Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 29. Juli 2015 - 16b D 13.778

bei uns veröffentlicht am29.07.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, 10 B DK 12.238, 01.03.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der 19... geborene Beklagte wurde nach dem Besuch der Grund- und Hauptschule am 1. September 1986 als Auszubildender zur Dienstleistungsfachkraft im Postdienst bei der damaligen Deutschen Bundespost eingestellt. Am 23. Juli 1988 wurde er zum Postoberschaffner z.A. ernannt und am 19. November 1990 zum Posthauptschaffner befördert. Am 1. Dezember 1995 wurde er zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Er war bis 26. Januar 2011 als Zusteller beim Zustellstützpunkt P. eingesetzt. Zu seinen Dienstaufgaben gehörte u. a. die Zustellung von Nachnahmesendungen. Seine dienstlichen Leistungen waren insgesamt „voll zufriedenstellend“.

Der Beklagte ist geschieden und hat drei 1989, 1991 und 1995 geborene Kinder. Er erhält ungekürzte Bezüge aus BesGr A 4. Er ist verschuldet, seine finanzielle Lage ist angespannt.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit dem 28. Juni 2011 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts E. vom 28. Juni 2011 (Az.: 1 Ds 4 Js 33857/10) wurde der Beklagte wegen veruntreuender Unterschlagung in 15 tatmehrheitlichen Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§§ 246 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 1, 52, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30,- € verurteilt. Den nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürzten Gründen liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde, hinsichtlich derer auf die Anklage vom 11. Januar 2011 verwiesen wurde:

„In den nachfolgend aufgeführten Fällen lieferte der Angeschuldigte im Zeitraum vom 25.03.2010 bis 01.10.2010 als Postzusteller der Deutschen Post AG Nachnahmepakete im Bereich E. aus. In 12 Fällen lieferte der Angeschuldigte an den jeweiligen Adressaten die Sendung aus, kassierte die Nachnahmezahlung ein, vermerkte dann jedoch pflichtwidrig im elektronischen Sendungsstatus, die Sendung habe nicht zugestellt werden können und der Empfänger sei benachrichtigt worden. Eine tatsächliche Abrechnung des jeweiligen Nachnahmebetrags erfolgte erst Wochen später. Bei dieser verspäteten Abrechnung fälschte er in allen 12 Fällen die Unterschrift der Nachnahmeempfänger. In 3 weiteren Fällen unterblieb eine spätere Abrechnung.

Im Einzelnen handelt es sich bei den nachträglich abgerechneten Sendungen um folgende Fälle:

Empfänger

Nachnahmebetrag in Euro

Tatsächlicher Zustelltag

Abrechnungstag

H.,

...

...

235,00

25.03.2010

07.06.2010

H.,

...

...

116,36

01.04.2010

04.05.2010

J.,

...

...

123,58

04.05.2010

03.07.2010

A.,

...

...

119,68

05.05.2010

03.07.2010

D.,

...

...

139,00

07.05.2010

03.07.2010

Z.,

...

...

53,66

04.06.2010

03.07.2010

Z.,

...

...

462,48

29.06.2010

02.08.2010

W.,

...

...

319,90

30/31.07.2010

20.08.2010

P.,

...

...

334,00

20.08.2010

30.09.2010

W.,

...

...

156,90

23.09.2010

10.11.2010

B.r,

...

...

159,43

30.09.2010

10.11.2010

W.,

...

...

55,50

01.10.2010

10.11.2010

Insgesamt wurden somit 2.275,49 € verspätet abgerechnet.

Bei den nicht abgerechneten Nachnameaufträgen handelt es sich um folgende Fälle:

Empfänger

Nachnahmebetrag in Euro

Tatsächlicher Zustelltag

D.,

...

...

75,65

17.05.2010

H.,

...

...

354,28

31.07.2010

D.,

...

...

71,97

28.09.2010

Insgesamt wurden somit 501,90 € nicht abgerechnet.“

Der Beklagte hat den Sachverhalt im Strafverfahren eingeräumt und im April 2011 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen an die Klägerin zurückgezahlt. Als Grund für seine Taten gab er einen nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Kassenfehlbestand in Höhe von 600,- € an, den er mit seinem eigenen Geld ausgeglichen habe.

III.

Im Rahmen von Ermittlungen der Konzernsicherheit der Klägerin wurde der Beklagte am 10. November 2010 zu dem Verdacht, Nachnahmebeträge in neun Fällen erst verspätet sowie in zwei Fällen nicht abgerechnet zu haben, befragt. Er räumte die Vorwürfe ein und erklärte, im Frühjahr 2010 mit dem „Schieben“ von eingezogenen Nachnahmebeträgen begonnen zu haben, da er einen nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Minderbetrag von ca. 400,- € in der Kasse gehabt habe. Er habe 400,- € von seinem Geld genommen und durch das verspätete Abrechnen der Nachnahmebeträge seine Privatkasse wieder aufgefüllt. Die nicht abgerechneten Nachnahmebeträge habe er sobald wie möglich abrechnen wollen. Im Dezember 2010 wurde bekannt, dass der Beklagte in drei weiteren Fällen Nachnahmebeträge verspätet sowie in einem weiteren Fall Nachnahmebeträge nicht abgerechnet hatte.

Am 15. November 2010 wurde gegenüber dem Beklagten mit sofortiger Wirkung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 66 BBG ausgesprochen.

Mit Verfügung vom 3. Dezember 2010 wurde gegen den Beklagten aufgrund der Vorwürfe ein Disziplinarverfahren nach § 17 BDG eingeleitet. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 wurde der Beklagte gemäß § 20 BDG über seine Rechte belehrt.

Mit Verfügung vom 24. Januar 2011 wurde der Beklagte nach § 38 BDG ab dem 26. Januar 2011 vorläufig des Dienstes enthoben; von einer Kürzung der Dienstbezüge wurde aufgrund der finanziellen Lage des Beklagten abgesehen.

Mit Verfügung vom 14. März 2011 wurde das Disziplinarverfahren gemäß § 22 BDG wegen des laufenden Strafverfahrens ausgesetzt und am 17. August 2011 nach dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens fortgeführt.

Die Bevollmächtigten des Beklagten nahmen mit Schreiben vom 22. September 2011 zu den strafrechtlich geahndeten Vorwürfen Stellung.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2011 erhielt der Beklagte nach § 30 BDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung. Mit Schreiben vom 2. Januar 2012 wurde er über die Möglichkeit der Beteiligung des Betriebsrats nach § 78 BPersVG belehrt.

IV.

Am 6. Februar 2012 erhob die Klägerin Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 1. März 2013, ihm zugestellt am 7. März 2013, aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Der Beklagte habe das Vertrauen des Dienstherrn endgültig verloren. Der Beklagte habe die ihm zur Last gelegten Unterschlagungen zur Überzeugung des Gerichts begangen. Er habe die Taten vollumfänglich eingeräumt, im Übrigen sei das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts E. vom 28. Juni 2011 bindend. Der Beklagte habe damit ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen. Er habe sein Amt nicht uneigennützig verwaltet, sei der Achtung und dem Vertrauen, das sein Beruf erfordere, nicht gerecht geworden und habe sich nicht an die Gesetze gehalten. Als Postbediensteter sei er zu größtmöglicher Korrektheit und Ehrlichkeit gegenüber seinem Dienstherrn und den Kunden der Klägerin verpflichtet. Damit sei es unvereinbar, Geld durch die Ansichnahme der Summe bzw. durch die verspätete Auszahlung an die Kunden zu unterschlagen. Ein solches Verhalten sei nach den Maßstäben eines Zugriffsdelikts zu beurteilen. Der Beklagte habe vorsätzlich amtlich anvertrautes und zugängliches Geld mit dem Ziel der privaten Nutzung an sich genommen und damit schuldhaft gehandelt. Dies sei mit der Entfernung aus dem Dienst zu ahnden, da der von ihm veruntreute Betrag die Schwelle der Geringwertigkeit von 50,- € übersteige. Diese Indizwirkung sei nicht durch Milderungsgründe entfallen. Die Voraussetzungen des Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage lägen nicht vor, da der Beklagte nicht dargetan habe, sich in einer existenzbedrohenden Notlage befunden zu haben. Die Darlehens- und Unterhaltsverpflichtungen sowie der selbst verschuldete Verlust von 400,- € in seiner Kasse im Frühjahr 2010 könnten angesichts seiner Einkommensverhältnisse keine existenzielle Notlage begründen. Auch sei er nach der Entdeckung der Unterschlagungen in der Lage gewesen, den Schaden kurzfristig zu tilgen, was ebenfalls der Annahme einer derartigen Notlage widerspreche. Er habe auch nicht von selbst von seinem Tun abgelassen, sondern sei von der Konzernsicherheit überführt worden. Erschwerend trete hinzu, dass nicht nur ein einmaliges Fehlverhalten vorliege, sondern dass der Beklagte mehrfach auf ihm anvertrautes dienstliches Geld zugegriffen habe. Zu diesem Zweck sei er auch bereit gewesen, Unterschriften auf elektronischen Dokumenten zu fälschen.

Hiergegen richtet sich die am 3. April 2013 eingelegte Berufung des Beklagten, mit der dieser beantragt,

das Urteil vom 1. März 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

Das Verwaltungsgericht habe die für den Beklagten sprechenden Milderungsgründe nicht ausreichend berücksichtigt. Er habe die Taten gestanden und Schuldeinsicht gezeigt. Er habe das Geld nicht für sich behalten wollen, sondern beabsichtigt, die Nachnahmebeträge zurückzuzahlen. Er habe den Schaden wieder gut gemacht und die Geldbeträge vollumfänglich an die Klägerin zurückgezahlt, größtenteils bereits vor Entdeckung der Taten. Er habe aufgrund einer ausweglosen finanziellen Notlage gehandelt. Er habe einen Kassenfehlbetrag von ca. 400,- bis 600,- € mit eigenem Geld ausgeglichen, damals aber nicht das Geld dafür gehabt. Dadurch habe er die Studiengebühren für seinen Sohn nicht bezahlen können. Er sei geschieden und habe drei unterhaltspflichtige Kinder und habe monatlich mehr Geld ausgegeben, als er eingenommen habe, obwohl er nur seine geringsten Bedürfnisse gedeckt habe. In dieser Situation habe er z. T. kassierte Beträge nicht am gleichen Tag abgerechnet. Um diese nach ein oder zwei Wochen bezahlen zu können, habe er weitere Beträge einbehalten und versucht, diese zu bezahlen. Dabei habe er zwangsläufig selbst im Handscanner unterschreiben müssen, um die Beträge später überhaupt abrechnen zu können. Er sei bisher strafrechtlich in keiner Weise in Erscheinung getreten. Auch sein Berufsbild in 25 Dienstjahren sei sehr positiv. Bei dem Dienstvergehen handle es sich um ein lediglich vorübergehendes Fehlverhalten, so dass von einer positiven Prognose auszugehen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 29. Juli 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen. Dass der Beklagte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat, steht aufgrund des rechtskräftigen Strafurteils vom 28. Juni 2011, das gemäß § 65 Abs. 1 i. V. m. § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für das Berufungsgericht Bindungswirkung entfaltet, fest. Anhaltspunkte dafür, dass das Strafurteil vom 28. Juni 2011 offensichtliche Unrichtigkeiten i. S. v. § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG enthält, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen hat der Beklagte die ihm zur Last gelegten Taten auch im Straf- und Disziplinarverfahren eingeräumt.

Hiernach steht bindend fest, dass der Beklagte zwischen dem 25. März 2010 und dem 1. Oktober 2010 in 15 Fällen Nachnahmepakete an die Empfänger ausgeliefert und den Nachnahmebetrag vereinnahmt hat, ohne sich deren Empfang bestätigen zu lassen, und dann pflichtwidrig im elektronischen Sendungsstatus angegeben hat, die Sendung habe nicht zugestellt werden können, der Empfänger sei benachrichtigt. In 12 Fällen erfolgte die Abrechnung der Nachnahmebeträge Wochen später, wobei der Beklagte die gefälschte Unterschrift der Empfänger in seinen Handscanner eingab, in drei Fällen unterblieb eine Abrechnung der Nachnahmebeträge.

Aufgrund der Feststellungen des Strafgerichts hat der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft eine veruntreuende Unterschlagung in 15 tatmehrheitlichen Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§§ 246 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 1, 52, 53 StGB), begangen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte nach seiner unwiderlegten Einlassung die von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge nur vorübergehend zum Ausgleich eines von ihm nicht ausgewiesenen und nicht gemeldeten Kassenfehlbestandes in Höhe von ca. 400,- bis 600,- € verwendet hat, um den Fehlbetrag durch verspätete Abrechnung der Nachnahmebeträge sukzessive ersetzen zu können.

Es ist festzuhalten, dass die Absicht des Beklagten nach seinem eigenen Vorbringen von Anfang an darauf gerichtet war, durch die verspätete Abrechnung der von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge einen Kassenfehlbestand in Höhe von ca. 400,- bis 600,- € zu ersetzen, den er zunächst aus eigenen Mitteln beglichen hat, die ihm jedoch dann für die Studiengebühren seines Sohnes gefehlt haben, so dass er zum Ausgleich seiner Privatkasse vorübergehend Nachnahmebeträge für eigene Zwecke vereinnahmt hat. Mit der Vereinnahmung der Nachnahmebeträge für eigene Zwecke hat er eine - vollendete - Unterschlagung begangen. Die Zueignung setzt voraus, dass der Täter die fremde Sache seinem Vermögen einverleibt. Eine Verfügung i.d.S. liegt hier vor, weil der Beklagte die Deckung eines Verlustes aus eigenem Vermögen vorgenommen und zu diesem Zweck - aus Mangel an ausreichenden Eigenmitteln - bis zu deren Beschaffung amtlich anvertraute Gelder verwendet hat. Dies setzt begrifflich die Absicht voraus, die fremden Gelder wirtschaftlich für sich zu verwenden und ihren Sachwert so in das eigene Vermögen zu überführen. Auf den Beweggrund kommt es dabei nicht entscheidend an. Maßgebend ist allein, dass der Beklagte sich zum Ausgleich seiner Privatkasse die fremden Gelder zueignete.

Mit der Übergabe des jeweiligen Nachnahmebetrags vom Empfänger der Sendung an den Beklagten gelangte das Geld in dessen dienstlichen Gewahrsam. Sodann trat aufgrund des Unterschlagungsvorsatzes des Beklagten der Eigentumsverlust bei der Klägerin ein, der der jeweilige Nachnahmebetrag zustand. Die Begleichung der Rechnung für die Nachnahmesendung schuldet der Empfänger nur dem Absender. Hieraus folgt, dass mit Zahlung durch den Empfänger an den Beklagten das Eigentum an dem Geld sofort und unmittelbar vom Empfänger auf die Klägerin überging, die das von ihm empfangene Geld - gegen ein entsprechendes Zustellungsentgelt - aufgrund des zwischen ihr und dem Absender bestehenden Nachnahmeauftrags an diesen weiterzuleiten hat. Eignet sich der Zusteller das von ihm empfangene Geld - wie hier - zu eigenen Zwecken an, verwirklicht er deshalb den Tatbestand der Unterschlagung in objektiver und subjektiver Hinsicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte die vereinnahmten Nachnahmebeträge nur vorübergehend zum Ausgleich eines Kassenfehlbestandes verwendet hat, um sich so die Möglichkeit zu verschaffen, aus eigenen Mitteln den Fehlbetrag unbemerkt nach und nach zu ersetzen. Werden Geldbeträge öffentlicher Kassen von den Kassenführern unbefugt zum eigenen Nutzen verwandt, so liegt hierin auch dann eine (Amts-) Unterschlagung, wenn der Beamte hierbei mit dem Willen handelt, die ihn treffende Pflicht zum Ausgleich des Kassenfehlbestandes lediglich vorübergehend abzuwenden (vgl. BGH, U. v. 3.5.1956 - 3 StR 70/56 - BGHSt 9, 348).

Daher hat der Beklagte schon dadurch eine vollendete Unterschlagung begangen, dass er die von ihm bei der Zustellung empfangenen Nachnahmebeträge nicht - wie vorgeschrieben - ordnungsgemäß noch am selben bzw. am darauf folgenden Tag verbucht, sondern sie erst mehrere Wochen später tatsächlich abgerechnet hat. Ein Beamter, der zur Deckung eines Kassenfehlbestandes, für den er wirklich oder auch nur vermeintlich einzustehen hat (vgl. RG, U. v. 27.10.1930 - III 685/30 - RGSt 64, 414), Gelder seines Dienstherrn verwendet, deren Eingang er durch falsche oder durch Unterlassen der vorgeschriebenen Buchungen verschleiert, eignet sich diese auch dann zu, wenn er damit private Gelder ersetzt. Die Zueignung liegt in diesem Fall darin, dass durch die verspätete Buchung der Gelder der Anschein erweckt wird, als handle es sich nicht um neu vereinnahmte Beträge (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 17).

Auch die Absicht, den Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen und die Klägerin daher nicht auf Dauer schädigen zu wollen, schließt die Zueignung nicht aus, da der Beklagte mit der eigennützigen Verwendung der Gelder sich diese zugeeignet hat (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 25); ein Eigentumsverlust, der nur durch gutgläubigen Erwerb eines Dritten denkbar ist, oder ein Vermögensschaden (aufgrund eines Schadensersatzanspruchs des Absenders bzw. in Form entgangenen Gewinns oder eines Verzugsschadens der Klägerin) muss nicht eingetreten sein. Die Absicht, den Fehlbetrag aus eigenen Mitteln später wieder auszugleichen, beseitigt auch nicht den Vorsatz rechtswidriger Zueignung, zumal wenn - wie hier - der Täter nicht in der Lage ist, den Fehlbetrag jederzeit aus Eigenmitteln zu ersetzen (BGH a. a. O. Rn. 27). Im Übrigen setzt die Zueignung keine Bereicherung bzw. eine entsprechende Absicht des Täters voraus.

III.

Das Dienstvergehen, das sich der Beklagte hat zuschulden kommen lassen, ist als innerdienstliches Dienstvergehen einzustufen, weil der Beklagte schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG). Dadurch hat er gegen seine beamtenrechtliche Pflichten, die Gesetze zu beachten und das ihm übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen sowie sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. § 61 BBG), verstoßen. Die von ihm im Rahmen seiner Dienstausübung als Postzusteller verübten Unterschlagungen der Nachnahmebeträge und die damit verbundene Fälschung von Unterschriften der Empfänger stellen dabei ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen dar.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und erforderlich.

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist danach insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 11).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 12). Fallen einem Beamten mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

1. Die schwerste Pflichtverletzung stellt die Unterschlagung der Nachnahmebeträge dar. Hierdurch hat der Beklagte ein Zugriffsdelikt verwirklicht, das regelmäßig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge hat (vgl. BVerwG, U. v. 10.1.2007 - 1 D 15/05 - juris Rn. 12). Ein Zugriffsdelikt wird dadurch charakterisiert, dass ein Beamter auf dienstlich seinem Gewahrsam unterliegendes Geld oder auf gleichgestellte Werte zugreift. Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt dabei nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder Güter des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder zugänglich sind (vgl. BVerwG, B. v. 20.12.2011 - 2 B 64/11 - juris Rn. 11).

Ein Beamter, der - wie der Beklagte - von Postkunden eingezogene Nachnahmebeträge und Zustellentgelte - sei es auch nur vorübergehend - unberechtigt für private Zwecke nutzt, begeht ein schweres Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden dienstlichen Pflichten. Eine solche Pflichtverletzung zerstört regelmäßig das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten. Die Klägerin ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Beamten beim Umgang mit anvertrauten und eingezogenen Geldern angewiesen. Eine lückenlose Kontrolle ist nicht möglich und muss weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für den geordneten Ablauf des Postbetriebs unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, kann regelmäßig nicht Beamter bleiben (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 1.9.1999 - 1 D 26/98 - juris Rn. 23).

2. Von der disziplinaren Höchstmaßnahme muss zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 13).

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich dabei aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher geprüft werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von Begleitdelikten und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwerwiegenden Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen. Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 14 f.).

2.1 Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden Milderungsgründe führen vorliegend zu keiner anderen Bewertung der Dienstpflichtverletzung.

(1) Ein Zugriff auf lediglich geringwertige Güter liegt bei einer Unterschlagung von Nachnahmebeträgen in Höhe von insgesamt 2.777.39 € zweifellos nicht vor, da die Grenze der Geringwertigkeit bei ca. 50,- € anzusetzen ist (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 16) Zwar kann auch für ein Zugriffsdelikt bei einem nur einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200,- € ernsthaft in Betracht zu ziehen sein, von der Entfernung abzusehen (vgl. BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143/11 - juris Rn. 13; B. v. 26.3.2014 - 2 B 100/13 - juris Rn. 7), doch ist auch diese Grenze vorliegend bei weitem überschritten. Hinzu kommt, dass es sich auch nicht um ein lediglich einmaliges Fehlverhalten handelt.

(2) Der Beklagte befand sich 2010 auch nicht in einer ausweglosen wirtschaftlichen Notlage. Der Milderungsgrund setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich sowie auch zahlenmäßig begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat (vgl. BayVGH, U. v. 23.11.2011 - 16b D 10.2447- juris Rn. 43). Der Beklagte befand sich zwar wegen der Scheidung von seiner Ehefrau und den aus der Ehezeit stammenden Schulden in Höhe von ca. 40.000,- € sowie aufgrund der Unterhaltszahlungen für seine Kinder in einer schwierigen finanziellen Lage und ist mit seinen Nettobezügen sowie seinen Einkünften aus einer genehmigten Nebentätigkeit auch gerade so über die Runden gekommen. Eine ausweglose existenzielle Notlage kommt jedoch nur in Betracht, wenn der Beamte aufgrund seiner finanziellen Situation keine andere Möglichkeit als den Zugriff auf ihm dienstlich anvertraute Gelder oder Güter gesehen hat, um den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine Familie zeitweilig zu sichern. Hierfür sind jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte gegeben. Eine lediglich finanziell angespannte Lage reicht hierfür nicht aus (vgl. BayVGH, U. v. 23.7.2014 - 16b D 11.601 - juris Rn. 48). Hinzu kommt, dass der Beklagte den Kassenfehlbestand nach eigenen Angaben vorübergehend mit seinem Geld ausgeglichen hat, mag er dadurch auch zunächst kein Geld für die Studiengebühren des Sohnes übrig gehabt haben. Gegen die Annahme einer Notlage spricht zudem, dass er nach der Entdeckung der Unterschlagungen ohne weiteres in der Lage war, 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen kurzfristig zu tilgen, weil er sich offenbar problemlos Geld von Dritten leihen konnte.

Jedenfalls befand sich der Beklagte nicht unverschuldet in einer finanziellen Notlage, indem er die vereinnahmten Nachnahmebeträge zur Verschleierung eines von ihm zu verantwortenden Kassenfehlbestands verwendete, sondern er hat sich vorwerfbar selbst in diese Situation gebracht. Der Beklagte wäre - unabhängig davon, ob sein Dienstherr hierfür nach § 75 BBG Schadensersatz von ihm hätte verlangen können - verpflichtet gewesen, den Fehlbestand zeitnah zu melden, anstatt diesen mit Geldern seines Dienstherrn auszugleichen, mag es ihm auch peinlich gewesen sein, dies seinem Vorgesetzten eingestehen zu müssen. Und selbst für den Fall, dass er hierfür hätte einstehen müssen, wäre es ihm zumutbar gewesen, eine Ratenzahlung zu beantragen, anstatt sich durch fortgesetzte kriminelle Handlungen unbefugt selbst einen Zahlungsspielraum zu verschaffen. Die Unterschlagungen geschahen deshalb nicht zwangsläufig, da der Beklagte andere Möglichkeiten gehabt hätte, den Kassenfehlbestand auszugleichen, als sich an den Nachnahmebeträgen zu vergreifen.

(3) Auch der bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, liegt nicht vor. Hiergegen spricht schon die Dauer und Häufigkeit der Unterschlagungen sowie das planmäßige Vorgehen. Der Beklagte hat die kassierten Nachnahmebeträge bei Ausübung seiner Tätigkeit, nämlich beim täglichen Umgang mit Postsendungen, unterschlagen. Die Entgegennahme von Nachnahmegeldern gehörte für ihn dabei zu den normalen dienstlichen Verrichtungen und begründete deshalb keine besondere (einmalige) Versuchungssituation (vgl. BVerwG, U. v. 21.6.2000 - 1 D 49/99 - juris Rn. 16).

(4) Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Taten in einem Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit i. S. d. § 21 StGB begangen hat, bestehen nicht. Auch eine psychische Ausnahmesituation ist zu verneinen. Diese setzt eine seelische Zwangslage voraus, die durch ein unvorhergesehenes Ereignis ausgelöst worden ist, das schockartig auf den Beamten eingewirkt und zu einer für einen solchen Zustand typischen Fehlhandlung geführt hat. Eine angespannte psychische Situation bzw. eine subjektiv als ausweglos empfundene Lage reicht nicht aus (vgl. BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 56). Zwar stand der Beklagte angesichts des Kassenverlustes ersichtlich unter Druck. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um eine extreme existenzbedrohende Belastungssituation, in der er schockartigplanlos reagierte, sondern er ging planmäßig über mehrere Monate hinweg vor.

(5) Auch die nicht nach außen hin (z. B. durch Einlage von Fehlzetteln) manifestierte Absicht, sich die Gelder des Dienstherrn lediglich vorübergehend nutzbar zu machen und baldmöglichst zurückzuzahlen, führt nicht zu einer milderen Beurteilung. Ein Beamter ist nicht befugt, dienstlich anvertrautes Geld des Dienstherrn diesem auch nur vorübergehend vorzuenthalten, um es zunächst für eigene Zwecke einzusetzen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.1997 - 1 D 60/96 - juris Rn. 26). Die Einlassung, dass der Beklagte mit der Aneignung der Beträge keine endgültige Schädigung beabsichtigte, reicht nicht aus, um von der Höchstmaßnahme absehen zu können, da Gelder des Dienstherrn nicht dazu bestimmt sind, dem Kreditbedürfnis der mit ihrer Verwaltung betrauten Beamten zu dienen (vgl. BVerwG, U. v. 8.6.1983 - 1 D 112/82 - juris Rn. 13). Der Vertrauensverlust ergibt sich nicht aus dem etwaigen Schaden, sondern aus der unzulässigen Verwendung dienstlich anvertrauter Gelder aus eigennützigen Gründen selbst (vgl. BVerwG, U. v. 15.8.1989 - 1 D 61/88 - juris Rn. 26).

(6) Ein Absehen von der Höchstmaßnahme kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil der Beamte durch ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Offenbarung des Fehlverhaltens oder Wiedergutmachung des Schadens jeweils vor drohender Entdeckung, ein Verhalten zeigt, das Anlass zur Prüfung gibt, ob ein endgültiger Vertrauensverlust zu verneinen ist (vgl. BVerwG, U. v. 12.6.2002 - 1 D 29/01 - juris Rn. 22).

Vorliegend hat der Beklagte ein Fehlverhalten erst eingestanden, nachdem er von der Konzernsicherheit damit konfrontiert worden war, dass er Nachnahmebeträge verspätet bzw. nicht abgerechnet hatte. Auch hat er alle Taten erst im Strafverfahren eingeräumt, als ein Bestreiten ersichtlich aussichtslos gewesen wäre. Im Übrigen spricht ein Einräumen aus Furcht vor strafrechtlichen Konsequenzen nicht für einen von Einsicht und Reue getragenen Willen bei der Aufdeckung des Fehlverhaltens.

Auch hat der Beklagte die fehlenden Nachnahmebeträge vollständig und endgültig erst nach der Einleitung des Strafverfahrens und nicht etwa größtenteils schon vor Entdeckung der Taten ausgeglichen, indem er 501,90 € zzgl. 13,12 € Zinsen an die Klägerin zurückgezahlt hat. Bei den erneuten Unterschlagungen durch „Schieben“ der von ihm vereinnahmten Nachnahmebeträge kann nicht von Schadenswiedergutmachung die Rede sein. Hierin liegt vielmehr eine fortgesetzte veruntreuende Unterschlagung in 15 Fällen, wie das Strafgericht zu Recht festgestellt hat.

Da die Zueignung der Nachnahmebeträge durch Unterlassen der ordnungsgemäßen Verbuchung vollendet war (vgl. BGH, U. v. 5.3.1971 - 3 StR 231/69 - BGHSt 24, 115 juris Rn. 11), kann offen bleiben, ob der Beklagte die verspätete Abrechnung von drei bis zu diesem Tag unentdeckt gebliebenen Nachnahmebeträgen am 10. November 2010 noch vor seiner Befragung durch die Konzernsicherheit gemacht hat. Hierin ist jedenfalls keine Schadenswiedergutmachung zu sehen, sondern nur der Versuch, diese Falschbuchungen zu vertuschen, die der Beklagte auch nicht von sich aus am 10. November 2010 gegenüber der Konzernsicherheit offenbart hat.

(7) Auch die Einlassung, er habe das Geld zum Ausgleich des Kassenfehlbestands verwendet, den er zunächst aus eigenen Mitteln ersetzt habe, kann den Beklagten nicht entlasten (vgl. BVerwG, U. v. 25.9.1990 - 1 D 74/89 - juris Rn. 37). Unabhängig davon, dass der Beklagte den entstandenen Verlust pflichtwidrig nicht gemeldet hat, obwohl er seinen Angaben nach davon ausgegangen ist, ihn ersetzen zu müssen, vermag der Hinweis auf den - im Verantwortungsbereich des Beklagten liegenden - Grund für die Unterschlagungen die von ihm begangene Dienstpflichtverletzung nicht in einem milderen Licht erscheinen lassen, zumal dieser dabei eigennützig handelte.

(8) Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt auch nicht aus dem etwaigen Versäumnis des Dienstherrn, die Abrechnung der Nachnahmebeträge zeitnah zu kontrollieren. Denn es war in erster Linie die Aufgabe des Beklagten, diese ordnungsgemäß abzurechnen. Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt schwerer als die ggf. mangelhafte Kontrolle des Dienstherrn (vgl. BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 103).

2.2 Es liegen auch keine sonstigen entlastenden Umstände vor, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht anerkannter Milderungsgründe vergleichbar ist. Der Beklagte verstand sich zwar nicht so gut mit seinem Vorgesetzten. Darüber hinaus befand sich er sich durch die Scheidung von seiner Ehefrau in einer schwierigen persönlichen Situation. Auch ist seine angespannte finanzielle Situation durch die Schulden und Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen. Überdies ist er weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet und zeigte in 25 Dienstjahren, in denen er sich nichts zuschulden hat kommen lassen, ein durchwegs positives Berufsbild und erbringt insgesamt voll zufriedenstellende Dienstleistungen. Er war auch im Straf- und Disziplinarverfahren geständig und hat sein Verhalten aufrichtig bedauert.

Diese bemessungsrelevanten entlastenden Umstände führen angesichts der gegen den Beklagten sprechenden Umstände jedoch weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit zum Absehen von der Höchstmaßnahme. Zulasten des Beklagten fällt insbesondere die Anzahl und Häufigkeit der von ihm begangenen Zugriffsdelikte (15 Unterschlagungen), der über sieben Monate andauernde Tatzeitraum sowie die Höhe der unterschlagenen Nachnahmebeträge (insgesamt 2.777,39 €) erschwerend ins Gewicht. Es handelte sich nicht um ein einmaliges Fehlverhalten, sondern der Beklagte hat im Lauf des siebenmonatigen Tatzeitraums jeweils 15 mal wieder einen neuen Entschluss gefasst, Nachnahmebeträge zu unterschlagen. Darüber hinaus hat der Beklagte nicht nur 15 Nachnahmebeträge unterschlagen, sondern in 12 Fällen auch die Unterschrift der Empfänger in seinen Handscanner eingegeben, so dass er zusätzlich beweiserhebliche Daten gefälscht hat (§ 269 StGB). Dabei handelt es sich nicht um bloße Begleitdelikte oder Mittel zur Tatbegehung, die zwangsläufig mit der Unterschlagung der Nachnahmebeträge verbunden waren, um sie überhaupt später abrechnen zu können. Die Fälschung beweiserheblicher Daten geschah vielmehr, um die Unterschlagungen zu verdecken, und ist für sich gesehen disziplinarisch von hohem Gewicht, weil dadurch die Sicherheit des Postverkehrs beeinträchtigt wurde. Der Beklagte hat das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hat und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, gravierend missbraucht und dadurch das Vertrauen in eine ehrliche und zuverlässige Diensterfüllung so enttäuscht, dass das erforderliche Vertrauen endgültig zerstört ist.

Anlass für eine insgesamt günstige Prognose besteht auch nicht unter dem Aspekt einer überwundenen negativen Lebensphase. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Dabei müssen die negativen Lebensumstände eine schwerwiegende Ausnahmesituation begründen (vgl. BayVGH, U. v. 23.7.2014 - 16b D 11.601 - juris Rn. 57). Abgesehen davon, dass die schwierige persönliche und finanzielle Lage des Beklagten nach Angaben seiner Bevollmächtigten andauert, so dass schon aus diesem Grund keine günstige Prognose vorliegt (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 118), sind die dargelegten familiären und finanziellen Schwierigkeiten nicht von solchem Gewicht, dass sie die begangenen Zugriffsdelikte in einem deutlich milderen Licht erscheinen lassen, zumal sie nicht über das hinausgehen, was grundsätzlich jeden treffen kann.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

3. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig.

Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seinen Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlichrechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2/03 - juris Rn. 49).

V.

Die Berufung des Beklagten war nach alldem mit der Kostenfolge aus § 77 Abs. 1 BDG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 69 BDG, 132 VwGO, 191 Abs. 2 VwGO i. V. m.§ 127 BRRG nicht vorliegen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG | § 127


Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes: 1. Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Ents

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 13 Bemessung der Disziplinarmaßnahme


(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll b

Strafgesetzbuch - StGB | § 246 Unterschlagung


(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. (2) Ist in

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 77 Kostentragung und erstattungsfähige Kosten


(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt. (2) Wird eine Diszip

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 77 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in beson

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 69 Form, Frist und Zulassung der Revision


Für die Zulassung der Revision, für die Form und Frist der Einlegung der Revision und der Einlegung der Beschwerde gegen ihre Nichtzulassung sowie für die Revisionsgründe gelten die §§ 132, 133, 137 bis 139 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 38 Zulässigkeit


(1) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus d

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 61 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben das ihnen übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 57 Bindung an tatsächliche Feststellungen aus anderen Verfahren


(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 17 Einleitung von Amts wegen


(1) Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Der höhere Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde

Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG | § 78


(1) Der Personalrat wirkt mit bei 1.Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen einer Dienststelle für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten ihres Geschäftsbereiches, wenn nicht nach § 118 des Bundesbeamtenges

Strafgesetzbuch - StGB | § 269 Fälschung beweiserheblicher Daten


(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, daß bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, oder derart gespeicherte oder veränderte Daten gebraucht, wird mit Freiheitsst

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 10 Entfernung aus dem Beamtenverhältnis


(1) Mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis endet das Dienstverhältnis. Der Beamte verliert den Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung sowie die Befugnis, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem Amt verliehenen Titel zu führen und

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 66 Verbot der Führung der Dienstgeschäfte


Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde kann einer Beamtin oder einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verbieten. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen di

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 75 Pflicht zum Schadensersatz


(1) Beamtinnen und Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzt haben, haben dem Dienstherrn, dessen Aufgaben sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Haben zwei oder mehr Beamtinne

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 22 Zusammentreffen von Disziplinarverfahren mit Strafverfahren oder anderen Verfahren, Aussetzung


(1) Ist gegen den Beamten wegen des Sachverhalts, der dem Disziplinarverfahren zugrunde liegt, im Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben worden, wird das Disziplinarverfahren ausgesetzt. Die Aussetzung unterbleibt, wenn keine begründeten Zweife

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 20 Unterrichtung, Belehrung und Anhörung des Beamten


(1) Der Beamte ist über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich ist. Hierbei ist ihm zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er i

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 30 Abschließende Anhörung


Nach der Beendigung der Ermittlungen ist dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich abschließend zu äußern; § 20 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn das Disziplinarverfahren nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 eingestellt werden soll

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(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde kann einer Beamtin oder einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verbieten. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.

(1) Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Der höhere Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde stellen im Rahmen ihrer Aufsicht die Erfüllung dieser Pflicht sicher; sie können das Disziplinarverfahren jederzeit an sich ziehen. Die Einleitung ist aktenkundig zu machen.

(2) Ist zu erwarten, dass nach den §§ 14 und 15 eine Disziplinarmaßnahme nicht in Betracht kommt, wird ein Disziplinarverfahren nicht eingeleitet. Die Gründe sind aktenkundig zu machen und dem Beamten bekannt zu geben.

(3) Hat ein Beamter zwei oder mehrere Ämter inne, die nicht im Verhältnis von Haupt- zu Nebenamt stehen, und beabsichtigt der Dienstvorgesetzte, zu dessen Geschäftsbereich eines dieser Ämter gehört, ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten, teilt er dies den Dienstvorgesetzten mit, die für die anderen Ämter zuständig sind. Ein weiteres Disziplinarverfahren kann gegen den Beamten wegen desselben Sachverhalts nicht eingeleitet werden. Hat ein Beamter zwei oder mehrere Ämter inne, die im Verhältnis von Haupt- zu Nebenamt stehen, kann nur der Dienstvorgesetzte ein Disziplinarverfahren gegen ihn einleiten, der für das Hauptamt zuständig ist.

(4) Die Zuständigkeiten nach den Absätzen 1 bis 3 werden durch eine Beurlaubung, eine Abordnung oder eine Zuweisung nicht berührt. Bei einer Abordnung geht die aus Absatz 1 sich ergebende Pflicht hinsichtlich der während der Abordnung begangenen Dienstvergehen auf den neuen Dienstvorgesetzten über, soweit dieser nicht ihre Ausübung den anderen Dienstvorgesetzten überlässt oder soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Der Beamte ist über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich ist. Hierbei ist ihm zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen.

(2) Für die Abgabe einer schriftlichen Äußerung wird dem Beamten eine Frist von einem Monat und für die Abgabe der Erklärung, sich mündlich äußern zu wollen, eine Frist von zwei Wochen gesetzt. Hat der Beamte rechtzeitig erklärt, sich mündlich äußern zu wollen, ist die Anhörung innerhalb von drei Wochen nach Eingang der Erklärung durchzuführen. Ist der Beamte aus zwingenden Gründen gehindert, eine Frist nach Satz 1 einzuhalten oder einer Ladung zur mündlichen Verhandlung Folge zu leisten, und hat er dies unverzüglich mitgeteilt, ist die maßgebliche Frist zu verlängern oder er erneut zu laden. Die Fristsetzungen und Ladungen sind dem Beamten zuzustellen.

(3) Ist die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 vorgeschriebene Belehrung unterblieben oder unrichtig erfolgt, darf die Aussage des Beamten nicht zu seinem Nachteil verwertet werden.

(1) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird oder wenn bei einem Beamten auf Probe oder einem Beamten auf Widerruf voraussichtlich eine Entlassung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgen wird. Sie kann den Beamten außerdem vorläufig des Dienstes entheben, wenn durch sein Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.

(2) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der vorläufigen Dienstenthebung anordnen, dass dem Beamten bis zu 50 Prozent der monatlichen Dienst- oder Anwärterbezüge einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Das Gleiche gilt, wenn der Beamte im Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Widerruf voraussichtlich nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes entlassen werden wird.

(3) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens anordnen, dass dem Ruhestandsbeamten bis zu 30 Prozent des Ruhegehalts einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird.

(4) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann die vorläufige Dienstenthebung, die Einbehaltung von Dienst- oder Anwärterbezügen sowie die Einbehaltung von Ruhegehalt jederzeit ganz oder teilweise aufheben.

(1) Ist gegen den Beamten wegen des Sachverhalts, der dem Disziplinarverfahren zugrunde liegt, im Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben worden, wird das Disziplinarverfahren ausgesetzt. Die Aussetzung unterbleibt, wenn keine begründeten Zweifel am Sachverhalt bestehen oder wenn im Strafverfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person des Beamten liegen.

(2) Das nach Absatz 1 Satz 1 ausgesetzte Disziplinarverfahren ist unverzüglich fortzusetzen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 nachträglich eintreten, spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens.

(3) Das Disziplinarverfahren kann auch ausgesetzt werden, wenn in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren über eine Frage zu entscheiden ist, deren Beurteilung für die Entscheidung im Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung ist. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 gelten entsprechend.

Nach der Beendigung der Ermittlungen ist dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich abschließend zu äußern; § 20 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn das Disziplinarverfahren nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 eingestellt werden soll.

(1) Der Personalrat wirkt mit bei

1.
Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen einer Dienststelle für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten ihres Geschäftsbereiches, wenn nicht nach § 118 des Bundesbeamtengesetzes die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften bei der Vorbereitung zu beteiligen sind,
2.
Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen,
3.
Erhebung der Disziplinarklage gegen einen Beamten,
4.
Entlassung von Beamten auf Probe oder auf Widerruf, wenn sie die Entlassung nicht selbst beantragt haben,
5.
vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 gilt für die Mitwirkung des Personalrates § 77 Abs. 1 Satz 2 entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 wird der Personalrat nur auf Antrag des Beschäftigten beteiligt; in diesen Fällen ist der Beschäftigte von der beabsichtigten Maßnahme rechtzeitig vorher in Kenntnis zu setzen. Der Personalrat kann bei der Mitwirkung nach Absatz 1 Nr. 3 Einwendungen auf die in § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Gründe stützen.

(3) Vor der Weiterleitung von Personalanforderungen zum Haushaltsvoranschlag ist der Personalrat anzuhören. Gibt der Personalrat einer nachgeordneten Dienststelle zu den Personalanforderungen eine Stellungnahme ab, so ist diese mit den Personalanforderungen der übergeordneten Dienststelle vorzulegen. Das gilt entsprechend für die Personalplanung.

(4) Absatz 3 gilt entsprechend für Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Diensträumen.

(5) Vor grundlegenden Änderungen von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen ist der Personalrat anzuhören.

(1) Mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis endet das Dienstverhältnis. Der Beamte verliert den Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung sowie die Befugnis, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem Amt verliehenen Titel zu führen und die Dienstkleidung zu tragen.

(2) Die Zahlung der Dienstbezüge wird mit dem Ende des Kalendermonats eingestellt, in dem die Entscheidung unanfechtbar wird. Tritt der Beamte in den Ruhestand, bevor die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unanfechtbar wird, gilt die Entscheidung als Aberkennung des Ruhegehalts.

(3) Der aus dem Beamtenverhältnis entfernte Beamte erhält für die Dauer von sechs Monaten einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 Prozent der Dienstbezüge, die ihm bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung zustehen; eine Einbehaltung von Dienstbezügen nach § 38 Abs. 2 bleibt unberücksichtigt. Die Gewährung des Unterhaltsbeitrags kann in der Entscheidung ganz oder teilweise ausgeschlossen werden, soweit der Beamte ihrer nicht würdig oder den erkennbaren Umständen nach nicht bedürftig ist. Sie kann in der Entscheidung über sechs Monate hinaus verlängert werden, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden; der Beamte hat die Umstände glaubhaft zu machen. Für die Zahlung des Unterhaltsbeitrags gelten die besonderen Regelungen des § 79.

(4) Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und ihre Rechtsfolgen erstrecken sich auf alle Ämter, die der Beamte bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung inne hat.

(5) Wird ein Beamter, der früher in einem anderen Dienstverhältnis im Bundesdienst gestanden hat, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, verliert er auch die Ansprüche aus dem früheren Dienstverhältnis, wenn diese Disziplinarmaßnahme wegen eines Dienstvergehens ausgesprochen wird, das in dem früheren Dienstverhältnis begangen wurde.

(6) Ist ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden, darf er nicht wieder zum Beamten ernannt werden; es soll auch kein anderes Beschäftigungsverhältnis begründet werden.

(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entschieden worden ist, sind im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend. Es hat jedoch die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, die offenkundig unrichtig sind.

(2) Die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind nicht bindend, können aber der Entscheidung ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben das ihnen übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können von der obersten Dienstbehörde eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundesministerium der Finanzen sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz werden ermächtigt, jeweils für ihren Geschäftsbereich die Einzelheiten zu den Sätzen 2 bis 4 durch Rechtsverordnung zu regeln. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(3) Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, an Maßnahmen der dienstlichen Qualifizierung zur Erhaltung oder Fortentwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten teilzunehmen.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Tatbestand

1

Der 1962 geborene Beklagte ist seit 1989 Beamter auf Lebenszeit und war zuletzt als Kriminalkommissar beim Polizeipräsidium ... eingesetzt. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts ... wurde er am 1. Dezember 2005 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Ihm wurde zur Last gelegt, am 10. Juni 2005 anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls 500 €, die in der Wohnung des Einbruchsopfers in einer Vitrine deponiert waren, an sich genommen zu haben. Er habe die Geldscheine jedoch, nachdem die Tat von der Geschädigten entdeckt worden sei, wieder zurückgelegt.

2

Im Disziplinarverfahren äußerte der Beklagte sich nicht; im sachgleichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bestritt er die Tat. Das Verwaltungsgericht hat ihn auf die Disziplinarklage aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Seine Berufung hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 12. Februar 2009 im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurückgewiesen:

3

Es stehe fest, dass der Beklagte anlässlich der Aufnahme eines Diebstahlsdelikts Geldscheine im Wert von 500 € entwendet, sie nach Entdeckung der Tat aber wieder zurückgelegt habe. Außerdem habe er der Geschädigten mit nachteiligen Konsequenzen für den Fall gedroht, dass sie das Vorkommnis nicht auf sich beruhen lasse. Der Kläger habe sich nicht durch die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehlsverfahren gebunden gefühlt, sondern diese Feststellungen lediglich ohne nochmalige Prüfung zu Grunde gelegt; dies sei nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass weder im behördlichen noch im erstinstanzlichen Disziplinarverfahren Zeugen vernommen worden seien, sei gleichfalls unschädlich; im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht die Zeugenvernehmungen nachgeholt.

4

Als Disziplinarmaßnahme sei allein die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen. Es handle sich um ein die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigendes Zugriffsdelikt, das als besonders schweres Dienstvergehen einzustufen sei, weil der Beklagte einen Einsatz zur Aufklärung einer Straftat zur Begehung des Diebstahls "schamlos" ausgenutzt habe. Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Weder liege ein Handeln aus einer unverschuldeten unausweichlichen wirtschaftlichen Notlage vor noch eine unbedachte Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation oder eine Tat als Folge einer psychischen Zwangssituation. Auch habe der Beklagte den Schaden nicht vor Entdeckung wieder gutgemacht oder sich dem Dienstherrn freiwillig offenbart. Auch für sonstige den Beklagten entlastende Umstände sei nichts ersichtlich; vielmehr spreche gegen den Beklagten, dass ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren erst wenige Wochen vor dem hier betroffenen Vorfall eingestellt worden sei, in dem es um den Verdacht von Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Dienstkleidung gegangen sei. Die Entfernung aus dem Dienst sei auch nicht unverhältnismäßig, da die Schwere des Dienstvergehens dazu geführt habe, dass die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört sei.

5

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Verfahrens- und von materiellem Recht. Er beantragt schriftsätzlich,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

6

Der Kläger tritt der Revision entgegen und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision, über die im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO, § 67 und § 3 Abs. 1 LDG NRW ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist mit der Maßgabe begründet, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

Das Oberverwaltungsgericht war an einer Sachentscheidung nicht gehindert. Die Disziplinarklage ist zwar entgegen § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 85 Satz 1 i.V.m. § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellt worden, obwohl er wirksam bevollmächtigt und bereits zu der beabsichtigten Klageerhebung förmlich angehört worden war. Der Zustellungsmangel ist jedoch dadurch geheilt, dass der Prozessbevollmächtigte die Klageschrift tatsächlich erhalten hat (§ 3 LDG NRW, § 56 Abs. 2 VwGO, § 189 ZPO). Er kann unabhängig davon auch deshalb nicht mehr gerügt werden, weil der Beklagte ihn in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht geltend gemacht hat (§ 295 ZPO). Gründe dafür, dass der Beklagte auf die Einhaltung des § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht hätte verzichten können, sind auch unter Berücksichtigung der besonderen Förmlichkeit des Disziplinarverfahrens nicht ersichtlich.

10

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO, § 67 Satz 1 LDG NRW bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nahm der Beklagte 500 € an sich, als er in der Wohnung der Geschädigten einen von ihr angezeigten Einbruchsdiebstahl aufnahm, legte das Geld allerdings zurück, nachdem die Geschädigte den Diebstahl bemerkt hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Verhalten als schweres innerdienstliches Dienstvergehen in der Form des Zugriffsdelikts bewertet. Als allein angemessene Disziplinarmaßnahme hat es die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angesehen. Dies beruht auf einem Verstoß gegen die Bemessungsgrundsätze des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW.

11

Ist das Vorliegen eines Dienstvergehens im Einzelfall festgestellt, richtet sich die Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens; dabei sind das Persönlichkeitsbild des Beamten und das Ausmaß der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Aus diesen gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme auf Grund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 25 insofern nicht abgedruckt in Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 und - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16).

12

Den Bedeutungsgehalt der drei gesetzlichen Bemessungskriterien hat der Senat in seiner Rechtsprechung konkretisiert. Dabei geht er davon aus, dass die Schwere des Dienstvergehens als maßgebendes Kriterium der Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist (vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 13, vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - ZBR 2011, 414 Rn. 29 stRspr). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, nach Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und allen Umständen der Tatbegehung sowie nach den subjektiven Verhaltensmerkmalen - Form und Gewicht des Verschuldens und Beweggründe des Beamten für sein Verhalten - und den Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte. Hiervon ausgehend lassen sich, anknüpfend an die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts, Fallgruppen von Dienstvergehen bestimmen, denen auf Grund ihrer Schwere jeweils eine der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen im Sinne einer Regeleinstufung zuzuordnen ist. Eine dieser Fallgruppen stellen so genannte Zugriffsdelikte dar, die im Regelfall zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen.

13

Von der Höchstmaßnahme muss jedoch zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats oder des erkennenden Senats anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit (vgl. Beschluss vom 15. April 2010 - BVerwG 2 B 82.09 - juris; Urteil vom 29. Mai 2008 - a.a.O.) - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (Urteil vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4). Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (Urteile vom 24. November 1992 - BVerwG 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 und vom 11. November 2003 - BVerwG 1 D 5.03 - juris; stRspr).

14

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20 f. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22). Denn eine Zumessungsentscheidung, die vor dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bestand haben soll, setzt voraus, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten steht (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O., vom 3. Mai 2007 a.a.O. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - NJW 2005, 1344 <1346> m.w.N.). Dies ist nur der Fall, wenn alle bemessungsrelevanten be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und in die Bemessungsentscheidung eingestellt worden sind.

15

Unter der Geltung dieser Bemessungsmaßstäbe können sich Entlastungsmomente aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher ernsthaft geprüft und ggf. durch Beweiserhebung aufgeklärt werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Die anerkannten Milderungsgründe bieten Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwer wiegenden - etwa die Geringfügigkeitsgrenze nur unwesentlich überschreitenden - Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen (Urteile vom 24. Mai 2007 a.a.O und vom 29. Mai 2008 a.a.O.). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" (vgl. BTDrucks 14/4659 S. 35 - zu § 3 BDG) bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (Urteile des Disziplinarsenats vom 6. Juni 2007 - BVerwG 1 D 2.06 - juris und vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>).

16

Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte ein schweres Dienstvergehen im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW begangen. Insoweit ist der Würdigung durch das Berufungsgericht im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings ist das dem Beklagten vorgeworfene Dienstvergehen kein Zugriffsdelikt im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung, da dem Beklagten das von ihm entwendete Geld nicht dienstlich anvertraut war und er durch seine Tat den Vermögensbestand zu Lasten des Dienstherrn nicht unmittelbar vermindert hat (Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24 S. 10). Der Umstand, dass der Beklagte seine dienstliche Anwesenheit in der Wohnung der Geschädigten anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls zur Begehung eines Diebstahls ausgenutzt hat, rechtfertigt es jedoch, sein Verhalten hinsichtlich der Schwere des Delikts einem Zugriffsdelikt gleichzustellen. Ihm ist der Vorwurf eines schweren Versagens im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten zu machen. Dienstherr, Geschädigte und Öffentlichkeit müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz, deren Aufgabe die Wahrung der Rechtsordnung und Verfolgung von Rechtsverstößen ist, unbedingt verlassen können (vgl. Urteil vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851; vgl. zum gleich gestellten Fall des "Kollegendiebstahls" Urteile vom 29. Mai 2008 a.a.O. und vom 29. September 1998 - BVerwG 1 D 82.97 - juris). Auch überschreitet die vom Beklagten entwendete Summe von 500 € die Schwelle der Geringwertigkeit (50 €) deutlich.

17

Das Oberverwaltungsgericht verletzt jedoch insoweit revisibles Recht, als es bei seiner Entscheidung gemäß § 13 Abs. 2 LDG NRW einen endgültigen Vertrauensverlust angenommen hat, ohne zuvor eine umfassende Prognoseentscheidung unter ernsthafter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu treffen. Es hat sich im Anschluss an die Prüfung der anerkannten Milderungsgründe auf die Feststellung beschränkt, die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfalle nicht auf Grund einer Berücksichtigung "aller sonst den Beklagten entlastenden Umstände"; Ursache und Motiv für das Dienstvergehen lägen im Dunkeln. Diese Darlegungen lassen nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht die erforderliche Prognoseentscheidung zum Umfang der vom Beklagten verursachten Vertrauensbeeinträchtigung auf einer hinreichenden Prognosegrundlage - die zudem im Urteil offen zu legen ist - getroffen hat.

18

In die Gesamtabwägung waren danach auf der Seite der den Beklagten belastenden Umstände zunächst diejenigen einzustellen, die der dienstlichen Verfehlung das Gewicht eines schweren Dienstvergehens gegeben haben. Zu Lasten des Beklagten war ferner ggf. zu berücksichtigen, ob die - bisher nicht hinreichend aufgeklärte - Bemerkung des Beklagten zu sozialhilferechtlichen Folgen des Vorhandenseins einer Summe von 500 € einen Versuch darstellte, die Geschädigte durch Drohung von Maßnahmen gegen ihn abzuhalten. Auf der Seite der den Beklagten entlastenden Umstände durfte das Oberverwaltungsgericht nicht offen lassen, wie die sofortige Rückgabe des Geldes zu bewerten ist, auch wenn dies den Tatbestand der Wiedergutmachung vor Entdeckung als eines anerkannten Milderungsgrundes nicht erfüllt. Anlass zur näheren Aufklärung der Motivlage des Beklagten in diesem Zusammenhang bietet bereits der Umstand, dass der Beklagte mit der Rückgabe des Geldes den gegenüber einer bloßen Passivität nach der Diebstahlshandlung risikoreicheren Weg einer Rückgabe des Geldes trotz Entdeckung der Tat gewählt hat, da er damit rechnen musste, bei dem Versuch, das Geld zurückzulegen, beobachtet zu werden. Auch hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgeklärt, was den Beklagten zur Tat veranlasst hat, obwohl sich dies angesichts der konkreten Tatumstände aufgedrängt hätte. Die erforderliche Aufklärung der Tatumstände und etwaiger mildernder Umstände kann freilich dort ihre Grenze finden, wo der Beklagte auf seiner Weigerung beharrt, dem Gericht gegenüber nähere Angaben zu machen, wenn ihm hinreichend deutlich ist, dass die Aufklärungsbemühungen des Gerichts umfassend auch auf denkbare entlastende Umstände zielen.

19

Zugunsten des Beklagten war ferner zu berücksichtigen, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet ist. Das Oberverwaltungsgericht hat dies zwar erwähnt, gleichwohl aber zu Lasten des Beklagten berücksichtigt, dass erst wenige Wochen vor dem angeschuldigten Dienstvergehen ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren eingestellt worden war. Auch die angeschlossene Bemerkung, der Beklagte habe wissen müssen, dass er unter Beobachtung stand, lässt nicht deutlich erkennen, ob das Oberverwaltungsgericht das folgenlose Disziplinarverfahren als belastenden Umstand eingestuft hat oder nicht.

20

Mangels ausreichender Feststellungen ist der Senat nicht in der Lage, selbst über die angemessene Maßnahme zu entscheiden. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels und der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 69 BDG, § 41 Berliner Disziplinargesetz - DiszG - liegen nicht vor.

2

1. Gegen den beklagten Polizeikommissar wurde mit Strafbefehl wegen Verwahrungs- und Verstrickungsbruchs sowie wegen Diebstahls mit Waffen eine Freiheitsstrafe von elf Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im sachgleichen Disziplinarklageverfahren wird ihm vorgeworfen, während seiner Dienstausübung aus einem sichergestellten Fahrzeug ein Mobiltelefon und eine Digitalkamera entwendet zu haben, um sie für sich zu behalten und zu gebrauchen. Das Verwaltungsgericht hat ihn aus dem Dienst entfernt, seine hiergegen erhobene Berufung ist erfolglos geblieben.

3

2. Die Beschwerde rügt einen Verfahrensmangel in Gestalt der Verletzung des Anspruchs des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, § 3 DiszG), da das Berufungsgericht den Kern seines Vorbringens, seine Tat sei eine "Kurzschlussreaktion", verkannt habe.

4

Im Einzelnen macht die Beschwerde geltend, der Beklagte habe vorgetragen, dass es sich nicht um eine normale Festnahme gehandelt habe, sondern er aufgeregt und emotional beeindruckt von der kriminellen Energie der Autodiebesbande gewesen sei. Es sei trotz einer 13-jährigen Zivildiensterfahrung die beste Festnahme seiner gesamten Laufbahn mit einer Schadensverhinderung von bis zu 2 bis 3 Mio. € gewesen. Soweit daher das Oberverwaltungsgericht davon ausgehe, bei dem Vorfall handele es sich um einen alltäglichen Einsatz und um eine alltägliche Ermittlungstätigkeit, treffe dies nicht zu.

5

Dies verkennt die Ausführungen des Berufungsgerichts, denn das Gericht führt weiter aus:

"Selbst wenn dem Beklagten zugestanden wird, dass es sich auch wegen der wirtschaftlichen Dimension des Falles nicht um einen ganz gewöhnlichen alltäglichen Einsatz handelte und er unter dem Eindruck des Ermittlungs- und Festnahmeerfolges gestanden haben mag, kann ihn dieser Umstand nicht entlasten."

6

Damit hat das Berufungsgericht durchaus den entsprechenden Vortrag des Beklagten zur Kenntnis genommen. Es hat ihm lediglich nicht die vom Beklagten gewünschte entlastende Bedeutung beigemessen. In der Sache macht die Beschwerde eine fehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung geltend. Abgesehen davon, dass mit Angriffen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung in aller Regel ein materiellrechtlicher Mangel bezeichnet wird und nur ausnahmsweise ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bezeichnet werden kann, legt die Beschwerde nicht einmal ansatzweise dar, dass die Voraussetzungen für einen solchen Verfahrensmangel vorliegen könnten. Eine verfahrensfehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist nur dann gegeben, wenn die Vorinstanz im Rahmen der Tatsachenwürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder einen unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Hierzu trägt die Beschwerde nichts vor, sondern setzt lediglich der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts eine davon abweichende eigene Würdigung entgegen.

7

Deshalb sind auch die weiteren Ausführungen der Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht verneine fehlerhaft eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat, nicht geeignet, einen Verfahrensfehler etwa in Gestalt der Verletzung des rechtlichen Gehörs oder der vollständigen Erfassung des Sachverhalts darzulegen. Auch hier setzt die Beschwerde abermals nur ihre eigene Wertung gegen diejenige des Berufungsgerichts.

8

3. Mit der Grundsatzrüge macht der Beklagte geltend, dass es unverhältnismäßig sei, bei Zugriffsdelikten die Schwelle der Geringfügigkeit mit der üblichen Bagatellgrenze anzunehmen, während bei Betrugsdelikten erst bei einem Schaden von 5 000 € die Regelmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst gesehen werde. Die Disziplinarmaßnahme müsse mit dem verfassungsrechtlichen Schuldprinzip vereinbar sein und im Vergleich der Disziplinarmaßnahmen bei Zugriffsdelikten und Betrugsdelikten verhältnismäßig. Bei verfassungskonformer Bewertung sei bei beiden Deliktsgruppen ein einheitlicher Schwellenwert anzusetzen und eine Abgrenzung der Schwere der Schuld ausschließlich nach den Einzelfallumständen zu bilden.

9

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 69 BDG, § 41 DiszG), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (stRspr; vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage bereits geklärt ist. So verhält es sich hier.

10

Die Beschwerde geht offenbar von den strafrechtlichen, nicht aber von den disziplinarrechtlichen Begriffen aus, nach denen sich innerdienstliche Zugriffsdelikte und innerdienstliche Betrugsdelikte sowohl in ihrem äußeren Erscheinungsbild als auch hinsichtlich des mit ihnen verbundenen Vertrauensverlustes so grundsätzlich voneinander unterscheiden, dass eine wertmäßig gleich hohe Bagatellgrenze dem Verhältnismäßigkeits- und dem Schuldprinzip gerade nicht ausreichend Rechnung tragen würde.

11

Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z.B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Ein Zugriffsdelikt liegt vielmehr dann vor, wenn der Beamte dienstlich anvertraute Gelder und Güter veruntreut hat, wozu auch die Gebührenüberhebung, die Fundunterschlagung und der sogenannte Kollegendiebstahl zählen. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder gleichgestellte Werte dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind (stRspr; vgl. Urteil vom 8. April 2003 - BVerwG 1 D 27.02 - juris Rn. 16). Ein Beamter, der sich bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergreift, die seinem Gewahrsam unterliegen, zerstört damit in aller Regel das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit, wenn die Beträge insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich überschreiten. Denn die Verwaltung ist auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten beim Umgang mit solchen Geldern und Gütern in hohem Maße angewiesen. Eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Mitarbeiters ist unmöglich und muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss grundsätzlich mit der Auflösung des Beamtenverhältnisses rechnen (vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3, vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 43.07 - § 65 bdg nr. 2> und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Rn. 21 § 70 bdg nr. 3>).

12

Demgegenüber geht es beim innerdienstlichen Betrug zwar um Gelder oder gleichgestellte Werte des Dienstherrn, diese sind dem Beamten jedoch nicht dienstlich anvertraut oder sonst dienstlich zugänglich. Betrügerisches Verhalten zum Nachteil des Dienstherrn kann in vielfältigen Erscheinungsformen auftreten und sowohl durch Handeln als auch durch Unterlassen begangen werden. Die Variationsbreite, in der Pflichtverletzungen dieser Art denkbar sind, erfordert die Würdigung der jeweiligen besonderen Einzelfallumstände. Deshalb ist bei innerdienstlichen Betrugsfällen gerade keine Bagatellschwelle angenommen worden, sondern der Beamte ist nur dann in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, ohne dass ihnen Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung den Schluss nicht rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Erschwerungsgründe können sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen, steht (Urteile vom 28. November 2000 - BVerwG 1 D 56.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 23, vom 26. September 2001 - BVerwG 1 D 32.00 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 18 und vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - juris; Beschlüsse vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - § 58 bdg nr. 1> und vom 10. September 2010 - BVerwG 2 B 97.09 - juris Rn. 8). Aus der Senatsrechtsprechung lässt sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5 000 € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann (Beschluss vom 10. September 2010 a.a.O. Rn. 8 m.w.N.). Liegen andere Erschwerungsgründe als ein den Betrag von 5 000 € übersteigender Gesamtschaden vor, kann es auch deutlich unterhalb eines solchen Schadens zur Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme kommen. Diese Rechtsprechung ist Ausdruck dessen, dass Betrug zu Lasten des Dienstherrn grundsätzlich ein geringeres disziplinarisches Gewicht hat als der Zugriff des Beamten auf ihm amtlich anvertrautes oder dienstlich zugängliches Geld oder Gut (vgl. Urteile vom 24. Januar 2001 - BVerwG 1 D 57.99 - juris Rn. 11 und vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 26.99 - juris Rn. 15, jeweils m.w.N).

Tatbestand

1

Der 1962 geborene Beklagte ist seit 1989 Beamter auf Lebenszeit und war zuletzt als Kriminalkommissar beim Polizeipräsidium ... eingesetzt. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts ... wurde er am 1. Dezember 2005 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Ihm wurde zur Last gelegt, am 10. Juni 2005 anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls 500 €, die in der Wohnung des Einbruchsopfers in einer Vitrine deponiert waren, an sich genommen zu haben. Er habe die Geldscheine jedoch, nachdem die Tat von der Geschädigten entdeckt worden sei, wieder zurückgelegt.

2

Im Disziplinarverfahren äußerte der Beklagte sich nicht; im sachgleichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bestritt er die Tat. Das Verwaltungsgericht hat ihn auf die Disziplinarklage aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Seine Berufung hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 12. Februar 2009 im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurückgewiesen:

3

Es stehe fest, dass der Beklagte anlässlich der Aufnahme eines Diebstahlsdelikts Geldscheine im Wert von 500 € entwendet, sie nach Entdeckung der Tat aber wieder zurückgelegt habe. Außerdem habe er der Geschädigten mit nachteiligen Konsequenzen für den Fall gedroht, dass sie das Vorkommnis nicht auf sich beruhen lasse. Der Kläger habe sich nicht durch die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehlsverfahren gebunden gefühlt, sondern diese Feststellungen lediglich ohne nochmalige Prüfung zu Grunde gelegt; dies sei nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass weder im behördlichen noch im erstinstanzlichen Disziplinarverfahren Zeugen vernommen worden seien, sei gleichfalls unschädlich; im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht die Zeugenvernehmungen nachgeholt.

4

Als Disziplinarmaßnahme sei allein die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen. Es handle sich um ein die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigendes Zugriffsdelikt, das als besonders schweres Dienstvergehen einzustufen sei, weil der Beklagte einen Einsatz zur Aufklärung einer Straftat zur Begehung des Diebstahls "schamlos" ausgenutzt habe. Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Weder liege ein Handeln aus einer unverschuldeten unausweichlichen wirtschaftlichen Notlage vor noch eine unbedachte Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation oder eine Tat als Folge einer psychischen Zwangssituation. Auch habe der Beklagte den Schaden nicht vor Entdeckung wieder gutgemacht oder sich dem Dienstherrn freiwillig offenbart. Auch für sonstige den Beklagten entlastende Umstände sei nichts ersichtlich; vielmehr spreche gegen den Beklagten, dass ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren erst wenige Wochen vor dem hier betroffenen Vorfall eingestellt worden sei, in dem es um den Verdacht von Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Dienstkleidung gegangen sei. Die Entfernung aus dem Dienst sei auch nicht unverhältnismäßig, da die Schwere des Dienstvergehens dazu geführt habe, dass die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört sei.

5

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Verfahrens- und von materiellem Recht. Er beantragt schriftsätzlich,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

6

Der Kläger tritt der Revision entgegen und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision, über die im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO, § 67 und § 3 Abs. 1 LDG NRW ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist mit der Maßgabe begründet, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

Das Oberverwaltungsgericht war an einer Sachentscheidung nicht gehindert. Die Disziplinarklage ist zwar entgegen § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 85 Satz 1 i.V.m. § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellt worden, obwohl er wirksam bevollmächtigt und bereits zu der beabsichtigten Klageerhebung förmlich angehört worden war. Der Zustellungsmangel ist jedoch dadurch geheilt, dass der Prozessbevollmächtigte die Klageschrift tatsächlich erhalten hat (§ 3 LDG NRW, § 56 Abs. 2 VwGO, § 189 ZPO). Er kann unabhängig davon auch deshalb nicht mehr gerügt werden, weil der Beklagte ihn in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht geltend gemacht hat (§ 295 ZPO). Gründe dafür, dass der Beklagte auf die Einhaltung des § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht hätte verzichten können, sind auch unter Berücksichtigung der besonderen Förmlichkeit des Disziplinarverfahrens nicht ersichtlich.

10

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO, § 67 Satz 1 LDG NRW bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nahm der Beklagte 500 € an sich, als er in der Wohnung der Geschädigten einen von ihr angezeigten Einbruchsdiebstahl aufnahm, legte das Geld allerdings zurück, nachdem die Geschädigte den Diebstahl bemerkt hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Verhalten als schweres innerdienstliches Dienstvergehen in der Form des Zugriffsdelikts bewertet. Als allein angemessene Disziplinarmaßnahme hat es die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angesehen. Dies beruht auf einem Verstoß gegen die Bemessungsgrundsätze des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW.

11

Ist das Vorliegen eines Dienstvergehens im Einzelfall festgestellt, richtet sich die Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens; dabei sind das Persönlichkeitsbild des Beamten und das Ausmaß der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Aus diesen gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme auf Grund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 25 insofern nicht abgedruckt in Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 und - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16).

12

Den Bedeutungsgehalt der drei gesetzlichen Bemessungskriterien hat der Senat in seiner Rechtsprechung konkretisiert. Dabei geht er davon aus, dass die Schwere des Dienstvergehens als maßgebendes Kriterium der Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist (vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 13, vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - ZBR 2011, 414 Rn. 29 stRspr). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, nach Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und allen Umständen der Tatbegehung sowie nach den subjektiven Verhaltensmerkmalen - Form und Gewicht des Verschuldens und Beweggründe des Beamten für sein Verhalten - und den Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte. Hiervon ausgehend lassen sich, anknüpfend an die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts, Fallgruppen von Dienstvergehen bestimmen, denen auf Grund ihrer Schwere jeweils eine der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen im Sinne einer Regeleinstufung zuzuordnen ist. Eine dieser Fallgruppen stellen so genannte Zugriffsdelikte dar, die im Regelfall zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen.

13

Von der Höchstmaßnahme muss jedoch zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats oder des erkennenden Senats anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit (vgl. Beschluss vom 15. April 2010 - BVerwG 2 B 82.09 - juris; Urteil vom 29. Mai 2008 - a.a.O.) - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (Urteil vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4). Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (Urteile vom 24. November 1992 - BVerwG 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 und vom 11. November 2003 - BVerwG 1 D 5.03 - juris; stRspr).

14

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20 f. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22). Denn eine Zumessungsentscheidung, die vor dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bestand haben soll, setzt voraus, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten steht (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O., vom 3. Mai 2007 a.a.O. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - NJW 2005, 1344 <1346> m.w.N.). Dies ist nur der Fall, wenn alle bemessungsrelevanten be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und in die Bemessungsentscheidung eingestellt worden sind.

15

Unter der Geltung dieser Bemessungsmaßstäbe können sich Entlastungsmomente aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher ernsthaft geprüft und ggf. durch Beweiserhebung aufgeklärt werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Die anerkannten Milderungsgründe bieten Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwer wiegenden - etwa die Geringfügigkeitsgrenze nur unwesentlich überschreitenden - Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen (Urteile vom 24. Mai 2007 a.a.O und vom 29. Mai 2008 a.a.O.). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" (vgl. BTDrucks 14/4659 S. 35 - zu § 3 BDG) bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (Urteile des Disziplinarsenats vom 6. Juni 2007 - BVerwG 1 D 2.06 - juris und vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>).

16

Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte ein schweres Dienstvergehen im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW begangen. Insoweit ist der Würdigung durch das Berufungsgericht im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings ist das dem Beklagten vorgeworfene Dienstvergehen kein Zugriffsdelikt im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung, da dem Beklagten das von ihm entwendete Geld nicht dienstlich anvertraut war und er durch seine Tat den Vermögensbestand zu Lasten des Dienstherrn nicht unmittelbar vermindert hat (Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24 S. 10). Der Umstand, dass der Beklagte seine dienstliche Anwesenheit in der Wohnung der Geschädigten anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls zur Begehung eines Diebstahls ausgenutzt hat, rechtfertigt es jedoch, sein Verhalten hinsichtlich der Schwere des Delikts einem Zugriffsdelikt gleichzustellen. Ihm ist der Vorwurf eines schweren Versagens im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten zu machen. Dienstherr, Geschädigte und Öffentlichkeit müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz, deren Aufgabe die Wahrung der Rechtsordnung und Verfolgung von Rechtsverstößen ist, unbedingt verlassen können (vgl. Urteil vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851; vgl. zum gleich gestellten Fall des "Kollegendiebstahls" Urteile vom 29. Mai 2008 a.a.O. und vom 29. September 1998 - BVerwG 1 D 82.97 - juris). Auch überschreitet die vom Beklagten entwendete Summe von 500 € die Schwelle der Geringwertigkeit (50 €) deutlich.

17

Das Oberverwaltungsgericht verletzt jedoch insoweit revisibles Recht, als es bei seiner Entscheidung gemäß § 13 Abs. 2 LDG NRW einen endgültigen Vertrauensverlust angenommen hat, ohne zuvor eine umfassende Prognoseentscheidung unter ernsthafter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu treffen. Es hat sich im Anschluss an die Prüfung der anerkannten Milderungsgründe auf die Feststellung beschränkt, die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfalle nicht auf Grund einer Berücksichtigung "aller sonst den Beklagten entlastenden Umstände"; Ursache und Motiv für das Dienstvergehen lägen im Dunkeln. Diese Darlegungen lassen nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht die erforderliche Prognoseentscheidung zum Umfang der vom Beklagten verursachten Vertrauensbeeinträchtigung auf einer hinreichenden Prognosegrundlage - die zudem im Urteil offen zu legen ist - getroffen hat.

18

In die Gesamtabwägung waren danach auf der Seite der den Beklagten belastenden Umstände zunächst diejenigen einzustellen, die der dienstlichen Verfehlung das Gewicht eines schweren Dienstvergehens gegeben haben. Zu Lasten des Beklagten war ferner ggf. zu berücksichtigen, ob die - bisher nicht hinreichend aufgeklärte - Bemerkung des Beklagten zu sozialhilferechtlichen Folgen des Vorhandenseins einer Summe von 500 € einen Versuch darstellte, die Geschädigte durch Drohung von Maßnahmen gegen ihn abzuhalten. Auf der Seite der den Beklagten entlastenden Umstände durfte das Oberverwaltungsgericht nicht offen lassen, wie die sofortige Rückgabe des Geldes zu bewerten ist, auch wenn dies den Tatbestand der Wiedergutmachung vor Entdeckung als eines anerkannten Milderungsgrundes nicht erfüllt. Anlass zur näheren Aufklärung der Motivlage des Beklagten in diesem Zusammenhang bietet bereits der Umstand, dass der Beklagte mit der Rückgabe des Geldes den gegenüber einer bloßen Passivität nach der Diebstahlshandlung risikoreicheren Weg einer Rückgabe des Geldes trotz Entdeckung der Tat gewählt hat, da er damit rechnen musste, bei dem Versuch, das Geld zurückzulegen, beobachtet zu werden. Auch hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgeklärt, was den Beklagten zur Tat veranlasst hat, obwohl sich dies angesichts der konkreten Tatumstände aufgedrängt hätte. Die erforderliche Aufklärung der Tatumstände und etwaiger mildernder Umstände kann freilich dort ihre Grenze finden, wo der Beklagte auf seiner Weigerung beharrt, dem Gericht gegenüber nähere Angaben zu machen, wenn ihm hinreichend deutlich ist, dass die Aufklärungsbemühungen des Gerichts umfassend auch auf denkbare entlastende Umstände zielen.

19

Zugunsten des Beklagten war ferner zu berücksichtigen, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet ist. Das Oberverwaltungsgericht hat dies zwar erwähnt, gleichwohl aber zu Lasten des Beklagten berücksichtigt, dass erst wenige Wochen vor dem angeschuldigten Dienstvergehen ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren eingestellt worden war. Auch die angeschlossene Bemerkung, der Beklagte habe wissen müssen, dass er unter Beobachtung stand, lässt nicht deutlich erkennen, ob das Oberverwaltungsgericht das folgenlose Disziplinarverfahren als belastenden Umstand eingestuft hat oder nicht.

20

Mangels ausreichender Feststellungen ist der Senat nicht in der Lage, selbst über die angemessene Maßnahme zu entscheiden. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Gründe

1

Die Beschwerde der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO, § 69 BDG unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Das Berufungsurteil beruht auf dem gerügten Verfahrensmangel der unzureichenden Sachaufklärung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG i.V.m. § 58 Abs. 1 BDG, § 86 Abs. 1 VwGO). Dagegen liegt die von der Beklagten gerügte Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht vor.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte, eine bei der DB Personenverkehr GmbH am Fahrkartenschalter eingesetzte Bundesbahnobersekretärin, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, nachdem sie das Verwaltungsgericht erstinstanzlich in das Amt einer Bundesbahnsekretärin zurückgestuft hatte. Dem liegt die Feststellung zugrunde, dass die Beklagte von einem Kunden, der mehrere Fahrkarten gekauft hatte, einen überhöhten Gesamtpreis unter Einbeziehung einer nicht gekauften Fahrkarte zum Preis von 182 € vereinnahmt, später diesen Fahrkartenkauf storniert und den überzahlten Betrag für private Zwecke verwendet hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Disziplinarmaßnahme angesehen, weil das Fehlverhalten der Beklagten einer Unterschlagung amtlich anvertrauten Geldes (sog. Zugriffsdelikt) gleichstehe und weder ein anerkannter Milderungsgrund noch sonstige mildernde Umstände von erheblichem Gewicht vorlägen.

3

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Beklagte geltend, die Gleichstellung des Fehlverhaltens mit einem Zugriffsdelikt stehe in Widerspruch zu dem Urteil vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - (Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24). Die Bemessungsgrundsätze des Oberverwaltungsgericht ließen sich nicht mit den Vorgaben des Urteils vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1) vereinbaren. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht den bemessungsrelevanten Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Es habe trotz eindeutiger Anhaltspunkte für das Vorliegen einer seelischen Störung der Beklagten versäumt zu prüfen, ob zum Tatzeitpunkt eine erhebliche Verminderung ihrer Schuldfähigkeit anzunehmen sei. Auch den damaligen wirtschaftlichen Verhältnissen der Beklagten sei das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen.

4

Die gerügte Divergenz zu den genannten Urteilen liegt nicht vor, weil das Berufungsurteil nicht auf einen Rechtssatz gestützt ist, der von einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne eines prinzipiellen Auffassungsunterschieds abweicht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26). Dies gilt sowohl für die Einordnung des Dienstvergehens der Beklagten als Zugriffsdelikt als auch für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme.

5

Nach der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts begeht ein Beamter ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind, und damit den wertmäßigen Bestand der Kasse unmittelbar vermindert. Dagegen liegt bei einem buchungsmäßigen Ausgleich von Soll und Haben keine Verminderung des Bestands der dienstlichen Kasse und damit kein Zugriffsdelikt vor. Ein derartiger Ausgleich setzt voraus, dass der Beamte offenlegt, etwa durch die Einlage eines Auszahlungsscheins in die Kasse, dass er Geld entnommen hat (stRspr; vgl. Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 a.a.O. S. 10). Daraus folgt, dass ein Ausgleich des Kassenbestandes nicht schon dann vorliegt, wenn der Beamte die von ihm geführte Kasse aufgrund von Manipulationen scheinbar "buchungstechnisch stimmig" abschließt.

6

Einem Zugriffsdelikt steht gleich, wenn der Beamte einem Kunden überhöhte Gebühren in Rechnung stellt, um sich den Differenzbetrag privat anzueignen. Hierin liegt ein Zugriff auf Geld des Dienstherrn, weil der vom Kunden verlangte überhöhte Betrag mit der Übergabe des Geldes an den Beamten in dessen dienstlichen Gewahrsam gelangt. Der vorangehende Betrug zum Nachteil des Kunden schließt die disziplinarrechtliche Einordnung als Zugriffsdelikt nicht aus (stRspr; vgl. Urteil vom 21. Juli 1998 a.a.O. Rn. 18).

7

Von diesen Rechtsgrundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht nicht abgewichen; vielmehr hat es sie dem Berufungsurteil zugrunde gelegt. Es hat das Fehlverhalten der Beklagten einem Zugriffsdelikt gleichgestellt, weil die Beklagte den Geldbetrag, der der Schalterkasse und damit der Bahn durch den Betrug an einem Kunden zugeflossen war, später der Kasse entzog und für eigene Zwecke verwandte. Dadurch hat sie eine wertmäßige Verminderung des Kassenbestandes herbeigeführt. Indem die Beklagte den Kaufpreis einer nicht gekauften Fahrkarte zum Schein verbuchte und später stornierte, führte sie keinen buchungsmäßigen Ausgleich der Schalterkasse herbei. Vielmehr versuchte sie die spätere Verminderung des Kassenbestandes zu verdecken.

8

Auch eine Divergenz zu dem Urteil des Senats vom 20. Oktober 2005 (a.a.O.) ist nicht gegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat den vom Senat entwickelten Maßstäben für die disziplinarrechtliche Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nicht prinzipiell widersprochen, sondern sie im vorliegenden Fall rechtsfehlerhaft angewandt.

9

Dagegen hat die Aufklärungsrüge der Beklagten Erfolg. Die Sachaufklärung des Oberverwaltungsgerichts trägt den Anforderungen, die sich aus den gesetzlichen Bemessungsvorgaben nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergeben, nicht vollständig Rechnung.

10

Gemäß § 58 Abs. 1 BDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind (Beschlüsse vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2 und vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 S. 3 f.; vgl. auch BTDrucks 14/4659, S. 49). Entsprechend § 86 Abs. 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Dies gilt gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für die Berufungsinstanz. Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nach den Vorgaben des materiellen Rechts. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich ohne ausdrücklichen Beweisantrag auf, wenn das Gericht nach seinem materiellrechtlichen Standpunkt Anlass zur weiteren Aufklärung sehen muss, weil die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen (Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 28.10 - NVwZ-RR 2011, 986 Rn. 25 ).

11

Der Senat hat die Bemessungsregelungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG dahingehend ausgelegt, dass die Schwere des Dienstvergehens, die nach Satz 2 des § 13 Abs. 1 BDG Richtschnur für die Maßnahmebemessung ist, bei sog. Zugriffsdelikten und diesen gleichstehenden Verfehlungen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis regelmäßig rechtfertigt, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Davon muss aber abgesehen werden, wenn ein anerkannter Milderungsgrund oder stattdessen mildernde (entlastende) Umstände gegeben sind, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht eines Milderungsgrundes vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f. bzw. Rn. 27 f. und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f.).

12

Die auch bei Zugriffsdelikten gebotene prognostische Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände folgt aus dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 16).

13

Nach dieser Rechtsprechung kann die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auch dann unangemessen sein, wenn sich der Beamte nicht auf einen anerkannten Milderungsgrund, sondern auf sonstige mildernde Umstände berufen kann. Solche Umstände dürfen nicht allein deshalb außer Betracht bleiben, weil sie zur Erfüllung eines anerkannten Milderungsgrundes nicht ausreichen. So sind beispielsweise ein Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage oder die Offenbarung des Fehlverhaltens nicht schon deshalb unbeachtlich, weil die Voraussetzungen des jeweiligen Milderungsgrundes nicht erfüllt sind ("unverschuldete existenzielle wirtschaftliche Notlage"; "Offenbarung ohne Furcht vor Entdeckung"). Vielmehr muss das Tatsachengericht weiter entscheiden, ob die bemessungsrelevanten mildernden Umstände in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Umstände muss umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 23 und vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4 Rn. 22). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 € ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen.

14

Die rechtsfehlerfreie Anwendung dieser Bemessungsgrundsätze setzt voraus, dass die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte erschöpfend aufgeklärt werden. Das Tatsachengericht muss klären, ob tatsächliche Umstände, die als bemessungsrelevant in Betracht kommen, vorliegen, wenn der Sachverhalt hinreichenden Anlass bietet. Lässt sich nach erschöpfender Sachaufklärung das Vorliegen eines mildernden Umstands nicht ohne vernünftigen Zweifel ausschließen, ist dieser Umstand nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" in die Gesamtwürdigung einzustellen. Er tritt zu einem anerkannten Milderungsgrund hinzu oder verstärkt das Gewicht der Umstände, die das Fehlen eines derartigen Grundes kompensieren können (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 27).

15

Diese Bemessungsgrundsätze hat das Oberverwaltungsgericht auf den vorliegenden Fall angewandt. Seine Würdigung, nach den tatsächlichen Feststellungen läge kein anerkannter Milderungsgrund vor, hat die Beklagte nicht angegriffen. Sie rügt jedoch zu Recht, dass das Oberverwaltungsgericht bemessungsrelevante mildernde Umstände nicht aufgeklärt und von vornherein als unbeachtlich eingestuft hat, obwohl hierzu Anlass bestanden hat:

16

Dies gilt zum einen für den Vortrag der Beklagten, sie sei durch einen finanziellen Engpass zur Tat veranlasst worden. Diesem Umstand ist das Oberverwaltungsgericht nicht weiter nachgegangen, weil es ihm mit der Begründung, es liege jedenfalls keine unverschuldete existenzielle Notlage vor, von vornherein die bemessungsrelevante Bedeutung abgesprochen hat. Es gilt zum anderen für die von der Beklagten geschilderte schwierige private Lebenssituation. Diese hat das Oberverwaltungsgericht nicht für bemessungsrelevant gehalten, weil es keinen inhaltlichen Zusammenhang zu der Tat gesehen hat.

17

Diese Verkürzung der Sachaufklärung lässt sich nicht damit vereinbaren, dass nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG entsprechend dem Zweck der Disziplinarbefugnis die Berücksichtigung der gesamten Persönlichkeit der Beklagten geboten ist. Die nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG erforderliche prognostische Gesamtwürdigung muss auf der Grundlage der gesamten Persönlichkeitsstruktur der Beklagten getroffen werden. Daher muss ein finanzieller Engpass auch dann berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen des Milderungsgrundes der existenziellen wirtschaftlichen Notlage nicht erfüllt sind. Auch entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass mildernd zu berücksichtigen ist, wenn das Dienstvergehen Folge einer negativen Lebensphase ist, die der Beamte inzwischen überwunden hat (Urteile vom 18. April 1979 - BVerwG 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219; vom 10. November 1987 - BVerwG 1 D 24.87 - juris; vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851 und vom 23. November 1999 - BVerwG 1 D 5.99 -; Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - NVwZ 2005, 1199 <1200>, insoweit nicht in Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 abgedruckt).

18

Dagegen teilt der Senat nicht die Auffassung der Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe Anlass gehabt, an der Schuldfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt zu zweifeln. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass nach der maßgebenden Sachlage im Berufungsverfahren konkrete Anhaltspunkte für eine Störung der Beklagten im Sinne von §§ 20, 21 StGB vorgelegen haben (vgl. Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 31 f.). Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten kann keinen Erfolg haben. Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt.

2

Der Beklagte steht im Amt eines Oberverwaltungsrats (Besoldungsgruppe A 13) im Dienst der klagenden Gemeinde. Diese hat nach Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO im März 2006 Disziplinarklage mit den Vorwürfen erhoben, der Beklagte habe 1998 und 1999 zwei Mobilfunkkarten sowie 2003 zwei hochwertige Mobiltelefone, die Mobilfunkunternehmen der Klägerin zur Verfügung gestellt hatten, an sich genommen und bis zur Entdeckung im Jahr 2006 privat genutzt. Den jeweiligen Kaufpreis und die laufenden Telefonkosten habe der Beklagte aus eigenen Mitteln bezahlt, wobei er die der Klägerin gewährten Sonderkonditionen in Anspruch genommen habe.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Vorwürfe für erwiesen erachtet und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Diese Maßnahme sei bereits deshalb geboten, weil der Beklagte die in das Eigentum der Klägerin übergegangenen Mobiltelefone unterschlagen habe (sog. Zugriffsdelikte). Es lägen keine entlastenden Umstände vor, die eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses rechtfertigen könnten. Die Grenze der Geringfügigkeit sei selbst dann deutlich überschritten, wenn als Marktwert nur die Hälfte der unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers für den Verkauf der neuen Geräte angesetzt werde. Auch sei erschwerend zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte durch die unberechtigte Nutzung der Mobilfunkkarten zu Lasten der Klägerin einen Vermögensvorteil von rund 1 500 € verschafft habe. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Beklagte drei Grundsatzrügen erhoben.

4

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des hier nach § 67 Satz 1 LDG NRW anwendbaren § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die vom Beklagten mit der Grundsatzrüge aufgeworfenen Rechtsfragen, auf deren Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, nicht erfüllt:

5

Die erste Frage, ob der Milderungsgrund der Geringwertigkeit bei Zugriffsdelikten auch bei mehrmaligem Fehlverhalten bei einer Wertgrenze von insgesamt 200 € liegen kann, hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist.

6

Danach stellt die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BDG) das maßgebende Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme dar. Der Zugriff eines Beamten auf dienstlich anvertraute oder zugängliche Geldbeträge oder Gegenstände in der Absicht, sich diese anzueignen, stellt einen gravierenden Pflichtenverstoß dar, der aufgrund seiner Schwere die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis indiziert. Die Indizwirkung entfällt, wenn der Wert der unterschlagenen oder veruntreuten Gegenstände die Schwelle der Geringfügigkeit nicht deutlich übersteigt (stRspr; vgl. Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 15). Die Schwelle, die deutlich überschritten werden muss, um die Indizwirkung auszulösen, liegt gegenwärtig bei 50 € (Urteile vom 11. Juni 2002 - BVerwG 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <310 f.> und vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 16; Beschluss vom 22. September 2006 - BVerwG 2 B 52.06 - DÖD 2007, 187).

7

Die Indizwirkung entfällt auch, wenn ein anderer anerkannter Milderungsgrund, z.B. freiwillige Offenbarung des Pflichtenverstoßes, eingreift, wobei zugunsten des Beamten der Grundsatz „in dubio pro reo" Anwendung findet. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. entlastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo" zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten" und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstandes die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung zu entkräften. Jedenfalls bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden kommt in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis absehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichen Gewicht hinzukommen (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 15 und Beschluss vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 B 143.11 - juris Rn. 13). Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstandes insgesamt 200 € nicht erreicht. (Beschluss vom 23. Februar 2012 a.a.O.).

8

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Rechtsgrundsätze zum Bedeutungsgehalt des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW dem Berufungsurteil zugrunde gelegt und auf den festgestellten Sachverhalt angewandt. Ausgehend von seiner Würdigung, dass die Geringfügigkeitsgrenze deutlich überschritten ist und kein anderer anerkannter Milderungsgrund eingreift, hat es die belastenden Umstände in Bezug zu den entlastenden Umständen gesetzt. Die Würdigung, die entlastenden Umstände reichten in ihrer Gesamtheit nicht aus, um die Indizwirkung zu entkräften und von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, hält sich innerhalb des Rahmens, den die Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW den Tatsachengerichten für das Ergebnis der Gesamtabwägung belassen. Das Oberverwaltungsgericht hat insbesondere die jahrelange unberechtigte Benutzung zweier Mobilfunkkarten, die ihrerseits eine Dienstpflichtverletzung von erheblichem Gewicht darstellt, zu Recht als belastende Umstände von einigem Gewicht berücksichtigt.

9

Die zweite Frage, ob sich die Schwelle der Geringwertigkeit auch bei solchen Gegenständen nach dem objektiven Marktwert bemisst, die erheblichen Preis-und Wertschwankungen unterliegen oder wie Mobiltelefone als preisgünstige Zugabe beim Abschluss von Mobilfunkverträgen veräußert werden, hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil kein Revisionsverfahren durchgeführt werden muss, um sie zu beantworten.

10

Der Wert von Gegenständen, die gehandelt werden, kann regelmäßig nur nach deren Marktwert bemessen werden. Die daran anknüpfende Frage, auf welche Weise dieser Wert ermittelt wird, kann in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil es sich nicht um eine Frage der Auslegung revisiblen Rechts handelt. Die Bestimmung des Marktwerts eines Gegenstandes gehört zur Ermittlung und Feststellung des Sachverhalts, die der rechtlichen Würdigung vorgelagert ist. Daher können die Verfahrensbeteiligten die Methoden der Wertbestimmung in der Revisionsinstanz nur mit Verfahrensrügen in Frage stellen. In Betracht kommt insbesondere die Rüge, das Verwaltungsgericht habe die Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung nach § 57 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW, § 86 Abs. 1 VwGO verletzt.

11

Eine derartige Aufklärungsrüge kann der Beschwerdebegründung nicht entnommen werden. Mit den Einwendungen des Beklagten gegen die Wertbestimmung von Mobiltelefonen aufgrund der Preisempfehlungen der Hersteller hat sich das Oberverwaltungsgericht auseinandergesetzt. Es hat dargelegt, dass die Mobiltelefone, die der Beklagte an sich genommen hat, zur maßgebenden Zeit der Tatbegehung neu auf dem Markt und daher preisstabil waren. Dem Vortrag, Mobiltelefone würden überwiegend aus Anlass des Abschlusses eines Mobilfunkvertrags mit erheblichen Preisnachlässen abgegeben, hat das Oberverwaltungsgericht Rechnung getragen, indem es als Marktwert nur jeweils die Hälfte der Preisempfehlungen der Hersteller zugrunde gelegt hat.

12

Die dritte Frage nach der Bedeutung einer unangemessen langen Dauer des Disziplinarverfahrens für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere durch das Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - (BVerwGE 146, 98), geklärt ist.

13

Für die innerstaatlichen Rechtsfolgen einer unangemessen langen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK ist zu beachten, dass diese Bestimmung Verfahrensrechte einräumt. Diese dienen der Durchsetzung und Sicherung des materiellen Rechts; sie sind nicht darauf gerichtet, das materielle Recht zu ändern. Daher kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtsstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Vielmehr kann sie für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der entscheidungserheblichen materiellrechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist das Gebot der konventionskonformen Auslegung im Rahmen des methodisch Vertretbaren zu berücksichtigen (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 50).

14

Dementsprechend hat der Gesetzgeber davon abgesehen, einen inhaltlichen Bezug zwischen der überlangen Dauer eines Verfahrens und den geltend gemachten materiellrechtlichen Positionen herzustellen. Er hat die Verfahrensbeteiligten auf Entschädigungsansprüche nach Maßgabe der §§ 198 ff. GVG (in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 ) verwiesen. Diese Vorschriften finden nach § 173 Satz 2 VwGO, § 3 LDG NRW auch für Disziplinarverfahren Anwendung (Urteil vom 28. Februar 2012 a.a.O. Rn. 51).

15

Ergibt die für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderliche Gesamtwürdigung, hier nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, kann davon nicht abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer lässt sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums, vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen aus, dass ein Beamter weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn auftreten kann, obwohl er durch gravierendes Fehlverhalten untragbar geworden ist. Die Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das von dem Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 53).

16

Nach der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht die unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens der Aberkennung des Ruhegehalts nicht entgegen, wenn der Beamte während seiner Dienstzeit die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verwirkt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Januar 2013 - 2 BvR 1912/12 - NVwZ 2013, 788).

17

Ergibt die Gesamtwürdigung dagegen, dass eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme ausreichend ist, steht fest, dass der Beamte im öffentlichen Dienst verbleiben kann. Hier kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden, wenn das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis wegen der mit dem Verfahren verbundenen Belastungen gemindert ist (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 54).

18

Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil die Höhe der Gerichtsgebühren betragsgenau festgelegt ist (§ 75 Satz 1 LDG NRW, Nr. 62 des Gebührenverzeichnisses der Anlage zu diesem Gesetz).

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der 19... geborene Beklagte hat nach 9-jährigem Besuch der Grund- und Hauptschule und einem Berufsgrundschuljahr am 1. September 1987 seine Ausbildung zur Dienstleistungsfachkraft beim Postamt R. begonnen. Nach bestandener postbetrieblicher Prüfung wurde er in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen und mit Wirkung vom 26. Juli 1989 zum Postoberschaffner z. A. ernannt. Nach Beförderung am 1. Mai 1991 zum Posthauptschaffner wurde er mit Wirkung vom 13. November 1997 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt.

Zuletzt war er bei der Niederlassung Brief S. als Paketzusteller beschäftigt.

Der Beamte ist geschieden und hat keine Kinder. Zuletzt verfügte er über Nettodienstbezüge in Höhe von ca. 1.700 Euro (Besoldungsgruppe A4). Der Beamte ist, abgesehen von der strafrechtlichen Verurteilung, die Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist, disziplinarrechtlich und strafrechtlich nicht vorbelastet. Allerdings wurden gegen ihn am 28. Dezember 2006, 25. Mai 2007 und am 6. Mai 2008 Missbilligungen ausgesprochen.

II.

Mit Urteil des Amtsgerichts S. vom 2. März 2009, rechtskräftig seit dem 10. März 2009 wurde gegen den Beamten wegen Diebstahls in sechs tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit versuchten Diebstahl gemäß §§ 242, 22, 23, 53 StGB eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 200 Tagessätzen zu je 50 Euro verhängt (Az. 6 Ds 142 Js 95041/08). Folgender Sachverhalt ist Gegenstand des Strafurteils und wird dem Beamten im Disziplinarverfahren vorgehalten:

„1. am 5. Dezember 2007 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. eine Motorsäge Husqvarna, Typ 372 XP im Wert von 500 Euro entwendet zu haben, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten (Schaden für die Deutsche Post AG in Höhe von 500 Euro),

2. am 9. Januar 2008 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. ein Micro HiFi System der Marke Sony CMT-EH 10 im Wert von 79,95 Euro entwendet zu haben, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten (Schaden für die Deutsche Post AG in Höhe von 79,95 Euro),

3. zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem 19. Januar 2008 und dem 26. Januar 2008 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. einen Fotoapparat der Marke AGFA DC-302 im Wert von 118 Euro entwendet zu haben, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten (Schaden für die Deutsche Post AG in Höhe von 118 Euro),

4. am 8. März 2008 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. ein Philips Home Cinema Center HTS 6600 im Wert von 550 Euro entwendet zu haben, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten (Schaden für die Deutsche Post AG in Höhe von 550 Euro),

5. am 24. Juni 2008 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. ein Navigationssystem der Marke Magnum/Strato im Wert von 287 Euro entwendet zu haben, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten (Schaden für die Deutsche Post AG in Höhe von 287 Euro),

6. am 18. August 2008 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. ein Navigationssystem der Marke Medion MD 96390 im Wert von 299 Euro entwendet zu haben, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten (Schaden für die Deutsche Post AG in Höhe von 299 Euro),

7. am 11. September 2008 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. versucht zu haben, ein LCD Fernsehgerät der Marke Orion im Wert von 438 Euro, eine Kaffeemaschine der Marke Saeco, Typ Odea im Wert von 500 Euro und einen HDTV-Receiver der Marke Humax im Wert von 250 Euro zu entwenden, um diese Waren ohne Bezahlung für sich zu behalten (der Beamte wurde dabei auf frischer Tat ertappt).“

III.

Mit Verfügung vom 10. Oktober 2008 wurde gegen den Beamten ein Disziplinarverfahren gemäß § 17 BDG eingeleitet. Bereits am 26. September 2008 wurde gegenüber dem Beamten unter Anordnung der sofortigen Vollziehung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen. Mit Bescheid des Leiters der Niederlassung Brief S. vom 8. Juli 2009 wurde der Beamte gemäß § 38 Abs. 1 BDG vorläufig des Dienstes enthoben und im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten von seinen Dienstbezügen im Dezember eines jeden Jahres 1 v. H. der Dienstbezüge einbehalten.

Im Rahmen des Disziplinarverfahrens hat der Beamte sämtliche ihm vorgeworfenen Straftaten eingeräumt. Er habe die entwendeten Sachen gut gebrauchen können. Er habe kein Unrechtsbewusstsein mehr empfunden. Dies beruhe seiner Erinnerung und Einschätzung nach auf folgendem Hintergrund: Er sei damals u. a. wegen der Trennung von seiner Ehefrau und dem vorangegangenen gemeinsamen Hausbau in einer wirtschaftlich schwierigen Situation gewesen. Er sei mit seinen Nettobezügen kaum über die Runden gekommen und habe deswegen eine Nebentätigkeit aufnehmen wollen, was jedoch mit Hinweis auf seinen nicht stabilen Gesundheitszustand versagt worden sei. Er habe die Ablehnung als ungerecht empfunden, zumal er die Einkünfte aus der Nebentätigkeit dringend benötigt hätte. In diese Zeit sei auch die Streichung der Postzulage gefallen und es sei durch die Medien der Fall „Zumwinkel“ bekannt geworden. Insgesamt habe er damals eine ziemlich negative Einstellung zu seinem Arbeitgeber gehabt. Er habe auch Ärger im Dienst gehabt und Missbilligungen wegen Unpünktlichkeit erhalten, wobei er teilweise die Vorwürfe als ungerechtfertigt empfunden habe. Er habe bereits im Herbst 2006 gespürt, dass er ohne psychologische Hilfe seine Situation wohl nicht bewältigen könne. Seit September 2006 sei er deshalb bis Herbst 2008 bei insgesamt 23 Terminen in der Beratung und Therapie der Katholischen Ehe-, Familien- und Lebensberatung gewesen. Über die Diebstähle und darüber, dass es sich hier um Unrecht handle, habe er bis zum Zeitpunkt, als er erwischt worden sei, nicht nachgedacht. Nach Aufdeckung der Tat im September 2008 habe er sich in fortlaufende fachpsychiatrische Behandlung wegen rezidivierender depressiver Störung begeben.

Der örtliche Betriebsrat wurde auf Antrag des Beamten beteiligt. Er hat gegen die beabsichtigte Erhebung der Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Einwendungen dahingehend erhoben, sich für eine mildere Disziplinarmaßnahme auszusprechen.

IV.

Am 6. August 2010 erhob die Klägerin wegen des oben dargelegten Sachverhalts Disziplinarklage mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Das Verwaltungsgericht erkannte mit Urteil vom 14. Januar 2011 wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Der vor dem Strafgericht bindend festgestellte Sachverhalt - Diebstahl in sechs Fällen sowie versuchter Diebstahl zwischen dem 5. Dezember 2007 und dem 11. September 2008 - stelle ein außerordentlich schwerwiegendes, innerdienstliches Dienstvergehen dar, das den Kernbereich der beamtenrechtlichen Pflichten des Beamten betreffe. Ein Beamter, der während der Ausübung eines Dienstes Diebstähle begehe, zerstöre regelmäßig das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn und verliere überdies sein Ansehen. Milderungsgründe lägen nicht vor. Der Einwand, dass sich der Beklagte während der Tatbegehung in einer schwierigen psychologischen Situation befunden habe, nunmehr aber eine Prognose für ein künftig pflichtgemäßes Verhalten gestellt werden könne, könne nicht durchgreifen. Der unheilbare Vertrauensverlust finde seine Grundlage in erster Linie darin, dass der Beamte über mehrere Monate hinweg und mehrfach seine elementarsten Pflichten eigennützig verletzt habe, sein Fehlverhalten nicht von sich aus beendet habe, sondern seine Diebstähle fortgeführt hätte, wenn er nicht im September 2008 ertappt worden wäre. Der Beamte habe sein Tun damit erklärt, dass er in der damaligen Lebensphase zu einer vernünftigen Krisenbewältigung nicht fähig gewesen sei und sich deshalb zu den Straftaten habe hinreißen lassen. Die Umstände, aus denen sich diese Krise ergeben habe, dürften sich jedoch nach Überzeugung des Gerichts im weiteren Verlauf seines Lebens wiederholen. Dass der Beamte sich dann wieder zu einem Dienstvergehen hinreißen lasse, könne nicht ausgeschlossen werden und erscheine im Hinblick darauf, dass die vom Beamten geschilderten Probleme eher durchschnittlicher Natur seien, sogar wahrscheinlich.

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14. Januar 2011 aufzuheben, soweit das Verwaltungsgericht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt habe.

Das Gericht habe eine Abwägung der besonderen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen mit der Folge, dass eine Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit des Beamten, die die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme unausweichlich mache, nur dann angenommen werden könne, wenn entweder das Eigengewicht der Tat besonders hoch sei und wenn weitere Verfehlungen mit erheblichem disziplinarischen Eigengewicht hinzuträten oder es sich um einen Wiederholungsfall handele und durchgreifende Milderungsgründe im Einzelfall fehlten. Es sei eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen, die erforderlich sei, der Ansehensbeeinträchtigung entgegenzuwirken. Bei der Bemessung seien insbesondere auch die Umstände zur Tatbegehung sowie das Persönlichkeitsbild des Beamten zu berücksichtigen. In die Abwägung sei einzustellen, dass der Beamte sich sowohl im strafrechtlichen Verfahren als auch im Disziplinarverfahren vollumfänglich geständig gezeigt habe. Eine tatsächliche Zuordnung und ein Nachweis der begangenen Straftaten sei dadurch erst möglich geworden. Es zeige, dass der Beamte vollumfänglich schuldeinsichtig sei und sein Verhalten aufs Äußerste bedauere. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der Beamte sein Fehlverhalten nicht von sich aus beendet habe, sondern seine Diebstähle fortgesetzt hätte, wenn er nicht ertappt worden wäre, stelle eine bloße Vermutung dar. Die Tatsache, dass der Beamte weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich bislang vorbelastet gewesen sei, habe das Gericht nicht ausreichend in der Gesamtschau zugunsten des Beamten gewertet. Darüber hinaus habe das Gericht die familiäre Belastungssituation, der der Beamte im Tatzeitraum ausgesetzt gewesen sei, nicht ausreichend gewürdigt. Die damals schwierige psychologische Situation, die hauptsächlich auf die Trennung und nachfolgende Scheidung von der Ehefrau zurückzuführen gewesen sei, habe eine solche Ausprägung erlangt, dass der Beamte seine täglichen Pflichten nicht mehr habe erfüllen können. Von einem Vertrauensverlust könne nur dann ausgegangen werden, wenn gerade aufgrund der Gesamtwürdigung der Schluss gezogen werden müsse, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und bezieht sich auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Mit Beschluss vom 31. Januar 2013 hat das Gericht Beweis erhoben über die Fragen, ob beim Beklagten im Tatzeitraum Dezember 2007 bis September 2008 mindestens eines der in § 20 StGB genannten Krankheitsbilder vorlag und deswegen seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ausgeschlossen oder erheblich vermindert war (§§ 20, 21 StGB).

Falls Ja: Ob dieses erfolgreich behandelt wurde und ähnliche Pflichtverstöße nicht mehr eintreten werden.

Falls Nein: Kam der Zustand des Beklagten der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nahe und hat er diese schwierige Lebensphase nunmehr vollständig überwunden, so dass ähnliche Pflichtverstöße nicht mehr eintreten werden.

Unter dem 24. März 2014 hat der Sachverständige sein psychiatrisches Gutachten vorgelegt. Hinsichtlich des Ergebnisses des Gutachtens wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 5. Mai 2014 nahm der Beklagte zu dem Gutachten Stellung. Er habe während der Begutachtung aus seiner Sicht nicht die Möglichkeit gehabt, seine Beweggründe und seine psychische und seelische Konstitution während der Zeit der Diebstähle ausführlich und vollständig darzulegen und sich zu erklären. Unzutreffend sei, dass es sich bei dem Vorgehen um komplexe Handlungsabläufe gehandelt habe, die eine gewisse Planung des Handelns als Voraussetzung hätten. Die Taten seien vielmehr aus einem plötzlichen Impuls heraus erfolgt. Der Entschluss zum Diebstahl sei spontan dergestalt erfolgt, dass er sich bei der Paketverteilung auf die Fahrzeuge nach dem Ergreifen eines Pakets von einem Moment auf den anderen entschlossen habe, das Paket für sich zu behalten. Nicht zutreffend sei auch die Feststellung im Gutachten, der Beamte sei zu den Tatzeitpunkten weder motorisch noch psychisch erregt gewesen. Der Kläger sei sehr wohl angespannt und erregt bei der Tat gewesen, weil dieser spontane Drang zum Stehlen immer nur dann entstanden sei, wenn sich der Beamte von seinem Vorgesetzten ungerecht behandelt gefühlt habe. Der Beamte habe sich auch nicht trotz Kenntnis von alternativen Handlungsmöglichkeiten bewusst für das Stehlen entschieden. Der Beamte habe das Gespräch mit seinem Vorgesetzten und dem Betriebsrat gesucht, sich dort jedoch nicht ernst genommen und missverstanden gefühlt.

Der Senat hat am 23. Juli 2014 mündlich zur Sache verhandelt und den Sachverständigen angehört. Auf die Niederschrift hierzu wird verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Dem Gericht haben die Ermittlungsakten, die Verfahrensakten und die Personalakten des Beamten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat gegen den Beklagten frei von Rechts- und Ermessensfehlern die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verhängt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Berufungsgerichts erwiesen. Dass der Beklagte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat, steht aufgrund des rechtskräftigen Strafurteils vom 2. März 2009, das gemäß § 23 Abs. 1 i. V. m. § 57 Abs. 1 und § 65 Abs. 1 BDG auch für das Berufungsgericht Bindungswirkung entfaltet, fest. Anhaltspunkte dafür, dass das Urteil vom 2. März 2009 offensichtliche Unrichtigkeiten im Sinne von § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG enthält, sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat auch die Taten im Strafprozess sowie im behördlichen und gerichtlichen Disziplinarverfahren eingeräumt. Somit steht bindend fest, dass der Beklagte einen Diebstahl in sechs tatmehrheitlichen Fällen in Tateinheit mit einem versuchten Diebstahl an zuzustellenden Paketen der Klägerin im Zeitraum vom 5. Dezember 2007 bis 11. September 2008 begangen hat.

III.

Das Dienstvergehen, das sich der Beklagte hat zuschulden kommen lassen, ist als schweres innerdienstliches Dienstvergehen einzustufen, weil der Beamte schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a. F.). Dadurch hat er gegen seine beamtenrechtliche Pflicht, die Gesetze zu beachten und sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten, verstoßen (§ 54 Satz 3 BBG a. F.).

Die sechs Diebstähle sowie der versuchte Diebstahl im Zeitraum vom 5. Dezember 2007 und dem 11. September 2008 stellen ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a. F. dar.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und erforderlich.

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 -; BayVGH, U. v. 12.3.2014 - 16a D 11.2657 - jeweils juris).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).

Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 20).

1. Durch die Diebstähle hat der Beklagte ein Zugriffsdelikt verwirklicht, das regelmäßig die disziplinare Höchstmaßnahme als Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung zur Folge hat.

Ein Zugriffsdelikt wird dadurch charakterisiert, dass ein Beamter auf dienstlich seinem Gewahrsam unterliegendes Geld oder unterliegenden Waren (hier Pakete) zugreift. Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt dabei nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt auch nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Güter des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind (vgl. BVerwG, U. v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris Rn. 16; B. v. 20.12.2011 -2 B 64.11 - juris Rn. 11).

Ein Beamter, der sich bei Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeiten im Paketdienst an zuzustellenden Paketen vergreift, die seinem Gewahrsam unterliegen, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten und zerstört in der Regel das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 12), denn die öffentliche Verwaltung ist auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten beim Umgang mit solchen Gütern in hohem Maße angewiesen. Eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Mitarbeiters ist unmöglich und muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss deshalb grundsätzlich mit der Auflösung des Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, B. v. 20.12.2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 11).

Durch den Diebstahl der zuzustellenden Pakete hat der Beklagte nicht lediglich beamtenrechtliche Nebenpflichten verletzt, sondern vielmehr im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt. Zu den Kernpflichten des Beklagten gehört, dass er die ihm anvertrauten Pakete an die Kunden der Klägerin ausliefert und nicht auf diese im Wege eines Diebstahls zugreift.

Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung eines Zugriffdelikts entfällt, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, dieser habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 - juris Rn. 25).

Von der Höchstmaßnahme muss zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn einer in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum Einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum Anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 13).

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von Begleitdelikten und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwerwiegenden - etwa die Geringfügigkeitsgrenze nur unwesentlich überschreitenden - Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen. Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht von der Entfernung aus den Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 15).

2. Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

Ein Zugriff auf geringwertige Güter liegt bei einem Schaden für die vollendeten Diebstähle von 1.833,95 Euro sowie bei einem Warenwert von 1.188 Euro bei dem Versuch bei weitem nicht vor, da die Grenze der Geringwertigkeit bei 50 Euro anzusetzen ist (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 16, BayVGH U. v. 22.9.2010 - 16b D 08.314 - juris Rn. 68), wobei für ein Zugriffsdelikt bei einem lediglich einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 Euro ebenfalls von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden kann (BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11 - juris Rn. 13; BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 43).

Der Beklagte befand sich bei der Ausübung der Taten auch nicht in einer existenziellen wirtschaftlichen Notlage (vgl. BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 50). Der Beklagte befand sich zwar wegen der Trennung von seiner Ehefrau und dem vorangegangenen gemeinsamen Hausbau in einer schwierigen finanziellen Situation und ist mit seinen Nettobezügen kaum über die Runden gekommen. Eine existenzielle Notlage kommt jedoch nur in Betracht, indem der Beamte keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf ihn dienstlich anvertraute Gelder (Güter) gesehen hat, um den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu sichern. Hierfür sind jedoch keine Anhaltspunkte gegeben. Eine - wie geschildert - schwierige Situation reicht hierfür nicht aus.

Beim Kläger lag auch keine psychische Ausnahmesituation, die zu einer verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB geführt hat, vor. Für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung ggf. erreicht. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung erheblich war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat unter Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab. Aufgrund dessen wird sie bei Zugriffsdelikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.7 - juris Rn. 30).

Der vom Senat beauftragte Sachverständige Prof. Dr. W. kommt in seinem Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis, dass aus fachärztlicher psychiatrischer Sicht kein Zusammenhang zwischen der psychischen Erkrankung und den begangenen Straftaten festgestellt werden konnte. Somit liegen keine Anhaltspunkte für eine Aufhebung oder Verminderung der Steuerungsfähigkeit oder der Einsichtsfähigkeit vor. Der Sachverständige kam zwar zu dem Ergebnis, dass im maßgeblichen Zeitraum von Dezember 2007 bis September 2008 eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome im Zuge einer rezidivierenden depressiven Störung (ICD-10 F 33.2) vorlag. Das auslösende Ereignis für die depressive Erkrankung kann in der Trennung und Scheidung seiner langjährigen Lebenspartnerin nach Eingehen der Ehe gesehen werden. Damit lag beim Beklagten im Tatzeitraum vom Dezember 2007 bis September 2008 eine der in § 20 StGB genannten Zustandsbilder, nämlich eine krankhafte seelische Störung vor. Als Grund seines Handelns gab der Beklagte in der Exploration mehrfach an, er habe sich an seinem Arbeitgeber rächen wollen, da er mit den Verhältnissen an seiner Dienststelle sehr unzufrieden gewesen sei. Er habe nach der Entwendung der Gegenstände eine gewisse Befriedigung gegenüber seinem Arbeitgeber empfunden und seinen Ärger kurzfristig etwas vergessen können. Als weiteres Motiv, wenn auch nicht von vergleichbarer Bedeutung, berichtete der Beklagte, er habe den einen oder anderen Gegenstand durchaus gebrauchen können. Insgesamt hat der Sachverständige aus psychiatrischer Sicht aus dem vom Beklagten beschriebenen Verhalten keinen kausalen Zusammenhang zwischen der schweren depressiven Episode und der begangenen Straftat sehen können. Der Sachverständige hat seine Meinung darauf gestützt, dass es sich bei dem Vorgehen um komplexe Handlungsabläufe handle, die eine gewisse Planung des Handelns als Voraussetzung hätten. Darüber hinaus hat der Beklagte den einen oder anderen Gegenstand durchaus gebrauchen können. Zudem war eine Modifikation und gezielte Steuerung des Handelns, z. B. bei Auswahl der Pakete, welche allesamt Gegenstände enthielten, die für den Beklagten von Vorteil waren, notwendig. Auch die Verteilung der Straftaten über einen längeren Zeitraum sprechen gegen eine Verminderung oder Aufhebung der Steuerungsfähigkeit. Aufgrund der Verhaltensweisen und der Motive, die der Beklagte angab, war die Fähigkeit des Beklagten das Unrecht der Tat einzusehen, für den Tatzeitraum offensichtlich gegeben. Der Sachverständige hat auch erwogen, ob im Hinblick auf impulshaftes Handeln differenzialdiagnostisch eine sog. Impulskontrollstörung (pathologisches Stehlen) vorlag. Für eine solche Erkrankung gab es aber aus der Anamnese des Patienten keinen Anhaltspunkt. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht im vorliegenden Fall entscheidend ist, ob die depressive Erkrankung so schwer ausgeprägt war, dass der Beklagte sich nicht mehr gegen das von ihm klar geäußerte Motiv der Rache an seinen dienstlichen Verhältnissen hätte entscheiden können. Diesen Schweregrad hat er aber als nicht gegeben angesehen. Er hat es auch nicht als entscheidend angesehen, ob der Beklagte bei der Tatausführung motorisch erregt war. Hinsichtlich der Möglichkeiten alternativer Handlungsweisen hat der Sachverständige ausgeführt, für die Beurteilung sei es nur darum gegangen, dass der Beklagte alternative Verhaltensweisen erkannt hat. Wie die Gespräche dann beim Vorgesetzten und beim Betriebsrat abgelaufen sind, waren jedoch für seine Bewertung nicht entscheidend. Der Sachverständige hat auch überzeugend dargelegt, dass der Beklagte seine Motivlage für sein Handeln umfangreich darlegen konnte. Es kann zwar sein, dass sich der Beklagte in seinem Redefluss unterbrochen gefühlt hat, weil bestimmte Punkte abgefragt wurden. Der Sachverständige konnte jedoch dem Gericht überzeugend vermitteln, dass der Beklagte seine subjektive Motivation der Tat durchaus darstellen konnte und er dessen subjektive Motivation der Tat verstanden hat. Die Feststellung des Sachverständigen, der Beklagte sei bei den Straftaten planmäßig vorgegangen, indem er z. B. den Barcode der Pakete bewusst nicht einscannte, ist schlüssig. Der Beklagte musste sich bei den Diebstählen überlegen, wie er vorgeht. Er hat sich auch für Pakete entschieden, die Waren enthielten, die er gebrauchen konnte. Neben dem unterlassenen Einscannen waren auch noch weitere Schritte erforderlich, um die Pakete dann auch unbemerkt aus dem Paketwagen zu schaffen und nach Hause zu bringen. Da kein kausaler Zusammenhang zwischen der psychischen Erkrankung und den Straftaten besteht, konnte der Sachverständige auch nicht davon ausgehen, dass eine Remission der depressiven Symptomatik mit dem Ausbleiben weiterer Pflichtverletzungen einhergehen muss. Ebenso hat der Sachverständige verneint, dass der psychische Zustand des Beklagten aus fachärztlicher Sicht den Zustand der verminderten Schuldfähigkeit nahe kam. Die Diebstähle waren konkret geplant, komplex im Ablauf und fanden über einen längeren Zeitraum statt. Ausgehend von den Verhaltensweisen, sowie auch den Motiven des Beklagten, war er fähig das Unrecht der Taten einzusehen und sich den Konsequenzen des Handelns auch bewusst zu sein.

Das vom Sachverständigen schriftlich erstellte und in der mündlichen Verhandlung erläuterte Gutachten ist nachvollziehbar und überzeugend. Der Senat konnte darauf seine Überzeugung stützen, einer weiteren Beweisaufnahme durch ein weiteres Sachverständigengutachten bedurfte es nicht.

Auch der bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, kann nicht herangezogen werden. Die mildere Bewertung knüpft hier daran, dass der Beamte der Situation nicht gewachsen war und ihr im Sinne einer Kurzschlusshandlung spontan erlegen ist (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 58). In einer solchen Lage befand sich der Beklagte nicht. Dies ergibt sich bereits aus den komplexen Tathandlungen und dem Tatzeitraum von Dezember 2007 bis September 2008.

3. Es liegen auch keine entlastenden Umstände vor, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht anerkannter Milderungsgründe vergleichbar sind. Der Beklagte hatte Probleme mit seinem Vorgesetzten und gegen ihn wurden auch am 28. Dezember 2006, am 25. Mai 2007 und am 6. Mai 2008 Missbilligungen ausgesprochen, wobei seine Einwände hiergegen nach seiner Ansicht nicht richtet bewertet wurden. Er hat sich ungerecht behandelt gefühlt. Der Beklagte hatte das Gefühl, „dass man ihn besonders auf dem Kieker hatte“ und bezog sich auf mehrere Ereignisse wie die Überfüllung des Aschenbechers und Vorwürfen im Zusammenhang eines defekten Scanners oder auch notwendigen Reparaturen am Kfz sowie einem Bagatellschaden an einem Kfz. In diesen Zeitraum fiel auch eine Ablehnung einer Nebentätigkeit, wobei der Kläger auf die Einnahmen aus der Nebentätigkeit angewiesen war. Darüber hinaus wurde in diesem Zeitraum auch der Fall „Zumwinkel“ bekannt.

Die daraus entstandenen Rachegefühle waren für den Beklagten auch Motivation für sein Handeln, denn er hat nach Entwendung der Gegenstände eine gewisse Befriedigung empfunden und seinen Ärger kurzfristig etwas vergessen können. Solche Beeinträchtigungen der Persönlichkeit können zu den subjektiven Beweggründen zählen, die im Rahmen des § 13 BDG zu berücksichtigen sind (BVerwG B. v. 24.7.2009 - 2 B 15.09 - juris Rn. 9).

Darüber hinaus befand sich der Kläger durch die überraschende Trennung seiner Ehefrau von ihm in einer schwierigen Situation, die auch zu seiner psychischen Erkrankung geführt hat, wegen der er auch in psychiatrischer Behandlung war. Auch ist seine knappe finanzielle Situation durch seinen Hausbau zu berücksichtigen. Ebenso war der Kläger weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet und erbrachte langjährige, allerdings lediglich durchschnittliche Dienstleistungen. Er war auch im Straf- und Disziplinarverfahren geständig und hat sein Verhalten bedauert.

Diese bemessungsrelevanten Umstände können in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines anerkannten Milderungsgrundes nicht kompensieren. Das Gewicht derartiger Umstände muss umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von Begleitdelikten und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Hier fällt die Anzahl und die Häufigkeit der Zugriffsdelikte, der über 9 Monate andauernde Zeitraum sowie die Höhe des Schadens besonders erschwerend in das Gewicht. Es handelte sich nicht um ein einmaliges Fehlverhalten, sondern der Kläger hat im Lauf des neunmonatigen Zeitraums jeweils wieder einen neuen Entschluss gefasst, die Pakete zu stehlen. Angesichts der Schwere des Zugriffsdelikts können demgegenüber die Rachegefühle sowie die schwere depressive Episode, zumal aus psychiatrischer Sicht kein kausaler Zusammenhang zwischen der schweren depressiven Episode und der begangenen Straftat gesehen werden kann (vergl. Gutachten Dr. W. S. 35), und die weiteren angeführten Milderungsgründe den vielfachen Vertrauensbruch nicht in einem milderen Licht erscheinen lassen. Der Beamte hat das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hatte und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, gravierend missbraucht und dadurch das Vertrauen in eine ehrliche und zuverlässige Diensterfüllung so enttäuscht, dass das Vertrauen endgültig verloren ist.

Anlass für eine insgesamt günstige Prognose ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer überwundenen negativen Lebensphase gegeben. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation - über das hinausgehend, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann - begründen (BVerwG U. v. 23.8.1988 - 1 D 136/87 - juris; BayVGH U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris). Die vom Beklagten dargelegten und oben bereits ausgeführten Lebensumstände sind nicht von so einem solchen Gewicht, dass sie die über einen längeren Zeitraum begangenen Zugriffsdelikte in einem deutlich milderen Licht erscheinen lassen, denn solche familiären und finanziellen Schwierigkeiten können grundsätzlich jeden treffen und sind nicht per se geeignet, eine so gravierende Ausnahmesituation zu begründen, die Anlass von einem Absehen von der Höchstmaßnahme gibt.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

4. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seinen Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2.03 - juris Rn. 49).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 69 BDG, § 132 VwGO, § 191 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG).

(1) Beamtinnen und Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzt haben, haben dem Dienstherrn, dessen Aufgaben sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Haben zwei oder mehr Beamtinnen und Beamte gemeinsam den Schaden verursacht, haften sie gesamtschuldnerisch.

(2) Hat der Dienstherr Dritten Schadensersatz geleistet, gilt als Zeitpunkt, zu dem der Dienstherr Kenntnis im Sinne der Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches erlangt, der Zeitpunkt, zu dem der Ersatzanspruch gegenüber Dritten vom Dienstherrn anerkannt oder dem Dienstherrn gegenüber rechtskräftig festgestellt wird.

(3) Leistet die Beamtin oder der Beamte dem Dienstherrn Ersatz und hat dieser einen Ersatzanspruch gegen Dritte, geht der Ersatzanspruch auf sie oder ihn über.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Der am ... 1957 in A. geborene Beklagte trat nach Abschluss seiner Schullaufbahn mit der Mittleren Reife im Jahr 1974 zum 25. Februar 1975 als Polizeianwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Dienst des Klägers ein. Am 1. Juli 1975 wurde er zum Polizeiwachtmeister und zum 1. Februar 1976 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Bei der Anstellungsprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst im Jahr 1977 erzielte er die Gesamtnote „befriedigend“ (2,75). Am 1. September 1978 wurde er zum Polizeihauptmeister, am 1. September 1980 zum Polizeimeister und am 1. September 1983 zum Polizeiobermeister ernannt. Ab dem 1. Februar 1984 war der Beklagte bei der Grenzpolizeistation Sch. eingesetzt.

Zum 27. April 1984 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und am 1. September 1996 zum Polizeihauptmeister ernannt. Der Beklagte feierte am 25. Februar 2000 sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Mit Schreiben des Polizeipräsidiums Ni./Ob. vom 8. April 2003 wurde er zum polizeilichen Suchtberater für den Dienstbereich der Grenzpolizeiinspektion S. bestellt und mit Wirkung zum 1. Januar 2008 zur Polizeiinspektion M., Polizeipräsidium Oberfranken, versetzt.

Der Beklagte ist verheiratet und hat zwei 1986 und 1992 geborene Kinder. Er bezieht Einkünfte aus der Besoldungsgruppe A 9.

Der Beklagte erhielt folgende dienstliche Beurteilungen:

1990: übertrifft die Anforderungen

1993: übertrifft die Anforderungen

1996: übertrifft die Anforderungen

1999: 9 Punkte

2002: 9 Punkte

2005: 9 Punkte

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

1. Er wurde mit Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 (Az. 10 Ds 24 Js 13886/05) wegen Untreue gem. § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist seit dem 21. September 2006 rechtskräftig. Den Urteilsgründen liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

„Zum Aufgabenbereich des Angeklagten, der seit dem 01.02.1984 bei der Grenzpolizeistation Sch. (GPS) als Polizeihauptmeister tätig ist, gehört auch die Erteilung gebührenpflichtiger Verwarnungen und der Einzug der in bar entrichteten Verwarnungsgelder. Zu diesem Zweck wurden dem Angeklagten Verwarnungsblöcke bestehend aus 25 fortlaufend nummerierten Verwarnungsbescheinigungen ausgehändigt. Zu den Modalitäten und Pflichten im Umgang mit den empfangenen Verwarnungsgeldern und Verwarnungsblöcken war der Angeklagte belehrt worden. Zudem war auf jedem Verwarnungsblock eine Belehrung über die Handhabung der Verwarnungsblöcke und der eingenommenen Gelder vorhanden. Dem Angeklagten war bekannt, dass das im Verwarnungsverfahren eingenommene Bargeld in einem vorschriftsmäßigen Kassenbehälter zu verwahren war. Außerdem waren die eingenommenen Beträge in den Barzahlungsstellen der GPS Sch. mindestens einmal monatlich, spätestens jedoch, wenn ein Verwarnungsblock verbraucht war, abzurechnen. Vor längeren Urlauben, längeren Lehrgängen sowie bei der Abordnung oder Versetzung hatte der Angeklagte ebenfalls die eingenommenen Verwarnungsgelder abzuliefern.

Wie der Angeklagte wusste, hätte er bei vollständigem Verbrauch eines Verwarnungsblocks das eingenommene Geld abrechnen und vor allem die eingenommenen Gelder bis dahin separat aufbewahren müssen. Bei der Grenzpolizeistation Sch. bestand die Übung, dass die Polizeibeamten über nicht mehr als vier Verwarnungsblöcke gleichzeitig verfügten. Im Zeitraum vom 06.02.2002 bis zum 27.09.2005 verfügte der Angeklagte jedoch über bis zu elf Verwarnungsblöcke gleichzeitig, da er seinen Ruf als „Schlamperer“ bewusst dazu ausnutzte, den für die Ausgabe und Überwachung der Verwarnungsblocks verantwortlichen Angestellten der GPS Sch. vorzuspiegeln, er habe die „alten“ Verwarnungsblöcke vergessen, beziehungsweise er werde sie umgehend nachreichen. Obwohl er bereits Verwarnungsblöcke verbraucht hatte, rechnete er in der Folgezeit diese nicht vorschriftsmäßig ab und holte sich immer wieder neue Verwarnungsgeldblöcke. Anlässlich einer unvermuteten Kontrolle am 29.09.2005 stellte der Leiter der GPS Sch. fest, dass der Angeklagte neun Verwarnungsblöcke in seinem Besitz hatte und diese nicht vorschriftsmäßig abgerechnet hatte. Er wurde deshalb aufgefordert, sämtliche Verwarnungsblöcke mit dem dazugehörigen Verwarnungsgeld vorzulegen und abzurechnen. Zunächst konnte der Angeklagte fünf Verwarnungsblöcke, die er bei sich hatte, vorlegen.

Im Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Verwarnungsblöcke:

Ausgabedatum Blocknummer Betrag in Euro

1.13.05.2003B 26394860,00

2.15.08.2003B 26394875,00

3.13.10.2003B 26404870,00

4.04.03.2004B 26423870,00

5.13.04.2004B 26425870,00

Den eingenommenen Gesamtbetrag dieser Verwarnungsgelder in Höhe von 4.350,00 Euro konnte der Angeklagte zum Zeitpunkt der Vorlage der Verwarnungsblöcke nicht abliefern, da er diese Gelder aufgrund eines privaten finanziellen Engpasses für die Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet hatte. Vielmehr zahlte er erst am 07.10.2005 den entsprechenden Betrag zurück. Am 30.09.2005 übergab er weitere noch ausstehende vier Verwarnungsblöcke und zahlte das Verwarnungsgeld in Höhe von 2.655,00 Euro. Im Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Verwarnungsblöcke:

Ausgabedatum Blocknummer Betrag in Euro

1. 06.02.2002A 01670 490,00

2. 25.10.2002 B 01690 780,00

3. 24.04.2003 B 26391 840,00

4. 15.08.2003 A 01690 495,00

Insgesamt hatte somit der Angeklagte Verwarnungsgelder in Höhe von 6.955,00 Euro nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig abgeliefert, sondern teilweise für eigene Zwecke verbraucht.“

2. Mit seit 19. Juli 2011 im Schuldspruch rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21.06.2011 (Az. Cs 26 Js 338/11) wurde der Beklagte wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 b StGB schuldig gesprochen. Das festgelegte Strafmaß von 80 Tagessätzen zu je 60,- Euro wurde mit seit 18. August 2011 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel (Az. 8 Cs 26 Js 338/11), in dem lediglich über den Rechtsfolgenausspruch zu entscheiden war, auf eine Geldstrafe von 80 Tagessätze zu je 35,- Euro reduziert. Folgende tatsächliche Feststellungen liegen dieser Verurteilung zugrunde:

„Der Beklagte fuhr am 10. Januar 2011 gegen 11:30 Uhr mit dem Pkw Chrysler Jeep Grand Cherokee, Kennzeichen WUN-..., auf der Ma2.-straße in A. in Richtung Ma3.-platz, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen ist. Infolgedessen ist er, als er nach links auf den Ma3.-platz eingebogen ist, den Bogen zu weit gefahren und gegen den ordnungsgemäß geparkten Pkw Seat, amtliches Kennzeichen TIR-..., der Geschädigten Tr. gestoßen. An dem Pkw ist dadurch ein Sachschaden in Höhe von ca. 885,00 Euro entstanden. Bei dem Beklagten am 10. Januar 2011 um 15.47 Uhr und 16.18 Uhr entnommenen Blutproben ergaben eine Blutalkoholkonzentration von 2,43 und 2,28 Promille.“

III.

Mit Vermerk vom 12. Oktober 2005 leitete das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. disziplinarische Vorermittlungen gem. Art. 27 BayDO gegen den Beklagten ein und verfügte gleichzeitig sofort vollziehbar die Herausgabe aller dienstlichen Gegenstände sowie ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß Art. 68 BayBG a. F.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 setzte das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. das Disziplinarverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gem. Art. 17 BayDO aus. Zeitgleich hob es das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auf und gab dem Beklagten auf, sich ernsthaft um die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse unter Einsatz professioneller Hilfe zu bemühen und dies durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen nachzuweisen.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2006 übernahm das Polizeipräsidium M. in seiner Eigenschaft als Disziplinarbehörde das Disziplinarverfahren gem. Art. 35 Abs. 2 und 3 BayDG.

Mit Verfügung vom 29. Juni 2006 wurde der Beklagte gem. Art. 39 BayDG vorläufig des Dienstes enthoben und die Zahlung von Stellenzulagen i. S. v. Nr. 42 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Bundesbesoldungsgesetz eingestellt.

Die Personalvertretung stimmte - letztendlich mit Schreiben des Hauptpersonalrats beim Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 17. Mai 2010 - der Erhebung einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst nicht zu, da eine ordnungsgemäße bzw. frühzeitig verstärkte Dienstaufsicht gerade wegen des Rufs des Beklagten als „Schlamperer“ das Ausmaß der begangenen Dienstpflichtverletzung durch den Beklagten verringert hätte.

Mit Wirkung ab 22. Februar 2012, gültig bis 31. Mai 2014, ist dem Beklagten ein Grad der Schwerbehinderung von 60 Prozent zuerkannt worden.

Ein mit Beschluss des Amtsgerichts Hof - Insolvenzgericht - vom 21. Februar 2007 über das Vermögen des Beklagten eröffnetes Insolvenzverfahren ist seit Ende 2013 abgeschlossen.

IV.

Am 24. Juni 2010 hat das Polizeipräsidium M. beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage mit dem Antrag erhoben, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Neben dem Sachverhalt, der Gegenstand der strafrechtlichen Verurteilung durch das Urteil des Amtsgericht Wunsiedel vom 13. September 2006 ist, wird dem Beklagten im Rahmen der Disziplinarklage auch Folgendes zu Last gelegt:

Der Beklagte betreibt gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 der Bayerischen Nebentätigkeitsverordnung (BayNV) eine allgemein genehmigte landwirtschaftliche Nebentätigkeit. Wegen dieser im Rahmen der Nebentätigkeit eingegangenen finanziellen Verpflichtungen sind seine Dienstbezüge im Jahr 2005 durch folgende Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wunsiedel gepfändet worden:

Datum Aktenzeichen Höhe der Forderung in Euro

1. 11. Januar 2005 1 M 61/05 15.000,00

2. 17. Mai 2005 1 M 1097/05 5.101,44

3. 26. Juli 2005 1 M 1727/05 1.906,60

Am 20. Dezember 2005 hat der Präsident des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz dem Beklagten mitgeteilt, er erwarte von ihm, dass er sich nachhaltig, ernsthaft und zielstrebig der Klärung seines Schuldenproblems zuwende, sich diesbezüglich professioneller Hilfe bediene und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. entsprechende Bescheinigungen beziehungsweise Bestätigungen vorlege.

In der Folgezeit sei der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachgekommen und mit dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. wegen der Schuldenproblematik in keinerlei Kontakt mehr gestanden. Im Jahr 2006 und im Jahr 2007 seien daraufhin folgende weitere Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wunsiedel eingegangen:

Datum Aktenzeichen Höhe der Forderung in Euro

1. 19. Januar 2006 1 M 169/06 10.710,63

2. 17. Februar 2006 1 M 413/06 3.225,54

3. 16. Mai 2006 1 M 1048/06 4.145,11

4. 14. Juli 2006 1 M 1518/06 1.670,20

5. 17. Juli 2006 1 M 1519/06 925,90

6.17. Juli 2006 1 M 1516/06 736,28

7. 28. August 2006 1 M 1619/06 358,00

8. 6. September 2006 1 M 1918/06 443,70

9. 7. Dezember 2006 1 M 2718/06 3.033,33

10. 9. Januar 2007 1 M 59/07 1.898,45

Aufgrund einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Finanzamts W. vom 23. August 2006 wurden die Bezüge des Beklagten wegen einer Hauptsacheforderung in Höhe von 18.754,87 Euro gepfändet.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums München vom 18. Januar 2011 wurde dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass der Kläger die Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage beabsichtige. Mit Beschluss vom 7. März 2011 wurde das Verfahren ausgesetzt. Die am 9. November 2011 erhobene Nachtragsdisziplinarklage stützt sich auf den dem Strafbefehl des Amtsgerichts Wunsiedel vom 12. Juni 2011 und dem Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 18. August 2011 zugrundeliegenden Sachverhalt der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 StGB). Auch hier war der Beklagte zunächst vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage mit Schreiben vom 12. September 2011 abschließend angehört worden.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Oktober 2012 wurde der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Durch die fehlende erneute Mitwirkung der Personalvertretung gem. Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3, Satz 5, Art. 75 Abs. 2 Nr. 1, 2 BayPersVG vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage vom 9. November 2011 hafte dem behördlichen Disziplinarverfahren kein wesentlicher Mangel im Sinne des Art. 53 BayDG an, der das Gericht hätte veranlassen müssen, das Verfahren zur Beseitigung des Mangels an die Disziplinarbehörde zurück zu geben, Art. 53 Abs. 3 Satz 1 BayDG.

Die dem Beklagten zur Last gelegte Untreue stehe zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 nach Art. 25 Abs. 1 BayDG, 55 BayDG fest. Ebenso der Sachverhalt der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung als Gegenstand des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21. Juni 2011 (Az. 8 Cs 26 Js 338/11). Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls seien gem. Art. 55 BayDG i. V. m. Art. 25 Abs. 2 BayDG zwar nicht bindend, könnten aber der Entscheidung im Disziplinarverfahren zugrunde gelegt werden. Das bloße Bestreiten des Sachverhalts durch den Beklagten sei als bloße Schutzbehauptung zu werten und könne die Indizwirkung des Strafbefehls nicht überwinden.

Zudem stehe fest, dass der Beklagte, der privat eine Nebentätigkeitslandwirtschaft (Schafzucht) betreibe, und der wegen Verbindlichkeiten aus dieser Betätigung in den Jahren 2005 bis 2007 Pfändungen in Höhe von insgesamt 67.910,05 Euro unterlegen sei, es trotz Aufforderung durch das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. unterlassen habe, sich zur Klärung seines Schuldenproblems professioneller Hilfe zu bedienen und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. hierüber Bescheinigungen und Bestätigungen vorzulegen.

Bei der außerdienstlichen fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung seien die qualifizierenden Merkmale des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt. Das Vertrauen in eine rechtsstaatliche Verwaltung werde auch bei einem des Dienstes enthobenen Polizeivollzugsbeamten erheblich beeinträchtigt, wenn dieser in einem hochgradig alkoholisierten Zustand ein Kraftfahrzeug führt. Diese außerdienstliche Pflichtverletzung bilde zusammen mit den innerdienstlichen Pflichtverletzungen (Untreue und Weisungsverstoß im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten) ein einheitliches Dienstvergehen.

Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen wiege sehr schwer und habe bei dem Beklagten zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt. Bereits die innerdienstliche Untreue von insgesamt 6.955,00 Euro sei so erheblich, dass sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - bereits ohne hinzutretende Erschwerungsgründe - die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen könne. Durchgreifende Milderungsgründe habe die Kammer nicht erkennen können, auch der von der Beklagtenseite im Wesentlichen in Anspruch genommene Milderungsgrund der mangelhaften Dienstaufsicht liege nicht vor, da diese vorliegend nicht zu einer erheblichen Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit geführt habe. Bis zur Aufdeckung der innerdienstlichen Untreue habe der Kläger - ungeachtet eines möglichen Rufs als „alter Schlamperer“ - keinen Grund gehabt, an der Ehrlichkeit des Beklagten zu zweifeln. Wenn gegenüber dem Beklagten Gründe für Misstrauen hinsichtlich der pflichtgemäßen Ausübung seiner Dienstgeschäfte erkennbar gewesen wären, wäre er nach Überwindung seiner vorhandenen Alkoholerkrankung auch nicht als Suchtberater bestellt worden. Auch aus der Beweisaufnahme ließen sich keine anderen Schlüsse ziehen. Den Aussagen von drei früheren Vorgesetzten des Beklagten und einer - für die Ausgabe von Verwarnungsblöcken und deren Abrechnung zuständigen - früheren Geschäftsstellenangestellten der GPS Sch. seien keinerlei Hinweise darauf zu entnehmen gewesen, dass sich ihnen im genannten Zeitraum hätte aufdrängen müssen, dass der Beklagte Verwarnungsgelder für sich behalte bzw. ein Anlass vorliege, dem Beklagten gegenüber eine verschärfte Aufmerksamkeit an den Tag zu legen.

Das Persönlichkeitsbild und die dienstlichen Leistungen des Beklagten sprächen deutlich gegen ihn. Der Beklagte zeige bei der Erfüllung seiner Dienstpflichten wenig Engagement. Seine nach der Aufdeckung der Untreue zunächst abgegebene Zusage, sich um die Ordnung seiner finanziellen Situation zu bemühen, habe er nicht eingehalten. In der Zeit ab Dezember 2005, als er unter verstärkter Dienstaufsicht gestanden sei, habe seine Leistungsfähigkeit nochmals nachgelassen, während gleichzeitig keine Reduzierung seiner unternehmerischen Tätigkeit als Schafzüchter festgestellt worden sei. Er habe unkooperatives Verhalten gezeigt und es an Einsicht in seine Verantwortlichkeit fehlen lassen. Das Verhalten des Beklagten in der Vergangenheit habe gezeigt, dass er dazu neige, private Interessen über seine dienstlichen Pflichten zu stellen und in Situationen, die ihn überfordern, in alte Muster - z. B. im Hinblick auf den Alkoholkonsum - zurückzufallen. Dadurch habe der Beklagte das ihm ursprünglich eingeräumte Vertrauen gänzlich verspielt.

Der hilfsweise - für den Fall der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis - gestellte Antrag des Beklagten, den Zeitraum der Zahlung des Unterhaltsbeitrags im Sinne des Art. 11 Abs. 3 Satz 1 BayBG gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG auf mindestens ein Jahr zu verlängern, sei ebenfalls abzulehnen, da eine unbillige Härte nicht vorliege.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, seinem Bevollmächtigten zugestellt am 13. Dezember 2012, am 8. Januar 2013 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Oktober 2012 aufzuheben und gegen den Beklagten die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung zu verhängen.

Hilfsweise für den Fall einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wurde beantragt,

dem Beklagten einen Unterhaltsbeitrag gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG für die Dauer von zwei Jahren ab Rechtskraft zu gewähren.

Das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung zu Unrecht das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels durch die unterbliebene Mitwirkung der Personalvertretung bei der Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage verneint.

Das Gericht sei bei seiner Bewertung zunächst davon ausgegangen, dass ein wesentlicher Mangel nur dann anzunehmen sei, wenn nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass dieser Mangel sich auf das Ergebnis des Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben könnte. Vorliegend lasse sich aber das Ergebnis der Erörterung der Nachtragsdisziplinarklage mit der Personalvertretung nicht eingrenzen, insbesondere seien die Inhalte der Nachtragsdisziplinarklage für das gerichtliche Disziplinarverfahren nicht ohne Bedeutung gewesen, da das Verwaltungsgericht seine negative Prognose im Wesentlichen darauf gestützt habe, dass der Beklagte während der vorläufigen Dienstenthebung eine fahrlässige Trunkenheitsfahrt begangen habe. Dementsprechend lasse sich auch nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass in der Folge einer Erörterung der Nachtragsdisziplinarklage mit der Personalvertretung ein abweichendes Ergebnis des Disziplinarverfahrens erster Instanz eingetreten wäre. Hierbei sei auch unerheblich, dass die Personalvertretung lediglich ein Mitwirkungsrecht besitze. Hieraus könne nicht die zwingende Schlussfolgerung gezogen werden, der Dienstherr werde im Rahmen der Erörterung an seiner vorläufigen Meinung zwingend festhalten. Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2008 sei die Beteiligung des Personalrats beantragt worden, eine Wiederholung des Antrags sei nicht erforderlich, insbesondere sei durch das Schreiben des Beklagten vom 28. Oktober 2011 auch kein Verzicht auf die beantragte Beteiligung der Personalvertretung erklärt worden.

Unzutreffend sei auch die Wertung des Verwaltungsgerichts, der Maßnahmemilderungsgrund der fürsorgepflichtwidrigen Verletzung der Dienstaufsicht liege nicht vor. Von einem endgültigen Vertrauensverlust in den Beklagten mit der Folge der Verhängung der Höchstmaßnahme sei nicht auszugehen.

Hier sei zunächst festzustellen, dass die organisatorischen Gegebenheiten des Dienstherrn objektiv offensichtlich unzureichend gewesen sind. Die aufgrund der offensichtlich unzureichenden Kontrollmechanismen erschwerte Bemerkbarkeit der Auffälligkeiten beim Beklagten sei im Sinne eines Organisationsverschuldens der Sphäre des Dienstherrn zuzurechnen. Hinsichtlich dieser unzureichenden Kontrollmechanismen habe die Zeugin Bö. (zuvor Kü.) in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass ihr die Aufgaben der Abrechnung der Verwarngeldblöcke ohne jede Einarbeitung oder Einweisung nach längerer Krankheit übertragen worden seien, sie nicht wisse, ob einer der Dienststellenleiter jemals die Einhaltung der Abrechnungsvorschriften durch die Beamten geprüft habe und sie keinen besonderen Auftrag gehabt hätte, Auffälligkeiten zu melden. Die Kontrolle über Abgabe und Rückgabe der einzelnen Blöcke sei die Aufgabe von Frau Bö. gewesen. Die Kontrolle über die Abrechnungslisten von Verwarngeldblöcken sei auch Aufgabe von Frau Ta. gewesen. Die Zeugenaussagen ergäben, dass keine der beteiligten Personen es für die jeweils eigene Aufgabe gehalten habe, die Ausgabe und Abrechnung der Verwarngeldblöcke zu überwachen. Nach Aussage des Zeugen Ho. sei aufgrund der Vorfälle in der Dienststelle der gesamte Prozess Verwarngeldblockabrechnung geändert worden, da die Vorgesetzten des Beklagten zu diesem Zeitpunkt offensichtlich die schwerwiegenden organisatorischen Defizite erkannt hätten. Die Vorgesetzten hätten bei ordnungsgemäßer Führung der Dienststelle zwangsläufig erkennen müssen, dass der Beklagte einer besonderen Dienstaufsicht bedürfe. Hinsichtlich der Verwarngeldblöcke wäre bereits die einfache Bestimmung einer klaren Zuständigkeit für die Überwachung der Vorgaben zur Abrechnung eine ausreichende organisatorische Maßnahme gewesen. Der Ansatz des erstinstanzlichen Gerichts, allein auf die tatsächlichen Beobachtungen der Vorgesetzten zur Bestimmung der notwendigen Dienstaufsicht abzustellen, greife zu kurz. Die Grundlage des Maßnahmemilderungsgrundsatzes der fürsorgepflichtwidrigen Verletzungen der Dienstaufsicht liege darin, dass in diesen Fällen dem Beamten nicht uneingeschränkt angelastet werden könne, wenn aufgrund der Gleichgültigkeit bzw. des Desinteresses der Vorgesetzten ein Fehlverhalten eine Gewichtigkeit erlange, die im Rahmen eines pflichtgemäßen Verhaltens nicht eingetreten wäre. Im Übrigen seien Auffälligkeiten in der Dienstverrichtung des Beklagten auf der Dienststelle bekannt gewesen, wie die vernommenen Zeugen übereinstimmend bestätigt hätten. Insgesamt hätte sich die Situation so dargestellt, dass der Beklagte offenkundig einen Ruf als unzuverlässiger Sachbearbeiter gehabt hätte, bekanntermaßen trockener Alkoholiker gewesen sei und eine deutliche und erkennbare Vorliebe für Nachtdienste gepflegt habe, wodurch er sich der sozialen Kontrolle in der Dienststelle entzogen und sowohl als „kautzig“ wie auch als „alter Schlamperer“ wahrgenommen worden sei.

Jedenfalls hätten hinreichende Anhaltspunkte vorgelegen, den Beklagten deutlich vor dem Jahr 2005 sowohl hinsichtlich seiner Sachbearbeitung als auch in der Zusammenarbeit enger an den regulären Betrieb der Dienststelle und die Aufsicht durch Vorgesetzte anzubinden. Aus dem Personalführungskonzept des Klägers lasse sich entnehmen, dass bei solchen Fehlentwicklungen, wie beim Beklagten, durch Führung entgegenzuarbeiten und ein Gefühl gegenseitiger Verantwortlichkeit und Kameradschaft zu schaffen sei. Dies hätten die Vorgesetzten des Beklagten, namentlich der Zeuge He., fürsorgepflichtwidrig unterlassen. Entgegen der Wertung des Verwaltungsgerichts sei hier davon auszugehen, dass die Eigenverantwortlichkeit des Beklagten aufgrund der Vernachlässigung der Dienstaufsicht trotz ausreichender Hinweise auf Auffälligkeiten eingeschränkt gewesen sei.

Auch unabhängig vom Vorliegen eines erheblichen Maßnahmemilderungsgrundes lägen in der Gesamtschau des Persönlichkeitsbildes des Beklagten Umstände von derartigem Gewicht vor, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme als angemessen erscheinen ließe. Der Beklagte habe sich zum gegenständlichen Zeitpunkt in einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befunden, da sein landwirtschaftlicher Betrieb aufgrund des Zusammenbruchs seiner Bank und nicht aufgrund von Misswirtschaft o. ä. in diese Situation geraten sei. Die Fortführung des Betriebs sei auch im Hinblick auf die Verantwortung für das Wohlergehen seines Tierbestands zu sehen, der er sich nur schwer entziehen habe können und die ihn in eine Überforderungssituation gebracht hätte. Es sei daher von einer vorübergehenden negativen Lebensphase auszugehen, die überwunden sei. Die Verhältnisse seien zwischenzeitlich dahingehend geordnet, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten des Betriebs zukünftig nicht mehr die Existenz der Familie bedrohen würden.

Der außerdienstlich fahrlässigen Trunkenheitsfahrt komme kein ausreichendes Gewicht zu, um trotz eines erheblichen Maßnahmemilderungsgrundes dennoch die Annahme eines endgültigen Vertrauensverlustes in den Beklagten zu rechtfertigen.

Hierbei sei insbesondere aufzuzeigen, dass der Schuldvorwurf lediglich in Form der Fahrlässigkeit bestehe, eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nicht eingetreten sei und der Vorgang unter Berücksichtigung der bekannten Alkoholerkrankung des Beklagten im Verhältnis zum Umgang mit den Verwarngeldern weit weniger gewichtig sei. Insbesondere lasse sich hieraus keine negative Prognose ableiten.

Im Übrigen komme das Verwaltungsgericht zu Unrecht zu dem Schluss, bei Gesamtschau der Umstände wäre keine Maßnahmenminderung angezeigt, die der Höchstmaßnahme entgegenstünde.

Eine Verlängerung des Unterhaltsbeitrags auf die Dauer von zwei Jahren sei erforderlich, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine solche sei nicht allein deshalb bereits ausgeschlossen, weil nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden könne, dass die bestehende Härte innerhalb des Zeitraums der Verlängerung des Unterhaltsbeitrags tatsächlich beseitigt sei. Mit einem weiteren zeitlichen Spielraum könne eine unbillige Härte abgemildert werden und dem Beklagten die Möglichkeit geschaffen werden, die Ertragslage seines Betriebes dahingehend zu steigern, dass hiervon der Lebensunterhalt bestritten werden könne.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 24. September 2014 mündlich zur Sache verhandelt. Mit Beschluss wurden die Handlungen ausgeschieden, die die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus den Jahren 2005, 2006 und Januar 2007 betreffen und das dem Beklagten damit vorgehaltene Verhalten.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Hof zum Az. 26 Js 338/11 und zum Az. 24 Js 13886/05, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums München bzw. des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen und den (Hilfs)antrag auf Verlängerung der Bezugsdauer des Unterhaltsbeitrags gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG abgelehnt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. In der fehlenden erneuten Mitwirkung der Personalvertretung im Sinne des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 5, Art. 75 Abs. 2 Nr. 1, 2 BayPersVG vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage hat das Verwaltungsgericht zu Recht keinen Mangel gesehen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten war eine nochmalige Beteiligung des Personalrats vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage nicht erforderlich. Zu Recht ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayPersVG für die Mitwirkung der Personalvertretung vor Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage nicht vorliegen.

Gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 4 BayPersVG ist der Personalrat auf Antrag des Beamten bei Erhebung der Disziplinarklage zu beteiligen. Dieses Recht der Mitwirkung bezieht sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur insoweit inhaltsgleichen Regelung des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG allerdings nur auf die grundlegende disziplinarbehördliche Abschlussentscheidung, ob überhaupt eine Disziplinarklage erhoben werden soll. Demgegenüber unterliegt der Inhalt der Klageschrift, insbesondere die Antragstellung, nicht der Mitwirkung (vgl. BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12/04 - juris). Hiervon ausgehend bedurfte es vorliegend der nochmaligen Beteiligung des Personalrats nicht, da eine Disziplinarklage bereits erhoben war.

Gemäß Art. 51 Abs. 3 Satz 3 BayDG können neue Handlungen in einem eigenständigen Disziplinarverfahren verfolgt werden. Entscheidet sich der Dienstherr mit Blick auf den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens für eine einheitliche disziplinare Verfolgung und erhebt eine Nachtragsklage, so werden in das bereits anhängige gerichtliche Verfahren die weiteren Dienstpflichtverletzungen lediglich mit einbezogen. Die Nachtragsdisziplinarklage hat damit die Wirkung einer Klageerweiterung (s. hierzu auch OVG Thüringen, U. v. 5.12.2011 - 8 DO 110/09 - juris). Es wird kein weiteres Prozessrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten begründet

(s. Zängl, Kommentar zum Bayerischen Disziplinarrecht, Stand Oktober 2013, Rn. 4 zu Art. 51 BayDG). Auch nach der amtlichen Begründung in der Landtags-Drs. 15/4076, Abschnitt C., Zu § 1, zu Art. 51, S. 45, ist der Begriff „Nachtragsdisziplinarklage“ lediglich die „Bezeichnung“ für die Einbeziehung neuer Vorwürfe in ein „bereits anhängiges Verfahren der Disziplinarklage“.

Die eigentliche Entscheidung über die Zustimmung zur Disziplinarklageerhebung wurde vom Personalrat bereits mit Schreiben vom 17. Mai 2010 getroffen. Die Vorschrift des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 4 BayPersVG statuiert ein Mitwirkungsrecht allein bei dieser grundlegenden Entscheidung über die Erhebung der Disziplinarklage selbst, nicht aber ermöglicht sie - worauf das Verwaltungsgericht zurecht hingewiesen hat - eine Einflussnahme des Personalrats auf Inhalt und Umfang des Disziplinarverfahrens, insbesondere die Überprüfung einzelner (nachgeschobener) Dienstpflichtverletzungen (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12/04 - juris, OVG Thüringen, U. v. 5.12.2011 a. a. O.).

II.

Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 (Az. 10 Ds 24 Js 13886/05) zugrunde liegt, steht gem. Art. 25 Abs. 1, 55 Hs. 1 und 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Nach diesen Vorschriften sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend. Zudem hat der Beklagte die Vorwürfe eingeräumt.

Danach steht für den Senat fest, dass der Beklagte im Zeitraum vom 6. Februar 2002 bis zum 27. September 2005 über bis zu elf Verwarnungsblöcke gleichzeitig verfügte. Anlässlich einer unvermuteten Kontrolle am 29. September 2005 stellte der Leiter der GPS Sch. fest, dass der Beklagte noch neun nicht vorschriftsmäßig abgerechnete Verwarnungsblöcke in seinem Besitz hielt. Den damit einhergehenden Geldbetrag in Höhe von 4.350,- Euro konnte der Beklagte zum Zeitpunkt der Vorlage der Verwarnungsblöcke nicht abliefern, da er diese Gelder aufgrund eines privaten finanziellen Engpasses für die Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet hatte. Insgesamt hat der Beklagte Verwarnungsgelder in Höhe von 6955,- Euro nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig abgeliefert. Der Beklagte wusste hierbei, dass er bei vollständigem Verbrauch eines Verwarnungsgeldblockes das eingenommene Bargeld hätte abrechnen und vor allem die eingenommenen Gelder bis dahin separat hätte aufbewahren müssen.

Fest steht ebenfalls, dass der Beklagte eine fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung begangen hat, als er am 10. Januar 2011 auf der Ma2.-straße in A. in Richtung Ma.-platz fuhr, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen war und infolgedessen beim Linksabbiegen gegen einen ordnungsgemäß geparkten Pkw gestoßen ist. Dieser Sachverhalt ist Gegenstand des in Bezug auf den Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21. Juni 2011 (Az. 8 Cs 26 Js 338/11) und des im Hinblick auf den Rechtsfolgenausspruch rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Wunsiedel. Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls sind zwar gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 1, 55 BayDG i. V. m. Art. 25 Abs. 2 BayDG nicht bindend, können aber nach Maßgabe des Art. 25 Abs. 2 BayDG verwendet werden. Soweit der Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung erklärte, der Beklagte habe an den Vorfall andere Erinnerungen, so ist dieser Vortrag für sich allein nicht ausreichend, die Indizwirkung des Strafbefehls zu überwinden. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass sich Anhaltspunkte für eine Beweisaufnahme nicht angeboten haben und die Aufklärung des Sachverhalts durch die zuständigen Behörden nach Aktenlage sorgfältig und ordnungsgemäß betrieben wurde.

Soweit dem Beklagten vorgeworfen wurde, er hätte es trotz Aufforderung durch das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. unterlassen, sich zur Klärung seines Schuldenproblems (Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse in Höhe von 67.910,05 Euro aus einer Nebentätigkeitslandwirtschaft in den Jahren 2005 bis 2007) professioneller Hilfe zu bedienen und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. hierüber Bescheinigungen und Bestätigungen vorzulegen, wurden diese Handlungen und das dem Beklagten damit vorgehaltene Verhalten durch Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2014 gem. Art. 54 Satz 1 BayDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden.

III.

Der Beklagte hat durch sein Handeln ein einheitliches Dienstvergehen i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F. (seit 01.04.2009 § 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - vom 17. Juni 2008 BGBl. I S. 1010) begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat.

1. Bei den Untreuehandlungen im Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Umgang mit Verwarnungsgeldblöcken und eingenommenen Verwarnungsgeldern handelt es sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen. Das Verhalten des Beklagten war kausal und logisch in sein ausgeübtes Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden. Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und dem vom Beamten bekleideten Amt (vgl. BVerwG, U. v.20.2.2001 - 1 D 55.99 - juris).

2. Bei der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung liegt ein außerdienstliches Dienstvergehen gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG vor. Das wesentliche Unterscheidungsmoment zu einer Qualifizierung als innerdienstlich ist funktionaler Natur. Entscheidend für die Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Ist eine solche Einordnung nicht möglich - insbesondere wenn sich das Handeln - wie hier - als das Verhalten einer Privatperson darstellt - ist es als außerdienstlich zu qualifizieren (vgl. BVerwG, U. v. 25.8.2009 - 1 D 1/08 - juris Rn. 54; BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 115). Das außerdienstliche Verhalten des Beamten erfüllt die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Die danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen Dienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse der Ausübung auf die Dienstausübung oder die Ansehensschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (BVerwG, U. v. 28.07.2011 - 2 C 16/10 - juris Rn. 23).

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (BVerwG, U. v. 28.7.2011, a. a. O. -Rn. 24, BayVGH, U. v. 6.12.2013 - 16a D 12.1815 - juris Rn. 72).

Das Verhalten des Beklagten außerhalb des Dienstes ist nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maß geeignet, das Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Berufsbeamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Die fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 b StGB, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belegt ist, führt zu einem erheblichen Ansehensschaden für seine eigene Person, aber auch für das der Beamtenschaft an sich. Zudem verlieren die Bemühungen der Polizei um die Sicherheit des Straßenverkehrs an Glaubwürdigkeit, wenn Polizeivollzugsbeamte selbst die jedem Kraftfahrer leicht einsehbaren grundlegenden Gebote für das Verhalten im Straßenverkehr außer Acht lassen. Ein gewisser dienstlicher Bezug ist vorliegend nicht von der Hand zu weisen, auch wenn der Beklagte zum Tatzeitpunkt bereits vom Dienst suspendiert war.

Durch sein Verhalten hat der Beklagte gegen seine Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) sowie gegen seine Pflichten zur vollen Hingabe an den Beruf (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 34 Satz 1 BeamtStG), zur uneigennützigen Amtsführung (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 34 Satz 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.

In seinem Verhalten liegt zudem ein Verstoß gegen Ziffer 3.1.1. der internen Richtlinien des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz zur Kassenorganisation vom 8. Mai 2002. Hiernach war der Beklagte grundsätzlich verpflichtet, eingenommene Verwarnungsgelder monatlich bei der Dienststelle abzuliefern, spätestens jedoch, wenn ein Verwarnungsblock verbraucht ist. Vor längerem Urlaub, längeren Lehrgängen sowie bei Abordnung und Versetzung wären die eingenommenen Verwarnungsgelder stets abzuliefern gewesen. Auch auf den Rückseiten des Titelblatts der Verwarnungsblöcke war vermerkt, dass vereinnahmte Verwarngelder spätestens, wenn der Block verbraucht ist, abzurechnen sind.

Nach Aussage seines Bevollmächtigten hatte der Beklagte die Verwarnungsgelder zudem nicht getrennt von seinen privaten Geldern in der Dienststelle verwahrt, sondern in einer Schublade bei sich zu Hause, in der sich auch Gelder aus dem in Nebentätigkeit geführten landwirtschaftlichen Betriebs des Beklagten befanden.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat - auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen ist aber nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355 - juris; U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974 - juris).

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot).

Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 18).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme.

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; B. v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 -, BVerfG (Kammer), B. v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01 - jeweils juris), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris). Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1D 2.06 - juris).

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 17, U. v. 6.6.2007 a.a.O, BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils juris).

Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 18).

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Die gravierendste Pflichtverletzung stellen die innerdienstlich begangenen Untreuehandlungen dar. Der Beklagte hat ein schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG begangen, indem er ihm dienstlich anvertraute Verwarnungsgelder in Höhe von knapp 7000,- Euro veruntreut hat. Durch den Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder hat der Beklagte nicht nur beamtenrechtliche Nebenpflichten verletzt, sondern er hat im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt. Mit dem Kernbereich ist derjenige Pflichtenkreis des Beamten angesprochen, der im Mittelpunkt seines konkreten Amts im funktionellen Sinne (Dienstposten) steht. Zu den Kernpflichten eines mit der Einnahme und Behandlung von Verwarnungsgeldern betrauten Polizeibeamten gehört, dass dieser die ihm dienstlich anvertrauten Gelder ordnungsgemäß verwaltet und abrechnet. Der Dienstherr ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit eines solchen Beamten beim Umgang mit dienstlich anvertrauten Geldern angewiesen. Dies gilt umso mehr, als hier eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Polizeibeamten unmöglich ist. Sie muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden.

Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, sofern die veruntreuten Beträge die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass für ein Zugriffsdelikt bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 Euro ernsthaft in Betracht kommt, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11. - juris). Diese Grenze ist hier bei weitem überschritten. Auch liegt kein einmaliges Fehlverhalten vor.

Die bei Zugriffsdelikten in den Blick zu nehmenden sog. anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung:

Der Milderungsgrund des „Handelns in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten und ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat. Die mildere Bewertung des Fehlverhaltens hat ihren Grund darin, dass der betroffene Beamte in einer Konfliktsituation versagt hat, in der er keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf dienstlich anvertrautes Geld gesehen hat, um den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine Familie zu sichern. Eine solche Konfliktsituation kann aber nur dann als Ursache des Fehlverhaltens anerkannt werden und zu einer Milderung führen, wenn es sich um ein vorübergehendes, zeitlich und zahlenmäßig eng begrenztes Fehlverhalten gehandelt hat; wiederholte Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BVerwG, U. v. 22.10.2002 - 1 D 6.02 -, BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils juris).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer ausweglosen finanziellen Notlage hat der Senat nicht gesehen. Vielmehr zahlte der Beklagte einen Teil der veruntreuten Summe nach eigenem Vortrag in einen Bausparvertrag ein, die Versorgung der Familie schien zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Darüber hinaus erfolgten die vielfachen Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum von mehr als drei Jahren.

Für das Vorliegen von sonstigen anerkannten Milderungsgründen wie das Vorliegen einer psychischen Ausnahmesituation oder der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat bestehen keine Anhaltspunkte.

Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 -, BVerwG, B. v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Bei der prognostischen Frage, ob bei einem Beamten aufgrund eines schweren Dienstvergehens ein endgültiger Vertrauensverlust (i. S. d. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG) eingetreten ist, gehören zur Prognosebasis alle für diese Einschätzung bedeutsamen belastenden und entlastenden Bemessungsgesichtspunkte. Ob die gesamte Prognosegrundlage den Schluss auf einen noch verbliebenen Rest an Vertrauen in die Person des Beamten zulässt, ist eine Frage der Gesamtabwägung im Einzelfall (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris).

Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt nicht aus dem von ihm behaupteten Mitverschulden des Dienstherrn oder dessen Verletzung der Fürsorgepflicht. Selbst wenn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Zugriffsdelikten eine Verletzung der Fürsorgepflicht in besonders krassen Fällen zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führen kann (BVerwG, U. v. 19.09.1985 - 2 WD 63/84 - juris, U. v. 22.10.2002 - 1 D 6.02 - juris), sind hier durchgreifende Anhaltspunkte für ein insoweit entscheidungserhebliches Mitverschulden des Dienstherrn nicht gegeben. Zwar ist nicht zu leugnen, dass die Pflicht des Beamten zur rechtzeitigen Abrechnung vereinnahmter Verwarnungsgelder wohl durch die Vorgesetzten des Beklagten nicht konsequent überwacht wurde bzw. die Organisation der Ausgabe und Abrechnung von Verwarngeldblöcken durchaus Schwächen aufwies, wie auch die Beweisaufnahme vor dem Verwaltungsgericht zeigte. Maßgeblich ist vorliegend aber zu berücksichtigen, dass die finanziellen Probleme des Beklagten auf der Dienststelle erst im Laufe des Jahres 2005 bekannt wurden und es vorher - unabhängig von seiner Alkoholerkrankung, seines angeblichen Rufs als „Schlamperer“, der sich nach Aussage des Zeugen He. auf seine Sachbearbeitung bezog, und seiner Vorliebe für Nachtschichten - keine Anhaltspunkte für die Vorgesetzten ergaben, an der Ehrlichkeit des Beklagten zu zweifeln und er die Schwächen des Abrechnungssystems bewusst ausnutzte. So ergibt sich aus den Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Wunsiedels vom 13. September 2006 ausdrücklich, dass der Beklagte seinen Ruf als „Schlamperer“ bewusst dazu ausnutzte, den für die Ausgabe und Überwachung der Verwarnungsblöcke verantwortlichen Angestellten der GPS Sch. vorzuspiegeln, er habe die alten Verwarnungsblöcke vergessen bzw. er werde sie umgehend nachreichen. Auch nach unstreitiger Aussage der in der GPS Sch. mit der Abrechnung betrauten früheren Verwaltungsangestellten Bö. in der erstinstanzlichen Zeugenvernehmung war der Beklagte mehrmals zur Abrechnung der Verwarnungsblöcke aufgefordert worden, dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen.

Insoweit kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass es zunächst die Aufgabe des Beklagten ist, unter Einhaltung der Gesetze leicht einsehbare Kernpflichten zu beachten, zumal bei Zugriffsdelikten die Pflichtwidrigkeit des Handelns offenkundig ist (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - in juris). Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt hier mithin schwerer als ein teilweise mangelhaftes Kontrollverhalten des Dienstherrn.

Auch die Würdigung des Persönlichkeitsbildes und des bisherigen dienstlichen Verhaltens des Beklagten ändern nichts daran, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zugemutet werden kann, den Beklagten weiter zu beschäftigen. Die letzten dienstlichen Beurteilungen bewegen sich im Durchschnitt bei 9 Punkten. Besondere Umstände, welche die Persönlichkeit des Beklagten in ein insoweit entscheidungserhebliches positives Licht setzen könnten, liegen nicht vor. Vielmehr ergibt sich aus einer Stellungnahme der Grenzpolizei S. vom 21. September 2006, dass die Leistungsfähigkeit und - willigkeit des Beklagten nach Entdeckung der Untreuehandlungen nochmals nachgelassen habe, während sich keinerlei Reduzierung seiner unternehmerischen Tätigkeit als Schafzüchter feststellen ließ.

Hinreichend tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Milderungsgrund der überwundenen, negativen Lebensphase (vgl. BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris) vorliegen könnte, sind nicht gegeben. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Zu prüfen ist, ob das jeweilige Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder aber als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer Ausnahmesituation davon abweicht. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation - über das hinausgehend, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann - begründen (BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris). Vor dem Hintergrund, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich zieht, sind im Übrigen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer disziplinarrechtlich erheblichen negativen Lebensphase nur in individuellen Extremsituationen erfüllt. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Extremsituation sind nicht ersichtlich und wurden vom Beklagten auch nicht vorgetragen. Eine sich über einen längeren Zeitraum hinziehende wirtschaftlichen Schieflage, die der Beklagte nach eigenem Vortrag nun beseitigt hat, kann hierfür nicht ausreichend sein.

Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens“ des Dienstherrn oder Allgemeinheit gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG erfordert schließlich eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - juris).

Hier ist festzustellen, dass der Beamte das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hatte und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, missbraucht hat. Sein Fehlverhalten hat das Vertrauen des Dienstherrn unwiderruflich beschädigt.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Die vorliegenden Entlastungsgründe haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass sie den gegebenen Vertrauensverlust ausreichend abmildern könnten.

Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. So verhält es sich regelmäßig bei Kernpflichtverletzungen durch Zugriffsdelikte von Beamten. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlichrechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1D 2.03 - juris).

V.

Mit dem sich nach Art. 11 Abs. 3 Satz 1 BayDG ergebenden Unterhaltsbeitrag für sechs Monate hat es sein Bewenden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Gewährung des Unterhaltsbeitrags über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus verneint.

Der Unterhaltsbeitrag dient dazu, dem Beamten den durch den Wegfall der Dienstbezüge notwendig gewordenen Übergang in einen anderen Beruf oder in eine andere Art der finanziellen Existenzsicherung zu erleichtern. Diesem Zweck liegt die Erwartung zugrunde, dass sich der Beamte in ausreichendem Maß um die Wiederaufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit oder um eine andere Art der Sicherung seiner finanziellen Grundlagen bemüht. Zwar kann nach Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG der Unterhaltsbeitrag über sechs Monate hinaus verlängert werden, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Der Beamte hat aber die Umstände dafür glaubhaft zu machen. Insoweit ist eine wertende Entscheidung zu treffen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 69).

Eine unbillige Härte im Sinne des Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG liegt vor, wenn durch die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eine wirtschaftliche Notlage entsteht, die der - ehemalige - Beamte auch bei gutem Willen nicht innerhalb der sechs Monate, für die regelmäßig der Unterhaltsbeitrag gezahlt wird, beheben kann. Die Verlängerung des Unterhaltsbeitrags dient allerdings nur dazu, eine temporäre unbillige Härte zu vermeiden. Falls ein - ehemaliger - Beamter voraussichtlich auf Dauer nicht in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, muss er sich auf Sozialleistungen außerhalb des Beamtenrechts verweisen lassen (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Kommentar, Stand Oktober 2013, Rn. 23 zu Art. 11 BayDG).

Soweit der Beklagte vorträgt, seine berufliche Neuorientierung jenseits des von ihm erlernten Polizeiberufs sowie seiner Landwirtschaft sei in Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters und Grad seiner Behinderung unwahrscheinlich, so ist dies nicht geeignet, eine solche vorübergehende unbillige Härte zu begründen. Auch dem Vorbringen des Beklagten, ihm müsse zur Abmilderung einer unbilligen Härte ein weiterer zeitlicher Spielraum geboten werden, um durch eigene Anstrengung seine Nebenerwerbslandwirtschaft zur Existenzgrundlage auszubauen und so auf die dauerhafte Beseitigung der Härte hinzuwirken, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Dies würde den Beamten im Hinblick auf andere Beamte in vergleichbarer Lage und ohne Nebenerwerb unangemessen bevorzugen. Aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Attest vom 28. Februar 2014 über einen vierzehntägigen stationären Aufenthalt des Beklagten im Februar 2014 aufgrund einer Bauchoperation ergibt sich weder, dass der Beklagte zur Zeit nicht arbeitsfähig wäre noch, dass er krankheitsbedingt daran gehindert sei, sich innerhalb der nächsten Monate dem Ausbau seines landwirtschaftlichen Betriebs zu widmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i. V. m. Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, daß bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, oder derart gespeicherte oder veränderte Daten gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) § 267 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der 19... geborene Beklagte hat nach 9-jährigem Besuch der Grund- und Hauptschule und einem Berufsgrundschuljahr am 1. September 1987 seine Ausbildung zur Dienstleistungsfachkraft beim Postamt R. begonnen. Nach bestandener postbetrieblicher Prüfung wurde er in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen und mit Wirkung vom 26. Juli 1989 zum Postoberschaffner z. A. ernannt. Nach Beförderung am 1. Mai 1991 zum Posthauptschaffner wurde er mit Wirkung vom 13. November 1997 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt.

Zuletzt war er bei der Niederlassung Brief S. als Paketzusteller beschäftigt.

Der Beamte ist geschieden und hat keine Kinder. Zuletzt verfügte er über Nettodienstbezüge in Höhe von ca. 1.700 Euro (Besoldungsgruppe A4). Der Beamte ist, abgesehen von der strafrechtlichen Verurteilung, die Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist, disziplinarrechtlich und strafrechtlich nicht vorbelastet. Allerdings wurden gegen ihn am 28. Dezember 2006, 25. Mai 2007 und am 6. Mai 2008 Missbilligungen ausgesprochen.

II.

Mit Urteil des Amtsgerichts S. vom 2. März 2009, rechtskräftig seit dem 10. März 2009 wurde gegen den Beamten wegen Diebstahls in sechs tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit versuchten Diebstahl gemäß §§ 242, 22, 23, 53 StGB eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 200 Tagessätzen zu je 50 Euro verhängt (Az. 6 Ds 142 Js 95041/08). Folgender Sachverhalt ist Gegenstand des Strafurteils und wird dem Beamten im Disziplinarverfahren vorgehalten:

„1. am 5. Dezember 2007 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. eine Motorsäge Husqvarna, Typ 372 XP im Wert von 500 Euro entwendet zu haben, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten (Schaden für die Deutsche Post AG in Höhe von 500 Euro),

2. am 9. Januar 2008 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. ein Micro HiFi System der Marke Sony CMT-EH 10 im Wert von 79,95 Euro entwendet zu haben, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten (Schaden für die Deutsche Post AG in Höhe von 79,95 Euro),

3. zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem 19. Januar 2008 und dem 26. Januar 2008 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. einen Fotoapparat der Marke AGFA DC-302 im Wert von 118 Euro entwendet zu haben, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten (Schaden für die Deutsche Post AG in Höhe von 118 Euro),

4. am 8. März 2008 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. ein Philips Home Cinema Center HTS 6600 im Wert von 550 Euro entwendet zu haben, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten (Schaden für die Deutsche Post AG in Höhe von 550 Euro),

5. am 24. Juni 2008 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. ein Navigationssystem der Marke Magnum/Strato im Wert von 287 Euro entwendet zu haben, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten (Schaden für die Deutsche Post AG in Höhe von 287 Euro),

6. am 18. August 2008 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. ein Navigationssystem der Marke Medion MD 96390 im Wert von 299 Euro entwendet zu haben, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten (Schaden für die Deutsche Post AG in Höhe von 299 Euro),

7. am 11. September 2008 im Verteilzentrum der Deutschen Post AG in der Ä.-Straße ... in S. versucht zu haben, ein LCD Fernsehgerät der Marke Orion im Wert von 438 Euro, eine Kaffeemaschine der Marke Saeco, Typ Odea im Wert von 500 Euro und einen HDTV-Receiver der Marke Humax im Wert von 250 Euro zu entwenden, um diese Waren ohne Bezahlung für sich zu behalten (der Beamte wurde dabei auf frischer Tat ertappt).“

III.

Mit Verfügung vom 10. Oktober 2008 wurde gegen den Beamten ein Disziplinarverfahren gemäß § 17 BDG eingeleitet. Bereits am 26. September 2008 wurde gegenüber dem Beamten unter Anordnung der sofortigen Vollziehung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen. Mit Bescheid des Leiters der Niederlassung Brief S. vom 8. Juli 2009 wurde der Beamte gemäß § 38 Abs. 1 BDG vorläufig des Dienstes enthoben und im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten von seinen Dienstbezügen im Dezember eines jeden Jahres 1 v. H. der Dienstbezüge einbehalten.

Im Rahmen des Disziplinarverfahrens hat der Beamte sämtliche ihm vorgeworfenen Straftaten eingeräumt. Er habe die entwendeten Sachen gut gebrauchen können. Er habe kein Unrechtsbewusstsein mehr empfunden. Dies beruhe seiner Erinnerung und Einschätzung nach auf folgendem Hintergrund: Er sei damals u. a. wegen der Trennung von seiner Ehefrau und dem vorangegangenen gemeinsamen Hausbau in einer wirtschaftlich schwierigen Situation gewesen. Er sei mit seinen Nettobezügen kaum über die Runden gekommen und habe deswegen eine Nebentätigkeit aufnehmen wollen, was jedoch mit Hinweis auf seinen nicht stabilen Gesundheitszustand versagt worden sei. Er habe die Ablehnung als ungerecht empfunden, zumal er die Einkünfte aus der Nebentätigkeit dringend benötigt hätte. In diese Zeit sei auch die Streichung der Postzulage gefallen und es sei durch die Medien der Fall „Zumwinkel“ bekannt geworden. Insgesamt habe er damals eine ziemlich negative Einstellung zu seinem Arbeitgeber gehabt. Er habe auch Ärger im Dienst gehabt und Missbilligungen wegen Unpünktlichkeit erhalten, wobei er teilweise die Vorwürfe als ungerechtfertigt empfunden habe. Er habe bereits im Herbst 2006 gespürt, dass er ohne psychologische Hilfe seine Situation wohl nicht bewältigen könne. Seit September 2006 sei er deshalb bis Herbst 2008 bei insgesamt 23 Terminen in der Beratung und Therapie der Katholischen Ehe-, Familien- und Lebensberatung gewesen. Über die Diebstähle und darüber, dass es sich hier um Unrecht handle, habe er bis zum Zeitpunkt, als er erwischt worden sei, nicht nachgedacht. Nach Aufdeckung der Tat im September 2008 habe er sich in fortlaufende fachpsychiatrische Behandlung wegen rezidivierender depressiver Störung begeben.

Der örtliche Betriebsrat wurde auf Antrag des Beamten beteiligt. Er hat gegen die beabsichtigte Erhebung der Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Einwendungen dahingehend erhoben, sich für eine mildere Disziplinarmaßnahme auszusprechen.

IV.

Am 6. August 2010 erhob die Klägerin wegen des oben dargelegten Sachverhalts Disziplinarklage mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Das Verwaltungsgericht erkannte mit Urteil vom 14. Januar 2011 wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Der vor dem Strafgericht bindend festgestellte Sachverhalt - Diebstahl in sechs Fällen sowie versuchter Diebstahl zwischen dem 5. Dezember 2007 und dem 11. September 2008 - stelle ein außerordentlich schwerwiegendes, innerdienstliches Dienstvergehen dar, das den Kernbereich der beamtenrechtlichen Pflichten des Beamten betreffe. Ein Beamter, der während der Ausübung eines Dienstes Diebstähle begehe, zerstöre regelmäßig das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn und verliere überdies sein Ansehen. Milderungsgründe lägen nicht vor. Der Einwand, dass sich der Beklagte während der Tatbegehung in einer schwierigen psychologischen Situation befunden habe, nunmehr aber eine Prognose für ein künftig pflichtgemäßes Verhalten gestellt werden könne, könne nicht durchgreifen. Der unheilbare Vertrauensverlust finde seine Grundlage in erster Linie darin, dass der Beamte über mehrere Monate hinweg und mehrfach seine elementarsten Pflichten eigennützig verletzt habe, sein Fehlverhalten nicht von sich aus beendet habe, sondern seine Diebstähle fortgeführt hätte, wenn er nicht im September 2008 ertappt worden wäre. Der Beamte habe sein Tun damit erklärt, dass er in der damaligen Lebensphase zu einer vernünftigen Krisenbewältigung nicht fähig gewesen sei und sich deshalb zu den Straftaten habe hinreißen lassen. Die Umstände, aus denen sich diese Krise ergeben habe, dürften sich jedoch nach Überzeugung des Gerichts im weiteren Verlauf seines Lebens wiederholen. Dass der Beamte sich dann wieder zu einem Dienstvergehen hinreißen lasse, könne nicht ausgeschlossen werden und erscheine im Hinblick darauf, dass die vom Beamten geschilderten Probleme eher durchschnittlicher Natur seien, sogar wahrscheinlich.

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14. Januar 2011 aufzuheben, soweit das Verwaltungsgericht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt habe.

Das Gericht habe eine Abwägung der besonderen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen mit der Folge, dass eine Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit des Beamten, die die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme unausweichlich mache, nur dann angenommen werden könne, wenn entweder das Eigengewicht der Tat besonders hoch sei und wenn weitere Verfehlungen mit erheblichem disziplinarischen Eigengewicht hinzuträten oder es sich um einen Wiederholungsfall handele und durchgreifende Milderungsgründe im Einzelfall fehlten. Es sei eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen, die erforderlich sei, der Ansehensbeeinträchtigung entgegenzuwirken. Bei der Bemessung seien insbesondere auch die Umstände zur Tatbegehung sowie das Persönlichkeitsbild des Beamten zu berücksichtigen. In die Abwägung sei einzustellen, dass der Beamte sich sowohl im strafrechtlichen Verfahren als auch im Disziplinarverfahren vollumfänglich geständig gezeigt habe. Eine tatsächliche Zuordnung und ein Nachweis der begangenen Straftaten sei dadurch erst möglich geworden. Es zeige, dass der Beamte vollumfänglich schuldeinsichtig sei und sein Verhalten aufs Äußerste bedauere. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der Beamte sein Fehlverhalten nicht von sich aus beendet habe, sondern seine Diebstähle fortgesetzt hätte, wenn er nicht ertappt worden wäre, stelle eine bloße Vermutung dar. Die Tatsache, dass der Beamte weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich bislang vorbelastet gewesen sei, habe das Gericht nicht ausreichend in der Gesamtschau zugunsten des Beamten gewertet. Darüber hinaus habe das Gericht die familiäre Belastungssituation, der der Beamte im Tatzeitraum ausgesetzt gewesen sei, nicht ausreichend gewürdigt. Die damals schwierige psychologische Situation, die hauptsächlich auf die Trennung und nachfolgende Scheidung von der Ehefrau zurückzuführen gewesen sei, habe eine solche Ausprägung erlangt, dass der Beamte seine täglichen Pflichten nicht mehr habe erfüllen können. Von einem Vertrauensverlust könne nur dann ausgegangen werden, wenn gerade aufgrund der Gesamtwürdigung der Schluss gezogen werden müsse, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und bezieht sich auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Mit Beschluss vom 31. Januar 2013 hat das Gericht Beweis erhoben über die Fragen, ob beim Beklagten im Tatzeitraum Dezember 2007 bis September 2008 mindestens eines der in § 20 StGB genannten Krankheitsbilder vorlag und deswegen seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ausgeschlossen oder erheblich vermindert war (§§ 20, 21 StGB).

Falls Ja: Ob dieses erfolgreich behandelt wurde und ähnliche Pflichtverstöße nicht mehr eintreten werden.

Falls Nein: Kam der Zustand des Beklagten der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nahe und hat er diese schwierige Lebensphase nunmehr vollständig überwunden, so dass ähnliche Pflichtverstöße nicht mehr eintreten werden.

Unter dem 24. März 2014 hat der Sachverständige sein psychiatrisches Gutachten vorgelegt. Hinsichtlich des Ergebnisses des Gutachtens wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 5. Mai 2014 nahm der Beklagte zu dem Gutachten Stellung. Er habe während der Begutachtung aus seiner Sicht nicht die Möglichkeit gehabt, seine Beweggründe und seine psychische und seelische Konstitution während der Zeit der Diebstähle ausführlich und vollständig darzulegen und sich zu erklären. Unzutreffend sei, dass es sich bei dem Vorgehen um komplexe Handlungsabläufe gehandelt habe, die eine gewisse Planung des Handelns als Voraussetzung hätten. Die Taten seien vielmehr aus einem plötzlichen Impuls heraus erfolgt. Der Entschluss zum Diebstahl sei spontan dergestalt erfolgt, dass er sich bei der Paketverteilung auf die Fahrzeuge nach dem Ergreifen eines Pakets von einem Moment auf den anderen entschlossen habe, das Paket für sich zu behalten. Nicht zutreffend sei auch die Feststellung im Gutachten, der Beamte sei zu den Tatzeitpunkten weder motorisch noch psychisch erregt gewesen. Der Kläger sei sehr wohl angespannt und erregt bei der Tat gewesen, weil dieser spontane Drang zum Stehlen immer nur dann entstanden sei, wenn sich der Beamte von seinem Vorgesetzten ungerecht behandelt gefühlt habe. Der Beamte habe sich auch nicht trotz Kenntnis von alternativen Handlungsmöglichkeiten bewusst für das Stehlen entschieden. Der Beamte habe das Gespräch mit seinem Vorgesetzten und dem Betriebsrat gesucht, sich dort jedoch nicht ernst genommen und missverstanden gefühlt.

Der Senat hat am 23. Juli 2014 mündlich zur Sache verhandelt und den Sachverständigen angehört. Auf die Niederschrift hierzu wird verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Dem Gericht haben die Ermittlungsakten, die Verfahrensakten und die Personalakten des Beamten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat gegen den Beklagten frei von Rechts- und Ermessensfehlern die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verhängt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Berufungsgerichts erwiesen. Dass der Beklagte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat, steht aufgrund des rechtskräftigen Strafurteils vom 2. März 2009, das gemäß § 23 Abs. 1 i. V. m. § 57 Abs. 1 und § 65 Abs. 1 BDG auch für das Berufungsgericht Bindungswirkung entfaltet, fest. Anhaltspunkte dafür, dass das Urteil vom 2. März 2009 offensichtliche Unrichtigkeiten im Sinne von § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG enthält, sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat auch die Taten im Strafprozess sowie im behördlichen und gerichtlichen Disziplinarverfahren eingeräumt. Somit steht bindend fest, dass der Beklagte einen Diebstahl in sechs tatmehrheitlichen Fällen in Tateinheit mit einem versuchten Diebstahl an zuzustellenden Paketen der Klägerin im Zeitraum vom 5. Dezember 2007 bis 11. September 2008 begangen hat.

III.

Das Dienstvergehen, das sich der Beklagte hat zuschulden kommen lassen, ist als schweres innerdienstliches Dienstvergehen einzustufen, weil der Beamte schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a. F.). Dadurch hat er gegen seine beamtenrechtliche Pflicht, die Gesetze zu beachten und sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten, verstoßen (§ 54 Satz 3 BBG a. F.).

Die sechs Diebstähle sowie der versuchte Diebstahl im Zeitraum vom 5. Dezember 2007 und dem 11. September 2008 stellen ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a. F. dar.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist auch angemessen und erforderlich.

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 -; BayVGH, U. v. 12.3.2014 - 16a D 11.2657 - jeweils juris).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).

Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 20).

1. Durch die Diebstähle hat der Beklagte ein Zugriffsdelikt verwirklicht, das regelmäßig die disziplinare Höchstmaßnahme als Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung zur Folge hat.

Ein Zugriffsdelikt wird dadurch charakterisiert, dass ein Beamter auf dienstlich seinem Gewahrsam unterliegendes Geld oder unterliegenden Waren (hier Pakete) zugreift. Die disziplinare Einstufung als Zugriffsdelikt hängt dabei nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt auch nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist vielmehr entscheidend, dass einem Beamten Güter des Dienstherrn dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind (vgl. BVerwG, U. v. 8.4.2003 - 1 D 27.02 - juris Rn. 16; B. v. 20.12.2011 -2 B 64.11 - juris Rn. 11).

Ein Beamter, der sich bei Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeiten im Paketdienst an zuzustellenden Paketen vergreift, die seinem Gewahrsam unterliegen, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten und zerstört in der Regel das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 12), denn die öffentliche Verwaltung ist auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten beim Umgang mit solchen Gütern in hohem Maße angewiesen. Eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Mitarbeiters ist unmöglich und muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss deshalb grundsätzlich mit der Auflösung des Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, B. v. 20.12.2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 11).

Durch den Diebstahl der zuzustellenden Pakete hat der Beklagte nicht lediglich beamtenrechtliche Nebenpflichten verletzt, sondern vielmehr im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt. Zu den Kernpflichten des Beklagten gehört, dass er die ihm anvertrauten Pakete an die Kunden der Klägerin ausliefert und nicht auf diese im Wege eines Diebstahls zugreift.

Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung eines Zugriffdelikts entfällt, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, dieser habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 - juris Rn. 25).

Von der Höchstmaßnahme muss zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn einer in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum Einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum Anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 13).

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von Begleitdelikten und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwerwiegenden - etwa die Geringfügigkeitsgrenze nur unwesentlich überschreitenden - Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen. Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht von der Entfernung aus den Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 15).

2. Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

Ein Zugriff auf geringwertige Güter liegt bei einem Schaden für die vollendeten Diebstähle von 1.833,95 Euro sowie bei einem Warenwert von 1.188 Euro bei dem Versuch bei weitem nicht vor, da die Grenze der Geringwertigkeit bei 50 Euro anzusetzen ist (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris Rn. 16, BayVGH U. v. 22.9.2010 - 16b D 08.314 - juris Rn. 68), wobei für ein Zugriffsdelikt bei einem lediglich einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 Euro ebenfalls von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden kann (BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11 - juris Rn. 13; BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 43).

Der Beklagte befand sich bei der Ausübung der Taten auch nicht in einer existenziellen wirtschaftlichen Notlage (vgl. BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 50). Der Beklagte befand sich zwar wegen der Trennung von seiner Ehefrau und dem vorangegangenen gemeinsamen Hausbau in einer schwierigen finanziellen Situation und ist mit seinen Nettobezügen kaum über die Runden gekommen. Eine existenzielle Notlage kommt jedoch nur in Betracht, indem der Beamte keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf ihn dienstlich anvertraute Gelder (Güter) gesehen hat, um den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu sichern. Hierfür sind jedoch keine Anhaltspunkte gegeben. Eine - wie geschildert - schwierige Situation reicht hierfür nicht aus.

Beim Kläger lag auch keine psychische Ausnahmesituation, die zu einer verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB geführt hat, vor. Für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung ggf. erreicht. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung erheblich war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat unter Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab. Aufgrund dessen wird sie bei Zugriffsdelikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.7 - juris Rn. 30).

Der vom Senat beauftragte Sachverständige Prof. Dr. W. kommt in seinem Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis, dass aus fachärztlicher psychiatrischer Sicht kein Zusammenhang zwischen der psychischen Erkrankung und den begangenen Straftaten festgestellt werden konnte. Somit liegen keine Anhaltspunkte für eine Aufhebung oder Verminderung der Steuerungsfähigkeit oder der Einsichtsfähigkeit vor. Der Sachverständige kam zwar zu dem Ergebnis, dass im maßgeblichen Zeitraum von Dezember 2007 bis September 2008 eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome im Zuge einer rezidivierenden depressiven Störung (ICD-10 F 33.2) vorlag. Das auslösende Ereignis für die depressive Erkrankung kann in der Trennung und Scheidung seiner langjährigen Lebenspartnerin nach Eingehen der Ehe gesehen werden. Damit lag beim Beklagten im Tatzeitraum vom Dezember 2007 bis September 2008 eine der in § 20 StGB genannten Zustandsbilder, nämlich eine krankhafte seelische Störung vor. Als Grund seines Handelns gab der Beklagte in der Exploration mehrfach an, er habe sich an seinem Arbeitgeber rächen wollen, da er mit den Verhältnissen an seiner Dienststelle sehr unzufrieden gewesen sei. Er habe nach der Entwendung der Gegenstände eine gewisse Befriedigung gegenüber seinem Arbeitgeber empfunden und seinen Ärger kurzfristig etwas vergessen können. Als weiteres Motiv, wenn auch nicht von vergleichbarer Bedeutung, berichtete der Beklagte, er habe den einen oder anderen Gegenstand durchaus gebrauchen können. Insgesamt hat der Sachverständige aus psychiatrischer Sicht aus dem vom Beklagten beschriebenen Verhalten keinen kausalen Zusammenhang zwischen der schweren depressiven Episode und der begangenen Straftat sehen können. Der Sachverständige hat seine Meinung darauf gestützt, dass es sich bei dem Vorgehen um komplexe Handlungsabläufe handle, die eine gewisse Planung des Handelns als Voraussetzung hätten. Darüber hinaus hat der Beklagte den einen oder anderen Gegenstand durchaus gebrauchen können. Zudem war eine Modifikation und gezielte Steuerung des Handelns, z. B. bei Auswahl der Pakete, welche allesamt Gegenstände enthielten, die für den Beklagten von Vorteil waren, notwendig. Auch die Verteilung der Straftaten über einen längeren Zeitraum sprechen gegen eine Verminderung oder Aufhebung der Steuerungsfähigkeit. Aufgrund der Verhaltensweisen und der Motive, die der Beklagte angab, war die Fähigkeit des Beklagten das Unrecht der Tat einzusehen, für den Tatzeitraum offensichtlich gegeben. Der Sachverständige hat auch erwogen, ob im Hinblick auf impulshaftes Handeln differenzialdiagnostisch eine sog. Impulskontrollstörung (pathologisches Stehlen) vorlag. Für eine solche Erkrankung gab es aber aus der Anamnese des Patienten keinen Anhaltspunkt. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass aus forensisch-psychiatrischer Sicht im vorliegenden Fall entscheidend ist, ob die depressive Erkrankung so schwer ausgeprägt war, dass der Beklagte sich nicht mehr gegen das von ihm klar geäußerte Motiv der Rache an seinen dienstlichen Verhältnissen hätte entscheiden können. Diesen Schweregrad hat er aber als nicht gegeben angesehen. Er hat es auch nicht als entscheidend angesehen, ob der Beklagte bei der Tatausführung motorisch erregt war. Hinsichtlich der Möglichkeiten alternativer Handlungsweisen hat der Sachverständige ausgeführt, für die Beurteilung sei es nur darum gegangen, dass der Beklagte alternative Verhaltensweisen erkannt hat. Wie die Gespräche dann beim Vorgesetzten und beim Betriebsrat abgelaufen sind, waren jedoch für seine Bewertung nicht entscheidend. Der Sachverständige hat auch überzeugend dargelegt, dass der Beklagte seine Motivlage für sein Handeln umfangreich darlegen konnte. Es kann zwar sein, dass sich der Beklagte in seinem Redefluss unterbrochen gefühlt hat, weil bestimmte Punkte abgefragt wurden. Der Sachverständige konnte jedoch dem Gericht überzeugend vermitteln, dass der Beklagte seine subjektive Motivation der Tat durchaus darstellen konnte und er dessen subjektive Motivation der Tat verstanden hat. Die Feststellung des Sachverständigen, der Beklagte sei bei den Straftaten planmäßig vorgegangen, indem er z. B. den Barcode der Pakete bewusst nicht einscannte, ist schlüssig. Der Beklagte musste sich bei den Diebstählen überlegen, wie er vorgeht. Er hat sich auch für Pakete entschieden, die Waren enthielten, die er gebrauchen konnte. Neben dem unterlassenen Einscannen waren auch noch weitere Schritte erforderlich, um die Pakete dann auch unbemerkt aus dem Paketwagen zu schaffen und nach Hause zu bringen. Da kein kausaler Zusammenhang zwischen der psychischen Erkrankung und den Straftaten besteht, konnte der Sachverständige auch nicht davon ausgehen, dass eine Remission der depressiven Symptomatik mit dem Ausbleiben weiterer Pflichtverletzungen einhergehen muss. Ebenso hat der Sachverständige verneint, dass der psychische Zustand des Beklagten aus fachärztlicher Sicht den Zustand der verminderten Schuldfähigkeit nahe kam. Die Diebstähle waren konkret geplant, komplex im Ablauf und fanden über einen längeren Zeitraum statt. Ausgehend von den Verhaltensweisen, sowie auch den Motiven des Beklagten, war er fähig das Unrecht der Taten einzusehen und sich den Konsequenzen des Handelns auch bewusst zu sein.

Das vom Sachverständigen schriftlich erstellte und in der mündlichen Verhandlung erläuterte Gutachten ist nachvollziehbar und überzeugend. Der Senat konnte darauf seine Überzeugung stützen, einer weiteren Beweisaufnahme durch ein weiteres Sachverständigengutachten bedurfte es nicht.

Auch der bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, kann nicht herangezogen werden. Die mildere Bewertung knüpft hier daran, dass der Beamte der Situation nicht gewachsen war und ihr im Sinne einer Kurzschlusshandlung spontan erlegen ist (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 58). In einer solchen Lage befand sich der Beklagte nicht. Dies ergibt sich bereits aus den komplexen Tathandlungen und dem Tatzeitraum von Dezember 2007 bis September 2008.

3. Es liegen auch keine entlastenden Umstände vor, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht anerkannter Milderungsgründe vergleichbar sind. Der Beklagte hatte Probleme mit seinem Vorgesetzten und gegen ihn wurden auch am 28. Dezember 2006, am 25. Mai 2007 und am 6. Mai 2008 Missbilligungen ausgesprochen, wobei seine Einwände hiergegen nach seiner Ansicht nicht richtet bewertet wurden. Er hat sich ungerecht behandelt gefühlt. Der Beklagte hatte das Gefühl, „dass man ihn besonders auf dem Kieker hatte“ und bezog sich auf mehrere Ereignisse wie die Überfüllung des Aschenbechers und Vorwürfen im Zusammenhang eines defekten Scanners oder auch notwendigen Reparaturen am Kfz sowie einem Bagatellschaden an einem Kfz. In diesen Zeitraum fiel auch eine Ablehnung einer Nebentätigkeit, wobei der Kläger auf die Einnahmen aus der Nebentätigkeit angewiesen war. Darüber hinaus wurde in diesem Zeitraum auch der Fall „Zumwinkel“ bekannt.

Die daraus entstandenen Rachegefühle waren für den Beklagten auch Motivation für sein Handeln, denn er hat nach Entwendung der Gegenstände eine gewisse Befriedigung empfunden und seinen Ärger kurzfristig etwas vergessen können. Solche Beeinträchtigungen der Persönlichkeit können zu den subjektiven Beweggründen zählen, die im Rahmen des § 13 BDG zu berücksichtigen sind (BVerwG B. v. 24.7.2009 - 2 B 15.09 - juris Rn. 9).

Darüber hinaus befand sich der Kläger durch die überraschende Trennung seiner Ehefrau von ihm in einer schwierigen Situation, die auch zu seiner psychischen Erkrankung geführt hat, wegen der er auch in psychiatrischer Behandlung war. Auch ist seine knappe finanzielle Situation durch seinen Hausbau zu berücksichtigen. Ebenso war der Kläger weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet und erbrachte langjährige, allerdings lediglich durchschnittliche Dienstleistungen. Er war auch im Straf- und Disziplinarverfahren geständig und hat sein Verhalten bedauert.

Diese bemessungsrelevanten Umstände können in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines anerkannten Milderungsgrundes nicht kompensieren. Das Gewicht derartiger Umstände muss umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von Begleitdelikten und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Hier fällt die Anzahl und die Häufigkeit der Zugriffsdelikte, der über 9 Monate andauernde Zeitraum sowie die Höhe des Schadens besonders erschwerend in das Gewicht. Es handelte sich nicht um ein einmaliges Fehlverhalten, sondern der Kläger hat im Lauf des neunmonatigen Zeitraums jeweils wieder einen neuen Entschluss gefasst, die Pakete zu stehlen. Angesichts der Schwere des Zugriffsdelikts können demgegenüber die Rachegefühle sowie die schwere depressive Episode, zumal aus psychiatrischer Sicht kein kausaler Zusammenhang zwischen der schweren depressiven Episode und der begangenen Straftat gesehen werden kann (vergl. Gutachten Dr. W. S. 35), und die weiteren angeführten Milderungsgründe den vielfachen Vertrauensbruch nicht in einem milderen Licht erscheinen lassen. Der Beamte hat das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hatte und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, gravierend missbraucht und dadurch das Vertrauen in eine ehrliche und zuverlässige Diensterfüllung so enttäuscht, dass das Vertrauen endgültig verloren ist.

Anlass für eine insgesamt günstige Prognose ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer überwundenen negativen Lebensphase gegeben. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation - über das hinausgehend, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann - begründen (BVerwG U. v. 23.8.1988 - 1 D 136/87 - juris; BayVGH U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris). Die vom Beklagten dargelegten und oben bereits ausgeführten Lebensumstände sind nicht von so einem solchen Gewicht, dass sie die über einen längeren Zeitraum begangenen Zugriffsdelikte in einem deutlich milderen Licht erscheinen lassen, denn solche familiären und finanziellen Schwierigkeiten können grundsätzlich jeden treffen und sind nicht per se geeignet, eine so gravierende Ausnahmesituation zu begründen, die Anlass von einem Absehen von der Höchstmaßnahme gibt.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats deshalb die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

4. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist unter Abwägung des Gewichts des Dienstvergehens sowie des dadurch eingetretenen Vertrauensschadens und der mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung auch nicht unverhältnismäßig. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung die Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde seinen Dienstaufgaben künftig pflichtgemäß erfüllen, ist die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften schwerwiegenden Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2.03 - juris Rn. 49).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 69 BDG, § 132 VwGO, § 191 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG).

(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.

(2) Wird eine Disziplinarverfügung trotz Vorliegens eines Dienstvergehens aufgehoben, können die Kosten ganz oder teilweise dem Beamten auferlegt werden.

(3) In Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Fristsetzung (§ 62) hat das Gericht zugleich mit der Entscheidung über den Fristsetzungsantrag über die Kosten des Verfahrens zu befinden.

(4) Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Kosten des behördlichen Disziplinarverfahrens.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Für die Zulassung der Revision, für die Form und Frist der Einlegung der Revision und der Einlegung der Beschwerde gegen ihre Nichtzulassung sowie für die Revisionsgründe gelten die §§ 132, 133, 137 bis 139 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes:

1.
Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist.
2.
Die Revision kann außer auf die Verletzung von Bundesrecht darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruht.