Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 24. Sept. 2014 - 16a D 13.118

bei uns veröffentlicht am24.09.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Der am ... 1957 in A. geborene Beklagte trat nach Abschluss seiner Schullaufbahn mit der Mittleren Reife im Jahr 1974 zum 25. Februar 1975 als Polizeianwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Dienst des Klägers ein. Am 1. Juli 1975 wurde er zum Polizeiwachtmeister und zum 1. Februar 1976 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Bei der Anstellungsprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst im Jahr 1977 erzielte er die Gesamtnote „befriedigend“ (2,75). Am 1. September 1978 wurde er zum Polizeihauptmeister, am 1. September 1980 zum Polizeimeister und am 1. September 1983 zum Polizeiobermeister ernannt. Ab dem 1. Februar 1984 war der Beklagte bei der Grenzpolizeistation Sch. eingesetzt.

Zum 27. April 1984 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und am 1. September 1996 zum Polizeihauptmeister ernannt. Der Beklagte feierte am 25. Februar 2000 sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Mit Schreiben des Polizeipräsidiums Ni./Ob. vom 8. April 2003 wurde er zum polizeilichen Suchtberater für den Dienstbereich der Grenzpolizeiinspektion S. bestellt und mit Wirkung zum 1. Januar 2008 zur Polizeiinspektion M., Polizeipräsidium Oberfranken, versetzt.

Der Beklagte ist verheiratet und hat zwei 1986 und 1992 geborene Kinder. Er bezieht Einkünfte aus der Besoldungsgruppe A 9.

Der Beklagte erhielt folgende dienstliche Beurteilungen:

1990: übertrifft die Anforderungen

1993: übertrifft die Anforderungen

1996: übertrifft die Anforderungen

1999: 9 Punkte

2002: 9 Punkte

2005: 9 Punkte

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

1. Er wurde mit Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 (Az. 10 Ds 24 Js 13886/05) wegen Untreue gem. § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist seit dem 21. September 2006 rechtskräftig. Den Urteilsgründen liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

„Zum Aufgabenbereich des Angeklagten, der seit dem 01.02.1984 bei der Grenzpolizeistation Sch. (GPS) als Polizeihauptmeister tätig ist, gehört auch die Erteilung gebührenpflichtiger Verwarnungen und der Einzug der in bar entrichteten Verwarnungsgelder. Zu diesem Zweck wurden dem Angeklagten Verwarnungsblöcke bestehend aus 25 fortlaufend nummerierten Verwarnungsbescheinigungen ausgehändigt. Zu den Modalitäten und Pflichten im Umgang mit den empfangenen Verwarnungsgeldern und Verwarnungsblöcken war der Angeklagte belehrt worden. Zudem war auf jedem Verwarnungsblock eine Belehrung über die Handhabung der Verwarnungsblöcke und der eingenommenen Gelder vorhanden. Dem Angeklagten war bekannt, dass das im Verwarnungsverfahren eingenommene Bargeld in einem vorschriftsmäßigen Kassenbehälter zu verwahren war. Außerdem waren die eingenommenen Beträge in den Barzahlungsstellen der GPS Sch. mindestens einmal monatlich, spätestens jedoch, wenn ein Verwarnungsblock verbraucht war, abzurechnen. Vor längeren Urlauben, längeren Lehrgängen sowie bei der Abordnung oder Versetzung hatte der Angeklagte ebenfalls die eingenommenen Verwarnungsgelder abzuliefern.

Wie der Angeklagte wusste, hätte er bei vollständigem Verbrauch eines Verwarnungsblocks das eingenommene Geld abrechnen und vor allem die eingenommenen Gelder bis dahin separat aufbewahren müssen. Bei der Grenzpolizeistation Sch. bestand die Übung, dass die Polizeibeamten über nicht mehr als vier Verwarnungsblöcke gleichzeitig verfügten. Im Zeitraum vom 06.02.2002 bis zum 27.09.2005 verfügte der Angeklagte jedoch über bis zu elf Verwarnungsblöcke gleichzeitig, da er seinen Ruf als „Schlamperer“ bewusst dazu ausnutzte, den für die Ausgabe und Überwachung der Verwarnungsblocks verantwortlichen Angestellten der GPS Sch. vorzuspiegeln, er habe die „alten“ Verwarnungsblöcke vergessen, beziehungsweise er werde sie umgehend nachreichen. Obwohl er bereits Verwarnungsblöcke verbraucht hatte, rechnete er in der Folgezeit diese nicht vorschriftsmäßig ab und holte sich immer wieder neue Verwarnungsgeldblöcke. Anlässlich einer unvermuteten Kontrolle am 29.09.2005 stellte der Leiter der GPS Sch. fest, dass der Angeklagte neun Verwarnungsblöcke in seinem Besitz hatte und diese nicht vorschriftsmäßig abgerechnet hatte. Er wurde deshalb aufgefordert, sämtliche Verwarnungsblöcke mit dem dazugehörigen Verwarnungsgeld vorzulegen und abzurechnen. Zunächst konnte der Angeklagte fünf Verwarnungsblöcke, die er bei sich hatte, vorlegen.

Im Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Verwarnungsblöcke:

Ausgabedatum Blocknummer Betrag in Euro

1.13.05.2003B 26394860,00

2.15.08.2003B 26394875,00

3.13.10.2003B 26404870,00

4.04.03.2004B 26423870,00

5.13.04.2004B 26425870,00

Den eingenommenen Gesamtbetrag dieser Verwarnungsgelder in Höhe von 4.350,00 Euro konnte der Angeklagte zum Zeitpunkt der Vorlage der Verwarnungsblöcke nicht abliefern, da er diese Gelder aufgrund eines privaten finanziellen Engpasses für die Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet hatte. Vielmehr zahlte er erst am 07.10.2005 den entsprechenden Betrag zurück. Am 30.09.2005 übergab er weitere noch ausstehende vier Verwarnungsblöcke und zahlte das Verwarnungsgeld in Höhe von 2.655,00 Euro. Im Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Verwarnungsblöcke:

Ausgabedatum Blocknummer Betrag in Euro

1. 06.02.2002A 01670 490,00

2. 25.10.2002 B 01690 780,00

3. 24.04.2003 B 26391 840,00

4. 15.08.2003 A 01690 495,00

Insgesamt hatte somit der Angeklagte Verwarnungsgelder in Höhe von 6.955,00 Euro nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig abgeliefert, sondern teilweise für eigene Zwecke verbraucht.“

2. Mit seit 19. Juli 2011 im Schuldspruch rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21.06.2011 (Az. Cs 26 Js 338/11) wurde der Beklagte wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 b StGB schuldig gesprochen. Das festgelegte Strafmaß von 80 Tagessätzen zu je 60,- Euro wurde mit seit 18. August 2011 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel (Az. 8 Cs 26 Js 338/11), in dem lediglich über den Rechtsfolgenausspruch zu entscheiden war, auf eine Geldstrafe von 80 Tagessätze zu je 35,- Euro reduziert. Folgende tatsächliche Feststellungen liegen dieser Verurteilung zugrunde:

„Der Beklagte fuhr am 10. Januar 2011 gegen 11:30 Uhr mit dem Pkw Chrysler Jeep Grand Cherokee, Kennzeichen WUN-..., auf der Ma2.-straße in A. in Richtung Ma3.-platz, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen ist. Infolgedessen ist er, als er nach links auf den Ma3.-platz eingebogen ist, den Bogen zu weit gefahren und gegen den ordnungsgemäß geparkten Pkw Seat, amtliches Kennzeichen TIR-..., der Geschädigten Tr. gestoßen. An dem Pkw ist dadurch ein Sachschaden in Höhe von ca. 885,00 Euro entstanden. Bei dem Beklagten am 10. Januar 2011 um 15.47 Uhr und 16.18 Uhr entnommenen Blutproben ergaben eine Blutalkoholkonzentration von 2,43 und 2,28 Promille.“

III.

Mit Vermerk vom 12. Oktober 2005 leitete das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. disziplinarische Vorermittlungen gem. Art. 27 BayDO gegen den Beklagten ein und verfügte gleichzeitig sofort vollziehbar die Herausgabe aller dienstlichen Gegenstände sowie ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß Art. 68 BayBG a. F.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 setzte das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. das Disziplinarverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gem. Art. 17 BayDO aus. Zeitgleich hob es das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auf und gab dem Beklagten auf, sich ernsthaft um die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse unter Einsatz professioneller Hilfe zu bemühen und dies durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen nachzuweisen.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2006 übernahm das Polizeipräsidium M. in seiner Eigenschaft als Disziplinarbehörde das Disziplinarverfahren gem. Art. 35 Abs. 2 und 3 BayDG.

Mit Verfügung vom 29. Juni 2006 wurde der Beklagte gem. Art. 39 BayDG vorläufig des Dienstes enthoben und die Zahlung von Stellenzulagen i. S. v. Nr. 42 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Bundesbesoldungsgesetz eingestellt.

Die Personalvertretung stimmte - letztendlich mit Schreiben des Hauptpersonalrats beim Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 17. Mai 2010 - der Erhebung einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst nicht zu, da eine ordnungsgemäße bzw. frühzeitig verstärkte Dienstaufsicht gerade wegen des Rufs des Beklagten als „Schlamperer“ das Ausmaß der begangenen Dienstpflichtverletzung durch den Beklagten verringert hätte.

Mit Wirkung ab 22. Februar 2012, gültig bis 31. Mai 2014, ist dem Beklagten ein Grad der Schwerbehinderung von 60 Prozent zuerkannt worden.

Ein mit Beschluss des Amtsgerichts Hof - Insolvenzgericht - vom 21. Februar 2007 über das Vermögen des Beklagten eröffnetes Insolvenzverfahren ist seit Ende 2013 abgeschlossen.

IV.

Am 24. Juni 2010 hat das Polizeipräsidium M. beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage mit dem Antrag erhoben, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Neben dem Sachverhalt, der Gegenstand der strafrechtlichen Verurteilung durch das Urteil des Amtsgericht Wunsiedel vom 13. September 2006 ist, wird dem Beklagten im Rahmen der Disziplinarklage auch Folgendes zu Last gelegt:

Der Beklagte betreibt gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 der Bayerischen Nebentätigkeitsverordnung (BayNV) eine allgemein genehmigte landwirtschaftliche Nebentätigkeit. Wegen dieser im Rahmen der Nebentätigkeit eingegangenen finanziellen Verpflichtungen sind seine Dienstbezüge im Jahr 2005 durch folgende Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wunsiedel gepfändet worden:

Datum Aktenzeichen Höhe der Forderung in Euro

1. 11. Januar 2005 1 M 61/05 15.000,00

2. 17. Mai 2005 1 M 1097/05 5.101,44

3. 26. Juli 2005 1 M 1727/05 1.906,60

Am 20. Dezember 2005 hat der Präsident des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz dem Beklagten mitgeteilt, er erwarte von ihm, dass er sich nachhaltig, ernsthaft und zielstrebig der Klärung seines Schuldenproblems zuwende, sich diesbezüglich professioneller Hilfe bediene und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. entsprechende Bescheinigungen beziehungsweise Bestätigungen vorlege.

In der Folgezeit sei der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachgekommen und mit dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. wegen der Schuldenproblematik in keinerlei Kontakt mehr gestanden. Im Jahr 2006 und im Jahr 2007 seien daraufhin folgende weitere Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wunsiedel eingegangen:

Datum Aktenzeichen Höhe der Forderung in Euro

1. 19. Januar 2006 1 M 169/06 10.710,63

2. 17. Februar 2006 1 M 413/06 3.225,54

3. 16. Mai 2006 1 M 1048/06 4.145,11

4. 14. Juli 2006 1 M 1518/06 1.670,20

5. 17. Juli 2006 1 M 1519/06 925,90

6.17. Juli 2006 1 M 1516/06 736,28

7. 28. August 2006 1 M 1619/06 358,00

8. 6. September 2006 1 M 1918/06 443,70

9. 7. Dezember 2006 1 M 2718/06 3.033,33

10. 9. Januar 2007 1 M 59/07 1.898,45

Aufgrund einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Finanzamts W. vom 23. August 2006 wurden die Bezüge des Beklagten wegen einer Hauptsacheforderung in Höhe von 18.754,87 Euro gepfändet.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums München vom 18. Januar 2011 wurde dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass der Kläger die Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage beabsichtige. Mit Beschluss vom 7. März 2011 wurde das Verfahren ausgesetzt. Die am 9. November 2011 erhobene Nachtragsdisziplinarklage stützt sich auf den dem Strafbefehl des Amtsgerichts Wunsiedel vom 12. Juni 2011 und dem Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 18. August 2011 zugrundeliegenden Sachverhalt der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 StGB). Auch hier war der Beklagte zunächst vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage mit Schreiben vom 12. September 2011 abschließend angehört worden.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Oktober 2012 wurde der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Durch die fehlende erneute Mitwirkung der Personalvertretung gem. Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3, Satz 5, Art. 75 Abs. 2 Nr. 1, 2 BayPersVG vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage vom 9. November 2011 hafte dem behördlichen Disziplinarverfahren kein wesentlicher Mangel im Sinne des Art. 53 BayDG an, der das Gericht hätte veranlassen müssen, das Verfahren zur Beseitigung des Mangels an die Disziplinarbehörde zurück zu geben, Art. 53 Abs. 3 Satz 1 BayDG.

Die dem Beklagten zur Last gelegte Untreue stehe zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 nach Art. 25 Abs. 1 BayDG, 55 BayDG fest. Ebenso der Sachverhalt der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung als Gegenstand des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21. Juni 2011 (Az. 8 Cs 26 Js 338/11). Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls seien gem. Art. 55 BayDG i. V. m. Art. 25 Abs. 2 BayDG zwar nicht bindend, könnten aber der Entscheidung im Disziplinarverfahren zugrunde gelegt werden. Das bloße Bestreiten des Sachverhalts durch den Beklagten sei als bloße Schutzbehauptung zu werten und könne die Indizwirkung des Strafbefehls nicht überwinden.

Zudem stehe fest, dass der Beklagte, der privat eine Nebentätigkeitslandwirtschaft (Schafzucht) betreibe, und der wegen Verbindlichkeiten aus dieser Betätigung in den Jahren 2005 bis 2007 Pfändungen in Höhe von insgesamt 67.910,05 Euro unterlegen sei, es trotz Aufforderung durch das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. unterlassen habe, sich zur Klärung seines Schuldenproblems professioneller Hilfe zu bedienen und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. hierüber Bescheinigungen und Bestätigungen vorzulegen.

Bei der außerdienstlichen fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung seien die qualifizierenden Merkmale des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt. Das Vertrauen in eine rechtsstaatliche Verwaltung werde auch bei einem des Dienstes enthobenen Polizeivollzugsbeamten erheblich beeinträchtigt, wenn dieser in einem hochgradig alkoholisierten Zustand ein Kraftfahrzeug führt. Diese außerdienstliche Pflichtverletzung bilde zusammen mit den innerdienstlichen Pflichtverletzungen (Untreue und Weisungsverstoß im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten) ein einheitliches Dienstvergehen.

Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen wiege sehr schwer und habe bei dem Beklagten zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt. Bereits die innerdienstliche Untreue von insgesamt 6.955,00 Euro sei so erheblich, dass sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - bereits ohne hinzutretende Erschwerungsgründe - die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen könne. Durchgreifende Milderungsgründe habe die Kammer nicht erkennen können, auch der von der Beklagtenseite im Wesentlichen in Anspruch genommene Milderungsgrund der mangelhaften Dienstaufsicht liege nicht vor, da diese vorliegend nicht zu einer erheblichen Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit geführt habe. Bis zur Aufdeckung der innerdienstlichen Untreue habe der Kläger - ungeachtet eines möglichen Rufs als „alter Schlamperer“ - keinen Grund gehabt, an der Ehrlichkeit des Beklagten zu zweifeln. Wenn gegenüber dem Beklagten Gründe für Misstrauen hinsichtlich der pflichtgemäßen Ausübung seiner Dienstgeschäfte erkennbar gewesen wären, wäre er nach Überwindung seiner vorhandenen Alkoholerkrankung auch nicht als Suchtberater bestellt worden. Auch aus der Beweisaufnahme ließen sich keine anderen Schlüsse ziehen. Den Aussagen von drei früheren Vorgesetzten des Beklagten und einer - für die Ausgabe von Verwarnungsblöcken und deren Abrechnung zuständigen - früheren Geschäftsstellenangestellten der GPS Sch. seien keinerlei Hinweise darauf zu entnehmen gewesen, dass sich ihnen im genannten Zeitraum hätte aufdrängen müssen, dass der Beklagte Verwarnungsgelder für sich behalte bzw. ein Anlass vorliege, dem Beklagten gegenüber eine verschärfte Aufmerksamkeit an den Tag zu legen.

Das Persönlichkeitsbild und die dienstlichen Leistungen des Beklagten sprächen deutlich gegen ihn. Der Beklagte zeige bei der Erfüllung seiner Dienstpflichten wenig Engagement. Seine nach der Aufdeckung der Untreue zunächst abgegebene Zusage, sich um die Ordnung seiner finanziellen Situation zu bemühen, habe er nicht eingehalten. In der Zeit ab Dezember 2005, als er unter verstärkter Dienstaufsicht gestanden sei, habe seine Leistungsfähigkeit nochmals nachgelassen, während gleichzeitig keine Reduzierung seiner unternehmerischen Tätigkeit als Schafzüchter festgestellt worden sei. Er habe unkooperatives Verhalten gezeigt und es an Einsicht in seine Verantwortlichkeit fehlen lassen. Das Verhalten des Beklagten in der Vergangenheit habe gezeigt, dass er dazu neige, private Interessen über seine dienstlichen Pflichten zu stellen und in Situationen, die ihn überfordern, in alte Muster - z. B. im Hinblick auf den Alkoholkonsum - zurückzufallen. Dadurch habe der Beklagte das ihm ursprünglich eingeräumte Vertrauen gänzlich verspielt.

Der hilfsweise - für den Fall der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis - gestellte Antrag des Beklagten, den Zeitraum der Zahlung des Unterhaltsbeitrags im Sinne des Art. 11 Abs. 3 Satz 1 BayBG gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG auf mindestens ein Jahr zu verlängern, sei ebenfalls abzulehnen, da eine unbillige Härte nicht vorliege.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, seinem Bevollmächtigten zugestellt am 13. Dezember 2012, am 8. Januar 2013 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Oktober 2012 aufzuheben und gegen den Beklagten die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung zu verhängen.

Hilfsweise für den Fall einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wurde beantragt,

dem Beklagten einen Unterhaltsbeitrag gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG für die Dauer von zwei Jahren ab Rechtskraft zu gewähren.

Das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung zu Unrecht das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels durch die unterbliebene Mitwirkung der Personalvertretung bei der Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage verneint.

Das Gericht sei bei seiner Bewertung zunächst davon ausgegangen, dass ein wesentlicher Mangel nur dann anzunehmen sei, wenn nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass dieser Mangel sich auf das Ergebnis des Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben könnte. Vorliegend lasse sich aber das Ergebnis der Erörterung der Nachtragsdisziplinarklage mit der Personalvertretung nicht eingrenzen, insbesondere seien die Inhalte der Nachtragsdisziplinarklage für das gerichtliche Disziplinarverfahren nicht ohne Bedeutung gewesen, da das Verwaltungsgericht seine negative Prognose im Wesentlichen darauf gestützt habe, dass der Beklagte während der vorläufigen Dienstenthebung eine fahrlässige Trunkenheitsfahrt begangen habe. Dementsprechend lasse sich auch nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass in der Folge einer Erörterung der Nachtragsdisziplinarklage mit der Personalvertretung ein abweichendes Ergebnis des Disziplinarverfahrens erster Instanz eingetreten wäre. Hierbei sei auch unerheblich, dass die Personalvertretung lediglich ein Mitwirkungsrecht besitze. Hieraus könne nicht die zwingende Schlussfolgerung gezogen werden, der Dienstherr werde im Rahmen der Erörterung an seiner vorläufigen Meinung zwingend festhalten. Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2008 sei die Beteiligung des Personalrats beantragt worden, eine Wiederholung des Antrags sei nicht erforderlich, insbesondere sei durch das Schreiben des Beklagten vom 28. Oktober 2011 auch kein Verzicht auf die beantragte Beteiligung der Personalvertretung erklärt worden.

Unzutreffend sei auch die Wertung des Verwaltungsgerichts, der Maßnahmemilderungsgrund der fürsorgepflichtwidrigen Verletzung der Dienstaufsicht liege nicht vor. Von einem endgültigen Vertrauensverlust in den Beklagten mit der Folge der Verhängung der Höchstmaßnahme sei nicht auszugehen.

Hier sei zunächst festzustellen, dass die organisatorischen Gegebenheiten des Dienstherrn objektiv offensichtlich unzureichend gewesen sind. Die aufgrund der offensichtlich unzureichenden Kontrollmechanismen erschwerte Bemerkbarkeit der Auffälligkeiten beim Beklagten sei im Sinne eines Organisationsverschuldens der Sphäre des Dienstherrn zuzurechnen. Hinsichtlich dieser unzureichenden Kontrollmechanismen habe die Zeugin Bö. (zuvor Kü.) in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass ihr die Aufgaben der Abrechnung der Verwarngeldblöcke ohne jede Einarbeitung oder Einweisung nach längerer Krankheit übertragen worden seien, sie nicht wisse, ob einer der Dienststellenleiter jemals die Einhaltung der Abrechnungsvorschriften durch die Beamten geprüft habe und sie keinen besonderen Auftrag gehabt hätte, Auffälligkeiten zu melden. Die Kontrolle über Abgabe und Rückgabe der einzelnen Blöcke sei die Aufgabe von Frau Bö. gewesen. Die Kontrolle über die Abrechnungslisten von Verwarngeldblöcken sei auch Aufgabe von Frau Ta. gewesen. Die Zeugenaussagen ergäben, dass keine der beteiligten Personen es für die jeweils eigene Aufgabe gehalten habe, die Ausgabe und Abrechnung der Verwarngeldblöcke zu überwachen. Nach Aussage des Zeugen Ho. sei aufgrund der Vorfälle in der Dienststelle der gesamte Prozess Verwarngeldblockabrechnung geändert worden, da die Vorgesetzten des Beklagten zu diesem Zeitpunkt offensichtlich die schwerwiegenden organisatorischen Defizite erkannt hätten. Die Vorgesetzten hätten bei ordnungsgemäßer Führung der Dienststelle zwangsläufig erkennen müssen, dass der Beklagte einer besonderen Dienstaufsicht bedürfe. Hinsichtlich der Verwarngeldblöcke wäre bereits die einfache Bestimmung einer klaren Zuständigkeit für die Überwachung der Vorgaben zur Abrechnung eine ausreichende organisatorische Maßnahme gewesen. Der Ansatz des erstinstanzlichen Gerichts, allein auf die tatsächlichen Beobachtungen der Vorgesetzten zur Bestimmung der notwendigen Dienstaufsicht abzustellen, greife zu kurz. Die Grundlage des Maßnahmemilderungsgrundsatzes der fürsorgepflichtwidrigen Verletzungen der Dienstaufsicht liege darin, dass in diesen Fällen dem Beamten nicht uneingeschränkt angelastet werden könne, wenn aufgrund der Gleichgültigkeit bzw. des Desinteresses der Vorgesetzten ein Fehlverhalten eine Gewichtigkeit erlange, die im Rahmen eines pflichtgemäßen Verhaltens nicht eingetreten wäre. Im Übrigen seien Auffälligkeiten in der Dienstverrichtung des Beklagten auf der Dienststelle bekannt gewesen, wie die vernommenen Zeugen übereinstimmend bestätigt hätten. Insgesamt hätte sich die Situation so dargestellt, dass der Beklagte offenkundig einen Ruf als unzuverlässiger Sachbearbeiter gehabt hätte, bekanntermaßen trockener Alkoholiker gewesen sei und eine deutliche und erkennbare Vorliebe für Nachtdienste gepflegt habe, wodurch er sich der sozialen Kontrolle in der Dienststelle entzogen und sowohl als „kautzig“ wie auch als „alter Schlamperer“ wahrgenommen worden sei.

Jedenfalls hätten hinreichende Anhaltspunkte vorgelegen, den Beklagten deutlich vor dem Jahr 2005 sowohl hinsichtlich seiner Sachbearbeitung als auch in der Zusammenarbeit enger an den regulären Betrieb der Dienststelle und die Aufsicht durch Vorgesetzte anzubinden. Aus dem Personalführungskonzept des Klägers lasse sich entnehmen, dass bei solchen Fehlentwicklungen, wie beim Beklagten, durch Führung entgegenzuarbeiten und ein Gefühl gegenseitiger Verantwortlichkeit und Kameradschaft zu schaffen sei. Dies hätten die Vorgesetzten des Beklagten, namentlich der Zeuge He., fürsorgepflichtwidrig unterlassen. Entgegen der Wertung des Verwaltungsgerichts sei hier davon auszugehen, dass die Eigenverantwortlichkeit des Beklagten aufgrund der Vernachlässigung der Dienstaufsicht trotz ausreichender Hinweise auf Auffälligkeiten eingeschränkt gewesen sei.

Auch unabhängig vom Vorliegen eines erheblichen Maßnahmemilderungsgrundes lägen in der Gesamtschau des Persönlichkeitsbildes des Beklagten Umstände von derartigem Gewicht vor, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme als angemessen erscheinen ließe. Der Beklagte habe sich zum gegenständlichen Zeitpunkt in einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befunden, da sein landwirtschaftlicher Betrieb aufgrund des Zusammenbruchs seiner Bank und nicht aufgrund von Misswirtschaft o. ä. in diese Situation geraten sei. Die Fortführung des Betriebs sei auch im Hinblick auf die Verantwortung für das Wohlergehen seines Tierbestands zu sehen, der er sich nur schwer entziehen habe können und die ihn in eine Überforderungssituation gebracht hätte. Es sei daher von einer vorübergehenden negativen Lebensphase auszugehen, die überwunden sei. Die Verhältnisse seien zwischenzeitlich dahingehend geordnet, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten des Betriebs zukünftig nicht mehr die Existenz der Familie bedrohen würden.

Der außerdienstlich fahrlässigen Trunkenheitsfahrt komme kein ausreichendes Gewicht zu, um trotz eines erheblichen Maßnahmemilderungsgrundes dennoch die Annahme eines endgültigen Vertrauensverlustes in den Beklagten zu rechtfertigen.

Hierbei sei insbesondere aufzuzeigen, dass der Schuldvorwurf lediglich in Form der Fahrlässigkeit bestehe, eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nicht eingetreten sei und der Vorgang unter Berücksichtigung der bekannten Alkoholerkrankung des Beklagten im Verhältnis zum Umgang mit den Verwarngeldern weit weniger gewichtig sei. Insbesondere lasse sich hieraus keine negative Prognose ableiten.

Im Übrigen komme das Verwaltungsgericht zu Unrecht zu dem Schluss, bei Gesamtschau der Umstände wäre keine Maßnahmenminderung angezeigt, die der Höchstmaßnahme entgegenstünde.

Eine Verlängerung des Unterhaltsbeitrags auf die Dauer von zwei Jahren sei erforderlich, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine solche sei nicht allein deshalb bereits ausgeschlossen, weil nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden könne, dass die bestehende Härte innerhalb des Zeitraums der Verlängerung des Unterhaltsbeitrags tatsächlich beseitigt sei. Mit einem weiteren zeitlichen Spielraum könne eine unbillige Härte abgemildert werden und dem Beklagten die Möglichkeit geschaffen werden, die Ertragslage seines Betriebes dahingehend zu steigern, dass hiervon der Lebensunterhalt bestritten werden könne.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 24. September 2014 mündlich zur Sache verhandelt. Mit Beschluss wurden die Handlungen ausgeschieden, die die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus den Jahren 2005, 2006 und Januar 2007 betreffen und das dem Beklagten damit vorgehaltene Verhalten.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Hof zum Az. 26 Js 338/11 und zum Az. 24 Js 13886/05, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums München bzw. des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen und den (Hilfs)antrag auf Verlängerung der Bezugsdauer des Unterhaltsbeitrags gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG abgelehnt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. In der fehlenden erneuten Mitwirkung der Personalvertretung im Sinne des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 5, Art. 75 Abs. 2 Nr. 1, 2 BayPersVG vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage hat das Verwaltungsgericht zu Recht keinen Mangel gesehen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten war eine nochmalige Beteiligung des Personalrats vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage nicht erforderlich. Zu Recht ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayPersVG für die Mitwirkung der Personalvertretung vor Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage nicht vorliegen.

Gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 4 BayPersVG ist der Personalrat auf Antrag des Beamten bei Erhebung der Disziplinarklage zu beteiligen. Dieses Recht der Mitwirkung bezieht sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur insoweit inhaltsgleichen Regelung des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG allerdings nur auf die grundlegende disziplinarbehördliche Abschlussentscheidung, ob überhaupt eine Disziplinarklage erhoben werden soll. Demgegenüber unterliegt der Inhalt der Klageschrift, insbesondere die Antragstellung, nicht der Mitwirkung (vgl. BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12/04 - juris). Hiervon ausgehend bedurfte es vorliegend der nochmaligen Beteiligung des Personalrats nicht, da eine Disziplinarklage bereits erhoben war.

Gemäß Art. 51 Abs. 3 Satz 3 BayDG können neue Handlungen in einem eigenständigen Disziplinarverfahren verfolgt werden. Entscheidet sich der Dienstherr mit Blick auf den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens für eine einheitliche disziplinare Verfolgung und erhebt eine Nachtragsklage, so werden in das bereits anhängige gerichtliche Verfahren die weiteren Dienstpflichtverletzungen lediglich mit einbezogen. Die Nachtragsdisziplinarklage hat damit die Wirkung einer Klageerweiterung (s. hierzu auch OVG Thüringen, U. v. 5.12.2011 - 8 DO 110/09 - juris). Es wird kein weiteres Prozessrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten begründet

(s. Zängl, Kommentar zum Bayerischen Disziplinarrecht, Stand Oktober 2013, Rn. 4 zu Art. 51 BayDG). Auch nach der amtlichen Begründung in der Landtags-Drs. 15/4076, Abschnitt C., Zu § 1, zu Art. 51, S. 45, ist der Begriff „Nachtragsdisziplinarklage“ lediglich die „Bezeichnung“ für die Einbeziehung neuer Vorwürfe in ein „bereits anhängiges Verfahren der Disziplinarklage“.

Die eigentliche Entscheidung über die Zustimmung zur Disziplinarklageerhebung wurde vom Personalrat bereits mit Schreiben vom 17. Mai 2010 getroffen. Die Vorschrift des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 4 BayPersVG statuiert ein Mitwirkungsrecht allein bei dieser grundlegenden Entscheidung über die Erhebung der Disziplinarklage selbst, nicht aber ermöglicht sie - worauf das Verwaltungsgericht zurecht hingewiesen hat - eine Einflussnahme des Personalrats auf Inhalt und Umfang des Disziplinarverfahrens, insbesondere die Überprüfung einzelner (nachgeschobener) Dienstpflichtverletzungen (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12/04 - juris, OVG Thüringen, U. v. 5.12.2011 a. a. O.).

II.

Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 (Az. 10 Ds 24 Js 13886/05) zugrunde liegt, steht gem. Art. 25 Abs. 1, 55 Hs. 1 und 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Nach diesen Vorschriften sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend. Zudem hat der Beklagte die Vorwürfe eingeräumt.

Danach steht für den Senat fest, dass der Beklagte im Zeitraum vom 6. Februar 2002 bis zum 27. September 2005 über bis zu elf Verwarnungsblöcke gleichzeitig verfügte. Anlässlich einer unvermuteten Kontrolle am 29. September 2005 stellte der Leiter der GPS Sch. fest, dass der Beklagte noch neun nicht vorschriftsmäßig abgerechnete Verwarnungsblöcke in seinem Besitz hielt. Den damit einhergehenden Geldbetrag in Höhe von 4.350,- Euro konnte der Beklagte zum Zeitpunkt der Vorlage der Verwarnungsblöcke nicht abliefern, da er diese Gelder aufgrund eines privaten finanziellen Engpasses für die Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet hatte. Insgesamt hat der Beklagte Verwarnungsgelder in Höhe von 6955,- Euro nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig abgeliefert. Der Beklagte wusste hierbei, dass er bei vollständigem Verbrauch eines Verwarnungsgeldblockes das eingenommene Bargeld hätte abrechnen und vor allem die eingenommenen Gelder bis dahin separat hätte aufbewahren müssen.

Fest steht ebenfalls, dass der Beklagte eine fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung begangen hat, als er am 10. Januar 2011 auf der Ma2.-straße in A. in Richtung Ma.-platz fuhr, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen war und infolgedessen beim Linksabbiegen gegen einen ordnungsgemäß geparkten Pkw gestoßen ist. Dieser Sachverhalt ist Gegenstand des in Bezug auf den Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21. Juni 2011 (Az. 8 Cs 26 Js 338/11) und des im Hinblick auf den Rechtsfolgenausspruch rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Wunsiedel. Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls sind zwar gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 1, 55 BayDG i. V. m. Art. 25 Abs. 2 BayDG nicht bindend, können aber nach Maßgabe des Art. 25 Abs. 2 BayDG verwendet werden. Soweit der Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung erklärte, der Beklagte habe an den Vorfall andere Erinnerungen, so ist dieser Vortrag für sich allein nicht ausreichend, die Indizwirkung des Strafbefehls zu überwinden. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass sich Anhaltspunkte für eine Beweisaufnahme nicht angeboten haben und die Aufklärung des Sachverhalts durch die zuständigen Behörden nach Aktenlage sorgfältig und ordnungsgemäß betrieben wurde.

Soweit dem Beklagten vorgeworfen wurde, er hätte es trotz Aufforderung durch das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. unterlassen, sich zur Klärung seines Schuldenproblems (Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse in Höhe von 67.910,05 Euro aus einer Nebentätigkeitslandwirtschaft in den Jahren 2005 bis 2007) professioneller Hilfe zu bedienen und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. hierüber Bescheinigungen und Bestätigungen vorzulegen, wurden diese Handlungen und das dem Beklagten damit vorgehaltene Verhalten durch Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2014 gem. Art. 54 Satz 1 BayDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden.

III.

Der Beklagte hat durch sein Handeln ein einheitliches Dienstvergehen i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F. (seit 01.04.2009 § 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - vom 17. Juni 2008 BGBl. I S. 1010) begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat.

1. Bei den Untreuehandlungen im Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Umgang mit Verwarnungsgeldblöcken und eingenommenen Verwarnungsgeldern handelt es sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen. Das Verhalten des Beklagten war kausal und logisch in sein ausgeübtes Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden. Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und dem vom Beamten bekleideten Amt (vgl. BVerwG, U. v.20.2.2001 - 1 D 55.99 - juris).

2. Bei der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung liegt ein außerdienstliches Dienstvergehen gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG vor. Das wesentliche Unterscheidungsmoment zu einer Qualifizierung als innerdienstlich ist funktionaler Natur. Entscheidend für die Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Ist eine solche Einordnung nicht möglich - insbesondere wenn sich das Handeln - wie hier - als das Verhalten einer Privatperson darstellt - ist es als außerdienstlich zu qualifizieren (vgl. BVerwG, U. v. 25.8.2009 - 1 D 1/08 - juris Rn. 54; BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 115). Das außerdienstliche Verhalten des Beamten erfüllt die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Die danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen Dienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse der Ausübung auf die Dienstausübung oder die Ansehensschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (BVerwG, U. v. 28.07.2011 - 2 C 16/10 - juris Rn. 23).

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (BVerwG, U. v. 28.7.2011, a. a. O. -Rn. 24, BayVGH, U. v. 6.12.2013 - 16a D 12.1815 - juris Rn. 72).

Das Verhalten des Beklagten außerhalb des Dienstes ist nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maß geeignet, das Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Berufsbeamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Die fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 b StGB, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belegt ist, führt zu einem erheblichen Ansehensschaden für seine eigene Person, aber auch für das der Beamtenschaft an sich. Zudem verlieren die Bemühungen der Polizei um die Sicherheit des Straßenverkehrs an Glaubwürdigkeit, wenn Polizeivollzugsbeamte selbst die jedem Kraftfahrer leicht einsehbaren grundlegenden Gebote für das Verhalten im Straßenverkehr außer Acht lassen. Ein gewisser dienstlicher Bezug ist vorliegend nicht von der Hand zu weisen, auch wenn der Beklagte zum Tatzeitpunkt bereits vom Dienst suspendiert war.

Durch sein Verhalten hat der Beklagte gegen seine Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) sowie gegen seine Pflichten zur vollen Hingabe an den Beruf (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 34 Satz 1 BeamtStG), zur uneigennützigen Amtsführung (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 34 Satz 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.

In seinem Verhalten liegt zudem ein Verstoß gegen Ziffer 3.1.1. der internen Richtlinien des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz zur Kassenorganisation vom 8. Mai 2002. Hiernach war der Beklagte grundsätzlich verpflichtet, eingenommene Verwarnungsgelder monatlich bei der Dienststelle abzuliefern, spätestens jedoch, wenn ein Verwarnungsblock verbraucht ist. Vor längerem Urlaub, längeren Lehrgängen sowie bei Abordnung und Versetzung wären die eingenommenen Verwarnungsgelder stets abzuliefern gewesen. Auch auf den Rückseiten des Titelblatts der Verwarnungsblöcke war vermerkt, dass vereinnahmte Verwarngelder spätestens, wenn der Block verbraucht ist, abzurechnen sind.

Nach Aussage seines Bevollmächtigten hatte der Beklagte die Verwarnungsgelder zudem nicht getrennt von seinen privaten Geldern in der Dienststelle verwahrt, sondern in einer Schublade bei sich zu Hause, in der sich auch Gelder aus dem in Nebentätigkeit geführten landwirtschaftlichen Betriebs des Beklagten befanden.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat - auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen ist aber nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355 - juris; U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974 - juris).

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot).

Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 18).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme.

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; B. v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 -, BVerfG (Kammer), B. v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01 - jeweils juris), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris). Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1D 2.06 - juris).

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 17, U. v. 6.6.2007 a.a.O, BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils juris).

Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 18).

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Die gravierendste Pflichtverletzung stellen die innerdienstlich begangenen Untreuehandlungen dar. Der Beklagte hat ein schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG begangen, indem er ihm dienstlich anvertraute Verwarnungsgelder in Höhe von knapp 7000,- Euro veruntreut hat. Durch den Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder hat der Beklagte nicht nur beamtenrechtliche Nebenpflichten verletzt, sondern er hat im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt. Mit dem Kernbereich ist derjenige Pflichtenkreis des Beamten angesprochen, der im Mittelpunkt seines konkreten Amts im funktionellen Sinne (Dienstposten) steht. Zu den Kernpflichten eines mit der Einnahme und Behandlung von Verwarnungsgeldern betrauten Polizeibeamten gehört, dass dieser die ihm dienstlich anvertrauten Gelder ordnungsgemäß verwaltet und abrechnet. Der Dienstherr ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit eines solchen Beamten beim Umgang mit dienstlich anvertrauten Geldern angewiesen. Dies gilt umso mehr, als hier eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Polizeibeamten unmöglich ist. Sie muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden.

Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, sofern die veruntreuten Beträge die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass für ein Zugriffsdelikt bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 Euro ernsthaft in Betracht kommt, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11. - juris). Diese Grenze ist hier bei weitem überschritten. Auch liegt kein einmaliges Fehlverhalten vor.

Die bei Zugriffsdelikten in den Blick zu nehmenden sog. anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung:

Der Milderungsgrund des „Handelns in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten und ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat. Die mildere Bewertung des Fehlverhaltens hat ihren Grund darin, dass der betroffene Beamte in einer Konfliktsituation versagt hat, in der er keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf dienstlich anvertrautes Geld gesehen hat, um den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine Familie zu sichern. Eine solche Konfliktsituation kann aber nur dann als Ursache des Fehlverhaltens anerkannt werden und zu einer Milderung führen, wenn es sich um ein vorübergehendes, zeitlich und zahlenmäßig eng begrenztes Fehlverhalten gehandelt hat; wiederholte Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BVerwG, U. v. 22.10.2002 - 1 D 6.02 -, BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils juris).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer ausweglosen finanziellen Notlage hat der Senat nicht gesehen. Vielmehr zahlte der Beklagte einen Teil der veruntreuten Summe nach eigenem Vortrag in einen Bausparvertrag ein, die Versorgung der Familie schien zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Darüber hinaus erfolgten die vielfachen Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum von mehr als drei Jahren.

Für das Vorliegen von sonstigen anerkannten Milderungsgründen wie das Vorliegen einer psychischen Ausnahmesituation oder der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat bestehen keine Anhaltspunkte.

Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 -, BVerwG, B. v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Bei der prognostischen Frage, ob bei einem Beamten aufgrund eines schweren Dienstvergehens ein endgültiger Vertrauensverlust (i. S. d. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG) eingetreten ist, gehören zur Prognosebasis alle für diese Einschätzung bedeutsamen belastenden und entlastenden Bemessungsgesichtspunkte. Ob die gesamte Prognosegrundlage den Schluss auf einen noch verbliebenen Rest an Vertrauen in die Person des Beamten zulässt, ist eine Frage der Gesamtabwägung im Einzelfall (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris).

Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt nicht aus dem von ihm behaupteten Mitverschulden des Dienstherrn oder dessen Verletzung der Fürsorgepflicht. Selbst wenn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Zugriffsdelikten eine Verletzung der Fürsorgepflicht in besonders krassen Fällen zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führen kann (BVerwG, U. v. 19.09.1985 - 2 WD 63/84 - juris, U. v. 22.10.2002 - 1 D 6.02 - juris), sind hier durchgreifende Anhaltspunkte für ein insoweit entscheidungserhebliches Mitverschulden des Dienstherrn nicht gegeben. Zwar ist nicht zu leugnen, dass die Pflicht des Beamten zur rechtzeitigen Abrechnung vereinnahmter Verwarnungsgelder wohl durch die Vorgesetzten des Beklagten nicht konsequent überwacht wurde bzw. die Organisation der Ausgabe und Abrechnung von Verwarngeldblöcken durchaus Schwächen aufwies, wie auch die Beweisaufnahme vor dem Verwaltungsgericht zeigte. Maßgeblich ist vorliegend aber zu berücksichtigen, dass die finanziellen Probleme des Beklagten auf der Dienststelle erst im Laufe des Jahres 2005 bekannt wurden und es vorher - unabhängig von seiner Alkoholerkrankung, seines angeblichen Rufs als „Schlamperer“, der sich nach Aussage des Zeugen He. auf seine Sachbearbeitung bezog, und seiner Vorliebe für Nachtschichten - keine Anhaltspunkte für die Vorgesetzten ergaben, an der Ehrlichkeit des Beklagten zu zweifeln und er die Schwächen des Abrechnungssystems bewusst ausnutzte. So ergibt sich aus den Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Wunsiedels vom 13. September 2006 ausdrücklich, dass der Beklagte seinen Ruf als „Schlamperer“ bewusst dazu ausnutzte, den für die Ausgabe und Überwachung der Verwarnungsblöcke verantwortlichen Angestellten der GPS Sch. vorzuspiegeln, er habe die alten Verwarnungsblöcke vergessen bzw. er werde sie umgehend nachreichen. Auch nach unstreitiger Aussage der in der GPS Sch. mit der Abrechnung betrauten früheren Verwaltungsangestellten Bö. in der erstinstanzlichen Zeugenvernehmung war der Beklagte mehrmals zur Abrechnung der Verwarnungsblöcke aufgefordert worden, dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen.

Insoweit kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass es zunächst die Aufgabe des Beklagten ist, unter Einhaltung der Gesetze leicht einsehbare Kernpflichten zu beachten, zumal bei Zugriffsdelikten die Pflichtwidrigkeit des Handelns offenkundig ist (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - in juris). Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt hier mithin schwerer als ein teilweise mangelhaftes Kontrollverhalten des Dienstherrn.

Auch die Würdigung des Persönlichkeitsbildes und des bisherigen dienstlichen Verhaltens des Beklagten ändern nichts daran, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zugemutet werden kann, den Beklagten weiter zu beschäftigen. Die letzten dienstlichen Beurteilungen bewegen sich im Durchschnitt bei 9 Punkten. Besondere Umstände, welche die Persönlichkeit des Beklagten in ein insoweit entscheidungserhebliches positives Licht setzen könnten, liegen nicht vor. Vielmehr ergibt sich aus einer Stellungnahme der Grenzpolizei S. vom 21. September 2006, dass die Leistungsfähigkeit und - willigkeit des Beklagten nach Entdeckung der Untreuehandlungen nochmals nachgelassen habe, während sich keinerlei Reduzierung seiner unternehmerischen Tätigkeit als Schafzüchter feststellen ließ.

Hinreichend tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Milderungsgrund der überwundenen, negativen Lebensphase (vgl. BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris) vorliegen könnte, sind nicht gegeben. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Zu prüfen ist, ob das jeweilige Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder aber als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer Ausnahmesituation davon abweicht. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation - über das hinausgehend, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann - begründen (BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris). Vor dem Hintergrund, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich zieht, sind im Übrigen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer disziplinarrechtlich erheblichen negativen Lebensphase nur in individuellen Extremsituationen erfüllt. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Extremsituation sind nicht ersichtlich und wurden vom Beklagten auch nicht vorgetragen. Eine sich über einen längeren Zeitraum hinziehende wirtschaftlichen Schieflage, die der Beklagte nach eigenem Vortrag nun beseitigt hat, kann hierfür nicht ausreichend sein.

Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens“ des Dienstherrn oder Allgemeinheit gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG erfordert schließlich eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - juris).

Hier ist festzustellen, dass der Beamte das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hatte und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, missbraucht hat. Sein Fehlverhalten hat das Vertrauen des Dienstherrn unwiderruflich beschädigt.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Die vorliegenden Entlastungsgründe haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass sie den gegebenen Vertrauensverlust ausreichend abmildern könnten.

Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. So verhält es sich regelmäßig bei Kernpflichtverletzungen durch Zugriffsdelikte von Beamten. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlichrechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1D 2.03 - juris).

V.

Mit dem sich nach Art. 11 Abs. 3 Satz 1 BayDG ergebenden Unterhaltsbeitrag für sechs Monate hat es sein Bewenden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Gewährung des Unterhaltsbeitrags über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus verneint.

Der Unterhaltsbeitrag dient dazu, dem Beamten den durch den Wegfall der Dienstbezüge notwendig gewordenen Übergang in einen anderen Beruf oder in eine andere Art der finanziellen Existenzsicherung zu erleichtern. Diesem Zweck liegt die Erwartung zugrunde, dass sich der Beamte in ausreichendem Maß um die Wiederaufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit oder um eine andere Art der Sicherung seiner finanziellen Grundlagen bemüht. Zwar kann nach Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG der Unterhaltsbeitrag über sechs Monate hinaus verlängert werden, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Der Beamte hat aber die Umstände dafür glaubhaft zu machen. Insoweit ist eine wertende Entscheidung zu treffen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 69).

Eine unbillige Härte im Sinne des Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG liegt vor, wenn durch die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eine wirtschaftliche Notlage entsteht, die der - ehemalige - Beamte auch bei gutem Willen nicht innerhalb der sechs Monate, für die regelmäßig der Unterhaltsbeitrag gezahlt wird, beheben kann. Die Verlängerung des Unterhaltsbeitrags dient allerdings nur dazu, eine temporäre unbillige Härte zu vermeiden. Falls ein - ehemaliger - Beamter voraussichtlich auf Dauer nicht in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, muss er sich auf Sozialleistungen außerhalb des Beamtenrechts verweisen lassen (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Kommentar, Stand Oktober 2013, Rn. 23 zu Art. 11 BayDG).

Soweit der Beklagte vorträgt, seine berufliche Neuorientierung jenseits des von ihm erlernten Polizeiberufs sowie seiner Landwirtschaft sei in Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters und Grad seiner Behinderung unwahrscheinlich, so ist dies nicht geeignet, eine solche vorübergehende unbillige Härte zu begründen. Auch dem Vorbringen des Beklagten, ihm müsse zur Abmilderung einer unbilligen Härte ein weiterer zeitlicher Spielraum geboten werden, um durch eigene Anstrengung seine Nebenerwerbslandwirtschaft zur Existenzgrundlage auszubauen und so auf die dauerhafte Beseitigung der Härte hinzuwirken, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Dies würde den Beamten im Hinblick auf andere Beamte in vergleichbarer Lage und ohne Nebenerwerb unangemessen bevorzugen. Aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Attest vom 28. Februar 2014 über einen vierzehntägigen stationären Aufenthalt des Beklagten im Februar 2014 aufgrund einer Bauchoperation ergibt sich weder, dass der Beklagte zur Zeit nicht arbeitsfähig wäre noch, dass er krankheitsbedingt daran gehindert sei, sich innerhalb der nächsten Monate dem Ausbau seines landwirtschaftlichen Betriebs zu widmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i. V. m. Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 13 Bemessung der Disziplinarmaßnahme


(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll b

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 33 Grundpflichten


(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der

Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG | § 78


(1) Der Personalrat wirkt mit bei 1.Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen einer Dienststelle für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten ihres Geschäftsbereiches, wenn nicht nach § 118 des Bundesbeamtenges

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Gründe 1 Die auf alle gesetzlich vorgesehenen Zulassungsgründe (vgl. § 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 28. Juli 2011 - 2 C 16/10

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Tatbestand 1 Der Beklagte war seit April 1975 zunächst im Beamtenverhältnis auf Probe Leiter des Rechenzentrums der ... Universität (früher Gesamthochschule) W. Im Augus
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Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Tatbestand I. Die 19... geborene Beklagte beendete 1993 ihre Schullaufbahn mit der Mittleren R

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Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand I. Der 19... geborene Beklagt

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(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Der Personalrat wirkt mit bei

1.
Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen einer Dienststelle für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten ihres Geschäftsbereiches, wenn nicht nach § 118 des Bundesbeamtengesetzes die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften bei der Vorbereitung zu beteiligen sind,
2.
Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen,
3.
Erhebung der Disziplinarklage gegen einen Beamten,
4.
Entlassung von Beamten auf Probe oder auf Widerruf, wenn sie die Entlassung nicht selbst beantragt haben,
5.
vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 gilt für die Mitwirkung des Personalrates § 77 Abs. 1 Satz 2 entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 wird der Personalrat nur auf Antrag des Beschäftigten beteiligt; in diesen Fällen ist der Beschäftigte von der beabsichtigten Maßnahme rechtzeitig vorher in Kenntnis zu setzen. Der Personalrat kann bei der Mitwirkung nach Absatz 1 Nr. 3 Einwendungen auf die in § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Gründe stützen.

(3) Vor der Weiterleitung von Personalanforderungen zum Haushaltsvoranschlag ist der Personalrat anzuhören. Gibt der Personalrat einer nachgeordneten Dienststelle zu den Personalanforderungen eine Stellungnahme ab, so ist diese mit den Personalanforderungen der übergeordneten Dienststelle vorzulegen. Das gilt entsprechend für die Personalplanung.

(4) Absatz 3 gilt entsprechend für Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Diensträumen.

(5) Vor grundlegenden Änderungen von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen ist der Personalrat anzuhören.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

Tatbestand

1

Der Beklagte war seit April 1975 zunächst im Beamtenverhältnis auf Probe Leiter des Rechenzentrums der ... Universität (früher Gesamthochschule) W. Im August 1978 berief ihn das klagende Land in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit; im November 1982 wurde der Beklagte zum Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 16) der Laufbahn "Dienst in der Datenverarbeitung" ernannt. Mit Ablauf des Mai 2003 trat er aus Altersgründen in den Ruhestand.

2

Der Beklagte gab in den Steuererklärungen für die Jahre 1991 bis 2000, die er auch für seine Ehefrau erstellte, bewusst nicht an, dass diese 1990 von ihrem Vater ein unversteuertes Barvermögen in Höhe von etwa 5,4 Millionen DM geerbt hatte. Weiterhin verschwieg er unversteuerte Vermögenswerte in Höhe von etwa 410 000 DM, die er teils geerbt, teils durch eine Tätigkeit im Ausland verdient hatte.

3

Einen auf Initiative des Finanzamts vereinbarten Besprechungstermin am 27. November 2002 nahmen die Eheleute nicht wahr. Mit Schreiben ihres Steuerberaters vom 28. November 2002 zeigten sie die Steuerhinterziehungen dem Finanzamt an. Im September 2003 setzte das Finanzamt Einkommenssteuern, Solidaritätszuschläge und Vermögenssteuern für die Jahre 1991 bis 2000 neu fest, woraus sich ein Steuerhinterziehungsbetrag von insgesamt rund 1 233 320 € ergab. Nachdem die Eheleute die Steuernachforderungen nebst Zinsen und Zuschlägen von rund 500 000 € innerhalb der ihnen gesetzten Frist beglichen hatten, stellte das Finanzamt das nach der Selbstanzeige eingeleitete Ermittlungsverfahren am 27. Oktober 2004 ein.

4

Das klagende Land hat im Februar 2006 wegen der Steuerhinterziehungen ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten eingeleitet und im Januar 2007 Disziplinarklage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt. Das Oberverwaltungsgericht hat die auf das Disziplinarmaß beschränkte Berufung zurückgewiesen. In dem Berufungsurteil heißt es:

5

Aufgrund der Beschränkung der Berufung stehe bindend fest, dass die Steuerhinterziehungen ein Dienstvergehen darstellten. Im Berufungsverfahren gehe es nur noch um die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme. Das Verwaltungsgericht habe dem Beklagten zu Recht das Ruhegehalt aberkannt, weil dieser als Beamter untragbar geworden sei. Steuerhinterziehungen stellten gravierende außerdienstliche Pflichtenverstöße dar. Im Falle des Beklagten komme der exorbitanten Größenordnung des Hinterziehungsbetrags entscheidendes Gewicht zu. Auch habe der Beklagte sein Fehlverhalten zehn Jahre lang fortgesetzt. Ihn könne weder entlasten, dass die Steuerpflicht größtenteils das Vermögen seiner Ehefrau betroffen habe, noch dass er bei pflichtgemäßem Verhalten die Steuerhinterziehungen seines verstorbenen Schwiegervaters hätte offenlegen müssen.

6

Auch die Selbstanzeige des Beklagten sei trotz der dadurch erwirkten Straffreiheit nicht geeignet, um von der Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen. Eine derartige Selbstanzeige stelle einen mildernden Umstand von erheblichem Gewicht dar, wenn sie der Beamte aus freien Stücken und nicht aus Furcht vor Entdeckung abgegeben habe. Selbst dann könne sie jedoch eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht rechtfertigen, wenn die Steuerhinterziehung wie im vorliegenden Fall durch einen extrem hohen Hinterziehungsbetrag geprägt sei. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die Selbstanzeige des Beklagten trotz des vereinbarten Besprechungstermins im Finanzamt noch als freiwillig angesehen werden könne.

7

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er die Verletzung materiellen Disziplinarrechts rügt. Er macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe das Gewicht der strafbefreienden Selbstanzeige verkannt.

8

Der Beklagte beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. September 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2008 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil. Das Oberverwaltungsgericht habe alle bemessungsrelevanten Gesichtspunkte erkannt und nachvollziehbar gewürdigt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Beklagten ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsurteil verletzt revisibles Landesdisziplinarrecht, nämlich § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. November 2004 - LDG NRW - (GVBl S. 624). Die Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts reichen nicht aus, um dem Senat eine abschließende Entscheidung über die Disziplinarklage zu ermöglichen.

12

1. Indem der Beklagte das Vermögen seiner Ehefrau in den von ihm erstellten Steuerklärungen für die Jahre 1991 bis 2000 verschwiegen hat, hat er nicht nur den Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - erfüllt, sondern auch ein vorsätzliches Dienstvergehen begangen.

13

a) Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht angenommen, aufgrund der Beschränkung der Berufung des Beklagten auf das Disziplinarmaß sei es an die Würdigung der Steuerhinterziehungen als Dienstvergehen durch das Verwaltungsgericht gebunden. Eine derartige Bindung besteht nicht, weil die Berufung des Beklagten als uneingeschränkt eingelegt gilt. Demnach ist das erstinstanzliche Urteil nicht in Teilrechtskraft erwachsen, sodass das Oberverwaltungsgericht die Disziplinarklage in der Berufungsinstanz in gleichem Umfang wie das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen (§ 128 Satz 1 VwGO, § 3 LDG NRW).

14

Die Möglichkeit, die Berufung auf das Disziplinarmaß zu beschränken, ist eröffnet, wenn aufgrund der ergänzenden Anwendung der Strafprozessordnung, wie sie die Bundesdisziplinarordnung und Landesdisziplinarordnungen für gerichtliche Disziplinarverfahren angeordnet haben, § 318 Satz 1 StPO anwendbar ist oder eine inhaltsgleiche disziplinargesetzliche Regelung besteht. Nach § 318 Satz 1 StPO kann die Berufung auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Die danach zulässige Beschränkung der Berufung auf das Disziplinarmaß hat zur Folge, dass das erstinstanzliche Disziplinarurteil in Teilrechtskraft erwächst. Das Berufungsgericht ist an die Tat- und Schuldfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts ebenso gebunden wie an dessen disziplinarrechtliche Würdigung der angeschuldigten Handlungen als Dienstvergehen. Es hat nur noch darüber zu befinden, welche Disziplinarmaßnahme zu verhängen ist (stRspr; vgl. nur Urteile vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 D 13.04 - BVerwGE 123, 75 <77> und vom 5. Juli 2006 - BVerwG 1 D 5.05 - Buchholz 235 § 82 BDO Nr. 7 Rn. 34).

15

Das nordrhein-westfälische Disziplinargesetz trifft keine Aussage zur Zulässigkeit der auf das Disziplinarmaß beschränkten Berufung; insbesondere enthält das Kapitel 3 "Disziplinarverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht" keinen Hinweis. Die Anwendung des § 318 Satz 1 StPO ist ausgeschlossen, weil § 3 Abs. 1 LDG NRW (ebenso wie § 3 BDG) nicht die Bestimmungen der Strafprozessordnung, sondern der Verwaltungsgerichtsordnung für ergänzend anwendbar erklärt.

16

Nach der Verwaltungsgerichtsordnung kann die Berufung auf einen von mehreren selbstständigen Streitgegenständen einer Klage (objektive Klagehäufung nach § 44 VwGO) oder auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beschränkt werden. Nur insoweit ist der Erlass eines Teilurteils nach § 110 VwGO möglich. Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag und den Klagegrund, d.h. den Sachverhalt bestimmt, aus dem der Kläger die angestrebte Rechtsfolge herleitet (stRspr, vgl. Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 52.08 - NVwZ 2010, 1507 Rn. 17). Demnach ist es ausgeschlossen, die Berufung auf die Nachprüfung einzelner materiellrechtlicher Voraussetzungen des Klagebegehrens zu beschränken. Daraus folgt, dass die Verwaltungsgerichtsordnung eine auf das Disziplinarmaß beschränkte Berufung in Disziplinarklageverfahren nicht zulässt (vgl. auch OVG Hamburg, Urteil vom 29. August 2008 - 12 Bf 32/08.F - IÖD 2009, 29; Müller, Grundzüge des Beamtendisziplinarrechts, 1. Auflage 2010, Rn. 471):

17

Streitgegenstand dieses Verfahrens ist der Disziplinaranspruch des Dienstherrn gegen den Beamten, d.h. der Anspruch auf die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme für die Handlungen, die dem Beamten in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegt werden. Der Disziplinaranspruch besteht, wenn ein Dienstvergehen festgestellt wird, d.h. der Beamte die angeschuldigten Handlungen ganz oder teilweise begangen hat und die nachgewiesenen Handlungen als Dienstvergehen zu würdigen sind, und wenn dem Ausspruch der hierfür erforderlichen Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (§ 59 Abs. 2 Satz 1 und 2; § 57 Abs. 1 Satz 1; §§ 5 ff.; § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 2 LDG NRW). Bei den Prüfungsgegenständen "Feststellung des Dienstvergehens" und "Bestimmung der Disziplinarmaßnahme" handelt es sich um materiellrechtliche Voraussetzungen des einheitlichen Disziplinaranspruchs, die verfahrensrechtlich nicht selbständig geltend gemacht werden können. Die Disziplinarklage kann daher auch nicht auf die Feststellung eines Dienstvergehens beschränkt werden. Vielmehr macht der Dienstherr mit der Klageerhebung stets einen Anspruch auf Festsetzung einer Disziplinarmaßnahme geltend, nämlich gegen einen aktiven Beamten einen Anspruch auf Zurückstufung oder Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, gegen einen Ruhestandsbeamten einen Anspruch auf Aberkennung des Ruhegehalts (§ 35 Abs. 1 LDG NRW; § 34 Abs. 1 BDG).

18

Daran ändert nichts, dass der Dienstherr keinen Antrag auf Festsetzung einer bestimmten Disziplinarmaßnahme stellen muss und ein derartiger Antrag für das Verwaltungsgericht unverbindlich ist. Die Entbehrlichkeit bzw. Unverbindlichkeit eines bestimmten Klageantrags folgt zwangsläufig daraus, dass die Disziplinarbefugnis nach § 59 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDG NRW (§ 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDG) den Verwaltungsgerichten zugewiesen ist. Gelangen diese zu der Überzeugung, dass ein Dienstvergehen vorliegt, bestimmen sie die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung, ohne in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <255 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 16).

19

b) Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils besteht allerdings kein Zweifel, dass die Steuerhinterziehungen des Beklagten ein Dienstvergehen darstellen. Die disziplinarrechtliche Beurteilung richtet sich hier nach § 83 Abs. 1, § 57 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 - LBG NRW a.F. - (GVBl S. 234), weil diese Regelungen während des Tatzeitraums gegolten haben. Nach § 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F. begeht der Beamte ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Nach Satz 2 ist ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Der gesetzliche Begriff des Dienstvergehens umfasst alle disziplinarrechtlich bedeutsamen Dienstpflichtverletzungen des Beamten. Diese werden durch eine einheitliche Disziplinarmaßnahme geahndet, die aufgrund einer Gesamtwürdigung des Verhaltens und der Persönlichkeit des Beamten zu bestimmen ist (Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens; vgl. Urteil vom 14. Februar 2007 - BVerwG 1 D 12.05 - BVerwGE 128, 125 = Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 26).

20

Die Begriffsbestimmung des außerdienstlichen Dienstvergehens in § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. schränkt die disziplinarrechtliche Bedeutung außerdienstlichen Verhaltens ein (vgl. auch § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG; § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Der Regelung liegt die Einschätzung des Gesetzgebers zugrunde, dass sich die gesellschaftlichen Anschauungen über die Stellung der Beamten gewandelt haben. Von ihnen wird kein wesentlich anderes Sozialverhalten erwartet als von anderen Bürgern. Daher ist außerdienstliches Fehlverhalten nicht mehr generell geeignet, das Ansehen des Beamtentums in disziplinarrechtlich bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23 S. 22 f., vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <216 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 29 S. 37 ff. und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11).

21

Anforderungen an das außerdienstliche Verhalten des Beamten beschreibt lediglich die Generalklausel des § 57 Satz 3 LBG NRW a.F. Danach muss sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Die beruflichen Erfordernisse, die eine Pflicht des Beamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten außerhalb des Dienstes begründen, sind inhaltlich in Einklang mit § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. zu konkretisieren. Sie ergeben sich vor allem aus dem Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinn, d.h. aus seinem dienstlichen Aufgabenbereich, daneben aus der Notwendigkeit, das Ansehen des Beamtentums zu wahren, wenn dies nach heutigen Vorstellungen erforderlich erscheint.

22

Danach verstößt ein außerdienstliches Verhalten des Beamten gegen die Wohlverhaltenspflicht des § 57 Satz 3 LBG NRW a.F., wenn es bei fallbezogener Würdigung nachteilige Rückschlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt. Dieser dienstliche Bezug ist gegeben, wenn aufgrund des außerdienstlichen Verhaltens Zweifel bestehen, ob der Beamte seine innerdienstlichen Pflichten beachten wird. Die Dienstausübung ist auch betroffen, wenn zu befürchten ist, dass der Beamte wegen der gegen ihn bestehenden Vorbehalte nicht mehr die Autorität genießt, auf die er für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben zwingend angewiesen ist. Ansonsten verstößt ein außerdienstliches Verhalten gegen berufliche Erfordernisse im Sinne von § 57 Satz 3 LBG NRW a.F., wenn dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in das Beamtentum als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beeinträchtigt werden kann (Urteile vom 30. August 2000 a.a.O. <26> bzw. S. 25, vom 8. Mai 2001 a.a.O. <218 f.> bzw. S. 39 f. und vom 25. März 2010 a.a.O. ).

23

Eine Verletzung der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht des § 57 Satz 3 LBG NRW a.F. hat disziplinarrechtliche Bedeutung, wenn die qualifizierten Voraussetzungen des § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. erfüllt sind. Die danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen Dienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse oder Auswirkungen auf die Dienstausübung oder die Ansehensschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam im Sinne des § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F., wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (Urteil vom 8. Mai 2001 a.a.O. <219 f.> bzw. S. 40).

24

Der Senat hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Beamtentums in einer Weise beschädigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann. An dem objektiven Maßstab des gesetzlichen Strafrahmens hat sich die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der § 57 Satz 3, § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW zu orientieren. Eine derartige Straftat eines Beamten ist nur dann nicht disziplinarrechtlich relevant, wenn ihr Unrechtsgehalt nach den konkreten Umständen des Falles erkennbar an der unteren Schwelle liegt (Urteile vom 25. März 2010 a.a.O. und vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 17).

25

Die Steuerhinterziehungen des Beklagten weisen keinen Bezug zu seiner früheren dienstlichen Tätigkeit auf. Weder ließen sie nachteilige Rückschlüsse auf die Erfüllung der Dienstpflichten zu noch waren sie geeignet, die für die Amtsführung unabdingbare Autorität zu beeinträchtigen. Ihre disziplinarrechtliche Relevanz folgt aus dem erheblichen Ansehensschaden, den der Beklagte durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hat. Der Beklagte hat von 1991 bis 2000 jährlich eine Straftat begangen, die nach § 370 Abs. 1 AO mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren belegt ist. Der Unrechtsgehalt seines strafbaren Verhaltens wiegt besonders schwer, weil die Gesamthöhe der hinterzogenen Steuern eine Million Euro übersteigt. Dass er aufgrund der Selbstanzeige nach § 371 AO straffrei geblieben ist, lässt den Unrechtsgehalt seines strafbaren Verhaltens und damit dessen disziplinarrechtliche Relevanz unberührt.

26

2. Die Bemessungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Aberkennung des Ruhegehalts allein wegen der Gesamthöhe der hinterzogenen Steuern geboten ist, verstößt gegen die Bemessungsvorgaben nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW. Der Senat kann die angemessene Disziplinarmaßnahme schon deshalb nicht selbst festsetzen, weil das Berufungsurteil nicht alle bemessungsrelevanten Gesichtspunkte enthält (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 26 f. und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 25 f.).

27

a) Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Nach Satz 2 ist das Persönlichkeitsbild des Beamten angemessen zu berücksichtigen. Nach Satz 3 soll ferner berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt worden ist.

28

Die Regelungen des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW verlangen ebenso wie die inhaltsgleichen Regelungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG, dass die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte bestimmt wird. Dabei ist fallbezogen dem auch im Disziplinarrecht geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 22 und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 30).

29

Wie Satz 1 des § 13 Abs. 2 LDG NRW durch die Verwendung des Wortes "insbesondere" zum Ausdruck bringt, ist die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Dienstvergehen ist nach der festgestellten Schwere einer der im Katalog des § 5 LDG NRW (§ 5 BDG) aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. <258 f.> bzw. Rn. 22 und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 20).

30

Eine vollständige und richtige Gesamtwürdigung setzt voraus, dass die Verwaltungsgerichte die im Einzelfall bemessungsrelevanten, d.h. die für die Schwere und das Persönlichkeitsbild bedeutsamen Tatsachen ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Gesamtbewertung einbeziehen. Dabei findet der Grundsatz "in dubio pro reo" Anwendung: Die Verwaltungsgerichte dürfen nur solche belastenden Tatsachen in die Gesamtwürdigung einstellen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber müssen entlastende (mildernde) Umstände schon dann zugunsten des Beamten berücksichtigt werden, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. <258 f.> bzw. Rn. 22 f. und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17).

31

Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW ist ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Befindet er sich bereits im Ruhestand, so ordnet Satz 2 stattdessen die Aberkennung des Ruhegehalts an. Diese Regelungen enthalten keine zusätzlichen Bemessungskriterien. Ebenso wie die inhaltsgleichen Regelungen des § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 BDG stellen sie klar, dass das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit aufzulösen ist, wenn die Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW zu dem Ergebnis führt, dass der Beamte untragbar geworden ist. Dies ist anzunehmen, wenn der Beamte ein schweres Dienstvergehen begangen hat und die prognostische Gesamtwürdigung ergibt, er werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die von ihm zu verantwortende Ansehensschädigung sei bei einem Verbleib im Beamtenverhältnis nicht wieder gutzumachen. Je schwerer das Dienstvergehen wiegt, desto näher liegt eine derartige Prognose (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. <258 f.> bzw. Rn. 21 f. und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 18).

32

Die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts stellt sicher, dass sich der Beamte der Sanktionierung eines schweren Dienstvergehens, das er im aktiven Dienst begangen hat, nicht durch den Eintritt in den Ruhestand entziehen kann. Sie findet ihre Rechtfertigung in der Wahrung der Integrität des Beamtentums und des Ansehens des öffentlichen Dienstes sowie in dem Gebot der Gleichbehandlung (BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. November 2001 - 2 BvR 2138/00 - NVwZ 2002, 467; BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 6).

33

Die Entscheidung des Gesetzgebers, die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlichen Fehlverhaltens einzuschränken, wirkt sich auch auf die Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW aus. Sie führt dazu, dass ein Dienstvergehen außerhalb des Dienstes jedenfalls dann regelmäßig nicht die Beendigung des Beamtenverhältnisses nach sich zieht, wenn es keine Rückschlüsse auf die Dienstausübung des Betroffenen zulässt, seine disziplinarrechtliche Relevanz sich vielmehr ausschließlich aus dem damit verbundenen Ansehensschaden ergibt. In diesen Fällen kommen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. Aberkennung des Ruhegehalts nur in Betracht, wenn das Dienstvergehen im Einzelfall durch vom Regelfall abweichende, besonders erschwerende Umstände gekennzeichnet ist.

34

Für die Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens kann auf die Maßstäbe zurückgegriffen werden, die der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für einzelne Fallgruppen entwickelt hat. Nach dessen Rechtsprechung ist die Disziplinarmaßnahme für außerdienstliche Steuerhinterziehungen ohne dienstlichen Bezug wegen der Variationsbreite der möglichen Verfehlungen, insbesondere wegen der sehr unterschiedlichen Hinterziehungsbeträge, grundsätzlich nach den Umständen des jeweiligen Falles festzulegen. Ist der Umfang der hinterzogenen Steuern besonders hoch oder sind mit der Steuerhinterziehung zusätzliche Straftatbestände oder andere nachteilige Umstände mit erheblichem Eigengewicht verbunden, so soll eine Zurückstufung angemessen sein. Eine außergewöhnliche Höhe des Hinterziehungsbetrags nimmt der Disziplinarsenat bei einem sechsstelligen DM-Betrag an (stRspr; vgl. Urteil vom 8. September 2004 - BVerwG 1 D 18.03 - Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 S. 14). Davon ausgehend kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht, wenn der Hinterziehungsbetrag wie im vorliegenden Fall einen siebenstelligen Euro-Betrag erreicht.

35

b) Die Strafaufhebung nach § 371 AO kann nicht unbesehen als Milderungsgrund in die Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW übernommen werden. Der Verzicht auf den Strafanspruch ist vorrangig dem fiskalischen Interesse an der Erschließung unbekannter Steuerquellen geschuldet (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010 - 1 StR 577/09 - NJW 2010, 2146 Rn. 7). Dieses Interesse stellt keinen Gesichtspunkt dar, der dem Bemessungskriterium des Persönlichkeitsbildes des Beamten im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG NRW zugeordnet werden kann. Daher ist für die Bestimmung des Gewichts einer Selbstanzeige nach § 371 AO in erster Linie auf die disziplinarrechtlichen Milderungsgründe zurückzugreifen, die Elemente des Persönlichkeitsbildes zum Ausdruck bringen.

36

Danach kommt der Selbstanzeige entscheidendes Gewicht für die Maßnahmebemessung zu, wenn der Beamte dadurch den Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung erfüllt. Der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat diesen Milderungsgrund für die Fallgruppe der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder entwickelt, jedoch auch auf Steuerhinterziehungen angewandt. Er liegt vor, wenn der Beamte das Dienstvergehen vor seiner Aufdeckung aus eigenem Antrieb ohne Furcht vor konkreter Entdeckung vorbehaltlos und vollständig offenlegt. Der Milderungsgrund greift nicht mehr ein, wenn der Beamte das Dienstvergehen offenbart, weil er damit rechnet, dass deswegen gegen ihn ermittelt wird (Urteile vom 5. Oktober 1994 - BVerwG 1 D 31.94 - BVerwGE 103, 177 <180 f.>, vom 6. Juni 2000 - BVerwG 1 D 66.98 - Buchholz 235 § 17 BDO Nr. 1 S. 4 und vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 D 13.04 - BVerwGE 123, 75 <78 f.>).

37

Durch die freiwillige Offenbarung zeigt der Beamte, dass er sein Fehlverhalten bereut und aus innerer Einsicht entschlossen ist, sich künftig rechtstreu zu verhalten. Sein Persönlichkeitsbild im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG NRW erscheint in einem günstigeren Licht, sodass die Erwartung gerechtfertigt ist, die von dem Beamten verursachte Ansehensschädigung könne wettgemacht werden. Mit dem Zweck des Milderungsgrundes der freiwilligen Offenbarung lässt sich nicht vereinbaren, den in die Tat umgesetzten Persönlichkeitswandel generell für unbeachtlich zu erklären. Vielmehr führt die Umkehr des Beamten aus freien Stücken selbst bei schwerwiegenden innerdienstlichen Pflichtenverstößen regelmäßig zur Bestimmung einer Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme. Dies gilt nur dann nicht, wenn dem Milderungsgrund erschwerende Umstände von ganz erheblichem Gewicht entgegenstehen. Dazu gehört eine enorme Schadenshöhe bei Vermögens- und Abgabedelikten nicht, wenn der Beamte seine Bereitschaft zur Wiedergutmachung des Schadens gezeigt hat und dazu in der Lage ist. Die Fähigkeit zur Wiedergutmachung des Schadens ist im Allgemeinen wegen des Einsatzes der Dienst- oder Versorgungsbezüge zu bejahen (Urteile vom 5. Oktober 1994 a.a.O. <181>, vom 6. Juni 2000 a.a.O. S. 4 und vom 23. Februar 2005 a.a.O. <78 f.>).

38

Demgegenüber kommt einer Selbstanzeige nach § 371 AO, die der Beamte aus Furcht vor Entdeckung abgibt, naturgemäß ein geringeres Gewicht zu. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beamte dadurch Straffreiheit erlangt. Hier muss davon ausgegangen werden, dass der Beamte weniger aus innerer Einsicht als vielmehr in dem Bestreben tätig wird, die nachteiligen Folgen seines Fehlverhaltens so gering als möglich zu halten. Daher hängt es vom Hinzutreten weiterer, dem Persönlichkeitsbild zuzuordnenden mildernden Umständen ab, welche Disziplinarmaßnahme angemessen ist. Jedenfalls bei einer siebenstelligen Größenordnung der hinterzogenen Steuern kann die höchste Disziplinarmaßnahme angezeigt sein, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung noch den Schluss rechtfertigt, der Beamte sei noch tragbar. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein. Den Milderungsgründen darf nicht unabhängig von ihrem Gewicht unter Verweis auf die Größenordnung des Hinterziehungsbetrags jede entscheidungserhebliche Bedeutung abgesprochen werden.

39

Ein beachtlicher Milderungsgrund, der die Dienstentfernung oder die Aberkennung des Ruhegehalts bei Fehlen besonderer Erschwerungsgründe ausschließt, liegt darin, dass der Beamte nach der Selbstanzeige aus Furcht vor Entdeckung den Schaden alsbald ausgeglichen, nämlich die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb der ihm gesetzten Frist (§ 371 AO) entrichtet und dadurch Straffreiheit erlangt hat (vgl. Urteil vom 5. Oktober 1994 a.a.O. <181>). Gleiches gilt, wenn der Beamte durch seine Mitwirkung die Aufklärung des Dienstvergehens ermöglicht oder erheblich vereinfacht hat (Urteil vom 6. Juni 2000 a.a.O. S. 4). Auch kann zugunsten des Beamten zu berücksichtigen sein, dass er sich nicht selbst bereichert, sondern Dritten auf deren Drängen ungerechtfertigte Vorteile verschafft hat (Urteil vom 23. Februar 2005 a.a.O. <77>).

40

c) Das Oberverwaltungsgericht ist den Anforderungen an die prognostische Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW nicht gerecht geworden. Es hat zwar verschiedene bemessungsrelevante Gesichtspunkte aufgeführt, die Aberkennung des Ruhegehalts jedoch abweichend von der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts allein schon wegen der enormen Größenordnung der Steuerhinterziehungen des Beklagten für zwingend geboten gehalten. Nach seiner Auffassung kann bei der hier festgestellten Schadenshöhe dem Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung, d.h. einer Selbstanzeige aus freien Stücken, unter keinen Umständen entscheidungserhebliches Gewicht zukommen. Dementsprechend hat das Oberverwaltungsgericht dahingestellt sein lassen, ob der Beklagte die Selbstanzeige aus freien Stücken oder bereits aus Furcht vor Entdeckung abgegeben hat. Dies wird es aufzuklären haben, wobei dem Beklagten möglicherweise der Grundsatz "in dubio pro reo" zugute kommt. Es wird insbesondere darauf ankommen, ob der Beklagte bei Abgabe der Selbstanzeige damit rechnen musste, dass wegen der hinterzogenen Steuern bereits gegen ihn ermittelt wird. Ist von einer Selbstanzeige aus freien Stücken auszugehen, so kommt die Aberkennung des Ruhegehalts nach Lage der Dinge nicht in Betracht.

41

Gewinnt das Oberverwaltungsgericht nach erschöpfender Sachaufklärung die Überzeugung, dass der Beklagte die Selbstanzeige aus Furcht vor Entdeckung abgegeben hat, so wird es aufzuklären haben, ob dem Beklagten neben der Schadenshöhe weitere Erschwerungsgründe anzulasten sind. Auf der anderen Seite wird es zu berücksichtigen haben, dass der Beklagte den gesamten Hinterziehungsbetrag nebst Zinsen und Zuschlägen fristgerecht entrichtet hat. Gegebenenfalls wird das Oberverwaltungsgericht weiter nachzuprüfen haben, ob einer der dargestellten weiteren Milderungsgründe hinzutritt.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Gründe

1

Die auf alle gesetzlich vorgesehenen Zulassungsgründe (vgl. § 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.

2

1. Der Beklagte steht als Polizeimeister (Besoldungsgruppe A 7) im Dienst der Klägerin. Er war vor Herstellung der Einheit Deutschlands bei den Grenztruppen der DDR beschäftigt und wurde nachfolgend in den Dienst des Bundesgrenzschutzes übernommen; zuletzt war er als Kontroll- und Streifenbeamter der Bundespolizei eingesetzt.

3

Der Beklagte ist zweimal strafrechtlich in Erscheinung getreten. Durch Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg wurde der Beklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung u.a. zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Ausweislich der tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl, auf die das nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürzte Urteil verweist, hat der Beklagte im November 1999 seiner damaligen Freundin auf einem Autobahnparkplatz zweimal mit der Hand ins Gesicht geschlagen, sie aus dem Auto gestoßen und beim Zurückfahren mit der geöffneten Fahrzeugtür am Knie verletzt. Nachfolgend habe er mindestens drei Monate lang täglich bis zu 35 Mal in der Wohnung einer Bekannten seiner Freundin angerufen, in der diese sich aufhielt. Das sachgleiche Disziplinarverfahren ist mit Verfügung vom 20. März 2002 eingestellt worden. Zwar sei durch das Dienstvergehen an sich eine längerfristige Kürzung der Dienstbezüge im oberen Bereich veranlasst. Diese Disziplinarmaßnahme könne gemäß § 14 BDG aber nicht ausgesprochen werden, weil es einer zusätzlichen Pflichtenmahnung neben der bereits verhängten Kriminalstrafe nicht bedürfe.

4

In einem weiteren Strafverfahren verurteilte das Amtsgericht Ludwigsburg den Beklagten wegen Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution in 37 Fällen zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Auf die Berufung des Beklagten wurde das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und der Beklagte durch Urteil des Landgerichts Stuttgart wegen Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution in 6 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision wurde vom Oberlandesgericht Stuttgart verworfen. Ausweislich der tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts stellte der Beklagte seiner seinerzeitigen Freundin zwischen Juli 2001 und Juli 2002 seine in einem Sperrbezirk gelegene Wohnung zur Ausübung der Prostitution in Form sog. "Gang-Bang-Partys" zur Verfügung. Er begrüßte dabei die Gäste teilweise und war anschließend im Nebenzimmer der Wohnung anwesend, in einem Fall organisierte er die Party selbst über das Internet. Den Nachbarn war die Ausübung der Prostitution durch die Freundin des Beklagten einerseits durch laute Stöhngeräusche und andererseits durch versehentliches Klingeln von Freiern bekannt. Sie hatten es aber in Anbetracht der Stellung des Beklagten als Polizeibeamten zunächst nicht gewagt, hiergegen vorzugehen. Auf ihre Anzeige hin war es im Juli 2002 zu einer Hausdurchsuchung gekommen, bei der u.a. auch dienstliche Vorgänge (VS-nfD-Verschlusssache - nur für den Dienstgebrauch - und ZEVIS-Ausdrucke) sowie eine Videokassette aufgefunden wurden, in der der Beklagte als Pornodarsteller mitwirkt.

5

Durch Verfügung vom 23. Juli 2002 leitete die Klägerin ein Disziplinarverfahren ein und setzte es im Hinblick auf das anhängige strafrechtliche Ermittlungsverfahren gemäß § 22 Abs. 3 BDG aus; gleichzeitig enthob sie den Beklagten im Hinblick auf seine erhebliche disziplinarische Vorbelastung vorläufig des Dienstes und ordnete einen Einbehalt von 40 % der monatlichen Dienstbezüge an. Nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens und wiederholter Ausdehnung des Disziplinarverfahrens erhob die Klägerin am 29. Dezember 2010 Disziplinarklage.

6

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt, weil er bei Berücksichtigung der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten sowie der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße ein schweres Dienstvergehen begangen und das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Die hiergegen gerichtete Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Neben den Feststellungen aus den strafgerichtlichen Urteilen ging der Verwaltungsgerichtshof in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass der Beklagte Verschlusssachen (nfD) zu Hause aufbewahrt habe. Hinsichtlich der bei ihm aufgefunden ZEVIS-KfZ-Halterabfragen - die Personen betrafen, mit denen der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt eine Zivilklage austrug -, habe er auch keine Zugangsberechtigung gehabt. Darüber hinaus habe der Beklagte seinen Dienstausweis trotz Aufforderung nicht zurückgegeben und als gestohlen gemeldet. Dieser sei jedoch später, anlässlich einer Personenkontrolle bei einer "Gang-Bang-Party" in einem Bordell in M., an der seine damalige Freundin beteiligt war, in seiner Hosentasche aufgefunden worden. Schließlich habe der Beklagte als Kleindarsteller in einem pornographischen Film mitgewirkt und hierfür 250 DM erhalten, ohne eine Nebentätigkeitsgenehmigung beantragt oder erhalten zu haben.

7

2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

8

Die nach § 69 BDG i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Frage des revisiblen Rechts bezeichnet und aufzeigt, dass die Frage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist. Klärungsbedarf besteht, wenn eine von der Beschwerde aufgeworfene Frage von Bundesverfassungs- oder Bundesverwaltungsgericht weder beantwortet worden ist noch auf der Grundlage ihrer Rechtsprechung eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4). Diese Voraussetzungen hat die Beschwerde nicht dargelegt.

9

a) Der Beklagte sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zunächst in der Frage:

"Ist die Verhängung einer disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme, die aufgrund eines außerdienstlichen Vergehens, welches den Kernbereich privater Lebensführung des Beamten betrifft, ohne Bezug auf ein konkret-funktionelles Amt ergeht, angesichts der Liberalisierungstendenz in Rechtsprechung und Gesetzgebung auf die öffentlich-rechtliche Behandlung der Prostitution noch zeitgemäß und verhältnismäßig?"

10

Diese Frage ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Der Beklagte ist - entgegen der Darstellung der Beschwerde - von den Verwaltungsgerichten nicht wegen des in der Frage bezeichneten außerdienstlichen Vergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof maßgeblich auf die Förderung der verbotenen Prostitution abgestellt, Grundlage der Maßnahmebemessung und ausschlaggebend für deren Ergebnis war aber die Gesamtwürdigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten. Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof sowohl die vorangegangene strafrechtliche Verurteilung als auch die weiteren inner- und außerdienstlichen Pflichtenverstöße berücksichtigt und ausdrücklich auf die Häufigkeit und Schwere dieser weiteren Pflichtenverletzungen hingewiesen. Selbst wenn man die mit der Beschwerde bezeichnete Frage dahingehend beantworten würde, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis aufgrund eines außerdienstlichen Vergehens, welches den Kernbereich privater Lebensführung des Beamten betrifft und ohne Bezug auf ein konkret-funktionelles Amt ergeht, unverhältnismäßig ist, ergäbe sich hieraus für den Fall des Klägers daher keine andere Beurteilung.

11

Die in Rede stehende Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution betrifft im Übrigen auch nicht den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung. Entgegen der Aussicht der Beschwerde geht es hierbei nicht um die "Wertung der Sexualpraktiken eines Beamten, die sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Ordnung halten". Das Sexualverhalten des Beklagten ist gar nicht Gegenstand des Strafurteils und des hieran anknüpfenden Disziplinarvorwurfs. Diese betreffen vielmehr die Prostitutionstätigkeit der Freundin des Beklagten in einem Sperrgebiet und seine Beihilfe dazu. Warum es insoweit um den Kernbereich der privaten Lebensführung des Beklagten gehen sollte, erschließt sich nicht. Im Übrigen hielt sich diese Tätigkeit gerade nicht an den Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung, sondern erfüllt einen Straftatbestand. Auch die geltend gemachte Liberalisierung durch die Einführung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten hat nichts daran geändert, dass die Ausübung der Prostitution an bestimmten Orten strafbar ist.

12

Schließlich ist die Maßnahmebemessung auch nicht ohne Bezug auf ein konkret-funktionelles Amt erfolgt. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof maßgeblich darauf abgestellt, dass der Beklagte gerade als Polizist in Erscheinung getreten ist und diese Amtsstellung auch zur Durchsetzung seiner Privatanliegen ausgenutzt hat (vgl. hierzu auch Urteil vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - NVwZ-RR 2014, 105 = ZBR 2014, 47 Rn. 20 ).

13

Die mit der Beschwerde bezeichnete Frage ist einer derart verallgemeinernden Antwort auch nicht zugänglich. Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ist die Disziplinarmaßnahme vielmehr aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu bestimmen. Erst aufgrund des Ergebnisses dieser Gesamtwürdigung kann festgestellt werden, ob ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er das erforderliche Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Beschluss vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 8). Auch wenn für die Bestimmung der Schwere eines Dienstvergehens generelle Maßstäbe für einzelne Fallgruppen entwickelt worden sind, folgt hieraus nicht die von der Beschwerde in der vorbezeichneten Frage zugrunde gelegte Schlussfolgerung, wegen der angesprochenen Liberalisierung des Sexualstrafrechts komme die gegen den Beklagten verhängte Disziplinarmaßnahme grundsätzlich nicht in Betracht. Gerade die Bewertung von Äußerungen oder Handlungen mit sexuellem Bezug hängt vielmehr maßgeblich von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab (Beschluss vom 31. Mai 2012 - BVerwG 2 B 141.11 - Rn. 8; hierzu auch Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 62.11 - NVwZ-RR 2013, 693 Rn. 40 m.w.N.).

14

In der Sache wendet sich der Beklagte im Gewand der Grundsatzrüge gegen die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Gesamtwürdigung und will die Schwere seines Fehlverhaltens milder beurteilt sehen, weil er "Gang-Bang-Partys" auch dann nicht als Prostitution ansehen möchte, wenn den Frauen für ihre Mitwirkung Geld bezahlt wird. Dies ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzulegen.

15

b) Die weiter bezeichnete Frage:

"Nach welchen Bemessungskriterien ist die erforderliche Disziplinarmaßnahme bei einem außerdienstlichen Verstoß gegen § 184e StGB n.F. zu bestimmen?"

16

würde sich in einem Revisionsverfahren so ebenfalls nicht stellen. Entgegen der Darstellung der Beschwerde ist der Beklagte nicht (allein) wegen des strafrechtlich sanktionierten Dienstvergehens der Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden. Die Disziplinarmaßnahme ist daher auch nicht anhand der Bemessungskriterien für die benannte Straftat, sondern aufgrund der Gesamtwürdigung der vom Beklagten begangenen Pflichtverletzungen zu bestimmen und ist im Streitfall vom Verwaltungsgerichtshof auch so bestimmt worden.

17

Das Disziplinarrecht wird durch den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens geprägt. Soweit die Vorwürfe Gegenstand des Disziplinarverfahrens sind, ist das durch mehrere Pflichtenverstöße zutage getretene Fehlverhalten eines Beamten danach einheitlich zu würdigen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht allein um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern vor allem um die dienstrechtliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, das im Dienstvergehen als der Summe der festgestellten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet. Der Beamte wird disziplinarisch nicht gemaßregelt, weil er bestimmte Pflichten verletzt hat, sondern weil er dadurch Persönlichkeitsmängel offenbart, die eine Pflichtenmahnung oder eine Beendigung des Beamtenstatus für geboten erscheinen lassen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 21; hierzu auch Müller, Beamtendisziplinarrecht, 2010, Rn. 134 m.w.N.).

18

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage kann im Übrigen auf Grundlage der bestehenden Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Der Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 S. 5 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 13 ff.). Danach müssen die sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.

19

Hiernach ist die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten und den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 62.11 - NVwZ-RR 2013, 693 Rn. 39).

20

Für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Straftaten und für die Bestimmung der hierfür angemessenen Disziplinarmaßnahme kommt dem gesetzlichen Strafrahmen maßgebende Bedeutung zu. Die Orientierung am Strafrahmen gewährleistet eine rationale und gleichmäßige disziplinarrechtliche Bewertung außerdienstlichen Fehlverhaltens. Disziplinarwürdigkeit und Schwere außerdienstlichen Fehlverhaltens hängen dabei maßgebend davon ab, ob ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben ist. Dies setzt voraus, dass das Fehlverhalten nachteilige Schlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt oder eine Beschädigung von Autorität und Ansehen des Beamten zur Folge hat, die ihn in der Amtsführung dauerhaft beeinträchtigt (Beschluss vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 m.w.N.).

21

Auch der im Hinblick auf den Strafrahmen einer außerdienstlichen Straftat bestimmte Orientierungsrahmen bildet aber lediglich den Ausgangspunkt der Bemessungsentscheidung; hiervon ausgehend haben die Gerichte zu prüfen, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Danach kann die Disziplinarmaßnahme sowohl höher als auch niedriger ausfallen (Beschluss vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 29.10 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 32 Rn. 15). Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes oder eine besondere Vertrauensbeeinträchtigung können die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen, obwohl diese Maßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens für sich genommen nicht indiziert ist (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 18). Bei der Würdigung des Persönlichkeitsbildes sind insbesondere frühere disziplinarische oder strafrechtliche Verfehlungen, deren Berücksichtigung bei der Maßnahmebemessung kein rechtliches Hindernis entgegensteht, einzubeziehen.

22

Von diesen Grundsätzen ist der Verwaltungsgerichtshof im Streitfall - im Ergebnis (§ 144 Abs. 4 VwGO) - auch nicht abgewichen. Zwar ist das Berufungsurteil in seiner Vorgehensweise insoweit defizitär, als sich den Ausführungen zur Schwere und Einordnung des angeschuldigten außerdienstlichen Dienstvergehens eine ausdrückliche Orientierung am Strafrahmen nicht entnehmen lassen. Dies ist jedoch deshalb unschädlich, weil der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Hinweis auf die Gesamtpersönlichkeit des Beklagten - zusätzlich und die Entscheidung tragend - dessen Vorbelastung in Bezug genommen und bei der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme im Streitfall - zu Recht (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) - maßgeblich auch auf diese abgestellt hat. Dies wird in den Erwägungen zur Maßnahmebemessung deutlich, in denen ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass der Beklagte nur zwei Jahre vor den beanstandeten Verfehlungen strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und ein gravierendes außerdienstliches Dienstvergehen begangen hat, das ebenfalls einen Bezug zu seiner Tätigkeit als Polizeibeamter aufwies (UA S. 18 f.); außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof auf die weiteren Pflichtenverstöße des Beklagten abgestellt (UA S. 21 ff.). Aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs lässt sich daher nicht der Rechtssatz entnehmen, eine außerdienstliche Straftat nach § 184e StGB rechtfertige bereits für sich allein die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

23

Die in Ansehung der Vorbelastung und der Persönlichkeit des Beklagten gewonnene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs, das Fehlverhalten des Beklagten wiege in seiner Gesamtheit so schwer, dass er das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe, ist einer Grundsatzrüge nicht zugänglich. In der Sache wendet sich die Beschwerde vielmehr auch mit dieser Rüge gegen die fallbezogene disziplinarrechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs.

24

3. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

25

Eine die Revision eröffnende Divergenz ist gemäß § 69 BDG i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr; Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 = NJW 1997, 3328 m.w.N.). Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die Rüge einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt dagegen weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (stRspr; Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).

26

Eine derartige Abweichung des Berufungsurteils von dem benannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - (Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12) zeigt die Beschwerde nicht auf.

27

a) Hinsichtlich des 1. Leitsatzes des Urteils vom 19. August 2010, mit dem das Bundesverwaltungsgericht festgehalten hat:

"Wird der Beamte wegen einer vorsätzlich begangenen außerdienstlichen Straftat verurteilt, für die das Strafgesetzbuch zumindest eine mittelschwere Strafdrohung (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren) vorsieht, so liegt in aller Regel ein Dienstvergehen im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG vor",

28

liegt bereits kein Widerspruch vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht einen hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt, sondern ist angesichts der besonders gelagerten Umstände des Einzelfalles zu der Auffassung gelangt, dass das außerdienstliche Verhalten des Beklagten disziplinarwürdig ist.

29

Diese Einschätzung steht auch in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Danach hat sich die Entscheidung über die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG bei einem erstmaligen außerdienstlichen Verhalten an dem mit der Festlegung des Strafrahmens vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachten Unrechtsgehalt des Delikts zu orientieren, wenn andere Kriterien, wie etwa ein Dienstbezug oder die Verhängung einer Freiheitsstrafe bei einer vorsätzlich begangenen Straftat ausscheiden (Urteil vom 19. August 2010 a.a.O. Rn. 17). Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall - etwa im Hinblick auf einen Dienstbezug oder wegen wiederholter Straftaten innerhalb kurzer Frist - auch bereits außerdienstlich begangene Straftaten, die vom Strafgesetzgeber mit einer weniger schweren Strafdrohung belegt worden sind, die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG erfüllen.

30

b) Auch soweit der Beklagte auf den 3. Leitsatz des Urteils vom 19. August 2010 verweist, in dem das Bundesverwaltungsgericht formuliert:

"Weist der erstmalige außerdienstliche Besitz kinderpornographischer Schriften keinen Bezug zu den dienstlichen Pflichten des Beamten auf, so ist die Schwere des Dienstvergehens und damit die angemessene Disziplinarmaßnahme in Anlehnung an die gesetzliche Strafdrohung zu ermitteln",

31

enthält die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs keinen hiervon abweichenden Rechtssatz. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr ausdrücklich klargestellt, dass es sich bei den dem Beklagten zur Last gelegten Verfehlungen "um andere, nicht im Ansatz vergleichbare Sachverhalte" wie den Besitz kinderpornographischer Schriften handele. Ein prinzipieller Auffassungsunterschied zu den in der Rechtsprechung des Senats aufgestellten Grundsätzen für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen im Zusammenhang mit kinderpornographischen Schriften besteht daher nicht. Die Entscheidungen sind im Übrigen zu unterschiedlichen strafbewehrten Rechtsvorschriften ergangen.

32

In der Sache macht der Beklagte mit seiner Rüge geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe die vom Bundesverwaltungsgericht für den Bereich des Besitzes kinderpornographischer Schriften aufgestellten Grundsätze zu Unrecht nicht auf den Fall der Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution übertragen. Damit wird indes nicht eine Abweichung von dem benannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts geltend gemacht, sondern eine unterlassene Fortentwicklung der Rechtsprechung. Derartiges ist der Divergenzrüge aus § 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht zugänglich.

33

Im Übrigen besteht die Besonderheit der vorliegenden Fallkonstellation gerade darin, dass bei der Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme eine Vielzahl von Pflichtenverstößen sowie eine erhebliche Vorbelastung zu berücksichtigen sind. Die Zuordnung des Hauptanschuldigungspunktes (Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution) nach der in Anlehnung an die gesetzliche Strafdrohung ermittelten Schwere zu einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme ist daher nur der Ausgangspunkt, von dem aus die weiteren Pflichtenverstöße und die Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten zu betrachten sind.

34

Mit dem Vortrag, das Tatsachengericht habe die be- und entlastenden Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung fehlerhaft gewürdigt und gewichtet, kann eine Divergenzrüge aber nicht begründet werden (Beschlüsse vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 B 18.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1 Rn. 7 und vom 26. Juni 2012 - BVerwG 2 B 28.12 - Rn. 15 jeweils m.w.N.).

35

4. Schließlich liegen auch die mit der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vor.

36

a) Der Verwaltungsgerichtshof konnte seiner Entscheidung die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts Stuttgart zugrunde legen. Er war nicht verpflichtet, sich hiervon zu lösen und eine erneute Prüfung zu beschließen.

37

Gemäß § 58 Abs. 1 BDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind (vgl. auch BTDrucks 14/4659, S. 49). Entsprechend § 86 Abs. 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Dies gilt gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für die Berufungsinstanz.

38

Diese Aufklärungspflicht wird durch § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG eingeschränkt. Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend. Nach Satz 2 hat das Gericht jedoch die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, die offenkundig unrichtig sind. Die gesetzliche Bindungswirkung dient der Rechtssicherheit. Sie soll verhindern, dass zu ein- und demselben Geschehensablauf unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Daher sind die Verwaltungsgerichte nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn sie ansonsten "sehenden Auges" auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Darüber hinaus entfällt die Bindungswirkung, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen zumindest auf erhebliche Zweifel stoßen (Urteile vom 29. November 2000 - BVerwG 1 D 13.99 - BVerwGE 112, 243 <245> = Buchholz 235 § 18 BDO Nr. 2 S. 5 f. und vom 16. März 2004 - BVerwG 1 D 15.03 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 36 S. 81 f.; Beschlüsse vom 24. Juli 2007 - BVerwG 2 B 65.07 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 4 Rn. 11, vom 26. August 2010 - BVerwG 2 B 43.10 - Buchholz 235.1 § 57 BDG Nr. 3 Rn. 5 sowie vom 15. März 2013 - BVerwG 2 B 22.12 - juris Rn. 6 f.).

39

Derartige Umstände hat die Beschwerde nicht dargetan. Sie stellt die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts nicht in Abrede, sondern bemängelt allein die rechtliche Wertung des Geschehens als Straftat der Beihilfe zur verbotenen Prostitution. Auf diese Würdigung erstreckt sich die Bindungswirkung des § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG jedoch nicht. Der vermisste Lösungsbeschluss wäre zur Erreichung des vom Beklagten angestrebten Ziels daher untauglich und im Übrigen auch unzulässig gewesen.

40

b) Der Sache nach wendet sich der Beklagte damit gegen die rechtliche Würdigung des Sachverhalts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

41

Die Beweis- und Sachverhaltswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts indes nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur ein Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also etwa entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert (Beschlüsse vom 26. Mai 1999 - BVerwG 8 B 193.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 4 S. 7 und vom 13. Februar 2012 - BVerwG 9 B 77.11 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 73 Rn. 7 = NJW 2012, 1672 jeweils m.w.N.).

42

Einen derartigen Verfahrensmangel zeigt die Beschwerde nicht auf. Mit dem Vortrag, ausgehend von der unstreitigen Tatsachengrundlage hätte die Schlussfolgerung einer Strafbarkeit nach § 184e StGB nicht gezogen werden dürfen, wird vielmehr nur die Würdigung selbst in Frage gestellt. Verfahrensfehlerhaft könnte dies nur dann sein, wenn die Schlussfolgerung bereits aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden könnte (stRspr; vgl. etwa Beschlüsse vom 14. Juli 2010 - BVerwG 10 B 7.10 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 4 sowie vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 4.11 - juris Rn. 12). Dies ist entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht der Fall.

43

Zwar wird in der strafrechtlichen Literatur teilweise die Meinung vertreten, die Überlassung eines Raumes zu Prostitutionszwecken sei in § 180a Abs. 2 StGB abschließend geregelt, so dass eine Strafbarkeit als Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution nach § 184e StGB ausscheide (vgl. hierzu etwa Fischer, StGB, 60. Aufl. 2013, § 184e Rn. 7). Die wohl überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur misst der in § 180a StGB enthaltenen Regelung wegen ihrer anderen Schutzrichtung aber keine entsprechende Ausschlusswirkung bei (vgl. zum Streitstand etwa Perron/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 184e Rn. 7 m.w.N.). Die Annahme der Strafgerichte und des Verwaltungsgerichtshofs ist daher jedenfalls vertretbar und verstößt weder gegen die Grundregeln der Logik noch gegen den von der Beschwerde bemühten Grundsatz nulla poena sine lege aus Art. 103 Abs. 2 GG.

44

Im Übrigen hat das Landgericht den Beihilfevorwurf weniger auf das Zurverfügungstellen der Wohnung gestützt, sondern darauf, dass sich der Beklagte während der Partys jeweils im Nachbarzimmer aufhielt, um seiner Freundin ein Gefühl größerer Sicherheit zu vermitteln und ihr so die Ausübung der Prostitution zu erleichtern.

45

Es verstößt auch nicht gegen die Denkgesetze, die von den Gerichten festgestellte Ausübung des Geschlechtsverkehrs gegen Zahlung eines hierfür verlangten Entgelts durch die Freundin des Beklagten als Prostitution zu bewerten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.