Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Jan. 2015 - 16a D 13.1904

bei uns veröffentlicht am21.01.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 13 DK 13.478, 25.06.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der 19... in I. geborene Beklagte steht als Polizeihauptmeister im Dienst des Klägers und war bis 22. April 2010 bei der PI I. tätig. Er ist in vierter Ehe verheiratet und hat zusammen mit seiner jetzigen Ehefrau zwei minderjährige Kinder, mit denen er in einem Haus lebt. Insgesamt ist er Vater von sieben Kindern, von denen er vieren unterhaltspflichtig ist. Er erhält derzeit um 5% gekürzte Dienstbezüge aus BesGr. A 9. Laut seinen Angaben beläuft sich sein aktueller Schuldenstand zusammen mit seiner jetzigen Ehefrau auf 200.000,- € aus einem Hauskauf, denen der Gegenwert von zwei Häusern gegenüber steht.

Der Beklagte schloss die Schulausbildung 1977 mit der mittleren Reife ab und wurde am 3. Oktober 1977 als Polizeipraktikant eingestellt. Am 2. Oktober 1978 erfolgte die Ernennung zum Polizeiwachtmeister unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf und am 1. März 1980 die Ernennung zum Polizeioberwachtmeister unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe. 1981 bestand er die Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfung Note 3,45 (Platz 362 von 789 erfolgreichen Prüfungsteilnehmern). Am 1. September 1982 wurde er zum Polizeihauptwachtmeister ernannt, am 1. März 1985 zum Polizeimeister. Mit Wirkung vom 16. April 1988 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und am 1. Januar 1991 zum Polizeiobermeister und sodann am 17. Dezember 1998 zum Polizeihauptmeister befördert. In seiner letzten dienstlichen Beurteilung 2008 erhielt er das Gesamtprädikat „7 Punkte“. Aufgrund des Disziplinarverfahrens wurde seine dienstliche Beurteilung für 2011 zurückgestellt.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich folgendermaßen in Erscheinung getreten:

1. Mit durch Verkündung rechtskräftigem Urteil des Landgerichts K. vom 15. November 2010 (3 Ns 400 Js 4788/10) wurde der Beklagte wegen sieben tatmehrheitlicher Fälle des vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots (§§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen á 20,- € verurteilt. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts S. vom 5. August 2010 (Cs 400 Js 4788/10) zugrunde:

„Der Angeklagte fuhr mit fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen, obwohl aufgrund eines Bußgeldbescheides des Regierungspräsidiums K. ein Fahrverbot bestand. Dies wusste der Angeklagte.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fahrten:

1. Am 26.01.2010 gegen 17:30 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz Opel Astra, Kennzeichen ...

2. Am 27.01.2010 gegen 8:15 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz VW-Bus, Kennzeichen ...

3. Am 29.01.2010 gegen 14:30 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz Audi A4, Kennzeichen ...

4. Am 30.01.2010 gegen 17:15 Uhr in I. mit dem PKW, Dienst-Kfz Opel Astra, Kennzeichen ...

5. Am 02.02.2010 gegen 16:45 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz Audi A4, Kennzeichen ...

6. Am 03.02.2010 gegen 8:15 Uhr in I. mit dem PKW, Dienst-Kfz VW-Bus, Kennzeichen ...

7. Am 03.02.2010 gegen 12:00 Uhr in I. mit demselben PKW.“

2. Mit seit dem 3. Mai 2012 rechtskräftigem Urteil des Landgerichts K. vom 9. Januar 2012 (3 Ns 400 Js 6472/10) wurde der Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts S. vom 18. Januar 2011 (Ds 400 Js 6472/10) wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit Untreue (§§ 242 Abs. 1, 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die hiergegen eingelegte Revision des Beklagten wurde mit Beschluss des OLG M. vom 2. Mai 2012 (5 StR RR (II) 130/12) verworfen. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

„1.

Der Zeuge E. verrichtet seinen Dienst ebenfalls bei der PI I. Er ist mit dem Angeklagten seit der Schulzeit her bekannt. Der Zeuge E. lagerte in einem Schuppen im Gelände der PI I. saisonweise Reifen für seinen PKW BMW ein. Da er in der Wintersaison 2009/2010 vorwiegend mit einem Zweitwagen unterwegs war, hatte er seine Winterräder auf den BMW noch nicht aufgezogen und lagerte drei der Winterräder im besagten Schuppen ein. Es handelte sich dabei um Leichtmetallfelgen der Firma BMW zum Stückpreis von 250,- €, auf die ältere, aber noch gut profilierte Winterreifen aufgezogen waren. Ein viertes Rad lag anstelle des Notrades im Kofferraum.

Der Angeklagte fuhr bereits zu dieser Zeit an Wochenenden oder freien Tagen regelmäßig zu seiner Lebensgefährtin, wobei die einfache Fahrtstrecke ca. 540 km betrug. Nachdem Anfang Februar 2010 die Straßen schneeglatt waren und der Angeklagte über keine tauglichen Winterreifen verfügte, beschloss er, die vorerwähnten Räder zu entwenden und für eigene Zwecke zu verwenden. Er nahm die drei Räder mit zu sich nach Hause, zog dort zwei der Räder auf die Hinterachse seines eigenen BMW auf und fuhr damit in der Folgezeit herum.

Der Zeuge E. vermisste am 19.03.2010 seine Räder. Er glaubte zunächst an ein Versehen und fragte den Hausmeister B. nach dem Verbleib, der jedoch nichts wusste. Auch der Zeuge H., der den Hausmeister vertrat, wusste nichts vom Verbleib. Deshalb sandte der Zeuge E. am 20.03.2010 an alle Mitarbeiter der PI I. eine E-Mail mit der Frage nach dem Verbleib der Räder. Auch der Angeklagte erhielt diese E-Mail am nächsten oder übernächsten Tag, beantwortete sie jedoch nicht. Vielmehr montierte er daraufhin die zwei Winterräder wieder ab und lagerte sie in seiner Garage ein. Bis zum 22.03. war er noch mit seinem Fahrzeug mit den entwendeten Winterrädern täglich auf den Bedienstetenparkplatz der PI I. gefahren. Am 22.03.2010 fielen diese Räder daraufhin dem Wagenpfleger H. auf. Dieser erzählte am 23.03. auf seiner Dienststelle, dass er einen dunklen 3-er BMW mit solchen Rädern gesehen habe. Der Verdacht fiel erstmals auf den Angeklagten. Zu diesem Zeitpunkt war sein Fahrzeug aber nicht auf dem Parkplatz, zwei Beamte fuhren daher seine Heimatadresse an und bemerkten dort den PKW des Angeklagten, auf dem aber nunmehr andere Räder aufgezogen waren.

Am 09.04. erstattete der Zeuge E. daher Anzeige auf seiner Dienststelle wegen der Räder. Im Zuge der Ermittlungen wurde die Beobachtung des Zeugen H. bekannt, am 16.04. wurde für das Anwesen des Angeklagten ein Durchsuchungsbeschluss erwirkt, der dem Angeklagten bei Dienstantritt am 19.04.2010 eröffnet wurde. Er gab zu, die Reifen zu haben, anschließend wurde sein Wohnanwesen angefahren, dort gab er zwei der Räder aus seiner Garage heraus mit der Behauptung, sie seien nur geliehen. Das dritte Rad wies der Angeklagte in einer angrenzenden Werkstatt vor. Die Räder konnten dem Geschädigten E. daraufhin wieder ausgehändigt werden.

2.

Der Angeklagte wurde daraufhin sofort vom Dienst suspendiert, er wurde aufgefordert, seine Ausrüstungsgegenstände, u. a. auch nicht abgerechnetes Verwarnungsgeld, auszuhändigen. Der Dienststellenleiter W. begleitete den Angeklagten zu diesem Zweck in sein Büro. Daraufhin entnahm der Angeklagte aus seinem Schrank zwei Verwarnungsblöcke und begann damit, Verwarnungsbeträge in die Sammellisten nachzutragen. Auf die Frage nach dem Verwarnungsgeld antwortete der Angeklagte, darauf käme es jetzt auch nicht mehr an. Später holte der Angeklagte aus seiner Dienstjacke sechs Scheine á 50,- € und legte diese vor.

Der Angeklagte hat die eingenommenen Verwarnungsgelder nicht abgeliefert, sondern für eigene Zwecke gebraucht. Bis zur Suspendierung hatte der Angeklagte zwei Verwarnungsblöcke mit jeweils 25 Verwarnungszetteln. Ein Block umfasste gebührenpflichtige Verwarnungen bis 20,- €, der weitere Block bis 35,- €. Gemäß einer dienstlichen Weisung, die zur Verdeutlichung auf jedem Block aufgedruckt ist, sind die vereinnahmten Verwarnungsgelder abzurechnen:

1. Mindestens einmal monatlich,

2. wenn der Betrag von 250,- € erreicht ist,

3. spätestens jedoch, wenn der Block verbraucht ist.

Die Verwarnungsgelder und Verwarnungsblöcke sind durch den betreffenden Bediensteten nach Dienstende ausnahmslos in den dienstlich gelieferten Stahlfachschränken unter Verschluss zu halten, Kleiderschränke, Schreibtische, Aktentaschen und dergleichen sind keine geeigneten Aufbewahrungsorte. Verwarnungsgelder dürfen nicht mit privatem Geld vermischt werden. Während des Streifendienstes ist nur notwendiges Wechselgeld, höchstens 50,- € mitzuführen. Der verbleibende Restbetrag ist, wie oben erwähnt, aufzubewahren. Die Höhe der abzurechnen Verwarnungsgelder ist auf dem Abrechnungsblatt einzutragen. Bei Abrechnung der Verwarnungsgelder hat die Dienststelle den Erhalt gegenzuzeichnen. Nicht verbrauchte, verschriebene oder entwertete Verwarnungsbescheinigungen sind vollständig an die Dienststelle zurückzureichen. Dies war dem Angeklagten bekannt, er hielt sich jedoch in keiner Weise an die Anweisungen.

Die Handhabung erfolgt so, dass bei Erteilung einer gebührenpflichtigen Verwarnung ein entsprechender Vordruck abgerissen und ausgefüllt wird und sodann dieser Betrag auf dem verbleibenden Abrechnungsblatt eingetragen wird. Bereits dies unterließ der Angeklagte. Zuständigkeitsbedingt hatte der Angeklagte zunächst wenig mit gebührenpflichtigen Verwarnungen zu tun, weswegen Abrechnungen nur in größeren Abständen erfolgten. Der Zeuge E., der für die Abrechnungen zuständig war, verzichtete auf monatliche Abzeichnung, wenn überhaupt keine Verwarnung ausgestellt worden war, was beim Angeklagten über lange Zeit der Fall war.

Ab 01.09.2009 hatte der Angeklagte jedoch in der Tagschicht des Öfteren unter anderem mit Laser-Geschwindigkeitsmessungen zu tun, ab diesem Zeitpunkt fielen öfters gebührenpflichtige Verwarnungen an. Gleichwohl hatte der Angeklagte den Block mit den Verwarnungen bis 20,- € zuletzt am 17.11.2008 abgerechnet, den Block mit Verwarnungen bis zu 35,- € am 01.09.2009. Ab diesem Zeitpunkt waren bis zur Suspendierung am 19.04.2010 Verwarnungsgelder in Höhe von 640,- € aufgelaufen, die der Angeklagte weder in die Abrechnungsblätter eingetragen, noch abgerechnet oder abgeliefert hatte. Abzüglich der am 19.04. übergebenen 300,- € hat der Angeklagte bis heute 340,- € nicht abgeliefert. Dem Dienstherrn entstand hierdurch entsprechender Schaden zuzüglich Zinsschaden.“

Dem Beklagten wurde mit Beschluss vom 9. Januar 2012 zur Bewährungsauflage gemacht, binnen 1 Monat nach Rechtskraft des Urteils 340,- € Verwarnungsgelder an den Kläger zu zahlen. Auf Anforderung des Klägers vom 20. Juni 2012 zahlte der Beklagte den ausstehenden Betrag im Juli 2012 zurück.

3. Soweit dem Beklagten weiter zur Last gelegt worden war, unter Vortäuschung vorhandener Zahlungsfähigkeit in fünf sachlich zusammentreffendenden Fällen Leistungen einer Tierärztin in Anspruch genommen, aber nicht bezahlt zu haben und dadurch tatmehrheitlich einen Betrug begangen zu haben (§§ 263, 53 StGB), wurde das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.

III.

Am 22. April 2010 leitete das Polizeipräsidium S. aufgrund der strafrechtlich verfolgten Taten gegen den Beklagten gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG ein Disziplinarverfahren ein und setzte dieses gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayDG bis zum Abschluss des Strafverfahrens aus. Zugleich wurde mit sofortiger Wirkung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 BeamtStG ausgesprochen.

Der Beklagte wurde am 22. April 2010 vom Polizeipräsidium S. persönlich angehört. Er wurde nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayDG über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens informiert und nach Art. 22 Abs. 1 Satz 3 BayDG über seine Rechte im Disziplinarverfahren belehrt. Ihm wurde gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 2 BayDG eröffnet, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt werde. Dabei wurde er u. a. darauf hingewiesen, dass sich ein Fehlbetrag an Verwarnungsgeldern in Höhe von 340,- € ergeben habe. Der Beklagte erklärte, keine Angaben zu machen.

Am 26. April 2010 wurde das Disziplinarverfahren gemäß Art. 35 Abs. 3 BayDG vom Polizeipräsidium M. als Disziplinarbehörde übernommen.

Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 13. März 2012, dem Beklagten zugestellt am 16. März 2012, wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt und gemäß Art. 21 BayDG auf den Vorwurf der Verschuldung aufgrund von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen über insgesamt 28.610,37 € ausgedehnt. Der Beklagte erhielt Gelegenheit, sich dazu sowie zur beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung und Einbehaltung der Bezüge nach Art. 39 BayDG zu äußern. Die Frist wurde am 20. März 2012 telefonisch bis 1. Mai 2012 verlängert. Mit Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 2. Mai 2012 äußerte sich der Beklagte zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen.

Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 29. August 2012 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von 5% seiner Dienstbezüge angeordnet.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums M. vom 30. Oktober 2012 erhielt der Beklagte Gelegenheit zur abschließenden Äußerung binnen 1 Monat gemäß Art. 32 Satz 1 BayDG. Zudem wurde er über die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrats nach Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 BayPVG belehrt. Er äußerte sich nicht.

Am 6. Februar 2013 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Der Beklagte rügte innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG, die Pflicht zur abschließenden Anhörung nach Art. 32 Satz 1 BayDG sei verletzt worden, da im Schreiben vom 30. Oktober 2012 nicht dargelegt worden sei, welche Ermittlungen angestellt worden seien. Entgegen der Bestimmung des Art. 23 BayDG habe die Disziplinarbehörde nur Feststellungen zulasten des Beklagten getroffen und keine entlastenden Umstände ermittelt. Sie habe sich nur auf die Bewertung durch das Strafgericht und das Landesamt für Finanzen verlassen, ohne eigene Ermittlungen durchzuführen. Hinsichtlich der Ausdehnung des Disziplinarverfahrens wegen der Pfändungen sei dem Beklagten auch keine angemessene Äußerungsfrist eingeräumt worden. Das Disziplinarverfahren sei deshalb fehlerhaft und einzustellen.

Mit Urteil vom 25. Juni 2013, dem Bevollmächtigten des Beklagten zugestellt am 6. August 2013, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Disziplinarverfahren weise in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Der Beklagte sei zu allen Verfahrensschritten gehört worden. Die Frist zur Stellungnahme hinsichtlich der Pfändungen sei angemessen verlängert worden. Der Beklagte habe die Gelegenheit, sich abschließend zu äußern, aber nicht wahrgenommen. Auch die Klageschrift entspreche den Vorgaben der Art. 58, 53 Abs. 1 BayDG. Die dem Beklagten zur Last gelegten Dienstvergehen stünden zur Überzeugung des Gerichts fest. Aufgrund der Bindungswirkung der Strafurteile stehe fest, dass der Beklagte zwischen 27. Januar und 3. Februar 2010 siebenmal mit Dienstfahrzeugen gefahren sei, ohne im Besitz der Fahrerlaubnis zu sein, sowie, dass er drei Winterreifen eines Kollegen entwendet und Verwarnungsgelder vereinnahmt und nicht abgerechnet, sondern diese für sich persönlich verwendet habe. Aus den Akten folge, dass der Beklagte unstreitig auch Forderungen nicht beglichen habe. Durch die den strafrechtlichen Verurteilungen zugrunde liegenden Taten habe der Beklagte ein äußerst schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen begangen und die ihm obliegende Pflicht verletzt, die Gesetze zu beachten. Die Schulden stellten zwar eine außerdienstliche Pflichtverletzung dar, begründeten aber gleichfalls ein Dienstvergehen, da das Verhalten geeignet sei, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. In erster Linie falle ins Gewicht, dass der Beklagte ihm dienstlich anvertrautes Geld entwendet habe. Nahezu gleichwertig sei der Kollegendiebstahl zu bewerten. Dass der Beklagte das gegen ihn verhängte Fahrverbot missachtet habe und sogar mit Dienstfahrzeugen gefahren sei, sei ebenfalls sehr gravierend. Hinzu kämen die privaten Schulden, die zeigten, dass der Beklagte seine finanzielle Lage nicht im Griff habe. Der Diebstahl dienstlich anvertrauten Geldes stelle sich als ein Zugriffsdelikt dar, das disziplinarrechtlich den endgültigen Verlust des Vertrauens des Dienstherrn zur Folge habe. Gleiches gelte für den Kollegendiebstahl. Schon diese beiden Taten rechtfertigten die Entfernung aus dem Dienst. Auch der Verstoß gegen das Fahrverbot sei äußerst schwerwiegend. Wesentliche Milderungsgründe lägen nicht vor. Zugunsten des Beklagten sei zwar seine bisherige disziplinar- und strafrechtliche Unbescholtenheit zu würdigen. Der Beklagte habe sich 2009/2010 auch in einer schwierigen finanziellen und familiären Situation befunden. Die vom Beklagten verübten Dienstpflichtverletzungen, die ihre Ursache in einer persönlichen Krise und in der desolaten Finanzlage des Beklagten hätten, seien jedoch keine Folge einer Ausnahmesituation, und führten deshalb zum endgültigen Vertrauensverlust.

Der Beklagte hat hiergegen am 5. September 2013 Berufung einlegen lassen und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 25.06.2013 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen, hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

Die Berufung wurde mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 4. Oktober 2013 wie folgt begründet: Das Verwaltungsgericht sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, indem es die vom Strafgericht getroffenen Feststellungen zugrunde gelegt habe. Der Beklagte sei erst auf die Berufung der Staatsanwaltschaft vom Landgericht verurteilt worden, während er vom Amtsgericht noch freigesprochen worden sei. Dieses habe einen Diebstahl zulasten des Kollegen nicht als erwiesen angesehen, sondern sei nur von einem „furtum usus“ ausgegangen, weil sich der Beklagte die Reifen lediglich habe ausleihen wollen. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass die Reifen einem Kollegen gehörten. Dieser hätte dem Beklagten seine Reifen auch überlassen, wenn er ihn gefragt hätte. Der Kläger müsse sich fragen lassen, warum er die Lagerung privater Gegenstände auf dem Dienstgelände zugelassen und nicht unterbunden habe. Hinsichtlich der Abrechnung von Verwarnungsgeldern sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass selbst bei Vermischung mit privatem Geld ein diesbezüglicher Vorsatz fraglich sei. Insoweit habe es beim Beklagten auch nie Unregelmäßigkeiten gegeben. Der Vorgesetzte habe sich die Abrechnungsblöcke nur einmal im Jahr vorlegen lassen. Völlig aus der Luft gegriffen sei, dass der Beklagte die Verwarnungsgelder für eigene Zwecke verwendet habe. Hierzu seien keine Feststellungen getroffen worden. Mit der unterlassenen Abrechnung habe der Beklagte ggf. gegen dienstliche Weisungen verstoßen, aufgrund der jahrelang geduldeten vorschriftswidrigen Abrechnungspraxis sei dem Dienstherrn jedoch ein erheblicher Anteil hieran zuzuschreiben. Dieser habe dem Beklagten auch eine Abrechnung der Verwarnungsgelder verwehrt, indem er ihm die Blöcke weggenommen habe, bevor dieser den genauen Betrag feststellen und dem Notizblock in seinem Diensthemd hätte entnehmen können. Diesbezüglich gehe das Verwaltungsgericht von einem Diebstahl dienstlich anvertrauten Geldes aus, während der Beklagte vom Strafgericht wegen Untreue verurteilt worden sei. Da das Verwaltungsgericht darin die schwerste Verfehlung sehe, die zur Verhängung der Höchstmaßnahme führe, leide das Urteil daher an einem erheblichen Mangel. Bezüglich des Fahrverbots habe der Beklagte nicht vorsätzlich gehandelt, sondern dieses schlichtweg „verbummelt“.

Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht die für den Beklagten sprechenden erheblichen Milderungsgründe nicht zutreffend gewürdigt. Die dem Beklagten zur Last gelegten Pfändungen seien nur Folge einer vorübergehenden wirtschaftlichen Überforderung gewesen. Der Beklagte habe zwischen Ende 2009 und Ende 2010 das Ende seiner dritten Ehe, aus der vier Kinder hervorgegangen seien, verkraften müssen. Er habe sich deshalb zu dieser Zeit in einer psychischen und finanziellen Ausnahmesituation befunden. Infolge der Scheidung sei er über einen begrenzten Zeitraum hohe Zahlungsverpflichtungen eingegangen und so in eine unverschuldete ausweglose wirtschaftliche Notlage geraten. Er habe sich ständigen psychischen Anfeindungen seiner Ex-Ehefrau sowie finanziellen Forderungen von allen Seiten ausgesetzt gesehen. Dadurch habe sich bei ihm eine vorübergehende psychische Überlastung sowie Resignation ausgebreitet. Er habe in dieser Zeit insbesondere an Schlaflosigkeit und Konzentrationsschwächen sowie an einem Bandscheibenvorfall im HWS-Bereich gelitten. Er sei inzwischen eine neue Ehe eingegangen und habe seitdem seine privaten und wirtschaftlichen Verhältnisse wieder im Griff. Er lebe in einer stabilen Partnerschaft und pflege regelmäßige und gute Kontakte zu seinen Familien. Ein erneutes Fehlverhalten sei nicht mehr aufgetreten und auch zukünftig nicht zu besorgen. Das Persönlichkeitsbild des Beklagten sei ausgesprochen positiv, es handle sich bei ihm um einen „im Kern“ auch absolut verlässlichen Polizeibeamten.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 21. Januar 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Mit Beschluss vom 21. Januar 2015 hat der Senat das Disziplinarverfahren gemäß Art. 54 Satz 1 BayDG beschränkt und den Sachverhalt der Verschuldung als eigenes Dienstvergehen ausgeschieden.

Zu Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Dem Senat haben die Strafverfahrensakten sowie die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. und die Personalakten des Beklagten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht gemäß Art. 11 BayDG aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

Soweit der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren wegen behaupteter Verfahrensfehler die Einstellung des Disziplinarverfahrens beantragt hat, hat das Verwaltungsgericht zu Recht das Vorliegen formeller Mängel verneint.

Die Anhörungspflicht wurde nicht verletzt. Der Beklagte hatte vielmehr in sämtlichen Verfahrensstadien Gelegenheit, sich zu den gegenüber ihm erhobenen Vorwürfen zu äußern. So wurde er am 22. April 2010 durch das Polizeipräsidium S. angehört und nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayDG von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens informiert, ihm wurde auch gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 2 BayDG eröffnet, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt werde, er wurde weiter nach Art. 22 BayDG Abs. 1 Satz 3 über seine Rechte im Disziplinarverfahren belehrt. Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 13. März 2012, durch die das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren auf den Vorwurf der Verschuldung ausgedehnt wurde, erhielt er nach Art. 22 Abs. 2 Satz 1 BayDG Gelegenheit, sich hierzu bis 20. März 2012 zu äußern, diese Frist wurde am 20. März 2012 telefonisch nach Art. 22 Abs. 2 Satz 2 BayDG bis 1. Mai 2012 und damit jedenfalls angemessen verlängert. Mit Schreiben des Polizeipräsidiums M. vom 30. Oktober 2012 erhielt er nach Art. 32 Satz 1 BayDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung innerhalb einer angemessenen Frist von 1 Monat.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang rügt, dass die Disziplinarbehörde entgegen Art. 23 BayDG nur Feststellungen zulasten des Beklagten getroffen und keine entlastenden Umstände ermittelt habe, trifft dies nicht zu. Sie hat neben der Feststellung der Tathandlungen auch das Persönlichkeitsbild des Beklagten und dessen bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt.

Wenn der Beklagte weiter bemängelt, dass sich die Disziplinarbehörde dabei nur auf die Bewertung durch das Strafgericht verlassen habe, ohne eigene Ermittlungen durchzuführen, waren solche auch nicht veranlasst. Die Disziplinarbehörde ist nach Art. 23 Abs. 1 BayDG verpflichtet, zur Aufklärung des Sachverhalts die belastenden, die entlastenden und die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bedeutsamen Umstände zu ermitteln. Von Ermittlungen ist aber abzusehen, soweit der Sachverhalt aufgrund der Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren feststeht (Art. 23 Abs. 2 Satz 1 BayDG).

Jedenfalls hatte der behauptete Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens keine Auswirkungen auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens, weil das Verwaltungsgericht den Beklagten entlastende Umstände in seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Ein wesentlicher Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens i. S. d. Art. 53 Abs. 1 BayDG mit der Folge der Einstellung des Disziplinarverfahrens nach Art. 53 Abs. 3 Satz 3 BayDG, sofern der Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist beseitigt wird, liegt nur vor, wenn sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass der Mangel sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann (vgl. BVerwG, U. v. 24.6.2010 - 2 C 15/09 - juris Rn. 19). Dies war hier nicht der Fall, da das Verwaltungsgericht im Rahmen der Amtsermittlung nach Art. 56 Abs. 1, 3 BayDG i. V. m. § 86 Abs. 1 VwGO von sich aus zur Berücksichtigung entlastender Gesichtspunkte verpflichtet war, so dass die Sachverhaltsdarstellung im Anhörungsscheiben bzw. in der Disziplinarklage nur Ausgangspunkt eigener Ermittlungen des Verwaltungsgerichts war.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen.

1. Der dem Beklagten im Disziplinarverfahren zur Last gelegte Sachverhalt, wie er den rechtskräftigen Urteilen des Landgerichts K. vom 15. November 2010 sowie 9. Januar 2012 zugrunde liegt, steht nach Art. 25 Abs. 1, Art. 55 Hs. 1, Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend.

Der Bindung unterliegen die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts, die den objektiven und subjektiven Tatbestand der verletzten Strafnorm, die Rechtswidrigkeit der Tat, das Unrechtsbewusstsein (§ 17 StGB) sowie die Frage der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB betreffen. Hierzu gehören nicht nur die äußeren Aspekte des Tathergangs, sondern auch die Elemente des inneren Tatbestandes wie etwa Vorsatz oder Fahrlässigkeit sowie Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht (BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 36).

Aufgrund des Urteils des Landgerichts K. vom 15. November 2010 steht fest, dass der Beklagte zwischen 26. Januar 2010 und 3. Februar 2010 vorsätzlich und schuldhaft siebenmal mit Dienst-Kfz auf öffentlichen Straßen gefahren ist, obwohl er wusste, dass aufgrund eines Bußgeldbescheides für ihn ein Fahrverbot bestand.

Aufgrund des Urteils des Landgerichts K. vom 9. Januar 2012 steht weiter fest, dass der Beklagte Anfang Februar 2010 vorsätzlich und schuldhaft drei von seinem Kollegen E. auf dem Gelände der PI I. gelagerte PKW-Reifen in der Absicht, sich diese rechtswidrig zuzueignen, entwendet und zwei der Räder für eigene Zwecke gebraucht hat, sowie dass er vorsätzlich und schuldhaft zwischen 17. November 2008 und 19. April 2010 von ihm vereinnahmte Verwarnungsgelder in Höhe von 340,- € weder in die Abrechnungsblätter eingetragen noch abgerechnet oder abgeliefert hat, sondern für eigene Zwecke gebraucht hat, wodurch dem Kläger ein Schaden in entsprechender Höhe entstanden ist.

Der Beklagte wurde aufgrund dieses Sachverhalts wegen vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots (§§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen á 20,- € sowie wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit Untreue (§§ 242 Abs. 1, 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Der Senat hat keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens des Beklagten von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen (Art. 55 Hs. 2 i. V. m. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Die Disziplinargerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils i. S. d. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn diese offenkundig unrichtig sind und sie daher „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Hierunter fällt auch, dass das Strafurteil auf einer Urteilsabsprache beruht, die den rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Darüber hinaus kommt eine Lösung in Betracht, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (BVerwG, B. v. 15.5.2013 - 2 B 20/12 - juris Rn. 8; BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 38).

Wird das Vorliegen der genannten Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Disziplinargerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und über eine Lösung zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Nur pauschale Behauptungen oder bloßes Bestreiten genügen hierfür nicht. Es müssen vielmehr tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit i. S. d. Art. 55 Hs. 2 BayDG ergeben kann (BVerwG, B. v. 26.8.2010 - 2 B 43/10 - juris Rn. 6).

Insoweit reicht die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte oder dass man dieses anders als das Strafgericht beurteilen könnte, für einen Lösungsbeschluss nicht aus (BayVGH, U. v. 5.2.2014 - 16a D 12.2494 - juris Rn. 30; U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 103).

Soweit der Beklagte hinsichtlich des Fahrens trotz Fahrverbots behauptet hat, er habe nicht vorsätzlich gehandelt, sondern das Fahrverbot „verbummelt“, d. h. dieses vergessen bzw. sich lediglich um einige Tage über dessen Beginn geirrt, handelt es sich ersichtlich um eine reine Schutzbehauptung. Seine Einlassung wird bereits dadurch widerlegt, dass er mit Schreiben des Regierungspräsidiums K. vom 8. September 2009 auf die bestehenden Fristen und Termine und mit Mahnung vom 5. November 2009 ausdrücklich auf den Beginn des Fahrverbots am 26. Januar 2010 sowie Mitte Januar 2010 durch seinen Vorgesetzten PHK H. persönlich auf den Antritt des Fahrverbots hingewiesen wurde. Ein etwaiger Irrtum über den Beginn des Fahrverbots wäre jedenfalls durch eine Rückfrage beim Regierungspräsidium K. vermeidbar gewesen.

Soweit der Beklagte hinsichtlich des Reifendiebstahls und der Veruntreuung von Verwarnungsgeldern darauf verweist, dass er wegen dieser Vorwürfe erstinstanzlich vom Amtsgericht S. freigesprochen worden sei und dass das Landgericht K. seiner Entscheidung eine hiervon grundlegend abweichende tatrichterliche Überzeugungsbildung zugrunde gelegt habe, legt er keine Tatsachen dar, die eine offensichtliche Unrichtigkeit i. S. d. Art. 55 Hs. 2 BayDG begründen könnten, sondern macht sich lediglich die - in sich zudem auch widersprüchliche - Bewertung des Sachverhalts durch das Amtsgericht zu eigen, er habe die Reifen zwar entwendet, um sie für sich zu behalten, sowie 640,- € Verwarnungsgelder für sich behalten, aber insoweit ohne Zueignungsabsicht bzw. Vorsatz gehandelt. Die rechtskräftigen Feststellungen des Landgerichts, die auf einer eigenen Würdigung des Sachverhalts beruhen, sind auch dann bindend, wenn das Amtsgericht aufgrund einer anderen Bewertung des Sachverhalts zu einem hiervon abweichenden Ergebnis gekommen ist.

Selbst wenn man das Vorbringen des Beklagten als Angriff auf die Beweiswürdigung ansehen wollte, hat er nicht substantiiert dargetan, dass seine Verurteilung auf einer offenkundig unrichtigen oder unvertretbaren Würdigung des Sachverhalts beruht. Das Landgericht ist aufgrund der Beweisaufnahme nach § 244 StPO, zu welchem Zweck es erneut die Zeugen E. und W. sowie zusätzlich die Zeugen T. und B. vernommen und die Verwarnungsblöcke in Augenschein genommen hat, im Rahmen seiner Beweiswürdigung nach § 261 StPO vertretbar zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte durch sein Verhalten einen Diebstahl sowie eine Untreue begangen hat. Die Entscheidung des Landgerichts ist in den Urteilsgründen auch ausführlich und nachvollziehbar begründet worden.

Es hat sich dabei auch mit den im Rahmen des Disziplinarverfahrens wiederholten Einlassungen des Beklagten befasst und diese angesichts der Beweisaufnahme als widerlegt angesehen (UA S. 6-10). Am Vorliegen eines vollendeten Diebstahls ändert demgemäß nichts, dass der Beklagte erklärt hat, nicht gewusst zu haben, dass die Reifen einem Kollegen gehörten, bzw. dass er angegeben hat, er habe sich diese lediglich ausleihen wollen. Auch die Tatsache, dass der Zeuge E. bekundet hat, dass er dem Beklagten die Reifen überlassen hätte, wenn dieser ihn vorher gefragt hätte, führt deshalb nicht dazu, dass man nur von einem „furtum usus“ ausgehen könnte.

Auch die Einlassung, der Beklagte habe - neben 300,- €, die er in seiner Dienstjacke aufbewahrt und übergeben habe - weitere Gelder in einem Notizblock in seinem Diensthemd gehabt, das jedoch die von ihm vereinnahmten Verwarnungsgelder überstiegen habe, weil sich Wechselgeld dabei befunden habe, so dass er es erst nach ordnungsgemäßer Abrechnung herausgeben habe wollen, hat das Landgericht als widerlegt erachtet, nachdem der Zeuge W. angegeben hat, der Beklagte habe bei Abgabe der Verwarnungsblöcke nichts von weiteren Verwarnungsgeldern gesagt. Damit steht fest, dass er 340,- € Verwarnungsgelder nicht abgerechnet und abgeliefert, sondern für eigene Zwecke gebraucht hat. Dies lag aufgrund der hohen Schulden des Beklagten - nach Angaben des Zeugen T. insgesamt über 429.000,- € - auch nahe, auch wenn Beklagte dies in Abrede gestellt hat. Dass er keine genaue Kenntnis von den vereinnahmten Verwarnungsgeldern gehabt haben will, spricht gerade für eine Vermischung mit privaten Geldern.

Diese Feststellungen vermag der Beklagte auch nicht dadurch substantiiert in Zweifel zu ziehen, wenn er behauptet, man habe ihm eine Abrechnung verwehrt und ihm die Blöcke weggenommen, bevor er den genauen Betrag feststellen und diesen seinem Diensthemd hätte entnehmen können. Es ist nicht glaubhaft, dass der Beklagte die von ihm vereinnahmten Gelder - ggf. auch mitsamt Wechselgeld - nicht bereits bei der Abgabe der Blöcke vollständig offen gelegt hat, wenn er damals mehr als die 300,- € bei sich gehabt hätte. Ein etwaiges Wechselgeld hätte er auch nach erfolgter Abrechnung durch seine Dienststelle zurückbekommen. Die Angaben, er habe das Geld im Diensthemd aufbewahrt, sind auch nicht überprüfbar. Wenn er weiter erklärt, er habe noch am Nachmittag des 19. April 2010 zweimal beim Dienststellenleiter angerufen und diesen gefragt, welcher Betrag konkret fehlen würde, den dieser ihm aber nicht habe nennen wollen, gibt es hierfür ebenfalls keinen objektiven Nachweis.

Es erscheint auch nicht glaubwürdig, dass der Beklagte zwar noch am 19. April 2010 wegen der genauen Höhe der Verwarnungsgelder auf seiner Dienststelle angerufen haben will, im Rahmen der Hausdurchsuchung am gleichen Tag jedoch nicht offen gelegt hat, dass er noch Geld bei sich hatte. Denn selbst wenn man dabei als wahr unterstellt, dass der Beklagte das Geld nicht an seinen Vorgesetzten herausgeben wollte, ist nicht nachvollziehbar, dass er sich insoweit auch nicht den Kripo-Beamten, die die Hausdurchsuchung durchgeführt haben und denen er die entwendeten Reifen herausgegeben hat, anvertraut hat.

Entgegen seinen Angaben, er habe erstmals im Strafverfahren den genauen Betrag erfahren, wurde ihm dieser nachweislich bereits im Rahmen der Anhörung im Disziplinarverfahren am 22. April 2010 eröffnet. Der Senat geht deshalb davon aus, dass es sich bei der Geschichte mit dem weiteren Geld im Diensthemd lediglich um eine Schutzbehauptung handelt.

Vor diesem Hintergrund brauchte der Senat dem erstmals im Berufungsverfahren schriftsätzlich gestellten Beweisantrag des Beklagten, zu den Vorwürfen die Zeugen E. und W. zu vernehmen, auch im Rahmen der Amtsermittlung (Art. 56 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 1, 3 BayDG i. V. m. § 86 Abs. 1 VwGO) nicht nachkommen. Damit hat der Beklagte keine neuen Beweismittel benannt, die die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in Frage stellen könnten, da die Zeugen bereits vom Landgericht vernommen und deren Aussagen im Rahmen der Beweiswürdigung bewertet wurden. Der anwaltlich vertretene Beklagte hat die Beweisanträge auch nicht in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wiederholt.

2. Soweit dem Beklagten überdies zur Last gelegt worden ist, sich privat verschuldet zu haben, wurden diese Handlungen durch Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2015 nach Art. 63 Abs. 1, Art. 54 Satz 1 BayDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden, weil sie für Art und Höhe der vorliegend zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht ins Gewicht fallen.

III.

Der Beklagte hat durch sein strafbares Verhalten ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat. Er hat dadurch gegen seine Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) sowie gegen seine Pflichten zur vollen Hingabe an den Beruf (§ 34 Satz 1 BeamtStG), zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen. Soweit er die Verwarnungsgelder entgegen der bestehenden Weisungslage nicht ordnungsgemäß abgerechnet und abgeliefert hat, hat er auch gegen die Pflicht verstoßen, dienstliche Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen sowie allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG).

Bei den Untreuehandlungen im Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Umgang mit Verwarnungsblöcken und eingenommenen Verwarnungsgeldern handelt es sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen. Das Verhalten des Beklagten war kausal und logisch in sein ausgeübtes Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden. Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und dem vom Beamten bekleideten Amt (vgl. BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 75).

Das gleiche gilt aber auch für die Entwendung der Reifen aus dem auf dem Dienstgelände der PI I. befindlichen verschlossenen Papierlager, zu dem sich der Beklagte nur unter missbräuchlicher Verwendung der ihm für dienstliche Zwecke zugänglichen Dienstwagen-/Werkstattschlüssel Zutritt verschaffen konnte. Er hat den Diebstahl dabei in Ausübung und nicht nur gelegentlich des Dienstes verübt, da ihm die Reifen lediglich im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren, so dass die Dienstpflichtverletzung als innerdienstlich zu bewerten ist (vgl. BVerwG, U. v. 15.9.1998 - 1 D 22/98 - juris Rn. 14).

Auch durch das mehrfache Fahren mit einem Dienstwagen trotz Fahrverbots hat der Beklagte ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen, da er sich in Ausübung des Dienstes zu dienstlichen Zwecken mit einem Dienstwagen fortbewegt hat (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 69).

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG.

Es hat - auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat.

Unter diesen Voraussetzungen ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG zu erkennen.

1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder ob es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

2. Gemessen an diesen Grundsätzen gilt vorliegend Folgendes:

2.1 Die gravierendste Pflichtverletzung stellen die innerdienstlich verübten Untreuehandlungen dar. Der Beklagte hat ein schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG begangen, indem er ihm dienstlich anvertraute Verwarnungsgelder in Höhe von 340,- € veruntreut hat. Durch den Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder hat der Beklagte nicht nur beamtenrechtliche Nebenpflichten verletzt, sondern er hat im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten als Polizeivollzugsbeamter versagt.

Mit dem Kernbereich ist derjenige Pflichtenkreis des Beamten angesprochen, der im Mittelpunkt seines konkreten Amts im funktionellen Sinne (Dienstposten) steht. Zu den Kernpflichten eines mit der Einnahme und Behandlung von Verwarnungsgeldern betrauten Polizeibeamten gehört, dass dieser die ihm dienstlich anvertrauten Gelder ordnungsgemäß verwaltet und abrechnet. Der Dienstherr ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit eines solchen Beamten beim Umgang mit dienstlich anvertrauten Geldern angewiesen. Dies gilt umso mehr, als hier eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Polizeibeamten unmöglich ist. Sie muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden (st. Rspr. vgl. BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 47; U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 95).

Bei dem Zugriff auf die Verwarnungsgelder zur eigennützigen Verwendung handelt sich um ein Zugriffsdelikt im Sinne der Rechtsprechung der Disziplinargerichte. Ein Zugriffsdelikt im disziplinarrechtlichen Sinne liegt - und zwar unabhängig von seiner strafrechtlichen Einordnung als Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung - dann vor, wenn der Beamte dienstlich anvertraute Gelder oder Güter veruntreut hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder gleichgestellte Werte dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind, weil maßgeblich für die disziplinarische Bewertung der Vertrauensbruch gegenüber dem Dienstherrn ist. Das ist hier der Fall. Mit der Vereinnahmung des Verwarnungsgelds durch den Beklagten gelangte dieses in dienstlichen Gewahrsam. Im Anschluss daran trat aufgrund des Untreuevorsatzes des Beklagten der Vermögensnachteil beim Kläger ein, dem das Verwarnungsgelder zusteht (BayVGH, U. v. 28.11.2012 - 16a D 11.958 - juris Rn. 47). Insoweit ist irrelevant, dass das Verwaltungsgericht einmal von Untreue, dann aber von „Diebstahl“ dienstlich anvertrauten Geldes gesprochen hat.

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solcher Pflichtverstoß regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören, so dass die Entfernung aus dem Dienst Ausgangspunkt der disziplinarrechtlichen Einstufung ist, sofern die veruntreuten Beträge die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Ein Zugriff auf dienstliche Gelder in geringer Höhe, die zu einer Milderung führen kann, ist bei Veruntreuung von 340,- € zu verneinen. Die Grenze der Geringwertigkeit ist grundsätzlich bei 50,- € anzusetzen (BayVGH, U. v. 28.11.2012 a. a. O. juris Rn. 48).

Zwar kann bei einem nur einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200,- € ernsthaft in Betracht zu ziehen sein, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 48; U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 96). Auch diese Grenze ist hier jedoch bei weitem überschritten.

Jedenfalls liegt kein lediglich einmaliges Fehlverhalten vor, das ein Restvertrauen in den Beklagten begründen könnte, da der Beklagte neben der Veruntreuung von Verwarnungsgeldern mit dem Reifendiebstahl und dem Fahren trotz Fahrverbots noch weitere, ebenfalls schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen begangen hat.

Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen.

Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 41; U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 90).

Die bei Zugriffsdelikten in den Blick zu nehmenden Milderungsgründe führen jedoch ebenfalls zu keiner anderen Bewertung.

(1) Anhaltspunkte für das Vorliegen der vom Beklagten behaupteten unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage liegen nicht vor.

Dieser Milderungsgrund setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten und ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat. Die mildere Bewertung des Fehlverhaltens hat ihren Grund darin, dass der betroffene Beamte in einer Konfliktsituation versagt hat, in der er keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf dienstlich anvertrautes Geld gesehen hat, um den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine Familie zu sichern. Eine solche Konfliktsituation kann aber nur dann als Ursache des Fehlverhaltens anerkannt werden und zu einer Milderung führen, wenn es sich um ein vorübergehendes, zeitlich und zahlenmäßig eng begrenztes Fehlverhalten gehandelt hat; wiederholte Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 50).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Abgesehen davon, dass es sich nicht um ein einmaliges oder kurzfristiges Fehlverhalten handelte, da die Veruntreuungen über einen längeren Zeitraum (17. November 2008 bis 19. April 2010) erfolgten, hat der Beklagte nicht dargelegt, dass er die von ihm veruntreuten 340,- € - trotz der von ihm angehäuften Schulden von zeitweilig über 429.000,- € - für den Lebensbedarf seiner Familie benötigt hätte. Im Gegenteil hat er in Abrede gestellt, die fehlenden Verwarnungsgelder für eigene Zwecke gebraucht zu haben. Zudem kann angesichts der durch den Beklagten eingegangenen zahlreichen finanziellen Verpflichtungen im Zeitpunkt seiner dritten Scheidung jedenfalls auch nicht von einer unverschuldeten Notlage ausgegangen werden, da der Beklagte die Überschuldung selbst herbeigeführt hat. Er hat - wie zahlreiche Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zeigen - in der Vergangenheit erhebliche Schulden aufgehäuft und sich trotzdem für einen Hauskauf mit seiner jetzigen vierten Ehefrau zusätzlich in Höhe von 200.000,- € verschuldet, auch wenn dem der Wert des Hauses gegenüber steht.

Zudem gibt es auch keinen Nachweis dafür, dass der Beklagte inzwischen tatsächlich schuldenfrei wäre bzw. Schulden in erheblichem Umfang abgebaut hätte, auch wenn er vorgetragen hat, er habe seine finanzielle Lage inzwischen wieder unter Kontrolle.

(2) Auch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Milderungsgrund der überwundenen negativen Lebensphase vorliegen könnte, bestehen nicht.

Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Zu prüfen ist, ob das jeweilige Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder aber als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer Ausnahmesituation davon abweicht. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation - über das hinausgehend, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann - begründen. Vor dem Hintergrund, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Dienst nach sich zieht, sind im Übrigen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer disziplinarrechtlich erheblichen negativen Lebensphase nur in individuellen Extremsituationen erfüllt (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 64).

Davon ausgehend lag beim Beklagten eine entsprechende negative Lebensphase nicht vor. Auch wenn der Beklagte sich zwischen Ende 2009 und Ende 2010 infolge der Scheidung seiner dritten Ehe, aus der vier Kinder hervorgegangen sind, in einer psychisch und finanziell schwierigen Situation befunden hat, sind die vom Beklagten dargelegten Lebensumstände sind nicht von solchem Gewicht, dass sie die über einen längeren Zeitraum begangenen schweren Verfehlungen in einem milderen Licht erscheinen ließen. Solche familiären und finanziellen Schwierigkeiten können nämlich grundsätzlich jeden treffen und sind nicht geeignet, eine derart gravierende Ausnahmesituation zu begründen, die zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führt. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Beklagte sich 2009/2010 in einer schwierigen Lebensphase befand, die durch das Auseinandergehen seiner Ehe und die hohen Schulden belastet war. Auch wenn der Beklagte inzwischen erneut in einer stabilen Partnerschaft lebt und regelmäßige und gute Kontakte zu seinen Familien pflegt, kann nicht ohne weiteres von einer überwundenen negativen Lebensphase ausgegangen werden, die ein erneutes Fehlverhalten zukünftig nicht mehr besorgen ließe. Jedenfalls liegen - wie eben ausgeführt - keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich um eine lediglich vorübergehende Phase gehandelt und der Beklagte seine schwierige finanzielle Situation tatsächlich überwunden hätte, da nachprüfbare Angaben über seinen derzeitigen Schuldenstand fehlen.

(3) Wenn der Beklagte weiter vorträgt, sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden zu haben, setzt dieser Milderungsgrund eine seelische Zwangssituation voraus, die durch ein unvorhergesehenes Ereignis ausgelöst worden ist, das schockartig auf den Beamten eingewirkt und zu einer für einen derartigen Zustand typischen Fehlreaktion geführt hat. Hierfür reicht eine allgemein Anspannung mit schwierigen familiären oder finanziellen Verhältnissen oder eine subjektiv als solche empfundene Ausweglosigkeit nicht aus (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 56). Die prekäre finanzielle Situation war dem Beklagten auch seit langem bekannt. Dennoch hat er weiter erhebliche Schulden angehäuft.

(4) Auch Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte aufgrund einer vorübergehenden psychischen Überlastung im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit i. S. d. §§ 20, 21 StGB gehandelt hätte, liegen nicht vor. Der bloße, nicht durch z. B. ärztliche Atteste belegte Hinweis auf Schlaflosigkeit sowie Konzentrationsschwächen führt auch nicht dazu, dass der Senat dem im Rahmen der Amtsermittlung nachgehen müsste (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 55).

(5) Auch der weitere bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, kann nicht herangezogen werden. Die mildere Bewertung knüpft hier daran, dass der Beamte der Situation nicht gewachsen war und ihr im Sinne einer Kurzschlusshandlung spontan erlegen ist. In einer solchen Lage befand sich der Beklagte bei den Taten nicht. Vielmehr gehört es zu den selbstverständlichen Pflichten eines Polizeibeamten, Verwarnungsgelder zu vereinnahmen und ordnungsgemäß mit ihnen umzugehen. Eine spezifische, noch dazu einmalige Versuchungssituation bestand für den Beklagten mithin nicht (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 58).

(6) Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstiger Persönlichkeitsprognose, die grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. Der Beklagte hat weder vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart noch den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 59). Die Rückzahlung des Restgelds über zwei Jahre nach der Tat führt zu keiner durchgreifenden Milderung.

(7) Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt auch nicht aus dem von ihm behaupteten Mitverschulden des Dienstherrn. Zwar ist nicht zu übersehen, dass die Pflicht des Beklagten zur monatlichen Abrechnung vereinnahmter Verwarnungsgelder hier durch die Vorgesetzten des Beklagten nicht konsequent überwacht wurde, sondern die Abrechnungspraxis eher nachlässig war. Allerdings war es zunächst die Aufgabe des Beklagten, unter Einhaltung der Gesetze leicht einsehbare Kernpflichten zu beachten. Darüber hinaus hat der Beklagte gegen interne Richtlinien verstoßen. Gemäß Ziffer 2.2.10 der Richtlinie für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten (IMBek v. 12.10.2007 Az. IC 4-3603 - 339 - Po) war er verpflichtet, eingenommene Verwarnungsgelder monatlich bei der Dienststelle abzuliefern. Auch war auf den Verwarnungsblöcken nochmals vermerkt, dass vereinnahmte Verwarnungsgelder 1. mindestens einmal monatlich, 2. wenn der Betrag von 250,- € erreicht ist, 3. spätestens jedoch, wenn der Block verbraucht ist, abzurechnen sind. Der Beklagte hatte hingegen seit Mitte November 2008 nicht mehr korrekt abgerechnet und den Betrag von insgesamt 640,- € angesammelt. Hätte er sich ordnungsgemäß verhalten, wäre die Grundlage für die Tat (die Möglichkeit des Zugriffs auf 340,- €) nicht gegeben gewesen. Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt mithin schwerer als das z.T. mangelhafte Kontrollverhalten des Dienstherrn (BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 103 f.).

2.2 Hinzu kommen erschwerend die beiden anderen Dienstpflichtverletzungen:

(1) Hinsichtlich des Diebstahls von Autoreifen des Kollegen stellt sich dieses Tun zwar nicht als typischer Kollegendiebstahl dar, der disziplinarisch einem Zugriffsdelikt gleichgestellt wird (vgl. BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 63/11 - juris Rn. 15), da es sich nicht um das Eigentum eines Kollegen handelt, das dieser - wie etwa eine Geldbörse im gemeinsamen Dienstzimmer - im Rahmen des Dienstes in Diensträumen bei sich geführt hat und dabei zwangsläufig auf die Ehrlichkeit seiner Kollegen vertrauen musste. Vielmehr handelt es sich um - mit Duldung des Dienstherrn oder auch ohne dessen Wissen - auf dem Dienstgelände gelagerte Gegenstände, die dem Beklagten lediglich im Rahmen der Dienstausübung in die Hände fielen. Doch ist der Diebstahl im Dienst durch einen Polizisten, der die Tat unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung begangen hat und dem dienstlich die Verhinderung von Straftaten und der Schutz des Eigentums obliegt, ebenfalls grundsätzlich mit der Entfernung aus dem Dienst zu ahnden (vgl. BVerwG, U. v. 11.10.1995 - 1 D 11/95 - juris Rn. 20 f.).

Soweit sich der Beklagte insoweit darauf berufen hat, er habe die Reifen nur deshalb genommen, weil er keine Winterreifen gehabt habe und für die Besuche bei seiner damaligen Freundin (seiner nunmehrigen vierten Ehefrau) bei winterlichen Straßenverhältnissen wegen der Kinder „auf Nummer Sicher“ gehen habe wollen, ist ihm entgegenzuhalten, dass er, um die Kinder nicht zu gefährden, sich entweder Winterreifen besorgen oder auf die Fahrten verzichten hätte können.

Mildernd ist insoweit zu berücksichtigen, dass ihm sein Kollege die Autoreifen nach dessen Bekunden auch geliehen hätte, wenn er ihn vorher gefragt hätte. Gleiches gilt für das Geständnis und die Rückgabe der Reifen nach Tatentdeckung. Dies führt angesichts der Schwere des Dienstvergehens aber nicht zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme.

(2) Auch das Fahren mit einem Dienstwagen trotz Fahrverbots stellt ein erhebliches Dienstvergehen dar, das als Erschwernisgrund hinzutritt. Der Dienstherr erwartet von einem Beamten, dass dieser nur dann in dienstlicher Eigenschaft am Straßenverkehr teilnimmt, wenn er über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügt. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis mit einem Dienstwagen stellt deshalb die dienstliche Zuverlässigkeit in Frage, zumal die Nichtbeachtung verkehrsrechtlicher Vorschriften, die zum Schutze der Allgemeinheit erlassen worden sind, auch Rückschlüsse auf eine mangelnde charakterliche Qualifikation zulässt (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 69).

3. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Die vorliegenden Entlastungsgründe haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass sie den gegebenen Vertrauensverlust ausreichend abmildern könnten.

Es ist daran festzuhalten, dass der Beklagte das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hatte und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, missbraucht hat. Sein Fehlverhalten hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in ihn unwiderruflich beschädigt.

Die Würdigung des Persönlichkeitsbilds und des bisherigen dienstlichen Verhaltens des Beklagten ändern nichts daran, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zugemutet werden kann, den Beklagten weiter zu beschäftigen. Zugunsten des Beklagten ist seine bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Angesichts der Schwere des Dienstvergehens führt dies jedoch nicht zu einer durchgreifenden Milderung. Die dienstlichen Beurteilungen des Beklagten bewegen sich eher im unteren Durchschnitt. Besondere Umstände, welche die Persönlichkeit des Beklagten in ein positives Licht setzen könnten, liegen in Anbetracht des eingeholten Persönlichkeitsbilds vom 1. Oktober 2012 nicht vor. Nach Angaben von Kollegen war zwar auf ihn im Einsatz immer Verlass. Negativ fällt jedoch auf, dass beim Beklagten im Dienst häufig die erforderliche Korrektheit vermisst wurde. Dass der Beklagte es mit Vorschriften nicht genau nimmt, wird damit auch hier deutlich.

4. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. So verhält es sich regelmäßig bei Kernpflichtverletzungen durch Zugriffsdelikte von Beamten. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlichrechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 68).

Nach alldem war die Berufung des Beklagten mit der Kostenfolge des Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG zurückzuweisen.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafgesetzbuch - StGB | § 242 Diebstahl


(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 21 Fahren ohne Fahrerlaubnis


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dies

Strafgesetzbuch - StGB | § 17 Verbotsirrtum


Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 35 Folgepflicht


(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach b

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 33 Grundpflichten


(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 39 Verbot der Führung der Dienstgeschäfte


Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sons

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

Beamtinnen und Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.

Tatbestand

1

Der 1966 geborene Beklagte ist Beamter auf Lebenszeit und steht als Polizeiobermeister im Dienst des Klägers. Das Amtsgericht Lübeck verurteilte ihn durch Urteil vom 4. November 2004 wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen und sprach ihn von dem Vorwurf der versuchten Anstiftung zur Vornahme sexueller Handlungen an Kindern frei. Bei einer Durchsuchung seiner Privatwohnung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren waren Ausdrucke aus der polizeilichen Erkenntnisdatei und dem zentralen Verkehrsinformationssystem gefunden worden, die auf nicht dienstlich veranlasste Ermittlungen des Beklagten im privaten Umfeld seiner ehemaligen Lebensgefährtin zurückgingen; dieses Geschehen war in das Strafverfahren nicht einbezogen worden.

2

Das behördliche Disziplinarverfahren nahm folgenden Verlauf:

Das am 28. August 2003 wegen des Verdachts der Beleidigung, der Beleidigung auf sexueller Basis sowie des Besitzens und Verbreitens kinder- und tierpornografischer Schriften eingeleitete Disziplinarverfahren wurde durch Verfügung vom 8. September 2003 für die Dauer des Strafverfahrens ausgesetzt. Der Leiter der Polizeiinspektion Lübeck forderte den Beklagten auf, innerhalb von drei Wochen mitzuteilen, ob er im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eine Mitbestimmung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 MBG Schl.-H. wünsche. Dieser wies in seiner Antwort darauf hin, er müsse sich vor einer Entscheidung mit seinem Rechtsanwalt beraten. Im Juni 2004 wurde das Disziplinarverfahren auf den Vorwurf ausgeweitet, dienstliche Datenbanken zu privaten Zwecken genutzt und die Tochter seiner ehemaligen Lebensgefährtin unsittlich berührt und geküsst zu haben; zugleich wurde es erneut im Hinblick auf das laufende Strafverfahren ausgesetzt. Durch Schreiben vom 26. April 2004 bat die Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd den Beklagten nochmals um Mitteilung, ob er ein Mitbestimmungsverfahren wünsche. Der Beklagte äußerte sich hierzu nicht.

3

Das Disziplinarverfahren wurde nach Rechtskraft des strafgerichtlichen Urteils ab dem 4. Mai 2005 fortgeführt. Der Leiter der Polizeiinspektion Lübeck legte den Vorgang im Oktober 2005 dem Innenministerium vor, weil er seine Disziplinarbefugnis im Hinblick auf eine etwaige Entfernung aus dem Dienst nicht für ausreichend erachtete. Das Innenministerium wandte sich mit Schreiben vom 7. August 2006 an den Hauptpersonalrat der Polizei und bat unter Vorlage der Disziplinar- und Personalakte um Zustimmung zur Erhebung der Disziplinarklage. In dem Schreiben hieß es, der Beamte habe bisher keine Erklärung zur Frage der Mitbestimmung abgegeben, sodass von der Zuständigkeit des Hauptpersonalrats auszugehen sei. Das Recht auf Einsicht in die Personalakte sei aber auf den Vorsitzenden des Hauptpersonalrats beschränkt.

4

Der Hauptpersonalrat stimmte am 18. August 2006 der Erhebung der Disziplinarklage nach Beteiligung des örtlichen Personalrats der Polizeidirektion Lübeck ohne Begründung zu.

5

Der Kläger hat am 29. August 2006 Disziplinarklage wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften und der Verletzung der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit erhoben. Der Beklagte hat im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht eingeräumt, kinderpornografische Dateien besessen und unbefugt dienstliche Dateien für private Zwecke abgefragt zu haben. Außerdem hat er innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Klage als Verfahrensfehler den Umstand gerügt, dass er der Beteiligung des Personalrats nicht zugestimmt habe, dieser aber dennoch beteiligt worden sei.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Disziplinarklage durch Urteil vom 21. Mai 2007 mit der Begründung abgewiesen, es stehe zwar fest, dass der Beklagte ein Dienstvergehen begangen habe, doch leide das Verfahren wegen der rechtswidrigen Beteiligung des Personalrats an einem schweren Verfahrensfehler. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache mit folgender Begründung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen:

7

Es sei bereits zweifelhaft, ob ein Verfahrensfehler vorliege. § 51 Abs. 5 Satz 1 MBG Schl.-H. sei restriktiv auszulegen. Der Beklagte habe auf die Anfragen des Klägers nicht reagiert und sich damit nicht auf schützenswerte Belange berufen; auch habe die Verhandlung vor dem Schöffengericht teilweise öffentlich stattgefunden. Deshalb habe der Kläger annehmen dürfen, dass die Einschaltung der Personalvertretung keinen unzumutbaren Eingriff in die Privat- und Intimsphäre des Beklagten darstelle. Selbst wenn ein Verfahrensfehler anzunehmen sei, könne der Beklagte sich darauf nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht berufen. Er habe die Anfragen des Klägers nicht beantwortet, obwohl er hierzu auf Grund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht verpflichtet gewesen sei. Es stelle widersprüchliches Verhalten und damit eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn er nunmehr aus seinem Pflichtenverstoß rechtliche Folgerungen ableite. Nehme man dennoch einen Verfahrensfehler an, ändere dies im Hinblick auf den Rechtsgedanken der §§ 115 LVwG Schl.-H., 46 VwVfG am Ergebnis nichts. Denn wenn der Personalrat im Hinblick auf die fehlende Zustimmung des Beklagten nicht beteiligt worden wäre, wäre es dennoch - und erst recht - zur Erhebung der Disziplinarklage gekommen.

8

Der Beklagte rügt mit der Revision, das Berufungsgericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines wesentlichen Mangels des Disziplinarverfahrens verneint. Er beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2008 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 21. Mai 2007 zurückzuweisen,

hilfsweise,

auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

9

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Sache im Ergebnis zu Recht (§ 144 Abs. 4 VwGO) an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Das Disziplinarverfahren leidet zwar an einem Mangel (1.), doch ist dieser nicht wesentlich und hindert deshalb den Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme nicht (2.). Da die hierfür erforderlichen Tatsachen im gerichtlichen Disziplinarverfahren bisher nicht festgestellt worden sind, ist der Hilfsantrag des Beklagten abzuweisen und die Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht nicht zu beanstanden (3.).

12

1. Die Beteiligung des Personalrats im Rahmen der Entscheidung über die Erhebung der Disziplinarklage ohne Zustimmung des Beklagten verstößt gegen § 51 Abs. 5 Satz 1 MBG Schl.-H. und stellt einen Mangel des Disziplinarverfahrens dar.

13

Nach der gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 127 Nr. 2 BRRG in beamtenrechtlichen Streitigkeiten revisiblen (Urteil vom 1. Dezember 1982 - BVerwG 2 C 59.81 - BVerwGE 66, 291 = Buchholz 238.37 § 72 PersVG NW Nr. 7; Beschluss vom 15. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 63.95 - Buchholz 251.8 § 122 RhPPersVG Nr. 1) Vorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 1 MBG Schl.-H. ist die Mitbestimmung von der vorher einzuholenden Zustimmung der Betroffenen abhängig, soweit über die beabsichtigten Maßnahmen hinaus schutzwürdige persönliche Interessen von Beschäftigten berührt sind. Aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschrift mit dem Grundsatz der Allzuständigkeit der Personalvertretung (§ 51 Abs. 1 MBG Schl.-H.) und ihrem Zweck einer möglichst umfassenden Mitbestimmung folgt, dass eine restriktive Auslegung der Norm geboten ist. Die Beteiligung des Personalrats im Rahmen der Disziplinarklage darf nur dann auf eine bloße Unterrichtung durch die Dienststelle (§ 51 Abs. 5 Satz 2 MBG Schl.-H.) beschränkt werden, wenn der betroffene Beamte durch das Mitbestimmungsverfahren in seinen schutzwürdigen persönlichen Interessen stärker belastet würde, als dies durch die beabsichtigte Maßnahme selbst bewirkt wird. Der Umstand, dass persönliche Belange etwa durch die Offenlegung disziplinarisch relevanter Verhaltensweisen berührt werden, reicht daher für sich genommen auch dann nicht aus, wenn es sich um besonders gewichtige oder verfassungsrechtlich gewährleistete Rechtspositionen - etwa das Recht auf informationelle Selbstbestimmung - handelt. Hinzukommen muss vielmehr, dass sich aus der Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens für den Beamten Belastungen ergeben, die über die durch das Disziplinarverfahren hervorgerufenen Belastungen hinausgehen. Wann dies der Fall ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.

14

Liegt ein Fall des § 51 Abs. 5 Satz 1 MBG Schl.-H. vor, so ist dem eindeutigen Wortlaut der Norm allerdings zu entnehmen, dass es einer ausdrücklichen Zustimmung des Betroffenen bedarf, die vor der Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens eingeholt werden muss. Der Dienstherr ist gehindert, aus dem Verhalten des Beamten oder den Umständen des Falles ein vermutetes Einverständnis abzuleiten; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 5 Satz 1 MBG Schl.-H. vor, darf das Mitbestimmungsverfahren ohne ausdrückliche Zustimmung nicht eingeleitet werden. Es besteht auch keine Pflicht des Beamten, sich zu der Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens zu äußern; beantwortet der Beamte eine entsprechende Anfrage nicht, so fehlt es an der Zustimmung und damit an einer nicht ersetzbaren Verfahrensvoraussetzung. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts verletzt revisibles Recht und wird dem Zweck der Vorschrift nicht gerecht. Dies gilt auch für die Annahme des Berufungsgerichts, ein Beamter, der sich trotz entsprechender Aufforderung des Dienstherrn zur Frage der Zustimmung nicht geäußert hat, sei nach Treu und Glauben gehindert, dem Dienstherrn das Fehlen der Zustimmung entgegenzuhalten.

15

Im vorliegenden Fall ist der Hauptpersonalrat im Rahmen einer auf zwei Vorwürfe - Besitz kinderpornografischer Schriften (§ 184b Abs. 4 n.F. StGB) und Missbrauch dienstlicher Datenbanken zu privaten Zwecken - beschränkten Disziplinarklage beteiligt worden. Durch die Überlassung der Personal- und Disziplinarakten sind dem Personalrat jedoch darüber hinaus die Ermittlungsergebnisse zum Vorwurf der versuchten Anstiftung zum Kindesmissbrauch und zu dem weiteren Vorwurf des Kindesmissbrauchs (§ 176 StGB) zugänglich gemacht worden, obwohl der Beklagte hinsichtlich dieser Vorwürfe freigesprochen bzw. das Strafverfahren vor Anklageerhebung eingestellt worden war. Insbesondere waren in den Akten Abdrucke zahlreicher SMS-Nachrichten enthalten, die der Beklagte mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin gewechselt hatte und die sexuelle Fantasien zum Inhalt hatten. Sie bezogen sich ausschließlich auf Vorwürfe, die nicht Gegenstand der beabsichtigten Disziplinarklage waren. Durch die Übermittlung dieser über den Gegenstand der beabsichtigten Maßnahme hinausgehenden Informationen sind schutzwürdige persönliche Interessen des Beklagten berührt worden, da er ein gewichtiges Interesse daran hatte, die Weitergabe seiner für die Disziplinarklage nicht relevanten intimen Fantasien zu verhindern. Unerheblich ist dabei, dass die Akteneinsicht auf den Vorsitzenden des Personalrats beschränkt worden ist und dass die Mitglieder des Personalrats zum Stillschweigen verpflichtet sind (§ 9 Abs. 1 MBG Schl.-H.), da auch eine nur personalratsöffentliche Erörterung derart intimer Informationen ohne Bezug zum Disziplinarverfahren bereits eine schwere Beeinträchtigung schutzwürdiger persönlicher Interessen des Beamten darstellt.

16

Die Verletzung des § 51 Abs. 5 Satz 1 MBG Schl.-H. stellt einen Mangel des Disziplinarverfahrens dar, denn es handelt sich um die Verletzung von Verfahrensregeln, die im behördlichen Verfahren von Bedeutung sind (vgl. Beschluss vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1) und Rechte des Beamten nicht nur im Mitbestimmungs-, sondern auch im Disziplinarverfahren berühren (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <254> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1).

17

2. Der in der Beteiligung des Personalrats ohne die erforderliche Zustimmung liegende Mangel des Disziplinarverfahrens ist unter den hier gegebenen Umständen jedoch als unwesentlich einzustufen und hindert deshalb den Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme nicht.

18

Nach § 41 Abs. 1 LDG Schl.-H., § 55 Abs. 3 Satz 3 BDG können wesentliche Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens, die der Beamte rechtzeitig gerügt (Abs. 1) und deren Beseitigung der Dienstherr trotz Aufforderung nach § 55 Abs. 3 Satz 1 BDG versäumt hat, zu einer Einstellung des Verfahrens mit der Folge führen, dass die Disziplinargewalt hinsichtlich der betroffenen Vorwürfe verbraucht ist. Führt das Gericht das Mängelbeseitigungsverfahren des § 55 Abs. 3 BDG nicht ordnungsgemäß durch, liegt darin ein Fehler des gerichtlichen Verfahrens (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 2), der im Revisionsverfahren zu einer Zurückverweisung an das Tatsachengericht führen kann.

19

Ein Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens ist wesentlich im Sinne des § 55 BDG, wenn sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass er sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann (vgl. BTDrucks 14/4659 S. 49 zur Abgrenzung wesentlicher Mängel von der Verletzung "bloßer Ordnungsbestimmungen"). Hingegen kommt es für die Frage der Wesentlichkeit eines Mangels weder darauf an, ob er behebbar ist noch darauf, ob und ggf. wie intensiv schutzwürdige - insbesondere grundrechtsbewehrte - Rechtspositionen Betroffener durch den Mangel berührt worden sind. Maßgeblich ist wegen der Funktion des Disziplinarverfahrensrechts, bei der Prüfung und ggf. Ahndung von Dienstvergehen gesetzmäßige Ergebnisse zu erzielen, vielmehr die Ergebnisrelevanz. Nur solche Mängel sind wesentlich und bedürfen einer Korrektur oder führen zur Einstellung des Verfahrens nach § 55 Abs. 3 Satz 3 BDG, bei denen nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist, dass sie das Ergebnis eines fehlerfreien Verfahrens verändert haben könnten; der vom Berufungsgericht herangezogene Rechtsgedanke der §§ 115 LVwG, 46 VwVfG tritt hinter § 41 Abs. 1 LDG Schl.-H., § 55 BDG zurück. Wann ein Mangel in diesem Sinne wesentlich ist, ist eine Frage des Einzelfalles. Bei Mängeln im Zusammenhang mit der Mitwirkung der Personalvertretung sind daher alle konkreten Umstände des Mitbestimmungsverfahrens zu berücksichtigen.

20

Im vorliegenden Fall hat die Personalvertretung im Rahmen der Entscheidung über die Erhebung der Disziplinarklage rechtswidrig mitgewirkt und der Klageerhebung zugestimmt. Sie hat diese Entscheidung allerdings nicht begründet, sondern sich auf eine bloße Zustimmung beschränkt. Es kann mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die beabsichtigte Maßnahme anders ausgefallen wäre, hätte es die rechtswidrige Beteiligung des Hauptpersonalrats nicht gegeben. Denn nach dem maßgeblichen Landesrecht ist die Erhebung der Disziplinarklage in der vorliegenden Konstellation nach bloßer Information der Personalvertretung zulässig, sodass auch bei rechtmäßigem Verhalten des Dienstherrn eine Disziplinarklage hätte erhoben werden können. Auch lässt sich den vom Berufungsgericht festgestellten tatsächlichen Umständen entnehmen, dass die inhaltsleere Äußerung des Hauptpersonalrats die Entscheidungsfindung des Dienstherrn nicht beeinflusst hat. Ob bzw. unter welchen Umständen ein wesentlicher Verfahrensfehler vorliegt, wenn eine rechtswidrige Personalratsbeteiligung zu einer begründeten Stellungnahme geführt hat oder wenn im umgekehrten Falle die Mitbestimmung rechtswidrig unterblieben ist, muss der Senat aus Anlass des vorliegenden Falles nicht entscheiden.

21

3. Die rechtswidrige Beteiligung des Hauptpersonalrats steht als unwesentlicher Mangel des Disziplinarverfahrens der Prüfung und ggf. disziplinarischen Ahndung des dem Beklagten vorgeworfenen Dienstvergehens nicht entgegen. Zu diesem Zweck hat das Berufungsgericht das Verfahren zu Recht an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen (§ 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Der auf eine Entscheidung in der Sache durch den Senat zielende, im Revisionsverfahren gestellte Hilfsantrag des Beklagten bleibt erfolglos.

22

Der Senat ist an einer abschließenden eigenen Entscheidung über die Disziplinarklage gehindert, weil die nach § 13 LDG Sch.-H. maßgeblichen Umstände noch aufgeklärt werden müssen (Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3). Zwar hat der Beklagte den Besitz kinderpornografischer Schriften bzw. Dateien und die unberechtigte Nutzung dienstlicher Datenbanken eingeräumt. Nach § 13 LDG Sch.-H. bedarf es indes der Ermittlung weiterer tatsächlicher Umstände, damit eine Entscheidung über die gegen den Beklagten erhobene Disziplinarklage getroffen werden kann. Wenn das Dienstvergehen festgestellt und nach seiner Schwere einer Disziplinarmaßnahme zugeordnet ist, müssen zusätzlich alle relevanten be- und entlastenden Umstände ermittelt und gewichtet sowie in einem dritten Schritt in Relation zur Schwere des Dienstvergehens bewertet werden (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - juris). In diesem Zusammenhang ist auch die Frage von Bedeutung, ob sich aus der rechtswidrigen Beteiligung der Personalvertretung trotz der ihre Mitglieder treffenden Verschwiegenheitspflicht (§ 9 MBG Schl.-H.) Beeinträchtigungen des Beklagten ergeben haben, die das Maß der disziplinarischen Ahndung beeinflussen könnten. An einer Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht war das Berufungsgericht auch unter Berücksichtigung des das Disziplinarverfahren beherrschenden Beschleunigungsgrundsatzes nicht gehindert; ein entsprechender Vorschlag (vgl. BTDrucks 14/4659 S. 51, zu § 66 Abs. 2 des Entwurfs) hat sich im Gesetzgebungsverfahren nicht durchgesetzt (a.a.O. S. 62; BRDrucks 467/1/00 S. 11).

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die auf Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 66 Abs. 1 ThürDG) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die 1963 geborene Beklagte wurde 1988 in den Polizeidienst der DDR eingestellt. Seit 1997 ist sie Polizeiobermeisterin. Durch Urteil des Amtsgerichts B. aus dem Jahre 2004 wurde die Beklagte wegen Unterschlagung verurteilt. Das Amtsgericht stellte fest, dass die Beklagte im Vorjahr bei einem Einsatz mit einem Kollegen in der Wohnung einer verstorbenen Person aus einer dort aufgefundenen Geldbörse einen 20-€-Schein und einen 10-€-Schein sowie aus einem Umschlag in einer Tasche einen 100-€-Schein entnommen und sich zu Unrecht angeeignet habe. Auf die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung der Beklagten wurde das Strafmaß vom Landgericht M. im Berufungsurteil aus dem Jahre 2005 auf eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 50 € reduziert. Ein Wiederaufnahmeantrag der Beklagten blieb erfolglos.

3

Im Jahre 2006 hat der Kläger wegen dieses und weiterer Anschuldigungspunkte Disziplinarklage erhoben und diese im Jahre 2008 mittels einer Nachtragsklage erweitert, die eine Verurteilung der Beklagten durch das Amtsgericht S. wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung in Tatmehrheit mit Beleidigung zum Gegenstand hatte.

4

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte aus dem Dienst entfernt, ihre Berufung beim Oberverwaltungsgericht blieb erfolglos.

5

2. Der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 66 Abs. 1 ThürDG wegen Verstoßes gegen § 86 Abs. 1 VwGO, § 21 ThürDG liegt nicht vor.

6

Die Beklagte rügt der Sache nach, dass das Oberverwaltungsgericht sich auf die Feststellungen im Strafurteil gestützt habe, statt weitere Ermittlungen anzustellen und Beweise zu erheben; hierin sieht sie einen Aufklärungsmangel.

7

Gemäß § 53 Abs. 1 ThürDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind (vgl. auch BTDrucks 14/4659, S. 49 zu § 58 BDG). Entsprechend § 86 Abs. 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Dies gilt gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 ThürDG auch für die Berufungsinstanz.

8

Diese Aufklärungspflicht wird durch § 16 Abs. 1 Satz 1 ThürDG eingeschränkt. Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend. Nach Satz 2 hat das Gericht jedoch die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit bezweifeln. Die gesetzliche Bindungswirkung dient der Rechtssicherheit. Sie soll verhindern, dass zu ein- und demselben Geschehensablauf unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Daher sind die Verwaltungsgerichte nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn sie ansonsten "sehenden Auges" auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Hierunter fällt auch, dass das Strafurteil auf einer Urteilsabsprache beruht, die den rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Darüber hinaus entfällt die Bindungswirkung, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen zumindest auf erhebliche Zweifel stoßen (vgl. Urteile vom 29. November 2000 - BVerwG 1 D 13.99 - BVerwGE 112, 243 <245> = Buchholz 235 § 18 BDO Nr. 2 S. 5 f. und vom 16. März 2004 - BVerwG 1 D 15.03 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 36 S. 81 f.; Beschlüsse vom 24. Juli 2007 - BVerwG 2 B 65.07 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 4 Rn. 11, vom 26. August 2010 - BVerwG 2 B 43.10 - Buchholz 235.1 § 57 BDG Nr. 3 Rn. 5 und vom 15. März 2013 - BVerwG 2 B 22.12 - juris Rn. 6 ff., zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen).

9

Wird dies geltend gemacht, so sind die Verwaltungsgerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und schließlich über eine Lösung nach der entsprechenden Norm zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Pauschale Behauptungen oder bloßes Bestreiten genügen nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit ergeben kann (Beschlüsse vom 26. August 2010 a.a.O. Rn. 6, vom 28. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 74.11 - juris Rn. 13 und vom 14. März 2012 - BVerwG 2 B 5.12 - juris Rn. 5).

10

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Oberverwaltungsgericht die Feststellungen der Strafurteile nach § 16 Abs. 1 ThürDG als im Disziplinarverfahren bindend angesehen und unter ausführlicher Würdigung der vorgebrachten Einwände die Möglichkeit einer Lösung von der Bindungswirkung nach § 16 Abs. 1 Satz 2 ThürDG zu Recht verneint. Die Beklagte hat keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die Feststellungen der Strafgerichte hinsichtlich der Unterschlagung offenbar unrichtig waren oder unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Im Einzelnen:

11

Soweit die Beklagte die Aussagekraft des eingeholten kriminaltechnischen Gutachtens hinsichtlich der Spuren an dem sichergestellten 10-€-Schein in Frage gestellt hat, spielte die Herkunft des bei der Beklagten sichergestellten Geldes und der Aussagewert des eingeholten kriminaltechnischen Gutachtens keine tragende Rolle bei der Urteilsfindung; die Feststellungen des Strafgerichts beruhten nicht auf der Würdigung dieser Spur, sondern maßgeblich auf der Würdigung von Zeugenaussagen. Hierauf hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend hingewiesen. Soweit die Beklagte geltend macht, es sei bereits zweifelhaft, ob überhaupt Geld der Verstorbenen gefehlt habe, hat sie damit angesichts der Berechnung der Staatsanwaltschaft im Wiederaufnahmeverfahren und der konkreten Wahrnehmung des Kollegen beim fraglichen Einsatz die strafgerichtliche Feststellung, die sich maßgeblich auf die Wahrnehmung dieses Zeugen gestützt hat, nicht ernsthaft in Frage stellen können. Die von der Beschwerde (erneut) vorgebrachten Einwände wegen (von ihr gesehener) "Ungereimtheiten" dieser Zeugenaussage hat das Oberverwaltungsgericht ebenfalls bereits zutreffend als nicht durchgreifend gewürdigt (UA S. 16 unten).

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 73 Satz 1 ThürDG. Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil die Verfahren nach dem Thüringer Disziplinargesetz gerichtsgebührenfrei sind (§ 77 Abs. 4 ThürDG).

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten kann keinen Erfolg haben. Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass einer der von ihm geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG vorliegt.

2

In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich ausgesprochene Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten bestätigt, weil dieser während seiner Dienstzeit als ... des Bundesamtes für Güterverkehr vorsätzlich gegen das Verbot verstoßen habe, Geschenke in Bezug auf das Amt anzunehmen. Der Beklagte sei wegen Bestechlichkeit rechtskräftig zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt worden. Das Landgericht habe es vor allem aufgrund des Geständnisses des Beklagten als erwiesen angesehen, dass er im August 2001 von einem Speditionsunternehmen ein Fahrzeug der Marke Mercedes Benz mit einem Wert von ca. 32 500 € geschenkt bekommen habe. Es habe festgestellt, der Beklagte sei sich darüber im Klaren gewesen, für Gefälligkeiten belohnt zu werden, die er dem Speditionsunternehmen jahrelang erwiesen habe. Diese tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils seien dem Disziplinarurteil ohne erneute Prüfung zugrunde zu legen, weil sie nicht offenkundig unrichtig seien. Es gebe keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass sich der Beklagte zur Abgabe eines wahrheitswidrigen Geständnisses bereit gefunden habe, weil ihn das Strafgericht durch seine prozessuale Vorgehensweise bewusst zermürbt habe. Auch deute nichts darauf hin, dass Geständnis und Strafausspruch auf einer Urteilsabsprache beruhten. Die Vernehmung des Zeugen S... sei nicht veranlasst gewesen, weil er als Zeuge vom Hörensagen die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils nicht habe erschüttern können.

3

Mit der Beschwerde rügt der Beklagte, das Oberverwaltungsgericht habe sich zu Unrecht an die strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen gebunden gesehen, weil diese Feststellungen aus mehreren Gründen offenkundig unrichtig im Sinne von § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG seien. Aufgrund des Darlegungserfordernisses gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, § 69 BDG ist der Senat darauf beschränkt, über die Frage der Bindungswirkung gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 und 2 BDG ausschließlich auf der Grundlage der Beschwerdebegründung des Beklagten zu entscheiden. Dem Senat ist es verwehrt, den Beschwerdevortrag des Beklagten zum Gang des Strafverfahrens anhand der Gerichts- und Verwaltungsakten inhaltlich zu konkretisieren.

4

Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend. Nach Satz 2 hat das Gericht jedoch die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, die offenkundig unrichtig sind. Die gesetzliche Bindungswirkung dient der Rechtssicherheit. Sie soll verhindern, dass zu ein- und demselben Geschehensablauf unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Aufklärung eines sowohl strafrechtlich als auch disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalts sowie die Sachverhalts- und Beweiswürdigung den Strafgerichten zu übertragen. Dieser Entscheidung muss bei der Auslegung des gesetzlichen Begriffs der offenkundigen Unrichtigkeit im Sinne von § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG Rechnung getragen werden.

5

Daher sind die Verwaltungsgerichte nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn sie ansonsten "sehenden Auges" auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Hierunter fällt auch, dass das Strafurteil auf einer Urteilsabsprache beruht, die den rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Darüber hinaus entfällt die Bindungswirkung des § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen zumindest auf erhebliche Zweifel stoßen (vgl. Urteile vom 29. November 2000 - BVerwG 1 D 13.99 - BVerwGE 112, 243 <245> = Buchholz 235 § 18 BDO Nr. 2 S. 5 f. und vom 16. März 2004 - BVerwG 1 D 15.03 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 36 S. 81 f.; Beschluss vom 24. Juli 2007 - BVerwG 2 B 65.07 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 4 Rn. 11).

6

Wird im gerichtlichen Disziplinarverfahren das Vorliegen einer dieser Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Verwaltungsgerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und schließlich über eine Lösung nach § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substanziiert ist. Pauschale Behauptungen (etwa, es habe einen Deal gegeben) genügen nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG ergeben kann.

7

Aus der Beschwerdebegründung des Beklagten ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen hier gegeben sind:

1. Der Beklagte macht geltend, das Landgericht habe den rechtsstaatlichen Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt, weil es das Strafverfahren gegen ihn trotz der untergeordneten Bedeutung im Verhältnis zu den Strafverfahren gegen die Verantwortlichen des Speditionsunternehmens nicht abgetrennt und ihn darüber hinaus gezwungen habe, auch an denjenigen Teilen der Hauptverhandlung teilzunehmen, die mit der Anklage gegen ihn nichts zu tun gehabt hätten. Er sei gezwungen worden, monatelang zweimal wöchentlich früh morgens vom Wohnort K... zum Verhandlungsort S... zu fahren, ganztägig der Hauptverhandlung beizuwohnen und spät abends nach K... zurückzukehren, obwohl ihn die Verhandlungsgegenstände nicht betroffen hätten. Die körperliche und psychische Belastung habe ihn krank gemacht und so zermürbt, dass er das Strafverfahren um jeden Preis habe zu Ende bringen wollen. Deshalb habe er sich auf eine Urteilsabsprache zu den Bedingungen des Landgerichts eingelassen und zu diesem Zweck den Vorwurf der Bestechlichkeit wahrheitswidrig eingestanden.

8

Das in Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Recht auf ein faires Verfahren gewährleistet, dass der Beschuldigte eines Strafverfahrens prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde wahrnehmen und Übergriffe der staatlichen Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren kann. Es ist verletzt, wenn das Strafgericht bei der Auslegung und Anwendung des Verfahrensrechts rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben hat (stRspr, vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Oktober 2009 - 2 BvR 547/08 - NJW 2010, 925).

9

Die Beschwerdebegründung ist auch bei Berücksichtigung des in Bezug genommenen Vortrags im Berufungsverfahren nicht geeignet, eine Verletzung des Grundrechts auf ein faires Verfahren darzulegen. Bei den Vorwürfen des Beklagten, das Landgericht habe die Abtrennung seines Verfahrens und die Befreiung von der Anwesenheitspflicht abgelehnt, um ihn mürbe zu machen, handelt es sich um Mutmaßungen, die nicht auf tatsächliche Grundlagen gestützt sind. Der Beklagte hat keinen tatsächlichen Anhaltspunkt vorgetragen, der den Schluss auf die behaupteten unlauteren Beweggründe des Landgerichts zuließe. Sein Vortrag enthält bereits keinen Hinweis darauf, wie das Strafgericht seine ablehnenden Entscheidungen nach § 4 Abs. 1 StPO (Trennung rechtshängiger Strafsachen) und § 231c StPO (Beurlaubung des Angeklagten) begründet hat. Ohne Kenntnis dieser Begründungen kann nicht beurteilt werden, ob die dazu ergangenen Entscheidungen des Landgerichts im Hinblick auf den Inhalt der Anklage gegen den Beklagten, den Stoff und den zeitlichen Ablauf der Hauptverhandlung sowie den Gesundheitszustand des Beklagten sachgerecht gewesen sind.

10

Ergänzend ist auf zwei Gesichtspunkte hinzuweisen: Zum einen zöge selbst die rechtsfehlerhafte Handhabung der dem Strafgericht sowohl durch § 4 Abs. 1 StPO als auch durch § 231c StPO eröffneten Entscheidungsspielräume nicht ohne Weiteres eine Verletzung des Grundrechts auf ein faires Verfahren nach sich. Zum anderen war es die eigenverantwortliche Entscheidung des Beklagten, während der Hauptverhandlung nicht am Verhandlungsort S... zu übernachten, sondern an jedem Verhandlungstag die An- und Rückreise von und nach K... auf sich zu nehmen.

11

2. Der Beklagte macht weiter geltend, sein das Strafurteil tragendes Geständnis sei Teil einer Urteilsabsprache gewesen, die den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht genügt habe. Der Inhalt des Geständnisses sei ihm vom Landgericht diktiert worden, das ihn zuvor bewusst zermürbt habe.

12

Ein Strafurteil, das auf einer unzulässigen Urteilsabsprache beruht, gilt als unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen und entfaltet keine Bindungswirkung für das gerichtliche Disziplinarverfahren (Urteil vom 14. März 2007 - BVerwG 2 WD 3.06 - BVerwGE 128, 189 = Buchholz 450.2 § 84 WDO 2002 Nr. 3; Beschluss vom 24. Juli 2007 a.a.O. Rn. 11; vgl. zur Urteilsabsprache vor Inkrafttreten des § 257c StPO grundlegend BGH, Urteil vom 28. August 1997 - 4 StR 240/97 - BGHSt 43, 195; Beschluss des Großen Senats für Strafsachen vom 3. März 2005 - GSSt 1/04 - BGHSt 50, 40).

13

Anhaltspunkte für eine unzulässige Urteilsabsprache können sich insbesondere daraus ergeben, dass der Angeklagte nicht zur Sache vernommen worden ist, er lediglich ein formelhaftes Geständnis abgegeben hat, das Strafgericht seine Überzeugung von der Täterschaft im Urteil nur pauschal begründet hat oder der Antrag der Staatsanwaltschaft mit der verhängten Strafe übereingestimmt hat (Urteil vom 14. März 2007 a.a.O. ).

14

Derartige Anhaltspunkte ergeben sich aus der Beschwerdebegründung des Beklagten auch bei Berücksichtigung seines in Bezug genommenen Vortrags im Berufungsverfahren nicht. Es fehlt bereits an einem nachvollziehbaren Tatsachenvortrag, wie die Urteilsabsprache zustande gekommen sein soll. Der Beklagte legt nicht dar, von wem die Initiative für diese Absprache ausgegangen sein und welchen Inhalt eine derartige Initiative gehabt haben soll, welchen Verlauf die Verhandlungen im Wesentlichen genommen haben sollen, d.h. welcher Beteiligte welche Erklärungen abgegeben und welche Änderungswünsche vorgebracht haben soll, in welchem Stadium die Staatsanwaltschaft einbezogen worden und auf welche Weise es schließlich zu einer Einigung gekommen sein soll. Das von ihm vorgelegte Schreiben seiner Verteidiger betrifft nur die Bewährungsauflagen. Der Beklagte hätte die erforderlichen Informationen von seinen Verteidigern erhalten können.

15

Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend angeführt, dass die konkreten Umstände gegen eine Urteilsabsprache sprechen. So ist das Geständnis des Beklagten inhaltlich detailliert. Das Landgericht hat die Glaubhaftigkeit seiner Angaben eingehend gewürdigt und festgestellt, dass sie mit dem weiteren Ermittlungsergebnis, insbesondere den Angaben eines Mitangeklagten übereinstimmen. Auch spricht der deutlich vom Strafausspruch abweichende Antrag der Staatsanwaltschaft gegen eine Urteilsabsprache. In Anbetracht dessen hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass das unsubstanziierte Vorbringen des Beklagten zur Frage der Urteilsabsprache nicht geeignet ist, eine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung zu begründen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2 = NVwZ 2005, 1199<1200> und vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 6 = NJW 2009, 2614).

16

3. Schließlich macht der Beklagte geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den von ihm erstmals im Disziplinarklageverfahren benannten Zeugen S... zu den Bedingungen der Übergabe des Fahrzeugs vernehmen müssen, anstatt sich auf die Bindungswirkung der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen zu berufen. Die Vernehmung hätte ergeben, dass der Beklagte das Fahrzeug nicht geschenkt bekommen, sondern geleast habe. Der Zeuge hat schriftlich mitgeteilt, der Beklagte habe ihm im August 2001 während eines Telefongesprächs mitgeteilt, er habe einen Mercedes erhalten, und Leasingbedingungen vorgelesen.

17

Die Einführung eines neuen, vom Strafgericht nicht gewürdigten Beweisangebots in das gerichtliche Disziplinarverfahren führt jedenfalls dann nicht zur offenkundigen Unrichtigkeit der entsprechenden Tatsachenfeststellungen des rechtskräftigen Strafurteils nach § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG, wenn sich ausschließen lässt, dass eine Beweiserhebung zu neuen Erkenntnissen führen kann, die geeignet sind, die Richtigkeit dieser Feststellungen zu erschüttern. Dies ist der Fall, wenn die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung ohne jeden greifbaren Anhaltspunkt ins Blaue hinein aufgestellt wird oder das Beweismittel offensichtlich untauglich ist (vgl. Beschlüsse vom 14. Juni 2005 a.a.O. und vom 29. Mai 2009 a.a.O.).

18

Danach hat sich dem Oberverwaltungsgericht die Vernehmung des Zeugen S..., die der Beklagte in der Berufungsverhandlung nicht beantragt hat, nicht aufdrängen müssen. Das Landgericht hat angenommen, nach der Beweislage, insbesondere aufgrund des Geständnisses und den damit inhaltlich übereinstimmenden Angaben eines Mitangeklagten, stehe fest, dass die Verantwortlichen des Speditionsunternehmens dem Beklagten das Fahrzeug geschenkt hätten. Um dies zu verschleiern hätten sie nachträglich Unterlagen über einen Leasingvertrag erstellt und zurückdatiert. Die Beschwerdebegründung lässt nicht erkennen, dass der Zeuge S... dieses Beweisergebnis hätte in Frage stellen können. Denn er kann nur darüber berichten, dass der Beklagte während eines Telefongesprächs im August 2001 mit ihm über Leasingbedingungen für ein Fahrzeug gesprochen hat. Dies lässt für sich genommen keine Rückschlüsse darüber zu, aus welchen Gründen und zu welchen Bedingungen die Verantwortlichen des Speditionsunternehmens dem Beklagten damals das Fahrzeug übergaben. Das Beweisangebot widerspricht insbesondere dem Geständnis des Beklagten. Dieses muss berücksichtigt werden, weil die auf seine Unverwertbarkeit abzielenden Verfahrensrügen (Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens; unzulässige Urteilsabsprache) nicht durchgreifen.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der 1961 geborene Beklagte ist gelernter Landschaftsmeister und bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Hof mit Milchvieh und Bullenmast. Seit 1996 ist er ehrenamtlicher erster Bürgermeister der Gemeinde R. Mit Wirkung vom 18. Mai 1996 wurde er zum Standesbeamten des Standesamtsbezirks F. berufen. Nach eigenen Angaben ist er seit 1990 Vorstand der örtlichen Feuerwehr und seit knapp 30 Jahren Mitglied im örtlichen Pfarrgemeinderat. Für seine Tätigkeit als Bürgermeister erhält er eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von zuletzt 2.576,86 Euro brutto (inklusive Reisekosten und Telefonpauschale). Der Beklagte ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.

II.

Gegen den Beklagten erging das Urteil des Amtsgerichts C. vom 15. Dezember 2004 (Az. 123 Js 13573/04) wegen Beleidigung und übler Nachrede mit einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 50 Euro.

In einem Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde der Beklagte durch Urteil des Amtsgerichts T. vom 18. Juni 2008 (Az. 522 OWi 330 Js 11407/08) wegen fahrlässigen Nichtanlegens des vorgeschriebenen Sicherheitsgurtes zu einer Geldbuße von 30 Euro verurteilt.

Disziplinarrechtlich ist der Beklagte nicht vorbelastet.

III.

Der Beklagte ist strafrechtlich weiter wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit Urteil des Amtsgerichts T. - Schöffengericht - vom 9. April 2009 (Az. 525 Ls 300 Js 21379/08) wurde u. a. der Beklagte wegen Meineids gemäß § 154 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Gemäß Bewährungsbeschluss vom selben Tage setzte das Amtsgericht die Bewährungszeit auf zwei Jahre fest. Dem Beklagten wurde zudem auferlegt, 2000 Euro an eine soziale Einrichtung zu zahlen. Gegen das Urteil legten sowohl der Beklagte als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Die Berufungen wurden in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht T. (Az. 6 Ns 300 Js 21379/8) am 17. Februar 2011 nach Durchführung der Beweisaufnahme zurückgenommen. Das Urteil des Amtsgerichts T. ist seit 17. Februar 2011 rechtskräftig.

Dem Urteil des Amtsgerichts T. vom 9. April 2009 lag folgender Sachverhalt zugrunde:

„Am 19. 02. 2008 gegen 14.20 Uhr fuhr der Angeklagte E. mit dem VW-Bus -amtliches Kennzeichen …- 3630 auf der B 306 von I. kommend in Richtung des Ortsteils S., wobei der Angeklagte G. Beifahrer war und die Angeklagte S. auf dem Rücksitz saß. Sowohl der Angeklagte E. als auch der Angeklagte G. hatten den vorgeschriebenen Sicherheitsgurt hierbei nicht angelegt. Diese Feststellung erfolgte durch PHK L., PI R., durch die Zieloptik seiner Laserpistole vom Typ Rigl FG 21 P, welche eine sechsfache Vergrößerung aufweist. Kontrollpunkt von PHK L. war auf der B 306 bei km 14,300. PHK L. erstattete Anzeige.

Im Ordnungswidrigkeitsverfahren 520 OWi 320 Js 11437/08 wurde der Angeklagte E. mit Urteil des Amtsgerichts T. vom 26. 06. 2008 wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Nichtanliegens des vorgeschriebenen Sicherheitsgurtes zu einer Geldbuße von Euro 30,- verurteilt. Dieses Urteil ist seit dem 21. 07. 2008 rechtskräftig. In der Hauptverhandlung am 26. Juni 2008 sagten die Angeklagten G. und S. als Zeugen nach ordnungsgemäßer Belehrung und unter Eid aus, dass der Betroffene E. den Sicherheitsgurt angelegt hatte. Diese Aussagen erfolgten bewusst wahrheitswidrig, da die Angeklagten G. und S. wussten, dass E. eben nicht angeschnallt war.

Im Verfahren gegen den Angeklagten G. (Az.: 522 OWi 330 Js 11407/08) wurden die Angeklagten E. und S. nach ordnungsgemäßer Belehrung als Zeugen in der Hauptverhandlung des Amtsgerichts T. am 18. 06.2008 vernommen, wobei sie unter Eid angaben, dass G. angeschnallt gewesen sei. Auch diese Angaben erfolgten bewusst wahrheitswidrig, da sowohl dem Angeklagten E. und sowohl als auch der Angeklagten S. klar war, dass G. den Sicherheitsgurt nicht trug. Der Angeklagte G. wurde mit Urteil des Amtsgerichts T. vom 18. 06. 2008 wegen fahrlässigen Nichtanlegens des vorgeschriebenen Sicherheitsgurtes zu einer Geldbuße von Euro 30,- verurteilt. Das Urteil ist seit dem 31. 07. 2008 rechtskräftig.

Sowohl der Angeklagte G. als auch der Angeklagte E. hatten gegen ihre Verurteilungen keine Rechtsmittel eingelegt.“

Die Angeklagten E. und S. - Mitarbeiter in der Gemeinde R. - wurden mit dem selben Urteil des Amtsgerichts T. vom 9. April 2009 zu einer Freiheitstrafe von 7 Monaten wegen Meineides bzw. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten wegen zweier tatmehrheitlicher Fälle des Meineids - die Vollstreckung jeweils ausgesetzt zur Bewährung - verurteilt.

IV.

Mit Verfügung vom 14. März 2011 leitete der Landrat des Landkreises C. gegen den Beklagten wegen des Verdachts eines Dienstvergehens ein Disziplinarverfahren ein und übertrug seine Disziplinarbefugnisse vollständig auf die Landesanwaltschaft B. Mit Schreiben vom 21. März 2011, dem Beklagten zugestellt am 24. März 2011, wurde der Beklagte über den gegen ihn erhobenen Vorwurf unterrichtet, belehrt und angehört. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 teilte die Landesanwaltschaft dem Beklagten das Ergebnis der Ermittlungen mit und räumte ihm Gelegenheit zur abschließenden Äußerung ein. Unter dem 23. November 2011 erklärte die Landesanwaltschaft gegenüber einem der Vertreter des Beklagten, der Vortrag, der Beklagte habe sich mit den Gemeindemitarbeitern E. und S. nicht abgesprochen, könne als wahr unterstellt werden.

V.

Am 20. Dezember 2011 erhob der Kläger ausgehend von einem innerdienstlichen Dienstvergehen Disziplinarklage. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht R. beantragte er am 28. September 2012 die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Das Verwaltungsgericht erkannte mit Urteil vom 28. September 2012 wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Gegeben sei eine außerdienstliche Verfehlung. Bei Meineid sei regelmäßig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht zu ziehen, soweit nicht besondere Milderungsgründe vorlägen. Meineid gehöre zu denjenigen Delikten, die als Verbrechen ausgewiesen seien. Ein Meineid werde in der Bevölkerung als unehrenhaft angesehen, mit der Folge, dass ein Beamter, der sich des Meineids schuldig mache, regelmäßig an Achtung verliere. Überdies erschüttere er durch eine solche Tat tiefgreifend das Vertrauen, das seine dienstliche Umgebung und die Öffentlichkeit in ihn setze und auch setzen müsse. Von einem disziplinarisch minder schweren Fall des Meineids sei hier nicht etwa deshalb auszugehen, weil das Schöffengericht einen minderschweren Fall i. S. d. § 154 Abs. 2 StGB angenommen habe. Strafrecht und Disziplinarrecht hätten unterschiedliche Aufgaben und Zielsetzungen. Die Umstände der Tatbegehung wirkten zu Ungunsten des Beklagten. Er habe genug Zeit gehabt, sich auf seine Auftritte vor Gericht am 18. Juni 2008 und 26. Juni 2008 vorzubereiten. Am 18. Juni 2008 habe er es hingenommen, dass zwei Gemeindebedienstete zu seinen Gunsten einen Meineid schworen. Der verächtliche Umgang des Beklagten mit dem Recht lasse Rückschlüsse auf seine Gesinnung und sein weiteres Wirken als Bürgermeister zu. Er habe als Bürgermeister vielfältige Aufgaben zu erfüllen. Bürger und Bedienstete müssten sich darauf verlassen können, dass er das Recht befolge. Durch sein Verhalten habe er das Vertrauen sowohl der Allgemeinheit als auch seiner Mitarbeiter in seine unbedingte Rechtstreue und die Rechtmäßigkeit seines dienstlichen Verhaltens zerstört.

VI.

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts R. vom 28. September 2012 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

Der Beklagte akzeptiere die Bindungswirkung des Strafurteils ebenso wie er die Entscheidung des Amtsgerichts T. am Ende im Wege der Rücknahme der Berufung akzeptiert und gleichermaßen respektiert habe. Gemessen an den Vorgaben des Art. 14 BayDG sei die Entscheidung des Erstgerichts allerdings falsch. Auch disziplinarrechtlich sei von einem minderschweren Fall des Meineids auszugehen. Der Beklagte habe sich in einer außergewöhnlichen sozialen Drucksituation befunden. Im Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Beklagten hätten die Gemeindemitarbeiter E. und S. unter Eid u. a. ausgesagt, dass der Beklagte angegurtet gewesen sei. Sie hätten sich damit dem Risiko eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen Meineids ausgesetzt. Hätte der Beklagte eine Woche später im Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen E. vor dem Amtsgericht Gegenteiliges ausgesagt, hätte er damit zugleich das Schicksal seiner langjährigen Angestellten besiegelt. Der Beklagte habe sich wohl aus falsch verstandener Solidarität vor seine Mitarbeiter gestellt. Irrelevant sei, dass es „nur“ um 30,- Euro gegangen sei. Vielmehr seien die Gesamtumstände in den Blick zu nehmen. Da es keine Absprachen zwischen den Gemeindemitarbeitern und dem Beklagten gegeben habe, könne diesem auch nicht vorgeworfen werden, er habe es hingenommen, dass die Mitarbeiter zu seinen Gunsten einen Meineid schwörten. Zu berücksichtigen sei auch, dass sich der Beklagte um die Gemeinde verdient gemacht habe. Zudem liege die Tat immerhin einige Jahre zurück, der Beklagte sei seinen Geschäften und ehrenamtlichen Verpflichtungen seither beanstandungsfrei nachgekommen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufung sei unbegründet. Das Verwaltungsgericht sei unstreitig und zutreffend von einer Bindungswirkung des Strafurteils ausgegangen. Zu Recht habe es sich für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme an der gesetzlichen Strafandrohung des Meineids orientiert. Eine außergewöhnliche soziale Drucksituation habe für den Beklagten objektiv nicht bestanden. Es sei für den Beklagten aufgrund der zeitlich vorangehenden Verhandlung vor dem Amtsgericht (18.Juni 2008) klar ersichtlich gewesen, was ihn bei seiner Zeugenaussage am 26. Juni 2008 erwartete. Er habe auch die wiederholten und umfangreichen Belehrungen des Strafrichters zum Meineid bzw. zur uneidlichen Falschaussage auf sich wirken lassen können. Hätte er in seinem Ordnungswidrigkeitenverfahren den Einspruch zurückgenommen, wären seine Mitarbeiter davor bewahrt worden, wahrheitswidrige Angaben zu machen. Er hätte auch auf seine Mitarbeiter einwirken können, wahrheitsgemäß auszusagen. Zusammenfassend habe der Beklagte das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit endgültig zerstört. Einmal verlorenes Vertrauen könne auch in der Folgezeit nicht wieder hergestellt werden.

Mit Verfügung vom 15. November 2012 ist der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben worden.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Beklagte, u. a. er bleibe bei seiner Aussage, wie bereits vor dem Amtsgericht, dass er angeschnallt gewesen sei. Des weiteren würden Mängel in der Beweiswürdigung des amtsgerichtlichen Urteils geltend gemacht.

Zur Ergänzung wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen. Dem Gericht haben die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft sowie die Disziplinarakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ausgesprochen.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der dem Beklagten im Disziplinarverfahren zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts T. vom 9. April 2009 zugrunde liegt, steht gemäß Art. 25 Abs. 1, Art. 55 Hs. 1 und Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Mit der Bindung der Disziplinargerichte an die tatsächlichen Feststellungen in einem Urteil, das in einem sachgleichen Strafverfahren ergangen ist, sollen die besseren Ermittlungsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden genutzt und zugleich das Auseinanderfallen von Entscheidungen verschiedener Gerichtsbarkeiten in ein- und derselben Sache verhindert werden. Es handelt sich hierbei um eine für Disziplinarverfahren gesetzlich bestimmte Ausnahme von der grundsätzlichen Freiheit des Gerichts bei der Feststellung des zu beurteilenden Sachverhalts (BVerwG, B. v. 1.3.2012 - 2 B 120/11 - juris Rn. 13).

Der Bindung unterliegen die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts, die den objektiven und subjektiven Tatbestand der verletzten Strafnorm, die Rechtswidrigkeit der Tat, das Unrechtsbewusstsein (§ 17 StGB) sowie die Frage der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB betreffen (BVerwG a. a. O., BayVGH, U. v. 12.3.2013 -16a D 11.624 - juris Rn. 36).

Es steht daher fest, dass der Beklagte vorsätzlich rechtswidrig und schuldhaft vor Gericht falsch geschworen, mithin einen Meineid begangen hat, § 154 Abs. 1, Abs. 2 StGB.

Der Senat hat keinen Anlass, sich von den Feststellungen des Strafgerichts gemäß Art. 25 Abs. 1, Art. 55 Halbsatz 2, Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayDG zu lösen. Gemäß Art. 55 Halbsatz 2 BayDG ist das Disziplinargericht an offenkundig unrichtige Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafurteil nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer Lösung ist u. a. auf solche Fälle beschränkt, in denen das Disziplinargericht ansonsten „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unvertretbaren Sachverhalts entscheiden müsste. Dies ist etwa der Fall, wenn die Tatsachenfeststellungen des Strafurteils im Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen oder aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig sind. Wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Disziplinargerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und schließlich über eine Lösung zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Pauschale Behauptungen oder bloßes Bestreiten - wie zuletzt in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 5. Februar 2014, nachdem er schriftsätzlich zuvor vorgetragen hatte, er habe im gesamten außergerichtlichen wie gerichtlichen Disziplinarverfahren mit keinem Wort daran festgehalten, dass er sich eben nicht des Meineids strafbar gemacht habe, weil er doch angeschnallt gewesen sei (Schriftsatz des Bevollmächtigten des Beklagten vom 13.11.2012 S.5 2.Absatz, Bl.12 Gerichtsakte) - genügen nicht. Es müssen tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit i. S. d. Art. 55 Halbsatz 2 BayDG ergeben kann. Auch reicht die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte, zu einem Lösungsbeschluss nicht aus (BVerwG, B. v. 26.8.2010 - 2 B 43/10 Rn. 5 f., BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 38, BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 103).

Daran gemessen liegen keine Gründe vor, die dem Senat eine Lösung von den tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts erlauben würden. Das Strafgericht hat nicht offensichtlich gegen seine Pflicht verstoßen, von Amts wegen den Sachverhalt aufzuklären und alle in Betracht kommenden Beweismittel auszuschöpfen, § 244 Abs. 2 StPO. Es hat im Rahmen der Beweisaufnahme zur Erforschung der Wahrheit in der Hauptverhandlung vom 9. April 2009 u. a. den Zeugen Polizeibeamten L. ausführlich vernommen und gefertigte Lichtbilder zum Gegenstand der Verhandlung gemacht. Zudem hat das Gericht einen Augenschein durchgeführt. Dabei wurden an derselben Kontrollstelle und unter Einsatz des am 19. Februar 2008 verwendeten Lasergeräts acht Fahrten durchgeführt. Auch wusste das Gericht anlässlich der Nachstellung der damaligen Ereignisse bei der Durchsicht durch die Zieloptik teilweise nicht, ob der Beklagte sowie der ebenfalls Angeklagte E. angeschnallt waren. Über das Ergebnis der Beweisaufnahme hat das Gericht sodann gemäß § 261 StPO nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung entschieden, in dem es den einzelnen Beweisen nachvollziehbar eine Bedeutung zugemessen hat. Der aus Art. 103 Abs. 2 GG abgeleitete Grundsatz „in dubio pro reo“, dessen Verletzung der Beklagte insoweit vorträgt, ist im Rahmen der Beweiswürdigung nicht anwendbar. Es handelt sich vielmehr um eine materiell -rechtliche Entscheidungsregel für den Fall, dass das Gericht nach der abgeschlossenen Beweiswürdigung nicht die volle Überzeugung von einer entscheidungserheblichen äußeren oder inneren Tatsache zu gewinnen vermag (Fischer, Strafgesetzbuch, 61. Auflage, Rn. 34). Die Entscheidung des Strafgerichts ist in den Urteilsgründen ausführlich und nachvollziehbar begründet. Anhaltspunkte dafür, dass die Sachverhaltsfeststellungen des Strafgerichts offensichtlich unrichtig sein könnten, liegen mithin nicht vor.

III.

Durch den Meineid hat der Beklagte als Ehrenbeamter (ehrenamtlicher Bürgermeister, Art. 34 Abs. 2 GO) ein außerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. Art. 48 Abs. 1 des Gesetzes über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen (KWBG) in der bis 31. Juli 2012 geltenden Fassung (vgl. nunmehr § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) begangen und dadurch vorsätzlich schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt.

Der Meineid ist als außerdienstliche Pflichtverletzung zu bewerten. Die Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlichen Verfehlungen bemisst sich nicht nach der formalen Dienstbezogenheit, d. h. nach der engen räumlichen oder zeitlichen Beziehung zum Dienst. Vielmehr kommt es auf die materielle Dienstbezogenheit, nämlich darauf an, ob durch das Verhalten innerdienstliche Pflichten verletzt worden sind (BVerwG, U. v. 21.8.1996 - 1 D 66/95 - juris Rn. 31). Zu fragen ist, ob das pflichtwidrige Verhalten des Beamten in sein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (BVerwG, U. v. 19.8.2010 -2 C 5/10 - juris Rn. 9 m. w. N.). Davon ausgehend beging der Beklagte zwar die Ordnungswidrigkeit im Rahmen einer Dienstfahrt. Sein Zeugenauftritt im Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Gemeindebediensteten E. vor dem Amtsgericht T. am 26. Juni 2008 erfolgte hingegen als Privatperson. Seine Zeugenstellung und die damit verbundenen Pflichten standen nicht in Zusammenhang mit dem Bürgermeisteramt. Hingegen wird es dem Beklagten in der Disziplinarklage nicht vorgeworfen, als Vorgesetzter auf seine Untergebenen E. und S. eingewirkt zu haben, im gegen ihn gerichteten Ordnungswidrigkeitenverfahren die Unwahrheit zu sagen.

Durch sein Verhalten hat der Beklagte vorsätzlich schuldhaft gegen seine auch außerdienstliche Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (Art. 35 Abs. 1 Satz 3 KWBG in der bis 31.7.2012 geltenden Fassung sowie § 34 Satz 3 BeamtStG) sowie gegen die Verpflichtung, die Gesetze zu beachten (Art. 34 Abs. 1 Satz 2 KWBG in der bis 31.7.2012 geltenden Fassung sowie § 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) verstoßen.

Die außerdienstliche Pflichtverletzung stellt auch ein Dienstvergehen dar. Denn es erfüllt die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 KWBG in der bis 31.7.2012 geltenden Fassung sowie des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Danach ist ein Verhalten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Davon ist auszugehen. Zwar wird von einem Beamten außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten erwartet als von jedem Bürger. Hier übersteigt jedoch das Fehlverhalten des Beamten das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Mindestmaß an disziplinarischer Relevanz deutlich und erfüllt damit die besonderen Anforderungen an ein Dienstvergehen. Das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 19.8.2010 - 2 C 13/10 - juris), dem sich der Senat anschließt (vgl. BayVGH, U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974 - juris), hat ausgeführt, dass schon ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. § 154 Abs. 2 StGB sieht in dem hier vom Amtsgericht angenommenen minder schweren Fall des Meineids eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. Durch diese strafrechtliche Bewertung des Fehlverhaltens hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne weiteres darauf schließen, dass dieses Fehlverhalten das Ansehen des Beamtentums und des Bürgermeisteramtes in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionstüchtigkeit nicht hingenommen werden kann.

Hinzu kommt, dass der Meineid einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit des Beklagten aufweist. Dafür genügt, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellem Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Insoweit genügt die bloße Eignung, zu einem konkreten Ansehensschaden muss es nicht gekommen sein (BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - juris, BVerwG, B. v. 21.12.2010 -2 B 29/10 - juris). Dies ist zu bejahen. Zum einen lässt der geleistete Meineid des Beklagten insoweit Rückschlüsse auf dessen Dienstausübung im Amt des Bürgermeisters zu, als sich die Frage aufdrängt, ob er in Ausübung seines herausgehobenen Amtes seine Dienstpflichten wahrhaftig und verlässlich erfüllt. Zum anderen ist der Meineid geeignet, das Vertrauen der behördlichen Mitarbeiter und der gemeindlichen Öffentlichkeit in die Bürgermeisterstellung des Beklagten zu untergraben, mithin die Dienstausübung zu beeinträchtigen.

IV.

Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1, 11 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen. Hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (BVerwG, U. v. 29.5.2008 -2 C 59/07 - juris Rn. 20). Wiegt das Dienstvergehen schwer, kann das Persönlichkeitsbild des Beamten nur ausnahmsweise die Disziplinarmaßnahme noch im Sinne einer Milderung beeinflussen (BVerwG, B. v. 15.4.2009 -2 B 1/09 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).

Aus den gesetzlichen Zumessungskriterien folgt die Verpflichtung der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung ist danach die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn.16).

Bei dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 17).

Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust i. S. v. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnis nicht wieder gutzumachen (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 18).

Für das außergerichtlich begangene Dienstvergehen des Meineids gibt es keine Regeleinstufung, wie sie in der Rechtsprechung für schwerwiegendes innerdienstliches Fehlverhalten entwickelt worden ist. Deshalb ist jeder Einzelfall individuell zu würdigen (BVerwG, U. v. 19.5.1998 - 1 D 37/97 - juris). Die Rechtsprechung ist differenziert. Der Bundesdisziplinarhof hat 1957 entschieden, dass ein Beamter, der einen Meineid leistet und sich einer falschen uneidlichen Aussage schuldig macht, selbst bei Zubilligung des Aussagenotstandes durch das Strafgericht ein Dienstvergehen begangen hat, das die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigt (U. v. 1.10.1957 - II D 10/57 - juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 4. November 1976 beim Meineid eines im Scheidungsrechtstreit als Partei vernommenen Beamten von der Verhängung der schwersten Disziplinarmaßnahme abgesehen, diese aber erwogen (U. v. 4.11.1976 - I D 6.76 - juris). In den Urteilgründen heißt es u. a., dem Beamten habe in dem mit Erbitterung geführten Ehescheidungsprozess die Entscheidung für die Wahrheit schwerfallen müssen, sein Verhalten sei bis zu einem gewissen Grade verständlich, möglicherweise sei er mit 27 Jahren charakterlich noch nicht ausgereift gewesen. In einem Urteil vom 11. Dezember 1978 hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass die Verurteilung wegen Meineids grundsätzlich die Entfernung aus dem Dienst rechtfertige, allerdings für das Dienstvergehen des Meineids durch wahrheitswidriges Leugnen eines Ehebruchs die Disziplinarmaßnahme der Dienstgradherabsetzung ausgesprochen (1 D 78.77 - juris). Mit Urteil vom 21. Juni 1983 hat das Bundesverwaltungsgericht die Verhängung der Höchstmaßnahme gegen einen Beamten, der strafgerichtlich wegen fortgesetzten Meineids verurteilt worden war, bestätigt (1 D 55/82 - juris). Für den Meineid eines als Zeugen vor dem Familiengericht vernommenen Beamten zu einem außerehelichen Verhältnis mit der Ehefrau des dortigen Antragstellers hat das Bundesverwaltungsgericht eine Gehaltskürzung als angemessen erachtet (U. v. 8.12.1987 - 1 D 34/87 - juris). Gegen einen Soldaten, der als Zeuge in einem familiengerichtlichen Verfahren einen Meineid leistete, stellt das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren ein (U. v. 3.4.2003 - 2 WD 46/02 - juris). In den Urteilsgründen heißt es u. a., Meineid stelle nach ständiger Rechtsprechung des Senats regelmäßig ein die schwerste gerichtliche Disziplinarmaßnahme erforderndes Dienstvergehen dar, im vorliegenden Einzelfall seien aber die Voraussetzungen einer unbedachten persönlichkeitsfremden Augenblickstat gegeben. Der Beamte habe nicht aktiv falsch, sondern unvollständig ausgesagt, die Tat sei spontan, aus den Umständen des Augenblicks heraus zustande gekommen, ein gewisser Zwang, sich gegenüber der noch verheirateten Freundin in einer prekären Lage hilfsbereit zeigen zu müssen, sei nicht von der Hand zu weisen, der Meineid sei nur aus einer außergewöhnlich schwierigen Drucksituation heraus zu erklären. Zängl (Bayerisches Disziplinarrecht, Stand November 2012, MatR/II Rn. Rn. 475) führt (zusammenfassend) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus, bei Meineid werde regelmäßig auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen sein, wenn nicht besondere Milderungsgründe vorliegen.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 19.8.2010 - 2 C 5.10 - juris) richtet sich die Schwere relevanter außerdienstlicher Straftaten in erster Linie nach dem gesetzlichen Strafrahmen. Dadurch bringt der Gesetzgeber den Unwertgehalt eines Delikts verbindlich zum Ausdruck. Diese gesetzliche Wertung ist richtungsweisend für die Schwere des Dienstvergehens und damit für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Das rechtskräftige Strafurteil ist vom Strafrahmen des § 154 Abs. 2 StGB ausgegangen, der eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vorsieht. Liegt - wie hier - ein Dienstbezug vor, so ist der Orientierungsrahmen bereits bei einem Strafrahmen bis zu zwei Jahren die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U. v.19.8.2010 - 2 C 5.10 - juris Rn. 24).

Ausgehend von diesem Orientierungsrahmen ist in der Gesamtschau der Schwere des Dienstvergehens die Entfernung des Beamten aus dem Dienst angezeigt, Art. 6 Abs. 3, 11 BayDG.

Meineid gehört zu denjenigen Delikten, die als Verbrechen ausgewiesen sind (§ 154 i. V. m. § 12 Abs. 1, Abs. 3 StGB). Er wird schon aus diesem Grunde in allen Bevölkerungskreisen als unehrenhaft angesehen. Das bedeutet, dass ein Beamter, der eine solche Tat begeht, sein Ansehen empfindlich schädigt, und zwar nicht nur innerhalb seiner Verwaltung und in der Beamtenschaft, sondern auch in der Öffentlichkeit. Daneben erschüttert er durch eine solche Tat tiefgreifend das von seiner Verwaltung in ihn gesetzte Vertrauen. Er zeigt damit, dass man sich auf ihn nicht fest verlassen kann, da er in einem entscheidenden Augenblick der Bewährung nicht bereit war, eigene Interessen hinter zwingenden Geboten der Rechtsordnung, zu denen insbesondere gehört, unter Eid die reine Wahrheit zu sagen, zurückstehen zu lassen. Auch verletzt er die Treuepflicht, die er dem Staat schuldet und die von ihm verlangt, dass er die vom Staat eingesetzten Gerichte bei der Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben unterstützt und nicht der zu diesen Aufgaben in erster Linie gehörenden Wahrheitsfindung entgegenwirkt (BVerwG, U. v. 4.11.1976 - I D 6.76, U. v. 21.6.1983 - 1 D 55/82 - jeweils juris).

Hinzu kommt, dass bei den Zumessungserwägungen hinsichtlich der Persönlichkeit die herausgehobene Stellung des Beamten als erster Bürgermeister einer Gemeinde erschwerend ins Gewicht fällt. Vor diesem Hintergrund hat er in ungewöhnlicher Weise versagt. Ein erster Bürgermeister hat als Kommunalpolitiker sowie als Behördenvorstand in seiner Gemeinde eine überragende Stellung mit weitreichenden Befugnissen nach der bayerischen Gemeindeordnung und außerhalb dieses Gesetzes (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, GO, April 2012, Art. 34 Rn. 2, 3, 4). Dem stehen hohe Anforderungen an seine Führungsfähigkeiten und seine persönliche Integrität gegenüber. In der Behörde hat er Leitbildfunktion und muss geeigneter Orientierungspunkt für nachgeordnete Bedienstete sein. Zudem steht ein erster Bürgermeister als gewählter Repräsentant seiner Gemeinde unter besonderer Beobachtung nicht nur seiner Untergebenen, sondern auch der Gemeindebürger. Das Fehlverhalten eines ersten Bürgermeisters ist mithin in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine gesetzestreue Gemeindearbeit zu beschädigen. Davon ausgehend ist die Tatsache, dass ein erster Bürgermeister einen Meineid geleistet hat, als so gravierend anzusehen, dass er in seinem Amt untragbar wird und nicht in seinem Dienstverhältnis verbleiben kann.

Die für den Beamten sprechenden Entlastungsgründe haben in einer Gesamtwürdigung kein solches Gewicht, dass von der Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen wäre (BVerwG, U. v. 23.12.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 13 bis 15).

Anhaltspunkte für besondere Milderungsgründe liegen nicht vor. Insbesondere ist der Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen eines Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, nicht gegeben. Die mildere Bewertung knüpft hier daran an, dass der Beamte der Situation nicht gewachsen war und ihr im Sinne einer Kurzschlusshandlung spontan erlegen ist (BayVGH, U. v. 22.9.2010 - 16b D 08.314 - juris).

In einer solchen Lage befand sich der Beklagte nicht. Der Beklagte wusste aus der Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 18. Juni 2008 wie eine Zeugeneinvernahme mit Vereidigung abläuft, auch musste er mit der Vereidigung seiner Zeugenaussage am 26. Juni 2008 rechnen. Zwischen beiden Verhandlungen hatte er über eine Woche Zeit, sein Verhalten zu überdenken. Mithin war ihm die Tragweite seiner Tat bewusst. Zudem wurde er vor seiner Zeugenaussage, wie sich aus dem Protokoll über die öffentliche Sitzung vom 26. Juni 2008 ergibt, gemäß § 57 StPO durch den Amtsrichter belehrt. Die Belehrung hielt ihn nicht von seiner Straftat ab.

Auch befand sich der Beklagte nicht in einer besonderen Konfliktlage. Zwar ist es richtig, dass er, hätte er in der Ordnungswidrigkeitenverhandlung vor dem Amtsgericht am 26. Juni 2008 gegen den betroffenen E. zugegeben, dass er selbst sowie E. nicht angeschnallt waren, Meineidsverfahren gegen E. und S. wegen deren Aussagen am 18. Juni 2008 heraufbeschworen hätte. Allerdings hätte der Beklagte durch den Verzicht auf einen Einspruch gegen den an ihn ergangenen Bußgeldbescheid die Verhandlung vor dem Amtsgericht am 18. Juni 2008 vermeiden und E. und S. ihren Zeugenauftritt ersparen können.

Auch der Umstand, dass das Strafgericht einen minderschweren Fall des Meineids annahm, § 154 Abs. 2 StGB, führt nicht zum Absehen von der Höchstmaßnahme. Strafgericht und Disziplinargericht haben unterschiedliche Aufgaben. Ebenso unterscheiden sich die Zielsetzungen der beiden Rechtsgebiete. Ein beamtenrechtliches Fehlverhalten kann durchaus zur disziplinaren Höchstmaßnahme führen, selbst wenn es strafrechtlich kaum oder gar nicht von Belang ist. Zudem besteht ein unterschiedliches Gewicht in der Bewertung eines Vorwurfs als Straftat und als Dienstvergehen. Die Strafe dient der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht, der Prävention und dem Schuldausgleich. Auch die Resozialisierung des Täters ist ein Aspekt einer angemessenen Strafsanktion (vgl. BVerfG, U. v. 21.6.1977 - 1 BvL 14/76, BVerfGE 45, 187, 273ff). Das Disziplinarverfahren dient dagegen in Wahrung der Funktion der öffentlichen Verwaltung der - auf andere Weise nicht zu erreichenden - einseitigen Auflösung des Beamtenverhältnisses oder aber, sofern die Verfehlungen eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses noch zulassen, der Warnung des schuldigen Beamten und seiner Erziehung zum künftigen Wohlverhalten. Die Annahme eines minderschweren Falles durch ein Strafgericht entfaltet mithin für das Disziplinarverfahren keine Verbindlichkeit (vgl. BVerwG, U. v. 21.6.1983 - 1 D 55/82 - juris Rn. 0121, 22).

Auch die Würdigung des Persönlichkeitsbilds und die bisherigen dienstlichen Leistungen des Beamten ändern nichts daran, von der Höchstmaßnahme abzusehen. Der Beamte ist disziplinarrechtlich nicht vorbelastet, er ist seinen dienstlichen Pflichten bislang beanstandungsfrei nachgekommen und ehrenamtlich engagiert. Besondere Milderungsgründe können daraus angesichts der Schwere des Dienstvergehens nicht entnommen werden.

Eine positive Prognose zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme gebieten würde, ist in der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände danach nicht möglich. Der Beamte hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren und ist aus dem Dienst zu entfernen. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezählten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis - wie hier - zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Dienstpflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2/3 - juris, U. v. 8.3.2005 - 1 D 1504 - juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Der am ... 1957 in A. geborene Beklagte trat nach Abschluss seiner Schullaufbahn mit der Mittleren Reife im Jahr 1974 zum 25. Februar 1975 als Polizeianwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Dienst des Klägers ein. Am 1. Juli 1975 wurde er zum Polizeiwachtmeister und zum 1. Februar 1976 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Bei der Anstellungsprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst im Jahr 1977 erzielte er die Gesamtnote „befriedigend“ (2,75). Am 1. September 1978 wurde er zum Polizeihauptmeister, am 1. September 1980 zum Polizeimeister und am 1. September 1983 zum Polizeiobermeister ernannt. Ab dem 1. Februar 1984 war der Beklagte bei der Grenzpolizeistation Sch. eingesetzt.

Zum 27. April 1984 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und am 1. September 1996 zum Polizeihauptmeister ernannt. Der Beklagte feierte am 25. Februar 2000 sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Mit Schreiben des Polizeipräsidiums Ni./Ob. vom 8. April 2003 wurde er zum polizeilichen Suchtberater für den Dienstbereich der Grenzpolizeiinspektion S. bestellt und mit Wirkung zum 1. Januar 2008 zur Polizeiinspektion M., Polizeipräsidium Oberfranken, versetzt.

Der Beklagte ist verheiratet und hat zwei 1986 und 1992 geborene Kinder. Er bezieht Einkünfte aus der Besoldungsgruppe A 9.

Der Beklagte erhielt folgende dienstliche Beurteilungen:

1990: übertrifft die Anforderungen

1993: übertrifft die Anforderungen

1996: übertrifft die Anforderungen

1999: 9 Punkte

2002: 9 Punkte

2005: 9 Punkte

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

1. Er wurde mit Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 (Az. 10 Ds 24 Js 13886/05) wegen Untreue gem. § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist seit dem 21. September 2006 rechtskräftig. Den Urteilsgründen liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

„Zum Aufgabenbereich des Angeklagten, der seit dem 01.02.1984 bei der Grenzpolizeistation Sch. (GPS) als Polizeihauptmeister tätig ist, gehört auch die Erteilung gebührenpflichtiger Verwarnungen und der Einzug der in bar entrichteten Verwarnungsgelder. Zu diesem Zweck wurden dem Angeklagten Verwarnungsblöcke bestehend aus 25 fortlaufend nummerierten Verwarnungsbescheinigungen ausgehändigt. Zu den Modalitäten und Pflichten im Umgang mit den empfangenen Verwarnungsgeldern und Verwarnungsblöcken war der Angeklagte belehrt worden. Zudem war auf jedem Verwarnungsblock eine Belehrung über die Handhabung der Verwarnungsblöcke und der eingenommenen Gelder vorhanden. Dem Angeklagten war bekannt, dass das im Verwarnungsverfahren eingenommene Bargeld in einem vorschriftsmäßigen Kassenbehälter zu verwahren war. Außerdem waren die eingenommenen Beträge in den Barzahlungsstellen der GPS Sch. mindestens einmal monatlich, spätestens jedoch, wenn ein Verwarnungsblock verbraucht war, abzurechnen. Vor längeren Urlauben, längeren Lehrgängen sowie bei der Abordnung oder Versetzung hatte der Angeklagte ebenfalls die eingenommenen Verwarnungsgelder abzuliefern.

Wie der Angeklagte wusste, hätte er bei vollständigem Verbrauch eines Verwarnungsblocks das eingenommene Geld abrechnen und vor allem die eingenommenen Gelder bis dahin separat aufbewahren müssen. Bei der Grenzpolizeistation Sch. bestand die Übung, dass die Polizeibeamten über nicht mehr als vier Verwarnungsblöcke gleichzeitig verfügten. Im Zeitraum vom 06.02.2002 bis zum 27.09.2005 verfügte der Angeklagte jedoch über bis zu elf Verwarnungsblöcke gleichzeitig, da er seinen Ruf als „Schlamperer“ bewusst dazu ausnutzte, den für die Ausgabe und Überwachung der Verwarnungsblocks verantwortlichen Angestellten der GPS Sch. vorzuspiegeln, er habe die „alten“ Verwarnungsblöcke vergessen, beziehungsweise er werde sie umgehend nachreichen. Obwohl er bereits Verwarnungsblöcke verbraucht hatte, rechnete er in der Folgezeit diese nicht vorschriftsmäßig ab und holte sich immer wieder neue Verwarnungsgeldblöcke. Anlässlich einer unvermuteten Kontrolle am 29.09.2005 stellte der Leiter der GPS Sch. fest, dass der Angeklagte neun Verwarnungsblöcke in seinem Besitz hatte und diese nicht vorschriftsmäßig abgerechnet hatte. Er wurde deshalb aufgefordert, sämtliche Verwarnungsblöcke mit dem dazugehörigen Verwarnungsgeld vorzulegen und abzurechnen. Zunächst konnte der Angeklagte fünf Verwarnungsblöcke, die er bei sich hatte, vorlegen.

Im Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Verwarnungsblöcke:

Ausgabedatum Blocknummer Betrag in Euro

1.13.05.2003B 26394860,00

2.15.08.2003B 26394875,00

3.13.10.2003B 26404870,00

4.04.03.2004B 26423870,00

5.13.04.2004B 26425870,00

Den eingenommenen Gesamtbetrag dieser Verwarnungsgelder in Höhe von 4.350,00 Euro konnte der Angeklagte zum Zeitpunkt der Vorlage der Verwarnungsblöcke nicht abliefern, da er diese Gelder aufgrund eines privaten finanziellen Engpasses für die Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet hatte. Vielmehr zahlte er erst am 07.10.2005 den entsprechenden Betrag zurück. Am 30.09.2005 übergab er weitere noch ausstehende vier Verwarnungsblöcke und zahlte das Verwarnungsgeld in Höhe von 2.655,00 Euro. Im Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Verwarnungsblöcke:

Ausgabedatum Blocknummer Betrag in Euro

1. 06.02.2002A 01670 490,00

2. 25.10.2002 B 01690 780,00

3. 24.04.2003 B 26391 840,00

4. 15.08.2003 A 01690 495,00

Insgesamt hatte somit der Angeklagte Verwarnungsgelder in Höhe von 6.955,00 Euro nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig abgeliefert, sondern teilweise für eigene Zwecke verbraucht.“

2. Mit seit 19. Juli 2011 im Schuldspruch rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21.06.2011 (Az. Cs 26 Js 338/11) wurde der Beklagte wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 b StGB schuldig gesprochen. Das festgelegte Strafmaß von 80 Tagessätzen zu je 60,- Euro wurde mit seit 18. August 2011 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel (Az. 8 Cs 26 Js 338/11), in dem lediglich über den Rechtsfolgenausspruch zu entscheiden war, auf eine Geldstrafe von 80 Tagessätze zu je 35,- Euro reduziert. Folgende tatsächliche Feststellungen liegen dieser Verurteilung zugrunde:

„Der Beklagte fuhr am 10. Januar 2011 gegen 11:30 Uhr mit dem Pkw Chrysler Jeep Grand Cherokee, Kennzeichen WUN-..., auf der Ma2.-straße in A. in Richtung Ma3.-platz, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen ist. Infolgedessen ist er, als er nach links auf den Ma3.-platz eingebogen ist, den Bogen zu weit gefahren und gegen den ordnungsgemäß geparkten Pkw Seat, amtliches Kennzeichen TIR-..., der Geschädigten Tr. gestoßen. An dem Pkw ist dadurch ein Sachschaden in Höhe von ca. 885,00 Euro entstanden. Bei dem Beklagten am 10. Januar 2011 um 15.47 Uhr und 16.18 Uhr entnommenen Blutproben ergaben eine Blutalkoholkonzentration von 2,43 und 2,28 Promille.“

III.

Mit Vermerk vom 12. Oktober 2005 leitete das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. disziplinarische Vorermittlungen gem. Art. 27 BayDO gegen den Beklagten ein und verfügte gleichzeitig sofort vollziehbar die Herausgabe aller dienstlichen Gegenstände sowie ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß Art. 68 BayBG a. F.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 setzte das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. das Disziplinarverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gem. Art. 17 BayDO aus. Zeitgleich hob es das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auf und gab dem Beklagten auf, sich ernsthaft um die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse unter Einsatz professioneller Hilfe zu bemühen und dies durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen nachzuweisen.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2006 übernahm das Polizeipräsidium M. in seiner Eigenschaft als Disziplinarbehörde das Disziplinarverfahren gem. Art. 35 Abs. 2 und 3 BayDG.

Mit Verfügung vom 29. Juni 2006 wurde der Beklagte gem. Art. 39 BayDG vorläufig des Dienstes enthoben und die Zahlung von Stellenzulagen i. S. v. Nr. 42 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Bundesbesoldungsgesetz eingestellt.

Die Personalvertretung stimmte - letztendlich mit Schreiben des Hauptpersonalrats beim Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 17. Mai 2010 - der Erhebung einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst nicht zu, da eine ordnungsgemäße bzw. frühzeitig verstärkte Dienstaufsicht gerade wegen des Rufs des Beklagten als „Schlamperer“ das Ausmaß der begangenen Dienstpflichtverletzung durch den Beklagten verringert hätte.

Mit Wirkung ab 22. Februar 2012, gültig bis 31. Mai 2014, ist dem Beklagten ein Grad der Schwerbehinderung von 60 Prozent zuerkannt worden.

Ein mit Beschluss des Amtsgerichts Hof - Insolvenzgericht - vom 21. Februar 2007 über das Vermögen des Beklagten eröffnetes Insolvenzverfahren ist seit Ende 2013 abgeschlossen.

IV.

Am 24. Juni 2010 hat das Polizeipräsidium M. beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage mit dem Antrag erhoben, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Neben dem Sachverhalt, der Gegenstand der strafrechtlichen Verurteilung durch das Urteil des Amtsgericht Wunsiedel vom 13. September 2006 ist, wird dem Beklagten im Rahmen der Disziplinarklage auch Folgendes zu Last gelegt:

Der Beklagte betreibt gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 der Bayerischen Nebentätigkeitsverordnung (BayNV) eine allgemein genehmigte landwirtschaftliche Nebentätigkeit. Wegen dieser im Rahmen der Nebentätigkeit eingegangenen finanziellen Verpflichtungen sind seine Dienstbezüge im Jahr 2005 durch folgende Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wunsiedel gepfändet worden:

Datum Aktenzeichen Höhe der Forderung in Euro

1. 11. Januar 2005 1 M 61/05 15.000,00

2. 17. Mai 2005 1 M 1097/05 5.101,44

3. 26. Juli 2005 1 M 1727/05 1.906,60

Am 20. Dezember 2005 hat der Präsident des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz dem Beklagten mitgeteilt, er erwarte von ihm, dass er sich nachhaltig, ernsthaft und zielstrebig der Klärung seines Schuldenproblems zuwende, sich diesbezüglich professioneller Hilfe bediene und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. entsprechende Bescheinigungen beziehungsweise Bestätigungen vorlege.

In der Folgezeit sei der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachgekommen und mit dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. wegen der Schuldenproblematik in keinerlei Kontakt mehr gestanden. Im Jahr 2006 und im Jahr 2007 seien daraufhin folgende weitere Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wunsiedel eingegangen:

Datum Aktenzeichen Höhe der Forderung in Euro

1. 19. Januar 2006 1 M 169/06 10.710,63

2. 17. Februar 2006 1 M 413/06 3.225,54

3. 16. Mai 2006 1 M 1048/06 4.145,11

4. 14. Juli 2006 1 M 1518/06 1.670,20

5. 17. Juli 2006 1 M 1519/06 925,90

6.17. Juli 2006 1 M 1516/06 736,28

7. 28. August 2006 1 M 1619/06 358,00

8. 6. September 2006 1 M 1918/06 443,70

9. 7. Dezember 2006 1 M 2718/06 3.033,33

10. 9. Januar 2007 1 M 59/07 1.898,45

Aufgrund einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Finanzamts W. vom 23. August 2006 wurden die Bezüge des Beklagten wegen einer Hauptsacheforderung in Höhe von 18.754,87 Euro gepfändet.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums München vom 18. Januar 2011 wurde dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass der Kläger die Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage beabsichtige. Mit Beschluss vom 7. März 2011 wurde das Verfahren ausgesetzt. Die am 9. November 2011 erhobene Nachtragsdisziplinarklage stützt sich auf den dem Strafbefehl des Amtsgerichts Wunsiedel vom 12. Juni 2011 und dem Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 18. August 2011 zugrundeliegenden Sachverhalt der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 StGB). Auch hier war der Beklagte zunächst vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage mit Schreiben vom 12. September 2011 abschließend angehört worden.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Oktober 2012 wurde der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Durch die fehlende erneute Mitwirkung der Personalvertretung gem. Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3, Satz 5, Art. 75 Abs. 2 Nr. 1, 2 BayPersVG vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage vom 9. November 2011 hafte dem behördlichen Disziplinarverfahren kein wesentlicher Mangel im Sinne des Art. 53 BayDG an, der das Gericht hätte veranlassen müssen, das Verfahren zur Beseitigung des Mangels an die Disziplinarbehörde zurück zu geben, Art. 53 Abs. 3 Satz 1 BayDG.

Die dem Beklagten zur Last gelegte Untreue stehe zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 nach Art. 25 Abs. 1 BayDG, 55 BayDG fest. Ebenso der Sachverhalt der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung als Gegenstand des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21. Juni 2011 (Az. 8 Cs 26 Js 338/11). Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls seien gem. Art. 55 BayDG i. V. m. Art. 25 Abs. 2 BayDG zwar nicht bindend, könnten aber der Entscheidung im Disziplinarverfahren zugrunde gelegt werden. Das bloße Bestreiten des Sachverhalts durch den Beklagten sei als bloße Schutzbehauptung zu werten und könne die Indizwirkung des Strafbefehls nicht überwinden.

Zudem stehe fest, dass der Beklagte, der privat eine Nebentätigkeitslandwirtschaft (Schafzucht) betreibe, und der wegen Verbindlichkeiten aus dieser Betätigung in den Jahren 2005 bis 2007 Pfändungen in Höhe von insgesamt 67.910,05 Euro unterlegen sei, es trotz Aufforderung durch das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. unterlassen habe, sich zur Klärung seines Schuldenproblems professioneller Hilfe zu bedienen und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. hierüber Bescheinigungen und Bestätigungen vorzulegen.

Bei der außerdienstlichen fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung seien die qualifizierenden Merkmale des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt. Das Vertrauen in eine rechtsstaatliche Verwaltung werde auch bei einem des Dienstes enthobenen Polizeivollzugsbeamten erheblich beeinträchtigt, wenn dieser in einem hochgradig alkoholisierten Zustand ein Kraftfahrzeug führt. Diese außerdienstliche Pflichtverletzung bilde zusammen mit den innerdienstlichen Pflichtverletzungen (Untreue und Weisungsverstoß im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten) ein einheitliches Dienstvergehen.

Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen wiege sehr schwer und habe bei dem Beklagten zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt. Bereits die innerdienstliche Untreue von insgesamt 6.955,00 Euro sei so erheblich, dass sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - bereits ohne hinzutretende Erschwerungsgründe - die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen könne. Durchgreifende Milderungsgründe habe die Kammer nicht erkennen können, auch der von der Beklagtenseite im Wesentlichen in Anspruch genommene Milderungsgrund der mangelhaften Dienstaufsicht liege nicht vor, da diese vorliegend nicht zu einer erheblichen Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit geführt habe. Bis zur Aufdeckung der innerdienstlichen Untreue habe der Kläger - ungeachtet eines möglichen Rufs als „alter Schlamperer“ - keinen Grund gehabt, an der Ehrlichkeit des Beklagten zu zweifeln. Wenn gegenüber dem Beklagten Gründe für Misstrauen hinsichtlich der pflichtgemäßen Ausübung seiner Dienstgeschäfte erkennbar gewesen wären, wäre er nach Überwindung seiner vorhandenen Alkoholerkrankung auch nicht als Suchtberater bestellt worden. Auch aus der Beweisaufnahme ließen sich keine anderen Schlüsse ziehen. Den Aussagen von drei früheren Vorgesetzten des Beklagten und einer - für die Ausgabe von Verwarnungsblöcken und deren Abrechnung zuständigen - früheren Geschäftsstellenangestellten der GPS Sch. seien keinerlei Hinweise darauf zu entnehmen gewesen, dass sich ihnen im genannten Zeitraum hätte aufdrängen müssen, dass der Beklagte Verwarnungsgelder für sich behalte bzw. ein Anlass vorliege, dem Beklagten gegenüber eine verschärfte Aufmerksamkeit an den Tag zu legen.

Das Persönlichkeitsbild und die dienstlichen Leistungen des Beklagten sprächen deutlich gegen ihn. Der Beklagte zeige bei der Erfüllung seiner Dienstpflichten wenig Engagement. Seine nach der Aufdeckung der Untreue zunächst abgegebene Zusage, sich um die Ordnung seiner finanziellen Situation zu bemühen, habe er nicht eingehalten. In der Zeit ab Dezember 2005, als er unter verstärkter Dienstaufsicht gestanden sei, habe seine Leistungsfähigkeit nochmals nachgelassen, während gleichzeitig keine Reduzierung seiner unternehmerischen Tätigkeit als Schafzüchter festgestellt worden sei. Er habe unkooperatives Verhalten gezeigt und es an Einsicht in seine Verantwortlichkeit fehlen lassen. Das Verhalten des Beklagten in der Vergangenheit habe gezeigt, dass er dazu neige, private Interessen über seine dienstlichen Pflichten zu stellen und in Situationen, die ihn überfordern, in alte Muster - z. B. im Hinblick auf den Alkoholkonsum - zurückzufallen. Dadurch habe der Beklagte das ihm ursprünglich eingeräumte Vertrauen gänzlich verspielt.

Der hilfsweise - für den Fall der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis - gestellte Antrag des Beklagten, den Zeitraum der Zahlung des Unterhaltsbeitrags im Sinne des Art. 11 Abs. 3 Satz 1 BayBG gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG auf mindestens ein Jahr zu verlängern, sei ebenfalls abzulehnen, da eine unbillige Härte nicht vorliege.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, seinem Bevollmächtigten zugestellt am 13. Dezember 2012, am 8. Januar 2013 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Oktober 2012 aufzuheben und gegen den Beklagten die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung zu verhängen.

Hilfsweise für den Fall einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wurde beantragt,

dem Beklagten einen Unterhaltsbeitrag gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG für die Dauer von zwei Jahren ab Rechtskraft zu gewähren.

Das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung zu Unrecht das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels durch die unterbliebene Mitwirkung der Personalvertretung bei der Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage verneint.

Das Gericht sei bei seiner Bewertung zunächst davon ausgegangen, dass ein wesentlicher Mangel nur dann anzunehmen sei, wenn nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass dieser Mangel sich auf das Ergebnis des Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben könnte. Vorliegend lasse sich aber das Ergebnis der Erörterung der Nachtragsdisziplinarklage mit der Personalvertretung nicht eingrenzen, insbesondere seien die Inhalte der Nachtragsdisziplinarklage für das gerichtliche Disziplinarverfahren nicht ohne Bedeutung gewesen, da das Verwaltungsgericht seine negative Prognose im Wesentlichen darauf gestützt habe, dass der Beklagte während der vorläufigen Dienstenthebung eine fahrlässige Trunkenheitsfahrt begangen habe. Dementsprechend lasse sich auch nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass in der Folge einer Erörterung der Nachtragsdisziplinarklage mit der Personalvertretung ein abweichendes Ergebnis des Disziplinarverfahrens erster Instanz eingetreten wäre. Hierbei sei auch unerheblich, dass die Personalvertretung lediglich ein Mitwirkungsrecht besitze. Hieraus könne nicht die zwingende Schlussfolgerung gezogen werden, der Dienstherr werde im Rahmen der Erörterung an seiner vorläufigen Meinung zwingend festhalten. Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2008 sei die Beteiligung des Personalrats beantragt worden, eine Wiederholung des Antrags sei nicht erforderlich, insbesondere sei durch das Schreiben des Beklagten vom 28. Oktober 2011 auch kein Verzicht auf die beantragte Beteiligung der Personalvertretung erklärt worden.

Unzutreffend sei auch die Wertung des Verwaltungsgerichts, der Maßnahmemilderungsgrund der fürsorgepflichtwidrigen Verletzung der Dienstaufsicht liege nicht vor. Von einem endgültigen Vertrauensverlust in den Beklagten mit der Folge der Verhängung der Höchstmaßnahme sei nicht auszugehen.

Hier sei zunächst festzustellen, dass die organisatorischen Gegebenheiten des Dienstherrn objektiv offensichtlich unzureichend gewesen sind. Die aufgrund der offensichtlich unzureichenden Kontrollmechanismen erschwerte Bemerkbarkeit der Auffälligkeiten beim Beklagten sei im Sinne eines Organisationsverschuldens der Sphäre des Dienstherrn zuzurechnen. Hinsichtlich dieser unzureichenden Kontrollmechanismen habe die Zeugin Bö. (zuvor Kü.) in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass ihr die Aufgaben der Abrechnung der Verwarngeldblöcke ohne jede Einarbeitung oder Einweisung nach längerer Krankheit übertragen worden seien, sie nicht wisse, ob einer der Dienststellenleiter jemals die Einhaltung der Abrechnungsvorschriften durch die Beamten geprüft habe und sie keinen besonderen Auftrag gehabt hätte, Auffälligkeiten zu melden. Die Kontrolle über Abgabe und Rückgabe der einzelnen Blöcke sei die Aufgabe von Frau Bö. gewesen. Die Kontrolle über die Abrechnungslisten von Verwarngeldblöcken sei auch Aufgabe von Frau Ta. gewesen. Die Zeugenaussagen ergäben, dass keine der beteiligten Personen es für die jeweils eigene Aufgabe gehalten habe, die Ausgabe und Abrechnung der Verwarngeldblöcke zu überwachen. Nach Aussage des Zeugen Ho. sei aufgrund der Vorfälle in der Dienststelle der gesamte Prozess Verwarngeldblockabrechnung geändert worden, da die Vorgesetzten des Beklagten zu diesem Zeitpunkt offensichtlich die schwerwiegenden organisatorischen Defizite erkannt hätten. Die Vorgesetzten hätten bei ordnungsgemäßer Führung der Dienststelle zwangsläufig erkennen müssen, dass der Beklagte einer besonderen Dienstaufsicht bedürfe. Hinsichtlich der Verwarngeldblöcke wäre bereits die einfache Bestimmung einer klaren Zuständigkeit für die Überwachung der Vorgaben zur Abrechnung eine ausreichende organisatorische Maßnahme gewesen. Der Ansatz des erstinstanzlichen Gerichts, allein auf die tatsächlichen Beobachtungen der Vorgesetzten zur Bestimmung der notwendigen Dienstaufsicht abzustellen, greife zu kurz. Die Grundlage des Maßnahmemilderungsgrundsatzes der fürsorgepflichtwidrigen Verletzungen der Dienstaufsicht liege darin, dass in diesen Fällen dem Beamten nicht uneingeschränkt angelastet werden könne, wenn aufgrund der Gleichgültigkeit bzw. des Desinteresses der Vorgesetzten ein Fehlverhalten eine Gewichtigkeit erlange, die im Rahmen eines pflichtgemäßen Verhaltens nicht eingetreten wäre. Im Übrigen seien Auffälligkeiten in der Dienstverrichtung des Beklagten auf der Dienststelle bekannt gewesen, wie die vernommenen Zeugen übereinstimmend bestätigt hätten. Insgesamt hätte sich die Situation so dargestellt, dass der Beklagte offenkundig einen Ruf als unzuverlässiger Sachbearbeiter gehabt hätte, bekanntermaßen trockener Alkoholiker gewesen sei und eine deutliche und erkennbare Vorliebe für Nachtdienste gepflegt habe, wodurch er sich der sozialen Kontrolle in der Dienststelle entzogen und sowohl als „kautzig“ wie auch als „alter Schlamperer“ wahrgenommen worden sei.

Jedenfalls hätten hinreichende Anhaltspunkte vorgelegen, den Beklagten deutlich vor dem Jahr 2005 sowohl hinsichtlich seiner Sachbearbeitung als auch in der Zusammenarbeit enger an den regulären Betrieb der Dienststelle und die Aufsicht durch Vorgesetzte anzubinden. Aus dem Personalführungskonzept des Klägers lasse sich entnehmen, dass bei solchen Fehlentwicklungen, wie beim Beklagten, durch Führung entgegenzuarbeiten und ein Gefühl gegenseitiger Verantwortlichkeit und Kameradschaft zu schaffen sei. Dies hätten die Vorgesetzten des Beklagten, namentlich der Zeuge He., fürsorgepflichtwidrig unterlassen. Entgegen der Wertung des Verwaltungsgerichts sei hier davon auszugehen, dass die Eigenverantwortlichkeit des Beklagten aufgrund der Vernachlässigung der Dienstaufsicht trotz ausreichender Hinweise auf Auffälligkeiten eingeschränkt gewesen sei.

Auch unabhängig vom Vorliegen eines erheblichen Maßnahmemilderungsgrundes lägen in der Gesamtschau des Persönlichkeitsbildes des Beklagten Umstände von derartigem Gewicht vor, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme als angemessen erscheinen ließe. Der Beklagte habe sich zum gegenständlichen Zeitpunkt in einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befunden, da sein landwirtschaftlicher Betrieb aufgrund des Zusammenbruchs seiner Bank und nicht aufgrund von Misswirtschaft o. ä. in diese Situation geraten sei. Die Fortführung des Betriebs sei auch im Hinblick auf die Verantwortung für das Wohlergehen seines Tierbestands zu sehen, der er sich nur schwer entziehen habe können und die ihn in eine Überforderungssituation gebracht hätte. Es sei daher von einer vorübergehenden negativen Lebensphase auszugehen, die überwunden sei. Die Verhältnisse seien zwischenzeitlich dahingehend geordnet, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten des Betriebs zukünftig nicht mehr die Existenz der Familie bedrohen würden.

Der außerdienstlich fahrlässigen Trunkenheitsfahrt komme kein ausreichendes Gewicht zu, um trotz eines erheblichen Maßnahmemilderungsgrundes dennoch die Annahme eines endgültigen Vertrauensverlustes in den Beklagten zu rechtfertigen.

Hierbei sei insbesondere aufzuzeigen, dass der Schuldvorwurf lediglich in Form der Fahrlässigkeit bestehe, eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nicht eingetreten sei und der Vorgang unter Berücksichtigung der bekannten Alkoholerkrankung des Beklagten im Verhältnis zum Umgang mit den Verwarngeldern weit weniger gewichtig sei. Insbesondere lasse sich hieraus keine negative Prognose ableiten.

Im Übrigen komme das Verwaltungsgericht zu Unrecht zu dem Schluss, bei Gesamtschau der Umstände wäre keine Maßnahmenminderung angezeigt, die der Höchstmaßnahme entgegenstünde.

Eine Verlängerung des Unterhaltsbeitrags auf die Dauer von zwei Jahren sei erforderlich, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine solche sei nicht allein deshalb bereits ausgeschlossen, weil nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden könne, dass die bestehende Härte innerhalb des Zeitraums der Verlängerung des Unterhaltsbeitrags tatsächlich beseitigt sei. Mit einem weiteren zeitlichen Spielraum könne eine unbillige Härte abgemildert werden und dem Beklagten die Möglichkeit geschaffen werden, die Ertragslage seines Betriebes dahingehend zu steigern, dass hiervon der Lebensunterhalt bestritten werden könne.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 24. September 2014 mündlich zur Sache verhandelt. Mit Beschluss wurden die Handlungen ausgeschieden, die die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus den Jahren 2005, 2006 und Januar 2007 betreffen und das dem Beklagten damit vorgehaltene Verhalten.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Hof zum Az. 26 Js 338/11 und zum Az. 24 Js 13886/05, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums München bzw. des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen und den (Hilfs)antrag auf Verlängerung der Bezugsdauer des Unterhaltsbeitrags gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG abgelehnt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. In der fehlenden erneuten Mitwirkung der Personalvertretung im Sinne des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 5, Art. 75 Abs. 2 Nr. 1, 2 BayPersVG vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage hat das Verwaltungsgericht zu Recht keinen Mangel gesehen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten war eine nochmalige Beteiligung des Personalrats vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage nicht erforderlich. Zu Recht ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayPersVG für die Mitwirkung der Personalvertretung vor Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage nicht vorliegen.

Gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 4 BayPersVG ist der Personalrat auf Antrag des Beamten bei Erhebung der Disziplinarklage zu beteiligen. Dieses Recht der Mitwirkung bezieht sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur insoweit inhaltsgleichen Regelung des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG allerdings nur auf die grundlegende disziplinarbehördliche Abschlussentscheidung, ob überhaupt eine Disziplinarklage erhoben werden soll. Demgegenüber unterliegt der Inhalt der Klageschrift, insbesondere die Antragstellung, nicht der Mitwirkung (vgl. BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12/04 - juris). Hiervon ausgehend bedurfte es vorliegend der nochmaligen Beteiligung des Personalrats nicht, da eine Disziplinarklage bereits erhoben war.

Gemäß Art. 51 Abs. 3 Satz 3 BayDG können neue Handlungen in einem eigenständigen Disziplinarverfahren verfolgt werden. Entscheidet sich der Dienstherr mit Blick auf den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens für eine einheitliche disziplinare Verfolgung und erhebt eine Nachtragsklage, so werden in das bereits anhängige gerichtliche Verfahren die weiteren Dienstpflichtverletzungen lediglich mit einbezogen. Die Nachtragsdisziplinarklage hat damit die Wirkung einer Klageerweiterung (s. hierzu auch OVG Thüringen, U. v. 5.12.2011 - 8 DO 110/09 - juris). Es wird kein weiteres Prozessrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten begründet

(s. Zängl, Kommentar zum Bayerischen Disziplinarrecht, Stand Oktober 2013, Rn. 4 zu Art. 51 BayDG). Auch nach der amtlichen Begründung in der Landtags-Drs. 15/4076, Abschnitt C., Zu § 1, zu Art. 51, S. 45, ist der Begriff „Nachtragsdisziplinarklage“ lediglich die „Bezeichnung“ für die Einbeziehung neuer Vorwürfe in ein „bereits anhängiges Verfahren der Disziplinarklage“.

Die eigentliche Entscheidung über die Zustimmung zur Disziplinarklageerhebung wurde vom Personalrat bereits mit Schreiben vom 17. Mai 2010 getroffen. Die Vorschrift des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 4 BayPersVG statuiert ein Mitwirkungsrecht allein bei dieser grundlegenden Entscheidung über die Erhebung der Disziplinarklage selbst, nicht aber ermöglicht sie - worauf das Verwaltungsgericht zurecht hingewiesen hat - eine Einflussnahme des Personalrats auf Inhalt und Umfang des Disziplinarverfahrens, insbesondere die Überprüfung einzelner (nachgeschobener) Dienstpflichtverletzungen (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12/04 - juris, OVG Thüringen, U. v. 5.12.2011 a. a. O.).

II.

Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 (Az. 10 Ds 24 Js 13886/05) zugrunde liegt, steht gem. Art. 25 Abs. 1, 55 Hs. 1 und 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Nach diesen Vorschriften sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend. Zudem hat der Beklagte die Vorwürfe eingeräumt.

Danach steht für den Senat fest, dass der Beklagte im Zeitraum vom 6. Februar 2002 bis zum 27. September 2005 über bis zu elf Verwarnungsblöcke gleichzeitig verfügte. Anlässlich einer unvermuteten Kontrolle am 29. September 2005 stellte der Leiter der GPS Sch. fest, dass der Beklagte noch neun nicht vorschriftsmäßig abgerechnete Verwarnungsblöcke in seinem Besitz hielt. Den damit einhergehenden Geldbetrag in Höhe von 4.350,- Euro konnte der Beklagte zum Zeitpunkt der Vorlage der Verwarnungsblöcke nicht abliefern, da er diese Gelder aufgrund eines privaten finanziellen Engpasses für die Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet hatte. Insgesamt hat der Beklagte Verwarnungsgelder in Höhe von 6955,- Euro nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig abgeliefert. Der Beklagte wusste hierbei, dass er bei vollständigem Verbrauch eines Verwarnungsgeldblockes das eingenommene Bargeld hätte abrechnen und vor allem die eingenommenen Gelder bis dahin separat hätte aufbewahren müssen.

Fest steht ebenfalls, dass der Beklagte eine fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung begangen hat, als er am 10. Januar 2011 auf der Ma2.-straße in A. in Richtung Ma.-platz fuhr, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen war und infolgedessen beim Linksabbiegen gegen einen ordnungsgemäß geparkten Pkw gestoßen ist. Dieser Sachverhalt ist Gegenstand des in Bezug auf den Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21. Juni 2011 (Az. 8 Cs 26 Js 338/11) und des im Hinblick auf den Rechtsfolgenausspruch rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Wunsiedel. Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls sind zwar gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 1, 55 BayDG i. V. m. Art. 25 Abs. 2 BayDG nicht bindend, können aber nach Maßgabe des Art. 25 Abs. 2 BayDG verwendet werden. Soweit der Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung erklärte, der Beklagte habe an den Vorfall andere Erinnerungen, so ist dieser Vortrag für sich allein nicht ausreichend, die Indizwirkung des Strafbefehls zu überwinden. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass sich Anhaltspunkte für eine Beweisaufnahme nicht angeboten haben und die Aufklärung des Sachverhalts durch die zuständigen Behörden nach Aktenlage sorgfältig und ordnungsgemäß betrieben wurde.

Soweit dem Beklagten vorgeworfen wurde, er hätte es trotz Aufforderung durch das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. unterlassen, sich zur Klärung seines Schuldenproblems (Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse in Höhe von 67.910,05 Euro aus einer Nebentätigkeitslandwirtschaft in den Jahren 2005 bis 2007) professioneller Hilfe zu bedienen und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. hierüber Bescheinigungen und Bestätigungen vorzulegen, wurden diese Handlungen und das dem Beklagten damit vorgehaltene Verhalten durch Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2014 gem. Art. 54 Satz 1 BayDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden.

III.

Der Beklagte hat durch sein Handeln ein einheitliches Dienstvergehen i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F. (seit 01.04.2009 § 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - vom 17. Juni 2008 BGBl. I S. 1010) begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat.

1. Bei den Untreuehandlungen im Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Umgang mit Verwarnungsgeldblöcken und eingenommenen Verwarnungsgeldern handelt es sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen. Das Verhalten des Beklagten war kausal und logisch in sein ausgeübtes Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden. Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und dem vom Beamten bekleideten Amt (vgl. BVerwG, U. v.20.2.2001 - 1 D 55.99 - juris).

2. Bei der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung liegt ein außerdienstliches Dienstvergehen gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG vor. Das wesentliche Unterscheidungsmoment zu einer Qualifizierung als innerdienstlich ist funktionaler Natur. Entscheidend für die Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Ist eine solche Einordnung nicht möglich - insbesondere wenn sich das Handeln - wie hier - als das Verhalten einer Privatperson darstellt - ist es als außerdienstlich zu qualifizieren (vgl. BVerwG, U. v. 25.8.2009 - 1 D 1/08 - juris Rn. 54; BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 115). Das außerdienstliche Verhalten des Beamten erfüllt die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Die danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen Dienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse der Ausübung auf die Dienstausübung oder die Ansehensschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (BVerwG, U. v. 28.07.2011 - 2 C 16/10 - juris Rn. 23).

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (BVerwG, U. v. 28.7.2011, a. a. O. -Rn. 24, BayVGH, U. v. 6.12.2013 - 16a D 12.1815 - juris Rn. 72).

Das Verhalten des Beklagten außerhalb des Dienstes ist nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maß geeignet, das Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Berufsbeamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Die fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 b StGB, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belegt ist, führt zu einem erheblichen Ansehensschaden für seine eigene Person, aber auch für das der Beamtenschaft an sich. Zudem verlieren die Bemühungen der Polizei um die Sicherheit des Straßenverkehrs an Glaubwürdigkeit, wenn Polizeivollzugsbeamte selbst die jedem Kraftfahrer leicht einsehbaren grundlegenden Gebote für das Verhalten im Straßenverkehr außer Acht lassen. Ein gewisser dienstlicher Bezug ist vorliegend nicht von der Hand zu weisen, auch wenn der Beklagte zum Tatzeitpunkt bereits vom Dienst suspendiert war.

Durch sein Verhalten hat der Beklagte gegen seine Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) sowie gegen seine Pflichten zur vollen Hingabe an den Beruf (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 34 Satz 1 BeamtStG), zur uneigennützigen Amtsführung (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 34 Satz 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.

In seinem Verhalten liegt zudem ein Verstoß gegen Ziffer 3.1.1. der internen Richtlinien des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz zur Kassenorganisation vom 8. Mai 2002. Hiernach war der Beklagte grundsätzlich verpflichtet, eingenommene Verwarnungsgelder monatlich bei der Dienststelle abzuliefern, spätestens jedoch, wenn ein Verwarnungsblock verbraucht ist. Vor längerem Urlaub, längeren Lehrgängen sowie bei Abordnung und Versetzung wären die eingenommenen Verwarnungsgelder stets abzuliefern gewesen. Auch auf den Rückseiten des Titelblatts der Verwarnungsblöcke war vermerkt, dass vereinnahmte Verwarngelder spätestens, wenn der Block verbraucht ist, abzurechnen sind.

Nach Aussage seines Bevollmächtigten hatte der Beklagte die Verwarnungsgelder zudem nicht getrennt von seinen privaten Geldern in der Dienststelle verwahrt, sondern in einer Schublade bei sich zu Hause, in der sich auch Gelder aus dem in Nebentätigkeit geführten landwirtschaftlichen Betriebs des Beklagten befanden.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat - auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen ist aber nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355 - juris; U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974 - juris).

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot).

Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 18).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme.

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; B. v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 -, BVerfG (Kammer), B. v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01 - jeweils juris), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris). Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1D 2.06 - juris).

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 17, U. v. 6.6.2007 a.a.O, BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils juris).

Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 18).

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Die gravierendste Pflichtverletzung stellen die innerdienstlich begangenen Untreuehandlungen dar. Der Beklagte hat ein schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG begangen, indem er ihm dienstlich anvertraute Verwarnungsgelder in Höhe von knapp 7000,- Euro veruntreut hat. Durch den Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder hat der Beklagte nicht nur beamtenrechtliche Nebenpflichten verletzt, sondern er hat im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt. Mit dem Kernbereich ist derjenige Pflichtenkreis des Beamten angesprochen, der im Mittelpunkt seines konkreten Amts im funktionellen Sinne (Dienstposten) steht. Zu den Kernpflichten eines mit der Einnahme und Behandlung von Verwarnungsgeldern betrauten Polizeibeamten gehört, dass dieser die ihm dienstlich anvertrauten Gelder ordnungsgemäß verwaltet und abrechnet. Der Dienstherr ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit eines solchen Beamten beim Umgang mit dienstlich anvertrauten Geldern angewiesen. Dies gilt umso mehr, als hier eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Polizeibeamten unmöglich ist. Sie muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden.

Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, sofern die veruntreuten Beträge die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass für ein Zugriffsdelikt bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 Euro ernsthaft in Betracht kommt, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11. - juris). Diese Grenze ist hier bei weitem überschritten. Auch liegt kein einmaliges Fehlverhalten vor.

Die bei Zugriffsdelikten in den Blick zu nehmenden sog. anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung:

Der Milderungsgrund des „Handelns in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten und ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat. Die mildere Bewertung des Fehlverhaltens hat ihren Grund darin, dass der betroffene Beamte in einer Konfliktsituation versagt hat, in der er keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf dienstlich anvertrautes Geld gesehen hat, um den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine Familie zu sichern. Eine solche Konfliktsituation kann aber nur dann als Ursache des Fehlverhaltens anerkannt werden und zu einer Milderung führen, wenn es sich um ein vorübergehendes, zeitlich und zahlenmäßig eng begrenztes Fehlverhalten gehandelt hat; wiederholte Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BVerwG, U. v. 22.10.2002 - 1 D 6.02 -, BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils juris).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer ausweglosen finanziellen Notlage hat der Senat nicht gesehen. Vielmehr zahlte der Beklagte einen Teil der veruntreuten Summe nach eigenem Vortrag in einen Bausparvertrag ein, die Versorgung der Familie schien zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Darüber hinaus erfolgten die vielfachen Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum von mehr als drei Jahren.

Für das Vorliegen von sonstigen anerkannten Milderungsgründen wie das Vorliegen einer psychischen Ausnahmesituation oder der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat bestehen keine Anhaltspunkte.

Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 -, BVerwG, B. v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Bei der prognostischen Frage, ob bei einem Beamten aufgrund eines schweren Dienstvergehens ein endgültiger Vertrauensverlust (i. S. d. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG) eingetreten ist, gehören zur Prognosebasis alle für diese Einschätzung bedeutsamen belastenden und entlastenden Bemessungsgesichtspunkte. Ob die gesamte Prognosegrundlage den Schluss auf einen noch verbliebenen Rest an Vertrauen in die Person des Beamten zulässt, ist eine Frage der Gesamtabwägung im Einzelfall (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris).

Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt nicht aus dem von ihm behaupteten Mitverschulden des Dienstherrn oder dessen Verletzung der Fürsorgepflicht. Selbst wenn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Zugriffsdelikten eine Verletzung der Fürsorgepflicht in besonders krassen Fällen zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führen kann (BVerwG, U. v. 19.09.1985 - 2 WD 63/84 - juris, U. v. 22.10.2002 - 1 D 6.02 - juris), sind hier durchgreifende Anhaltspunkte für ein insoweit entscheidungserhebliches Mitverschulden des Dienstherrn nicht gegeben. Zwar ist nicht zu leugnen, dass die Pflicht des Beamten zur rechtzeitigen Abrechnung vereinnahmter Verwarnungsgelder wohl durch die Vorgesetzten des Beklagten nicht konsequent überwacht wurde bzw. die Organisation der Ausgabe und Abrechnung von Verwarngeldblöcken durchaus Schwächen aufwies, wie auch die Beweisaufnahme vor dem Verwaltungsgericht zeigte. Maßgeblich ist vorliegend aber zu berücksichtigen, dass die finanziellen Probleme des Beklagten auf der Dienststelle erst im Laufe des Jahres 2005 bekannt wurden und es vorher - unabhängig von seiner Alkoholerkrankung, seines angeblichen Rufs als „Schlamperer“, der sich nach Aussage des Zeugen He. auf seine Sachbearbeitung bezog, und seiner Vorliebe für Nachtschichten - keine Anhaltspunkte für die Vorgesetzten ergaben, an der Ehrlichkeit des Beklagten zu zweifeln und er die Schwächen des Abrechnungssystems bewusst ausnutzte. So ergibt sich aus den Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Wunsiedels vom 13. September 2006 ausdrücklich, dass der Beklagte seinen Ruf als „Schlamperer“ bewusst dazu ausnutzte, den für die Ausgabe und Überwachung der Verwarnungsblöcke verantwortlichen Angestellten der GPS Sch. vorzuspiegeln, er habe die alten Verwarnungsblöcke vergessen bzw. er werde sie umgehend nachreichen. Auch nach unstreitiger Aussage der in der GPS Sch. mit der Abrechnung betrauten früheren Verwaltungsangestellten Bö. in der erstinstanzlichen Zeugenvernehmung war der Beklagte mehrmals zur Abrechnung der Verwarnungsblöcke aufgefordert worden, dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen.

Insoweit kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass es zunächst die Aufgabe des Beklagten ist, unter Einhaltung der Gesetze leicht einsehbare Kernpflichten zu beachten, zumal bei Zugriffsdelikten die Pflichtwidrigkeit des Handelns offenkundig ist (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - in juris). Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt hier mithin schwerer als ein teilweise mangelhaftes Kontrollverhalten des Dienstherrn.

Auch die Würdigung des Persönlichkeitsbildes und des bisherigen dienstlichen Verhaltens des Beklagten ändern nichts daran, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zugemutet werden kann, den Beklagten weiter zu beschäftigen. Die letzten dienstlichen Beurteilungen bewegen sich im Durchschnitt bei 9 Punkten. Besondere Umstände, welche die Persönlichkeit des Beklagten in ein insoweit entscheidungserhebliches positives Licht setzen könnten, liegen nicht vor. Vielmehr ergibt sich aus einer Stellungnahme der Grenzpolizei S. vom 21. September 2006, dass die Leistungsfähigkeit und - willigkeit des Beklagten nach Entdeckung der Untreuehandlungen nochmals nachgelassen habe, während sich keinerlei Reduzierung seiner unternehmerischen Tätigkeit als Schafzüchter feststellen ließ.

Hinreichend tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Milderungsgrund der überwundenen, negativen Lebensphase (vgl. BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris) vorliegen könnte, sind nicht gegeben. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Zu prüfen ist, ob das jeweilige Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder aber als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer Ausnahmesituation davon abweicht. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation - über das hinausgehend, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann - begründen (BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris). Vor dem Hintergrund, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich zieht, sind im Übrigen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer disziplinarrechtlich erheblichen negativen Lebensphase nur in individuellen Extremsituationen erfüllt. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Extremsituation sind nicht ersichtlich und wurden vom Beklagten auch nicht vorgetragen. Eine sich über einen längeren Zeitraum hinziehende wirtschaftlichen Schieflage, die der Beklagte nach eigenem Vortrag nun beseitigt hat, kann hierfür nicht ausreichend sein.

Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens“ des Dienstherrn oder Allgemeinheit gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG erfordert schließlich eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - juris).

Hier ist festzustellen, dass der Beamte das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hatte und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, missbraucht hat. Sein Fehlverhalten hat das Vertrauen des Dienstherrn unwiderruflich beschädigt.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Die vorliegenden Entlastungsgründe haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass sie den gegebenen Vertrauensverlust ausreichend abmildern könnten.

Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. So verhält es sich regelmäßig bei Kernpflichtverletzungen durch Zugriffsdelikte von Beamten. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlichrechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1D 2.03 - juris).

V.

Mit dem sich nach Art. 11 Abs. 3 Satz 1 BayDG ergebenden Unterhaltsbeitrag für sechs Monate hat es sein Bewenden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Gewährung des Unterhaltsbeitrags über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus verneint.

Der Unterhaltsbeitrag dient dazu, dem Beamten den durch den Wegfall der Dienstbezüge notwendig gewordenen Übergang in einen anderen Beruf oder in eine andere Art der finanziellen Existenzsicherung zu erleichtern. Diesem Zweck liegt die Erwartung zugrunde, dass sich der Beamte in ausreichendem Maß um die Wiederaufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit oder um eine andere Art der Sicherung seiner finanziellen Grundlagen bemüht. Zwar kann nach Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG der Unterhaltsbeitrag über sechs Monate hinaus verlängert werden, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Der Beamte hat aber die Umstände dafür glaubhaft zu machen. Insoweit ist eine wertende Entscheidung zu treffen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 69).

Eine unbillige Härte im Sinne des Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG liegt vor, wenn durch die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eine wirtschaftliche Notlage entsteht, die der - ehemalige - Beamte auch bei gutem Willen nicht innerhalb der sechs Monate, für die regelmäßig der Unterhaltsbeitrag gezahlt wird, beheben kann. Die Verlängerung des Unterhaltsbeitrags dient allerdings nur dazu, eine temporäre unbillige Härte zu vermeiden. Falls ein - ehemaliger - Beamter voraussichtlich auf Dauer nicht in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, muss er sich auf Sozialleistungen außerhalb des Beamtenrechts verweisen lassen (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Kommentar, Stand Oktober 2013, Rn. 23 zu Art. 11 BayDG).

Soweit der Beklagte vorträgt, seine berufliche Neuorientierung jenseits des von ihm erlernten Polizeiberufs sowie seiner Landwirtschaft sei in Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters und Grad seiner Behinderung unwahrscheinlich, so ist dies nicht geeignet, eine solche vorübergehende unbillige Härte zu begründen. Auch dem Vorbringen des Beklagten, ihm müsse zur Abmilderung einer unbilligen Härte ein weiterer zeitlicher Spielraum geboten werden, um durch eigene Anstrengung seine Nebenerwerbslandwirtschaft zur Existenzgrundlage auszubauen und so auf die dauerhafte Beseitigung der Härte hinzuwirken, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Dies würde den Beamten im Hinblick auf andere Beamte in vergleichbarer Lage und ohne Nebenerwerb unangemessen bevorzugen. Aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Attest vom 28. Februar 2014 über einen vierzehntägigen stationären Aufenthalt des Beklagten im Februar 2014 aufgrund einer Bauchoperation ergibt sich weder, dass der Beklagte zur Zeit nicht arbeitsfähig wäre noch, dass er krankheitsbedingt daran gehindert sei, sich innerhalb der nächsten Monate dem Ausbau seines landwirtschaftlichen Betriebs zu widmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i. V. m. Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Der am ... 1957 in A. geborene Beklagte trat nach Abschluss seiner Schullaufbahn mit der Mittleren Reife im Jahr 1974 zum 25. Februar 1975 als Polizeianwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Dienst des Klägers ein. Am 1. Juli 1975 wurde er zum Polizeiwachtmeister und zum 1. Februar 1976 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Bei der Anstellungsprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst im Jahr 1977 erzielte er die Gesamtnote „befriedigend“ (2,75). Am 1. September 1978 wurde er zum Polizeihauptmeister, am 1. September 1980 zum Polizeimeister und am 1. September 1983 zum Polizeiobermeister ernannt. Ab dem 1. Februar 1984 war der Beklagte bei der Grenzpolizeistation Sch. eingesetzt.

Zum 27. April 1984 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und am 1. September 1996 zum Polizeihauptmeister ernannt. Der Beklagte feierte am 25. Februar 2000 sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Mit Schreiben des Polizeipräsidiums Ni./Ob. vom 8. April 2003 wurde er zum polizeilichen Suchtberater für den Dienstbereich der Grenzpolizeiinspektion S. bestellt und mit Wirkung zum 1. Januar 2008 zur Polizeiinspektion M., Polizeipräsidium Oberfranken, versetzt.

Der Beklagte ist verheiratet und hat zwei 1986 und 1992 geborene Kinder. Er bezieht Einkünfte aus der Besoldungsgruppe A 9.

Der Beklagte erhielt folgende dienstliche Beurteilungen:

1990: übertrifft die Anforderungen

1993: übertrifft die Anforderungen

1996: übertrifft die Anforderungen

1999: 9 Punkte

2002: 9 Punkte

2005: 9 Punkte

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

1. Er wurde mit Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 (Az. 10 Ds 24 Js 13886/05) wegen Untreue gem. § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist seit dem 21. September 2006 rechtskräftig. Den Urteilsgründen liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

„Zum Aufgabenbereich des Angeklagten, der seit dem 01.02.1984 bei der Grenzpolizeistation Sch. (GPS) als Polizeihauptmeister tätig ist, gehört auch die Erteilung gebührenpflichtiger Verwarnungen und der Einzug der in bar entrichteten Verwarnungsgelder. Zu diesem Zweck wurden dem Angeklagten Verwarnungsblöcke bestehend aus 25 fortlaufend nummerierten Verwarnungsbescheinigungen ausgehändigt. Zu den Modalitäten und Pflichten im Umgang mit den empfangenen Verwarnungsgeldern und Verwarnungsblöcken war der Angeklagte belehrt worden. Zudem war auf jedem Verwarnungsblock eine Belehrung über die Handhabung der Verwarnungsblöcke und der eingenommenen Gelder vorhanden. Dem Angeklagten war bekannt, dass das im Verwarnungsverfahren eingenommene Bargeld in einem vorschriftsmäßigen Kassenbehälter zu verwahren war. Außerdem waren die eingenommenen Beträge in den Barzahlungsstellen der GPS Sch. mindestens einmal monatlich, spätestens jedoch, wenn ein Verwarnungsblock verbraucht war, abzurechnen. Vor längeren Urlauben, längeren Lehrgängen sowie bei der Abordnung oder Versetzung hatte der Angeklagte ebenfalls die eingenommenen Verwarnungsgelder abzuliefern.

Wie der Angeklagte wusste, hätte er bei vollständigem Verbrauch eines Verwarnungsblocks das eingenommene Geld abrechnen und vor allem die eingenommenen Gelder bis dahin separat aufbewahren müssen. Bei der Grenzpolizeistation Sch. bestand die Übung, dass die Polizeibeamten über nicht mehr als vier Verwarnungsblöcke gleichzeitig verfügten. Im Zeitraum vom 06.02.2002 bis zum 27.09.2005 verfügte der Angeklagte jedoch über bis zu elf Verwarnungsblöcke gleichzeitig, da er seinen Ruf als „Schlamperer“ bewusst dazu ausnutzte, den für die Ausgabe und Überwachung der Verwarnungsblocks verantwortlichen Angestellten der GPS Sch. vorzuspiegeln, er habe die „alten“ Verwarnungsblöcke vergessen, beziehungsweise er werde sie umgehend nachreichen. Obwohl er bereits Verwarnungsblöcke verbraucht hatte, rechnete er in der Folgezeit diese nicht vorschriftsmäßig ab und holte sich immer wieder neue Verwarnungsgeldblöcke. Anlässlich einer unvermuteten Kontrolle am 29.09.2005 stellte der Leiter der GPS Sch. fest, dass der Angeklagte neun Verwarnungsblöcke in seinem Besitz hatte und diese nicht vorschriftsmäßig abgerechnet hatte. Er wurde deshalb aufgefordert, sämtliche Verwarnungsblöcke mit dem dazugehörigen Verwarnungsgeld vorzulegen und abzurechnen. Zunächst konnte der Angeklagte fünf Verwarnungsblöcke, die er bei sich hatte, vorlegen.

Im Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Verwarnungsblöcke:

Ausgabedatum Blocknummer Betrag in Euro

1.13.05.2003B 26394860,00

2.15.08.2003B 26394875,00

3.13.10.2003B 26404870,00

4.04.03.2004B 26423870,00

5.13.04.2004B 26425870,00

Den eingenommenen Gesamtbetrag dieser Verwarnungsgelder in Höhe von 4.350,00 Euro konnte der Angeklagte zum Zeitpunkt der Vorlage der Verwarnungsblöcke nicht abliefern, da er diese Gelder aufgrund eines privaten finanziellen Engpasses für die Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet hatte. Vielmehr zahlte er erst am 07.10.2005 den entsprechenden Betrag zurück. Am 30.09.2005 übergab er weitere noch ausstehende vier Verwarnungsblöcke und zahlte das Verwarnungsgeld in Höhe von 2.655,00 Euro. Im Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Verwarnungsblöcke:

Ausgabedatum Blocknummer Betrag in Euro

1. 06.02.2002A 01670 490,00

2. 25.10.2002 B 01690 780,00

3. 24.04.2003 B 26391 840,00

4. 15.08.2003 A 01690 495,00

Insgesamt hatte somit der Angeklagte Verwarnungsgelder in Höhe von 6.955,00 Euro nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig abgeliefert, sondern teilweise für eigene Zwecke verbraucht.“

2. Mit seit 19. Juli 2011 im Schuldspruch rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21.06.2011 (Az. Cs 26 Js 338/11) wurde der Beklagte wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 b StGB schuldig gesprochen. Das festgelegte Strafmaß von 80 Tagessätzen zu je 60,- Euro wurde mit seit 18. August 2011 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel (Az. 8 Cs 26 Js 338/11), in dem lediglich über den Rechtsfolgenausspruch zu entscheiden war, auf eine Geldstrafe von 80 Tagessätze zu je 35,- Euro reduziert. Folgende tatsächliche Feststellungen liegen dieser Verurteilung zugrunde:

„Der Beklagte fuhr am 10. Januar 2011 gegen 11:30 Uhr mit dem Pkw Chrysler Jeep Grand Cherokee, Kennzeichen WUN-..., auf der Ma2.-straße in A. in Richtung Ma3.-platz, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen ist. Infolgedessen ist er, als er nach links auf den Ma3.-platz eingebogen ist, den Bogen zu weit gefahren und gegen den ordnungsgemäß geparkten Pkw Seat, amtliches Kennzeichen TIR-..., der Geschädigten Tr. gestoßen. An dem Pkw ist dadurch ein Sachschaden in Höhe von ca. 885,00 Euro entstanden. Bei dem Beklagten am 10. Januar 2011 um 15.47 Uhr und 16.18 Uhr entnommenen Blutproben ergaben eine Blutalkoholkonzentration von 2,43 und 2,28 Promille.“

III.

Mit Vermerk vom 12. Oktober 2005 leitete das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. disziplinarische Vorermittlungen gem. Art. 27 BayDO gegen den Beklagten ein und verfügte gleichzeitig sofort vollziehbar die Herausgabe aller dienstlichen Gegenstände sowie ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß Art. 68 BayBG a. F.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 setzte das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. das Disziplinarverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gem. Art. 17 BayDO aus. Zeitgleich hob es das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auf und gab dem Beklagten auf, sich ernsthaft um die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse unter Einsatz professioneller Hilfe zu bemühen und dies durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen nachzuweisen.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2006 übernahm das Polizeipräsidium M. in seiner Eigenschaft als Disziplinarbehörde das Disziplinarverfahren gem. Art. 35 Abs. 2 und 3 BayDG.

Mit Verfügung vom 29. Juni 2006 wurde der Beklagte gem. Art. 39 BayDG vorläufig des Dienstes enthoben und die Zahlung von Stellenzulagen i. S. v. Nr. 42 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Bundesbesoldungsgesetz eingestellt.

Die Personalvertretung stimmte - letztendlich mit Schreiben des Hauptpersonalrats beim Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 17. Mai 2010 - der Erhebung einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst nicht zu, da eine ordnungsgemäße bzw. frühzeitig verstärkte Dienstaufsicht gerade wegen des Rufs des Beklagten als „Schlamperer“ das Ausmaß der begangenen Dienstpflichtverletzung durch den Beklagten verringert hätte.

Mit Wirkung ab 22. Februar 2012, gültig bis 31. Mai 2014, ist dem Beklagten ein Grad der Schwerbehinderung von 60 Prozent zuerkannt worden.

Ein mit Beschluss des Amtsgerichts Hof - Insolvenzgericht - vom 21. Februar 2007 über das Vermögen des Beklagten eröffnetes Insolvenzverfahren ist seit Ende 2013 abgeschlossen.

IV.

Am 24. Juni 2010 hat das Polizeipräsidium M. beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage mit dem Antrag erhoben, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Neben dem Sachverhalt, der Gegenstand der strafrechtlichen Verurteilung durch das Urteil des Amtsgericht Wunsiedel vom 13. September 2006 ist, wird dem Beklagten im Rahmen der Disziplinarklage auch Folgendes zu Last gelegt:

Der Beklagte betreibt gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 der Bayerischen Nebentätigkeitsverordnung (BayNV) eine allgemein genehmigte landwirtschaftliche Nebentätigkeit. Wegen dieser im Rahmen der Nebentätigkeit eingegangenen finanziellen Verpflichtungen sind seine Dienstbezüge im Jahr 2005 durch folgende Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wunsiedel gepfändet worden:

Datum Aktenzeichen Höhe der Forderung in Euro

1. 11. Januar 2005 1 M 61/05 15.000,00

2. 17. Mai 2005 1 M 1097/05 5.101,44

3. 26. Juli 2005 1 M 1727/05 1.906,60

Am 20. Dezember 2005 hat der Präsident des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz dem Beklagten mitgeteilt, er erwarte von ihm, dass er sich nachhaltig, ernsthaft und zielstrebig der Klärung seines Schuldenproblems zuwende, sich diesbezüglich professioneller Hilfe bediene und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. entsprechende Bescheinigungen beziehungsweise Bestätigungen vorlege.

In der Folgezeit sei der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachgekommen und mit dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. wegen der Schuldenproblematik in keinerlei Kontakt mehr gestanden. Im Jahr 2006 und im Jahr 2007 seien daraufhin folgende weitere Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wunsiedel eingegangen:

Datum Aktenzeichen Höhe der Forderung in Euro

1. 19. Januar 2006 1 M 169/06 10.710,63

2. 17. Februar 2006 1 M 413/06 3.225,54

3. 16. Mai 2006 1 M 1048/06 4.145,11

4. 14. Juli 2006 1 M 1518/06 1.670,20

5. 17. Juli 2006 1 M 1519/06 925,90

6.17. Juli 2006 1 M 1516/06 736,28

7. 28. August 2006 1 M 1619/06 358,00

8. 6. September 2006 1 M 1918/06 443,70

9. 7. Dezember 2006 1 M 2718/06 3.033,33

10. 9. Januar 2007 1 M 59/07 1.898,45

Aufgrund einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Finanzamts W. vom 23. August 2006 wurden die Bezüge des Beklagten wegen einer Hauptsacheforderung in Höhe von 18.754,87 Euro gepfändet.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums München vom 18. Januar 2011 wurde dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass der Kläger die Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage beabsichtige. Mit Beschluss vom 7. März 2011 wurde das Verfahren ausgesetzt. Die am 9. November 2011 erhobene Nachtragsdisziplinarklage stützt sich auf den dem Strafbefehl des Amtsgerichts Wunsiedel vom 12. Juni 2011 und dem Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 18. August 2011 zugrundeliegenden Sachverhalt der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 StGB). Auch hier war der Beklagte zunächst vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage mit Schreiben vom 12. September 2011 abschließend angehört worden.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Oktober 2012 wurde der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Durch die fehlende erneute Mitwirkung der Personalvertretung gem. Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3, Satz 5, Art. 75 Abs. 2 Nr. 1, 2 BayPersVG vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage vom 9. November 2011 hafte dem behördlichen Disziplinarverfahren kein wesentlicher Mangel im Sinne des Art. 53 BayDG an, der das Gericht hätte veranlassen müssen, das Verfahren zur Beseitigung des Mangels an die Disziplinarbehörde zurück zu geben, Art. 53 Abs. 3 Satz 1 BayDG.

Die dem Beklagten zur Last gelegte Untreue stehe zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 nach Art. 25 Abs. 1 BayDG, 55 BayDG fest. Ebenso der Sachverhalt der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung als Gegenstand des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21. Juni 2011 (Az. 8 Cs 26 Js 338/11). Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls seien gem. Art. 55 BayDG i. V. m. Art. 25 Abs. 2 BayDG zwar nicht bindend, könnten aber der Entscheidung im Disziplinarverfahren zugrunde gelegt werden. Das bloße Bestreiten des Sachverhalts durch den Beklagten sei als bloße Schutzbehauptung zu werten und könne die Indizwirkung des Strafbefehls nicht überwinden.

Zudem stehe fest, dass der Beklagte, der privat eine Nebentätigkeitslandwirtschaft (Schafzucht) betreibe, und der wegen Verbindlichkeiten aus dieser Betätigung in den Jahren 2005 bis 2007 Pfändungen in Höhe von insgesamt 67.910,05 Euro unterlegen sei, es trotz Aufforderung durch das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. unterlassen habe, sich zur Klärung seines Schuldenproblems professioneller Hilfe zu bedienen und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. hierüber Bescheinigungen und Bestätigungen vorzulegen.

Bei der außerdienstlichen fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung seien die qualifizierenden Merkmale des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt. Das Vertrauen in eine rechtsstaatliche Verwaltung werde auch bei einem des Dienstes enthobenen Polizeivollzugsbeamten erheblich beeinträchtigt, wenn dieser in einem hochgradig alkoholisierten Zustand ein Kraftfahrzeug führt. Diese außerdienstliche Pflichtverletzung bilde zusammen mit den innerdienstlichen Pflichtverletzungen (Untreue und Weisungsverstoß im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten) ein einheitliches Dienstvergehen.

Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen wiege sehr schwer und habe bei dem Beklagten zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt. Bereits die innerdienstliche Untreue von insgesamt 6.955,00 Euro sei so erheblich, dass sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - bereits ohne hinzutretende Erschwerungsgründe - die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen könne. Durchgreifende Milderungsgründe habe die Kammer nicht erkennen können, auch der von der Beklagtenseite im Wesentlichen in Anspruch genommene Milderungsgrund der mangelhaften Dienstaufsicht liege nicht vor, da diese vorliegend nicht zu einer erheblichen Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit geführt habe. Bis zur Aufdeckung der innerdienstlichen Untreue habe der Kläger - ungeachtet eines möglichen Rufs als „alter Schlamperer“ - keinen Grund gehabt, an der Ehrlichkeit des Beklagten zu zweifeln. Wenn gegenüber dem Beklagten Gründe für Misstrauen hinsichtlich der pflichtgemäßen Ausübung seiner Dienstgeschäfte erkennbar gewesen wären, wäre er nach Überwindung seiner vorhandenen Alkoholerkrankung auch nicht als Suchtberater bestellt worden. Auch aus der Beweisaufnahme ließen sich keine anderen Schlüsse ziehen. Den Aussagen von drei früheren Vorgesetzten des Beklagten und einer - für die Ausgabe von Verwarnungsblöcken und deren Abrechnung zuständigen - früheren Geschäftsstellenangestellten der GPS Sch. seien keinerlei Hinweise darauf zu entnehmen gewesen, dass sich ihnen im genannten Zeitraum hätte aufdrängen müssen, dass der Beklagte Verwarnungsgelder für sich behalte bzw. ein Anlass vorliege, dem Beklagten gegenüber eine verschärfte Aufmerksamkeit an den Tag zu legen.

Das Persönlichkeitsbild und die dienstlichen Leistungen des Beklagten sprächen deutlich gegen ihn. Der Beklagte zeige bei der Erfüllung seiner Dienstpflichten wenig Engagement. Seine nach der Aufdeckung der Untreue zunächst abgegebene Zusage, sich um die Ordnung seiner finanziellen Situation zu bemühen, habe er nicht eingehalten. In der Zeit ab Dezember 2005, als er unter verstärkter Dienstaufsicht gestanden sei, habe seine Leistungsfähigkeit nochmals nachgelassen, während gleichzeitig keine Reduzierung seiner unternehmerischen Tätigkeit als Schafzüchter festgestellt worden sei. Er habe unkooperatives Verhalten gezeigt und es an Einsicht in seine Verantwortlichkeit fehlen lassen. Das Verhalten des Beklagten in der Vergangenheit habe gezeigt, dass er dazu neige, private Interessen über seine dienstlichen Pflichten zu stellen und in Situationen, die ihn überfordern, in alte Muster - z. B. im Hinblick auf den Alkoholkonsum - zurückzufallen. Dadurch habe der Beklagte das ihm ursprünglich eingeräumte Vertrauen gänzlich verspielt.

Der hilfsweise - für den Fall der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis - gestellte Antrag des Beklagten, den Zeitraum der Zahlung des Unterhaltsbeitrags im Sinne des Art. 11 Abs. 3 Satz 1 BayBG gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG auf mindestens ein Jahr zu verlängern, sei ebenfalls abzulehnen, da eine unbillige Härte nicht vorliege.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, seinem Bevollmächtigten zugestellt am 13. Dezember 2012, am 8. Januar 2013 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Oktober 2012 aufzuheben und gegen den Beklagten die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung zu verhängen.

Hilfsweise für den Fall einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wurde beantragt,

dem Beklagten einen Unterhaltsbeitrag gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG für die Dauer von zwei Jahren ab Rechtskraft zu gewähren.

Das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung zu Unrecht das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels durch die unterbliebene Mitwirkung der Personalvertretung bei der Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage verneint.

Das Gericht sei bei seiner Bewertung zunächst davon ausgegangen, dass ein wesentlicher Mangel nur dann anzunehmen sei, wenn nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass dieser Mangel sich auf das Ergebnis des Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben könnte. Vorliegend lasse sich aber das Ergebnis der Erörterung der Nachtragsdisziplinarklage mit der Personalvertretung nicht eingrenzen, insbesondere seien die Inhalte der Nachtragsdisziplinarklage für das gerichtliche Disziplinarverfahren nicht ohne Bedeutung gewesen, da das Verwaltungsgericht seine negative Prognose im Wesentlichen darauf gestützt habe, dass der Beklagte während der vorläufigen Dienstenthebung eine fahrlässige Trunkenheitsfahrt begangen habe. Dementsprechend lasse sich auch nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass in der Folge einer Erörterung der Nachtragsdisziplinarklage mit der Personalvertretung ein abweichendes Ergebnis des Disziplinarverfahrens erster Instanz eingetreten wäre. Hierbei sei auch unerheblich, dass die Personalvertretung lediglich ein Mitwirkungsrecht besitze. Hieraus könne nicht die zwingende Schlussfolgerung gezogen werden, der Dienstherr werde im Rahmen der Erörterung an seiner vorläufigen Meinung zwingend festhalten. Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2008 sei die Beteiligung des Personalrats beantragt worden, eine Wiederholung des Antrags sei nicht erforderlich, insbesondere sei durch das Schreiben des Beklagten vom 28. Oktober 2011 auch kein Verzicht auf die beantragte Beteiligung der Personalvertretung erklärt worden.

Unzutreffend sei auch die Wertung des Verwaltungsgerichts, der Maßnahmemilderungsgrund der fürsorgepflichtwidrigen Verletzung der Dienstaufsicht liege nicht vor. Von einem endgültigen Vertrauensverlust in den Beklagten mit der Folge der Verhängung der Höchstmaßnahme sei nicht auszugehen.

Hier sei zunächst festzustellen, dass die organisatorischen Gegebenheiten des Dienstherrn objektiv offensichtlich unzureichend gewesen sind. Die aufgrund der offensichtlich unzureichenden Kontrollmechanismen erschwerte Bemerkbarkeit der Auffälligkeiten beim Beklagten sei im Sinne eines Organisationsverschuldens der Sphäre des Dienstherrn zuzurechnen. Hinsichtlich dieser unzureichenden Kontrollmechanismen habe die Zeugin Bö. (zuvor Kü.) in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass ihr die Aufgaben der Abrechnung der Verwarngeldblöcke ohne jede Einarbeitung oder Einweisung nach längerer Krankheit übertragen worden seien, sie nicht wisse, ob einer der Dienststellenleiter jemals die Einhaltung der Abrechnungsvorschriften durch die Beamten geprüft habe und sie keinen besonderen Auftrag gehabt hätte, Auffälligkeiten zu melden. Die Kontrolle über Abgabe und Rückgabe der einzelnen Blöcke sei die Aufgabe von Frau Bö. gewesen. Die Kontrolle über die Abrechnungslisten von Verwarngeldblöcken sei auch Aufgabe von Frau Ta. gewesen. Die Zeugenaussagen ergäben, dass keine der beteiligten Personen es für die jeweils eigene Aufgabe gehalten habe, die Ausgabe und Abrechnung der Verwarngeldblöcke zu überwachen. Nach Aussage des Zeugen Ho. sei aufgrund der Vorfälle in der Dienststelle der gesamte Prozess Verwarngeldblockabrechnung geändert worden, da die Vorgesetzten des Beklagten zu diesem Zeitpunkt offensichtlich die schwerwiegenden organisatorischen Defizite erkannt hätten. Die Vorgesetzten hätten bei ordnungsgemäßer Führung der Dienststelle zwangsläufig erkennen müssen, dass der Beklagte einer besonderen Dienstaufsicht bedürfe. Hinsichtlich der Verwarngeldblöcke wäre bereits die einfache Bestimmung einer klaren Zuständigkeit für die Überwachung der Vorgaben zur Abrechnung eine ausreichende organisatorische Maßnahme gewesen. Der Ansatz des erstinstanzlichen Gerichts, allein auf die tatsächlichen Beobachtungen der Vorgesetzten zur Bestimmung der notwendigen Dienstaufsicht abzustellen, greife zu kurz. Die Grundlage des Maßnahmemilderungsgrundsatzes der fürsorgepflichtwidrigen Verletzungen der Dienstaufsicht liege darin, dass in diesen Fällen dem Beamten nicht uneingeschränkt angelastet werden könne, wenn aufgrund der Gleichgültigkeit bzw. des Desinteresses der Vorgesetzten ein Fehlverhalten eine Gewichtigkeit erlange, die im Rahmen eines pflichtgemäßen Verhaltens nicht eingetreten wäre. Im Übrigen seien Auffälligkeiten in der Dienstverrichtung des Beklagten auf der Dienststelle bekannt gewesen, wie die vernommenen Zeugen übereinstimmend bestätigt hätten. Insgesamt hätte sich die Situation so dargestellt, dass der Beklagte offenkundig einen Ruf als unzuverlässiger Sachbearbeiter gehabt hätte, bekanntermaßen trockener Alkoholiker gewesen sei und eine deutliche und erkennbare Vorliebe für Nachtdienste gepflegt habe, wodurch er sich der sozialen Kontrolle in der Dienststelle entzogen und sowohl als „kautzig“ wie auch als „alter Schlamperer“ wahrgenommen worden sei.

Jedenfalls hätten hinreichende Anhaltspunkte vorgelegen, den Beklagten deutlich vor dem Jahr 2005 sowohl hinsichtlich seiner Sachbearbeitung als auch in der Zusammenarbeit enger an den regulären Betrieb der Dienststelle und die Aufsicht durch Vorgesetzte anzubinden. Aus dem Personalführungskonzept des Klägers lasse sich entnehmen, dass bei solchen Fehlentwicklungen, wie beim Beklagten, durch Führung entgegenzuarbeiten und ein Gefühl gegenseitiger Verantwortlichkeit und Kameradschaft zu schaffen sei. Dies hätten die Vorgesetzten des Beklagten, namentlich der Zeuge He., fürsorgepflichtwidrig unterlassen. Entgegen der Wertung des Verwaltungsgerichts sei hier davon auszugehen, dass die Eigenverantwortlichkeit des Beklagten aufgrund der Vernachlässigung der Dienstaufsicht trotz ausreichender Hinweise auf Auffälligkeiten eingeschränkt gewesen sei.

Auch unabhängig vom Vorliegen eines erheblichen Maßnahmemilderungsgrundes lägen in der Gesamtschau des Persönlichkeitsbildes des Beklagten Umstände von derartigem Gewicht vor, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme als angemessen erscheinen ließe. Der Beklagte habe sich zum gegenständlichen Zeitpunkt in einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befunden, da sein landwirtschaftlicher Betrieb aufgrund des Zusammenbruchs seiner Bank und nicht aufgrund von Misswirtschaft o. ä. in diese Situation geraten sei. Die Fortführung des Betriebs sei auch im Hinblick auf die Verantwortung für das Wohlergehen seines Tierbestands zu sehen, der er sich nur schwer entziehen habe können und die ihn in eine Überforderungssituation gebracht hätte. Es sei daher von einer vorübergehenden negativen Lebensphase auszugehen, die überwunden sei. Die Verhältnisse seien zwischenzeitlich dahingehend geordnet, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten des Betriebs zukünftig nicht mehr die Existenz der Familie bedrohen würden.

Der außerdienstlich fahrlässigen Trunkenheitsfahrt komme kein ausreichendes Gewicht zu, um trotz eines erheblichen Maßnahmemilderungsgrundes dennoch die Annahme eines endgültigen Vertrauensverlustes in den Beklagten zu rechtfertigen.

Hierbei sei insbesondere aufzuzeigen, dass der Schuldvorwurf lediglich in Form der Fahrlässigkeit bestehe, eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nicht eingetreten sei und der Vorgang unter Berücksichtigung der bekannten Alkoholerkrankung des Beklagten im Verhältnis zum Umgang mit den Verwarngeldern weit weniger gewichtig sei. Insbesondere lasse sich hieraus keine negative Prognose ableiten.

Im Übrigen komme das Verwaltungsgericht zu Unrecht zu dem Schluss, bei Gesamtschau der Umstände wäre keine Maßnahmenminderung angezeigt, die der Höchstmaßnahme entgegenstünde.

Eine Verlängerung des Unterhaltsbeitrags auf die Dauer von zwei Jahren sei erforderlich, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine solche sei nicht allein deshalb bereits ausgeschlossen, weil nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden könne, dass die bestehende Härte innerhalb des Zeitraums der Verlängerung des Unterhaltsbeitrags tatsächlich beseitigt sei. Mit einem weiteren zeitlichen Spielraum könne eine unbillige Härte abgemildert werden und dem Beklagten die Möglichkeit geschaffen werden, die Ertragslage seines Betriebes dahingehend zu steigern, dass hiervon der Lebensunterhalt bestritten werden könne.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 24. September 2014 mündlich zur Sache verhandelt. Mit Beschluss wurden die Handlungen ausgeschieden, die die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus den Jahren 2005, 2006 und Januar 2007 betreffen und das dem Beklagten damit vorgehaltene Verhalten.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Hof zum Az. 26 Js 338/11 und zum Az. 24 Js 13886/05, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums München bzw. des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen und den (Hilfs)antrag auf Verlängerung der Bezugsdauer des Unterhaltsbeitrags gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG abgelehnt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. In der fehlenden erneuten Mitwirkung der Personalvertretung im Sinne des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 5, Art. 75 Abs. 2 Nr. 1, 2 BayPersVG vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage hat das Verwaltungsgericht zu Recht keinen Mangel gesehen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten war eine nochmalige Beteiligung des Personalrats vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage nicht erforderlich. Zu Recht ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayPersVG für die Mitwirkung der Personalvertretung vor Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage nicht vorliegen.

Gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 4 BayPersVG ist der Personalrat auf Antrag des Beamten bei Erhebung der Disziplinarklage zu beteiligen. Dieses Recht der Mitwirkung bezieht sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur insoweit inhaltsgleichen Regelung des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG allerdings nur auf die grundlegende disziplinarbehördliche Abschlussentscheidung, ob überhaupt eine Disziplinarklage erhoben werden soll. Demgegenüber unterliegt der Inhalt der Klageschrift, insbesondere die Antragstellung, nicht der Mitwirkung (vgl. BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12/04 - juris). Hiervon ausgehend bedurfte es vorliegend der nochmaligen Beteiligung des Personalrats nicht, da eine Disziplinarklage bereits erhoben war.

Gemäß Art. 51 Abs. 3 Satz 3 BayDG können neue Handlungen in einem eigenständigen Disziplinarverfahren verfolgt werden. Entscheidet sich der Dienstherr mit Blick auf den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens für eine einheitliche disziplinare Verfolgung und erhebt eine Nachtragsklage, so werden in das bereits anhängige gerichtliche Verfahren die weiteren Dienstpflichtverletzungen lediglich mit einbezogen. Die Nachtragsdisziplinarklage hat damit die Wirkung einer Klageerweiterung (s. hierzu auch OVG Thüringen, U. v. 5.12.2011 - 8 DO 110/09 - juris). Es wird kein weiteres Prozessrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten begründet

(s. Zängl, Kommentar zum Bayerischen Disziplinarrecht, Stand Oktober 2013, Rn. 4 zu Art. 51 BayDG). Auch nach der amtlichen Begründung in der Landtags-Drs. 15/4076, Abschnitt C., Zu § 1, zu Art. 51, S. 45, ist der Begriff „Nachtragsdisziplinarklage“ lediglich die „Bezeichnung“ für die Einbeziehung neuer Vorwürfe in ein „bereits anhängiges Verfahren der Disziplinarklage“.

Die eigentliche Entscheidung über die Zustimmung zur Disziplinarklageerhebung wurde vom Personalrat bereits mit Schreiben vom 17. Mai 2010 getroffen. Die Vorschrift des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 4 BayPersVG statuiert ein Mitwirkungsrecht allein bei dieser grundlegenden Entscheidung über die Erhebung der Disziplinarklage selbst, nicht aber ermöglicht sie - worauf das Verwaltungsgericht zurecht hingewiesen hat - eine Einflussnahme des Personalrats auf Inhalt und Umfang des Disziplinarverfahrens, insbesondere die Überprüfung einzelner (nachgeschobener) Dienstpflichtverletzungen (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12/04 - juris, OVG Thüringen, U. v. 5.12.2011 a. a. O.).

II.

Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 (Az. 10 Ds 24 Js 13886/05) zugrunde liegt, steht gem. Art. 25 Abs. 1, 55 Hs. 1 und 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Nach diesen Vorschriften sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend. Zudem hat der Beklagte die Vorwürfe eingeräumt.

Danach steht für den Senat fest, dass der Beklagte im Zeitraum vom 6. Februar 2002 bis zum 27. September 2005 über bis zu elf Verwarnungsblöcke gleichzeitig verfügte. Anlässlich einer unvermuteten Kontrolle am 29. September 2005 stellte der Leiter der GPS Sch. fest, dass der Beklagte noch neun nicht vorschriftsmäßig abgerechnete Verwarnungsblöcke in seinem Besitz hielt. Den damit einhergehenden Geldbetrag in Höhe von 4.350,- Euro konnte der Beklagte zum Zeitpunkt der Vorlage der Verwarnungsblöcke nicht abliefern, da er diese Gelder aufgrund eines privaten finanziellen Engpasses für die Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet hatte. Insgesamt hat der Beklagte Verwarnungsgelder in Höhe von 6955,- Euro nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig abgeliefert. Der Beklagte wusste hierbei, dass er bei vollständigem Verbrauch eines Verwarnungsgeldblockes das eingenommene Bargeld hätte abrechnen und vor allem die eingenommenen Gelder bis dahin separat hätte aufbewahren müssen.

Fest steht ebenfalls, dass der Beklagte eine fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung begangen hat, als er am 10. Januar 2011 auf der Ma2.-straße in A. in Richtung Ma.-platz fuhr, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen war und infolgedessen beim Linksabbiegen gegen einen ordnungsgemäß geparkten Pkw gestoßen ist. Dieser Sachverhalt ist Gegenstand des in Bezug auf den Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21. Juni 2011 (Az. 8 Cs 26 Js 338/11) und des im Hinblick auf den Rechtsfolgenausspruch rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Wunsiedel. Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls sind zwar gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 1, 55 BayDG i. V. m. Art. 25 Abs. 2 BayDG nicht bindend, können aber nach Maßgabe des Art. 25 Abs. 2 BayDG verwendet werden. Soweit der Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung erklärte, der Beklagte habe an den Vorfall andere Erinnerungen, so ist dieser Vortrag für sich allein nicht ausreichend, die Indizwirkung des Strafbefehls zu überwinden. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass sich Anhaltspunkte für eine Beweisaufnahme nicht angeboten haben und die Aufklärung des Sachverhalts durch die zuständigen Behörden nach Aktenlage sorgfältig und ordnungsgemäß betrieben wurde.

Soweit dem Beklagten vorgeworfen wurde, er hätte es trotz Aufforderung durch das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. unterlassen, sich zur Klärung seines Schuldenproblems (Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse in Höhe von 67.910,05 Euro aus einer Nebentätigkeitslandwirtschaft in den Jahren 2005 bis 2007) professioneller Hilfe zu bedienen und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. hierüber Bescheinigungen und Bestätigungen vorzulegen, wurden diese Handlungen und das dem Beklagten damit vorgehaltene Verhalten durch Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2014 gem. Art. 54 Satz 1 BayDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden.

III.

Der Beklagte hat durch sein Handeln ein einheitliches Dienstvergehen i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F. (seit 01.04.2009 § 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - vom 17. Juni 2008 BGBl. I S. 1010) begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat.

1. Bei den Untreuehandlungen im Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Umgang mit Verwarnungsgeldblöcken und eingenommenen Verwarnungsgeldern handelt es sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen. Das Verhalten des Beklagten war kausal und logisch in sein ausgeübtes Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden. Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und dem vom Beamten bekleideten Amt (vgl. BVerwG, U. v.20.2.2001 - 1 D 55.99 - juris).

2. Bei der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung liegt ein außerdienstliches Dienstvergehen gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG vor. Das wesentliche Unterscheidungsmoment zu einer Qualifizierung als innerdienstlich ist funktionaler Natur. Entscheidend für die Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Ist eine solche Einordnung nicht möglich - insbesondere wenn sich das Handeln - wie hier - als das Verhalten einer Privatperson darstellt - ist es als außerdienstlich zu qualifizieren (vgl. BVerwG, U. v. 25.8.2009 - 1 D 1/08 - juris Rn. 54; BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 115). Das außerdienstliche Verhalten des Beamten erfüllt die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Die danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen Dienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse der Ausübung auf die Dienstausübung oder die Ansehensschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (BVerwG, U. v. 28.07.2011 - 2 C 16/10 - juris Rn. 23).

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (BVerwG, U. v. 28.7.2011, a. a. O. -Rn. 24, BayVGH, U. v. 6.12.2013 - 16a D 12.1815 - juris Rn. 72).

Das Verhalten des Beklagten außerhalb des Dienstes ist nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maß geeignet, das Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Berufsbeamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Die fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 b StGB, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belegt ist, führt zu einem erheblichen Ansehensschaden für seine eigene Person, aber auch für das der Beamtenschaft an sich. Zudem verlieren die Bemühungen der Polizei um die Sicherheit des Straßenverkehrs an Glaubwürdigkeit, wenn Polizeivollzugsbeamte selbst die jedem Kraftfahrer leicht einsehbaren grundlegenden Gebote für das Verhalten im Straßenverkehr außer Acht lassen. Ein gewisser dienstlicher Bezug ist vorliegend nicht von der Hand zu weisen, auch wenn der Beklagte zum Tatzeitpunkt bereits vom Dienst suspendiert war.

Durch sein Verhalten hat der Beklagte gegen seine Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) sowie gegen seine Pflichten zur vollen Hingabe an den Beruf (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 34 Satz 1 BeamtStG), zur uneigennützigen Amtsführung (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 34 Satz 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.

In seinem Verhalten liegt zudem ein Verstoß gegen Ziffer 3.1.1. der internen Richtlinien des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz zur Kassenorganisation vom 8. Mai 2002. Hiernach war der Beklagte grundsätzlich verpflichtet, eingenommene Verwarnungsgelder monatlich bei der Dienststelle abzuliefern, spätestens jedoch, wenn ein Verwarnungsblock verbraucht ist. Vor längerem Urlaub, längeren Lehrgängen sowie bei Abordnung und Versetzung wären die eingenommenen Verwarnungsgelder stets abzuliefern gewesen. Auch auf den Rückseiten des Titelblatts der Verwarnungsblöcke war vermerkt, dass vereinnahmte Verwarngelder spätestens, wenn der Block verbraucht ist, abzurechnen sind.

Nach Aussage seines Bevollmächtigten hatte der Beklagte die Verwarnungsgelder zudem nicht getrennt von seinen privaten Geldern in der Dienststelle verwahrt, sondern in einer Schublade bei sich zu Hause, in der sich auch Gelder aus dem in Nebentätigkeit geführten landwirtschaftlichen Betriebs des Beklagten befanden.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat - auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen ist aber nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355 - juris; U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974 - juris).

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot).

Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 18).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme.

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; B. v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 -, BVerfG (Kammer), B. v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01 - jeweils juris), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris). Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1D 2.06 - juris).

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 17, U. v. 6.6.2007 a.a.O, BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils juris).

Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 18).

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Die gravierendste Pflichtverletzung stellen die innerdienstlich begangenen Untreuehandlungen dar. Der Beklagte hat ein schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG begangen, indem er ihm dienstlich anvertraute Verwarnungsgelder in Höhe von knapp 7000,- Euro veruntreut hat. Durch den Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder hat der Beklagte nicht nur beamtenrechtliche Nebenpflichten verletzt, sondern er hat im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt. Mit dem Kernbereich ist derjenige Pflichtenkreis des Beamten angesprochen, der im Mittelpunkt seines konkreten Amts im funktionellen Sinne (Dienstposten) steht. Zu den Kernpflichten eines mit der Einnahme und Behandlung von Verwarnungsgeldern betrauten Polizeibeamten gehört, dass dieser die ihm dienstlich anvertrauten Gelder ordnungsgemäß verwaltet und abrechnet. Der Dienstherr ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit eines solchen Beamten beim Umgang mit dienstlich anvertrauten Geldern angewiesen. Dies gilt umso mehr, als hier eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Polizeibeamten unmöglich ist. Sie muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden.

Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, sofern die veruntreuten Beträge die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass für ein Zugriffsdelikt bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 Euro ernsthaft in Betracht kommt, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11. - juris). Diese Grenze ist hier bei weitem überschritten. Auch liegt kein einmaliges Fehlverhalten vor.

Die bei Zugriffsdelikten in den Blick zu nehmenden sog. anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung:

Der Milderungsgrund des „Handelns in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten und ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat. Die mildere Bewertung des Fehlverhaltens hat ihren Grund darin, dass der betroffene Beamte in einer Konfliktsituation versagt hat, in der er keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf dienstlich anvertrautes Geld gesehen hat, um den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine Familie zu sichern. Eine solche Konfliktsituation kann aber nur dann als Ursache des Fehlverhaltens anerkannt werden und zu einer Milderung führen, wenn es sich um ein vorübergehendes, zeitlich und zahlenmäßig eng begrenztes Fehlverhalten gehandelt hat; wiederholte Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BVerwG, U. v. 22.10.2002 - 1 D 6.02 -, BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils juris).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer ausweglosen finanziellen Notlage hat der Senat nicht gesehen. Vielmehr zahlte der Beklagte einen Teil der veruntreuten Summe nach eigenem Vortrag in einen Bausparvertrag ein, die Versorgung der Familie schien zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Darüber hinaus erfolgten die vielfachen Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum von mehr als drei Jahren.

Für das Vorliegen von sonstigen anerkannten Milderungsgründen wie das Vorliegen einer psychischen Ausnahmesituation oder der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat bestehen keine Anhaltspunkte.

Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 -, BVerwG, B. v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Bei der prognostischen Frage, ob bei einem Beamten aufgrund eines schweren Dienstvergehens ein endgültiger Vertrauensverlust (i. S. d. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG) eingetreten ist, gehören zur Prognosebasis alle für diese Einschätzung bedeutsamen belastenden und entlastenden Bemessungsgesichtspunkte. Ob die gesamte Prognosegrundlage den Schluss auf einen noch verbliebenen Rest an Vertrauen in die Person des Beamten zulässt, ist eine Frage der Gesamtabwägung im Einzelfall (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris).

Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt nicht aus dem von ihm behaupteten Mitverschulden des Dienstherrn oder dessen Verletzung der Fürsorgepflicht. Selbst wenn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Zugriffsdelikten eine Verletzung der Fürsorgepflicht in besonders krassen Fällen zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führen kann (BVerwG, U. v. 19.09.1985 - 2 WD 63/84 - juris, U. v. 22.10.2002 - 1 D 6.02 - juris), sind hier durchgreifende Anhaltspunkte für ein insoweit entscheidungserhebliches Mitverschulden des Dienstherrn nicht gegeben. Zwar ist nicht zu leugnen, dass die Pflicht des Beamten zur rechtzeitigen Abrechnung vereinnahmter Verwarnungsgelder wohl durch die Vorgesetzten des Beklagten nicht konsequent überwacht wurde bzw. die Organisation der Ausgabe und Abrechnung von Verwarngeldblöcken durchaus Schwächen aufwies, wie auch die Beweisaufnahme vor dem Verwaltungsgericht zeigte. Maßgeblich ist vorliegend aber zu berücksichtigen, dass die finanziellen Probleme des Beklagten auf der Dienststelle erst im Laufe des Jahres 2005 bekannt wurden und es vorher - unabhängig von seiner Alkoholerkrankung, seines angeblichen Rufs als „Schlamperer“, der sich nach Aussage des Zeugen He. auf seine Sachbearbeitung bezog, und seiner Vorliebe für Nachtschichten - keine Anhaltspunkte für die Vorgesetzten ergaben, an der Ehrlichkeit des Beklagten zu zweifeln und er die Schwächen des Abrechnungssystems bewusst ausnutzte. So ergibt sich aus den Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Wunsiedels vom 13. September 2006 ausdrücklich, dass der Beklagte seinen Ruf als „Schlamperer“ bewusst dazu ausnutzte, den für die Ausgabe und Überwachung der Verwarnungsblöcke verantwortlichen Angestellten der GPS Sch. vorzuspiegeln, er habe die alten Verwarnungsblöcke vergessen bzw. er werde sie umgehend nachreichen. Auch nach unstreitiger Aussage der in der GPS Sch. mit der Abrechnung betrauten früheren Verwaltungsangestellten Bö. in der erstinstanzlichen Zeugenvernehmung war der Beklagte mehrmals zur Abrechnung der Verwarnungsblöcke aufgefordert worden, dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen.

Insoweit kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass es zunächst die Aufgabe des Beklagten ist, unter Einhaltung der Gesetze leicht einsehbare Kernpflichten zu beachten, zumal bei Zugriffsdelikten die Pflichtwidrigkeit des Handelns offenkundig ist (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - in juris). Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt hier mithin schwerer als ein teilweise mangelhaftes Kontrollverhalten des Dienstherrn.

Auch die Würdigung des Persönlichkeitsbildes und des bisherigen dienstlichen Verhaltens des Beklagten ändern nichts daran, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zugemutet werden kann, den Beklagten weiter zu beschäftigen. Die letzten dienstlichen Beurteilungen bewegen sich im Durchschnitt bei 9 Punkten. Besondere Umstände, welche die Persönlichkeit des Beklagten in ein insoweit entscheidungserhebliches positives Licht setzen könnten, liegen nicht vor. Vielmehr ergibt sich aus einer Stellungnahme der Grenzpolizei S. vom 21. September 2006, dass die Leistungsfähigkeit und - willigkeit des Beklagten nach Entdeckung der Untreuehandlungen nochmals nachgelassen habe, während sich keinerlei Reduzierung seiner unternehmerischen Tätigkeit als Schafzüchter feststellen ließ.

Hinreichend tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Milderungsgrund der überwundenen, negativen Lebensphase (vgl. BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris) vorliegen könnte, sind nicht gegeben. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Zu prüfen ist, ob das jeweilige Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder aber als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer Ausnahmesituation davon abweicht. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation - über das hinausgehend, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann - begründen (BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris). Vor dem Hintergrund, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich zieht, sind im Übrigen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer disziplinarrechtlich erheblichen negativen Lebensphase nur in individuellen Extremsituationen erfüllt. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Extremsituation sind nicht ersichtlich und wurden vom Beklagten auch nicht vorgetragen. Eine sich über einen längeren Zeitraum hinziehende wirtschaftlichen Schieflage, die der Beklagte nach eigenem Vortrag nun beseitigt hat, kann hierfür nicht ausreichend sein.

Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens“ des Dienstherrn oder Allgemeinheit gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG erfordert schließlich eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - juris).

Hier ist festzustellen, dass der Beamte das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hatte und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, missbraucht hat. Sein Fehlverhalten hat das Vertrauen des Dienstherrn unwiderruflich beschädigt.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Die vorliegenden Entlastungsgründe haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass sie den gegebenen Vertrauensverlust ausreichend abmildern könnten.

Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. So verhält es sich regelmäßig bei Kernpflichtverletzungen durch Zugriffsdelikte von Beamten. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlichrechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1D 2.03 - juris).

V.

Mit dem sich nach Art. 11 Abs. 3 Satz 1 BayDG ergebenden Unterhaltsbeitrag für sechs Monate hat es sein Bewenden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Gewährung des Unterhaltsbeitrags über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus verneint.

Der Unterhaltsbeitrag dient dazu, dem Beamten den durch den Wegfall der Dienstbezüge notwendig gewordenen Übergang in einen anderen Beruf oder in eine andere Art der finanziellen Existenzsicherung zu erleichtern. Diesem Zweck liegt die Erwartung zugrunde, dass sich der Beamte in ausreichendem Maß um die Wiederaufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit oder um eine andere Art der Sicherung seiner finanziellen Grundlagen bemüht. Zwar kann nach Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG der Unterhaltsbeitrag über sechs Monate hinaus verlängert werden, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Der Beamte hat aber die Umstände dafür glaubhaft zu machen. Insoweit ist eine wertende Entscheidung zu treffen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 69).

Eine unbillige Härte im Sinne des Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG liegt vor, wenn durch die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eine wirtschaftliche Notlage entsteht, die der - ehemalige - Beamte auch bei gutem Willen nicht innerhalb der sechs Monate, für die regelmäßig der Unterhaltsbeitrag gezahlt wird, beheben kann. Die Verlängerung des Unterhaltsbeitrags dient allerdings nur dazu, eine temporäre unbillige Härte zu vermeiden. Falls ein - ehemaliger - Beamter voraussichtlich auf Dauer nicht in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, muss er sich auf Sozialleistungen außerhalb des Beamtenrechts verweisen lassen (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Kommentar, Stand Oktober 2013, Rn. 23 zu Art. 11 BayDG).

Soweit der Beklagte vorträgt, seine berufliche Neuorientierung jenseits des von ihm erlernten Polizeiberufs sowie seiner Landwirtschaft sei in Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters und Grad seiner Behinderung unwahrscheinlich, so ist dies nicht geeignet, eine solche vorübergehende unbillige Härte zu begründen. Auch dem Vorbringen des Beklagten, ihm müsse zur Abmilderung einer unbilligen Härte ein weiterer zeitlicher Spielraum geboten werden, um durch eigene Anstrengung seine Nebenerwerbslandwirtschaft zur Existenzgrundlage auszubauen und so auf die dauerhafte Beseitigung der Härte hinzuwirken, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Dies würde den Beamten im Hinblick auf andere Beamte in vergleichbarer Lage und ohne Nebenerwerb unangemessen bevorzugen. Aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Attest vom 28. Februar 2014 über einen vierzehntägigen stationären Aufenthalt des Beklagten im Februar 2014 aufgrund einer Bauchoperation ergibt sich weder, dass der Beklagte zur Zeit nicht arbeitsfähig wäre noch, dass er krankheitsbedingt daran gehindert sei, sich innerhalb der nächsten Monate dem Ausbau seines landwirtschaftlichen Betriebs zu widmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i. V. m. Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

Tenor

Die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. September 2010 und des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. Dezember 2004 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird in das Amt eines Polizeiobermeisters (Besoldungsgruppe A 8 BBesO) versetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

1

Der 1958 geborene Beklagte steht als Polizeihauptmeister im Dienst der Klägerin. Mit rechtskräftigem Urteil vom 17. April 2002 wurde er zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Er hatte am 13. Mai 2001 außerdienstlich vor seinem Anwesen zwei Personen wegen ihres Fahrverhaltens zur Rede gestellt, beleidigt und mit der nicht geladenen Waffe bedroht. Das sachgleiche Disziplinarverfahren wurde im Hinblick auf das Strafurteil mit Verfügung vom 26. Juni 2002 unter Feststellung einer an sich verwirkten langfristigen Kürzung der Dienstbezüge wegen Maßnahmeverbots eingestellt.

2

Gegenstand der Disziplinarklage ist der durch Urteil vom 19. März 2003 rechtskräftig festgestellte Sachverhalt, nach dem der Beklagte am 4. Dezember 2002 einen 50-€-Schein aus der Geldbörse eines Kollegen in der Absicht, diesen für sich zu behalten, entnahm. Die Geldbörse mit weiterem Bargeld befand sich im unverschlossenen Aktenkoffer des Kollegen, den dieser im Umkleideraum seiner Hundertschaft abgestellt hatte. Der Beklagte wurde wegen des Diebstahls zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt; die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil vom 17. April 2002 wurde nicht widerrufen.

3

Im sachgleichen Disziplinarklageverfahren hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 6. Dezember 2004 den Beklagten um zwei Ämter in das Eingangsamt eines Polizeimeisters zurückgestuft. Das Berufungsgericht hat den Beamten mit Beschluss vom 10. November 2006 aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidung durch Urteil vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 43.07 - aufgehoben und die Sache zur Verhandlung und erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht habe nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil § 130a VwGO im Disziplinarklageverfahren nicht anwendbar sei. Zudem weise die Maßnahmebemessung Rechtsfehler auf.

4

Mit dem angegriffenen Urteil hat das Berufungsgericht den Beamten aus dem Dienst entfernt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Der Kollegendiebstahl ziehe im Falle der Geringwertigkeit des entwendeten Betrags nach seiner Schwere im Regelfall eine Zurückstufung nach sich. Weitere anerkannte Milderungsgründe oder sonstige mildernde Umstände von insgesamt vergleichbarem Gewicht lägen nicht vor. Demgegenüber falle erschwerend ins Gewicht, dass der Beklagte sich das vorhergehende Disziplinarverfahren und die strafgerichtliche Verurteilung nicht zur Warnung habe dienen lassen. Ein Beamter, der der Versuchung nicht widerstehen könne, eine zufällig unbewachte und unverschlossene Tasche eines Kollegen zu öffnen und aus dem darin vorgefundenen Geldbeutel Geld zu entwenden, und sich eine zeitnah vorangegangene Bestrafung bei noch laufender Bewährungsfrist nicht zur abschreckenden Warnung dienen lasse, sei nicht mehr tragbar.

6

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision. Er beantragt,

die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. September 2010 und des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. Dezember 2004 aufzuheben und eine mildere Disziplinarmaßnahme zu bestimmen.

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Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht, nämlich § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 Satz 1 BDG69 BDG, § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Senat macht nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten von der ihm gesetzlich eröffneten Möglichkeit Gebrauch, die Disziplinarmaßnahme auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts abschließend zu bestimmen (§ 70 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1, § 60 Abs. 2 BDG).

9

Das Revisionsgericht hat bei der Anwendung des revisiblen Rechts auf den festgestellten Sachverhalt (§ 137 Abs. 2 VwGO, § 69 BDG) grundsätzlich dieselben Befugnisse und Entscheidungsmöglichkeiten, die das Berufungsgericht im Falle einer Zurückverweisung hätte. Das Bundesdisziplinargesetz enthält insoweit, anders als etwa § 82 Abs. 3 Satz 2 DRiG, keine Einschränkungen. Vielmehr gilt die Regelung des § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG, die den Verwaltungsgerichten die Befugnis zur Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme überträgt, gemäß § 70 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für das Revisionsverfahren (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 26, vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4 Rn. 27 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 25).

10

Das Bundesverwaltungsgericht kann von der ihm danach zustehenden, durch die Rechtsmittelanträge eingeschränkten Befugnis jedoch nur Gebrauch machen, wenn es aufgrund der gemäß § 137 Abs. 2 VwGO, § 69 BDG bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils eine gesetzeskonforme, d.h. den Anforderungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG genügende Bemessungsentscheidung treffen kann. Es kann weder Tatsachen berücksichtigen, die nicht festgestellt sind, noch die Richtigkeit der festgestellten Tatsachen nachprüfen. Daher kann das Bundesverwaltungsgericht über die Disziplinarklage nur dann abschließend entscheiden, wenn das Berufungsurteil alle wesentlichen bemessungsrelevanten Gesichtspunkte enthält. Ansonsten muss es gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, § 70 Abs. 2 BDG aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 27, vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 28 und vom 29. Mai 2008 a.a.O. Rn. 26).

11

Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils reichen für die Maßnahmebemessung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 Satz 1 BDG aus. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden; sie haben keine Einwendungen erhoben (zur Erforderlichkeit einer vorherigen Anhörung: Urteil vom 29. Mai 2008 a.a.O. Rn. 33).

12

Der Senat kommt im Rahmen seiner Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 Satz 1 BDG zu dem Ergebnis, dass der Beklagte grundsätzlich eine Zurückstufung in das Eingangsamt seiner Laufbahn verwirkt hat. Dabei sieht er die Vorbelastung als gravierend ins Gewicht fallenden erschwerenden Umstand an, jedoch würdigt er, anders als das Berufungsgericht, die freiwillige Wiedergutmachung und Entschuldigung als entlastenden Umstand von beachtlichem Gewicht. Aufgrund der von Verfassungs wegen gebotenen Berücksichtigung der unangemessen langen Verfahrensdauer wird der Kläger jedoch nur in das Amt eines Polizeiobermeisters (BesGr. A 8 BBesO) zurückgestuft.

13

1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Der Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 S. 5; seitdem stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 62.11 - Rn. 39 ff., zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen). Danach müssen die sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. grundlegend Urteil vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 258 f. bzw. S. 5; stRspr).

14

a) Wie § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG durch die Verwendung des Wortes "insbesondere" zum Ausdruck bringt, ist die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen ist. Für die Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens hat die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts generelle Maßstäbe für einzelne Fallgruppen entwickelt (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 258 f. bzw. S. 6 und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20; zuletzt vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18, jeweils Rn. 29 und vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 39 f.).

15

Für die Fallgruppe der Zugriffsdelikte, d.h. für die Veruntreuung dienstlich anvertrauter Gelder und Güter, ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen. Der Kollegendiebstahl ist hinsichtlich seiner Schwere der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 ff., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 21 und - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 30 § 108 abs. 1 vwgo nr. 50>, vom 15. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 43.07 - Rn. 19 § 65 bdg nr. 2>, vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Rn. 21 § 70 bdg nr. 3>; zuletzt vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 ff., zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen, Rn. 12, stRspr).

16

Danach ist für den nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG bindend festgestellten Kollegendiebstahl aufgrund der Geringwertigkeit des entwendeten Geldbetrages von 50 € die Zurückstufung nach § 9 BDG Richtschnur für die Maßnahmebemessung.

17

b) Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung nach § 13 Abs. 1 Satz 3 und 4 BDG im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 259 f. bzw. S. 6, vom 3. Mai 2007- BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20, zuletzt vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - a.a.O. Rn. 29, vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - Rn. 26 f. = NVwZ 2013, 1087 und - BVerwG 2 C 62.11 - NVwZ-RR 2013, 693 juris Rn. 39; stRspr). Deshalb dürfen die nach der Schwere des Dienstvergehens angezeigten Regeleinstufungen nicht schematisch angewandt werden.

18

Je schwerwiegender das Dienstvergehen oder die mit ihm einhergehende Vertrauensbeeinträchtigung ist, umso gewichtiger müssen die sich aus dem Persönlichkeitsbild ergebenden mildernden Umstände sein, um gleichwohl eine andere Maßnahme zu rechtfertigen (stRspr; Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 261 ff. bzw. S. 7 ff., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 21 ff.; vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4 Rn. 22 und vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 40; zuletzt Urteile vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - a.a.O. Rn. 33 und - BVerwG 2 C 62.11 - a.a.O. Rn. 46). Umgekehrt können Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes oder eine besondere Vertrauensbeeinträchtigung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen, obwohl diese Maßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens für sich genommen nicht indiziert ist.

19

Das Bemessungskriterium "Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 24 § 108 abs. 1 vwgo nr. 50). maßstab ist hierbei, in welchem umfang die allgemeinheit dem beamten noch vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden umstände bekannt würde (grundlegend urteil vom 20. oktober 2005 a.a.o. s. 260 bzw. s. 7, seitdem strspr; zuletzt urteil vom 28. februar 2013 - bverwg 2 c 62.11 - a.a.o. rn. 56). die prüfung, ob der betreffende beamte im beamtenverhältnis verbleiben darf, hat sich auf sein amt als ganzes und nicht nur auf einen begrenzten tätigkeitsbereich (amt im funktionellen sinne) zu beziehen (urteil vom 22. mai 1996 - bverwg 1 d 72.95 - buchholz 232 § 54 satz 3 bbg nr. 6 s. 17 m.w.n.).

20

Die Stellung als Polizeibeamter kann sich für die Bewertung außerdienstlichen Verhaltens erschwerend auswirken, wenn ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben ist (stRspr; vgl. z.B. Beschlüsse vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 29.10 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 32 Rn. 5 ff., vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 m.w.N. und vom 5. April 2013 - BVerwG 2 B 79.11 - juris Rn. 4 ff.). Entsprechendes gilt für innerdienstliche Pflichtverletzungen, die unter Ausnutzung der dienstlichen Stellung begangen werden (vgl. Urteile vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 ff. Rn. 16 und vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - a.a.O. Rn. 31 ff., 36). Dagegen hängt die disziplinarische Bewertung eines Kollegendiebstahls nicht davon ab, welcher Laufbahn oder welchem Verwaltungszweig der Beamte angehört oder welche dienstlichen Aufgaben er wahrnimmt. Der Kollegendiebstahl ist hinsichtlich seiner Schwere im Grundsatz deshalb der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar, weil der Dienstherr sich auch hier auf die Ehrlichkeit seiner Bediensteten verlassen können muss. Ein Diebstahl zum Nachteil eines Kollegen belastet das Betriebsklima und stört den Arbeitsfrieden und damit letztlich die Funktionsfähigkeit der Verwaltung in schwerwiegender Weise (stRspr; zuletzt Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Rn. 21 § 70 bdg nr. 3> m.w.N.). Insofern macht es keinen Unterschied, ob ein Polizeibeamter oder ein Beamter aus einem anderen Verwaltungszweig seine Kollegen bestiehlt.

21

Das Persönlichkeitsbild nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG erfasst die persönlichen Verhältnisse des Beamten und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach dem Dienstvergehen. Insbesondere sind frühere disziplinarische oder strafrechtliche Verfehlungen, deren Berücksichtigung bei der Maßnahmebemessung kein rechtliches Hindernis entgegensteht, in die Würdigung einzubeziehen. Dies beruht darauf, dass - anders als im Strafrecht - mit einer Disziplinarmaßnahme nicht eine einzelne Tat bestraft wird. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 25 § 108 abs. 1 vwgo nr. 50>, - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16 und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 <481>; stRspr). Aus einer Vorbelastung kann geschlossen werden, dass sich der Beamte eine vorherige strafgerichtliche oder disziplinarische Sanktionierung nicht hat zur Mahnung dienen lassen.

22

Die Berücksichtigung einer Vorbelastung als erschwerender Umstand bei der Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG scheidet aus, wenn ein Verwertungsverbot eingreift. Dies bestimmt sich für strafrechtliche Verurteilungen nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes. Danach kann die erste strafrechtliche Verurteilung nicht mehr im Revisionsverfahren berücksichtigt werden (vgl. § 51 Abs. 1 BZRG). Für disziplinare Vorbelastungen gelten die Verwertungsverbotsregelungen des § 16 BDG. Absatz 4 der Vorschrift erfasst diejenigen Disziplinarvorgänge, die - wie hier - nicht zur Verhängung einer Disziplinarmaßnahme geführt haben. Die Frist für das Verwertungsverbot und die Tilgungspflicht beträgt bei erwiesenen Dienstvergehen zwei Jahre (§ 16 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 BDG). Aufgrund der Einleitung des neuen, hier streitgegenständlichen Disziplinarverfahrens vor Ablauf der Frist, hat diese Frist noch nicht geendet (§ 16 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BDG). Das Gewicht einer Vorbelastung hängt vor allem von der dafür rechts- oder bestandskräftig ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme und vom zeitlichen Abstand zur neuen Verfehlung ab.

23

Danach fällt das außerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten vom 13. Mai 2001 erheblich zum Nachteil des Beklagten ins Gewicht. Es handelt sich um eine rechtskräftig abgeurteilte Straftat, für die die Klägerin eine Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 BDG) für verwirkt hielt. Vor allem aber beging der Beklagte den Kollegendiebstahl am 13. Dezember 2002 nicht einmal ein halbes Jahr nach Beendigung des ersten Disziplinarverfahrens.

24

Als durchgreifende Entlastungsgründe kommen vor allem die Milderungsgründe in Betracht, die in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts zu den Zugriffsdelikten entwickelt worden sind. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 31 § 108 abs. 1 vwgo nr. 50>).

25

Unter Geltung der Bemessungsvorgaben gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ist es nicht mehr möglich, diese Milderungsgründe als abschließenden Kanon der bei Zugriffsdelikten allein beachtlichen Entlastungsgründe anzusehen (vgl. Urteil vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 262 ff. bzw. S. 8 f., seitdem stRspr). Vielmehr gelten auch hier die dargestellten Anforderungen an die prognostische Gesamtwürdigung. Demnach dürfen entlastende Gesichtspunkte bei Zugriffsdelikten nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil sie für das Vorliegen eines solchen Milderungsgrundes ohne Bedeutung sind oder nicht ausreichen, um dessen Voraussetzungen - im Zusammenwirken mit anderen Umständen - zu erfüllen. Die Milderungsgründe bieten jedoch Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Generell gilt, dass deren Gewicht umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 32 § 108 abs. 1 vwgo nr. 50>).

26

Einen Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt die tätige Reue dar, wie sie durch die Offenbarung des Fehlverhaltens oder die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 23). Der anerkannte Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung greift nicht ein, wenn der Beamte das Dienstvergehen deshalb offenbart, weil er damit rechnet, dass gegen ihn ermittelt wird. Durch die freiwillige Offenbarung zeigt der Beamte, dass er sein Fehlverhalten bereut und aus innerer Einsicht entschlossen ist, sich künftig rechtstreu zu verhalten. Sein Persönlichkeitsbild im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG erscheint in einem günstigeren Licht, sodass die Erwartung gerechtfertigt ist, die von ihm verursachte Ansehensschädigung könne wettgemacht werden. Mit dem Zweck des Milderungsgrundes der freiwilligen Offenbarung lässt sich nicht vereinbaren, den in die Tat umgesetzten Persönlichkeitswandel generell für unbeachtlich zu erklären. Vielmehr führt die Umkehr des Beamten aus freien Stücken selbst bei schwerwiegenden innerdienstlichen Pflichtenverstößen regelmäßig zur Bestimmung einer Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme. Dies gilt nur dann nicht, wenn dem Milderungsgrund erschwerende Umstände von ganz erheblichem Gewicht gegenüberstehen (zum Ganzen zuletzt: Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18, jeweils ab Rn. 37 m.w.N.).

27

Einer Selbstanzeige, die der Beamte aus Furcht vor Entdeckung abgibt, kommt naturgemäß ein geringeres Gewicht als einer freiwilligen Offenbarung zu. Hier muss davon ausgegangen werden, dass der Beamte weniger aus innerer Einsicht als vielmehr in dem Bestreben tätig wird, die nachteiligen Folgen seines Fehlverhaltens so gering wie möglich zu halten. Daher hängt es vom Hinzutreten weiterer, dem Persönlichkeitsbild zuzuordnenden mildernden Umständen ab, welches Gewicht diesem Verhalten beizumessen ist. Dieses Gewicht erhöht sich, wenn der Beamte nach der Selbstanzeige aus Furcht vor Entdeckung den Schaden alsbald ausgeglichen hat. Gleiches gilt, wenn der Beamte durch seine Mitwirkung die Aufklärung des Dienstvergehens ermöglicht oder erheblich vereinfacht hat (zum Ganzen: Urteil vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 38 f. m.w.N.).

28

Danach ist das hier vom Beklagten gezeigte Verhalten nicht unbeachtlich, auch wenn es nicht den anerkannten Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung erfüllt. Zwar war bereits die Tat entdeckt, der Täter war aber noch nicht ermittelt worden, als sich der Beklagte dem geschädigten Kollegen gegenüber offenbart hat. Insofern ist von Bedeutung, dass durch die Mitwirkung des Beamten die Aufklärung des Dienstvergehens vereinfacht wird. Dies ist bei einem Geständnis zu einem frühen Zeitpunkt, d.h. bevor die vom Berufungsgericht aufgezeigten Ermittlungsmaßnahmen bereits angelaufen sind, der Fall. Der Beklagte hat außerdem den Schaden "alsbald" ausgeglichen und sich beim Geschädigten entschuldigt. Er hatte das Geld noch vor der Aufdeckung seiner Täterschaft zurückgesandt. Dies alles lässt sein Persönlichkeitsbild im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG in einem günstigeren Licht erscheinen.

29

c) Nach alledem hält es der Senat für erforderlich, aber noch ausreichend, den Beklagten in das Eingangsamt seiner Laufbahn, d.h. um zwei Ämter, zurückzustufen.

30

Die Schwere des Kollegendiebstahls indiziert die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht, weil dem Beklagten der Milderungsgrund der Geringfügigkeit der entwendeten Sache zugute kommt. Demnach käme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur in Betracht, wenn die außerdienstliche Bedrohung, die als Vorbelastung zum Nachteil des Beklagten in die Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG einzubeziehen ist, nicht durch das ihm gut zu bringende Nachtatverhalten kompensiert wird. Wie dargelegt, ist die Vorbelastung erheblich. Dies folgt aus der als angemessen erachteten Kürzung der Dienstbezüge und dem engen zeitlichen Zusammenhang mit der neuerlichen gravierenden Dienstpflichtverletzung.

31

Dem steht gegenüber, dass der Beklagte den Geldschein zurückgegeben und sich später gegenüber dem Geschädigten offenbart hat, bevor die Tat entdeckt war. Zwar reicht dies nicht aus, um den anerkannten Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung zu erfüllen. Das Verhalten lässt jedoch Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes erkennen, die die Einschätzung rechtfertigen, das Vertrauen, der Beklagte werde sich künftig inner- und außerdienstlich einwandfrei verhalten, sei noch nicht zerstört, sondern nur stark erschüttert.

32

Der Senat gewichtet damit das Nachtatverhalten anders als das Berufungsgericht, das mildernden Umständen außerhalb des Anwendungsbereichs der freiwilligen Offenbarung eine zu geringe Bedeutung beigemessen hat. Die Verwaltungsgerichte müssen bei der Gesamtwürdigung offen dafür sein, dass mildernden Umständen im Einzelfall auch dann ein beachtliches Gewicht für die Maßnahmebemessung zukommen kann, wenn sie zur Erfüllung eines so genannten anerkannten Milderungsgrundes nicht ausreichen. Sie dürfen nicht als nebensächlich oder geringfügig zurückgestellt werden, ohne dass sie in Bezug zur Schwere des Dienstvergehens und belastenden Gesichtspunkten gesetzt werden.

33

2. Der Zurückstufung um ein Amt, die hier wegen der unangemessen langen Dauer des Disziplinarverfahrens angemessen ist, steht nicht das Verschlechterungsverbot nach §§ 129, 141 Satz 1 VwGO entgegen, das nach § 3 BDG auch für Disziplinarklageverfahren gilt. Es wirkt sich als Beschränkung der grundsätzlich uneingeschränkten Befugnis des Rechtsmittelgerichts aus, die Disziplinarmaßnahme zu bestimmen (vgl. Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - a.a.O. Rn. 24). Das Rechtsmittelgericht darf nach §§ 129, 141 Satz 1 VwGO nur eine Disziplinarmaßnahme festsetzen, die sich innerhalb des Rahmens hält, der durch den Antrag des Rechtsmittelführers bestimmt wird (§ 64 Abs. 1 Satz 4 BDG).

34

Zwar konnte unter der Geltung der Bundesdisziplinarordnung aufgrund des Verweises in § 25 Satz 1 BDO auf die Vorschriften der Strafprozessordnung auch bei zu Lasten des Beamten eingelegten Berufungen des Bundesdisziplinaranwalts zugunsten des Beamten entschieden werden (vgl. § 301 StPO; dazu z.B. Urteil vom 11. März 1997 - BVerwG 1 D 68.95 - juris Rn. 7). Dies ist aber nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes nicht mehr möglich. Das Bundesdisziplinargesetz hat das Disziplinarrecht verfahrensrechtlich von der Bindung an das Strafprozessrecht gelöst und stattdessen eng an das Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht angelehnt (BTDrucks 14/4659, S. 33). Sinnfällig wird dies durch die Streichung des § 25 BDO und die zeitgleiche Einfügung der Verweisung in § 3 BDG auf die ergänzend anzuwendenden Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung. Auf Regelungen der Strafprozessordnung wird nur noch punktuell in den Fällen verwiesen, in denen auf sie nicht verzichtet werden kann (BTDrucks 14/4659 S. 34 f.; vgl. zum Ganzen auch Urteil vom 24. September 2009 - BVerwG 2 C 80.08 - BVerwGE 135, 24 = Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 4, jeweils Rn. 15).

35

Vorliegend hat nur die Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt, das den Beklagten um zwei Ämter zurückgestuft hatte. Allerdings ist hier eine Durchbrechung des Verschlechterungsverbots zugunsten des Beklagten geboten, um den Vorgaben von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten (EMRK) Rechnung zu tragen. Die unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens muss zu einer Herabsetzung der Disziplinarmaßnahme auf eine Zurückstufung um ein Amt führen.

36

Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird.

37

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dessen Rechtsprechung über den jeweils entschiedenen Fall hinaus Orientierungs- und Leitfunktion für die Auslegung der EMRK hat, entnimmt Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK einen Anspruch auf abschließende gerichtliche Entscheidung innerhalb angemessener Zeit. Die Angemessenheit der Dauer des Verfahrens ist aufgrund einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Schwierigkeit des Falles, des Verhaltens der Parteien, der Vorgehensweise der Behörden und Gerichte sowie der Bedeutung des Verfahrens für die Parteien zu beantworten. Dies gilt auch für Disziplinarverfahren. Sie müssen innerhalb angemessener Zeit, d.h. ohne schuldhafte Verzögerungen, unanfechtbar abgeschlossen sein. Dabei sind behördliches und gerichtliches Verfahren als Einheit zu betrachten (vgl. nur EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 - NVwZ 2010, 1015 <1017>).

38

Für die innerstaatlichen Rechtsfolgen einer unangemessen langen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK ist zu beachten, dass diese Bestimmung nur Verfahrensrechte einräumt. Diese dienen der Durchsetzung und Sicherung des materiellen Rechts; sie sind aber nicht darauf gerichtet, das materielle Recht zu ändern. Daher kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtsstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Vielmehr kann sie für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der entscheidungserheblichen materiellrechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist das Gebot der konventionskonformen Auslegung im Rahmen des methodisch Vertretbaren zu berücksichtigen (Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - a.a.O. Rn. 50; Beschluss vom 16. Mai 2012 - BVerwG 2 B 3.12 - NVwZ-RR 2012, 609 Rn. 12).

39

Daraus folgt für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme nach einem unangemessen lange dauernden Disziplinarverfahren:

40

Ergibt die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG, dass wegen eines schwerwiegenden Dienstvergehens die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, so lässt sich der Verbleib im Beamtenverhältnis allein aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Integrität des Berufsbeamtentums und der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen es aus, dass ein Beamter, der durch gravierendes Fehlverhalten im öffentlichen Dienst untragbar geworden ist, weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn hoheitliche Befugnisse ausüben kann, weil das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Das von dem Beamten zerstörte Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf und damit auch nicht durch eine verzögerte disziplinarrechtliche Sanktionierung schwerwiegender Pflichtenverstöße wiederhergestellt werden.

41

Ergibt die Gesamtwürdigung dagegen, dass eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme ausreichend ist, steht fest, dass der Beamte im öffentlichen Dienst verbleiben kann. Hier kann das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis gemindert sein, weil die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile positiv auf den Beamten eingewirkt haben. Unter dieser Voraussetzung kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden (zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - BVerfGE 46, 17 <28 f.>; Kammerbeschluss vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - DVBl 2006, 1372 <1373>; BVerwG, Urteile vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - juris Rn. 80, vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 27 und vom 29. März 2012 - BVerwG 2 A 11.10 - juris Rn. 84 f.; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 8, vom 26. August 2009 - BVerwG 2 B 66.09 - juris Rn. 11, vom 16. Mai 2012 a.a.O. Rn. 9 f. und vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - a.a.O. Rn. 53 f.).

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Da nach der Gesamtwürdigung der Beklagte im Dienst verbleibt, ist nach diesen Maßstäben die unangemessen lange Verfahrensdauer von mittlerweile über 11 1/2 Jahren zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Die Verfahrensverzögerungen beruhten nicht auf einem Verhalten des Beamten, sondern auf der Behandlung des Verfahrens durch die Gerichte und sind daher als unangemessen anzusehen. Es liegt auf der Hand, dass die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile bei einer dermaßen langen Verfahrensdauer zu einer erheblichen Belastung des Beklagten geführt und positiv auf ihn eingewirkt haben. Eine bloße Verkürzung des Beförderungsverbots nach § 9 Abs. 3 BDG genügt nicht, um diese Belastungen auszugleichen, sondern bei der Maßnahmebemessung ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von einer Zurückstufung um zwei Stufen auf eine solche um nur eine Stufe zurückzugehen.

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Das Verschlechterungsverbot nach §§ 129, 141 Satz 1 VwGO, § 3 BDG hindert die Berücksichtigung einer unangemessenen langen Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme zugunsten des Beamten nicht, wenn sie erst nach Ablauf einer Rechtsmittelfrist eintritt. Hier kann dem Beamten nicht zum Nachteil gereichen, dass er eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme akzeptiert hat. Er konnte bei seiner Entscheidung, kein Rechtsmittel einzulegen, nicht wissen, dass sich die verhängte Maßnahme wegen der Dauer des vom Dienstherrn betriebenen Rechtsmittelverfahrens als überzogen erweisen würde. In derartigen Fällen ist es nicht nur konventionsrechtlich, sondern auch verfassungsrechtlich geboten, eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot und der dadurch herbeigeführten Teilrechtskraft zuzulassen.

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Der Schutz vor unangemessen langer Verfahrensdauer ist nicht nur im Konventionsrecht verankert, er folgt auch aus dem Recht auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Daraus folgt, dass der Ablauf und insbesondere die Dauer des Disziplinarverfahrens wegen ihrer Auswirkungen auf den Beamten bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme in den Blick genommen werden müssen, wenn das materielle Disziplinarrecht dies zulässt (zur Berücksichtigung rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen im Strafverfahren vgl. zuletzt BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. April 2013 - 2 BvR 2567/10 - juris Rn. 16; vgl. auch Kammerbeschluss vom 21. Januar 2004 - 2 BvR 1471/03 - BVerfGK 2, 239 Rn. 29, 31; stRspr).

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Eine unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens vermindert das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis, weil anzunehmen ist, dass das Verfahren selbst den Betroffenen belastet. Die nachteiligen Wirkungen können der Sanktion gleichkommen (vgl. speziell zum Disziplinarverfahren BVerfG, Beschlüsse vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - BVerfGE 46, 17 <29>, vom 8. September 1993 - 2 BvR 1517/92 - NVwZ 1994, 574 und vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - BVBl 06, 1372). In Folge des Zeitablaufs veränderte Lebensumstände können Wirkungen, die von einer staatlichen Sanktion für das künftige Leben des Betroffenen zu erwarten sind, verstärken.

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Im vorliegenden Fall musste der Beklagte nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils nicht damit rechnen, dass es anschließend noch fast neun Jahre bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung dauern würde. Für ihn bestand auch kein Anlass, selbst ein Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Entscheidung einzulegen, weil zum damaligen Zeitpunkt die auf eine Zurückstufung in das Eingangsamt lautende Bemessungsentscheidung nicht zu beanstanden war.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.