitz in der Schweiz hat. Seit 1993 ist der Bruder des Angeklagten G. , Gi. , alleiniger Aktionär. Seit Beginn der 1980er Jahre hielt die I. alle Geschäftsanteile der in Sc. ansässigen "OM.
", die bis Mitte der 1990er Jahre als Versandhandelsunternehmen am Markt auftrat und – seit 1989 auch über eine Tochtergesellschaft – Werbesendungen mit Gewinnversprechen versandte.
10
Wegen Beanstandungen von Verbraucher- und Wettbewerbsschützern und scharfen Angriffen in den Medien erfolgten zwei Umstrukturierungen, zunächst 1997 und dann 1999. Ziel der zweiten Umstrukturierung war es, die Tätigkeit des in Sc. ansässigen Unternehmens auf diejenige eines reinen Logistikdienstleisters zu beschränken und die rechtliche Verantwortung für künftige Werbesendungen auf abhängige ausländische Domizilgesellschaften (sog. Marketinggesellschaften) zu verlagern. Dementsprechend wurden der Name des nebenbeteiligten Unternehmens in "O. " und der Unternehmensgegenstand in Erbringung sog. "Fullfillment -Dienstleistungen" geändert. Die Konzeption von Werbesendungen wurde nunmehr von einer anderen Gesellschaft durchgeführt, der Se. , deren Anteile treuhänderisch für die I. gehalten wurden. Die Se. übernahm die hierfür zuständigen Mitarbeiter der Marketingabteilung der O. und mietete Büroräume in deren Gebäude in Sc. an.
11
Im Interesse der bzw. für die I. wurden im Ausland Gesellschaften gegründet oder bereits bestehende Gesellschaften "aktiviert", die im Versandhandel mit fünf Kataloglinien nach außen auftraten und unter deren Firma die Werbesendungen mit beigefügten entsprechenden Warenkatalogen verschickt wurden. Die ausländischen Gesellschaften wurden zweimal – ab 2001 und ab 2004 – durch andere ersetzt, als es Empfängern von Werbesendungen jeweils gelang, Vollstreckungstitel gegen sie zu erstreiten und Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Im Jahr 2000 hatte der Gesetzgeber mit § 661a BGB einen Leistungsanspruch des Verbrauchers aus Gewinnzusagen geschaffen, so dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert hatten.
12
Im Zeitraum von 2001 bis 2003 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Unter Angabe der Firma der in Florenz gegründeten SVD wurden die Kataloglinien "Sch. & G. " und "P. B. " vertrieben. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die EMO mit Sitz in London. Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. " wurden unter Angabe der Firma VH mit Sitz in Paris verschickt. Im Zeitraum ab 2004 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Die Kataloglinie "Sch. & G. " wurde mit der Absenderangabe der Gesellschaft "D. M. C. mit - angeblichem - Sitz in Mailand vertrieben, die aber unter der angegebenen Firma nie errichtet worden war. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die niederländische B. . Der Versand der Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. " erfolgte unter der Absenderangabe der Nebenbeteiligten 3 C V. mit Sitz in Paris. Die ausländischen Gesellschaften hatten ganz überwiegend weder eigenes Personal noch eigene Räumlichkeiten. Die Konzeption der Werbesendungen für den Versandhandel wurde von der Se. entwickelt; die logistische Abwicklung erfolgte durch die O. . Allein die 3 C V. verfügte über Geschäftsräume im elsässischen L. und beschäftigte mehrere Mitarbeiter; die technische Abwicklung des Versandhandels erfolgte aber auch hier über die O. .
13
bb) Über die ausländischen Gesellschaften veranlassten und organisierten die Angeklagten die Versendung von Werbesendungen für die fünf Kataloglinien an Verbraucher, darunter die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen, die vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 in einer Auflage von minimal 60.470 und maximal 700.936 Stück ausgesandt wurden. Die Schriftstücke enthielten standardisierten Text, in den die von der Abteilung Adressmarketing der O. selektierten Adressdaten eingedruckt waren; ihnen wurden die Warenkataloge der Kataloglinien beigefügt. Der Kundenstamm bestand vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau.
14
Die Werbesendungen enthielten – so das Landgericht – unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen, da die bezeichneten Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt wurden. Soweit behauptet wurde, es habe eine Vorabziehung eines Geldpreises stattgefunden, traf dies nicht zu oder es waren die gezogenen Gewinnnummern und -namen vernichtet worden. Soweit behauptet wurde, der Empfänger sei ein ausgesuchter "Gewinnberechtigter", der bei einer "Jackpotziehung" aufgrund seiner Gewinnnummer die Chance auf einen Gewinn habe, war dieselbe Gewinnnummer allen Empfängern zugeteilt worden, so dass der auf einen "Spieler" entfallende Gewinnanteil erwartungsgemäß unter der in den Teilnahmebedingungen jeweils festgelegten "Mindestgewinnsumme" von 1,50 € bis zu 5,- € lag. Soweit schließlich behauptet wurde, die Gewinnauskehrung würde im Rahmen einer Jahresendziehung erfolgen, fand hierbei keine Zufallsselektion statt, sondern wurden die Kunden mit den höchsten Umsätzen als "Gewinner" ausgewählt. Waren wertvolle Geschenke (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.) ausgelobt worden, so wurde der Warenlieferung nur "wertloser Plunder" mit einem Maximalwert von 3,- € beigelegt. War die Mitteilung enthalten, für den Empfänger sei ein – näher beschriebenes – Geschenk "reserviert" (sog. zweistufige Geschenkvergaben), erhielt der Besteller mit der ersten Warenlieferung überhaupt nichts. Ihm wurde hierbei lediglich mitgeteilt, er könne das Geschenk erhalten, wenn er nochmals eine Bestellung aufgebe. Der zweiten Warenlieferung wurde sodann ein solches beigegeben, welches allerdings bezogen auf die Anpreisung minderwertig war.
15
Die optische Gestaltung der Werbesendungen erfolgte in der Weise, dass der Empfänger nur die Anpreisung der Gewinne und Geschenke, nicht aber die Anpreisung einschränkende Aussagen wahrnehmen sollte. Die in Aus- sicht gestellte Chance, einen Gewinn zu erhalten, war nicht an den Erwerb der gleichzeitig angebotenen Waren gebunden. Die Übersendung der ausgelobten Geschenke wurde regelmäßig von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert von 15,- € abhängig gemacht. Nach den auf dem Bestellformular abgedruckten Bedingungen waren die Kunden berechtigt, die Waren binnen einer Frist von 30 Tagen zu testen ("Test-Anforderung") und bei Nichtgefallen zurückzusenden ("Kauf auf Probe"), wobei die Rückgabe mit (Versand-)Kosten verbunden war.
16
Exemplarisch kann auf folgende Werbesendung verwiesen werden, die unter dem "Betreff: Gewinnauszahlung 5.800 Euro!" folgendes persönliches Schreiben enthielt (UA S. 51): „Sehr geehrter Herr …, soeben komme ich aus der Buchhaltung, wo ich eigentlich Ihren Gewinnscheck aus der März-Vergabe abholen wollte, denn ich dachte, ich könnte Ihren Scheck gleich diesem Brief an Sie beilegen. Aber Sie wissen ja, wie Buchhalter so sind: immer muss alles 200%ig sein, bevor sie Bargeld oder Schecks aus der Hand geben. Und wehe, es fehlt eine Unterschrift oder ein Stempel! Also, Herr … Die Sache ist folgendermaßen: Herr H. , unser Chefbuchhalter, hat mir noch einmal bestätigt, dass es keinen Zweifel an Ihrem Bargeldgewinn gibt und dass mit der Auszahlung an Sie auch alles in Ordnung ist (die interne Aktennotiz habe ich Ihnen beigelegt). Es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung. Allerdings hat er von der internen Firmenrevision natürlich seine Vorgaben , wie Auszahlungen ordnungsgemäß zu verbuchen sind, und da fehlt jetzt eben noch der unterschriebene Auszahlungs-Beleg von Ihnen, Herr …! Daher habe ich nun alle Unterlagen vorbereitet und möchte Sie bitten, den beigelegten Auszahlungs-Beleg schnell zu unterschreiben und um- gehend zurückzuschicken. Dann kann die Auszahlung an Sie bereits in den nächsten Tagen über die Bühne gehen. … Herr H. und ich würden uns übrigens freuen, wenn Sie uns in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung beauftragen würden. … Ich möchte Sie wirklich zu nichts überreden, aber wenn Sie sich ohnehin etwas aus unserem aktuellen Angebot aussuchen möchten, könnte ich Ihre Sendung gleich mit anderen Lieferungen rausschicken."
17
Dass der Empfänger noch nicht gewonnen hatte, sondern nur an einem Gewinnspiel teilnehmen werde, ergab sich hier aus optisch schwer zugänglichen "Vergabe-Bedingungen" auf der Rückseite des "Auszahlungs-Belegs". Ein solches Gewinnspiel fand jedoch, wie von den Angeklagten beabsichtigt, überhaupt nicht statt. Des Weiteren enthielt dieselbe Werbesendung auf einem gesonderten Blatt für den Fall eines Mindestbestellwerts von 15,- € folgendes Geschenkversprechen über eine Damenuhr (UA S. 52): "Ein Hauch von Luxus – unser Dankeschön der Extraklasse für Sie … Für Sie GRATIS statt 29,95".
18
Tatsächlich erhielt der Kunde eine Uhr, die in Hongkong für einen Einkaufspreis von 1,80 US-$ beschafft worden war.
19
cc) Der Angeklagte D. , der bis Ende 2003 Geschäftsführer der O. war, hatte im gesamten Tatzeitraum die Entscheidungsgewalt auch bei der Se. , und zwar sowohl in allen Konzeptionsgesprächen für die einzelnen Werbesendungen als auch in allen die ausländischen Gesellschaften betreffenden fachlichen Fragen. Die Geschäftsführerin der Se. führte seine Anweisungen aus. Dem als Rechtsanwalt tätigen Angeklagten S. wurden sämtliche Werbesendungen zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Er wirkte an deren inhaltlicher Gestaltung mit; insoweit hatte er das "letzte Wort". Außerdem hatte er maßgeb- lichen Anteil an der Gründung und Steuerung der ausländischen Gesellschaften. Dass der Angeklagte G. an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen beteiligt war, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Im Interesse der I. steuerte er allerdings "die operative Tätigkeit der zur I. - Gruppe gehörenden Unternehmen … und (gab) die strategische Richtung" vor; er schuf "den unternehmerischen Rahmen für die Anfertigung und Versendung der auch von ihm gewollten Werbesendungen der hier relevanten Art" (UA S. 110). Der Angeklagte G. traf die Entscheidungen, die Kataloglinien unter der Absenderangabe der jeweiligen ausländischen Gesellschaft zu vertreiben , und erteilte die entsprechenden Weisungen zur "Installierung" und Nutzung der sechs Gesellschaften SVD, EMO, VH , DMC, B. und 3 C V. , unter deren Firmen die verfahrensgegenständlichen Werbesendungen verschickt wurden.
20
Die Angeklagten wussten, dass die Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt würden. Dessen ungeachtet wollten sie durch die Werbesendungen den Eindruck der Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit sowie den Anschein eines besonders günstigen Warenangebots hervorrufen. Sie wollten insbesondere ältere Empfänger beirren, um den Warenabsatz im Versandhandel zu fördern. Die Angeklagten gingen aufgrund mehrjähriger Erfahrungen davon aus, dass der Warenabsatz durch die Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen gefördert werden konnte (UA S. 28) und – so die Notiz über eine Besprechung unter anderem der Angeklagten G. und D. – "dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122). Die Angeklagten G. und D. vertrauten allerdings auf die Versicherung des Angeklagten S. , die Werbesendungen, wenngleich sie gegebenenfalls wettbewerbswidrig seien, überschritten die Grenze der Strafbarkeit nicht.
21
b) Zum Verfall:
22
Die ausländischen Gesellschaften hatten zunächst von Mitarbeitern der Buchhaltungsabteilung der O. verwaltete Girokonten gehabt. Nach Einführung der Vorschrift des § 661a BGB im Jahr 2000 entschied der Angeklagte G. auf Rat des Angeklagten S. , die Umsatzerlöse im Interesse der I. über eine weitere Gesellschaft "abzusichern", um sie dem Zugriff etwaiger den Leistungsanspruch aus Gewinnzusagen einklagender Kunden zu entziehen. Dementsprechend gründete der Angeklagte S. die F. , deren Geschäfte im Auftrag des Angeklagten G. und in enger Absprache mit den Angeklagten D. und S. geführt wurden. Indem für die F. eingerichtete Konten auf den für die Warenbestellungen ausgegebenen Rechnungs- und Zahlungsformularen aufgedruckt wurden, wurde nunmehr der gesamte Zahlungsverkehr der ausländischen Gesellschaften über die F. abgewickelt.
23
Im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 4. November 2004 gingen auf Konten der F. Zahlungen von Kunden der ausländischen Gesellschaften in Höhe von insgesamt ca. 149 Mio. € ein, wovon ca. 92 Mio. € ("abgerundet 60%") auf Konten der O. weitergeleitet wurden. Aufgrund sämtlicher im nämlichen Zeitraum zum Versand gegebener Werbesendungen bestellten Kunden bei den ausländischen Gesellschaften Waren für insgesamt ca. 177 Mio. €, wovon 68.006.573,36 € ("= 38%") auf die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen entfielen. Ausgehend von diesem Bestellvolumen für die abgeurteilten Taten hat die Strafkammer durch Abzug eines Sicherheitsabschlags für Forderungsausfälle und Retouren von 20% den entsprechenden Umsatzerlös mit 54.405.258,- € berechnet. Den Anteil, der hiervon an die O. weitergeleitet wurde, hat die Kammer auf 60%, somit 32.643.155,- €, geschätzt. Sie hat insoweit unter Zugrundelegung einer Quote von 5,34% – diese ist dem Jahresabschluss 2003 der O. als Verhältnis des Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes entnommen – einen Gewinn von 1.743.144,- € ermittelt. Über das Vermögen der O. ist mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet.
24
In dem benannten Zeitraum leistete die O. an die I. insgesamt 2.300.763,01 € aus eigenen Mitteln. Darin enthalten war der Gewinn aus den abgeurteilten Taten, welchen die O. unverkürzt an die I. weiterleitete. Im Jahr 1999 hatte die I. als damals einzige Gesellschafterin der O. eine Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM an sich selbst beschlossen. Da die O. hierzu finanziell nicht imstande war, stundete ihr die I. den Ausschüttungsbetrag; im Gegenzug verpflichtete sich die O. , den Betrag mit jährlich 6% zu verzinsen. Von Seiten der der O. Kredit gewährenden Volksbank wurden diese als Darlehen bezeichneten vertraglichen Regelungen nicht anerkannt.
25
Der Angeklagte G. erhielt Ende Dezember 2003 von der I. einen Betrag von 1 Mio. SFr. (umgerechnet 643.335,05 €). Hiervon waren mindestens 244.467,- € Tatentgelt für die abgeurteilten Taten; dies entspricht dem Anteil von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens, bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen.
26
Der Angeklagte D. erhielt in den Jahren 2003 und 2004 für seine Mitwirkung an der Verwaltung der ausländischen Gesellschaften und an der Konzeption der Werbesendungen insgesamt ein Entgelt von 265.402,82 €, wovon 38%, damit 100.853,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen. Dem Angeklagten S. wurden von den ausländischen Gesellschaften für die Mitwirkung an ihrer Verwaltung und für die rechtliche Prüfung der Werbesendungen tatbezogene Honorare von 58.700,- € gezahlt (38% von 154.473,74 €). Daneben wurden von Konten der F. insgesamt 28.484.315,86 € auf das Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. – der Angeklagte S. ist Sozius – transferiert. In der Folge wurden Rechnungen der Lieferanten der ausländischen Gesellschaften von diesem Konto bezahlt. "Auf diese Weise" wurden weitere 19.560.762,38 € auf Konten der O. weitergeleitet (UA S. 142).
27
Die Adressdaten sämtlicher Kunden der ausländischen Gesellschaften waren zentral auf dem Server der O. gespeichert und wurden von Mitarbeitern der Abteilung "Adressmarketing" verwaltet. Aus dem Bestand wurden dabei jeweils die Daten derjenigen Empfänger von Werbesendungen gelöscht, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgegeben hatten (UA S. 105). Auf Anweisung der Angeklagten G. und D. wurden die Adressdaten über die zu diesem Zweck im Interesse der I. gegründete Nebenbeteiligte P. an externe Unternehmen "vermietet". In dem benannten Zeitraum erzielte die P. hieraus Einnahmen von mindestens 1.766.147,- €, wovon mindestens 38%, damit 671.136,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen.
28
Zur Höhe der von der 3 C V. erlangten "Vermögensvorteile" aus den abgeurteilten Taten hat die Strafkammer keine Feststellungen zu treffen vermocht.
29
2. Die Strafkammer hat die Feststellungen rechtlich wie folgt gewürdigt:
30
a) Zu den Taten:
31
Die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen hat sie als strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und nach § 16 Abs. 1 UWG nF gewertet. Dass sich die unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen nicht ausdrücklich auf die zugleich angebotenen Waren bezogen, sei unschädlich, weil insoweit der zumindest bestehende wirtschaftliche Zusammenhang ausreiche. Die Angeklagten hätten als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) gehandelt. Die Angeklagten D. und S. hätten durch ihren Einfluss auf die Konzeption jeder der Werbesendungen jeweils eine eigenständige Tat begangen. Die maßgeblichen Tatbeiträge des Angeklagten G. , dessen Beteiligung an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen nicht festgestellt worden ist, hat die Kammer darin gesehen, dass er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften zum Zwecke des Versands der Kataloglinien einschließlich der Werbesendungen veranlasste. Sie hat ihn deshalb wegen sechs Taten verurteilt.
32
Weiterhin hat die Kammer angenommen, die Angeklagten G. und D. hätten in einem Verbotsirrtum (§ 17 StGB) gehandelt, weil sie auf die Angaben des Angeklagten S. zur Straflosigkeit der Werbesendungen vertraut hätten. Allerdings sei der Verbotsirrtum für beide vermeidbar gewesen, da sie es versäumt hätten, die Rechtsmeinung eines unparteiischen Rechtskundigen einzuholen.
33
b) Zum Verfall:
34
Die Kammer hat zunächst die ausländischen Gesellschaften als aus den Taten Bereicherte angesehen, die im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB unmittelbar eine erhöhte Chance dahin erlangt hätten, dass durch die Werbesendungen die Empfänger zur Aufgabe einer Bestellung veranlasst wurden. Von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. hat sie gleichwohl nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil dieser "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft wurde. Weitere "Vermögensvorteile" aus hiesiger Werbung hätten indessen nicht festgestellt werden können (UA S. 156).
35
Auch gegen die O. hat die Kammer den (Wertersatz-)Verfall nicht angeordnet. Zwar sei der von den ausländischen Gesellschaften erlangte Wett- bewerbsvorteil an die O. im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB verlagert worden. Dessen – im Wege der Schätzung zu bemessender (§ 73b StGB) – wirtschaftlicher Wert entspreche dem Gewinn, den die O. aus der Abwicklung der Bestellungen erzielt habe, damit dem Betrag von 1.743.144,- €, so dass die Voraussetzungen des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB insoweit vorlägen. Die Kammer hat von dessen Anordnung jedoch nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen , weil dieser Gewinn in voller Höhe an die I. weiter verschoben wurde. Im Übrigen würde eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern, die ohnehin "voraussichtlich" nicht ausreichen werde, um alle Gläubiger zu befriedigen.
36
Die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die I. erfasst nach Auffassung der Kammer einen Teilbetrag von 1.498.677,- €. Dieser entspreche dem durch die O. erzielten und unverkürzt weitergeleiteten Gewinn, der um das anteilige Tatentgelt des Angeklagten G. zu reduzieren sei. Die im Jahr 1999 zwischen der I. und der O. abgeschlossene, als Darlehen bezeichnete Vereinbarung führe nicht zu einer unbemakelten Forderung, welche die Anwendung von § 73 Abs. 3 StGB ausschließe (UA S. 150). Zivilrechtliche Ansprüche von geschädigten Kunden im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB seien nicht ersichtlich (UA S. 151). In Höhe des an den Angeklagten G. gezahlten Tatentgelts hat die Kammer von der Verfallsanordnung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil "andernfalls mehr abgeschöpft würde, als … tatsächlich erlangt" worden sei (UA S. 153).
37
Gegen den Angeklagten G. hat die Kammer den Wertersatzverfall in Höhe des Tatentgelts von 244.467,- € angeordnet. Sie hat es abgelehnt, darüber hinaus die Einnahmen der I. als relevante Vermögensmehrung beim Angeklagten G. zu bewerten. Auch hinsichtlich der Angeklagten D. und S. hat die Kammer jeweils den Wert des Tatentgelts von 100.853,- € bzw. 58.700,- € für verfallen erklärt. Beim Angeklagten S. hat die Kammer den Betrag von 28.484.315,86 € nicht berücksichtigt, der dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. von Konten der F. zufloss.
38
Die P. habe aus der "Vermietung" der durch strafbare Werbung erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB) Adressdaten der ausländischen Gesellschaften Einnahmen von anteilig 671.136,- € erzielt, die als gezogene Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dem Wertersatzverfall (§ 73a StGB) unterlägen.

II.

39
Bezüglich der Angeklagten D. und S. kann der Senat den Schuldspruch – wie geschehen – anhand der Urteilsgründe berichtigen. Im Hinblick auf die Anzahl der diesen Angeklagten zuzurechnenden Taten – 66 anstatt 62 Fälle – handelt es sich um ein offensichtliches Fassungsversehen im Urteilstenor (vgl. BGH, Beschl. vom 5. April 2000 – 3 StR 75/00; Beschl. vom 5. September 2001 – 1 StR 317/01).

III.

40
Revisionen der Angeklagten:
41
Den Revisionen der drei Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.
42
1. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist die Verurteilung wegen strafbarer Werbung in sechs bzw. 66 Fällen.
43
a) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen die tatbestandlichen Voraussetzungen des – bis zum 7. Juli 2004 gültigen – § 4 Abs. 1 UWG aF und des – seither gültigen – § 16 Abs. 1 UWG nF erfüllt.
44
aa) Dass es sich bei den Werbesendungen, die jeweils standardisierten Text enthielten und mit Hilfe von Adressdatenbanken in Auflagen von zumindest 60.470 Stück an die Empfänger verschickt wurden, um Mitteilungen handelte , die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt waren, bedarf keiner näheren Begründung.
45
bb) Die Angaben in den Werbesendungen waren nach einem objektiven Maßstab unwahr.
46
Ohne beschwerenden Rechtsfehler hat das Landgericht im Hinblick auf die Gewinnmitteilungen darauf abgestellt, dass eine Chance der Empfänger, bei einem Gewinnspiel einen Geld- oder sonstigen Preis zu erhalten, tatsächlich nicht bestand und daher nur vorgetäuscht war. Hinzu kommt, dass – über die Bewertung des Landgerichts hinaus – bei den einzelnen Gewinnmitteilungen unwahre Angaben schon deswegen gegeben sind, weil der Text nur so verstanden werden kann, dass der Empfänger bereits den Preis gewonnen hatte. Die Unwahrheit derartiger Angaben kann nicht ohne weiteres dadurch beseitigt werden, dass an anderer Stelle – etwa in optisch schwer zugänglichen "Vergabe -Bedingungen" auf der Rückseite eines sog. "Auszahlungs-Belegs" (UA S. 52) – Gegenteiliges behauptet wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415; OLG Celle NStZ-RR 2005, 25). Weil die Angeklagten durch den verkürzten rechtlichen Ansatz des Landgerichts nicht beschwert sein können, kommt es in diesem Zusammenhang hierauf allerdings nicht an.
47
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass auch die Geschenkversprechen unwahre Angaben enthielten. Denn die der Warenlieferung tatsächlich beigelegten Gegenstände entsprachen nicht den ausgelobten Geschenken (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.); vielmehr handelte es sich um "wertlosen Plunder". Für die sog. zweistufigen Geschenkvergaben ergibt sich die Unwahrheit insbesondere auch daraus, dass die Wendung, ein näher beschriebenes Geschenk sei "reserviert", in den Werbesendungen sinnentstellt verwendet wurde; hiermit sollte offensichtlich lediglich verbrämt werden, dass ein – noch dazu minderwertiges – Geschenk erst einer zweiten Warenlieferung beigegeben wurde.
48
cc) Aus der Unwahrheit der für die Werbeaussage zentralen Angaben ergab sich hier, dass diese aufgrund ihres – insoweit maßgeblichen (vgl. BGHSt 2, 139, 145; BGHR UWG § 4 [aF] Irreführung 1; Diemer in Erbs/Kohlhaas , Strafrechtliche Nebengesetze 168. Lfg. § 16 UWG Rdn. 32a) – Gesamteindrucks zur Irreführung geeignet waren. Darauf, ob die Empfänger tatsächlich einem Irrtum unterlegen waren, kommt es hingegen nicht an (Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 9). Hinzu kommt, dass der Kundenstamm, an den sich die Werbesendungen richtete, vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau bestand, die für die bezeichneten, Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit vortäuschenden Werbeaussagen besonders empfänglich waren (zur Maßgeblichkeit der von der Werbung konkret angesprochenen Zielgruppe für das Verbraucherleitbild vgl. nur Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 1 Rdn. 20, 27 m.w.N.). Die Werbesendungen waren darauf angelegt, diesen Personen den Eindruck zu vermitteln, der jeweilige Empfänger sei gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
49
dd) Die Annahme des Landgerichts, dass sich die Angaben nicht auf persönliche Verhältnisse, Eigenschaften oder Motive des Werbenden, sondern auf geschäftliche Verhältnisse im Sinne von § 4 Abs. 1 UWG aF bezogen, entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGHSt 36, 389, 392; BGH NJW 2002, 3415, 3416; Kempf/Schilling wistra 2007, 41, 45). Daher wirkt sich hier nicht aus, dass der Gesetzgeber dieses Tatbestandsmerkmal in § 16 Abs. 1 UWG nF nicht übernommen hat (vgl. hierzu einerseits Bornkamm aaO § 16 Rdn. 8; andererseits Diemer aaO Rdn. 19, 39 ff.).
50
ee) Entgegen der in den Revisionen der Angeklagten G. und S. geäußerten Auffassung fehlt es ebenso wenig an einem Zusammenhang zwischen den unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen und den (Waren-)Angeboten.
51
(1) Das Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen Werbung und beworbener Ware oder Leistung ist zwar im Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich niedergelegt, ergibt sich aber aus der Voraussetzung in § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF, dass der Täter in der Absicht handelt, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen (vgl. nur Rengier in Fezer, UWG § 16 Rdn. 98). Ein solcher Zusammenhang ist unzweifelhaft gegeben, wenn im Sinne eines rechtlichen Zusammenhangs der in der Werbeaussage versprochene Vorteil vom beabsichtigten Erwerbsgeschäft abhängig gemacht wird, so dass eine Kopplung der – vermeintlichen – Vorteilserlangung an die Bestellung der beworbenen Ware bzw. an die Inanspruchnahme der beworbenen Leistung vorliegt (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416: "im Sinne einer vertraglichen Gegenleistung" ; ferner zur Wettbewerbswidrigkeit BGHZ 147, 296, 302 [GewinnZertifikate ]; 151, 84 [Kopplungsangebot I]; BGH WRP 2002, 1259 [Kopplungsangebot II]). In dieser Fallkonstellation versteht sich von selbst, dass das Angebot des Werbenden neben der Ware oder Leistung auch den weiteren Vorteil umfasst. Der Kunde, der eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Preis kauft, erwirbt dann nicht nur diese Ware, sondern etwa auch eine Gewinnchance. Ob die Anwendung von § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 UWG nF insoweit auf diese Fallkonstellation beschränkt ist, hat der Bundesgerichtshof zuletzt in der sog. "Kaffeefahrtenentscheidung" ausdrücklich offen gelassen; freilich hat er zugleich Gründe dafür erörtert, dass auch ein sog. wirtschaftlicher Zusammenhang ausreichen könnte (BGH NJW aaO unter kritischer Bewertung von OLG Hamm WRP 1963, 176; OLG Köln MDR 1964, 1028). Denn der Unternehmer setzt die Anpreisung der weiteren geldwerten Vorteile als Werbemaßnahme zur Förderung seines Absatzes ein, aus deren Erlös wiederum die Kosten der Werbung zu finanzieren sind (BGH NJW aaO).
52
Für Fälle der vorliegenden Art entscheidet der Senat die Rechtsfrage nunmehr dahin, dass ein rechtlicher Zusammenhang nicht zwingend erforderlich ist, es also keiner strikt auf das beabsichtigte Erwerbsgeschäft bezogenen sachlichen Verknüpfung des angepriesenen Vorteils bedarf (ebenso Brammsen in MünchKomm-UWG § 16 Rdn. 44; a.A. Rengier aaO Rdn. 98 ff.; Rose wistra 2002, 370, 374 [mit – unzutreffendem – Hinweis auf BGHSt 36, 389]). Eine solche Einschränkung des Tatbestands der strafbaren Werbung läge bereits nach dem Gesetzeswortlaut fern, der lediglich an den beabsichtigten Anschein der Günstigkeit des Angebots anknüpft. Der Gesetzeswortlaut legt vielmehr nahe, dass jeder – vermeintliche – Vorteil genügt, der das Angebot in einem besonders günstigen Licht erscheinen lassen soll (vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 17). Von Bedeutung ist in Fällen der vorliegenden Art insoweit nur, ob der angepriesene geldwerte Vorteil mit der Ware oder Leistung als einheitliches Angebot zu qualifizieren ist. Aber auch nach dem Gesetzeszweck ist eine weitergehende Einschränkung des Anwendungsbereichs nicht gerechtfertigt. Denn Schutzzweck des § 4 Abs. 1 UWG aF und des § 16 Abs. 1 UWG nF ist in erster Linie der Verbraucherschutz. Der Verbraucher soll vor zweckverfehltem und – im Vorfeld der Betrugsstrafbarkeit nach § 263 StGB – vermögensschädigendem Mitteleinsatz bewahrt werden (vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 2; Piper in Piper /Ohly, UWG 4. Aufl. § 16 Rdn. 4); nur wenn er seine Entscheidung auf zutreffender Tatsachengrundlage treffen kann, wird er auch seiner marktregulierenden Funktion gerecht (vgl. Alexander WRP 2004, 407, 411). Vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks ist nicht ersichtlich, warum gerade die Fälle aus dem Anwendungsbereich der Strafnorm ausgenommen werden sollten, in denen mit bewusst undurchsichtig gehaltenen Paketen aus Waren bzw. Leistungen und sonstigen tatsächlich nicht vorhandenen Vorteilen geworben wird. Unter Schutzzweckgesichtspunkten scheint in diesen Fällen vielmehr die Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher hoch.
53
Für die Frage, ob ein einheitliches Angebot gegeben ist, ist maßgeblich der – vom Täter intendierte – Gesamteindruck der Werbeaussage auf die Adressaten. Dieser Maßstab ist im Übrigen auch für den die Irreführung regelnden zivilrechtlichen Tatbestand des § 5 Abs. 1 UWG anerkannt (vgl. nur Bornkamm aaO § 5 Rdn. 2.90 m. umfangreichen Nachw. aus der Rspr.). Dabei kommt es im Sinne eines wirtschaftlichen Zusammenhangs entscheidend darauf an, dass nach den Vorstellungen des Täters ("Absicht") die Entscheidung des Adressaten für das Erwerbsgeschäft unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von dem angepriesenen geldwerten Vorteil beeinflusst wird. Es liegt nahe, dass ein Interessent einen Gewinnvorteil oder ein Geschenkversprechen mit dem Warenangebot zusammen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
54
(2) Gemessen an den dargelegten Anforderungen hat das Landgericht den Zusammenhang zwischen Werbesendungen und zugleich angebotener Ware rechtsfehlerfrei bejaht.
55
Soweit die Übersendung der ausgelobten Geschenke von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert abhängig gemacht wurde, liegt bereits ein rechtlicher Zusammenhang vor. Darauf, dass entsprechend dem Bestellformular ("Test-Anforderung") die Kunden berechtigt waren, die Waren binnen einer näher bestimmten Frist zurückzusenden, kommt es nicht an. Denn auch mit der Vereinbarung eines Kaufs auf Probe – hier entgegen der Auslegungsregel des § 454 Abs. 1 Satz 2 BGB unter der auflösenden Bedingung der fristgerechten Missbilligung – ist ein Kaufvertrag abgeschlossen (vgl. nur Weidenkaff in Palandt, BGB 67. Aufl. § 454 Rdn. 8). Damit standen mit der Warenbestellung Leistung und Gegenleistung bereits in einem synallagmatischen Austauschverhältnis , an dem nach den vertraglichen Absprachen auch das Geschenkversprechen teilnahm. Die Möglichkeit der Kunden, nachträglich von ihrem Gestaltungsrecht Gebrauch zu machen, ändert hieran nichts, zumal dies wiederum mit Kosten verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt erst recht für das bei Fernabsatzverträgen wie hier bestehende Widerrufs- und/oder Rückgaberecht (vgl. § 312d BGB).
56
Im Übrigen hat das Landgericht zu Recht das Vorliegen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs angenommen. Nach dem Gesamteindruck der Werbesendungen zielte die Absicht der Angeklagten darauf ab, dass die Empfänger die Gewinnmitteilungen in Verbindung mit den Warenkatalogen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen. Die angepriesenen Gewinne waren somit Teil des einheitlichen Gesamtangebots. Die enge Verbindung von Werbesendungen und Katalogangebot zeigt sich auch darin, dass beides zusammen verschickt wurde. Die personalisierten Werbesendungen waren darauf ausgerichtet, dass sich der Empfänger gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert fühlen sollte. Ihre Gestaltung erfolgte deshalb in der Weise, dass für den Empfänger der Eindruck entstehen sollte, schon begünstigt worden zu sein; vor diesem Hintergrund erschien auch die Ware günstiger, weil der Kunde für sein Geld vermeintlich mehr erhielt als nur diese. Dieser Zusammenhang wird etwa besonders deutlich, wenn nach der Ankündigung einer "Gewinnauszahlung 5.800,- €" der Empfänger darum gebeten wird, anlässlich der Rücksendung des unterschriebenen "Auszahlungsbelegs" das Versandhandelsunternehmen "in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung (zu) beauftragen" (UA S. 51). In diesem Sinne suggerierte die Werbung Kundenfreundlichkeit und Großzügigkeit. Allein zu diesem Zweck setzten die Angeklagten die aufwendig gestalteten und sehr kostenintensiven Werbesendungen ein. Auch die Angeklagten gingen davon aus, der Warenabsatz werde durch die Gewinnmitteilungen gefördert und gerade der von den Angeklagten betriebene Versandhandel mit den betreffenden Kataloglinien sei von derartigen Werbemaßnahmen abhängig. Besonders prägnant brachten dies die Angeklagten G. und D. zum Ausdruck, indem sie – einer Notiz über eine Besprechung zufolge – "verdeutlicht(en), dass dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122). Die durch das Gesamtangebot bewirkte Umsatzsteigerung war Beweggrund ihres Tuns (UA S. 127).
57
b) Ein von sämtlichen Angeklagten mit ihren Revisionen geltend gemachter unvermeidbarer Verbotsirrtum (§ 17 Satz 1 StGB) liegt nicht vor. Der Senat kann dem Landgericht auch nicht darin folgen, dass die Angeklagten G. und D. überhaupt in einem, wenngleich vermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 Satz 2 StGB) gehandelt hätten; freilich sind diese Angeklagten hierdurch nicht beschwert. Die rechtsirrigen Vorstellungen der drei Angeklagten erweisen sich im Kern lediglich als Fehleinschätzung, sich den für wettbewerbswidrige Werbemaßnahmen vorgesehenen Rechtsfolgen entziehen zu können.
58
Ein Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB liegt nicht schon dann vor, wenn der Täter keine Kenntnis von der Strafbarkeit seines Verhaltens und der Anwendbarkeit eines Strafgesetzes hat. Dies ergibt sich schon aus dem Wort- laut des § 17 Satz 1 StGB ("Fehlt dem Täter … die Einsicht, Unrecht zu tun"; vgl. BGHSt 45, 97, 100 f.). Für die Unrechtseinsicht ist bereits ausreichend das Bewusstsein eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung (BGHR StGB § 17 Unrechtsbewusstsein 1; Bornkamm aaO § 16 Rdn. 19). In einem Verbotsirrtum handelt ein Täter also nur dann, wenn ihm die Einsicht fehlt, dass sein Tun gegen die durch verbindliches Recht erkennbare Wertordnung verstößt (Fischer, StGB 55. Aufl. § 17 Rdn. 3 m.w.N.). Ob der Täter glaubt, straf-, öffentlich- oder zivilrechtliche Normen zu verletzen, hat hingegen grundsätzlich keine Bedeutung (Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 17 Rdn. 5; vgl. auch – zur irrigen Annahme einer Ordnungswidrigkeit anstelle einer Straftat – BGHSt 11, 263, 266; BGHR aaO).
59
Die Angeklagten rechneten – auch nach eigenen Angaben des Angeklagten S. (vgl. UA S. 98) – damit, dass die Werbemaßnahmen wettbewerbsrechtlich unzulässig waren, also gegen verbindliches Recht verstießen. Gerade die Umstrukturierungen des Versandhandelsunternehmens dienten dazu , sich der aus den Wettbewerbsverstößen gezogenen Vorteile zu versichern und sich den Folgen zu entziehen. Dies gilt gleichermaßen für Beanstandungen von Wettbewerbs- und Verbraucherschützern wie für zivilrechtliche Ansprüche von Verbrauchern. Dass "bestehende Kataloglinien ausländischen Gesellschaften ohne Gegenleistung (!) überlassen" wurden, war "eine konsequente Fortsetzung der vom Angeklagten G. praktizierten Strategie …, den in Deutschland betriebenen Versandhandel mit wettbewerbswidriger Werbung zu fördern" (UA S. 116). Weil sich die Angeklagten nach alledem der Normwidrigkeit ihres Verhaltens in Bezug auf die durch § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF geschützten Rechtsgüter bewusst waren, ist es von vornherein ohne Belang, dass sie davon ausgingen, dies habe keine strafrechtlichen Konsequenzen , sondern könne "nur" zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen, denen sie erfolgreich entgehen könnten.
60
c) Die Bewertung des Landgerichts, die Angeklagten hätten als Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gehandelt, ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es auch die Anzahl der Taten für jeden Angeklagten nach der Art seiner Tatbeiträge beurteilt.
61
Der Angeklagte G. war dementsprechend nur wegen sechs tatmehrheitlich begangenen Taten zu verurteilen, weil er an der Konzeption der einzelnen 66 Werbesendungen nicht beteiligt war, seine Beiträge vielmehr im Vorfeld der Einzeltaten beging, indem er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften veranlasste. Die Einzeltaten sind dem Angeklagten G. zwar als in gleichartiger Tateinheit begangen zuzurechnen (BGH NStZ-RR 2004, 352; Fischer aaO vor § 52 Rdn. 35). Gemäß § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO sieht der Senat jedoch aufgrund des Gebots der Klarheit und Verständlichkeit der Urteilsformel davon ab, diese entsprechend zu ergänzen (vgl. BGH NJW 2007, 2864, 2867 m.w.N.; Beschl. vom 4. März 2008 – 5 StR 594/07 – Rdn. 11).
62
2. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist auch der Ausspruch über den (Wertersatz-)Verfall.
63
Das Landgericht hat angenommen, dass die drei Angeklagten folgende Beträge "für" die Taten erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB): der Angeklagte G. 244.467,- €, der Angeklagte D. 100.853,- € und der Angeklagte S. 58.700,- €. Gegen die Bewertung der jeweiligen Vermögensmehrung als Tatentgelt und deren Bemessung gemäß § 73b StGB – anhand eines Anteils von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen – ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
64
Anlass zu näheren Ausführungen bestehen nur hinsichtlich des Angeklagten G. :
65
Entgegen der Auffassung dieses Beschwerführers genügen die Schilderung der Überweisung von 1 Mio. SFr. aus dem Vermögen der I. an ihn, die von seinem Bruder Gi. Ende Dezember 2003 veranlasst wurde (UA S. 137, 146), und die Bezeichnung eines Anteils als Tatentgelt (UA S. 153, 155), um dem Senat die Prüfung des Merkmals "für die Tat" in § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB zu ermöglichen. Die Sachdarstellung erschöpft sich insoweit nicht bloß in der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts oder in der Umschreibung mit einem gleichbedeutenden Wort oder einer allgemeinen Redewendung (hierzu BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 11; Gollwitzer in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 267 Rdn. 32). Aus der – "nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme" (UA S. 154) vorgenommenen – Bewertung als (Tat-)Entgelt ergibt sich hinreichend, dass es sich bei dem überwiesenen Gesamtbetrag um eine Gegenleistung für die im Urteil im Einzelnen festgestellte Tätigkeit zugunsten der I. handelte, was sich nach der Interessenlage auch geradezu aufdrängt. Ein Anteil dieser Gegenleistung entfällt dabei eo ipso auf das Versandhandelsgeschäft, das die der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen betraf, und ist damit Tatentgelt. Wie hoch das Landgericht diesen Anteil – hier 38% – bemisst, ist hingegen eine Frage des § 73b StGB. Darauf, ob der Bruder des Angeklagten G. an den strafbaren Handlungen beteiligt war oder davon Kenntnis hatte, kommt es nach alledem nicht an.
66
Die Revision des Angeklagten G. stellt indessen an die gebotene Sachdarstellung im Urteil überzogene Anforderungen. Insbesondere ist nicht deswegen ein Rechtsfehler gegeben, weil nicht ("nicht einmal") festgestellt ist, "ob und ggf. inwieweit Gi. in die verfahrensgegenständlichen Taten involviert war und von den Einzelheiten hinsichtlich dieser Taten Kenntnis hatte". Auch ist es unschädlich, dass sich das Urteil nicht dazu verhält, ob der Bruder des Angeklagten die Überweisung mit der "Zweckbestimmung" versah, dass "es sich um eine Zahlung 'als Tatentgelt für die verurteilten Taten' handle" (S. 68 des Schriftsatzes vom 7. September 2007).
67
Da der Angeklagte G. den für verfallen erklärten Betrag somit als Tatentgelt erhielt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, ob die Überweisung aus Geldern erfolgte, die von der F. über die O. an die I. weitergeleitet wurden, inwieweit also die Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB für die I. vorliegen. Für den Verfall des für die Tat Erlangten gilt der Vorrang von Ansprüchen Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB regelmäßig – wie auch hier – nicht (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 17).
68
3. Die Verfahrensrügen der Angeklagten dringen nicht durch, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 8. August 2007 zutreffend dargelegt hat.
69
Ergänzend bemerkt der Senat, dass die vom Angeklagten G. im Zusammenhang mit einem Verbotsirrtum erhobenen Verfahrensrügen nach dem oben unter II 1 b Gesagten ohnehin von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgehen. Insbesondere kommt es für die Inbegriffsrüge nach § 261 StPO (S. 440 ff. [Punkt D II] des Schriftsatzes vom 6. November 2006) nicht darauf an, ob für die in der Hauptverhandlung verlesene Mustereinstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Offenburg die irrige Annahme tragend war, entsprechend dem in den Spielregeln niedergelegten Verfahren seien Gewinne auch ausgezahlt worden.

IV.

70
Revision der Nebenbeteiligten I. :
71
Die Revision der Nebenbeteiligten I. hat mit der Sachbeschwerde Erfolg. Die Verfahrensrügen sind dagegen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen unbegründet.
72
Zwar hat das Landgericht ohne Rechtsfehler angenommen, die I. habe nach § 73 Abs. 3 StGB durch die Taten 1.743.144,- € erlangt (nachfolgend 1). Die Beschwerdeführerin beanstandet jedoch zu Recht, dass sich das Urteil nicht hinreichend dazu verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall, den das Landgericht nur für einen Teilbetrag von 1.498.677,- € angeordnet hat, Ansprüche von Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen (nachfolgend

2).

73
1. Die I. erlangte als Drittbegünstigte einen Gesamtbetrag von 1.743.144,- € als weitergeleiteten Gewinn "aus" den Taten. Ob das Landgericht gehalten war, den Wertersatzverfall darüber hinaus auf einen – anteilig verschobenen – (Brutto-)Erlös zu erstrecken, ist im hiesigen Zusammenhang ohne Bedeutung, weil die Beschwerdeführerin insoweit nicht beschwert ist. Gleiches gilt, soweit das Landgericht gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB den der I. zugeflossenen Gewinn um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt reduziert hat.
74
a) Dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit Warenkatalogen verschickt wurden, waren zunächst die ausländischen Gesellschaften begünstigt. Auf hypothetische Kausalverläufe dahin gehend, inwieweit Empfänger Waren auch dann bestellt hätten, wenn ihnen die Kataloge ohne (strafbare) Werbesendungen zugegangen wären, kommt es dabei nicht an. Der Wert des Erlangten floss – jeweils anteilig – anschließend der O. und schließlich der I. zu.
75
§ 73 Abs. 3 StGB ist schon deswegen auf das von den ausländischen Gesellschaften, der O. und der I. Erlangte anwendbar, weil die Angeklagten als Verantwortliche der zur I. -Gruppe gehörenden Gesellschaften auch in deren Interesse handelten und diese vorgefasster Absicht entsprechend aus den Taten – jedenfalls vorübergehend – bereichert wurden. Werden nämlich Organe, Vertreter oder Beauftragte (§ 14 StGB) oder sonstige Angehörige einer Organisation gerade mit dem Ziel tätig, dass bei dieser infolge der Tat eine Vermögensmehrung eintritt, ist die Organisation im Erfolgsfall Drittbegünstigte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245).
76
Dass die Vermögensmehrung bei der O. und der I. nicht unmittelbar durch die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten erfolgte, sondern erst aufgrund weiterer dazwischen geschalteter Rechtsgeschäfte, hindert die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB nicht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist insoweit ein zwischen den Taten und dem Zufluss beim Drittbegünstigten bestehender Bereicherungszusammenhang (vgl. BGH aaO 244). Dieser ist durch das Zurechnungsverhältnis der Angeklagten zur O. und zur I. gegeben ; gerade für Straftaten im Interesse von Unternehmen ist es nicht untypisch, dass dadurch erst komplexe Geldkreisläufe in Gang gesetzt werden (vgl. BGH aaO 246). Deshalb wäre es rechtlich auch ohne Bedeutung, wenn – was nahe liegt – die Zahlungen an die O. zur Erfüllung von zwischen dieser und den ausländischen Gesellschaften geschlossenen Dienstleistungsverträgen erfolgt wären.
77
Nach alledem kommt es auch nicht darauf an, ob hinsichtlich der O. und der I. nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Kriterien – wie das Landgericht angenommen hat – jeweils auch ein sog. Verschiebungsfall (vgl. BGH aaO 246) gegeben ist.
78
b) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, die O. habe den von ihr erzielten Gewinn, den es rechtsfehlerfrei mit 1.743.144,- € berechnet hat, unverkürzt an die I. weitergeleitet.
79
aa) Als Ausgangspunkt hat das Landgericht zutreffend die auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bruttoeinnahmen der O. (32.643.155,- €) geschätzt (§ 73b StGB). Insoweit hat es das Bestellvolumen aus den abgeurteilten Taten (68.006.573,- €) um Forderungsausfälle und Retouren (20%) bereinigt; anschließend hat es den Anteil (60%) errechnet, der von den eingegangenen Kundengeldern auf verschiedene Weise auf Konten der O. transferiert wurde (UA S. 143). Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
80
bb) Das Landgericht hat die Überzeugung gewonnen, dass – nur – "der von der O. aus dem 'Fullfillment' der verfahrensgegenständlichen Mailings resultierende Gewinn in voller Höhe an die I. weiterverschoben wurde" (UA S. 149 f.).
81
Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters. Ein Urteil ist nur dann aufzuheben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sie widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn sie auf einer fehlerhaften Anwendung des Zweifelssatzes beruht (vgl. nur Senatsurt. vom 3. Juli 2007 – 1 StR 3/07 – Rdn. 41 m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung aber auch dann, wenn sich die Schlussfolgerung so sehr von einer festen Tatsachengrundlage entfernt, dass sie sich als eine bloße Vermutung erweist (vgl. BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26, 34; Vermutung 11, jew. m.w.N.).
82
Ein Fehler bei der Beweiswürdigung liegt hier nicht vor. Insbesondere beruht die Überzeugung des Landgerichts auf einer ausreichend tragfähigen Tatsachengrundlage. Als Indizien dafür, dass der Gewinn der I. vorgefasster Absicht entsprechend zufloss, hat das Landgericht auf folgende Umstände heranziehen dürfen, die im Urteil näher ausgeführt sind: Die I. hielt ursprünglich sämtliche Geschäftsanteile der O. . Sie zog als Gesellschafterin "den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft und der O. " (UA S. 115). Der Angeklagte G. , der "an oberster Stelle" stand (UA S. 116), handelte bei seinen für das Versandhandelgeschäft der zur I. - Gruppe gehörenden Unternehmen und für die unlauteren Werbemaßnahmen grundlegenden Entscheidungen dementsprechend "nach Sachlage im Interesse der I. " (UA S. 110). Rechtsfehlerfrei ist im Urteil auch dargelegt, dass der unverkürzten Weiterleitung des Gewinns nicht die als Darlehen bezeichnete Vereinbarung entgegensteht. Denn gerade aufgrund der im Jahr 1999 beschlossenen Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM, die der Vereinbarung zugrunde lag, für die der O. aber liquide Mittel fehlten (UA S. 151), liegt es nahe, dass Gewinne nicht dauerhaft bei der O. verbleiben, sondern der "Muttergesellschaft" zufließen sollten. Das hat auch das Landgericht im Blick gehabt, zumal auch die der O. Kredit gewährende Volksbank diese vertraglichen Regelungen nicht anerkannte.
83
Infolgedessen ist für die Annahme, in dem Gesamtbetrag von ca. 2,3 Mio. €, den die O. aus eigenen Mitteln an die I. leistete, sei ihr Gewinn aus den der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen allenfalls quotenmäßig – nämlich im Verhältnis zum sonstigen Gewinn – enthalten, entgegen der in den Revisionen der Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers G. geäußerten Auffassung kein Raum.
84
cc) Den an die I. weitergeleiteten Gewinn hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf der Grundlage des Jahresabschlusses 2003 auf insgesamt 1.743.144,- € geschätzt (§ 73b StGB).
85
2. Das Urteil weist aber einen die Beschwerdeführerin belastenden Rechtsfehler auf, weil es sich nicht hinreichend dazu verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall zivilrechtliche Ansprüche von Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
86
Der Ausschluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt auch gegenüber einem Drittbegünstigten (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 109; Nack GA 2003, 879, 882 m.w.N.). Der Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB steht nach ständiger Rechtsprechung nicht entgegen, dass eine – noch – unbekannte Vielzahl von Personen geschädigt wurde oder dass Ansprüche tatsächlich nicht geltend gemacht werden; für den Ausschluss kommt es auf die rechtliche Existenz der Ansprüche an (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 18 m.w.N.). Das bisherige Unterbleiben und die fehlende Erwartung der Geltendmachung solcher Ansprüche ermöglichen also die Verfallsanordnung nicht (BGH NStZ-RR 2007, 110). Vielmehr bleibt sie nur möglich, wenn die Verletzten auf die Geltendmachung wirksam verzichtet haben oder die Ansprüche verjährt sind (BGH NStZ 2006, 621, 623; Fischer aaO Rdn. 19).
87
Zutreffend hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass aufgrund der der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen Schadensersatzansprüche von Kunden auch ihr gegenüber aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF nahe liegen. Für den alten wie für den neuen Straftatbestand der strafbaren Werbung ist die Eigenschaft als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anerkannt (vgl. BTDrucks. 15/1487 S. 22; Alexander WRP 2004, 407, 420; Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 29; Brammsen in Münch- Komm-UWG § 16 Rdn. 12; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO Einl. Rdn. 7.5; Piper in Piper/Ohly, UWG 4. Aufl., § 16 Rdn. 4, 27; a.A. Dreyer in Harte /Henning, UWG § 16 Rdn. 22). Zwar wird der Schutzgesetzcharakter der Bestimmungen des UWG zu den zivilrechtlichen Rechtsfolgen allgemein verneint, weil sie sowohl hinsichtlich der Klagebefugnis als auch hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen abschließend sind. Anderes gilt jedoch für die Strafbestimmungen , da diese keine – abschließende – Regelung der zivilrechtlichen Rechtsfolgen enthalten (BTDrucks. aaO). Anspruchsgegner eines solchen Schadensersatzanspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF wäre auch die I. , in deren Interesse die Angeklagten letztlich tätig waren und die den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft zog. Die zivilrechtliche Zurechnung des Verhaltens – jedenfalls des Angeklagten G. – folgt dabei den Grundsätzen der Organhaftung analog § 31 BGB (vgl. Heinrichs/Ellenberger in Palandt, BGB 67. Aufl. § 31 Rdn. 5 f.).
88
Die durch die abgeurteilten Taten irre geführten Kunden könnten mit diesem Anspruch Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung der Ware verlangen. Grundsätzlich richtet sich der Schadensersatzanspruch auf das negative Interesse. Der Verletzte ist also so zu stellen, wie er ohne das haftungsbegründende Ereignis stünde (§ 249 Abs. 1 BGB), auch dann, wenn der Schaden im Abschluss eines Vertrages – etwa durch arglistiges Verleiten hierzu – besteht. Liegt ein wirksamer Vertrag vor, kann der Verletzte Befreiung von der Verbindlichkeit und damit auch dessen Rückabwicklung verlangen; dies gilt unabhängig davon, ob er die Unwirksamkeit durch Ausübung eines Gestaltungsrechts – wie hier gegebenenfalls durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB – herbeiführen könnte (vgl. Sprau in Palandt aaO vor § 823 Rdn. 17).
89
Der Senat kann anhand der Urteilsfeststellungen nicht beurteilen, inwieweit Ansprüche der Kunden verjährt sein könnten. Die Verjährung des Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF richtet sich nach § 195 BGB, nicht nach § 11 UWG nF bzw. § 21 UWG aF (Alexander WRP 2004, 407, 420). Die Verjährungsfrist beträgt damit drei Jahre und beginnt grundsätzlich gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist hier also nicht nur der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung durch die Kunden, vielmehr auch ihre Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Unwahrheit der Angaben in den Werbesendungen sowie von den Umständen, welche den Anspruch gerade gegen die I. begründen. Deswegen ist es alles andere als sicher, dass hinsichtlich der Schadensersatzansprüche von Kunden bereits Verjährung eingetreten ist; erst recht gilt dies für den revisionsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt der tatrichterlichen Urteilsverkündung. Der Senat hält es nicht für ausgeschlossen, dass in einer neuen Hauptverhandlung entsprechende Feststellungen – auch unter Anwendung des § 73b StGB – getroffen werden können.

V.

90
Revision der Nebenbeteiligten P. :
91
Die Revision der Nebenbeteiligten P. bleibt erfolglos. Die Wirtschaftsstrafkammer hat ohne sachlichen Rechtsfehler gegen die P. den Wertersatzverfall in Höhe von 671.136,- € angeordnet, weil diese aus der "Vermietung" der Adressdaten der ausländischen Gesellschaften, die durch die strafbaren Werbemaßnahmen gewonnen wurden, entsprechende – anteilige – Einnahmen erzielte.
92
Aus der Tat erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Begünstigten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 10 m.w.N.). Die strafbare Werbung hatte zur Folge, dass Verbraucher, die für derartige Werbemaßnahmen empfänglich waren, Bestellungen aufgaben. Das Wissen um diese Kundendaten war damit anteilig aus den abgeurteilten Taten erlangt, worauf der Adressdatenbestand beruhte. Denn durch die Verwaltung der Adressdaten wurde sichergestellt, dass die Daten – nur – derjenigen Empfänger gelöscht wurden, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgaben.
93
Die Einnahmen aus der "Vermietung" der Adressdaten stellen Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dar. Zudem ist die P. Drittbegünstigte nach § 73 Abs. 3 StGB, da die "Vermietung" in ihrem Interesse auf Anweisung der für sie handelnden Angeklagten G. und D. erfolgte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245). Der P. ist kein (Mit-)Verschulden an den Werbemaßnahmen selbst zuzurechnen, so dass Ansprüche im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht ersichtlich sind. Dass die Kammer die Einnahmen, die anteilig auf die der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen entfielen, gemäß § 73b StGB unter Zugrundelegung einer Quote von 38% errechnet hat, ist nicht zu beanstanden.

VI.

94
Revisionen der Staatsanwaltschaft:
95
Die – auf den Ausspruch über den Verfall beschränkten – Revisionen der Staatsanwaltschaft haben den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg. Während die gegen die Nebenbeteiligten O. , I. und 3 C V. gerichteten Revisionen jeweils mit der Sachbeschwerde durchdringen, sind die Revisionen unbegründet, soweit die drei Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. betroffen sind.
96
1. Zur Nebenbeteiligten O. :
97
Was eine Verfallsanordnung gegen die O. anbelangt, kann der Senat dem Landgericht im Hinblick auf den Umfang des Erlangten schon nicht darin folgen, dass Gegenstand des Wertersatzverfalls nur der (Netto-)Gewinn, nicht der (Brutto-)Umsatzerlös ist (nachfolgend a). Vor allem aber hat das Landgericht von einer Verfallsanordnung aufgrund einer rechtsfehlerhaften Anwendung des § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB abgesehen (nachfolgend b).
98
a) Das von der O. Erlangte umfasst nicht nur den von ihr erzielten Nettogewinn , sondern die anteilig an sie weitergeleiteten Bruttoeinnahmen, die das Landgericht mit 32.643.155,- € berechnet hat.
99
aa) Die ausländischen Gesellschaften erhielten als Drittbegünstigte "aus" den Taten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB), also dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit Warenkatalogen verschickt wurden, unmittelbar Warenbestellungen; deren Wert floss anteilig der O. zu.
100
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist insoweit ein "Wettbewerbsvorteil" , der zunächst nur in einer Chance auf Warenbestellungen bestanden habe, kein tauglicher Anknüpfungspunkt für den Verfall. Eine solche Chance ist für den Begünstigten überhaupt nur in dem Umfang werthaltig, in dem Empfänger auch tatsächlich Waren bestellen. Einen hiervon zu trennenden Marktwert hat eine solche Chance nicht. Darüber hinaus verwirklicht sich erst in den Vertragsschlüssen selbst die abstrakte Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher und die Marktaussichten von Mitbewerbern, deren Schutz die strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF bezweckt. Der 5. Strafsenat hat dementsprechend in einem Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr als im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unmittelbar erlangtes "etwas" die Auftragserteilung selbst, also den Vertragsschluss, angesehen, dagegen nicht schon die in der Manipulation des Vergabeverfahrens bestehende Chance auf Auftragserteilung (so BGHSt 50, 299, 309 f. ["Kölner Müllskandal"]; zustimmend Saliger NJW 2006, 3377, 3381; ablehnend Hohn wistra 2006, 321, 322).
101
bb) Der Umfang des Erlangten ist zwingend nach Maßgabe des Bruttoprinzips zu bemessen. Hiernach sind Vermögenswerte, die der Täter oder Teilnehmer in irgendeiner Phase des Tatablaufs unmittelbar erlangt hat, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen, ohne dass Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen in Abzug gebracht werden (BGHSt 47, 369, 370 f.; W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 18, jew. m.w.N.). Das gilt auch für den Drittbegünstigten im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB, zumal dann, wenn er Nutznießer der Tat ist (BGHSt aaO 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Bei der Umstellung auf das Bruttoprinzip durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) hat der Gesetzgeber unter anderem auf den Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB abgestellt, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein müsse (BTDrucks. 12/899 S. 11; hierzu BGHSt aaO 372). Dass das Bruttoprinzip sachgerecht ist, ergibt sich aus dem Präventionszweck des Verfalls: Müsste der von der Verfallsanordnung Betroffene lediglich die Abschöpfung des Nettogewinns befürchten, so würde sich die Tatbegehung für ihn unter finanziellen Gesichtspunkten als weitgehend risikolos erweisen. Den Drittbegünstigten soll das Bruttoprinzip veranlassen, zur Verhinderung solcher Taten wirksame Kontrollmechanismen zu errichten oder aufrechtzuerhalten (vgl. BGHSt aaO 374; ferner BGHSt 51, 65, 67; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215).
102
cc) Aus den Taten erlangt wurden hier nicht nur die Warenbestellungen, also die Vertragsschlüsse, die durch das Verschicken der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen kausal hervorgerufen wurden, sondern auch die von den Kunden in Erfüllung der Kaufverträge geleisteten Zahlungen (zum Kriterium der Unmittelbarkeit vgl. BVerfG, Kammerbeschl. vom 7. Juli 2007 – 2 BvR 527/06 – Rdn. 4). Insoweit besteht nach Auffassung des Senats hier kein sachlicher Grund, zwischen schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft und "dinglichem" Erfüllungsgeschäft zu differenzieren.
103
Der 5. Strafsenat hat freilich in einer anderen Fallgestaltung – einem Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr – die Notwendigkeit einer derartigen Differenzierung befürwortet (BGHSt 50, 299, 309 ff. ["Kölner Müllskandal"]): Unmittelbar aus einer solchen Tat erlange "ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn" (BGH aaO 310). Anders als etwa bei Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen sei bei der Bestechung im geschäftlichen Verkehr strafrechtlich bemakelt lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt sei, nicht dass er ausgeführt werde. Der wirtschaftliche Wert des Auftrags bemesse sich dort vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn (BGH aaO 310 f.). Erst wenn dieser ermittelt worden sei, folge aus dem Bruttoprinzip, dass für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen – wie insbesondere die Bestechungssumme – nicht weiter in Abzug gebracht werden könnten (BGH aaO 312; vgl. auch BGHSt 47, 260, 269 f.).
104
Die Rechtsprechung des 5. Strafsenats steht hier weder der Beurteilung entgegen, dass (auch) die Kaufpreiszahlungen (unmittelbar) aus den abgeurteilten Taten erlangt sind, noch widerspricht sie der Bemessung des anteilig an die O. weitergeleiteten Taterlöses nach dem Bruttoprinzip:
105
Eine Divergenz liegt schon deshalb nicht vor, weil die Durchführung der Kaufverträge hier strafrechtlich bemakelt ist. Wenn es nämlich – wie bereits oben unter III 1 a ee (1) ausgeführt – Schutzzweck von § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 UWG aF ist, den Verbraucher vor zweckverfehltem und vermögensschädigendem Mitteleinsatz zu bewahren, dann kann der Mitteleinsatz selbst nicht als in diesem Sinne strafrechtlich neutral beurteilt werden. Ohne das Verschicken der irreführenden Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen wäre es nicht zu Bestellungen und entsprechenden Kaufpreiszahlungen der Kunden gekommen. Anderes gilt für den vom 5. Strafsenat entschiedenen Fall. Das Werk wäre nämlich auch ohne korruptive Manipulation der Auftragsvergabe hergestellt worden, so dass ein Werklohn in jedem Fall hätte entrichtet werden müssen. Der Straftatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 2 StGB schützt dementsprechend – unmittelbar nur – den freien Wettbewerb (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. vor § 298 Rdn. 6, § 299 Rdn. 2). Dies könnte es rechtfertigen, lediglich einen "Mehrerlös", insbesondere soweit er über den regulär erzielbaren Werklohn hinausgeht, als das aus der Straftat Erlangte zu bewerten.
106
Hinzu kommt, dass auch nach der Entscheidung des 5. Strafsenats das in Straftaten Investierte nicht verfallsmindernd berücksichtigt werden darf (vgl. BGHSt 50, 299, 310, 312). Der Gesetzgeber wollte gerade dessen unwiederbringlichen Verlust anordnen (siehe oben unter bb). Die vom Landgericht vorgenommene Berechnung des Gewinns der O. – anhand des Verhältnisses des im Jahresabschluss 2003 ausgewiesenen Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes (siehe oben unter I 1 b) – dürfte jedoch dazu führen, dass die Aufwendungen für strafbare Werbung unzulässigerweise den Verfallsbetrag schmälern würden.
107
Wäre das vom 5. Strafsenat genannte Kriterium der strafrechtlichen Bemakelung gar dahin zu verstehen, dass die Ausführung eines Vertrags für sich gesehen strafbar sein müsse, könnte der Senat dieser Einschränkung nicht folgen. Das hätte nämlich zur Folge, dass bei "Alltagsgeschäften", etwa bei durch Betrug zustande gekommenen Verträgen über Dienstleistungen, über den Kauf von Autos oder über Geldanlagen, die Rückgewinnungshilfe (vgl. § 111i in Verbindung mit § 111b Abs. 5 StPO) sachwidrig begrenzt wäre. Da in solchen Fällen das Erfüllungsgeschäft als solches regelmäßig nicht verboten ist, wäre eine über den Gewinn hinausgehende Rückgewinnungshilfe von vornherein ausgeschlossen. Der Senat ist demgegenüber der Auffassung, dass auch in diesen Fällen das Erlangte in vollem Umfang dem Verfall unterliegt. Dies hat der Gesetzgeber jedenfalls mit dem Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl I 2350) klargestellt. Ziel des Gesetzes war nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks. 16/700 S. 8) zu verhindern, dass "Verbrechen sich lohnt". Die Rückgewinnungshilfe sollte insbesondere auch bei den durch Betrug verursachten Massenschäden – also auch in Fällen, in denen die Ausführung eines Vertrags für sich gesehen nicht strafbar ist – verbessert werden. Rückgewinnungshilfe setzt aber voraus, dass der Verfall, auch soweit das Erlangte über den Gewinn hinausgeht, nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB überhaupt angeordnet werden könnte. Wenn der Gesetzgeber danach für derartige Fallgestaltungen die Rückgewinnungshilfe nicht nur ermöglichen, sondern sogar noch verbessern wollte, dann hat er damit zugleich entschieden, dass dem Verfall das aus Erfüllungsgeschäften, die als solche nicht verboten sind, Erlangte – nach dem Bruttoprinzip – in voller Höhe unterliegt.
108
Aber auch unabhängig hiervon stößt die Rechtsprechung des 5. Strafsenats , wenngleich es im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf ankommt, beim Senat schon im rechtlichen Ausgangspunkt auf Bedenken. Sie bleibt näm- lich eine Erklärung dafür schuldig, aus welchen Gründen die Ermittlung des Werts des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts durch Saldierung – also gleichsam nach dem Nettoprinzip – erfolgt, während sich nur der Wert des "dinglichen" Erfüllungsgeschäfts nach dem Bruttoprinzip richten soll (insoweit krit. auch Hohn wistra 2006, 321, 322 f.; Saliger NJW 2006, 3377, 3381; Fischer aaO § 73 Rdn. 11). Nach dem Bruttoprinzip wäre es vielmehr nahe liegend, auch beim schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft den Anspruch auf Leistung (auf den vereinbarten Werklohn) so zu bewerten, dass die Verpflichtung zur Gegenleistung (zum Bau einer Restmüllverbrennungsanlage) unberücksichtigt bliebe. Des Weiteren ist das vom 5. Strafsenat vertretene enge Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums nicht ohne weiteres vereinbar mit der gesetzlichen Systematik von § 73 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StGB, aus der dieses Kriterium hergeleitet wird. § 73 Abs. 2 StGB erfasst als mittelbare Vermögenszuwächse ausschließlich Nutzungen und Surrogate; die Bestimmung ist § 818 Abs. 1 BGB nachgebildet (W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 43). Dieser knüpft gerade an die Herausgabe nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, also insbesondere die – nach gesetzlicher Wertung somit keineswegs mittelbare – "dingliche" (Rück-)Übertragung bei unwirksamem schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft an. Es geht daher zu weit, wenn sich aus § 73 Abs. 2 StGB ergeben soll, vom Anwendungsbereich des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sei nur ein vertraglicher Anspruch, nicht aber das zu seiner Erfüllung Geleistete erfasst.
109
b) Die Beschwerdeführerin beanstandet weiterhin zu Recht, dass das Landgericht § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB mit der Begründung angewendet hat, dass die O. den Gewinn an die I. weiterleitete und über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, so dass eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern würde und diese – nach Einschätzung des Landgerichts – "voraussichtlich" nicht ausreichen wird, um alle Gläubiger zu befriedigen.
110
aa) Im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB ist der Abfluss des Taterlöses für sich gesehen regelmäßig unbeachtlich. Da die zur I. - Gruppe gehörenden Gesellschaften von den Angeklagten vertreten wurden und durch deren Taten erst komplexe Geldkreisläufe in diesem zusammenwirkenden Firmengeflecht in Gang gesetzt wurden (vgl. BGHSt 45, 235, 245 f.; siehe oben IV 1 a), unterliegt bei jeder dieser Gesellschaften grundsätzlich das von ihr Erlangte bzw. das an sie Weitergeleitete dem (Wertersatz-)Verfall.
111
Die Unbeachtlichkeit des Abflusses des Taterlöses ergibt sich dabei aus dem Präventionszweck des Verfalls, der auf die Verhinderung gewinnorientierter Straftaten gerichtet ist (vgl. BGHSt 51, 65, 72). Eine Auslegung der Vorschriften über den Verfall, nach der die Tatbegehung unter finanziellen Gesichtspunkten weitgehend risikolos bleibt, genügt diesem Zweck nicht (vgl. hierzu BGH aaO 67; ferner BGHSt 47, 369, 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Dass der spätere Abfluss allein den Umfang der rechtlich gebotenen Erlösabschöpfung nicht berührt, korrespondiert dabei mit dem gesetzgeberischen Anliegen , das mit der Einführung des Bruttoprinzips verbunden war (siehe oben unter a bb); dieses Anliegen darf mit Hilfe der Härteklausel des § 73c StGB nicht unterlaufen werden (vgl. BGHR StGB § 73c Härte 7).
112
In der Höhe ist der Gesamtbetrag dessen, was tatsächlich abgeschöpft werden kann, hier lediglich durch das von den Erstbegünstigten Erlangte, also dem Vermögenszufluss bei den ausländischen Gesellschaften begrenzt. Dieser Betrag entspricht dem auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumen abzüglich der Forderungsausfälle und Retouren (54.405.258,- €). Nahe liegt, dass in Fällen der Drittbegünstigung nach § 73 Abs. 3 StGB, in denen das Erlangte weitergeleitet wurde, ohne dass dadurch erneut eine Straftat begangen wurde, – anders als in Fällen einer Handelskette beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (vgl. BGHSt 51, 65, 71 f.) – von Gesamtschuldner- schaft auszugehen ist, soweit die Verfallsanordnungen in der Summe über das vom Erstbegünstigten Erlangte hinausgehen. Dies bedarf hier jedoch keiner vertieften Erörterung.
113
bb) Eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB scheidet von vornherein aus, soweit und solange der Angeklagte oder Drittbegünstigte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem "verfallbaren" Betrag zurückbleibt. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene Vermögen einen konkreten oder unmittelbaren Bezug zu der rechtswidrigen Tat hat (BGH aaO 69 m.w.N.). Weist das Vermögen einen solchen Bezug nicht auf, namentlich weil der Taterlös weitergeleitet wurde, bietet § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in besonders gelagerten Einzelfällen einen hinreichenden Schutz (BGH aaO 70). Im Rahmen des Beurteilungsspielraums, den der Tatrichter für den Rechtsbegriff der unbilligen Härte hat, kann dabei insbesondere ins Gewicht fallen, dass ein Drittbegünstigter – anders als hier die O. über die für sie verantwortlich Handelnden – gutgläubig ist (vgl. BGHSt 47, 369, 376; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215; 2007, 109, 110; vgl. auch BGH, Urt. vom 3. Juli 2003 – 1 StR 453/02 – Umdr. S. 45 f.: kein Absehen bei bewusst verfallsvereitelnder Weitergabe von Vermögenswerten).
114
cc) Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hindert die Anordnung des Verfalls grundsätzlich nicht. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage , wie ein angeordneter Wertersatzverfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. BGHSt 50, 299, 312; Hohn wistra 2006, 321). Für die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB maßgeblich ist daher nicht schon die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern erst die Feststellung , dass die Insolvenzmasse nicht zur Befriedigung vorrangiger Forderungen ausreicht, somit kein verwertbares Vermögen vorhanden ist. Eine derartige – sichere – Feststellung fehlt im angefochtenen Urteil. Inwieweit im Einzelfall auch nachrangige Forderungen, etwa nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO solche auf Rückgewähr kapitalersetzender Darlehen eines Gesellschafters, im Rahmen des Ermessens Berücksichtigung finden könnten, braucht der Senat nicht zu entscheiden.
115
Der 5. Strafsenat hat zwar die Angemessenheit des Absehens vom Verfall nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB unter anderem damit begründet, dass kein bleibender "Gewinn" erzielt wurde und sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz befand (so BGHSt 50, 299, 313). Eine Divergenz zu dieser Entscheidung im Sinne von § 132 Abs. 2 GVG besteht jedoch auch insoweit nicht, weil dort die Anwendung der Vorschrift – anders als hier – insbesondere auch auf die Feststellung im tatrichterlichen Urteil gestützt worden ist, dass sich die Verfallsbeteiligte erheblichen Regressansprüchen konkret ausgesetzt sah.
116
2. Zur Nebenbeteiligten I. :
117
Soweit gegen die I. Verfall der von Wertersatz in Höhe von 1.498.677,- € angeordnet worden ist, enthält das Urteil ebenfalls einen diese begünstigenden Rechtsfehler. Die Beschwerdeführerin beanstandet zwar zu Unrecht, dass die Wirtschaftsstrafkammer den Gewinn von 1.743.177,- €, nicht die Einnahmen von ca. 2,3 Mio. € als das Erlangte angesehen hat. Denn anders als bei der O. entspricht allein dies – wie oben unter IV 1 b bb ausgeführt – den Urteilsfeststellungen, denen zufolge die I. den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft und der O. ziehen sollte, so dass ihr lediglich der Saldo aus Einnahmen und Ausgaben zufloss. Die Kammer hat jedoch rechtsfehlerhaft den weitergeleiteten Gewinn gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt von 244.467,- € reduziert. Gemäß dem oben unter 1 b aa und bb Dargelegten ist im Hinblick auf diese Vorschrift der – teilweise – Abfluss des Taterlöses für sich gesehen regelmäßig unbeachtlich.
118
3. Zur Nebenbeteiligten 3 C V. :
119
Soweit von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. abgesehen worden ist, ist das Urteil rechtsfehlerhaft, da das Landgericht in zweifacher Hinsicht einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt hat. Auf die von der Beschwerdeführerin insoweit erhobene Aufklärungsrüge, das Landgericht habe näher bestimmten Urkundsbeweis erheben und infolgedessen ergänzende Feststellungen zu Vereinbarungen und Geldflüssen zwischen der F. und der 3 C V. treffen müssen, kommt es daher nicht an.
120
Im Urteil ist ausgeführt, dass zur Höhe der von der 3 C V. aus verfahrensgegenständlicher Werbung erlangten Vermögensvorteile keine Feststellungen hätten getroffen werden können (UA S. 138). Des Weiteren sei der "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft worden, so dass § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB anzuwenden sei; "weitere" Vermögensvorteile seien indessen nicht feststellbar (UA S. 156).
121
Im Ansatz zutreffend ist – nach dem oben unter IV 1 a Gesagten – die Annahme, zunächst hätten die ausländischen Gesellschaften, damit auch die 3 C V. als Drittbegünstigte, durch die mit den Warenkatalogen verschickten Werbesendungen etwas erlangt. Die – wenngleich knapp gehaltenen – Ausführungen zeigen jedoch zweierlei:
122
Zum einen hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, die Anordnung des Wertersatzverfalls setze voraus, dass der Nettogewinn ermittelt werde. Darauf deutet zunächst die Verwendung des Bergriffs "Vermögensvorteil" im Urteil hin, der dem Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF entsprach, bevor der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes , des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) das Bruttoprinzip ("etwas") einführte. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sich die auf die Vertragsschlüsse mit der 3 C V. entfallenden Bruttoeinnahmen – selbst unter Anwendung des § 73b StGB – nicht berechnen ließen. Das Landgericht hat neun unter der Firma 3 C V. verschickte strafbare Werbesendungen mit Aussendedatum und Auflagenstärke festgestellt (UA S. 25). Es spricht nichts dafür, dass der Umsatzerlös der 3 C V. nicht hätte – entsprechend der auch ansonsten verwendeten Berechnungsmethode (vgl. UA S. 142) – geschätzt werden können, zumal, wie sich aus der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft ergibt (S. 49 ff.), im Rahmen der Anordnung eines dinglichen Arrests gemäß § 111b Abs. 2, § 111d StPO das auf diese neun Werbesendungen entfallende Bestellvolumen (8.888.981,81 €) ermittelt worden war. Auch dass die Zahlungen der Kunden auf Konten der F. "umgeleitet" wurden, um die Einnahmen dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen (UA S. 134), bedeutet nicht ohne weiteres, dass keine Vermögensmehrung bei der 3 C V. eintrat. Vielmehr könnten dieser – was angesichts der Feststellungen nahe liegt – Zahlungsansprüche in Bezug auf die erfolgten Bestellungen zugestanden haben.
123
Zum anderen beruhen die Erwägungen wiederum auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab, was die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB anbelangt. Wie bereits oben unter 1 b aa und bb ausgeführt , steht die Weiterleitung des Gewinns an die I. der Verfallsanordnung für sich gesehen regelmäßig nicht entgegen.
124
4. Zum Angeklagten G. :
125
Die gegen den Angeklagten G. gerichtete Revision ist unbegründet. Dass die Kammer nur einen Anteil von 38% der von der I. überwiesenen 1 Mio. SFr. als Tatentgelt bewertet hat, ist sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden (hierzu oben unter III 2). Überdies ist im Urteil rechtsfehlerfrei dargelegt , dass die persönliche Vermögensbilanz dieses Angeklagten nicht bereits durch den Zufluss der 1.743.144,- € bei der I. "verbessert" wurde und er selbst hierdurch noch nichts erlangt hat (nachfolgend a); die hierauf bezogene Verfahrensrüge dringt nicht durch (nachfolgend b).
126
a) Die Verfallsanordnung setzt voraus, dass der von ihr Betroffene den Vermögenswert tatsächlich erlangt hat. Erforderlich ist insoweit die tatsächliche Verfügungsgewalt oder – bei Mittätern zumindest – wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 13 ff.). In Vertretungsfällen gemäß § 73 Abs. 3 StGB, in denen – wie hier – der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) oder als sonstiger Angehöriger einer juristischen Person für diese handelt und die Vermögensmehrung bei der juristischen Person eintritt, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der Täter (Mit-)Verfügungsgewalt an dem Erlangten hat. Regelmäßig ist vielmehr davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne weiteres durch den Täter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt , wenn dieser eine – legale – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BVerfG [Kammer] StV 2004, 409, 411; NJW 2005, 3630, 3631). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Eine solche Feststellung rechtfertigende Umstände können etwa darin liegen, dass der Täter die juristische Person nur als einen formalen Mantel seiner Tat nutzt, eine Trennung zwischen der eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft aber nicht vornimmt, oder darin, dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BVerfG [Kammer] NJW aaO).
127
Dass es sich bei dem Vermögen der Aktiengesellschaft I. und dem Privatvermögen des Angeklagten G. um in diesem Sinne nur vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelte, hat das Landgericht nicht festgestellt und dementsprechend ein Erlangen im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB beim Angeklagten G. rechtsfehlerfrei verneint (vgl. UA S. 155). Eine nur vorgegebene Vermögenstrennung liegt in Anbetracht der Urteilsfeststellungen auch nicht nahe, wie die Überweisung der 1 Mio. SFr., in denen das Entgelt für die abgeurteilten Taten enthalten war, zeigt. Ein von der Beschwerdeführerin geltend gemachter Mangel in der Sachdarstellung liegt nicht vor.
128
b) Die Verfahrensrüge, mit der die Beschwerdeführerin die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit nach § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO beanstandet, ist unbegründet. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte die Verlesung einiger Urkunden beantragt, wobei die Beweisbehauptungen darauf zielten, dass nicht der Bruder des Angeklagten G. , sondern er selbst (nahezu) alleiniger Aktionär und "Inhaber" der I. sei.
129
Aus dem Ablehnungsbeschluss geht hervor, dass die Kammer die unter Beweis gestellten Indiztatsachen aus rechtlichen Gründen für bedeutungslos gehalten hat. In dem Beschluss ist in Bezug auf den Verfall lediglich ausgeführt, dass die Gesellschaftsverhältnisse der I. für die Abschöpfung etwaiger von dieser gezogener Gewinne keine Rolle spielten, weil der Verfall gegen die I. auch angeordnet werden könne, wenn nicht der oder ein Gesellschafter , sondern ein Organ die Tathandlungen begangen habe. Zwar ist die Begründung des Ablehnungsbeschlusses insoweit unzulänglich, da die Kammer das Beweisziel im Hinblick auf die Verfallsanordnung gegen den Angeklagten G. nicht vollständig erfasst zu haben scheint. Der Senat kann jedoch das Beruhen des Urteils auf diesem Mangel ausschließen, weil insoweit die Gründe der Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Gründen klar zutage traten (vgl. Herdegen in KK-StPO 5. Aufl. § 244 Rdn. 75 m.w.N.). Auch wenn die Beweisbehauptungen erwiesen worden wären und der Angeklagte G. nahezu alleiniger Aktionär der I. bzw. in diesem Sinne deren "Inhaber" gewesen wäre, wäre nämlich der von der Beschwerdeführerin begehrte Schluss auf nur vorgeblich getrennte Vermögenssphären nicht nahe liegend. Dies hat auch die Kammer erkennbar so gesehen.
130
5. Zum Angeklagten S. :
131
Der Senat teilt die Meinung der Beschwerdeführerin nicht, der Angeklagte S. habe über das Tatentgelt von 58.700,- € hinaus als Taterlös ("aus" den Taten) weitere Beträge nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, weil sich den Feststellungen zufolge auf dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. vorübergehend insgesamt 28.484.315,86 € befanden, die von Konten der F. dorthin transferiert wurden.
132
Ein Rechtsfehler in sachlich-rechtlicher Hinsicht, auch in Form eines Erörterungsmangels , liegt nicht vor. Feststellungen, welche die Beurteilung rechtfertigen , durch den Geldzufluss auf dem Kanzleikonto habe sich die private Vermögensbilanz des Angeklagten S. geändert, hat die Kammer nicht getroffen. Dass solche Feststellungen möglich gewesen wären, liegt auch nicht nahe. Vielmehr dürfte es sich bei dem in Rede stehenden Gesamtbetrag entweder um Vermögen der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGHZ 146, 341; BGH NJW 2006, 2191) oder – was nahe liegt – um treuhänderisch gebundenes Vermögen der O. handeln , zumal davon 19.560.762,38 € an die O. weitergeleitet wurden (UA S. 143).
133
6. Zum Angeklagten D. und zur Nebenbeteiligten P. :
134
Die Nachprüfung des Urteils hat im Ausspruch über den Verfall keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten D. und der P. ergeben.

VII.

135
1. Soweit in der neuen Hauptverhandlung die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die Nebenbeteiligte 3 C V. in Betracht kommt, weist der Senat darauf hin, dass ein Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG nF die Verfallsanordnung nicht nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindern würde. Dieser Anspruch kann nur in Bezug auf die jeweiligen Vertragsverhältnisse zwischen den Kunden und den Warenlieferanten – hier der 3 C V. – geltend gemacht werden (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 10 Rdn. 11). Er ist kein dem Verletzten aus der Tat erwachsener Anspruch im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; insbesondere kommt nämlich nach § 10 UWG nF der abgeschöpfte Gewinn dem Bundeshaushalt, nicht den Geschädigten zugute. Einer analogen Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bedarf es nicht (so aber Alexander WRP 2004, 407, 419), weil der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme sowohl im Zivil- als auch im Strafverfahren – namentlich mit § 10 Abs. 2 UWG nF einerseits und § 73c Abs. 1 StGB andererseits – wirksam begegnet werden kann. Im Übrigen unterliegt der Gewinnabschöpfungsanspruch auch anderen Verjährungsregeln (vgl. § 11 UWG nF; hierzu Köhler aaO § 11 Rdn. 1.36).
136
2. Sollte der neue Tatrichter zu dem Ergebnis gelangen, dass Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. allein wegen entgegenstehender Ansprüche Dritter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausgeschlossen sind, weist der Senat darauf hin, dass die seit dem 1. Januar 2007 geltenden Absätze 2 bis 8 von § 111i StPO auf Altfälle nicht anwendbar sind (vgl. BGH NJW 2008, 1093; Beschl. vom 19. Februar 2008 – 1 StR 503/07). Nack Boetticher Hebenstreit Elf Graf

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 60/14
vom
4. Dezember 2014
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
1. Eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO setzt nicht voraus, dass eine
Beschlagnahme nach § 111c StPO vorgenommen oder ein Arrest nach § 111d
StPO (wirksam) angeordnet wurde und/oder im Zeitpunkt der Feststellung, also
des Urteils, noch besteht.
2. Der Umstand, dass über das Vermögen eines von der Feststellung nach § 111i
Abs. 2 StPO Betroffenen ein Insolvenzverfahren eröffnet ist, steht dieser Feststellung
jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Staat hierdurch (lediglich)
- aufschiebend bedingt - einen Zahlungsanspruch erwirbt.
BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 4 StR 60/14 - LG Dortmund
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
Verfahrensbeteiligte:
wegen Betruges u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. Dezember
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter der Verfahrensbeteiligten
I. GmbH - in
der Verhandlung -,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 5. März 2013 aufgehoben, soweit das Landgericht in den Fällen V.2. und V.3. der Urteilsgründe eine Entscheidung gemäß § 111i Abs. 2 StPO zum Nachteil der I. GmbH unterlassen hat.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Für die Entscheidung über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 5. März 2013, mit dem der Arrest in das Vermögen der I. GmbH aufgehoben wurde, ist nicht der Bundesgerichtshof, sondern das Oberlandesgericht Hamm zuständig. An dieses wird das Verfahren insoweit abgegeben.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Untreue unter Einbeziehung der im Strafbefehl vom 25. August 2008 wegen (Einkommens- und Umsatz-)Steuerhinterziehung verhängten sieben Einzelfreiheitsstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten sowie wegen Betru- ges in drei Fällen, wegen Untreue und wegen Urkundenfälschung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten Ho. hat es - bei Freispruch im Übrigen - wegen Urkundenfälschung und zwei Fällen der Beihilfe zur Untreue eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Dieselbe Strafe hat das Landgericht gegen den Angeklagten S. wegen Betruges in zwei Fällen und wegen Beihilfe zur Untreue verhängt.
2
Gegen das Urteil wurden zunächst von allen Angeklagten und der Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt. Die Angeklagten haben ihre Revisionen inzwischen zurückgenommen, ebenso hat die Staatsanwaltschaft ihre Revisionen hinsichtlich aller drei Angeklagten zurückgenommen. Mit ihrer - verbleibenden - Revision rügt die Staatsanwaltschaft, dass es die Strafkammer unterlassen hat, hinsichtlich der I. GmbH eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO zu treffen. Ferner hat sie Beschwerde gegen den Beschluss der Strafkammer vom 5. März 2013 eingelegt , mit dem ein angeordneter Arrest in das Vermögen der I. GmbH aufgehoben worden war. Die - verbleibende - Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg; für die Entscheidung über die von ihr eingelegte Beschwerde ist der Senat nicht zuständig.

I.


3
1. Das Landgericht hat - soweit nach den Rechtsmittelrücknahmen noch von Bedeutung - im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
4
Der Angeklagte H. beherrschte im Tatzeitraum 2007/2008 die R. Gruppe, bei deren Unternehmen damals auch die Angeklagten Ho. und S. beschäftigt waren. Die Gruppe bestand damals aus der R. GmbH (im Folgenden: R. A. ), der AR. Handelsgesellschaft mbH (im Folgenden: AR. ) und der L. GmbH & Co KG (im Folgenden: L. ). Alle diese Unternehmen befassten sich mit der Herstellung bzw. dem Vertrieb von Zubehör und Teilen für Pkws, insbesondere bzw. ausschließlich mit dem von Felgen und/oder Reifen.
5
Der Angeklagte H. war damals alleiniger Geschäftsführer und mit seiner Ehefrau Inhaber sämtlicher Gesellschaftsanteile der von ihm 1978 als Re. GmbH gegründeten, 1988 umfirmierten R. A. . Ferner führte er als Einzelkaufmann die R. R. e.K. (im Folgenden: R. R. ) und war alleiniger Geschäftsführer der R. P. , deren einzige Gesellschafterin die R. A. war. Außerhalb der R. Gruppe stand ferner die vom Angeklagten H. 2005 in der Schweiz gegründete R. S. A.G. (im Folgenden: R. S. ), deren Präsident bis zum Juli 2007 der Angeklagte H. war, der auch in der Folgezeit alle unternehmerischen Entscheidungen traf; das Aktienkapital hielt bis zum Juli 2007 die R. A. und seitdem die Ehefrau des Angeklagten H. .
6
Ab 2001 war der Angeklagte Ho. - neben seiner Tätigkeit für die R. Gruppe - zudem geschäftsführender Alleingesellschafter der vom Angeklagten H. noch unter anderem Namen gegründeten und "faktisch" stets geleiteten I. GmbH (im Folgenden: I. ).
7
Ab dem Jahreswechsel 2006/2007 begann die "Talfahrt" der bis dahin erfolgreich wirtschaftenden R. Gruppe und ab Mitte 2007 hielt der Angeklagte H. es für möglich, dass die R. Gruppe in Insolvenz gerät und entschloss sich, Vorkehrungen für diesen Fall zu treffen, um seine geschäftlichen Aktivitäten "möglichst nahtlos" mit der nicht zu der Gruppe gehörenden R. S. sowie der I. fortsetzen zu können. Mitte Oktober 2008 wurden - unteranderem vom Angeklagten H. - Anträge auf Eröffnung von Insolvenzverfahrenüber die Vermögen der R. A. , der AR. und der L. gestellt, denen das Amtsgericht am 8. Januar 2009 entsprach. Am 4. November 2008 beantragte der Angeklagte H. zudem die Einleitung eines Privatinsolvenzverfahrens über sein Vermögen, das im August 2009 eröffnet wurde. Auch hinsichtlich der Vermögen der I. , der R. P. sowie der Nachfolgegesellschaft der R. S. laufen inzwischen Insolvenzverfahren.
8
Die infolge der Rechtsmittelrücknahmen rechtskräftigen Schuldsprüche betreffen Betrugstaten zum Nachteil verschiedener Banken und eines weiteren Unternehmens in Zusammenhang mit der Gewährung von Darlehen und Kontokorrentkrediten , ferner zum Nachteil von Lieferanten von Reifen und von Aluminium -Gusslegierungen sowie eine Urkundenfälschung, die aus steuerlichen Gründen zu einer Bilanzmanipulation führen sollte. Für das - verbleibende - Rechtsmittelverfahren von Bedeutung sind insbesondere folgende Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer:
9
(1.) Im März 2008 beschlossen die Angeklagten H. und Ho. , dass die I. nicht mehr alle Reifenlieferungen der R. A. bezahlen soll. Dementsprechend fertigte der hierfür zuständige Angeklagte Ho. für die zwischen 1. April und 16. Oktober 2008 gelieferten Reifen in Umsetzung der mit dem Angeklagten H. getroffenen Absprache Rechnungen, die tatsächlich gelieferte 20.679 Reifen im Wert von 1.583.727,55 € nicht auswiesen. Dieser Betrag wurde von der I. auch nicht bezahlt.
10
Die Tat (Fall V.2. der Urteilsgründe) wurde vom Landgericht als Untreue des Angeklagten H. zum Nachteil der R. A. und beim Angeklagten Ho. als Beihilfe hierzu gewertet.
11
(2.) Im Jahr 2008 entschloss sich der Angeklagte H. , den zur Erfüllung einer Bewährungsauflage nach der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung erforderlichen Betrag von 1 Mio. € dem Vermögen der R. Gruppe zu entnehmen. Hierzu sollte die R. A. von der L. für 1 Mio. € (netto) eine Lackieranlage kaufen; diesen Betrag wollte der Angeklagte H. anschließend dem Vermögen der L. entnehmen.
12
Der in diesen Plan eingeweihte Angeklagte S. fertigte im Juni2008 eine entsprechende Rechnung und überwies am 23. Juni 2008 vom Konto der R. A. 1.190.000 € an die L. . Da der Angeklagte H. das Geld in dem Steuerstrafverfahren noch nicht benötigte, beschloss er, dieses zunächst der I. darlehensweise zu überlassen. Nach Absprache mit den Angeklagten Ho. und S. überwies daraufhin der Angeklagte S. den Betrag auf ein Konto des Angeklagten Ho. ; zudem schlossen dieser (als Geschäftsführer der I. ) und der Angeklagte H. einen entsprechenden Darlehensvertrag. Am 1. Juli 2008 ging das Geld auf dem Konto der I. ein. Später überwies der Angeklagte Ho. von einem Konto der I. insgesamt 470.000 € an den Angeklagten H. , der diesen Betrag in Zusammenhang mit seinem Steuerstrafverfahren verwendete.
13
Auch diese Tat (Fall V.3. der Urteilsgründe) wurde vom Landgericht als Untreue des Angeklagten H. zum Nachteil der R. A. und bei den Angeklagten Ho. und S. als Beihilfe hierzu gewertet.
14
2. Mit ihrer - verbleibenden - Revision rügt die Staatsanwaltschaft, dass es die Strafkammer unterlassen hat, hinsichtlich der I. eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO über 2.583.727,55 € zu treffen. Eine solche Feststellung sei geboten, weil die I. aus dem Verkauf der Lackieranlage 1 Mio. € und aus den nicht in Rechnung gestellten Reifenlieferungen 1.583.727,55 € erlangt habe. Hinsichtlich der gegen die Aufhebung des Arrestbeschlusses des Amtsgerichts Bochum vom 22. Juni 2011 von der Staatsanwaltschaft eingelegten Beschwerde sieht die Strafkammer, die der Beschwerde nicht abgeholfen hat, die Entscheidungszuständigkeit beim Senat.
15
3. Das Urteil enthält keinerlei Ausführungen zu § 111i StPO.

II.


16
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Die von ihr erhobene Rüge, mit der sie das Unterlassen einer Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO in den Fällen V.2. und V.3. der Urteilsgründe zum Nachteil der I. beanstandet , ist begründet. Auf diese Fälle ist das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft wirksam beschränkt.
17
1. Ob der Tatrichter eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO trifft, steht zwar in seinem Ermessen ("kann"; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 111i Rn. 8 mwN) und unterliegt daher nur der eingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung (BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - 5 StR 306/12, BGHSt 58, 152). Unterlässt er es aber, eine solche Entscheidung zu treffen und lässt sich dem Urteil - mangels jeglicher Ausführungen hierzu - auch nicht entnehmen, warum er von seinem Ermessen in entsprechender Weise Gebrauch gemacht hat oder aus welchen sonstigen Gründen er eine solche Entscheidung nicht getroffen hat, so liegt hierin jedenfalls dann ein Rechtsfehler im Sinn des § 337 StPO, wenn eine entsprechende Feststellung nahe liegt.
18
2. Ein solcher Rechtsfehler liegt hier vor. Denn das angefochtene Urteil enthält keine Ausführungen zu § 111i Abs. 2 StPO, obwohl nahe liegt, dass eine solche Feststellung in Betracht kam und das Landgericht davon ausging, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der I. stehe - aus Rechtsgründen - einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO entgegen. Dies trifft indes nicht zu. Auch ist aus anderen Gründen eine solche Feststellung nicht von vorneherein ausgeschlossen.
19
a) Eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO setzt insbesondere nicht voraus, dass eine Beschlagnahme nach § 111c StPO vorgenommen oder ein Arrest nach § 111d StPO (wirksam) angeordnet wurde und/oder im Zeitpunkt der Feststellung, also des Urteils, noch besteht. Es bedarf daher keiner Entscheidung darüber, ob die Strafkammer den angeordneten Arrest zu Recht aufgehoben hat.
20
aa) Zwar könnte die systematische Stellung des § 111i Abs. 2 StPO (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - 5 StR 306/12, NJW 2013, 950; Rogall in SK-StPO, 4. Aufl., Vor §§ 111b ff. Rn. 2) sowohl in der Strafprozessordnung , als auch in den §§ 111b ff. StPO sowie in § 111i StPO dafür sprechen, dass es sich bei § 111i Abs. 2 StPO nicht um eine §§ 73, 73a StGB ergänzende , zumindest auch materiell-rechtliche Regelung handelt. Auch deuten Äußerungen des Gesetzgebers in den Gesetzesmaterialien darauf hin, dass dieser davon ausging, § 111i Abs. 2 StPO käme nur dann zur Anwendung, wenn eine Beschlagnahme nach § 111c StPO vorgenommen oder ein Arrest nach § 111d StPO angeordnet wurde, da durch den Auffangrechtserwerb des Staates verhindert werden soll, dass das durch die Straftat Erlangte oder dessen Wert an den Täter zurückfällt, wenn die Opfer ihre Ansprüche nicht geltend machen und die Zwangsvollstreckung in die vorläufig sichergestellten Gegenstände und Vermögenswerte nicht betreiben (BT-Drucks. 16/700 S. 1, 8, 9 sowie insbesondere S. 14 und 16/2021 S. 1, 4; dazu auch BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07, NJW 2008, 1093). Es soll verhindert werden, dass gesicherte "Vermögenswerte wieder dem Täter zurückgegeben werden müssen" (BTDrucks. 16/700 S. 8; dazu auch Rogall in SK-StPO, aaO, § 111i Rn. 3 mwN; vgl. ferner BT-Drucks. 16/700 S. 9: "… fallen die gesicherten Werte dem Staat anheim", S. 10: "… gehen die nach § 111c StPO beschlagnahmten Gegenstände mit Ablauf der Frist auf den Staat über. Zugleich kann der Staat die auf der Grundlage des dinglichen Arrestes gesicherten Vermögensgegenstände verwerten" sowie S. 16: "Es ist nicht vorstellbar, dass ein Gericht Feststellungen nach Absatz 2 trifft, ohne die Sicherungsmaßnahmen aufrecht zu halten"; ähnlich etwa Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 111i Rn. 15: "Einen Zahlungsanspruch erwirbt der Staat, soweit Ansprüche des Verletzten im Wege des (aufrechterhaltenen ) dinglichen Arrests (§ 111d) gesichert worden sind.").
21
bb) Jedoch gebietet der Wortlaut von § 111i Abs. 2 StPO eine solche einschränkende Auslegung nicht. Vielmehr sieht § 111i Abs. 2 Satz 4 unter anderem vor, dass trotz einer bereits erfolgten "Verfügung" des Verletzten im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung (Nr. 1; dazu auch Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 111i Rn. 9b mwN) eine Feststellung nach dieser Vorschrift erfolgen kann. Hierdurch soll das Gericht den "Rahmen des möglichen späteren Auffangrechtserwerbs" vorgeben, indem es "den Umfang der insoweit erlangten Vermögenswerte unter Berücksichtigung der möglichen zwischenzeitlichen Restitution bestimmt" (BT-Drucks. 16/700 S. 15), was belegt, dass die Feststellung weiter gehen kann als eine infolge Beschlagnahme oder Arrestanordnung bereits durchgeführte "Restitution" (vgl. auch Johann in LR-StPO, 26. Aufl., § 111i Rn. 47: "Eines Vollstreckungstitels [nach § 111i Abs. 6 Satz 1 StPO] bedarf der Staat … nur in den Fällen, in denen er einen Zahlungsanspruch erhält, der sich nicht auf ein bestehendes Arrestpfandrecht bezieht.").
22
Die systematische Stellung des § 111i Abs. 2 StPO erfordert ebenfalls nicht eine Beschränkung dessen Anwendungsbereichs auf Fälle, in denen eine Beschlagnahme nach § 111c StPO vorgenommen oder ein Arrest nach § 111d StPO angeordnet wurde. Zwar hat die Vorschrift vorrangig die Sicherung und Durchsetzung der Ansprüche des Verletzten im Blick. Ferner regelt § 111i Abs. 5 Sätze 2 bis 4 StPO (zu diesen: Rogall in SK-StPO, aaO, § 111i Rn. 46) die Zwangsvollstreckung sowie die Folgen des Auffangrechtserwerbs insbesondere in den Fällen des § 73a StGB abweichend von § 459g Abs. 2 StPO und den dort in Bezug genommenen Vorschriften. Jedoch ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Recht anerkannt, dass der Auffangrechtserwerb nach § 111i Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 StPO rechtsdogmatisch eine Modifizierung der materiell-rechtlichen Regelung zum Ausschluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB darstellt und dem nicht entgegensteht, dass die Regelung in die Strafprozessordnung aufgenommen wurde (BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07, NJW 2008, 1093, 1094). Die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO bezieht sich somit nicht nur auf die Sicherung und Durchsetzung der Ansprüche der Verletzten, sondern bildet zudem die materiell-rechtliche Grundentscheidung für eine aufschiebend bedingte Verfallanordnung zu Gunsten des Staates, die dann zum Tragen kommt, wenn die vorrangigen Ansprüche der Verletzten nicht innerhalb der Frist des § 111i Abs. 3 StPO geltend gemacht werden (BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07, NJW 2008, 1093, 1094; Beschlüsse vom 19. Februar 2008 - 1 StR 596/07, wistra 2008, 221; vom 19. Februar 2008- 1 StR 503/07, StV 2008, 226; vom 23. Oktober 2008 - 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009, 56 f.; vom 17. Februar 2010 - 2 StR 524/09, BGHSt 55, 62, 64; vom 2. Juli 2009 - 3 StR 219/09). Dieses Verständnis eines - von einem angeordneten Arrest oder einer vorgenommenen Beschlagnahme unabhängigen - materiell-rechtlichen Entscheidungsgehalts der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO entspricht ersichtlich auch dem Willen des Gesetzgebers , der hinsichtlich der "sich aus § 111i Abs. 2 bis 8 StPO-E ergebenden möglichen Belastungen für den Verurteilten" (ausdrücklich) die für materiellrechtliche Vorschriften geltende Regelung des § 2 StGB für anwendbar erachtet und dargelegt hat, dass es sich (nur) "ansonsten um Änderungen des Verfahrensrechts" handelt (BT-Drucks. 16/700 S. 20; dazu auch BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009, 56, 57).
23
Vor allem aber spricht der mit den Ergänzungen der §§ 111b ff. StPO - auch der Einfügung von § 111i StPO - verfolgte Gesetzeszweck gegen eine Beschränkung des Auffangrechtserwerbs des Staates auf Fälle, in denen eine Beschlagnahme nach § 111c StPO vorgenommen oder ein Arrest nach § 111d StPO angeordnet wurde. Denn mit diesen Regelungen sollte neben dem Opferschutz die strafrechtliche "Vermögensabschöpfung … im Interesse … einer effektiven Strafrechtspflege" verbessert und verhindert werden, "dass Verbrechen sich lohnt" (BT-Drucks. 16/700 S. 8; zur Gesetzesgeschichte auch Rogall in SK-StPO, aaO, Vor §§ 111b ff. Rn. 7 ff., § 111i Rn. 4). Dementsprechend soll mit dem Auffangrechtserwerb des Staates auch verhindert werden, dass das aus der Straftat Erlangte dem Täter belassen werden muss (ebenso Rogall in SK-StPO, aaO, Vor §§ 111b ff. Rn. 3). Dieser Zweck kann indes nur erreicht werden, wenn die Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO ohne oder über angeordnete Beschlagnahmen oder Arreste hinaus getroffen werden kann.
24
b) Auch der Umstand, dass über das Vermögen eines von der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO Betroffenen ein Insolvenzverfahren eröffnet ist, steht dieser Feststellung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Staat hierdurch (lediglich) - aufschiebend bedingt - einen Zahlungsanspruch erwirbt.
25
Dabei bedarf keiner Entscheidung, welche Auswirkungen und Folgen die Beantragung oder Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf einen - wie hier - bereits angeordneten Arrest hat (vgl. dazu - aus neuerer Zeit - einerseits OLG Nürnberg, Beschlüsse vom 15. März 2013 - 2 Ws 561/12 u.a., ZWH 2013, 225 m. Anm. Mahler/Tekin; vom 8. November 2013 - 2 Ws 508/13, Anm. Neußner, EWiR 2014, 199; andererseits KG, Beschluss vom 10. Juni 2013 - 2 Ws 190/13 u.a., wistra 2013, 445, Anm. Hansen, EWiR 2014, 99; OLG Hamm, NStZ 2014, 344; ferner OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27. November 2013 - 3 Ws 327/13, ZWH 2014, 236 m. Anm. Bittmann = ZInsO 2014, 608 m. Anm. Weyand; sowie Markgraf, NZG 2013, 1014; Bittmann, ZWH 2014, 135). Auch muss der Senat nicht abschließend klären, ob es sich bei einem auf einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO beruhenden Zahlungsanspruch um eine Insolvenzforderung handelt oder ob der Staat in einem solchen Fall als anderer Gläubiger, etwa als Neugläubiger, zu behandeln ist, der während des Insolvenzverfahrens beispielsweise in den nach § 850f ZPO erweitert pfändbaren Teil von Bezügen des Schuldners vollstrecken kann (§ 89 Abs. 2 Satz 2 InsO; vgl. zur entsprechenden Rechtsprechung beim prozessualen Kostenerstattungsanspruch in Zusammenhang mit Ansprüchen auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung: BGH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - IX ZB 57/12, NZI 2014, 310 mwN).
26
Wäre der Staat als Gläubiger eines auf einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO beruhenden Zahlungsanspruchs ein anderer Gläubiger als der einer Insolvenzforderung, stünde ein bereits eingeleitetes Insolvenzverfahren weder dieser Feststellung noch deren Durchsetzung von vorneherein entgegen (vgl. § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO sowie Kroth in Braun, InsO, 6. Aufl., § 89 Rn. 7 ff. und - beispielhaft - § 53 Rn. 8; ferner Rogall in SK-StPO, aaO, Vor §§ 111b ff. Rn. 46 f.).
27
Aber auch eine Stellung als Insolvenzgläubiger stünde der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO nicht entgegen. Dann würde zwar gemäß § 88 InsO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Sicherheit unwirksam, welche der Insolvenzgläubiger nach dem Antrag auf Insolvenzeröffnung durch Zwangsvollstreckung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen erlangt hat (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 41/05, NJW 2007, 3350 mwN). Zudem untersagt § 89 Abs. 1 InsO während der Dauer des Insolvenzverfahrens die Zwangsvollstreckung einzelner Insolvenzgläubiger - auch von Deliktsgläubigern - in die Insolvenzmasse und in das sonstige Vermögen des Schuldners (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - IX ZB 57/12, NZI 2014, 310, 311). Dieses Verbot gilt jedoch nicht für bloße Vorbereitungsmaßnahmen der Zwangsvollstreckung (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - IX ZB 57/12, NZI 2014, 310, 311), wozu die Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO allenfalls zählt. Auch steht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein laufendes Insolvenzverfahren einer Verfallanordnung nach §§ 73, 73a StGB nicht entgegen (vgl. BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 253; vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 312; ferner Rogall in SK-StPO, aaO, Vor §§ 111b ff. Rn. 46); ein durch diese begründeter Zahlungsanspruch erhält - anders als der gemäß § 38 InsO zu behandelnde Anspruch des Verletzten - den Rang einer "Nebenfolge einer Straftat" gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO (BGH, Urteil vom 11. Mai 2010 - IX ZR 138/09, NZI 2010, 607). Steht mithin ein laufendes Insolvenzverfahren einer Verfallanordnung nach §§ 73, 73a StGB nicht entgegen, so kann während eines Insolvenzverfahrens erst Recht jedenfalls dann eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden, wenn diese lediglich einen Zahlungsanspruch des Staates aufschiebend bedingt begründet (vgl. zu letzterem BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07, NJW 2008, 1093, 1094; Beschlüsse vom 19. Februar 2008 - 1 StR 596/07, wistra 2008, 221; vom 19. Februar 2008 - 1 StR 503/07, StV 2008, 226; vom 23. Oktober 2008 - 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009, 56 f.; vom 17. Februar 2010 - 2 StR 524/09, BGHSt 55, 62, 64; vom 2. Juli 2009 - 3 StR 219/09; vgl. auch Rogall in SK-StPO, aaO, § 111i Rn. 41 f.; anders ders. in Rn. 40 für den hier nicht zu entscheidenden Fall des Eigentumserwerbs; zur Beschlagnahme auch OLG Nürnberg, Beschluss vom 15. März 2013 - 2 Ws 561/12 u.a., NZI 2013, 552, 557). Hierfür spricht auch, dass eine solche Feststellung weder einen etwaigen "Vorrang" der insolvenzrechtlichen Vorschriften in Frage stellt, noch zu unangemessenen Folgen oder unlösbaren Konflikten mit diesen Vorschriften führt, sondern sogar anerkannt ist, dass ein solcher Anspruch wieder geltend gemacht werden kann, wenn das Insolvenzverfahren beendet ist (§ 201 Abs. 1 InsO), und ein Anspruch aus unerlaubter Handlung auch von einer erteilten Restschuldbefreiung nicht erfasst wird (§ 302 Nr. 1 InsO; BGH, Urteil vom 11. Mai 2010 - IX ZR 138/09, NZI 2010, 607, 609; vgl. auch Bittmann, ZWH 2014, 135, 136 bis 138).
28
c) Sonstige Gründe, die eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO von vorneherein ausschließen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO gegen einen Dritten getroffen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2014 - 5 StR 467/12, wistra 2014, 192 f.).
29
d) Gegen den Schuldspruch und die in den Fällen V.2. und V.3. der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen wurden auch keine Einwendungen erhoben.
30
3. Ein Fall, in dem die nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffende Ermessensentscheidung ausnahmsweise vom Senat nachgeholt werden kann, liegt nicht vor. Die Sache bedarf daher insofern neuer tatrichterlicher Verhandlung und Entscheidung. Hierfür weist der Senat, soweit die Staatsanwaltschaft eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO auch hinsichtlich des letztlich der I. zugeflossenen Kaufpreises der Lackieranlage begehrt, insbesondere auf Folgendes hin:
31
Nach § 73 Abs. 3 StGB kann der Verfall oder der Verfall von Wertersatz gemäß § 73a StGB zwar auch gegen einen Dritten angeordnet werden, wenn der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt hat und dieser dadurch etwas erlangt hat. Dabei verlangt Handeln für einen anderen zwar keinen echten oder gar offenen, nach außen erkennbaren Vertretungsfall, aber der Handelnde muss bei oder jedenfalls im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Tat auch, und sei es nur faktisch, im Interesse des Dritten gehandelt haben. In Fällen , in denen der erlangte Gegenstand nicht im Rahmen der Tat selbst, sondern erst durch vermittelnde Rechtsgeschäfte zu dem Dritten gelangt ist, bedarf es für die Zurechnung aber jedenfalls eines Bereicherungszusammenhangs zwischen der Tat und dem Eintritt des Vorteils bei dem Dritten (dazu im Einzelnen: BGH, Urteil vom 3. Dezember 2013 - 1 StR 53/13, wistra 2014, 219, 222).

III.


32
Zur Entscheidung über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss der Strafkammer vom 5. März 2013, mit dem diese am Tag der Urteilsverkündung einen die Fälle V.2. und V.3. der Urteilsgründe betreffenden Arrest in das Vermögen der I. aufgehoben hat, ist nicht der Bundesgerichts- hof, sondern das Oberlandesgericht Hamm berufen. Dorthin ist das Verfahren insofern abzugeben.
33
1. Der Beschwerde liegt im Wesentlichen folgendes Geschehen zu Grunde:
34
Das Amtsgericht Bochum ordnete mit Beschluss vom 22. Juni 2011 den dinglichen Arrest in Höhe von 2.364.400 € in das Vermögen der I. an. In der Folge wurden Pfändungen und Beschlagnahmen bei der I. vorgenommen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der I. , das nach wie vor anhängig ist, hob die Kammer mit einem am Tag des Urteils verkündeten Beschluss unter anderem den oben bezeichneten Arrestbeschluss des AG Bochum vom 22. Juni 2011 auf. Hiergegen hat die Staatsanwaltschaft am 6. März 2013 Beschwerde eingelegt, soweit "der dingliche Arrest in das Vermögen der Verfallsbeteiligten I. " betroffen ist. Der Beschwerde hat die Strafkammer nicht abgeholfen; sie vertritt die Ansicht, dass zur Entscheidung über die Beschwerde der Bundesgerichtshof entsprechend § 305a StPO zuständig ist und hat diesem die Sache auch insofern vorgelegt.
35
2. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Beschwerde wurde vom Gesetzgeber nicht besonders geregelt. Insbesondere fehlt es an einer § 305a Abs. 2, § 464 Abs. 3 Satz 3 StPO, § 8 Abs. 3 Satz 2 StrEG i.V.m. § 464 Abs. 3 Satz 3 StPO entsprechenden Regelung, die dem mit der Revision befassten Rechtsmittelgericht auch die Entscheidung über eine zugleich eingelegte Beschwerde überträgt. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz, dass zur Entscheidung über (sofortige) Beschwerden gegen Entscheidungen der Strafkammern nicht der Bundesgerichtshof (§ 135 Abs. 2 GVG), sondern die Oberlandesgerichte berufen sind (§ 121 Abs. 1 Nr. 2 GVG). Hiervon abzuweichen recht- fertigen weder die oben bezeichneten Ausnahmeregelungen, die schon mangels einer Gesetzeslücke einer analogen Anwendung nicht zugänglich sind, noch können das Anliegen, divergierende Entscheidungen zu vermeiden, oder verfahrensökonomische Gründe die Rechtsprechung dazu ermächtigen, den gesetzlichen Richter abweichend vom Gesetz zu bestimmen (zum Ganzen: BGH, Beschluss vom 24. Juni 2009 - 4 StR 188/09, NStZ 2010, 50, 51 mwN).
36
3. Der Senat gibt daher das Beschwerdeverfahren entsprechend § 348 StPO an das hierfür zuständige Oberlandesgericht Hamm ab (zur entsprechenden Anwendung von § 348 StPO im Beschwerdeverfahren: BGH,Beschlüsse vom 29. Oktober 2008 - 2 ARs 467/08 u.a.; vom 24. Juni 2009 - 4 StR 188/09, NStZ 2010, 50, 51 mwN).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 3 2 2 / 1 4
vom
12. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. März 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 10. April 2014 im Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 185 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es festgestellt, dass "der Verfall eines bestimmten Gegenstandes aufgrund der Beschaffenheit des durch die Taten Erlangten nicht möglich ist und dass der Wert des durch die Taten Erlangten einem Geldbetrag von 190.187,63 € entspricht"; des Weiteren hat es festgestellt, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz zu erkennen ist, "weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen".
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision; das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte seit 1974 im Justizdienst des Landes N. tätig und zuletzt als Justizamtsinspektor bei dem Amtsgericht B. mit der Funktion eines Zahlstellenverwalters betraut. Um sich eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen, bewirkte der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindliche Angeklagte im Zeitraum von September 2010 bis Oktober 2012 zu seinen Gunsten Überweisungen aus der Landeskasse in Höhe von 190.187,63 €. Die Gelder verbrauchte er in der Folgezeit. Am 10. Januar 2013 hat der Angeklagte ein notarielles Schuldanerkenntnis nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung wegen zum Nachteil des Landes N. begangener unerlaubter Handlungen abgegeben. Mit Beschluss vom 18. Februar 2014 hat das Amtsgericht K. das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Angeklagten eröffnet.

II.

4
1. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dagegen hält die von dem Landgericht getroffene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
5
a) Das Landgericht ist im Ausgangspunkt zutreffend von der Anwendbarkeit des § 111i Abs. 2 StPO ausgegangen, weil der Angeklagte einen Geldbetrag in Höhe von 190.187,63 € aus den Taten erlangt hat und der Anordnung des Verfalls von Wertersatz (§ 73a StGB) Schadensersatzansprüche des Landes N. gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB in einer dem Wert des Erlangten entsprechenden Höhe entgegenstehen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB). Auch der Fiskus kann Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB sein (BGH, Beschluss vom 28. November 2000 - 5 StR 371/00, NStZ 2001, 155, 156). Die Anwendung der Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass hier das geschädigte Land zugleich Gläubiger des aufgrund einer Anordnung nach § 73a StGB entstehenden staatlichen Zahlungsanspruchs (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 73a Rn. 8) gegen den Angeklagten wäre. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB verfolgt den Zweck, den Angeklagten vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schützen und ihm die Mittel zu belassen, die er zur Erfüllung der Ansprüche des Verletzten benötigt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 4 StR 443/09, NStZ 2010, 693 f.). Die zumindest abstrakte Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme besteht auch dann, wenn der Täter etwas aufgrund einer Tat zum Nachteil des Landes erlangt und diesem infolgedessen ein Anspruch gegen den Täter auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des dem Erlangten entsprechenden Geldwerts zusteht. Denn eine im Urteil getroffene Anordnung von Wertersatzverfall ließe zunächst die Möglichkeit des Verletzten unberührt, seine aus der Tat erwachsenen Ansprüche außerhalb des Strafverfahrens - hier zum Beispiel durch Vollstreckung des notariellen Schuldanerkenntnisses - durchzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - 3 StR 41/06, NStZ 2006, 621, 622). Daran ändert auch nichts, dass sich der Täter gegen eine doppelte Inanspruchnahme durch das Land erfolgreich zur Wehr setzen könnte.
6
b) Das Landgericht hat indes nicht geprüft, ob die Vorschrift des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO entgegensteht, obwohl für eine solche Prüfung bei dem vermögenslosen Angeklagten Anlass bestand (zur Prüfungsreihenfolge im Rahmen des § 73c StGB vgl. BGH, Be- schluss vom 13. Februar 2014 - 1 StR 336/13). Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs nach § 111i Abs. 2 StPO.
7
2. Sollte das neue Tatgericht abermals eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO treffen (zur Fassung des Urteilstenors vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 51 f.; BGH, Beschluss vom 5. September 2013 - 1 StR 162/13, NStZ 2014, 149, 154), wird es gegebenenfalls die Vorschrift des § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO zu beachten haben. Danach soll das Gericht den Rahmen des späteren Auffangrechtserwerbs vorgeben, indem es den Umfang der erlangten Vermögenswerte unter Berücksichtigung einer zwischenzeitlich durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingetretenen Restitution bestimmt (BT-Drucks. 16/700, S. 15). Der Umstand, dass über das Vermögen des Angeklagten das Insolvenzverfahren eröffnet ist, steht einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO nicht entgegen (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 4 StR 60/14, NJW 2015, 713, 715). Fischer Appl Krehl Eschelbach Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 57/12
vom
6. Februar 2014
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Gläubiger ist mit seinem gerichtlich festgesetzten prozessualen Anspruch auf
Erstattung der Kosten eines gegen den Schuldner geführten Rechtsstreits, der nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen begonnen wurde, kein
Insolvenz-, sondern Neugläubiger. Dies gilt unabhängig davon, ob der Schuldner zusätzlich
aus einem vor Insolvenzeröffnung verwirklichten Schuldgrund materiellrechtlich
zur Kostenerstattung verpflichtet ist.
BGH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - IX ZB 57/12 - LG Verden
AG Syke
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die
Richterin Möhring
am 6. Februar 2014

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der weiteren Beteiligten zu 1 werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 7. Mai 2012 teilweise aufgehoben und der Beschluss des Amtsgerichts Syke vom 9. Februar 2012 teilweise abgeändert.
Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, den Auftrag der weiteren Beteiligten zu 1 zur Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Stolzenau vom 14. Oktober 2011 nicht wegen des über das Vermögen der Schuldnerin eröffneten Insolvenzverfahrens abzulehnen.
Im Übrigen werden die Rechtsmittel zurückgewiesen.
Von den Kosten der Rechtsmittel trägt die Gläubigerin 26 v.H., die Schuldnerin 74 v.H.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 151,75 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 11. Februar 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im August 2011 erhob die weitere Beteiligte zu 1 wegen einer Kaufpreisforderung über 176,06 € aus einer im Jahr 2009 erfolgten Warenlieferung Klage gegen die Schuldnerin. Mit Versäumnisurteil vom 15. September 2011 wurde die Schuldnerin zur Zahlung der Hauptforderung nebst Zinsen sowie zur Erstattung von 20 € Mahnkosten, 12 € Schadensfeststellungskosten und 39 € außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen verurteilt. Außerdem wurde festgestellt, dass die Beklagte die Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß § 263 StGB schuldet. Mit Beschluss vom 14. Oktober 2011 wurden die von der Schuldnerin der weiteren Beteiligten zu 1 aufgrund des Rechtsstreits zu erstattenden Kosten auf 112,75 € nebst Zinsen festgesetzt.
2
Anschließend beauftragte die weitere Beteiligte zu 1 den Gerichtsvollzieher mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil und aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss. Der Gerichtsvollzieher lehnte die beantragte Bestimmung eines Termins zur Abnahme der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung ab mit der Begründung, wegen der bereits erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin seien Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung nach § 89 InsO unzulässig.
3
Gegen die Weigerung des Gerichtsvollziehers hat die weitere Beteiligte zu 1 Erinnerung erhoben und ausgeführt, jedenfalls wegen der Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 39 € und wegen der im Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kosten von 112,75 € sei eine Vollstreckung zulässig, weil diese Forderungen erst nach der Insolvenzeröffnung entstanden seien, die weitere Beteiligte zu 1 mithin insoweit nicht Insolvenzgläubigerin, sondern Neugläubigerin sei. Das Insolvenzgericht hat die Erinnerung zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die weitere Beteiligte zu 1 ihr Begehren bezüglich der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung und der festgesetzten Kosten des Rechtsstreits weiter.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht im vollstreckungsrechtlichen Rechtszug nach § 567 Abs. 1, § 793 ZPO die Rechtsbeschwerde zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie teilweise Erfolg.
5
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die Einzelzwangsvollstreckung sei nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch bezüglich der noch im Streit stehenden außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten und gerichtlich festgesetzten Kosten des Rechtsstreits nach § 89 InsO unzulässig. Auch insoweit sei die weitere Beteiligte zu 1 wegen des engen und unmittelbaren Zusammenhangs mit der Hauptforderung Insolvenzgläubigerin, auch wenn die in Rede stehenden Kosten erst nach Insolvenzeröffnung entstanden seien.
6
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nur bezüglich der Forderung auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 39 € im Ergebnis stand. Die Vollstreckung der Forderung aus dem gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluss ist dagegen nicht nach § 89 Abs. 1 InsO unzulässig.
7
a) § 89 Abs. 1 InsO untersagt während der Dauer des Insolvenzverfahrens Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in die Insolvenzmasse und in das sonstige Vermögen des Schuldners. Das Verbot gilt zwar nicht für bloße Vorbereitungsmaßnahmen der Zwangsvollstreckung. Um eine solche handelt es sich bei der beantragten Abnahme der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung nach §§ 807, 899 ff ZPO aber nicht (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012 - IX ZB 275/10, WM 2012, 1307 Rn. 10 ff; vom 17. April 2013 - IX ZB 300/11, WM 2013, 939 Rn. 7).
8
b) Der Anwendung des § 89 Abs. 1 InsO steht auch nicht entgegen, dass nach der Feststellung im Versäumnisurteil vom 15. September 2011 die dort titulierten Forderungen der weiteren Beteiligten zu 1 auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung der Schuldnerin beruhen. Neugläubiger solcher Forderungen (einschließlich entstandener Prozesskosten, vgl. BGH, Beschluss vom 10. März 2011 - VII ZB 70/08, WM 2011, 944 Rn. 14) können während des Insolvenzverfahrens zwar in den nach § 850f ZPO erweitert pfändbaren Teil der Bezüge des Schuldners vollstrecken (§ 89 Abs. 2 Satz 2 InsO). Diese Privilegierung gilt als Ausnahme von der Regelung in § 89 Abs. 2 Satz 1 InsO jedoch nicht für Insolvenzgläubiger. Für Deliktsgläubiger, die zu den Insolvenzgläubigern zählen, bleibt es beim allgemeinen Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO (BGH, Beschluss vom 27. September 2007 - IX ZB 16/06, WM 2007, 2300 Rn. 10).
9
c) Entscheidend kommt es deshalb darauf an, ob die weitere Beteiligte zu 1 mit den Forderungen, deren zwangsweise Vollstreckung sie begehrt, Insolvenzgläubigerin ist.
10
aa) Insolvenzgläubiger sind die persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 InsO). Eine Insolvenzforderung in diesem Sinne liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn der anspruchsbegründende Tatbestand schon vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen ist, mag sich eine Forderung des Gläubigers daraus auch erst nach Beginn des Insolvenzverfahrens ergeben. Nur die schuldrechtliche Grundlage des Anspruchs muss schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sein. Unerheblich ist, ob die Forderung selbst schon entstanden oder fällig ist (BGH, Beschluss vom 22. September 2011 - IX ZB 121/11, NZI 2011, 953 Rn. 3 mwN).
11
bb) Nach diesem Maßstab handelt es sich nicht nur bei der Hauptforderung , deren entsprechende Einordnung die weitere Beteiligte zu 1 hingenommen hat, um eine Insolvenzforderung, sondern auch bei der Forderung auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.
12
Rechtsgrundlage des im Versäumnisurteil titulierten Anspruchs auf Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung ist § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB. Daneben ergibt sich der Anspruch aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§§ 286, 280 Abs. 1 und 2 BGB). Der danach geschuldete Schadensersatz umfasst die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung (BGH, Urteil vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05, NJW 2006, 1065 mwN; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 249 Rn. 56 f). Die schuldrechtliche Grund- lage des Anspruchs ist vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Februar 2011 entstanden, gleichviel ob man auf den im Jahr 2009 begangenen Betrug oder auf den spätestens im Januar 2010 eingetretenen Verzug abstellt. Forderungen auf Ausgleich aller auf dieser Grundlage ersatzfähiger Schäden sind Insolvenzforderungen, auch wenn der konkrete Schaden erst nach Insolvenzeröffnung eingetreten ist, denn sie sind Bestandteil des einheitlichen, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklichten Schuldverhältnisses (RGZ 87, 82, 84 f; MünchKomm-InsO/Ehricke, 3. Aufl., § 38 Rn. 26, 28; Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 86, 169).
13
cc) Anderes gilt jedoch für den Anspruch der weiteren Beteiligten zu 1 auf Erstattung der Prozesskosten. Dieser Anspruch war zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht begründet. Er ist deshalb keine dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO unterfallende Insolvenzforderung.
14
(1) Zwar handelt es sich auch bei den Prozesskosten um einen Schaden, auf den sich die vor Insolvenzeröffnung begründete materiell-rechtliche Schadensersatzpflicht der Schuldnerin wegen unerlaubter Handlung und wegen Verzugs erstreckt. Die weitere Beteiligte zu 1 begehrt aber die Zwangsvollstreckung des im Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten Anspruchs, mithin des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs. Dieser besteht rechtlich selbständig neben dem materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch (etwa BGH, Urteil vom 24. April 1990 - VI ZR 110/89, BGHZ 111, 168, 170 f; st. Rspr.; MünchKommZPO /Schulz, 4. Aufl., vor §§ 91 ff Rn. 19). Während jener auf dem die Schadensersatzpflicht begründenden Lebenssachverhalt beruht und regelmäßig ein Verschulden voraussetzt, wurzelt der prozessuale Kostenerstattungsanspruch im Prozessrechtsverhältnis und knüpft verschuldensunabhängig an die Veranlassung der Kosten an (Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., vor § 91 Rn. 10 f; Hk- ZPO/Gierl, 5. Aufl., vor §§ 91-107 Rn. 12, 14; Schneider, MDR 1981, 353, 354). Er entsteht aufschiebend bedingt erst mit Prozessbeginn (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - IX ZR 115/01, WM 2006, 148, 150 mwN; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., vor § 91 Rn. 15) und ist deshalb nur dann eine Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO, wenn der Prozess vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begonnen hat (MünchKomm-InsO/Ehricke, 3. Aufl., § 38 Rn. 107; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 13. Aufl., § 38 Rn. 49; BK-InsO/Breutigam, § 38 Rn. 22). Dies war hier nicht der Fall. In entsprechender Wertung hat der Senat entschieden, dass die Einordnung eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs als Alt- oder Neumasseverbindlichkeit im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO davon abhängt, ob der Erstattungsanspruch durch Klageerhebung vor oder nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet wurde (BGH, Beschluss vom 17. März 2005 - IX ZB 247/03, ZIP 2005, 817, 818; vom 9. Oktober 2008 - IX ZB 129/07, ZIP 2008, 2284 Rn. 6).
15
(2) Der Zusammenhang zwischen dem Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten und der Hauptforderung, die Gegenstand des Prozesses war, rechtfertigt es nicht, über die rechtliche Selbständigkeit des prozessualen Erstattungsanspruchs hinwegzugehen und anzunehmen, dieser sei schon zusammen mit der Hauptforderung begründet. Dies gilt selbst dann, wenn die Hauptforderung - wie hier - auf einem Vorsatzdelikt beruht. Soweit in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmte Rechtsfolgen von Ansprüchen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen auch auf Verzugszinsen und Prozesskosten erstreckt werden (für das Aufrechnungsverbot nach § 393 BGB und die Ausnahme von der Restschuldbefreiung nach § 302 Nr. 1 InsO: BGH, Urteil vom 18. November 2010 - IX ZR 67/10, WM 2011, 131 Rn. 14 ff; vom 2. Dezember 2010 - IX ZR 247/09, WM 2011, 88 Rn. 24, insoweit in BGHZ 187, 337 nicht abgedruckt; für die erweiterte Pfändungsmöglichkeit nach § 850f Abs. 2 ZPO: BGH, Beschluss vom 10. März 2011 - VII ZB 70/08, WM 2011, 944 Rn. 14), beruht dies auf der Zielrichtung der entsprechenden Vorschriften, dem durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung geschädigten Gläubiger einen wirkungsvollen und vollständigen Schutz zu gewähren. Darum geht es bei der Beurteilung, ob ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde und deshalb als Insolvenzforderung im Insolvenzverfahren verfolgt werden muss, oder ob er als nach Verfahrenseröffnung begründeter Anspruch außerhalb des Insolvenzverfahrens vollstreckt werden kann, nicht. Je nach Sachlage kann die eine oder die andere Einordnung für den Gläubiger vorteilhafter sein.
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
AG Syke, Entscheidung vom 09.02.2012 - 15 IK 38/11 -
LG Verden, Entscheidung vom 07.05.2012 - 3 T 16/12 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 57/12
vom
6. Februar 2014
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Gläubiger ist mit seinem gerichtlich festgesetzten prozessualen Anspruch auf
Erstattung der Kosten eines gegen den Schuldner geführten Rechtsstreits, der nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen begonnen wurde, kein
Insolvenz-, sondern Neugläubiger. Dies gilt unabhängig davon, ob der Schuldner zusätzlich
aus einem vor Insolvenzeröffnung verwirklichten Schuldgrund materiellrechtlich
zur Kostenerstattung verpflichtet ist.
BGH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - IX ZB 57/12 - LG Verden
AG Syke
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die
Richterin Möhring
am 6. Februar 2014

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der weiteren Beteiligten zu 1 werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 7. Mai 2012 teilweise aufgehoben und der Beschluss des Amtsgerichts Syke vom 9. Februar 2012 teilweise abgeändert.
Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, den Auftrag der weiteren Beteiligten zu 1 zur Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Stolzenau vom 14. Oktober 2011 nicht wegen des über das Vermögen der Schuldnerin eröffneten Insolvenzverfahrens abzulehnen.
Im Übrigen werden die Rechtsmittel zurückgewiesen.
Von den Kosten der Rechtsmittel trägt die Gläubigerin 26 v.H., die Schuldnerin 74 v.H.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 151,75 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 11. Februar 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im August 2011 erhob die weitere Beteiligte zu 1 wegen einer Kaufpreisforderung über 176,06 € aus einer im Jahr 2009 erfolgten Warenlieferung Klage gegen die Schuldnerin. Mit Versäumnisurteil vom 15. September 2011 wurde die Schuldnerin zur Zahlung der Hauptforderung nebst Zinsen sowie zur Erstattung von 20 € Mahnkosten, 12 € Schadensfeststellungskosten und 39 € außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen verurteilt. Außerdem wurde festgestellt, dass die Beklagte die Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß § 263 StGB schuldet. Mit Beschluss vom 14. Oktober 2011 wurden die von der Schuldnerin der weiteren Beteiligten zu 1 aufgrund des Rechtsstreits zu erstattenden Kosten auf 112,75 € nebst Zinsen festgesetzt.
2
Anschließend beauftragte die weitere Beteiligte zu 1 den Gerichtsvollzieher mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil und aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss. Der Gerichtsvollzieher lehnte die beantragte Bestimmung eines Termins zur Abnahme der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung ab mit der Begründung, wegen der bereits erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin seien Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung nach § 89 InsO unzulässig.
3
Gegen die Weigerung des Gerichtsvollziehers hat die weitere Beteiligte zu 1 Erinnerung erhoben und ausgeführt, jedenfalls wegen der Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 39 € und wegen der im Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kosten von 112,75 € sei eine Vollstreckung zulässig, weil diese Forderungen erst nach der Insolvenzeröffnung entstanden seien, die weitere Beteiligte zu 1 mithin insoweit nicht Insolvenzgläubigerin, sondern Neugläubigerin sei. Das Insolvenzgericht hat die Erinnerung zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die weitere Beteiligte zu 1 ihr Begehren bezüglich der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung und der festgesetzten Kosten des Rechtsstreits weiter.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht im vollstreckungsrechtlichen Rechtszug nach § 567 Abs. 1, § 793 ZPO die Rechtsbeschwerde zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie teilweise Erfolg.
5
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die Einzelzwangsvollstreckung sei nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch bezüglich der noch im Streit stehenden außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten und gerichtlich festgesetzten Kosten des Rechtsstreits nach § 89 InsO unzulässig. Auch insoweit sei die weitere Beteiligte zu 1 wegen des engen und unmittelbaren Zusammenhangs mit der Hauptforderung Insolvenzgläubigerin, auch wenn die in Rede stehenden Kosten erst nach Insolvenzeröffnung entstanden seien.
6
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nur bezüglich der Forderung auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 39 € im Ergebnis stand. Die Vollstreckung der Forderung aus dem gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluss ist dagegen nicht nach § 89 Abs. 1 InsO unzulässig.
7
a) § 89 Abs. 1 InsO untersagt während der Dauer des Insolvenzverfahrens Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in die Insolvenzmasse und in das sonstige Vermögen des Schuldners. Das Verbot gilt zwar nicht für bloße Vorbereitungsmaßnahmen der Zwangsvollstreckung. Um eine solche handelt es sich bei der beantragten Abnahme der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung nach §§ 807, 899 ff ZPO aber nicht (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012 - IX ZB 275/10, WM 2012, 1307 Rn. 10 ff; vom 17. April 2013 - IX ZB 300/11, WM 2013, 939 Rn. 7).
8
b) Der Anwendung des § 89 Abs. 1 InsO steht auch nicht entgegen, dass nach der Feststellung im Versäumnisurteil vom 15. September 2011 die dort titulierten Forderungen der weiteren Beteiligten zu 1 auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung der Schuldnerin beruhen. Neugläubiger solcher Forderungen (einschließlich entstandener Prozesskosten, vgl. BGH, Beschluss vom 10. März 2011 - VII ZB 70/08, WM 2011, 944 Rn. 14) können während des Insolvenzverfahrens zwar in den nach § 850f ZPO erweitert pfändbaren Teil der Bezüge des Schuldners vollstrecken (§ 89 Abs. 2 Satz 2 InsO). Diese Privilegierung gilt als Ausnahme von der Regelung in § 89 Abs. 2 Satz 1 InsO jedoch nicht für Insolvenzgläubiger. Für Deliktsgläubiger, die zu den Insolvenzgläubigern zählen, bleibt es beim allgemeinen Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO (BGH, Beschluss vom 27. September 2007 - IX ZB 16/06, WM 2007, 2300 Rn. 10).
9
c) Entscheidend kommt es deshalb darauf an, ob die weitere Beteiligte zu 1 mit den Forderungen, deren zwangsweise Vollstreckung sie begehrt, Insolvenzgläubigerin ist.
10
aa) Insolvenzgläubiger sind die persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 InsO). Eine Insolvenzforderung in diesem Sinne liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn der anspruchsbegründende Tatbestand schon vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen ist, mag sich eine Forderung des Gläubigers daraus auch erst nach Beginn des Insolvenzverfahrens ergeben. Nur die schuldrechtliche Grundlage des Anspruchs muss schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sein. Unerheblich ist, ob die Forderung selbst schon entstanden oder fällig ist (BGH, Beschluss vom 22. September 2011 - IX ZB 121/11, NZI 2011, 953 Rn. 3 mwN).
11
bb) Nach diesem Maßstab handelt es sich nicht nur bei der Hauptforderung , deren entsprechende Einordnung die weitere Beteiligte zu 1 hingenommen hat, um eine Insolvenzforderung, sondern auch bei der Forderung auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.
12
Rechtsgrundlage des im Versäumnisurteil titulierten Anspruchs auf Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung ist § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB. Daneben ergibt sich der Anspruch aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§§ 286, 280 Abs. 1 und 2 BGB). Der danach geschuldete Schadensersatz umfasst die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung (BGH, Urteil vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05, NJW 2006, 1065 mwN; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 249 Rn. 56 f). Die schuldrechtliche Grund- lage des Anspruchs ist vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Februar 2011 entstanden, gleichviel ob man auf den im Jahr 2009 begangenen Betrug oder auf den spätestens im Januar 2010 eingetretenen Verzug abstellt. Forderungen auf Ausgleich aller auf dieser Grundlage ersatzfähiger Schäden sind Insolvenzforderungen, auch wenn der konkrete Schaden erst nach Insolvenzeröffnung eingetreten ist, denn sie sind Bestandteil des einheitlichen, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklichten Schuldverhältnisses (RGZ 87, 82, 84 f; MünchKomm-InsO/Ehricke, 3. Aufl., § 38 Rn. 26, 28; Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 86, 169).
13
cc) Anderes gilt jedoch für den Anspruch der weiteren Beteiligten zu 1 auf Erstattung der Prozesskosten. Dieser Anspruch war zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht begründet. Er ist deshalb keine dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO unterfallende Insolvenzforderung.
14
(1) Zwar handelt es sich auch bei den Prozesskosten um einen Schaden, auf den sich die vor Insolvenzeröffnung begründete materiell-rechtliche Schadensersatzpflicht der Schuldnerin wegen unerlaubter Handlung und wegen Verzugs erstreckt. Die weitere Beteiligte zu 1 begehrt aber die Zwangsvollstreckung des im Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten Anspruchs, mithin des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs. Dieser besteht rechtlich selbständig neben dem materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch (etwa BGH, Urteil vom 24. April 1990 - VI ZR 110/89, BGHZ 111, 168, 170 f; st. Rspr.; MünchKommZPO /Schulz, 4. Aufl., vor §§ 91 ff Rn. 19). Während jener auf dem die Schadensersatzpflicht begründenden Lebenssachverhalt beruht und regelmäßig ein Verschulden voraussetzt, wurzelt der prozessuale Kostenerstattungsanspruch im Prozessrechtsverhältnis und knüpft verschuldensunabhängig an die Veranlassung der Kosten an (Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., vor § 91 Rn. 10 f; Hk- ZPO/Gierl, 5. Aufl., vor §§ 91-107 Rn. 12, 14; Schneider, MDR 1981, 353, 354). Er entsteht aufschiebend bedingt erst mit Prozessbeginn (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - IX ZR 115/01, WM 2006, 148, 150 mwN; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., vor § 91 Rn. 15) und ist deshalb nur dann eine Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO, wenn der Prozess vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begonnen hat (MünchKomm-InsO/Ehricke, 3. Aufl., § 38 Rn. 107; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 13. Aufl., § 38 Rn. 49; BK-InsO/Breutigam, § 38 Rn. 22). Dies war hier nicht der Fall. In entsprechender Wertung hat der Senat entschieden, dass die Einordnung eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs als Alt- oder Neumasseverbindlichkeit im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO davon abhängt, ob der Erstattungsanspruch durch Klageerhebung vor oder nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet wurde (BGH, Beschluss vom 17. März 2005 - IX ZB 247/03, ZIP 2005, 817, 818; vom 9. Oktober 2008 - IX ZB 129/07, ZIP 2008, 2284 Rn. 6).
15
(2) Der Zusammenhang zwischen dem Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten und der Hauptforderung, die Gegenstand des Prozesses war, rechtfertigt es nicht, über die rechtliche Selbständigkeit des prozessualen Erstattungsanspruchs hinwegzugehen und anzunehmen, dieser sei schon zusammen mit der Hauptforderung begründet. Dies gilt selbst dann, wenn die Hauptforderung - wie hier - auf einem Vorsatzdelikt beruht. Soweit in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmte Rechtsfolgen von Ansprüchen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen auch auf Verzugszinsen und Prozesskosten erstreckt werden (für das Aufrechnungsverbot nach § 393 BGB und die Ausnahme von der Restschuldbefreiung nach § 302 Nr. 1 InsO: BGH, Urteil vom 18. November 2010 - IX ZR 67/10, WM 2011, 131 Rn. 14 ff; vom 2. Dezember 2010 - IX ZR 247/09, WM 2011, 88 Rn. 24, insoweit in BGHZ 187, 337 nicht abgedruckt; für die erweiterte Pfändungsmöglichkeit nach § 850f Abs. 2 ZPO: BGH, Beschluss vom 10. März 2011 - VII ZB 70/08, WM 2011, 944 Rn. 14), beruht dies auf der Zielrichtung der entsprechenden Vorschriften, dem durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung geschädigten Gläubiger einen wirkungsvollen und vollständigen Schutz zu gewähren. Darum geht es bei der Beurteilung, ob ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde und deshalb als Insolvenzforderung im Insolvenzverfahren verfolgt werden muss, oder ob er als nach Verfahrenseröffnung begründeter Anspruch außerhalb des Insolvenzverfahrens vollstreckt werden kann, nicht. Je nach Sachlage kann die eine oder die andere Einordnung für den Gläubiger vorteilhafter sein.
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
AG Syke, Entscheidung vom 09.02.2012 - 15 IK 38/11 -
LG Verden, Entscheidung vom 07.05.2012 - 3 T 16/12 -

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes.

(2) Für die Vollstreckung der Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, gelten die §§ 459, 459a sowie 459c Absatz 1 und 2 entsprechend.

(3) Für die Vollstreckung nach den Absätzen 1 und 2 gelten außerdem die §§ 94 bis 98 entsprechend mit Ausnahme von § 98 Absatz 2 Satz 3, die §§ 102 bis 110, § 111c Absatz 1 und 2, § 111f Absatz 1, § 111k Absatz 1 und 2 sowie § 131 Absatz 1. § 457 Absatz 1 bleibt unberührt. Vor gerichtlichen Entscheidungen unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde.

(4) Das Gericht ordnet den Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuchs an, soweit der aus der Tat erwachsene Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.

(5) In den Fällen des Absatzes 2 unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung, soweit sie unverhältnismäßig wäre. Die Vollstreckung wird auf Anordnung des Gerichts wieder aufgenommen, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten, die einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen. Vor der Anordnung nach Satz 2 unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde. Die Anordnung nach Satz 1 steht Ermittlungen dazu, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Vollstreckung vorliegen, nicht entgegen.

Für die Vollstreckung der Geldstrafe gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(1) Die Geldstrafe oder der Teilbetrag der Geldstrafe wird vor Ablauf von zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit nur beigetrieben, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen erkennbar ist, daß sich der Verurteilte der Zahlung entziehen will.

(2) Die Vollstreckung kann unterbleiben, wenn zu erwarten ist, daß sie in absehbarer Zeit zu keinem Erfolg führen wird.

(3) In den Nachlaß des Verurteilten darf die Geldstrafe nicht vollstreckt werden.

(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig.

(2) Zwangsvollstreckungen in künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge sind während der Dauer des Verfahrens auch für Gläubiger unzulässig, die keine Insolvenzgläubiger sind. Dies gilt nicht für die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung in den Teil der Bezüge, der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist.

(3) Über Einwendungen, die auf Grund des Absatzes 1 oder 2 gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung erhoben werden, entscheidet das Insolvenzgericht. Das Gericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei.

(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:

1.
die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger;
2.
die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen;
3.
Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten;
4.
Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners;
5.
nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
Satz 1 Nummer 5 ist nicht anzuwenden, wenn eine staatliche Förderbank oder eines ihrer Tochterunternehmen einem Unternehmen, an dem die staatliche Förderbank oder eines ihrer Tochterunternehmen beteiligt ist, ein Darlehen gewährt oder eine andere einer Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung vorgenommen hat.

(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.

(3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.

(4) Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.

(5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 138/09
Verkündet am:
11. Mai 2010
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Verfall des Wertersatzes (§ 73a StGB) und die Einziehung des Wertersatzes
(§ 74c StGB) sind nachrangige Insolvenzforderungen, weil sie im Sinne des § 39
Abs. 1 Nr. 3 InsO Nebenfolgen einer Straftat sind, die zu einer Geldzahlung verpflichten.
BGH, Urteil vom 11. Mai 2010 - IX ZR 138/09 - OLG Karlsruhe in Freiburg
LG Offenburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Mai 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, den Richter Vill,
die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe, 14. Zivilsenat in Freiburg, vom 10. Juli 2009, ergänzt durch Urteil vom 8. September 2009, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte ist Verwalter in dem am 12. Mai 2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. GmbH. Deren Geschäftsführer wurde wegen Steuerhinterziehung und Betruges rechtskräftig verurteilt. Gegen die Schuldnerin ordnete die Strafkammer gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a StGB den Verfall von Wertersatz in Höhe von 503.440 € an, nachdem die Geschädigte auf den entsprechenden Teil der Betrugsbeute im Rahmen eines Vergleichs verzichtet hatte. Das klagende Land meldete die Forderung aus der Verfallanordnung im Rang des § 38 InsO zur Insolvenztabelle an. Der Beklagte bestritt sie, weil sie nach seiner Meinung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO nachrangig ist.
2
Landgericht Das hat der Feststellungsklage stattgegeben, das Berufungsgericht , dessen Urteil u.a. in ZIP 2009, 1774 veröffentlicht worden ist, hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt das klagende Land seinen Feststellungsantrag in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Revision Die ist unbegründet. Das Oberlandesgericht hat richtig entschieden.
4
1. Das Berufungsgericht meint, der staatliche Zahlungsanspruch aus einer Verfallanordnung sei als Nebenfolge einer Straftat i.S.d. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO in der Insolvenz des Verfallbeteiligten nachrangig. Das Strafgesetzbuch kenne zwar nicht die von § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO so bezeichneten "Nebenfolgen einer Straftat …, die zu einer Geldzahlung verpflichten". Wohl aber erfassten § 459g Abs. 2 StPO und § 87 OWiG die Anordnung des Verfalls als eine solche Nebenfolge. Den Gesetzesmaterialien zu § 63 Nr. 3 KO, der Vorgängerregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO, sei ein anderes Verständnis des Gesetzgebers nicht zu entnehmen. Dieser habe den wirtschaftlichen Interessen der nachrangig eingestuften Gläubiger und damit auch dem Staat als Gläubiger von Ansprüchen auf Geldstrafen usw. ein geringeres Gewicht beimessen wollen als den Gläubigern im Rang des § 38 InsO. Der Grund für diese Nachrangigkeit liege darin, dass die betreffenden Sanktionen nicht den Zweck hätten, dem Staat Einnahmen zu verschaffen. Auch die Anordnung von Wertersatzverfall habe nicht diesen Zweck, sondern solle dem Täter und der Gesellschaft vor Augen führen, dass sich Straftaten nicht lohnten. Der vermögensordnende Eingriff von hoher Hand solle die Unverbrüchlichkeit und die Gerechtigkeit der Rechtsordnung erweisen und so die Rechtstreue der Bevölkerung stärken. Hierfür bestehe aber nach Eintritt des Insolvenzfalls kein Bedarf mehr. Hätten aus Sicht des Gesetzgebers durchgreifende Gründe dagegen gesprochen, dass die übrigen Insolvenzgläubiger auch aus dem bemakelten Vermögen Befriedigung zögen, hätte er zugunsten des Staates einen Vorrang anordnen müssen. Da er darauf verzichtet habe, spreche nichts dagegen, dieses Vermögen unter den übrigen Gläubigern zu verteilen.
5
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Der dem Staat aus einer gerichtlichen Verfallanordnung erwachsende Zahlungsanspruch ist eine der in § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO erwähnten "Nebenfolgen einer Straftat …, die zu einer Geldzahlung verpflichten" (so auch Jaeger/Henckel, InsO § 39 Rn. 24; Uhlenbruck/Hirte InsO, 13. Aufl. § 39 Rn. 23; FK-InsO/ Schumacher, 5. Aufl. § 39 Rn. 8; Nerlich/Römermann, InsO § 39 Rn. 8; HmbKomm-InsO/Lüdtke, 3. Aufl. § 39 Rn. 13; Häsemeyer Insolvenzrecht 4. Aufl. Rn. 107.15 Fn. 50; Martini jurisPR-InsR 22/2009 Anm. 2).
6
Das a) Strafgesetzbuch enthält keine Legaldefinition des Begriffs der "Nebenfolge einer Straftat" (vgl. §§ 11, 12 StGB). Der Begriff der "Nebenfolgen" findet sich nur als amtliche Überschrift vor den §§ 45 bis 45 b StGB, in denen der Verlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts geregelt ist. Auf diese "Nebenfolgen" kann sich die Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO ersichtlich nicht beziehen, weil sie das Vermögen des Täters nicht berühren. Der im Strafgesetzbuch verwendete Begriff der "Nebenfolgen" ist mithin nicht identisch mit dem in der Insolvenzordnung verwendeten.
7
Nach dem allgemeinen Wortsinn ist die "Nebenfolge" einer Straftat eine Folge, die zusätzlich zu denjenigen Folgen verhängt werden kann, die das Ge- setz als unmittelbare Sanktionierung der jeweiligen Straftat vorsieht. Die einzelnen Straftatbestände des Strafgesetzbuches drohen als Rechtsfolgen durchweg Geld- oder Freiheitsstrafen an. Diese Sanktionen können als "Hauptfolgen" angesehen werden. "Nebenfolgen" sind folglich alle Konsequenzen, die eine Straftat zusätzlich zur Verhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe hat. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO bezieht sich allerdings nur auf solche Sanktionen, die "zu einer Geldzahlung verpflichten". Deshalb beschränkt sich der Kreis der in Betracht kommenden Nebenfolgen auf den Verfall des Wertersatzes (§ 73a StGB) und die Einziehung des Wertersatzes (§ 74c StGB). Erstreckte sich die Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 Var. 5 InsO nicht hierauf, hätte sie kein Anwendungsfeld. Dass dies vom Gesetzgeber beabsichtigt war, kann nicht angenommen werden.
8
b) Die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Verfalls und der Einziehung sowie die Parallelregelung im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sprechen ebenfalls für diese Auslegung. Im ersten Absatz des § 459g StPO ist die Vollstreckung des Verfalls und der Einziehung im engeren Sinne, das heißt des körperlichen Zugriffs auf den Gegenstand, geregelt. Der zweite Absatz knüpft an diese Bestimmung an, indem er die Vollstreckung für diejenigen Fälle regelt, in denen der Verfall und die Einziehung im Sinne der §§ 73 a und 74 c StGB nicht mehr möglich sind und der Täter stattdessen Wertersatz leisten muss (vgl. Appl in Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. § 459g Rn. 11; MeyerGoßner /Cierniak, StPO, 52. Aufl. § 459g Rn. 7; Wendisch in Löwe/Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, 25. Aufl. § 459g Rn. 17). Diese Rechtsfolge bezeichnet der Gesetzgeber als "Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten". Die Formulierung ist also identisch mit der in § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO gebrauchten. Dies spricht für die Annahme, dass sich beide Regelungen auf dasselbe beziehen.
9
Im achten Abschnitt des zweiten Teils des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten wird unter anderem das Verfahren in Bußgeldsachen bei Anordnung von Einziehung und Verfall geregelt. In der amtlichen Überschrift dieses Abschnitts werden diese beiden Rechtsfolgen ausdrücklich als Nebenfolgen bezeichnet. Wenn der Gesetzgeber den Verfall und die Einziehung als eine Nebenfolge einer Ordnungswidrigkeit auffasst, spricht dies dafür, diese Maßnahmen für das Strafrecht ebenso einzuordnen, jedenfalls was die Verwendung des Begriffs in § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft. Im Ordnungswidrigkeitenrecht bestünde noch eher Anlass zu Zweifeln an dieser Einordnung. Verfall und Hauptsanktion stehen dort in einem Alternativverhältnis, so dass der Verfall gerade nicht "neben" der Hauptfolge angeordnet wird (vgl. § 29a OWiG).
10
c) Auch die Gesetzgebungsgeschichte weist darauf hin, dass § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO den Zahlungsanspruch des Staates aus einer Verfallanordnung erfasst. Die Regelung geht zurück auf § 56 Nr. 3 der Konkursordnung in der Ursprungsfassung vom 10. Februar 1897. Danach konnten (lediglich) Geldstrafen im Konkursverfahren nicht geltend gemacht werden. Diesem Ausschluss lag die Erwägung zugrunde, dass schon nach früherem Recht die Belastung des Konkursverfahrens mit den vom Gemeinschuldner zu entrichtenden Geldstrafen weniger den Gemeinschuldner als die Konkursgläubiger strafe, die sie aber nicht verschuldet hätten (vgl. Hahn, Die gesamten Materialien zu den ReichsJustizgesetzen Band 4 S. 252). Durch Art. 40 des Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (BGBl. I 503, 520) wurde die mittlerweile in § 63 KO befindliche Regelung dahin ausgeweitet, dass nicht nur Geldstrafen, sondern auch "Geldbußen, Ordnungsstrafen und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten" im Konkursverfahren nicht geltend gemacht werden konnten. Dies kam auf Initiative des Rechtsausschusses des Deut- schen Bundestages zustande. Die Aufnahme der "Nebenfolgen" in diesen Katalog zielte zum einen auf die Einziehung des Wertersatzes (§ 40c StGB a.F., § 74c StGB n.F.), zum anderen auf die Abführung des Mehrerlöses nach §§ 8 ff WiStG 1954 (vgl. Bericht des Rechtsausschusses vom 19. Februar 1968, BTDrucks. V/2601, S. 26 zu Art. 34a und 34b). Den staatlichen Zahlungsanspruch aus einer Verfallanordnung nahm der Rechtsausschuss demnach zwar nicht in Bezug. Das war aber auch nicht möglich, weil dieses Rechtsfolgeninstitut erst durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts (BGBl. 1968 I 503 ff) mit Wirkung zum 1. Januar 1975 eingeführt wurde. Wohl aber zielte die Neuregelung nach den Vorstellungen des Rechtsausschusses auf die Anordnung der Abführung des Mehrerlöses nach §§ 8 ff WiStG. Diese Anordnung ist der Anordnung des Verfalls wesensähnlich und kann als eine spezialgesetzliche Vorläuferregelung angesehen werden (vgl. W. Schmidt in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. § 73 Rn. 1). Sie dient generalpräventiven Zwecken (BGHSt 15, 399, 400; OLG Karlsruhe NJW 1982, 1161, 1162; Erbs/Kohlhaas/Lampe, Strafrechtliche Nebengesetze, § 8 WiStG Rn. 1), indem sie dem Täter denjenigen Erlösanteil nimmt, den dieser rechtswidrig erlangt hat. Damit entsprechen Ziel und Funktionsweise dieser Sonderregelung denen des Verfalls. Auch er soll präventiv wirken, indem dem Täter und der Allgemeinheit durch Entzug des rechtswidrig, nämlich durch eine Straftat Erlangten vor Augen geführt wird, dass strafrechtswidrige Bereicherungen nicht geduldet werden und Straftaten sich nicht lohnen (BVerfGE 110, 1, 15 ff; vgl. BT-Drucks. 11/6623, S. 7). Dementsprechend orientierte sich der Gesetzgeber bei der Entwicklung der Verfallvorschriften unter anderem an den Regelungen der §§ 8 ff WiStG (vgl. die Begründung zum Entwurf eines Strafgesetzbuches aus dem Jahr 1962, BT-Drucks. IV/650 S. 239 ff zu §§ 109 ff). In seinem Anwendungsbereich tritt § 8 WiStG nach wie vor als spezialgesetzliche Regelung an die Stelle des allgemeinen Verfallrechts, § 8 Abs. 4 WiStG. Wenn aber § 63 Nr. 3 KO die wesensähnliche Vorläuferregelung des Verfalls umfasste, gibt es keinen Grund für die Annahme , dass er sich nach Einführung des Rechtsinstituts des allgemeinen Verfalls nicht auch auf die daraus folgenden Zahlungsansprüche erstrecken sollte. Gleiches gilt dann für die insoweit unverändert gebliebene Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO.
11
d) Der Regelungszweck des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO gibt keinen Anlass zu einer einschränkenden Auslegung.
12
Wie aa) dargelegt, sollten die Befriedigungsaussichten der Gläubiger nach der Entwurfsbegründung zur Ursprungsfassung der Konkursordnung nicht durch staatliche Strafansprüche beeinträchtigt werden, die alleine der Schuldner , nicht aber die Gläubiger, durch eine Straftat verschuldet hat.
13
Wäre allein der Schutz der Insolvenzgläubiger vor den Folgen schuldhaften Handelns des Schuldners bezweckt, wären Forderungen aus einer Verfallanordnung (§ 73a StGB) und ein erheblicher Teil der Forderungen aus der Einziehung von Wertersatz (§ 74c StGB) von diesem Schutzzweck nicht erfaßt. Beide Forderungen hängen nicht (Verfall) oder nicht durchweg (Einziehung) von einem schuldhaften Handeln des Forderungsschuldners ab. Der Verfall hat keinen Strafcharakter, sondern dient der Gewinnabschöpfung zu präventiven Zielen. Deshalb erfordert er kein Verschulden des jeweiligen Adressaten der Verfallanordnung (BVerfGE 110, 1, 14 ff; BGHSt 47, 260, 265; 47, 369, 372 f; 51, 65, 67).
14
alleine Die auf das Verschulden abstellende Begründung des historischen Gesetzgebers greift jedoch zu kurz. Hätten die Insolvenzgläubiger vor den Folgen schuldhaften Handelns des Insolvenzschuldners geschützt werden sollen, hätte es nahe gelegen, auch deliktisch begründeten Forderungen in der Insolvenz einen geringeren Wert beizumessen. Weder § 54 KO und der spätere § 61 KO noch die Insolvenzordnung sahen bzw. sehen aber eine solche Abstufung vor. Sie wäre aus der Sicht des Geschädigten auch nicht zu rechtfertigen.
15
bb) Maßgebend ist im vorliegenden Zusammenhang die Gemeinsamkeit aller Forderungsarten des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO: Es handelt sich um Zahlungsansprüche des Fiskus, die dieser ohne Gegenleistung oder vorherigen eigenen Vermögensnachteil erwirbt. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Interessenlage des Fiskus von derjenigen nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger. Letztere müssen infolge der Insolvenz eine effektive Vermögensminderung befürchten. Ihre Forderungen beruhen darauf, dass sie an den Schuldner vor Insolvenzeröffnung bereits Leistungen erbracht haben oder aus anderen Gründen - etwa aufgrund Delikts - jedenfalls einen Vermögensverlust hinzunehmen hatten. Soweit sie mit ihren Forderungen in der Insolvenz ausfallen, wird diese Einbuße perpetuiiert. Als Gläubiger der in § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO genannten Zahlungsansprüche erleidet der Fiskus durch die Insolvenz hingegen insoweit keinen wirtschaftlichen Schaden, weil er für den Erwerb der fraglichen Ansprüche keine Vorleistungen erbringen musste. An der Verteilung der Insolvenzmasse soll er deshalb erst dann teilnehmen, wenn diejenigen Gläubiger, die im Gegensatz zu ihm zum Erwerb ihrer Forderung Vermögensnachteile in Kauf nehmen mussten, vollständig befriedigt sind. Im Unterschied zu Steuerforderungen , die im Rang des § 38 InsO stehen, handelt es sich auch nicht um Zahlungsansprüche , deren Zweck in der Einnahmeerzielung des Fiskus besteht, sondern in der Ahndung begangenen Unrechts oder der generalpräventiven Korrektur irregulärer Vermögenszuordnungen.
16
Auch dem Tatbestand des § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO liegt diese Wertung zugrunde: Forderungen, für die der Gläubiger an den Schuldner keine Gegenleistung erbringen musste, sind ebenfalls nachrangig. Dies entspricht der sonstigen Wertung im Insolvenzrecht (vgl. § 134 InsO) und allgemeinen Zivilrecht (vgl. § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass der unentgeltliche Erwerb weniger schutzwürdig ist als solcher, für den der Empfänger ein ausgleichendes Vermögensopfer zu erbringen hat.
17
Auch aus den Verfallregelungen des Strafgesetzbuches selbst ergibt sich der Nachrang dieses staatlichen Zugriffsanspruchs: Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB darf der Verfall nicht angeordnet werden, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist mit dieser Nachrangigkeit vergleichbar. Die vorrangigen Ansprüche des Verletzten stehen dagegen im Rang des § 38 InsO.
18
e) Der Regelungszweck des Verfalls (siehe oben c) am Ende) fordert keine Gleichrangigkeit der Forderung aus einer Verfallanordnung mit den im Rang des § 38 InsO stehenden Insolvenzforderungen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Straftäters oder eines Verfallbeteiligten im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB bedarf es einer generalpräventiven Maßnahme nicht mehr. Da der Straftäter gemäß § 80 InsO das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über sein Vermögen an den Insolvenzverwalter verliert, kann er auch aus demjenigen Teil seines Vermögens, den er durch eine Straftat erlangt hat, keinen Nutzen mehr ziehen. Wird das Insolvenzverfahren beendet, kann dieser Anspruch wieder geltend gemacht werden (§ 201 Abs. 1 InsO). Er wird auch von einer erteilten Restschuldbefreiung nicht erfasst (§ 302 Nr. 2 InsO).

19
Der Zweck der Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes zur Wahrung der Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung erfordert gleichfalls keine Gleichrangigkeit. Wenn der Geschädigte einer Straftat ausnahmsweise keinen durchsetzbaren Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch hat, gibt es niemanden , dem ein Zugriff auf das Vermögen des Begünstigten aus allgemeinen Gerechtigkeitsgründen zugestanden werden müsste. Zwar erlangen dann die Insolvenzgläubiger eine quotal höhere Befriedigung. Dieser Zuwachs in ihrem Vermögen ist jedoch nicht systemwidrig. § 73 Abs. 1 StGB selbst lässt den Zugriff nur auf Vermögen des Täters oder Teilnehmers einer Straftat zu. § 73 Abs. 3 StGB erweitert den Kreis möglicher Verfallbeteiligter auf "andere", für die der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat. Dritte, die weder selbst an der Tat beteiligt waren noch vom Täter oder Teilnehmer durch die Tat wirtschaftlich begünstigt werden sollten, dürfen dagegen behalten, was ihnen aus der Tat zugeflossen ist. Hätte der Gesetzgeber einen Vorteil der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger verhindern wollen, hätte er der Forderung des Fiskus aus einer Verfallanordnung im Insolvenzverfahren ein Vorrecht verleihen müssen. Denn die von der Revision erstrebte Gleichrangigkeit mit den Insolvenzforderungen nach § 38 InsO änderte nichts daran, dass auch dann die Gläubiger quotal an den Früchten der Straftat partizipieren würden. Dann stünde der Fiskus genauso wie ein durch eine Straftat Geschädigter, dessen Anspruch auf Schadensersatz ebenfalls keinen Vorrang genießt. Mit diesem kann der Fiskus aber, wie ausgeführt, nicht gleichgestellt werden.
Ganter Vill Lohmann
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Offenburg, Entscheidung vom 15.08.2008 - 2 O 155/07 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 10.07.2009 - 14 U 107/08 -

(1) Die Insolvenzgläubiger können nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen.

(2) Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, können aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Einer nicht bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Der Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle kann erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gestellt werden.

(3) Die Vorschriften über die Restschuldbefreiung bleiben unberührt.

Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt:

1.
Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist; der Gläubiger hat die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Absatz 2 anzumelden;
2.
Geldstrafen und die diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten des Schuldners;
3.
Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.

(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:

1.
die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger;
2.
die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen;
3.
Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten;
4.
Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners;
5.
nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
Satz 1 Nummer 5 ist nicht anzuwenden, wenn eine staatliche Förderbank oder eines ihrer Tochterunternehmen einem Unternehmen, an dem die staatliche Förderbank oder eines ihrer Tochterunternehmen beteiligt ist, ein Darlehen gewährt oder eine andere einer Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung vorgenommen hat.

(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.

(3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.

(4) Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.

(5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist.

(1) Das Vollstreckungsgericht kann dem Schuldner auf Antrag von dem nach den Bestimmungen der §§ 850c, 850d und 850i pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn

1.
der Schuldner nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigrenzen entsprechend § 850c der notwendige Lebensunterhalt im Sinne des Dritten und Vierten Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder nach Kapitel 3 Abschnitt 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für sich und für die Personen, denen er gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, nicht gedeckt ist,
2.
besondere Bedürfnisse des Schuldners aus persönlichen oder beruflichen Gründen oder
3.
der besondere Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflichten des Schuldners, insbesondere die Zahl der Unterhaltsberechtigten, dies erfordern
und überwiegende Belange des Gläubigers nicht entgegenstehen.

(2) Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850c vorgesehenen Beschränkungen bestimmen; dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.

(3) (weggefallen)

(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig.

(2) Zwangsvollstreckungen in künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge sind während der Dauer des Verfahrens auch für Gläubiger unzulässig, die keine Insolvenzgläubiger sind. Dies gilt nicht für die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung in den Teil der Bezüge, der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist.

(3) Über Einwendungen, die auf Grund des Absatzes 1 oder 2 gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung erhoben werden, entscheidet das Insolvenzgericht. Das Gericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei.

(1) Ein nach den §§ 73 bis 73b des Strafgesetzbuches eingezogener Gegenstand wird demjenigen, dem ein Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten aus der Tat erwachsen ist, oder dessen Rechtsnachfolger zurückübertragen. Gleiches gilt, wenn der Gegenstand nach § 76a Absatz 1 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 76a Absatz 3 des Strafgesetzbuches, eingezogen worden ist. In den Fällen des § 75 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches wird der eingezogene Gegenstand demjenigen, dem der Gegenstand gehört oder zusteht, herausgegeben, wenn dieser sein Recht fristgerecht bei der Vollstreckungsbehörde angemeldet hat.

(2) Hat das Gericht die Einziehung des Wertersatzes nach den §§ 73c und 76a Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 76a Absatz 3 des Strafgesetzbuches, angeordnet, wird der Erlös aus der Verwertung der auf Grund des Vermögensarrestes oder der Einziehungsanordnung gepfändeten Gegenstände demjenigen, dem ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der Tat erwachsen ist, oder an dessen Rechtsnachfolger ausgekehrt. § 111i gilt entsprechend.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

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Nach § 73c Satz 1 StGB ist die Wertersatzeinziehung anzuordnen, wenn aufgrund der Beschaffenheit des Erlangten die Anordnung der Einziehung eines bestimmten Gegenstandes undurchführbar ist (BeckOK StGB/Heuchemer, 39. Ed., § 73c Rn. 4). Der Gesetzgeber hat in § 73c StGB den Regelungsgehalt des bis zum 30. Juni 2017 geltenden § 73a StGB („Verfall von Wertersatz“) ohne inhaltliche Änderung übernommen (BT-Drucks. 18/9525, S. 67). Die Wertersatzeinziehung erfolgt danach, wenn sich das Erlangte im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr im Vermögen des Empfängers befindet, weil er die erlangte Sache verarbeitet, verbraucht, verloren, zerstört oder unauffindbar beiseite geschafft hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1996 – 5 StR 542/96, NStZRR 1997, 270, 271; MüKo-StGB/Joecks, 3. Aufl., § 73a Rn. 8; NK-StGB/Saliger, 5. Aufl., § 73a Rn. 4). Nach § 73c Satz 2 StGB tritt die Wertersatzeinziehung neben die Einziehung des Erlangten nach § 73 Abs. 1 StGB, wenn der Wert des Gegenstandes im Entscheidungszeitpunkt hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn der erlangte Gegenstand beschädigt worden ist. In diesem Fall ist die Wertersatzeinziehung in der Höhe der Differenz zwischen dem Wert des zunächst unbeschädigt erlangten Gegenstandes und dem durch die Beschädigung reduzierten Zeitwert im Entscheidungszeitpunkt anzuordnen (BeckOK StGB/Heuchemer, aaO, § 73c Rn. 8; MüKo-StGB/Joecks, aaO, § 73a Rn. 13; Köhler, NStZ 2017, 497, 512 Fn. 28).

(1) Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.

(2) Die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers genügt zum Erwerb, wenn der Erwerber in der Lage ist, die Gewalt über die Sache auszuüben.

(1) Die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c ist ausgeschlossen, soweit der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.

(2) In den Fällen des § 73b, auch in Verbindung mit § 73c, ist die Einziehung darüber hinaus ausgeschlossen, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, es sei denn, dem Betroffenen waren die Umstände, welche die Anordnung der Einziehung gegen den Täter oder Teilnehmer ansonsten zugelassen hätten, zum Zeitpunkt des Wegfalls der Bereicherung bekannt oder infolge von Leichtfertigkeit unbekannt.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.