Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2016 - 3 StR 142/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:250216B3STR142.15.0
bei uns veröffentlicht am25.02.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 142/15
vom
25. Februar 2016
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
___________________________________
WpHG § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 38 Abs. 2 Nr. 1
Das Tatbestandsmerkmal "sonstige Täuschungshandlungen" im Sinne des
§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG entspricht bei einer am Inhalt der Richtlinie
2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003
über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) sowie der
Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG vom 22. Dezember 2003 orientierten Auslegung
dem Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes.
Zur Feststellung einer Einwirkung auf den Börsenpreis im Sinne des § 38 Abs.
2 Nr. 1 WpHG.
BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 3 StR 142/15 - LG Kleve
ECLI:DE:BGH:2016:250216B3STR142.15.0


in der Strafsache gegen

wegen Marktmanipulation
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Februar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 7. November 2014 im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Marktmanipulation in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt, den Verfall von Wertersatz in Höhe von 3,5 Millionen Euro angeordnet und von einer Entscheidung über einen Adhäsionsantrag abgesehen. Hiergegen richtet sich die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
2
I. Nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen organisierten der Angeklagte und der gesondert verfolgte S. in drei Fällen für Dritte die Gründung einer Aktiengesellschaft. Als Gegenleistung ließen sie sich einen Teil der jeweiligen Aktien zum Verkauf auf eigene Rechnung übertragen. Diese brachten sie auf Schweizer Konten verschiedener, durch S. gegründeter bzw. erworbener Offshore-Firmen ein; bezüglich zweier dieser Konten war der Angeklagte allein verfügungsbefugt. Sodann bewarben der Angeklagte und S. dem gemeinsamen Tatentschluss entsprechend zwischen Dezember 2006 und Juni 2008 die im Freiverkehr unter anderem der Frankfurter Börse gehandelten Wertpapiere in der Absicht, für diese einen Markt zu schaffen und dadurch - wenn möglich - eine Kurssteigerung hervorzurufen, um einen möglichst großen Gewinn bei deren Verkauf zu erzielen. Dies geschah zum einen durch den Versand von Mitteilungen über elektronische Börsenbriefe, zum anderen durch Telefonmarketing seitens der V. AG, einer Finanzgesellschaft, deren Vorstand der Angeklagte zur Tatzeit angehörte. Die Börsenbriefe enthielten eine Verknüpfung zum jeweiligen Impressum, in dem dargelegt war, dass der Herausgeber Positionen an der behandelten Aktie halten könne. Der von S. zwischen Dezember 2006 und Januar 2008 abgewickelte Verkauf der Wertpapiere erbrachte Erlöse von mehr als 24 Millionen Euro. Hiervon gingen 8.195.446 € auf Konten ein, bezüglich derer der Angeklagte Verfügungsbefug- nis besaß. Durch Barauszahlungen bzw. mittels Überweisungen ließ S. dem Angeklagten 441.875 € zukommen.
3
Das Landgericht hat eine Strafbarkeit nach § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV in der zur Tatzeit geltenden Fassung angenommen, wobei es von einer selbständigen Handlung des Angeklagten für jede gegründete Gesellschaft ausgegangen ist. Die Bewerbung der verschiedenen Aktien ohne genügenden Hinweis auf das eigene Halten von Positionen stelle eine Täuschungshandlung dar. Dabei sei der Bestand der Wertpapiere auf den Konten der Offshore-Gesellschaften dem Angeklagten als Mittäter zuzurechnen. Durch 53 der insgesamt 107 durch Börsenbriefe versendeten Mitteilungen sei auf den Börsenpreis eingewirkt worden. Hierfür spreche bereits der Umstand, dass die jeweiligen Aktien vor der ersten Werbemaßnahme am Markt unbekannt waren und es neben den Empfehlungen durch den Angeklagten und S. nur wenige substantielle Informationen zu den Unternehmen gab. Die Überzeugung von einer Einwirkung hat die - sachverständig beratene - Strafkammer dann gewonnen, wenn Umsatz und Anzahl der Käufer zu einem Ereignis stark anstiegen und mindestens dem Zweifachen eines Vergleichswertes entsprachen. Dabei hat sie als Ereignis die beiden Handelstage nach Veröffentlichung der Empfehlung verstanden. Die für beide Tage zu bestimmenden Mittelwerte bei Umsatz- und Käuferzahlen hat sie derart bestimmt, dass die Werte des ersten Tages doppelt gewichtet wurden, da die Marktreaktion am ersten Tag höher sei als am Folgetag. Der Vergleichswert selbst habe sich aus den einwirkungsfreien Tagen errechnet, also den Tagen vor, zwischen und nach den Ereignissen.
4
Hinsichtlich des Verfalls von Wertersatz hat sich das Landgericht von folgenden Erwägungen leiten lassen: Unmittelbar erlangt sei bei der vom Angeklagten und S. praktizierten Form der Marktmanipulation die Gewinnchance, die ohne Preis eingebuchte Aktie in großen Mengen zu hohen Kursen zu veräußern. Diese Chance hätten der Angeklagte und S. durch den Verkauf der Wertpapiere realisiert. Da nicht deren Verkauf selbst verboten sei, sei nur der Sondervorteil erlangt worden; diesen hat das Landgericht auf 75% der Verkaufserlöse geschätzt. Dabei habe der Angeklagte neben den ihm ausgezahlten Geldern jedenfalls die Beträge selbst erlangt, die auf Konten eingegangen waren, bezüglich derer er über eine Einzelvertretungsberechtigung verfügte.
Dementsprechend ist das Landgericht zu einem Wertersatzverfallsbetrag in Höhe von 6.477.990,70 € (75% von [8.195.446 € + 441.875 €]) gelangt. Hin- sichtlich des 3,5 Millionen Euro übersteigenden Betrages hat das Landgericht gemäß § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB von einer Anordnung abgesehen. Einer weiteren Reduzierung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB habe es nicht bedurft.
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II. Die Verfahrensbeanstandungen, mit denen die Revision die Zurückweisung zweier gegen den Sachverständigen gerichteter Befangenheitsanträge sowie eines Beweisantrags als rechtsfehlerhaft rügt, weil das Landgericht sich mit einzelnen in den Anträgen gegen die Unparteilichkeit bzw. gegen die Sachkunde des Sachverständigen erhobenen Beanstandungen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt habe, greifen nicht durch.
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1. Mit Beschluss vom 28. April 2014 hat das Landgericht einen Mitarbeiter des Referats Marktanalyse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend: BaFin) mit der Erstattung eines Gutachtens zu der Frage beauftragt, ob und inwieweit durch die Veröffentlichungen in Börsenbriefen auf die Kurse der verfahrensgegenständlichen Aktien eingewirkt worden sei. Nach Vorlage des schriftlichen, aber noch vor Erstattung des mündlichen Gutachtens hat der Angeklagte den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dies hat er zum einen darauf gestützt, es fehle innerhalb der Behörde an einer ausreichenden Trennung zwischen den Abteilungen Marktanalyse und Ermittlung, weshalb nicht unwahrscheinlich sei, dass Mitarbeiter der erstgenannten Abteilung einseitig belastende Auffassungen der zweiten übernähmen. Zum anderen hat der Angeklagte geltend gemacht, die Ausführungen im schriftlichen Gutachten stellten die Neutralität des Sachverständigen in Frage. Diesen Antrag hat die Strafkammer ebenso zurückgewiesen wie einen zweiten Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen, der aus eige- nem Antrieb ein Ergänzungsgutachten vorgelegt hatte, nachdem er von dem Ermittlungsführer der BaFin in diesem Verfahren darauf aufmerksam gemacht worden war, dass die Vollständigkeit von Meldedaten für einen Teil des zu begutachtenden Zeitraums nicht gewährleistet gewesen sei. Auch dem Beweisantrag der Verteidigung auf Einholung eines weiteren Gutachtens ist der Erfolg versagt geblieben. Insoweit hat sich das Landgericht auf seine - auch durch den Sachverständigen vermittelte - eigene Sachkunde berufen. Mit Blick auf das Vorbringen der Revision gilt hierzu:
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2. Die Einwände der Revision, das Landgericht habe keine Feststellungen zum Inhalt der Gespräche zwischen dem Sachverständigen und dem Ermittlungsführer der BaFin getroffen bzw. sich nicht damit auseinandergesetzt, ob der Sachverständige mit Ermittlungen gegen den Angeklagten im Ursprungsverfahren beschäftigt war, dringen nicht durch.
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Ob die Besorgnis der Befangenheit berechtigt ist, ist eine Rechtsfrage. Ein Ermessen steht dem Tatgericht insoweit nicht zu (BGH, Urteil vom 1. November 1955 - 5 StR 329/55, BGHSt 8, 226, 233 f.; KK-Senge, StPO, 7. Aufl., § 74 Rn. 18; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 74 Rn. 21 mwN). Dabei gelten für die Prüfung, ob der Tatrichter den einen Sachverständigen ablehnenden Antrag mit Recht zurückgewiesen hat, nicht die Grundsätze der Beschwerde, sondern die der Revision. Da das Revisionsgericht mithin an die vom Instanzgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachen gebunden ist, ist es erforderlich, dass das Tatgericht in seinem Ablehnungsbeschluss darlegt, von welchen Tatsachen es ausgeht (BGH, Beschluss vom 22. Juli 2014 - 3 StR 302/14, NStZ 2014, 663, 664). Daraus folgt indes nicht, dass das Tatgericht gehalten wäre, selbst Umstände zu ermitteln, die möglicherweise die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten. Vielmehr ist der Ablehnungsgrund vom Antragsteller gemäß § 74 Abs. 3 StPO glaubhaft zu machen. Dieser ist daher gehalten, Tatsachen vorzutragen und so weit zu beweisen , dass das Gericht sie für wahrscheinlich hält (Meyer-Goßner/Schmitt aaO, § 26 Rn. 7 mwN). Insbesondere kann er sich auf das Zeugnis des Abgelehnten berufen (vgl. KK-Senge aaO, Rn. 8).
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Hinreichend konkret war hier insoweit allein der vom Angeklagten erhobene Vorwurf, der Sachverständige habe für eine Eingangsbestätigung hinsichtlich einer Anzeige wegen Verdachts der Marktmanipulation in Bezug auf Aktien verantwortlich gezeichnet, die Gegenstand eines Parallelverfahrens seien. Von diesem Umstand ist das Landgericht bei seiner Entscheidung aber ersichtlich ausgegangen; es hat daraus lediglich keinen Grund für eine Besorgnis der Befangenheit abgeleitet. Dies ergibt sich aus den Ausführungen der Strafkammer , die bloße Weitergabe von Dokumenten belege keine inhaltliche Befassung mit dem erhobenen Vorwurf durch den Sachverständigen, der eine solche selbst glaubhaft verneint habe. Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
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3. Soweit die Revision darüber hinaus mit ihrer Beanstandung, die Besorgnis der Befangenheit folge aus der strukturellen Verknüpfung der Referate Marktanalyse und Ermittlung innerhalb der BaFin, die Ansicht vertritt, deren Mitarbeiter schieden generell als Sachverständige aus, steht dem bereits die Regelung des § 40a Abs. 1 Satz 2 WpHG entgegen. Zwar hat das Gericht bei der Auswahl des Sachverständigen nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StPO darauf zu achten, dass dieser im Vorfeld nicht selbst ermittelnd tätig war und er das Gutachten eigenverantwortlich und frei von jeder Beeinflussung erstatten kann (vgl. Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 40a Rn. 7; allgemein BayObLG, Urteil vom 25. April 1951 - RR III 81/51, BayObLGSt 1949-51, 390; Meyer-Goßner/Schmitt aaO, § 73 Rn. 9). Aus § 40a Abs. 1 Satz 2 WpHG folgt jedoch unmittelbar, dass insoweit die grundsätzliche Weisungsgebundenheit eines Mitarbeiters der BaFin bei der Erfüllung seiner Dienstpflichten nicht genügt , um diesen als Gutachter auszuschließen. Eine etwaige Mitwirkung des bestellten Sachverständigen an den Ermittlungen hat die Strafkammer - wie dargelegt - nicht feststellen können, konkrete Anhaltspunkte, die für dessen Beeinflussung durch Kollegen sprechen, hat die Revision nicht aufgezeigt.
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4. Wenn die Ablehnung eines Beweisantrags auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens mit eigener, auch durch den ersten Sachverständigen vermittelter Sachkunde begründet worden ist, ist das Tatgericht grundsätzlich gehalten, sich mit den im Antrag erhobenen Beanstandungen gegen das Erstgutachten im Einzelnen auseinanderzusetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 2 StR 535/09, BGHSt 55, 5, 8 f.). Dies gilt allerdings nicht, soweit die geltend gemachten Mängel nach anerkannten wissenschaftlichen Maßstäben offensichtlich nicht bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 1999 - 1 StR 618/98, BGHSt 45, 164, 166). Gemessen hierin ist die Entscheidung der Strafkammer nicht zu beanstanden.
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Ob der hinzugezogene Sachverständige über die erforderliche Sachkunde verfügt, ist danach zu bestimmen, was von ihm zu verlangen ist. Er hat dem Gericht diejenige Sachkunde zu vermitteln, die dieses benötigt, um die sich stellenden Rechtsfragen beantworten zu können (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt aaO, Vor § 72 Rn. 8). Vorliegend hat das Landgericht den Sachverständigen herangezogen, um die Frage beantworten zu können, ob durch die Empfehlungen des Angeklagten und S. auf den Börsenpreis der von diesen gehaltenen Aktien eingewirkt wurde. Die entsprechende Überzeugung hat das Landgericht vorrangig durch eine Betrachtung der Entwicklung der Umsatz- und Käuferzah- len gewonnen. Dementsprechend lag die vornehmliche Aufgabe des Sachverständigen in der Zusammentragung der insoweit maßgeblichen Handelsdaten (vgl. MüKoStGB/Pananis, 2. Aufl., § 38 WpHG Rn. 241). Dass ihm hierfür die erforderliche Sachkunde gefehlt habe, hat der Verteidiger im Rahmen des Beweisantrags nicht geltend gemacht. Dessen diesbezügliche Qualifikation ist angesichts des im Antrag selbst dargelegten Ausbildungs- und Berufserfahrungsstands auch im Übrigen nicht zweifelhaft.
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III. Die aufgrund der Sachrüge gebotene materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Strafkammer hat zutreffend eine Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG bejaht (vgl. zum sog. Scalping schon BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373).
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1. Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des die Strafbarkeit begründenden Regelungsgefüges (vgl. zur Regelungstechnik des WpHG allgemein bereits BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5/13, BGHSt 59, 80, 83 f.); dieses ist insbesondere ausreichend bestimmt. Im Einzelnen:
15
a) Art. 103 Abs. 2 GG verpflichtet den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit sowie die Art und das Maß der Strafe so konkret zu umschreiben , dass der Bürger als Normadressat anhand des gesetzlichen Tatbestands voraussehen kann, ob ein Verhalten strafbar ist. Damit wird zugleich sichergestellt, dass der Gesetzgeber und nicht die Verwaltung oder die Rechtsprechung über die Strafbarkeit eines bestimmten Verhaltens entscheidet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 43). Da zu starre und kasuistische Gesetze indes der Vielgestaltigkeit des Lebens und dem Wandel der Verhältnisse nicht gerecht würden, sind weder Generalklauseln noch unbestimmte Rechtsbegriffe noch der Umstand, dass zur Auslegung auf andere Gesetze zurückgegriffen werden muss, von vornherein zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 15. März 1978 - 2 BvR 927/76, BVerfGE 48, 48, 56; vom 25. Juli 1962 - 2 BvL 4/62, BVerfGE 14, 245, 252). Bei einem solchen anderen Gesetz kann es sich auch um eine Rechtsverordnung handeln, solange diese die gesetzliche Regelung nur spezifiziert und keine neue Strafbarkeit begründet (BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 1987 - 2 BvL 11/85, BVerfGE 75, 329, 342).
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b) In Anlehnung an diese Grundsätze wird in der Literatur das Tatbestandsmerkmal der "sonstigen Täuschungshandlungen" in § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG als zu unbestimmt erachtet (vgl. Tripmaker, wistra 2002, 288, 292; Moosmayer, wistra 2002, 161, 169; kritisch auch: Park/Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht , 3. Aufl., §§ 20a, 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1, 2 WpHG Rn. 214). § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV könne als Auslegungshilfe nicht herangezogen werden, da dieser keine Täuschungshandlung umschreibe. Denn es sei davon auszugehen , dass die Empfänger von Aktienempfehlungen annehmen, dass der Werbende selbst Positionen hinsichtlich des Finanzinstruments eingegangen ist (so Schömann, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG unter besonderer Berücksichtigung des Phänomens des Scalpings, 2010, 132 ff.; Kudlich, JR 2004, 191, 194).
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c) Dem ist im Ergebnis nicht zu folgen. Der Senat kann offenlassen, ob das Tatbestandsmerkmal der "sonstigen Täuschungshandlungen" bereits durch einen Vergleich mit den übrigen Alternativen des § 20a Abs. 1 Satz 1 WpHG bzw. durch die Auslegung des Begriffs der Täuschung im Rahmen des § 263 Abs. 1 StGB in einem Maße präzisiert wird, dass der Normadressat erkennen kann, welche Verhaltensweisen ihm unter Androhung von Strafe untersagt sind (so BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; Beschluss vom 4. Dezember 2013 - 1 StR 106/13, NJW 2014, 1896, 1897; zustimmend Schröder, Handbuch Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Rn. 546; ablehnend : Altenhain in Hirte/Möllers, Kölner Kommentar zum WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 24; Schmitz, JZ 2004, 526, 527). Die erforderliche Klarheit erlangt die Vorschrift jedenfalls durch eine am Inhalt der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) (ABl. L 96 vom 12. April 2003 S. 16) orientierte Auslegung (ebenso MüKoStGB/Pananis aaO, Rn. 223; wohl auch Schmitz aaO, 528). Dem kann im dogmatischen Ansatz nicht entgegengehalten werden, eine richtlinienkonforme Auslegung setze ihrerseits eine den Erfordernissen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit genügende nationale Norm bereits voraus (so aber Altenhain in Hirte/Möllers aaO mwN); denn die Bestimmtheit oder Unbestimmtheit einer Norm ist nicht absolut. Sie hängt vielmehr - wie dargelegt - davon ab, ob begriffliche Weiten durch anerkannte Auslegungsmethoden hinreichend reduziert werden können. Hierzu gehört jedenfalls dann, wenn wie hier der nationale Gesetzgeber europarechtliche Vorgaben umsetzt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 378 ff.), eine an diesen Vorgaben orientierte Interpretation der Tatbestandsmerkmale.
18
In der Sache erweist sich zwar die in Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der genannten Richtlinie enthaltene Definition der nach Art. 5 der Richtlinie zu untersagenden Marktmanipulation als "Geschäft oder Kauf- bzw. Verkaufsaufträge unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder unter Verwendung sonstiger Kunstgriffe oder Formen der Täuschung" für sich betrachtet kaum als präziser als die Regelung des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG. Die unbestimmten Rechtsbegriffe werden indes ausgefüllt durch die in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie sowie die in Art. 5 der Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG vom 22. Dezember 2003 aufgeführten Beispiele. Als ein solches Beispiel nennt die Richtlinie ausdrücklich die Ausnutzung eines gelegentlichen oder regelmäßigen Zugangs zu den traditionellen oder elektronischen Medien durch Abgabe einer Stellungnahme zu einem Finanzinstrument , wobei zuvor Positionen bei diesem eingegangen wurden, ohne dass der Öffentlichkeit gleichzeitig dieser Interessenkonflikt auf ordnungsgemäße und effiziente Weise mitgeteilt wird, unabhängig davon, ob die Empfehlung für sich betrachtet sachlich gerechtfertigt war. Hierdurch erhält zum einen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG die erforderliche Klarheit; zum anderen stellt § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV lediglich dessen Spezifizierung dar (aA MüKoStGB/Pananis aaO, Rn. 233), die nicht für sich erst die Strafbarkeit begründet. Darauf, dass die Richtlinie - insoweit enger als die nationale Regelung, die lediglich auf eine Preiseinwirkungseignung abstellt - für die Annahme einer Marktmanipulation an den Abschluss eines Geschäfts bzw. an entsprechende Aufträge durch den Täuschenden anknüpft, kommt es bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "sonstige Täuschungshandlungen" und damit der Bestimmtheit des Merkmals der Täuschung nicht an.
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2. Das Landgericht ist auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Recht von einer Tatbegehung durch den Angeklagten ausgegangen.
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a) Bei § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG handelt es sich nicht um ein Sonder-, sondern um ein Jedermannsdelikt. Damit finden die allgemeinen Regeln über Täterschaft und Teilnahme Anwendung. Ohne die Möglichkeit einer Zurechnung der Kundgabe bzw. des Haltens von Positionen - sei es über § 25 Abs. 2 StGB, sei es über § 25 Abs. 1 Alternative 2 StGB - liefe der Schutzzweck der Norm leer (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2013 - 1 StR 106/13, NJW 2014, 1896, 1897 f.; OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664, 3666; Brand, NJW 2014, 1900; Trüg, NStZ 2014, 558, 559 f.; MüKoStGB/Pananis aaO, Rn. 249; Altenhain in Hirte/Möllers aaO, Rn. 105; Schömann aaO, S. 152). Der Einwand der Revision, entgegen den Ausführungen des Landgerichts könne die Entgegennahme von Erlösen die Mittäterschaft nicht tragen, da auch der Gehilfe nur selten rein altruistisch handele, geht fehl, da die Strafkammer in der Höhe der Beteiligung lediglich ein Indiz für das eigene Tatinteresse des Angeklagten gesehen hat. Darüber hinaus hat sie rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der Angeklagte das Modell S. vorstellte, das Vorgehen mit diesem gemeinsam plante sowie im Vorfeld wesentliche Tatbeiträge - Werbung von Interessenten , Unterstützung der Firmeninhaber bei der Erstellung von Corporate News als Grundlage für die Kaufempfehlungen - erbrachte. Dementsprechend war ihm gemäß § 25 Abs. 2 StGB das Halten der Aktien durch S. als Vertreter der Offshore-Unternehmen (§ 14 Abs. 1 StGB) ebenso zuzurechnen wie das Verbreiten der Empfehlungen über die Börsenbriefe durch diesen.
21
b) Diese Kundgaben waren mit keinem angemessenen und wirksamen Hinweis auf den bestehenden Interessenkonflikt verbunden. Der bloße Verweis auf die theoretische Möglichkeit eines solchen lässt den erforderlichen Bezug zu der konkreten Situation vermissen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2013 - 1 StR 106/13, NJW 2014, 1896, 1899; OLG München aaO, 3665; Stoll in Hirte/Möllers aaO, § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 39). Ob daneben - wie das Landgericht meint (ebenso Fleischer, ZBB 2008, 137, 144) - der Hinweis schon deshalb nicht in wirksamer Weise erteilt wurde, weil dieser nur über eine Verknüpfung zum jeweiligen Impressum und den dortigen Angaben zu erreichen war, bedarf daneben keiner Entscheidung.
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3. Das Landgericht hat schließlich den erforderlichen Taterfolg - die Einwirkung auf den Börsenpreis - rechtsfehlerfrei festgestellt.
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a) Auf den Börsenpreis, der nach § 24 Abs. 1 Satz 2 BörsG auch im Rahmen des Freiverkehrs an einer Wertpapierbörse festgestellte Preise umfasst , wird nach gängiger Definition eingewirkt, wenn er künstlich - das heißt gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse am Markt - erhöht, abgesenkt oder auch nur stabilisiert wird (siehe BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5/13, BGHSt 59, 80, 87 f.; OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Oktober 2011 - 2 Ss 65/11, NJW 2011, 3667, 3669; Vogel in Assmann/Schneider aaO, § 38 Rn. 51). Ob in der vorliegenden Konstellation, in der sich die Täuschung auf das Verschweigen des eigenen Wertpapierbesitzes beschränkt, tatsächlich von einer Beeinflussung des Preises gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse am Markt gesprochen werden kann, bedarf keiner endgültigen Entscheidung. Wollte man dies verneinen, bedürfte die Umschreibung des Einwirkens für die hiesige Fallkonstellation einer Modifikation; denn bei Täuschungen im Sinne von § 20a Abs.1 Satz 1 Nr. 3 WpHG in der Form des Scalpings kann ein Einwirken auf den Börsenpreis nicht wegen eines der Empfehlung entsprechenden Potentials der Aktie negiert werden (so schon BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 382); andernfalls liefe die Regelung in diesen Fällen leer.
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b) Entscheidend ist, dass die manipulative Handlung kausal für die weitere Preisentwicklung ist (BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5/13, BGHSt 59, 80, 87 f.). Für die diesbezügliche tatrichterliche Überzeugungsbildung gilt - wie auch sonst - § 261 StPO. Es geht hinsichtlich des Erfordernisses der Einwirkung auf den Börsenpreis weder um die Anerkennung eines auf der Wahrscheinlichkeit eines typischen Geschehensablaufs beruhenden An- scheinsbeweises (aA Schömann aaO, S. 60 f.; Altenhain in Hirte/Möllers aaO, Rn. 118) noch um eine Feststellung "Pi mal Daumen" (aA Schröder aaO, Rn. 567). Rechtsfehlerfreie richterliche Überzeugung ist subjektive Gewissheit auf hinreichender Tatsachengrundlage. Auf deren Basis müssen die vom Tatgericht gezogenen Schlüsse möglich, nicht dagegen schlechterdings zwingend sein (siehe auch Vogel in Assmann/Schneider aaO, § 38 Rn. 54). Es besteht weiterhin auch in dem Bereich des Wertpapierhandels kein Anlass, zugunsten des Angeklagten Sachverhaltsvarianten zu unterstellen, für die es keinerlei Anhaltspunkte gibt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - 1 StR 478/04, NStZRR 2005, 147, 148). Der erforderliche Umfang an Tatsachenfeststellung, aufgrund derer der Schluss auf eine Preiseinwirkung gezogen werden kann, bestimmt sich demnach nach den Umständen des Einzelfalls. In diesem Sinne sind auch die Ausführungen der Rechtsprechung zu verstehen, wonach Befragungen von Marktteilnehmern nicht erforderlich und stattdessen Vergleiche von bisherigem Kursverlauf und Umsatz, die Kurs- und Umsatzentwicklung des betreffenden Papiers am Tag der tatbestandlichen Handlung sowie die Ordergröße als Indizien ausreichend seien (vgl. BGH, Urteil vom 6. November2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 384; Beschluss vom 4. Dezember 2013 - 1 StR 106/13, NJW 2014, 1896, 1899 f.).
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c) Nach diesen Maßstäben ist die Überzeugungsbildung des Landgerichts - eingedenk des eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfungsmaßstabs (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 213 f.) - nicht zu beanstanden. Die Revision zeigt weder Verstöße gegen Denkgesetze noch Lücken oder Widersprüche in der Beweiswürdigung auf. Die Argumentation der Strafkammer ist vielmehr ohne weiteres nachvollziehbar. Sie beruht auf der Überlegung, dass die empfohlenen Aktien weitgehend unbekannt waren und dementsprechend im Vorfeld der Stellungnahmen durchS.
und den Angeklagten kaum - wenn auch vereinzelt, weshalb ein Börsenpreis nicht erst bewirkt wurde (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5/13, BGHSt 59, 80, 88 f.) - gehandelt wurden (zur Maßgeblichkeit der Liquidität des Wertpapiers auch Vogel in Assmann/Schneider aaO, § 38 Rn. 56; Park/Sorgenfrei aaO, Rn. 269). Wenn in unmittelbarer zeitlicher Folge zu der Versendung einer Stellungnahme, mit der das Potential der Aktien gepriesen wird, Umsatz und Käuferzahlen um mindestens das Doppelte anstiegen , so ist der Schluss auf einen Zusammenhang zwischen Empfehlung und Preisfestsetzung nicht nur möglich, sondern sogar naheliegend. Dies gilt umso mehr, als - womit sich die Strafkammer ebenfalls auseinandergesetzt hat - andere Ursachen nicht zu erkennen waren, die allein für die Entwicklung verantwortlich zeichnen konnten. Dass bei der Überzeugungsbildung die konkrete Kursentwicklung keine maßgebende Rolle gespielt hat, erklärt sich schon daraus , dass - wie regelmäßig bei unbekannten und daher kaum gehandelten Aktien - das primäre Ziel des Angeklagten und S. darin bestand, eine entsprechende Nachfrage zu schaffen.
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4. Durch die Annahme von lediglich drei materiellrechtlich selbständigen Taten ist der Angeklagte jedenfalls nicht beschwert.
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IV. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz kann allerdings - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - keinen Bestand haben. Die Prüfung des § 73c Abs. 1 StGB stellt sich als zum Nachteil des Angeklagten rechtsfehlerhaft dar.
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Abgesehen davon, dass das Landgericht das systematische Verhältnis der beiden Alternativen der Vorschrift verkannt hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86), erweisen sich schon angesichts der Höhe des im Raum stehenden Betrages die Ausführungen der Strafkam- mer sowohl mit Blick auf die Ermessensausübung im Rahmen des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB als auch mit Blick auf die Möglichkeit des Vorliegens einer noch weitergehenden unbilligen Härte im Sinne von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB als zu pauschal. Darüber hinaus wird die Angabe des Landgerichts im Rahmen der Ausführungen zu dem Verfall, nach den eigenen Angaben des Angeklagten verfüge dieser noch über Vermögen in Höhe von rund 3 Millionen Euro, von den Feststellungen zu dessen Person nicht getragen. Dort hat die Strafkammer zwar verschiedene Vermögenswerte aufgeführt. Diese addieren sich indes lediglich auf 2,15 Millionen Euro. Darüber hinaus handelt es sich bei 1,53 Millionen Euro um diverse Gesellschaftsvermögen und damit nicht - jedenfalls nicht ohne Weiteres - um Vermögen des Angeklagten als dem von der Verfallsanordnung Betroffenen. Der Hinweis der Strafkammer auf die wirtschaftliche Berechtigung des Angeklagten bleibt in diesem Zusammenhang unklar. Um einen Vermögenswert des Angeklagten handelt es sich zwar bei dessen Eigentums- wohnung im Wert von rund 600.000 €. Dazu, ob bzw. in welcher Höhe diese bezahlt, finanziert oder sonst belastet ist, verhält sich das Urteil jedoch ebenfalls nicht.
29
V. Die Verfallsentscheidung bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
30
1. Dem Generalbundesanwalt ist auch dahin zuzustimmen, dass sich das Landgericht mit Blick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB mit der Frage einer Informationsdeliktshaftung nach § 826 BGB hätte beschäftigen müssen (siehe BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 254/09, NStZ 2010, 326). Entgegen dessen Ansicht belegen die bislang getroffenen Feststellungen solche Ansprüche indes nicht ohne Weiteres. Denn Schaden und Gesetzesverstoß allein begründen die Annahme der Sittenwidrigkeit noch nicht. Die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens muss sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben. Erforderlich ist mithin eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10, NJW 2012, 1800, 1803). Dabei wird auch in den Blick zu nehmen sein, dass nach den getroffenen Feststellungen die Angaben über die Aktien selbst zutreffend waren (vgl. Vogel in Assmann/Schneider aaO, § 38 Rn. 91). Dieser Umstand steht indes der Bejahung eines Schadens nicht von vorneherein entgegen. Denn § 826 BGB stellt insoweit nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab; als Schaden ist vielmehr neben jeder nachteiligen Einwirkung auf die Vermögenslage jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses, etwa das wirtschaftliche Selbstbestimmungsrecht, und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung anzusehen (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2972). Es genügt also, wenn die Käufer die Aktien tatsächlich nicht erworben hätten, wenn sie darüber informiert worden wären, dass der Angeklagte und S. selbst die empfohlenen Aktien gehalten haben. Hiervon wird wegen der verfallsausschließenden Wirkung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB im Zweifel auszugehen sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 267/13, juris Rn. 27 f.; vom 1. Oktober2015 - 3 StR 102/15, juris Rn. 17).
31
Sollte demnach im Grundsatz lediglich eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO in Betracht kommen, wird die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer zu beachten haben, dass nach § 2 Abs. 3, Abs. 5 StGB Tathandlungen als Grundlage einer solchen ausscheiden, die vor dem 1. Januar 2007 begangen wurden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07, NJW 2008, 1093). Dabei ist bei Mittäterschaft auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem einer der Mittäter einen gegenseitig zurechenbaren Tatbeitrag geleistet hat (BGH, Urteil vom 24. März 1999 - 3 StR 240/98, NJW 1999,

1979).


32
2. Der Senat vermag der in der Literatur vielfach vertretenen Ansicht nicht zu folgen, eine Verfallsanordnung scheide bei informationsgestützten Manipulationen schon deshalb aus, weil unmittelbar aus diesen Taten nichts erlangt werde und das spätere Ausnutzen des zuvor manipulierten Börsenpreises keinen unmittelbar aus der Tat erlangten Vermögenszuwachs darstelle (vgl. MüKoStGB/Pananis aaO, Rn. 255; Park/Sorgenfrei aaO, Rn. 300; Fuchs/Waßmer, WpHG, § 38 Rn. 84). Im vorliegenden Fall deuten die Feststellungen sogar darauf hin, dass zumindest in der weit überwiegenden Anzahl der Transaktionen der Taterfolg in Form der Einwirkung auf den Börsenpreis nicht durch täuschungsbedingte Drittgeschäfte, sondern durch Eigengeschäfte der Angeklagten in Form von Verkäufen ihnen wirtschaftlich zuzurechnender Aktien herbeigeführt wurde. In dieser Konstellation gehört der Aktienverkauf noch zur Tatbestandserfüllung, so dass es naheliegt, den für die Aktien erzielten Erlös jedenfalls so weit als erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB anzusehen, als er aufgrund der durch das Scalping verursachten Wertsteigerung der Aktien erzielt wurde.
33
Soweit die Einwirkung auf den Börsenpreis durch Drittgeschäfte hervorgerufen wurde und sich das Eigengeschäft der Angeklagten erst daran anschloss , ist der Verkauf der Aktien durch diese nicht mehr Teil der Tatbestandserfüllung. Da aber aus der Tat alle Vermögenswerte erlangt sind, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5/13, BGHSt 59, 80, 92), wäre dann die in Folge dieser Einwirkung eingetretene Wertänderung der vom Täter gehaltenen, jedoch bei deren Empfehlung verschwiegenen Aktien maßgebend. Diese Wertänderung wird oftmals in dem Kursgewinn liegen (vgl. Altenhain in Hirte/Möllers aaO, Rn. 161; Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, 2006, S. 180; Schömann aaO, S. 168; Vogel in Assmann/Schneider aaO, § 38 Rn. 95). Sollte das Landgericht mit seinem Hinweis auf die Chance des Angeklagten und S. , die Aktien zu hohen Kursen zu veräußern, auf diesen abgestellt haben, so wäre dessen Bezifferung mit 75% der Verkaufserlöse im Wege der Schätzung (§ 73b StGB) nicht nachvollziehbar. Denn der im Urteil dargestellten Übersicht über die Kursentwicklung im Tatzeitraum ist zu entnehmen, dass die Werte der einzelnen Aktien gegenüber demjenigen vor dem ersten Ereignis lediglich zwischen 12% und 35% gestiegen sind.
34
3. Das neue Tatgericht wird sich auch näher mit der Frage zu befassen haben, ob der Angeklagte Mitverfügungsgewalt an den Werten hatte, die auf Konten gebucht wurden, bezüglich derer er Einzelvertretungsvollmacht besaß. Denn insoweit handelte es sich um Konten der Offshore-Unternehmen. In Vertretungsfällen gemäß § 73 Abs. 3 StGB, in denen der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) oder als sonstiger Angehöriger einer juristischen Person für diese handelt und die Vermögensmehrung bei der juristischen Person eintritt, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass der Täter Verfügungsgewalt an dem Erlangten hat. Regelmäßig ist vielmehr davon auszugehen , dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt , die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es daher auch in Fällen einer - legalen - Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Eine solche Feststellung rechtfertigende Umstände können etwa darin zu sehen sein, dass der Täter - was vorliegend nach den getroffenen Feststellungen naheliegen könnte - die juristische Person nur als formalen Mantel seiner Tat nutzt, eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft aber nicht vornimmt, oder darin, dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH, Urteile vom 23. Oktober 2013 - 5 StR 505/12, NStZ 2014, 89, 93; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, StV 2004, 409, 410 f.).
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4. Soweit das Landgericht hinsichtlich des tatsächlichen Vorgangs des Erlangens (vgl. BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 127/03, juris Rn. 5) auch auf die Aushändigung bzw. Überweisung von insgesamt 441.875 € von S. an den Angeklagten abgestellt hat, wird zu beachten sein, dass Voraussetzung für eine Anordnung nach §§ 73, 73a StGB ist, dass das Erlangteaus einer abgeurteilten Tat stammen oder für eine solche erhalten worden sein muss (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2003 - 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422, 423). Dies könnte vor dem Hintergrund der Einstellung vergleichbarer Manipulationsvorwürfe bezüglich weiterer Aktien gemäß § 154 Abs. 1 StPO fraglich sein.
Becker RiBGH Hubert befindet sich Schäfer im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker RiBGH Mayer ist erkrankt Spaniol und daher gehindert zu unterschreiben. Becker

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

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Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Gesetz über den Wertpapierhandel


Wertpapierhandelsgesetz - WpHG

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Strafgesetzbuch - StGB | § 2 Zeitliche Geltung


(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

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(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an de

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


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(1) Die Mitteilungspflicht nach § 33 Absatz 1 und 2 gilt entsprechend für Inhaber von Stimmrechten im Sinne des § 33 und Instrumenten im Sinne des § 38, wenn die Summe der nach § 33 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 und § 38 Absatz 1 Satz 1 zu berücksich

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(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn 1. er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,2. ihm das Erlangte a) unent

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(1) Die Mitteilungspflicht nach § 33 Absatz 1 und 2 gilt bei Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten der in § 33 Absatz 1 Satz 1 genannten Schwellen mit Ausnahme der Schwelle von 3 Prozent entsprechend für unmittelbare oder mittelbare Inhaber von Instrumenten, die

1.
dem Inhaber entweder
a)
bei Fälligkeit ein unbedingtes Recht auf Erwerb mit Stimmrechten verbundener und bereits ausgegebener Aktien eines Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, oder
b)
ein Ermessen in Bezug auf sein Recht auf Erwerb dieser Aktien
verleihen, oder
2.
sich auf Aktien im Sinne der Nummer 1 beziehen und eine vergleichbare wirtschaftliche Wirkung haben wie die in Nummer 1 genannten Instrumente, unabhängig davon, ob sie einen Anspruch auf physische Lieferung einräumen oder nicht.
Die §§ 36 und 37 gelten entsprechend.

(2) Instrumente im Sinne des Absatzes 1 können insbesondere sein:

1.
übertragbare Wertpapiere,
2.
Optionen,
3.
Terminkontrakte,
4.
Swaps,
5.
Zinsausgleichsvereinbarungen und
6.
Differenzgeschäfte.

(3) Die Anzahl der für die Mitteilungspflicht nach Absatz 1 maßgeblichen Stimmrechte ist anhand der vollen nominalen Anzahl der dem Instrument zugrunde liegenden Aktien zu berechnen. Sieht das Instrument ausschließlich einen Barausgleich vor, ist die Anzahl der Stimmrechte abweichend von Satz 1 auf einer Delta-angepassten Basis zu berechnen, wobei die nominale Anzahl der zugrunde liegenden Aktien mit dem Delta des Instruments zu multiplizieren ist. Die Einzelheiten der Berechnung bestimmen sich nach den in Artikel 13 Absatz 1a der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38) benannten technischen Regulierungsstandards. Bei Instrumenten, die sich auf einen Aktienkorb oder einen Index beziehen, bestimmt sich die Berechnung ebenfalls nach den technischen Regulierungsstandards gemäß Satz 2.

(4) Beziehen sich verschiedene der in Absatz 1 genannten Instrumente auf Aktien desselben Emittenten, sind die Stimmrechte aus diesen Aktien zusammenzurechnen. Erwerbspositionen dürfen nicht mit Veräußerungspositionen verrechnet werden.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Mitteilung nach Absatz 1. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen, soweit die Art und die Form der Mitteilung nach Absatz 1, insbesondere die Nutzung eines elektronischen Verfahrens, betroffen sind.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Mitteilungspflicht nach § 33 Absatz 1 und 2 gilt bei Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten der in § 33 Absatz 1 Satz 1 genannten Schwellen mit Ausnahme der Schwelle von 3 Prozent entsprechend für unmittelbare oder mittelbare Inhaber von Instrumenten, die

1.
dem Inhaber entweder
a)
bei Fälligkeit ein unbedingtes Recht auf Erwerb mit Stimmrechten verbundener und bereits ausgegebener Aktien eines Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, oder
b)
ein Ermessen in Bezug auf sein Recht auf Erwerb dieser Aktien
verleihen, oder
2.
sich auf Aktien im Sinne der Nummer 1 beziehen und eine vergleichbare wirtschaftliche Wirkung haben wie die in Nummer 1 genannten Instrumente, unabhängig davon, ob sie einen Anspruch auf physische Lieferung einräumen oder nicht.
Die §§ 36 und 37 gelten entsprechend.

(2) Instrumente im Sinne des Absatzes 1 können insbesondere sein:

1.
übertragbare Wertpapiere,
2.
Optionen,
3.
Terminkontrakte,
4.
Swaps,
5.
Zinsausgleichsvereinbarungen und
6.
Differenzgeschäfte.

(3) Die Anzahl der für die Mitteilungspflicht nach Absatz 1 maßgeblichen Stimmrechte ist anhand der vollen nominalen Anzahl der dem Instrument zugrunde liegenden Aktien zu berechnen. Sieht das Instrument ausschließlich einen Barausgleich vor, ist die Anzahl der Stimmrechte abweichend von Satz 1 auf einer Delta-angepassten Basis zu berechnen, wobei die nominale Anzahl der zugrunde liegenden Aktien mit dem Delta des Instruments zu multiplizieren ist. Die Einzelheiten der Berechnung bestimmen sich nach den in Artikel 13 Absatz 1a der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38) benannten technischen Regulierungsstandards. Bei Instrumenten, die sich auf einen Aktienkorb oder einen Index beziehen, bestimmt sich die Berechnung ebenfalls nach den technischen Regulierungsstandards gemäß Satz 2.

(4) Beziehen sich verschiedene der in Absatz 1 genannten Instrumente auf Aktien desselben Emittenten, sind die Stimmrechte aus diesen Aktien zusammenzurechnen. Erwerbspositionen dürfen nicht mit Veräußerungspositionen verrechnet werden.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Mitteilung nach Absatz 1. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen, soweit die Art und die Form der Mitteilung nach Absatz 1, insbesondere die Nutzung eines elektronischen Verfahrens, betroffen sind.

(1) Die Mitteilungspflicht nach § 33 Absatz 1 und 2 gilt entsprechend für Inhaber von Stimmrechten im Sinne des § 33 und Instrumenten im Sinne des § 38, wenn die Summe der nach § 33 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 und § 38 Absatz 1 Satz 1 zu berücksichtigenden Stimmrechte an demselben Emittenten die in § 33 Absatz 1 Satz 1 genannten Schwellen mit Ausnahme der Schwelle von 3 Prozent erreicht, überschreitet oder unterschreitet.

(2) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Mitteilung nach Absatz 1. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen, soweit die Art und die Form der Mitteilung nach Absatz 1, insbesondere die Nutzung eines elektronischen Verfahrens, betroffen sind.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 3 0 2 / 1 4
vom
22. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 22. Juli
2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 4. März 2014, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und versuchtem Schwangerschaftsabbruch zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Angeklagte beanstandet zu Recht, dass das Landgericht einen Befangenheitsantrag gegen einen Sachverständigen mit unzureichender und damit rechtsfehlerhafter Begründung zurückgewiesen hat (§ 74 StPO).
3
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
4
Der Angeklagte hat den Sachverständigen, der mit seiner forensischpsychiatrischen Begutachtung beauftragt war, wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Gutachten sei nicht mit der erforderlichen wissenschaftlichen Sorgfalt erstellt worden. Außerdem habe der Sachverständige den Wunsch des Angeklagten unterbunden, dass bei der Exploration sein Verteidiger anwesend sein sollte. Schließlich habe der Sachverständige den Verteidiger nicht über dieses Anliegen informiert; vielmehr habe er diesem telefonisch bewusst wahrheitswidrig ausrichten lassen , die Begutachtung sei praktisch abgeschlossen und der Angeklagte habe ihm gegenüber nicht geäußert, dass er seinen Verteidiger dabei haben wollte.
5
Das Landgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen und dies damit begründet , weder das wissenschaftliche Vorgehen des Sachverständigen noch die Tatsache, dass dieser die Exploration in Abwesenheit des Verteidigers durchgeführt habe, rechtfertigten die Besorgnis der Befangenheit. Zu dem weiteren Vorwurf, der Sachverständige habe den Verteidiger unzutreffend über den Wunsch des Angeklagten informiert, die Exploration im Beisein seines Verteidigers durchzuführen, verhält sich der den Antrag ablehnende Beschluss nicht.
6
2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
7
Anders als bei der Ablehnung eines Richters prüft das Revisionsgericht bei der Ablehnung eines Sachverständigen nicht selbstständig, ob die Voraussetzungen für die Besorgnis einer Befangenheit im konkreten Fall vorliegen. Es hat vielmehr allein nach revisionsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden, ob das Ablehnungsgesuch ohne Verfahrensfehler und mit ausreichender Begründung zurückgewiesen worden ist. Dabei ist es an die vom Tatgericht festgestellten Tatsachen gebunden und darf keine eigenen Feststellungen treffen. Aus diesem Grunde muss das Tatgericht in seinem Beschluss darlegen, von welchen Tatsachen es ausgeht (BGH, Beschluss vom 23. März 1994 - 2 StR 67/94, NStZ 1994, 388). Die gemäß § 34 StPO erforderliche Begründung des Beschlusses muss im Übrigen so ausführlich sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob das Tatgericht die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt hat; daneben muss sie die Verfahrensbeteiligten in die Lage versetzen, ihr weiteres Prozessverhalten darauf einzurichten (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 74 Rn. 17 mwN).
8
Diesen Anforderungen wird die Begründung des Beschlusses des Landgerichts nicht gerecht. Die Strafkammer hat zu einem wesentlichen Teil der Begründung des Ablehnungsgesuchs nicht Stellung genommen. Damit ist weder erkennbar, von welchen Tatsachen sie insoweit ausgegangen ist, noch, ob ihre Entscheidung im Übrigen rechtsfehlerfrei ist. Eine sachliche Überprüfung der Entscheidung durch den Senat als Revisionsgericht ist deshalb nicht möglich. Ebenso wenig konnte der Angeklagte sein weiteres Prozessverhalten auf die Begründung der Strafkammer einrichten.
9
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler berührt den Schuldspruch nicht. Es ist mit Blick auf die im Übrigen rechtsfehlerfreien Feststellungen zum Lebenslauf des Angeklagten und zur Tat auszuschließen, dass das Landgericht im Falle des Erfolgs des Ablehnungsgesuchs und Zuziehung eines anderen Sachverständigen zu der Überzeugung gelangt wäre, der Angeklagte sei bei Begehung der Tat schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB gewesen. Allerdings beruht der Strafausspruch auf der fehlerhaften Ablehnung des Befangenheitsgesuches, denn der Senat kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass die Strafkammer bei Einholung eines anderen Sachverständigengutachtens, auf eine geringere Strafe erkannt hätte, etwa weil weitere Strafmilderungsgründe zutage getreten wären oder sie sich davon überzeugt hätte, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB war. Die Sache bedarf deshalb zum Strafausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung.
Becker Schäfer Mayer
RiBGH Gericke befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, daß der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Die ernannten Sachverständigen sind den zur Ablehnung Berechtigten namhaft zu machen, wenn nicht besondere Umstände entgegenstehen.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen.

(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch den Richter. Er soll mit diesen eine Absprache treffen, innerhalb welcher Frist die Gutachten erstattet werden können.

(2) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es fordern.

(1) Die Mitteilungspflicht nach § 33 Absatz 1 und 2 gilt bei Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten der in § 33 Absatz 1 Satz 1 genannten Schwellen mit Ausnahme der Schwelle von 3 Prozent entsprechend für unmittelbare oder mittelbare Inhaber von Instrumenten, die

1.
dem Inhaber entweder
a)
bei Fälligkeit ein unbedingtes Recht auf Erwerb mit Stimmrechten verbundener und bereits ausgegebener Aktien eines Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, oder
b)
ein Ermessen in Bezug auf sein Recht auf Erwerb dieser Aktien
verleihen, oder
2.
sich auf Aktien im Sinne der Nummer 1 beziehen und eine vergleichbare wirtschaftliche Wirkung haben wie die in Nummer 1 genannten Instrumente, unabhängig davon, ob sie einen Anspruch auf physische Lieferung einräumen oder nicht.
Die §§ 36 und 37 gelten entsprechend.

(2) Instrumente im Sinne des Absatzes 1 können insbesondere sein:

1.
übertragbare Wertpapiere,
2.
Optionen,
3.
Terminkontrakte,
4.
Swaps,
5.
Zinsausgleichsvereinbarungen und
6.
Differenzgeschäfte.

(3) Die Anzahl der für die Mitteilungspflicht nach Absatz 1 maßgeblichen Stimmrechte ist anhand der vollen nominalen Anzahl der dem Instrument zugrunde liegenden Aktien zu berechnen. Sieht das Instrument ausschließlich einen Barausgleich vor, ist die Anzahl der Stimmrechte abweichend von Satz 1 auf einer Delta-angepassten Basis zu berechnen, wobei die nominale Anzahl der zugrunde liegenden Aktien mit dem Delta des Instruments zu multiplizieren ist. Die Einzelheiten der Berechnung bestimmen sich nach den in Artikel 13 Absatz 1a der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38) benannten technischen Regulierungsstandards. Bei Instrumenten, die sich auf einen Aktienkorb oder einen Index beziehen, bestimmt sich die Berechnung ebenfalls nach den technischen Regulierungsstandards gemäß Satz 2.

(4) Beziehen sich verschiedene der in Absatz 1 genannten Instrumente auf Aktien desselben Emittenten, sind die Stimmrechte aus diesen Aktien zusammenzurechnen. Erwerbspositionen dürfen nicht mit Veräußerungspositionen verrechnet werden.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Mitteilung nach Absatz 1. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen, soweit die Art und die Form der Mitteilung nach Absatz 1, insbesondere die Nutzung eines elektronischen Verfahrens, betroffen sind.

(1) Die Mitteilungspflicht nach § 33 Absatz 1 und 2 gilt entsprechend für Inhaber von Stimmrechten im Sinne des § 33 und Instrumenten im Sinne des § 38, wenn die Summe der nach § 33 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 und § 38 Absatz 1 Satz 1 zu berücksichtigenden Stimmrechte an demselben Emittenten die in § 33 Absatz 1 Satz 1 genannten Schwellen mit Ausnahme der Schwelle von 3 Prozent erreicht, überschreitet oder unterschreitet.

(2) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Mitteilung nach Absatz 1. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen, soweit die Art und die Form der Mitteilung nach Absatz 1, insbesondere die Nutzung eines elektronischen Verfahrens, betroffen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 5/13
vom
27. November 2013
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
WpHG aF § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
1. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser
künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse erhöht, abgesenkt
oder auch nur stabilisiert wird. Hierfür reicht es nicht aus, dass aufgrund
des manipulativen Geschäfts erstmals ein Börsenpreis gebildet wird; erforderlich
ist vielmehr, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die
Manipulation des Täters beeinflusst wird.
2. Für den nach § 28 Abs. 2 WpHG aF erforderlichen Taterfolg reicht es aus,
dass der manipulierte Preis an der Börse festgesetzt wird. Es ist nicht erforderlich
, dass danach weitere Geschäfte getätigt werden, bei denen die Preise
kausal gerade auf dem durch das manipulative Geschäft hervorgerufenen
Kursniveau beruhen.
3. Der Begriff des Börsenpreises im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF entspricht
dem des § 24 Abs. 1 BörsG. Ein Börsenpreis in diesem Sinne kommt auch
dann zustande, wenn das Geschäft, auf dem er beruht, den inhaltlichen Anforderungen
des § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügt; erfasst sind deshalb
auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise.
4. Der subjektive Tatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert Vorsatz; dieser
genügt. Nicht vorausgesetzt ist, dass der Täter mit einer Manipulationsabsicht
handelt.
5. Bei einer nach § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
WpHG aF strafbaren Marktmanipulation durch den Verkauf von Aktien zu einem
zuvor abgesprochenen Preis ist erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1
StGB der gesamte für die Aktien erzielte Kaufpreis.
BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5 /13 - LG Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Marktmanipulation
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
25. Juli 2013 in der Sitzung am 27. November 2013, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- nur in der Verhandlung am 25. Juli 2013 -
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 7. September 2012 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen vorsätzlicher Marktmanipulation in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 80 € verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 63.700 € angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet insbesondere die Beweiswürdigung sowie die Verfallsentscheidung. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts erteilte der Angeklagte Verkaufs- und Kaufaufträge für die im Freiverkehr an der Frankfurter Börse gehandelten Aktien der Firma R. AG, die er zuvor mit dem Käufer bzw. Verkäufer abgesprochen hatte (sog. matched orders bzw. prearranged trades).
3
1. Zunächst gab er am 3. April 2009 in der Absicht, sich finanzielle Liquidität für den Erwerb sonstiger Aktien zu verschaffen, einen Verkaufsauftrag über 22.000 Aktien der R. AG zu einem Verkaufslimit von 4,55 €. Ein Geschäftspartner des Angeklagten erteilte am selben Tag aufgrund einer zwischen beiden zuvor getroffenen Vereinbarung einen Kaufauftrag mit einem Kauflimit von 4,55 €, zunächst über 14.000 und unmittelbar darauf über weitere 8.000 Stück der betreffenden Aktien. Diese Aufträge wurden jeweils zu entsprechenden Geschäftsabschlüssen zusammengeführt. Ein zu einem nicht näher festgestellten vorherigen Zeitpunkt veröffentlichter Preis für die Aktie der R. AG betrug 4,12 € pro Aktie. Dabei handelte es sich um einen Geldkurs, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand. Nach der Auffassung der Strafkammer sei dieser Kurs zwar kein Börsenkurs im Sinne des § 24 BörsG. Er sei gleichwohl bei der Beurteilung der Einwirkung auf den Preis der Aktie nach § 38 Abs. 2 WpHG in der zur Tatzeit geltenden Fassung durch das Verhalten des Angeklagten heranzuziehen, weil andernfalls gerade auf besonders manipulationsanfälligen Märkten der dort besonders notwendige strafrechtliche Schutz nicht gewährleistet sei.
4
2. Um die ihm gewährte Liquidität teilweise zurückfließen zu lassen, gab der Angeklagte am 30. April 2009 den Kauf von 10.000 Stück derselben Aktie zu einem Kauflimit von 4,55 € in Auftrag. Da sein Geschäftspartner zuvor zwei Verkaufsaufträge über je 5.000 Stück Aktien mit dem vereinbarten Verkaufslimit in gleicher Höhe erteilt hatte, kam es zu einem entsprechenden Geschäftsabschluss. Sechs Minuten zuvor hatte der Angeklagte mit seinem Geschäftspartner ein ebenfalls abgesprochenes - nicht mehr verfahrensgegenständliches - Geschäft zu 4,50 € pro Aktie geschlossen. Auf diesen Preis habe der Angeklagte, so die Wertung des Landgerichts, in von § 38 Abs. 2 WpHG aF pönalisierter Form eingewirkt.
5
II. Das Urteil hält der auf Grund der Revisionsrechtfertigung gebotenen umfassenden sachlichrechtlichen Prüfung stand. Die - entgegen der Auffassung der Revision rechtsfehlerfrei zustande gekommenen - Feststellungen be- legen zwei zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit stehende Straftaten nach § 38 Abs. 2 WpHG in der hier nach § 2 Abs. 3 StGB maßgebenden, zu den Tatzeiten geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Bezüglich der Anordnung des Verfalls zeigt die Revision ebenfalls keinen Rechtsfehler auf.
6
1. Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der die Strafbarkeit begründenden Regelung.
7
a) Für die rechtliche Bewertung des vorliegenden Falles ist folgendes Regelungsgefüge maßgeblich: Gemäß § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF ist es untersagt, Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bestimmt, dass derjenige ordnungswidrig handelt, der entgegen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, auch in Verbindung mit Abs. 4, jeweils in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 oder 5 ein Geschäft vornimmt oder einen Kauf- oder Verkaufsauftrag erteilt. § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF erlaubt dem Bundesministerium der Finanzen, durch eine Rechtsverordnung , die der Zustimmung des Bundesrats bedarf, nähere Bestimmungen zu erlassen über falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten oder das Vorliegen eines künstlichen Preisniveaus. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 der auf dieser Grundlage erlassenen Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV ) werden irreführende Signale im Sinne des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG insbesondere auch durch Geschäfte oder einzelne Kauf- oder Verkaufsaufträge über Finanzinstrumente gegeben, die von Parteien, die sich abgesprochen haben, zu im Wesentlichen gleichen Stückzahlen und Preisen erteilt werden, es sei denn, diese Geschäfte wurden im Einklang mit den jeweili- gen Marktbestimmungen rechtzeitig angekündigt. Strafbar gemäß § 38 Abs. 2 WpHG aF macht sich schließlich u.a., wer eine in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bezeichnete Handlung begeht und dadurch auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments einwirkt.
8
b) Auch mit Blick auf die zahlreichen, in den genannten Vorschriften enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe, die auf den ersten Blick wenig übersichtliche Regelungstechnik und die in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WphG aF enthaltenen blankettartigen Verweise auf verschiedene Rechtsverordnungen ist die Regelung insgesamt - trotz der verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Zweifel (vgl. Sorgenfrei, wistra 2002, 321, 325; Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 61 ff.; Moosmayer, wistra 2002, 161, 167 ff.; Tripmaker , wistra 2002, 288, 292; Streinz/Ohler, WM 2004, 1309, 1314 ff.; Schmitz, ZStW 115 (2003), 501, 528) - verfassungsgemäß (vgl. zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 3 StR 506/10, wistra 2011, 467, 468; zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; vgl. auch Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., Vor § 20a Rn. 26 ff.; Mock/Stoll/Eufinger in Kölner Kommentar zum WpHG, § 20a Rn. 82 ff.; Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts -Kommentar, 4. Aufl., § 20a WpHG Rn. 5 f. mwN; Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, 2012, S. 273; Schönwälder, Grund und Grenzen einer strafrechtlichen Regulierung der Marktmanipulation, 2011, S. 115 ff.; Teuber, Die Beeinflussung von Börsenkursen, 2011, S. 217 ff.).
9
Sie genügt insbesondere - entsprechend anderen wirtschaftsstrafrechtlichen Tatbeständen wie etwa der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), der Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB) oder der Kreditbetrug (§ 265b StGB), die in ähnlicher Form durch die Verwendung konkretisierungsbedürftiger Rechtsbegriffe geprägt sind - noch dem verfassungsmäßigen Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; Vogel, aaO Vor § 20a Rn. 29), der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht übersteigert werden darf, damit die Gesetze nicht zu starr und kasuistisch und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalles nicht mehr gerecht werden (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 1992 - 2 BvR 858/92, NJW 1993, 1909, 1910). Die Verwendung präziserer, engerer Formulierungen würde hier die Gefahr begründen , dass die Regelung mit Blick auf die sich schnell ändernden manipulativen Praktiken an den Börsen und Märkten den ihr zugedachten hauptsächlichen Zweck, im Interesse des Gemeinwohls die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten zu gewährleisten und damit deren Funktionsfähigkeit gegen manipulierende Eingriffe zu sichern (BTDrucks. 14/8017, S. 98; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 7) bereits nach kurzer Zeit nicht mehr erfüllen könnte (vgl. Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 5).
10
Ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG liegt ebenfalls nicht vor (vgl. Eichelberger, ZBB 2004, 296, 299). Die Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung wirkt nicht strafbegründend. Sie ist nicht abschließend und enthält Begriffserläuterungen sowie Regelbeispiele, bei deren Vorliegen Tatbestandsmerkmale des § 20a WpHG erfüllt sein können, außerdem Verfahrensvorschriften zur Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis. Sie hat zum Ziel, den Marktteilnehmern entsprechende Leitlinien an die Hand zu geben, mit deren Hilfe deutlich wird, welche Handlungen marktkonform sind und damit keinen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 WpHG darstellen (BT-Drucks. 14/8017 S. 90). Daher führt sie keine neuen Straftatbestände ein; sie spezifiziert lediglich in nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts letztlich unbedenklicher Weise (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 6. Mai 1987 - 2 BvL 11/85, BVerfGE 75, 329, 342; vom 29. Mai 1991 - 2 BvR 117/90, NJW 1992, 107; vom 7. Oktober 2008 - 2 BvR 1101/08, NVwZ 2009, 239 f. mwN) die gesetzlichen Regelungen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, NJW 2005, 445, 450 zur Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation KuMaKV; vgl. auch Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 6).
11
2. Die Voraussetzungen der § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF sind durch die Feststellungen belegt. Insoweit bedürfen lediglich die folgenden Gesichtspunkte der Erörterung:
12
a) Die von dem Angeklagten erteilten Verkaufs- bzw. Kaufaufträge und die auf dieser Grundlage abgeschlossen Geschäfte waren geeignet, irreführende Signale für den Börsenpreis eines Finanzinstruments zu geben, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF.
13
aa) Der Begriff der irreführenden Signale in diesem Sinne entspricht demjenigen der irreführenden Angaben nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF. In diesem Sinne ist ein irreführendes Signal gegeben, wenn es geeignet ist, einen verständigen, d.h. börsenkundigen und mit dem Markt des betroffenen Finanzinstruments vertrauten, Anleger zu täuschen (vgl. etwa Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 150; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172). Zu den Marktverhältnissen gehören alle Umstände, die auf die Preisbildung einwirken, also insbesondere die Angebotslage, die Nachfrageseite , das Umsatzvolumen, die zeitliche Abfolge der getätigten Umsätze sowie allgemein die Marktliquidität (vgl. MüKoStGB/Pananis aaO).
14
bb) Diese Voraussetzungen sind in beiden Fällen erfüllt. Der Angeklagte und sein Geschäftspartner hatten jeweils einen bestimmten Preis und die Stückzahlen abgesprochen. Sodann setzten sie für die Aufträge zu dem Ver- kauf bzw. Kauf an der Börse ein der vorherigen Absprache entsprechendes Preislimit. Die auf diesen limitierten Orders beruhenden Geschäfte vermittelten jedoch den Eindruck, dass der Preis sich jeweils börsenmäßig aufgrund von Angebot und Nachfrage frei gebildet habe (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Oktober 2011 - 2 Ss 65/11, NJW 2011, 3667). Damit konnte ein verständiger Marktteilnehmer über die zutreffenden wirtschaftlichen Verhältnisse in dem betreffenden Markt in die Irre geführt werden.
15
cc) Einen über die Eignung, falsche oder irreführende Signale zu geben, hinausgehenden Erfolg - etwa in Form eines Irrtums bei sonstigen Marktteilnehmern - verlangt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nicht (vgl. schon zutreffend OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3670).
16
b) Die vom Angeklagten vorgenommenen Handlungen in Form der sog. matched orders bzw. prearranged trades waren mit der zulässigen Marktpraxis auf dem betreffenden Markt nicht vereinbar (vgl. hierzu § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaKonV; BR-Drucks. 639/03 S. 12; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 189; Vogel, aaO § 20a Rn. 166), so dass der Ausnahmetatbestand des § 20a Abs. 2 Satz 1 WpHG nicht eingreift. Die Voraussetzungen des § 20a Abs. 3 WpHG liegen ebenfalls nicht vor.
17
3. Der Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert, dass - zusätzlich zu den Voraussetzungen einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF - der Angeklagte auf den Börsenpreis der R. -Aktie tatsächlich einwirkte. Auch dies kann den Feststellungen in beiden Fällen im Ergebnis entnommen werden.
18
a) Der Begriff des Börsenpreises bestimmt sich nach der auch in diesem Zusammenhang geltenden Definition des § 24 BörsG (allg. Auff., vgl. etwa Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 110; Vogel, aaO § 20a Rn. 114; Diversy in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , § 38 WpHG Rn. 124; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl., Rn. 381). Dafür spricht bereits, dass die Strafbarkeit von marktmanipulativen Verhaltensweisen früher im Börsengesetz selbst geregelt war (vgl. § 88 BörsG aF) und nichts dafür ersichtlich ist, dass derselbe Begriff innerhalb eines Gesetzes unterschiedlich zu interpretieren war. Den Gesetzesmaterialien ist nicht zu entnehmen, dass durch die Normierung der Strafbarkeit im Wertpapierhandelsgesetz insoweit eine sachliche Änderung beabsichtigt war (vgl. BT-Drucks. 14/8017 S. 64, 89). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 BörsG sind alle Preise, die während der Börsenzeit an einer Börse im Präsenzhandel oder im elektronischen Handel, oder Preise, die an einer Warenbörse ermittelt werden, Börsenpreise (vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., § 24 BörsG Rn. 5). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 BörsG gilt dies auch für einen Preis, der im Freiverkehr an einer Wertpapierbörse festgestellt wird. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse am Markt, erhöht, abgesenkt oder auch nur stabilisiert wird (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3669; Vogel, aaO § 38 Rn. 51, § 20a Rn. 115; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40; Koppmann, ZWH 2012, 27). Maßgeblich ist also, dass die manipulative Handlung des Täters kausal für den fraglichen Preis eines Finanzinstruments ist.
19
aa) Im Fall II. 1 der Urteilsgründe hat das Landgericht darauf abgestellt, dass vor dem Verkauf der Aktien durch den Angeklagten an seinen Partner ein Geldkurs in Höhe von 4,12 € exisiterte, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand (UA S. 5). An anderer Stelle hat es diesen Kurs als Taxkurs bezeichnet (UA S. 17). Dies genügt für die Annahme eines Börsenkurses in dem hier maßgebenden Sinne nicht. Dabei kann dahinstehen, welche Bezeichnung letztlich zutreffen soll; denn sowohl Geld- als auch Taxkurse sind, wie die Strafkammer selbst zutreffend erkannt hat, keine Börsenkurse im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1990 - XI ZR 68/89, WM 1990, 1408 mwN zu § 29 BörsG aF Oetker; Bergmann, HGB, 3. Aufl., § 400 Rn. 6 mwN; Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 24 BörsG Rn. 8).
20
Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgeführt hat, es müsse auf solche Geld- oder Taxkurse zurückgegriffen werden, auch wenn diese keine Börsenkurse im Sinne des § 24 BörsG seien, damit der notwendige strafrechtliche Schutz gewährleistet werden könne, ist nicht zu verkennen, dass insbesondere enge Märkte wie der vorliegende, auf denen Wertpapiere mit nur wenigen Umsätzen gehandelt werden, besonders manipulationsanfällig sind. Allein das Ziel, vermeintliche oder tatsächlich bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen, kann jedoch nicht dazu führen, Tatbestandsmerkmale zu überdehnen. Wie weit und unter welchen Voraussetzungen der strafrechtliche Schutz in diesem Bereich gewährleistet werden soll, ist in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers übertragen. Dieser hat sich bei der Neuregelung der Bußgeld- und Strafvorschriften durch das am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Vierte Finanzmarktförderungsgesetz dafür entschieden, die Strafbarkeit marktmanipulativen Verhaltens an die Einwirkung auf einen Börsen- oder Marktpreis zu knüpfen (hinsichtlich der Praxistauglichkeit kritisch etwa bereits Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487). Dies ist bei der Rechtsanwendung hinzunehmen.
21
Nicht allein ausreichend ist es auch, dass der Angeklagte durch das Geschäft mit seinem Partner einen (neuen) Börsenpreis bewirkte. Nach der soweit ersichtlich in Rechtsprechung und Literatur einhellig verwendeten Umschrei- bung des Einwirkens im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF, von der in der vorliegenden Fallkonstellation abzuweichen kein Anlass besteht, ist es erforderlich, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die Manipulation des Täters beeinflusst wird. Der Tatbestand setzt somit, anders als etwa der Kapitalanlagebetrug nach § 264a StGB, einen bereits bestehenden Börsenpreis voraus; das (erstmalige) Bewirken eines Börsenpreises wird von ihm nicht umfasst (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3670; Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2052; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 137).
22
Den Urteilsgründen ist in ihrem Zusammenhang jedoch genügend sicher zu entnehmen, dass bereits vor dem manipulativen Geschäft zwischen dem Angeklagten und seinem Partner ein Börsenpreis im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG für die R. -Aktie bestand. Nach den vom Landgericht wiedergegebenen Ausführungen der Sachverständigen N. wurde die Aktie zwar zwischen dem 31. Mai 2007 und dem 11. August 2008 nicht gehandelt.Danach - und damit vor der Tat am 3. April 2009 - fanden jedoch Umsätze statt. Aufgrund der weiteren Darlegungen der Quellen, aus denen die Sachverständige ihre diesbezüglichen Erkenntnisse gewonnen hat, ist davon auszugehen, dass diese Umsätze zur Festsetzung von Börsenpreisen führten. Auch im Rahmen ihrer Erwägungen zum Verfall hat die Strafkammer ausgeführt, dass die R. -Aktie Anfang des Jahres 2009 gehandelt wurde.
23
bb) Im Fall II. 2 der Urteilsgründe hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei als Bezugspunkt einen an der Börse festgesetzten Kurs angenommen, der auf einem kurz vor der abgeurteilten Tat zwischen dem Angeklagten und seinem Geschäftspartner getätigten Geschäft beruhte. Darauf, ob es sich hierbei ebenfalls um ein zuvor abgesprochenes Geschäft handelte, das den inhaltlichen Anforderungen an das ordnungsmäßige Zustandekommen eines Börsenpreises nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügte (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 25), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Der Begriff des Börsenpreises wird zunächst in § 24 Abs. 1 BörsG definiert. Danach sind - jedenfalls bis zu einer aufsichtsrechtlichen oder sonstigen Beanstandung - auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise erfasst; denn insbesondere der Preisfindung in elektronischen Handelssystemen fehlt heute jedes gestaltende oder gar regelnde Moment; sie ist nur noch Protokollierung eines realen Transaktionspreises (vgl. Theissen, WM 2003, 1497, 1503). Deshalb gebieten es Sinn und Zweck der § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG, die Preisbildung an bzw. auf und die Funktionsfähigkeit von Börsen und überwachten Märkten zu schützen (vgl. im Einzelnen Vogel, aaO § 20a Rn. 26 ff.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, § 20a WpHG Rn. 2 [Stand: April 2012]), in dem hier relevanten Zusammenhang auf diesen Börsenpreis im formellen Sinne, nicht aber darauf abzustellen, ob die inhaltlichen Anforderungen gemäß § 24 Abs. 2 BörsG erfüllt sind. Diese sind vor allem auch deshalb von Belang, weil dem Börsenpreis in zahlreichen anderen Zusammenhängen , etwa bei der Pfandverwertung, beim Fixhandelskauf sowie im Bilanzoder Steuerrecht eine erhebliche Bedeutung zukommt (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 5 f.). Zudem könnten andernfalls besonders hartnäckig manipulierende Täter, die unter Umständen mehrere abgesprochene Geschäfte hintereinander tätigen, allenfalls für die erste Transaktion strafrechtlich belangt werden.
24
cc) Der Angeklagte wirkte jeweils auf den Börsenpreis der R. -Aktie bereits dadurch ein, dass der von ihm und seinem Partner abgesprochene Preis an der Börse festgesetzt wurde. § 38 Abs. 2 WpHG aF ist zwar als Erfolgsdelikt ausgestaltet (Vogel, aaO § 38 Rn. 49; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40, 47; Kutzner, WM 2005, 1401, 1406). Der notwendige Einwirkungserfolg im Sinne der Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass nach den konkreten Geschäften zwischen dem Angeklagten und seinem Partner durch Dritte weitere Geschäfte getätigt wurden, bei denen die Preise kausal gerade auf dem durch die manipulativen Geschäfte hervorgerufenen Kursniveau beruhen. § 38 Abs. 2 WpHG aF bestimmt nicht, welchen aus der Vielzahl von Börsen - und Marktpreisen, die für ein Finanzinstrument erzielt werden, der Täter herbeiführen muss; vielmehr genügt die Einwirkung auf irgendeinen Börsenoder Marktpreis, demnach auch auf irgendeinen festgestellten Preis im laufenden Handel, der nicht notwendigerweise der Schlusskurs sein muss. Die Beeinflussung des weiteren Kursverlaufs nach einer bereits eingetretenen Beeinflussung ist ebenfalls nicht erforderlich (vgl. auch EuGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - C-445/09 IMC-Securities BV gegen Stichting Autoriteit Financiele Markten - BKR 2011, 422; Heusel/Schmidberger, BKR 2011, 425, 427; OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3669; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 54 f.; aA Kudlich, wistra 2011, 361, 363 f.; Nietsch XI § 38, WpHG 112 WuB).
25
b) Der Angeklagte handelte vorsätzlich; dies genügt für die subjektive Tatseite. Insbesondere setzt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nicht voraus, dass der Angeklagte mit einer Manipulationsabsicht oder aus anderen Motiven handelte. Der im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht, insbesondere bei effektiven Geschäften könne die Frage, ob von Handelsaktivitäten falsche oder irreführende Signale ausgehen, nicht ohne Blick auf die innere Willensrichtung der Beteiligten beantwortet und nur bei Bestehen einer Manipulationsabsicht bejaht werden (vgl. MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172 f.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, WpHG § 20a Rn. 25 [Stand: April 2012]; Eichelberger , Das Verbot der Marktmanipulation, 2006, S. 292; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht , 2. Aufl., Rn. 599), ist nicht zu folgen (vgl. Vogel, aaO § 20a Rn. 152; Fuchs/Fleischer, WpHG, 2009, § 20a Rn. 74). Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es - im Gegensatz zu der bis zum 29. Oktober 2004 geltenden Fassung - auf eine derartige Manipulationsabsicht nicht (mehr) an. Vielmehr hat der Gesetzgeber auf dieses Absichtsmerkmal mit dem Anlegerschutzverbes- sungsgesetz bewusst in Abkehr von der früheren Fassung des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG verzichtet (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 37). Dies entspricht auch der Intention der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (ABl. EU 2003 Nr. L 96 S. 16), die durch das Anlegerschutzverbessungsgesetz umgesetzt wurde (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 26). Nach der Begründung der Kommission stellt die Definition der "Marktmanipulation" auf das Verhalten der betreffenden Person und nicht auf ihren Vorsatz oder ihr Ziel ab (KOM[2001] 281 endgültig S. 6).
26
4. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
27
a) Ihr stehen nach den Feststellungen keine Ansprüche von Geschädigten entgegen (§ 73 Abs. 1 Satz 2, § 73a Satz 1 StGB). Wie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt (UA S. 19), haben Anleger aufgrund der Kursmanipulation keinen Schaden erlitten. Daher kann dahinstehen, ob überhaupt ein Anspruch von Anlegern auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen etwa nach § 826 BGB gegeben sein und eine Verfallsanordnung hindern könnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90, 101 f.; Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 254/09, NStZ 2010, 326; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 55).
28
b) Die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe des gesamten Betrages , den der Angeklagte durch den Verkauf der ersten 14.000 Aktien im Rahmen der ersten Tat erzielte, begegnet keinen Bedenken. Der Angeklagte hat aus der Tat diesen Verkaufserlös im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt.
29
Aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte , die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09, BGHR StGB § 73 Erlangtes 12). Nach Sinn und Zweck des Verfalls werden solche Vorteile erfasst, die der Teilnehmer oder Dritte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen und behalten dürfen soll, weil sie von der Rechtsordnung als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung bewertet werden. Der dem Verfall unterliegende Vorteil bestimmt sich danach, was letztlich strafbewehrt ist (vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 f.). Hat sich der Tatbeteiligte im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit - insbesondere dem Abschluss oder der Erfüllung eines Vertrages - strafbar gemacht, so ist demgemäß bei der Bestimmung dessen, was er aus der Tat erlangt hat, in den Blick zu nehmen, welchen geschäftlichen Vorgang die Vorschrift nach ihrem Zweck verhindern will; nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall (BGH, aaO, BGHSt 57, 79, 84 mwN).
30
Dies trifft für die hier gegebene Konstellation der Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF zu; denn danach ist das abgeschlossene Geschäft ausdrücklich verboten und der Kaufpreis als Erlös gerade unmittelbarer Zufluss aus dieser untersagten Transaktion. Die Situation bei verbotenerweise abgesprochenen Geschäften ist maßgebend dadurch gekennzeichnet, dass die Vertragspartner kollusiv zusammenwirken. Derartige Geschäfte sind nicht genehmigungsfähig; die § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF wollen sie vielmehr zum Schutz vor Preismanipulationen von Wertpapierkursen gerade als solche verhindern. Strafrechtlich bemakelt ist demnach nicht nur die Art und Weise der Ausführung des Geschäfts sondern dieses selbst, weil es den manipulierten Börsenpreis und damit den tatbestandlichen Erfolg herbeiführt.
31
Damit unterscheidet sich die hier vorliegende Fallkonstellation maßgeblich von solchen, bei denen nach der Rechtsprechung nicht die gesamte aus einem abgeschlossenen Geschäft erlangte Gegenleistung, sondern nur der durch das strafbewehrte Vorgehen erreichte Sondervorteil als erlangt zu bewerten ist. So gilt etwa bei verbotenen Insidergeschäften lediglich der realisierte Sondervorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern als erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884). Dort ist der Veräußerungsakt als solcher legal; bemakelt ist das Geschäft deshalb, weil der Insider aus seinem Sonderwissen keinen Sondervorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern ziehen soll (zum Unterschied von Marktmanipulation und Insiderhandel vgl. im Einzelnen etwa Lienenkämper, Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, 2012, S. 158). Auch in den Fällen korruptiv erlangter Auftragserteilungen ist im Gegensatz zur hiesigen Sachlage lediglich die Art und Weise bemakelt, wie der Auftrag erlangt wurde, nicht hingegen, dass er ausgeführt wurde. Dies rechtfertigt es, das Erlangte nach dem kalkulierten Gewinn und nicht nach dem vereinbarten Werklohn zu bemessen (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309 ff.). Bei nach dem Außenwirtschaftsgesetz verbotenen Ausfuhren kommt es schließlich darauf an, ob das dem Vorgang zugrunde liegende Geschäft genehmigungsfähig ist und genehmigt werden müsste (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 ff.). Ist dies der Fall, wird allein die Umgehung der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert ; erlangt sind dann nur die hierdurch ersparten Aufwendungen. Ist das Geschäft demgegenüber - gegebenenfalls auch nur nach dem Ermessen der zuständigen Behörde - nicht genehmigungsfähig, so ist es als solches bemakelt; dann kann - wie in der vorliegenden Konstellation - die gesamte Gegenleistung abgeschöpft werden.
32
c) Ein Absehen vom Verfall nach der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB hat das Landgericht geprüft und ohne Rechtsfehler abgelehnt.
Becker Schäfer Hubert Mayer Spaniol

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Mitteilungspflicht nach § 33 Absatz 1 und 2 gilt bei Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten der in § 33 Absatz 1 Satz 1 genannten Schwellen mit Ausnahme der Schwelle von 3 Prozent entsprechend für unmittelbare oder mittelbare Inhaber von Instrumenten, die

1.
dem Inhaber entweder
a)
bei Fälligkeit ein unbedingtes Recht auf Erwerb mit Stimmrechten verbundener und bereits ausgegebener Aktien eines Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, oder
b)
ein Ermessen in Bezug auf sein Recht auf Erwerb dieser Aktien
verleihen, oder
2.
sich auf Aktien im Sinne der Nummer 1 beziehen und eine vergleichbare wirtschaftliche Wirkung haben wie die in Nummer 1 genannten Instrumente, unabhängig davon, ob sie einen Anspruch auf physische Lieferung einräumen oder nicht.
Die §§ 36 und 37 gelten entsprechend.

(2) Instrumente im Sinne des Absatzes 1 können insbesondere sein:

1.
übertragbare Wertpapiere,
2.
Optionen,
3.
Terminkontrakte,
4.
Swaps,
5.
Zinsausgleichsvereinbarungen und
6.
Differenzgeschäfte.

(3) Die Anzahl der für die Mitteilungspflicht nach Absatz 1 maßgeblichen Stimmrechte ist anhand der vollen nominalen Anzahl der dem Instrument zugrunde liegenden Aktien zu berechnen. Sieht das Instrument ausschließlich einen Barausgleich vor, ist die Anzahl der Stimmrechte abweichend von Satz 1 auf einer Delta-angepassten Basis zu berechnen, wobei die nominale Anzahl der zugrunde liegenden Aktien mit dem Delta des Instruments zu multiplizieren ist. Die Einzelheiten der Berechnung bestimmen sich nach den in Artikel 13 Absatz 1a der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38) benannten technischen Regulierungsstandards. Bei Instrumenten, die sich auf einen Aktienkorb oder einen Index beziehen, bestimmt sich die Berechnung ebenfalls nach den technischen Regulierungsstandards gemäß Satz 2.

(4) Beziehen sich verschiedene der in Absatz 1 genannten Instrumente auf Aktien desselben Emittenten, sind die Stimmrechte aus diesen Aktien zusammenzurechnen. Erwerbspositionen dürfen nicht mit Veräußerungspositionen verrechnet werden.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Mitteilung nach Absatz 1. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen, soweit die Art und die Form der Mitteilung nach Absatz 1, insbesondere die Nutzung eines elektronischen Verfahrens, betroffen sind.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 0 6 / 1 3
vom
4. Dezember 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________
WpHG § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
MaKonV § 4 Abs. 3 Nr. 2
1. Beim Straftatbestand des § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1
Satz 1 Nr. 3, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV handelt es sich um ein Jedermannsdelikt
, für das die allgemeinen Regeln zu Täterschaft und Teilnahme gelten.
2. Die Strafbarkeit nach diesen Vorschriften setzt nicht voraus, dass der Täter
mit mehr als fünf Prozent an der betroffenen Gesellschaft beteiligt ist.
BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2013 - 1 StR 106/13 - LG Stuttgart
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen verbotener Marktmanipulation
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Dezember 2013 beschlossen
:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 12. Oktober 2012 hinsichtlich der Feststellungen
nach § 111i Abs. 2 StPO aufgehoben (Ziffer II. des
Tenors); diese Feststellungen entfallen (§ 349 Abs. 4 StPO).
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten gegen das
vorbezeichnete Urteil werden verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen verbotener Marktmanipulation verurteilt und gegen den Angeklagten M. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten sowie gegen die Angeklagten E. und O. jeweils Freiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten bzw. einem Jahr und zehn Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verhängt. Zudem hat es festgestellt, dass hinsichtlich des Angeklagten M. wegen eines Geldbetrages von 25.660.856,02 Euro, hinsichtlich des Angeklagten E. wegen eines Geldbetrages von 549.294,01 Euro sowie hinsichtlich des Angeklagten O. wegen eines Geldbetrages von 3.540.491,06 Euro nur deshalb nicht auf Wertersatzverfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen sind sie unbegründet.

I.


3
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Der Angeklagte M. brachte sich Anfang des Jahres 2006 in den fast vollständigen Besitz der Freihandelsaktien der D. Inc. (im Folgenden : D. ), einer Gesellschaft zur Entdeckung und Förderung von Rohstoffen. Gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten G. entschloss sich der Angeklagte M. , den Börsenpreis der Aktie D. durch massive Empfehlungen - unter Verschweigen der eigenen Aktienbestände und den darin liegenden Interessenkonflikten - zu steigern, um die eigenen Aktien mit Gewinn verkaufen zu können. Der Angeklagte M. übertrug etwa die Hälfte des Aktienbestandes auf G. , der die Vermarktung der Aktie übernehmen sollte. Der gesondert Verfolgte G. „sollte auf sein Netzwerk von vermeintlichen Börsenjournalisten zurückgreifen und diese in Form aufeinander abgestimmter gemeinsamer Vorgehensweise im Einzelnen dirigieren“. Deswegen nahm der Angeklagte M. zumindest billigend in Kauf, dass G. sich zur Umsetzung des Plans der Hilfe weiterer Personen bediente.
5
Im Zeitraum vom 15. Mai 2006 bis 15. Juni 2006 ließen der Angeklagte M. und der gesondert Verfolgte G. die Aktie in zahlreichen Medien nachhaltig zum Kauf empfehlen, wobei die Kapitalanlage u.a. wegen der Beteiligung eines bekannten Geologen sowie eines von diesem eingebrachten Explorationsprojekts als lukrative Investition dargestellt wurde. Regelmäßig wurden Empfehlungen mittels konkreten Kaufpreislimits ausgesprochen. Ein operatives Geschäft betrieb die Gesellschaft nicht.
6
An der Vermarktungskampagne beteiligten sich in Absprache mit G. und in Kenntnis von dessen Empfehlungen auch die Angeklagten E. und O. . E. erhielt im Mai 2006 von G. 100.000 D. Aktien und veröffentlichte im Gegenzug am 15. Mai 2006 als „Initialzündung“ eine Empfehlung der Aktie im Nachrichtenmagazin FOCUS sowie in der Folgezeit weitere Empfehlungen in den von ihm herausgegebenen Börsenbriefen „Blue Sky Level“ und „Commodity Stock Investor“. O. erhielt - vermittelt durch G. - im April 2006 mehr als eine Million D. Aktien außerbörslich zu einem deutlich unter dem Börsenkurs liegenden Kaufpreis, veröffentlichte im Gegenzug ab dem 22. Mai 2006 Empfehlungen in seinem Börsenbrief „Rohstoffraketen“ und bewarb die Aktie im Rahmen eines Anlegerseminars. Teilwei- se wurden die Empfehlungen engmaschig mit dem gesondert Verfolgten G. abgestimmt. Dieser empfahl die Aktie in seinem Börsenbrief „bullVes- tor“, warb weitere Verfasser von Börsenbriefen für Empfehlungen gegen Entgelt an und organisierte Werbeanzeigen in überregionalen Printmedien. In keiner der Veröffentlichungen wurden die Aktienbestände der Angeklagten offengelegt ; Disclaimer bzw. Warnhinweise in den per Email versandten Börsenbriefen oder auf den betreffenden Homepages enthielten lediglich pauschale Hinweise darauf, dass Herausgeber und Mitarbeiter Positionen der in den Veröffentlichungen besprochenen Wertpapieren halten können.
7
Nachdem die Aktie D. nach ihrer erstmaligen Börsennotierung am 24. Februar 2006 nahezu umsatzlos blieb, steigerte sich der Börsenpreis der D. Aktien aufgrund der Veröffentlichungen von 2,10 Euro im Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung am 15. Mai 2006 auf 18,10 Euro am 15. Juni 2006. Nach Abschluss der Vermarktungskampagne fiel der Aktienkurs wieder ab; am 30. Juni 2006 betrug er noch 2,92 Euro. Im Laufe der Jahre 2006 und 2007 gingen Umsatz und Kurs nach und nach vollends zurück, bis dieAktie D. wieder ohne nennenswertes Handelsvolumen war und der Kurs gegen Null tendierte. Die Angeklagten nutzen die Kurssteigerungen zum gewinnbringenden Verkauf der Aktien aus. Insgesamt erzielten der Angeklagte M. 25.660.856,02 Euro, der Angeklagte E. 549.294,01 Euro und der Angeklagte O. 3.540.491,06 Euro aus dem Verkauf der Aktien, wobei die Verkäufe zum Teil erst nach dem Abschluss der Vermarktungskampagne erfolgten.
8
2. Das Landgericht hat das Geschehen als von den Angeklagten gemeinschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) begangene verbotene Marktmanipulation in Form des sog. „scalping“ gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV, jeweils in der zur Tatzeit geltenden Fassung, gewertet.

II.


9
Der Verurteilung der Angeklagten steht kein Verfahrenshindernis entgegen.
10
1. Die Verfolgung der den Angeklagten zur Last gelegten verbotenen Marktmanipulation ist nicht verjährt. Die sechsmonatige presserechtliche Verjährungsfrist gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 PresseG BW (zur Bestimmung des anzuwendenden Landesrechts vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 1994 - 3 StR 221/94, NJW 1995, 893) greift nicht. Die Vorschrift bezieht sich auf die Strafverfolgung von Vergehen und Verbrechen, die durch Veröffentlichung oder Verbreitung von Druckwerken strafbaren Inhalts begangen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 - 1 StR 187/04, wistra 2004, 339; BGH, Urteil vom 21. Dezember 1994 - 2 StR 628/94, BGHSt 40, 385). Ein solches Presseinhaltsdelikt liegt hier entgegen der Auffassung der Revision nicht vor. Zwar erfolgten die sonstigen Täuschungshandlungen i.S.v. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG jedenfalls zum Teil durch Veröffentlichung von Empfehlungen in Druckwerken i.S.v. § 7 PresseG BW. Durch die Veröffentlichungen allein sind jedoch noch nicht alle Merkmale des Straftatbestands erfüllt. Es bedarf über die sonstige Täuschungshandlung hinaus noch einer Einwirkung auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments (§ 38 Abs. 2 WpHG).
11
2. Der Grundsatz der Spezialität steht der strafrechtlichen Verfolgung des Angeklagten M. wegen verbotener Marktmanipulation nicht entgegen.
12
a) Die Revision macht geltend, die Auslieferung des AngeklagtenM. aus Österreich sei jedenfalls auch wegen des Vorwurfs des Betruges erfolgt. Eine Verurteilung ausschließlich wegen verbotener Marktmanipulation sei mit dem Spezialitätsgrundsatz nicht vereinbar. Bei diesem Tatbestand handele es sich nach österreichischem Recht lediglich um eine Verwaltungsübertretung, die allein eine Auslieferung mangels beiderseitiger Strafbarkeit nicht hätte stützen können.
13

b) Der Spezialitätsgrundsatz ist nicht verletzt. Der Angeklagte M. wurde nicht wegen einer „anderen Tat“ verurteilt, als derjenigen, die der Übergabe zugrunde lag (§ 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG).
14
Der dem Spezialitätsgrundsatz zugrunde liegende Tatbegriff umfasst den gesamten mitgeteilten Lebenssachverhalt, innerhalb dessen der Verfolgte einen oder mehrere Straftatbestände erfüllt haben soll (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, BGHR IRG § 83h Abs. 1 Nr. 1 Spezialitätsgrundsatz 2 mwN). Der Begriff der „anderen Tat“ i.S.d. § 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG knüpft allein an die Beschreibung der Straftat in der Auslieferungs- bewilligung, diese wiederum an den Europäischen Haftbefehl an. Eine „andere Tat“ liegt nicht vor, wenn sich die Angaben im Europäischen Haftbefehl und diejenigen im späteren Urteil hinreichend entsprechen (BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, BGHR IRG § 83h Abs. 1 Nr. 1 Spezialitätsgrundsatz 2; EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2008 - Rechtssache C-388/08, NStZ 2010, 35). Das ist hier der Fall.
15
Der der Verurteilung zugrunde liegende Lebenssachverhalt entspricht dem Lebenssachverhalt, der dem ersuchten Staat im ausschließlich auf den Vorwurf der verbotenen Marktmanipulation gestützten Europäischen Haftbefehl vom 16. Februar 2011 mitgeteilt wurde. Diesen Lebenssachverhalt haben sowohl das Landesgericht Korneuburg im Beschluss vom 9. Juni 2011 („Gegen die im bezughabenden Europäischen Haftbefehl geschilderte Sachverhaltsund Verdachtslage liegen keine Bedenken vor, so dass davon auszugehen ist.“) als auch im Beschwerdeverfahren das Oberlandesgericht Wien im Beschluss vom 26. Juli 2011 („Nach demgenannten Europäischen Haftbefehl ist M. verdächtig, …“; „Dabei ist von dem im Europäischen Haftbefehl angeführ- ten Sachverhalt auszugehen ...“) ihren Entscheidungen zugrunde gelegt.
16
Der Umstand, dass der ersuchte Staat die dem Angeklagten M. zur Last gelegte Tat unter Berücksichtigung der von der Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 12. Mai 2011 mitgeteilten - dem damaligen Ermittlungsstand entsprechenden - Verdachtslage als „gewerbsmäßig schweren Betrug nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB“ gewürdigt hat, lässt die Identität der Tat unberührt. Von der Möglichkeit, die Auslieferung von einer Bedingung abhängig zu machen (vgl. § 72 IRG), hat Österreich keinen Gebrauch gemacht. Allein aus dem Hinweis auf die Geltung des Spezialitätsgrundsatzes ergibt sich nicht, dass die Auslieferung nur unter der Bedingung bewilligt sein soll, dass eine Verurteilung des Angeklagten M. wegen Betruges erfolgt. Dementsprechend kann auf sich beruhen, ob die Urteilsfeststellungen nicht auch hinreichende Anhaltspunkte für die Feststellung eines Betruges ergeben.

III.


17
Die von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen decken keine den Bestand des Urteils gefährdenden Rechtsfehler auf. Sie bleiben aus den in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts zutreffend dargelegten Gründen ohne Erfolg.

IV.


18
Die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die Feststellungen belegen eine verbotene Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV in der zur Tatzeit gültigen Fassung, für die seitdem Unrechtskontinuität besteht.
19
Der Senat erachtet - trotz der verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Zweifel (Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 23, 24; Kutzner , WM 2005, 1401; Moosmayer, wistra 2002, 161; Sorgenfrei in Park-Kapitalmarktstrafrecht , 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 61 ff., 214; Schömann, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG S. 132 f.) - die die Strafbarkeit begründenden Regelungen für verfassungsgemäß (ebenso Fleischer in Fuchs, WpHG, § 20a Rn. 72; Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., vor § 20a Rn. 26 ff., 30; Mock in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Rn. 94 ff.). Wie auch bei der Vorgängervorschrift des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.), die mit Ausnahme der Manipulationsabsicht dem geltenden § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG entspricht, besteht kein Anlass zu Zweifeln an der Verfassungsgemäßheit.
20
Der näheren Erörterung bedürfen darüber hinaus lediglich folgende Gesichtspunkte :
21
1. Die Veröffentlichungen der Kaufempfehlungen für die D. Aktie durch die Angeklagten E. und O. sowie den gesondert Verfolgten G. im Nachrichtenmagazin FOCUS, in den Börsenbriefen sowie in verschiedenen überregionalen Printmedien stellen sonstige Täuschungshandlungen dar, die geeignet waren, auf den inländischen Börsenpreis eines Finanzinstruments einzuwirken (§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG).
22
Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 der auf Grundlage von § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WpHG erlassenen Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV) sind sonstige Täuschungshandlungen in diesem Sinne insbesondere auch „die Nutzung eines gelegentlichen oder regelmäßigen Zugangs zu traditionellen oder elektronischen Medien durch Kundgabe einer Stellungnahme oder eines Gerüchts zu einem Finanzinstrument oder dessen Emittenten, nachdem Positionen über dieses Finanzinstrument eingegangen worden sind, ohne dass dieser Interessenkonflikt zugleich mit der Kundgabe in angemessener und wirksamer Weise offenbart wird“. Diese Regelung setzt Art. 1 Nr. 2 Buchst. c. 3. Spiegelstrich der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation - Marktmissbrauchsrichtlinie - (ABl. L 96 vom 12. April 2003 S. 16) in deutsches Recht um (vgl. BR-Drucks. 18/05 S. 17).
23
a) Die drei Angeklagten und der gesondert Verfolgte G. haben vor Veröffentlichung der Kaufempfehlungen in erheblichem Umfang D. Aktien erworben. Sie haben sodann jeweils Stellungnahmen zu D. veröffentlicht , ohne auf den Interessenkonflikt hinzuweisen, der durch das Innehaben eigener Aktien an D. begründet worden ist.
24
aa) Die Angeklagten O. und E. sowie der gesondert Verfolgte G. haben die daraus resultierenden Interessenkonflikte nicht in angemessener und wirksamer Weise zugleich mit den von ihnen veröffentlichten Kaufempfehlungen offengelegt.
25
bb) Dem Angeklagten M. , der selbst keine Empfehlungen zur Aktie D. abgegeben hat, waren diese veröffentlichten Kaufempfehlungen nach den Grundsätzen der Mittäterschaft zuzurechnen (§ 25 Abs. 2 StGB).
26
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Revision des Angeklagten M. , bei der verbotenen Marktmanipulation nach § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV handele es sich um ein Sonderdelikt, so dass tauglicher Täter nur sein könne, wer sich selbst bei Kundgabe der Empfehlung aufgrund eigener Positionen an dem empfohlenen Finanzinstrument in einem Interessenkonflikt befinde. Vielmehr handelt es sich um ein Jedermannsdelikt, für das die allgemeinen Regeln zu Täterschaft und Teilnahme gelten. Eine Einschränkung des Täterkreises entspricht weder dem Wortlaut noch dem Schutzzweck der Norm.
27
(1) Der Straftatbestand des § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ist als Allgemein- bzw. Jedermannsdelikt formuliert („wer…, wird bestraft“) und enthält keine Beschränkung auf eine bestimmte Tätergruppe. Gleiches gilt für die Verbotsnorm des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, die sich ebenfalls an jedermann und nicht an eine bestimmte Personengruppe richtet. Auch der Wortlaut des § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV („Kundgabe … nachdem Positionen … eingegangen worden sind, ohne dass dieser Interessenkonflikt … offenbart wird“), der- ohne strafbarkeitsbegründende Wirkung (zur KuMaKV vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383) - die Tatbe- standsalternative der „sonstigen Täuschungshandlung“ konkretisiert, enthält keine Einschränkung dahin, in welcher Person der Interessenkonflikt eingetreten sein muss (OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664).
28
(2) Das Verbot der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, das jede Täuschung verbietet, die geeignet ist, auf den inländischen Börsenpreis eines Finanzinstruments einzuwirken, begründet bei der Abgabe von Kaufempfehlungen eine Pflicht zur Offenlegung von aufgrund eingegangener Positionen (vgl. Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 36) am empfohlenen Finanzinstrument bestehenden Interessenkonflikten. Ein zur Einwirkung auf den Börsenpreis geeigneter Interessenkonflikt besteht über den Fall, dass der Empfehlende selbst eigene Positionen des empfohlenen Finanzinstruments hält (Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 36; BR-Drucks. 18/05 S. 17), hinaus in gleicher Weise, wenn mehrere Personen - Positionshalter einerseits, Empfehlender andererseits - gemeinschaftlich zusammenwirken (vgl. OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664). Bei einer Beschränkung des Täterkreises auf Personen, die bei Kundgabe der Empfehlung eigene Positionen des betreffenden Finanzinstruments halten, würde weder die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung und damit die Funktionsfähigkeit der geregelten Kapitalmärkte noch das Vermögen der Anleger hinreichend geschützt, mithin der Schutzzweck der Norm leerlaufen (zum Schutzzweck von § 20a WpHG vgl. Übersicht zum Meinungsstand bei Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 26 ff.; Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 2 ff.). Denn das Verbot des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG i.V.m. § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV ließe sich dann durch eine arbeitsteilige Vorgehensweise umgehen (OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664).
29
(3) Damit finden die allgemeinen Regeln über Täterschaft und Teilnahme Anwendung (Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 151; Waßmer in Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 67; vgl. auch Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 54). Handeln - wie hier - mehrere Personen gemeinschaftlich , reicht es daher aus, wenn eine von ihnen Positionen an dem Finanzinstrument hält und eine andere unter Nutzung eines Medienzugangs eine Stellungnahme oder ein Gerücht zu diesem Finanzinstrument abgibt bzw. äußert , ohne den bestehenden Interessenkonflikt zugleich in angemessener und wirksamer Weise offenzulegen. Dass das Landgericht den Angeklagten M.
als Mittäter gemäß § 25 Abs. 2 StGB angesehen hat, ist im Hinblick auf seine maßgebliche Beteiligung an der Planung, die Schaffung und Steuerung der Voraussetzungen zur Umsetzung dieser Planung, nämlich sich in den Besitz fast sämtlicher Freihandelsaktien zu bringen und diese sodann etwa zur Hälfte zu manipulativen Vermarktungszwecken an G. zu übertragen, sowie sein angesichts der immer noch gehaltenen eigenen Aktienbestände erhebliches Eigeninteresse revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
30
b) Die durch § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG strafbewehrte Pflicht zur Offenlegung der eingegangenen Position an der D. Aktie entfällt auch nicht im Hinblick auf die Wertung des § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 der auf der Grundlage von § 34b Abs. 8 WpHG erlassenen Verordnung über die Analyse von Finanzinstrumenten (FinAnV).
31
Danach darf eine Finanzanalyse nur weitergegeben oder öffentlich verbreitet werden, wenn unter anderem Umstände und Beziehungen, die bei den Erstellern, den für die Erstellung verantwortlichen juristischen Personen oder mit diesen verbundenen Unternehmen Interessenkonflikte begründen können, zusammen mit der Finanzanalyse offengelegt werden. Offenlegungspflichtige Informationen über Interessenkonflikte liegen insbesondere vor, wenn wesentliche Beteiligungen zwischen den vorbezeichneten Personen und Unternehmen bzw. den für diese tätigen und an der Erstellung der Finanzanalyse mitwirkenden Personen und Unternehmen und den Emittenten, die selbst oder deren Finanzinstrumente Gegenstand der Finanzanalyse sind, bestehen. Als wesentlich gilt dabei gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 FinAnV eine Beteiligung in Höhe von mehr als fünf Prozent des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft. Diese Regelungen setzen Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/125/EG der Kommis- sion vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten (ABl. L 339 vom 24. Dezember 2003 S. 73) in deutsches Recht um.
32
aa) Die Revisionen machen geltend, bei Finanzanalysten - und um solche handele es sich bei den Angeklagten E. und O. - sei für die Frage, ob bei einer Beteiligung an dem betreffenden Finanzinstrument ein offenzulegender Interessenkonflikt vorliege, die Regelung des § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 FinAnV als lex specialis maßgeblich. Da die Angeklagten E. und O. jeweils für sich genommen zu keinem Zeitpunkt mehr als fünf Prozent des Grundkapitals der D. hielten, seien sie zu einer Offenlegung der eigenen Positionen bei Empfehlung der Aktie nicht verpflichtet gewesen.
33
bb) Dem folgt der Senat nicht. Es kann offen bleiben, ob es sich bei den durch die Angeklagten O. und E. veröffentlichten Kaufempfehlungen um Finanzanalysen i.S.v. § 34b Abs. 1 Satz 1 WpHG handelt. Gleiches gilt für die Frage, ob bei gemeinschaftlichem Handeln mehrerer Personen für die Bestimmung der Beteiligungsquote die Beteiligungen der Mittäter zusammenzurechnen wären, was freilich angesichts von Sinn und Zweck der Vorschrift des § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Nr. 3 WpHG und den Grundsätzen mittäterschaftlicher Begehungsweise nahe liegt. Darauf kommt es aber nicht an, da es einer solchen Beteiligungsquote nicht bedarf.
34
Denn jedenfalls ergibt sich aus § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG für Finanzanalysten keine Privilegierung im Hinblick auf die Strafbarkeit wegen verbotener Marktmanipulation. Entgegen einer im Schrifttum, freilich ohne nähere Begründung, vertretenen Auffassung (vgl. Sorgenfrei in Park, Kapitalmarktstraf- recht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 213; Fleischer in Fuchs, WpHG, § 20a Rn. 67; Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 38; Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 234) wird die Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG auch für Finanzanalysten nicht durch den an die fünfprozentige Beteiligungsquote geknüpften Offenlegungsmaßstab gemäß § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 FinAnV limitiert. Denn die die Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG betreffenden Regelungen enthalten spezielle und gegenüber denjenigen für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5), § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 FinAnV selbständig zu beurteilende Voraussetzungen.
35
(1) Nach dem Wortlaut von § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG und § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV, der die Tatbestandsvariante der sonstigen Täuschungshandlung im Sinne der Strafnorm des § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG konkretisiert, liegt bei fehlender Offenlegung von über das Finanzinstrument eingegangenen Positionen zugleich mit der Kundgabe der Stellungnahme in angemessener und wirksamer Weise stets - unabhängig vom Umfang der Positionen - eine sonstige Täuschungshandlung vor. Es ist ausweislich der Materialien auch nicht ersichtlich, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber die Möglichkeit einer Ausnahme für den Fall, dass es sich bei der Stellungnahme um eine Finanzanalyse handelt, erwogen hätte (vgl. nur BT-Drucks. 14/8017, BT-Drucks. 14/8601, BT-Drucks. 15/3174, BT-Drucks. 16/4028 zu § 34b WpHG; Entwurf des Bundesministeriums der Finanzen mit Begründung, abgedruckt in ZBB 2004, 422 zu § 5 FinAnV; BT-Drucks. 14/8017, BT-Drucks. 15/3174 zu § 20a WpHG; BR-Drucks. 18/05 zur MaKonV).
36
(2) Sonstige Gründe, die für eine solche Ausnahme im Sinne einer Privilegierung des Finanzanalysten als des typischen Normadressaten der Strafnorm des § 38 Abs. 2 WpHG sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Sie würde auch den Belangen der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung und damit der Funktionsfähigkeit der geregelten Kapitalmärkte sowie dem Schutz des Vermögens der Anleger und mithin dem Schutzzweck des § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 20a WpHG (Überblick zum Meinungsstand bei Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 26 ff.; Altenhain in KölnerKommentar -WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 2 ff.) zuwiderlaufen. Die geschützten Rechtsgüter wären jedenfalls durch die täuschende Empfehlung eines Finanzanalysten gegenüber dem nicht als solchen Handelnden nicht weniger gefährdet.
37
(3) Demgegenüber soll durch § 34b WpHG das Vertrauen der Anleger in die Sorgfalt, Neutralität und Integrität derjenigen, die Finanzanalysen erstellen, geschützt werden (BT-Drucks. 14/8017, S. 92). Ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Offenlegungspflichten aus § 34b Abs. 1 Satz 2 i.V.m. der Finanzanalyseverordnung (FinAnV) stellt eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 (damals Nr. 4) WpHG dar. Dem Ordnungswidrigkeitentatbestand liegt ein vom Gesetzgeber als für das geschützte Rechtsgut generell gefährlich bewertetes Verhalten des Finanzanalysten zugrunde. Mit dem Erreichen einer fünfprozentigen Beteiligungsquote wird unwiderleglich vermutet, dass bei einer Finanzanalyse wegen der mit der Beteiligungsquote typischerweise einhergehenden Eigeninteressen der Analysten kein ausreichendes Vertrauen in die Sorgfalt, Neutralität und Integrität der Analyse gewährleistet werden kann. Das der Ordnungswidrigkeit zugrunde liegende, das Rechtsgut beeinträchtigende Verhalten wird allein durch die Weitergabe oder Veröffentlichung der Analyse trotz Erreichens der Beteiligungsquote konstituiert.
38
(4) Für einen Rückgriff auf diese gesetzlich festgeschriebene unwiderlegliche Vermutung ist zur Limitierung der Strafbarkeit aus § 38 Abs. 2 WpHG kein Raum. Denn eine Strafbarkeit wegen verbotener Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG setzt neben der sonstigen Täuschungshandlung - hier der Nichtoffenlegung des Interessenkonflikts aufgrund eingegangener Positionen über das Finanzinstrument - die Einwirkung auf den Börsenpreis und damit den Nachweis einer konkreten und gegenüber §§ 34b, 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5) WpHG andersartigen Beeinträchtigung voraus. Dieser für die Strafbarkeit erforderliche qualifizierte Einwirkungsgrad auf das Schutzgut des § 38 WpHG - unabhängig vom Umfang der eingegangenen Positionen - beschreibt nach der gesetzgeberischen Konzeption abschließend den Taterfolg. Zudem qualifiziert es die Tat zum strafbaren Delikt gegenüber der hierzu in einem Stufenverhältnis stehenden Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, bei der das Vorliegen lediglich einer Eignung zur Preiseinwirkung ausreicht. Der Rückgriff auf eine gesetzlich festgeschriebene und durch eine Verordnung konkretisierte Vermutung zur Annahme eines generell gefährlichen Verhaltens für das Vertrauen in Finanzanalysten ist wegen des in § 38 Abs. 2 WpHG anderweitig hergestellten Rechtsgutsbezugs nicht veranlasst.
39
(5) Die Schwelle für die Annahme eines generell gefährlichen Verhaltens für das Rechtsgut des § 34b WpHG, die der Verordnungsgeber ab einer Beteiligungsquote von fünf Prozent des Grundkapitals für überschritten erachtet, steht auch sonst in keiner Beziehung zum Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG. Es handelt sich bei § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5) WpHG einerseits und § 38 Abs. 2 WpHG andererseits um unterschiedliche Deliktstypen, die miteinander nicht über das in ihnen beschriebene Unrecht in Verbindung stehen. Ist nämlich tatsächlich auf den Börsenpreis im Sinne des § 38 Abs. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG eingewirkt worden, ist der tatbestandliche Erfolg dieses Delikts eingetreten. Es kommt nicht darauf an, ob Umstände vorliegen, die generell geeignet gewesen wären, zudem auf das Vertrauen der Anleger in die Sorgfalt, Neutralität und Integrität derjenigen, die Finanzanalysen erstellen, einzuwirken, mithin den tatbestandlichen Erfolg der Ordnungswidrigkeit gemäß § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5) WpHG zu begründen.
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c) Der Pflicht zur Offenlegung des bestehenden Interessenkonflikts in angemessener und wirksamer Weise zugleich mit der Veröffentlichung der Kaufempfehlungen sind die Angeklagten nicht durch die in den per Email versandten Börsenbriefen enthaltenen oder auf den Internet-Homepages platzierten Disclaimer bzw. Risikohinweise nachgekommen. Es kann dahinstehen, ob lediglich die Art der eingegangenen Positionen (Stoll in KölnerKommentarWpHG , 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 38, 39; Vogel in Assmann/ Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 234) oder auch die Absicht, die Positionen alsbald wieder aufzulösen (Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht Rn. 559, 560), offenzulegen ist. Jedenfalls reichen - wie hier - pauschal gehaltene Hinweise , wonach Herausgeber und Mitarbeiter potenziell Positionen der in den Veröffentlichungen behandelten Wertpapiere halten können, ohne dass auf den konkret bestehenden Interessenkonflikt eingegangen wird, nicht aus (OLG München, Beschluss vom 3. März 2011- 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664; Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 39).
41
2. Das Landgericht hat auf tragfähiger Grundlage die für den Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG - zusätzlich zu den Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG - erforderliche Einwirkung auf den Börsenpreis derD. Aktie festgestellt.
42
a) Für die Beurteilung der Frage, ob durch die marktmanipulative Handlung tatsächlich eine Einwirkung auf den Börsenpreis eingetreten ist, dürfen angesichts der Vielzahl der - neben der Tathandlung - regelmäßig an der Preisbildung mitwirkenden Faktoren keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Vergleiche von bisherigem Kursverlauf und Umsatz sowie die Kursund Umsatzentwicklung des betreffenden Papiers können eine Kurseinwirkung hinreichend belegen; eine Befragung der Marktteilnehmer ist nicht veranlasst (BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373 zu § 20a Abs. 1 Nr. 2 WpHG aF; BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NStZ 2010, 339).
43
Die vom Landgericht festgestellte Kursentwicklung belegt tragfähig eine Einwirkung der Empfehlungen auf den Börsenpreis. Der Kursanstieg der D. Aktie, die vor Veröffentlichung der ersten Empfehlung im Nachrichtenmagazin FOCUS am 15. Mai 2006 entweder umsatzlos geblieben war oder nur wenige Käufer aufwies, im unmittelbaren zeitlichem Zusammenhang mit den im Zeitraum vom 15. Mai 2006 bis 15. Juni 2006 veröffentlichten Kaufempfehlungen von 2,10 Euro auf 18,10 Euro spiegelt die Auswirkungen der Kaufempfehlungen wieder. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass das sachverständig beratene Landgericht - anders als bei den Veröffentlichungen am 15. Mai 2006 bzw. am 22. Mai 2006 - bei den im Zeitraum 23. Mai 2006 bis 15. Juni 2006 veröffentlichten Empfehlungen aufgrund der zeitlich eng beieinander liegenden Veröffentlichungen keine isolierte Betrachtung der Auswirkungen jeder einzelnen Veröffentlichung, sondern eine solche der im maßgeblichen Zeitraum erfolgten Veröffentlichungen in ihrer Gesamtheit vorgenommen hat. Denn die Veröffentlichungen waren aufeinander abgestimmt und Teil einer koordinierten Vermarktungskampagne , so dass jedenfalls eine Gesamtschau der Auswirkungen der Veröffentlichungen, die das Landgericht als einheitliche Tat gewertet hat, die Annahme einer Einwirkung auf den Börsenpreis rechtfertigt.
44
b) Entgegen der Auffassung der Revisionen musste das Landgericht nicht der Frage nachgehen, ob der Kursverlauf ein anderer gewesen wäre, wenn zusammen mit den Veröffentlichungen der Aktienbesitz der Angeklagten ordnungsgemäß offengelegt worden wäre.
45
In der Abgabe der Kaufempfehlungen durch die Angeklagten liegt eine konkludente sonstige Täuschung i.S.v. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG durch aktives Tun. Die Kaufempfehlungen beinhalteten die stillschweigende Erklärung , dass sie nicht mit dem sachfremden Ziel der Kursbeeinflussung zu eigennützigen Zwecken bemakelt waren (BGH, Urteil vom 6. September 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373). Bei dieser Sachlage - Täuschung durch aktives Tun - bedarf es entgegen der Auffassung der Revisionen nicht der Feststellung eines „Pflichtwidrigkeitszusammenhangs“ bzw. des Kursverlaufs bei „rechtmäßigem Alternativerhalten“. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Be- schluss des 3. Strafsenats vom 20. Juli 2011 (3 StR 506/10, wistra 2011, 467) zur Marktmanipulation durch irreführende Angaben in einer Presseerklärung. Die dort verwendete Formulierung „Die Feststellung (…), dass es ohne die irre- führenden Angaben in (…)der Presseerklärung zu keiner Kurssteigerung ge- kommen wäre, weist keinen Rechtsfehler auf“ beschreibt lediglich das Erfor- dernis der Kausalität zwischen Tathandlung und Einwirkung auf den Börsenpreis.
46
c) Die verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Bedenken, es fehle bei Kaufempfehlungen ohne Offenlegung eingegangener Positionen an der Preiseinwirkungseignung bzw. der Kausalität für die Preiseinwirkung, da die Offenlegung die Empfehlungswirkung allenfalls verstärken würde und deshalb das Verschweigen derartiger Positionen für den Anleger wenig bedeutsam sei (Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, S. 141; Schröder, HBd Kapitalmarktstrafrechts Rn. 559), greifen zu kurz. Erst durch die Offenlegung kann eine autonome Entscheidung des Anlegers - auch unter Berücksichtigung eines bei dem Empfehlenden bestehenden Interessenkonflikts - gewährleistet werden. Wird dieser offen gelegt, kann der Anleger in seine Kaufentscheidung auch das Halten eigener Aktien des Empfehlenden mit der Möglichkeit des Verkaufs bei Kurssteigerung einbeziehen.
47
3. Auch die Strafzumessung hält revisionsgerichtlicher Prüfung stand. Es ist unter dem Gesichtspunkt der verschuldeten Auswirkungen der Tat nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den hohen Erlös aus den Transaktionen mit der D. Aktie - auch soweit sie erst nach Abschluss der Vermarktungskampagne am 15. Juni 2006 erfolgten - strafschärfend gewertet hat.

V.


48
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO halten revisionsgerichtlicher Überprüfung allerdings nicht stand.
49
Die Regelung des § 111i Abs. 2 StPO ist erst durch das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I 2350) geschaffen worden und am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Ihrer Anwendung auf bereits vor diesem Zeitpunkt beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen, wonach insoweit das mildere alte Recht gilt, nach dem diese bedingte Verfallsanordnung nicht möglich war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. April 2013 - 1 StR 22/13, NStZ-RR 2013, 254 mwN; und vom 23. Oktober 2008 - 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009,

56).


50
Die Tat nach § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG war nach den landgerichtlichen Feststellungen jedenfalls bereits vor dem 1. Januar 2007 mit dem Herbeiführen des tatbestandlichen Erfolgs beendet (vgl. Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 157; Waßmer in Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 89, Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 38 Rn. 86). Im Jahr 2007 fand keine Einwirkung auf den Börsenpreis , also keine zum Tatbestand gehörende Handlung mehr statt. Dass der Börsenpreis im Jahre 2007 aufgrund von Handlungen aus 2006 noch beeinflusst gewesen sein mag, ist demgegenüber für die Frage der Tatbeendigung unerheblich (Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 157). Dies gilt auch, soweit die Angeklagten nach 2006 noch von dem erhöhten Börsenpreis profitiert haben.
51
Danach ist für Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO kein Raum. Der Senat hebt das Urteil daher insoweit ohne die zugrunde liegenden Feststellungen auf; die Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO entfallen (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO).
52
Darauf, ob die von der Strafkammer ohne jede Begründung getroffene Entscheidung andernfalls rechtlich Bestand haben könnte, kommt es daher nicht an. Eine Zurückverweisung zur erneuten Prüfung einer Verfallsanordnung nach § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a StGB kommt wegen des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht in Betracht.

VI.


53
Der nur geringe Teilerfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Angeklagten von den durch ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen freizustellen.
RiBGH Dr. Wahl ist urlaubsbedingt ortsabwesend und daher an der Unterschriftsleistung verhindert. Jäger Jäger Cirener Radtke Mosbacher

(1) Die Mitteilungspflicht nach § 33 Absatz 1 und 2 gilt bei Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten der in § 33 Absatz 1 Satz 1 genannten Schwellen mit Ausnahme der Schwelle von 3 Prozent entsprechend für unmittelbare oder mittelbare Inhaber von Instrumenten, die

1.
dem Inhaber entweder
a)
bei Fälligkeit ein unbedingtes Recht auf Erwerb mit Stimmrechten verbundener und bereits ausgegebener Aktien eines Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, oder
b)
ein Ermessen in Bezug auf sein Recht auf Erwerb dieser Aktien
verleihen, oder
2.
sich auf Aktien im Sinne der Nummer 1 beziehen und eine vergleichbare wirtschaftliche Wirkung haben wie die in Nummer 1 genannten Instrumente, unabhängig davon, ob sie einen Anspruch auf physische Lieferung einräumen oder nicht.
Die §§ 36 und 37 gelten entsprechend.

(2) Instrumente im Sinne des Absatzes 1 können insbesondere sein:

1.
übertragbare Wertpapiere,
2.
Optionen,
3.
Terminkontrakte,
4.
Swaps,
5.
Zinsausgleichsvereinbarungen und
6.
Differenzgeschäfte.

(3) Die Anzahl der für die Mitteilungspflicht nach Absatz 1 maßgeblichen Stimmrechte ist anhand der vollen nominalen Anzahl der dem Instrument zugrunde liegenden Aktien zu berechnen. Sieht das Instrument ausschließlich einen Barausgleich vor, ist die Anzahl der Stimmrechte abweichend von Satz 1 auf einer Delta-angepassten Basis zu berechnen, wobei die nominale Anzahl der zugrunde liegenden Aktien mit dem Delta des Instruments zu multiplizieren ist. Die Einzelheiten der Berechnung bestimmen sich nach den in Artikel 13 Absatz 1a der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38) benannten technischen Regulierungsstandards. Bei Instrumenten, die sich auf einen Aktienkorb oder einen Index beziehen, bestimmt sich die Berechnung ebenfalls nach den technischen Regulierungsstandards gemäß Satz 2.

(4) Beziehen sich verschiedene der in Absatz 1 genannten Instrumente auf Aktien desselben Emittenten, sind die Stimmrechte aus diesen Aktien zusammenzurechnen. Erwerbspositionen dürfen nicht mit Veräußerungspositionen verrechnet werden.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Mitteilung nach Absatz 1. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen, soweit die Art und die Form der Mitteilung nach Absatz 1, insbesondere die Nutzung eines elektronischen Verfahrens, betroffen sind.

(1) Die Mitteilungspflicht nach § 33 Absatz 1 und 2 gilt entsprechend für Inhaber von Stimmrechten im Sinne des § 33 und Instrumenten im Sinne des § 38, wenn die Summe der nach § 33 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 und § 38 Absatz 1 Satz 1 zu berücksichtigenden Stimmrechte an demselben Emittenten die in § 33 Absatz 1 Satz 1 genannten Schwellen mit Ausnahme der Schwelle von 3 Prozent erreicht, überschreitet oder unterschreitet.

(2) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Mitteilung nach Absatz 1. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen, soweit die Art und die Form der Mitteilung nach Absatz 1, insbesondere die Nutzung eines elektronischen Verfahrens, betroffen sind.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 0 6 / 1 3
vom
4. Dezember 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________
WpHG § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
MaKonV § 4 Abs. 3 Nr. 2
1. Beim Straftatbestand des § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1
Satz 1 Nr. 3, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV handelt es sich um ein Jedermannsdelikt
, für das die allgemeinen Regeln zu Täterschaft und Teilnahme gelten.
2. Die Strafbarkeit nach diesen Vorschriften setzt nicht voraus, dass der Täter
mit mehr als fünf Prozent an der betroffenen Gesellschaft beteiligt ist.
BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2013 - 1 StR 106/13 - LG Stuttgart
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen verbotener Marktmanipulation
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Dezember 2013 beschlossen
:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 12. Oktober 2012 hinsichtlich der Feststellungen
nach § 111i Abs. 2 StPO aufgehoben (Ziffer II. des
Tenors); diese Feststellungen entfallen (§ 349 Abs. 4 StPO).
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten gegen das
vorbezeichnete Urteil werden verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen verbotener Marktmanipulation verurteilt und gegen den Angeklagten M. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten sowie gegen die Angeklagten E. und O. jeweils Freiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten bzw. einem Jahr und zehn Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verhängt. Zudem hat es festgestellt, dass hinsichtlich des Angeklagten M. wegen eines Geldbetrages von 25.660.856,02 Euro, hinsichtlich des Angeklagten E. wegen eines Geldbetrages von 549.294,01 Euro sowie hinsichtlich des Angeklagten O. wegen eines Geldbetrages von 3.540.491,06 Euro nur deshalb nicht auf Wertersatzverfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen sind sie unbegründet.

I.


3
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Der Angeklagte M. brachte sich Anfang des Jahres 2006 in den fast vollständigen Besitz der Freihandelsaktien der D. Inc. (im Folgenden : D. ), einer Gesellschaft zur Entdeckung und Förderung von Rohstoffen. Gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten G. entschloss sich der Angeklagte M. , den Börsenpreis der Aktie D. durch massive Empfehlungen - unter Verschweigen der eigenen Aktienbestände und den darin liegenden Interessenkonflikten - zu steigern, um die eigenen Aktien mit Gewinn verkaufen zu können. Der Angeklagte M. übertrug etwa die Hälfte des Aktienbestandes auf G. , der die Vermarktung der Aktie übernehmen sollte. Der gesondert Verfolgte G. „sollte auf sein Netzwerk von vermeintlichen Börsenjournalisten zurückgreifen und diese in Form aufeinander abgestimmter gemeinsamer Vorgehensweise im Einzelnen dirigieren“. Deswegen nahm der Angeklagte M. zumindest billigend in Kauf, dass G. sich zur Umsetzung des Plans der Hilfe weiterer Personen bediente.
5
Im Zeitraum vom 15. Mai 2006 bis 15. Juni 2006 ließen der Angeklagte M. und der gesondert Verfolgte G. die Aktie in zahlreichen Medien nachhaltig zum Kauf empfehlen, wobei die Kapitalanlage u.a. wegen der Beteiligung eines bekannten Geologen sowie eines von diesem eingebrachten Explorationsprojekts als lukrative Investition dargestellt wurde. Regelmäßig wurden Empfehlungen mittels konkreten Kaufpreislimits ausgesprochen. Ein operatives Geschäft betrieb die Gesellschaft nicht.
6
An der Vermarktungskampagne beteiligten sich in Absprache mit G. und in Kenntnis von dessen Empfehlungen auch die Angeklagten E. und O. . E. erhielt im Mai 2006 von G. 100.000 D. Aktien und veröffentlichte im Gegenzug am 15. Mai 2006 als „Initialzündung“ eine Empfehlung der Aktie im Nachrichtenmagazin FOCUS sowie in der Folgezeit weitere Empfehlungen in den von ihm herausgegebenen Börsenbriefen „Blue Sky Level“ und „Commodity Stock Investor“. O. erhielt - vermittelt durch G. - im April 2006 mehr als eine Million D. Aktien außerbörslich zu einem deutlich unter dem Börsenkurs liegenden Kaufpreis, veröffentlichte im Gegenzug ab dem 22. Mai 2006 Empfehlungen in seinem Börsenbrief „Rohstoffraketen“ und bewarb die Aktie im Rahmen eines Anlegerseminars. Teilwei- se wurden die Empfehlungen engmaschig mit dem gesondert Verfolgten G. abgestimmt. Dieser empfahl die Aktie in seinem Börsenbrief „bullVes- tor“, warb weitere Verfasser von Börsenbriefen für Empfehlungen gegen Entgelt an und organisierte Werbeanzeigen in überregionalen Printmedien. In keiner der Veröffentlichungen wurden die Aktienbestände der Angeklagten offengelegt ; Disclaimer bzw. Warnhinweise in den per Email versandten Börsenbriefen oder auf den betreffenden Homepages enthielten lediglich pauschale Hinweise darauf, dass Herausgeber und Mitarbeiter Positionen der in den Veröffentlichungen besprochenen Wertpapieren halten können.
7
Nachdem die Aktie D. nach ihrer erstmaligen Börsennotierung am 24. Februar 2006 nahezu umsatzlos blieb, steigerte sich der Börsenpreis der D. Aktien aufgrund der Veröffentlichungen von 2,10 Euro im Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung am 15. Mai 2006 auf 18,10 Euro am 15. Juni 2006. Nach Abschluss der Vermarktungskampagne fiel der Aktienkurs wieder ab; am 30. Juni 2006 betrug er noch 2,92 Euro. Im Laufe der Jahre 2006 und 2007 gingen Umsatz und Kurs nach und nach vollends zurück, bis dieAktie D. wieder ohne nennenswertes Handelsvolumen war und der Kurs gegen Null tendierte. Die Angeklagten nutzen die Kurssteigerungen zum gewinnbringenden Verkauf der Aktien aus. Insgesamt erzielten der Angeklagte M. 25.660.856,02 Euro, der Angeklagte E. 549.294,01 Euro und der Angeklagte O. 3.540.491,06 Euro aus dem Verkauf der Aktien, wobei die Verkäufe zum Teil erst nach dem Abschluss der Vermarktungskampagne erfolgten.
8
2. Das Landgericht hat das Geschehen als von den Angeklagten gemeinschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) begangene verbotene Marktmanipulation in Form des sog. „scalping“ gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV, jeweils in der zur Tatzeit geltenden Fassung, gewertet.

II.


9
Der Verurteilung der Angeklagten steht kein Verfahrenshindernis entgegen.
10
1. Die Verfolgung der den Angeklagten zur Last gelegten verbotenen Marktmanipulation ist nicht verjährt. Die sechsmonatige presserechtliche Verjährungsfrist gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 PresseG BW (zur Bestimmung des anzuwendenden Landesrechts vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 1994 - 3 StR 221/94, NJW 1995, 893) greift nicht. Die Vorschrift bezieht sich auf die Strafverfolgung von Vergehen und Verbrechen, die durch Veröffentlichung oder Verbreitung von Druckwerken strafbaren Inhalts begangen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 - 1 StR 187/04, wistra 2004, 339; BGH, Urteil vom 21. Dezember 1994 - 2 StR 628/94, BGHSt 40, 385). Ein solches Presseinhaltsdelikt liegt hier entgegen der Auffassung der Revision nicht vor. Zwar erfolgten die sonstigen Täuschungshandlungen i.S.v. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG jedenfalls zum Teil durch Veröffentlichung von Empfehlungen in Druckwerken i.S.v. § 7 PresseG BW. Durch die Veröffentlichungen allein sind jedoch noch nicht alle Merkmale des Straftatbestands erfüllt. Es bedarf über die sonstige Täuschungshandlung hinaus noch einer Einwirkung auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments (§ 38 Abs. 2 WpHG).
11
2. Der Grundsatz der Spezialität steht der strafrechtlichen Verfolgung des Angeklagten M. wegen verbotener Marktmanipulation nicht entgegen.
12
a) Die Revision macht geltend, die Auslieferung des AngeklagtenM. aus Österreich sei jedenfalls auch wegen des Vorwurfs des Betruges erfolgt. Eine Verurteilung ausschließlich wegen verbotener Marktmanipulation sei mit dem Spezialitätsgrundsatz nicht vereinbar. Bei diesem Tatbestand handele es sich nach österreichischem Recht lediglich um eine Verwaltungsübertretung, die allein eine Auslieferung mangels beiderseitiger Strafbarkeit nicht hätte stützen können.
13

b) Der Spezialitätsgrundsatz ist nicht verletzt. Der Angeklagte M. wurde nicht wegen einer „anderen Tat“ verurteilt, als derjenigen, die der Übergabe zugrunde lag (§ 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG).
14
Der dem Spezialitätsgrundsatz zugrunde liegende Tatbegriff umfasst den gesamten mitgeteilten Lebenssachverhalt, innerhalb dessen der Verfolgte einen oder mehrere Straftatbestände erfüllt haben soll (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, BGHR IRG § 83h Abs. 1 Nr. 1 Spezialitätsgrundsatz 2 mwN). Der Begriff der „anderen Tat“ i.S.d. § 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG knüpft allein an die Beschreibung der Straftat in der Auslieferungs- bewilligung, diese wiederum an den Europäischen Haftbefehl an. Eine „andere Tat“ liegt nicht vor, wenn sich die Angaben im Europäischen Haftbefehl und diejenigen im späteren Urteil hinreichend entsprechen (BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, BGHR IRG § 83h Abs. 1 Nr. 1 Spezialitätsgrundsatz 2; EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2008 - Rechtssache C-388/08, NStZ 2010, 35). Das ist hier der Fall.
15
Der der Verurteilung zugrunde liegende Lebenssachverhalt entspricht dem Lebenssachverhalt, der dem ersuchten Staat im ausschließlich auf den Vorwurf der verbotenen Marktmanipulation gestützten Europäischen Haftbefehl vom 16. Februar 2011 mitgeteilt wurde. Diesen Lebenssachverhalt haben sowohl das Landesgericht Korneuburg im Beschluss vom 9. Juni 2011 („Gegen die im bezughabenden Europäischen Haftbefehl geschilderte Sachverhaltsund Verdachtslage liegen keine Bedenken vor, so dass davon auszugehen ist.“) als auch im Beschwerdeverfahren das Oberlandesgericht Wien im Beschluss vom 26. Juli 2011 („Nach demgenannten Europäischen Haftbefehl ist M. verdächtig, …“; „Dabei ist von dem im Europäischen Haftbefehl angeführ- ten Sachverhalt auszugehen ...“) ihren Entscheidungen zugrunde gelegt.
16
Der Umstand, dass der ersuchte Staat die dem Angeklagten M. zur Last gelegte Tat unter Berücksichtigung der von der Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 12. Mai 2011 mitgeteilten - dem damaligen Ermittlungsstand entsprechenden - Verdachtslage als „gewerbsmäßig schweren Betrug nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB“ gewürdigt hat, lässt die Identität der Tat unberührt. Von der Möglichkeit, die Auslieferung von einer Bedingung abhängig zu machen (vgl. § 72 IRG), hat Österreich keinen Gebrauch gemacht. Allein aus dem Hinweis auf die Geltung des Spezialitätsgrundsatzes ergibt sich nicht, dass die Auslieferung nur unter der Bedingung bewilligt sein soll, dass eine Verurteilung des Angeklagten M. wegen Betruges erfolgt. Dementsprechend kann auf sich beruhen, ob die Urteilsfeststellungen nicht auch hinreichende Anhaltspunkte für die Feststellung eines Betruges ergeben.

III.


17
Die von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen decken keine den Bestand des Urteils gefährdenden Rechtsfehler auf. Sie bleiben aus den in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts zutreffend dargelegten Gründen ohne Erfolg.

IV.


18
Die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die Feststellungen belegen eine verbotene Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV in der zur Tatzeit gültigen Fassung, für die seitdem Unrechtskontinuität besteht.
19
Der Senat erachtet - trotz der verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Zweifel (Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 23, 24; Kutzner , WM 2005, 1401; Moosmayer, wistra 2002, 161; Sorgenfrei in Park-Kapitalmarktstrafrecht , 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 61 ff., 214; Schömann, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG S. 132 f.) - die die Strafbarkeit begründenden Regelungen für verfassungsgemäß (ebenso Fleischer in Fuchs, WpHG, § 20a Rn. 72; Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., vor § 20a Rn. 26 ff., 30; Mock in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Rn. 94 ff.). Wie auch bei der Vorgängervorschrift des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.), die mit Ausnahme der Manipulationsabsicht dem geltenden § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG entspricht, besteht kein Anlass zu Zweifeln an der Verfassungsgemäßheit.
20
Der näheren Erörterung bedürfen darüber hinaus lediglich folgende Gesichtspunkte :
21
1. Die Veröffentlichungen der Kaufempfehlungen für die D. Aktie durch die Angeklagten E. und O. sowie den gesondert Verfolgten G. im Nachrichtenmagazin FOCUS, in den Börsenbriefen sowie in verschiedenen überregionalen Printmedien stellen sonstige Täuschungshandlungen dar, die geeignet waren, auf den inländischen Börsenpreis eines Finanzinstruments einzuwirken (§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG).
22
Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 der auf Grundlage von § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WpHG erlassenen Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV) sind sonstige Täuschungshandlungen in diesem Sinne insbesondere auch „die Nutzung eines gelegentlichen oder regelmäßigen Zugangs zu traditionellen oder elektronischen Medien durch Kundgabe einer Stellungnahme oder eines Gerüchts zu einem Finanzinstrument oder dessen Emittenten, nachdem Positionen über dieses Finanzinstrument eingegangen worden sind, ohne dass dieser Interessenkonflikt zugleich mit der Kundgabe in angemessener und wirksamer Weise offenbart wird“. Diese Regelung setzt Art. 1 Nr. 2 Buchst. c. 3. Spiegelstrich der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation - Marktmissbrauchsrichtlinie - (ABl. L 96 vom 12. April 2003 S. 16) in deutsches Recht um (vgl. BR-Drucks. 18/05 S. 17).
23
a) Die drei Angeklagten und der gesondert Verfolgte G. haben vor Veröffentlichung der Kaufempfehlungen in erheblichem Umfang D. Aktien erworben. Sie haben sodann jeweils Stellungnahmen zu D. veröffentlicht , ohne auf den Interessenkonflikt hinzuweisen, der durch das Innehaben eigener Aktien an D. begründet worden ist.
24
aa) Die Angeklagten O. und E. sowie der gesondert Verfolgte G. haben die daraus resultierenden Interessenkonflikte nicht in angemessener und wirksamer Weise zugleich mit den von ihnen veröffentlichten Kaufempfehlungen offengelegt.
25
bb) Dem Angeklagten M. , der selbst keine Empfehlungen zur Aktie D. abgegeben hat, waren diese veröffentlichten Kaufempfehlungen nach den Grundsätzen der Mittäterschaft zuzurechnen (§ 25 Abs. 2 StGB).
26
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Revision des Angeklagten M. , bei der verbotenen Marktmanipulation nach § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV handele es sich um ein Sonderdelikt, so dass tauglicher Täter nur sein könne, wer sich selbst bei Kundgabe der Empfehlung aufgrund eigener Positionen an dem empfohlenen Finanzinstrument in einem Interessenkonflikt befinde. Vielmehr handelt es sich um ein Jedermannsdelikt, für das die allgemeinen Regeln zu Täterschaft und Teilnahme gelten. Eine Einschränkung des Täterkreises entspricht weder dem Wortlaut noch dem Schutzzweck der Norm.
27
(1) Der Straftatbestand des § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ist als Allgemein- bzw. Jedermannsdelikt formuliert („wer…, wird bestraft“) und enthält keine Beschränkung auf eine bestimmte Tätergruppe. Gleiches gilt für die Verbotsnorm des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, die sich ebenfalls an jedermann und nicht an eine bestimmte Personengruppe richtet. Auch der Wortlaut des § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV („Kundgabe … nachdem Positionen … eingegangen worden sind, ohne dass dieser Interessenkonflikt … offenbart wird“), der- ohne strafbarkeitsbegründende Wirkung (zur KuMaKV vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383) - die Tatbe- standsalternative der „sonstigen Täuschungshandlung“ konkretisiert, enthält keine Einschränkung dahin, in welcher Person der Interessenkonflikt eingetreten sein muss (OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664).
28
(2) Das Verbot der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, das jede Täuschung verbietet, die geeignet ist, auf den inländischen Börsenpreis eines Finanzinstruments einzuwirken, begründet bei der Abgabe von Kaufempfehlungen eine Pflicht zur Offenlegung von aufgrund eingegangener Positionen (vgl. Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 36) am empfohlenen Finanzinstrument bestehenden Interessenkonflikten. Ein zur Einwirkung auf den Börsenpreis geeigneter Interessenkonflikt besteht über den Fall, dass der Empfehlende selbst eigene Positionen des empfohlenen Finanzinstruments hält (Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 36; BR-Drucks. 18/05 S. 17), hinaus in gleicher Weise, wenn mehrere Personen - Positionshalter einerseits, Empfehlender andererseits - gemeinschaftlich zusammenwirken (vgl. OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664). Bei einer Beschränkung des Täterkreises auf Personen, die bei Kundgabe der Empfehlung eigene Positionen des betreffenden Finanzinstruments halten, würde weder die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung und damit die Funktionsfähigkeit der geregelten Kapitalmärkte noch das Vermögen der Anleger hinreichend geschützt, mithin der Schutzzweck der Norm leerlaufen (zum Schutzzweck von § 20a WpHG vgl. Übersicht zum Meinungsstand bei Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 26 ff.; Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 2 ff.). Denn das Verbot des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG i.V.m. § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV ließe sich dann durch eine arbeitsteilige Vorgehensweise umgehen (OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664).
29
(3) Damit finden die allgemeinen Regeln über Täterschaft und Teilnahme Anwendung (Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 151; Waßmer in Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 67; vgl. auch Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 54). Handeln - wie hier - mehrere Personen gemeinschaftlich , reicht es daher aus, wenn eine von ihnen Positionen an dem Finanzinstrument hält und eine andere unter Nutzung eines Medienzugangs eine Stellungnahme oder ein Gerücht zu diesem Finanzinstrument abgibt bzw. äußert , ohne den bestehenden Interessenkonflikt zugleich in angemessener und wirksamer Weise offenzulegen. Dass das Landgericht den Angeklagten M.
als Mittäter gemäß § 25 Abs. 2 StGB angesehen hat, ist im Hinblick auf seine maßgebliche Beteiligung an der Planung, die Schaffung und Steuerung der Voraussetzungen zur Umsetzung dieser Planung, nämlich sich in den Besitz fast sämtlicher Freihandelsaktien zu bringen und diese sodann etwa zur Hälfte zu manipulativen Vermarktungszwecken an G. zu übertragen, sowie sein angesichts der immer noch gehaltenen eigenen Aktienbestände erhebliches Eigeninteresse revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
30
b) Die durch § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG strafbewehrte Pflicht zur Offenlegung der eingegangenen Position an der D. Aktie entfällt auch nicht im Hinblick auf die Wertung des § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 der auf der Grundlage von § 34b Abs. 8 WpHG erlassenen Verordnung über die Analyse von Finanzinstrumenten (FinAnV).
31
Danach darf eine Finanzanalyse nur weitergegeben oder öffentlich verbreitet werden, wenn unter anderem Umstände und Beziehungen, die bei den Erstellern, den für die Erstellung verantwortlichen juristischen Personen oder mit diesen verbundenen Unternehmen Interessenkonflikte begründen können, zusammen mit der Finanzanalyse offengelegt werden. Offenlegungspflichtige Informationen über Interessenkonflikte liegen insbesondere vor, wenn wesentliche Beteiligungen zwischen den vorbezeichneten Personen und Unternehmen bzw. den für diese tätigen und an der Erstellung der Finanzanalyse mitwirkenden Personen und Unternehmen und den Emittenten, die selbst oder deren Finanzinstrumente Gegenstand der Finanzanalyse sind, bestehen. Als wesentlich gilt dabei gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 FinAnV eine Beteiligung in Höhe von mehr als fünf Prozent des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft. Diese Regelungen setzen Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/125/EG der Kommis- sion vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten (ABl. L 339 vom 24. Dezember 2003 S. 73) in deutsches Recht um.
32
aa) Die Revisionen machen geltend, bei Finanzanalysten - und um solche handele es sich bei den Angeklagten E. und O. - sei für die Frage, ob bei einer Beteiligung an dem betreffenden Finanzinstrument ein offenzulegender Interessenkonflikt vorliege, die Regelung des § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 FinAnV als lex specialis maßgeblich. Da die Angeklagten E. und O. jeweils für sich genommen zu keinem Zeitpunkt mehr als fünf Prozent des Grundkapitals der D. hielten, seien sie zu einer Offenlegung der eigenen Positionen bei Empfehlung der Aktie nicht verpflichtet gewesen.
33
bb) Dem folgt der Senat nicht. Es kann offen bleiben, ob es sich bei den durch die Angeklagten O. und E. veröffentlichten Kaufempfehlungen um Finanzanalysen i.S.v. § 34b Abs. 1 Satz 1 WpHG handelt. Gleiches gilt für die Frage, ob bei gemeinschaftlichem Handeln mehrerer Personen für die Bestimmung der Beteiligungsquote die Beteiligungen der Mittäter zusammenzurechnen wären, was freilich angesichts von Sinn und Zweck der Vorschrift des § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Nr. 3 WpHG und den Grundsätzen mittäterschaftlicher Begehungsweise nahe liegt. Darauf kommt es aber nicht an, da es einer solchen Beteiligungsquote nicht bedarf.
34
Denn jedenfalls ergibt sich aus § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG für Finanzanalysten keine Privilegierung im Hinblick auf die Strafbarkeit wegen verbotener Marktmanipulation. Entgegen einer im Schrifttum, freilich ohne nähere Begründung, vertretenen Auffassung (vgl. Sorgenfrei in Park, Kapitalmarktstraf- recht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 213; Fleischer in Fuchs, WpHG, § 20a Rn. 67; Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 38; Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 234) wird die Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG auch für Finanzanalysten nicht durch den an die fünfprozentige Beteiligungsquote geknüpften Offenlegungsmaßstab gemäß § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 FinAnV limitiert. Denn die die Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG betreffenden Regelungen enthalten spezielle und gegenüber denjenigen für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5), § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 FinAnV selbständig zu beurteilende Voraussetzungen.
35
(1) Nach dem Wortlaut von § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG und § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV, der die Tatbestandsvariante der sonstigen Täuschungshandlung im Sinne der Strafnorm des § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG konkretisiert, liegt bei fehlender Offenlegung von über das Finanzinstrument eingegangenen Positionen zugleich mit der Kundgabe der Stellungnahme in angemessener und wirksamer Weise stets - unabhängig vom Umfang der Positionen - eine sonstige Täuschungshandlung vor. Es ist ausweislich der Materialien auch nicht ersichtlich, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber die Möglichkeit einer Ausnahme für den Fall, dass es sich bei der Stellungnahme um eine Finanzanalyse handelt, erwogen hätte (vgl. nur BT-Drucks. 14/8017, BT-Drucks. 14/8601, BT-Drucks. 15/3174, BT-Drucks. 16/4028 zu § 34b WpHG; Entwurf des Bundesministeriums der Finanzen mit Begründung, abgedruckt in ZBB 2004, 422 zu § 5 FinAnV; BT-Drucks. 14/8017, BT-Drucks. 15/3174 zu § 20a WpHG; BR-Drucks. 18/05 zur MaKonV).
36
(2) Sonstige Gründe, die für eine solche Ausnahme im Sinne einer Privilegierung des Finanzanalysten als des typischen Normadressaten der Strafnorm des § 38 Abs. 2 WpHG sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Sie würde auch den Belangen der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung und damit der Funktionsfähigkeit der geregelten Kapitalmärkte sowie dem Schutz des Vermögens der Anleger und mithin dem Schutzzweck des § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 20a WpHG (Überblick zum Meinungsstand bei Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 26 ff.; Altenhain in KölnerKommentar -WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 2 ff.) zuwiderlaufen. Die geschützten Rechtsgüter wären jedenfalls durch die täuschende Empfehlung eines Finanzanalysten gegenüber dem nicht als solchen Handelnden nicht weniger gefährdet.
37
(3) Demgegenüber soll durch § 34b WpHG das Vertrauen der Anleger in die Sorgfalt, Neutralität und Integrität derjenigen, die Finanzanalysen erstellen, geschützt werden (BT-Drucks. 14/8017, S. 92). Ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Offenlegungspflichten aus § 34b Abs. 1 Satz 2 i.V.m. der Finanzanalyseverordnung (FinAnV) stellt eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 (damals Nr. 4) WpHG dar. Dem Ordnungswidrigkeitentatbestand liegt ein vom Gesetzgeber als für das geschützte Rechtsgut generell gefährlich bewertetes Verhalten des Finanzanalysten zugrunde. Mit dem Erreichen einer fünfprozentigen Beteiligungsquote wird unwiderleglich vermutet, dass bei einer Finanzanalyse wegen der mit der Beteiligungsquote typischerweise einhergehenden Eigeninteressen der Analysten kein ausreichendes Vertrauen in die Sorgfalt, Neutralität und Integrität der Analyse gewährleistet werden kann. Das der Ordnungswidrigkeit zugrunde liegende, das Rechtsgut beeinträchtigende Verhalten wird allein durch die Weitergabe oder Veröffentlichung der Analyse trotz Erreichens der Beteiligungsquote konstituiert.
38
(4) Für einen Rückgriff auf diese gesetzlich festgeschriebene unwiderlegliche Vermutung ist zur Limitierung der Strafbarkeit aus § 38 Abs. 2 WpHG kein Raum. Denn eine Strafbarkeit wegen verbotener Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG setzt neben der sonstigen Täuschungshandlung - hier der Nichtoffenlegung des Interessenkonflikts aufgrund eingegangener Positionen über das Finanzinstrument - die Einwirkung auf den Börsenpreis und damit den Nachweis einer konkreten und gegenüber §§ 34b, 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5) WpHG andersartigen Beeinträchtigung voraus. Dieser für die Strafbarkeit erforderliche qualifizierte Einwirkungsgrad auf das Schutzgut des § 38 WpHG - unabhängig vom Umfang der eingegangenen Positionen - beschreibt nach der gesetzgeberischen Konzeption abschließend den Taterfolg. Zudem qualifiziert es die Tat zum strafbaren Delikt gegenüber der hierzu in einem Stufenverhältnis stehenden Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, bei der das Vorliegen lediglich einer Eignung zur Preiseinwirkung ausreicht. Der Rückgriff auf eine gesetzlich festgeschriebene und durch eine Verordnung konkretisierte Vermutung zur Annahme eines generell gefährlichen Verhaltens für das Vertrauen in Finanzanalysten ist wegen des in § 38 Abs. 2 WpHG anderweitig hergestellten Rechtsgutsbezugs nicht veranlasst.
39
(5) Die Schwelle für die Annahme eines generell gefährlichen Verhaltens für das Rechtsgut des § 34b WpHG, die der Verordnungsgeber ab einer Beteiligungsquote von fünf Prozent des Grundkapitals für überschritten erachtet, steht auch sonst in keiner Beziehung zum Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG. Es handelt sich bei § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5) WpHG einerseits und § 38 Abs. 2 WpHG andererseits um unterschiedliche Deliktstypen, die miteinander nicht über das in ihnen beschriebene Unrecht in Verbindung stehen. Ist nämlich tatsächlich auf den Börsenpreis im Sinne des § 38 Abs. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG eingewirkt worden, ist der tatbestandliche Erfolg dieses Delikts eingetreten. Es kommt nicht darauf an, ob Umstände vorliegen, die generell geeignet gewesen wären, zudem auf das Vertrauen der Anleger in die Sorgfalt, Neutralität und Integrität derjenigen, die Finanzanalysen erstellen, einzuwirken, mithin den tatbestandlichen Erfolg der Ordnungswidrigkeit gemäß § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5) WpHG zu begründen.
40
c) Der Pflicht zur Offenlegung des bestehenden Interessenkonflikts in angemessener und wirksamer Weise zugleich mit der Veröffentlichung der Kaufempfehlungen sind die Angeklagten nicht durch die in den per Email versandten Börsenbriefen enthaltenen oder auf den Internet-Homepages platzierten Disclaimer bzw. Risikohinweise nachgekommen. Es kann dahinstehen, ob lediglich die Art der eingegangenen Positionen (Stoll in KölnerKommentarWpHG , 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 38, 39; Vogel in Assmann/ Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 234) oder auch die Absicht, die Positionen alsbald wieder aufzulösen (Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht Rn. 559, 560), offenzulegen ist. Jedenfalls reichen - wie hier - pauschal gehaltene Hinweise , wonach Herausgeber und Mitarbeiter potenziell Positionen der in den Veröffentlichungen behandelten Wertpapiere halten können, ohne dass auf den konkret bestehenden Interessenkonflikt eingegangen wird, nicht aus (OLG München, Beschluss vom 3. März 2011- 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664; Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 39).
41
2. Das Landgericht hat auf tragfähiger Grundlage die für den Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG - zusätzlich zu den Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG - erforderliche Einwirkung auf den Börsenpreis derD. Aktie festgestellt.
42
a) Für die Beurteilung der Frage, ob durch die marktmanipulative Handlung tatsächlich eine Einwirkung auf den Börsenpreis eingetreten ist, dürfen angesichts der Vielzahl der - neben der Tathandlung - regelmäßig an der Preisbildung mitwirkenden Faktoren keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Vergleiche von bisherigem Kursverlauf und Umsatz sowie die Kursund Umsatzentwicklung des betreffenden Papiers können eine Kurseinwirkung hinreichend belegen; eine Befragung der Marktteilnehmer ist nicht veranlasst (BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373 zu § 20a Abs. 1 Nr. 2 WpHG aF; BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NStZ 2010, 339).
43
Die vom Landgericht festgestellte Kursentwicklung belegt tragfähig eine Einwirkung der Empfehlungen auf den Börsenpreis. Der Kursanstieg der D. Aktie, die vor Veröffentlichung der ersten Empfehlung im Nachrichtenmagazin FOCUS am 15. Mai 2006 entweder umsatzlos geblieben war oder nur wenige Käufer aufwies, im unmittelbaren zeitlichem Zusammenhang mit den im Zeitraum vom 15. Mai 2006 bis 15. Juni 2006 veröffentlichten Kaufempfehlungen von 2,10 Euro auf 18,10 Euro spiegelt die Auswirkungen der Kaufempfehlungen wieder. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass das sachverständig beratene Landgericht - anders als bei den Veröffentlichungen am 15. Mai 2006 bzw. am 22. Mai 2006 - bei den im Zeitraum 23. Mai 2006 bis 15. Juni 2006 veröffentlichten Empfehlungen aufgrund der zeitlich eng beieinander liegenden Veröffentlichungen keine isolierte Betrachtung der Auswirkungen jeder einzelnen Veröffentlichung, sondern eine solche der im maßgeblichen Zeitraum erfolgten Veröffentlichungen in ihrer Gesamtheit vorgenommen hat. Denn die Veröffentlichungen waren aufeinander abgestimmt und Teil einer koordinierten Vermarktungskampagne , so dass jedenfalls eine Gesamtschau der Auswirkungen der Veröffentlichungen, die das Landgericht als einheitliche Tat gewertet hat, die Annahme einer Einwirkung auf den Börsenpreis rechtfertigt.
44
b) Entgegen der Auffassung der Revisionen musste das Landgericht nicht der Frage nachgehen, ob der Kursverlauf ein anderer gewesen wäre, wenn zusammen mit den Veröffentlichungen der Aktienbesitz der Angeklagten ordnungsgemäß offengelegt worden wäre.
45
In der Abgabe der Kaufempfehlungen durch die Angeklagten liegt eine konkludente sonstige Täuschung i.S.v. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG durch aktives Tun. Die Kaufempfehlungen beinhalteten die stillschweigende Erklärung , dass sie nicht mit dem sachfremden Ziel der Kursbeeinflussung zu eigennützigen Zwecken bemakelt waren (BGH, Urteil vom 6. September 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373). Bei dieser Sachlage - Täuschung durch aktives Tun - bedarf es entgegen der Auffassung der Revisionen nicht der Feststellung eines „Pflichtwidrigkeitszusammenhangs“ bzw. des Kursverlaufs bei „rechtmäßigem Alternativerhalten“. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Be- schluss des 3. Strafsenats vom 20. Juli 2011 (3 StR 506/10, wistra 2011, 467) zur Marktmanipulation durch irreführende Angaben in einer Presseerklärung. Die dort verwendete Formulierung „Die Feststellung (…), dass es ohne die irre- führenden Angaben in (…)der Presseerklärung zu keiner Kurssteigerung ge- kommen wäre, weist keinen Rechtsfehler auf“ beschreibt lediglich das Erfor- dernis der Kausalität zwischen Tathandlung und Einwirkung auf den Börsenpreis.
46
c) Die verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Bedenken, es fehle bei Kaufempfehlungen ohne Offenlegung eingegangener Positionen an der Preiseinwirkungseignung bzw. der Kausalität für die Preiseinwirkung, da die Offenlegung die Empfehlungswirkung allenfalls verstärken würde und deshalb das Verschweigen derartiger Positionen für den Anleger wenig bedeutsam sei (Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, S. 141; Schröder, HBd Kapitalmarktstrafrechts Rn. 559), greifen zu kurz. Erst durch die Offenlegung kann eine autonome Entscheidung des Anlegers - auch unter Berücksichtigung eines bei dem Empfehlenden bestehenden Interessenkonflikts - gewährleistet werden. Wird dieser offen gelegt, kann der Anleger in seine Kaufentscheidung auch das Halten eigener Aktien des Empfehlenden mit der Möglichkeit des Verkaufs bei Kurssteigerung einbeziehen.
47
3. Auch die Strafzumessung hält revisionsgerichtlicher Prüfung stand. Es ist unter dem Gesichtspunkt der verschuldeten Auswirkungen der Tat nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den hohen Erlös aus den Transaktionen mit der D. Aktie - auch soweit sie erst nach Abschluss der Vermarktungskampagne am 15. Juni 2006 erfolgten - strafschärfend gewertet hat.

V.


48
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO halten revisionsgerichtlicher Überprüfung allerdings nicht stand.
49
Die Regelung des § 111i Abs. 2 StPO ist erst durch das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I 2350) geschaffen worden und am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Ihrer Anwendung auf bereits vor diesem Zeitpunkt beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen, wonach insoweit das mildere alte Recht gilt, nach dem diese bedingte Verfallsanordnung nicht möglich war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. April 2013 - 1 StR 22/13, NStZ-RR 2013, 254 mwN; und vom 23. Oktober 2008 - 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009,

56).


50
Die Tat nach § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG war nach den landgerichtlichen Feststellungen jedenfalls bereits vor dem 1. Januar 2007 mit dem Herbeiführen des tatbestandlichen Erfolgs beendet (vgl. Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 157; Waßmer in Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 89, Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 38 Rn. 86). Im Jahr 2007 fand keine Einwirkung auf den Börsenpreis , also keine zum Tatbestand gehörende Handlung mehr statt. Dass der Börsenpreis im Jahre 2007 aufgrund von Handlungen aus 2006 noch beeinflusst gewesen sein mag, ist demgegenüber für die Frage der Tatbeendigung unerheblich (Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 157). Dies gilt auch, soweit die Angeklagten nach 2006 noch von dem erhöhten Börsenpreis profitiert haben.
51
Danach ist für Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO kein Raum. Der Senat hebt das Urteil daher insoweit ohne die zugrunde liegenden Feststellungen auf; die Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO entfallen (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO).
52
Darauf, ob die von der Strafkammer ohne jede Begründung getroffene Entscheidung andernfalls rechtlich Bestand haben könnte, kommt es daher nicht an. Eine Zurückverweisung zur erneuten Prüfung einer Verfallsanordnung nach § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a StGB kommt wegen des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht in Betracht.

VI.


53
Der nur geringe Teilerfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Angeklagten von den durch ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen freizustellen.
RiBGH Dr. Wahl ist urlaubsbedingt ortsabwesend und daher an der Unterschriftsleistung verhindert. Jäger Jäger Cirener Radtke Mosbacher

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 0 6 / 1 3
vom
4. Dezember 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________
WpHG § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
MaKonV § 4 Abs. 3 Nr. 2
1. Beim Straftatbestand des § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1
Satz 1 Nr. 3, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV handelt es sich um ein Jedermannsdelikt
, für das die allgemeinen Regeln zu Täterschaft und Teilnahme gelten.
2. Die Strafbarkeit nach diesen Vorschriften setzt nicht voraus, dass der Täter
mit mehr als fünf Prozent an der betroffenen Gesellschaft beteiligt ist.
BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2013 - 1 StR 106/13 - LG Stuttgart
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen verbotener Marktmanipulation
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Dezember 2013 beschlossen
:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 12. Oktober 2012 hinsichtlich der Feststellungen
nach § 111i Abs. 2 StPO aufgehoben (Ziffer II. des
Tenors); diese Feststellungen entfallen (§ 349 Abs. 4 StPO).
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten gegen das
vorbezeichnete Urteil werden verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen verbotener Marktmanipulation verurteilt und gegen den Angeklagten M. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten sowie gegen die Angeklagten E. und O. jeweils Freiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten bzw. einem Jahr und zehn Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verhängt. Zudem hat es festgestellt, dass hinsichtlich des Angeklagten M. wegen eines Geldbetrages von 25.660.856,02 Euro, hinsichtlich des Angeklagten E. wegen eines Geldbetrages von 549.294,01 Euro sowie hinsichtlich des Angeklagten O. wegen eines Geldbetrages von 3.540.491,06 Euro nur deshalb nicht auf Wertersatzverfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen sind sie unbegründet.

I.


3
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Der Angeklagte M. brachte sich Anfang des Jahres 2006 in den fast vollständigen Besitz der Freihandelsaktien der D. Inc. (im Folgenden : D. ), einer Gesellschaft zur Entdeckung und Förderung von Rohstoffen. Gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten G. entschloss sich der Angeklagte M. , den Börsenpreis der Aktie D. durch massive Empfehlungen - unter Verschweigen der eigenen Aktienbestände und den darin liegenden Interessenkonflikten - zu steigern, um die eigenen Aktien mit Gewinn verkaufen zu können. Der Angeklagte M. übertrug etwa die Hälfte des Aktienbestandes auf G. , der die Vermarktung der Aktie übernehmen sollte. Der gesondert Verfolgte G. „sollte auf sein Netzwerk von vermeintlichen Börsenjournalisten zurückgreifen und diese in Form aufeinander abgestimmter gemeinsamer Vorgehensweise im Einzelnen dirigieren“. Deswegen nahm der Angeklagte M. zumindest billigend in Kauf, dass G. sich zur Umsetzung des Plans der Hilfe weiterer Personen bediente.
5
Im Zeitraum vom 15. Mai 2006 bis 15. Juni 2006 ließen der Angeklagte M. und der gesondert Verfolgte G. die Aktie in zahlreichen Medien nachhaltig zum Kauf empfehlen, wobei die Kapitalanlage u.a. wegen der Beteiligung eines bekannten Geologen sowie eines von diesem eingebrachten Explorationsprojekts als lukrative Investition dargestellt wurde. Regelmäßig wurden Empfehlungen mittels konkreten Kaufpreislimits ausgesprochen. Ein operatives Geschäft betrieb die Gesellschaft nicht.
6
An der Vermarktungskampagne beteiligten sich in Absprache mit G. und in Kenntnis von dessen Empfehlungen auch die Angeklagten E. und O. . E. erhielt im Mai 2006 von G. 100.000 D. Aktien und veröffentlichte im Gegenzug am 15. Mai 2006 als „Initialzündung“ eine Empfehlung der Aktie im Nachrichtenmagazin FOCUS sowie in der Folgezeit weitere Empfehlungen in den von ihm herausgegebenen Börsenbriefen „Blue Sky Level“ und „Commodity Stock Investor“. O. erhielt - vermittelt durch G. - im April 2006 mehr als eine Million D. Aktien außerbörslich zu einem deutlich unter dem Börsenkurs liegenden Kaufpreis, veröffentlichte im Gegenzug ab dem 22. Mai 2006 Empfehlungen in seinem Börsenbrief „Rohstoffraketen“ und bewarb die Aktie im Rahmen eines Anlegerseminars. Teilwei- se wurden die Empfehlungen engmaschig mit dem gesondert Verfolgten G. abgestimmt. Dieser empfahl die Aktie in seinem Börsenbrief „bullVes- tor“, warb weitere Verfasser von Börsenbriefen für Empfehlungen gegen Entgelt an und organisierte Werbeanzeigen in überregionalen Printmedien. In keiner der Veröffentlichungen wurden die Aktienbestände der Angeklagten offengelegt ; Disclaimer bzw. Warnhinweise in den per Email versandten Börsenbriefen oder auf den betreffenden Homepages enthielten lediglich pauschale Hinweise darauf, dass Herausgeber und Mitarbeiter Positionen der in den Veröffentlichungen besprochenen Wertpapieren halten können.
7
Nachdem die Aktie D. nach ihrer erstmaligen Börsennotierung am 24. Februar 2006 nahezu umsatzlos blieb, steigerte sich der Börsenpreis der D. Aktien aufgrund der Veröffentlichungen von 2,10 Euro im Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung am 15. Mai 2006 auf 18,10 Euro am 15. Juni 2006. Nach Abschluss der Vermarktungskampagne fiel der Aktienkurs wieder ab; am 30. Juni 2006 betrug er noch 2,92 Euro. Im Laufe der Jahre 2006 und 2007 gingen Umsatz und Kurs nach und nach vollends zurück, bis dieAktie D. wieder ohne nennenswertes Handelsvolumen war und der Kurs gegen Null tendierte. Die Angeklagten nutzen die Kurssteigerungen zum gewinnbringenden Verkauf der Aktien aus. Insgesamt erzielten der Angeklagte M. 25.660.856,02 Euro, der Angeklagte E. 549.294,01 Euro und der Angeklagte O. 3.540.491,06 Euro aus dem Verkauf der Aktien, wobei die Verkäufe zum Teil erst nach dem Abschluss der Vermarktungskampagne erfolgten.
8
2. Das Landgericht hat das Geschehen als von den Angeklagten gemeinschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) begangene verbotene Marktmanipulation in Form des sog. „scalping“ gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV, jeweils in der zur Tatzeit geltenden Fassung, gewertet.

II.


9
Der Verurteilung der Angeklagten steht kein Verfahrenshindernis entgegen.
10
1. Die Verfolgung der den Angeklagten zur Last gelegten verbotenen Marktmanipulation ist nicht verjährt. Die sechsmonatige presserechtliche Verjährungsfrist gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 PresseG BW (zur Bestimmung des anzuwendenden Landesrechts vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 1994 - 3 StR 221/94, NJW 1995, 893) greift nicht. Die Vorschrift bezieht sich auf die Strafverfolgung von Vergehen und Verbrechen, die durch Veröffentlichung oder Verbreitung von Druckwerken strafbaren Inhalts begangen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 - 1 StR 187/04, wistra 2004, 339; BGH, Urteil vom 21. Dezember 1994 - 2 StR 628/94, BGHSt 40, 385). Ein solches Presseinhaltsdelikt liegt hier entgegen der Auffassung der Revision nicht vor. Zwar erfolgten die sonstigen Täuschungshandlungen i.S.v. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG jedenfalls zum Teil durch Veröffentlichung von Empfehlungen in Druckwerken i.S.v. § 7 PresseG BW. Durch die Veröffentlichungen allein sind jedoch noch nicht alle Merkmale des Straftatbestands erfüllt. Es bedarf über die sonstige Täuschungshandlung hinaus noch einer Einwirkung auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments (§ 38 Abs. 2 WpHG).
11
2. Der Grundsatz der Spezialität steht der strafrechtlichen Verfolgung des Angeklagten M. wegen verbotener Marktmanipulation nicht entgegen.
12
a) Die Revision macht geltend, die Auslieferung des AngeklagtenM. aus Österreich sei jedenfalls auch wegen des Vorwurfs des Betruges erfolgt. Eine Verurteilung ausschließlich wegen verbotener Marktmanipulation sei mit dem Spezialitätsgrundsatz nicht vereinbar. Bei diesem Tatbestand handele es sich nach österreichischem Recht lediglich um eine Verwaltungsübertretung, die allein eine Auslieferung mangels beiderseitiger Strafbarkeit nicht hätte stützen können.
13

b) Der Spezialitätsgrundsatz ist nicht verletzt. Der Angeklagte M. wurde nicht wegen einer „anderen Tat“ verurteilt, als derjenigen, die der Übergabe zugrunde lag (§ 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG).
14
Der dem Spezialitätsgrundsatz zugrunde liegende Tatbegriff umfasst den gesamten mitgeteilten Lebenssachverhalt, innerhalb dessen der Verfolgte einen oder mehrere Straftatbestände erfüllt haben soll (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, BGHR IRG § 83h Abs. 1 Nr. 1 Spezialitätsgrundsatz 2 mwN). Der Begriff der „anderen Tat“ i.S.d. § 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG knüpft allein an die Beschreibung der Straftat in der Auslieferungs- bewilligung, diese wiederum an den Europäischen Haftbefehl an. Eine „andere Tat“ liegt nicht vor, wenn sich die Angaben im Europäischen Haftbefehl und diejenigen im späteren Urteil hinreichend entsprechen (BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, BGHR IRG § 83h Abs. 1 Nr. 1 Spezialitätsgrundsatz 2; EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2008 - Rechtssache C-388/08, NStZ 2010, 35). Das ist hier der Fall.
15
Der der Verurteilung zugrunde liegende Lebenssachverhalt entspricht dem Lebenssachverhalt, der dem ersuchten Staat im ausschließlich auf den Vorwurf der verbotenen Marktmanipulation gestützten Europäischen Haftbefehl vom 16. Februar 2011 mitgeteilt wurde. Diesen Lebenssachverhalt haben sowohl das Landesgericht Korneuburg im Beschluss vom 9. Juni 2011 („Gegen die im bezughabenden Europäischen Haftbefehl geschilderte Sachverhaltsund Verdachtslage liegen keine Bedenken vor, so dass davon auszugehen ist.“) als auch im Beschwerdeverfahren das Oberlandesgericht Wien im Beschluss vom 26. Juli 2011 („Nach demgenannten Europäischen Haftbefehl ist M. verdächtig, …“; „Dabei ist von dem im Europäischen Haftbefehl angeführ- ten Sachverhalt auszugehen ...“) ihren Entscheidungen zugrunde gelegt.
16
Der Umstand, dass der ersuchte Staat die dem Angeklagten M. zur Last gelegte Tat unter Berücksichtigung der von der Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 12. Mai 2011 mitgeteilten - dem damaligen Ermittlungsstand entsprechenden - Verdachtslage als „gewerbsmäßig schweren Betrug nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB“ gewürdigt hat, lässt die Identität der Tat unberührt. Von der Möglichkeit, die Auslieferung von einer Bedingung abhängig zu machen (vgl. § 72 IRG), hat Österreich keinen Gebrauch gemacht. Allein aus dem Hinweis auf die Geltung des Spezialitätsgrundsatzes ergibt sich nicht, dass die Auslieferung nur unter der Bedingung bewilligt sein soll, dass eine Verurteilung des Angeklagten M. wegen Betruges erfolgt. Dementsprechend kann auf sich beruhen, ob die Urteilsfeststellungen nicht auch hinreichende Anhaltspunkte für die Feststellung eines Betruges ergeben.

III.


17
Die von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen decken keine den Bestand des Urteils gefährdenden Rechtsfehler auf. Sie bleiben aus den in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts zutreffend dargelegten Gründen ohne Erfolg.

IV.


18
Die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die Feststellungen belegen eine verbotene Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV in der zur Tatzeit gültigen Fassung, für die seitdem Unrechtskontinuität besteht.
19
Der Senat erachtet - trotz der verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Zweifel (Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 23, 24; Kutzner , WM 2005, 1401; Moosmayer, wistra 2002, 161; Sorgenfrei in Park-Kapitalmarktstrafrecht , 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 61 ff., 214; Schömann, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG S. 132 f.) - die die Strafbarkeit begründenden Regelungen für verfassungsgemäß (ebenso Fleischer in Fuchs, WpHG, § 20a Rn. 72; Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., vor § 20a Rn. 26 ff., 30; Mock in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Rn. 94 ff.). Wie auch bei der Vorgängervorschrift des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.), die mit Ausnahme der Manipulationsabsicht dem geltenden § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG entspricht, besteht kein Anlass zu Zweifeln an der Verfassungsgemäßheit.
20
Der näheren Erörterung bedürfen darüber hinaus lediglich folgende Gesichtspunkte :
21
1. Die Veröffentlichungen der Kaufempfehlungen für die D. Aktie durch die Angeklagten E. und O. sowie den gesondert Verfolgten G. im Nachrichtenmagazin FOCUS, in den Börsenbriefen sowie in verschiedenen überregionalen Printmedien stellen sonstige Täuschungshandlungen dar, die geeignet waren, auf den inländischen Börsenpreis eines Finanzinstruments einzuwirken (§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG).
22
Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 der auf Grundlage von § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WpHG erlassenen Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV) sind sonstige Täuschungshandlungen in diesem Sinne insbesondere auch „die Nutzung eines gelegentlichen oder regelmäßigen Zugangs zu traditionellen oder elektronischen Medien durch Kundgabe einer Stellungnahme oder eines Gerüchts zu einem Finanzinstrument oder dessen Emittenten, nachdem Positionen über dieses Finanzinstrument eingegangen worden sind, ohne dass dieser Interessenkonflikt zugleich mit der Kundgabe in angemessener und wirksamer Weise offenbart wird“. Diese Regelung setzt Art. 1 Nr. 2 Buchst. c. 3. Spiegelstrich der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation - Marktmissbrauchsrichtlinie - (ABl. L 96 vom 12. April 2003 S. 16) in deutsches Recht um (vgl. BR-Drucks. 18/05 S. 17).
23
a) Die drei Angeklagten und der gesondert Verfolgte G. haben vor Veröffentlichung der Kaufempfehlungen in erheblichem Umfang D. Aktien erworben. Sie haben sodann jeweils Stellungnahmen zu D. veröffentlicht , ohne auf den Interessenkonflikt hinzuweisen, der durch das Innehaben eigener Aktien an D. begründet worden ist.
24
aa) Die Angeklagten O. und E. sowie der gesondert Verfolgte G. haben die daraus resultierenden Interessenkonflikte nicht in angemessener und wirksamer Weise zugleich mit den von ihnen veröffentlichten Kaufempfehlungen offengelegt.
25
bb) Dem Angeklagten M. , der selbst keine Empfehlungen zur Aktie D. abgegeben hat, waren diese veröffentlichten Kaufempfehlungen nach den Grundsätzen der Mittäterschaft zuzurechnen (§ 25 Abs. 2 StGB).
26
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Revision des Angeklagten M. , bei der verbotenen Marktmanipulation nach § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV handele es sich um ein Sonderdelikt, so dass tauglicher Täter nur sein könne, wer sich selbst bei Kundgabe der Empfehlung aufgrund eigener Positionen an dem empfohlenen Finanzinstrument in einem Interessenkonflikt befinde. Vielmehr handelt es sich um ein Jedermannsdelikt, für das die allgemeinen Regeln zu Täterschaft und Teilnahme gelten. Eine Einschränkung des Täterkreises entspricht weder dem Wortlaut noch dem Schutzzweck der Norm.
27
(1) Der Straftatbestand des § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ist als Allgemein- bzw. Jedermannsdelikt formuliert („wer…, wird bestraft“) und enthält keine Beschränkung auf eine bestimmte Tätergruppe. Gleiches gilt für die Verbotsnorm des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, die sich ebenfalls an jedermann und nicht an eine bestimmte Personengruppe richtet. Auch der Wortlaut des § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV („Kundgabe … nachdem Positionen … eingegangen worden sind, ohne dass dieser Interessenkonflikt … offenbart wird“), der- ohne strafbarkeitsbegründende Wirkung (zur KuMaKV vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383) - die Tatbe- standsalternative der „sonstigen Täuschungshandlung“ konkretisiert, enthält keine Einschränkung dahin, in welcher Person der Interessenkonflikt eingetreten sein muss (OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664).
28
(2) Das Verbot der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, das jede Täuschung verbietet, die geeignet ist, auf den inländischen Börsenpreis eines Finanzinstruments einzuwirken, begründet bei der Abgabe von Kaufempfehlungen eine Pflicht zur Offenlegung von aufgrund eingegangener Positionen (vgl. Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 36) am empfohlenen Finanzinstrument bestehenden Interessenkonflikten. Ein zur Einwirkung auf den Börsenpreis geeigneter Interessenkonflikt besteht über den Fall, dass der Empfehlende selbst eigene Positionen des empfohlenen Finanzinstruments hält (Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 36; BR-Drucks. 18/05 S. 17), hinaus in gleicher Weise, wenn mehrere Personen - Positionshalter einerseits, Empfehlender andererseits - gemeinschaftlich zusammenwirken (vgl. OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664). Bei einer Beschränkung des Täterkreises auf Personen, die bei Kundgabe der Empfehlung eigene Positionen des betreffenden Finanzinstruments halten, würde weder die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung und damit die Funktionsfähigkeit der geregelten Kapitalmärkte noch das Vermögen der Anleger hinreichend geschützt, mithin der Schutzzweck der Norm leerlaufen (zum Schutzzweck von § 20a WpHG vgl. Übersicht zum Meinungsstand bei Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 26 ff.; Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 2 ff.). Denn das Verbot des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG i.V.m. § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV ließe sich dann durch eine arbeitsteilige Vorgehensweise umgehen (OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664).
29
(3) Damit finden die allgemeinen Regeln über Täterschaft und Teilnahme Anwendung (Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 151; Waßmer in Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 67; vgl. auch Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 54). Handeln - wie hier - mehrere Personen gemeinschaftlich , reicht es daher aus, wenn eine von ihnen Positionen an dem Finanzinstrument hält und eine andere unter Nutzung eines Medienzugangs eine Stellungnahme oder ein Gerücht zu diesem Finanzinstrument abgibt bzw. äußert , ohne den bestehenden Interessenkonflikt zugleich in angemessener und wirksamer Weise offenzulegen. Dass das Landgericht den Angeklagten M.
als Mittäter gemäß § 25 Abs. 2 StGB angesehen hat, ist im Hinblick auf seine maßgebliche Beteiligung an der Planung, die Schaffung und Steuerung der Voraussetzungen zur Umsetzung dieser Planung, nämlich sich in den Besitz fast sämtlicher Freihandelsaktien zu bringen und diese sodann etwa zur Hälfte zu manipulativen Vermarktungszwecken an G. zu übertragen, sowie sein angesichts der immer noch gehaltenen eigenen Aktienbestände erhebliches Eigeninteresse revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
30
b) Die durch § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG strafbewehrte Pflicht zur Offenlegung der eingegangenen Position an der D. Aktie entfällt auch nicht im Hinblick auf die Wertung des § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 der auf der Grundlage von § 34b Abs. 8 WpHG erlassenen Verordnung über die Analyse von Finanzinstrumenten (FinAnV).
31
Danach darf eine Finanzanalyse nur weitergegeben oder öffentlich verbreitet werden, wenn unter anderem Umstände und Beziehungen, die bei den Erstellern, den für die Erstellung verantwortlichen juristischen Personen oder mit diesen verbundenen Unternehmen Interessenkonflikte begründen können, zusammen mit der Finanzanalyse offengelegt werden. Offenlegungspflichtige Informationen über Interessenkonflikte liegen insbesondere vor, wenn wesentliche Beteiligungen zwischen den vorbezeichneten Personen und Unternehmen bzw. den für diese tätigen und an der Erstellung der Finanzanalyse mitwirkenden Personen und Unternehmen und den Emittenten, die selbst oder deren Finanzinstrumente Gegenstand der Finanzanalyse sind, bestehen. Als wesentlich gilt dabei gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 FinAnV eine Beteiligung in Höhe von mehr als fünf Prozent des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft. Diese Regelungen setzen Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/125/EG der Kommis- sion vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten (ABl. L 339 vom 24. Dezember 2003 S. 73) in deutsches Recht um.
32
aa) Die Revisionen machen geltend, bei Finanzanalysten - und um solche handele es sich bei den Angeklagten E. und O. - sei für die Frage, ob bei einer Beteiligung an dem betreffenden Finanzinstrument ein offenzulegender Interessenkonflikt vorliege, die Regelung des § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 FinAnV als lex specialis maßgeblich. Da die Angeklagten E. und O. jeweils für sich genommen zu keinem Zeitpunkt mehr als fünf Prozent des Grundkapitals der D. hielten, seien sie zu einer Offenlegung der eigenen Positionen bei Empfehlung der Aktie nicht verpflichtet gewesen.
33
bb) Dem folgt der Senat nicht. Es kann offen bleiben, ob es sich bei den durch die Angeklagten O. und E. veröffentlichten Kaufempfehlungen um Finanzanalysen i.S.v. § 34b Abs. 1 Satz 1 WpHG handelt. Gleiches gilt für die Frage, ob bei gemeinschaftlichem Handeln mehrerer Personen für die Bestimmung der Beteiligungsquote die Beteiligungen der Mittäter zusammenzurechnen wären, was freilich angesichts von Sinn und Zweck der Vorschrift des § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Nr. 3 WpHG und den Grundsätzen mittäterschaftlicher Begehungsweise nahe liegt. Darauf kommt es aber nicht an, da es einer solchen Beteiligungsquote nicht bedarf.
34
Denn jedenfalls ergibt sich aus § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG für Finanzanalysten keine Privilegierung im Hinblick auf die Strafbarkeit wegen verbotener Marktmanipulation. Entgegen einer im Schrifttum, freilich ohne nähere Begründung, vertretenen Auffassung (vgl. Sorgenfrei in Park, Kapitalmarktstraf- recht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 213; Fleischer in Fuchs, WpHG, § 20a Rn. 67; Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 38; Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 234) wird die Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG auch für Finanzanalysten nicht durch den an die fünfprozentige Beteiligungsquote geknüpften Offenlegungsmaßstab gemäß § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 FinAnV limitiert. Denn die die Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG betreffenden Regelungen enthalten spezielle und gegenüber denjenigen für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5), § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 FinAnV selbständig zu beurteilende Voraussetzungen.
35
(1) Nach dem Wortlaut von § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG und § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV, der die Tatbestandsvariante der sonstigen Täuschungshandlung im Sinne der Strafnorm des § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG konkretisiert, liegt bei fehlender Offenlegung von über das Finanzinstrument eingegangenen Positionen zugleich mit der Kundgabe der Stellungnahme in angemessener und wirksamer Weise stets - unabhängig vom Umfang der Positionen - eine sonstige Täuschungshandlung vor. Es ist ausweislich der Materialien auch nicht ersichtlich, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber die Möglichkeit einer Ausnahme für den Fall, dass es sich bei der Stellungnahme um eine Finanzanalyse handelt, erwogen hätte (vgl. nur BT-Drucks. 14/8017, BT-Drucks. 14/8601, BT-Drucks. 15/3174, BT-Drucks. 16/4028 zu § 34b WpHG; Entwurf des Bundesministeriums der Finanzen mit Begründung, abgedruckt in ZBB 2004, 422 zu § 5 FinAnV; BT-Drucks. 14/8017, BT-Drucks. 15/3174 zu § 20a WpHG; BR-Drucks. 18/05 zur MaKonV).
36
(2) Sonstige Gründe, die für eine solche Ausnahme im Sinne einer Privilegierung des Finanzanalysten als des typischen Normadressaten der Strafnorm des § 38 Abs. 2 WpHG sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Sie würde auch den Belangen der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung und damit der Funktionsfähigkeit der geregelten Kapitalmärkte sowie dem Schutz des Vermögens der Anleger und mithin dem Schutzzweck des § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 20a WpHG (Überblick zum Meinungsstand bei Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 26 ff.; Altenhain in KölnerKommentar -WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 2 ff.) zuwiderlaufen. Die geschützten Rechtsgüter wären jedenfalls durch die täuschende Empfehlung eines Finanzanalysten gegenüber dem nicht als solchen Handelnden nicht weniger gefährdet.
37
(3) Demgegenüber soll durch § 34b WpHG das Vertrauen der Anleger in die Sorgfalt, Neutralität und Integrität derjenigen, die Finanzanalysen erstellen, geschützt werden (BT-Drucks. 14/8017, S. 92). Ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Offenlegungspflichten aus § 34b Abs. 1 Satz 2 i.V.m. der Finanzanalyseverordnung (FinAnV) stellt eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 (damals Nr. 4) WpHG dar. Dem Ordnungswidrigkeitentatbestand liegt ein vom Gesetzgeber als für das geschützte Rechtsgut generell gefährlich bewertetes Verhalten des Finanzanalysten zugrunde. Mit dem Erreichen einer fünfprozentigen Beteiligungsquote wird unwiderleglich vermutet, dass bei einer Finanzanalyse wegen der mit der Beteiligungsquote typischerweise einhergehenden Eigeninteressen der Analysten kein ausreichendes Vertrauen in die Sorgfalt, Neutralität und Integrität der Analyse gewährleistet werden kann. Das der Ordnungswidrigkeit zugrunde liegende, das Rechtsgut beeinträchtigende Verhalten wird allein durch die Weitergabe oder Veröffentlichung der Analyse trotz Erreichens der Beteiligungsquote konstituiert.
38
(4) Für einen Rückgriff auf diese gesetzlich festgeschriebene unwiderlegliche Vermutung ist zur Limitierung der Strafbarkeit aus § 38 Abs. 2 WpHG kein Raum. Denn eine Strafbarkeit wegen verbotener Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG setzt neben der sonstigen Täuschungshandlung - hier der Nichtoffenlegung des Interessenkonflikts aufgrund eingegangener Positionen über das Finanzinstrument - die Einwirkung auf den Börsenpreis und damit den Nachweis einer konkreten und gegenüber §§ 34b, 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5) WpHG andersartigen Beeinträchtigung voraus. Dieser für die Strafbarkeit erforderliche qualifizierte Einwirkungsgrad auf das Schutzgut des § 38 WpHG - unabhängig vom Umfang der eingegangenen Positionen - beschreibt nach der gesetzgeberischen Konzeption abschließend den Taterfolg. Zudem qualifiziert es die Tat zum strafbaren Delikt gegenüber der hierzu in einem Stufenverhältnis stehenden Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, bei der das Vorliegen lediglich einer Eignung zur Preiseinwirkung ausreicht. Der Rückgriff auf eine gesetzlich festgeschriebene und durch eine Verordnung konkretisierte Vermutung zur Annahme eines generell gefährlichen Verhaltens für das Vertrauen in Finanzanalysten ist wegen des in § 38 Abs. 2 WpHG anderweitig hergestellten Rechtsgutsbezugs nicht veranlasst.
39
(5) Die Schwelle für die Annahme eines generell gefährlichen Verhaltens für das Rechtsgut des § 34b WpHG, die der Verordnungsgeber ab einer Beteiligungsquote von fünf Prozent des Grundkapitals für überschritten erachtet, steht auch sonst in keiner Beziehung zum Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG. Es handelt sich bei § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5) WpHG einerseits und § 38 Abs. 2 WpHG andererseits um unterschiedliche Deliktstypen, die miteinander nicht über das in ihnen beschriebene Unrecht in Verbindung stehen. Ist nämlich tatsächlich auf den Börsenpreis im Sinne des § 38 Abs. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG eingewirkt worden, ist der tatbestandliche Erfolg dieses Delikts eingetreten. Es kommt nicht darauf an, ob Umstände vorliegen, die generell geeignet gewesen wären, zudem auf das Vertrauen der Anleger in die Sorgfalt, Neutralität und Integrität derjenigen, die Finanzanalysen erstellen, einzuwirken, mithin den tatbestandlichen Erfolg der Ordnungswidrigkeit gemäß § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5) WpHG zu begründen.
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c) Der Pflicht zur Offenlegung des bestehenden Interessenkonflikts in angemessener und wirksamer Weise zugleich mit der Veröffentlichung der Kaufempfehlungen sind die Angeklagten nicht durch die in den per Email versandten Börsenbriefen enthaltenen oder auf den Internet-Homepages platzierten Disclaimer bzw. Risikohinweise nachgekommen. Es kann dahinstehen, ob lediglich die Art der eingegangenen Positionen (Stoll in KölnerKommentarWpHG , 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 38, 39; Vogel in Assmann/ Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 234) oder auch die Absicht, die Positionen alsbald wieder aufzulösen (Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht Rn. 559, 560), offenzulegen ist. Jedenfalls reichen - wie hier - pauschal gehaltene Hinweise , wonach Herausgeber und Mitarbeiter potenziell Positionen der in den Veröffentlichungen behandelten Wertpapiere halten können, ohne dass auf den konkret bestehenden Interessenkonflikt eingegangen wird, nicht aus (OLG München, Beschluss vom 3. März 2011- 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664; Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 39).
41
2. Das Landgericht hat auf tragfähiger Grundlage die für den Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG - zusätzlich zu den Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG - erforderliche Einwirkung auf den Börsenpreis derD. Aktie festgestellt.
42
a) Für die Beurteilung der Frage, ob durch die marktmanipulative Handlung tatsächlich eine Einwirkung auf den Börsenpreis eingetreten ist, dürfen angesichts der Vielzahl der - neben der Tathandlung - regelmäßig an der Preisbildung mitwirkenden Faktoren keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Vergleiche von bisherigem Kursverlauf und Umsatz sowie die Kursund Umsatzentwicklung des betreffenden Papiers können eine Kurseinwirkung hinreichend belegen; eine Befragung der Marktteilnehmer ist nicht veranlasst (BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373 zu § 20a Abs. 1 Nr. 2 WpHG aF; BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NStZ 2010, 339).
43
Die vom Landgericht festgestellte Kursentwicklung belegt tragfähig eine Einwirkung der Empfehlungen auf den Börsenpreis. Der Kursanstieg der D. Aktie, die vor Veröffentlichung der ersten Empfehlung im Nachrichtenmagazin FOCUS am 15. Mai 2006 entweder umsatzlos geblieben war oder nur wenige Käufer aufwies, im unmittelbaren zeitlichem Zusammenhang mit den im Zeitraum vom 15. Mai 2006 bis 15. Juni 2006 veröffentlichten Kaufempfehlungen von 2,10 Euro auf 18,10 Euro spiegelt die Auswirkungen der Kaufempfehlungen wieder. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass das sachverständig beratene Landgericht - anders als bei den Veröffentlichungen am 15. Mai 2006 bzw. am 22. Mai 2006 - bei den im Zeitraum 23. Mai 2006 bis 15. Juni 2006 veröffentlichten Empfehlungen aufgrund der zeitlich eng beieinander liegenden Veröffentlichungen keine isolierte Betrachtung der Auswirkungen jeder einzelnen Veröffentlichung, sondern eine solche der im maßgeblichen Zeitraum erfolgten Veröffentlichungen in ihrer Gesamtheit vorgenommen hat. Denn die Veröffentlichungen waren aufeinander abgestimmt und Teil einer koordinierten Vermarktungskampagne , so dass jedenfalls eine Gesamtschau der Auswirkungen der Veröffentlichungen, die das Landgericht als einheitliche Tat gewertet hat, die Annahme einer Einwirkung auf den Börsenpreis rechtfertigt.
44
b) Entgegen der Auffassung der Revisionen musste das Landgericht nicht der Frage nachgehen, ob der Kursverlauf ein anderer gewesen wäre, wenn zusammen mit den Veröffentlichungen der Aktienbesitz der Angeklagten ordnungsgemäß offengelegt worden wäre.
45
In der Abgabe der Kaufempfehlungen durch die Angeklagten liegt eine konkludente sonstige Täuschung i.S.v. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG durch aktives Tun. Die Kaufempfehlungen beinhalteten die stillschweigende Erklärung , dass sie nicht mit dem sachfremden Ziel der Kursbeeinflussung zu eigennützigen Zwecken bemakelt waren (BGH, Urteil vom 6. September 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373). Bei dieser Sachlage - Täuschung durch aktives Tun - bedarf es entgegen der Auffassung der Revisionen nicht der Feststellung eines „Pflichtwidrigkeitszusammenhangs“ bzw. des Kursverlaufs bei „rechtmäßigem Alternativerhalten“. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Be- schluss des 3. Strafsenats vom 20. Juli 2011 (3 StR 506/10, wistra 2011, 467) zur Marktmanipulation durch irreführende Angaben in einer Presseerklärung. Die dort verwendete Formulierung „Die Feststellung (…), dass es ohne die irre- führenden Angaben in (…)der Presseerklärung zu keiner Kurssteigerung ge- kommen wäre, weist keinen Rechtsfehler auf“ beschreibt lediglich das Erfor- dernis der Kausalität zwischen Tathandlung und Einwirkung auf den Börsenpreis.
46
c) Die verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Bedenken, es fehle bei Kaufempfehlungen ohne Offenlegung eingegangener Positionen an der Preiseinwirkungseignung bzw. der Kausalität für die Preiseinwirkung, da die Offenlegung die Empfehlungswirkung allenfalls verstärken würde und deshalb das Verschweigen derartiger Positionen für den Anleger wenig bedeutsam sei (Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, S. 141; Schröder, HBd Kapitalmarktstrafrechts Rn. 559), greifen zu kurz. Erst durch die Offenlegung kann eine autonome Entscheidung des Anlegers - auch unter Berücksichtigung eines bei dem Empfehlenden bestehenden Interessenkonflikts - gewährleistet werden. Wird dieser offen gelegt, kann der Anleger in seine Kaufentscheidung auch das Halten eigener Aktien des Empfehlenden mit der Möglichkeit des Verkaufs bei Kurssteigerung einbeziehen.
47
3. Auch die Strafzumessung hält revisionsgerichtlicher Prüfung stand. Es ist unter dem Gesichtspunkt der verschuldeten Auswirkungen der Tat nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den hohen Erlös aus den Transaktionen mit der D. Aktie - auch soweit sie erst nach Abschluss der Vermarktungskampagne am 15. Juni 2006 erfolgten - strafschärfend gewertet hat.

V.


48
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO halten revisionsgerichtlicher Überprüfung allerdings nicht stand.
49
Die Regelung des § 111i Abs. 2 StPO ist erst durch das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I 2350) geschaffen worden und am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Ihrer Anwendung auf bereits vor diesem Zeitpunkt beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen, wonach insoweit das mildere alte Recht gilt, nach dem diese bedingte Verfallsanordnung nicht möglich war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. April 2013 - 1 StR 22/13, NStZ-RR 2013, 254 mwN; und vom 23. Oktober 2008 - 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009,

56).


50
Die Tat nach § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG war nach den landgerichtlichen Feststellungen jedenfalls bereits vor dem 1. Januar 2007 mit dem Herbeiführen des tatbestandlichen Erfolgs beendet (vgl. Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 157; Waßmer in Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 89, Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 38 Rn. 86). Im Jahr 2007 fand keine Einwirkung auf den Börsenpreis , also keine zum Tatbestand gehörende Handlung mehr statt. Dass der Börsenpreis im Jahre 2007 aufgrund von Handlungen aus 2006 noch beeinflusst gewesen sein mag, ist demgegenüber für die Frage der Tatbeendigung unerheblich (Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 157). Dies gilt auch, soweit die Angeklagten nach 2006 noch von dem erhöhten Börsenpreis profitiert haben.
51
Danach ist für Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO kein Raum. Der Senat hebt das Urteil daher insoweit ohne die zugrunde liegenden Feststellungen auf; die Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO entfallen (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO).
52
Darauf, ob die von der Strafkammer ohne jede Begründung getroffene Entscheidung andernfalls rechtlich Bestand haben könnte, kommt es daher nicht an. Eine Zurückverweisung zur erneuten Prüfung einer Verfallsanordnung nach § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a StGB kommt wegen des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht in Betracht.

VI.


53
Der nur geringe Teilerfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Angeklagten von den durch ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen freizustellen.
RiBGH Dr. Wahl ist urlaubsbedingt ortsabwesend und daher an der Unterschriftsleistung verhindert. Jäger Jäger Cirener Radtke Mosbacher

(1) Preise, die während der Börsenzeit an einer Börse festgestellt werden, sind Börsenpreise. Satz 1 gilt auch für Preise, die während der Börsenzeit im Freiverkehr an einer Wertpapierbörse festgestellt werden.

(2) Börsenpreise müssen ordnungsmäßig zustande kommen und der wirklichen Marktlage des Börsenhandels entsprechen. Soweit in Titel II der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 nichts anderes bestimmt ist, müssen den Handelsteilnehmern insbesondere Angebote zugänglich und die Annahme der Angebote möglich sein. Bei der Ermittlung des Börsenpreises können auch Preise einer anderen Börse, eines organisierten Marktes mit Sitz im Ausland oder eines multilateralen Handelssystems im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 des Wertpapierhandelsgesetzes berücksichtigt werden. Die Börse trifft nähere Bestimmungen über die Aufhebung, Änderung und Berichtigung von Geschäften durch die Geschäftsführung, insbesondere auch für den Fall, dass Börsenpreise auf Grund erheblicher Preisschwankungen nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sind.

(2a) Die Börse hat geeignete Vorkehrungen zu treffen, um auch bei erheblichen Preisschwankungen eine ordnungsgemäße Ermittlung des Börsenpreises sicherzustellen. Geeignete Vorkehrungen im Sinne des Satzes 1 sind insbesondere kurzfristige Änderungen des Marktmodells und kurzzeitige Volatilitätsunterbrechungen unter Berücksichtigung statischer oder dynamischer Preiskorridore oder Limitsysteme der mit der Preisfeststellung betrauten Handelsteilnehmer.

(2b) Die Börse hat geeignete Vorkehrungen zu treffen, um auch bei erheblichen Preisschwankungen eine ordnungsgemäße Preisermittlung sicherzustellen; geeignete Vorkehrungen sind insbesondere kurzfristige Änderungen des Marktmodells, kurzzeitige Volatilitätsunterbrechungen unter Berücksichtigung statischer oder dynamischer Preiskorridore und Limitsysteme der mit der Preisfeststellung betrauten Handelsteilnehmer, wobei es der Börse in Ausnahmefällen möglich sein muss, jedes Geschäft aufzuheben, zu ändern oder zu berichtigen; die Parameter für solche Volatilitätsunterbrechungen müssen der Liquidität der einzelnen Kategorien und Teilkategorien der betreffenden Finanzinstrumente, der Art des Marktmodells und der Art der Handelsteilnehmer Rechnung tragen und ermöglichen, dass wesentliche Störungen eines ordnungsgemäßen Börsenhandels unterbunden werden; die Börse hat der Börsenaufsichtsbehörde diese Parameter mitzuteilen.

(3) Soweit in Titel II der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 nichts anderes bestimmt ist, müssen Börsenpreise und die ihnen zugrunde liegenden Umsätze den Handelsteilnehmern unverzüglich und zu angemessenen kaufmännischen Bedingungen in leicht zugänglicher Weise bekannt gemacht werden, es sei denn, es erscheint eine verzögerte Veröffentlichung im Interesse der Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung der am Geschäft Beteiligten notwendig. Das Nähere regelt die Börsenordnung. Die Börsenordnung kann auch festlegen, dass vor Feststellung eines Börsenpreises den Handelsteilnehmern zusätzlich der Preis des am höchsten limitierten Kaufauftrags und des am niedrigsten limitierten Verkaufsauftrags zur Kenntnis gegeben werden muss.

(4) Geschäfte, die zu Börsenpreisen geführt haben, sind bei der Eingabe in das Geschäftsabwicklungssystem der Börse besonders zu kennzeichnen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 5/13
vom
27. November 2013
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
WpHG aF § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
1. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser
künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse erhöht, abgesenkt
oder auch nur stabilisiert wird. Hierfür reicht es nicht aus, dass aufgrund
des manipulativen Geschäfts erstmals ein Börsenpreis gebildet wird; erforderlich
ist vielmehr, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die
Manipulation des Täters beeinflusst wird.
2. Für den nach § 28 Abs. 2 WpHG aF erforderlichen Taterfolg reicht es aus,
dass der manipulierte Preis an der Börse festgesetzt wird. Es ist nicht erforderlich
, dass danach weitere Geschäfte getätigt werden, bei denen die Preise
kausal gerade auf dem durch das manipulative Geschäft hervorgerufenen
Kursniveau beruhen.
3. Der Begriff des Börsenpreises im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF entspricht
dem des § 24 Abs. 1 BörsG. Ein Börsenpreis in diesem Sinne kommt auch
dann zustande, wenn das Geschäft, auf dem er beruht, den inhaltlichen Anforderungen
des § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügt; erfasst sind deshalb
auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise.
4. Der subjektive Tatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert Vorsatz; dieser
genügt. Nicht vorausgesetzt ist, dass der Täter mit einer Manipulationsabsicht
handelt.
5. Bei einer nach § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
WpHG aF strafbaren Marktmanipulation durch den Verkauf von Aktien zu einem
zuvor abgesprochenen Preis ist erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1
StGB der gesamte für die Aktien erzielte Kaufpreis.
BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5 /13 - LG Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Marktmanipulation
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
25. Juli 2013 in der Sitzung am 27. November 2013, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- nur in der Verhandlung am 25. Juli 2013 -
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 7. September 2012 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen vorsätzlicher Marktmanipulation in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 80 € verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 63.700 € angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet insbesondere die Beweiswürdigung sowie die Verfallsentscheidung. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts erteilte der Angeklagte Verkaufs- und Kaufaufträge für die im Freiverkehr an der Frankfurter Börse gehandelten Aktien der Firma R. AG, die er zuvor mit dem Käufer bzw. Verkäufer abgesprochen hatte (sog. matched orders bzw. prearranged trades).
3
1. Zunächst gab er am 3. April 2009 in der Absicht, sich finanzielle Liquidität für den Erwerb sonstiger Aktien zu verschaffen, einen Verkaufsauftrag über 22.000 Aktien der R. AG zu einem Verkaufslimit von 4,55 €. Ein Geschäftspartner des Angeklagten erteilte am selben Tag aufgrund einer zwischen beiden zuvor getroffenen Vereinbarung einen Kaufauftrag mit einem Kauflimit von 4,55 €, zunächst über 14.000 und unmittelbar darauf über weitere 8.000 Stück der betreffenden Aktien. Diese Aufträge wurden jeweils zu entsprechenden Geschäftsabschlüssen zusammengeführt. Ein zu einem nicht näher festgestellten vorherigen Zeitpunkt veröffentlichter Preis für die Aktie der R. AG betrug 4,12 € pro Aktie. Dabei handelte es sich um einen Geldkurs, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand. Nach der Auffassung der Strafkammer sei dieser Kurs zwar kein Börsenkurs im Sinne des § 24 BörsG. Er sei gleichwohl bei der Beurteilung der Einwirkung auf den Preis der Aktie nach § 38 Abs. 2 WpHG in der zur Tatzeit geltenden Fassung durch das Verhalten des Angeklagten heranzuziehen, weil andernfalls gerade auf besonders manipulationsanfälligen Märkten der dort besonders notwendige strafrechtliche Schutz nicht gewährleistet sei.
4
2. Um die ihm gewährte Liquidität teilweise zurückfließen zu lassen, gab der Angeklagte am 30. April 2009 den Kauf von 10.000 Stück derselben Aktie zu einem Kauflimit von 4,55 € in Auftrag. Da sein Geschäftspartner zuvor zwei Verkaufsaufträge über je 5.000 Stück Aktien mit dem vereinbarten Verkaufslimit in gleicher Höhe erteilt hatte, kam es zu einem entsprechenden Geschäftsabschluss. Sechs Minuten zuvor hatte der Angeklagte mit seinem Geschäftspartner ein ebenfalls abgesprochenes - nicht mehr verfahrensgegenständliches - Geschäft zu 4,50 € pro Aktie geschlossen. Auf diesen Preis habe der Angeklagte, so die Wertung des Landgerichts, in von § 38 Abs. 2 WpHG aF pönalisierter Form eingewirkt.
5
II. Das Urteil hält der auf Grund der Revisionsrechtfertigung gebotenen umfassenden sachlichrechtlichen Prüfung stand. Die - entgegen der Auffassung der Revision rechtsfehlerfrei zustande gekommenen - Feststellungen be- legen zwei zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit stehende Straftaten nach § 38 Abs. 2 WpHG in der hier nach § 2 Abs. 3 StGB maßgebenden, zu den Tatzeiten geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Bezüglich der Anordnung des Verfalls zeigt die Revision ebenfalls keinen Rechtsfehler auf.
6
1. Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der die Strafbarkeit begründenden Regelung.
7
a) Für die rechtliche Bewertung des vorliegenden Falles ist folgendes Regelungsgefüge maßgeblich: Gemäß § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF ist es untersagt, Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bestimmt, dass derjenige ordnungswidrig handelt, der entgegen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, auch in Verbindung mit Abs. 4, jeweils in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 oder 5 ein Geschäft vornimmt oder einen Kauf- oder Verkaufsauftrag erteilt. § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF erlaubt dem Bundesministerium der Finanzen, durch eine Rechtsverordnung , die der Zustimmung des Bundesrats bedarf, nähere Bestimmungen zu erlassen über falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten oder das Vorliegen eines künstlichen Preisniveaus. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 der auf dieser Grundlage erlassenen Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV ) werden irreführende Signale im Sinne des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG insbesondere auch durch Geschäfte oder einzelne Kauf- oder Verkaufsaufträge über Finanzinstrumente gegeben, die von Parteien, die sich abgesprochen haben, zu im Wesentlichen gleichen Stückzahlen und Preisen erteilt werden, es sei denn, diese Geschäfte wurden im Einklang mit den jeweili- gen Marktbestimmungen rechtzeitig angekündigt. Strafbar gemäß § 38 Abs. 2 WpHG aF macht sich schließlich u.a., wer eine in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bezeichnete Handlung begeht und dadurch auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments einwirkt.
8
b) Auch mit Blick auf die zahlreichen, in den genannten Vorschriften enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe, die auf den ersten Blick wenig übersichtliche Regelungstechnik und die in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WphG aF enthaltenen blankettartigen Verweise auf verschiedene Rechtsverordnungen ist die Regelung insgesamt - trotz der verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Zweifel (vgl. Sorgenfrei, wistra 2002, 321, 325; Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 61 ff.; Moosmayer, wistra 2002, 161, 167 ff.; Tripmaker , wistra 2002, 288, 292; Streinz/Ohler, WM 2004, 1309, 1314 ff.; Schmitz, ZStW 115 (2003), 501, 528) - verfassungsgemäß (vgl. zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 3 StR 506/10, wistra 2011, 467, 468; zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; vgl. auch Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., Vor § 20a Rn. 26 ff.; Mock/Stoll/Eufinger in Kölner Kommentar zum WpHG, § 20a Rn. 82 ff.; Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts -Kommentar, 4. Aufl., § 20a WpHG Rn. 5 f. mwN; Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, 2012, S. 273; Schönwälder, Grund und Grenzen einer strafrechtlichen Regulierung der Marktmanipulation, 2011, S. 115 ff.; Teuber, Die Beeinflussung von Börsenkursen, 2011, S. 217 ff.).
9
Sie genügt insbesondere - entsprechend anderen wirtschaftsstrafrechtlichen Tatbeständen wie etwa der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), der Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB) oder der Kreditbetrug (§ 265b StGB), die in ähnlicher Form durch die Verwendung konkretisierungsbedürftiger Rechtsbegriffe geprägt sind - noch dem verfassungsmäßigen Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; Vogel, aaO Vor § 20a Rn. 29), der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht übersteigert werden darf, damit die Gesetze nicht zu starr und kasuistisch und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalles nicht mehr gerecht werden (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 1992 - 2 BvR 858/92, NJW 1993, 1909, 1910). Die Verwendung präziserer, engerer Formulierungen würde hier die Gefahr begründen , dass die Regelung mit Blick auf die sich schnell ändernden manipulativen Praktiken an den Börsen und Märkten den ihr zugedachten hauptsächlichen Zweck, im Interesse des Gemeinwohls die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten zu gewährleisten und damit deren Funktionsfähigkeit gegen manipulierende Eingriffe zu sichern (BTDrucks. 14/8017, S. 98; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 7) bereits nach kurzer Zeit nicht mehr erfüllen könnte (vgl. Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 5).
10
Ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG liegt ebenfalls nicht vor (vgl. Eichelberger, ZBB 2004, 296, 299). Die Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung wirkt nicht strafbegründend. Sie ist nicht abschließend und enthält Begriffserläuterungen sowie Regelbeispiele, bei deren Vorliegen Tatbestandsmerkmale des § 20a WpHG erfüllt sein können, außerdem Verfahrensvorschriften zur Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis. Sie hat zum Ziel, den Marktteilnehmern entsprechende Leitlinien an die Hand zu geben, mit deren Hilfe deutlich wird, welche Handlungen marktkonform sind und damit keinen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 WpHG darstellen (BT-Drucks. 14/8017 S. 90). Daher führt sie keine neuen Straftatbestände ein; sie spezifiziert lediglich in nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts letztlich unbedenklicher Weise (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 6. Mai 1987 - 2 BvL 11/85, BVerfGE 75, 329, 342; vom 29. Mai 1991 - 2 BvR 117/90, NJW 1992, 107; vom 7. Oktober 2008 - 2 BvR 1101/08, NVwZ 2009, 239 f. mwN) die gesetzlichen Regelungen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, NJW 2005, 445, 450 zur Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation KuMaKV; vgl. auch Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 6).
11
2. Die Voraussetzungen der § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF sind durch die Feststellungen belegt. Insoweit bedürfen lediglich die folgenden Gesichtspunkte der Erörterung:
12
a) Die von dem Angeklagten erteilten Verkaufs- bzw. Kaufaufträge und die auf dieser Grundlage abgeschlossen Geschäfte waren geeignet, irreführende Signale für den Börsenpreis eines Finanzinstruments zu geben, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF.
13
aa) Der Begriff der irreführenden Signale in diesem Sinne entspricht demjenigen der irreführenden Angaben nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF. In diesem Sinne ist ein irreführendes Signal gegeben, wenn es geeignet ist, einen verständigen, d.h. börsenkundigen und mit dem Markt des betroffenen Finanzinstruments vertrauten, Anleger zu täuschen (vgl. etwa Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 150; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172). Zu den Marktverhältnissen gehören alle Umstände, die auf die Preisbildung einwirken, also insbesondere die Angebotslage, die Nachfrageseite , das Umsatzvolumen, die zeitliche Abfolge der getätigten Umsätze sowie allgemein die Marktliquidität (vgl. MüKoStGB/Pananis aaO).
14
bb) Diese Voraussetzungen sind in beiden Fällen erfüllt. Der Angeklagte und sein Geschäftspartner hatten jeweils einen bestimmten Preis und die Stückzahlen abgesprochen. Sodann setzten sie für die Aufträge zu dem Ver- kauf bzw. Kauf an der Börse ein der vorherigen Absprache entsprechendes Preislimit. Die auf diesen limitierten Orders beruhenden Geschäfte vermittelten jedoch den Eindruck, dass der Preis sich jeweils börsenmäßig aufgrund von Angebot und Nachfrage frei gebildet habe (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Oktober 2011 - 2 Ss 65/11, NJW 2011, 3667). Damit konnte ein verständiger Marktteilnehmer über die zutreffenden wirtschaftlichen Verhältnisse in dem betreffenden Markt in die Irre geführt werden.
15
cc) Einen über die Eignung, falsche oder irreführende Signale zu geben, hinausgehenden Erfolg - etwa in Form eines Irrtums bei sonstigen Marktteilnehmern - verlangt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nicht (vgl. schon zutreffend OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3670).
16
b) Die vom Angeklagten vorgenommenen Handlungen in Form der sog. matched orders bzw. prearranged trades waren mit der zulässigen Marktpraxis auf dem betreffenden Markt nicht vereinbar (vgl. hierzu § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaKonV; BR-Drucks. 639/03 S. 12; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 189; Vogel, aaO § 20a Rn. 166), so dass der Ausnahmetatbestand des § 20a Abs. 2 Satz 1 WpHG nicht eingreift. Die Voraussetzungen des § 20a Abs. 3 WpHG liegen ebenfalls nicht vor.
17
3. Der Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert, dass - zusätzlich zu den Voraussetzungen einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF - der Angeklagte auf den Börsenpreis der R. -Aktie tatsächlich einwirkte. Auch dies kann den Feststellungen in beiden Fällen im Ergebnis entnommen werden.
18
a) Der Begriff des Börsenpreises bestimmt sich nach der auch in diesem Zusammenhang geltenden Definition des § 24 BörsG (allg. Auff., vgl. etwa Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 110; Vogel, aaO § 20a Rn. 114; Diversy in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , § 38 WpHG Rn. 124; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl., Rn. 381). Dafür spricht bereits, dass die Strafbarkeit von marktmanipulativen Verhaltensweisen früher im Börsengesetz selbst geregelt war (vgl. § 88 BörsG aF) und nichts dafür ersichtlich ist, dass derselbe Begriff innerhalb eines Gesetzes unterschiedlich zu interpretieren war. Den Gesetzesmaterialien ist nicht zu entnehmen, dass durch die Normierung der Strafbarkeit im Wertpapierhandelsgesetz insoweit eine sachliche Änderung beabsichtigt war (vgl. BT-Drucks. 14/8017 S. 64, 89). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 BörsG sind alle Preise, die während der Börsenzeit an einer Börse im Präsenzhandel oder im elektronischen Handel, oder Preise, die an einer Warenbörse ermittelt werden, Börsenpreise (vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., § 24 BörsG Rn. 5). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 BörsG gilt dies auch für einen Preis, der im Freiverkehr an einer Wertpapierbörse festgestellt wird. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse am Markt, erhöht, abgesenkt oder auch nur stabilisiert wird (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3669; Vogel, aaO § 38 Rn. 51, § 20a Rn. 115; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40; Koppmann, ZWH 2012, 27). Maßgeblich ist also, dass die manipulative Handlung des Täters kausal für den fraglichen Preis eines Finanzinstruments ist.
19
aa) Im Fall II. 1 der Urteilsgründe hat das Landgericht darauf abgestellt, dass vor dem Verkauf der Aktien durch den Angeklagten an seinen Partner ein Geldkurs in Höhe von 4,12 € exisiterte, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand (UA S. 5). An anderer Stelle hat es diesen Kurs als Taxkurs bezeichnet (UA S. 17). Dies genügt für die Annahme eines Börsenkurses in dem hier maßgebenden Sinne nicht. Dabei kann dahinstehen, welche Bezeichnung letztlich zutreffen soll; denn sowohl Geld- als auch Taxkurse sind, wie die Strafkammer selbst zutreffend erkannt hat, keine Börsenkurse im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1990 - XI ZR 68/89, WM 1990, 1408 mwN zu § 29 BörsG aF Oetker; Bergmann, HGB, 3. Aufl., § 400 Rn. 6 mwN; Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 24 BörsG Rn. 8).
20
Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgeführt hat, es müsse auf solche Geld- oder Taxkurse zurückgegriffen werden, auch wenn diese keine Börsenkurse im Sinne des § 24 BörsG seien, damit der notwendige strafrechtliche Schutz gewährleistet werden könne, ist nicht zu verkennen, dass insbesondere enge Märkte wie der vorliegende, auf denen Wertpapiere mit nur wenigen Umsätzen gehandelt werden, besonders manipulationsanfällig sind. Allein das Ziel, vermeintliche oder tatsächlich bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen, kann jedoch nicht dazu führen, Tatbestandsmerkmale zu überdehnen. Wie weit und unter welchen Voraussetzungen der strafrechtliche Schutz in diesem Bereich gewährleistet werden soll, ist in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers übertragen. Dieser hat sich bei der Neuregelung der Bußgeld- und Strafvorschriften durch das am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Vierte Finanzmarktförderungsgesetz dafür entschieden, die Strafbarkeit marktmanipulativen Verhaltens an die Einwirkung auf einen Börsen- oder Marktpreis zu knüpfen (hinsichtlich der Praxistauglichkeit kritisch etwa bereits Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487). Dies ist bei der Rechtsanwendung hinzunehmen.
21
Nicht allein ausreichend ist es auch, dass der Angeklagte durch das Geschäft mit seinem Partner einen (neuen) Börsenpreis bewirkte. Nach der soweit ersichtlich in Rechtsprechung und Literatur einhellig verwendeten Umschrei- bung des Einwirkens im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF, von der in der vorliegenden Fallkonstellation abzuweichen kein Anlass besteht, ist es erforderlich, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die Manipulation des Täters beeinflusst wird. Der Tatbestand setzt somit, anders als etwa der Kapitalanlagebetrug nach § 264a StGB, einen bereits bestehenden Börsenpreis voraus; das (erstmalige) Bewirken eines Börsenpreises wird von ihm nicht umfasst (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3670; Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2052; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 137).
22
Den Urteilsgründen ist in ihrem Zusammenhang jedoch genügend sicher zu entnehmen, dass bereits vor dem manipulativen Geschäft zwischen dem Angeklagten und seinem Partner ein Börsenpreis im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG für die R. -Aktie bestand. Nach den vom Landgericht wiedergegebenen Ausführungen der Sachverständigen N. wurde die Aktie zwar zwischen dem 31. Mai 2007 und dem 11. August 2008 nicht gehandelt.Danach - und damit vor der Tat am 3. April 2009 - fanden jedoch Umsätze statt. Aufgrund der weiteren Darlegungen der Quellen, aus denen die Sachverständige ihre diesbezüglichen Erkenntnisse gewonnen hat, ist davon auszugehen, dass diese Umsätze zur Festsetzung von Börsenpreisen führten. Auch im Rahmen ihrer Erwägungen zum Verfall hat die Strafkammer ausgeführt, dass die R. -Aktie Anfang des Jahres 2009 gehandelt wurde.
23
bb) Im Fall II. 2 der Urteilsgründe hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei als Bezugspunkt einen an der Börse festgesetzten Kurs angenommen, der auf einem kurz vor der abgeurteilten Tat zwischen dem Angeklagten und seinem Geschäftspartner getätigten Geschäft beruhte. Darauf, ob es sich hierbei ebenfalls um ein zuvor abgesprochenes Geschäft handelte, das den inhaltlichen Anforderungen an das ordnungsmäßige Zustandekommen eines Börsenpreises nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügte (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 25), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Der Begriff des Börsenpreises wird zunächst in § 24 Abs. 1 BörsG definiert. Danach sind - jedenfalls bis zu einer aufsichtsrechtlichen oder sonstigen Beanstandung - auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise erfasst; denn insbesondere der Preisfindung in elektronischen Handelssystemen fehlt heute jedes gestaltende oder gar regelnde Moment; sie ist nur noch Protokollierung eines realen Transaktionspreises (vgl. Theissen, WM 2003, 1497, 1503). Deshalb gebieten es Sinn und Zweck der § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG, die Preisbildung an bzw. auf und die Funktionsfähigkeit von Börsen und überwachten Märkten zu schützen (vgl. im Einzelnen Vogel, aaO § 20a Rn. 26 ff.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, § 20a WpHG Rn. 2 [Stand: April 2012]), in dem hier relevanten Zusammenhang auf diesen Börsenpreis im formellen Sinne, nicht aber darauf abzustellen, ob die inhaltlichen Anforderungen gemäß § 24 Abs. 2 BörsG erfüllt sind. Diese sind vor allem auch deshalb von Belang, weil dem Börsenpreis in zahlreichen anderen Zusammenhängen , etwa bei der Pfandverwertung, beim Fixhandelskauf sowie im Bilanzoder Steuerrecht eine erhebliche Bedeutung zukommt (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 5 f.). Zudem könnten andernfalls besonders hartnäckig manipulierende Täter, die unter Umständen mehrere abgesprochene Geschäfte hintereinander tätigen, allenfalls für die erste Transaktion strafrechtlich belangt werden.
24
cc) Der Angeklagte wirkte jeweils auf den Börsenpreis der R. -Aktie bereits dadurch ein, dass der von ihm und seinem Partner abgesprochene Preis an der Börse festgesetzt wurde. § 38 Abs. 2 WpHG aF ist zwar als Erfolgsdelikt ausgestaltet (Vogel, aaO § 38 Rn. 49; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40, 47; Kutzner, WM 2005, 1401, 1406). Der notwendige Einwirkungserfolg im Sinne der Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass nach den konkreten Geschäften zwischen dem Angeklagten und seinem Partner durch Dritte weitere Geschäfte getätigt wurden, bei denen die Preise kausal gerade auf dem durch die manipulativen Geschäfte hervorgerufenen Kursniveau beruhen. § 38 Abs. 2 WpHG aF bestimmt nicht, welchen aus der Vielzahl von Börsen - und Marktpreisen, die für ein Finanzinstrument erzielt werden, der Täter herbeiführen muss; vielmehr genügt die Einwirkung auf irgendeinen Börsenoder Marktpreis, demnach auch auf irgendeinen festgestellten Preis im laufenden Handel, der nicht notwendigerweise der Schlusskurs sein muss. Die Beeinflussung des weiteren Kursverlaufs nach einer bereits eingetretenen Beeinflussung ist ebenfalls nicht erforderlich (vgl. auch EuGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - C-445/09 IMC-Securities BV gegen Stichting Autoriteit Financiele Markten - BKR 2011, 422; Heusel/Schmidberger, BKR 2011, 425, 427; OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3669; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 54 f.; aA Kudlich, wistra 2011, 361, 363 f.; Nietsch XI § 38, WpHG 112 WuB).
25
b) Der Angeklagte handelte vorsätzlich; dies genügt für die subjektive Tatseite. Insbesondere setzt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nicht voraus, dass der Angeklagte mit einer Manipulationsabsicht oder aus anderen Motiven handelte. Der im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht, insbesondere bei effektiven Geschäften könne die Frage, ob von Handelsaktivitäten falsche oder irreführende Signale ausgehen, nicht ohne Blick auf die innere Willensrichtung der Beteiligten beantwortet und nur bei Bestehen einer Manipulationsabsicht bejaht werden (vgl. MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172 f.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, WpHG § 20a Rn. 25 [Stand: April 2012]; Eichelberger , Das Verbot der Marktmanipulation, 2006, S. 292; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht , 2. Aufl., Rn. 599), ist nicht zu folgen (vgl. Vogel, aaO § 20a Rn. 152; Fuchs/Fleischer, WpHG, 2009, § 20a Rn. 74). Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es - im Gegensatz zu der bis zum 29. Oktober 2004 geltenden Fassung - auf eine derartige Manipulationsabsicht nicht (mehr) an. Vielmehr hat der Gesetzgeber auf dieses Absichtsmerkmal mit dem Anlegerschutzverbes- sungsgesetz bewusst in Abkehr von der früheren Fassung des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG verzichtet (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 37). Dies entspricht auch der Intention der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (ABl. EU 2003 Nr. L 96 S. 16), die durch das Anlegerschutzverbessungsgesetz umgesetzt wurde (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 26). Nach der Begründung der Kommission stellt die Definition der "Marktmanipulation" auf das Verhalten der betreffenden Person und nicht auf ihren Vorsatz oder ihr Ziel ab (KOM[2001] 281 endgültig S. 6).
26
4. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
27
a) Ihr stehen nach den Feststellungen keine Ansprüche von Geschädigten entgegen (§ 73 Abs. 1 Satz 2, § 73a Satz 1 StGB). Wie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt (UA S. 19), haben Anleger aufgrund der Kursmanipulation keinen Schaden erlitten. Daher kann dahinstehen, ob überhaupt ein Anspruch von Anlegern auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen etwa nach § 826 BGB gegeben sein und eine Verfallsanordnung hindern könnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90, 101 f.; Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 254/09, NStZ 2010, 326; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 55).
28
b) Die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe des gesamten Betrages , den der Angeklagte durch den Verkauf der ersten 14.000 Aktien im Rahmen der ersten Tat erzielte, begegnet keinen Bedenken. Der Angeklagte hat aus der Tat diesen Verkaufserlös im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt.
29
Aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte , die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09, BGHR StGB § 73 Erlangtes 12). Nach Sinn und Zweck des Verfalls werden solche Vorteile erfasst, die der Teilnehmer oder Dritte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen und behalten dürfen soll, weil sie von der Rechtsordnung als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung bewertet werden. Der dem Verfall unterliegende Vorteil bestimmt sich danach, was letztlich strafbewehrt ist (vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 f.). Hat sich der Tatbeteiligte im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit - insbesondere dem Abschluss oder der Erfüllung eines Vertrages - strafbar gemacht, so ist demgemäß bei der Bestimmung dessen, was er aus der Tat erlangt hat, in den Blick zu nehmen, welchen geschäftlichen Vorgang die Vorschrift nach ihrem Zweck verhindern will; nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall (BGH, aaO, BGHSt 57, 79, 84 mwN).
30
Dies trifft für die hier gegebene Konstellation der Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF zu; denn danach ist das abgeschlossene Geschäft ausdrücklich verboten und der Kaufpreis als Erlös gerade unmittelbarer Zufluss aus dieser untersagten Transaktion. Die Situation bei verbotenerweise abgesprochenen Geschäften ist maßgebend dadurch gekennzeichnet, dass die Vertragspartner kollusiv zusammenwirken. Derartige Geschäfte sind nicht genehmigungsfähig; die § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF wollen sie vielmehr zum Schutz vor Preismanipulationen von Wertpapierkursen gerade als solche verhindern. Strafrechtlich bemakelt ist demnach nicht nur die Art und Weise der Ausführung des Geschäfts sondern dieses selbst, weil es den manipulierten Börsenpreis und damit den tatbestandlichen Erfolg herbeiführt.
31
Damit unterscheidet sich die hier vorliegende Fallkonstellation maßgeblich von solchen, bei denen nach der Rechtsprechung nicht die gesamte aus einem abgeschlossenen Geschäft erlangte Gegenleistung, sondern nur der durch das strafbewehrte Vorgehen erreichte Sondervorteil als erlangt zu bewerten ist. So gilt etwa bei verbotenen Insidergeschäften lediglich der realisierte Sondervorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern als erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884). Dort ist der Veräußerungsakt als solcher legal; bemakelt ist das Geschäft deshalb, weil der Insider aus seinem Sonderwissen keinen Sondervorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern ziehen soll (zum Unterschied von Marktmanipulation und Insiderhandel vgl. im Einzelnen etwa Lienenkämper, Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, 2012, S. 158). Auch in den Fällen korruptiv erlangter Auftragserteilungen ist im Gegensatz zur hiesigen Sachlage lediglich die Art und Weise bemakelt, wie der Auftrag erlangt wurde, nicht hingegen, dass er ausgeführt wurde. Dies rechtfertigt es, das Erlangte nach dem kalkulierten Gewinn und nicht nach dem vereinbarten Werklohn zu bemessen (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309 ff.). Bei nach dem Außenwirtschaftsgesetz verbotenen Ausfuhren kommt es schließlich darauf an, ob das dem Vorgang zugrunde liegende Geschäft genehmigungsfähig ist und genehmigt werden müsste (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 ff.). Ist dies der Fall, wird allein die Umgehung der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert ; erlangt sind dann nur die hierdurch ersparten Aufwendungen. Ist das Geschäft demgegenüber - gegebenenfalls auch nur nach dem Ermessen der zuständigen Behörde - nicht genehmigungsfähig, so ist es als solches bemakelt; dann kann - wie in der vorliegenden Konstellation - die gesamte Gegenleistung abgeschöpft werden.
32
c) Ein Absehen vom Verfall nach der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB hat das Landgericht geprüft und ohne Rechtsfehler abgelehnt.
Becker Schäfer Hubert Mayer Spaniol

Tenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2010 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte N. verurteilt und bei beiden Angeklagten von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen wurde.

2. Die Revision des Angeklagten N. wird als unbegründet verworfen.

3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Stuttgart zurückverwiesen.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht Stuttgart hat den Angeklagten N. am 28. Oktober 2010 wegen in drei Fällen begangener Ordnungswidrigkeiten nach § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG in Verbindung mit § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG zu der „Gesamtgeldbuße“ von 20.000 Euro verurteilt, den Angeklagten Dr. S. freigesprochen und von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegenüber beiden Angeklagten abgesehen. Die Sprungrevision der Staatsanwaltschaft, die von der Generalstaatsanwaltschaft vertreten wird, richtet sich gegen die Nichtverurteilung des Angeklagten N. wegen Straftaten nach § 38 WpHG sowie die unterbliebene Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei beiden Angeklagten. Der Angeklagte N. wendet sich mit der Sprungrevision gegen seine Verurteilung.
1. Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
a) Der Angeklagte N. ist als Bankkaufmann bei der Landesbank BW mit Tätigkeitsschwerpunkt Wertpapierhandel beschäftigt. Er verfügt dort über ein Depot mit Wertpapieren im Gesamtwert von etwa 275.000 Euro. Außerdem besitzt er die Verfügungsberechtigung über das ebenfalls bei der BW Bank unterhaltene Wertpapierdepot seines Lebenspartners, des Angeklagten Dr. S..
Der Angeklagte N. gab am 22. Mai 2008, am 9. Dezember 2008 sowie am 10. Dezember 2008 aufeinander abgestimmte, nahezu zeitgleich erteilte Kauf- und Verkaufaufträge für in diesen beiden Wertpapierdepots gehaltene Aktien der Maternus-Kliniken AG, der DB Real Estate AG sowie der Westgrund AG an der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse in Stuttgart, an der Frankfurter Wertpapierbörse und im elektronischen Handelssystem der Deutschen Börse AG, Xetra, ab, die jeweils mit den vom Angeklagten N. angegeben Limitpreisen zur Ausführung kamen. Die Kursfeststellungen kamen durchgehend allein aufgrund der Ausführung der spiegelbildlich deckungsgleichen Aufträge des Angeklagten N., der wechselnd für das eine Depot als Käufer und das andere als Verkäufer der Aktien agierte, entsprechend seinen Limitangaben zustande. Ohne die Aufträge des Angeklagten N. wäre es nicht zu den Kursfestsetzungen gekommen und der jeweilige vorherige Kurs der Aktie hätte fortgegolten. Zwischen dem Verkauf der Aktien und dem Rückkauf lagen jeweils lediglich wenige Minuten; die Kursfeststellung erfolgte in allen Fällen entweder zeitgleich mit der Abgabe der Angebote oder maximal 2 Minuten danach. Die an den fraglichen Tagen durch den Angeklagten N. vorgenommenen Geschäfte hatten einen großen Anteil am Gesamttagesumsatz der jeweiligen Aktie. Durch die bewusste Abgabe der abgestimmten Verkauf- und Kaufaufträge nahm der Angeklagte billigend in Kauf, dass bei dritten Handelsteilnehmern der unrichtige Eindruck entstehen konnte, dass für diese Aktien ein liquider Markt mit voneinander unabhängigen Angeboten und Nachfragen bestehe, sowie dass die ausgeführten Geschäfte aufgrund ihres Volumens geeignet waren, den jeweiligen Kurspreis zu beeinflussen. Dem Angeklagten kam es darauf an, dass es zur jeweiligen Kursfestsetzung kommt, weil er hierdurch Verluste zur steuerlichen Geltendmachung realisieren wollte.
Am 22. Mai 2008 gab der Angeklagte um 9.38 Uhr über das Depot Dr. S. ein Kaufangebot für 20.000 Aktien der Maternus-Kliniken AG an der Börse Frankfurt mit einem Limit von 0,99 Euro pro Aktie und zeitgleich über das eigene Depot einen Verkaufauftrag mit identischem Limit und gleichlautender Stückzahl ab. Die Kursfeststellung erfolgte ebenfalls um 9.38 Uhr. Am selben Tag um 10.01 Uhr erfolgte der Rückkauf der 20.000 Aktien wiederum aufgrund übereinstimmenden Kauf- und Verkaufauftrags des Angeklagten N. zum Limit von 0,99 Euro. Weitere 8.169 Aktien der Maternus-Kliniken AG erwarb der Angeklagte für das Depot Dr. S. erneut infolge Abgabe aufeinander abgestimmter Aufträge zum Limit von 1,01 Euro am selben Tag um 10.04 Uhr; die Kursfeststellung erfolgte ebenfalls um 10.04 Uhr. Auf entsprechende Art und Weise kaufte und verkaufte der Angeklagte am 9. Dezember 2008 5000 Aktien der DB Real Estate AG an der Börse Stuttgart mit gleichlautendem Limit von 0,85 Euro um 18.23 Uhr und tätigte 18.27 Uhr in gleicher Stückzahl und zum selben Preis den Rückkauf. Ebenso verfuhr er am 10. Dezember 2008 an der Börse Xetra mit 7.918 Aktien der DB Real Estate AG zum Limit von 0,77 Euro und mit 5.000 sowie weiteren 4.140 Aktien der Westgrund AG zum Limit von 1,81 Euro beziehungsweise 1,80 Euro.
Eine Beeinflussung des späteren Kursverlaufs der Aktien durch die Auftragsausführungen war nicht feststellbar. Die weitere Entwicklung der Aktienpreise entsprach den marktüblichen Bewegungen.
b) Das Amtsgericht Stuttgart hat das Verhalten des Angeklagten N. als Ordnungswidrigkeiten gemäß § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG gewertet. Das Vorliegen von Straftaten nach § 38 Absatz 2 WpHG hat es im Wesentlichen mit der Erwägung verneint, dass die für die Erfüllung des Straftatbestands erforderliche tatsächliche Einwirkung auf den Börsenpreis sowie die Kausalität der getätigten Geschäfte für den weiteren Aktienkursverlauf nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen sei. Wortlaut und Systematik der §§ 20a, 38 und 39 WpHG sprächen gegen die Annahme, bereits die durch die Geschäftsvornahme in aller Regel zwangsläufig und unmittelbar erfolgende Kursfeststellung erfülle das Tatbestandsmerkmal des „Einwirkens“. Daher liege erst dann ein Einwirken vor, wenn durch die Preisneufestsetzung eine Beeinflussung zukünftiger Aufträge der geschützten Handelsteilnehmer erfolge. Außerdem müsse - ausgehend von der Formulierung „sonstige Täuschungshandlungen“ in § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG - auch in den Fällen des § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG eine Täuschung vorliegen. Diese Täuschung könne zeitlich ebenfalls nur nach der durch das Geschäft ausgelösten Preisfestsetzung liegen, was hier nicht der Fall sei. Im Übrigen liefe der Ordnungswidrigkeitstatbestand in vergleichbaren Fällen bei Bejahung des Straftatbestands leer, weil ein ausgeführtes Geschäft immer eine neue Preisfestsetzung zur Folge habe. Eine Verfallsanordnung sei deshalb unterblieben, weil beide Angeklagte aus den Taten nichts erlangt hätten und die angestrebte Realisierung eines Verlustes erst zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer Steuererklärung zum Tragen gekommen wäre.
2. Mit ihrer zum Nachteil beider Angeklagten eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft Stuttgart die Verletzung materiellen Rechts. Sie beanstandet insbesondere, dass die Annahme einer für die Erfüllung des Straftatbestandes erforderlichen tatsächlichen Preiseinwirkung durch die Geschäfte des Angeklagten N. unterblieben ist. Eine Einwirkung auf den späteren Kursverlauf der jeweiligen Akten oder deren weitere Entwicklung sei nicht erforderlich. Auch eines zeitlichen Auseinanderfallens von Geschäft und der Marktpreiseinwirkung bedürfe es entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht. Vielmehr ergebe sich bereits aus den Feststellungen des angefochtenen Urteils, wonach die Kursfeststellungen den Limitangaben der Order entsprachen, es ohne diese Order jeweils nicht zu einer Kursfeststellung gekommen wäre und der vorherige Kurs der Aktie fortgegolten hätte (UA Seite 5), dass eine Preiseinwirkung im Sinne von § 38 WpHG vorlag und die vom Angeklagten vorgenommenen Geschäfte hierfür kausal waren.
Weiter macht die Staatsanwaltschaft geltend, die unterbliebene Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei den Angeklagten N. und Dr. S. sei rechtsfehlerhaft. Beide hätten pro Geschäft den Verkaufserlös beziehungsweise die Aktien im Wert des Kaufpreises erlangt im Sinne von §§ 73 Absatz 1 und 3, 73a StGB.
10 
3. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten N. richtet sich gegen seine Verurteilung wegen dreier Ordnungswidrigkeiten nach § 39 WpHG. Er trägt im Wesentlichen vor, die als Limit vorgegebenen Kurse hätten sich im Rahmen der in den Tagen vor und nach den Geschäften bestehenden Tageshöchst- und tiefstpreise bewegt, die marktüblich gewesen seien. Es fehle schon deshalb an einem Verstoß gegen § 20a WpHG; ein Einwirken auf den Preis läge ohnehin nicht vor. Abgesehen davon handele es sich im vorliegenden Fall nicht um fiktive, sondern um effektive Transaktionen, für die es legitime Gründe gegeben habe. Wegen des alleinigen Zwecks der Erlangung eines legalen Steuervorteils ohne Manipulationsabsicht des Angeklagten handele es sich um eine anzuerkennende Marktpraxis. Gemäß § 20a Absatz 2 WpHG seien diese Geschäfte vom Verbotstatbestand des § 20a Absatz 1 WpHG ausgenommen. Eine Anordnung des Verfalls von Wertersatz scheide aus, weil der Angeklagte durch die Geschäfte nichts erlangt habe; die Vermögensverhältnisse seien vor und nach dem Vorgang dieselben gewesen.
II.
11 
Die zulässige Revision der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart, soweit es angegriffen ist. Das Amtsgericht hat eine Strafbarkeit des Angeklagten N. gemäß § 38 Absatz 2 a.F. WpHG rechtsfehlerhaft verneint und ihn wegen fehlender Einwirkungen auf den Preis der gehandelten Wertpapiere lediglich wegen Ordnungswidrigkeiten nach § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG verurteilt. Die lückenhaften Feststellungen im Urteil erlauben es dem Senat nicht zu prüfen, ob das Amtsgericht eine Einwirkung auf den Preis eines Finanzinstruments im Sinne des § 38 Absatz 2 WpHG in der vom 21. Dezember 2004 bis 29. Juni 2009 geltenden Fassung (jetzt § 38 Absatz 2 Nr. 1 WpHG) zu Recht verneint hat. Auch die bei beiden Angeklagten unterbliebene Anordnung des Verfalls von Wertersatz hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
12 
Die Revision des Angeklagten N. ist unbegründet.
1.
13 
Allerdings hat das Amtsgericht Stuttgart ohne Rechtsfehler angenommen, dass nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Angeklagte N. verbotene Marktmanipulationen im Sinne des § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG in der vom 1. November 2007 bis zum 29. Juni 2009 geltenden Fassung begangen hat, die sowohl den objektiven Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit des § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG als auch den einer Straftat nach § 38 Absatz 2 WpHG a.F. erfüllen können.
a)
14 
§ 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG betrifft vor allem so genannte handelsgestützte Marktmanipulationen durch Transaktionen, die dem Markt falsche oder irreführende Signale zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen geeignet sind. Insbesondere sind auch effektive Geschäfte umfasst, infolge derer es zu einem Wechsel der wirtschaftlichen Berechtigung an einem Finanzinstrument kommt (Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 5. Auflage 2009, § 20a Rn. 142, 146). Weiter als Tathandlung geeignet sind Kauf- oder Verkaufaufträge, wie Effektenorder der Kunden an ihre Bank oder Vermittlungsaufträge an den Skontroführer im Parketthandel sowie Angebote im elektronischen Handel. Da es unerheblich ist, ob die Aufträge bedingt oder befristet sind, gelten auch Limit-Orders als erteilt, sobald sie dem Adressaten zugegangen sind (Vogel, a. a. O., Rn. 147).
15 
Ohne Rechtsfehler hat das Amtsgericht die Eignung der Angebote des Angeklagten zur Irreführung beziehungsweise zur Preismanipulation bejaht. Die Abgabe von gleichlautenden Kauf- und Verkaufangeboten mit übereinstimmenden Limits können einen verständigen Marktteilnehmer über die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem jeweiligen Markt, die Marktgerechtigkeit des entsprechenden Angebots und der entsprechenden Nachfrage sowie den marktgerechten Preis und die Marktliquidität täuschen (vgl. Vogel, a. a. O., Rn. 150 f.). Nach den Feststellungen wusste der Angeklagte N., der als Bankkaufmann bei der Landesbank BW mit Tätigkeitsschwerpunkt Wertpapierhandel tätig ist, dass die Angebote aufgrund ihres Volumens einen falschen Eindruck am Markt zu erwecken und den jeweiligen Kurspreis zu beeinflussen geeignet waren. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
b)
16 
Die Auffassung des Angeklagten N., seine Vorgehensweise sei gemäß § 20a Absatz 2 WpHG von den verbotenen Marktmanipulationen ausgenommen, ist nicht richtig. Voraussetzung hierfür wäre, dass - wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Handlungen des Angeklagten N. mit der zulässigen Marktpraxis auf dem betreffenden Markt vereinbar waren und der Handelnde hierfür legitime Gründe hatte. Es kann offen bleiben, ob die vom Angeklagten N. erstrebte Realisierung eines Verlustes zur Erlangung eines Steuervorteils in dieser Form einen legitimen Grund darstellt. Jedenfalls entsprachen seine Handlungen nicht der zulässigen Marktpraxis. Dies ergibt sich bereits aus der die Vorschrift des § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG konkretisierenden, eine Rechtsverordnung gemäß § 20a Absatz 5 WpHG darstellenden Marktmanipulationskonkretisierungsverordnung (MaKonV) vom 1. März 2005, die Hinweise auf das Vorliegen einer Marktmanipulation auflistet. Der sich auf § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG beziehende § 3 Absatz 2 Nr. 2 MaKonV qualifiziert ausdrücklich solche Aufträge oder Geschäfte als irreführende Signale gebend, die zu im Wesentlichen gleichen Stückzahlen und Preisen von verschiedenen Parteien, die sich abgesprochen haben, erteilt werden. Hiervon ausgenommen sind Geschäfte, die im Einklang mit den jeweiligen Marktbestimmungen rechtzeitig angekündigt werden. Letzteres war hier nicht der Fall. Vielmehr entspricht die Vorgehensweise des Angeklagten, der für sich und entsprechend der Verfügungsberechtigung für das Depot des Angeklagten Dr. S. tätig wurde, im Unrechtsgehalt der Absprache verschiedener Parteien. Daher verbietet sich die Annahme, derartige Geschäfte könnten zukünftig gemäß § 20a Absatz 2 Satz 2 WpHG von der Bundesanstalt als zulässige Marktpraxis anerkannt werden. Das gilt umso mehr, als die Handlungen des Angeklagten nicht den Voraussetzungen in § 8 MaKonV entsprechen, der Kriterien für die Anerkennung von Gepflogenheiten als zulässige Marktpraxis - wie Transparenz und freies Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage - aufzählt.
17 
Zu Unrecht rügt der Angeklagte N., das Amtsgericht habe verkannt, dass den in § 3 MaKonV genannten Anzeichen für falsche oder irreführende Signale gemeinsam sei, dass sie grundsätzlich eine erhebliche Preisänderung voraussetzten, was hier nicht vorliege. Entgegen der Auffassung des Angeklagten N. findet sich diese Einschränkung lediglich für die in § 3 Absatz 1 MaKonV aufgeführten Geschäfte und Kauf- oder Verkaufaufträge, nicht aber für den hier vorrangig maßgeblichen § 3 Absatz 2 MaKonV. Die in § 3 Absatz 2 MaKonV genannten Handlungsmodalitäten enthalten zwingende Beispiele für den objektiven Tatbestand der Marktmanipulation erfüllende Geschäfte oder Kauf- und Verkaufsangebote (Vogel, a. a. O., Rn. 164). Die Vorgehensweise des Angeklagten N., der zwar nicht mit anderen Parteien nach entsprechender Absprache, aber dem gleichzusetzend für sich und gleichzeitig für den Angeklagten Dr. S. Aufträge zu identischen Stückzahlen und Preisen erteilt hat, ist dem in § 3 Absatz 2 Nr. 2 MaKonV normierten Verhalten gleichzusetzen. Ob gleichzeitig die Vorschriften des § 3 Absatz 1 Nr. 1a und c MaKonV erfüllt sein könnten, bedarf keiner eingehenden Erörterung, da die europarechtlich als „improper matched orders“ bezeichneten Verfahren im deutschen Recht in § 3 Absatz 2 Nr. 2 MaKonV besonders geregelt sind. Daher bleibt insbesondere für § 3 Absatz 1 Nr. 1c MaKonV nur ein beschränkter Anwendungsbereich (Vogel, a. a. O., Rn. 166). Die in § 3 Absatz 1 Nr. 1 a MaKonV erfassten Geschäftsmodalitäten - Aufträge oder Geschäfte, die einen bedeutenden Anteil am Tagesgeschäftsvolumen ausmachen - bedeuten für die vorliegende Fallgestaltung, dass der Anteil der möglicherweise manipulativen Geschäfte oder Aufträge am Tagesgeschäftsvolumen des einzelnen Finanzinstruments ebenfalls ein gewichtiges Kriterium für die Feststellung einer Irreführungseignung darstellt.
2.
18 
Auch hat das Amtsgericht das Vorliegen von Ordnungswidrigkeiten nach § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG, die in einem Stufenverhältnis zum entsprechenden Straftatbestand des § 38 Absatz 2 WpHG a.F. stehen und - lediglich - die Eignung der getätigten Angebote oder Geschäfte zur Einwirkung auf den Marktpreis oder eine Irreführungseignung erfordern, ohne Rechtsfehler bejaht. Der Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG erfasst diejenigen Formen der Marktmanipulation, die in § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG als verboten eingeordnet werden und setzt als einziges weiteres Tatbestandsmerkmal in subjektiver Hinsicht eine - nach den Feststellungen hier vorliegende - vorsätzliche Begehungsweise voraus (Vogel, a. a. O., § 39, Rn. 6).
3.
19 
Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen lassen wegen ihrer Unvollständigkeit eine Überprüfung, ob der Straftatbestand des § 38 Absatz 2 WpHG a.F. verwirklicht ist, nicht zu. Rechtsfehlerhaft ist die Auffassung des Amtsgerichts, dass die Tatbestandsvoraussetzung der Einwirkung auf den Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstrumentes schon deshalb nicht vorliege, weil diese Einwirkung in der hier vorliegenden Fallgestaltung der Vornahme eines Geschäftes (§ 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 1. Alternative WpHG) denknotwendig nach der Durchführung dieses Geschäftes liegen müsse, weshalb die bloße Kursfestsetzung nicht genüge. Eine Einwirkung auf den späteren Kursverlauf der vom Angeklagten gehandelten Wertpapiere sei jedenfalls nicht sicher nachweisbar, da sich der weitere Kursverlauf im Rahmen der vorangegangenen Kursentwicklung bewegt habe.
a)
20 
Über § 38 Absatz 2 WpHG a.F., jetzt § 38 Absatz 2 Nr. 1 WpHG, werden die in der Bußgeldvorschrift des § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG bezeichneten Formen der Marktmanipulation strafrechtlich erfasst. § 38 Absatz 2 WpHG statuiert die weitere Voraussetzung, die das bußgeldbewehrte Verhalten zu einer Straftat macht, nämlich den Eintritt des Erfolgs, dass der Preis eines Finanzinstruments entgegen der sonstigen Marktentwicklung tatsächlich verändert oder stabilisiert wurde. Das Merkmal der Eignung zur Herbeiführung eines künstlichen Preisniveaus aus § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG - und damit auch aus dem Ordnungswidrigkeitstatbestand - geht damit auf in dem Tatbestandsmerkmal der (tatsächlichen) Einwirkung.
21 
Eine Preiseinwirkung setzt ein künstliches, das heißt gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse am Markt („Markttrend“) erfolgendes Erhöhen, Erniedrigen oder auch nur Stabilisieren voraus; eine Preisänderung ist nicht zwingend erforderlich (Vogel, a. a. O., § 38, Rn. 51). Maßgeblich ist also, dass die manipulative Handlung des Täters kausal ist für den fraglichen Preis eines Finanzinstrumentes, wobei der Erfolg der Preiseinwirkung vom Vorsatz umfasst sein muss.
22 
Einer Manipulationsabsicht bedarf es entgegen der Auffassung des Angeklagten N. hingegen nicht. Allerdings erscheint es nach den Feststellungen naheliegend, dass es dem Angeklagten N. gerade darauf ankam, den Preis der von ihm gehandelten Aktien auf ein bestimmtes Niveau festzulegen, um seine Verkauf- und Rückkaufgeschäfte zum gleichen Preis und damit ohne das Risiko eines eventuellen Verlustes aufgrund geänderter Marktpreise durchführen zu können.
23 
Das Gesetz legt nicht fest, welchen aus der Vielzahl von Börsen- oder Marktpreisen, die für ein Finanzinstrument erzielt werden, der Täter herbeiführen muss. § 38 Absatz 2 WpHG begnügt sich mit irgendeinem Börsen- oder Marktpreis, wenn er nur durch das Verhalten des Täters verursacht worden ist (Altenhain in Kölner Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz, 2007, § 38 Rn. 93). Wird ein Finanzinstrument an verschiedenen Börsen oder Märkten gehandelt, so ist jeder einzelne der dort ermittelten Preise ein tauglicher Erfolg. Insbesondere bedarf es nicht einer Einwirkung auf den Schlusskurs eines Finanzinstruments. Es genügt die Einwirkung auf irgendeinen festgestellten Preis im laufenden Handel (Altenhain, a. a. O., Rn. 94). Eine - andauernde - Beeinflussung des weiteren Kursverlaufs nach einer bereits erfolgten Einwirkung ist nicht erforderlich.
24 
Nach dem Wortlaut der Vorschrift bedarf es auch keiner erheblichen Einwirkung (Altenhain, a. a. O., Rn. 94; a. A. bis zur 4. Auflage Vogel, § 38 Rn. 21, jetzt relativierend § 20a Rn. 116, § 38 Rn. 51; zum Fehlen verfassungsrechtlicher Bedenken im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz bei §§ 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 38 Absatz 2, 39 Absatz 2 Nr. 11 WpHG vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011, 3 StR 506/10, zitiert nach juris). Bagatellhafte Preisbeeinflussungen, bei denen unter Umständen der Nachweis des Taterfolgs mit Schwierigkeiten behaftet ist, liegen allerdings nicht schon deshalb vor, weil es sich um Aktien mit geringem Stückpreis handelt, und die mögliche Preiseinwirkung in absoluten Zahlen lediglich kleinere Differenzbeträge ausmacht.
b)
25 
Die Feststellung einer Kausalität zwischen dem Manipulationsverhalten und der Preiseinwirkung bedarf einer Gesamtbewertung der erlangbaren Erkenntnisse und Indiztatsachen, wobei an die Kausalitätsfeststellung keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2003, 1 StR 24/03, Rn. 30, zitiert nach juris; Vogel, a. a. O., § 38 Rn. 54). Folgende Kriterien sind geeignet, eine Preiseinwirkung hinreichend zu belegen: Vergleich des Kursverlaufs und Umsatzes vor und nach der Manipulationshandlung, Analyse der Preis- und Umsatzentwicklung an dem Börsentag, in den die Manipulationshandlung fällt, Analyse des Volumens der Order, die der Manipulator im Zusammenhang mit der Manipulation tätigt, und Zeitabstand zwischen dem Manipulationsverhalten und der Preiseinwirkung; je zeitnäher der Markt auf eine Manipulation reagiert, desto näher liegt die Feststellung der Kausalität (BGH a. a. O., Rn. 30, Vogel, a. a. O., § 38 Rn. 54).
c)
26 
Nach den Feststellungen des Amtsgericht erscheint es nicht völlig fernliegend, dass der Angeklagte N. durch Abgabe von wechselseitig übereinstimmenden Kauf- und Verkaufsangeboten, die sich wegen der identischen Limitangaben ausführbar gegenüberstanden und einen erheblichen Anteil am Tagesumsatz der jeweiligen Aktie hatten, auf den Preis der Aktien eingewirkt hat. Irrig ist das Amtsgericht davon ausgegangen, als Tathandlung des Angeklagten komme ausschließlich die Tatbestandsvariante der Vornahme eines Geschäftes in Betracht. Bereits die Abgabe der abgestimmten Kauf- und Verkaufsorder, von denen der Angeklagte als Bankkaufmann mit Tätigkeitsschwerpunkt im Wertpapierhandel wusste, dass sie sich ausführbar gegenüberstanden und wegen des hohen Anteils am Gesamttagesumsatz mit großer Wahrscheinlichkeit zum genannten Limit zur Durchführung gelangen würden, kann eine Tathandlung sein (§ 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 2. Alternative WpHG). Die daraus resultierende Kursfestsetzung, also die Bestimmung des Börsenpreises eines Wertpapiers, kann - unter Feststellung der Kausalität nach den oben genannten Kriterien - eine Preiseinwirkung darstellen. Darauf, ob die Kursfestsetzung der Geschäftsdurchführung vorangeht oder - wovon das Amtsgericht ausgeht - die Folge der Durchführung eines Wertpapiergeschäftes ist, kommt es in dieser Fallgestaltung nicht an.
d)
27 
Rechtsfehlerhaft hat das Amtsgericht angenommen, die Manipulationshandlungen müssten eine Auswirkung auf den weiteren Kursverlauf haben. Dass sich der Kursverlauf nach der manipulativen Handlung später im marktüblichen Bereich weiterentwickelt hat, spricht schon deshalb nicht von vorne herein gegen eine tatsächliche Einwirkung, weil - wie bereits dargelegt - je nach Fallgestaltung die Einwirkung auf einen (Einzel-)Preis im Laufe des fortlaufenden Handels ausreichend sein kann. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts bedarf es bei Manipulationen gemäß § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG keiner Täuschung oder Irrtumserregung (die Ausführungen in BGH, a. a. O., Rn. 21, beziehen sich auf § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG in der bis zum 29. Oktober 2004 geltenden Fassung; jetzt und zum Tatzeitpunkt § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr.3 WpHG). Vielmehr normiert § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG die konkrete Ausgestaltung einer Täuschungshandlung, während § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG als Auffangtatbestand die sonstigen Täuschungshandlungen - mit entsprechenden Tatbestandsmerkmalen - abdeckt.
28 
Die im amtsgerichtlichen Urteil geäußerte Befürchtung, der Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG laufe in den Fällen der Tatbestandsvariante „ein Geschäft durchführt“ deshalb leer, weil mit dem durchgeführten Geschäft grundsätzlich eine Kursfestsetzung einhergehe, greift schon deshalb nicht, weil nicht vom vorliegenden Einzelfall mit der Besonderheit des großen Volumens der Geschäfte auf andere Fallgestaltungen geschlossen werden kann. Das Amtsgericht verkennt, dass in Fällen mit liquide gehandelten Wertpapieren oder bei Aufträgen mit geringeren Aktienvolumina eine Preiseinwirkung nicht zwingend vorliegen muss und es dann bei einer bloßen Eignung im Sinne des Ordnungswidrigkeitstatbestands verbleibt. Ein Anwendungsbereich bleibt auch in den Fällen, in denen der Erfolg einer (vom Täter gewünschten) Einwirkung ausbleibt oder - praktisch häufiger - nicht nachweisbar ist (Vogel, a. a. O., § 39 Rn. 6).
4.
29 
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass es - unter Anwendung der genannten Kausalitätskriterien - zumindest der Feststellung des unmittelbar vor der Abgabe der tatbestandsmäßigen Kauf- und Verkaufangebote geltenden Kurspreises der jeweiligen Aktie bedarf, auf den möglicherweise durch Festsetzung eines neuen Kurses infolge der sich einander ausführbar gegenüberstehenden Order eingewirkt worden ist. Daneben ist es erforderlich, unabhängig von dem Umstand, dass das Amtsgericht die an ein und demselben Tag durchgeführten Aktiengeschäfte als einheitliche Tat im Sinne von § 52 StGB gewertet hat, die Volumina der einzelnen Geschäfte in Bezug auf den jeweiligen Gesamttagesumsatz der Aktien zu bestimmen. Den Urteilsfeststellungen lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die dargestellten Umsätze sich auf die einzelnen Geschäfte des Angeklagten an den Tattagen beziehen, oder auf die Gesamtsumme seiner am jeweiligen Tag getätigten Umsätze. Außerdem kann es geboten sein, die genauen Abläufe der Kursbildung am jeweiligen Markt, auch unter Berücksichtigung der Kursfestsetzung im elektronischen Handelssystem Xetra, festzustellen.
5.
30 
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auch insoweit begründet, als sie sich dagegen wendet, dass gegen beide Angeklagte kein Verfall von Wertersatz angeordnet wurde. Die Feststellungen tragen die Annahme nicht, die Angeklagten hätten aus der Tatbegehung nichts erlangt. Bei der Anordnung des Verfalls von Wertersatz ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen der §§ 73, 73a StGB vom gesetzlich normierten Bruttoprinzip auszugehen (vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 58. Auflage 2011, § 73 Rn. 3, 4 m. w. N.). Der Umfang des Erlangten ist zwingend nach Maßgabe dieses Prinzips zu bemessen. Hiernach sind Vermögenswerte, die der Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs unmittelbar erlangt hat, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen, ohne dass Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen in Abzug gebracht werden. Das gilt auch für den Drittbegünstigten im Sinne von § 73 Absatz 3 StGB, zumal dann, wenn er Nutznießer der Tat ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 30. Mai 2008, 1 StR 166/07, Rn.101, m. w. N., zitiert nach juris). Müsste der von der Verfallsanordnung Betroffene lediglich die Abschöpfung des Nettogewinns fürchten, so würde sich die Tatbegehung für ihn als weitgehend risikolos erweisen. Den Drittbegünstigten soll das Bruttoprinzip veranlassen, zur Verhinderung solcher Taten wirksame Kontrollmechanismen zu errichten oder aufrechtzuerhalten (BGH a. a. O.). Hieraus folgt, dass es nicht - wie der Angeklagte N. annimmt - darauf ankommt, ob die jeweiligen Vermögensverhältnisse vor und nach den Wertpapiergeschäften gleich sind, sondern darauf, was die Angeklagten bei den jeweiligen Geschäften an Aktienwerten oder Verkaufserlösen erlangt haben. Gegebenenfalls ist über § 73c StGB eine Berücksichtigung von Härten möglich.
6.
31 
Da die sachlich-rechtliche Überprüfung aufgrund lückenhafter Feststellungen, insbesondere zu den Wertpapierpreisen unmittelbar vor der möglichen Einwirkungshandlung durch den Angeklagten N., nicht möglich ist, beruht das Urteil auf dem Darstellungsmangel und damit auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 337 StPO). Der Senat hebt das Urteil in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang einschließlich der Feststellungen auf, so dass der Tatrichter die erforderlichen Feststellungen insgesamt neu zu treffen hat.
III.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 StPO.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 5/13
vom
27. November 2013
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
WpHG aF § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
1. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser
künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse erhöht, abgesenkt
oder auch nur stabilisiert wird. Hierfür reicht es nicht aus, dass aufgrund
des manipulativen Geschäfts erstmals ein Börsenpreis gebildet wird; erforderlich
ist vielmehr, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die
Manipulation des Täters beeinflusst wird.
2. Für den nach § 28 Abs. 2 WpHG aF erforderlichen Taterfolg reicht es aus,
dass der manipulierte Preis an der Börse festgesetzt wird. Es ist nicht erforderlich
, dass danach weitere Geschäfte getätigt werden, bei denen die Preise
kausal gerade auf dem durch das manipulative Geschäft hervorgerufenen
Kursniveau beruhen.
3. Der Begriff des Börsenpreises im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF entspricht
dem des § 24 Abs. 1 BörsG. Ein Börsenpreis in diesem Sinne kommt auch
dann zustande, wenn das Geschäft, auf dem er beruht, den inhaltlichen Anforderungen
des § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügt; erfasst sind deshalb
auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise.
4. Der subjektive Tatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert Vorsatz; dieser
genügt. Nicht vorausgesetzt ist, dass der Täter mit einer Manipulationsabsicht
handelt.
5. Bei einer nach § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
WpHG aF strafbaren Marktmanipulation durch den Verkauf von Aktien zu einem
zuvor abgesprochenen Preis ist erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1
StGB der gesamte für die Aktien erzielte Kaufpreis.
BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5 /13 - LG Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Marktmanipulation
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
25. Juli 2013 in der Sitzung am 27. November 2013, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- nur in der Verhandlung am 25. Juli 2013 -
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 7. September 2012 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen vorsätzlicher Marktmanipulation in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 80 € verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 63.700 € angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet insbesondere die Beweiswürdigung sowie die Verfallsentscheidung. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts erteilte der Angeklagte Verkaufs- und Kaufaufträge für die im Freiverkehr an der Frankfurter Börse gehandelten Aktien der Firma R. AG, die er zuvor mit dem Käufer bzw. Verkäufer abgesprochen hatte (sog. matched orders bzw. prearranged trades).
3
1. Zunächst gab er am 3. April 2009 in der Absicht, sich finanzielle Liquidität für den Erwerb sonstiger Aktien zu verschaffen, einen Verkaufsauftrag über 22.000 Aktien der R. AG zu einem Verkaufslimit von 4,55 €. Ein Geschäftspartner des Angeklagten erteilte am selben Tag aufgrund einer zwischen beiden zuvor getroffenen Vereinbarung einen Kaufauftrag mit einem Kauflimit von 4,55 €, zunächst über 14.000 und unmittelbar darauf über weitere 8.000 Stück der betreffenden Aktien. Diese Aufträge wurden jeweils zu entsprechenden Geschäftsabschlüssen zusammengeführt. Ein zu einem nicht näher festgestellten vorherigen Zeitpunkt veröffentlichter Preis für die Aktie der R. AG betrug 4,12 € pro Aktie. Dabei handelte es sich um einen Geldkurs, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand. Nach der Auffassung der Strafkammer sei dieser Kurs zwar kein Börsenkurs im Sinne des § 24 BörsG. Er sei gleichwohl bei der Beurteilung der Einwirkung auf den Preis der Aktie nach § 38 Abs. 2 WpHG in der zur Tatzeit geltenden Fassung durch das Verhalten des Angeklagten heranzuziehen, weil andernfalls gerade auf besonders manipulationsanfälligen Märkten der dort besonders notwendige strafrechtliche Schutz nicht gewährleistet sei.
4
2. Um die ihm gewährte Liquidität teilweise zurückfließen zu lassen, gab der Angeklagte am 30. April 2009 den Kauf von 10.000 Stück derselben Aktie zu einem Kauflimit von 4,55 € in Auftrag. Da sein Geschäftspartner zuvor zwei Verkaufsaufträge über je 5.000 Stück Aktien mit dem vereinbarten Verkaufslimit in gleicher Höhe erteilt hatte, kam es zu einem entsprechenden Geschäftsabschluss. Sechs Minuten zuvor hatte der Angeklagte mit seinem Geschäftspartner ein ebenfalls abgesprochenes - nicht mehr verfahrensgegenständliches - Geschäft zu 4,50 € pro Aktie geschlossen. Auf diesen Preis habe der Angeklagte, so die Wertung des Landgerichts, in von § 38 Abs. 2 WpHG aF pönalisierter Form eingewirkt.
5
II. Das Urteil hält der auf Grund der Revisionsrechtfertigung gebotenen umfassenden sachlichrechtlichen Prüfung stand. Die - entgegen der Auffassung der Revision rechtsfehlerfrei zustande gekommenen - Feststellungen be- legen zwei zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit stehende Straftaten nach § 38 Abs. 2 WpHG in der hier nach § 2 Abs. 3 StGB maßgebenden, zu den Tatzeiten geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Bezüglich der Anordnung des Verfalls zeigt die Revision ebenfalls keinen Rechtsfehler auf.
6
1. Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der die Strafbarkeit begründenden Regelung.
7
a) Für die rechtliche Bewertung des vorliegenden Falles ist folgendes Regelungsgefüge maßgeblich: Gemäß § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF ist es untersagt, Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bestimmt, dass derjenige ordnungswidrig handelt, der entgegen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, auch in Verbindung mit Abs. 4, jeweils in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 oder 5 ein Geschäft vornimmt oder einen Kauf- oder Verkaufsauftrag erteilt. § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF erlaubt dem Bundesministerium der Finanzen, durch eine Rechtsverordnung , die der Zustimmung des Bundesrats bedarf, nähere Bestimmungen zu erlassen über falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten oder das Vorliegen eines künstlichen Preisniveaus. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 der auf dieser Grundlage erlassenen Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV ) werden irreführende Signale im Sinne des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG insbesondere auch durch Geschäfte oder einzelne Kauf- oder Verkaufsaufträge über Finanzinstrumente gegeben, die von Parteien, die sich abgesprochen haben, zu im Wesentlichen gleichen Stückzahlen und Preisen erteilt werden, es sei denn, diese Geschäfte wurden im Einklang mit den jeweili- gen Marktbestimmungen rechtzeitig angekündigt. Strafbar gemäß § 38 Abs. 2 WpHG aF macht sich schließlich u.a., wer eine in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bezeichnete Handlung begeht und dadurch auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments einwirkt.
8
b) Auch mit Blick auf die zahlreichen, in den genannten Vorschriften enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe, die auf den ersten Blick wenig übersichtliche Regelungstechnik und die in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WphG aF enthaltenen blankettartigen Verweise auf verschiedene Rechtsverordnungen ist die Regelung insgesamt - trotz der verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Zweifel (vgl. Sorgenfrei, wistra 2002, 321, 325; Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 61 ff.; Moosmayer, wistra 2002, 161, 167 ff.; Tripmaker , wistra 2002, 288, 292; Streinz/Ohler, WM 2004, 1309, 1314 ff.; Schmitz, ZStW 115 (2003), 501, 528) - verfassungsgemäß (vgl. zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 3 StR 506/10, wistra 2011, 467, 468; zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; vgl. auch Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., Vor § 20a Rn. 26 ff.; Mock/Stoll/Eufinger in Kölner Kommentar zum WpHG, § 20a Rn. 82 ff.; Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts -Kommentar, 4. Aufl., § 20a WpHG Rn. 5 f. mwN; Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, 2012, S. 273; Schönwälder, Grund und Grenzen einer strafrechtlichen Regulierung der Marktmanipulation, 2011, S. 115 ff.; Teuber, Die Beeinflussung von Börsenkursen, 2011, S. 217 ff.).
9
Sie genügt insbesondere - entsprechend anderen wirtschaftsstrafrechtlichen Tatbeständen wie etwa der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), der Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB) oder der Kreditbetrug (§ 265b StGB), die in ähnlicher Form durch die Verwendung konkretisierungsbedürftiger Rechtsbegriffe geprägt sind - noch dem verfassungsmäßigen Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; Vogel, aaO Vor § 20a Rn. 29), der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht übersteigert werden darf, damit die Gesetze nicht zu starr und kasuistisch und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalles nicht mehr gerecht werden (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 1992 - 2 BvR 858/92, NJW 1993, 1909, 1910). Die Verwendung präziserer, engerer Formulierungen würde hier die Gefahr begründen , dass die Regelung mit Blick auf die sich schnell ändernden manipulativen Praktiken an den Börsen und Märkten den ihr zugedachten hauptsächlichen Zweck, im Interesse des Gemeinwohls die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten zu gewährleisten und damit deren Funktionsfähigkeit gegen manipulierende Eingriffe zu sichern (BTDrucks. 14/8017, S. 98; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 7) bereits nach kurzer Zeit nicht mehr erfüllen könnte (vgl. Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 5).
10
Ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG liegt ebenfalls nicht vor (vgl. Eichelberger, ZBB 2004, 296, 299). Die Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung wirkt nicht strafbegründend. Sie ist nicht abschließend und enthält Begriffserläuterungen sowie Regelbeispiele, bei deren Vorliegen Tatbestandsmerkmale des § 20a WpHG erfüllt sein können, außerdem Verfahrensvorschriften zur Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis. Sie hat zum Ziel, den Marktteilnehmern entsprechende Leitlinien an die Hand zu geben, mit deren Hilfe deutlich wird, welche Handlungen marktkonform sind und damit keinen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 WpHG darstellen (BT-Drucks. 14/8017 S. 90). Daher führt sie keine neuen Straftatbestände ein; sie spezifiziert lediglich in nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts letztlich unbedenklicher Weise (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 6. Mai 1987 - 2 BvL 11/85, BVerfGE 75, 329, 342; vom 29. Mai 1991 - 2 BvR 117/90, NJW 1992, 107; vom 7. Oktober 2008 - 2 BvR 1101/08, NVwZ 2009, 239 f. mwN) die gesetzlichen Regelungen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, NJW 2005, 445, 450 zur Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation KuMaKV; vgl. auch Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 6).
11
2. Die Voraussetzungen der § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF sind durch die Feststellungen belegt. Insoweit bedürfen lediglich die folgenden Gesichtspunkte der Erörterung:
12
a) Die von dem Angeklagten erteilten Verkaufs- bzw. Kaufaufträge und die auf dieser Grundlage abgeschlossen Geschäfte waren geeignet, irreführende Signale für den Börsenpreis eines Finanzinstruments zu geben, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF.
13
aa) Der Begriff der irreführenden Signale in diesem Sinne entspricht demjenigen der irreführenden Angaben nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF. In diesem Sinne ist ein irreführendes Signal gegeben, wenn es geeignet ist, einen verständigen, d.h. börsenkundigen und mit dem Markt des betroffenen Finanzinstruments vertrauten, Anleger zu täuschen (vgl. etwa Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 150; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172). Zu den Marktverhältnissen gehören alle Umstände, die auf die Preisbildung einwirken, also insbesondere die Angebotslage, die Nachfrageseite , das Umsatzvolumen, die zeitliche Abfolge der getätigten Umsätze sowie allgemein die Marktliquidität (vgl. MüKoStGB/Pananis aaO).
14
bb) Diese Voraussetzungen sind in beiden Fällen erfüllt. Der Angeklagte und sein Geschäftspartner hatten jeweils einen bestimmten Preis und die Stückzahlen abgesprochen. Sodann setzten sie für die Aufträge zu dem Ver- kauf bzw. Kauf an der Börse ein der vorherigen Absprache entsprechendes Preislimit. Die auf diesen limitierten Orders beruhenden Geschäfte vermittelten jedoch den Eindruck, dass der Preis sich jeweils börsenmäßig aufgrund von Angebot und Nachfrage frei gebildet habe (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Oktober 2011 - 2 Ss 65/11, NJW 2011, 3667). Damit konnte ein verständiger Marktteilnehmer über die zutreffenden wirtschaftlichen Verhältnisse in dem betreffenden Markt in die Irre geführt werden.
15
cc) Einen über die Eignung, falsche oder irreführende Signale zu geben, hinausgehenden Erfolg - etwa in Form eines Irrtums bei sonstigen Marktteilnehmern - verlangt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nicht (vgl. schon zutreffend OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3670).
16
b) Die vom Angeklagten vorgenommenen Handlungen in Form der sog. matched orders bzw. prearranged trades waren mit der zulässigen Marktpraxis auf dem betreffenden Markt nicht vereinbar (vgl. hierzu § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaKonV; BR-Drucks. 639/03 S. 12; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 189; Vogel, aaO § 20a Rn. 166), so dass der Ausnahmetatbestand des § 20a Abs. 2 Satz 1 WpHG nicht eingreift. Die Voraussetzungen des § 20a Abs. 3 WpHG liegen ebenfalls nicht vor.
17
3. Der Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert, dass - zusätzlich zu den Voraussetzungen einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF - der Angeklagte auf den Börsenpreis der R. -Aktie tatsächlich einwirkte. Auch dies kann den Feststellungen in beiden Fällen im Ergebnis entnommen werden.
18
a) Der Begriff des Börsenpreises bestimmt sich nach der auch in diesem Zusammenhang geltenden Definition des § 24 BörsG (allg. Auff., vgl. etwa Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 110; Vogel, aaO § 20a Rn. 114; Diversy in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , § 38 WpHG Rn. 124; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl., Rn. 381). Dafür spricht bereits, dass die Strafbarkeit von marktmanipulativen Verhaltensweisen früher im Börsengesetz selbst geregelt war (vgl. § 88 BörsG aF) und nichts dafür ersichtlich ist, dass derselbe Begriff innerhalb eines Gesetzes unterschiedlich zu interpretieren war. Den Gesetzesmaterialien ist nicht zu entnehmen, dass durch die Normierung der Strafbarkeit im Wertpapierhandelsgesetz insoweit eine sachliche Änderung beabsichtigt war (vgl. BT-Drucks. 14/8017 S. 64, 89). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 BörsG sind alle Preise, die während der Börsenzeit an einer Börse im Präsenzhandel oder im elektronischen Handel, oder Preise, die an einer Warenbörse ermittelt werden, Börsenpreise (vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., § 24 BörsG Rn. 5). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 BörsG gilt dies auch für einen Preis, der im Freiverkehr an einer Wertpapierbörse festgestellt wird. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse am Markt, erhöht, abgesenkt oder auch nur stabilisiert wird (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3669; Vogel, aaO § 38 Rn. 51, § 20a Rn. 115; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40; Koppmann, ZWH 2012, 27). Maßgeblich ist also, dass die manipulative Handlung des Täters kausal für den fraglichen Preis eines Finanzinstruments ist.
19
aa) Im Fall II. 1 der Urteilsgründe hat das Landgericht darauf abgestellt, dass vor dem Verkauf der Aktien durch den Angeklagten an seinen Partner ein Geldkurs in Höhe von 4,12 € exisiterte, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand (UA S. 5). An anderer Stelle hat es diesen Kurs als Taxkurs bezeichnet (UA S. 17). Dies genügt für die Annahme eines Börsenkurses in dem hier maßgebenden Sinne nicht. Dabei kann dahinstehen, welche Bezeichnung letztlich zutreffen soll; denn sowohl Geld- als auch Taxkurse sind, wie die Strafkammer selbst zutreffend erkannt hat, keine Börsenkurse im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1990 - XI ZR 68/89, WM 1990, 1408 mwN zu § 29 BörsG aF Oetker; Bergmann, HGB, 3. Aufl., § 400 Rn. 6 mwN; Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 24 BörsG Rn. 8).
20
Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgeführt hat, es müsse auf solche Geld- oder Taxkurse zurückgegriffen werden, auch wenn diese keine Börsenkurse im Sinne des § 24 BörsG seien, damit der notwendige strafrechtliche Schutz gewährleistet werden könne, ist nicht zu verkennen, dass insbesondere enge Märkte wie der vorliegende, auf denen Wertpapiere mit nur wenigen Umsätzen gehandelt werden, besonders manipulationsanfällig sind. Allein das Ziel, vermeintliche oder tatsächlich bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen, kann jedoch nicht dazu führen, Tatbestandsmerkmale zu überdehnen. Wie weit und unter welchen Voraussetzungen der strafrechtliche Schutz in diesem Bereich gewährleistet werden soll, ist in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers übertragen. Dieser hat sich bei der Neuregelung der Bußgeld- und Strafvorschriften durch das am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Vierte Finanzmarktförderungsgesetz dafür entschieden, die Strafbarkeit marktmanipulativen Verhaltens an die Einwirkung auf einen Börsen- oder Marktpreis zu knüpfen (hinsichtlich der Praxistauglichkeit kritisch etwa bereits Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487). Dies ist bei der Rechtsanwendung hinzunehmen.
21
Nicht allein ausreichend ist es auch, dass der Angeklagte durch das Geschäft mit seinem Partner einen (neuen) Börsenpreis bewirkte. Nach der soweit ersichtlich in Rechtsprechung und Literatur einhellig verwendeten Umschrei- bung des Einwirkens im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF, von der in der vorliegenden Fallkonstellation abzuweichen kein Anlass besteht, ist es erforderlich, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die Manipulation des Täters beeinflusst wird. Der Tatbestand setzt somit, anders als etwa der Kapitalanlagebetrug nach § 264a StGB, einen bereits bestehenden Börsenpreis voraus; das (erstmalige) Bewirken eines Börsenpreises wird von ihm nicht umfasst (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3670; Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2052; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 137).
22
Den Urteilsgründen ist in ihrem Zusammenhang jedoch genügend sicher zu entnehmen, dass bereits vor dem manipulativen Geschäft zwischen dem Angeklagten und seinem Partner ein Börsenpreis im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG für die R. -Aktie bestand. Nach den vom Landgericht wiedergegebenen Ausführungen der Sachverständigen N. wurde die Aktie zwar zwischen dem 31. Mai 2007 und dem 11. August 2008 nicht gehandelt.Danach - und damit vor der Tat am 3. April 2009 - fanden jedoch Umsätze statt. Aufgrund der weiteren Darlegungen der Quellen, aus denen die Sachverständige ihre diesbezüglichen Erkenntnisse gewonnen hat, ist davon auszugehen, dass diese Umsätze zur Festsetzung von Börsenpreisen führten. Auch im Rahmen ihrer Erwägungen zum Verfall hat die Strafkammer ausgeführt, dass die R. -Aktie Anfang des Jahres 2009 gehandelt wurde.
23
bb) Im Fall II. 2 der Urteilsgründe hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei als Bezugspunkt einen an der Börse festgesetzten Kurs angenommen, der auf einem kurz vor der abgeurteilten Tat zwischen dem Angeklagten und seinem Geschäftspartner getätigten Geschäft beruhte. Darauf, ob es sich hierbei ebenfalls um ein zuvor abgesprochenes Geschäft handelte, das den inhaltlichen Anforderungen an das ordnungsmäßige Zustandekommen eines Börsenpreises nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügte (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 25), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Der Begriff des Börsenpreises wird zunächst in § 24 Abs. 1 BörsG definiert. Danach sind - jedenfalls bis zu einer aufsichtsrechtlichen oder sonstigen Beanstandung - auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise erfasst; denn insbesondere der Preisfindung in elektronischen Handelssystemen fehlt heute jedes gestaltende oder gar regelnde Moment; sie ist nur noch Protokollierung eines realen Transaktionspreises (vgl. Theissen, WM 2003, 1497, 1503). Deshalb gebieten es Sinn und Zweck der § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG, die Preisbildung an bzw. auf und die Funktionsfähigkeit von Börsen und überwachten Märkten zu schützen (vgl. im Einzelnen Vogel, aaO § 20a Rn. 26 ff.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, § 20a WpHG Rn. 2 [Stand: April 2012]), in dem hier relevanten Zusammenhang auf diesen Börsenpreis im formellen Sinne, nicht aber darauf abzustellen, ob die inhaltlichen Anforderungen gemäß § 24 Abs. 2 BörsG erfüllt sind. Diese sind vor allem auch deshalb von Belang, weil dem Börsenpreis in zahlreichen anderen Zusammenhängen , etwa bei der Pfandverwertung, beim Fixhandelskauf sowie im Bilanzoder Steuerrecht eine erhebliche Bedeutung zukommt (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 5 f.). Zudem könnten andernfalls besonders hartnäckig manipulierende Täter, die unter Umständen mehrere abgesprochene Geschäfte hintereinander tätigen, allenfalls für die erste Transaktion strafrechtlich belangt werden.
24
cc) Der Angeklagte wirkte jeweils auf den Börsenpreis der R. -Aktie bereits dadurch ein, dass der von ihm und seinem Partner abgesprochene Preis an der Börse festgesetzt wurde. § 38 Abs. 2 WpHG aF ist zwar als Erfolgsdelikt ausgestaltet (Vogel, aaO § 38 Rn. 49; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40, 47; Kutzner, WM 2005, 1401, 1406). Der notwendige Einwirkungserfolg im Sinne der Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass nach den konkreten Geschäften zwischen dem Angeklagten und seinem Partner durch Dritte weitere Geschäfte getätigt wurden, bei denen die Preise kausal gerade auf dem durch die manipulativen Geschäfte hervorgerufenen Kursniveau beruhen. § 38 Abs. 2 WpHG aF bestimmt nicht, welchen aus der Vielzahl von Börsen - und Marktpreisen, die für ein Finanzinstrument erzielt werden, der Täter herbeiführen muss; vielmehr genügt die Einwirkung auf irgendeinen Börsenoder Marktpreis, demnach auch auf irgendeinen festgestellten Preis im laufenden Handel, der nicht notwendigerweise der Schlusskurs sein muss. Die Beeinflussung des weiteren Kursverlaufs nach einer bereits eingetretenen Beeinflussung ist ebenfalls nicht erforderlich (vgl. auch EuGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - C-445/09 IMC-Securities BV gegen Stichting Autoriteit Financiele Markten - BKR 2011, 422; Heusel/Schmidberger, BKR 2011, 425, 427; OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3669; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 54 f.; aA Kudlich, wistra 2011, 361, 363 f.; Nietsch XI § 38, WpHG 112 WuB).
25
b) Der Angeklagte handelte vorsätzlich; dies genügt für die subjektive Tatseite. Insbesondere setzt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nicht voraus, dass der Angeklagte mit einer Manipulationsabsicht oder aus anderen Motiven handelte. Der im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht, insbesondere bei effektiven Geschäften könne die Frage, ob von Handelsaktivitäten falsche oder irreführende Signale ausgehen, nicht ohne Blick auf die innere Willensrichtung der Beteiligten beantwortet und nur bei Bestehen einer Manipulationsabsicht bejaht werden (vgl. MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172 f.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, WpHG § 20a Rn. 25 [Stand: April 2012]; Eichelberger , Das Verbot der Marktmanipulation, 2006, S. 292; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht , 2. Aufl., Rn. 599), ist nicht zu folgen (vgl. Vogel, aaO § 20a Rn. 152; Fuchs/Fleischer, WpHG, 2009, § 20a Rn. 74). Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es - im Gegensatz zu der bis zum 29. Oktober 2004 geltenden Fassung - auf eine derartige Manipulationsabsicht nicht (mehr) an. Vielmehr hat der Gesetzgeber auf dieses Absichtsmerkmal mit dem Anlegerschutzverbes- sungsgesetz bewusst in Abkehr von der früheren Fassung des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG verzichtet (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 37). Dies entspricht auch der Intention der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (ABl. EU 2003 Nr. L 96 S. 16), die durch das Anlegerschutzverbessungsgesetz umgesetzt wurde (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 26). Nach der Begründung der Kommission stellt die Definition der "Marktmanipulation" auf das Verhalten der betreffenden Person und nicht auf ihren Vorsatz oder ihr Ziel ab (KOM[2001] 281 endgültig S. 6).
26
4. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
27
a) Ihr stehen nach den Feststellungen keine Ansprüche von Geschädigten entgegen (§ 73 Abs. 1 Satz 2, § 73a Satz 1 StGB). Wie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt (UA S. 19), haben Anleger aufgrund der Kursmanipulation keinen Schaden erlitten. Daher kann dahinstehen, ob überhaupt ein Anspruch von Anlegern auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen etwa nach § 826 BGB gegeben sein und eine Verfallsanordnung hindern könnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90, 101 f.; Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 254/09, NStZ 2010, 326; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 55).
28
b) Die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe des gesamten Betrages , den der Angeklagte durch den Verkauf der ersten 14.000 Aktien im Rahmen der ersten Tat erzielte, begegnet keinen Bedenken. Der Angeklagte hat aus der Tat diesen Verkaufserlös im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt.
29
Aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte , die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09, BGHR StGB § 73 Erlangtes 12). Nach Sinn und Zweck des Verfalls werden solche Vorteile erfasst, die der Teilnehmer oder Dritte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen und behalten dürfen soll, weil sie von der Rechtsordnung als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung bewertet werden. Der dem Verfall unterliegende Vorteil bestimmt sich danach, was letztlich strafbewehrt ist (vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 f.). Hat sich der Tatbeteiligte im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit - insbesondere dem Abschluss oder der Erfüllung eines Vertrages - strafbar gemacht, so ist demgemäß bei der Bestimmung dessen, was er aus der Tat erlangt hat, in den Blick zu nehmen, welchen geschäftlichen Vorgang die Vorschrift nach ihrem Zweck verhindern will; nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall (BGH, aaO, BGHSt 57, 79, 84 mwN).
30
Dies trifft für die hier gegebene Konstellation der Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF zu; denn danach ist das abgeschlossene Geschäft ausdrücklich verboten und der Kaufpreis als Erlös gerade unmittelbarer Zufluss aus dieser untersagten Transaktion. Die Situation bei verbotenerweise abgesprochenen Geschäften ist maßgebend dadurch gekennzeichnet, dass die Vertragspartner kollusiv zusammenwirken. Derartige Geschäfte sind nicht genehmigungsfähig; die § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF wollen sie vielmehr zum Schutz vor Preismanipulationen von Wertpapierkursen gerade als solche verhindern. Strafrechtlich bemakelt ist demnach nicht nur die Art und Weise der Ausführung des Geschäfts sondern dieses selbst, weil es den manipulierten Börsenpreis und damit den tatbestandlichen Erfolg herbeiführt.
31
Damit unterscheidet sich die hier vorliegende Fallkonstellation maßgeblich von solchen, bei denen nach der Rechtsprechung nicht die gesamte aus einem abgeschlossenen Geschäft erlangte Gegenleistung, sondern nur der durch das strafbewehrte Vorgehen erreichte Sondervorteil als erlangt zu bewerten ist. So gilt etwa bei verbotenen Insidergeschäften lediglich der realisierte Sondervorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern als erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884). Dort ist der Veräußerungsakt als solcher legal; bemakelt ist das Geschäft deshalb, weil der Insider aus seinem Sonderwissen keinen Sondervorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern ziehen soll (zum Unterschied von Marktmanipulation und Insiderhandel vgl. im Einzelnen etwa Lienenkämper, Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, 2012, S. 158). Auch in den Fällen korruptiv erlangter Auftragserteilungen ist im Gegensatz zur hiesigen Sachlage lediglich die Art und Weise bemakelt, wie der Auftrag erlangt wurde, nicht hingegen, dass er ausgeführt wurde. Dies rechtfertigt es, das Erlangte nach dem kalkulierten Gewinn und nicht nach dem vereinbarten Werklohn zu bemessen (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309 ff.). Bei nach dem Außenwirtschaftsgesetz verbotenen Ausfuhren kommt es schließlich darauf an, ob das dem Vorgang zugrunde liegende Geschäft genehmigungsfähig ist und genehmigt werden müsste (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 ff.). Ist dies der Fall, wird allein die Umgehung der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert ; erlangt sind dann nur die hierdurch ersparten Aufwendungen. Ist das Geschäft demgegenüber - gegebenenfalls auch nur nach dem Ermessen der zuständigen Behörde - nicht genehmigungsfähig, so ist es als solches bemakelt; dann kann - wie in der vorliegenden Konstellation - die gesamte Gegenleistung abgeschöpft werden.
32
c) Ein Absehen vom Verfall nach der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB hat das Landgericht geprüft und ohne Rechtsfehler abgelehnt.
Becker Schäfer Hubert Mayer Spaniol

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 478/04
vom
11. Januar 2005
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Mordes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
11. Januar 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
und Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Nebenkläger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 21. Juni 2004 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts Würzburg zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


I.

Der Angeklagte wurde vom Vorwurf freigesprochen, am 28./29. September 2001 die 51 Jahrealte H. Habgier aus ermordet zu haben. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger haben mit der Sachrüge Erfolg; die Beweiswürdigung ist nicht rechtsfehlerfrei. 1. Am frühen Abend des 28. September 2001 suchte Frau H. am Grenzübergang Hegyeshalom - Nickelsdorf eine Mitfahrgelegenheit; sie hatte
ihre Reisegruppe verlassen, da sie wegen ihres abgelaufenen Passes nicht von Österreich nach Ungarn einreisen durfte. Sie konnte im Pkw des Angeklagten mitfahren, der auf dem Weg in seinen Wohnort Sch. (Kreis Hof) war. Unterwegs tankte er an der Tankstelle Suben (Österreich) und kaufte dort auch Coca-Cola und drei Isolierbänder der (verbreiteten) Marke "Coroplast" : er bezahlte mit Karte. 2. Am 6. Oktober 2001 wurde die Leiche von Frau H. mit durchschnittener Kehle und anderen massiven Schnittverletzungen etwa 40 Kilometer von Sch. entfernt bei T. (Kreis Kulmbach) im Gebüsch gefunden. Sie war vollständig bekleidet, Spermaspuren gab es nicht. Es fehlten 300 bis 400 DM Bargeld, ein Koffer und einige andere Gegenstände. Im weiteren Verlauf ergab sich anhand des Madenbefalls der Leiche, daß sie spätestens seit dem Nachmittag des 29. Septembers 2001 (Tag nach ihrer Fahrt mit dem Angeklagten) am Fundort gelegen hatte. Wesentlich genauer ließ sich auch der Todeszeitpunkt nicht bestimmen. Im weiteren Verlauf wurde an der Leiche eine kleine Schnittwunde "an der Kleinfingerseite des rechten Unterarms in Höhe des Handgelenks" festgestellt, in der Partikel von "Coroplast"Isolierband waren. 3. Der Angeklagte wurde am 23. November 2001 durch Videoaufnahmen von der Grenze ermittelt und machte am 23. und 30. November 2001 nähere Angaben zur Sache. Er legte auch Unterlagen vor (z. B. sein Notizbuch, Kontounterlagen und Nachweise über Telefongespräche), gab einen Hinweis zu einem Ermittlungsansatz und schickte der Polizei bis zum 1. Dezember 2001 insgesamt dreimal ein Fax mit ergänzenden Ausführungen. Danach machte er keine Angaben mehr. Bereits am 23. November 2001 berichtete er von sich aus
- der Polizei konnte dies noch nicht bekannt sein - er habe in Suben getankt, dort auch Getränke gekauft und möglicherweise mit Karte bezahlt. Vom Kauf von Isolierbändern sagte er dabei nichts. Solange er Angaben machte, wurde er zu dem erst später in den Blickpunkt der Ermittlungen geratenen Thema Isolierbänder auch nicht befragt.
4. Die Strafkammer hält die "Isolierband-Erkenntnisse" zwar für gewichtig , gleichwohl könnten diese letztlich weder für sich noch in einer Gesamtschau mit allen sonstigen Erkenntnissen einen Zusammenhang des Angeklagten mit der Tat hinreichend belegen. Sie hat dazu unter anderem erwogen: Das Verschweigen des Kaufs sei bedeutungslos, weil es "möglich (sei), daß sich der Angeklagte am 23. November 2001 nicht ... erinnerte, diese Bänder gekauft zu haben, gegebenenfalls weil dies für ihn ein alltäglicher ... Vorgang war. Immerhin hat der Angeklagte durch seine Aussage die Beamten erst darauf gebracht ... nachzuprüfen ... (und) ... zu entdecken, daß ... Isolierband gekauft wurde". Es sei auch "nicht ausgeschlossen, daß Frau H. von dem Angeklagten eines oder mehrere der in Suben erworbenen Bänder überlassen erhielt , eventuell um etwas zu reparieren". Es fiele zwar auf, daß er bei der Polizei davon nichts gesagt habe; Isolierband habe bei seinen Vernehmungen aber noch keine Rolle gespielt.

II.

Kann der Tatrichter nicht die erforderliche Gewißheit gewinnen und spricht den Angeklagten daher frei, so hat das Revisionsgericht dies regelmäßig hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es kommt
nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn eine vom Tatrichter getroffene Feststellung "lebensfremd erscheinen" mag. Es gibt im Strafprozeß keinen Beweis des ersten Anscheins, der nicht auf der Gewißheit des Richters, sondern auf der Wahrscheinlichkeit eines Geschehensablaufs beruht. Demgegenüber ist eine Beweiswürdigung etwa dann rechtsfehlerhaft, wenn sie schon von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, z. B. hinsichtlich der generellen Bewertung von Aussageverhalten oder hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des Zweifelssatzes, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht erörtert oder nur eine von mehreren gleich nahe liegenden Möglichkeiten erörtert, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewißheit überspannte Anforderungen gestellt sind. Dies ist auch dann der Fall, wenn eine nach den Feststellungen naheliegende Schlußfolgerung nicht gezogen ist, ohne daß konkrete Gründe angeführt sind, die dieses Ergebnis stützen können. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 111/03 = NStZ-RR 2003, 371 ; BGH NStZ 2004, 35, 36 m. w. N.)

III.

An alledem gemessen, sind die genannten Erwägungen der Strafkammer insgesamt nicht rechtsfehlerfrei.
1. Zu Recht ist sie davon ausgegangen, daß das Aussageverhalten des Angeklagten hinsichtlich der Isolierbänder einer Beweiswürdigung zugänglich ist. Zwar dürfen aus unterschiedlichem Einlassungsverhalten bei mehreren Vernehmungen oder in verschiedenen Verfahrensabschnitten als solchem keine Schlüsse zum Nachteil des Angeklagten gezogen werden (st. Rspr. vgl. BGH NStZ 1999, 47 m. w. N.). Soweit sich der Angeklagte aber grundsätzlich zur Sache geäußert hat und nur zu bestimmten Punkten eines einheitlichen Geschehens keine Angaben gemacht hat, kann dies zu seinem Nachteil berücksichtigt werden (BGH aaO; Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 41 jew. m. w. N.). Dabei kommt es nicht darauf an, ob Fragen nicht beantwortet wurden oder ob der Vernommene, wie hier, von sich aus einen Vorgang schildert und dabei einen wesentlichen Punkt eines einheitlichen Geschehens nicht nennt (Schoreit aaO m. w. N.; vgl. auch BVerfG - Beschluß vom 29. November 2004 - 2 BvR 1034/02). 2. Die Frage, ob der Angeklagte den Kauf der Isolierbänder vergessen oder bewußt verschwiegen hat, betrifft eine "innere Tatsache", so daß im wesentlichen nur Rückschlüsse möglich sind (vgl. BGH NStZ 2003, 596 f. m. w. N.). Hiervon geht auch die Strafkammer aus, ihre Erwägungen sind aber unvollständig , weil sie möglicherweise bedeutsame Gesichtspunkte nicht erkennbar einbezieht:
a) Die Strafkammer stellt auf die Alltäglichkeit des Einkaufs von Isolierband in Verbindung mit dem Zeitablauf ab. Wenn ein Autofahrer auf einer längeren Fahrt beim Tanken auch Getränke kauft, ist dies aber nicht weniger alltäglich , als wenn er bei dieser Gelegenheit drei Rollen Isolierband kauft. Hinzu kommt, daß auch die übrigen Aussagen des Angeklagten sehr präzise und detailreich sind. So hat er etwa genau geschildert, wie ihm Frau H. berichtet
habe, daß sie sich an ihrem Koffer leicht verletzt ("geratscht") habe. Allerdings habe er selbst nicht bemerkt, daß sie geblutet habe, auch nicht als sie "Brot oder Brötchen" und "ein Stück Obst" aß und den Abfall in Papiertaschentücher wickelte. Ähnlich genau hat er am 23. November 2001 die Frage nach Körperkontakten mit FrauH. beantwortet. Sie habe ihm beim Aussteigen Geld für die Fahrt hingehalten, er habe dies aber abgelehnt und ihren Arm zurückgeschoben. In einem Fax an die Polizei vom 25. November 2001 hat er einen weiteren Körperkontakt - nicht ganz leicht verständlich - so geschildert: Er habe beim Aussteigen die Reisetasche von FrauH. mit aus dem Auto herausgereicht. Da die Tasche "verklemmt" gewesen sei, sei seine Hand abgerutscht und er habe sich deshalb an der Hand von Frau H. gekratzt. Die Strafkammer hätte daher das Schweigen hinsichtlich des Kaufs der Isolierbänder nicht mit Vergessen eines alltäglichen Vorgangs erklären dürfen, ohne sich damit auseinander zu setzen, daß der Angeklagte sowohl speziell zum Einkauf an der Tankstelle als auch sonst zur Fahrt eine Reihe - teilweise sehr alltäglicher - Details genau geschildert hat.
b) Unabhängig vom Aussageverhalten ist objektivierbar, ob für jemanden der Einkauf mehrerer Isolierbänder auf der Heimreise alltäglich ist. Die Urteilsgründe ergeben nicht, daß der Angeklagte häufig Isolierbänder brauchen oder kaufen würde. Der Hinweis, "gegebenenfalls" sei dies für ihn alltäglich, spricht vielmehr dagegen, daß sich diese Bewertung auf konkrete Anhaltspunkte stützt. Im übrigen bedeutet Schweigen des Angeklagten - unabhängig davon, ob daraus ansonsten Schlüsse gezogen werden dürfen (III 1) - nicht, daß zu seinen Gunsten von Annahmen auszugehen ist, für die es keine konkreten Anhaltspunkte gibt (vgl. Schoreit aaO Rdn. 40 m. w. N.).

c) Wieso Hypothesen zu Gang und Ergebnissen der Ermittlungen für den Fall, daß der Angeklagte seinen Aufenthalt in Suben nicht erwähnt hätte, den Schluß ermöglichen sollen, er hätte sich an den Kauf von Isolierband nicht erinnert, ist weder ausdrücklich dargelegt noch sonst klar erkennbar. Der Senat geht dem aber deshalb nicht näher nach, weil schon die Annahme, ohne den Angeklagten wäre der Kauf von Isolierband unbekannt geblieben, nicht rechtsfehlerfrei begründet ist. Der Angeklagte hatte als letzter das Opfer eines Kapitalverbrechens lebend gesehen und war mit ihm über Stunden Auto gefahren. Ermittlungen bei den Tankstellen an der Strecke liegen daher nicht fern. Sind bereits mehrere Wochen vergangen, ist die Überprüfung von Kartenzahlungen eine der wenigen Möglichkeiten, Hinweise dafür zu gewinnen, wer an der Tankstelle war. Es versteht sich nicht von selbst, daß die Polizei diese Ermittlungsansätze nicht ohnehin erkannt hätte. Daher hätte sich die Strafkammer mit beiden Möglichkeiten auseinandersetzen müssen, ehe sie von der ihrer Beweiswürdigung zugrundegelegten Auffassung ausgeht.
d) Auch für die Annahme, der Angeklagte, habe Frau H. möglicherweise Isolierband geschenkt, sind keine konkreten Anhaltspunkte erkennbar. Dies zeigt schon die Annahme, der Angeklagte habe ihr "eventuell" deshalb Isolierband geschenkt, damit sie "etwas" reparieren kann. Die Überlegungen der Strafkammer zu dem Grund, warum der Angeklagte davon nichts erzählt haben könnte, sind unvollständig. Ausführungen zu einer etwaigen Übergabe von Isolierband wären zwar nicht im Zusammenhang mit dem bis dahin nicht angesprochenen Thema "Isolierband" zu erwarten gewesen, wohl aber im Zusammenhang mit der Frage nach "Körperkontakten". Der Angeklagte hat sehr genaue Angaben zu - flüchtigen - Körperkontakten mit Frau H. gemacht , die er sogar noch mit einem Fax ergänzt hat (vgl. oben III 2 a). Einen
entsprechenden Körperkontakt bei der Übergabe von Isolierband hat er dagegen nicht erwähnt.
3. Im Kern sieht die Strafkammer nach alledem unter zum Teil auch lükkenhafter Würdigung des Aussageverhaltens des Angeklagten nicht unerhebliche konkrete Verdachtsmomente wegen nur denktheoretischer Möglichkeiten als entkräftet an. Dies führt zur Aufhebung des Urteils, ohne daß es auf weiteres noch ankäme.

IV.

Der Senat sieht jedoch Anlaß zu folgenden Hinweisen: 1. Die Strafkammer hat geprüft, ob der Angeklagte gegen Mitternacht zu Hause war, weil er vorher kaum Zeit gehabt hätte, Frau H. zu töten und nach T. zu bringen. Die Möglichkeit, daß er gegen Mitternacht zu Hause war, und dies erst anschließend getan hätte, sei praktisch ausgeschlossen. Es fehlten konkrete Anhaltspunkte dafür, daß er sie "über ... Regensburg hinaus transportierte". Es gibt jedoch außer den Angaben des Angeklagten auch keine Anhaltspunkte für ein Ende der Fahrt am Autohof Regensburg. Angaben des Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, können den Feststellungen nicht ohne weiteres als unwiderlegt zu Grunde gelegt werden, sondern ihre Richtigkeit muß erst anhand des übrigen Beweisergebnisses überprüft werden (vgl. Schoreit aaO Rdn. 28 m. w. N.).
2. Die danach bisher nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossene Möglichkeit, daß der Angeklagte der Täter war, obwohl er um gegen Mitternacht in Sch. wirkt war, sich auf die mögliche Bedeutung weiter Teile des Beweisergebnisses aus: Die Familie des Angeklagten - Frau und Kinder - war in dieser Nacht bei seiner Schwiegermutter in München. Hätte er dies zuvor gewußt, käme es weder darauf an, ob er um Mitternacht in Sch. war, noch darauf, ob die Ehefrau gegen Mitternacht in Sch. angerufen und mit ihm gesprochen hat (a). Hätte er vom Aufenthalt in München nichts gewußt, könnte es etwas bedeutsamer sein, ob er in der fraglichen Zeit zu Hause war. Hätte er nämlich erwartet, daß seine Frau zu Hause wäre, wäre es aus seiner Sicht möglicherweise schwieriger gewesen, sich wieder zu entfernen. Daher könnte es ihn mittelbar entlasten, wenn er gegen Mitternacht zu Hause gewesen wäre. Nur dann könnte das genannte Telefongespräch als Beleg für seine Anwesenheit in Sch. überhaupt Bedeutung gewinnen (b).
a) Die Strafkammer folgt ohne weiteres den Angaben der Schwiegermutter , der Angeklagte hätte nicht gewußt, daß seine Familie in München war. Dies ist rechtsfehlerhaft, weil die Strafkammer andere Angaben der Schwiegermutter für unstimmig und daher unglaubhaft hält. Wird einem Zeugen nur teilweise geglaubt, bedarf dies einer eingehenden Begründung (BGH NStZ-RR 2003, 332 f. m. w. N.), die bisher fehlt. Sonstige Erkenntnisse, die ohne nähere Begründung klar belegten, daß der Angeklagte von der Abwesenheit seiner Familie überrascht wurde, liegen ebenfalls nicht vor:
Bei seiner ersten Vernehmung hat er angegeben, er wisse nicht, ob seine Frau da war, als er nach Hause kam. Das spricht nicht dafür, daß ihre Abwesenheit für ihn überraschend (und daher einprägsam) war. Der Angeklagte hat in diesem Zusammenhang seinen Notizkalender vorgelegt, in dem unter dem 28. September 2001 "Ki-Mün" steht, ist, was "Kinder" oder "Kirsten" - Vorname der Ehefrau - "in München" heißen soll. Wäre der Eintrag vor dem 28. September 2001 erfolgt, belegte er, daß der Angeklagte an diesem Tag wußte, daß sie nicht zu Hause war. Ein nachträglicher Eintrag belegte zwar nicht, daß der Angeklagte am 28. September 2001 nicht Bescheid wußte, der Eintrag wäre mit dieser Annahme aber immerhin vereinbar. Ein Anruf der Ehefrau - über dessen Inhalt außer den Aussagen der Schwiegermutter nichts bekannt ist - würde über Kenntnis oder Unkenntnis des Angeklagten nichts aussagen. So überrascht von der Abwesenheit seiner Familie , daß er selbst auf dem Handy der Ehefrau angerufen hätte, war der Angeklagte jedenfalls nicht.
b) Es gibt nur folgende, vom Angeklagten am 1. Dezember 2001 vorgelegte objektive Belege für möglicherweise relevante Anrufe aus München: vom Festnetzanschluß der Schwiegermutter bestand zunächst um 23.24 Uhr für 28 Sekunden eine Verbindung mit dem Festnetzanschluß in Sch. , die zweite Verbindung bestand von dort 2 Minuten später für 8 Sekunden mit dem Handy des Angeklagten. Die Behauptung der Schwiegermutter, die Tochter habe vom Festnetz ein kurzes und kurz darauf von ihrem Handy aus ein langes Gespräch mit dem in Sch. aufenthältlichen Angeklagten geführt , ist damit unvereinbar. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte hätte zwar keine zwei Gespräche geführt, von einem Gespräch sei zu seinen
Gunsten aber auszugehen, hat jedenfalls in der Aussage der Schwiegermutter keine tragfähige Grundlage. Möglicherweise hängt diese Annahme auch mit einem polizeilichen Versäumnis zusammen, das die Strafkammer bei ohnehin schwieriger Beweislage noch in ihre Überlegungen einzubeziehen hatte: Der Angeklagte hatte in einem Fax vom 23. November 2001 eine Telefonnummer der Telefongesellschaft mitgeteilt, unter der das Telefongespräch vom Handy seiner Frau mit Sch. bestätigt werden könnte. Eine Bestätigung war jedoch nicht möglich. Unter der Nummer erhielt die Polizei die Auskunft, eine solche Verbindung könne weder bestätigt noch verneint werden; da die Ehefrau ein Handy mit einer prepaid Karte hätte, gäbe es keine Unterlagen. Damit hat sich die Polizei begnügt. Damals hätte aber vielleicht noch die - inzwischen wegen Zeitablaufs ausgeschlossene - Möglichkeit bestanden, die Behauptung über dieses Gespräch zu überprüfen, z. B. durch die "Beschlagnahme von elektronisch gespeicherten Aufzeichnungen". Dieses polizeiliche Versäumnis ändert jedoch nichts daran, daß der Zweifelssatz nicht isoliert auf ein einzelnes Indiz angewendet werden kann (vgl. BGHSt 35, 308, 316; Schoreit aaO Rdn. 65 jew. m. w. N.). Sollte es auf dieses Telefongespräch ankommen, wird jedoch zu erwägen sein, daß sich der Angeklagte mit dieser Angabe der Gefahr ausgesetzt haben kann, einer falschen Aussage überführt zu werden. Dies setzte aber voraus, daß er der Polizei eine Nummer gefaxt hätte, ohne zuvor zu überprüfen, was man dort für Auskünfte bekommt (die dort erteilte Auskunft hat seine Behauptung nicht widerlegt) und er außerdem die Möglichkeiten sonstiger polizeilicher Ermittlungen klarer als die Polizei selbst beurteilt hätte. Es kann auch eine Rolle spielen, daß der Angeklagte zwar zunächst am 23. November 2001 sich auf ein Gespräch vom Handy seiner Frau aus berufen hat, er am 1. Dezember 2001 dann aber ohne erkennbare Erläuterung und daher
zember 2001 dann aber ohne erkennbare Erläuterung und daher eher verwirrend Belege für Anrufe vom Festnetz aus vorgelegt hat. 3. Im Pkw des Angeklagten wurden eine Reihe von DNA-Spuren sichergestellt , mehrere stammen von Frau H. . So war etwa eine Spur, von der anzunehmen sei, daß es sich um ihr Blut handele, an der Innenseite der Fahrertür. Die Strafkammer erwägt, daß Frau H. , vom Angeklagten unbemerkt , (vgl. oben III 2 a), aus der Nase geblutet haben könnte, und dieses Blut dann mit einem feuchten Tuch an die Fahrertür gewischt worden sein kann. Es ist (auch hier) zumindest nicht klar erkennbar, warum es sich dabei um mehr als eine nur theoretische Erwägung handeln könnte. Im übrigen gehen zwar die jeweils sehr geringen Mengen von Blut von Frau H. die , dieser und den übrigen im Innenraum und an der Beifahrertür gesicherten Spuren zugrunde liegen und die darüber hinaus in Papiertaschentüchern in der Handtasche von Frau H. festgestellt worden sind, nicht auf die Tötung von Frau H. zurück, weil dabei sehr viel mehr Blut geflossen sein muß. Sie könnten aber immerhin darauf hinweisen, daß es in dem Pkw zu Geschehen gekommen ist, das mit der Schilderung des Angeklagten von einem insgesamt völlig harmlosen Vorgang - FrauH. ist eingestiegen, mitgefahren und wieder ausgestiegen - schwerlich vereinbar erscheint. 4. Weil Bargeld und einige sonstige Gegenstände von Frau H. - fehlten, geht die Strafkammer, ersichtlich am Anklagevorwurf orientiert, von Raubmord aus. Auch dies spräche angesichts der deutlich überdurchschnittlichen Vermögensverhältnisse des Angeklagten (er hatte zeitweise ein Jahreseinkommen von über 500.000 DM und betrieb zuletzt ein Call-Center in Ungarn ) gegen seine Täterschaft. Es sei angesichts der Gesamtumstände ohne weiteres erkennbar gewesen, daß sie nicht sehr viel Geld oder besondere
Wertgegenstände bei sich gehabt hätte. Auch gegen diese Erwägung bestehen Bedenken. Unabhängig davon, ob die kleine Schnittwunde im Bereich des Handgelenks, in der sich Isolierbandpartikel befanden, Rückschlüsse auf die Person des Täters zuläßt, spricht sie jedenfalls dagegen, daß es dem Täter allein um materielle Bereicherung ging. Es wäre daher die Möglichkeit zu erörtern gewesen, ob durch die Wegnahme des Geldes und der übrigen Gegenstände eine falsche Spur gelegt werden sollte.

V.

Der Senat hat entsprechend dem in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Generalbundesanwalts die Sache an ein anderes Landgericht zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO, 2. Alternative). Nack Wahl Hebenstreit Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 0 6 / 1 3
vom
4. Dezember 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________
WpHG § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
MaKonV § 4 Abs. 3 Nr. 2
1. Beim Straftatbestand des § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1
Satz 1 Nr. 3, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV handelt es sich um ein Jedermannsdelikt
, für das die allgemeinen Regeln zu Täterschaft und Teilnahme gelten.
2. Die Strafbarkeit nach diesen Vorschriften setzt nicht voraus, dass der Täter
mit mehr als fünf Prozent an der betroffenen Gesellschaft beteiligt ist.
BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2013 - 1 StR 106/13 - LG Stuttgart
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen verbotener Marktmanipulation
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Dezember 2013 beschlossen
:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 12. Oktober 2012 hinsichtlich der Feststellungen
nach § 111i Abs. 2 StPO aufgehoben (Ziffer II. des
Tenors); diese Feststellungen entfallen (§ 349 Abs. 4 StPO).
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten gegen das
vorbezeichnete Urteil werden verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen verbotener Marktmanipulation verurteilt und gegen den Angeklagten M. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten sowie gegen die Angeklagten E. und O. jeweils Freiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten bzw. einem Jahr und zehn Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verhängt. Zudem hat es festgestellt, dass hinsichtlich des Angeklagten M. wegen eines Geldbetrages von 25.660.856,02 Euro, hinsichtlich des Angeklagten E. wegen eines Geldbetrages von 549.294,01 Euro sowie hinsichtlich des Angeklagten O. wegen eines Geldbetrages von 3.540.491,06 Euro nur deshalb nicht auf Wertersatzverfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen sind sie unbegründet.

I.


3
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Der Angeklagte M. brachte sich Anfang des Jahres 2006 in den fast vollständigen Besitz der Freihandelsaktien der D. Inc. (im Folgenden : D. ), einer Gesellschaft zur Entdeckung und Förderung von Rohstoffen. Gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten G. entschloss sich der Angeklagte M. , den Börsenpreis der Aktie D. durch massive Empfehlungen - unter Verschweigen der eigenen Aktienbestände und den darin liegenden Interessenkonflikten - zu steigern, um die eigenen Aktien mit Gewinn verkaufen zu können. Der Angeklagte M. übertrug etwa die Hälfte des Aktienbestandes auf G. , der die Vermarktung der Aktie übernehmen sollte. Der gesondert Verfolgte G. „sollte auf sein Netzwerk von vermeintlichen Börsenjournalisten zurückgreifen und diese in Form aufeinander abgestimmter gemeinsamer Vorgehensweise im Einzelnen dirigieren“. Deswegen nahm der Angeklagte M. zumindest billigend in Kauf, dass G. sich zur Umsetzung des Plans der Hilfe weiterer Personen bediente.
5
Im Zeitraum vom 15. Mai 2006 bis 15. Juni 2006 ließen der Angeklagte M. und der gesondert Verfolgte G. die Aktie in zahlreichen Medien nachhaltig zum Kauf empfehlen, wobei die Kapitalanlage u.a. wegen der Beteiligung eines bekannten Geologen sowie eines von diesem eingebrachten Explorationsprojekts als lukrative Investition dargestellt wurde. Regelmäßig wurden Empfehlungen mittels konkreten Kaufpreislimits ausgesprochen. Ein operatives Geschäft betrieb die Gesellschaft nicht.
6
An der Vermarktungskampagne beteiligten sich in Absprache mit G. und in Kenntnis von dessen Empfehlungen auch die Angeklagten E. und O. . E. erhielt im Mai 2006 von G. 100.000 D. Aktien und veröffentlichte im Gegenzug am 15. Mai 2006 als „Initialzündung“ eine Empfehlung der Aktie im Nachrichtenmagazin FOCUS sowie in der Folgezeit weitere Empfehlungen in den von ihm herausgegebenen Börsenbriefen „Blue Sky Level“ und „Commodity Stock Investor“. O. erhielt - vermittelt durch G. - im April 2006 mehr als eine Million D. Aktien außerbörslich zu einem deutlich unter dem Börsenkurs liegenden Kaufpreis, veröffentlichte im Gegenzug ab dem 22. Mai 2006 Empfehlungen in seinem Börsenbrief „Rohstoffraketen“ und bewarb die Aktie im Rahmen eines Anlegerseminars. Teilwei- se wurden die Empfehlungen engmaschig mit dem gesondert Verfolgten G. abgestimmt. Dieser empfahl die Aktie in seinem Börsenbrief „bullVes- tor“, warb weitere Verfasser von Börsenbriefen für Empfehlungen gegen Entgelt an und organisierte Werbeanzeigen in überregionalen Printmedien. In keiner der Veröffentlichungen wurden die Aktienbestände der Angeklagten offengelegt ; Disclaimer bzw. Warnhinweise in den per Email versandten Börsenbriefen oder auf den betreffenden Homepages enthielten lediglich pauschale Hinweise darauf, dass Herausgeber und Mitarbeiter Positionen der in den Veröffentlichungen besprochenen Wertpapieren halten können.
7
Nachdem die Aktie D. nach ihrer erstmaligen Börsennotierung am 24. Februar 2006 nahezu umsatzlos blieb, steigerte sich der Börsenpreis der D. Aktien aufgrund der Veröffentlichungen von 2,10 Euro im Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung am 15. Mai 2006 auf 18,10 Euro am 15. Juni 2006. Nach Abschluss der Vermarktungskampagne fiel der Aktienkurs wieder ab; am 30. Juni 2006 betrug er noch 2,92 Euro. Im Laufe der Jahre 2006 und 2007 gingen Umsatz und Kurs nach und nach vollends zurück, bis dieAktie D. wieder ohne nennenswertes Handelsvolumen war und der Kurs gegen Null tendierte. Die Angeklagten nutzen die Kurssteigerungen zum gewinnbringenden Verkauf der Aktien aus. Insgesamt erzielten der Angeklagte M. 25.660.856,02 Euro, der Angeklagte E. 549.294,01 Euro und der Angeklagte O. 3.540.491,06 Euro aus dem Verkauf der Aktien, wobei die Verkäufe zum Teil erst nach dem Abschluss der Vermarktungskampagne erfolgten.
8
2. Das Landgericht hat das Geschehen als von den Angeklagten gemeinschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) begangene verbotene Marktmanipulation in Form des sog. „scalping“ gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV, jeweils in der zur Tatzeit geltenden Fassung, gewertet.

II.


9
Der Verurteilung der Angeklagten steht kein Verfahrenshindernis entgegen.
10
1. Die Verfolgung der den Angeklagten zur Last gelegten verbotenen Marktmanipulation ist nicht verjährt. Die sechsmonatige presserechtliche Verjährungsfrist gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 PresseG BW (zur Bestimmung des anzuwendenden Landesrechts vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 1994 - 3 StR 221/94, NJW 1995, 893) greift nicht. Die Vorschrift bezieht sich auf die Strafverfolgung von Vergehen und Verbrechen, die durch Veröffentlichung oder Verbreitung von Druckwerken strafbaren Inhalts begangen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 - 1 StR 187/04, wistra 2004, 339; BGH, Urteil vom 21. Dezember 1994 - 2 StR 628/94, BGHSt 40, 385). Ein solches Presseinhaltsdelikt liegt hier entgegen der Auffassung der Revision nicht vor. Zwar erfolgten die sonstigen Täuschungshandlungen i.S.v. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG jedenfalls zum Teil durch Veröffentlichung von Empfehlungen in Druckwerken i.S.v. § 7 PresseG BW. Durch die Veröffentlichungen allein sind jedoch noch nicht alle Merkmale des Straftatbestands erfüllt. Es bedarf über die sonstige Täuschungshandlung hinaus noch einer Einwirkung auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments (§ 38 Abs. 2 WpHG).
11
2. Der Grundsatz der Spezialität steht der strafrechtlichen Verfolgung des Angeklagten M. wegen verbotener Marktmanipulation nicht entgegen.
12
a) Die Revision macht geltend, die Auslieferung des AngeklagtenM. aus Österreich sei jedenfalls auch wegen des Vorwurfs des Betruges erfolgt. Eine Verurteilung ausschließlich wegen verbotener Marktmanipulation sei mit dem Spezialitätsgrundsatz nicht vereinbar. Bei diesem Tatbestand handele es sich nach österreichischem Recht lediglich um eine Verwaltungsübertretung, die allein eine Auslieferung mangels beiderseitiger Strafbarkeit nicht hätte stützen können.
13

b) Der Spezialitätsgrundsatz ist nicht verletzt. Der Angeklagte M. wurde nicht wegen einer „anderen Tat“ verurteilt, als derjenigen, die der Übergabe zugrunde lag (§ 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG).
14
Der dem Spezialitätsgrundsatz zugrunde liegende Tatbegriff umfasst den gesamten mitgeteilten Lebenssachverhalt, innerhalb dessen der Verfolgte einen oder mehrere Straftatbestände erfüllt haben soll (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, BGHR IRG § 83h Abs. 1 Nr. 1 Spezialitätsgrundsatz 2 mwN). Der Begriff der „anderen Tat“ i.S.d. § 83h Abs. 1 Nr. 1 IRG knüpft allein an die Beschreibung der Straftat in der Auslieferungs- bewilligung, diese wiederum an den Europäischen Haftbefehl an. Eine „andere Tat“ liegt nicht vor, wenn sich die Angaben im Europäischen Haftbefehl und diejenigen im späteren Urteil hinreichend entsprechen (BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09, BGHR IRG § 83h Abs. 1 Nr. 1 Spezialitätsgrundsatz 2; EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2008 - Rechtssache C-388/08, NStZ 2010, 35). Das ist hier der Fall.
15
Der der Verurteilung zugrunde liegende Lebenssachverhalt entspricht dem Lebenssachverhalt, der dem ersuchten Staat im ausschließlich auf den Vorwurf der verbotenen Marktmanipulation gestützten Europäischen Haftbefehl vom 16. Februar 2011 mitgeteilt wurde. Diesen Lebenssachverhalt haben sowohl das Landesgericht Korneuburg im Beschluss vom 9. Juni 2011 („Gegen die im bezughabenden Europäischen Haftbefehl geschilderte Sachverhaltsund Verdachtslage liegen keine Bedenken vor, so dass davon auszugehen ist.“) als auch im Beschwerdeverfahren das Oberlandesgericht Wien im Beschluss vom 26. Juli 2011 („Nach demgenannten Europäischen Haftbefehl ist M. verdächtig, …“; „Dabei ist von dem im Europäischen Haftbefehl angeführ- ten Sachverhalt auszugehen ...“) ihren Entscheidungen zugrunde gelegt.
16
Der Umstand, dass der ersuchte Staat die dem Angeklagten M. zur Last gelegte Tat unter Berücksichtigung der von der Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 12. Mai 2011 mitgeteilten - dem damaligen Ermittlungsstand entsprechenden - Verdachtslage als „gewerbsmäßig schweren Betrug nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB“ gewürdigt hat, lässt die Identität der Tat unberührt. Von der Möglichkeit, die Auslieferung von einer Bedingung abhängig zu machen (vgl. § 72 IRG), hat Österreich keinen Gebrauch gemacht. Allein aus dem Hinweis auf die Geltung des Spezialitätsgrundsatzes ergibt sich nicht, dass die Auslieferung nur unter der Bedingung bewilligt sein soll, dass eine Verurteilung des Angeklagten M. wegen Betruges erfolgt. Dementsprechend kann auf sich beruhen, ob die Urteilsfeststellungen nicht auch hinreichende Anhaltspunkte für die Feststellung eines Betruges ergeben.

III.


17
Die von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen decken keine den Bestand des Urteils gefährdenden Rechtsfehler auf. Sie bleiben aus den in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts zutreffend dargelegten Gründen ohne Erfolg.

IV.


18
Die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die Feststellungen belegen eine verbotene Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV in der zur Tatzeit gültigen Fassung, für die seitdem Unrechtskontinuität besteht.
19
Der Senat erachtet - trotz der verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Zweifel (Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 23, 24; Kutzner , WM 2005, 1401; Moosmayer, wistra 2002, 161; Sorgenfrei in Park-Kapitalmarktstrafrecht , 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 61 ff., 214; Schömann, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG S. 132 f.) - die die Strafbarkeit begründenden Regelungen für verfassungsgemäß (ebenso Fleischer in Fuchs, WpHG, § 20a Rn. 72; Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., vor § 20a Rn. 26 ff., 30; Mock in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Rn. 94 ff.). Wie auch bei der Vorgängervorschrift des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.), die mit Ausnahme der Manipulationsabsicht dem geltenden § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG entspricht, besteht kein Anlass zu Zweifeln an der Verfassungsgemäßheit.
20
Der näheren Erörterung bedürfen darüber hinaus lediglich folgende Gesichtspunkte :
21
1. Die Veröffentlichungen der Kaufempfehlungen für die D. Aktie durch die Angeklagten E. und O. sowie den gesondert Verfolgten G. im Nachrichtenmagazin FOCUS, in den Börsenbriefen sowie in verschiedenen überregionalen Printmedien stellen sonstige Täuschungshandlungen dar, die geeignet waren, auf den inländischen Börsenpreis eines Finanzinstruments einzuwirken (§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG).
22
Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 der auf Grundlage von § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WpHG erlassenen Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV) sind sonstige Täuschungshandlungen in diesem Sinne insbesondere auch „die Nutzung eines gelegentlichen oder regelmäßigen Zugangs zu traditionellen oder elektronischen Medien durch Kundgabe einer Stellungnahme oder eines Gerüchts zu einem Finanzinstrument oder dessen Emittenten, nachdem Positionen über dieses Finanzinstrument eingegangen worden sind, ohne dass dieser Interessenkonflikt zugleich mit der Kundgabe in angemessener und wirksamer Weise offenbart wird“. Diese Regelung setzt Art. 1 Nr. 2 Buchst. c. 3. Spiegelstrich der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation - Marktmissbrauchsrichtlinie - (ABl. L 96 vom 12. April 2003 S. 16) in deutsches Recht um (vgl. BR-Drucks. 18/05 S. 17).
23
a) Die drei Angeklagten und der gesondert Verfolgte G. haben vor Veröffentlichung der Kaufempfehlungen in erheblichem Umfang D. Aktien erworben. Sie haben sodann jeweils Stellungnahmen zu D. veröffentlicht , ohne auf den Interessenkonflikt hinzuweisen, der durch das Innehaben eigener Aktien an D. begründet worden ist.
24
aa) Die Angeklagten O. und E. sowie der gesondert Verfolgte G. haben die daraus resultierenden Interessenkonflikte nicht in angemessener und wirksamer Weise zugleich mit den von ihnen veröffentlichten Kaufempfehlungen offengelegt.
25
bb) Dem Angeklagten M. , der selbst keine Empfehlungen zur Aktie D. abgegeben hat, waren diese veröffentlichten Kaufempfehlungen nach den Grundsätzen der Mittäterschaft zuzurechnen (§ 25 Abs. 2 StGB).
26
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Revision des Angeklagten M. , bei der verbotenen Marktmanipulation nach § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV handele es sich um ein Sonderdelikt, so dass tauglicher Täter nur sein könne, wer sich selbst bei Kundgabe der Empfehlung aufgrund eigener Positionen an dem empfohlenen Finanzinstrument in einem Interessenkonflikt befinde. Vielmehr handelt es sich um ein Jedermannsdelikt, für das die allgemeinen Regeln zu Täterschaft und Teilnahme gelten. Eine Einschränkung des Täterkreises entspricht weder dem Wortlaut noch dem Schutzzweck der Norm.
27
(1) Der Straftatbestand des § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ist als Allgemein- bzw. Jedermannsdelikt formuliert („wer…, wird bestraft“) und enthält keine Beschränkung auf eine bestimmte Tätergruppe. Gleiches gilt für die Verbotsnorm des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, die sich ebenfalls an jedermann und nicht an eine bestimmte Personengruppe richtet. Auch der Wortlaut des § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV („Kundgabe … nachdem Positionen … eingegangen worden sind, ohne dass dieser Interessenkonflikt … offenbart wird“), der- ohne strafbarkeitsbegründende Wirkung (zur KuMaKV vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383) - die Tatbe- standsalternative der „sonstigen Täuschungshandlung“ konkretisiert, enthält keine Einschränkung dahin, in welcher Person der Interessenkonflikt eingetreten sein muss (OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664).
28
(2) Das Verbot der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, das jede Täuschung verbietet, die geeignet ist, auf den inländischen Börsenpreis eines Finanzinstruments einzuwirken, begründet bei der Abgabe von Kaufempfehlungen eine Pflicht zur Offenlegung von aufgrund eingegangener Positionen (vgl. Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 36) am empfohlenen Finanzinstrument bestehenden Interessenkonflikten. Ein zur Einwirkung auf den Börsenpreis geeigneter Interessenkonflikt besteht über den Fall, dass der Empfehlende selbst eigene Positionen des empfohlenen Finanzinstruments hält (Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 36; BR-Drucks. 18/05 S. 17), hinaus in gleicher Weise, wenn mehrere Personen - Positionshalter einerseits, Empfehlender andererseits - gemeinschaftlich zusammenwirken (vgl. OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664). Bei einer Beschränkung des Täterkreises auf Personen, die bei Kundgabe der Empfehlung eigene Positionen des betreffenden Finanzinstruments halten, würde weder die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung und damit die Funktionsfähigkeit der geregelten Kapitalmärkte noch das Vermögen der Anleger hinreichend geschützt, mithin der Schutzzweck der Norm leerlaufen (zum Schutzzweck von § 20a WpHG vgl. Übersicht zum Meinungsstand bei Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 26 ff.; Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 2 ff.). Denn das Verbot des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG i.V.m. § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV ließe sich dann durch eine arbeitsteilige Vorgehensweise umgehen (OLG München, Beschluss vom 3. März 2011 - 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664).
29
(3) Damit finden die allgemeinen Regeln über Täterschaft und Teilnahme Anwendung (Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 151; Waßmer in Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 67; vgl. auch Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 54). Handeln - wie hier - mehrere Personen gemeinschaftlich , reicht es daher aus, wenn eine von ihnen Positionen an dem Finanzinstrument hält und eine andere unter Nutzung eines Medienzugangs eine Stellungnahme oder ein Gerücht zu diesem Finanzinstrument abgibt bzw. äußert , ohne den bestehenden Interessenkonflikt zugleich in angemessener und wirksamer Weise offenzulegen. Dass das Landgericht den Angeklagten M.
als Mittäter gemäß § 25 Abs. 2 StGB angesehen hat, ist im Hinblick auf seine maßgebliche Beteiligung an der Planung, die Schaffung und Steuerung der Voraussetzungen zur Umsetzung dieser Planung, nämlich sich in den Besitz fast sämtlicher Freihandelsaktien zu bringen und diese sodann etwa zur Hälfte zu manipulativen Vermarktungszwecken an G. zu übertragen, sowie sein angesichts der immer noch gehaltenen eigenen Aktienbestände erhebliches Eigeninteresse revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
30
b) Die durch § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG strafbewehrte Pflicht zur Offenlegung der eingegangenen Position an der D. Aktie entfällt auch nicht im Hinblick auf die Wertung des § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 der auf der Grundlage von § 34b Abs. 8 WpHG erlassenen Verordnung über die Analyse von Finanzinstrumenten (FinAnV).
31
Danach darf eine Finanzanalyse nur weitergegeben oder öffentlich verbreitet werden, wenn unter anderem Umstände und Beziehungen, die bei den Erstellern, den für die Erstellung verantwortlichen juristischen Personen oder mit diesen verbundenen Unternehmen Interessenkonflikte begründen können, zusammen mit der Finanzanalyse offengelegt werden. Offenlegungspflichtige Informationen über Interessenkonflikte liegen insbesondere vor, wenn wesentliche Beteiligungen zwischen den vorbezeichneten Personen und Unternehmen bzw. den für diese tätigen und an der Erstellung der Finanzanalyse mitwirkenden Personen und Unternehmen und den Emittenten, die selbst oder deren Finanzinstrumente Gegenstand der Finanzanalyse sind, bestehen. Als wesentlich gilt dabei gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 FinAnV eine Beteiligung in Höhe von mehr als fünf Prozent des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft. Diese Regelungen setzen Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/125/EG der Kommis- sion vom 22. Dezember 2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten (ABl. L 339 vom 24. Dezember 2003 S. 73) in deutsches Recht um.
32
aa) Die Revisionen machen geltend, bei Finanzanalysten - und um solche handele es sich bei den Angeklagten E. und O. - sei für die Frage, ob bei einer Beteiligung an dem betreffenden Finanzinstrument ein offenzulegender Interessenkonflikt vorliege, die Regelung des § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 FinAnV als lex specialis maßgeblich. Da die Angeklagten E. und O. jeweils für sich genommen zu keinem Zeitpunkt mehr als fünf Prozent des Grundkapitals der D. hielten, seien sie zu einer Offenlegung der eigenen Positionen bei Empfehlung der Aktie nicht verpflichtet gewesen.
33
bb) Dem folgt der Senat nicht. Es kann offen bleiben, ob es sich bei den durch die Angeklagten O. und E. veröffentlichten Kaufempfehlungen um Finanzanalysen i.S.v. § 34b Abs. 1 Satz 1 WpHG handelt. Gleiches gilt für die Frage, ob bei gemeinschaftlichem Handeln mehrerer Personen für die Bestimmung der Beteiligungsquote die Beteiligungen der Mittäter zusammenzurechnen wären, was freilich angesichts von Sinn und Zweck der Vorschrift des § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Nr. 3 WpHG und den Grundsätzen mittäterschaftlicher Begehungsweise nahe liegt. Darauf kommt es aber nicht an, da es einer solchen Beteiligungsquote nicht bedarf.
34
Denn jedenfalls ergibt sich aus § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG für Finanzanalysten keine Privilegierung im Hinblick auf die Strafbarkeit wegen verbotener Marktmanipulation. Entgegen einer im Schrifttum, freilich ohne nähere Begründung, vertretenen Auffassung (vgl. Sorgenfrei in Park, Kapitalmarktstraf- recht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 213; Fleischer in Fuchs, WpHG, § 20a Rn. 67; Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 38; Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 234) wird die Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG auch für Finanzanalysten nicht durch den an die fünfprozentige Beteiligungsquote geknüpften Offenlegungsmaßstab gemäß § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 FinAnV limitiert. Denn die die Strafbarkeit gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG betreffenden Regelungen enthalten spezielle und gegenüber denjenigen für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5), § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 5 FinAnV selbständig zu beurteilende Voraussetzungen.
35
(1) Nach dem Wortlaut von § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG und § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV, der die Tatbestandsvariante der sonstigen Täuschungshandlung im Sinne der Strafnorm des § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG konkretisiert, liegt bei fehlender Offenlegung von über das Finanzinstrument eingegangenen Positionen zugleich mit der Kundgabe der Stellungnahme in angemessener und wirksamer Weise stets - unabhängig vom Umfang der Positionen - eine sonstige Täuschungshandlung vor. Es ist ausweislich der Materialien auch nicht ersichtlich, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber die Möglichkeit einer Ausnahme für den Fall, dass es sich bei der Stellungnahme um eine Finanzanalyse handelt, erwogen hätte (vgl. nur BT-Drucks. 14/8017, BT-Drucks. 14/8601, BT-Drucks. 15/3174, BT-Drucks. 16/4028 zu § 34b WpHG; Entwurf des Bundesministeriums der Finanzen mit Begründung, abgedruckt in ZBB 2004, 422 zu § 5 FinAnV; BT-Drucks. 14/8017, BT-Drucks. 15/3174 zu § 20a WpHG; BR-Drucks. 18/05 zur MaKonV).
36
(2) Sonstige Gründe, die für eine solche Ausnahme im Sinne einer Privilegierung des Finanzanalysten als des typischen Normadressaten der Strafnorm des § 38 Abs. 2 WpHG sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Sie würde auch den Belangen der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung und damit der Funktionsfähigkeit der geregelten Kapitalmärkte sowie dem Schutz des Vermögens der Anleger und mithin dem Schutzzweck des § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 20a WpHG (Überblick zum Meinungsstand bei Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 26 ff.; Altenhain in KölnerKommentar -WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 2 ff.) zuwiderlaufen. Die geschützten Rechtsgüter wären jedenfalls durch die täuschende Empfehlung eines Finanzanalysten gegenüber dem nicht als solchen Handelnden nicht weniger gefährdet.
37
(3) Demgegenüber soll durch § 34b WpHG das Vertrauen der Anleger in die Sorgfalt, Neutralität und Integrität derjenigen, die Finanzanalysen erstellen, geschützt werden (BT-Drucks. 14/8017, S. 92). Ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Offenlegungspflichten aus § 34b Abs. 1 Satz 2 i.V.m. der Finanzanalyseverordnung (FinAnV) stellt eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 (damals Nr. 4) WpHG dar. Dem Ordnungswidrigkeitentatbestand liegt ein vom Gesetzgeber als für das geschützte Rechtsgut generell gefährlich bewertetes Verhalten des Finanzanalysten zugrunde. Mit dem Erreichen einer fünfprozentigen Beteiligungsquote wird unwiderleglich vermutet, dass bei einer Finanzanalyse wegen der mit der Beteiligungsquote typischerweise einhergehenden Eigeninteressen der Analysten kein ausreichendes Vertrauen in die Sorgfalt, Neutralität und Integrität der Analyse gewährleistet werden kann. Das der Ordnungswidrigkeit zugrunde liegende, das Rechtsgut beeinträchtigende Verhalten wird allein durch die Weitergabe oder Veröffentlichung der Analyse trotz Erreichens der Beteiligungsquote konstituiert.
38
(4) Für einen Rückgriff auf diese gesetzlich festgeschriebene unwiderlegliche Vermutung ist zur Limitierung der Strafbarkeit aus § 38 Abs. 2 WpHG kein Raum. Denn eine Strafbarkeit wegen verbotener Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG setzt neben der sonstigen Täuschungshandlung - hier der Nichtoffenlegung des Interessenkonflikts aufgrund eingegangener Positionen über das Finanzinstrument - die Einwirkung auf den Börsenpreis und damit den Nachweis einer konkreten und gegenüber §§ 34b, 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5) WpHG andersartigen Beeinträchtigung voraus. Dieser für die Strafbarkeit erforderliche qualifizierte Einwirkungsgrad auf das Schutzgut des § 38 WpHG - unabhängig vom Umfang der eingegangenen Positionen - beschreibt nach der gesetzgeberischen Konzeption abschließend den Taterfolg. Zudem qualifiziert es die Tat zum strafbaren Delikt gegenüber der hierzu in einem Stufenverhältnis stehenden Ordnungswidrigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, bei der das Vorliegen lediglich einer Eignung zur Preiseinwirkung ausreicht. Der Rückgriff auf eine gesetzlich festgeschriebene und durch eine Verordnung konkretisierte Vermutung zur Annahme eines generell gefährlichen Verhaltens für das Vertrauen in Finanzanalysten ist wegen des in § 38 Abs. 2 WpHG anderweitig hergestellten Rechtsgutsbezugs nicht veranlasst.
39
(5) Die Schwelle für die Annahme eines generell gefährlichen Verhaltens für das Rechtsgut des § 34b WpHG, die der Verordnungsgeber ab einer Beteiligungsquote von fünf Prozent des Grundkapitals für überschritten erachtet, steht auch sonst in keiner Beziehung zum Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG. Es handelt sich bei § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5) WpHG einerseits und § 38 Abs. 2 WpHG andererseits um unterschiedliche Deliktstypen, die miteinander nicht über das in ihnen beschriebene Unrecht in Verbindung stehen. Ist nämlich tatsächlich auf den Börsenpreis im Sinne des § 38 Abs. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG eingewirkt worden, ist der tatbestandliche Erfolg dieses Delikts eingetreten. Es kommt nicht darauf an, ob Umstände vorliegen, die generell geeignet gewesen wären, zudem auf das Vertrauen der Anleger in die Sorgfalt, Neutralität und Integrität derjenigen, die Finanzanalysen erstellen, einzuwirken, mithin den tatbestandlichen Erfolg der Ordnungswidrigkeit gemäß § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 4 (heute Nr. 5) WpHG zu begründen.
40
c) Der Pflicht zur Offenlegung des bestehenden Interessenkonflikts in angemessener und wirksamer Weise zugleich mit der Veröffentlichung der Kaufempfehlungen sind die Angeklagten nicht durch die in den per Email versandten Börsenbriefen enthaltenen oder auf den Internet-Homepages platzierten Disclaimer bzw. Risikohinweise nachgekommen. Es kann dahinstehen, ob lediglich die Art der eingegangenen Positionen (Stoll in KölnerKommentarWpHG , 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 38, 39; Vogel in Assmann/ Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 234) oder auch die Absicht, die Positionen alsbald wieder aufzulösen (Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht Rn. 559, 560), offenzulegen ist. Jedenfalls reichen - wie hier - pauschal gehaltene Hinweise , wonach Herausgeber und Mitarbeiter potenziell Positionen der in den Veröffentlichungen behandelten Wertpapiere halten können, ohne dass auf den konkret bestehenden Interessenkonflikt eingegangen wird, nicht aus (OLG München, Beschluss vom 3. März 2011- 2 Ws 87/11, NJW 2011, 3664; Stoll in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 20a Anh. I - § 4 MaKonV Rn. 39).
41
2. Das Landgericht hat auf tragfähiger Grundlage die für den Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG - zusätzlich zu den Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG - erforderliche Einwirkung auf den Börsenpreis derD. Aktie festgestellt.
42
a) Für die Beurteilung der Frage, ob durch die marktmanipulative Handlung tatsächlich eine Einwirkung auf den Börsenpreis eingetreten ist, dürfen angesichts der Vielzahl der - neben der Tathandlung - regelmäßig an der Preisbildung mitwirkenden Faktoren keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Vergleiche von bisherigem Kursverlauf und Umsatz sowie die Kursund Umsatzentwicklung des betreffenden Papiers können eine Kurseinwirkung hinreichend belegen; eine Befragung der Marktteilnehmer ist nicht veranlasst (BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373 zu § 20a Abs. 1 Nr. 2 WpHG aF; BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NStZ 2010, 339).
43
Die vom Landgericht festgestellte Kursentwicklung belegt tragfähig eine Einwirkung der Empfehlungen auf den Börsenpreis. Der Kursanstieg der D. Aktie, die vor Veröffentlichung der ersten Empfehlung im Nachrichtenmagazin FOCUS am 15. Mai 2006 entweder umsatzlos geblieben war oder nur wenige Käufer aufwies, im unmittelbaren zeitlichem Zusammenhang mit den im Zeitraum vom 15. Mai 2006 bis 15. Juni 2006 veröffentlichten Kaufempfehlungen von 2,10 Euro auf 18,10 Euro spiegelt die Auswirkungen der Kaufempfehlungen wieder. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass das sachverständig beratene Landgericht - anders als bei den Veröffentlichungen am 15. Mai 2006 bzw. am 22. Mai 2006 - bei den im Zeitraum 23. Mai 2006 bis 15. Juni 2006 veröffentlichten Empfehlungen aufgrund der zeitlich eng beieinander liegenden Veröffentlichungen keine isolierte Betrachtung der Auswirkungen jeder einzelnen Veröffentlichung, sondern eine solche der im maßgeblichen Zeitraum erfolgten Veröffentlichungen in ihrer Gesamtheit vorgenommen hat. Denn die Veröffentlichungen waren aufeinander abgestimmt und Teil einer koordinierten Vermarktungskampagne , so dass jedenfalls eine Gesamtschau der Auswirkungen der Veröffentlichungen, die das Landgericht als einheitliche Tat gewertet hat, die Annahme einer Einwirkung auf den Börsenpreis rechtfertigt.
44
b) Entgegen der Auffassung der Revisionen musste das Landgericht nicht der Frage nachgehen, ob der Kursverlauf ein anderer gewesen wäre, wenn zusammen mit den Veröffentlichungen der Aktienbesitz der Angeklagten ordnungsgemäß offengelegt worden wäre.
45
In der Abgabe der Kaufempfehlungen durch die Angeklagten liegt eine konkludente sonstige Täuschung i.S.v. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG durch aktives Tun. Die Kaufempfehlungen beinhalteten die stillschweigende Erklärung , dass sie nicht mit dem sachfremden Ziel der Kursbeeinflussung zu eigennützigen Zwecken bemakelt waren (BGH, Urteil vom 6. September 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373). Bei dieser Sachlage - Täuschung durch aktives Tun - bedarf es entgegen der Auffassung der Revisionen nicht der Feststellung eines „Pflichtwidrigkeitszusammenhangs“ bzw. des Kursverlaufs bei „rechtmäßigem Alternativerhalten“. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Be- schluss des 3. Strafsenats vom 20. Juli 2011 (3 StR 506/10, wistra 2011, 467) zur Marktmanipulation durch irreführende Angaben in einer Presseerklärung. Die dort verwendete Formulierung „Die Feststellung (…), dass es ohne die irre- führenden Angaben in (…)der Presseerklärung zu keiner Kurssteigerung ge- kommen wäre, weist keinen Rechtsfehler auf“ beschreibt lediglich das Erfor- dernis der Kausalität zwischen Tathandlung und Einwirkung auf den Börsenpreis.
46
c) Die verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Bedenken, es fehle bei Kaufempfehlungen ohne Offenlegung eingegangener Positionen an der Preiseinwirkungseignung bzw. der Kausalität für die Preiseinwirkung, da die Offenlegung die Empfehlungswirkung allenfalls verstärken würde und deshalb das Verschweigen derartiger Positionen für den Anleger wenig bedeutsam sei (Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, S. 141; Schröder, HBd Kapitalmarktstrafrechts Rn. 559), greifen zu kurz. Erst durch die Offenlegung kann eine autonome Entscheidung des Anlegers - auch unter Berücksichtigung eines bei dem Empfehlenden bestehenden Interessenkonflikts - gewährleistet werden. Wird dieser offen gelegt, kann der Anleger in seine Kaufentscheidung auch das Halten eigener Aktien des Empfehlenden mit der Möglichkeit des Verkaufs bei Kurssteigerung einbeziehen.
47
3. Auch die Strafzumessung hält revisionsgerichtlicher Prüfung stand. Es ist unter dem Gesichtspunkt der verschuldeten Auswirkungen der Tat nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den hohen Erlös aus den Transaktionen mit der D. Aktie - auch soweit sie erst nach Abschluss der Vermarktungskampagne am 15. Juni 2006 erfolgten - strafschärfend gewertet hat.

V.


48
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO halten revisionsgerichtlicher Überprüfung allerdings nicht stand.
49
Die Regelung des § 111i Abs. 2 StPO ist erst durch das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I 2350) geschaffen worden und am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Ihrer Anwendung auf bereits vor diesem Zeitpunkt beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen, wonach insoweit das mildere alte Recht gilt, nach dem diese bedingte Verfallsanordnung nicht möglich war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. April 2013 - 1 StR 22/13, NStZ-RR 2013, 254 mwN; und vom 23. Oktober 2008 - 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009,

56).


50
Die Tat nach § 38 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG war nach den landgerichtlichen Feststellungen jedenfalls bereits vor dem 1. Januar 2007 mit dem Herbeiführen des tatbestandlichen Erfolgs beendet (vgl. Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 157; Waßmer in Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 89, Vogel in Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 38 Rn. 86). Im Jahr 2007 fand keine Einwirkung auf den Börsenpreis , also keine zum Tatbestand gehörende Handlung mehr statt. Dass der Börsenpreis im Jahre 2007 aufgrund von Handlungen aus 2006 noch beeinflusst gewesen sein mag, ist demgegenüber für die Frage der Tatbeendigung unerheblich (Altenhain in KölnerKommentar-WpHG, 2. Aufl., § 38 Rn. 157). Dies gilt auch, soweit die Angeklagten nach 2006 noch von dem erhöhten Börsenpreis profitiert haben.
51
Danach ist für Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StPO kein Raum. Der Senat hebt das Urteil daher insoweit ohne die zugrunde liegenden Feststellungen auf; die Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO entfallen (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO).
52
Darauf, ob die von der Strafkammer ohne jede Begründung getroffene Entscheidung andernfalls rechtlich Bestand haben könnte, kommt es daher nicht an. Eine Zurückverweisung zur erneuten Prüfung einer Verfallsanordnung nach § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a StGB kommt wegen des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht in Betracht.

VI.


53
Der nur geringe Teilerfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Angeklagten von den durch ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen freizustellen.
RiBGH Dr. Wahl ist urlaubsbedingt ortsabwesend und daher an der Unterschriftsleistung verhindert. Jäger Jäger Cirener Radtke Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 247/12
vom
21. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung am 21. März 2013,
an der teilgenommen haben:
Präsident des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Tolksdorf
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 2. März 2012 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafen aus drei früheren Urteilen und Auflösung dort gebildeter Gesamtstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
2
I. Das Landgericht hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Der Angeklagte suchte am Morgen des 6. Mai 2009 einen Autohandel in Duisburg auf, um dessen Inhaber T. unter Verwendung eines Elektroschockgeräts zu berauben. Während vermeintlicher Verkaufsverhandlungen ging der Angeklagte auf den halb abgewandt stehenden T. zu und führte das eingeschaltete Elektroschockgerät in dessen Richtung. Da der Angegriffene sich wehrte, versetzte ihm der Angeklagte im Rahmen eines Kampfes schließlich Kniestöße ins Gesicht, die zu Frakturen des Nasenbeins sowie der Nasenhöhle führten und den Geschädigten kampfunfähig machten. Der Angeklagte entnahm sodann aus dessen Hosentaschen 3.600 €. Zudem nahm er die Jacke des Opfers an sich, in der sich ein Portemonnaie mit Bargeld befand.
4
Der Angeklagte hat sich zum Tatvorwurf nicht eingelassen. Zu seiner Täterschaft hat das Landgericht im Urteil ausgeführt, dass diese sich aus den DNA-Spuren ergebe, die an der Nylonschlaufe und der Batterie des vom Täter mitgebrachten Elektroschockgeräts sowie an einem vom Täter berührten Autoschlüssel festgestellt worden seien. Nach näherer Darstellung der jeweils acht untersuchten Merkmalsysteme hat die Strafkammer den Schluss gezogen, dass der Angeklagte der Spurenverursacher gewesen sei, da das für ihn bestimmte DNA-Identifizierungsmuster statistisch unter mehr als zehn Milliarden Personen kein zweites Mal vorkomme.
5
II. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedarf, dass das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten allein auf die Übereinstimmung von DNA-Merkmalen gestützt hat.
6
Die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatgericht übertragen (§ 261 StPO), das sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden hat. Dazu kann es zu seiner Überzeugungsbildung auch allein ein Beweisanzeichen heranziehen (vgl. hinsichtlich Fingerabdrücken bereits BGH, Urteil vom 11. Juni 1952 - 3 StR 229/52, juris Rn. 4 ff.; zu Schriftsachverständigengutachten BGH, Beschluss vom 24. Juni 1982 - 4 StR 183/82, NJW 1982, 2882, 2883). Das Revisionsgericht ist demgegenüber auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder sich so weit von einer festen Tatsachengrundlage entfernt, dass die gezogenen Schlussfolgerungen sich letztlich als reine Vermutungen erweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 6. Dezember 2007 - 3 StR 342/07, NStZ-RR 2008, 146, 147 mwN; vom 26. Juli 1990 - 4 StR 301/90, BGHR StGB § 306 Beweiswürdigung 3 mwN). Dabei gehören von gesicherten Tatsachenfeststellungen ausgehende statistische Wahrscheinlichkeitsrechnungen zu den Mitteln der logischen Schlussfolgerung, welche dem Tatrichter grundsätzlich ebenso offenstehen wie andere mathematische Methoden (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1989 - 4 StR 419/89, BGHSt 36, 320, 325). Nach diesen Prüfungsmaßstäben ist die Beweiswürdigung nicht zu beanstanden.
7
1. Die hier festgestellte Übereinstimmung zwischen den Allelen des Angeklagten und auf Tatortspuren festgestellten Allelen in den acht untersuchten Systemen bietet angesichts der statistischen Häufigkeit des beim Angeklagten gegebenen DNA-Identifizierungsmusters eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Überzeugungsbildung des Tatgerichts.
8
Dabei ist davon auszugehen, dass es sich bei der Merkmalswahrscheinlichkeit (oder Identitätswahrscheinlichkeit) lediglich um einen statistischen Wert handelt. Dieser gibt keine empirische Auskunft darüber, wie viele Menschen tatsächlich eine identische Merkmalkombination aufweisen, sondern sagt lediglich etwas dazu aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit aufgrund statistischer, von einer beschränkten Datenbasis ausgehender Berechnungen zu erwarten ist, dass eine weitere Person die gleiche Merkmalkombination aufweist. Diese Wahrscheinlichkeit lässt sich für die Bewertung einer festgestellten Merkmalsübereinstimmung heranziehen. Je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass zufällig eine andere Person identische Merkmale aufweist, desto höher kann das Tatgericht den Beweiswert einer Übereinstimmung einordnen und sich - gegebenenfalls allein aufgrund der Übereinstimmung - von der Täterschaft überzeugen (vgl. einerseits BGH, Urteil vom 12. August 1992 - 5 StR 239/92, BGHSt 38, 320, 324: Wahrscheinlichkeit von 1 : 6.937 reicht allein zum Nachweis der Täterschaft nicht aus; andererseits BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009 - 1 StR 722/08, NJW 2009, 1159: Seltenheitswert im Millionenbereich, im konkreten Fall 1 : 256 Billiarden, kann ausreichen; vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - 2 StR 362/11, NStZ 2012, 403, 404; zur Vaterschaftsfeststellung BGH, Urteil vom 12. Januar 1994 - XII ZR 155/92, NJW 1994, 1348, 1349).
9
Dass sich auch bei einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit (selbst im Milliarden - oder Billionenbereich) wegen der statistischen Herangehensweise die Spurenverursachung durch eine andere Person niemals völlig ausschließen lässt, hindert das Tatgericht nicht daran, seine Überzeugungsbildung gegebenenfalls allein auf die DNA-Spur zu stützen; denn eine mathematische, jede andere Möglichkeit ausschließende Gewissheit ist für die Überzeugungsbildung nicht erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - VI ZR 132/10, juris Rn. 8; Urteil vom 20. September 2011 - 1 StR 120/11, NStZ-RR 2012, 72, 73 mwN). Vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt. Ob sich das Tatgericht allein aufgrund einer Merkmalübereinstimmung mit einer entsprechenden Wahrscheinlichkeit von der Täterschaft zu überzeugen vermag, ist mithin vorrangig - wie die Beweiswürdigung ansonsten auch - ihm selbst überlassen (vgl. allgemein zur Bewertung des Beweiswerts einer DNA-Analyse durch das Tatgericht BVerfG, Beschluss vom 18. September 1995 - 2 BvR 103/92, NJW 1996, 771, 773 mwN; weitergehend zum Beweiswert BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2000 - 2 BvR 1741/99 u.a., BVerfGE 103, 21, 32). Im Einzelfall kann es revisionsrechtlich sowohl hinzunehmen sein, dass sich das Tatgericht eine entsprechende Überzeugung bildet, als auch, dass es sich dazu aufgrund vernünftiger Zweifel nicht in der Lage sieht.
10
Dem stehen die Urteile des 5. Strafsenats vom 21. August 1990 (5 StR 145/90, BGHSt 37, 157, 159) und 12. August 1992 (5 StR 239/92, BGHSt 38, 320, 322 ff.) nicht entgegen. Zum einen gingen die Entscheidungen insbesondere hinsichtlich der Anzahl der (damals lediglich drei) untersuchten Merkmale und des Stands der Untersuchungsabläufe von anderen Grundlagen aus. Zum anderen ist ihnen kein allgemeiner Rechtssatz zu entnehmen, dass das Ergebnis einer DNA-Analyse niemals allein zur Überzeugungsbildung von der Täterschaft ausreichen könne. Vielmehr weisen die Urteile darauf hin, dass einem Analyseergebnis kein unumstößlicher Beweiswert zukomme, der eine Gesamtschau der gegebenenfalls weiter vorhandenen be- und entlastenden Indizien entbehrlich mache. Dass dem Tatgericht generell versagt ist, dem als bedeutsames Indiz zu wertenden Untersuchungsergebnis die maßgebliche oder alleinige Bedeutung bei der Überzeugungsbildung beizumessen, ergibt sich daraus nicht. Hiervon ist auch der Senat in einer früheren Entscheidung (BGH, Beschluss vom 6. März 2012 - 3 StR 41/12, BGHR StPO § 261 Identifizierung 21) nicht ausgegangen. Vielmehr hat er im Anschluss an die vorgenannte Rechtsprechung hervorgehoben, dass das Ergebnis eines DNAVergleichsgutachtens lediglich ein Indiz darstelle, das jedoch hinsichtlich der Spurenverursachung keinen zwingenden Schluss erlaube. Dies allein hindert indes das Tatgericht nicht, aus dem Ergebnis einen möglichen Schluss auf die Spurenverursachung und die Täterschaft zu ziehen.
11
2. Das Landgericht hat die Grundlagen zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit in einer Weise dargelegt, die dem Revisionsgericht eine Überprüfung der Berechnung auf ihre Plausibilität ermöglicht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. März 2012 - 3 StR 41/12, BGHR StPO § 261 Identifizierung 21 mwN). Dazu sind in den Urteilsgründen tabellarisch die acht untersuchten Merkmalsysteme und die Anzahl der Wiederholungen im Einzelnen aufgeführt worden. Der Senat sieht insofern - auch zur Klarstellung und Präzisierung seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. März 2012 - 3 StR 41/12, aaO; vom 3. Mai 2012 - 3 StR 46/12, BGHR StPO § 261 Identifizierung 23; vom 15. Mai 2012 - 3 StR 164/12) - Anlass zu dem Hinweis, dass eine solche umfangreiche Darstellung grundsätzlich nicht erforderlich ist.
12
Das Tatgericht hat in den Fällen, in dem es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und ob die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. August 1993 - 4 StR 627/92, BGHSt 39, 291, 296 f.; vom 21. September 2004 - 3 StR 333/04, NStZ 2005, 326). Dabei dürfen die Anforderungen , welche das Tatgericht an das Gutachten zu stellen hat, nicht mit den sachlichrechtlichen Anforderungen an den Inhalt der Urteilsgründe gleichgesetzt werden. Mögliche Fehlerquellen sind nur zu erörtern, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 1993 - 4 StR 627/92, aaO, 297 f.). Dies beeinträchtigt die Rechtsposition des Angeklagten nicht, da er etwaige Fehler des Sachverständigengutachtens sowohl in der Hauptverhandlung als auch mit der Verfahrensrüge im Revisionsverfahren geltend machen kann.
13
Danach reicht es für das Revisionsgericht zur Überprüfung, ob das Ergebnis einer auf einer DNA-Untersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung plausibel ist, im Regelfall aus, wenn das Tatgericht mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob diese unabhängig voneinander vererbbar sind (und mithin die Produktregel anwendbar ist), ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalkombination zu erwarten ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 2011 - 2 StR 362/11, NStZ 2012, 403, 404; vom 7. November 2012 - 5 StR 517/12, NStZ 2013, 179; zu ggf. geringeren Anforderungen bei einer Vielzahl weiterer gewichtiger Indizien BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 - 1 StR 377/12, NStZ 2013, 179, 180). Sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, ist zudem darzulegen, inwieweit dies bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war.
14
3. Die weitere Darstellung der Beweiswürdigung ist hier nicht lückenhaft, auch wenn die Urteilsgründe keine ausdrückliche Gesamtwürdigung aller beweiserheblichen Umstände enthalten. Zwar hat das Tatgericht zu beachten, dass die (durch eine DNA-Analyse ermittelte) hohe Wahrscheinlichkeit einer Spurenverursachung durch den Angeklagten eine Würdigung aller Beweisumstände gerade mit Blick auf die bloß statistische Aussagekraft nicht überflüssig macht (vgl. BGH, Urteile vom 27. Juli 1994 - 3 StR 225/94, NStZ 1994, 554, 555; vom 12. August 1992 - 5 StR 239/92, BGHSt 38, 320, 324; zur Vaterschaftsfeststellung BGH, Urteil vom 3. Mai 2006 - XII ZR 195/03, BGHZ 168, 79, 82 f.). Allerdings hängt das Maß der gebotenen Darlegung in den Urteilsgründen von der jeweiligen Beweislage und insoweit von den Umständen des Einzelfalles ab; dieser kann so beschaffen sein, dass sich die Erörterung bestimmter einzelner Beweisumstände erübrigt (etwa BGH, Urteil vom 16. März 2004 - 5 StR 490/03, juris Rn. 11). Nach den konkreten Umständen sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, welche den Beweiswert der Merkmalübereinstim- mung schmälern oder allgemein gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechen könnten und daher in der Beweiswürdigung näher zu erörtern gewesen wären.
15
4. Schließlich hat das Landgericht den Zusammenhang zwischen den DNA-Spuren und der Tat ausreichend dargelegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 2011 - 2 StR 362/11, NStZ 2012, 403, 404; vom 23. Oktober 2012 - 1 StR 377/12, NStZ 2013, 179, 180).
PräsBGH Prof. Dr. Tolksdorf Pfister Schäfer ist urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung gehindert. Pfister Mayer Gericke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 5/13
vom
27. November 2013
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
WpHG aF § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
1. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser
künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse erhöht, abgesenkt
oder auch nur stabilisiert wird. Hierfür reicht es nicht aus, dass aufgrund
des manipulativen Geschäfts erstmals ein Börsenpreis gebildet wird; erforderlich
ist vielmehr, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die
Manipulation des Täters beeinflusst wird.
2. Für den nach § 28 Abs. 2 WpHG aF erforderlichen Taterfolg reicht es aus,
dass der manipulierte Preis an der Börse festgesetzt wird. Es ist nicht erforderlich
, dass danach weitere Geschäfte getätigt werden, bei denen die Preise
kausal gerade auf dem durch das manipulative Geschäft hervorgerufenen
Kursniveau beruhen.
3. Der Begriff des Börsenpreises im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF entspricht
dem des § 24 Abs. 1 BörsG. Ein Börsenpreis in diesem Sinne kommt auch
dann zustande, wenn das Geschäft, auf dem er beruht, den inhaltlichen Anforderungen
des § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügt; erfasst sind deshalb
auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise.
4. Der subjektive Tatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert Vorsatz; dieser
genügt. Nicht vorausgesetzt ist, dass der Täter mit einer Manipulationsabsicht
handelt.
5. Bei einer nach § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
WpHG aF strafbaren Marktmanipulation durch den Verkauf von Aktien zu einem
zuvor abgesprochenen Preis ist erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1
StGB der gesamte für die Aktien erzielte Kaufpreis.
BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5 /13 - LG Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Marktmanipulation
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
25. Juli 2013 in der Sitzung am 27. November 2013, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- nur in der Verhandlung am 25. Juli 2013 -
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 7. September 2012 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen vorsätzlicher Marktmanipulation in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 80 € verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 63.700 € angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet insbesondere die Beweiswürdigung sowie die Verfallsentscheidung. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts erteilte der Angeklagte Verkaufs- und Kaufaufträge für die im Freiverkehr an der Frankfurter Börse gehandelten Aktien der Firma R. AG, die er zuvor mit dem Käufer bzw. Verkäufer abgesprochen hatte (sog. matched orders bzw. prearranged trades).
3
1. Zunächst gab er am 3. April 2009 in der Absicht, sich finanzielle Liquidität für den Erwerb sonstiger Aktien zu verschaffen, einen Verkaufsauftrag über 22.000 Aktien der R. AG zu einem Verkaufslimit von 4,55 €. Ein Geschäftspartner des Angeklagten erteilte am selben Tag aufgrund einer zwischen beiden zuvor getroffenen Vereinbarung einen Kaufauftrag mit einem Kauflimit von 4,55 €, zunächst über 14.000 und unmittelbar darauf über weitere 8.000 Stück der betreffenden Aktien. Diese Aufträge wurden jeweils zu entsprechenden Geschäftsabschlüssen zusammengeführt. Ein zu einem nicht näher festgestellten vorherigen Zeitpunkt veröffentlichter Preis für die Aktie der R. AG betrug 4,12 € pro Aktie. Dabei handelte es sich um einen Geldkurs, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand. Nach der Auffassung der Strafkammer sei dieser Kurs zwar kein Börsenkurs im Sinne des § 24 BörsG. Er sei gleichwohl bei der Beurteilung der Einwirkung auf den Preis der Aktie nach § 38 Abs. 2 WpHG in der zur Tatzeit geltenden Fassung durch das Verhalten des Angeklagten heranzuziehen, weil andernfalls gerade auf besonders manipulationsanfälligen Märkten der dort besonders notwendige strafrechtliche Schutz nicht gewährleistet sei.
4
2. Um die ihm gewährte Liquidität teilweise zurückfließen zu lassen, gab der Angeklagte am 30. April 2009 den Kauf von 10.000 Stück derselben Aktie zu einem Kauflimit von 4,55 € in Auftrag. Da sein Geschäftspartner zuvor zwei Verkaufsaufträge über je 5.000 Stück Aktien mit dem vereinbarten Verkaufslimit in gleicher Höhe erteilt hatte, kam es zu einem entsprechenden Geschäftsabschluss. Sechs Minuten zuvor hatte der Angeklagte mit seinem Geschäftspartner ein ebenfalls abgesprochenes - nicht mehr verfahrensgegenständliches - Geschäft zu 4,50 € pro Aktie geschlossen. Auf diesen Preis habe der Angeklagte, so die Wertung des Landgerichts, in von § 38 Abs. 2 WpHG aF pönalisierter Form eingewirkt.
5
II. Das Urteil hält der auf Grund der Revisionsrechtfertigung gebotenen umfassenden sachlichrechtlichen Prüfung stand. Die - entgegen der Auffassung der Revision rechtsfehlerfrei zustande gekommenen - Feststellungen be- legen zwei zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit stehende Straftaten nach § 38 Abs. 2 WpHG in der hier nach § 2 Abs. 3 StGB maßgebenden, zu den Tatzeiten geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Bezüglich der Anordnung des Verfalls zeigt die Revision ebenfalls keinen Rechtsfehler auf.
6
1. Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der die Strafbarkeit begründenden Regelung.
7
a) Für die rechtliche Bewertung des vorliegenden Falles ist folgendes Regelungsgefüge maßgeblich: Gemäß § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF ist es untersagt, Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bestimmt, dass derjenige ordnungswidrig handelt, der entgegen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, auch in Verbindung mit Abs. 4, jeweils in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 oder 5 ein Geschäft vornimmt oder einen Kauf- oder Verkaufsauftrag erteilt. § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF erlaubt dem Bundesministerium der Finanzen, durch eine Rechtsverordnung , die der Zustimmung des Bundesrats bedarf, nähere Bestimmungen zu erlassen über falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten oder das Vorliegen eines künstlichen Preisniveaus. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 der auf dieser Grundlage erlassenen Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV ) werden irreführende Signale im Sinne des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG insbesondere auch durch Geschäfte oder einzelne Kauf- oder Verkaufsaufträge über Finanzinstrumente gegeben, die von Parteien, die sich abgesprochen haben, zu im Wesentlichen gleichen Stückzahlen und Preisen erteilt werden, es sei denn, diese Geschäfte wurden im Einklang mit den jeweili- gen Marktbestimmungen rechtzeitig angekündigt. Strafbar gemäß § 38 Abs. 2 WpHG aF macht sich schließlich u.a., wer eine in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bezeichnete Handlung begeht und dadurch auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments einwirkt.
8
b) Auch mit Blick auf die zahlreichen, in den genannten Vorschriften enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe, die auf den ersten Blick wenig übersichtliche Regelungstechnik und die in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WphG aF enthaltenen blankettartigen Verweise auf verschiedene Rechtsverordnungen ist die Regelung insgesamt - trotz der verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Zweifel (vgl. Sorgenfrei, wistra 2002, 321, 325; Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 61 ff.; Moosmayer, wistra 2002, 161, 167 ff.; Tripmaker , wistra 2002, 288, 292; Streinz/Ohler, WM 2004, 1309, 1314 ff.; Schmitz, ZStW 115 (2003), 501, 528) - verfassungsgemäß (vgl. zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 3 StR 506/10, wistra 2011, 467, 468; zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; vgl. auch Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., Vor § 20a Rn. 26 ff.; Mock/Stoll/Eufinger in Kölner Kommentar zum WpHG, § 20a Rn. 82 ff.; Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts -Kommentar, 4. Aufl., § 20a WpHG Rn. 5 f. mwN; Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, 2012, S. 273; Schönwälder, Grund und Grenzen einer strafrechtlichen Regulierung der Marktmanipulation, 2011, S. 115 ff.; Teuber, Die Beeinflussung von Börsenkursen, 2011, S. 217 ff.).
9
Sie genügt insbesondere - entsprechend anderen wirtschaftsstrafrechtlichen Tatbeständen wie etwa der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), der Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB) oder der Kreditbetrug (§ 265b StGB), die in ähnlicher Form durch die Verwendung konkretisierungsbedürftiger Rechtsbegriffe geprägt sind - noch dem verfassungsmäßigen Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; Vogel, aaO Vor § 20a Rn. 29), der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht übersteigert werden darf, damit die Gesetze nicht zu starr und kasuistisch und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalles nicht mehr gerecht werden (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 1992 - 2 BvR 858/92, NJW 1993, 1909, 1910). Die Verwendung präziserer, engerer Formulierungen würde hier die Gefahr begründen , dass die Regelung mit Blick auf die sich schnell ändernden manipulativen Praktiken an den Börsen und Märkten den ihr zugedachten hauptsächlichen Zweck, im Interesse des Gemeinwohls die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten zu gewährleisten und damit deren Funktionsfähigkeit gegen manipulierende Eingriffe zu sichern (BTDrucks. 14/8017, S. 98; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 7) bereits nach kurzer Zeit nicht mehr erfüllen könnte (vgl. Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 5).
10
Ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG liegt ebenfalls nicht vor (vgl. Eichelberger, ZBB 2004, 296, 299). Die Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung wirkt nicht strafbegründend. Sie ist nicht abschließend und enthält Begriffserläuterungen sowie Regelbeispiele, bei deren Vorliegen Tatbestandsmerkmale des § 20a WpHG erfüllt sein können, außerdem Verfahrensvorschriften zur Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis. Sie hat zum Ziel, den Marktteilnehmern entsprechende Leitlinien an die Hand zu geben, mit deren Hilfe deutlich wird, welche Handlungen marktkonform sind und damit keinen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 WpHG darstellen (BT-Drucks. 14/8017 S. 90). Daher führt sie keine neuen Straftatbestände ein; sie spezifiziert lediglich in nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts letztlich unbedenklicher Weise (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 6. Mai 1987 - 2 BvL 11/85, BVerfGE 75, 329, 342; vom 29. Mai 1991 - 2 BvR 117/90, NJW 1992, 107; vom 7. Oktober 2008 - 2 BvR 1101/08, NVwZ 2009, 239 f. mwN) die gesetzlichen Regelungen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, NJW 2005, 445, 450 zur Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation KuMaKV; vgl. auch Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 6).
11
2. Die Voraussetzungen der § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF sind durch die Feststellungen belegt. Insoweit bedürfen lediglich die folgenden Gesichtspunkte der Erörterung:
12
a) Die von dem Angeklagten erteilten Verkaufs- bzw. Kaufaufträge und die auf dieser Grundlage abgeschlossen Geschäfte waren geeignet, irreführende Signale für den Börsenpreis eines Finanzinstruments zu geben, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF.
13
aa) Der Begriff der irreführenden Signale in diesem Sinne entspricht demjenigen der irreführenden Angaben nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF. In diesem Sinne ist ein irreführendes Signal gegeben, wenn es geeignet ist, einen verständigen, d.h. börsenkundigen und mit dem Markt des betroffenen Finanzinstruments vertrauten, Anleger zu täuschen (vgl. etwa Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 150; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172). Zu den Marktverhältnissen gehören alle Umstände, die auf die Preisbildung einwirken, also insbesondere die Angebotslage, die Nachfrageseite , das Umsatzvolumen, die zeitliche Abfolge der getätigten Umsätze sowie allgemein die Marktliquidität (vgl. MüKoStGB/Pananis aaO).
14
bb) Diese Voraussetzungen sind in beiden Fällen erfüllt. Der Angeklagte und sein Geschäftspartner hatten jeweils einen bestimmten Preis und die Stückzahlen abgesprochen. Sodann setzten sie für die Aufträge zu dem Ver- kauf bzw. Kauf an der Börse ein der vorherigen Absprache entsprechendes Preislimit. Die auf diesen limitierten Orders beruhenden Geschäfte vermittelten jedoch den Eindruck, dass der Preis sich jeweils börsenmäßig aufgrund von Angebot und Nachfrage frei gebildet habe (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Oktober 2011 - 2 Ss 65/11, NJW 2011, 3667). Damit konnte ein verständiger Marktteilnehmer über die zutreffenden wirtschaftlichen Verhältnisse in dem betreffenden Markt in die Irre geführt werden.
15
cc) Einen über die Eignung, falsche oder irreführende Signale zu geben, hinausgehenden Erfolg - etwa in Form eines Irrtums bei sonstigen Marktteilnehmern - verlangt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nicht (vgl. schon zutreffend OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3670).
16
b) Die vom Angeklagten vorgenommenen Handlungen in Form der sog. matched orders bzw. prearranged trades waren mit der zulässigen Marktpraxis auf dem betreffenden Markt nicht vereinbar (vgl. hierzu § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaKonV; BR-Drucks. 639/03 S. 12; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 189; Vogel, aaO § 20a Rn. 166), so dass der Ausnahmetatbestand des § 20a Abs. 2 Satz 1 WpHG nicht eingreift. Die Voraussetzungen des § 20a Abs. 3 WpHG liegen ebenfalls nicht vor.
17
3. Der Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert, dass - zusätzlich zu den Voraussetzungen einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF - der Angeklagte auf den Börsenpreis der R. -Aktie tatsächlich einwirkte. Auch dies kann den Feststellungen in beiden Fällen im Ergebnis entnommen werden.
18
a) Der Begriff des Börsenpreises bestimmt sich nach der auch in diesem Zusammenhang geltenden Definition des § 24 BörsG (allg. Auff., vgl. etwa Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 110; Vogel, aaO § 20a Rn. 114; Diversy in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , § 38 WpHG Rn. 124; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl., Rn. 381). Dafür spricht bereits, dass die Strafbarkeit von marktmanipulativen Verhaltensweisen früher im Börsengesetz selbst geregelt war (vgl. § 88 BörsG aF) und nichts dafür ersichtlich ist, dass derselbe Begriff innerhalb eines Gesetzes unterschiedlich zu interpretieren war. Den Gesetzesmaterialien ist nicht zu entnehmen, dass durch die Normierung der Strafbarkeit im Wertpapierhandelsgesetz insoweit eine sachliche Änderung beabsichtigt war (vgl. BT-Drucks. 14/8017 S. 64, 89). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 BörsG sind alle Preise, die während der Börsenzeit an einer Börse im Präsenzhandel oder im elektronischen Handel, oder Preise, die an einer Warenbörse ermittelt werden, Börsenpreise (vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., § 24 BörsG Rn. 5). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 BörsG gilt dies auch für einen Preis, der im Freiverkehr an einer Wertpapierbörse festgestellt wird. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse am Markt, erhöht, abgesenkt oder auch nur stabilisiert wird (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3669; Vogel, aaO § 38 Rn. 51, § 20a Rn. 115; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40; Koppmann, ZWH 2012, 27). Maßgeblich ist also, dass die manipulative Handlung des Täters kausal für den fraglichen Preis eines Finanzinstruments ist.
19
aa) Im Fall II. 1 der Urteilsgründe hat das Landgericht darauf abgestellt, dass vor dem Verkauf der Aktien durch den Angeklagten an seinen Partner ein Geldkurs in Höhe von 4,12 € exisiterte, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand (UA S. 5). An anderer Stelle hat es diesen Kurs als Taxkurs bezeichnet (UA S. 17). Dies genügt für die Annahme eines Börsenkurses in dem hier maßgebenden Sinne nicht. Dabei kann dahinstehen, welche Bezeichnung letztlich zutreffen soll; denn sowohl Geld- als auch Taxkurse sind, wie die Strafkammer selbst zutreffend erkannt hat, keine Börsenkurse im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1990 - XI ZR 68/89, WM 1990, 1408 mwN zu § 29 BörsG aF Oetker; Bergmann, HGB, 3. Aufl., § 400 Rn. 6 mwN; Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 24 BörsG Rn. 8).
20
Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgeführt hat, es müsse auf solche Geld- oder Taxkurse zurückgegriffen werden, auch wenn diese keine Börsenkurse im Sinne des § 24 BörsG seien, damit der notwendige strafrechtliche Schutz gewährleistet werden könne, ist nicht zu verkennen, dass insbesondere enge Märkte wie der vorliegende, auf denen Wertpapiere mit nur wenigen Umsätzen gehandelt werden, besonders manipulationsanfällig sind. Allein das Ziel, vermeintliche oder tatsächlich bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen, kann jedoch nicht dazu führen, Tatbestandsmerkmale zu überdehnen. Wie weit und unter welchen Voraussetzungen der strafrechtliche Schutz in diesem Bereich gewährleistet werden soll, ist in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers übertragen. Dieser hat sich bei der Neuregelung der Bußgeld- und Strafvorschriften durch das am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Vierte Finanzmarktförderungsgesetz dafür entschieden, die Strafbarkeit marktmanipulativen Verhaltens an die Einwirkung auf einen Börsen- oder Marktpreis zu knüpfen (hinsichtlich der Praxistauglichkeit kritisch etwa bereits Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487). Dies ist bei der Rechtsanwendung hinzunehmen.
21
Nicht allein ausreichend ist es auch, dass der Angeklagte durch das Geschäft mit seinem Partner einen (neuen) Börsenpreis bewirkte. Nach der soweit ersichtlich in Rechtsprechung und Literatur einhellig verwendeten Umschrei- bung des Einwirkens im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF, von der in der vorliegenden Fallkonstellation abzuweichen kein Anlass besteht, ist es erforderlich, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die Manipulation des Täters beeinflusst wird. Der Tatbestand setzt somit, anders als etwa der Kapitalanlagebetrug nach § 264a StGB, einen bereits bestehenden Börsenpreis voraus; das (erstmalige) Bewirken eines Börsenpreises wird von ihm nicht umfasst (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3670; Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2052; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 137).
22
Den Urteilsgründen ist in ihrem Zusammenhang jedoch genügend sicher zu entnehmen, dass bereits vor dem manipulativen Geschäft zwischen dem Angeklagten und seinem Partner ein Börsenpreis im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG für die R. -Aktie bestand. Nach den vom Landgericht wiedergegebenen Ausführungen der Sachverständigen N. wurde die Aktie zwar zwischen dem 31. Mai 2007 und dem 11. August 2008 nicht gehandelt.Danach - und damit vor der Tat am 3. April 2009 - fanden jedoch Umsätze statt. Aufgrund der weiteren Darlegungen der Quellen, aus denen die Sachverständige ihre diesbezüglichen Erkenntnisse gewonnen hat, ist davon auszugehen, dass diese Umsätze zur Festsetzung von Börsenpreisen führten. Auch im Rahmen ihrer Erwägungen zum Verfall hat die Strafkammer ausgeführt, dass die R. -Aktie Anfang des Jahres 2009 gehandelt wurde.
23
bb) Im Fall II. 2 der Urteilsgründe hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei als Bezugspunkt einen an der Börse festgesetzten Kurs angenommen, der auf einem kurz vor der abgeurteilten Tat zwischen dem Angeklagten und seinem Geschäftspartner getätigten Geschäft beruhte. Darauf, ob es sich hierbei ebenfalls um ein zuvor abgesprochenes Geschäft handelte, das den inhaltlichen Anforderungen an das ordnungsmäßige Zustandekommen eines Börsenpreises nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügte (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 25), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Der Begriff des Börsenpreises wird zunächst in § 24 Abs. 1 BörsG definiert. Danach sind - jedenfalls bis zu einer aufsichtsrechtlichen oder sonstigen Beanstandung - auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise erfasst; denn insbesondere der Preisfindung in elektronischen Handelssystemen fehlt heute jedes gestaltende oder gar regelnde Moment; sie ist nur noch Protokollierung eines realen Transaktionspreises (vgl. Theissen, WM 2003, 1497, 1503). Deshalb gebieten es Sinn und Zweck der § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG, die Preisbildung an bzw. auf und die Funktionsfähigkeit von Börsen und überwachten Märkten zu schützen (vgl. im Einzelnen Vogel, aaO § 20a Rn. 26 ff.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, § 20a WpHG Rn. 2 [Stand: April 2012]), in dem hier relevanten Zusammenhang auf diesen Börsenpreis im formellen Sinne, nicht aber darauf abzustellen, ob die inhaltlichen Anforderungen gemäß § 24 Abs. 2 BörsG erfüllt sind. Diese sind vor allem auch deshalb von Belang, weil dem Börsenpreis in zahlreichen anderen Zusammenhängen , etwa bei der Pfandverwertung, beim Fixhandelskauf sowie im Bilanzoder Steuerrecht eine erhebliche Bedeutung zukommt (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 5 f.). Zudem könnten andernfalls besonders hartnäckig manipulierende Täter, die unter Umständen mehrere abgesprochene Geschäfte hintereinander tätigen, allenfalls für die erste Transaktion strafrechtlich belangt werden.
24
cc) Der Angeklagte wirkte jeweils auf den Börsenpreis der R. -Aktie bereits dadurch ein, dass der von ihm und seinem Partner abgesprochene Preis an der Börse festgesetzt wurde. § 38 Abs. 2 WpHG aF ist zwar als Erfolgsdelikt ausgestaltet (Vogel, aaO § 38 Rn. 49; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40, 47; Kutzner, WM 2005, 1401, 1406). Der notwendige Einwirkungserfolg im Sinne der Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass nach den konkreten Geschäften zwischen dem Angeklagten und seinem Partner durch Dritte weitere Geschäfte getätigt wurden, bei denen die Preise kausal gerade auf dem durch die manipulativen Geschäfte hervorgerufenen Kursniveau beruhen. § 38 Abs. 2 WpHG aF bestimmt nicht, welchen aus der Vielzahl von Börsen - und Marktpreisen, die für ein Finanzinstrument erzielt werden, der Täter herbeiführen muss; vielmehr genügt die Einwirkung auf irgendeinen Börsenoder Marktpreis, demnach auch auf irgendeinen festgestellten Preis im laufenden Handel, der nicht notwendigerweise der Schlusskurs sein muss. Die Beeinflussung des weiteren Kursverlaufs nach einer bereits eingetretenen Beeinflussung ist ebenfalls nicht erforderlich (vgl. auch EuGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - C-445/09 IMC-Securities BV gegen Stichting Autoriteit Financiele Markten - BKR 2011, 422; Heusel/Schmidberger, BKR 2011, 425, 427; OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3669; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 54 f.; aA Kudlich, wistra 2011, 361, 363 f.; Nietsch XI § 38, WpHG 112 WuB).
25
b) Der Angeklagte handelte vorsätzlich; dies genügt für die subjektive Tatseite. Insbesondere setzt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nicht voraus, dass der Angeklagte mit einer Manipulationsabsicht oder aus anderen Motiven handelte. Der im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht, insbesondere bei effektiven Geschäften könne die Frage, ob von Handelsaktivitäten falsche oder irreführende Signale ausgehen, nicht ohne Blick auf die innere Willensrichtung der Beteiligten beantwortet und nur bei Bestehen einer Manipulationsabsicht bejaht werden (vgl. MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172 f.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, WpHG § 20a Rn. 25 [Stand: April 2012]; Eichelberger , Das Verbot der Marktmanipulation, 2006, S. 292; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht , 2. Aufl., Rn. 599), ist nicht zu folgen (vgl. Vogel, aaO § 20a Rn. 152; Fuchs/Fleischer, WpHG, 2009, § 20a Rn. 74). Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es - im Gegensatz zu der bis zum 29. Oktober 2004 geltenden Fassung - auf eine derartige Manipulationsabsicht nicht (mehr) an. Vielmehr hat der Gesetzgeber auf dieses Absichtsmerkmal mit dem Anlegerschutzverbes- sungsgesetz bewusst in Abkehr von der früheren Fassung des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG verzichtet (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 37). Dies entspricht auch der Intention der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (ABl. EU 2003 Nr. L 96 S. 16), die durch das Anlegerschutzverbessungsgesetz umgesetzt wurde (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 26). Nach der Begründung der Kommission stellt die Definition der "Marktmanipulation" auf das Verhalten der betreffenden Person und nicht auf ihren Vorsatz oder ihr Ziel ab (KOM[2001] 281 endgültig S. 6).
26
4. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
27
a) Ihr stehen nach den Feststellungen keine Ansprüche von Geschädigten entgegen (§ 73 Abs. 1 Satz 2, § 73a Satz 1 StGB). Wie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt (UA S. 19), haben Anleger aufgrund der Kursmanipulation keinen Schaden erlitten. Daher kann dahinstehen, ob überhaupt ein Anspruch von Anlegern auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen etwa nach § 826 BGB gegeben sein und eine Verfallsanordnung hindern könnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90, 101 f.; Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 254/09, NStZ 2010, 326; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 55).
28
b) Die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe des gesamten Betrages , den der Angeklagte durch den Verkauf der ersten 14.000 Aktien im Rahmen der ersten Tat erzielte, begegnet keinen Bedenken. Der Angeklagte hat aus der Tat diesen Verkaufserlös im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt.
29
Aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte , die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09, BGHR StGB § 73 Erlangtes 12). Nach Sinn und Zweck des Verfalls werden solche Vorteile erfasst, die der Teilnehmer oder Dritte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen und behalten dürfen soll, weil sie von der Rechtsordnung als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung bewertet werden. Der dem Verfall unterliegende Vorteil bestimmt sich danach, was letztlich strafbewehrt ist (vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 f.). Hat sich der Tatbeteiligte im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit - insbesondere dem Abschluss oder der Erfüllung eines Vertrages - strafbar gemacht, so ist demgemäß bei der Bestimmung dessen, was er aus der Tat erlangt hat, in den Blick zu nehmen, welchen geschäftlichen Vorgang die Vorschrift nach ihrem Zweck verhindern will; nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall (BGH, aaO, BGHSt 57, 79, 84 mwN).
30
Dies trifft für die hier gegebene Konstellation der Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF zu; denn danach ist das abgeschlossene Geschäft ausdrücklich verboten und der Kaufpreis als Erlös gerade unmittelbarer Zufluss aus dieser untersagten Transaktion. Die Situation bei verbotenerweise abgesprochenen Geschäften ist maßgebend dadurch gekennzeichnet, dass die Vertragspartner kollusiv zusammenwirken. Derartige Geschäfte sind nicht genehmigungsfähig; die § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF wollen sie vielmehr zum Schutz vor Preismanipulationen von Wertpapierkursen gerade als solche verhindern. Strafrechtlich bemakelt ist demnach nicht nur die Art und Weise der Ausführung des Geschäfts sondern dieses selbst, weil es den manipulierten Börsenpreis und damit den tatbestandlichen Erfolg herbeiführt.
31
Damit unterscheidet sich die hier vorliegende Fallkonstellation maßgeblich von solchen, bei denen nach der Rechtsprechung nicht die gesamte aus einem abgeschlossenen Geschäft erlangte Gegenleistung, sondern nur der durch das strafbewehrte Vorgehen erreichte Sondervorteil als erlangt zu bewerten ist. So gilt etwa bei verbotenen Insidergeschäften lediglich der realisierte Sondervorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern als erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884). Dort ist der Veräußerungsakt als solcher legal; bemakelt ist das Geschäft deshalb, weil der Insider aus seinem Sonderwissen keinen Sondervorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern ziehen soll (zum Unterschied von Marktmanipulation und Insiderhandel vgl. im Einzelnen etwa Lienenkämper, Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, 2012, S. 158). Auch in den Fällen korruptiv erlangter Auftragserteilungen ist im Gegensatz zur hiesigen Sachlage lediglich die Art und Weise bemakelt, wie der Auftrag erlangt wurde, nicht hingegen, dass er ausgeführt wurde. Dies rechtfertigt es, das Erlangte nach dem kalkulierten Gewinn und nicht nach dem vereinbarten Werklohn zu bemessen (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309 ff.). Bei nach dem Außenwirtschaftsgesetz verbotenen Ausfuhren kommt es schließlich darauf an, ob das dem Vorgang zugrunde liegende Geschäft genehmigungsfähig ist und genehmigt werden müsste (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 ff.). Ist dies der Fall, wird allein die Umgehung der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert ; erlangt sind dann nur die hierdurch ersparten Aufwendungen. Ist das Geschäft demgegenüber - gegebenenfalls auch nur nach dem Ermessen der zuständigen Behörde - nicht genehmigungsfähig, so ist es als solches bemakelt; dann kann - wie in der vorliegenden Konstellation - die gesamte Gegenleistung abgeschöpft werden.
32
c) Ein Absehen vom Verfall nach der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB hat das Landgericht geprüft und ohne Rechtsfehler abgelehnt.
Becker Schäfer Hubert Mayer Spaniol

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 579/08
vom
26. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. März
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 7. Mai 2007 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat davon abgesehen, den Verfall von Wertersatz anzuordnen. Hiergegen richtet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das wirksam beschränkte Rechtsmittel hat Erfolg.
2
Nach den Feststellungen war der zum Zeitpunkt der Verkündung des landgerichtlichen Urteils 63 Jahre alte Angeklagte Mitglied einer Bande, die Haschisch - und Marihuanatransporte erheblichen Umfangs von den Niederlanden nach England und in andere europäische Länder organisierte und durchführte.
In dem Zeitraum von Ende 2004 bis Anfang 2005 wurden mit drei Fahrten insgesamt 135 kg zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmte Betäubungsmittel nach England verbracht und an unbekannt gebliebene Abnehmer übergeben. Mit einer vierten Fahrt wurden im Februar 2005 weitere 241,80 kg Haschisch aus den Niederlanden über Oldenburg und Bremen nach Dänemark transportiert. Das Rauschgift wurde vor der Auslieferung von der dänischen Polizei sichergestellt.
3
1. Das Landgericht hat den Verfall von Wertersatz (§§ 73, 73 a StGB) nicht angeordnet und dies mit dem Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB begründet. Zwar sei davon auszugehen, dass aus den Drogengeschäften nach dem Bruttoprinzip ein Umsatz von mindestens 135.000 € erzielt worden sei. Es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass der Angeklagte über einen sichergestellten und gepfändeten Bargeldbetrag in Höhe von 2.250 € hinaus über kein nennenswertes Vermögen mehr verfüge. Er habe infolge des fehlgeschlagenen Haschischtransportes nach Dänemark selbst 60.000 € als "Entschädigung" gezahlt, so dass er durch die Drogentransporte insgesamt einen beträchtlichen Verlust erlitten habe. In Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters sei nicht zu erwarten, dass er nach seiner Haftentlassung noch Erwerbsaussichten habe; er werde entweder von einer Rente oder von Sozialleistungen leben müssen. Daher werde durch die Vollziehung einer Verfallsanordnung seine Resozialisierung wesentlich erschwert.
4
2. Diese Erwägungen vermögen die Ablehnung der Anordnung des Wertersatzverfalls nicht zu rechtfertigen.
5
a) Die Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB sind bereits deshalb nicht rechtsfehlerfrei dargetan, weil das Landgericht unter Verkennung des systematischen Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Alternativen des § 73 c Abs. 1 StGB das Vorliegen einer unbilligen Härte unzureichend begründet hat.
6
aa) Zwar ist die Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB Sache des Tatrichters. Die Gewichtung der für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB maßgeblichen Umstände ist daher der inhaltlichen revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Mit der Revision kann jedoch eine rechtsfehlerhafte Auslegung des Tatbestandsmerkmals "unbillige Härte" beanstandet werden. Eine solche ist etwa gegeben, wenn die Bejahung dieses Merkmals auf Umstände gestützt wird, die bei seiner Prüfung nicht zum Tragen kommen können (vgl. BGH wistra 2003, 424, 425; 2009, 23, 24).
7
bb) So liegt der Fall hier. Das Landgericht hat die Annahme einer unbilligen Härte wesentlich darauf gestützt, dass der Wert des vom Angeklagten aus den Straftaten Erlangten mittlerweile nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden sei. Diese Begründung wird dem systematischen Verhältnis nicht gerecht, in welchem die Regelungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 1. Alt. StGB zueinander stehen. Nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB ist der Verfall beim Vorliegen einer unbilligen Härte zwingend ausgeschlossen, während § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB für den Fall, dass der Wert des Erlangten im Vermögen des Betroffenen ganz oder teilweise nicht mehr vorhanden ist, die Möglichkeit eröffnet , insoweit nach pflichtgemäßen Ermessen von einer Verfallsanordnung abzusehen. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen, welche nach Satz 2 der Vorschrift ein Absehen vom Verfall nach pflichtgemäßem Ermessen ermöglichen , nicht zugleich einen zwingenden Ausschlussgrund nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB bilden können, folgt aus der Systematik der Norm, dass das Nichtmehrvorhandensein des Wertes des Erlangten im Vermögen des Betroffenen jedenfalls für sich genommen keine unbillige Härte darstellen kann, son- dern dem Anwendungsbereich des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB unterfällt (vgl. BGH NStZ 2000, 589, 590; Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 c Rdn. 7).
8
Für das Vorliegen einer unbilligen Härte bedarf es daher zusätzlicher Umstände, welche die hohen Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals belegen. Eine unbillige Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB kommt nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa BGHR StGB § 73 c Härte 7, 11) nur dann in Betracht, wenn die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Die Auswirkungen des Verfalls müssen mithin im konkreten Einzelfall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen. Es müssen besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer mit der Vollstreckung des Verfalls eine außerhalb des Verfallszwecks liegende zusätzliche Härte verbunden wäre, die dem Betroffenen auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Verfalls nicht zugemutet werden kann. Eine unbillige Härte liegt demnach nicht schon dann vor, wenn der Verfallsbetrag nicht beigetrieben werden kann oder der Betroffene vermögenslos geworden und unfähig ist, die Mittel für seinen Unterhalt und den seiner Familie aufzubringen (vgl. Schmidt aaO Rdn. 7). Nach diesen Maßstäben ausreichend gravierende Umstände lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Allein die vagen Erwägungen, der Angeklagte verfüge über kein "nennenswertes" Vermögen und müsse nach seiner Entlassung von einer Rente oder Sozialleistungen leben, genügen auch unter Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens hierfür nicht.
9
b) Auch auf § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB kann das Absehen von der Anordnung des Wertersatzverfalls nach den bisherigen Feststellungen nicht gestützt werden. Die Ausübung des dem Tatrichter durch diese Vorschrift eingeräumten Ermessens erfordert zunächst die Feststellung des Wertes des aus der Straftat Erlangten, um diesem sodann den Wert des noch vorhandenen Vermögens gegenüber stellen zu können (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 104, 105; Fischer, StGB 56. Aufl. § 73 c Rdn. 5; Schmidt aaO Rdn. 10). Hieran fehlt es.
10
aa) Die Urteilsgründe lassen bereits ausreichende Feststellungen dazu vermissen, in welcher Höhe der Angeklagte aus den Rauschgiftgeschäften etwas erlangt hat. "Erlangt" im Sinne der § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73 a Satz 1 StGB ist ein Vermögensvorteil nur dann, wenn der Tatbeteiligte die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat (vgl. BGH NStZ 2003, 198 f.). Mit der pauschalen Angabe, aus den Betäubungsmittelgeschäften sei ein Umsatz von mindestens 135.000 € erzielt worden, wird dieser Umstand nicht belegt. Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlenden Darlegungen des tatsächlichen Geschehens hierzu nicht zu ersetzen; denn eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung kommt nur dann in Betracht , wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem Angeklagten zumindest Mitverfügungsgewalt über die jeweiligen Erlöse habe zukommen sollen (vgl. BVerfG StV 2004, 409, 411; BGH NStZ 2003, 198 f.) und er diese auch tatsächlich hatte (BGH NStZ-RR 2007, 121). Feststellungen hierzu hat das Landgericht nicht getroffen.
11
bb) Den Gründen des landgerichtlichen Urteils lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass zum Zeitpunkt des tatrichterlichen Urteils der Wert des aus den Straftaten Erlangten in dem Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden war. Dies setzt konkrete tatrichterliche Feststellungen dazu voraus, in welchem Umfang und zu welchem Zweck das Erlangte ausgegeben wurde (vgl. BGH wistra 2009, 23, 25; Schmidt aaO Rdn. 12). Die in diesem Zusammenhang vom Landgericht angestellte Erwägung, der Angeklagte habe anlässlich des fehlgeschlagenen Rauschgiftgeschäfts "60.000 € als Entschädigung der Lieferanten oder Abnehmer gezahlt" und dadurch insgesamt bei den Drogenge- schäften einen beträchtlichen Verlust erlitten, entbehrt einer tragfähigen tatsächlichen Grundlage. Die Feststellungen des Urteils belegen eine solche Zahlung , deren nähere Umstände auch die betreffende mehrdeutige Passage der Urteilsgründe offen lässt, nicht.
12
Den Urteilsgründen kann auch im Übrigen nicht entnommen werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Angeklagten die aus den Drogengeschäften erzielten Erlöse ohne Zufluss eines Gegenwertes oder einer sonstigen Gegenleistung abhanden kamen. Die für die Eröffnung der Markthalle in Bremen erforderlichen finanziellen Mittel brachte der Angeklagte nach den Feststellungen jedenfalls nicht aus dem aus dem Betäubungsmittelhandel Erlangten , sondern aus dem Erlös für den Verkauf seines Lokals auf. Bei der Bewertung des Vermögens des Angeklagten hat das Landgericht zudem die ausdrücklich getroffene Feststellung nicht berücksichtigt, der Zeuge E. habe an "J. " und den Angeklagten auf deren nachdrückliches Verlangen 8.000 € als "Strafsumme" für das fehlgeschlagene Geschäft übergeben. Schließlich hat die Strafkammer nicht in die Betrachtung einbezogen, dass bei dem Angeklagten 2.250 € sichergestellt worden sind. Die Strafkammer durfte jedoch nicht allein deshalb von einer Verfallsanordnung absehen, um dem Verurteilten - sei es auch für Zwecke der Resozialisierung - vorhandene Vermögenswerte zu erhalten ; denn dies wäre mit dem Sinn und Zweck des Verfalls nicht zu vereinbaren (vgl. BGH NStZ 1995, 495).
13
Über den Wertersatzverfall ist nach alldem insgesamt neu zu verhandeln und zu entscheiden. Der Senat weist abschließend auf die Möglichkeit hin, den Umfang und Wert des Erlangten gemäß § 73 b StGB zu schätzen, sowie darauf , dass nach § 73 c Abs. 1 StGB die Anordnung des Verfalls auf einen Teil des Erlangten beschränkt werden kann (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 75; BGH, Beschl. vom 12. Dezember 2008 - 2 StR 479/08). Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

5 StR 254/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 27. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Insiderhandels u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2010

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 25. Februar 2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO dahingehend abgeändert, dass
a) bei dem Angeklagten B. und gemäß § 357 StPO bei dem Angeklagten A. der angeordnete Verfall entfällt,
b) gemäß § 357 StPO bei den Angeklagten B. und P. sowie bei der Nebenbeteiligten der angeordnete Verfall auf 753.851,12 € ermäßigt wird.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten B. sowie die Revision des Angeklagten K. werden nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
3. Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens ; jedoch wird bei dem Angeklagten B. die Gebühr um ein Zehntel ermäßigt; je ein Zehntel der gerichtlichen und notwendigen Auslagen dieses Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen Kurs- und Marktpreismanipulation in Tateinheit mit Insiderhandel in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die Vollstreckung der Frei- heitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt und den Verfall von 32.500 € angeordnet. Den Angeklagten K. hat das Landgericht der Kurs- und Marktpreismanipulation in Tateinheit mit Insiderhandel schuldig gesprochen und ihn mit einer – zur Bewährung ausgesetzten – Freiheitsstrafe von neun Monaten belegt. Die Revision des Angeklagten K. ist im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet. Die Revision des Angeklagten B. führt zu einer Aufhebung der Verfallsanordnung, die gemäß § 357 StPO auch auf die nichtrevidierenden Mitangeklagten und die Verfallsbeteiligte zu erstrecken ist. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten B. gleichfalls unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verfallsanordnung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hier der Anordnung des Verfalls entgegensteht. Diese musste deshalb entfallen. Einer vom Senat angeregten Verfahrensweise nach §§ 430, 442 StPO hat der Generalbundesanwalt nicht zugestimmt.
3
a) Sind die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben, schließen sie die Anordnung des Verfalls aus. Dies gilt auch im Hinblick auf die nach § 111i Abs. 2 bis 8 StPO geschaffene Möglichkeit, das Erlangte im Urteil zu bezeichnen und gegebenenfalls eine Sicherstellung aufrechtzuerhalten. Diese Vorschrift ist als strengeres Recht auf vor dem 1. Januar 2007 begangene Altfälle nicht anwendbar (BGH NJW 2008, 1093; StV 2008, 226, 227). Da die ausgeurteilten Taten 2003 und 2004 begangen wurden, kommt das besondere Festsetzungsverfahren gemäß § 111i Abs. 2 bis 8 StPO nicht in Betracht.
4
b) Aus der Tat sind Ansprüche von Verletzten erwachsen. Der Senat kann allerdings hier offenlassen, ob – was das Landgericht verneint hat – § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG drittschützend ist. Dies erscheint jedenfalls in den Fällen nahe liegend, bei denen die Tat manipulativ unmittelbar auf eine Schädigung der Erwerber der Wertpapiere gerichtet ist (differenzierend auch BGHZ 170, 226, 232). Im vorliegenden Fall braucht dem jedoch nicht näher nachgegangen zu werden, weil die Erwerber der Aktien unmittelbar aus dem abgeurteilten Geschehen jedenfalls einen deliktischen Anspruch nach § 826 BGB haben. Hierfür müssen sämtliche Beteiligte, die an der Schadenszufügung mitgewirkt haben, als Gesamtschuldner einstehen (§ 830 BGB).
5
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gegeben ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt in der Regel sittenwidrig, wer im Geschäftsverkehr über verkehrswesentliche Umstände bewusst unwahre Angaben macht (BGH NJW 2008, 1734, 1736; 2004, 3423, 3424). Dies gilt gleichermaßen bei vorsätzlich unzutreffenden Mitteilungen im Zusammenhang mit den Pflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz (Palandt/Sprau, BGB 69. Aufl. § 826 Rdn. 30; vgl. auch BGH NJW 2008, 1734, 1736; Gaßmann wistra 2004, 41, 44). Die Angeklagten haben durch das Lancieren bewusster Falschmeldungen wissentlich eine Informationslage geschaffen, die einen höheren Aktienkurs herbeiführte. Hierauf kam es ihnen auch an, weil sie ihre Aktien möglichst teuer verkaufen wollten. Die vorsätzliche, auf betrügerische Machenschaften aufgebaute Täuschung des Publikums, das letztlich auf der Grundlage dieser Fehlvorstellungen einen ungerechtfertigt hohen Preis zu zahlen bereit war, erfüllt den Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (vgl. Ziouvas, Das neue Kapitalmarktstrafrecht 2005 S. 257).
6
c) Ein deliktischer Anspruch eines Dritten, der aus dem strafbaren Verhalten entstanden ist, reicht aus, um den Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB auszuschließen (Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 Rdn. 41; Fischer, StGB 57. Aufl. § 73 Rdn. 20); jedenfalls insoweit ist er Verletzter im Sinne der Norm. Entscheidend ist nämlich nicht, ob sich aus einer Verletzung eines Strafgesetzes der Ersatzanspruch eines Dritten ergibt. Maßgeblich ist vielmehr , dass sich der Ersatzanspruch aus dem historischen Sachverhalt herleitet , der auch der Verwirklichung der Strafnorm zugrunde liegt. Eine solche auf das tatsächliche Geschehen abstellende Auslegung des Verletztenbegriffs im Sinne des § 73 Abs.1 Satz 2 StGB folgt aus dem Normzweck der Vorschrift, dem Geschädigten das ungeschmälerte Vermögen des Schädigers zu erhalten (BGHR StGB § 73 Verletzter 3). Um dies sicherzustellen, kann es nur – was im Übrigen auch der mit § 264 StPO korrespondierende Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nahe legt – auf die Tat als tatsächliches Geschehen und nicht auf die einzelne Gesetzesverletzung ankommen. Aufgrund einer am Schutzzweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB orientierten Auslegung hat der Bundesgerichtshof auch die Anordnung des Verfalls von Bestechungslohn abgelehnt, wenn dem Bestechungslohn spiegelbildlich ein Schaden gegenübersteht, obwohl Schutzgut der Bestechung nicht das Vermögen , sondern das Vertrauen der Allgemeinheit in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes ist (BGHR StGB § 73 Verletzter 4). Eine solche Auslegung vermeidet zudem Zufälligkeiten, die zu Lasten des verletzten Dritten dadurch entstehen würden, dass drittschützende Straftatbestände nach §§ 154, 154a StPO ausgeschieden werden. Auch dies belegt, dass der Anspruch des verletzten Dritten nicht unmittelbar an den verwirklichten Straftatbestand anknüpfen kann (BGHR StGB § 73 Verletzter 3, 4). Entscheidend ist vielmehr, inwieweit eine zwingende innere Verknüpfung zwischen dem erlangten Vorteil und dem ersatzfähigen Schaden eines Dritten vorliegt (BGHR StGB § 73 Verletzter 4).
7
Die Geschädigten haben durch den Ankauf der Aktien zu höheren Kursen die Kursgewinne für die Angeklagten erst ermöglicht. Die deliktsrechtliche Norm des § 826 BGB erlaubt eine Rückabwicklung der rechtswidrig erlangten Vermögenswerte zugunsten der Geschädigten. Deren Individualansprüche haben Vorrang (Schmidt aaO Rdn. 34; Gaßmann wistra 2004, 41, 46). Deshalb ist es bei einer solchen Sachverhaltskonstellation unerheblich , ob dem Straftatbestand dann selbst ein Schutzgesetzcharakter (etwa im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB) zukommt.
8
2. Die Anordnung des Verfalls muss gemäß § 357 StPO auf die Mitangeklagten und die Verfallsbeteiligte erstreckt werden. Die Erstreckung kann allerdings nur für denjenigen Fall angeordnet werden, auf den sich die Aufhebung zugunsten des Revidenten B. bezieht; sie betrifft hinsichtlich der Nichtrevidenten freilich weit höhere Verfallsanordnungen bis zur Höhe des Gesamtbetrages von über 970.000 €.
9
Soweit in einem anderen Fall gegen den Revidenten kein Verfall angeordnet wurde und er an einem weiteren, zusätzlichen selbständig ausgeurteilten Fall nicht beteiligt war, verbleibt es – selbst wenn hier derselbe Rechtsfehler vorläge – bei der vom Landgericht ausgesprochenen Verfallsanordnung. Insoweit handelt es sich um jeweils selbständige prozessuale Taten im Sinne des § 264 StPO (BGH NJW 1983, 2097, 2099; BGH, Beschluss vom 12. September 1996 – 1 StR 509/96; Kuckein in KK, StPO 6. Aufl. § 357 Rdn. 8), die von der Erstreckung nach § 357 StPO nicht erfasst sind.
Basdorf Raum Schaal Schneider König

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 51/10 Verkündet am:
13. Dezember 2011
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
WpHG § 13 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 20a Abs. 1 Nr. 1,
§ 37b Abs. 1 Nr. 1, § 37c Abs. 1

a) § 20a WpHG, durch den Marktmanipulationen verboten werden, bezweckt in erster Linie, die Funktionsfähigkeit
der Wertpapiermärkte zu gewährleisten, und ist daher kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

b) Die Höhe des Subprime-Anteils der unmittelbar eigenen Investments einer Bank sowie derjenigen der mit der
Bank verbundenen Zweckgesellschaften ist eine konkrete, zur Kursbeeinflussung geeignete Information im
Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG. Auch die Höhe des Subprime-Anteils der von den Zweckgesellschaften
getätigten Investments ist eine Information, die die Bank unmittelbar im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 und 3
WpHG betrifft und die daher in einer Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht werden muss.

c) Nach § 37b Abs. 1 WpHG kann ein Anleger wegen unterlassener Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung
den Erwerbsschaden ersetzt verlangen, also Rückzahlung des Erwerbsentgelts Zug um Zug gegen Hingabe
der erworbenen Finanzinstrumente. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Finanzinstrumente wegen
einer unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung erworben wurden, trägt der Anspruchsteller.

d) Der Anleger kann als Mindestschaden auch den Kursdifferenzschaden ersetzt verlangen. Hierfür muss der
Anleger lediglich darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass, wäre die Ad-hoc-Mitteilung rechtzeitig erfolgt,
der Kurs zum Zeitpunkt seines Kaufs niedriger gewesen wäre als er tatsächlich war.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter
Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und
Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht des Zeugen M. (Zedent) Schadensersatz wegen des Erwerbs von Aktien der Beklagten im Zusammenhang mit einer irreführenden Presseerklärung des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten.
2
Die Beklagte ist ein in der Rechtsform der Aktiengesellschaft geführtes Kreditinstitut, das vor allem mittelständische Unternehmen finanziert. Seit 2001 engagierte sie sich zudem auf dem Kapitalmarkt für strukturierte Forderungsportfolien , deren Gegenstand auch solche Finanzprodukte waren, die sich auf Forderungen aus dem US-Hypothekenmarkt, darunter sog. Subprimes (großzügig vergebene Hypothekenkredite zweitklassiger Qualität), bezogen. Ihr unmittelbares Investment hatte Mitte 2007 ein Volumen von 6,8 Mrd. €. Darüber hinaus engagierte sich die Beklagte mittelbar über die Gewährung von Liquiditätslinien und die Erbringung von Beratungsleistungen gegenüber Zweckgesellschaften , die ihrerseits wiederum unmittelbar in diese Finanzprodukte investierten. Eine solche mittelbare Beteiligung bestand an dem "Rhineland Funding Capital Corporation Conduit" (nachfolgend: RFCCC), der aus verschiedenen Ankaufsgesellschaften und der "Rhineland Funding Capital Corporation" (nachfolgend : RFCC) mit Sitz in Delaware/USA als Refinanzierungsgesellschaft bestand. Der RFCCC erwirtschaftete über 90% seiner Erträge durch Investments in besagte verbriefte internationale Forderungsportfolien, wobei die Ankaufsgesellschaften sog. CDOs (Collateralized Debt Obligations) erwarben und diese durch die Ausgabe sog. CPFNs (Commercial Paper Funding Notes) refinanzierten. Diese CPFNs wiederum wurden von der Refinanzierungsgesellschaft angekauft und über von ihr ausgegebene sog. ABCPs (Asset-backed Commercial Papers) am Kapitalmarkt refinanziert. Die Handelbarkeit und damit das Rating der mit relativ kurzer Laufzeit versehenen ABCPs wurde durch von Kreditinstituten wie der Beklagten abgesicherte Liquiditätslinien verbessert.
3
Die Beklagte erbrachte gegenüber dem RFCCC Beratungsleistungen (seit 2006 über die I. GmbH) und stellte - über den Interbankenmarkt refinanzierte - Liquiditätslinien zur Verfügung, die sich Ende Juli 2007 auf 8,1 Mrd. € beliefen. Die hierfür gezahlte Vergütung und die hierbei erzielten Renditen verbesserten das Ergebnis der Beklagten.
4
Seit Frühjahr 2007 häuften sich auf dem US-Hypothekenmarkt wegen stark gestiegener Zinsen, des allgemeinen Preisverfalls von Immobilien und sehr niedriger Kreditvergabestandards die Ausfälle der ebenfalls in Form von strukturierten Wertpapieren gehandelten Immobilienkredite. Bei der Beklagten kam es wie bei anderen betroffenen Banken zu Anfragen der Deutschen Bundesbank und von Rating-Agenturen. Mitte Juli 2007 stuften Rating-Agenturen erstmals die sog. Subprimes wegen der erhöhten Ausfallrisiken herab. Zum gleichen Zeitpunkt sanken die Preise für durch die Beklagte emittierte Anleihen und es gab Gerüchte, die Beklagte treffe mit Blick auf den US-Subprime-Markt ein substantielles Risiko. Da auch der Markt von einem höheren Ausfallrisiko ausging, weiteten sich die Aufschläge auf die variable Grundverzinsung der Beklagten , die sog. Bond Spreads. Der Preis für sog. CDS (Credit Default Swaps) auf die Beklagte stieg ebenfalls; am 20. Juli 2007 wurde erstmals bei dem Wirtschaftsinformationsdienst Bloomberg eine Preisstellung auf CDS auf die Beklagte veröffentlicht. Zeitgleich fiel der Kurs der Aktie der Beklagten.
5
Um die aufgekommenen Gerüchte auszuräumen und die nervöse Marktsituation zu beruhigen, gab der damalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten - in Kenntnis der oben genannten Umstände - am Freitag, den 20. Juli 2007 eine Pressemitteilung heraus, die auszugsweise folgenden Inhalt hatte: "… Die Entwicklung im europäischen Bankensektor - insbesondere in den Aktien- und Kreditmärkten - ist in den letzten Wochen von einer hohen Volatilität geprägt gewesen. Anlass hierfür waren insbesondere Unsicherheiten im US-Hypothekenmarkt. Die jüngste sehr umfassende Moody’s-Analyse für dieses Marktsegment hat im Hinblick auf I. -Engagements in internationale Portfolioinvestments und auf die Beratungsmandate der I. GmbH praktisch keine Auswirkung. Von den in diesem Zusammenhang von Moody’s auf die Watchlist gesetzten Tranchen ist die I. lediglich mit einem einstelligen Millionen- Betrag betroffen. Von der jüngsten Analyse, die Standard & Poors für den CDO-Markt erstellt hat, ist die I. in keinerlei Hinsicht betroffen. Schwerpunkt unserer Engagements bilden Investments in Portfolien von Unternehmenskrediten. …"
6
Wegen der Herausgabe dieser Presseerklärung ist der Vorstandsvorsitzende der Beklagten wegen vorsätzlicher Marktmanipulation gemäß § 20a Abs. 1 Nr. 1, § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 3 StR 506/10, NZG 2011, 1075). Am 26. Juli 2007 erwarb der Zedent 1.000 Aktien der Beklagten zu einem Kurs von 23,77 € (Gesamtpreis 23.916,04 €), die er am 10. September 2007 auf die Klägerin übertrug. Am 27. Juli 2007 schloss die Bank gegenüber der Beklagten die Handelslinien im Interbankenverkehr ; dem schlossen sich andere Kreditinstitute an. Am Wochenende des 28./29. Juli 2007 kam es zu einem Krisentreffen unter Beteiligung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als dem größten Aktionär der Beklagten, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), der Deutschen Bundesbank und des Bundesfinanzministeriums, an dessen Ende die Einrichtung eines sog. Rettungsschirmes zugunsten der Beklagten stand. Am Montag, den 30. Juli 2007 veröffentlichte die Beklagte eine diesbezügliche Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG. Daraufhin brach der Aktienkurs der Beklagten ein.
7
Die Klägerin verlangt im Wege des Schadensersatzes Zahlung von 23.916,04 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Aktien. Ihre Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

9
Das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. Januar 2010 - I-15 U 230/09, juris), hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Die Klägerin könne unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von der Beklagten Schadensersatz fordern. Ein Schadensersatzanspruch aus § 37c WpHG scheide schon deshalb aus, weil es sich bei der Pressemitteilung vom 20. Juli 2007 nicht um eine Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG handele. Auch eine analoge Anwendung des § 37c WpHG komme mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht. Der Gesetzgeber habe bewusst davon abgesehen , eine Anspruchsgrundlage für Schäden aufgrund jeglicher Form der Fehlinformation des Kapitalmarktes zu schaffen, sondern gezielt nur an Ad-hocMitteilungen angeknüpft.
11
Die Beklagte hafte auch nicht aus § 37b WpHG. Es könne insofern dahinstehen , ob der Umfang des eigenen und über Zweckgesellschaften bewirkten Engagements der Beklagten in Subprime-Anleihen eine publikationspflichtige Insiderinformation darstelle, zu deren Veröffentlichung die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, da sich jedenfalls nicht feststellen lasse, dass die Beklagte zum damals maßgeblichen Zeitpunkt deren Kursrelevanz habe erkennen müssen. Insoweit sei entscheidend, ob sie die tatsächlich eingetretene weitere Entwicklung, d.h. die nur durch Kombination zweier so noch nie da gewesener und nicht vorhersehbarer Ereignisse - Sperrung der Kreditlinie durch die Bank und Zusammenbruch des ABCP-Marktes - bewirkte existenzgefährdende Zuspitzung der Lage erkannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt und dennoch von der Veröffentlichung abgesehen habe. Allein der sich aus Ex-post-Sicht ergebende - berechtigte - Vorwurf einer Fehleinschätzung trage diese Annahme nicht.
12
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 20a WpHG scheitere schon daran, dass § 20a WpHG kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB sei. Das Verbot der Kurs- und Marktmanipulation diene ausweislich der Gesetzesbegründung der Wahrung der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten. Der lediglich mittelbar bewirkte Anlegerschutz reiche - wie Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichthofes zur Vorgängernorm des § 88 BörsG aF zeigten - vor dem Hintergrund des Normzwecks für die Qualifikation von § 20a WpHG als Schutzgesetz nicht aus. Zudem stünden dem Anleger mit §§ 37b, 37c WpHG Anspruchsgrundlagen zur Liquidation eines etwaigen Schadens zur Verfügung.
13
Hinsichtlich eines Anspruchs aus § 826 BGB habe die Beklagte jedenfalls dessen subjektiven Tatbestand nicht verwirklicht. Die dafür nötige besondere Verwerflichkeit des Verhaltens könne nicht bejaht werden. Motiv der Beklagten für die Herausgabe der Pressemitteilung vom 20. Juli 2007 sei gewesen , am Markt aufgekommene und aus ihrer damaligen Sicht in der Sache unberechtigte Gerüchte über ihre Betroffenheit von der US-Hypothekenkrise zu entkräften und so zu einer Beruhigung der nervösen Situation beizutragen.
14
Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG scheiterten daran, dass die Verhältnisse der Beklagten nicht in "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" unrichtig wiedergegeben worden seien.

II.

15
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hätte mit der von ihm gegebenen Begründung einen Anspruch der Klägerin aus § 37b Abs. 1 Nr. 1 WpHG auf Ersatz des Vertragsabschlussschadens nicht abschließend verneinen dürfen.
16
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings einen Anspruch wegen Veröffentlichung unwahrer Insiderinformationen aus § 37c Abs. 1 Nr. 1 WpHG verneint (ebenso OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. September 2009 - I-6 U 14/09, juris Rn. 59). Bei der Mitteilung vom 20. Juli 2007 handelt es sich schon der äußeren Form nach nicht um eine Ad-hoc Mitteilung nach § 15 WpHG. Sie war nicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) der Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (nachfolgend: WpAIV) ausdrücklich als Ad-hoc-Meldung nach § 15 WpHG, sondern als "Pressemitteilung" bezeichnet. Überdies wurde sie auch nicht gemäß §§ 3a, 5 WpAIV in den Organen der Ad-hoc-Publizität veröffentlicht (vgl. dazu Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 15 Rn. 246, 277 ff.).
17
2. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht mangels planwidriger Regelungslücke eine analoge Anwendung von § 37c Abs. 1 Nr. 1 WpHG abgelehnt (so auch Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., §§ 37b, 37c Rn. 30 mwN; Möllers/Leisch in KK-WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 71 mwN; Fenchel, DStR 2002, 1355, 1360; Longino, DStR 2008, 2068, 2071). Der Gesetzgeber hat mit den §§ 37b, 37c WpHG bewusst und in Kenntnis (vgl. BT-Drucks. 14/8017 S. 62) des im Bericht der Regierungskommission "Corporate Governance - Unternehmensführung - Unternehmenskontrolle - Modernisierung des Aktienrechts" aus dem Jahr 2001 (Rn. 182, 186) enthaltenen Vorschlags einer allgemeinen zivilrechtlichen Haftung bei fehlerhafter Information des Kapitalmarkts - z.B. auch durch Äußerungen bei Präsentationen, Analystenbesprechungen oder in der Hauptversammlung - im Rahmen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes (Gesetz vom 21. Juni 2002, BGBl. I S. 2010 ff., nachfolgend : 4. FFG) allein die Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen geregelt. Vor dem Hintergrund der ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8017 S. 62) zu vermeidenden Überregulierung des Anlegerschutzes verbietet sich damit eine analoge Anwendung der Vorschrift, zumal auch ein weitergehender Gesetzentwurf aus dem Jahr 2004 (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz - KapInHaG, dort S. 2 f., 15, abgedruckt in NZG 2004, 1042 ff., siehe dazu Veil, BKR 2005, 91 ff.) zurückgezogen wurde.
18
3. Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das Berufungsgericht einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG verneint hat. Zwar ist § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG als Schutzgesetz zu qualifizieren (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1723, insoweit nicht in BGHZ 160, 149 abgedruckt). Jedoch waren die am 20. Juli 2007 veröffentlichten Informationen nicht in "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" i.S.v. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG enthalten. Unter Ersteren versteht man alle Berichte, die den Vermögensstand des Unternehmens so umfassend wiedergeben, dass sie ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Aktiengesellschaft ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken; Letztere sind Zusammenstellungen von Zahlenmaterialien, insbesondere alle Arten von Bilanzen, die einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ermöglichen (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1723; vgl. auch MünchKommAktG/Kropff, 2. Aufl., § 400 Rn. 19 ff.; Oetker in Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 400 Rn. 7; Park, Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl., § 400 Rn. 15 f.). Beides hat das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung wegen der ersichtlich überschlägigen, isolierten und unvollständigen Angaben, die noch keine genauere und umfassende Überprüfung erlauben, sowie wegen des Verweises auf den erst am 14. August 2007 erscheinenden vollständigen Quartalsbericht verneint. Auch die Revision erhebt dagegen keine Einwendungen.
19
4. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG mit der Begründung abgelehnt hat, § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG sei kein Schutzgesetz.
20
a) Ob § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB zu qualifizieren ist, ist umstritten. Teilweise wird der Schutzgesetzcharakter der Vorschrift unter Hinweis auf den in der Gesetzesbegründung des 4. FFG und des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (Gesetz vom 28. Oktober 2004, BGBl. I S. 2630 ff.; im Folgenden: AnSVG) angesprochenen Gedanken des Anlegerschutzes bejaht (Mock/Stoll/Eufinger in KK-WpHG, § 20a Rn. 427 ff.; Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. § 20a WpHG Rn. VI 156; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1066; Altenhain, BB 2002, 1874, 1875; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 142; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 792; wohl auch Leisch, ZIP 2004, 1573, 1578). Die herrschende Gegenansicht (Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 20a Rn. 27 ff.; Möllers in Derleder/Knops/ Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 69 Rn. 37; Fuchs/Fleischer, WpHG, § 20a Rn. 154; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 160; Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipuation gemäß § 20a WpHG, 2006, S. 11 ff.; Eichelberger, Das Verbot der Marktmanipulation (§ 20a WpHG), 2006, S. 363 ff.; Jungmichel, Haftung und Schadenskompensation bei Verstößen gegen Ad-hoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 196 ff.; Schwark in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., § 20a WpHG Rn. 7; Barnert, WM 2002, 1473, 1481; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1864; Rützel, AG 2003, 69, 79; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 938; Spindler, WM 2004, 2089, 2091; Edelmann, BB 2004, 2031, 2032) verneint die Schutzgesetzeigenschaft hauptsächlich deshalb, weil die Norm lediglich öffentlichen Interessen diene. Die letztgenannte Ansicht ist zutreffend.
21
b) Eine Norm ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (vgl. BGH, Urteile vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02, NJW 2004, 356, 357 und vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 26, jeweils mwN). Zudem muss die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen, wobei in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs , in den die Norm gestellt ist, geprüft werden muss, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Beweiserleichterungen zu knüpfen (BGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 26, 29 zu § 34a Abs. 1 Satz 1 WpHG und Senatsurteil vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 18 mwN zu § 32 Abs. 2 Nr. 1 WpHG).
22
c) Misst man § 20a Abs. 1 WpHG an diesen Maßstäben, so hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass § 20a Abs. 1 WpHG kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB ist.
23
aa) Dem Wortlaut der Bestimmungen des Wertpapierhandelsgesetzes lässt sich nicht allgemein entnehmen, ob und welchen Vorschriften Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zukommt. Es bedarf daher einer konkreten Einzelnormbetrachtung (BGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 27). Aus dem Wortlaut des § 20a WpHG lassen sich indes - neben der für sich allein genommen wenig aussagekräftigen Abwesenheit einer § 15 Abs. 6 WpHG entsprechenden Ausschlussklausel - keine Rückschlüsse auf die Reichweite des vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutzes ziehen.
24
bb) Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 4. FFG findet sich zwar im allgemeinen Teil der Passus, Ziel des Entwurfs sei (auch) die Stärkung des Anlegerschutzes (BT-Drucks. 14/8017 S. 1, 62; vgl. insoweit auch BT-Drucks. 15/3174 S. 1, 26 zum AnSVG); jedoch wird im gleichen Atemzug betont, eine Überregulierung des Anlegerschutzes sei zur Verhinderung der Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit zu vermeiden (BT-Drucks. 14/8017 S. 62). Zudem wird bei der Begründung der konkreten Norm selbst entweder nur auf die aufsichtsrechtliche Komponente der Änderung hingewiesen (BT-Drucks. 14/8017 S. 64) oder allein die durch § 20a WpHG bezweckte Funktionsfähigkeit der Wertpapiermärkte betont (BT-Drucks. 14/8017 S. 89, 99). Da des Weiteren der sachliche Schutzbereich der Vorschrift mit der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Märkten und Börsen umschrieben wird (BT-Drucks. 14/8017 S. 89, 98), sprechen die Materialien eher gegen einen intendierten Individualschutz. Dies korrespondiert mit der durch das AnSVG umgesetzten (BT-Drucks. 15/3174 S. 1, 37) Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch; ABl. 2003 EG Nr. L 96/03 S. 16), in deren Erwägungsgründen ebenfalls hauptsächlich auf den Schutz der Marktintegrität abgestellt wird (vgl. Gründe (2), (11), (12), (15), (24), (34), (37) und (43)).
25
cc) Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt dieses Ergebnis. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte § 20a WpHG nämlich die bisherige Regelung des § 88 BörsG aF ablösen (BT-Drucks. 14/8017 S. 64, 89). Jener kam indes nach übereinstimmender Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 742/02, WM 2002, 2207, 2209) und des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 139 f.) keine Schutzgesetzeigenschaft zu. Begründet wurde dies u.a. mit dem - auch auf § 20a WpHG übertragbaren - Gedanken der sonst drohenden Aushöhlung des § 15 Abs. 6 WpHG aF. Dieser würde umgangen, käme man über die Einstufung des § 20a WpHG als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB dennoch zu einer Haftung, die vom Gesetzgeber gerade nicht beabsichtigt war. Vor diesem Hintergrund ist die Tatsache, dass der Gesetzgeber anders als bei § 15 WpHG (BT-Drucks. 14/8017 S. 87) für § 20a WpHG dessen fehlenden Schutzgesetzcharakter in der Gesetzesbegründung nicht klargestellt hat, als Versehen (Fleischer, NJW 2002, 2977, 2979: "Unterlassungssünde") einzustufen.
26
dd) Der Gesetzgeber hat sich in systematischer Hinsicht gegen eine allgemeine deliktische Haftung für Vermögensschäden und für eine Anknüpfung an die Verletzung besonders aufgeführter Rechtsgüter entschieden. Die im deliktischen Haftungssystem auf § 826 BGB beschränkte Gewährleistung eines Vermögensschutzes darf daher nicht durch eine ausufernde Anerkennung von Schutzgesetzen unterlaufen werden (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 20). Nach der Senatsrechtsprechung kommt den in erster Linie aufsichtsrechtlichen Regeln des WpHG folglich keine eigenständige schadensersatzrechtliche Bedeutung zu (Senatsurteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18 und vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 16). Berücksichtigt man ferner, dass seit Einführung der §§ 37b, 37c WpHG autonome Anspruchsgrundlagen in Fällen der Verletzung von Veröffentlichungspflichten existieren, die gezielt nur für den Bereich der Ad-hoc-Mitteilungen geschaffen wurden, kann auch nicht mehr argumentiert werden, der gesetzgeberisch mitbeabsichtigte Anlegerschutz lasse sich effektiv nur durch eine (weitere) deliktische Haftung verwirklichen (zu diesem Kriterium als Voraussetzung für die Anerkennung einer Norm als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB: BGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 29).
27
5. Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das Berufungsgericht eine Informationsdeliktshaftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat.
28
Wie das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 157 f. und II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1730) zutreffend ausgeführt hat, genügt für die Annahme der Sittenwidrigkeit weder der Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift noch die Tatsache eines eingetretenen Vermögensschadens ; vielmehr muss sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben. Zwar kann diese Verwerflichkeit bei einer direkt vorsätzlichen unlauteren Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch eine grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilung - an der es vorliegend fehlt - indiziert sein (vgl. BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 157 f. und II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1730), jedoch bedarf es immer einer Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände.
29
Diese hat das Berufungsgericht gewürdigt. Dabei hat es in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Sittenwidrigkeit verneint. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen die Denk- und Erfahrungsgesetze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 38; BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729 und vom 30. Oktober 2007 - VI ZR 132/06, NJW 2008, 571, Rn. 8 mwN). Derartige Rechtsfehler weist das - insoweit von der Revision auch nicht angegriffene - Urteil nicht auf.
30
6. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht dagegen einen Anspruch der Klägerin aus § 37b Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 WpHG auf Ersatz des für die Aktien gezahlten Kaufpreises verneint.
31
Nach § 37b Abs. 1 Nr. 1 WpHG hat ein börsennotiertes Unternehmen einem Anleger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist, dass er Finanzinstrumente zu einem Zeitpunkt erworben hat, in dem das Unternehmen Insiderinformationen hätte veröffentlichen müssen, dies jedoch schuldhaft unterlassen hat. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 WpHG muss ein Inlandsemittent von Finanzinstrumenten Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen. Eine Insiderinformation ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen Emittenten von Insiderpapieren beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen.
32
a) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin nach diesen Vorschriften mit der Begründung verneint, es könne dahingestellt bleiben, ob die Beklagte vor dem 27. Juli 2007 zu einer Ad-hoc-Mitteilung über die Höhe ihres unmittelbaren und mittelbaren Engagements in USSubprimes verpflichtet gewesen sei, da sich jedenfalls nicht feststellen lasse, dass die Beklagte die Kursrelevanz habe erkennen müssen, weil die nachfolgende Entwicklung nicht vorhersehbar gewesen sei.
33
b) Da das Berufungsgericht die - maßgeblich nach einer tatrichterlichen Würdigung der Umstände zu beurteilende - Verpflichtung der Beklagten zur Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung trotz gewisser Zweifel letztlich ausdrücklich offen gelassen hat, ist ihr Bestehen hier zugunsten der Klägerin zu unterstellen. Stellt sich aber die Höhe des Subprime-Anteils der jeweiligen Investments der Beklagten als eine gemäß § 15 WpHG veröffentlichungspflichtige Insiderinformation dar, erweist sich das Abstellen des Berufungsgerichts auf die Vorhersehbarkeit einer "existentiellen Bedrohung" der Beklagten bzw. des "Szenario[s] vom 27.07.2007", also der Kreditliniensperrung durch die Bank und des zeitgleichen Zusammenbruchs des ABCP-Marktes als rechtsfehlerhaft. Denn für einen Schadensersatzanspruch aus § 37b Abs. 1 WpHG kommt es allein darauf an, ob die Beklagte dessen objektive Voraussetzungen, insbesondere das Kursbeeinflussungspotential der Information "Höhe des Subprime -Anteils" kannte oder aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Hierfür statuiert § 37b Abs. 2 WpHG - was das Berufungsgericht außer Acht lässt - zu- gunsten des geschädigten Anlegers eine gesetzliche Vermutung, die die Beklagte zu widerlegen hatte. Dazu fehlt es zum einen an Feststellungen. Zum anderen folgt aus der Veröffentlichung der Presseerklärung vom 20. Juli 2007, dass die Verantwortlichen der Beklagten die Kursrelevanz des SubprimeEngagements zu diesem Zeitpunkt kannten. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang , ob - was das Berufungsgericht verneint und worauf auch die Revisionserwiderung abstellt - die Klägerin ausreichend dargelegt hat, die Beklagte habe die sich aus den unmittelbaren und mittelbaren Investments ergebenden Risiken nicht aus eigener Kraft auffangen oder sich im Umfang einer Inanspruchnahme am Interbankenmarkt nicht refinanzieren können. Die Tatsache der Veröffentlichung der Pressemitteilung zum Thema Auswirkungen der USHypothekenkrise am 20. Juli 2007 belegt im Gegenteil, dass der Beklagten spätestens zu diesem Zeitpunkt die Bedeutung der Höhe ihres SubprimeEngagements für das bereits sensibilisierte Marktpublikum sehr wohl bewusst war. Nicht ohne Grund hat sie dort hervorgehoben, den Investitionsschwerpunkt in anderen Portfolien gesetzt zu haben.

III.

34
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
35
1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung handelt es sich bei der Höhe des Subprime-Engagements der Beklagten um eine Insidertatsache, die die Beklagte in einer Ad-hoc-Mitteilung zeitlich vor dem Erwerbsgeschäft der Klägerin hätte veröffentlichen müssen.
36
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass es sich bei der Höhe des Subprime-Anteils der unmittelbar eigenen Investments der Beklagten sowie derjenigen der mit der Beklagten verbundenen Zweckgesellschaften um konkrete Informationen i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG handelt (vgl. dazu auch Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 7 f., 11; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 12, 23). Denn sie beziehen sich auf Tatsachen, die jedenfalls präzise genug sind, um den Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Umstände auf die Kurse von Finanzinstrumenten zuzulassen (BT-Drucks. 15/3174 S. 34).
37
aa) Hinsichtlich beider Investments ist der in § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG weiter geforderte Selbstbezug gegeben, da dieser sowohl ein direkter wie auch ein indirekter sein kann, sodass auch eine bloß mittelbare Betroffenheit - wie durch das über Liquiditätslinien und Beratungsmandate bewirkte Engagement der Beklagten in die Zweckgesellschaften - ausreicht (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 33; Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Stand 15. Juli 2005, S. 21; dazu Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 43; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 39 f.).
38
bb) Diese Informationen betreffen entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht öffentlich bekannte Umstände im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG. Denn nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich zwar die (direkte und indirekte) Tätigkeit der Beklagten auf dem verbrieften internationalen Kreditportfoliomarkt aus den Geschäftsberichten der Jahre 2002 bis 2007 ersehen, die genaue Zusammensetzung dieser Engagements und insbesondere der entscheidende, darin jeweils enthaltene Subprime-Anteil geht daraus jedoch nicht hervor. Dieser ergibt sich erst aus dem nach der Krise im Februar 2008 veröffentlichten "Geänderten Geschäftsbericht". Soweit die Revisionserwiderung ferner auf die vom Berufungsgericht erörterte, nach damaligen Standards ordnungsgemäße Bilanzierungspraxis der Beklagten und die Ausweisung der aus den Beratungsmandaten und dem Stellen der Liquiditätslinien erwachsenen Verbindlichkeiten in der Bilanz abhebt, geht auch daraus der jeweils konkrete Subprime-Anteil nicht hervor.
39
cc) Bei der Höhe des Subprime-Anteils der von den Zweckgesellschaften getätigten Investments handelt es sich - anders als die Revisionserwiderung meint - auch um eine die Beklagte unmittelbar betreffende Information (§ 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Eine Insiderinformation betrifft den Emittenten insbesondere dann unmittelbar, wenn sie sich auf Umstände bezieht, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind (§ 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG). Das nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den angesprochenen Verkehrskreisen bekannte Engagement über Beratungsmandate und die Gewährung von Liquiditätslinien in den RFCCC, der seinerseits wiederum nahezu ausschließlich in verbriefte internationale Forderungsportfolien investierte, geht auf eine Unternehmensentscheidung der Beklagten zurück und hat bei Ziehen der gestellten Liquiditätslinien direkte Auswirkung auf das Ergebnis der Beklagten. Damit bezieht sich der Ausfall der Subprimes auf Umstände aus dem Tätigkeitsbereich des Emittenten i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es für den Anleger nicht entscheidend darauf an, ob sich die existentielle Krise der Beklagten aus eigenen Investments oder denen des vertraglich mit ihr verbundenen RFCCC ergibt.
40
b) Die Information über die Höhe des Subprime-Anteils der Investments der Beklagten war auch geeignet, bei ihrem Bekanntwerden den Kurs der Aktie der Beklagten erheblich zu beeinflussen i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG.
41
aa) Das Kursbeeinflussungspotential einer Information ist in objektivnachträglicher , auf den Zeitpunkt des Insiderhandelns abstellender Ex-antePrognose zu ermitteln (so auch die herrschende Meinung, vgl. Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 54 f.; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 42 f. jeweils mwN). Maßgeblich ist danach weder, ob der Handelnde die Information für kurserheblich hielt oder nicht, noch, ob der Kurs des betroffenen Papiers nach Bekanntwerden der Information tatsächlich eine Veränderung erfährt. Zwar kann der faktische Kursverlauf des Insiderpapiers nach Veröffentlichung dann Indizwirkung haben, wenn andere Umstände als das öffentliche Bekanntwerden der Insiderinformation für die erhebliche Kursänderung praktisch ausgeschlossen werden können (Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 55; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 42). Der Revisionserwiderung ist aber zuzugeben, dass es daran hier schon deshalb fehlt, weil mit der zwischenzeitlich erfolgten Sperrung der Kreditlinie durch die Bank und dem Zusammenbruch des ABCP-Marktes weitere Ursachen für den tatsächlichen Wertverlust der Aktie der Beklagten nach Veröffentlichung der Information durch die Ad-hoc-Mitteilung vom 30. Juli 2007 vorhanden sind. Ausschlaggebend ist nach § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG vielmehr, ob ein verständiger - also mit den Marktgegebenheiten vertrauter, börsenkundiger (Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 58; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 87) - Anleger die Information über den Subprime-Anteil der Investments der Beklagten bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigt hätte.
42
bb) Anders als das Berufungsgericht meint, gehörte zu den in diese Anlageentscheidung einzustellenden Marktverhältnissen schon vor dem 26. Juli 2007 die - unstreitige - Existenz einer substantiellen Krise auf dem SubprimeMarkt sowie die gerade deswegen schon erfolgten und der Beklagten bekannten objektiven Marktreaktionen.
43
Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wurden nämlich seit Mitte Juli 2007 Subprimes von den RatingAgenturen herabgestuft. Es kamen Gerüchte auf, denen zufolge die Beklagte gerade wegen ihres Engagements auf dem US-Subprime-Markt ein substantielles Risiko treffe. Zugleich fiel der Aktienkurs der Beklagten, während die Aufschläge auf die variable Grundverzinsung der Beklagten (die sog. BondSpreads ) wegen eines vermuteten erhöhten Ausfallrisikos stiegen. Die Preise für von der Beklagten emittierte Anleihen sanken hingegen. Vor diesem Hintergrund kann die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, dass das eigene Engagement der Beklagten "nach damals gängigen Kriterien nicht sehr riskant" und "der Anteil an Subprimes in den Portfolien nach damals gängiger Auffassung und Einschätzung für das in dem konkreten Investment liegende Risiko nicht von besonderer Aussagekraft" gewesen sei, weil man sich an der Einschätzung von Rating-Agenturen orientiert habe, jedenfalls nicht mehr für den Zeitpunkt der Pressemitteilung vom 20. Juli 2007 gelten, weil sie insoweit überholt ist.
44
Danach erhielt die Höhe des Subprime-Engagements ihre Kursrelevanz und damit auch ihren Charakter als veröffentlichungspflichtige Insiderinformation im Sinne von § 13 WpHG nicht - wie die Revisionserwiderung mit ihrem Hinweis auf die ungefährdete Bonität der Beklagten wohl geltend machen will - erst durch die konkrete Wahrscheinlichkeit eines bevorstehenden Marktzusammenbruchs und einer der Beklagten daraus drohenden Existenzkrise, sondern vielmehr aus den schon Mitte Juli 2007 erfolgten allseits negativen Marktreaktionen hinsichtlich der Subprimes. Ein verständiger Anleger - der auch irrationale Reaktionen anderer Marktteilnehmer zu berücksichtigen hat (vgl. Fuchs/Mennicke/Jakovou, WpHG, § 13 Rn. 142, 149) - hätte daher bei einem derart hochsensiblen Markt bereits seit Mitte Juli 2007, spätestens jedoch am 20. Juli 2007 dem - vom Berufungsgericht festgestellten - Subprime-Anteil von 38,5% bei den eigenen Investments der Beklagten bzw. rund 90% bei denen der mit der Beklagten verbundenen Zweckgesellschaften ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential zugeschrieben. Damit korrespondiert auch der - eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift darstellende (BGH, Urteil vom 25. Februar 2008 - II ZB 9/07, WM 2008, 641 Rn. 24) - Emittentenleitfaden der BaFin (Stand 15. Juli 2005, S. 43 f.), der zu den veröffentlichungspflichtigen Insiderinformationen u.a. den Ausfall wesentlicher Schuldner und erhebliche außerordentliche Aufwendungen zählt.
45
cc) Die jedem Emittenten im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Unverzüglichkeit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG) zuzubilligende Prüffrist, ob tatsächlich eine Ad-hoc-Publizitätspflicht besteht (dazu Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., §§ 37b, 37c Rn. 43a; Assmann, ebd., § 15 Rn. 249; Möllers/ Leisch in KK-WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 200; Zimmer/Grotheer in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., § 37c WpHG Rn. 66; Fuchs/Pfüller, WpHG, § 15 Rn. 261), war jedenfalls am 20. Juli 2007 abgelaufen. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, wurde an diesem Tag vom Vorstandsvorsitzenden der Beklagten die Pressemitteilung gerade wegen der Gerüchte um eine substantielle Betroffenheit der Beklagten von der US-Hypothekenkrise und zur Beruhigung der nervösen Situation veröffentlicht. Dennoch finden sich dort keinerlei Angaben zur genauen Höhe des SubprimeAnteils der von der Beklagten direkt oder indirekt getätigten Investments.
46
Zwar wird unter Hinweis auf eine Studie der Ratingagentur Moody’s ein- geräumt, von den "Unsicherheiten im US-Hypothekenmarkt" in einem einstelligen Millionenbereich betroffen zu sein, sodann aber eine weitere Studie von Standard & Poor’s angeführt, nach der die Beklagte"in keinerlei Hinsicht" Aus- wirkungen zu befürchten habe. Begründet wird dies im folgenden Satz damit, dass den Schwerpunkt der Engagements der Beklagten Investments in Portfo- lien von Unternehmenskrediten bildeten. Abgesehen davon, dass nach dem oben Ausgeführten gerade der genaue Anteil der hoch marktsensiblen Subprimes zu veröffentlichen gewesen wäre - der bei den unmittelbaren Engagements bei 38,5% lag - vermittelt dieser Nachsatz noch dazu den unzutreffenden Eindruck , auch bei den mittelbaren Engagements betrage der Subprime-Anteil weit weniger als der konservativer Investments, während er tatsächlich bei rund 90% lag.
47
2. Der Anspruch aus § 37b Abs. 1 WpHG umfasst entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung die von der Klägerin Zug um Zug begehrte Rückgängigmachung des Erwerbsgeschäfts.
48
a) Die Frage nach dem Umfang des von §§ 37b, 37c WpHG gewährten Schadensersatzes ist - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung bisher lediglich vom Landgericht Hamburg (Urteil vom 10. Juni 2009 - 329 O 377/08, juris Rn. 36) behandelt worden und in der Literatur umstritten.
49
Eine Meinung billigt dem geschädigten Anleger im Rahmen der §§ 37b, 37c WpHG lediglich einen Anspruch auf Ersatz der Kursdifferenz - im vorliegenden Fall also zwischen dem tatsächlichen Kaufpreis und dem Preis, der bestanden hätte, hätte die Beklagte die Insiderinformation rechtzeitig veröffentlicht - zu (Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., §§ 37b, 37c Rn. 70 ff. mwN; Fuchs, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 34 f.; Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht , 3. Aufl., § 37c WpHG Rn. 7; Zimmer/Grotheer in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., § 37c WpHG Rn. 86 ff.; Maier-Reimer/ Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 129 ff.; Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. § 37c WpHG Rn. VI 376; Engelhardt, BKR 2006, 443, 447; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1068 f.; Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 ff.; ders., DB 2004, 2031, 2035; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 654 f.; Hopt/Voigt, WM 2004, 1801, 1804; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1860 f.; Rützel, AG 2003, 69, 79; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1635 ff.; Longino, DStR 2008, 2068, 2071; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 55; Jungmichel, Haftung und Schadenskompensation bei Verstößen gegen Ad-hoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 155 ff.).
50
Die Gegenansicht sieht auch die Rückgängigmachung des Wertpapiergeschäfts als von den §§ 37b, 37c WpHG umfasst an (Möllers/Leisch in KK-WpHG, §§ 37b, 37c, Rn. 240 ff. mwN; Oulds in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 14.267; Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 146; Dogan, Ad-hocPublizitätshaftung , 2005, S. 101 ff.; Dühn, Schadensersatzhaftung börsennotierter Aktiengesellschaften für fehlerhafte Kapitalmarkinformation, 2003, S. 179 f.; Kissner, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit für Ad-hoc-Mitteilungen, 2002, S. 159; Hennrichs in Festschrift Kollhosser, 2004, Band II, S. 201, 206 f.; Rössner/Bolkart, ZIP 2002, 1471, 1475; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1575; EscherWeingart /Lägeler/Eppinger, WM 2004, 1845, 1848 ff.). Die letztgenannte Auffassung trifft zu.
51
b) Ausgangspunkt der Betrachtung muss § 249 BGB als Basisnorm des gesamten Schadensrechts sein, die den Grundsatz der Totalreparation statuiert. Zwar ergibt sich daraus für den von § 37b WpHG geregelten Fall der unterbliebenen Ad-hoc-Mitteilung nicht, welcher hypothetische Zustand bestünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten - mithin die Beklagte ihrer Publizitätspflicht aus § 15 WpHG rechtzeitig nachgekommen - wäre; unter Hinweis auf die nach diesem Prinzip ohne Abstriche zu leistende Kompensation gelangt die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Informationspflichtverletzungen jedoch im Regelfall zu einer schadensrechtlichen Rückabwicklung (vgl. zur Prospekthaftung im engeren Sinn: BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 220 mwN; zu vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzungen: Senatsurteile vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239 f. und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 46 mwN; zu Informationsdefiziten im Rahmen von Beratungsverträgen: Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 40; zur Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen im Rahmen von § 826 BGB: BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 153 f. und II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729 bzw. zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG: BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1359; in diesem Sinne ausdrücklich auch §§ 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG, 13 Abs. 1, 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG, 127 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 InvG).
52
Allerdings führt der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz desjenigen Schadens, dessen Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern soll (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1990 - XI ZR 63/89, NJW 1990, 2057, 2058, vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, BGHZ 116, 209, 212 und vom 20. März 2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rn. 21 f., 28, 42). Daher kommt im vorliegenden Fall eine Einschränkung des Anspruchsumfangs dann in Betracht, wenn die verletzte Publizitätspflicht aus § 15 WpHG dies gebietet. Dafür bieten indes weder Wortlaut und Entstehungsgeschichte noch Systematik oder Sinn und Zweck der §§ 37b, 37c WpHG hinreichende Anhaltspunkte.
53
aa) Auch wenn der Wortlaut der §§ 37b, 37c WpHG die in § 13 WpHG legaldefinierte Insiderinformation in Bezug nimmt, lässt sich daraus keine Beschränkung auf die Ersatzfähigkeit lediglich des Kursdifferenzschadens herleiten. Denn der in § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG enthaltene Hinweis auf die Anlageentscheidung eines verständigen Anlegers - und damit die ihr zeitlich vorangehende Willensbildung - ist nur für die Eignung der Information zur erheblichen Kursbeeinflussung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG bedeutend. Eine Aussage über die Rechtsfolge ist damit nicht verbunden. Gleiches gilt für die Formulierung in § 37b Abs. 1 WpHG, nach der der Emittent "zum Ersatz des durch die Unterlassung entstandenen Schadens verpflichtet" ist. Denn dazu, welchen Umfang dieser Anspruch hat, verhält sich die Norm nicht. Ganz im Gegenteil findet sich in § 37c Abs. 1 WpHG der auf das negative Interesse hindeutende Passus, der Emittent sei "zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dadurch entsteht, dass der Dritte auf die Richtigkeit der Insiderinformation vertraut". Die damit vorausgesetzte Kausalität von Ad-hoc-Mitteilung und Anlageentschluss wäre überflüssig, führte die Norm lediglich zum Ersatz der Kursdifferenz. Die Formulierung daher als gesetzgeberisches Redaktionsversehen abzutun (so Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1861), überzeugt schon deshalb nicht, weil einerseits in der Gesetzesbegründung des 4. FFG (BT-Drucks. 14/8017 S. 93 f.) der Wunsch nach einem Gleichlauf der Haftung im Rahmen der nahezu identisch formulierten §§ 37b, 37c WpHG zum Ausdruck kommt, und andererseits eine "Korrektur" durch das nachfolgende AnSVG unterblieben ist.
54
bb) Der systematische Zusammenhang, in den die §§ 37b, 37c WpHG eingebettet sind, spricht ebenfalls nicht für eine Beschränkung des Schutzumfangs. Anknüpfungspunkt der dort normierten Haftung ist die Zuwiderhandlung gegen die in § 15 WpHG geregelte Publizitätspflicht. Während derartige Verstöße vor Geltung des 4. FFG wegen § 15 Abs. 6 WpHG aF nur dann Ansprüche nach sich zogen, wenn sie sich aus Vorschriften außerhalb des WpHG ergaben (BT-Drucks. 12/7918 S. 102: § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB), stellt das WpHG seit Geltung der §§ 37b, 37c WpHG nunmehr eigene Anspruchsgrundlagen zur Verfügung, weshalb § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG entsprechend angepasst wurde. Über deren Reichweite ist damit noch keine Aussage getroffen.
55
cc) Die zur Auslegung der Normen heranzuziehenden Gesetzesmaterialien sind in Bezug auf den Umfang des ersatzfähigen Schadens bestenfalls ambivalent. Im allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8017) finden sich sowohl - für eine Beschränkung auf die Kursdifferenz sprechende - Bezugnahmen auf die "Integrität und Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes" (S. 62) sowie die "Herstellung von Transparenz an den Kapitalmärkten" (S. 63) als auch die offen artikulierte Absicht der Stärkung des als unzureichend bemängelten Anlegerschutzes (S. 62, 64, 93). Bei der Behandlung der konkreten Normen spricht die Begründung schließlich einerseits davon, der Anleger habe die Wertpapiere infolge der Verletzung der Veröffentlichungspflicht "zu teuer" oder "zu billig" erworben und "dadurch [sei] ein Schaden entstanden" (S. 93, 94); andererseits wird auf die Kenntnis des Anlegers von der negativen Tatsache abgestellt (S. 93), auf die es bei Beschränkung auf die bloße Kursdifferenz indes - wie oben unter aa) ausgeführt - nicht ankommt. Darüber hinaus wird stets und in Anlehnung an § 249 Abs. 1 BGB ohne Einschränkung betont, der Anleger sei so zu stellen, "als ob der Emittent seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hätte" (S. 93, 94).
56
dd) Berücksichtigt man ferner, dass es bei § 15 WpHG als Kardinalnorm der Ad-hoc-Publizitätspflicht jetzt heißt, diese solle "dazu beitragen, dass Marktteilnehmer frühzeitig über marktrelevante Informationen verfügen, damit sie sachgerechte Anlageentscheidungen treffen können" (BT-Drucks. 14/8017, S. 87; vgl. auch die Wiederholung im Regierungsentwurf zum AnSVG in BT-Drucks. 15/3174, S. 34), wird der gegenüber dem Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz (nachfolgend: 2. FFG) geänderte Schutzzweck der Veröffentlichungspflicht erkennbar. Während § 15 WpHG dort noch ausschließlich der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes diente (Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918 S. 102), bezweckt er nunmehr auch den Schutz des individuellen Anlegers vor auf unzutreffenden Marktinformationen beruhenden Anlageentscheidungen. Dann ist es nur folgerichtig , die Rechtsgeschäfte, die infolge von Verstößen gegen die Publizitätspflicht zustande kommen, rückgängig machen zu können.
57
ee) Dem kann nicht entgegengehalten werden, § 15 WpHG sei kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (so aber wohl Assmann in Assmann /Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 15 Rn. 27 f., unter Bezugnahme auf das zu § 15 WpHG aF ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 154). Der Umstand, dass §§ 37b, 37c WpHG in Abkehr zur früheren Rechtslage ausdrücklich einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch gewähren, belegt den nunmehr durch § 15 WpHG nF (auch) intendierten unbeschränkten Individualschutz.
58
ff) Dem Ersatz des Vertragsabschlussschadens steht auch nicht die Überlegung entgegen, dem Emittenten werde damit das allgemeine Marktrisiko aufgebürdet (so vor allem Fleischer, BB 2002, 1869, 1871; ders. DB 2004, 2031, 2035; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 655; Zimmer/Grotheer in Schwark/ Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., § 37c WpHG Rn. 89; Fuchs/ Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1637: "drohende Übermaßhaftung"). Denn schon die dieser Argumentation unausgesprochen zugrunde liegende Annahme, der Emittent habe nur das Risiko der Irreführung zu tragen, während die aufgrund allgemeiner (ungünstiger) Marktentwicklung eingetretenen Schäden grundsätzlich beim Kunden zu verbleiben hätten, erweist sich als unzutreffend. Wie schon der - auch im Schadensersatzrecht in Bezug genommene (vgl. §§ 281 Abs. 5, 283 Satz 2 BGB) - § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB zeigt, verbleibt die Gefahr der zufälligen Verschlechterung der zurück zu gewährenden Sache generell beim Schädiger. Dementsprechend kommt die Rechtsprechung nicht nur bei vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzungen im Regelfall zu einem auf dem Grundsatz der Totalreparation (§ 249 Abs. 1 BGB) fußenden uneingeschränkten Schadensersatzanspruch (vgl. nur Senatsurteile vom 9. Juni 1998 - XI ZR 220/97, ZIP 1998, 1306, 1308 und vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239 f. jeweils mwN), sondern auch bei einer Verletzung der aktienrechtlichen Publizitätspflicht des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG (BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1359). Das muss mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ebenso im Rahmen der wertpapierhandelsrechtlichen Veröffentlichungspflicht der §§ 37b, 37c WpHG gelten, denn die infolge allgemeiner Marktrisiken eingetretene Vermögensminderung ist trotzdem (auch) Folge der durch die unrichtige bzw. unterbliebene Ad-hoc-Mitteilung bedingten Investitionsentscheidung des Anlegers.
59
3. Aufgrund des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes ist offen, ob das pflichtwidrige Unterlassen der Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung auch ursächlich für die Anlageentscheidung der Klägerin war, sodass über den Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht abschließend entschieden werden kann.
60
a) Die Kausalität kann nicht verneint werden, weil das Berufungsgericht im unstreitigen Teil des Tatbestandes des Berufungsurteils (S. 5) festgestellt hat, am 25. Juli 2007 sei der Kurs der Aktie der Beklagten regelrecht eingebrochen. Zwar hätte sich ein Käufer, der nur einen Tag nach einem massiven Kursverlust Aktien erwirbt, nach der Lebenserfahrung auch durch eine diesem Kursverfall vorangehende - ebenfalls negative - Ad-hoc-Meldung kaum von seinem Kaufentschluss abbringen lassen. Die genannten Feststellungen des Berufungsgerichts stehen jedoch in Widerspruch zu dem Kursverlauf, wie er aus der auf Seite 4 des Berufungsurteils insoweit ausdrücklich in Bezug genommenen Anlage B ersichtlich ist. Damit ist der Tatbestand des Berufungsurteils - was der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 170/08, juris Rn. 11 mwN) - in Bezug auf den angeblichen Kurseinbruch vom 25. Juli 2007 widersprüchlich und nicht bindend (vgl. schon Senatsurteil vom 15. April 1997 - XI ZR 105/96, NJW 1997, 1917, insoweit nicht in BGHZ 135, 202 abgedruckt; BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 381/03, NJW-RR 2005, 962, 963). Der festgestellte Kurs, zu dem der Zedent am 26. Juli 2007 kaufte, lag bei 23,77 € und damit 0,03 € bzw. 0,18 € unter den aus der Anlage B ersichtlichen Kursen vom 25. Juli 2007 (23,80 €) und 24. Juli 2007 (23,95 €). Von einem regelrechten Kurseinbruch der Aktie der Beklagten vom 24. auf den 25. Juli 2007 kann daher bei einem Verlust von lediglich 0,62% bezogen auf die jeweiligen Schlusskurse keine Rede sein. Vielmehr brach der Kurs erst nach Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. Juli 2007 ein.
61
b) Die Kausalität kann mangels Feststellungen des Berufungsgerichts aber auch nicht bejaht werden. Auch kommen dem Anleger im Rahmen des von ihm zu erbringenden Kausalitätsnachweises bei §§ 37b, 37c WpHG grundsätzlich keine Beweiserleichterungen zugute.
62
aa) Die Anwendung der vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" bei der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Aufklärungspflichten oder der zivilrechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 5. Juli 1973 - VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118, 120 ff.; Senatsurteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 203/08, juris Rn. 22 f., jeweils mwN) kommt nicht in Betracht. Diese Vermutung sichert das Recht des Anlegers, der konkret in eine Anlage investieren will, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investiert oder nicht (vgl. BGH aaO). Diese Konkretisierung auf eine bestimmte Anlageentscheidung fehlt der Ad-hoc-Mitteilung, auch wenn durch sie der Kurs eines Finanzinstruments beeinflusst werden kann und dadurch auch Reaktionen der Anleger ausgelöst werden können.
63
bb) Eine analoge Anwendung der in § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG für die Börsenprospekthaftung in Bezug auf die haftungsbegründende Kausalität statuierten Beweislastumkehr scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus. Obwohl dem Gesetzgeber bekannt war (vgl. BT-Drucks. 13/8933 S. 76, 80), dass der dem Anleger obliegende Beweis der Ursächlichkeit unrichtiger Publizität für die von ihm getroffene Anlageentscheidung nahezu unmöglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 144), hat er keine der mannigfaltigen Änderungen des WpHG zum Anlass genommen, die §§ 37b, 37c WpHG insofern an § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG anzugleichen.
64
cc) Die von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung entwickelten Grundsätze des Anscheinsbeweises bei Vorliegen einer "Anlagestimmung" sind auf den vorliegenden Fall einer Haftung aus § 37b WpHG nicht zu übertragen (vgl. zu § 826 BGB schon BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 144 ff.). Da es hier um einen Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Ad-hoc-Mitteilung geht, fehlt es schon an positiven Signalen, die ggfs. von einer (falschen) Ad-hoc-Mitteilung ausgehen, und damit an einem Anknüpfungspunkt für eine einzelfallbezogene konkrete Anlagestimmung (dazu BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 146 f.; Beschluss vom 28. November 2005 - II ZR 80/04, WM 2007, 683 Rn. 9 f.).

IV.

65
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
66
1. Das Berufungsgericht wird - nachdem es den Parteien die Möglichkeit zu ergänzendem Vortrag gegeben hat - vor allem Feststellungen zur Kausalität der unterbliebenen Ad-hoc-Mitteilung über die Höhe des Subprime-Engagements der Beklagten und der Kaufentscheidung des Zedenten vom 26. Juli 2007 zu treffen haben. Dabei wird das Berufungsgericht die zeitliche Nähe der Kaufentscheidung des Zedenten zur Veröffentlichung der die Lage der Beklagten beschönigenden Pressemitteilung vom 20. Juli 2007 zu berücksichtigen haben (zu diesem Kriterium bereits BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 146 und vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358,

1361).

67
2. Für den Fall, dass der Klägerin der Kausalitätsnachweis zwischen unterbliebener Ad-hoc-Mitteilung und Kaufentschluss des Zedenten nach den oben genannten Maßstäben nicht gelingen sollte, weist der Senat darauf hin, dass dann jedenfalls der Kursdifferenzschaden ersatzfähig ist. Hierfür kommt es im Rahmen von § 37b WpHG nicht darauf an, ob der Zedent bei rechtzeitiger Veröffentlichung der Insiderinformation vom Kauf der Aktien Abstand genommen hätte; er muss lediglich darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass - wäre die Ad-hoc-Mitteilung rechtzeitig erfolgt - der Kurs zum Zeitpunkt seines Kaufs niedriger gewesen wäre (Möllers/Leisch in KK-WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 356 f. und Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., §§ 37b, 37c Rn. 83, jeweils mwN).
68
Sollte das Berufungsgericht die Entstehung eines derartigen Kursdifferenzschadens als erwiesen ansehen, wird es auch Feststellungen zu dessen Höhe (zur grundsätzlichen Ermittelbarkeit bereits BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1361) bzw. den für eine Schätzung nach § 287 ZPO nötigen Schätzgrundlagen zu treffen haben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteile vom 16. Dezember 1963 - III ZR 47/63, juris Rn. 17 ff.; vom 22. Mai 1984 - III ZR 18/83, BGHZ 91, 243, 256 f.; vom 17. Juni 1992 - I ZR 107/90, BGHZ 119, 20, 30 f.; vom 12. Oktober 1993 - X ZR 65/92, NJW 1994, 663, 664 f.; vom 1. Februar 2000 - X ZR 222/98, NJW-RR 2000, 1340, 1341; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 45/09, NJW 2010, 3434 Rn. 19, 22) kann und muss es von einer Schätzung nur dann absehen, wenn diese mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre. Steht jedoch fest, dass ein Schaden in einem der Höhe nach nicht bestimmbaren, aber jedenfalls erheblichen Ausmaß entstanden ist, wird sich in der Regel aus den Umständen, die die Annahme eines erheblichen Schadens begründen, eine ausreichende Grundlage für die Ermittlung eines gewissen (Mindest-)Schadens gewinnen lassen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1963 - III ZR 47/63, juris Rn. 19).
Wiechers Joeres Mayen Ellenberger Matthias Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.06.2009 - 1 O 310/08 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.01.2010 - I-15 U 230/09 -

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 402/02 Verkündet am:
19. Juli 2004
Vondrasek
Justizangstellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (nur zu III., IV.)
BGHR: ja
BGB § 826 C, E, Gb
Zur persönlichen Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nach
§ 826 BGB für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen.
BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02 - OLG München
LG Augsburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 12. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und
Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 30. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 1. Oktober 2002 aufgehoben.
II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Augsburg - 3. Zivilkammer - wird zurückgewiesen.
III. Die erstinstanzlichen Kosten werden wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten werden dem Kläger zu 1/3 und den Be - klagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern zu 2/3 auferlegt. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. Die Beklagten zu 2 und 3 tragen gesamtschuldnerisch 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
IV. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens werden den Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern auf- erlegt. Der Streithelfer der Beklagten hat die Kosten der Nebenintervention zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger, ein Rechtsanwalt, macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht mit der Begründung geltend, der Zedent sei durch unzutreffende Angaben in einer Ad-hoc-Mitteilung der I. AG (frühere Beklagte zu 1, im folgenden: I. AG) dazu veranlaßt worden, - mittlerweile wertlos gewordene - Aktien dieser Gesellschaft zu erwerben. Der Beklagte zu 2 war Vorstandsvorsitzender, der Beklagte zu 3 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der I. AG. Der Kläger hat die gegen die Gesellschaft gerichtete Klage nach Erlaß des Landgerichtsurteils zurückgenommen, nachdem am 1. Juli 2001 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet worden war.
Die Aktien der I. AG wurden im Juli 1998 zum geregelten Markt mit Handel im Neuen Markt bei einem Emissionskurs von 27,10 € zugelassen und erreichten nach starkem Kursanstieg bereits im Februar 1999 ihren Höchststand von 318,00 €. Nach zwischenzeitlicher Halbierung dieses Wertes und schwankendem Kurs erfolgte im August 1999 ein Aktiensplit im Verhältnis 1 : 5. Nach weiterhin uneinheitlichem Verlauf stieg der Kurs im Zusammenhang mit der Cebit im Februar 2000 nochmals kurzfristig bis auf 51,00 € an, um dann
nach und nach wieder abzufallen; derzeit bewegt er sich bei wenigen Cent pro Aktie.
Die I. AG veröffentlichte eine Vielzahl von Ad-hoc-Mitteilungen, u.a. am 20. Mai und am 13. September 1999. Am 20. Mai 1999 gab sie bekannt , der Mobilfunkanbieter M. habe bei ihr "per Rahmenabkommen Surfstations und die zugehörigen JNT-Lizenzen geordert"; das Auftragsvolumen betrage mindestens ca. 55 Mio. DM, wobei die Abwicklung in mehreren Chargen erfolge. Diese Ad-hoc-Mitteilung, die vom Beklagten zu 3 veranlaßt und vom Beklagten zu 2 gebilligt worden war, gab den mit der M. abgeschlossenen Vertrag nicht richtig wieder: Tatsächlich enthielt er nur eine verbindliche Bestellung über 14.000 Surfstationen mit einem Gesamtvolumen von ca. 9,8 Mio. DM; ergänzend war von M. lediglich für den Fall einer erfolgreichen Testphase die Erhöhung des Auftrags von 14.000 auf 100.000 Stationen in Aussicht gestellt worden. Erst mit dieser Folgebestellung - die allerdings nicht erfolgte - wäre das in der Ad-hoc-Meldung vom 20. Mai 1999 mitgeteilte Auftragsvolumen von 55 Mio. DM erreicht worden. Auf der Hauptversammlung der I. AG vom 24. Juni 1999 wurde der Inhalt der Meldung - freilich ohne Kenntnis des Klägers - auf entsprechende Nachfrage einer Aktionärin von den Beklagten zwar richtig gestellt, jedoch wurde die falsche Mitteilung vom 20. Mai 1999 später in der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. August 1999 wieder bestätigt. Erst durch Ad-hoc-Mitteilung vom 22. August 2000 wurde die ursprüngliche Meldung - zum Teil - widerrufen.
In einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung vom 13. September 1999 gab die I. AG bekannt, daß die G. bei ihr per Rahmenabkommen JNT-Lizenzen und Surfstationen im Wert von rund 55 Mio. DM geordert habe. Auch diese Mitteilung war unzutreffend, da es sich insoweit nicht um einen
neuen Auftrag, sondern lediglich um eine gemeinsame Vertriebsvereinbarung handelte. Dies wurde von der I. AG erst mit Ad-hoc-Mitteilung vom 29. August 2000 berichtigt.
Der Kurs der Aktie stieg unmittelbar nach der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 um ca. 20 % auf 40,80 €. Nachdem sich der Kurs - nach weiteren uneinheitlichen Ausschlägen - wieder beruhigt hatte, erwarb der Zedent am 28. Juli 1999 - unter Inanspruchnahme von Kontokorrentkredit - 230 Stückaktien der I. AG zum Kurs von 40,00 € (Gesamtaufwand incl. Nebenkosten : 90.945,70 DM).
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Teilurteil der Klage auf Zahlung von 90.945,70 DM nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Abtretung von 1.150 Aktien der I. AG stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht (ZIP 2002, 1889) nach erneuter Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO n.F.).
Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht Schadensersatzansprüche des Klägers sowohl aus (allgemeiner) Prospekthaftung (dazu unter I.) als auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der Verletzung eines Schutzgesetzes (dazu unter II.) verneint. Dennoch ist die Klage begründet, weil der Kläger - wie bereits das
Landgericht zutreffend erkannt hat - gegen die Beklagten einen Ersatzanspruch aus § 826 BGB hat (dazu unter III.).
I. Schadensersatz aus Prospekthaftung
Das Berufungsgericht hat Prospekthaftungsansprüche mit der Begründung verneint, die Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und vom 13. September 1999 seien nicht als "Prospekte" i.S. der allgemeinen Prospekthaftung anzusehen, weil sie keine vollständige Unternehmensdarstellung - wie ein Emissions- oder sonstiger (Wertpapier-)Verkaufsprospekt - enthielten. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
1. Allerdings ist schon im Ansatz zweifelhaft, ob die von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätze, die an ein typisiertes Vertrauen des Anlegers auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Prospektverantwortlichen gemachten Angaben anknüpfen (vgl. BGHZ 71, 284 u. st.Rspr.), hier überhaupt auf die Haftung der Beklagten für die von ihnen veranlaßten fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen (§ 15 WpHG a.F.) der I. AG - eines Unternehmens des Neuen Marktes, der ein Segment des geregelten Marktes ist (vgl. dazu Potthoff/Stuhlfauth, WM 1997, Sonderbeilage Nr. 3, S. 6 ff.) - Anwendung finden könnten. Der Senat hat bislang - anders als die Revision meint - lediglich entschieden (BGHZ 123, 106), daß die Prospekthaftungsgrundsätze auch für Prospekte gelten, mit denen für den Erwerb von Aktien außerhalb der geregelten Aktienmärkte geworben wird (vgl. aber für den Bereich der nicht zum Handel an einer inländischen Börse zugelassenen Wertpapiererstemissionen nunmehr die spezialgesetzliche Haftungsregelung nach § 13 VerkaufsprospektG (v. 13. Dezember 1990, BGBl. I, 2749) i.V.m. §§ 45 bis 48 BörsG).

2. Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil die Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 und vom 13. September 1999 jedenfalls nicht die an einen "Prospekt" im Sinne der Prospekthaftungsgrundsätze zu stellenden Anforderungen erfüllen.

a) Ein Prospekt stellt in der Regel die für den Anlageinteressenten wichtigste und häufigste Informationsquelle dar und bildet im allgemeinen die Grundlage seiner Anlageentscheidung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofes darf ein Anleger erwarten, daß er ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt erhält, d.h. daß der Prospekt ihn über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichtet (vgl. BGHZ 123, 106, 109 f.; Sen.Urt. v. 29. Mai 2000 - II ZR 280/98, NJW 2000, 3346 - jew. m.w.N.).
Diese Anforderungen kann eine Ad-hoc-Mitteilung i.S. des § 15 Abs. 1 WpHG a.F. in der Regel nicht erfüllen. Sie ist anlaßbezogen auf neue, bislang nicht veröffentlichte gewichtige Einzeltatsachen, die lediglich die bereits bekannten Informationen für den Sekundärmarkt ergänzen. Dabei erhebt die Bekanntgabe einer solchen kapitalmarktbezogenen Einzelinformation - anders als die den Primärmarkt betreffende Publizität eines (Emissions-)Prospekts - erkennbar nicht den Anspruch, eine das Publikum des Sekundärmarktes umfassend informierende Beschreibung zu sein.

b) So lag es jedenfalls hier bezüglich der beiden Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999. Sie betrafen jeweils einzelne Geschäftsabschlüsse, die ein vollständiges Bild über sämtliche für den Aktienkauf wesentlichen Umstände der Gesellschaft und die etwa damit ver-
bundenen Risiken ersichtlich nicht vermittelten; ebensowenig ließen die vermittelten Einzeltatsachen verläßliche Rückschlüsse über die Entwicklung der Aktie zu.
II. Schadensersatz aus Verletzung von Schutzgesetzen
Zu Recht hat das Berufungsgericht Ansprüche des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Verletzung etwaiger Schutzgesetze verneint.
1. Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 WpHG a.F. besteht nicht.
§ 15 WpHG a.F. ist kein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Normzweck des § 15 WpHG a.F. ist nach den Gesetzesmaterialien nicht der Schutz der Individualinteressen der Anleger, sondern ausschließlich die im öffentlichen Interesse liegende Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes (vgl. insbesondere: BT-Drucks. 12/7918, S. 96, 102). Dementsprechend stellt § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. ausdrücklich klar, daß Verstöße gegen § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. keine Schadensersatzpflicht des Emittenten auslösen. Das schließt eine Schutzgesetzeigenschaft des § 15 WpHG a.F. aus (h.M., vgl. BVerfG, Urt. v. 24. September 2002 - 2 BvR 742/02, ZIP 2002, 1986, 1988; Kümpel in Assmann/Schneider, WpHG 2. Aufl. § 15 Rdn. 188; Rützel, AG 2003, 69, 72; Thümmel, BB 2001, 2331, 2332; Groß, WM 2002, 477, 482; Horn, Festschrift Ulmer 2003, S. 817, 819; zur Gegenansicht: Möllers/Rotter, Ad-hocPublizität 2003, § 16 Rdn. 55).
2. Auch § 88 BörsG a.F ist - entgegen der Ansicht der Revision - kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB.

Der Senat hat bislang die Frage, ob § 88 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB ist, offengelassen (vgl. Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, NJW 1986, 837, 840). Er verneint sie nunmehr in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der herrschenden Meinung (vgl. BVerfG ZIP 2002, 1986, 1988 mit umfangreichen Nachw. z. Meinungsstand). Nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 10/318, S.44) ist über § 88 BörsG a.F. ein Schutz des einzelnen Anlegers nicht gewollt.
Schutzgesetz ist eine Rechtsnorm nur dann, wenn sie - sei es auch neben dem Schutz der Allgemeinheit - gerade dazu dienen soll, den einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu schützen. Dabei kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlaß des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder zumindest mitgewollt hat (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, NJW 1992, 241, 242 m.w.N.). Der Tatbestand des § 88 BörsG a.F. erfordert ein Handeln in der Absicht, auf den Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren einzuwirken. Wie bereits in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 10/318, S. 45), steht bei § 88 BörsG a.F. allgemein die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und Märkten mit ihrer für das gesamte Wirtschaftsleben weitreichenden Bedeutung im Vordergrund. § 88 BörsG a.F. bezweckt deshalb nach dem Willen des Gesetzgebers in erster Linie den Schutz der Allgemeinheit. Zwar wirkt sich der Schutz der Allgemeinheit mittelbar auch zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers aus (vgl. BT-Drucks. aaO S. 46). Damit erstrebt das Gesetz aber noch nicht einen be-
sonderen Schadensersatzanspruch zum Schutze (auch) der Individualinteressen des einzelnen (vgl. dazu: BGHZ 84, 312, 314; 125, 366, 374). Der dem einzelnen zustatten kommende mittelbare Schutz ist vielmehr nur eine Reflexwirkung des Gesetzes, die die zivilrechtliche Haftung nicht begründen kann (vgl. BGHZ 89, 383, 401). Die Funktion, den Anleger vor Täuschungen und Vermögensverlusten zu schützen, wurde von § 264 a StGB übernommen; diese Norm ist aufgrund ihres drittschützenden Charakters Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 aaO; vgl. dazu noch unten unter 5.).
3. Entgegen der Ansicht der Revision müssen weder § 15 WpHG a.F. noch § 88 BörsG a.F. aufgrund europarechtlicher Vorgaben in berichtigender Auslegung als Schutzgesetze ausgelegt werden. Der EG-Insider-Richtlinie 89/592/EWG vom 13. November 1989 (ABl Nr. L 334/30, Einleitung und Art. 13; sowie die in Art. 7 in Bezug genommene Richtlinie 79/279/EWG) oder der EGTransparenz -Richtlinie 88/627/EWG vom 12. Dezember 1988 (ABl Nr. L 348/62) läßt sich kein Gebot entnehmen, § 15 WpHG a.F. oder § 88 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB auszugestalten (BVerfG ZIP 2002, 1986, 1989).
4. Einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG hat das Berufungsgericht zutreffend verneint, weil die unrichtigen Ad-hocMitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 nicht den Tatbestand des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG erfüllen.

a) Zwar ist die Strafvorschrift des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (einhellige Meinung: vgl. z.B. BGHZ 149, 10, 20; Otto in Großkomm./AktG, 4. Aufl. 1997, § 400 Rdn. 2 m.w.N.). § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG soll das Vertrauen potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre
der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse schützen.

b) Die Beklagten haben jedoch durch die beiden Ad-hoc-Mitteilungen nicht die Verhältnisse der Gesellschaft "in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" (§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) unrichtig wiedergegeben.
Unter "Übersichten über den Vermögensstand" sind alle Zusammenstellungen von Zahlenmaterialien, insbesondere alle Arten von Bilanzen zu verstehen , die einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ermöglichen (vgl. Otto aaO § 400 Rdn. 33). Darunter fallen ersichtlich nicht Ad-hoc-Mitteilungen, die - wie im vorliegenden Fall - nur jeweils einen einzelnen Geschäftsabschluß bekanntgeben.
Als "Darstellungen über den Vermögensstand" gelten nur solche Berichte , die den Vermögensstand des Unternehmens so umfassend wiedergeben, daß sie ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Aktiengesellschaft ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken. Auch das ist bei den Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 offensichtlich nicht der Fall.
Soweit in der Literatur vereinzelt die Ansicht vertreten wird, daß sich die "Darstellungen" i.S. von § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG nicht auf den Vermögensstand beziehen müßten (Baums, Bericht der Regierungskommission "Corporate Governance" vom 10. Juli 2001, BT-Drucks. 14/7515 Rdn. 184; Möllers, Ad-hoc-Publizität 2003, § 12 Rdn. 85 ff.), kann dem nicht gefolgt werden. Bereits aus dem eindeutigen, einer (derartigen) Auslegung nicht zugänglichen Wortlaut der Vorschrift (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG; dazu: BVerfGE 47, 109,
120 f.,124; 64, 389, 393 f.) ergibt sich, daß Darstellungen - genau wie in § 264 a StGB - auch den Vermögensstand betreffen müssen und nicht isoliert betrachtet werden können.
5. Auch eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264 a StGB hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
Zwar hat die Strafnorm drittschützenden Charakter (vgl. Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, NJW 1992, 241 f.) und ist damit Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Um den Tatbestand des § 264 a StGB zu erfüllen, muß u.a. die fehlerhafte Information "in Prospekten" oder "in Darstellungen oder Übersichten" über den Vermögensstand erfolgen. Die Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 bzw. 13. September 1999 sind jedoch - wie bereits an anderer Stelle ausgeführt - weder "Prospekte" (siehe oben I. 2.) noch "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" (siehe oben II. 4.). Unabhängig davon fehlte es hier an dem außerdem in § 264 a Abs. 1 StGB vorausgesetzten Zusammenhang der Tathandlung mit dem "Vertrieb von Anteilen" (Nr. 1) oder mit einem Erhöhungsangebot (Nr. 2) (vgl. dazu: Lackner, StGB 24. Aufl. § 264 a Rdn. 6).
6. Ein Anspruch des Klägers gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB scheidet nach den zutreffenden Erwägungen des Berufungsgerichts bereits deshalb aus, weil hier eine Absicht der Beklagten, sich oder einem Dritten "stoffgleich" zu Lasten des Vermögens des Zedenten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, nicht feststellbar ist. Gemäß § 263 StGB muß der Täter einen Vermögensvorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten in der Weise anstreben, daß dieser Vorteil "die Kehrseite des Schadens" ist (BGHSt 6,115,116; Tiedemann in Leipziger Komm., StGB 11. Aufl. 2000, § 263
Rdn. 256). Eine - lediglich mittelbare - Begünstigung der I. AG oder der Beklagten selbst durch einen infolge der falschen Ad-hoc-Mitteilung steigenden Aktienkurs reicht nicht aus (Möllers, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rdn. 104; Rützel, AG 2003, 69, 73; Rodewald/Siems, BB 2001, 2437, 2440). Hinsichtlich der an dem Aktienkauf des Zedenten beteiligten unbekannten Verkäufer liegt eine Bereicherungsabsicht der Beklagten fern.
III. Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 826 BGB verneint.
1. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stünden zwar die Unrichtigkeit der Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999, die Kenntnis der Beklagten hiervon und der Kausalzusammenhang zwischen der unrichtigen Meldung vom 20. Mai 1999 und der Anlageentscheidung des Zedenten P. fest. Auch wenn dieser bei wahrheitsgemäßer Information die Aktien nicht gekauft hätte, könne er schon nicht im Wege des Schadensersatzes "Rückgängigmachung" des Erwerbs verlangen, weil er bewußt in ein hochspekulatives Marktsegment investiert habe. Jedenfalls hätten die Beklagten insoweit nicht vorsätzlich gehandelt, weil sie weder vorausgesehen noch billigend in Kauf genommen hätten, daß Anleger in I.-Aktien wegen des Vertrauens in die Richtigkeit der Darstellung der Ad-hoc-Mitteilungen einen Schaden, insbesondere in Form der Beeinträchtigung ihres wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts, erleiden könnten. Selbst wenn die von P. erworbenen Mitgliedschaftsrechte, was naheliege, wegen des fehlenden Auftrags
der M. AG einen geringeren Wert gehabt hätten, hätten die Beklagten nicht vorwerfbar in Verfolgung eigensüchtiger Interessen und in dem Bewußtsein einer möglichen Schädigung potentieller Anleger gehandelt. Denn sie hätten sich aufgrund des - wenn auch in erheblich geringerem Umfang - erteilten Auftrags der M. in euphorischer Stimmung bezüglich der weiteren Unternehmensentwicklung befunden und seien überzeugt gewesen, die Zielvorstellungen zu dem erwarteten umfangreichen Auftrag erfüllen zu können.
Diese Bewertung hält in wesentlichen Punkten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
2. Die Beweiswürdigung ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 ZPO n.F. gebunden ist. Revisionsrechtlich ist seine Würdigung jedoch darauf zu überprüfen, ob er sich mit dem Prozeßstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. z.B. BGH, Urt. v. 11. Februar 1987 - IV b ZR 23/86, BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Revisionsrüge 1).
Danach liegt schon den - teilweise im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen stehenden - Ausführungen des Berufungsgerichts zum Schaden offenbar ein unzutreffendes Verständnis des Schadensbegriffs i.S. der §§ 826, 249 ff. BGB zugrunde; darüber hinaus beruht die Verneinung der subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB auf einer zum Teil widersprüchlichen und unvollständigen Bewertung der objektiven Tatumstände sowie auf einer Überspannung der Anforderungen an den Vorsatz (§ 286 ZPO).

a) Auf der Grundlage der Feststellungen zur Kausalität zwischen der falschen Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 und der Anlageentscheidung des Zedenten P. kann der Kläger nach § 826 BGB - bei Vorliegen auch der weiteren Voraussetzungen dieser Norm (vgl. dazu unten) - von den Beklagten nicht etwa nur, wie das Berufungsgericht offenbar meint, den Differenzschaden des Zedenten in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, sondern grundsätzlich Naturalrestitution (§ 249 BGB) in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien verlangen (vgl. zu dieser Unterscheidung im Rahmen von § 37 c WpHG n.F.: Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 f.).
§ 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab: Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (vgl. Wagner in Münch.Komm.z.BGB 4. Aufl. § 826 Rdn. 6 m.w.N.). Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Danach ist im vorliegenden Fall der in seinem Vertrauen in die Richtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 enttäuschte Anleger P. im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen Mitteilung nachgekommen wären. Da er in diesem Fall - wie festgestellt - die Aktien nicht erworben hätte, kann er nach § 249 Abs. 1 BGB Geldersatz in Höhe des für den Aktienerwerb aufgewendeten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Rechtspositionen auf die - an dem Erwerbsgeschäft nicht beteiligten - Schädiger verlangen.
Eine Einschränkung der Schadensersatzpflicht, wie sie das Oberlandesgericht wegen der Investition des Zedenten in ein Papier des "hochspekulativen" Neuen Marktes annimmt, ist nicht berechtigt; sie steht im Widerspruch zu der festgestellten Überzeugung des Gerichts, daß P. ohne die fehlerhaften Mitteilungen die Aktien der I. AG nicht erworben hätte.
Selbst unter dem Blickwinkel des Rechtswidrigkeitszusammenhangs/ Schutzzwecks der Haftungsnorm ist für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen, die auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i.S. des § 826 BGB erfüllen, eine Beschränkung der Rechtsfolgen zugunsten des Schädigers nicht veranlaßt. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. - wie bereits ausgeführt - eine besondere Schadensersatzhaftung für die Verletzung der Ad-hoc-Publizität i.S. von § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. ausdrücklich ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt, daß jene Norm kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB sein soll. Gemäß § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG a.F. bleiben jedoch ausdrücklich - schon bezogen auf den Emittenten - Schadensersatzansprüche, die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, unberührt. Unter derartige allgemeine zivilrechtliche Haftungstatbestände fällt insbesondere die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nach § 826 BGB. Ein Haftungsausschluß in Fällen betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung Dritter wäre - wie im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich klargestellt wurde (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 12/7918, S. 102) - mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht vereinbar. Für die - ohnehin nicht ausgeschlossene - Haftung der die falschen Ad-hoc-Mitteilungen veranlassenden Vorstände als gesetzliche Vertreter des Emittenten gelten daher im Bereich des § 826 BGB ebenfalls keine generellen Beschränkungen hinsichtlich Art und Umfang des Schadensersatzes.

b) Ausgehend hiervon und auf der Grundlage der den Beklagten bekannten objektiven Unrichtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 ist die Verneinung der (weiteren) subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB durch das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerhaft.
Die Veröffentlichung der Mitteilung vom 20. Mai 1999 als Ad-hocMitteilung setzte bereits nach dem Gesetz (§ 15 Abs. 1 WpHG a.F.) voraus, daß die mitgeteilte neue Tatsache "geeignet ist, den Börsenpreis der zugelassenen Wertpapiere erheblich zu beeinflussen". Da dies ohne Kauf- und Verkaufsentscheidungen von individuellen Marktteilnehmern als zu erwartender Reaktion auf die Mitteilung der meldepflichtigen Tatsache nicht möglich ist, wissen die verantwortlichen Vorstände, daß es infolge der fehlerhaften Ad-hocInformation zu entsprechenden Anlageentscheidungen kommen wird (so zutreffend Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1067). Kennen sie die Unrichtigkeit der Adhoc -Mitteilung, so wissen sie auch, daß deshalb Wertpapierkäufe auf fehlerhafter Tatsachengrundlage getätigt werden. Da beide Beklagten die Bedeutung der konkreten Ad-hoc-Mitteilung und deren Unrichtigkeit kannten, ist - wie die Revision zutreffend geltend macht - schon nach der Lebenserfahrung davon auszugehen , daß die unrichtige Meldung keinen anderen Zweck hatte, als dem Börsenpublikum einen gestiegenen Unternehmenswert vorzuspiegeln und den Börsenpreis positiv zu beeinflussen. Von einer bloßen Leichtfertigkeit - wie das Oberlandesgericht meint - kann ersichtlich keine Rede sein. Dagegen sprechen weitere erhebliche Umstände, die das Berufungsgericht übersehen hat. Unstreitig mußte der Beklagte zu 2 in Anwesenheit des Beklagten zu 3 in der Hauptversammlung der I. AG vom 24. Juni 1999 auf entsprechende Frage einer Aktionärin klarstellen, daß die M. AG am 19. Mai 1999 lediglich 14.000 JNT-Surfstationen bestellt hatte; gleichwohl bestätigten die Beklagten - anstelle einer gebotenen sofortigen Richtigstellung durch Ad-hoc-Meldung -
bereits in der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. August 1999 wieder die falsche Ursprungsmeldung vom 20. Mai 1999. Schließlich hat das Berufungsgericht auch die bedeutsame Indiztatsache außer Betracht gelassen, daß die Beklagten in der Ad-hoc-Mitteilung vom 13. September 1999 sogar einen in vollem Umfang frei erfundenen "erneuten Mega-Deal" in Gestalt der angeblichen Order eines P.er Unternehmens über 55 Mio. DM veröffentlichten. Auch diese erneute Falschmeldung diente ersichtlich keinem anderen Zweck als der positiven Beeinflussung des Börsenkurses und der Irreführung des Börsenpublikums über den wirklichen Wert des Unternehmens.
Zudem hat das Berufungsgericht die Anforderungen an den Vorsatz überspannt.
Für den Vorsatz im Rahmen des § 826 BGB genügt ein "Eventualdolus". Dabei braucht der Täter nicht im einzelnen zu wissen, welche oder wieviele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden; vielmehr reicht aus, daß er die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden irgendwelcher anderer auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen hat (st.Rspr., so schon RGZ 55, 60; BGH, Urt. v. 20. November 1990 - VI ZR 6/90, BGHR BGB § 826 Schädigungsvorsatz 2). Angesichts der Gesamtumstände besteht hier an einer vorsätzlichen Handlungsweise der Beklagten in bezug auf die Mitteilung vom 20. Mai 1999 kein Zweifel. Den Beklagten war bei einer Parallelwertung in der (juristischen) Laiensphäre positiv bewußt, daß durch die Falschmeldung u.a. die Erwerber von I.-Aktien ihre Kaufentscheidungen auf fehlerhafter Tatsachengrundlage trafen, die sie bei der gebotenen richtigen Information entweder überhaupt nicht oder aber nur zu anderen Konditionen getroffen hätten. Derartige Schäden als Folgen ihrer - direkt vorsätzlichen - Handlungs-
weise nahmen sie zumindest billigend in Kauf. Ein solcher Eventualvorsatz der Beklagten hinsichtlich der als Folge ihres Tuns erwarteten, mindestens aber für möglich gehaltenen Schäden bei den Investoren läßt sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht aufgrund einer lediglich euphorischen Stimmung der Beklagten in bloße Fahrlässigkeit "umqualifizieren". Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß den Beklagten als u.a. für die zentrale Aufgabe der Publizität verantwortlichen Organen des Unternehmens, die über die Auswirkungen ihrer unrichtigen Ad-hoc-Information auf den Aktienmarkt Bescheid wußten, nicht durch eine (momentane) Euphorie über vermeintliche Chancen und Zukunftsperspektiven der I. AG der Verstand "vernebelt" wurde. Mit Recht rügt die Revision insoweit, daß nicht einmal nachvollziehbar dargelegt ist, worauf bezüglich des Geschäfts mit M. über die insoweit nicht ausreichende bloße Hoffnung hinaus bereits eine gesicherte Erwartung hinsichtlich der Zielvorstellung weiterer Aufträge hätte gestützt werden können; denn ersichtlich war weder die hierfür erforderliche Software bis zur Serienreife gediehen noch die Lauffähigkeit der Hardware gesichert. Abgesehen davon beträfe die etwaige Hoffnung oder Erwartung der Beklagten, den falsch gemeldeten "Mega-Deal" zu einem späteren Zeitpunkt noch zustande bringen zu können, nur die Möglichkeit einer künftigen Minderung oder wirtschaftlichen Beseitigung eines beim Anleger mit dem Aktienkauf bereits eingetretenen Vermögensschadens; das gilt insbesondere für den - wie hier - bereits dadurch entstandenen Schaden, daß der Anleger infolge der Irreführung Aktien erworben hat, die er ohne die Falschmeldung nicht erworben hätte. Eine etwaige spätere Schadenskompensation ließe aber die schon eingetretene Vollendung der vorsätzlichen Schädigung unberührt.

c) Die vorsätzliche Veröffentlichung der bewußt unwahren Ad-hocMitteilung ist schließlich auch - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts -
als sittenwidrig i.S. des § 826 BGB, d.h. als "gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" verstoßend (st.Rspr. seit RGZ 48, 114, 124), anzusehen.
Freilich genügt dafür im allgemeinen die bloße Tatsache, daß der Täter gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen hat, ebensowenig wie der Umstand , daß sein Handeln bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muß sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben. Hier wird die Verwerflichkeit allerdings bereits durch das Verhalten der Beklagten indiziert: die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch eine grob unrichtige Adhoc -Mitteilung. Ein solches Handeln verstößt derart gegen die Mindestanforderungen im Rechtsverkehr auf dem Kapitalmarkt, daß ein Ausgleich der durch sie bei den einzelnen Marktteilnehmern verursachten Vermögensschäden geboten erscheint. Eine derartige Verhaltensweise ist nicht etwa deshalb in einem milderen Licht zu sehen, weil Ad-hoc-Mitteilungen wie die vorliegende gerade in der fraglichen "euphorischen Phase" des Neuen Marktes vielfach zu Werbezwecken veröffentlicht worden sind; denn darin lag - auch im vorliegenden Fall - selbst ein Mißbrauch des Rechtsinstituts der Ad-hoc-Publizität. Zudem setzten sich die Beklagten - was das Oberlandesgericht außer Betracht läßt - bedenkenlos über die Hinweise von Mitarbeitern hinsichtlich der Unrichtigkeit der Meldung ebenso hinweg wie später über den Umstand, daß sogar in der Bereichsöffentlichkeit der Hauptversammlung der Schwindel entdeckt worden war. Mit der Veröffentlichung der Mitteilung über einen angeblichen Großauftrag - wie auch durch die weitere Falschmeldung im September 1999 - haben die Beklagten gezeigt, daß ihnen offensichtlich jedes Mittel recht war, um in den potentiellen Anlegern des Marktes positive Vorstellungen über den Wert des Unterneh-
mens hervorzurufen und über die einsetzende Nachfrage den Kurs der I.-Aktie "zu pushen".
Die Beklagten verfolgten mit den falschen Ad-hoc-Mitteilungen auch in jedenfalls objektiv unlauterer Weise "eigene Zwecke". Sie waren nämlich - was das Oberlandesgericht übersehen hat - nicht etwa unbeteiligte "Nur-Vorstände", sondern besaßen als Gründungsgesellschafter Aktien der I. AG im Millionenumfang, so daß sie von dem mit den unrichtigen Meldungen bezweckten "Pushen" der Kurse zumindest mittelbar selbst profitierten. In diesem Zusammenhang weist die Revision zutreffend darauf hin, daß die Beklagten aus - wenn auch nicht mit den hier inkriminierten Meldungen unmittelbar zusammenhängenden - unstreitigen Verkäufen eigener Aktienpakete Anfang des Jahres 1999 jeweils knapp 29 Mio. DM und im Juli 2000 jeweils ca. 500.000,00 € erlösten. Bereits daraus läßt sich entnehmen, daß ihnen auch bewußt war, daß eine durch die unrichtigen Ad-hoc-Mitteilungen bewirkte Kurssteigerung zu einer Wertsteigerung der eigenen Beteiligung an der I. AG führen würde. Vorrangiges Ziel oder gar Endziel ihrer ungesetzlichen Handlungsweise mußten solche "eigenen Zwecke" im Rahmen des § 826 BGB nicht sein.
IV. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung. Da eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich und insbesondere weitergehender entscheidungsrelevanter Vortrag zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB nicht zu erwarten ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden.
1. Nach den vorstehenden Ausführungen haften die Beklagten dem Kläger - ohne daß dies noch weiterer Ausführungen bedürfte - für den dem Zedenten P. durch die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung entstandenen
Schaden gemäß § 826 BGB auf Schadensersatz in Höhe des geltend gemachten Bruttoaufwands von 90.945,70 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung von 1.150 Stückaktien der I. AG, wie bereits das Landgericht zutreffend entschieden hatte.
2. Eine Kürzung des Ersatzanspruchs des Zedenten des Klägers gemäß § 254 BGB findet nicht statt. Es kann dahinstehen, ob gegenüber einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung der vorliegenden Art überhaupt unter dem Blickwinkel des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB dem geschädigten Anleger eine Kursbeobachtungs - und Verkaufspflicht bei sinkenden Kursen aufzuerlegen wäre (vgl. zur Mitverschuldensfrage im Rahmen von § 37 b, c WpHG n.F.: Fleischer/ Kalls, AG 2002, 329, 334 f.). Denn jedenfalls hätte der Anleger P. - unabhängig davon, wann er von den erst Ende August 2000 erfolgten Korrekturmeldungen der I. AG Kenntnis erlangte - einer wie auch immer gearteten Schadensminderungspflicht schon durch die rechtzeitige "Anmeldung" seines Ersatzanspruchs bei den Beklagten mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 7. November 2000 genügt.
Röhricht Goette Kurzwelly Münke Gehrlein

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

27
IV. Da die aufgezeigten Rechtsfehler sich auf die Bestimmung des aus der Tat Erlangten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (zu diesem Erfordernis in der Konstellation des Versuchs BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09, wistra 2010, 477, 478 f.) erstrecken, muss auch die Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO aufgehoben werden. Dabei ist mit Blick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB - entgegengesetzt zu der Interessenlage des Angeklagten bei der Frage nach der Vollendung des Betruges - davon auszugehen, dass die jeweiligen Kunden irrtumsbedingt gezahlt haben.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 502/07
vom
7. Februar 2008
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja (zu II. 1)
StPO § 111 i Abs. 2, 3 und 5;
Die Vorschriften zur Verlängerung der Rückgewinnungshilfe und zum Auffangrechtserwerb
des Staates nach § 111 i Abs. 2, 3 und 5 StPO in der Fassung
des Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung
bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 sind auf Altfälle nicht anwendbar.
BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 – 4 StR 502/07 – LG Halle
1.
2.
wegen zu 1.: schweren Raubes u.a.
zu 2.: unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Februar
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Prof. Dr. Kuckein,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
in der Verhandlung,
Bundesanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten Klaus-Dieter L. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin für den Angeklagten Percy Oliver L. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers Sch. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 7. März 2007 werden verworfen.
2. Der Angeklagte Klaus-Dieter L. trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger hierdurch im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen. Der Angeklagte Percy L. trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten Klaus-Dieter L. wegen schweren Raubes in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf Kraftfahrer, gefährlicher Körperverletzung und mit unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine vollautomatische Selbstladewaffe sowie wegen Betrugs und falscher Versicherung an Eides statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten Percy L. hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe nebst Munition zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und die Einziehung eines sichergestellten Revolvers angeordnet.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich beide Angeklagten. Die Revision des Angeklagten Klaus-Dieter L. , mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, richtet sich in erster Linie gegen die Verurteilung wegen der Raubtat. Der Angeklagte Percy L. wendet sich gegen seine Verurteilung wegen des Waffendelikts und beanstandet die Verletzung sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft hat mit ihren, vom Generalbundesanwalt vertretenen und auf die Sachrüge gestützten Revisionen, das Urteil zu Ungunsten beider Angeklagter angefochten. Bezüglich des Angeklagten Klaus-Dieter L. beanstandet sie mit ihrem wirksam auf eine unterbliebene Entscheidung zum Verfall beschränkten Rechtsmittel (vgl. Kuckein in KK 5. Aufl. § 344 Rdn. 12), die Strafkammer habe es entgegen § 111 i Abs. 2 StPO unterlassen festzustellen , dass einer Verfallsanordnung Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Bezüglich des Angeklagten Percy L. wendet sie sich gegen dessen Freisprechung von dem Vorwurf, an dem Raubüberfall auf einen Geldtransporter am 10. März 2003 beteiligt gewesen zu sein.
3
Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


4
1. Das Landgericht hat zu dem Raubgeschehen Folgendes festgestellt:
5
a) In den Morgenstunden des 10. März 2003 überfielen der wegen ähnlicher Taten bereits vorbestrafte Angeklagte Klaus-Dieter L. und mindestens ein weiterer unbekannter Mittäter ein teilgepanzertes Geldtransportfahrzeug und erbeuteten 2.730.000 Euro. Der Geldtransporter befand sich auf dem Weg von der L. Bank in M. zur Kreissparkasse in S. . Im Werteraum des Fahrzeugs befanden sich insgesamt 3.265.000 Euro Bargeld. Fahrer war der Nebenkläger, Beifahrer der Zeuge S. .
6
Der Angeklagte und sein Mittäter brachten den Geldtransporter auf der Bundesstraße nahe der Ortschaft D. zum Stehen, indem sie sich mit einem zuvor gestohlenen, mit einem Dublettenkennzeichen eines typgleichen Pkw's versehenen BMW 740i vor den Transporter setzten, ihr Fahrzeug anhielten, sodann rückwärts fuhren und den Transporter rammten. Maskiert und mit Sturmgewehren des Typs AK-47, sog. Kalaschnikows, bewaffnet, verließen sie ihr Fahrzeug und zwangen die Begleiter des Geldtransportes zum Aussteigen. Als diese der Aufforderung nicht sogleich nachkamen, gab einer der Täter zwei Schüsse in die Seitenscheibe des Transporters und kurz darauf nochmals einen Feuerstoß aus der automatischen Waffe ab. Der Nebenkläger erlitt dadurch einen Durchschuss des rechten Beines. Die Begleiter des Geldtransportes wurden gezwungen, sich bäuchlings auf den Bürgersteig zu legen. Mittels eines Trennschleifers wurde zunächst innerhalb des Fahrzeugs versucht, die Tür von der Schleuse zum Werteraum zu öffnen. Als dies misslang, durchtrennte KlausDieter L. , der sich dabei möglicherweise mit dem Mittäter abwechselte, mit dem Trennschleifer das Stahlblech der Heckklappe des Transporters und die dahinter montierte Sperrholzplatte. Anschließend wurde mittels eines Brecheisens das Stahlblech aufgebogen. Durch die so geschaffene Öffnung gelang es dem Angeklagten und seinem Mittäter, insgesamt sieben Sicherheitstaschen mit 2.730.000 Euro Bargeld zu erbeuten und sodann zu flüchten. Den zur Tat verwendeten Pkw BMW setzten sie später in Brand.
7
b) Ausgehend von den Aussagen der in der Hauptverhandlung einvernommenen Vernehmungsbeamten über die Angaben einer gesperrten Vertrauensperson (VP) der Polizei, hat sich das Landgericht nur die Überzeugung von einer Tatbeteiligung des Angeklagten Klaus-Dieter L. an dem Raubüberfall zu bilden vermocht. Bezüglich dieses Angeklagten hat es die von den Zeugen geschilderten Angaben der VP, die sich ihre Erkenntnisse ihrerseits nur mittelbar von einer weiteren Person verschafft haben soll, durch zahlreiche Indizien bestätigt gesehen. Insbesondere habe der Angeklagte Klaus-Dieter L. nach der Tat den Trennschleifer, der bei der Tat benutzt wurde, in Besitz gehabt und bei einem Bekannten untergestellt. Dieser sichergestellte Trennschleifer sei vor der Tat im August 2002 in einem Fachgeschäft unter Angabe eines falschen Namens und einer falschen Anschrift erworben worden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit stamme eine beim Kauf des Geräts geleistete Unterschrift vom Angeklagten. Er habe ferner drei Monate vor der Tat in Tatortnähe eine Wohnung angemietet und diese kurz nach der Tat wieder gekündigt. Bei der Durchsuchung des Wohnhauses des Angeklagten seien schließlich originale Zulassungsplaketten, wie sie auch bei Herstellung der Kennzeichendubletten für das Tatfahrzeug verwendet worden seien, sichergestellt worden. Da die Strafkammer vergleichbar gewichtige Beweisanzeichen bei dem Angeklagten Percy L. , dem Sohn des Angeklagten Klaus-Dieter L. , nicht festzustellen vermocht hat, hat es diesen vom Vorwurf einer Tatbeteiligung an dem Raubüberfall freigesprochen.
8
2. Nach den weiteren Feststellungen des Landgerichts erlangte der Angeklagte Klaus-Dieter L. durch bewusst falsche Angaben gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit zu Unrecht von Januar bis November 2005 7.747 Euro Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Ferner verschwieg er im April 2005 bei Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vor dem Amtsgericht B. u.a. vorhandenes Vermögen.

II.


9
Der Angeklagte Klaus-Dieter L.
10
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft
11
Dem Rechtsmittel bleibt der Erfolg versagt. Das Landgericht hat zu Recht davon abgesehen, im Rahmen der Verurteilung gemäß § 111 i Abs. 2 StPO den Umfang des aus der Raubtat Erlangten zu bezeichnen und festzustellen, dass nur deshalb nicht auf (Wertersatz-)Verfall erkannt wird, weil Ansprüche nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer solchen Anordnung entgegenstehen. Die Strafkammer war wegen des auch für den Verfall geltenden Rückwirkungsverbots an der Anwendung der erst nach der Tat in Kraft getretenen Neuregelung des § 111 i StPO gehindert.
12
a) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die zur Tatzeit geltenden materiell-rechtlichen Vorschriften zur Regelung des Verfalls im Vergleich zu der Neuregelung des § 111 i Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 StPO das mildere Recht im Sinne des § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB darstellen.
13
Durch die Neufassung des § 111 i StPO im Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I 2350 ff.), in Kraft seit dem 1. Januar 2007, hat der Gesetzgeber die Grundlagen für einen späteren Auffangrechtserwerb des Staates für Fälle geschaffen, in denen eine Verfallsanordnung wegen Ansprüchen Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausscheidet. Zweck der Vorschrift ist es, eine im Vergleich zur bisherigen Rechtslage effektivere Vermögensab- schöpfung der Täter und eine Stärkung des Opferschutzes zu schaffen. In den Fällen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB soll durch die Neufassung des § 111 i StPO sichergestellt werden, dass das durch die Straftat Erlangte oder dessen Wert nicht an den Täter zurückfällt, wenn die Opfer ihre Ansprüche nicht geltend machen und die Zwangsvollstreckung in die vorläufig sichergestellten Gegenstände und Vermögenswerte nicht betreiben (BTDrucks. 16/700 S. 9 und 16/2021 S. 1 und 4).
14
Die Umsetzung dieses Gesetzesvorhabens ist zwar im Rahmen einer "prozessualen Lösung" (BTDrucks. aaO) erfolgt. Rechtsdogmatisch stellt der Auffangrechtserwerb nach § 111 i Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 StPO jedoch eine Modifizierung der materiell-rechtlichen Regelung zum Ausschluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dar und unterliegt deshalb den Grundsätzen des Rückwirkungsverbots nach § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB (vgl. Bohne/Boxleitner in NStZ 2007, 552, 555; Mosbacher/Claus in wistra 2008, 1, 3 ff.). Dass die Regelung ihren Niederschlag in der Strafprozessordnung gefunden hat, steht dem nicht entgegen. Zwar hat sich durch die Einführung eines Auffangrechtserwerbs des Staates an dem Grundsatz, dass eine Verfallsanordnung zwingend ausgeschlossen ist, wenn aus der Tat Ansprüche Verletzter herrühren, nichts geändert. Jedoch sah sich der Täter nach der bisherigen Rechtslage lediglich den Ansprüchen der durch die Tat Verletzten gegenüber. Im Rahmen der Rückgewinnungshilfe sichergestellte Vermögenswerte mussten deshalb u.U. wieder an den Täter herausgegeben werden, wenn die Geschädigten ihre Ansprüche nicht innerhalb der dreimonatigen Frist des § 111 i StPO a.F. geltend machten. Diese den Täter begünstigende Rechtsposition, die unmittelbare Folge der Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB war, entfällt nunmehr, wenn der Tatrichter von der Möglichkeit des § 111 i Abs. 2 StPO Gebrauch macht und durch die dort vorgesehene Feststellung die Basis für einen späteren Auffang- rechtserwerb des Staates nach § 111 i Abs. 5 StPO schafft (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 9).
15
Seiner Rechtsnatur nach stellt deshalb die Feststellungsentscheidung nach § 111 i Abs. 2 StPO keine ausschließlich verfahrensrechtliche Regelung, sondern vor allem eine materiell-rechtliche Grundentscheidung für eine aufschiebend bedingte Verfallsanordnung zu Gunsten des Staats dar, die dann zum Tragen kommt, wenn die vorrangigen Ansprüche der Verletzten nicht innerhalb der Frist des § 111 i Abs. 3 StPO geltend gemacht werden. Für diese Auffassung spricht auch, dass der im Beschlusswege zu fassenden Entscheidung nach § 111 i Abs. 6 StPO über den Eintritt und den Umfang des staatlichen Rechtserwerbs nur eine deklaratorische Bedeutung zukommt. Die materiell -rechtliche Grundlage für diese Entscheidung wird deshalb bereits im Urteil mit der Feststellungsentscheidung nach Abs. 2 dieser Vorschrift getroffen (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 18).
16
Mithin unterfällt die Entscheidung nach § 111 i Abs. 2 StPO, soweit sie die Grundlage für einen Auffangrechtserwerb des Staates bildet, auf Grund ihres materiell-rechtlichen Charakters dem Rückwirkungsverbot, so dass § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB zur Anwendung kommt. Danach erweist sich die frühere Gesetzeslage als das mildere Recht (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 20; so im Ergebnis wohl auch der 1. Strafsenat in BGH NStZ 2006, 621; Mosbacher /Claus aaO S. 1, 4).
17
b) Soweit die Feststellung nach § 111 i Abs. 2 StPO gleichzeitig die Voraussetzung für die Anordnung einer verlängerten Rückgewinnungshilfe des Staates nach § 111 i Abs. 3 StPO bildet, kommt, worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist, der Vorschrift zwar zugleich eine verfahrensrechtliche Bedeutung zu. Dies eröffnet bei Altfällen, wie dem vorliegenden, indes nicht die Möglichkeit, im Urteil eine lediglich auf die Schaffung der Anordnungsvoraussetzungen des § 111 i Abs. 3 StPO gerichtete, beschränkte Feststellungsentscheidung zu treffen (so aber Mosbacher/Claus aaO S. 4). Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts setzt nämlich die Anordnung einer verlängerten Rückgewinnungshilfe nach § 111 i Abs. 3 StPO nach dem Gesetzeszweck zwingend voraus, dass ein Auffangrechtserwerb des Staates grundsätzlich möglich ist. Nur für diese Fälle wird als flankierende prozessuale Maßnahme die schon bisher gewährte Rückgewinnungshilfe des Staates im Interesse des Opferschutzes auf drei Jahre verlängert (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 9). Scheidet aber, wie hier, aus Rechtsgründen ein Auffangrechtserwerb des Staates aus, ist deshalb auch für die Anwendung der prozessualen Vorschrift des § 111 i Abs. 3 StPO kein Raum.
18
2. Die Revision des Angeklagten
19
Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
20
a) Die vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen versagen.
21
aa) Soweit der Angeklagte mit einer Aufklärungsrüge geltend macht, die VP sei anhand der Verfahrensakten hinreichend identifizierbar und dem Angeklagten bekannt gewesen, sie hätte deshalb in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen werden müssen, ist diese unbegründet. Die vom Beschwerdeführer zur Begründung mitgeteilten Auszüge aus den Verfahrensakten belegen den Verfahrensverstoß nicht. Zwar steht der Ladung und Vernehmung eines Zeugen eine Sperrerklärung grundsätzlich nicht entgegen. Vielmehr kann in Fällen, in denen sich aus den Akten oder sonstigen Erkenntnisquellen Hinweise auf die Identität des Zeugen ergeben, es die Aufklärungspflicht erfordern, dass das Gericht von Amts wegen Bemühungen entfaltet, den Namen eines Zeugen festzustellen und die Vernehmung in der Hauptverhandlung zu ermöglichen (BGHSt 39, 141, 144; BGH NStZ 1993, 248). Ein solcher Fall ist hier indes nicht gegeben. Weder aus den wiedergegebenen Berichten und Aktenvermerken der Ermittlungsbeamten noch aus dem Inhalt des mitgeteilten überwachten Telefonats lassen sich Rückschlüsse auf die Identität der VP ziehen. Anders als in der Entscheidung BGHSt 39, 141, 144 hat der Angeklagte auch keine Person namhaft gemacht, die mit der Person, deren Identität die Exekutive unter Berufung auf § 96 StPO nicht preisgegeben hat, identisch sein könnte.
22
bb) Die ebenfalls unter Aufklärungsgesichtspunkten erhobene Rüge, es hätte ein weiteres Schriftsachverständigengutachten zur Beurteilung der Unterschriften des Angeklagten und des Käufers des Trennschleifers eingeholt werden müssen, greift nicht durch. Der Beschwerdeführer hat keine (besonderen) Umstände dargetan, wonach sich das Landgericht zu der Einholung eines weiteren Schriftsachverständigengutachtens hätte gedrängt sehen müssen. Der Generalbundesanwalt weist zu Recht darauf hin, dass die Revision keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen aufzeigt. Dieser hat auch die ihm zur Verfügung stehenden Anknüpfungstatsachen erschöpfend behandelt. Er hat insbesondere - entgegen dem Revisionsvorbringen - Ausführungen dazu gemacht, dass und weshalb signifikante Aussagen nur anhand des gleich lautenden Anfangsbuchstabens der zu vergleichenden Unterschriften möglich sind (S. 7 und 8 des Gutachtens) und die insoweit festgestellten Besonderheiten deshalb für eine "bedingte Individualisierung" geeignet sind.
23
Soweit die Revision vorbringt, der Sachverständige habe sich bei der Untersuchung des Schreibdrucks keiner modernen technischen Mittel bedient, versäumt sie es, im Einzelnen nachvollziehbar mitzuteilen, welche "hochtechnischen" Untersuchungsmethoden zur Schreibdruckanalyse im konkreten Fall den angewandten physikalisch/technischen Methoden, die in der Fachliteratur als ausreichend anerkannt werden (vgl. Michel, Gerichtliche Schriftvergleichung S. 249), überlegen gewesen wären und deshalb zur Einholung eines Zweitgutachtens gedrängt hätten.
24
Schließlich drängte auch der Umstand, dass mit der Gutachtenerstattung ein "privater Sachverständiger" betraut war, hier nicht zur Einholung eines weiteren Schriftgutachtens. Denn anders als in dem in BGHSt 10, 116 ff. entschiedenen Fall, kam hier dem Schriftgutachten für die Bejahung der Schuldfrage, insbesondere für die "Zuordnung" des sichergestellten Trennschleifers zum Beschwerdeführer , nicht die allein entscheidende Bedeutung zu.
25
cc) Die Verfahrensrüge, mit der die fehlerhafte Ablehnung zweier auf die Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens gerichteter Beweisanträge gerügt wird zum Nachweis, dass der sichergestellte Trennschleifer nicht das Tatwerkzeug war, greift ebenfalls nicht durch. Es ist bereits zweifelhaft , ob die Rüge zulässig erhoben ist, da die im Ausgangsantrag in Bezug genommenen Lichtbilder nicht mitgeteilt worden sind. Das Landgericht hat die Anträge mit rechtsfehlerfreier Begründung zurückgewiesen. Es hat bei der Ablehnung der Anträge auch nicht gegen die Aufklärungspflicht verstoßen (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Entscheidung 1). Bereits der Ausgangspunkt der Anträge , mit dem sichergestellten Trennschleifer könne die weiße Tür zum Werteraum nicht beschnitten worden sein, weil ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen Dr. H. keine weißen Partikel am Trennschleifer fest- gestellt worden seien, ist falsch. Das Gegenteil hat der Sachverständige sowohl in seinem schriftlichen als auch in seinem mündlichen Gutachten nachvollziehbar ausgeführt. Der Sachverständige hat auch vergleichende Untersuchungen dieser weißen Spuren mit weißen Substanzen, die im Inneren des Geldtransporters vor der Wertetür gefunden wurden, durchgeführt, eine Übereinstimmung der Substanzen jedoch nicht festzustellen vermocht. Eine weitergehende Vergleichsuntersuchung der am Trennschleifer gesicherten weißen Spuren drängte sich nicht auf. Eine Klärung, ob sich diese Spuren einer Schnittführung an der Tür zum Werteraum zuordnen lassen, hätte das Vorliegen einer Vergleichsprobe des Türenmaterials vorausgesetzt. Eine solche stand der Strafkammer nicht zur Verfügung.
26
Soweit die Revision unter Aufklärungsgesichtspunkten beanstandet, es hätte nicht nur der Vorfilter des Trennschleifers, sondern auch der dahinter liegende Hauptfilter auf Staubpartikel untersucht werden müssen, wird aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen nicht deutlich , weshalb sich die Strafkammer zu dieser Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen.
27
dd) Auch die Rüge, das Landgericht habe die als wahr unterstellte Tatsache , der Lebensgefährte der Mutter des Angeklagten Percy L. sei für diesen eine vaterähnliche Bezugsperson gewesen, in den Urteilsgründen als unerheblich behandelt, greift nicht durch. Das Landgericht hat diese Tatsache nicht als tatsächlich bedeutungslos behandelt, sondern es hat sich mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, dass Percy L. mit der Bezeichnung "Alter" in dem von der VP geschilderten Gespräch auch den Lebensgefährten seiner Mutter gemeint haben könnte. Es hat aus der wahr unterstellten Tatsache allerdings nicht den vom Angeklagten gewünschten Schluss gezogen. Hierzu war es nicht gehalten. Das Gericht braucht aus einer als wahr unterstellten Indiztatsache nicht die Schlussfolgerungen zu ziehen, die der Antragsteller gezogen wissen will (BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Wahrunterstellung 1).
28
b) Das Urteil hält auch sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. Die Beweiswürdigung weist auch zur Tat vom 10. März 2003 keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
29
Bei Würdigung der Angaben der einvernommenen Vernehmungs- bzw. Führungsbeamten der VP zu einem Gespräch, in welchem Percy L. seinen Vater, den Angeklagten Klaus-Dieter L. , der Tatbeteiligung an dem verfahrensgegenständlichen Raubüberfall bezichtigt haben soll, hat das Landgericht den eingeschränkten Beweiswert der Aussagen dieser "Zeugen vom Hörensagen" nicht verkannt und bedacht, dass solche Angaben den Feststellungen regelmäßig nur dann zu Grunde gelegt werden dürfen, wenn sie durch andere wichtige Beweisanzeichen gestützt werden (BGHSt 36, 159, 166 m.w.N.). Das Landgericht hat ferner gesehen, dass diese Einschränkungen in besonderer Weise gelten, wenn die VP in den polizeilichen Vernehmungen ihrerseits nur Bekundungen eines Dritten, wie hier dem Gesprächspartner des Angeklagten Percy L. , wiedergegeben hat, also selbst nur "Zeuge vom Hörensagen" gewesen ist (vgl. BGH StV 1996, 583).
30
Solche gewichtigen Indizien hat das Landgericht festgestellt und sich sodann im Rahmen einer umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände die Überzeugung von der Mittäterschaft des Angeklagten Klaus-Dieter L. an dem Raubüberfall verschafft.
31
Rechtsfehler sind dabei nicht zu erkennen.
32
aa) Das Landgericht hat bei Prüfung der Frage, ob der sichergestellte Trennschleifer dem Angeklagten "zuzuordnen" ist, nicht, wie die Revision meint, das Schweigen des Angeklagten zu seinem Nachteil verwertet. Das Landgericht hat sich mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, dass der Angeklagte den sichergestellten Trennschleifer für eine dritte Person bei seinem Bekannten untergestellt hat. Es hat diese Möglichkeit mit der Begründung verworfen, dies sei weder vom Angeklagten behauptet worden, noch sei den hierzu vernommenen Zeugen etwas Derartiges bekannt gewesen, noch sprächen "andere" Anhaltspunkte für diese Möglichkeit.
33
Eine unzulässige Verwertung des Schweigens des Angeklagten liegt darin nicht. Vielmehr hat das Landgericht das Schweigen des Angeklagten zur Kenntnis genommen und lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sich für die erwogene Möglichkeit, der sichergestellte Trennschleifer sei einem Dritten zuzuordnen , in keiner Hinsicht Anhaltspunkte gefunden haben.
34
bb) Die Ausführungen im Urteil lassen auch nicht besorgen, dass die Strafkammer dem Gutachten des Schriftsachverständigen zur Beurteilung der beim Kauf des sichergestellten Trennschleifers geleisteten Unterschrift einen zu hohen Beweiswert zugemessen hat. Das Landgericht hat nicht verkannt, dass nach den Darlegungen des Sachverständigen für eine Urheberschaft des Angeklagten nur eine hohe und damit eingeschränkte Wahrscheinlichkeit spricht. Die Feststellung, der Angeklagte sei Käufer des Geräts gewesen wird ersichtlich nicht ausschließlich auf das Ergebnis des Schriftgutachtens zurückgeführt, also nicht, wie die Revision meint, "absolut gesetzt". Diese Feststellung hat das Landgericht vielmehr unter Heranziehung weiterer Indizien, etwa dem Besitz des Geräts nach der Tat, getroffen, die in ihrer Gesamtheit den jedenfalls möglichen Schluss auf die Käufereigenschaft des Angeklagten zulassen.
35
cc) Schließlich beruht auch die Feststellung, der dem Angeklagten zuzuordnende Trennschleifer sei Tatwerkzeug gewesen, auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Den Umstand, dass die an dem Trennschleifer gesicherten weißen Partikelspuren nicht zuzuordnen waren, hat die Strafkammer im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Erkenntnisse zu den im Fahrzeug und am Trennschleifer gesicherten Spuren bedacht. Der Schluss, dass auf Grund einer signifikanten Übereinstimmung mehrerer Spuren der sichergestellte , zudem unter verdächtigen Umständen erworbene und aufbewahrte Trennschleifer bei der Tat verwendet wurde, ist deshalb nicht nur möglich, sondern nahe liegend.

III.


36
Der Angeklagte Percy L.
37
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft
38
a) Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zeigt, soweit der Angeklagte vom Vorwurf einer Tatbeteiligung am Raubüberfall freigesprochen worden ist, keinen ihn begünstigenden Rechtsfehler auf. Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Überprüfung stand. Sie weist weder Lücken noch Widersprüche auf, noch stellt sie überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung.
39
Das Landgericht geht in seinem rechtlichen Ansatz zutreffend davon aus, dass die Aussagen der einvernommenen Vernehmungsbeamten über die Angaben der VP über die bereits oben (II. 2. b) dargelegten Einschränkungen hinaus auch deshalb besonders sorgfältiger Überprüfung bedurften, weil sich eine Tatbeteiligung des Angeklagten Percy L. an dem Raubüberfall - anders als beim Angeklagten Klaus-Dieter L. - nicht eindeutig, sondern nur mittelbar aus den mitgeteilten Schilderungen der VP ergibt. Mit Blick auf mögliche Übertragungsfehler des Gesprächsinhalts waren deshalb an die Überprüfung der Aussagen der "Zeugen vom Hörensagen" noch höhere Anforderungen als beim Angeklagten Klaus-Dieter L. zu stellen.
40
Es ist in Folge dessen nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht in Ermangelung aussagekräftiger Indizien, die, ähnlich wie beim Angeklagten Klaus-Dieter L. , einen direkten Bezug des Angeklagten zu der Tat vom 10. März 2003 aufweisen, nicht die Überzeugung von einer Mittäterschaft des Angeklagten Percy L. am Raubüberfall zu verschaffen vermocht hat. Das Landgericht hat dabei weder verkannt, dass sich die Angaben der Vernehmungsbeamten der VP in Bezug auf den Angeklagten Klaus-Dieter L. bestätigt haben, noch hat es gewichtige Umstände, die für eine Täterschaft des Percy L. sprechen könnten, bei seiner Wertung außer Acht gelassen. Nicht zu beanstanden ist insbesondere, dass die Strafkammer den Geldbewegungen auf den Auslandskonten des Angeklagten Percy L. keine höhere Beweisbedeutung beigemessen hat, zumal auf diese Konten bereits vor der Tat vom 10. März 2003 hohe Geldbeträge geflossen sind.
41
b) Eine Ergänzung der den Angeklagten Percy L. betreffenden Einziehungsanordnung in Bezug auf die sichergestellte Munition kommt wegen des Verbots der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht in Betracht, da das Urteil, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, nicht zu seinen Ungunsten angefochten ist (BGH, Beschluss vom 7. Februar 2001 - 3 StR 579/00).
42
2. Die Revision des Angeklagten
43
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Insbesondere lässt die Beweiswürdigung einen sachlich-rechtlichen Mangel nicht erkennen.
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Sost-Scheible

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 5/13
vom
27. November 2013
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
WpHG aF § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
1. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser
künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse erhöht, abgesenkt
oder auch nur stabilisiert wird. Hierfür reicht es nicht aus, dass aufgrund
des manipulativen Geschäfts erstmals ein Börsenpreis gebildet wird; erforderlich
ist vielmehr, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die
Manipulation des Täters beeinflusst wird.
2. Für den nach § 28 Abs. 2 WpHG aF erforderlichen Taterfolg reicht es aus,
dass der manipulierte Preis an der Börse festgesetzt wird. Es ist nicht erforderlich
, dass danach weitere Geschäfte getätigt werden, bei denen die Preise
kausal gerade auf dem durch das manipulative Geschäft hervorgerufenen
Kursniveau beruhen.
3. Der Begriff des Börsenpreises im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF entspricht
dem des § 24 Abs. 1 BörsG. Ein Börsenpreis in diesem Sinne kommt auch
dann zustande, wenn das Geschäft, auf dem er beruht, den inhaltlichen Anforderungen
des § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügt; erfasst sind deshalb
auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise.
4. Der subjektive Tatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert Vorsatz; dieser
genügt. Nicht vorausgesetzt ist, dass der Täter mit einer Manipulationsabsicht
handelt.
5. Bei einer nach § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
WpHG aF strafbaren Marktmanipulation durch den Verkauf von Aktien zu einem
zuvor abgesprochenen Preis ist erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1
StGB der gesamte für die Aktien erzielte Kaufpreis.
BGH, Urteil vom 27. November 2013 - 3 StR 5 /13 - LG Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Marktmanipulation
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
25. Juli 2013 in der Sitzung am 27. November 2013, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- nur in der Verhandlung am 25. Juli 2013 -
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 7. September 2012 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen vorsätzlicher Marktmanipulation in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 80 € verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 63.700 € angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet insbesondere die Beweiswürdigung sowie die Verfallsentscheidung. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts erteilte der Angeklagte Verkaufs- und Kaufaufträge für die im Freiverkehr an der Frankfurter Börse gehandelten Aktien der Firma R. AG, die er zuvor mit dem Käufer bzw. Verkäufer abgesprochen hatte (sog. matched orders bzw. prearranged trades).
3
1. Zunächst gab er am 3. April 2009 in der Absicht, sich finanzielle Liquidität für den Erwerb sonstiger Aktien zu verschaffen, einen Verkaufsauftrag über 22.000 Aktien der R. AG zu einem Verkaufslimit von 4,55 €. Ein Geschäftspartner des Angeklagten erteilte am selben Tag aufgrund einer zwischen beiden zuvor getroffenen Vereinbarung einen Kaufauftrag mit einem Kauflimit von 4,55 €, zunächst über 14.000 und unmittelbar darauf über weitere 8.000 Stück der betreffenden Aktien. Diese Aufträge wurden jeweils zu entsprechenden Geschäftsabschlüssen zusammengeführt. Ein zu einem nicht näher festgestellten vorherigen Zeitpunkt veröffentlichter Preis für die Aktie der R. AG betrug 4,12 € pro Aktie. Dabei handelte es sich um einen Geldkurs, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand. Nach der Auffassung der Strafkammer sei dieser Kurs zwar kein Börsenkurs im Sinne des § 24 BörsG. Er sei gleichwohl bei der Beurteilung der Einwirkung auf den Preis der Aktie nach § 38 Abs. 2 WpHG in der zur Tatzeit geltenden Fassung durch das Verhalten des Angeklagten heranzuziehen, weil andernfalls gerade auf besonders manipulationsanfälligen Märkten der dort besonders notwendige strafrechtliche Schutz nicht gewährleistet sei.
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2. Um die ihm gewährte Liquidität teilweise zurückfließen zu lassen, gab der Angeklagte am 30. April 2009 den Kauf von 10.000 Stück derselben Aktie zu einem Kauflimit von 4,55 € in Auftrag. Da sein Geschäftspartner zuvor zwei Verkaufsaufträge über je 5.000 Stück Aktien mit dem vereinbarten Verkaufslimit in gleicher Höhe erteilt hatte, kam es zu einem entsprechenden Geschäftsabschluss. Sechs Minuten zuvor hatte der Angeklagte mit seinem Geschäftspartner ein ebenfalls abgesprochenes - nicht mehr verfahrensgegenständliches - Geschäft zu 4,50 € pro Aktie geschlossen. Auf diesen Preis habe der Angeklagte, so die Wertung des Landgerichts, in von § 38 Abs. 2 WpHG aF pönalisierter Form eingewirkt.
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II. Das Urteil hält der auf Grund der Revisionsrechtfertigung gebotenen umfassenden sachlichrechtlichen Prüfung stand. Die - entgegen der Auffassung der Revision rechtsfehlerfrei zustande gekommenen - Feststellungen be- legen zwei zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit stehende Straftaten nach § 38 Abs. 2 WpHG in der hier nach § 2 Abs. 3 StGB maßgebenden, zu den Tatzeiten geltenden Fassung (im Folgenden: aF). Bezüglich der Anordnung des Verfalls zeigt die Revision ebenfalls keinen Rechtsfehler auf.
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1. Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der die Strafbarkeit begründenden Regelung.
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a) Für die rechtliche Bewertung des vorliegenden Falles ist folgendes Regelungsgefüge maßgeblich: Gemäß § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF ist es untersagt, Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bestimmt, dass derjenige ordnungswidrig handelt, der entgegen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, auch in Verbindung mit Abs. 4, jeweils in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 oder 5 ein Geschäft vornimmt oder einen Kauf- oder Verkaufsauftrag erteilt. § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF erlaubt dem Bundesministerium der Finanzen, durch eine Rechtsverordnung , die der Zustimmung des Bundesrats bedarf, nähere Bestimmungen zu erlassen über falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten oder das Vorliegen eines künstlichen Preisniveaus. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 der auf dieser Grundlage erlassenen Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV ) werden irreführende Signale im Sinne des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG insbesondere auch durch Geschäfte oder einzelne Kauf- oder Verkaufsaufträge über Finanzinstrumente gegeben, die von Parteien, die sich abgesprochen haben, zu im Wesentlichen gleichen Stückzahlen und Preisen erteilt werden, es sei denn, diese Geschäfte wurden im Einklang mit den jeweili- gen Marktbestimmungen rechtzeitig angekündigt. Strafbar gemäß § 38 Abs. 2 WpHG aF macht sich schließlich u.a., wer eine in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF bezeichnete Handlung begeht und dadurch auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments einwirkt.
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b) Auch mit Blick auf die zahlreichen, in den genannten Vorschriften enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe, die auf den ersten Blick wenig übersichtliche Regelungstechnik und die in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WphG aF enthaltenen blankettartigen Verweise auf verschiedene Rechtsverordnungen ist die Regelung insgesamt - trotz der verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Zweifel (vgl. Sorgenfrei, wistra 2002, 321, 325; Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 61 ff.; Moosmayer, wistra 2002, 161, 167 ff.; Tripmaker , wistra 2002, 288, 292; Streinz/Ohler, WM 2004, 1309, 1314 ff.; Schmitz, ZStW 115 (2003), 501, 528) - verfassungsgemäß (vgl. zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 3 StR 506/10, wistra 2011, 467, 468; zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; vgl. auch Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., Vor § 20a Rn. 26 ff.; Mock/Stoll/Eufinger in Kölner Kommentar zum WpHG, § 20a Rn. 82 ff.; Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts -Kommentar, 4. Aufl., § 20a WpHG Rn. 5 f. mwN; Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, 2012, S. 273; Schönwälder, Grund und Grenzen einer strafrechtlichen Regulierung der Marktmanipulation, 2011, S. 115 ff.; Teuber, Die Beeinflussung von Börsenkursen, 2011, S. 217 ff.).
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Sie genügt insbesondere - entsprechend anderen wirtschaftsstrafrechtlichen Tatbeständen wie etwa der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), der Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB) oder der Kreditbetrug (§ 265b StGB), die in ähnlicher Form durch die Verwendung konkretisierungsbedürftiger Rechtsbegriffe geprägt sind - noch dem verfassungsmäßigen Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2003 - 1 StR 24/03, BGHSt 48, 373, 383 f.; Vogel, aaO Vor § 20a Rn. 29), der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht übersteigert werden darf, damit die Gesetze nicht zu starr und kasuistisch und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalles nicht mehr gerecht werden (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 1992 - 2 BvR 858/92, NJW 1993, 1909, 1910). Die Verwendung präziserer, engerer Formulierungen würde hier die Gefahr begründen , dass die Regelung mit Blick auf die sich schnell ändernden manipulativen Praktiken an den Börsen und Märkten den ihr zugedachten hauptsächlichen Zweck, im Interesse des Gemeinwohls die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten zu gewährleisten und damit deren Funktionsfähigkeit gegen manipulierende Eingriffe zu sichern (BTDrucks. 14/8017, S. 98; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 7) bereits nach kurzer Zeit nicht mehr erfüllen könnte (vgl. Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 5).
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Ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG liegt ebenfalls nicht vor (vgl. Eichelberger, ZBB 2004, 296, 299). Die Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung wirkt nicht strafbegründend. Sie ist nicht abschließend und enthält Begriffserläuterungen sowie Regelbeispiele, bei deren Vorliegen Tatbestandsmerkmale des § 20a WpHG erfüllt sein können, außerdem Verfahrensvorschriften zur Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis. Sie hat zum Ziel, den Marktteilnehmern entsprechende Leitlinien an die Hand zu geben, mit deren Hilfe deutlich wird, welche Handlungen marktkonform sind und damit keinen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 WpHG darstellen (BT-Drucks. 14/8017 S. 90). Daher führt sie keine neuen Straftatbestände ein; sie spezifiziert lediglich in nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts letztlich unbedenklicher Weise (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 6. Mai 1987 - 2 BvL 11/85, BVerfGE 75, 329, 342; vom 29. Mai 1991 - 2 BvR 117/90, NJW 1992, 107; vom 7. Oktober 2008 - 2 BvR 1101/08, NVwZ 2009, 239 f. mwN) die gesetzlichen Regelungen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, NJW 2005, 445, 450 zur Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation KuMaKV; vgl. auch Schwark/Zimmer, aaO § 20a WpHG Rn. 6).
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2. Die Voraussetzungen der § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF sind durch die Feststellungen belegt. Insoweit bedürfen lediglich die folgenden Gesichtspunkte der Erörterung:
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a) Die von dem Angeklagten erteilten Verkaufs- bzw. Kaufaufträge und die auf dieser Grundlage abgeschlossen Geschäfte waren geeignet, irreführende Signale für den Börsenpreis eines Finanzinstruments zu geben, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF.
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aa) Der Begriff der irreführenden Signale in diesem Sinne entspricht demjenigen der irreführenden Angaben nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF. In diesem Sinne ist ein irreführendes Signal gegeben, wenn es geeignet ist, einen verständigen, d.h. börsenkundigen und mit dem Markt des betroffenen Finanzinstruments vertrauten, Anleger zu täuschen (vgl. etwa Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 20a Rn. 150; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172). Zu den Marktverhältnissen gehören alle Umstände, die auf die Preisbildung einwirken, also insbesondere die Angebotslage, die Nachfrageseite , das Umsatzvolumen, die zeitliche Abfolge der getätigten Umsätze sowie allgemein die Marktliquidität (vgl. MüKoStGB/Pananis aaO).
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bb) Diese Voraussetzungen sind in beiden Fällen erfüllt. Der Angeklagte und sein Geschäftspartner hatten jeweils einen bestimmten Preis und die Stückzahlen abgesprochen. Sodann setzten sie für die Aufträge zu dem Ver- kauf bzw. Kauf an der Börse ein der vorherigen Absprache entsprechendes Preislimit. Die auf diesen limitierten Orders beruhenden Geschäfte vermittelten jedoch den Eindruck, dass der Preis sich jeweils börsenmäßig aufgrund von Angebot und Nachfrage frei gebildet habe (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 4. Oktober 2011 - 2 Ss 65/11, NJW 2011, 3667). Damit konnte ein verständiger Marktteilnehmer über die zutreffenden wirtschaftlichen Verhältnisse in dem betreffenden Markt in die Irre geführt werden.
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cc) Einen über die Eignung, falsche oder irreführende Signale zu geben, hinausgehenden Erfolg - etwa in Form eines Irrtums bei sonstigen Marktteilnehmern - verlangt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nicht (vgl. schon zutreffend OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3670).
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b) Die vom Angeklagten vorgenommenen Handlungen in Form der sog. matched orders bzw. prearranged trades waren mit der zulässigen Marktpraxis auf dem betreffenden Markt nicht vereinbar (vgl. hierzu § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaKonV; BR-Drucks. 639/03 S. 12; MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 189; Vogel, aaO § 20a Rn. 166), so dass der Ausnahmetatbestand des § 20a Abs. 2 Satz 1 WpHG nicht eingreift. Die Voraussetzungen des § 20a Abs. 3 WpHG liegen ebenfalls nicht vor.
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3. Der Straftatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert, dass - zusätzlich zu den Voraussetzungen einer Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF - der Angeklagte auf den Börsenpreis der R. -Aktie tatsächlich einwirkte. Auch dies kann den Feststellungen in beiden Fällen im Ergebnis entnommen werden.
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a) Der Begriff des Börsenpreises bestimmt sich nach der auch in diesem Zusammenhang geltenden Definition des § 24 BörsG (allg. Auff., vgl. etwa Park-Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 110; Vogel, aaO § 20a Rn. 114; Diversy in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , § 38 WpHG Rn. 124; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl., Rn. 381). Dafür spricht bereits, dass die Strafbarkeit von marktmanipulativen Verhaltensweisen früher im Börsengesetz selbst geregelt war (vgl. § 88 BörsG aF) und nichts dafür ersichtlich ist, dass derselbe Begriff innerhalb eines Gesetzes unterschiedlich zu interpretieren war. Den Gesetzesmaterialien ist nicht zu entnehmen, dass durch die Normierung der Strafbarkeit im Wertpapierhandelsgesetz insoweit eine sachliche Änderung beabsichtigt war (vgl. BT-Drucks. 14/8017 S. 64, 89). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 BörsG sind alle Preise, die während der Börsenzeit an einer Börse im Präsenzhandel oder im elektronischen Handel, oder Preise, die an einer Warenbörse ermittelt werden, Börsenpreise (vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., § 24 BörsG Rn. 5). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 BörsG gilt dies auch für einen Preis, der im Freiverkehr an einer Wertpapierbörse festgestellt wird. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse am Markt, erhöht, abgesenkt oder auch nur stabilisiert wird (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3669; Vogel, aaO § 38 Rn. 51, § 20a Rn. 115; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40; Koppmann, ZWH 2012, 27). Maßgeblich ist also, dass die manipulative Handlung des Täters kausal für den fraglichen Preis eines Finanzinstruments ist.
19
aa) Im Fall II. 1 der Urteilsgründe hat das Landgericht darauf abgestellt, dass vor dem Verkauf der Aktien durch den Angeklagten an seinen Partner ein Geldkurs in Höhe von 4,12 € exisiterte, zu dem kein Umsatz stattfand, sondern nur eine Nachfrage bestand (UA S. 5). An anderer Stelle hat es diesen Kurs als Taxkurs bezeichnet (UA S. 17). Dies genügt für die Annahme eines Börsenkurses in dem hier maßgebenden Sinne nicht. Dabei kann dahinstehen, welche Bezeichnung letztlich zutreffen soll; denn sowohl Geld- als auch Taxkurse sind, wie die Strafkammer selbst zutreffend erkannt hat, keine Börsenkurse im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1990 - XI ZR 68/89, WM 1990, 1408 mwN zu § 29 BörsG aF Oetker; Bergmann, HGB, 3. Aufl., § 400 Rn. 6 mwN; Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 24 BörsG Rn. 8).
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Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgeführt hat, es müsse auf solche Geld- oder Taxkurse zurückgegriffen werden, auch wenn diese keine Börsenkurse im Sinne des § 24 BörsG seien, damit der notwendige strafrechtliche Schutz gewährleistet werden könne, ist nicht zu verkennen, dass insbesondere enge Märkte wie der vorliegende, auf denen Wertpapiere mit nur wenigen Umsätzen gehandelt werden, besonders manipulationsanfällig sind. Allein das Ziel, vermeintliche oder tatsächlich bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen, kann jedoch nicht dazu führen, Tatbestandsmerkmale zu überdehnen. Wie weit und unter welchen Voraussetzungen der strafrechtliche Schutz in diesem Bereich gewährleistet werden soll, ist in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers übertragen. Dieser hat sich bei der Neuregelung der Bußgeld- und Strafvorschriften durch das am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Vierte Finanzmarktförderungsgesetz dafür entschieden, die Strafbarkeit marktmanipulativen Verhaltens an die Einwirkung auf einen Börsen- oder Marktpreis zu knüpfen (hinsichtlich der Praxistauglichkeit kritisch etwa bereits Ziouvas/Walter, WM 2002, 1483, 1487). Dies ist bei der Rechtsanwendung hinzunehmen.
21
Nicht allein ausreichend ist es auch, dass der Angeklagte durch das Geschäft mit seinem Partner einen (neuen) Börsenpreis bewirkte. Nach der soweit ersichtlich in Rechtsprechung und Literatur einhellig verwendeten Umschrei- bung des Einwirkens im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF, von der in der vorliegenden Fallkonstellation abzuweichen kein Anlass besteht, ist es erforderlich, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die Manipulation des Täters beeinflusst wird. Der Tatbestand setzt somit, anders als etwa der Kapitalanlagebetrug nach § 264a StGB, einen bereits bestehenden Börsenpreis voraus; das (erstmalige) Bewirken eines Börsenpreises wird von ihm nicht umfasst (vgl. OLG Stuttgart, aaO NJW 2011, 3667, 3670; Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2052; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 137).
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Den Urteilsgründen ist in ihrem Zusammenhang jedoch genügend sicher zu entnehmen, dass bereits vor dem manipulativen Geschäft zwischen dem Angeklagten und seinem Partner ein Börsenpreis im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG für die R. -Aktie bestand. Nach den vom Landgericht wiedergegebenen Ausführungen der Sachverständigen N. wurde die Aktie zwar zwischen dem 31. Mai 2007 und dem 11. August 2008 nicht gehandelt.Danach - und damit vor der Tat am 3. April 2009 - fanden jedoch Umsätze statt. Aufgrund der weiteren Darlegungen der Quellen, aus denen die Sachverständige ihre diesbezüglichen Erkenntnisse gewonnen hat, ist davon auszugehen, dass diese Umsätze zur Festsetzung von Börsenpreisen führten. Auch im Rahmen ihrer Erwägungen zum Verfall hat die Strafkammer ausgeführt, dass die R. -Aktie Anfang des Jahres 2009 gehandelt wurde.
23
bb) Im Fall II. 2 der Urteilsgründe hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei als Bezugspunkt einen an der Börse festgesetzten Kurs angenommen, der auf einem kurz vor der abgeurteilten Tat zwischen dem Angeklagten und seinem Geschäftspartner getätigten Geschäft beruhte. Darauf, ob es sich hierbei ebenfalls um ein zuvor abgesprochenes Geschäft handelte, das den inhaltlichen Anforderungen an das ordnungsmäßige Zustandekommen eines Börsenpreises nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügte (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 25), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Der Begriff des Börsenpreises wird zunächst in § 24 Abs. 1 BörsG definiert. Danach sind - jedenfalls bis zu einer aufsichtsrechtlichen oder sonstigen Beanstandung - auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise erfasst; denn insbesondere der Preisfindung in elektronischen Handelssystemen fehlt heute jedes gestaltende oder gar regelnde Moment; sie ist nur noch Protokollierung eines realen Transaktionspreises (vgl. Theissen, WM 2003, 1497, 1503). Deshalb gebieten es Sinn und Zweck der § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG, die Preisbildung an bzw. auf und die Funktionsfähigkeit von Börsen und überwachten Märkten zu schützen (vgl. im Einzelnen Vogel, aaO § 20a Rn. 26 ff.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, § 20a WpHG Rn. 2 [Stand: April 2012]), in dem hier relevanten Zusammenhang auf diesen Börsenpreis im formellen Sinne, nicht aber darauf abzustellen, ob die inhaltlichen Anforderungen gemäß § 24 Abs. 2 BörsG erfüllt sind. Diese sind vor allem auch deshalb von Belang, weil dem Börsenpreis in zahlreichen anderen Zusammenhängen , etwa bei der Pfandverwertung, beim Fixhandelskauf sowie im Bilanzoder Steuerrecht eine erhebliche Bedeutung zukommt (vgl. Beck in Schwark/Zimmer, aaO § 24 BörsG Rn. 5 f.). Zudem könnten andernfalls besonders hartnäckig manipulierende Täter, die unter Umständen mehrere abgesprochene Geschäfte hintereinander tätigen, allenfalls für die erste Transaktion strafrechtlich belangt werden.
24
cc) Der Angeklagte wirkte jeweils auf den Börsenpreis der R. -Aktie bereits dadurch ein, dass der von ihm und seinem Partner abgesprochene Preis an der Börse festgesetzt wurde. § 38 Abs. 2 WpHG aF ist zwar als Erfolgsdelikt ausgestaltet (Vogel, aaO § 38 Rn. 49; Fuchs/Waßmer, WpHG, 2009, § 38 Rn. 40, 47; Kutzner, WM 2005, 1401, 1406). Der notwendige Einwirkungserfolg im Sinne der Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass nach den konkreten Geschäften zwischen dem Angeklagten und seinem Partner durch Dritte weitere Geschäfte getätigt wurden, bei denen die Preise kausal gerade auf dem durch die manipulativen Geschäfte hervorgerufenen Kursniveau beruhen. § 38 Abs. 2 WpHG aF bestimmt nicht, welchen aus der Vielzahl von Börsen - und Marktpreisen, die für ein Finanzinstrument erzielt werden, der Täter herbeiführen muss; vielmehr genügt die Einwirkung auf irgendeinen Börsenoder Marktpreis, demnach auch auf irgendeinen festgestellten Preis im laufenden Handel, der nicht notwendigerweise der Schlusskurs sein muss. Die Beeinflussung des weiteren Kursverlaufs nach einer bereits eingetretenen Beeinflussung ist ebenfalls nicht erforderlich (vgl. auch EuGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - C-445/09 IMC-Securities BV gegen Stichting Autoriteit Financiele Markten - BKR 2011, 422; Heusel/Schmidberger, BKR 2011, 425, 427; OLG Stuttgart, aaO, NJW 2011, 3667, 3669; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 54 f.; aA Kudlich, wistra 2011, 361, 363 f.; Nietsch XI § 38, WpHG 112 WuB).
25
b) Der Angeklagte handelte vorsätzlich; dies genügt für die subjektive Tatseite. Insbesondere setzt § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nicht voraus, dass der Angeklagte mit einer Manipulationsabsicht oder aus anderen Motiven handelte. Der im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht, insbesondere bei effektiven Geschäften könne die Frage, ob von Handelsaktivitäten falsche oder irreführende Signale ausgehen, nicht ohne Blick auf die innere Willensrichtung der Beteiligten beantwortet und nur bei Bestehen einer Manipulationsabsicht bejaht werden (vgl. MüKoStGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 172 f.; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, WpHG § 20a Rn. 25 [Stand: April 2012]; Eichelberger , Das Verbot der Marktmanipulation, 2006, S. 292; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht , 2. Aufl., Rn. 599), ist nicht zu folgen (vgl. Vogel, aaO § 20a Rn. 152; Fuchs/Fleischer, WpHG, 2009, § 20a Rn. 74). Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es - im Gegensatz zu der bis zum 29. Oktober 2004 geltenden Fassung - auf eine derartige Manipulationsabsicht nicht (mehr) an. Vielmehr hat der Gesetzgeber auf dieses Absichtsmerkmal mit dem Anlegerschutzverbes- sungsgesetz bewusst in Abkehr von der früheren Fassung des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG verzichtet (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 37). Dies entspricht auch der Intention der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (ABl. EU 2003 Nr. L 96 S. 16), die durch das Anlegerschutzverbessungsgesetz umgesetzt wurde (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 26). Nach der Begründung der Kommission stellt die Definition der "Marktmanipulation" auf das Verhalten der betreffenden Person und nicht auf ihren Vorsatz oder ihr Ziel ab (KOM[2001] 281 endgültig S. 6).
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4. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
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a) Ihr stehen nach den Feststellungen keine Ansprüche von Geschädigten entgegen (§ 73 Abs. 1 Satz 2, § 73a Satz 1 StGB). Wie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt (UA S. 19), haben Anleger aufgrund der Kursmanipulation keinen Schaden erlitten. Daher kann dahinstehen, ob überhaupt ein Anspruch von Anlegern auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen etwa nach § 826 BGB gegeben sein und eine Verfallsanordnung hindern könnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90, 101 f.; Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 254/09, NStZ 2010, 326; Woodtli, NZWiSt 2012, 51, 55).
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b) Die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe des gesamten Betrages , den der Angeklagte durch den Verkauf der ersten 14.000 Aktien im Rahmen der ersten Tat erzielte, begegnet keinen Bedenken. Der Angeklagte hat aus der Tat diesen Verkaufserlös im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt.
29
Aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte , die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09, BGHR StGB § 73 Erlangtes 12). Nach Sinn und Zweck des Verfalls werden solche Vorteile erfasst, die der Teilnehmer oder Dritte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen und behalten dürfen soll, weil sie von der Rechtsordnung als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung bewertet werden. Der dem Verfall unterliegende Vorteil bestimmt sich danach, was letztlich strafbewehrt ist (vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 f.). Hat sich der Tatbeteiligte im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit - insbesondere dem Abschluss oder der Erfüllung eines Vertrages - strafbar gemacht, so ist demgemäß bei der Bestimmung dessen, was er aus der Tat erlangt hat, in den Blick zu nehmen, welchen geschäftlichen Vorgang die Vorschrift nach ihrem Zweck verhindern will; nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall (BGH, aaO, BGHSt 57, 79, 84 mwN).
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Dies trifft für die hier gegebene Konstellation der Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF zu; denn danach ist das abgeschlossene Geschäft ausdrücklich verboten und der Kaufpreis als Erlös gerade unmittelbarer Zufluss aus dieser untersagten Transaktion. Die Situation bei verbotenerweise abgesprochenen Geschäften ist maßgebend dadurch gekennzeichnet, dass die Vertragspartner kollusiv zusammenwirken. Derartige Geschäfte sind nicht genehmigungsfähig; die § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF wollen sie vielmehr zum Schutz vor Preismanipulationen von Wertpapierkursen gerade als solche verhindern. Strafrechtlich bemakelt ist demnach nicht nur die Art und Weise der Ausführung des Geschäfts sondern dieses selbst, weil es den manipulierten Börsenpreis und damit den tatbestandlichen Erfolg herbeiführt.
31
Damit unterscheidet sich die hier vorliegende Fallkonstellation maßgeblich von solchen, bei denen nach der Rechtsprechung nicht die gesamte aus einem abgeschlossenen Geschäft erlangte Gegenleistung, sondern nur der durch das strafbewehrte Vorgehen erreichte Sondervorteil als erlangt zu bewerten ist. So gilt etwa bei verbotenen Insidergeschäften lediglich der realisierte Sondervorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern als erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884). Dort ist der Veräußerungsakt als solcher legal; bemakelt ist das Geschäft deshalb, weil der Insider aus seinem Sonderwissen keinen Sondervorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern ziehen soll (zum Unterschied von Marktmanipulation und Insiderhandel vgl. im Einzelnen etwa Lienenkämper, Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, 2012, S. 158). Auch in den Fällen korruptiv erlangter Auftragserteilungen ist im Gegensatz zur hiesigen Sachlage lediglich die Art und Weise bemakelt, wie der Auftrag erlangt wurde, nicht hingegen, dass er ausgeführt wurde. Dies rechtfertigt es, das Erlangte nach dem kalkulierten Gewinn und nicht nach dem vereinbarten Werklohn zu bemessen (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309 ff.). Bei nach dem Außenwirtschaftsgesetz verbotenen Ausfuhren kommt es schließlich darauf an, ob das dem Vorgang zugrunde liegende Geschäft genehmigungsfähig ist und genehmigt werden müsste (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 83 ff.). Ist dies der Fall, wird allein die Umgehung der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert ; erlangt sind dann nur die hierdurch ersparten Aufwendungen. Ist das Geschäft demgegenüber - gegebenenfalls auch nur nach dem Ermessen der zuständigen Behörde - nicht genehmigungsfähig, so ist es als solches bemakelt; dann kann - wie in der vorliegenden Konstellation - die gesamte Gegenleistung abgeschöpft werden.
32
c) Ein Absehen vom Verfall nach der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB hat das Landgericht geprüft und ohne Rechtsfehler abgelehnt.
Becker Schäfer Hubert Mayer Spaniol

(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn

1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,
2.
ihm das Erlangte
a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder
b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
3.
das Erlangte auf ihn
a)
als Erbe übergegangen ist oder
b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde

1.
durch Veräußerung des erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
1. Zu der im Rahmen des Tatbestands des unerlaubten Betreibens von Anlagen
gemäß § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB vorzunehmenden Abgrenzung zwischen
Beseitigung und Verwertung von Abfall.
2. Zu den Voraussetzungen einer nachhaltigen Verunreinigung des Grundwassers
als eigenständigen Schutzgutes des § 326 Abs. 1 Nr. 4 lit. a
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 505/12 –
Landgericht Cottbus

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 23. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen vorsätzlichen unerlaubten Betreibens einer Abfallentsorgungsanlage
u.a.
Verfallsbeteiligte:
1.
2.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Oktober
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dr. Berger,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin S.
als Verteidigerin für den Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt A.
als Verteidiger für den Angeklagten N. ,
Rechtsanwalt H.
als Vertreter der Verfallsbeteiligten zu 1.,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 14. Dezember 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es den Angeklagten K. betrifft.
Im Übrigen werden die Revisionen der Staatsanwaltschaft verworfen.
Die Staatskasse hat die durch die Revisionen der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten N. und beider Verfallsbeteiligter zu tragen.
2. Auf die Revisionen des Angeklagten K. und der Verfallsbeteiligten zu 1. wird das genannte Urteil, soweit es diesen Angeklagten und diese Verfallsbeteiligte betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Rechtsmittelkosten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen vorsätzlichen unerlaubten Betreibens einer Abfallentsorgungsanlage zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten N. hat es vom Vorwurf der Beihilfe zum unerlaubten Umgang mit gefährlichen Abfällen in Tateinheit mit unerlaubtem Betreiben einer Abfallentsorgungsanlage freigesprochen. Des Weiteren hat das Landgericht gegen die N. GmbH (im folgenden N. GmbH) „den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 600.000 €“ angeordnet.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten K. und N. sowie der beiden Verfallsbeteiligten N. GmbH und der Kr. GbR eingelegten, auf eine Verfahrensrüge sowie auf die Sachrüge gestützten Revisionen, die vom Generalbundesanwalt lediglich hinsichtlich des Angeklagten K. und derKr. GbR vertreten werden. Der Angeklagte K. und die N. GmbH fechten das Urteil jeweils mit ihren unbeschränkten, ebenfalls auf eine Verfahrens - und auf die Sachrüge gestützten Revisionen an.
3
Die Revisionen des Angeklagten K. und der N. GmbH haben jeweils mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt auch zu Ungunsten des Angeklagten K. zur umfassenden Aufhebung des Urteils. Soweit die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sich gegen die Freisprechung des Angeklagten N. richten und zum Nachteil der Verfallsbeteiligten geführt werden, bleiben sie ohne Erfolg.

I.


4
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verfüllte der Angeklagte K. als Geschäftsführer der N. GmbH von November 2003 bis Novem- ber 2008 ohne abfallrechtliche Genehmigung eine Teilfläche des Kiessandtagebaus Sc. mit mindestens 200.000 Tonnen zuvor aufbereiteter Klärschlammkomposte, um sich so des schadstoffhaltigen Materials zu entledigen. Im Einzelnen hat die Strafkammer Folgendes festgestellt:
5
a) Der Angeklagte K. war und ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der N. GmbH, deren Unternehmenstätigkeit in der Herstellung von Kompost aus Abfällen sowie in der Vermarktung des Kompostmaterials bestand. Seit 1999 betrieb die N. GmbH eine – zuvor von anderen Unternehmen, ebenfalls unter Beteiligung des Angeklagten K. unterhaltene – Kompostieranlage in B. , wo mit entsprechender immissionsschutzrechtlicher Genehmigung Klärschlammkompost hergestellt wurde. Daneben betrieb die N. GmbH – jedenfalls seit 2003 – ein sogenanntes Erdenwerk zur weiteren Bearbeitung des Kompostmaterials.
6
b) Die N. GmbH nahm gegen Bezahlung in großen Mengen Klärschlämme von verschiedenen Kläranlagen aus ganz Deutschland, teilweise auch aus dem europäischen Ausland an. Die hierfür von den Anlieferern gezahlten Entgelte stellten die Haupteinnahmequelle des Unternehmens dar. Die Klärschlämme wurden in der Kompostieranlage durch Vermischung mit Strukturmaterial, Lagerung auf sogenannten Mieten und durch einen Siebvorgang zu einer als Klärschlammkompost bezeichneten Substanz verarbeitet. Bei entsprechender Reife, die regelmäßig erst nach mehreren Jahren eines während der Lagerung auf den Mieten stattfindenden Zersetzungsprozesses (der sogenannten Rotte) eintrat, ordnete meist der Angeklagte K. selbst den Siebvorgang als Ende des in der Kompostieranlage stattfindenden Prozesses an. Anschließend wurde der gesiebte Klärschlammkompost in dem Erdenwerk weiter behandelt, indem er mit Mineralstoffen gemischt und zur Homogenisierung des Materials erneut gesiebt wurde. Kleinere Mengen des am Ende dieses Prozesses anfallenden und als „Rekultivie- rungserde“ bezeichneten Materials wurden an verschiedene Kunden ver- kauft. Ganz überwiegend wurde das Material im Tatzeitraum unter der Regie des Angeklagten K. jedoch zu dem Kiessandtagebau in Sc. geschafft und dort verkippt, um es auf diese Weise kostengünstig „loszuwerden“. Für eine anderweitige Entsorgung des Materials aus dem Erdenwerk wären der N. GmbH nach Schätzung des Landgerichts im Tatzeitraum Mehrkosten in Höhe von 3 € pro Tonne entstanden, die bei einer Abnahme durch Drittunternehmen angefallen wären.
7
c) Für eine Nutzung der Tagebaufläche zu einer Verfüllung mit Kippmassen verfügte die N. GmbH zwar über eine beschränkte bergrechtliche Zulassung des zuständigen Landesbergamts, nicht jedoch über eine abfallrechtliche Genehmigung.
8
Erstmals hatte die N. GmbH am 3. Juni 2002 gemäß § 53 BBergG die Zulassung eines Abschlussbetriebsplans beantragt, der die Einstellung des Betriebs hinsichtlich einer Teilfläche des Kiessandtagebaus Sc. betraf. In dem der Antragstellung zugrunde liegenden Teilabschlussbetriebsplan hieß es unter Bezugnahme auf Zuordnungswerte im Sinne der Technischen Regeln der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) unter anderem : „Zur Schaffung einer 5 m mächtigen durchwurzelbaren Schicht wird zur besseren Erfüllung der Rekultivierungsziele die im Eigenbetrieb N. hergestellte Komposterde aufgebracht. Diese Komposterde entspricht der LAGA Zuordnung Z 0 bis Z 1.1“. Vorwiegend wegen Bedenken des Landesumweltamtes , das hinsichtlich einer Aufschüttung von fünf Metern Kompost /Kompostgemischen unter anderem auf Beschränkungen nach der Bioabfallverordnung verwiesen hatte, sah sich das Landesbergamt gehindert, die beantragte Zulassung dieses ursprünglichen Teilabschlussbetriebsplans zu erteilen. In einer Besprechung im Landesbergamt am 25. November 2002 sagte der Angeklagte K. zu, den Bedenken in einem neuen Teilabschlussbetriebsplan Rechnung zu tragen. Hierzu fasste der zuständige Mitarbeiter des Landesbergamtes in einem Gesprächsvermerk zusammen, dass in dem angekündigten neuen Antrag die Versagungsgründe berücksichtigt werden sollten; dies betraf insbesondere auch den Wegfall einer ursprünglich ausdrücklich vorgesehenen Verkippung von Kompost-Erdengemischen.
9
Mit Bescheid des Landesbergamts Brandenburg vom 2. Juni 2003 wurde ein neuer Abschlussbetriebsplan vom 18. März 2003 nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes unter Aufnahme von Nebenbestimmungen zugelassen, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Zulassung „andere erforderliche Genehmigungen, Erlaubnisse, Bewilligungen und Ausnahmebewilligungen nach anderen Gesetzen“ nicht einschließe. Der dem Zulassungsbescheid zugrunde liegende und von ihm in Bezug genommene Teilabschlussbetriebsplan vom 18. März 2003 enthielt eine Aufbringung von „Komposterde“ nicht mehr; die entsprechende Passage aus dem Betriebsplan vom 22. März 2002 war ersatzlos gestrichen worden.
10
Die Nebenbestimmungen des Zulassungsbescheids vom 2. Juni 2003 sahen unter anderem vor, dass „für die durchwurzelbare Oberschicht nur eine kulturfähige Bodenschicht von unbelastetem Bodenaushub des Zuordnungswertes Z 0 verwendet werden“ dürfe und „die Mächtigkeit der Bodenschicht“ maximal 2,0 Meter zu betragen habe. Weiter enthielten die Nebenbestimmungen eine Beschränkung der für eine Verfüllung des Tagebaus möglichen Abfälle. Danach waren nur „nachfolgende Abfallarten mit folgenden Codenummern nach Europäischem Abfallverzeichnis zur Verbringung zugelassen: 17 01 01 Abfallbezeichnung Beton, 17 01 02 Abfallbezeichnung Ziegel, 17 01 03 Abfallbezeichnung Fliesen, Ziegel, Keramik, 17 01 07 Abfallbezeichnung Gemisch aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 01 06 fallen, 17 05 04 Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 05 03 fallen“.
11
d) In den im November 2008 im Kiessandtagebau Sc. ent- nommenen Proben wurden „teilweise erhebliche Überschreitungen der jewei- ligen Zuordnungswerte ‚Z 1.1’ festgestellt, wobei hier insbesondere Auffälligkeiten aus der Gruppe der Mineralölkohlenwasserstoffe, der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe und bei dem Schwermetall Kupfer zu ver- zeichnen waren“ (UA S. 16). Zu den Folgen der Schadstoffbelastung hat die Strafkammer festgestellt, dass „nur das Grundwasser in einem gleichsam abgeschlossenen Gebiet im unmittelbaren Bereich des Kiessandtagebaus latent gefährdet“ sei; hingegen sei „für jeden einzelnen der Schadstoffe und auch der vorgefundenen Keimarten ausgeschlossen, dass sich eine Gefähr- dung oder auch nur eine Belästigung von Menschen und Tieren ergibt“ (UA S. 16).
12
e) Der Angeklagte N. nahm im November 2005 die Arbeit als Werksleiter bei der N. GmbH zum Monatslohn von 2.000 € brutto auf und wies seit Ende des Jahres 2005 die Mitarbeiter in B. im Einzelnen an, soweit dies nicht der Angeklagte K. selbst übernahm. Gelegentlich gab der Angeklagte N. auch in Sc. Anweisungen zur Verfüllung der Kiesgrube.
13
2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist das Landgericht zu folgenden Wertungen gelangt:
14
a) Nach Auffassung des Landgerichts hat der Angeklagte K. den Tatbestand des vorsätzlichen unerlaubten Betreibens einer Abfallentsorgungsanlage gemäß § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB erfüllt. Es hat im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2006 (BVerwGE 127, 250) angenommen, dass es sich bei dem in den Kiessandtagebau eingebrachten Material um Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) gehandelt habe, weil die Abfalleigenschaft des Ausgangsmaterials mangels einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung fortbestanden habe. Da das Material aus dem Erdenwerk beständig in derart großen Mengen angefallen sei, dass sich – neben dem Verkauf vergleichsweise geringer Mengen – kontinuierlich die Notwendigkeit ergeben habe, große Mengen „loszuwerden“, sei aus Sicht des Angeklagten K. die Entledigung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG erforderlich gewesen. Der Kiessandtagebau habe der Beseitigung und nicht der Verwertung dieses Materials gedient und hätte daher als Deponie einer Genehmigung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz bedurft. Der Angeklagte K. habe insbesondere angesichts der Vorgeschichte der schließlich vom Landesbergamt erteilten Zulassung die Abfalleigenschaft der „Komposterde“ und damit das Erfordernis einer abfallrechtlichen Genehmigung billigend in Kauf genommen.
15
b) Eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen gemäß § 326 Abs. 1 Nr. 4 lit. a StGB hat das Landgericht hingegen verneint. Abstrakt gefährdet sei nur das Grundwasser im unmittelbaren Bereich der Kiesgrube. Es fehle insoweit an der Gefahr einer nachhaltigen Veränderung eines Gewässers, weil es wegen der hydrogeologischen Verhält- nisse im Bereich der Kiesgrube ausgeschlossen sei, „dass Mensch und Tier in Gefahr geraten oder auch nur belästigt werden“ (UA S. 34).
16
c) Das Landgericht hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass auch der Angeklagte N. hinsichtlich der Haupttat des Angeklagten K. vorsätzlich gehandelt habe. Schon angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte N. seine Tätigkeit in dem Unternehmen erst gegen Ende des Jahres 2005 aufgenommen habe, sei es eher unwahrscheinlich, dass er über die Genehmigungslage und etwaige Ungereimtheiten informiert gewesen sei. Dies gelte umso mehr, als der Angeklagte K. als „Chef“ eine durchweg dominante Stellung in dem Unternehmen gehabt habe und es ferner angesichts der ausgeprägten Hierarchie plausibel sei, dass der Angeklagte K. alleiniger Ansprechpartner für die entscheidenden Diskussionen im Zusammenhang mit der Entnahme von Proben und deren Analyse gewesen sei. Weit weniger als der umfassend informierte und unmittelbar verantwortliche Angeklagte K. habe der Angeklagte N. im Übrigen die Abfalleigenschaft des Materials aus dem Erdenwerk erkennen können.
17
d) Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die N. GmbH in Höhe von 600.000 € hat die Strafkammer auf eine Schätzung gestützt, wonach das Unternehmen durch die Verbringung der Abfälle nach Sc. Aufwendungen in dieser Höhe erspart habe, die es für eine ordnungsgemäße Entsorgung hätte tätigen müssen. Hingegen könnten die mit der Annahme der Klärschlämme erzielten Einnahmen nicht als für das unerlaubte Betreiben der Deponie oder als hieraus erlangt angesehen werden.
18
e) Die Voraussetzungen einer Verfallsanordnung gemäß § 73 Abs. 3 StGB gegen die Kr. GbR hat das Landgericht mit der Begründung verneint, es fehle an einem hinreichenden Zusammenhang zwischen der Tat und der Bereicherung der Gesellschaft als Dritter. Zwischen der N. GmbH und der Kr. GbR geschlossene Mietverträge über Baumaschinen stellten nicht bemakelte entgeltliche Rechtsgeschäfte dar und bildeten daher eine Zäsur entsprechend dem Rechtsgedanken des § 822 BGB.
19
Eine Verfallsanordnung gegen den Angeklagten K. persönlich ist im Urteil nicht erörtert worden.

II.


20
1. Die Verfahrensrüge, mit der die Staatsanwaltschaft das Urteil in Bezug auf beide Angeklagte anficht, dringt nicht durch. Ob sich die Urteilsfeststellungen , namentlich diejenigen zur Beschaffenheit des in den Kiessandtagebau eingebrachten Materials, mit den in der Revisionsbegründung wiedergegebenen Lichtbildern und Urkunden vereinbaren lassen, kann ohne Rekonstruktion der Hauptverhandlung nicht beurteilt werden. Eine solche ist dem Revisionsgericht jedoch ebenso wie eine eigene Bewertung des Beweisergebnisses von Rechts wegen untersagt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 261 Rn. 38a und § 337 Rn. 15, mwN; Diemer, NStZ 2002, 16, 17 f.). Ein Fall, in dem sich ohne Rekonstruktion der Beweisaufnahme allein mit den Mitteln des Revisionsrechts durch Rückgriff auf objektive Grundlagen wie Urkunden oder Abbildungen feststellen lässt, dass die im Urteil getroffenen Feststellungen nicht durch die in der Hauptverhandlung benutzten Beweismittel gewonnen werden konnten (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 261 Rn. 38a), liegt nicht vor. Welche Schlüsse aus den Abbildungen, die im Kiessandtagebau aufgefundenes Material zeigen, und aus den Entsorgungsbilanzen des Kompostierwerks zu ziehen sind, kann nur das Tatgericht im Rahmen der ihm obliegenden Gesamtwürdigung entscheiden, zumal deren Ergebnis zusätzlich von den übrigen erhobenen Beweisen, insbesondere von den Zeugenaussagen und dem Gutachten des Sachverständigen über Art und Menge des in den Kiessandtagebau eingebauten Materials abhängig ist. Eine zur Begründung der Rüge nach § 261 StPO unter Umständen geeignete unzutreffende Wiedergabe des Gegenstandes der Abbildungen oder des Inhalts der Urkunden in den Urteilsgründen zeigt die Revision nicht auf.
21
2. Soweit sich die Revision der Staatsanwaltschaft gegen die Verurteilung des Angeklagten K. richtet, führt sie aufgrund der Sachrüge zu Ungunsten des Angeklagten – aber auch zu seinen Gunsten (§ 301 StPO) – zur umfassenden Aufhebung des Urteils. Die Revision des Angeklagten K. gegen seine Verurteilung hat mithin ihrerseits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf seine Verfahrensrüge nicht ankommt.
22
a) Die Feststellungen des Landgerichts sind nicht geeignet, den Schuldspruch wegen unerlaubten Betreibens einer Abfallentsorgungsanlage gemäß § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB zu tragen.
23
aa) Zu Recht geht das Landgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen davon aus, dass es sich bei dem verarbeiteten Klärschlammkompost zum Zeitpunkt der Einbringung in den Kiessandtagebau in Sc. um Abfall handelte. Der strafrechtliche Abfallbegriff ist in Anlehnung an das Abfallverwaltungsrecht selbständig zu bestimmen (vgl. BGH, Urteile vom 26. April 1990 – 4 StR 24/90, BGHSt 37, 21, 24, 26, und vom 26. Februar 1991 – 5 StR 444/90, BGHSt 37, 333, 335; NK-StGB-Ransiek, 3. Aufl., § 326 Rn. 6 ff.; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 326 Rn. 5 f.). Abfall sind danach alle Stoffe und Gegenstände, deren sich der Besitzer durch Beseitigung oder Verwertung entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Diese Definition entspricht sowohl dem zur Tatzeit geltenden § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG als auch der Neuregelung des § 3 Abs. 1 KrWG. Danach handelte es sich bei den gegen Entgeltzahlung von der N. GmbH ursprünglich in ihre Kompostieranlage aufgenommenen Klärschlämmen unzweifelhaft um Abfall (vgl. BVerwGE 127, 250). Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, war die Abfalleigenschaft dieses Materials trotz seiner weiteren Verarbeitung auch zum Zeitpunkt der Einbringung in den Kiessandtagebau nicht entfallen. Dementsprechend wollte sich der Angeklagte K. als Geschäftsführer der N. GmbH nach den insoweit rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts der beständig in großen Mengen anfallenden Klärschlammkomposte entledigen, um den Geschäftsbetrieb in der Kompostieranlage und im Erdenwerk weiter führen zu können (UA S. 14, 31).
24
Das Ende der Abfalleigenschaft eines Stoffes infolge Verwertung gemäß dem zur Tatzeit geltenden § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG setzt die Beendigung des Verwertungsverfahrens bei gleichzeitiger Erfüllung der sich aus dem Abfallrecht ergebenden Pflichten des Abfallbesitzers in Bezug auf die Schadlosigkeit der Verwertung voraus. Erst mit der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung des Abfalls endet das Regime des Abfallrechts (BVerwG, aaO, S. 253). Werden stoffliche Eigenschaften von Abfällen nicht für den ursprünglichen , sondern für andere Zwecke genutzt – wie hier durch den Einsatz von Klärschlammkomposten im Landschaftsbau –, ohne dass mangels identischer oder vergleichbarer Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls oder mangels Identität oder Vergleichbarkeit mit einem zu substituierenden Rohstoff von vornherein auf die Schadlosigkeit der Verwertung geschlossen werden kann, so bedarf der Abfall bis zum abschließenden Eintritt des Verwertungserfolges der Überwachung, um die Schadlosigkeit der Verwertung zu gewährleisten. Die Abfalleigenschaft eines nunmehr zu anderen Zwecken genutzten Stoffes endet dann nicht bereits mit einem Bereitstellen oder in einem ersten Behandlungs-/Verwertungsschritt, vielmehr muss die Schadlosigkeit der Verwertung bis zur abschließenden Verwendung des Abfalls (für den anderen Zweck) sichergestellt sein. Für Klärschlammkompost, der in ersten Verwertungsschritten erzeugt wurde, gilt daher, dass seine Abfalleigenschaft erst mit dem Aufbringen oder dem Einbringen in geeignete Böden entfällt (vgl. BVerwG, aaO, S. 256 ff.).
25
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Verarbeitung der Klärschlämme im Kompostierwerk und im Erdenwerk der N. GmbH allein nicht geeignet war, die Abfalleigenschaft des hierdurch gewonnen Materials zu beenden, da hierin nach den landgerichtlichen Feststellungen noch kein Abschluss einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung gesehen werden kann. Es fehlt insoweit sowohl an der erforderlichen abschließenden Verwendung als auch an der Gewährleistung der Schadlosigkeit der Verwertung. Selbst wenn die Einbringung in den Kiessandtagebau zu einem ordnungsgemäßen Abschluss eines etwa anzunehmenden Verwertungsverfahrens hätte führen können – was allerdings angesichts des vorhandenen Schadstoffgehalts ohnehin zweifelhaft erscheint –, so handelte es sich bei dem fraglichen Material im Moment der möglichen Tathandlung im Sinne des § 327 StGB, also während des Betreibens der Anlage durch fortlaufende Einbringung des Materials, gleichwohl noch um Abfall.
26
Auch die am 1. Juni 2012 in K. getretene Neuregelung des § 5 KrWG, die im Hinblick auf das in § 2 Abs. 3 StGB verankerte Meistbegünstigungsprinzip in die Prüfung einzubeziehen ist, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Denn auch nach dieser Vorschrift ist das Durchlaufen des Verwertungsverfahrens ebenso Voraussetzung für die Beendigung der Abfalleigenschaft wie eine bestimmte, im Gesetz näher geregelte Beschaffenheit des Stoffes oder Gegenstandes, dessen Verwendung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 KrWG insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt führen darf.
27
bb) Rechtsfehlerfrei ist auch die Annahme der Strafkammer, dass der Angeklagte hinsichtlich der Abfalleigenschaft des Materials mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Die dieser Bewertung zugrunde liegende Beweiswürdigung ist sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere stellen die Vorgeschichte der durch das Landesbergamt erteilten Genehmigung, der Inhalt des Genehmigungsbescheides und die Formulierungen in dem von der N. GmbH selbst beim Landesbergamt eingereichten Abschlussbetriebsplan , in dem „das Einbringen von Fremdstoffen“ in den Tagebau Sc. ausdrücklich als Verwertung im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes bezeichnet wird (UA S. 22), eine hinreichende Tatsachengrundlage für die Schlussfolgerung des Tatgerichts dar, der Angeklagte K. habe zumindest mit der Möglichkeit gerechnet, dass es sich bei dem in den Kiessandtagebau eingebrachten Material rechtlich um Abfall handelte.
28
cc) Die landgerichtlichen Feststellungen ermöglichen dem Senat jedoch keine abschließende Beurteilung der für den Schuldspruch wegen unerlaubten Betreibens einer Abfallentsorgungsanlage entscheidenden Frage, ob es sich bei dem in den Kiessandtagebau eingebrachten Material um Abfall zur Beseitigung oder aber um Abfall zur Verwertung gehandelt hat.
29
(1) Eine Strafbarkeit nach § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB (aF) setzt voraus, dass der Täter eine Abfallentsorgungsanlage betrieben hat, für die es einer Genehmigung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz bedurfte. Dies ist nur bei Abfallbeseitigungsanlagen im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG zur Endablagerung von Abfällen (Deponien, vgl. § 3 Abs. 10 KrW-/AbfG) der Fall, für die in § 31 Abs. 2 KrW-/AbfG das Planfeststellungsverfahren und in § 31 Abs. 3 KrW-/AbfG für unbedeutende Anlagen eine Genehmigung vorgesehen ist. Alle sonstigen Abfallbeseitigungsanlagen sind in § 31 Abs. 1 Hs. 2 KrW-/AbfG dem Regime des Bundesimmissionsschutzgesetzes unterstellt (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 7. März 2002 – 1Ss 222/01, LRE 43, 280; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 327 Rn. 17). Verwertungsvorgänge im Sinne des § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG bedürfen demnach unter keinen Umständen einer Genehmigung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (sondern gegebenenfalls einer solchen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz) und können somit nicht dem § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB unterfallen.
30
(2) Für die Abgrenzung, ob es sich bei einer Abfallentsorgungsmaßnahme um einen Beseitigungsvorgang oder um eine Maßnahme der Abfallverwertung handelt, ist zunächst der zur Tatzeit geltende § 4 KrW-/AbfG maßgeblich. Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG liegt eine stoffliche Verwertung vor, wenn nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der im einzelnen Abfall bestehenden Verunreinigungen der Hauptzweck der Maßnahme in der Nutzung des Abfalls und nicht in der Beseitigung des Schadstoffpotentials liegt. Für die stoffliche Verwertung von Abfällen ist hiernach kennzeichnend, dass ihre Eigenschaften zu einem bestimmten Zweck genutzt werden und dass sich diese Nutzung wirtschaftlich als Hauptzweck der Maßnahme darstellt (vgl. BVerwGE 123, 247, 250).
31
Auch nach europäischem Gemeinschaftsrecht richtet sich die Abgrenzung für solche Vorgänge, die nicht in eine einzige Verfahrenskategorie der Anhänge I oder II der Richtlinie 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie) bzw. der Anhänge II A oder II B der zur Tatzeit geltenden Richtlinien 75/442/EWG bzw. 2006/12/EG eingestuft werden können, sondern bei denen – wie im vorliegenden Fall, in dem sowohl das Beseitigungsverfahren D1 (Ablagerungen in oder auf dem Boden, z.B. Deponien usw.) als auch das Verwertungsverfahren R3 (Recycling/Rückgewinnung organischer Stoffe) in Frage steht – mehrere Zuordnungen in Betracht kommen, nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Abfallrahmenrichtlinie aF (der weitgehend Art. 3 Nr. 15 der Richtlinie 2008/98/EG entspricht). Danach kommt es darauf an, ob ihr Hauptzweck darauf gerichtet ist, dass die Abfälle eine sinnvolle Aufgabe erfüllen können, indem sie andere Materialien ersetzen, die für diese Aufgabe verwendet werden, wodurch natürliche Rohstoffquellen erhalten werden können (vgl. EuGH, NVwZ 2002, 579, 582 Rn. 69). Demgemäß setzt die stoffliche Ver- wertung voraus, dass aus den Eigenschaften des Stoffes ein konkreter wirtschaftlicher oder sonstiger Nutzen gezogen wird. Das unterscheidet sie von der Beseitigung, die darauf gerichtet ist, den wegen seiner Schadstoffhaltigkeit oder aus anderen Gründen nicht weiter nutzbaren Stoff dauerhaft von der Kreislaufwirtschaft auszuschließen. Für die wertende Betrachtung, ob eine Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Materials oder die Beseitigung des Stoffes im Vordergrund steht, ist von der Verkehrsanschauung unter Berücksichtigung der Vorstellungen desjenigen auszugehen, der die Maßnahme durchführt (BVerwG, aaO, mwN).
32
(3) Im zu entscheidenden Fall lassen die Feststellungen des Landgerichts schon nicht erkennen, inwieweit die Verfüllung des Kiessandtagebaus jenseits der Beseitigung des Klärschlammkomposts (weiteren) Zwecken diente. Als möglicher Zweck kommt insbesondere die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche des Tagebaus gemäß § 4 Abs. 4 BBergG in Betracht. Sollte die N. GmbH als (Einstellungs-)Betreiberin des Kiessandtagebaus hierzu verpflichtet gewesen sein, würden durch die Verfüllung mit den in Rede stehenden Materialien deren stoffliche Eigenschaften genutzt und zugleich Rohstoffe substituiert, mit denen der Tagebau verfüllt werden müsste, wenn nicht der Klärschlammkompost – oder anderer Abfall – zur Verfügung stünde (vgl. BVerwG, aaO, S. 251). Damit wäre freilich noch nicht entschieden , ob der Hauptzweck der Maßnahme in der Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls oder aber gleichwohl in deren Beseitigung zu sehen wäre. Es bedürfte in diesem Fall noch einer tatgerichtlichen Beurteilung dieser Frage unter Berücksichtigung aller insoweit relevanten Umstände. Im Urteil wird indessen schon nicht mitgeteilt, ob und inwieweit eine Verpflichtung der N. GmbH zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche des Kiessandtagebaus bestand. Die gebotene an der Verkehrsanschauung auszurichtende Beurteilung des Hauptzwecks der Maßnahme lässt das Urteil gänzlich vermissen. Der Senat kann die notwendige Bewertung auch nicht etwa unter der Annahme einer Verfüllungspflicht selbst vornehmen, da es hierfür an ausreichenden Feststellungen, insbesondere zu den näheren Ge- gebenheiten des Kiessandtagebaus, zum Umfang einer etwa notwendigen Verfüllung und zu anderweitigen Verfüllungsmöglichkeiten fehlt.
33
(4) Umstände, die es ohne weitergehende Feststellungen als ausgeschlossen erscheinen ließen, die Verfüllung des Kiessandtagebaus mit den in Rede stehenden Klärschlammkomposten als Verwertungsvorgang im Sinne des § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG zu bewerten, sind dem Urteil nicht in ausreichendem Maße zu entnehmen.
34
(a) Der Schadstoffgehalt der Abfälle steht für sich genommen der Einstufung der Entsorgungsmaßnahme als Verwertungsvorgang nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Einwand der Schadstoffhaltigkeit der Abfälle allein nicht bewirken, dass eine Verfüllung als Vorgang der Abfallbeseitigung einzustufen ist (BVerwGE 123, 247, 252). Zuvor hatte bereits der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass sich weder aus Art. 3 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 75/442/EWG noch aus irgendeiner anderen Vorschrift dieser Richtlinie ergebe, dass die Gefährlichkeit oder Ungefährlichkeit der Abfälle als solche entscheidend für die Frage wäre, ob ein Verfahren der Abfallbehandlung als Verwertung im Sinne von Art. 1 lit. f der Richtlinie 75/442/EWG einzustufen ist (EuGH, aaO Rn. 68). Dies bedeutet, dass es für die Abgrenzung eines Verwertungsvorgangs von einem Beseitigungsvorgang auch nicht maßgeblich darauf ankommt, ob die Verwertung ordnungsgemäß und schadlos im Sinne des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG erfolgt, da diese Vorschrift lediglich qualitative Anforderungen an die Entsorgung von Abfällen stellt und daher erst zur Anwendung kommt, wenn die Entsorgungsmaßnahme nach den Kriterien des § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG eine Verwertung ist; die Abgrenzung zwischen Abfall zur Verwertung und Beseitigung hat somit ausschließlich nach § 4 Abs. 3 (oder Abs. 4) KrW-/AbfG zu erfolgen (vgl. auch Dazert, AbfallR 2005, 223, 224 f.; Versteyl /Jacobj, AbfallR 2008, 247, 248; aA OVG Lüneburg, UPR 2006, 37).
35
Allerdings kann der Schadstoffgehalt innerhalb der nach § 4 Abs. 3 Krw-/AbfG vorzunehmenden Gesamtbewertung insofern indizielle Bedeutung gewinnen, als er zu einem – mit einer entsprechenden Verpflichtung korrespondierenden – erhöhten Entsorgungsinteresse des Abfallbesitzers führt. Für diese Bewertung bedarf es aber neben einer Aufklärung der übrigen Umstände einer näheren Kenntnis des Schadstoffgehalts, als sie durch das angefochtene Urteil vermittelt wird.
36
(b) Sollte der Angeklagte K. weitaus größere Mengen Klärschlammkompost in den Kiessandtagebau eingebracht haben, als zur Wiederherstellung der Oberfläche erforderlich gewesen wären, könnte dies zwar entscheidend gegen die Annahme sprechen, der Hauptzweck der Maßnahme liege in der Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls (vgl. VG Halle, ZfB 2008, 289). Auch dies ist dem Urteil jedoch nicht in ausreichend tatsachenfundierter , überprüfbarer Weise zu entnehmen, da es in der Beweiswürdigung lediglich heißt, der Angeklagte K. habe im Laufe der Zeit die Vorgaben aus dem Teilabschlussbetriebsplan zur Dicke der durchwurzelbaren Schicht gravierend überschritten (UA S. 20).
37
dd) Schließlich kann der Schuldspruch nach § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB ungeachtet der nicht tragfähig begründeten abfallrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit der Anlage auch deshalb keinen Bestand haben, weil der subjektive Tatbestand nicht hinreichend belegt ist. Der Vorsatz muss sich neben Tatobjekt und Tathandlung auch auf deren Verbotswidrigkeit beziehen (Fischer , aaO, § 327 Rn. 16; Heine, aaO Rn. 20). Er hat damit grundsätzlich die Genehmigungsbedürftigkeit der Anlage zu umfassen, weil es sich bei dem Genehmigungserfordernis um ein zum objektiven Tatbestand gehörendes pflichtbegründendes Merkmal handelt (OLG Braunschweig, NStZ-RR 1998, 175, 177). Dies hat das Landgericht zwar im Ansatz nicht verkannt. Es hat jedoch keine eigenständige Bewertung des auf das Genehmigungserfordernis bezogenen Vorsatzes vorgenommen, sondern diesen unmittelbar daraus gefolgert, dass der Angeklagte die Abfalleigenschaft des Materials für mög- lich gehalten und billigend in Kauf genommen habe (UA S. 23). Dies ist schon deshalb unzulänglich, weil sich eine etwa objektiv gegebene Genehmigungspflicht – wie dargelegt – nicht bereits aus der Abfalleigenschaft ergibt, sondern zusätzlich davon abhängt, dass es sich bei der Entsorgungsmaßnahme um einen Beseitigungs- und nicht um einen Verwertungsvorgang handelt. Das Landgericht hätte mithin darlegen müssen, aufgrund welcher Umstände es sich davon überzeugt hat, dass der Angeklagte nicht nur die Abfalleigenschaft zumindest billigend in Kauf genommen hat, sondern auch die Tatsache, dass er für die Einbringung der Abfälle in den Kiessandtagebau eine abfallrechtliche Genehmigung benötigt hätte. Dabei hätte es sich auch mit der im zugelassenen Abschlussbetriebsplan enthaltenen Bezugnahme auf eine „Verwertung im Sinne des KrW-/AbfG“ (UA S. 22) und den beschriebenen „Verwertungszielen“ (UAS. 13) auseinandersetzen müs- sen.
38
ee) Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine Strafbarkeit nach § 327 Abs. 2 Nr. 1, Variante 1 StGB nach den landgerichtlichen Feststellungen nicht in Betracht kommt. Hierfür müsste es sich bei der vom Angeklagten K. genutzten Tagebaufläche aufgrund der Einbringung des Klärschlammkomposts um eine genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne des § 4 BImSchG gehandelt haben (Fischer, aaO, § 327 Rn. 9 mwN). Die danach genehmigungsbedürftigen Anlagen sind im Anhang 1 zur 4. BImSchV abschließend bezeichnet, § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 4. BImSchV. Im Anhang nicht aufgeführte Anlagen sind nicht genehmigungsbedürftig, selbst wenn sie zu erheblichen Umweltbeeinträchtigungen führen (Jarass, BImSchG, 9. Aufl., § 4 Rn. 17). Anlagen, in die wie im vorliegenden Fall Abfälle zur endgültigen Ablagerung in einen Tagebau eingebracht werden, bedürfen danach keiner immissionsschutzrechtlichen – sondern nur einer bergrechtlichen – Genehmigung, da sie im Anhang 1 zur 4. BImSchV nicht aufgeführt sind (vgl. auch § 4 Abs. 2 BImSchG).
39
b) Andererseits hält die Begründung, mit der das Landgericht eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen gemäß § 326 Abs. 1 Nr. 4 lit. a StGB verneint hat, sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand und führt insoweit zu Ungunsten des Angeklagten zur Aufhebung des Urteils.
40
Entgegen der Auffassung der Strafkammer ist es nicht Voraussetzung einer nachhaltigen Verunreinigung des Grundwassers, dass infolge der Schadstoffbelastung gegenwärtig zumindest die generelle Möglichkeit einer Gefährdung oder einer ganz erheblichen Belästigung von Menschen oder Sachen von bedeutendem Wert besteht. Auf die Streitfrage, ob eine Strafbarkeit über den Strafausschließungsgrund des § 326 Abs. 6 StGB hinaus auch dann entfällt, wenn schädliche Einwirkungen auf die Umwelt wegen der Art der Ablagerung oder des Ortes der Beseitigung ausgeschlossen sind (so etwa Fischer, aaO, § 326 Rn. 25), kommt es im vorliegenden Fall nicht an.
41
Wie sich aus der Legaldefinition des § 330d Abs. 1 Nr. 1 StGB ergibt, ist das von den im Urteil erwähnten Verunreinigungen unmittelbar betroffene Grundwasser eigenständiges Schutzgut des § 326 Abs. 1 Nr. 4 lit. a StGB, wonach die Umwelt als solche in ihren verschiedenen Medien geschützt wird (Heine, aaO, § 326 Rn. 1a; MüKo/Alt, StGB, § 326 Rn. 2). Es reicht daher zur Erfüllung des Tatbestandes aus, wenn das Grundwasser in dem betroffenen Gebiet durch die außerhalb einer dafür zugelassenen Anlage abgelagerten Abfälle nachhaltig verunreinigt oder sonst nachteilig verändert wird. Feststellbare Auswirkungen auf andere Umweltmedien, Mensch oder Tier sind insoweit nicht erforderlich.
42
Für die Frage, ob eine nachhaltige Gewässerverunreinigung vorliegt, ist maßgebend, ob ein Gewässer (gleich welcher Art und Güte) angesichts der konkret festgestellten unzulässigen Einwirkungen so verunreinigt wurde, dass sein biologischer Wert nachhaltig gemindert werden konnte (BGH, Urteil vom 20. November 1996 – 2 StR 323/96, NStZ 1997, 189). Da sich auch das Erfordernis der Nachhaltigkeit auf das verunreinigte Schutzgut als solches bezieht, betrifft es nur die Intensität und Dauer der Beeinträchtigung und bedeutet nicht, dass über das betroffene Umweltmedium hinausgehende Gefahren feststellbar sein müssen. Es scheiden daher nur solche Beeinträchtigungen aus, in deren Folge für das konkret betroffene Medium selbst lediglich eine vorübergehende oder geringfügige Schadenswirkung droht (vgl. MüKo/Alt, aaO Rn. 36 mwN).
43
Um beurteilen zu können, ob nach den vorgenannten Kriterien eine nachhaltige Verunreinigung des Grundwassers im Bereich der Kiesgrube vorliegt, bedarf es näherer Feststellungen zur Schadstoffkonzentration und zur Intensität und Dauerhaftigkeit der aus dieser resultierenden Veränderung des biologischen Werts des betroffenen Grundwassers, an denen es im angefochtenen Urteil fehlt.
44
c) Hinsichtlich des Strafausspruchs ist das neue Tatgericht infolge der auch zum Nachteil des Angeklagten K. erfolgreichen Revision der Staatsanwaltschaft für den Fall eines erneuten Schuldspruchs frei und nicht etwa durch ein Verschlechterungsverbot beschränkt.
45
d) Auch das Absehen von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB, § 73a StGB gegen den Angeklagten K. hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat es versäumt zu prüfen, ob der Angeklagte K. selbst aus der bislang ausgeurteilten Tat etwas erlangt hat. Auch insoweit greift die sachlich-rechtliche Beanstandung der Staatsanwaltschaft zu seinem Nachteil durch.
46
aa) Als Gegenstand des Erlangten kommen auch ersparte Aufwendungen in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79; Beschluss vom 28. Juni 2011 – 1 StR 37/11, wistra 2011, 394). Sollte der Angeklagte K. eine rechtswidrige Tat gemäß § 326 Abs. 1 Nr. 4 lit. a StGB oder § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB begangen und hierdurch – wie in dem angefochtenen Urteil festgestellt – für die N. GmbH Aufwendungen für die sonst erforderliche Entsorgung des Klärschlammkomposts erspart haben, kämen diese daher grundsätzlich als Anknüpfungspunkt für eine Verfallsanordnung in Betracht.
47
bb) Die Verfallsanordnung gegen den Angeklagten K. würde allerdings voraussetzen, dass neben der N. GmbH auch dieser als deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer aus der Tat tatsächlich etwas erlangt hat. Erforderlich ist insoweit die tatsächliche Verfügungsgewalt. In Vertretungsfällen gemäß § 73 Abs. 3 StGB, in denen der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) oder als sonstiger Angehöriger einer juristischen Person für diese handelt und die Vermögensmehrung bei der juristischen Person eintritt, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der Täter Verfügungsgewalt an dem Erlangten hat. Regelmäßig ist vielmehr davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es daher auch in Fällen einer – legalen – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Eine solche Feststellung rechtfertigende Umstände können etwa darin liegen, dass der Täter die juristische Person nur als formalen Mantel seiner Tat nutzt, eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft aber nicht vornimmt, oder darin, dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256 Rn. 126, und vom 29. Juni 2010 – 1 StR 245/09, NStZ 2011, 83, 86; BVerfG [Kammer], StV 2004, 409).
48
cc) Ob die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind, kann der Senat anhand der Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht beurteilen. Das Urteil teilt lediglich mit, der Angeklagte K. sei alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der N. GmbH gewesen, nicht aber, inwieweit eine Trennung zwischen seiner privaten Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft auch faktisch bestand und in welchem Umfang die – die ersparten Aufwendungen wirtschaftlich einschließenden – Einnahmen der Gesellschaft an den Angeklagten weitergeleitet wurden. Das Geschäftsführergehalt allein kann insoweit nicht ohne weiteres herangezogen werden, denn dieses stellt zunächst lediglich die in dem Geschäftsführerverhältnis wurzelnde Vergütung für die vom Angeklagten entfaltete Tätigkeit für die N. GmbH dar. Eine andere Beurteilung kommt diesbezüglich nur dann in Betracht, wenn das aus der Tat Erlangte lediglich unter dem Deckmantel des Geschäftsführergehalts gezielt an den Angeklagten weitergeleitet worden sein sollte. Solches geben die bisherigen Feststellungen indessen nicht her.
49
3. Die gegen die die N. GmbH betreffende Verfallsanordnung gerichtete Revision, mit der die Staatsanwaltschaft die nach ihrer Ansicht zu geringe Höhe des Verfallsbetrages beanstandet, ist zum Nachteil dieser Verfallsbeteiligten (vgl. aber § 301 StPO) unbegründet. Hingegen führt die Revision dieser Verfallsbeteiligten zur Aufhebung der gegen sie ergangenen Verfallsanordnung.
50
a) Die Verfallsanordnung hat keinen Bestand, weil die ihr zugrunde liegende rechtswidrige Tat entsprechend den obigen Ausführungen nicht rechtsfehlerfrei festgestellt ist.
51
b) Ohne Erfolg bleibt die Revision der Staatsanwaltschaft, soweit diese die Festsetzung eines höheren Verfallsbetrages erstrebt. Als Erlangtes im Sinne des § 73 StGB kommen hier nur die vom Landgericht rechtsfehlerfrei geschätzten (§ 73b StGB) Aufwendungen in Betracht, die die N. GmbH dadurch erspart hat, dass sie die in den Kiessandtagebau eingebrachten Materialien nicht durch einen Fachbetrieb entsorgen lassen musste. Die für die Annahme der Klärschlämme in der Kompostieranlage gezahlten Entgelte sind hingegen weder aus der – hier unterstellten – Tat noch für diese erlangt.
Aus der Tat sind alle Vermögenswerte erlangt, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen. Dies kommt hinsichtlich der hier gezahlten Entgelte von vornherein nicht in Betracht. Für die Tat sind Vorteile dann erlangt, wenn sie dem Beteiligten als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, jedoch nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen. Die für die Annahme der Klärschlämme gezahlten Entgelte sind indessen – das Vorliegen einer rechtswidrigen Tat nach § 326 Abs. 1 Nr. 4 lit. a StGB und/oder § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB wiederum unterstellt – nicht für das rechtswidrige Handeln gewährt. Ausgehend von den Feststellungen des Landgerichts war die Annahme der Klärschlämme weder als solche rechtswidrig noch kann in ihr bereits der Beginn der in der Einbringung der Klärschlammkomposte in den Kiessandtagebau liegenden tatbestandlichen Handlung gesehen werden. Denn der Verbringung in den Tagebau ging ein mehrjähriger – als solcher legaler – Aufbereitungsprozess in dem Kompostierwerk und im Erdenwerk voraus. Die aufbereiteten Komposte hätte der Angeklagte sodann lediglich anderweitig entsorgen müssen. Insofern mündete die Annahme der Klärschlämme auch nicht etwa unmittelbar oder zwangsläufig in die Tatbestandsverwirklichung. Die gezahlten Entgelte stellten somit keine Gegenleistung für das rechtswidrige, sondern für ein als solches rechtmäßiges Handeln dar.
52
4. Ohne Erfolg bleibt die Revision der Staatsanwaltschaft ferner insoweit , als sie sich gegen die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Kr. GbR wegen von der N. GmbH zwischen 2005 und September 2008 an diese gezahlter 350.000 € richtet.
53
Nach § 73 Abs. 3 StGB kann der Verfall oder der Verfall von Wertersatz nach § 73a StGB auch gegen einen Dritten angeordnet werden, wenn der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt hat und dieser dadurch etwas erlangt hat. Dies ist bei der Kr. GbR nach den insoweit rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts nicht der Fall.
54
a) Handeln „für einen anderen“ verlangt zwar keinen echten oder gar offenen, nach außen erkennbaren Vertretungsfall, aber der Handelnde muss bei oder jedenfalls im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Tat auch, und sei es nur faktisch, im Interesse des Dritten gehandelt haben. „Dadurch“ bedeutet schon vom Wortlaut her nicht „unmittelbar durch ein- und dieselbe Handlung“, verlangt aber immerhin einen Bereicherungszusammenhang zwi- schen der Tat und dem Eintritt des Vorteils bei dem Dritten. Die notwendige Konkretisierung dieser Merkmale hat dabei nach Fallgruppen zu erfolgen, namentlich Vertretungsfälle im weiteren Sinn und Verschiebungsfälle (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 – 5 StR 336/99, BGHSt 45, 235).
55
b) Obwohl der Angeklagte K. selbst Gesellschafter der Kr. GbR war und ist, scheidet ein Vertretungsfall aus. Das betriebliche Zurechnungsverhältnis vermag hier einen Bereicherungszusammenhang noch nicht zu begründen (vgl. hierzu allgemein BGH, aaO). Der Angeklagte K. hat im Rahmen der Verfüllung des Kiessandtagebaus mit Klärschlammkompost als Geschäftsführer der als Abfallbesitzerin für die Entsorgung verantwortlichen N. GmbH für diese und primär in deren Interesse gehandelt, so dass – bezogen auf die (hier erneut als rechtswidrig zu unterstellende) Tathandlung – ein Tätigwerden im Organisationsinteresse der Kr. GbR allein aufgrund der Gesellschafterstellung des Angeklagten K. nicht angenommen werden kann.
56
c) Auch die Voraussetzungen eines die Verfallsanordnung rechtfertigenden Verschiebungsfalls liegen nicht vor. Ein solcher ist gegeben, wenn der Täter dem Dritten Tatvorteile unentgeltlich oder aufgrund eines jedenfalls bemakelten Rechtsgeschäfts zukommen lässt, um sie dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen oder um die Tat zu verschleiern (BGH, aaO, und Beschluss vom 13. Juli 2010 – 1 StR 239/10, wistra 2010, 406).
57
Zwar kann solches unter Umständen auch dann angenommen werden , wenn das Erlangte vor der Weiterleitung an den Dritten mit legalem Vermögen vermischt worden ist (vgl. OLG Hamburg, wistra 2005, 157) oder wenn es – wie hier – lediglich aus ersparten Aufwendungen besteht (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. April 2009 – 1 Ws 119/09). Der für die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB erforderliche Bereicherungszusammenhang besteht aber nur dann, wenn sich aufgrund weiterer Umstände – etwa durch eine Gesamtschau der Zahlungsflüsse (vgl. OLG Hamburg, aaO; vgl. hierzu aber auch – im selben Verfahren – BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 – 1 StR 245/09, NStZ 2011, 83, 85 f.) – gleichwohl feststellen lässt, dass mit den in Frage stehenden Transaktionen das Ziel verfolgt wurde, das durch die Tat unmittelbar begünstigte Vermögen des Täters oder – wie hier – eines weiteren Dritten dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen oder die Tat zu verschleiern.
58
Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Aus den Geldflüssen selbst lässt sich ein entsprechender Schluss nicht ziehen, denn die Zahlungen an die Kr. GbR blieben in der Höhe deutlich hinter den durch die nicht genehmigte Abfallentsorgung ersparten Aufwendungen zurück und ließen eine eindeutige Verbindung zu diesen weder zeitlich noch betragsmäßig erkennen (vgl. BGH, aaO). Zudem hatte der Angeklagte aufgrund der vom Landgericht angenommenen Taten weder den Zugriff von Gläubigern zu befürchten , noch waren die Geldzahlungen an die Kr. GbR in irgendeiner Weise zur Verschleierung der Taten geeignet. Dass der Angeklagte K. zum Zeitpunkt der Zahlungen an die Kr. GbR bereits mit einer Verfallsanordnung rechnete, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Somit scheidet die Annahme eines Bereicherungszusammenhangs bereits mangels Bestehens einer hinreichenden Verknüpfung zwischen dem durch die Straftat unmittelbar Erlangten und dem der Kr. GbR Zugewendeten aus. Auf die für sich genommen jedenfalls wegen des der GbR zuzurechnenden Wissens des Angeklagten K. zweifelhafte Begründung des Landgerichts, die nicht bemakelten Mietverträge zwischen der N. GmbH und der Kr. GbR bildeten eine den Bereicherungszusammenhang unterbrechende Zäsur, kommt es mithin nicht mehr an.
59
5. Schließlich vermag auch die gegen den Freispruch des Angeklagten N. gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft nicht durchzudringen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
60
Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatgerichts ist (§ 261 StPO). Die Beweiswürdigung ist nur dann rechtsfehlerhaft, wenn sie widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 – 5 StR 466/12 mwN).
61
Das Landgericht geht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen zutreffend davon aus, dass eine Verurteilung des Angeklagten N. nur wegen Beihilfe zum unerlaubten Betreiben einer Abfallentsorgungsanlage in Betracht kommt und seine Strafbarkeit somit in jedem Fall vorsätzliches Handeln voraussetzt. Es hat ferner rechtsfehlerfrei begründet, weshalb es sich nicht davon zu überzeugen vermochte, dass der Angeklagte N. mindestens billigend in Kauf genommen hat, dass der Kiessandtagebau ohne die erforderliche abfallrechtliche Genehmigung betrieben wurde. Das Landgericht hat seine Erwägungen auf eine ausreichende Tatsachengrundlage gestützt, indem es zutreffend hervorgehoben hat, dass der Angeklagte N. erst Ende des Jahres 2005 in den laufenden Betrieb der N. GmbH eingestiegen ist, als die Verkippung der Klärschlammkomposte in den Kiessandtagebau schon seit zwei Jahren betrieben wurde. Zu Recht hat die Strafkammer zudem auf die dominante Stellung des Angeklagten K. und die ausgeprägt hierarchische Struktur der N. GmbH abgestellt.
62
Die rechtsfehlerhafte Verneinung einer Strafbarkeit des Angeklagten K. nach § 326 Abs. 1 Nr. 4 lit. a StGB wirkt sich nicht dahingehend aus, dass auch der Freispruch des Angeklagten N. von diesem Rechtsfehler erfasst wäre. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht einen diesbezüglichen Gehilfenvorsatz des Angeklagten N. bejaht hätte. Die in Bezug auf die Kenntnis von der Genehmigungslage angeführte Argumentation der Strafkammer greift in gleicher Weise gegenüber der Abfalleigenschaft des Materials und der – für eine Verwirklichung des § 326 Abs. 1 Nr. 4 lit. a StGB objektiv möglicherweise ausreichenden – Schadstoffbelastung. Da der Angeklagte N. in die Vorgänge um die Erteilung der Genehmigung für den Kiessandtagebau Sc. in keiner Weise eingebunden, der Angeklagte K. zudem offenbar „alleiniger Ansprechpartner für die entscheidenden Diskussionen im Zusammenhang mit den Proben und Analysen ... gewesen“ ist (UA S. 28), ist nicht ersichtlich, wie sich das Tatgericht die Überzeugung von einem zumindest bedingten Vorsatz des Angeklagten N. hinsichtlich der Abfalleigenschaft des Materials und einer nachhaltigen Gewässerverunreinigung hätte verschaffen sollen.
Basdorf Sander Schneider Berger Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 127/03
vom
12. August 2003
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
12. August 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
die Richter am Bundesgerichtshof
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Ravensburg vom 17. Januar 2003 wird verworfen. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit dem Ausüben der tatsächlichen Gewalt über eine Selbstladekurzwaffe sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs ! " # $ &% #' ( Monaten verurteilt. 25.000,-- Außerdem wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen unter Festsetzung einer Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis von einem Jahr und drei Monaten. Der umfassend eingelegten und mit der Sachrüge begründeten Revision des Angeklagten bleibt der Erfolg versagt. Insbesondere ist die Verfallsanordnung rechtlich nicht zu beanstanden.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts übernahm der Angeklagte im mittäterschaftlichen Zusammenwirken mit verschiedenen Lieferanten von Dezember 1999 bis April 2002 13 mal Haschisch, um dieses "anschließend in eigenverantwortlicher Weise" - zehnmal unter Benutzung eines Personenkraftwagens als Versteck und Transportfahrzeug - an die Abnehmer auszuliefern. Gegenstand dieser Handelsgeschäfte waren jeweils Mengen im Bereich von 700 g bis zu 11 kg, insgesamt 52,2 kg - mit einem Wirkstoffgehalt von 1,6 % bis 13,1 % THC -, wovon 2,646 kg nicht mehr ausgeliefert werden konnten, da sie am 16. April 2002 beim Angeklagten sichergestellt wurden. Dem Angeklagten fiel auch die Aufgabe zu, sich die Erlöse aus dem Rauschgifthandel von den Abnehmern aushändigen zu lassen und an die Lieferanten des Haschisch weiterzuleiten. Der erzielte Verkaufspreis betrug mindestens 3.000,-- DM pro Kilo, insgesamt - bei zumindest 49 kg ausgeliefertem Haschisch - also wenigstens 147.000,-- DM. Der Angeklagte erhielt für seinen Tatbeitrag je nach Menge des Rauschgifts jeweils 500,-- bis 1.500,-- DM, bei Verteilung einer Charge an verschiedene Abnehmer auch mehr.
Zum anderen handelte der Angeklagte im April 2000 auf eigene Rechnung mit Betäubungsmitteln und hielt dazu am 16. April 2002 in F. in seiner Wohnung 58 g Heroin (HHCL-Gehalt: 6,3 g), 60 g Kokain (CHCLGehalt : 42 g) sowie 41 g Haschisch (THC-Gehalt: 12 %) und in einer von ihm genutzten Garage weitere 300 g Haschisch (gleicher Qualität) zum Verkauf bereit. In der Garage verwahrte der Angeklagte - ohne über eine Waffenbesitzkarte zu verfügen - bewußt in Griffweite zum Rauschgiftversteck eine funktionsfähige Selbstladepistole und 167 Schuß passender Munition.

II.


Schuld- und Strafausspruch sowie die Entziehung der Fahrerlaubnis sind rechtsfehlerfrei. Insbesondere tragen die Feststellungen die Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sowie die Einstufung des Angeklagten als Mittäter in den "Kurierfällen".
Auch die Verfallsanordnung hält rechtlicher Überprüfung stand. Zu Recht hat die Strafkammer - ausgehend vom sogenannten Bruttoprinzip (vgl. BGH NStZ 1994, 123; BGH NJW 2002, 3339 [3340] m.w.N; umfassend zum Verfall: Podolsky/Brenner, Vermögensabschöpfung im Strafverfahren, S. 13 ff.) - nicht nur die Entlohnung des Angeklagten als Kurier, sondern auch die von ihm von den Abnehmern der Rauschmittel übernommenen Erlöse bei ihm grundsätzlich uneingeschränkt den Vorschriften über den Verfall (§ 73 StGB) beziehungsweise den Verfall des Wertersatzes (§ 73 a StGB) unterworfen , auch wenn er diese Beträge später absprachegemäß an seine Hintermänner abzuliefern hatte und auch ablieferte. Der einem für eine "Rauschgiftorganisation" tätigen Betäubungsmittelkurier ausgehändigte Kaufpreis unterliegt in voller Höhe dem Verfall (BGHSt 36, 251), unabhängig von den zivilrechtlichen Besitz- und Eigentumsverhältnissen zwischen den Tatbeteiligten (BGHSt 36, 251 [253 f.]; Weber BtMG 2. Aufl. § 33 Rdn. 44 f.; des Hinweises des Landgerichts auf § 73 Abs. 3 StGB, der die Möglichkeit der Verfallsanordnung gegen nicht tatbeteiligte Drittbegünstigte eröffnet - vgl. BGHSt 45, 235 ff. -, die dann am Verfahren aber auch hätten beteiligt werden müssen, bedurfte es daher nicht.) Denn beim Erlangen i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB handelt es sich um einen tatsächlichen Vorgang. Erlangt ist - unabhängig von der
Wirksamkeit des zugrundeliegenden Grund- und Verfügungsgeschäfts - schon dann "etwas", wenn dem Täter aus der Tat in irgendeiner Phase des Tatablaufs (BGH NStZ 1994, 123 [124]) auf irgendeine Weise unmittelbar etwas wirtschaftlich meßbar zugute kommt (vgl. Schmidt in Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. § 73 Rdn. 19; Eser in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 11). Mit dem Erhalt des Geldes, mit dessen Besitz, hatte der Angeklagte, sofern er nicht überhaupt Eigentümer geworden ist, jedenfalls die tatsächliche Möglichkeit, darüber zu verfügen, wenn auch nur vorübergehend. Dies stellt einen dem jeweiligen Geldbetrag entsprechenden Wert dar (vgl. BGHSt 36, 251 [254]), den der Angeklagte unmittelbar aus der Tat erlangt hatte. Die Weitergabe der vereinnahmten Beträge vom Angeklagten an andere Tatbeteiligte - unerlaubt, da dies Teil des verbotenen Handeltreibens ist - kann im Rahmen der Härteregelung gemäß § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB Berücksichtigung finden (zu den Voraussetzungen umfassender Haftung von Mittätern am Betäubungsmittelhandel als Gesamtschuldner bei Verfall des Wertersatzes vgl. BGH NStZ 2003, 198 [199]; vgl. aber auch Schmidt in Leipziger Kommentar StGB 11. Aufl. § 73 Rdn. 72). Die Strafkammer hat die Härteregelung des § 73 c Abs. 1 StGB erkennbar geprüft.
Nack Schluckebier Kolz Hebenstreit Elf

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.