Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 18. März 2015 - 16a D 14.755

bei uns veröffentlicht am18.03.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der 19... in E. geborene Beklagte beendete seine Schullaufbahn 1976 mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluss. Anschließend absolvierte er eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker bei der II. Bereitschaftspolizeiabteilung in E. Zum 1. Oktober 1979 trat er als Polizeiwachtmeisteranwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Polizeidienst ein. Mit Wirkung zum 1. Oktober 1980 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister und zum 1. Februar 1983 - nach Bestehen der Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „befriedigend“ (3,50) - zum Polizeihauptwachtmeister ernannt. Mit Wirkung vom 1. Februar 1985 folgte die Ernennung zum Polizeimeister. Zum 7. Januar 1986 wurde der Beklagte in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und mit Wirkung vom 1. Februar 1988 zum Polizeiobermeister, mit Wirkung vom 1. April 1994 zum Polizeihauptmeister und mit Wirkung vom 1. Oktober 2003 zum Polizeihauptmeister mit Amtszulage ernannt.

Im Jahr 2001 erkrankte der Beklagte an Krebs. Aufgrund der Folgewirkungen wurde ihm zunächst durch das Versorgungsamt München II die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX zuerkannt und ein Grad der Behinderung von 60 festgestellt, der mit Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Region Oberpfalz, Versorgungsamt vom 10. Januar 2010 auf einen Grad von 40 reduziert wurde. Mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 28. September 2012 wurde der Beklagte gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Seit April 1998 bis zu seiner Suspendierung verrichtete der Beklagte Dienst als Wach- und Streifenbeamter bei der zum Polizeipräsidium Mittelfranken gehörenden Polizeiinspektion W./Bayern. Er ist verheiratet und Vater von zwei 1994 und 1996 geborenen Kindern. Er bezieht gekürzte monatliche Einkünfte aus der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage.

In seiner letzten periodischen Beurteilung 2008 erhielt der Beklagte 6 Punkte.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit 27. September 2011 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011 (Az. Cs 1061 Js 5159/11) wurde der Beklagte wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen à je

[50],- Euro verurteilt.

Im Strafbefehl wurden folgende Feststellungen getroffen:

„Am 11. Dezember 2010 wurde dem Geschädigten O. M. im Raum W. sein Fahrrad der Marke Centurion Cross Line 300 RH 55 08 mit der Rahmennummer P7LWUO354 entwendet. Es gelangte dann als Fundsache zur Polizeiinspektion W. Der Beklagte war als Polizeibeamter der Polizeiinspektion W. u. a. mit der Bearbeitung von Fahrraddiebstählen und Fahrradfunden befasst und dokumentierte am 12. Januar 2011 diesen Fahrradfund unter Angabe der o.g. Rahmennummer im Polizeisystem.

Das dem Geschädigten M. am 11. Dezember 2010 entwendete Fahrrad war zu diesem Zeitpunkt unter der Rahmennummer PLWUO354 zur Fahndung ausgeschrieben, nachdem bei der Anzeigenerstattung ein Schriftstück des Fahrradhändlers vorgelegt wurde, auf dem diese Rahmennummer notiert war.

Die fahndungsmäßige Überprüfung des Fundrades durch den Beklagten ergab aufgrund der von ihm nicht zu verantwortenden Abweichung in einer Ziffer der Rahmennummer keine Übereinstimmung mit der bestehenden Sachfahndung. Es befand sich kein Asservatenzettel am Fahrrad.

Nachdem dem Beklagten damit nach ordnungsgemäßer Vorgangsbearbeitung formal eine Zuordnung nicht möglich gewesen war, wurde von ihm dokumentiert, das Fahrrad zum Fundamt gebracht zu haben. Dies erfolgte jedoch nicht. Eine Fundanzeige bzw. Übergabebestätigung liegt nicht vor. Der Beklagte nahm das Fahrrad nach Hause, um es seinem Sohn zum Geburtstag zu schenken. Mit seinem Wissen (und Wollen) wurde es am 13. Juni 2011 bei einer Internetauktion in eBay unter dem Account „85michl“, der seiner Ehefrau zugeordnet ist, zum Verkauf angeboten, da der Sohn das Fahrrad nicht behalten wollte.

Das Fahrrad hatte einen Wert von mindestens 230,- Euro. Obwohl der Beklagte wusste, dass er verpflichtet gewesen wäre, das Rad wieder zurückzugeben, behielt er es für sich und verfügte darüber wie ein Eigentümer.“

III.

Mit sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 22. Juni 2011 ordnete das Polizeipräsidium Mittelfranken gegenüber dem Beklagten ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte an, nachdem gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war. Mit Schreiben gleichen Datums des Polizeipräsidiums Mittelfranken wurde im Hinblick auf diesen Vorwurf wegen Verstoßes gegen die Pflicht, die Gesetze einzuhalten und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG eingeleitet und aufgrund der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt. Das Disziplinarverfahren wurde vom Polizeipräsidium M. mit Schreiben vom 29. November 2011 übernommen und nach Abschluss des Strafverfahrens fortgesetzt. Mit Schreiben der Disziplinarbehörde vom 20. März 2012 wurde dem Beklagten die Gelegenheit zur abschließenden Äußerung gegeben, von der der Beklagte mit Schreiben vom 27. April 2012 Gebrauch machte. Gleichzeitig beantragte er die Beteiligung der Personal- und Schwerbehindertenvertretung. Diese wurden mit Schreiben des Polizeipräsidiums vom 13. August 2012 beteiligt.

Mit Schreiben vom 29. August 2012 äußerte sich der Personalrat beim Polizeipräsidium Mittelfranken und erhob gegen die Erhebung der Disziplinarklage keine Einwände. Allerdings wurde mitgeteilt, dass eine disziplinarrechtliche Ahndung unterhalb der Höchstmaßnahme einstimmig für ausreichend erachtet werde, da nach Auffassung des Personalrats die entlastenden Faktoren nicht umfänglich in die Entscheidung miteinbezogen worden seien.

Mit Bescheid des Polizeipräsidiums M. vom 4. April 2012 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und 25 Prozent seiner Dienstbezüge einschließlich der jährlichen Sonderzuwendung einbehalten.

IV.

Am 7. Dezember 2012 erhob das Polizeipräsidium M. Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Grundlage hierfür war der Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011, in dem gegen den Beklagten wegen Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB eine Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen à je 50,- Euro verhängt worden war.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2013 wurde der Beklagte wegen eines Dienstvergehens in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) zurückgestuft. Das Gericht halte die dem Beklagten zur Last gelegten Vorfälle für erwiesen. Diese würden die verhängte Disziplinarmaßnahme im tenorierten Umfang rechtfertigen. Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit lägen nicht vor und seien auch nicht vorgetragen. Die Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache stelle grundsätzlich ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen dar und sei nach den Grundsätzen zu bewerten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten. Hier stehe regelmäßig die Höchstmaßnahme im Raum, Ausnahmen hiervon könnten nur in engen Grenzen zugelassen werden. Vorliegend würde eine Reihe von Umständen für die Annahme sprechen, dass es sich um eine Kurzschlusstat des Beklagten handle, der sich sonst stets einwandfrei geführt habe. In dieser Hinsicht sei zunächst bedeutsam, dass es sich bei dem unterschlagenen Gegenstand um ein - zum Zeitpunkt der Tat einem bekannten Eigentümer nicht zuordenbares - Fundfahrrad gehandelt habe, das letztlich bei normalem weiteren Geschehensablauf im Rahmen einer Fundversteigerung mit voraussichtlich nicht dem wahren Wert entsprechenden Erlös versteigert worden wäre. Dieser Umstand sei aus Sicht des Gerichts nachvollziehbar dazu geeignet gewesen, das Unrechtsbewusstsein des Beklagten im Sinne eines „Augenblickversagens“ zu mindern, auch wenn ihm bewusst gewesen sei, dass das Fahrrad nicht wertlos gewesen sei. Diese Einschätzung dränge sich umso mehr auf, weil es sich bei dem Beklagten nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck ganz offensichtlich um eine einfach strukturierte Persönlichkeit handle, die zudem erkennbar unter dem Einfluss der selbstbewussten Ehefrau stehe. Entgegen der Auffassung der Klägerseite lasse sich aus dem anschließenden Verhalten des Beklagten, insbesondere dem Versuch, das Fahrrad per ebay zu verkaufen, nicht zwingend schließen, dass er jedenfalls nachträglich die Unrechtmäßigkeit seiner Tat in vollem Umfang erkannt habe. Auch insoweit sei zugunsten des Beklagten beachtlich, dass er diesen Verkaufsversuch nicht selbst initiiert, sondern die diesbezüglichen Bemühungen seiner Ehefrau eher „erduldet“ habe. Diese Besonderheiten des Geschehensablaufs in Verbindung mit den Persönlichkeitsmängeln rechtfertigten es aus Sicht des Gerichts, im vorliegenden Einzelfall unter dem Gesichtspunkt eines einmaligen kurzschlussartigen Versagens ausnahmsweise von der an sich verwirkten Höchstmaßnahme abzusehen. Aufgrund der gleichwohl verbleibenden Schwere der Verfehlung sei es jedoch nicht vertretbar, den Beklagten in seinem bisherigen Beförderungsamt zu belassen. Vielmehr sei er in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt, und zwar in das Amt eines Polizeiobermeisters, zu versetzen. Diese Disziplinarmaßnahme, die sich im Rahmen der obergerichtlichen Rechtsprechung halte, sei nicht zuletzt wegen ihrer Außenwirkung geeignet, dem Beklagten und seiner Umgebung nachdrücklich vor Augen zu führen, wie schwer sein Dienstvergehen zu werten sei.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 7. März 2014, am 2. April 2014 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Im Rahmen der Berufungsbegründung wurde vorgetragen, dass das Verwaltungsgericht das ihm bei der Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme zustehende Entscheidungsermessen nicht fehlerfrei ausgeübt habe und das Dienstvergehen des Beamten zu seiner Entfernung aus dem Dienst führen müsse. Der Beklagte habe das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren, sein weiterer Verbleib im Dienst sei nicht hinnehmbar. Vorliegend sei weder ein von der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund zu erkennen noch lägen in der Persönlichkeit des Beamten besondere Umstände vor, die bei prognostischer Gesamtwürdigung das Bestehen eines Restbestands an Vertrauen rechtfertigen würden. An einer plötzlich entstandenen Versuchungssituation, in der der Beamte situationsbedingt versagt habe, fehle es vorliegend. Der Beklagte habe das Fahrrad während seiner Dienstzeit von seiner Dienststelle, an der sich regelmäßig noch weitere, vergleichbare Fundsachen befänden, an sich genommen und in seine Privatwohnung verbracht. Er habe damit bei der Ausübung einer ihm anvertrauten Tätigkeit, nämlich beim alltäglichen Umgang mit aufgefundenen Gegenständen, versagt. Es sei wesentlich erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beklagte als Polizeivollzugsbeamter auch dienstlich mit der Sachbearbeitung von Fundgegenständen befasst gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehöre zur einmaligen Gelegenheitstat ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität. Auch hieran fehle es aufgrund der durchdachten Vorgehensweise des Beklagten. Das Fahrrad habe sich bereits ein halbes Jahr in polizeilicher Verwahrung befunden als der Beklagte es planvoll, überlegt und vorsätzlich an sich genommen habe, um es seinem Sohn zu schenken; überdies habe er auch noch einen Vermerk für die Akten angefertigt, aus dem sich ergebe, dass er das Fahrrad zum Fundamt gebracht habe. Ein einmaliges, von außen auf seine Willensbildung einwirkendes Ereignis, das ihn in die Versuchung hätte bringen können, sich an dem Fahrrad zu vergreifen, habe nicht vorgelegen. Solche Gründe seien auch nicht vorgetragen worden. Die Annahme einer Augenblickstat werde auch dadurch weitgehend entwertet, dass der Beklagte an seinem Entschluss, das Fahrrad zu behalten, festhielt, obwohl sein Sohn dieses nicht haben wollte. Er hätte dies auch zum Anlass nehmen können, seine Tat zu überdenken und das Fahrrad zurückzubringen.

Auch die weiteren, vom Verwaltungsgericht ausgeführten Bemessungsgesichtspunkte würden es nicht gebieten, von einer Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen. Dem Kläger erschließe es sich nicht, wie es zu einer Minderung des Unrechtsbewusstseins führen könne, dass das Fahrrad im Rahmen einer Fundversteigerung wahrscheinlich unter seinem Wert von 230,- Euro versteigert worden wäre. Hierbei sei anzunehmen, dass das Fahrrad auch in diesem Rahmen deutlich die von der Rechtsprechung angenommene Geringwertigkeitsgrenze von ca. 50,- Euro überschritten hätte, so dass der Wert des Fahrrads keinen Milderungsgrund in Form der Geringwertigkeit begründen könne. Im Übrigen würden Fundgegenstände in der Regel unter ihrem tatsächlichen Warenwert versteigert. Dies könne aber nicht regelmäßig zu einer generellen Minderung des Unrechtsbewusstseins bei Unterschlagung von Fundsachen führen. Eine Fundunterschlagung durch einen in diesem Aufgabenfeld tätigen Polizeibeamten sei geeignet, das Ansehen des Beamten und der Beamtenschaft in ganz erheblichem Maße zu beeinträchtigen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe die Unrechtmäßigkeit seiner Tat eventuell nicht in vollem Umfang erkannt, ihm sei zugute zu halten, dass er unter dem Einfluss seiner selbstbewussten Ehefrau stünde, die das Fahrrad bei eBay eingestellt habe, könnten ebenfalls ein Abrücken von der Höchstmaßnahme nicht rechtfertigen. Im Hinblick auf seinen Status und seine dienstliche Befassung mit Fundgegenständen sei dem Beklagten sehr wohl bewusst gewesen, was er getan habe, als er das Fahrrad mit nach Hause genommen habe. Eine diesbezügliche Einwirkung der Ehefrau sei nicht erkennbar und könne deshalb nicht mildernd beim Entschluss des Beklagten hinsichtlich der Aneignung des Fahrrads berücksichtigt werden. Gleiches gelte für die wahrheitswidrige Dokumentation in der polizeilichen Vorgangsverwaltung, das Fahrrad zum Fundamt gebracht zu haben.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt im Schriftsatz vom 13. Mai 2014,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Rahmen der Abgabe des Rads an den Bauhof habe sich der Beklagte in einer Versuchungssituation befunden, hierbei sei es entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat gekommen.

Zum Zeitpunkt der Mitnahme des Fahrrads sei der Beklagte der festen Überzeugung gewesen, es handle sich hierbei um einen derelinquierten Gegenstand, dessen (ehemaliger) Eigentümer bzw. Besitzer angesichts des inzwischen verstrichenen Zeitraums offensichtlich kein Interesse mehr an einer Wiedererlangung habe. Den Wert habe er aufgrund der dargelegten Gegebenheiten als gering eingeschätzt. Eine Vorstellung vom tatsächlichen Wert habe er nicht gehabt. Dies belege auch die Tatsache, dass die Ehefrau des Beklagten das Fahrrad ohne Mindestgebot bei Ebay eingestellt habe. Nach eigener Aussage habe sie mit einem Erlös von maximal 40,-bis 50,- Euro gerechnet.

Es treffe auch nicht zu, dass eine Gelegenheitstat nur dann vorliege, wenn sie insgesamt ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität aufweise. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehe es der Annahme der Spontanität eines Tatentschlusses nämlich nicht entgegen, dass dieser konsequent, überlegt und planvoll ausgeführt werde. Eine Milderung komme auch dann in Betracht, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt habe und wenn die die Versuchung auslösende Situation geeignet sei, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontanität und Unüberlegtheit herbeizuführen. Angesichts des Fahrrads, das offenbar von niemandem vermisst worden sei, habe eine solche besondere Versuchungssituation bestanden. Im entscheidenden Augenblick habe der Beamte buchstäblich keine klaren Vorstellungen über die rechtlichen Folgen seiner Tat gehabt, die seiner Persönlichkeit fremd sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er stets ein untadeliges Verhalten an den Tag gelegt. Auch bei der Entgegennahme von Bargeld im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit sei die Abrechnung des Beklagten immer unverzüglich, korrekt und ohne Auffälligkeiten erfolgt. Dies würde auch von seinen Dienstvorgesetzten so bestätigt werden. Selbstverständlich könne nicht jede Unterschlagung eines Fundgegenstandes zu einer Minderung des Unrechtsbewusstseins führen, den vorliegenden Fall zeichneten aber sowohl im objektiven als auch im subjektiven Bereich Besonderheiten aus, die ihn von einer „normalen“ Fundunterschlagung abweichen ließen. Zu berücksichtigen sei hier sowohl das einem Eigentümer nicht zuordenbare Fahrrad, der lang verstrichene Zeitraum seit dem Auffinden und der Irrtum des Beklagten über den tatsächlichen Wert.

Der Senat hat am 18. März 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Ansbach, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht auf die Zurückstufung (Art. 10 BayDG) des Beklagten in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts .. Die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 8. September 2011 (Az. Cs 1061 Js 5159/11) sind zwar nicht bindend (Art. 63 Abs. 1, 55, 25 Abs. 1 BayDG), der Senat kann sie dennoch gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG seinem Urteil ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Der Beklagte hat den Sachverhalt, wie nachfolgend dargestellt, eingeräumt, so dass weitere Ermittlungen nicht veranlasst waren.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte entgegen seiner Dokumentation in der Vorgangsverwaltung ein bei der Polizei als Fundfahrrad verwahrtes - und tatsächlich als gestohlen gemeldetes - Fahrrad der Marke Centurion Cross Line 300 RH 55 08 mit der Rahmennummer P7LWUO354 nicht für die anschließende Verwertung zum Bauhof (Wertstoffhof) der Stadt W. verbracht hat. Stattdessen nahm der Beklagte das Fahrrad mit nach Hause, um es seinem Sohn zum Gebrauch zu überlassen. Da sein Sohn das Fahrrad nicht behalten wollte, wurde es von der Ehefrau des Beklagten mit seinem Wissen und Wollen bei einer Internetauktion in eBay zum Verkauf angeboten. Dort erzielte es einen Verkaufserlös von 229,- Euro. Der Beklagte hat sich deshalb einer Unterschlagung in Tateinheit mit Verwahrungsbruch gemäß §§ 246 Abs. 1, 133 Abs. 1 und 3, 52 StGB strafbar gemacht.

III.

Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen seine Pflichten, die Gesetze zu beachten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i. V. m. §§ 246, 133 Abs. 1 StGB) und sein Amt uneigennützig auszuüben (§ 34 Satz 2 BeamtStG), dienstliche Anordnungen auszuführen und allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG) sowie sich seinem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), verstoßen. Er hat damit ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Anhaltspunkte, die die Schuldhaftigkeit seines Handelns ausschließen könnte, wurden im Verfahren nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Der Senat ist zur Überzeugung gelangt, dass der Beklagte - auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbilds und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht endgültig verloren hat.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH, U.v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; U.v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974; U.v. 21.1.2015 - 16a D 13.1904, Rn. 82, 83 - jeweils in juris).

Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayBG ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass sich die aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (BVerwG, U.v. 3.5.2007 - 2 C 9/06; BVerwG, U.v.29.5.2008 - 2 C 59/07; BayVGH, U.v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; BayVGH, U.v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils in juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B.v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06; BVerfG (Kammer), B.v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01 - jeweils juris), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (st. Rspr. BVerwG, U.v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris; BayVGH, U.v. 21.1.2015 - 16a D 13.1094 - juris Rn. 89).

Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Sie sind bereits dann mit einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U.v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 - juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Ein Beamter begeht ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind. Die Einstufung als Zugriffsdelikt hängt nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt also nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat (BVerwG, U.v.8.4.2003 - 1 D 27/02; U.v.23.2.2012 - 2 B 143/11 - jeweils in juris).

Die Zueignung des Fundfahrrads durch den Beklagten ist somit disziplinarisch nach den Grundsätzen zu werten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten (BVerwG, U.v.17.3.1976 - 1 D 7.76; U.v. 21.7.1977 - 1 D 90.76; U.v. 13.10.1978 - 1 D 67.77; U.v. 28.11.1990 - 1 D 19.90; U.v. 27.1.1999 -1 D 10.98 - jeweils in juris). Die Unterschlagung einer dienstlich anvertrauten Fundsache stellt grundsätzlich ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen dar (BVerwG, U.v. 4.7.2000 - 1 D 33/99 - juris). Der Beklagte war dienstlich mit der Bearbeitung von Fundfahrrädern und gestohlenen Fahrrädern befasst. Die rechtwidrige Zueignung des Fahrrads erfolgte, als er dieses nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist dem Bauhof (Wertstoffhof) der Stadt W. zur weiteren Verwertung zuführen sollte. Ein Beamter, der sich amtlich anvertrautes oder zugängliches Gut zueignet, zerstört das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn und die für die Ausübung seines Amtes erforderliche Achtung regelmäßig so nachhaltig, dass er grundsätzlich nicht im Dienst verbleiben kann. Im Umgang mit öffentlichem oder amtlich anvertrautem Gut ist die Verwaltung auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist. Wer daher diese unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss nach ständiger Rechtsprechung der Disziplinargerichte grundsätzlich mit der Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O.). Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Maßnahmebestimmung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur in engen Grenzen zugelassen werden.

1. Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.

1.1 Der Senat geht nicht vom Vorliegen einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat aus. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts kann sich der Beklagte nicht auf den anerkannten Milderungsgrund des Handelns in einer besonderen Versuchungssituation berufen.

Dieser Milderungsgrund liegt vor, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen, besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt und dabei ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Unüberlegtheit und Spontanität gezeigt hat (z. B. BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O.; U.v. 15.3.1994 - 1 D 19.93 - juris). Er kommt nur in Betracht, wenn der Beamte unter dem Einfluss eines von außen auf die Willensbildung einwirkenden Ereignisses in Versuchung geraten wäre, sich in der vorgeworfenen Weise eigennützig zu verhalten (BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31/01 - juris Rn. 19).

Hiergegen spricht zum einen, dass der Umgang mit Fundfahrrädern zu den täglichen dienstlichen Obliegenheiten des Beklagten gehörte und gerade nicht geeignet war, für ihn eine plötzliche Versuchssituation darzustellen (anders BVerwG, U.v. 4.7.2000 a. a. O., in dem in der Entgegennahme von Fundsachen eine besondere Versuchungssituation für einen sonst mit dieser Aufgabe nicht betrauten Beamten gesehen wurde). Zum anderen begründen auch die Einlassungen des Beklagten zu seiner Motivlage keine besondere Versuchungssituation. Bei der vom Beklagten geschilderten häuslichen Auseinandersetzung mit dem Sohn am Vorabend der Tat ging es im Kern gerade darum, dass der Sohn kein neues Fahrrad haben wollte, sondern sein altes Rad noch als ausreichend erachtete. Insoweit kann auch dieser Umstand - abgesehen vom zeitlichen Abstand zwischen der häuslichen Auseinandersetzung und der Tat von mehreren Stunden (vgl. Sächs.OVG, U.v. 17.8.2009 - D 6 A 655/08) - eine besondere Versuchungssituation bzw. eine sog. „Augenblickstat“ nicht rechtfertigen.

1.2 Der Beklagte kann sich auch nicht auf den anerkannten Milderungsgrund der Geringwertigkeit des unterschlagenen Fahrrads berufen. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem Zugriffsdelikt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur indiziert, wenn der Wert des unterschlagenen Gegenstands die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigt (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 26.3.3014 - 2 B 100/13 - jeweils in juris), wobei die Schwelle hierfür bei 50,- Euro anzusetzen ist (BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; BVerwG, B. 22.9.2006 - 2 B 52.06; BVerwG, U.v. 11.6.2002 - 1 D 31.01 - jeweils in juris).

Für die Ermittlung des Werts ist grundsätzlich auf den objektiv - generalisierenden Verkehrswert zum Tatzeitpunkt abzustellen (s. Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 29. Auflage 2014, § 248a Rn. 7), das heißt subjektiv- spezielle Begebenheiten beim Geschädigten haben ebenso außer Betracht zu bleiben wie hypothetisch wertmindernde Kausalverläufe. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes kann es deshalb nicht darauf ankommen, ob das Fahrrad nach dem Vorbringen des Beklagten bei der angedachten Verwertung über den Bauhof (Wertstoffhof) höchstens 50,- Euro erzielt hätte. Abgesehen davon, dass diese Einschätzung sich als rein spekulativ darstellt, ist vielmehr im Rahmen der Ermittlung des Verkehrswerts der tatsächlich auf dem Markt über eine Versteigerung bei ebay erzielte Erlös in Höhe von 229,- Euro in den Blick zu nehmen. Allerdings kann hier im Hinblick auf die besondere, von vielen Zufälligkeiten abhängige Versteigerungssituation im Internet (Zeitpunkt des Verssteigerungsendes, Zahl der Interessenten, Anzahl der gleichwertigen, auf ebay eingestellten Fahrräder) bei der Festlegung des tatsächlichen Verkehrswertes durchaus ein Ab- oder Zuschlag von mindestens 10 - 15 Prozent des tatsächlich erzielten Verkaufserlöses in Betracht kommen, so dass der Senat vorliegend von einem Mindestverkehrswert von knapp unter 200,-. Euro ausgeht.

Das Vorbringen des Beklagten, er habe keine Vorstellung vom wahren Wert des unterschlagenen Fahrrads gehabt, vielmehr sei er von einem geringen Wert ausgegangen, da die Räder auf dem Bauhof in der Regel für 20,- bis 30,- Euro verkauft würden, vermag den Senat angesichts des guten Zustandes des damals vier Jahre alten Fahrrads mit einem Anschaffungspreis von 559,- Euro, den die in den Akten befindlichen Fotos durchaus erkennen lassen, nicht zu überzeugen. Hinzu kommt, dass der Beklagte über einen längeren Zeitraum dienstlich ausschließlich mit Fundfahrrädern und gestohlenen Fahrrädern befasst war und deshalb im Hinblick auf die Einschätzung des Werts von Fahrrädern gewisse Kenntnisse entwickelt haben dürfte. Selbst wenn sich der Beklagte jedoch über die Geringwertigkeit des unterschlagenen Fahrrads geirrt haben sollte, entfaltet dieser Irrtum als Irrtum über die Verfolgbarkeit der Tat - zumindest im Hinblick auf den anerkannten Milderungsgrund der Geringwertigkeit - keine Wirkung (s. Fischer, Kommentar zum StGB, 62. Auflage 2015, § 248 a, Rn. 6).

1.3. Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sog. anerkannter Milderungsgründe wie „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ oder das „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ bestehen nicht. Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U.v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470; BVerwG, B.v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - jeweils in juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

2. Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht es gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. belastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einem sog. Zugriffsdelikt zu entkräften. Jedenfalls kommt bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichem Gewicht hinzukommen. Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstands insgesamt 200,- Euro nicht erreicht (BVerwG, B.v. 26.3.20014 a. a. O. Rn. 7; U.v. 23.2.2012 - 2 C 38.10; B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11 - jeweils in juris).

Vorliegend ist von einem einmaligen Zugriffsdelikt des Beklagten auszugehen. Eine Überprüfung des ebay-Accounts ergab, dass keine weiteren Fahrräder vom Beklagten oder seiner Ehefrau versteigert wurden. Der Verkehrswert des Fahrrads kann mit knapp unter 200,- Euro angenommen werden (s. o. unter IV 1.3). Umstände von erheblichem Gewicht, die den Beklagten belasten würden, sind nicht ersichtlich. Einen solchen sieht der Senat auch nicht in der wahrheitswidrigen Dokumentation über den Verbleib des Fahrrads in der polizeilichen Vorgangsverwaltung, da sich abschließend - auch nach Vortrag des Klägers - nicht mehr klären lässt, ob diese vor oder nach seinem Tatentschluss erfolgte. Ebenso wenig ist dem Beklagten ein zusätzlicher Vorwurf dafür zu machen, dass er das Fahrrad nach Ablehnung durch den Sohn nicht zurückgebracht hat. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten, ihm sei aus Ärger über die Ablehnung des Sohnes egal gewesen, was mit dem Fahrrad geschehe und er habe die Frage seiner Ehefrau, ob sie das Rad bei ebay verkaufen könne, deshalb bejaht, sind zumindest nachvollziehbar. Einen über die eigentliche Unterschlagung hinausgehenden Unrechtsgehalt vermag der Senat in diesem Verhalten nicht zu sehen.

3. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Zurückstufung angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das Persönlichkeitsbild des Beamten führen noch nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Zwar erweisen sich die letzten Beurteilungen des Beklagten mit zweimal 6 Punkten (2005 und 2008), als eher unterdurchschnittlich und sein Persönlichkeitsbild (zuletzt vom 9.4.2013) deutet auf eine mangelbehaftete Sachbearbeitung hin. Diese sind aber - ebenso wie die teilweise hohen Fehlzeiten in der Vergangenheit - auch vor dem Hintergrund der schweren Erkrankung des Beklagten im Jahr 2001 zu sehen. Zudem wurden seine zuletzt gezeigten Leistungen trotz qualitativer Mängel als ansteigend bewertet (s. Schreiben der Polizeiinspektion W. vom 9.4.2013). Vorliegend ist auch zu berücksichtigen, dass durch das einmalige Zugriffsdelikt kein Schaden beim Dienstherrn entstanden ist und der Beklagte nicht in irgendeiner Form sonst strafrechtlich oder disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist. Die vorliegenden Entlastungsgründe waren in der Gesamtschau deshalb geeignet, den gegebenen Vertrauensverlust abzumildern. Der Senat geht insofern davon aus, dass der Beklagte künftig seine Dienstaufgaben pflichtgemäß erfüllen wird.

Die Maßnahme der Zurückstufung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entsprechend dem Sinn des Disziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu wahren ist es notwendig, die disziplinare Maßnahme zu wählen, die dem Gewicht des Dienstvergehens und dem dadurch eingetretenen Vertrauensschaden entspricht. Ins Verhältnis zu setzen sind die Schwere des Fehlverhaltens und der durch den Beamten veranlasste Vertrauensschaden. Hat beides, wie im vorliegenden Fall, erhebliches Gewicht, so ist der Nachteil, der für den Beamten durch die Disziplinarmaßnahme eintritt, nicht unverhältnismäßig. Er liegt in seinem persönlichen Verantwortungsbereich und ist seinem schuldhaften pflichtwidrigen Verhalten zuzurechnen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil ist mit seiner Zustellung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 VwGO).

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(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer Schriftstücke oder andere bewegliche Sachen, die sich in dienstlicher Verwahrung befinden oder ihm oder einem anderen dienstlich in Verwahrung gegeben worden sind, zerstört, beschädigt, unbrauchbar macht oder der dienstlichen Verfügung entzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Dasselbe gilt für Schriftstücke oder andere bewegliche Sachen, die sich in amtlicher Verwahrung einer Kirche oder anderen Religionsgesellschaft des öffentlichen Rechts befinden oder von dieser dem Täter oder einem anderen amtlich in Verwahrung gegeben worden sind.

(3) Wer die Tat an einer Sache begeht, die ihm als Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der 19... in I. geborene Beklagte steht als Polizeihauptmeister im Dienst des Klägers und war bis 22. April 2010 bei der PI I. tätig. Er ist in vierter Ehe verheiratet und hat zusammen mit seiner jetzigen Ehefrau zwei minderjährige Kinder, mit denen er in einem Haus lebt. Insgesamt ist er Vater von sieben Kindern, von denen er vieren unterhaltspflichtig ist. Er erhält derzeit um 5% gekürzte Dienstbezüge aus BesGr. A 9. Laut seinen Angaben beläuft sich sein aktueller Schuldenstand zusammen mit seiner jetzigen Ehefrau auf 200.000,- € aus einem Hauskauf, denen der Gegenwert von zwei Häusern gegenüber steht.

Der Beklagte schloss die Schulausbildung 1977 mit der mittleren Reife ab und wurde am 3. Oktober 1977 als Polizeipraktikant eingestellt. Am 2. Oktober 1978 erfolgte die Ernennung zum Polizeiwachtmeister unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf und am 1. März 1980 die Ernennung zum Polizeioberwachtmeister unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe. 1981 bestand er die Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfung Note 3,45 (Platz 362 von 789 erfolgreichen Prüfungsteilnehmern). Am 1. September 1982 wurde er zum Polizeihauptwachtmeister ernannt, am 1. März 1985 zum Polizeimeister. Mit Wirkung vom 16. April 1988 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und am 1. Januar 1991 zum Polizeiobermeister und sodann am 17. Dezember 1998 zum Polizeihauptmeister befördert. In seiner letzten dienstlichen Beurteilung 2008 erhielt er das Gesamtprädikat „7 Punkte“. Aufgrund des Disziplinarverfahrens wurde seine dienstliche Beurteilung für 2011 zurückgestellt.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich folgendermaßen in Erscheinung getreten:

1. Mit durch Verkündung rechtskräftigem Urteil des Landgerichts K. vom 15. November 2010 (3 Ns 400 Js 4788/10) wurde der Beklagte wegen sieben tatmehrheitlicher Fälle des vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots (§§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen á 20,- € verurteilt. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts S. vom 5. August 2010 (Cs 400 Js 4788/10) zugrunde:

„Der Angeklagte fuhr mit fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen, obwohl aufgrund eines Bußgeldbescheides des Regierungspräsidiums K. ein Fahrverbot bestand. Dies wusste der Angeklagte.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fahrten:

1. Am 26.01.2010 gegen 17:30 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz Opel Astra, Kennzeichen ...

2. Am 27.01.2010 gegen 8:15 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz VW-Bus, Kennzeichen ...

3. Am 29.01.2010 gegen 14:30 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz Audi A4, Kennzeichen ...

4. Am 30.01.2010 gegen 17:15 Uhr in I. mit dem PKW, Dienst-Kfz Opel Astra, Kennzeichen ...

5. Am 02.02.2010 gegen 16:45 Uhr in I. mit dem Pkw, Dienst-Kfz Audi A4, Kennzeichen ...

6. Am 03.02.2010 gegen 8:15 Uhr in I. mit dem PKW, Dienst-Kfz VW-Bus, Kennzeichen ...

7. Am 03.02.2010 gegen 12:00 Uhr in I. mit demselben PKW.“

2. Mit seit dem 3. Mai 2012 rechtskräftigem Urteil des Landgerichts K. vom 9. Januar 2012 (3 Ns 400 Js 6472/10) wurde der Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts S. vom 18. Januar 2011 (Ds 400 Js 6472/10) wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit Untreue (§§ 242 Abs. 1, 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die hiergegen eingelegte Revision des Beklagten wurde mit Beschluss des OLG M. vom 2. Mai 2012 (5 StR RR (II) 130/12) verworfen. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

„1.

Der Zeuge E. verrichtet seinen Dienst ebenfalls bei der PI I. Er ist mit dem Angeklagten seit der Schulzeit her bekannt. Der Zeuge E. lagerte in einem Schuppen im Gelände der PI I. saisonweise Reifen für seinen PKW BMW ein. Da er in der Wintersaison 2009/2010 vorwiegend mit einem Zweitwagen unterwegs war, hatte er seine Winterräder auf den BMW noch nicht aufgezogen und lagerte drei der Winterräder im besagten Schuppen ein. Es handelte sich dabei um Leichtmetallfelgen der Firma BMW zum Stückpreis von 250,- €, auf die ältere, aber noch gut profilierte Winterreifen aufgezogen waren. Ein viertes Rad lag anstelle des Notrades im Kofferraum.

Der Angeklagte fuhr bereits zu dieser Zeit an Wochenenden oder freien Tagen regelmäßig zu seiner Lebensgefährtin, wobei die einfache Fahrtstrecke ca. 540 km betrug. Nachdem Anfang Februar 2010 die Straßen schneeglatt waren und der Angeklagte über keine tauglichen Winterreifen verfügte, beschloss er, die vorerwähnten Räder zu entwenden und für eigene Zwecke zu verwenden. Er nahm die drei Räder mit zu sich nach Hause, zog dort zwei der Räder auf die Hinterachse seines eigenen BMW auf und fuhr damit in der Folgezeit herum.

Der Zeuge E. vermisste am 19.03.2010 seine Räder. Er glaubte zunächst an ein Versehen und fragte den Hausmeister B. nach dem Verbleib, der jedoch nichts wusste. Auch der Zeuge H., der den Hausmeister vertrat, wusste nichts vom Verbleib. Deshalb sandte der Zeuge E. am 20.03.2010 an alle Mitarbeiter der PI I. eine E-Mail mit der Frage nach dem Verbleib der Räder. Auch der Angeklagte erhielt diese E-Mail am nächsten oder übernächsten Tag, beantwortete sie jedoch nicht. Vielmehr montierte er daraufhin die zwei Winterräder wieder ab und lagerte sie in seiner Garage ein. Bis zum 22.03. war er noch mit seinem Fahrzeug mit den entwendeten Winterrädern täglich auf den Bedienstetenparkplatz der PI I. gefahren. Am 22.03.2010 fielen diese Räder daraufhin dem Wagenpfleger H. auf. Dieser erzählte am 23.03. auf seiner Dienststelle, dass er einen dunklen 3-er BMW mit solchen Rädern gesehen habe. Der Verdacht fiel erstmals auf den Angeklagten. Zu diesem Zeitpunkt war sein Fahrzeug aber nicht auf dem Parkplatz, zwei Beamte fuhren daher seine Heimatadresse an und bemerkten dort den PKW des Angeklagten, auf dem aber nunmehr andere Räder aufgezogen waren.

Am 09.04. erstattete der Zeuge E. daher Anzeige auf seiner Dienststelle wegen der Räder. Im Zuge der Ermittlungen wurde die Beobachtung des Zeugen H. bekannt, am 16.04. wurde für das Anwesen des Angeklagten ein Durchsuchungsbeschluss erwirkt, der dem Angeklagten bei Dienstantritt am 19.04.2010 eröffnet wurde. Er gab zu, die Reifen zu haben, anschließend wurde sein Wohnanwesen angefahren, dort gab er zwei der Räder aus seiner Garage heraus mit der Behauptung, sie seien nur geliehen. Das dritte Rad wies der Angeklagte in einer angrenzenden Werkstatt vor. Die Räder konnten dem Geschädigten E. daraufhin wieder ausgehändigt werden.

2.

Der Angeklagte wurde daraufhin sofort vom Dienst suspendiert, er wurde aufgefordert, seine Ausrüstungsgegenstände, u. a. auch nicht abgerechnetes Verwarnungsgeld, auszuhändigen. Der Dienststellenleiter W. begleitete den Angeklagten zu diesem Zweck in sein Büro. Daraufhin entnahm der Angeklagte aus seinem Schrank zwei Verwarnungsblöcke und begann damit, Verwarnungsbeträge in die Sammellisten nachzutragen. Auf die Frage nach dem Verwarnungsgeld antwortete der Angeklagte, darauf käme es jetzt auch nicht mehr an. Später holte der Angeklagte aus seiner Dienstjacke sechs Scheine á 50,- € und legte diese vor.

Der Angeklagte hat die eingenommenen Verwarnungsgelder nicht abgeliefert, sondern für eigene Zwecke gebraucht. Bis zur Suspendierung hatte der Angeklagte zwei Verwarnungsblöcke mit jeweils 25 Verwarnungszetteln. Ein Block umfasste gebührenpflichtige Verwarnungen bis 20,- €, der weitere Block bis 35,- €. Gemäß einer dienstlichen Weisung, die zur Verdeutlichung auf jedem Block aufgedruckt ist, sind die vereinnahmten Verwarnungsgelder abzurechnen:

1. Mindestens einmal monatlich,

2. wenn der Betrag von 250,- € erreicht ist,

3. spätestens jedoch, wenn der Block verbraucht ist.

Die Verwarnungsgelder und Verwarnungsblöcke sind durch den betreffenden Bediensteten nach Dienstende ausnahmslos in den dienstlich gelieferten Stahlfachschränken unter Verschluss zu halten, Kleiderschränke, Schreibtische, Aktentaschen und dergleichen sind keine geeigneten Aufbewahrungsorte. Verwarnungsgelder dürfen nicht mit privatem Geld vermischt werden. Während des Streifendienstes ist nur notwendiges Wechselgeld, höchstens 50,- € mitzuführen. Der verbleibende Restbetrag ist, wie oben erwähnt, aufzubewahren. Die Höhe der abzurechnen Verwarnungsgelder ist auf dem Abrechnungsblatt einzutragen. Bei Abrechnung der Verwarnungsgelder hat die Dienststelle den Erhalt gegenzuzeichnen. Nicht verbrauchte, verschriebene oder entwertete Verwarnungsbescheinigungen sind vollständig an die Dienststelle zurückzureichen. Dies war dem Angeklagten bekannt, er hielt sich jedoch in keiner Weise an die Anweisungen.

Die Handhabung erfolgt so, dass bei Erteilung einer gebührenpflichtigen Verwarnung ein entsprechender Vordruck abgerissen und ausgefüllt wird und sodann dieser Betrag auf dem verbleibenden Abrechnungsblatt eingetragen wird. Bereits dies unterließ der Angeklagte. Zuständigkeitsbedingt hatte der Angeklagte zunächst wenig mit gebührenpflichtigen Verwarnungen zu tun, weswegen Abrechnungen nur in größeren Abständen erfolgten. Der Zeuge E., der für die Abrechnungen zuständig war, verzichtete auf monatliche Abzeichnung, wenn überhaupt keine Verwarnung ausgestellt worden war, was beim Angeklagten über lange Zeit der Fall war.

Ab 01.09.2009 hatte der Angeklagte jedoch in der Tagschicht des Öfteren unter anderem mit Laser-Geschwindigkeitsmessungen zu tun, ab diesem Zeitpunkt fielen öfters gebührenpflichtige Verwarnungen an. Gleichwohl hatte der Angeklagte den Block mit den Verwarnungen bis 20,- € zuletzt am 17.11.2008 abgerechnet, den Block mit Verwarnungen bis zu 35,- € am 01.09.2009. Ab diesem Zeitpunkt waren bis zur Suspendierung am 19.04.2010 Verwarnungsgelder in Höhe von 640,- € aufgelaufen, die der Angeklagte weder in die Abrechnungsblätter eingetragen, noch abgerechnet oder abgeliefert hatte. Abzüglich der am 19.04. übergebenen 300,- € hat der Angeklagte bis heute 340,- € nicht abgeliefert. Dem Dienstherrn entstand hierdurch entsprechender Schaden zuzüglich Zinsschaden.“

Dem Beklagten wurde mit Beschluss vom 9. Januar 2012 zur Bewährungsauflage gemacht, binnen 1 Monat nach Rechtskraft des Urteils 340,- € Verwarnungsgelder an den Kläger zu zahlen. Auf Anforderung des Klägers vom 20. Juni 2012 zahlte der Beklagte den ausstehenden Betrag im Juli 2012 zurück.

3. Soweit dem Beklagten weiter zur Last gelegt worden war, unter Vortäuschung vorhandener Zahlungsfähigkeit in fünf sachlich zusammentreffendenden Fällen Leistungen einer Tierärztin in Anspruch genommen, aber nicht bezahlt zu haben und dadurch tatmehrheitlich einen Betrug begangen zu haben (§§ 263, 53 StGB), wurde das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.

III.

Am 22. April 2010 leitete das Polizeipräsidium S. aufgrund der strafrechtlich verfolgten Taten gegen den Beklagten gemäß Art. 19 Abs. 1 BayDG ein Disziplinarverfahren ein und setzte dieses gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayDG bis zum Abschluss des Strafverfahrens aus. Zugleich wurde mit sofortiger Wirkung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 BeamtStG ausgesprochen.

Der Beklagte wurde am 22. April 2010 vom Polizeipräsidium S. persönlich angehört. Er wurde nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayDG über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens informiert und nach Art. 22 Abs. 1 Satz 3 BayDG über seine Rechte im Disziplinarverfahren belehrt. Ihm wurde gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 2 BayDG eröffnet, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt werde. Dabei wurde er u. a. darauf hingewiesen, dass sich ein Fehlbetrag an Verwarnungsgeldern in Höhe von 340,- € ergeben habe. Der Beklagte erklärte, keine Angaben zu machen.

Am 26. April 2010 wurde das Disziplinarverfahren gemäß Art. 35 Abs. 3 BayDG vom Polizeipräsidium M. als Disziplinarbehörde übernommen.

Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 13. März 2012, dem Beklagten zugestellt am 16. März 2012, wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt und gemäß Art. 21 BayDG auf den Vorwurf der Verschuldung aufgrund von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen über insgesamt 28.610,37 € ausgedehnt. Der Beklagte erhielt Gelegenheit, sich dazu sowie zur beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung und Einbehaltung der Bezüge nach Art. 39 BayDG zu äußern. Die Frist wurde am 20. März 2012 telefonisch bis 1. Mai 2012 verlängert. Mit Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 2. Mai 2012 äußerte sich der Beklagte zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen.

Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 29. August 2012 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von 5% seiner Dienstbezüge angeordnet.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums M. vom 30. Oktober 2012 erhielt der Beklagte Gelegenheit zur abschließenden Äußerung binnen 1 Monat gemäß Art. 32 Satz 1 BayDG. Zudem wurde er über die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrats nach Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 BayPVG belehrt. Er äußerte sich nicht.

Am 6. Februar 2013 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Der Beklagte rügte innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG, die Pflicht zur abschließenden Anhörung nach Art. 32 Satz 1 BayDG sei verletzt worden, da im Schreiben vom 30. Oktober 2012 nicht dargelegt worden sei, welche Ermittlungen angestellt worden seien. Entgegen der Bestimmung des Art. 23 BayDG habe die Disziplinarbehörde nur Feststellungen zulasten des Beklagten getroffen und keine entlastenden Umstände ermittelt. Sie habe sich nur auf die Bewertung durch das Strafgericht und das Landesamt für Finanzen verlassen, ohne eigene Ermittlungen durchzuführen. Hinsichtlich der Ausdehnung des Disziplinarverfahrens wegen der Pfändungen sei dem Beklagten auch keine angemessene Äußerungsfrist eingeräumt worden. Das Disziplinarverfahren sei deshalb fehlerhaft und einzustellen.

Mit Urteil vom 25. Juni 2013, dem Bevollmächtigten des Beklagten zugestellt am 6. August 2013, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Disziplinarverfahren weise in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Der Beklagte sei zu allen Verfahrensschritten gehört worden. Die Frist zur Stellungnahme hinsichtlich der Pfändungen sei angemessen verlängert worden. Der Beklagte habe die Gelegenheit, sich abschließend zu äußern, aber nicht wahrgenommen. Auch die Klageschrift entspreche den Vorgaben der Art. 58, 53 Abs. 1 BayDG. Die dem Beklagten zur Last gelegten Dienstvergehen stünden zur Überzeugung des Gerichts fest. Aufgrund der Bindungswirkung der Strafurteile stehe fest, dass der Beklagte zwischen 27. Januar und 3. Februar 2010 siebenmal mit Dienstfahrzeugen gefahren sei, ohne im Besitz der Fahrerlaubnis zu sein, sowie, dass er drei Winterreifen eines Kollegen entwendet und Verwarnungsgelder vereinnahmt und nicht abgerechnet, sondern diese für sich persönlich verwendet habe. Aus den Akten folge, dass der Beklagte unstreitig auch Forderungen nicht beglichen habe. Durch die den strafrechtlichen Verurteilungen zugrunde liegenden Taten habe der Beklagte ein äußerst schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen begangen und die ihm obliegende Pflicht verletzt, die Gesetze zu beachten. Die Schulden stellten zwar eine außerdienstliche Pflichtverletzung dar, begründeten aber gleichfalls ein Dienstvergehen, da das Verhalten geeignet sei, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. In erster Linie falle ins Gewicht, dass der Beklagte ihm dienstlich anvertrautes Geld entwendet habe. Nahezu gleichwertig sei der Kollegendiebstahl zu bewerten. Dass der Beklagte das gegen ihn verhängte Fahrverbot missachtet habe und sogar mit Dienstfahrzeugen gefahren sei, sei ebenfalls sehr gravierend. Hinzu kämen die privaten Schulden, die zeigten, dass der Beklagte seine finanzielle Lage nicht im Griff habe. Der Diebstahl dienstlich anvertrauten Geldes stelle sich als ein Zugriffsdelikt dar, das disziplinarrechtlich den endgültigen Verlust des Vertrauens des Dienstherrn zur Folge habe. Gleiches gelte für den Kollegendiebstahl. Schon diese beiden Taten rechtfertigten die Entfernung aus dem Dienst. Auch der Verstoß gegen das Fahrverbot sei äußerst schwerwiegend. Wesentliche Milderungsgründe lägen nicht vor. Zugunsten des Beklagten sei zwar seine bisherige disziplinar- und strafrechtliche Unbescholtenheit zu würdigen. Der Beklagte habe sich 2009/2010 auch in einer schwierigen finanziellen und familiären Situation befunden. Die vom Beklagten verübten Dienstpflichtverletzungen, die ihre Ursache in einer persönlichen Krise und in der desolaten Finanzlage des Beklagten hätten, seien jedoch keine Folge einer Ausnahmesituation, und führten deshalb zum endgültigen Vertrauensverlust.

Der Beklagte hat hiergegen am 5. September 2013 Berufung einlegen lassen und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 25.06.2013 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen, hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

Die Berufung wurde mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 4. Oktober 2013 wie folgt begründet: Das Verwaltungsgericht sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, indem es die vom Strafgericht getroffenen Feststellungen zugrunde gelegt habe. Der Beklagte sei erst auf die Berufung der Staatsanwaltschaft vom Landgericht verurteilt worden, während er vom Amtsgericht noch freigesprochen worden sei. Dieses habe einen Diebstahl zulasten des Kollegen nicht als erwiesen angesehen, sondern sei nur von einem „furtum usus“ ausgegangen, weil sich der Beklagte die Reifen lediglich habe ausleihen wollen. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass die Reifen einem Kollegen gehörten. Dieser hätte dem Beklagten seine Reifen auch überlassen, wenn er ihn gefragt hätte. Der Kläger müsse sich fragen lassen, warum er die Lagerung privater Gegenstände auf dem Dienstgelände zugelassen und nicht unterbunden habe. Hinsichtlich der Abrechnung von Verwarnungsgeldern sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass selbst bei Vermischung mit privatem Geld ein diesbezüglicher Vorsatz fraglich sei. Insoweit habe es beim Beklagten auch nie Unregelmäßigkeiten gegeben. Der Vorgesetzte habe sich die Abrechnungsblöcke nur einmal im Jahr vorlegen lassen. Völlig aus der Luft gegriffen sei, dass der Beklagte die Verwarnungsgelder für eigene Zwecke verwendet habe. Hierzu seien keine Feststellungen getroffen worden. Mit der unterlassenen Abrechnung habe der Beklagte ggf. gegen dienstliche Weisungen verstoßen, aufgrund der jahrelang geduldeten vorschriftswidrigen Abrechnungspraxis sei dem Dienstherrn jedoch ein erheblicher Anteil hieran zuzuschreiben. Dieser habe dem Beklagten auch eine Abrechnung der Verwarnungsgelder verwehrt, indem er ihm die Blöcke weggenommen habe, bevor dieser den genauen Betrag feststellen und dem Notizblock in seinem Diensthemd hätte entnehmen können. Diesbezüglich gehe das Verwaltungsgericht von einem Diebstahl dienstlich anvertrauten Geldes aus, während der Beklagte vom Strafgericht wegen Untreue verurteilt worden sei. Da das Verwaltungsgericht darin die schwerste Verfehlung sehe, die zur Verhängung der Höchstmaßnahme führe, leide das Urteil daher an einem erheblichen Mangel. Bezüglich des Fahrverbots habe der Beklagte nicht vorsätzlich gehandelt, sondern dieses schlichtweg „verbummelt“.

Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht die für den Beklagten sprechenden erheblichen Milderungsgründe nicht zutreffend gewürdigt. Die dem Beklagten zur Last gelegten Pfändungen seien nur Folge einer vorübergehenden wirtschaftlichen Überforderung gewesen. Der Beklagte habe zwischen Ende 2009 und Ende 2010 das Ende seiner dritten Ehe, aus der vier Kinder hervorgegangen seien, verkraften müssen. Er habe sich deshalb zu dieser Zeit in einer psychischen und finanziellen Ausnahmesituation befunden. Infolge der Scheidung sei er über einen begrenzten Zeitraum hohe Zahlungsverpflichtungen eingegangen und so in eine unverschuldete ausweglose wirtschaftliche Notlage geraten. Er habe sich ständigen psychischen Anfeindungen seiner Ex-Ehefrau sowie finanziellen Forderungen von allen Seiten ausgesetzt gesehen. Dadurch habe sich bei ihm eine vorübergehende psychische Überlastung sowie Resignation ausgebreitet. Er habe in dieser Zeit insbesondere an Schlaflosigkeit und Konzentrationsschwächen sowie an einem Bandscheibenvorfall im HWS-Bereich gelitten. Er sei inzwischen eine neue Ehe eingegangen und habe seitdem seine privaten und wirtschaftlichen Verhältnisse wieder im Griff. Er lebe in einer stabilen Partnerschaft und pflege regelmäßige und gute Kontakte zu seinen Familien. Ein erneutes Fehlverhalten sei nicht mehr aufgetreten und auch zukünftig nicht zu besorgen. Das Persönlichkeitsbild des Beklagten sei ausgesprochen positiv, es handle sich bei ihm um einen „im Kern“ auch absolut verlässlichen Polizeibeamten.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 21. Januar 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Mit Beschluss vom 21. Januar 2015 hat der Senat das Disziplinarverfahren gemäß Art. 54 Satz 1 BayDG beschränkt und den Sachverhalt der Verschuldung als eigenes Dienstvergehen ausgeschieden.

Zu Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Dem Senat haben die Strafverfahrensakten sowie die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. und die Personalakten des Beklagten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht gemäß Art. 11 BayDG aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

Soweit der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren wegen behaupteter Verfahrensfehler die Einstellung des Disziplinarverfahrens beantragt hat, hat das Verwaltungsgericht zu Recht das Vorliegen formeller Mängel verneint.

Die Anhörungspflicht wurde nicht verletzt. Der Beklagte hatte vielmehr in sämtlichen Verfahrensstadien Gelegenheit, sich zu den gegenüber ihm erhobenen Vorwürfen zu äußern. So wurde er am 22. April 2010 durch das Polizeipräsidium S. angehört und nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 BayDG von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens informiert, ihm wurde auch gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 2 BayDG eröffnet, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt werde, er wurde weiter nach Art. 22 BayDG Abs. 1 Satz 3 über seine Rechte im Disziplinarverfahren belehrt. Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 13. März 2012, durch die das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren auf den Vorwurf der Verschuldung ausgedehnt wurde, erhielt er nach Art. 22 Abs. 2 Satz 1 BayDG Gelegenheit, sich hierzu bis 20. März 2012 zu äußern, diese Frist wurde am 20. März 2012 telefonisch nach Art. 22 Abs. 2 Satz 2 BayDG bis 1. Mai 2012 und damit jedenfalls angemessen verlängert. Mit Schreiben des Polizeipräsidiums M. vom 30. Oktober 2012 erhielt er nach Art. 32 Satz 1 BayDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung innerhalb einer angemessenen Frist von 1 Monat.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang rügt, dass die Disziplinarbehörde entgegen Art. 23 BayDG nur Feststellungen zulasten des Beklagten getroffen und keine entlastenden Umstände ermittelt habe, trifft dies nicht zu. Sie hat neben der Feststellung der Tathandlungen auch das Persönlichkeitsbild des Beklagten und dessen bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt.

Wenn der Beklagte weiter bemängelt, dass sich die Disziplinarbehörde dabei nur auf die Bewertung durch das Strafgericht verlassen habe, ohne eigene Ermittlungen durchzuführen, waren solche auch nicht veranlasst. Die Disziplinarbehörde ist nach Art. 23 Abs. 1 BayDG verpflichtet, zur Aufklärung des Sachverhalts die belastenden, die entlastenden und die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bedeutsamen Umstände zu ermitteln. Von Ermittlungen ist aber abzusehen, soweit der Sachverhalt aufgrund der Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren feststeht (Art. 23 Abs. 2 Satz 1 BayDG).

Jedenfalls hatte der behauptete Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens keine Auswirkungen auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens, weil das Verwaltungsgericht den Beklagten entlastende Umstände in seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Ein wesentlicher Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens i. S. d. Art. 53 Abs. 1 BayDG mit der Folge der Einstellung des Disziplinarverfahrens nach Art. 53 Abs. 3 Satz 3 BayDG, sofern der Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist beseitigt wird, liegt nur vor, wenn sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass der Mangel sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann (vgl. BVerwG, U. v. 24.6.2010 - 2 C 15/09 - juris Rn. 19). Dies war hier nicht der Fall, da das Verwaltungsgericht im Rahmen der Amtsermittlung nach Art. 56 Abs. 1, 3 BayDG i. V. m. § 86 Abs. 1 VwGO von sich aus zur Berücksichtigung entlastender Gesichtspunkte verpflichtet war, so dass die Sachverhaltsdarstellung im Anhörungsscheiben bzw. in der Disziplinarklage nur Ausgangspunkt eigener Ermittlungen des Verwaltungsgerichts war.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen.

1. Der dem Beklagten im Disziplinarverfahren zur Last gelegte Sachverhalt, wie er den rechtskräftigen Urteilen des Landgerichts K. vom 15. November 2010 sowie 9. Januar 2012 zugrunde liegt, steht nach Art. 25 Abs. 1, Art. 55 Hs. 1, Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend.

Der Bindung unterliegen die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts, die den objektiven und subjektiven Tatbestand der verletzten Strafnorm, die Rechtswidrigkeit der Tat, das Unrechtsbewusstsein (§ 17 StGB) sowie die Frage der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB betreffen. Hierzu gehören nicht nur die äußeren Aspekte des Tathergangs, sondern auch die Elemente des inneren Tatbestandes wie etwa Vorsatz oder Fahrlässigkeit sowie Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht (BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 36).

Aufgrund des Urteils des Landgerichts K. vom 15. November 2010 steht fest, dass der Beklagte zwischen 26. Januar 2010 und 3. Februar 2010 vorsätzlich und schuldhaft siebenmal mit Dienst-Kfz auf öffentlichen Straßen gefahren ist, obwohl er wusste, dass aufgrund eines Bußgeldbescheides für ihn ein Fahrverbot bestand.

Aufgrund des Urteils des Landgerichts K. vom 9. Januar 2012 steht weiter fest, dass der Beklagte Anfang Februar 2010 vorsätzlich und schuldhaft drei von seinem Kollegen E. auf dem Gelände der PI I. gelagerte PKW-Reifen in der Absicht, sich diese rechtswidrig zuzueignen, entwendet und zwei der Räder für eigene Zwecke gebraucht hat, sowie dass er vorsätzlich und schuldhaft zwischen 17. November 2008 und 19. April 2010 von ihm vereinnahmte Verwarnungsgelder in Höhe von 340,- € weder in die Abrechnungsblätter eingetragen noch abgerechnet oder abgeliefert hat, sondern für eigene Zwecke gebraucht hat, wodurch dem Kläger ein Schaden in entsprechender Höhe entstanden ist.

Der Beklagte wurde aufgrund dieses Sachverhalts wegen vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots (§§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen á 20,- € sowie wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit Untreue (§§ 242 Abs. 1, 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 4, 53 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Der Senat hat keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens des Beklagten von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen (Art. 55 Hs. 2 i. V. m. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Die Disziplinargerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils i. S. d. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn diese offenkundig unrichtig sind und sie daher „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Hierunter fällt auch, dass das Strafurteil auf einer Urteilsabsprache beruht, die den rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Darüber hinaus kommt eine Lösung in Betracht, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (BVerwG, B. v. 15.5.2013 - 2 B 20/12 - juris Rn. 8; BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 38).

Wird das Vorliegen der genannten Voraussetzungen geltend gemacht, so sind die Disziplinargerichte erst dann befugt, dem Vorbringen weiter nachzugehen und über eine Lösung zu entscheiden, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist. Nur pauschale Behauptungen oder bloßes Bestreiten genügen hierfür nicht. Es müssen vielmehr tatsächliche Umstände dargetan werden, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit i. S. d. Art. 55 Hs. 2 BayDG ergeben kann (BVerwG, B. v. 26.8.2010 - 2 B 43/10 - juris Rn. 6).

Insoweit reicht die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte oder dass man dieses anders als das Strafgericht beurteilen könnte, für einen Lösungsbeschluss nicht aus (BayVGH, U. v. 5.2.2014 - 16a D 12.2494 - juris Rn. 30; U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 103).

Soweit der Beklagte hinsichtlich des Fahrens trotz Fahrverbots behauptet hat, er habe nicht vorsätzlich gehandelt, sondern das Fahrverbot „verbummelt“, d. h. dieses vergessen bzw. sich lediglich um einige Tage über dessen Beginn geirrt, handelt es sich ersichtlich um eine reine Schutzbehauptung. Seine Einlassung wird bereits dadurch widerlegt, dass er mit Schreiben des Regierungspräsidiums K. vom 8. September 2009 auf die bestehenden Fristen und Termine und mit Mahnung vom 5. November 2009 ausdrücklich auf den Beginn des Fahrverbots am 26. Januar 2010 sowie Mitte Januar 2010 durch seinen Vorgesetzten PHK H. persönlich auf den Antritt des Fahrverbots hingewiesen wurde. Ein etwaiger Irrtum über den Beginn des Fahrverbots wäre jedenfalls durch eine Rückfrage beim Regierungspräsidium K. vermeidbar gewesen.

Soweit der Beklagte hinsichtlich des Reifendiebstahls und der Veruntreuung von Verwarnungsgeldern darauf verweist, dass er wegen dieser Vorwürfe erstinstanzlich vom Amtsgericht S. freigesprochen worden sei und dass das Landgericht K. seiner Entscheidung eine hiervon grundlegend abweichende tatrichterliche Überzeugungsbildung zugrunde gelegt habe, legt er keine Tatsachen dar, die eine offensichtliche Unrichtigkeit i. S. d. Art. 55 Hs. 2 BayDG begründen könnten, sondern macht sich lediglich die - in sich zudem auch widersprüchliche - Bewertung des Sachverhalts durch das Amtsgericht zu eigen, er habe die Reifen zwar entwendet, um sie für sich zu behalten, sowie 640,- € Verwarnungsgelder für sich behalten, aber insoweit ohne Zueignungsabsicht bzw. Vorsatz gehandelt. Die rechtskräftigen Feststellungen des Landgerichts, die auf einer eigenen Würdigung des Sachverhalts beruhen, sind auch dann bindend, wenn das Amtsgericht aufgrund einer anderen Bewertung des Sachverhalts zu einem hiervon abweichenden Ergebnis gekommen ist.

Selbst wenn man das Vorbringen des Beklagten als Angriff auf die Beweiswürdigung ansehen wollte, hat er nicht substantiiert dargetan, dass seine Verurteilung auf einer offenkundig unrichtigen oder unvertretbaren Würdigung des Sachverhalts beruht. Das Landgericht ist aufgrund der Beweisaufnahme nach § 244 StPO, zu welchem Zweck es erneut die Zeugen E. und W. sowie zusätzlich die Zeugen T. und B. vernommen und die Verwarnungsblöcke in Augenschein genommen hat, im Rahmen seiner Beweiswürdigung nach § 261 StPO vertretbar zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte durch sein Verhalten einen Diebstahl sowie eine Untreue begangen hat. Die Entscheidung des Landgerichts ist in den Urteilsgründen auch ausführlich und nachvollziehbar begründet worden.

Es hat sich dabei auch mit den im Rahmen des Disziplinarverfahrens wiederholten Einlassungen des Beklagten befasst und diese angesichts der Beweisaufnahme als widerlegt angesehen (UA S. 6-10). Am Vorliegen eines vollendeten Diebstahls ändert demgemäß nichts, dass der Beklagte erklärt hat, nicht gewusst zu haben, dass die Reifen einem Kollegen gehörten, bzw. dass er angegeben hat, er habe sich diese lediglich ausleihen wollen. Auch die Tatsache, dass der Zeuge E. bekundet hat, dass er dem Beklagten die Reifen überlassen hätte, wenn dieser ihn vorher gefragt hätte, führt deshalb nicht dazu, dass man nur von einem „furtum usus“ ausgehen könnte.

Auch die Einlassung, der Beklagte habe - neben 300,- €, die er in seiner Dienstjacke aufbewahrt und übergeben habe - weitere Gelder in einem Notizblock in seinem Diensthemd gehabt, das jedoch die von ihm vereinnahmten Verwarnungsgelder überstiegen habe, weil sich Wechselgeld dabei befunden habe, so dass er es erst nach ordnungsgemäßer Abrechnung herausgeben habe wollen, hat das Landgericht als widerlegt erachtet, nachdem der Zeuge W. angegeben hat, der Beklagte habe bei Abgabe der Verwarnungsblöcke nichts von weiteren Verwarnungsgeldern gesagt. Damit steht fest, dass er 340,- € Verwarnungsgelder nicht abgerechnet und abgeliefert, sondern für eigene Zwecke gebraucht hat. Dies lag aufgrund der hohen Schulden des Beklagten - nach Angaben des Zeugen T. insgesamt über 429.000,- € - auch nahe, auch wenn Beklagte dies in Abrede gestellt hat. Dass er keine genaue Kenntnis von den vereinnahmten Verwarnungsgeldern gehabt haben will, spricht gerade für eine Vermischung mit privaten Geldern.

Diese Feststellungen vermag der Beklagte auch nicht dadurch substantiiert in Zweifel zu ziehen, wenn er behauptet, man habe ihm eine Abrechnung verwehrt und ihm die Blöcke weggenommen, bevor er den genauen Betrag feststellen und diesen seinem Diensthemd hätte entnehmen können. Es ist nicht glaubhaft, dass der Beklagte die von ihm vereinnahmten Gelder - ggf. auch mitsamt Wechselgeld - nicht bereits bei der Abgabe der Blöcke vollständig offen gelegt hat, wenn er damals mehr als die 300,- € bei sich gehabt hätte. Ein etwaiges Wechselgeld hätte er auch nach erfolgter Abrechnung durch seine Dienststelle zurückbekommen. Die Angaben, er habe das Geld im Diensthemd aufbewahrt, sind auch nicht überprüfbar. Wenn er weiter erklärt, er habe noch am Nachmittag des 19. April 2010 zweimal beim Dienststellenleiter angerufen und diesen gefragt, welcher Betrag konkret fehlen würde, den dieser ihm aber nicht habe nennen wollen, gibt es hierfür ebenfalls keinen objektiven Nachweis.

Es erscheint auch nicht glaubwürdig, dass der Beklagte zwar noch am 19. April 2010 wegen der genauen Höhe der Verwarnungsgelder auf seiner Dienststelle angerufen haben will, im Rahmen der Hausdurchsuchung am gleichen Tag jedoch nicht offen gelegt hat, dass er noch Geld bei sich hatte. Denn selbst wenn man dabei als wahr unterstellt, dass der Beklagte das Geld nicht an seinen Vorgesetzten herausgeben wollte, ist nicht nachvollziehbar, dass er sich insoweit auch nicht den Kripo-Beamten, die die Hausdurchsuchung durchgeführt haben und denen er die entwendeten Reifen herausgegeben hat, anvertraut hat.

Entgegen seinen Angaben, er habe erstmals im Strafverfahren den genauen Betrag erfahren, wurde ihm dieser nachweislich bereits im Rahmen der Anhörung im Disziplinarverfahren am 22. April 2010 eröffnet. Der Senat geht deshalb davon aus, dass es sich bei der Geschichte mit dem weiteren Geld im Diensthemd lediglich um eine Schutzbehauptung handelt.

Vor diesem Hintergrund brauchte der Senat dem erstmals im Berufungsverfahren schriftsätzlich gestellten Beweisantrag des Beklagten, zu den Vorwürfen die Zeugen E. und W. zu vernehmen, auch im Rahmen der Amtsermittlung (Art. 56 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 1, 3 BayDG i. V. m. § 86 Abs. 1 VwGO) nicht nachkommen. Damit hat der Beklagte keine neuen Beweismittel benannt, die die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in Frage stellen könnten, da die Zeugen bereits vom Landgericht vernommen und deren Aussagen im Rahmen der Beweiswürdigung bewertet wurden. Der anwaltlich vertretene Beklagte hat die Beweisanträge auch nicht in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wiederholt.

2. Soweit dem Beklagten überdies zur Last gelegt worden ist, sich privat verschuldet zu haben, wurden diese Handlungen durch Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2015 nach Art. 63 Abs. 1, Art. 54 Satz 1 BayDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden, weil sie für Art und Höhe der vorliegend zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht ins Gewicht fallen.

III.

Der Beklagte hat durch sein strafbares Verhalten ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat. Er hat dadurch gegen seine Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) sowie gegen seine Pflichten zur vollen Hingabe an den Beruf (§ 34 Satz 1 BeamtStG), zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen. Soweit er die Verwarnungsgelder entgegen der bestehenden Weisungslage nicht ordnungsgemäß abgerechnet und abgeliefert hat, hat er auch gegen die Pflicht verstoßen, dienstliche Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen sowie allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG).

Bei den Untreuehandlungen im Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Umgang mit Verwarnungsblöcken und eingenommenen Verwarnungsgeldern handelt es sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen. Das Verhalten des Beklagten war kausal und logisch in sein ausgeübtes Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden. Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und dem vom Beamten bekleideten Amt (vgl. BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 75).

Das gleiche gilt aber auch für die Entwendung der Reifen aus dem auf dem Dienstgelände der PI I. befindlichen verschlossenen Papierlager, zu dem sich der Beklagte nur unter missbräuchlicher Verwendung der ihm für dienstliche Zwecke zugänglichen Dienstwagen-/Werkstattschlüssel Zutritt verschaffen konnte. Er hat den Diebstahl dabei in Ausübung und nicht nur gelegentlich des Dienstes verübt, da ihm die Reifen lediglich im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren, so dass die Dienstpflichtverletzung als innerdienstlich zu bewerten ist (vgl. BVerwG, U. v. 15.9.1998 - 1 D 22/98 - juris Rn. 14).

Auch durch das mehrfache Fahren mit einem Dienstwagen trotz Fahrverbots hat der Beklagte ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen, da er sich in Ausübung des Dienstes zu dienstlichen Zwecken mit einem Dienstwagen fortbewegt hat (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 69).

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG.

Es hat - auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens - darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat.

Unter diesen Voraussetzungen ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG zu erkennen.

1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder ob es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist. Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

2. Gemessen an diesen Grundsätzen gilt vorliegend Folgendes:

2.1 Die gravierendste Pflichtverletzung stellen die innerdienstlich verübten Untreuehandlungen dar. Der Beklagte hat ein schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG begangen, indem er ihm dienstlich anvertraute Verwarnungsgelder in Höhe von 340,- € veruntreut hat. Durch den Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder hat der Beklagte nicht nur beamtenrechtliche Nebenpflichten verletzt, sondern er hat im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten als Polizeivollzugsbeamter versagt.

Mit dem Kernbereich ist derjenige Pflichtenkreis des Beamten angesprochen, der im Mittelpunkt seines konkreten Amts im funktionellen Sinne (Dienstposten) steht. Zu den Kernpflichten eines mit der Einnahme und Behandlung von Verwarnungsgeldern betrauten Polizeibeamten gehört, dass dieser die ihm dienstlich anvertrauten Gelder ordnungsgemäß verwaltet und abrechnet. Der Dienstherr ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit eines solchen Beamten beim Umgang mit dienstlich anvertrauten Geldern angewiesen. Dies gilt umso mehr, als hier eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Polizeibeamten unmöglich ist. Sie muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden (st. Rspr. vgl. BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 47; U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 95).

Bei dem Zugriff auf die Verwarnungsgelder zur eigennützigen Verwendung handelt sich um ein Zugriffsdelikt im Sinne der Rechtsprechung der Disziplinargerichte. Ein Zugriffsdelikt im disziplinarrechtlichen Sinne liegt - und zwar unabhängig von seiner strafrechtlichen Einordnung als Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung - dann vor, wenn der Beamte dienstlich anvertraute Gelder oder Güter veruntreut hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder gleichgestellte Werte dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind, weil maßgeblich für die disziplinarische Bewertung der Vertrauensbruch gegenüber dem Dienstherrn ist. Das ist hier der Fall. Mit der Vereinnahmung des Verwarnungsgelds durch den Beklagten gelangte dieses in dienstlichen Gewahrsam. Im Anschluss daran trat aufgrund des Untreuevorsatzes des Beklagten der Vermögensnachteil beim Kläger ein, dem das Verwarnungsgelder zusteht (BayVGH, U. v. 28.11.2012 - 16a D 11.958 - juris Rn. 47). Insoweit ist irrelevant, dass das Verwaltungsgericht einmal von Untreue, dann aber von „Diebstahl“ dienstlich anvertrauten Geldes gesprochen hat.

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solcher Pflichtverstoß regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören, so dass die Entfernung aus dem Dienst Ausgangspunkt der disziplinarrechtlichen Einstufung ist, sofern die veruntreuten Beträge die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Ein Zugriff auf dienstliche Gelder in geringer Höhe, die zu einer Milderung führen kann, ist bei Veruntreuung von 340,- € zu verneinen. Die Grenze der Geringwertigkeit ist grundsätzlich bei 50,- € anzusetzen (BayVGH, U. v. 28.11.2012 a. a. O. juris Rn. 48).

Zwar kann bei einem nur einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200,- € ernsthaft in Betracht zu ziehen sein, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 48; U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 96). Auch diese Grenze ist hier jedoch bei weitem überschritten.

Jedenfalls liegt kein lediglich einmaliges Fehlverhalten vor, das ein Restvertrauen in den Beklagten begründen könnte, da der Beklagte neben der Veruntreuung von Verwarnungsgeldern mit dem Reifendiebstahl und dem Fahren trotz Fahrverbots noch weitere, ebenfalls schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen begangen hat.

Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen.

Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 41; U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 90).

Die bei Zugriffsdelikten in den Blick zu nehmenden Milderungsgründe führen jedoch ebenfalls zu keiner anderen Bewertung.

(1) Anhaltspunkte für das Vorliegen der vom Beklagten behaupteten unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage liegen nicht vor.

Dieser Milderungsgrund setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten und ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat. Die mildere Bewertung des Fehlverhaltens hat ihren Grund darin, dass der betroffene Beamte in einer Konfliktsituation versagt hat, in der er keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf dienstlich anvertrautes Geld gesehen hat, um den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine Familie zu sichern. Eine solche Konfliktsituation kann aber nur dann als Ursache des Fehlverhaltens anerkannt werden und zu einer Milderung führen, wenn es sich um ein vorübergehendes, zeitlich und zahlenmäßig eng begrenztes Fehlverhalten gehandelt hat; wiederholte Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 50).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Abgesehen davon, dass es sich nicht um ein einmaliges oder kurzfristiges Fehlverhalten handelte, da die Veruntreuungen über einen längeren Zeitraum (17. November 2008 bis 19. April 2010) erfolgten, hat der Beklagte nicht dargelegt, dass er die von ihm veruntreuten 340,- € - trotz der von ihm angehäuften Schulden von zeitweilig über 429.000,- € - für den Lebensbedarf seiner Familie benötigt hätte. Im Gegenteil hat er in Abrede gestellt, die fehlenden Verwarnungsgelder für eigene Zwecke gebraucht zu haben. Zudem kann angesichts der durch den Beklagten eingegangenen zahlreichen finanziellen Verpflichtungen im Zeitpunkt seiner dritten Scheidung jedenfalls auch nicht von einer unverschuldeten Notlage ausgegangen werden, da der Beklagte die Überschuldung selbst herbeigeführt hat. Er hat - wie zahlreiche Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zeigen - in der Vergangenheit erhebliche Schulden aufgehäuft und sich trotzdem für einen Hauskauf mit seiner jetzigen vierten Ehefrau zusätzlich in Höhe von 200.000,- € verschuldet, auch wenn dem der Wert des Hauses gegenüber steht.

Zudem gibt es auch keinen Nachweis dafür, dass der Beklagte inzwischen tatsächlich schuldenfrei wäre bzw. Schulden in erheblichem Umfang abgebaut hätte, auch wenn er vorgetragen hat, er habe seine finanzielle Lage inzwischen wieder unter Kontrolle.

(2) Auch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Milderungsgrund der überwundenen negativen Lebensphase vorliegen könnte, bestehen nicht.

Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Zu prüfen ist, ob das jeweilige Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder aber als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer Ausnahmesituation davon abweicht. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation - über das hinausgehend, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann - begründen. Vor dem Hintergrund, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Dienst nach sich zieht, sind im Übrigen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer disziplinarrechtlich erheblichen negativen Lebensphase nur in individuellen Extremsituationen erfüllt (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 64).

Davon ausgehend lag beim Beklagten eine entsprechende negative Lebensphase nicht vor. Auch wenn der Beklagte sich zwischen Ende 2009 und Ende 2010 infolge der Scheidung seiner dritten Ehe, aus der vier Kinder hervorgegangen sind, in einer psychisch und finanziell schwierigen Situation befunden hat, sind die vom Beklagten dargelegten Lebensumstände sind nicht von solchem Gewicht, dass sie die über einen längeren Zeitraum begangenen schweren Verfehlungen in einem milderen Licht erscheinen ließen. Solche familiären und finanziellen Schwierigkeiten können nämlich grundsätzlich jeden treffen und sind nicht geeignet, eine derart gravierende Ausnahmesituation zu begründen, die zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führt. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Beklagte sich 2009/2010 in einer schwierigen Lebensphase befand, die durch das Auseinandergehen seiner Ehe und die hohen Schulden belastet war. Auch wenn der Beklagte inzwischen erneut in einer stabilen Partnerschaft lebt und regelmäßige und gute Kontakte zu seinen Familien pflegt, kann nicht ohne weiteres von einer überwundenen negativen Lebensphase ausgegangen werden, die ein erneutes Fehlverhalten zukünftig nicht mehr besorgen ließe. Jedenfalls liegen - wie eben ausgeführt - keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich um eine lediglich vorübergehende Phase gehandelt und der Beklagte seine schwierige finanzielle Situation tatsächlich überwunden hätte, da nachprüfbare Angaben über seinen derzeitigen Schuldenstand fehlen.

(3) Wenn der Beklagte weiter vorträgt, sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden zu haben, setzt dieser Milderungsgrund eine seelische Zwangssituation voraus, die durch ein unvorhergesehenes Ereignis ausgelöst worden ist, das schockartig auf den Beamten eingewirkt und zu einer für einen derartigen Zustand typischen Fehlreaktion geführt hat. Hierfür reicht eine allgemein Anspannung mit schwierigen familiären oder finanziellen Verhältnissen oder eine subjektiv als solche empfundene Ausweglosigkeit nicht aus (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 56). Die prekäre finanzielle Situation war dem Beklagten auch seit langem bekannt. Dennoch hat er weiter erhebliche Schulden angehäuft.

(4) Auch Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte aufgrund einer vorübergehenden psychischen Überlastung im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit i. S. d. §§ 20, 21 StGB gehandelt hätte, liegen nicht vor. Der bloße, nicht durch z. B. ärztliche Atteste belegte Hinweis auf Schlaflosigkeit sowie Konzentrationsschwächen führt auch nicht dazu, dass der Senat dem im Rahmen der Amtsermittlung nachgehen müsste (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 55).

(5) Auch der weitere bei Zugriffsdelikten anerkannte Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat, der durch das Versagen des Beamten in einer spezifischen Versuchungssituation gekennzeichnet wird, kann nicht herangezogen werden. Die mildere Bewertung knüpft hier daran, dass der Beamte der Situation nicht gewachsen war und ihr im Sinne einer Kurzschlusshandlung spontan erlegen ist. In einer solchen Lage befand sich der Beklagte bei den Taten nicht. Vielmehr gehört es zu den selbstverständlichen Pflichten eines Polizeibeamten, Verwarnungsgelder zu vereinnahmen und ordnungsgemäß mit ihnen umzugehen. Eine spezifische, noch dazu einmalige Versuchungssituation bestand für den Beklagten mithin nicht (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 58).

(6) Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstiger Persönlichkeitsprognose, die grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. Der Beklagte hat weder vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart noch den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 59). Die Rückzahlung des Restgelds über zwei Jahre nach der Tat führt zu keiner durchgreifenden Milderung.

(7) Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt auch nicht aus dem von ihm behaupteten Mitverschulden des Dienstherrn. Zwar ist nicht zu übersehen, dass die Pflicht des Beklagten zur monatlichen Abrechnung vereinnahmter Verwarnungsgelder hier durch die Vorgesetzten des Beklagten nicht konsequent überwacht wurde, sondern die Abrechnungspraxis eher nachlässig war. Allerdings war es zunächst die Aufgabe des Beklagten, unter Einhaltung der Gesetze leicht einsehbare Kernpflichten zu beachten. Darüber hinaus hat der Beklagte gegen interne Richtlinien verstoßen. Gemäß Ziffer 2.2.10 der Richtlinie für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten (IMBek v. 12.10.2007 Az. IC 4-3603 - 339 - Po) war er verpflichtet, eingenommene Verwarnungsgelder monatlich bei der Dienststelle abzuliefern. Auch war auf den Verwarnungsblöcken nochmals vermerkt, dass vereinnahmte Verwarnungsgelder 1. mindestens einmal monatlich, 2. wenn der Betrag von 250,- € erreicht ist, 3. spätestens jedoch, wenn der Block verbraucht ist, abzurechnen sind. Der Beklagte hatte hingegen seit Mitte November 2008 nicht mehr korrekt abgerechnet und den Betrag von insgesamt 640,- € angesammelt. Hätte er sich ordnungsgemäß verhalten, wäre die Grundlage für die Tat (die Möglichkeit des Zugriffs auf 340,- €) nicht gegeben gewesen. Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt mithin schwerer als das z.T. mangelhafte Kontrollverhalten des Dienstherrn (BayVGH, U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - juris Rn. 103 f.).

2.2 Hinzu kommen erschwerend die beiden anderen Dienstpflichtverletzungen:

(1) Hinsichtlich des Diebstahls von Autoreifen des Kollegen stellt sich dieses Tun zwar nicht als typischer Kollegendiebstahl dar, der disziplinarisch einem Zugriffsdelikt gleichgestellt wird (vgl. BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 63/11 - juris Rn. 15), da es sich nicht um das Eigentum eines Kollegen handelt, das dieser - wie etwa eine Geldbörse im gemeinsamen Dienstzimmer - im Rahmen des Dienstes in Diensträumen bei sich geführt hat und dabei zwangsläufig auf die Ehrlichkeit seiner Kollegen vertrauen musste. Vielmehr handelt es sich um - mit Duldung des Dienstherrn oder auch ohne dessen Wissen - auf dem Dienstgelände gelagerte Gegenstände, die dem Beklagten lediglich im Rahmen der Dienstausübung in die Hände fielen. Doch ist der Diebstahl im Dienst durch einen Polizisten, der die Tat unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung begangen hat und dem dienstlich die Verhinderung von Straftaten und der Schutz des Eigentums obliegt, ebenfalls grundsätzlich mit der Entfernung aus dem Dienst zu ahnden (vgl. BVerwG, U. v. 11.10.1995 - 1 D 11/95 - juris Rn. 20 f.).

Soweit sich der Beklagte insoweit darauf berufen hat, er habe die Reifen nur deshalb genommen, weil er keine Winterreifen gehabt habe und für die Besuche bei seiner damaligen Freundin (seiner nunmehrigen vierten Ehefrau) bei winterlichen Straßenverhältnissen wegen der Kinder „auf Nummer Sicher“ gehen habe wollen, ist ihm entgegenzuhalten, dass er, um die Kinder nicht zu gefährden, sich entweder Winterreifen besorgen oder auf die Fahrten verzichten hätte können.

Mildernd ist insoweit zu berücksichtigen, dass ihm sein Kollege die Autoreifen nach dessen Bekunden auch geliehen hätte, wenn er ihn vorher gefragt hätte. Gleiches gilt für das Geständnis und die Rückgabe der Reifen nach Tatentdeckung. Dies führt angesichts der Schwere des Dienstvergehens aber nicht zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme.

(2) Auch das Fahren mit einem Dienstwagen trotz Fahrverbots stellt ein erhebliches Dienstvergehen dar, das als Erschwernisgrund hinzutritt. Der Dienstherr erwartet von einem Beamten, dass dieser nur dann in dienstlicher Eigenschaft am Straßenverkehr teilnimmt, wenn er über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügt. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis mit einem Dienstwagen stellt deshalb die dienstliche Zuverlässigkeit in Frage, zumal die Nichtbeachtung verkehrsrechtlicher Vorschriften, die zum Schutze der Allgemeinheit erlassen worden sind, auch Rückschlüsse auf eine mangelnde charakterliche Qualifikation zulässt (vgl. BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris Rn. 69).

3. In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Die vorliegenden Entlastungsgründe haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass sie den gegebenen Vertrauensverlust ausreichend abmildern könnten.

Es ist daran festzuhalten, dass der Beklagte das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hatte und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, missbraucht hat. Sein Fehlverhalten hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in ihn unwiderruflich beschädigt.

Die Würdigung des Persönlichkeitsbilds und des bisherigen dienstlichen Verhaltens des Beklagten ändern nichts daran, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zugemutet werden kann, den Beklagten weiter zu beschäftigen. Zugunsten des Beklagten ist seine bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Angesichts der Schwere des Dienstvergehens führt dies jedoch nicht zu einer durchgreifenden Milderung. Die dienstlichen Beurteilungen des Beklagten bewegen sich eher im unteren Durchschnitt. Besondere Umstände, welche die Persönlichkeit des Beklagten in ein positives Licht setzen könnten, liegen in Anbetracht des eingeholten Persönlichkeitsbilds vom 1. Oktober 2012 nicht vor. Nach Angaben von Kollegen war zwar auf ihn im Einsatz immer Verlass. Negativ fällt jedoch auf, dass beim Beklagten im Dienst häufig die erforderliche Korrektheit vermisst wurde. Dass der Beklagte es mit Vorschriften nicht genau nimmt, wird damit auch hier deutlich.

4. Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. So verhält es sich regelmäßig bei Kernpflichtverletzungen durch Zugriffsdelikte von Beamten. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlichrechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 68).

Nach alldem war die Berufung des Beklagten mit der Kostenfolge des Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG zurückzuweisen.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

Gründe

1

Die auf alle gesetzlich vorgesehenen Zulassungsgründe (vgl. § 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.

2

1. Der Beklagte steht als Polizeimeister (Besoldungsgruppe A 7) im Dienst der Klägerin. Er war vor Herstellung der Einheit Deutschlands bei den Grenztruppen der DDR beschäftigt und wurde nachfolgend in den Dienst des Bundesgrenzschutzes übernommen; zuletzt war er als Kontroll- und Streifenbeamter der Bundespolizei eingesetzt.

3

Der Beklagte ist zweimal strafrechtlich in Erscheinung getreten. Durch Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg wurde der Beklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung u.a. zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Ausweislich der tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl, auf die das nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürzte Urteil verweist, hat der Beklagte im November 1999 seiner damaligen Freundin auf einem Autobahnparkplatz zweimal mit der Hand ins Gesicht geschlagen, sie aus dem Auto gestoßen und beim Zurückfahren mit der geöffneten Fahrzeugtür am Knie verletzt. Nachfolgend habe er mindestens drei Monate lang täglich bis zu 35 Mal in der Wohnung einer Bekannten seiner Freundin angerufen, in der diese sich aufhielt. Das sachgleiche Disziplinarverfahren ist mit Verfügung vom 20. März 2002 eingestellt worden. Zwar sei durch das Dienstvergehen an sich eine längerfristige Kürzung der Dienstbezüge im oberen Bereich veranlasst. Diese Disziplinarmaßnahme könne gemäß § 14 BDG aber nicht ausgesprochen werden, weil es einer zusätzlichen Pflichtenmahnung neben der bereits verhängten Kriminalstrafe nicht bedürfe.

4

In einem weiteren Strafverfahren verurteilte das Amtsgericht Ludwigsburg den Beklagten wegen Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution in 37 Fällen zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Auf die Berufung des Beklagten wurde das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und der Beklagte durch Urteil des Landgerichts Stuttgart wegen Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution in 6 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision wurde vom Oberlandesgericht Stuttgart verworfen. Ausweislich der tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts stellte der Beklagte seiner seinerzeitigen Freundin zwischen Juli 2001 und Juli 2002 seine in einem Sperrbezirk gelegene Wohnung zur Ausübung der Prostitution in Form sog. "Gang-Bang-Partys" zur Verfügung. Er begrüßte dabei die Gäste teilweise und war anschließend im Nebenzimmer der Wohnung anwesend, in einem Fall organisierte er die Party selbst über das Internet. Den Nachbarn war die Ausübung der Prostitution durch die Freundin des Beklagten einerseits durch laute Stöhngeräusche und andererseits durch versehentliches Klingeln von Freiern bekannt. Sie hatten es aber in Anbetracht der Stellung des Beklagten als Polizeibeamten zunächst nicht gewagt, hiergegen vorzugehen. Auf ihre Anzeige hin war es im Juli 2002 zu einer Hausdurchsuchung gekommen, bei der u.a. auch dienstliche Vorgänge (VS-nfD-Verschlusssache - nur für den Dienstgebrauch - und ZEVIS-Ausdrucke) sowie eine Videokassette aufgefunden wurden, in der der Beklagte als Pornodarsteller mitwirkt.

5

Durch Verfügung vom 23. Juli 2002 leitete die Klägerin ein Disziplinarverfahren ein und setzte es im Hinblick auf das anhängige strafrechtliche Ermittlungsverfahren gemäß § 22 Abs. 3 BDG aus; gleichzeitig enthob sie den Beklagten im Hinblick auf seine erhebliche disziplinarische Vorbelastung vorläufig des Dienstes und ordnete einen Einbehalt von 40 % der monatlichen Dienstbezüge an. Nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens und wiederholter Ausdehnung des Disziplinarverfahrens erhob die Klägerin am 29. Dezember 2010 Disziplinarklage.

6

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt, weil er bei Berücksichtigung der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten sowie der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße ein schweres Dienstvergehen begangen und das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Die hiergegen gerichtete Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Neben den Feststellungen aus den strafgerichtlichen Urteilen ging der Verwaltungsgerichtshof in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass der Beklagte Verschlusssachen (nfD) zu Hause aufbewahrt habe. Hinsichtlich der bei ihm aufgefunden ZEVIS-KfZ-Halterabfragen - die Personen betrafen, mit denen der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt eine Zivilklage austrug -, habe er auch keine Zugangsberechtigung gehabt. Darüber hinaus habe der Beklagte seinen Dienstausweis trotz Aufforderung nicht zurückgegeben und als gestohlen gemeldet. Dieser sei jedoch später, anlässlich einer Personenkontrolle bei einer "Gang-Bang-Party" in einem Bordell in M., an der seine damalige Freundin beteiligt war, in seiner Hosentasche aufgefunden worden. Schließlich habe der Beklagte als Kleindarsteller in einem pornographischen Film mitgewirkt und hierfür 250 DM erhalten, ohne eine Nebentätigkeitsgenehmigung beantragt oder erhalten zu haben.

7

2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

8

Die nach § 69 BDG i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Frage des revisiblen Rechts bezeichnet und aufzeigt, dass die Frage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist. Klärungsbedarf besteht, wenn eine von der Beschwerde aufgeworfene Frage von Bundesverfassungs- oder Bundesverwaltungsgericht weder beantwortet worden ist noch auf der Grundlage ihrer Rechtsprechung eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4). Diese Voraussetzungen hat die Beschwerde nicht dargelegt.

9

a) Der Beklagte sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zunächst in der Frage:

"Ist die Verhängung einer disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme, die aufgrund eines außerdienstlichen Vergehens, welches den Kernbereich privater Lebensführung des Beamten betrifft, ohne Bezug auf ein konkret-funktionelles Amt ergeht, angesichts der Liberalisierungstendenz in Rechtsprechung und Gesetzgebung auf die öffentlich-rechtliche Behandlung der Prostitution noch zeitgemäß und verhältnismäßig?"

10

Diese Frage ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Der Beklagte ist - entgegen der Darstellung der Beschwerde - von den Verwaltungsgerichten nicht wegen des in der Frage bezeichneten außerdienstlichen Vergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof maßgeblich auf die Förderung der verbotenen Prostitution abgestellt, Grundlage der Maßnahmebemessung und ausschlaggebend für deren Ergebnis war aber die Gesamtwürdigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten. Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof sowohl die vorangegangene strafrechtliche Verurteilung als auch die weiteren inner- und außerdienstlichen Pflichtenverstöße berücksichtigt und ausdrücklich auf die Häufigkeit und Schwere dieser weiteren Pflichtenverletzungen hingewiesen. Selbst wenn man die mit der Beschwerde bezeichnete Frage dahingehend beantworten würde, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis aufgrund eines außerdienstlichen Vergehens, welches den Kernbereich privater Lebensführung des Beamten betrifft und ohne Bezug auf ein konkret-funktionelles Amt ergeht, unverhältnismäßig ist, ergäbe sich hieraus für den Fall des Klägers daher keine andere Beurteilung.

11

Die in Rede stehende Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution betrifft im Übrigen auch nicht den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung. Entgegen der Aussicht der Beschwerde geht es hierbei nicht um die "Wertung der Sexualpraktiken eines Beamten, die sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Ordnung halten". Das Sexualverhalten des Beklagten ist gar nicht Gegenstand des Strafurteils und des hieran anknüpfenden Disziplinarvorwurfs. Diese betreffen vielmehr die Prostitutionstätigkeit der Freundin des Beklagten in einem Sperrgebiet und seine Beihilfe dazu. Warum es insoweit um den Kernbereich der privaten Lebensführung des Beklagten gehen sollte, erschließt sich nicht. Im Übrigen hielt sich diese Tätigkeit gerade nicht an den Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung, sondern erfüllt einen Straftatbestand. Auch die geltend gemachte Liberalisierung durch die Einführung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten hat nichts daran geändert, dass die Ausübung der Prostitution an bestimmten Orten strafbar ist.

12

Schließlich ist die Maßnahmebemessung auch nicht ohne Bezug auf ein konkret-funktionelles Amt erfolgt. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof maßgeblich darauf abgestellt, dass der Beklagte gerade als Polizist in Erscheinung getreten ist und diese Amtsstellung auch zur Durchsetzung seiner Privatanliegen ausgenutzt hat (vgl. hierzu auch Urteil vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - NVwZ-RR 2014, 105 = ZBR 2014, 47 Rn. 20 ).

13

Die mit der Beschwerde bezeichnete Frage ist einer derart verallgemeinernden Antwort auch nicht zugänglich. Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ist die Disziplinarmaßnahme vielmehr aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu bestimmen. Erst aufgrund des Ergebnisses dieser Gesamtwürdigung kann festgestellt werden, ob ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er das erforderliche Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Beschluss vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 8). Auch wenn für die Bestimmung der Schwere eines Dienstvergehens generelle Maßstäbe für einzelne Fallgruppen entwickelt worden sind, folgt hieraus nicht die von der Beschwerde in der vorbezeichneten Frage zugrunde gelegte Schlussfolgerung, wegen der angesprochenen Liberalisierung des Sexualstrafrechts komme die gegen den Beklagten verhängte Disziplinarmaßnahme grundsätzlich nicht in Betracht. Gerade die Bewertung von Äußerungen oder Handlungen mit sexuellem Bezug hängt vielmehr maßgeblich von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab (Beschluss vom 31. Mai 2012 - BVerwG 2 B 141.11 - Rn. 8; hierzu auch Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 62.11 - NVwZ-RR 2013, 693 Rn. 40 m.w.N.).

14

In der Sache wendet sich der Beklagte im Gewand der Grundsatzrüge gegen die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Gesamtwürdigung und will die Schwere seines Fehlverhaltens milder beurteilt sehen, weil er "Gang-Bang-Partys" auch dann nicht als Prostitution ansehen möchte, wenn den Frauen für ihre Mitwirkung Geld bezahlt wird. Dies ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzulegen.

15

b) Die weiter bezeichnete Frage:

"Nach welchen Bemessungskriterien ist die erforderliche Disziplinarmaßnahme bei einem außerdienstlichen Verstoß gegen § 184e StGB n.F. zu bestimmen?"

16

würde sich in einem Revisionsverfahren so ebenfalls nicht stellen. Entgegen der Darstellung der Beschwerde ist der Beklagte nicht (allein) wegen des strafrechtlich sanktionierten Dienstvergehens der Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden. Die Disziplinarmaßnahme ist daher auch nicht anhand der Bemessungskriterien für die benannte Straftat, sondern aufgrund der Gesamtwürdigung der vom Beklagten begangenen Pflichtverletzungen zu bestimmen und ist im Streitfall vom Verwaltungsgerichtshof auch so bestimmt worden.

17

Das Disziplinarrecht wird durch den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens geprägt. Soweit die Vorwürfe Gegenstand des Disziplinarverfahrens sind, ist das durch mehrere Pflichtenverstöße zutage getretene Fehlverhalten eines Beamten danach einheitlich zu würdigen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht allein um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern vor allem um die dienstrechtliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, das im Dienstvergehen als der Summe der festgestellten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet. Der Beamte wird disziplinarisch nicht gemaßregelt, weil er bestimmte Pflichten verletzt hat, sondern weil er dadurch Persönlichkeitsmängel offenbart, die eine Pflichtenmahnung oder eine Beendigung des Beamtenstatus für geboten erscheinen lassen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 21; hierzu auch Müller, Beamtendisziplinarrecht, 2010, Rn. 134 m.w.N.).

18

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage kann im Übrigen auf Grundlage der bestehenden Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Der Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 S. 5 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 13 ff.). Danach müssen die sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.

19

Hiernach ist die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten und den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 62.11 - NVwZ-RR 2013, 693 Rn. 39).

20

Für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Straftaten und für die Bestimmung der hierfür angemessenen Disziplinarmaßnahme kommt dem gesetzlichen Strafrahmen maßgebende Bedeutung zu. Die Orientierung am Strafrahmen gewährleistet eine rationale und gleichmäßige disziplinarrechtliche Bewertung außerdienstlichen Fehlverhaltens. Disziplinarwürdigkeit und Schwere außerdienstlichen Fehlverhaltens hängen dabei maßgebend davon ab, ob ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben ist. Dies setzt voraus, dass das Fehlverhalten nachteilige Schlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt oder eine Beschädigung von Autorität und Ansehen des Beamten zur Folge hat, die ihn in der Amtsführung dauerhaft beeinträchtigt (Beschluss vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 m.w.N.).

21

Auch der im Hinblick auf den Strafrahmen einer außerdienstlichen Straftat bestimmte Orientierungsrahmen bildet aber lediglich den Ausgangspunkt der Bemessungsentscheidung; hiervon ausgehend haben die Gerichte zu prüfen, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Danach kann die Disziplinarmaßnahme sowohl höher als auch niedriger ausfallen (Beschluss vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 29.10 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 32 Rn. 15). Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes oder eine besondere Vertrauensbeeinträchtigung können die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen, obwohl diese Maßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens für sich genommen nicht indiziert ist (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 18). Bei der Würdigung des Persönlichkeitsbildes sind insbesondere frühere disziplinarische oder strafrechtliche Verfehlungen, deren Berücksichtigung bei der Maßnahmebemessung kein rechtliches Hindernis entgegensteht, einzubeziehen.

22

Von diesen Grundsätzen ist der Verwaltungsgerichtshof im Streitfall - im Ergebnis (§ 144 Abs. 4 VwGO) - auch nicht abgewichen. Zwar ist das Berufungsurteil in seiner Vorgehensweise insoweit defizitär, als sich den Ausführungen zur Schwere und Einordnung des angeschuldigten außerdienstlichen Dienstvergehens eine ausdrückliche Orientierung am Strafrahmen nicht entnehmen lassen. Dies ist jedoch deshalb unschädlich, weil der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Hinweis auf die Gesamtpersönlichkeit des Beklagten - zusätzlich und die Entscheidung tragend - dessen Vorbelastung in Bezug genommen und bei der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme im Streitfall - zu Recht (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) - maßgeblich auch auf diese abgestellt hat. Dies wird in den Erwägungen zur Maßnahmebemessung deutlich, in denen ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass der Beklagte nur zwei Jahre vor den beanstandeten Verfehlungen strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und ein gravierendes außerdienstliches Dienstvergehen begangen hat, das ebenfalls einen Bezug zu seiner Tätigkeit als Polizeibeamter aufwies (UA S. 18 f.); außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof auf die weiteren Pflichtenverstöße des Beklagten abgestellt (UA S. 21 ff.). Aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs lässt sich daher nicht der Rechtssatz entnehmen, eine außerdienstliche Straftat nach § 184e StGB rechtfertige bereits für sich allein die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

23

Die in Ansehung der Vorbelastung und der Persönlichkeit des Beklagten gewonnene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs, das Fehlverhalten des Beklagten wiege in seiner Gesamtheit so schwer, dass er das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe, ist einer Grundsatzrüge nicht zugänglich. In der Sache wendet sich die Beschwerde vielmehr auch mit dieser Rüge gegen die fallbezogene disziplinarrechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs.

24

3. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

25

Eine die Revision eröffnende Divergenz ist gemäß § 69 BDG i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr; Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 = NJW 1997, 3328 m.w.N.). Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die Rüge einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt dagegen weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (stRspr; Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).

26

Eine derartige Abweichung des Berufungsurteils von dem benannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - (Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12) zeigt die Beschwerde nicht auf.

27

a) Hinsichtlich des 1. Leitsatzes des Urteils vom 19. August 2010, mit dem das Bundesverwaltungsgericht festgehalten hat:

"Wird der Beamte wegen einer vorsätzlich begangenen außerdienstlichen Straftat verurteilt, für die das Strafgesetzbuch zumindest eine mittelschwere Strafdrohung (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren) vorsieht, so liegt in aller Regel ein Dienstvergehen im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG vor",

28

liegt bereits kein Widerspruch vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht einen hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt, sondern ist angesichts der besonders gelagerten Umstände des Einzelfalles zu der Auffassung gelangt, dass das außerdienstliche Verhalten des Beklagten disziplinarwürdig ist.

29

Diese Einschätzung steht auch in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Danach hat sich die Entscheidung über die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG bei einem erstmaligen außerdienstlichen Verhalten an dem mit der Festlegung des Strafrahmens vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachten Unrechtsgehalt des Delikts zu orientieren, wenn andere Kriterien, wie etwa ein Dienstbezug oder die Verhängung einer Freiheitsstrafe bei einer vorsätzlich begangenen Straftat ausscheiden (Urteil vom 19. August 2010 a.a.O. Rn. 17). Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall - etwa im Hinblick auf einen Dienstbezug oder wegen wiederholter Straftaten innerhalb kurzer Frist - auch bereits außerdienstlich begangene Straftaten, die vom Strafgesetzgeber mit einer weniger schweren Strafdrohung belegt worden sind, die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG erfüllen.

30

b) Auch soweit der Beklagte auf den 3. Leitsatz des Urteils vom 19. August 2010 verweist, in dem das Bundesverwaltungsgericht formuliert:

"Weist der erstmalige außerdienstliche Besitz kinderpornographischer Schriften keinen Bezug zu den dienstlichen Pflichten des Beamten auf, so ist die Schwere des Dienstvergehens und damit die angemessene Disziplinarmaßnahme in Anlehnung an die gesetzliche Strafdrohung zu ermitteln",

31

enthält die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs keinen hiervon abweichenden Rechtssatz. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr ausdrücklich klargestellt, dass es sich bei den dem Beklagten zur Last gelegten Verfehlungen "um andere, nicht im Ansatz vergleichbare Sachverhalte" wie den Besitz kinderpornographischer Schriften handele. Ein prinzipieller Auffassungsunterschied zu den in der Rechtsprechung des Senats aufgestellten Grundsätzen für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen im Zusammenhang mit kinderpornographischen Schriften besteht daher nicht. Die Entscheidungen sind im Übrigen zu unterschiedlichen strafbewehrten Rechtsvorschriften ergangen.

32

In der Sache macht der Beklagte mit seiner Rüge geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe die vom Bundesverwaltungsgericht für den Bereich des Besitzes kinderpornographischer Schriften aufgestellten Grundsätze zu Unrecht nicht auf den Fall der Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution übertragen. Damit wird indes nicht eine Abweichung von dem benannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts geltend gemacht, sondern eine unterlassene Fortentwicklung der Rechtsprechung. Derartiges ist der Divergenzrüge aus § 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht zugänglich.

33

Im Übrigen besteht die Besonderheit der vorliegenden Fallkonstellation gerade darin, dass bei der Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme eine Vielzahl von Pflichtenverstößen sowie eine erhebliche Vorbelastung zu berücksichtigen sind. Die Zuordnung des Hauptanschuldigungspunktes (Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution) nach der in Anlehnung an die gesetzliche Strafdrohung ermittelten Schwere zu einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme ist daher nur der Ausgangspunkt, von dem aus die weiteren Pflichtenverstöße und die Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten zu betrachten sind.

34

Mit dem Vortrag, das Tatsachengericht habe die be- und entlastenden Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung fehlerhaft gewürdigt und gewichtet, kann eine Divergenzrüge aber nicht begründet werden (Beschlüsse vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 B 18.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1 Rn. 7 und vom 26. Juni 2012 - BVerwG 2 B 28.12 - Rn. 15 jeweils m.w.N.).

35

4. Schließlich liegen auch die mit der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vor.

36

a) Der Verwaltungsgerichtshof konnte seiner Entscheidung die tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts Stuttgart zugrunde legen. Er war nicht verpflichtet, sich hiervon zu lösen und eine erneute Prüfung zu beschließen.

37

Gemäß § 58 Abs. 1 BDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind (vgl. auch BTDrucks 14/4659, S. 49). Entsprechend § 86 Abs. 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Dies gilt gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für die Berufungsinstanz.

38

Diese Aufklärungspflicht wird durch § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG eingeschränkt. Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend. Nach Satz 2 hat das Gericht jedoch die erneute Prüfung solcher Feststellungen zu beschließen, die offenkundig unrichtig sind. Die gesetzliche Bindungswirkung dient der Rechtssicherheit. Sie soll verhindern, dass zu ein- und demselben Geschehensablauf unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Daher sind die Verwaltungsgerichte nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn sie ansonsten "sehenden Auges" auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Darüber hinaus entfällt die Bindungswirkung, wenn Beweismittel eingeführt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen seine Tatsachenfeststellungen zumindest auf erhebliche Zweifel stoßen (Urteile vom 29. November 2000 - BVerwG 1 D 13.99 - BVerwGE 112, 243 <245> = Buchholz 235 § 18 BDO Nr. 2 S. 5 f. und vom 16. März 2004 - BVerwG 1 D 15.03 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 36 S. 81 f.; Beschlüsse vom 24. Juli 2007 - BVerwG 2 B 65.07 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 4 Rn. 11, vom 26. August 2010 - BVerwG 2 B 43.10 - Buchholz 235.1 § 57 BDG Nr. 3 Rn. 5 sowie vom 15. März 2013 - BVerwG 2 B 22.12 - juris Rn. 6 f.).

39

Derartige Umstände hat die Beschwerde nicht dargetan. Sie stellt die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts nicht in Abrede, sondern bemängelt allein die rechtliche Wertung des Geschehens als Straftat der Beihilfe zur verbotenen Prostitution. Auf diese Würdigung erstreckt sich die Bindungswirkung des § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG jedoch nicht. Der vermisste Lösungsbeschluss wäre zur Erreichung des vom Beklagten angestrebten Ziels daher untauglich und im Übrigen auch unzulässig gewesen.

40

b) Der Sache nach wendet sich der Beklagte damit gegen die rechtliche Würdigung des Sachverhalts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

41

Die Beweis- und Sachverhaltswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts indes nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur ein Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also etwa entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert (Beschlüsse vom 26. Mai 1999 - BVerwG 8 B 193.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 4 S. 7 und vom 13. Februar 2012 - BVerwG 9 B 77.11 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 73 Rn. 7 = NJW 2012, 1672 jeweils m.w.N.).

42

Einen derartigen Verfahrensmangel zeigt die Beschwerde nicht auf. Mit dem Vortrag, ausgehend von der unstreitigen Tatsachengrundlage hätte die Schlussfolgerung einer Strafbarkeit nach § 184e StGB nicht gezogen werden dürfen, wird vielmehr nur die Würdigung selbst in Frage gestellt. Verfahrensfehlerhaft könnte dies nur dann sein, wenn die Schlussfolgerung bereits aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden könnte (stRspr; vgl. etwa Beschlüsse vom 14. Juli 2010 - BVerwG 10 B 7.10 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 4 sowie vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 4.11 - juris Rn. 12). Dies ist entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht der Fall.

43

Zwar wird in der strafrechtlichen Literatur teilweise die Meinung vertreten, die Überlassung eines Raumes zu Prostitutionszwecken sei in § 180a Abs. 2 StGB abschließend geregelt, so dass eine Strafbarkeit als Beihilfe zur Ausübung der verbotenen Prostitution nach § 184e StGB ausscheide (vgl. hierzu etwa Fischer, StGB, 60. Aufl. 2013, § 184e Rn. 7). Die wohl überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur misst der in § 180a StGB enthaltenen Regelung wegen ihrer anderen Schutzrichtung aber keine entsprechende Ausschlusswirkung bei (vgl. zum Streitstand etwa Perron/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 184e Rn. 7 m.w.N.). Die Annahme der Strafgerichte und des Verwaltungsgerichtshofs ist daher jedenfalls vertretbar und verstößt weder gegen die Grundregeln der Logik noch gegen den von der Beschwerde bemühten Grundsatz nulla poena sine lege aus Art. 103 Abs. 2 GG.

44

Im Übrigen hat das Landgericht den Beihilfevorwurf weniger auf das Zurverfügungstellen der Wohnung gestützt, sondern darauf, dass sich der Beklagte während der Partys jeweils im Nachbarzimmer aufhielt, um seiner Freundin ein Gefühl größerer Sicherheit zu vermitteln und ihr so die Ausübung der Prostitution zu erleichtern.

45

Es verstößt auch nicht gegen die Denkgesetze, die von den Gerichten festgestellte Ausübung des Geschlechtsverkehrs gegen Zahlung eines hierfür verlangten Entgelts durch die Freundin des Beklagten als Prostitution zu bewerten.

Gründe

1

Die Beschwerde der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO, § 69 BDG unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Das Berufungsurteil beruht auf dem gerügten Verfahrensmangel der unzureichenden Sachaufklärung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG i.V.m. § 58 Abs. 1 BDG, § 86 Abs. 1 VwGO). Dagegen liegt die von der Beklagten gerügte Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht vor.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte, eine bei der DB Personenverkehr GmbH am Fahrkartenschalter eingesetzte Bundesbahnobersekretärin, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, nachdem sie das Verwaltungsgericht erstinstanzlich in das Amt einer Bundesbahnsekretärin zurückgestuft hatte. Dem liegt die Feststellung zugrunde, dass die Beklagte von einem Kunden, der mehrere Fahrkarten gekauft hatte, einen überhöhten Gesamtpreis unter Einbeziehung einer nicht gekauften Fahrkarte zum Preis von 182 € vereinnahmt, später diesen Fahrkartenkauf storniert und den überzahlten Betrag für private Zwecke verwendet hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Disziplinarmaßnahme angesehen, weil das Fehlverhalten der Beklagten einer Unterschlagung amtlich anvertrauten Geldes (sog. Zugriffsdelikt) gleichstehe und weder ein anerkannter Milderungsgrund noch sonstige mildernde Umstände von erheblichem Gewicht vorlägen.

3

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Beklagte geltend, die Gleichstellung des Fehlverhaltens mit einem Zugriffsdelikt stehe in Widerspruch zu dem Urteil vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - (Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24). Die Bemessungsgrundsätze des Oberverwaltungsgericht ließen sich nicht mit den Vorgaben des Urteils vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1) vereinbaren. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht den bemessungsrelevanten Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Es habe trotz eindeutiger Anhaltspunkte für das Vorliegen einer seelischen Störung der Beklagten versäumt zu prüfen, ob zum Tatzeitpunkt eine erhebliche Verminderung ihrer Schuldfähigkeit anzunehmen sei. Auch den damaligen wirtschaftlichen Verhältnissen der Beklagten sei das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen.

4

Die gerügte Divergenz zu den genannten Urteilen liegt nicht vor, weil das Berufungsurteil nicht auf einen Rechtssatz gestützt ist, der von einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne eines prinzipiellen Auffassungsunterschieds abweicht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26). Dies gilt sowohl für die Einordnung des Dienstvergehens der Beklagten als Zugriffsdelikt als auch für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme.

5

Nach der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts begeht ein Beamter ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind, und damit den wertmäßigen Bestand der Kasse unmittelbar vermindert. Dagegen liegt bei einem buchungsmäßigen Ausgleich von Soll und Haben keine Verminderung des Bestands der dienstlichen Kasse und damit kein Zugriffsdelikt vor. Ein derartiger Ausgleich setzt voraus, dass der Beamte offenlegt, etwa durch die Einlage eines Auszahlungsscheins in die Kasse, dass er Geld entnommen hat (stRspr; vgl. Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 a.a.O. S. 10). Daraus folgt, dass ein Ausgleich des Kassenbestandes nicht schon dann vorliegt, wenn der Beamte die von ihm geführte Kasse aufgrund von Manipulationen scheinbar "buchungstechnisch stimmig" abschließt.

6

Einem Zugriffsdelikt steht gleich, wenn der Beamte einem Kunden überhöhte Gebühren in Rechnung stellt, um sich den Differenzbetrag privat anzueignen. Hierin liegt ein Zugriff auf Geld des Dienstherrn, weil der vom Kunden verlangte überhöhte Betrag mit der Übergabe des Geldes an den Beamten in dessen dienstlichen Gewahrsam gelangt. Der vorangehende Betrug zum Nachteil des Kunden schließt die disziplinarrechtliche Einordnung als Zugriffsdelikt nicht aus (stRspr; vgl. Urteil vom 21. Juli 1998 a.a.O. Rn. 18).

7

Von diesen Rechtsgrundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht nicht abgewichen; vielmehr hat es sie dem Berufungsurteil zugrunde gelegt. Es hat das Fehlverhalten der Beklagten einem Zugriffsdelikt gleichgestellt, weil die Beklagte den Geldbetrag, der der Schalterkasse und damit der Bahn durch den Betrug an einem Kunden zugeflossen war, später der Kasse entzog und für eigene Zwecke verwandte. Dadurch hat sie eine wertmäßige Verminderung des Kassenbestandes herbeigeführt. Indem die Beklagte den Kaufpreis einer nicht gekauften Fahrkarte zum Schein verbuchte und später stornierte, führte sie keinen buchungsmäßigen Ausgleich der Schalterkasse herbei. Vielmehr versuchte sie die spätere Verminderung des Kassenbestandes zu verdecken.

8

Auch eine Divergenz zu dem Urteil des Senats vom 20. Oktober 2005 (a.a.O.) ist nicht gegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat den vom Senat entwickelten Maßstäben für die disziplinarrechtliche Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nicht prinzipiell widersprochen, sondern sie im vorliegenden Fall rechtsfehlerhaft angewandt.

9

Dagegen hat die Aufklärungsrüge der Beklagten Erfolg. Die Sachaufklärung des Oberverwaltungsgerichts trägt den Anforderungen, die sich aus den gesetzlichen Bemessungsvorgaben nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergeben, nicht vollständig Rechnung.

10

Gemäß § 58 Abs. 1 BDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind (Beschlüsse vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2 und vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 S. 3 f.; vgl. auch BTDrucks 14/4659, S. 49). Entsprechend § 86 Abs. 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Dies gilt gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für die Berufungsinstanz. Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nach den Vorgaben des materiellen Rechts. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich ohne ausdrücklichen Beweisantrag auf, wenn das Gericht nach seinem materiellrechtlichen Standpunkt Anlass zur weiteren Aufklärung sehen muss, weil die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen (Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 28.10 - NVwZ-RR 2011, 986 Rn. 25 ).

11

Der Senat hat die Bemessungsregelungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG dahingehend ausgelegt, dass die Schwere des Dienstvergehens, die nach Satz 2 des § 13 Abs. 1 BDG Richtschnur für die Maßnahmebemessung ist, bei sog. Zugriffsdelikten und diesen gleichstehenden Verfehlungen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis regelmäßig rechtfertigt, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Davon muss aber abgesehen werden, wenn ein anerkannter Milderungsgrund oder stattdessen mildernde (entlastende) Umstände gegeben sind, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht eines Milderungsgrundes vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f. bzw. Rn. 27 f. und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f.).

12

Die auch bei Zugriffsdelikten gebotene prognostische Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände folgt aus dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BDG) geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 16).

13

Nach dieser Rechtsprechung kann die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auch dann unangemessen sein, wenn sich der Beamte nicht auf einen anerkannten Milderungsgrund, sondern auf sonstige mildernde Umstände berufen kann. Solche Umstände dürfen nicht allein deshalb außer Betracht bleiben, weil sie zur Erfüllung eines anerkannten Milderungsgrundes nicht ausreichen. So sind beispielsweise ein Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage oder die Offenbarung des Fehlverhaltens nicht schon deshalb unbeachtlich, weil die Voraussetzungen des jeweiligen Milderungsgrundes nicht erfüllt sind ("unverschuldete existenzielle wirtschaftliche Notlage"; "Offenbarung ohne Furcht vor Entdeckung"). Vielmehr muss das Tatsachengericht weiter entscheiden, ob die bemessungsrelevanten mildernden Umstände in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsgrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Umstände muss umso größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 23 und vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4 Rn. 22). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 € ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen.

14

Die rechtsfehlerfreie Anwendung dieser Bemessungsgrundsätze setzt voraus, dass die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte erschöpfend aufgeklärt werden. Das Tatsachengericht muss klären, ob tatsächliche Umstände, die als bemessungsrelevant in Betracht kommen, vorliegen, wenn der Sachverhalt hinreichenden Anlass bietet. Lässt sich nach erschöpfender Sachaufklärung das Vorliegen eines mildernden Umstands nicht ohne vernünftigen Zweifel ausschließen, ist dieser Umstand nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" in die Gesamtwürdigung einzustellen. Er tritt zu einem anerkannten Milderungsgrund hinzu oder verstärkt das Gewicht der Umstände, die das Fehlen eines derartigen Grundes kompensieren können (Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 27).

15

Diese Bemessungsgrundsätze hat das Oberverwaltungsgericht auf den vorliegenden Fall angewandt. Seine Würdigung, nach den tatsächlichen Feststellungen läge kein anerkannter Milderungsgrund vor, hat die Beklagte nicht angegriffen. Sie rügt jedoch zu Recht, dass das Oberverwaltungsgericht bemessungsrelevante mildernde Umstände nicht aufgeklärt und von vornherein als unbeachtlich eingestuft hat, obwohl hierzu Anlass bestanden hat:

16

Dies gilt zum einen für den Vortrag der Beklagten, sie sei durch einen finanziellen Engpass zur Tat veranlasst worden. Diesem Umstand ist das Oberverwaltungsgericht nicht weiter nachgegangen, weil es ihm mit der Begründung, es liege jedenfalls keine unverschuldete existenzielle Notlage vor, von vornherein die bemessungsrelevante Bedeutung abgesprochen hat. Es gilt zum anderen für die von der Beklagten geschilderte schwierige private Lebenssituation. Diese hat das Oberverwaltungsgericht nicht für bemessungsrelevant gehalten, weil es keinen inhaltlichen Zusammenhang zu der Tat gesehen hat.

17

Diese Verkürzung der Sachaufklärung lässt sich nicht damit vereinbaren, dass nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG entsprechend dem Zweck der Disziplinarbefugnis die Berücksichtigung der gesamten Persönlichkeit der Beklagten geboten ist. Die nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG erforderliche prognostische Gesamtwürdigung muss auf der Grundlage der gesamten Persönlichkeitsstruktur der Beklagten getroffen werden. Daher muss ein finanzieller Engpass auch dann berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen des Milderungsgrundes der existenziellen wirtschaftlichen Notlage nicht erfüllt sind. Auch entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass mildernd zu berücksichtigen ist, wenn das Dienstvergehen Folge einer negativen Lebensphase ist, die der Beamte inzwischen überwunden hat (Urteile vom 18. April 1979 - BVerwG 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219; vom 10. November 1987 - BVerwG 1 D 24.87 - juris; vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851 und vom 23. November 1999 - BVerwG 1 D 5.99 -; Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - NVwZ 2005, 1199 <1200>, insoweit nicht in Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 abgedruckt).

18

Dagegen teilt der Senat nicht die Auffassung der Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe Anlass gehabt, an der Schuldfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt zu zweifeln. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass nach der maßgebenden Sachlage im Berufungsverfahren konkrete Anhaltspunkte für eine Störung der Beklagten im Sinne von §§ 20, 21 StGB vorgelegen haben (vgl. Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 31 f.). Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten kann keinen Erfolg haben. Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt.

2

Der Beklagte steht im Amt eines Oberverwaltungsrats (Besoldungsgruppe A 13) im Dienst der klagenden Gemeinde. Diese hat nach Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO im März 2006 Disziplinarklage mit den Vorwürfen erhoben, der Beklagte habe 1998 und 1999 zwei Mobilfunkkarten sowie 2003 zwei hochwertige Mobiltelefone, die Mobilfunkunternehmen der Klägerin zur Verfügung gestellt hatten, an sich genommen und bis zur Entdeckung im Jahr 2006 privat genutzt. Den jeweiligen Kaufpreis und die laufenden Telefonkosten habe der Beklagte aus eigenen Mitteln bezahlt, wobei er die der Klägerin gewährten Sonderkonditionen in Anspruch genommen habe.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Vorwürfe für erwiesen erachtet und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Diese Maßnahme sei bereits deshalb geboten, weil der Beklagte die in das Eigentum der Klägerin übergegangenen Mobiltelefone unterschlagen habe (sog. Zugriffsdelikte). Es lägen keine entlastenden Umstände vor, die eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses rechtfertigen könnten. Die Grenze der Geringfügigkeit sei selbst dann deutlich überschritten, wenn als Marktwert nur die Hälfte der unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers für den Verkauf der neuen Geräte angesetzt werde. Auch sei erschwerend zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte durch die unberechtigte Nutzung der Mobilfunkkarten zu Lasten der Klägerin einen Vermögensvorteil von rund 1 500 € verschafft habe. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Beklagte drei Grundsatzrügen erhoben.

4

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des hier nach § 67 Satz 1 LDG NRW anwendbaren § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die vom Beklagten mit der Grundsatzrüge aufgeworfenen Rechtsfragen, auf deren Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, nicht erfüllt:

5

Die erste Frage, ob der Milderungsgrund der Geringwertigkeit bei Zugriffsdelikten auch bei mehrmaligem Fehlverhalten bei einer Wertgrenze von insgesamt 200 € liegen kann, hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist.

6

Danach stellt die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BDG) das maßgebende Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme dar. Der Zugriff eines Beamten auf dienstlich anvertraute oder zugängliche Geldbeträge oder Gegenstände in der Absicht, sich diese anzueignen, stellt einen gravierenden Pflichtenverstoß dar, der aufgrund seiner Schwere die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis indiziert. Die Indizwirkung entfällt, wenn der Wert der unterschlagenen oder veruntreuten Gegenstände die Schwelle der Geringfügigkeit nicht deutlich übersteigt (stRspr; vgl. Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 15). Die Schwelle, die deutlich überschritten werden muss, um die Indizwirkung auszulösen, liegt gegenwärtig bei 50 € (Urteile vom 11. Juni 2002 - BVerwG 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <310 f.> und vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 16; Beschluss vom 22. September 2006 - BVerwG 2 B 52.06 - DÖD 2007, 187).

7

Die Indizwirkung entfällt auch, wenn ein anderer anerkannter Milderungsgrund, z.B. freiwillige Offenbarung des Pflichtenverstoßes, eingreift, wobei zugunsten des Beamten der Grundsatz „in dubio pro reo" Anwendung findet. Dem Eingreifen eines anerkannten Milderungsgrundes steht gleich, wenn bemessungsrelevante mildernde bzw. entlastende Umstände feststehen oder dem Beamten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo" zugute kommen, die in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines Milderungsrundes kompensieren können. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten" und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstandes die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung zu entkräften. Jedenfalls bei einem einmaligen Zugriff mit einem begrenzten Schaden kommt in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis absehen, wenn keine belastenden Umstände von erheblichen Gewicht hinzukommen (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 15 und Beschluss vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 B 143.11 - juris Rn. 13). Der Schaden ist begrenzt, wenn die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstandes insgesamt 200 € nicht erreicht. (Beschluss vom 23. Februar 2012 a.a.O.).

8

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Rechtsgrundsätze zum Bedeutungsgehalt des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW dem Berufungsurteil zugrunde gelegt und auf den festgestellten Sachverhalt angewandt. Ausgehend von seiner Würdigung, dass die Geringfügigkeitsgrenze deutlich überschritten ist und kein anderer anerkannter Milderungsgrund eingreift, hat es die belastenden Umstände in Bezug zu den entlastenden Umständen gesetzt. Die Würdigung, die entlastenden Umstände reichten in ihrer Gesamtheit nicht aus, um die Indizwirkung zu entkräften und von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, hält sich innerhalb des Rahmens, den die Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW den Tatsachengerichten für das Ergebnis der Gesamtabwägung belassen. Das Oberverwaltungsgericht hat insbesondere die jahrelange unberechtigte Benutzung zweier Mobilfunkkarten, die ihrerseits eine Dienstpflichtverletzung von erheblichem Gewicht darstellt, zu Recht als belastende Umstände von einigem Gewicht berücksichtigt.

9

Die zweite Frage, ob sich die Schwelle der Geringwertigkeit auch bei solchen Gegenständen nach dem objektiven Marktwert bemisst, die erheblichen Preis-und Wertschwankungen unterliegen oder wie Mobiltelefone als preisgünstige Zugabe beim Abschluss von Mobilfunkverträgen veräußert werden, hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil kein Revisionsverfahren durchgeführt werden muss, um sie zu beantworten.

10

Der Wert von Gegenständen, die gehandelt werden, kann regelmäßig nur nach deren Marktwert bemessen werden. Die daran anknüpfende Frage, auf welche Weise dieser Wert ermittelt wird, kann in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil es sich nicht um eine Frage der Auslegung revisiblen Rechts handelt. Die Bestimmung des Marktwerts eines Gegenstandes gehört zur Ermittlung und Feststellung des Sachverhalts, die der rechtlichen Würdigung vorgelagert ist. Daher können die Verfahrensbeteiligten die Methoden der Wertbestimmung in der Revisionsinstanz nur mit Verfahrensrügen in Frage stellen. In Betracht kommt insbesondere die Rüge, das Verwaltungsgericht habe die Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung nach § 57 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW, § 86 Abs. 1 VwGO verletzt.

11

Eine derartige Aufklärungsrüge kann der Beschwerdebegründung nicht entnommen werden. Mit den Einwendungen des Beklagten gegen die Wertbestimmung von Mobiltelefonen aufgrund der Preisempfehlungen der Hersteller hat sich das Oberverwaltungsgericht auseinandergesetzt. Es hat dargelegt, dass die Mobiltelefone, die der Beklagte an sich genommen hat, zur maßgebenden Zeit der Tatbegehung neu auf dem Markt und daher preisstabil waren. Dem Vortrag, Mobiltelefone würden überwiegend aus Anlass des Abschlusses eines Mobilfunkvertrags mit erheblichen Preisnachlässen abgegeben, hat das Oberverwaltungsgericht Rechnung getragen, indem es als Marktwert nur jeweils die Hälfte der Preisempfehlungen der Hersteller zugrunde gelegt hat.

12

Die dritte Frage nach der Bedeutung einer unangemessen langen Dauer des Disziplinarverfahrens für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, weil sie durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere durch das Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - (BVerwGE 146, 98), geklärt ist.

13

Für die innerstaatlichen Rechtsfolgen einer unangemessen langen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK ist zu beachten, dass diese Bestimmung Verfahrensrechte einräumt. Diese dienen der Durchsetzung und Sicherung des materiellen Rechts; sie sind nicht darauf gerichtet, das materielle Recht zu ändern. Daher kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtsstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Vielmehr kann sie für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der entscheidungserheblichen materiellrechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist das Gebot der konventionskonformen Auslegung im Rahmen des methodisch Vertretbaren zu berücksichtigen (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 50).

14

Dementsprechend hat der Gesetzgeber davon abgesehen, einen inhaltlichen Bezug zwischen der überlangen Dauer eines Verfahrens und den geltend gemachten materiellrechtlichen Positionen herzustellen. Er hat die Verfahrensbeteiligten auf Entschädigungsansprüche nach Maßgabe der §§ 198 ff. GVG (in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 ) verwiesen. Diese Vorschriften finden nach § 173 Satz 2 VwGO, § 3 LDG NRW auch für Disziplinarverfahren Anwendung (Urteil vom 28. Februar 2012 a.a.O. Rn. 51).

15

Ergibt die für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderliche Gesamtwürdigung, hier nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, kann davon nicht abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer lässt sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums, vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen aus, dass ein Beamter weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn auftreten kann, obwohl er durch gravierendes Fehlverhalten untragbar geworden ist. Die Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das von dem Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 53).

16

Nach der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht die unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens der Aberkennung des Ruhegehalts nicht entgegen, wenn der Beamte während seiner Dienstzeit die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verwirkt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Januar 2013 - 2 BvR 1912/12 - NVwZ 2013, 788).

17

Ergibt die Gesamtwürdigung dagegen, dass eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme ausreichend ist, steht fest, dass der Beamte im öffentlichen Dienst verbleiben kann. Hier kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden, wenn das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis wegen der mit dem Verfahren verbundenen Belastungen gemindert ist (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 54).

18

Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil die Höhe der Gerichtsgebühren betragsgenau festgelegt ist (§ 75 Satz 1 LDG NRW, Nr. 62 des Gebührenverzeichnisses der Anlage zu diesem Gesetz).

(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll. Das Urteil ist den Beteiligten zuzustellen.

(2) Statt der Verkündung ist die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(3) Entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, so wird die Verkündung durch Zustellung an die Beteiligten ersetzt.