Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2018 - 19 ZB 17.1602

bei uns veröffentlicht am20.11.2018

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Festsetzung des Abschussplans Gamswild für das Jagdjahr 2016/2017 im Eigenjagdrevier E.-We., dessen Mitinhaber (Jagdausübungsberechtigter) der Kläger ist, das in den Gemarkungen O. und E. (Landkreis G.) liegt, der Hochwildhegegemeinschaft W. zugeordnet ist und ca. 1050 ha Fläche aufweist, die ganz überwiegend über 1000 Höhenmeter liegen und von denen ca. 850 ha im Miteigentum des Klägers stehen. Angaben der zuständigen Forstbehörde zufolge umfasst das Eigenjagdrevier die nach Süd-Ost streichenden Berghänge des O.bergs, die nach Süden exponierten Hänge von H.-berg und S.-berg und den Nord-Westhang des S.-bergs, ist es zu rund 95% bewaldet (bei einem Schutzwaldanteil von ca. 90%) und liegt es im Wildbacheinzugsgebiet der E.e. Im Revier kommen Rotwild, Gamswild und Rehwild vor.

Der Kläger führt Normenkontrollverfahren gegen die Verordnung der Regierung von O. über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk O. vom 9. Dezember 2008 mit Geltung vom 15. Dezember 2008 bis zum 14. Dezember 2013 und die Verordnung der Regierung von O. über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk O. vom 14. Februar 2014 mit Geltung vom 22. Februar 2014 bis zum 21. Februar 2019; mit diesen Verordnungen werden in ausgewählten Gebieten des Regierungsbezirks O. die Schonzeiten für Rotwild, Rehwild und Gamswild in differenzierter Ausgestaltung verkürzt. Weiterhin führt der Kläger verschiedene, gegen die Abschussplanung für sein Eigenjagdrevier E.-We. gerichtete verwaltungsgerichtliche Klageverfahren mit dem Ziel der Absenkung der von der Unteren Jagdbehörde festgesetzten Abschusszahlen. Diesbezüglich sind beim Senat neben dem hiesigen Verfahren über die Zulassung der Berufung betreffend den Abschussplan 2016/2017 für Gamswild weitere Zulassungsverfahren anhängig. Sie betreffen die Festsetzung des Abschussplans 2014/2015 für Rotwild (19 ZB 16.479), die Festsetzung des Abschussplans 2016/2017 für Rotwild (19 ZB 16.1601) und die Festsetzung eines Abschusskontingents für Gamswild im Jagdjahr 2016/2017 (19 ZB 17.1798). Die Festsetzung des Abschussplans 2015/2016 für Rotwild wurde vom Verwaltungsgericht mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 10. Februar 2016 (M 7 K 15.3412) aufgehoben, soweit die jagdbehördliche Festsetzung den Abschussvorschlag des Klägers überstiegen hat.

Mit Schreiben vom 29. Februar 2016 unterbreitete der Kläger der Unteren Jagdbehörde seinen Abschussvorschlag für das Gamswild im Jagdjahr 2016/2017 (Böcke Ia: 1; Böcke IIb: 2; Geißen: 2; Jährlinge: 1; Kitze: 0; insgesamt 6 Tiere). Mit Bescheid vom 8. August 2016 setzte die Untere Jagdbehörde nach einer Befassung im Jagdbeirat und nach Anhörung des Klägers den Abschussplan Gamswild für das Jagdjahr 2016/2017 auf 9 Tiere (Böcke Ia: 1; Böcke IIb: 1; Geißen: 4; Jährlinge: 1; Kitze: 2) fest.

Die gegen den Bescheid gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 29. März 2017 mit der Begründung ab, der Kläger könne eine Aufhebung der Abschussplanfestsetzung grundsätzlich nur in dem Umfang verlangen, in dem sie seine Abschussplanung übersteige, die forstlichen Gutachten wiesen für das Eigenjagdrevier eine zu hohe Verbissbelastung nach und die Untere Jagdbehörde habe die im Rahmen der Abschussplanfestsetzung zu berücksichtigenden Belange ausreichend ermittelt, zutreffend abgewogen und eine vertretbare Entscheidung betreffend die Anzahl der Abschüsse getroffen.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Ein erheblicher Teil des Vorbringens erfüllt das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht (vgl. hierzu Abschnitt A). Soweit im Übrigen dem Darlegungserfordernis hinreichend Rechnung getragen ist, liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor (vgl. hierzu Abschnitt B).

A. Abgesehen von den Zulassungsgründen, die im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt und daher nachfolgend in Abschnitt B vom Senat beurteilt worden sind, genügt die Begründung des Zulassungsbegehrens nicht dem Darlegungserfordernis. Bei Ausführungen erheblichen Umfangs wird nicht hinreichend deutlich, hinsichtlich welchen konkreten Aspekts des Urteils, durch das die Abschussplanfestsetzung für das Gamswild im Jagdjahr 2016/2017 für rechtmäßig befunden worden ist, welcher Zulassungsgrund mit welchen spezifischen Argumenten geltend gemacht wird und weshalb der als fehlerhaft geltend gemachte Urteilsaspekt kausal für die behauptete Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung sein soll. Unkonkrete Ausführungen (wie z.B. „das rechtsfehlerhafte Unvermögen kontaminiert die gerichtliche Subsumtion bzw. Gesetzesanwendung unheilbar“ oder „all dies behaftet mit der offensichtlichen statistischen Unsicherheit, die leicht in Vergessenheit gerät“) vermögen die fehlende Darlegung eines Urteilsfehlers, der erheblich ist und der einen Zulassungstatbestand erfüllt, nicht zu ersetzen.

An demselben Mangel leidet die Geltendmachung von Verstößen gegen das Willkürverbot, in deren Rahmen Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung als objektiv unrichtig, vortragsverfälschend oder sonst wie unzureichend oder fehlerhaft bezeichnet werden. Das Verwaltungsgericht war angesichts der Fülle an Schriftsätzen mit teilweise sich wiederholendem Vorbringen gemäß § 117 Abs. 3 Satz 1 VwGO genötigt, den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Der komplexe Inhalt erschließt sich nicht, wenn aufeinanderfolgende, Ergänzungen enthaltende Schriftsätze wiedergegeben werden, sondern nur anhand einer Zusammenschau des Vorbringens. Der Kläger zeigt nicht im notwendigen Umfang auf, auf welche Art und Weise sich die beanstandeten Formulierungen im Verfahrensergebnis niedergeschlagen haben. Gleichzeitig wird auch nicht dargelegt, weshalb die jeweils gerügte Urteilsausführung auf Willkür beruht, also jegliche Möglichkeit auszuschließen ist, dass sie auf einem willkürfreien Bemühen um das Erfassen der juristischen Substanz umfangreicher, gegebenenfalls nicht hinreichend prägnanter Ausführungen beruht.

B. Soweit die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erforderliche Darlegung von Zulassungsgründen gegeben ist, sind die Zulassungstatbestände nicht erfüllt. Die drei Schriftsätze des Beklagten vom 24. September 2018 (jeweils mit Anlagen) bleiben hierbei unberücksichtigt, nachdem sie keinen wesentlichen neuen Sachvortrag enthalten.

Angesichts des Fehlens durchgreifender Zulassungsgründe kommt es nicht mehr darauf an, ob infolge des Ablaufs des Jagdjahres 2016/2017 (am 31.3.2017), für das der Abschussplan festgesetzt worden ist, der Rechtstreit tatsächlich erledigt ist und ob - sollte letzteres der Fall sein - das im Zulassungsverfahren zusätzlich hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsbegehren (Feststellung, dass die Klage gegen die Abschussplanfestsetzung zulässig und begründet war) ggfs. nach interessengerechter Auslegung statthaft ist und über das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse verfügt. Im Falle einer Erledigung nach Urteilserlass kann ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren insbesondere nur dann erfolgreich sein, wenn durchgreifende Zulassungsgründe geltend gemacht worden sind (vgl. Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 113 Rn 105); auf den „voraussichtlichen“ Klageerfolg kommt es dann nicht mehr an. Weil Zulassungsgründe im Ergebnis nicht vorliegen, kommt es auch nicht mehr auf die Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts an, der Abschussplan sei nur insoweit anfechtbar, als die festgesetzten Abschusszahlen die vom Revierinhaber vorgeschlagenen übersteigen. Wäre diese Auffassung unrichtig - hierfür spricht allerdings, dass es sich bei der Abschussplanaufstellung über die zahlenmäßige Bestimmung des Abschusses hinaus um eine auf einheitlichen Überlegungen beruhende und nach Geschlecht und Klassen des Schalenwildes differenzierende Gesamtentscheidung handelt -, wäre nicht die (für das Zulassungsantragsverfahren entscheidende) Klageabweisung als solche fehlerhaft; die Anfechtungsklage hätte dann, soweit sie auch die vom Revierinhaber vorgeschlagenen Zahlen erfasst, als insgesamt unbegründet (und nicht - wie geschehen - als teilweise unzulässig) abgewiesen werden müssen.

a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 - 1 BvR 3057/11 - BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 - 2 BvR 2615/14 - IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77/83). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 - 14 ZB 16.280 - juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 - 8. ZB 16.1806 - juris Rn. 9 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 - 20 ZB 12.1881 - juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 - 8 ZB 16.1806 - juris Rn. 9).

Nach diesem Maßstab bestehen im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der klageabweisenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Die Einwendungen der Klägerseite greifen nicht durch.

1. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Verwaltungsgericht die Bedeutung seines Eigentumsrechts nicht verkannt. Die Ausführung des Verwaltungsgerichts, durch die Abschussregelung gemäß § 21 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 BJagdG würden „die berechtigten Belange der Forstwirtschaft“ gewahrt, ist nicht fehlerhaft.

Bei der jagdbehördlichen Entscheidung über den Abschussplan für das konkrete Jagdrevier nach § 21 BJagdG, Art. 32 BayJG und § 15 AVBayJG hat die Behörde die nach dem Gesetz für die Wildbestandssteuerung relevanten öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Belange zu gewichten sowie den Sachverhalt zu ermitteln und zu bewerten. Eine individuelle Betrachtung des einzelnen Jagdbezirks ist erforderlich; ein pauschales Vorgehen (etwa anhand eines fiktiven Wildbestandes pro einer bestimmten Fläche) ist unzulässig. Es ist ein Interessenausgleich zwischen den volkswirtschaftlichen und landeskulturellen Belangen einerseits und den jagdlichen, naturschützerischen und landespflegerischen Intentionen andererseits vorzunehmen. Nachdem der gesetzlichen Vorgabe in allen Jagdrevieren Rechnung zu tragen ist, bedarf es angesichts der Heterogenität der natürlichen Verhältnisse (naturräumliche Strukturen und insbesondere Wildarten und -bestände) hierzu praktikabler und entsprechend flexibler Methoden und Verfahren. Im Rahmen der Überprüfung kann das Gericht ebenso wie die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt feststellen und würdigen. Insofern liegt eine normanwendende Tätigkeit vor, die vom Gericht ebenso wie von der Behörde vollzogen werden kann und muss. Den Jagdbehörden steht bei der Festlegung von Ausmaß und Art der Abschüsse nach § 21 BJagdG, Art. 32 BayJG und § 15 AVBayJG weder ein planerisches Ermessen noch ein vom Gericht nicht voll nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Trotz des Wortes „Abschussplan“ ist der Behörde kein planerischer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Dennoch ist die Abschusszahl nicht mathematisch-logisch, etwa anhand einer normativen Formel zu bestimmen. Das Gericht kann die in den Vorschriften gebrauchten unbestimmten Rechtsbegriffe daraufhin - gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen - überprüfen, ob die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt richtig gewertet hat, ob sie die verschiedenen Belange entsprechend der Zielvorgabe des Gesetzgebers zutreffend abgewogen hat und ob die Höhe des Abschusses sich noch in einem vertretbaren Zahlenrahmen befindet (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 25, B.v. 11.4.2016 - 3 B 29/15 - juris Rn. 10; BayVGH, U. v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 und 19 B 91.1208; U.v. 7.11.1996 - 19 B 93.956).

Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass sich die für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit maßgebliche Sach- und Rechtslage nach dem jeweils heranzuziehenden materiellen Fachrecht beurteilt (s. etwa BVerwG, U.v. 31.3.2004 - 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246; B.v. 20.1.1999 - 8 B 232.98 - Buchholz 428.1 § 12 InVorG Nr. 10; stRspr), wobei dies bei der Anfechtungsklage im Allgemeinen und vorbehaltlich abweichender Regelungen des materiellen Rechts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist (BVerwG, B.v. 4.7.2006 - 5 B 90/05 - juris; B.v. 27.12.1994 - 11 B 152.94 - juris). Nachdem die Abschusspläne das Jagdverhalten in der Folgezeit steuern sollen (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayJG), ist maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt der Zeitpunkt der Festsetzung des Abschussplans durch die Untere Jagdbehörde.

Im Zusammenhang mit einer Abschussregelung versteht es sich von selbst, dass die Wahrung der in § 21 Abs. 1 BJagdG genannten Belange vor allem im Schutz gegen Wildschäden besteht. Der Wortlaut der Abschussregelung in § 21 BJagdG hat zur Folge, dass es bei der Abschussfestsetzung zum einen (auch) hinsichtlich der Forstwirtschaft auf das Interesse an der Abwehr (und nicht am Eintritt) von Wildschäden ankommt und dass zum anderen bei der Beurteilung dieses Interesses die Forstwirtschaft abstrakt generalisierend in den Blick zu nehmen ist (BGH, U.v. 22.5.1984 - III ZR 18/83 - juris Rn. 24), also nicht jeder einzelne Forstbetrieb mit seiner spezifischen Wirtschaftsweise, sei sie gesetzeskonform oder nicht. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Pflanzenverbiss (der Kläger und die Miteigentümer der Eigentümergemeinschaft R. betrachten das Wild als nützlichen, kostenlosen Helfer, der möglichst viel Tanne, Buche und Edellaubholz fressen soll). Der Verbiss geht von wilden, in Freiheit lebenden Tieren aus, die gemäß § 960 Abs. 1 Satz 1 BGB herrenlos sind. Das eigentumsgegründete Recht der Jagd bezieht sich nicht auf sie selbst, sondern lediglich auf ihre Aneignung. Die Herrenlosigkeit des Schalenwildes hat zur Folge, dass der vom Wild ausgehende Pflanzenverbiss nicht zu den aus dem Grundeigentum folgenden Rechten gehört, dass also der Inhaber von Forstgrundstücken keinen Anspruch auf Pflanzenverbiss hat (zum fehlenden Anspruch auf einen bestimmten Bestand an Wild: vgl. HessVGH, B.v. 5.1.2006 - 11 UZ 1111/04 - JE VI Nr. 63, juris Rn. 9 ff.; B v. 26.1.1982, NuR 1987, 96; OVG Lüneburg vom 28.3.1984 - JE I Nr. 34; zum Anspruch auf Rotwild vgl. BayVerfGH, E.v. 18.10.1996 - Vf. 15- VII-95 - juris, insbesondere Rn. 59 ff.).

Das Jagdrecht als besonderer Bestandteil des Grundstückseigentums und das Jagdausübungsrecht als vermögenswertes subjektives Recht nehmen am verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentumsteil (BGH, U.v. 14.6.1982 - III ZR 175/80 - DÖV 1983, 345; U.v. 15.2.1996 - III ZR 143/94 - DÖV 1996, 702 - beide juris; BVerwG, U.v. 4.3.1983 - 4 C 74/80 - BayVBl 1983, 503/504 - juris; Meder, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 4. Aufl. 1992, Rn. 2 zu Art. 103). Jagdrechtliche Vorschriften können aber das Jagd- und das Jagdausübungsrecht beschränken, ohne deren Wesensgehalt zu verletzen. Die Jagd und ihre Ausübung sind von wesentlichem Einfluss auf die Vegetation, insbesondere den Wald. Der Wald hat überragende Bedeutung für das Klima, den Wasserhaushalt, die Sauerstoffproduktion, die Nährstoffspeicherung und die biologische Vielfalt (vgl. § 1 Nr. 1 BWaldG sowie Abschnitt II. B lit. a 4.3.1) Regelungen über die Jagdausübung stehen deshalb unter dem aus Art. 141 Abs. 1 BV abzuleitenden Verfassungsgebot, den Wald auch vor Schäden durch zu hohen Wildbestand zu schützen. Jagd- und Jagdausübungsrecht können eine ordnungsgemäße land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzung beeinträchtigen. Der Gesetzgeber ist deshalb gehalten, im Interesse des Gemeinwohls (vgl. Art. 14 Abs. 2 GG) das Jagdrecht einschließlich der damit verbundenen Wildhege zu begrenzen. Die Annahme, § 21 BJagdG sei unter den gegebenen Verhältnissen gar nicht anwendbar, ist offensichtlich verfehlt.

Es kommt hinzu, dass nicht sämtliche Waldflächen des Eigenjagdreviers im Eigentum der Eigentümergemeinschaft R. stehen. Nur ca. 784 ha bzw. 75% gehören den Miteigentümern R. und ca. 271 ha bzw. 25% gehören anderen Privateigentümern. Die gesetzeskonformen forstwirtschaftlichen Interessen dieser anderen Grundeigentümer werden durch die Art der Jagdausübung im Eigenjagdrevier des Klägers geschädigt (vgl. im einzelnen Abschnitt II. B lit. a 3.2.4). Der Kläger lässt bei seiner ausschließlich auf seine Miteigentumsflächen und deren spezielle Bewirtschaftung reduzierten Betrachtungsweise die eingegliederten Fremdflächen außer Betracht, obwohl er für deren Integrität gegenüber Schalenwildverbiss infolge seiner exklusiven Jagdausübungsberechtigung die Verantwortung trägt. Die Größenrelation dieser Flächen rechtfertigt nicht die Schädigung dieser Waldeigentümer. Auch für Flächen in einem Eigenjagdrevier können Grundstückseigentümer den Schutz vor Wildschaden beanspruchen (OVG NRW, U.v. 5.11.1985 - 20 A 1454/84 - juris - JE VI Nr. 23; NdSOVG, U.v. 18.12.1986 - 14 OVG A 119/83 - JE VI Nr. 25). Gegen Abschusspläne, die dies missachten, sind sie zur Klage befugt (BVerwG, U.v. 30.3.1995 - 3 C 8/94 - juris). Eine fehlerhafte behördliche Abschussplanfestsetzung kann Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG (wegen Verletzung einer dem Waldeigentümer bestehenden Amtspflicht zum Schutz des Waldes vor Wildschäden) zur Folge haben (vgl. BGH, U.v. 22.5.1984 - III ZR 18/83 - JE I Nr. 33).

2. Entgegen der Auffassung des Klägers begründet die Tatsache, dass in die Abschussplanung verschiedene Behörden des Beklagten eingebunden sind, keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abschussplans und damit an der Klageabweisung.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG ist der (vom Jagdausübungsberechtigten) eingereichte Abschussplan von der gemäß Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayJG zuständigen Kreisverwaltungsbehörde als Untere Jagdbehörde zu bestätigen, wenn er den Vorschriften des § 21 Abs. 1 BJagdG und des Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG entspricht und im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand oder dem Inhaber des Eigenjagdreviers aufgestellt ist; andernfalls wird der Abschussplan von der Behörde festgesetzt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 AVBayJG). Den zuständigen Forstbehörden (gemäß Art. 27 Abs. 1 Nr. 2 BayWaldG sind untere Forstbehörden die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) ist vor der Abschussplanung Gelegenheit zu geben, sich auf der Grundlage eines forstlichen Gutachtens über eingetretene Wildschäden an forstlich genutzten Grundstücken zu äußern und ihre Auffassung zur Situation der Waldverjüngung darzulegen. Die notwendigen Erhebungen sind gemäß Art. 28 Abs. 1 Nr. 10 BayWaldG Aufgabe der Forstbehörden; sie werden bei der Erfüllung von der Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF) unterstützt.

Der Kläger lässt bei seiner Rüge einer unzureichenden Unterscheidung der Zuständigkeiten durch das Verwaltungsgericht unberücksichtigt, dass die forstlichen Gutachten bereits dann zu berücksichtigen sind, wenn er den (zur Bestätigung einzureichenden) Abschussplanungsvorschlag erstellt. Schon im Urteil vom 30. April 1992 hat der Senat festgestellt, dass nicht nur die Untere Jagdbehörde bei der Festsetzung des Abschussplans, sondern auch der Jagdausübungsberechtigte bei der Aufstellung des Abschussplanes an die in den Vorschriften der § 21 BJagdG, Art. 32 BayJG und § 15 AVBayJG genannten Voraussetzungen gebunden ist (vgl. BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 39). Die forstlichen Gutachten als gesetzlich verankerte Grundlage der Abschussplanung werden den Jagdausübungsberechtigten ausdrücklich für die Zwecke der Abschussplanung zur Verfügung gestellt. Es ist folglich sowohl dem Kläger als auch den sonstigen mit der Abschussplanung befassten Personen ohne weiteres möglich, den Inhalt der forstlichen Gutachten von der Abschussfestsetzung der Unteren Jagdbehörde zu unterscheiden. Das forstliche Gutachten muss (ebenso wie jedes andere Gutachten) in der Entscheidung (im Festsetzungsbescheid) nicht vollständig wiedergegeben werden. Es ist vom Gericht auch dann in vollem Umfang in die Überprüfung der Abschussplanfestsetzung einzubeziehen, wenn nicht alle seine Einzelheiten im Bescheid der Unteren Jagdbehörde enthalten sind.

Nachdem der Wildverbiss allgemein und insbesondere bei der natürlichen Waldverjüngung das wichtigste Indiz zur Beurteilung der Frage darstellt, ob der Wildbestand überhöht ist (vgl. Nr. 3), sind die Forstbehörden besonders geeignet zu dieser Beurteilung und zur Sammlung und Bewertung aller weiteren, mit den Verbissfeststellungen abzuwägenden Indizien mit Aussagekraft bezüglich der Wildbestandshöhe. Aufgrund des landesweiten Behördennetzes, das seit 1986 die forstlichen Gutachten erstellt, sind sie in besonderer Weise in der Lage, auf Erfahrungen zurückzugreifen und vergleichende Bewertungen vorzunehmen.

Insgesamt ist die Beauftragung der Forstbehörden mit der Erstellung von Gutachten für die Abschussplanung durch das Bayerische Jagdgesetz sachgerecht und würde sich auch ohne eine gesetzliche Regelung aufdrängen. Da die Argumentation des Beklagten im Bescheid vom 8. August 2016 auf dem Forstlichen Gutachten aus dem Jahr 2015 und der ergänzenden Revierweisen Aussage fußt (siehe S. 6 des Bescheids), macht sich der Beklagte die dortigen Ausführungen in nicht zu beanstandender Weise zu eigen.

3. Die gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 BayJG eingeholten forstlichen Gutachten, in denen der Zustand der Vegetation und der Waldverjüngung insbesondere im Hinblick auf die Einwirkungen des Schalenwildes dargestellt und bewertet wird, begründen entgegen der Auffassung des Klägers keinen Rechtsanwendungsfehler. Das Forstliche Gutachten 2015 und die Revierweise Aussage 2015 sind der Abschussplanung zu Recht zu Grunde gelegt worden.

Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr auf die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Beweiserhebung und hierbei etwa begangenen Rechtsfehler an. Nachdem der streitgegenständliche Abschussplan durch die forstlichen Gutachten gestützt wird (wovon auch das Verwaltungsgericht ausgeht), ist die Frage unerheblich, ob der Abschussplan in den vom Verwaltungsgericht erhobenen Beweisen noch eine weitere Stütze hat.

3.1 Die bei der Gutachtenserstellung angewendeten Grundsätze sind nicht zweifelhaft.

3.1.1 Der Umstand, dass Bedienstete des Beklagten die Gutachten erstellen, begründet nicht ihre organisatorische Befangenheit. Zum einen sind sie dadurch in besonderer Weise der Beachtung rechtlicher Vorgaben, zur Objektivität und dem Gemeinwohl verpflichtet. Zum anderen sind die behördlichen Mitarbeiter im Rahmen des Beamtenverhältnisses vor rechtswidrigen Einflussnahmen besonders geschützt; im Prozess sind sie als Zeugen, nicht aber als Partei zu hören. Die Beteiligung von Fachbehörden ist im Verwaltungsrecht nicht unüblich. In wasserrechtlichen Verwaltungsverfahren ist die Einschaltung des Wasserwirtschaftsamtes als Fachbehörde und amtlicher Sachverständiger ständige Praxis und von der Rechtsprechung mit Vorrang gegenüber privaten Gutachtern gebilligt (vgl. BayVGH, B.v. 17.5.2018 - 8 ZB 16.1977 und 8 ZB 16.1979 - juris). In beamtenrechtlichen Verfahren werden Amtsärzte in besonderem Maße als neutral und unabhängig erachtet, denn sie unterliegen den beamtenrechtlichen Grundpflichten, insbesondere der Pflicht, die übertragenen Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2006 - 1 D 10/05 - juris Rn. 37 ff.; U.v. 5.6.2014 - 2 C 22/13 - juris Rn. 20).

Eine Bindung an voreingenommen oder sachwidrig erstellte Gutachten ist ebenso wie bei Gutachten in anderen Bereichen nicht gegeben und wird auch von der gesetzlichen Regelung nicht vorgeschrieben (vgl. BVerwG, B.v. 26.01.1993 - 3 B 125/92 - juris Rn. 3). Das forstliche Gutachten unterscheidet sich insoweit nicht vom allgemeinen Begutachtungswesen, bei dem eine Voreingenommenheit des Gutachters, die Zugrundelegung eines falschen oder unvollständigen Sachverhalts, die unrichtige Feststellung, Gewichtung oder Bewertung eines Anhaltspunkts, Verstöße gegen Denkgesetze oder gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse usw. vorkommen können. Die für die Gutachtenserstellung entwickelten Methoden bedürfen daher keiner normativen Verankerung (vgl. BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 53). Liegt ein unvoreingenommen und sachkundig erstelltes sowie auch in seinen Schlussfolgerungen nicht erfolgreich angegriffenes Gutachten vor, bleibt es - wie ein einwandfreies Gutachten mit anderer Thematik - auch im Streitfall zwischen den Beteiligten maßgeblich und ist eine weitere Beweiserhebung zur begutachteten Frage nicht veranlasst. Die Klageerhebung als solche ist kein hinreichender Grund, sachgerecht gewonnene Erkenntnisse zu übergehen.

3.1.2 In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Senat (BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 55 ff.) entgegen der Ansicht des hiesigen Klägers festgestellt, dass die forstlichen Gutachten nicht gesondert für jedes Jagdrevier anstatt für die Hegegemeinschaft insgesamt erstellt werden (ebenso Senatsurteil v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 95). Der Senat hat ausgeführt, in Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG spreche der Gesetzgeber nicht davon, dass der Zustand der Vegetation im jeweiligen einzelnen Jagdrevier zu berücksichtigen sei, sondern generell vom Zustand der Vegetation. In gleicher Weise spreche § 21 BJagdG allgemein von den berechtigten Ansprüchen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden und den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege. Außerdem beschränke sich der Lebensraum des Schalenwildes nicht auf das einzelne Jagdrevier, sondern erstrecke sich auf größere Flächen. Das Abstellen auf die Hegegemeinschaft und nicht auf das einzelne Jagdrevier entspreche letztlich auch den Bestimmungen in § 10a BJagdG und Art. 13 BayJG, denen zufolge die Hegegemeinschaften zum Zweck der Hege des Wildes gebildet werden und um eine ausgewogene Hege der vorkommenden Wildarten und eine einheitliche großräumige Abschussregelung zu ermöglichen. Um letzteres zu erreichen, sei es daher sinnvoll, die für die Abschussregelung vorgeschriebene maßgebliche Grundlage, nämlich die forstlichen Gutachten, ebenfalls für den Großraum der Hegegemeinschaft zu erstellen. Zwar ist der Abschussplan für das jeweilige Jagdrevier zu erstellen (vgl. § 21 Abs. 2 BJagdG sowie BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris). Dies schließt eine großräumigere Untersuchung und Beurteilung des Vegetationszustands und der Naturverjüngung keineswegs aus, zumal ausschließlich kleinräumige Ermittlungsversuche deutlich größere Unschärfen zur Folge hätten. Anhaltspunkten für die Erforderlichkeit einer Differenzierung kann sowohl im Hegegemeinschaftsgutachten als auch im Zuge der Abschussplanaufstellung Rechnung getragen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Arbeitsanweisung für die Erstellung der Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015.

3.1.3 Zwischenzeitlich hat der Beklagte seine Methodik zur Erstellung der Gutachten zur Situation der Waldverjüngung weiterentwickelt und verfeinert (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, Stand 1.5.2018, Nr. 15.32, zu Art. 32 BayJG Anm. 3.1.4). Seit dem Jahr 2012 werden die Hegegemeinschaftsgutachten durch Revierweise Aussagen zur aktuellen Verjüngungs- und Verbisssituation im Jagdrevier ergänzt. Diese werden für die Jagdreviere in den „roten“ Hegegemeinschaften erstellt, in denen im vorangegangenen Hegegemeinschaftsgutachten die Verbissbelastung als „zu hoch“ oder „deutlich zu hoch“ bewertet worden ist (vgl. die Anweisung zur Erstellung der ergänzenden Revierweisen Aussagen zum Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 - nachfolgend: AnweisungRA - Einleitung, S. 3) und in denen folglich Handlungsbedarf besteht. Die Revierweisen Aussagen sind laut AnweisungRA gutachtliche Feststellungen, die im Wesentlichen auf den örtlichen Erfahrungen der jeweils zuständigen Forstbeamten beruhen. Sie sollen sich daneben möglichst auch auf Erkenntnisse stützen, die aus gemeinsamen Revierbegängen, aus Weiserflächen, aus den Aufnahmen zur Verjüngungsinventur für das Hegegemeinschaftsgutachten, aus einfachen Traktverfahren o.ä. seit der Erstellung des vorangegangenen Forstlichen Gutachtens gewonnen werden. Die Revierweisen Aussagen sind Teil des Forstlichen Gutachtens für die Hegegemeinschaft. Revierweise Aussagen können nur für Jagdreviere erstellt werden, in denen es für die Beurteilung geeignete Verjüngungsbestände gibt (vgl. AnweisungRA, Nr. 2.1 Allgemeines, S. 4). Wesentlicher Maßstab bei beiden Begutachtungen ist das Erreichen des sogen. Waldverjüngungsziels. Angesichts der durch die Revierweisen Aussagen verbreiterten Gutachtensbasis stellt sich die vom Kläger problematisierte Frage nicht, ob die hegegemeinschaftsweise Begutachtung eine ausreichende Grundlage für die Abschussplanung bilden kann.

3.1.4 Die von den Bayerischen Forstbehörden entwickelte Gutachtensmethodik ist rational und beruht ersichtlich auf vernünftigen Überlegungen; ein Widerspruch zu Denkgesetzen oder zu wissenschaftlichen Erkenntnissen ist weder im hiesigen Verfahren noch in einem anderen dem Senat bekannten Verfahren dargetan worden. Nachdem Anzeichen für eine generelle Untauglichkeit des Begutachtungsverfahrens weder bekannt noch überzeugend vorgetragen sind, ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Begutachtung, die bereits im Hinblick auf die Anweisung eine forstwissenschaftliche Grundlage hat, auf in Jahrzehnten gewonnenen forstfachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht.

3.1.5 Der Kläger meint, die Ermittlung des Wildbestandes im Jagdrevier sei in den forstlichen Gutachten unzureichend und dem Aktenstand widersprechend erfolgt und die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen sowie die einschlägige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung seien verkannt worden. Dies ist nicht der Fall.

3.1.5.1 Der Senat hat im Urteil vom 19. Mai 1998 (U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 96) festgestellt, dass der Wildbestand nach den bisherigen Erfahrungen und den übereinstimmenden Auffassungen aller Experten nicht sicher festgestellt werden kann (zum diesbezüglichen Problembewusstsein des Klägers vgl. Abschnitt II. B lit. a 4.) und es deshalb auch nicht Aufgabe der forstlichen Gutachten ist, den konkreten Wildbestand für das einzelne Jagdrevier oder für die Hegegemeinschaft zahlenmäßig zu ermitteln. Hieran ist festzuhalten. Das Wild wechselt - auch wenn manche Arten relativ standorttreu sind - über die Grenzen von Revieren und Hegegemeinschaften hinweg. Neben den sachlichen Schwierigkeiten für eine belastbare Wildzählung (in Abschnitt II.1 der Richtlinien für die Hege und Bejagung des Schalenwildes in Bayern - Bek. v. 9.12.1998, AllMBl. 1999, 73, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 31.8.2012, AllMBl S. 596 - Hegerichtlinie - wird eine Zählung ohnehin nur für Rotwild, Damwild und Muffelwild in Betracht gezogen und darüber hinaus eine Prüfung der Frage der Brauchbarkeit für nötig erachtet) darf die Unsicherheit nicht übersehen werden, die aus dem Umstand resultiert, dass dem Jagdrechtsinhaber die Auswirkungen der von ihm gelieferten Zahlen auf den Abschussplan bekannt sind. Angesichts der nachhaltigen Ablehnung maßgeblicher jagdrechtlicher Vorschriften durch den Kläger ist diese Unsicherheit vorliegend besonders groß. Vom Kläger gelieferte Rotwildzahlen haben sich als unbrauchbar erwiesen (vgl. Abschnitt II. B lit. a 4. der Gründe des Senatsbeschlusses vom selben Tag im Verfahren 19 ZB 17.1601). Das gewichtigste Indiz für die zentrale Frage der Angemessenheit des Wildbestands ist der Wildverbiss (in Nr. 4 der Anweisung wird artübergreifend von Schalenwildverbiss gesprochen), weil er von allen zu berücksichtigenden Umständen (die gesammelt, bewertet, gewichtet und abgewogen werden müssen) die höchste Aussagekraft für die Verträglichkeit des Wildbestandes mit den übrigen Bestandteilen der Natur (und damit für die Funktionsfähigkeit ihres Wirkungsgefüges) und mit den menschlichen Interessen (insbesondere dem Interesse am Schutz des Grundeigentums) besitzt. Die Überlegung, dass der Umfang des Jungwaldverbisses im Zuge der Nahrungsaufnahme in engem Zusammenhang mit dem Schalenwildbestand steht, ist ohne weiteres nachvollziehbar und plausibel. Das Ziel der Ermöglichung der natürlichen Waldverjüngung der standortgemäßen Baumarten, das eine entsprechende Begrenzung des Wildverbisses erfordert, ist nicht nur in Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG und Art. 1 Abs. 2 Nr. 2, 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayWaldG vorgeschrieben; auch die zutreffende Abwägung der in § 21 BJagdG genannten Belange führt zu diesem Gemeinwohlerfordernis. Das Bundesverwaltungsgericht weist in seiner Entscheidung vom 19. März 1992 (3 C 62/89 - juris Rn. 27) darauf hin, dass auch ein Abschussvorschlag auf der Grundlage einer Wildzählung anhand weiterer Anhaltspunkte (insbesondere der Verbissbelastung) untersucht werden muss. Das Ausmaß des vom Wild verursachten Pflanzenverbisses wird nicht nur durch den Wildbestand, sondern auch durch die variierenden natürlichen Verhältnisse im jeweiligen Jagdrevier beeinflusst (zu deren Bedeutung vgl. BVerwG, U.v. 19.3.1992, a.a.O., Rn. 28), sodass eine Fokussierung auf den absoluten Wildbestand auch dann nicht zielführend wäre, wenn er verlässlich ermittelt werden könnte. Die besondere Beachtung des Wildverbisses in den forstlichen Gutachten ist deshalb entgegen der Auffassung des Klägers keineswegs fachlich fragwürdig.

Insgesamt sind die hinsichtlich des Bestands von Schalenwildarten im Jagdrevier gewonnenen Eindrücke (nach Überprüfung ihrer Brauchbarkeit), das nach Maßgabe von § 16 Abs. 6 AVBayJG erhobene oder sich aus Wildstrecken ergebende Zahlenmaterial, erfahrungsgestützte flächenbezogene Durchschnittswerte u. ä. in die Überlegungen einzubeziehen (als Anhaltspunkte von sehr unterschiedlichem Gewicht), jedoch eher dann, wenn es um die Abschussfestlegung für eine bestimmte Schalenwildart geht (Rotwild, Gamswild, Rehwild), und weniger bei der Beurteilung der Angemessenheit des Schalenwildbestandes.

Das landesweit einheitliche Erhebungsverfahren - nach Maßgabe der Anweisung für die Erstellung der Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 sowie der Anweisung zur Erstellung der ergänzenden Revierweisen Aussagen zum Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 - ermöglicht die Einbeziehung unterschiedlicher Naturräume und Waldstrukturen. Die forstlichen Gutachten werden also nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass sich der Wald in der gegenständlichen Hegegemeinschaft in unterschiedliche Vegetationszonen gliedert (das Gutachten beschreibt Fichtenhochlagenwälder in den höheren Lagen - höher als 1600 m üNN -, Bergmischwälder an den Unter- und Mittelhängen sowie Feucht- und Moorwälder in den Ebenen). Anhaltspunkte für eine Unbrauchbarkeit des Verfahrens unter bestimmten Standortbedingungen sind weder bekannt noch werden sie vom Kläger vorgetragen.

Der Kläger meint zwar, das Verwaltungsgericht habe den Verbiss künstlich in die „hohen“ Lagen des Jagdreviers und damit in den tatsächlichen Lebensraum des Gamswildes verlegt, um die Abschusserhöhung mit sachwidrigen Erwägungen rechtfertigen zu können (der Kläger meint, das Ergebnis der Waldverjüngungsinventur und des Forstlichen Gutachtens betreffe den Lebensraum des Gamswildes nicht, weil die Aufnahmepunkte zwischen 800 bis 1000m üNN liegen). Die forstlichen Gutachten beanspruchen aber zu Recht ohne Rücksicht auf die topografischen Verhältnisse Geltung in der gesamten Hegegemeinschaft und sämtlichen darin befindlichen Waldstrukturen. Der Lebensraum des Gamswildes liegt keineswegs außerhalb der vom Verbiss betroffenen Bereiche. Als Lebensraum des Gamswildes bezeichnet der Kläger insbesondere die Bereiche der Latschen und Grashänge; er widerlegt aber nicht den Vortrag des Beklagten, wonach sich das Gamswild auch im Wald aufhält und damit erheblich zum Pflanzenverbiss beiträgt. In der Anlage zur Klageerwiderung vom 22. November 2016 ist ausgeführt, das Gamswild in den bayerischen Alpen sei nicht nur an die ausgesprochenen Hochlagen gebunden, sondern nutze je nach Witterung und Jahreszeit ganzjährig auch die tiefergelegenen Bergwälder als Lebensraum. Nach den Beobachtungen privater Waldbesitzer und der Forstverwaltung verhalte sich dies auch im Eigenjagdrevier so. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Wildtiersteckbrief des Bayerischen Landesjagdverbandes zum Gamswild (https://www.jagd-bayern.de/gamswild.html).

Wesentliche Grundlage der forstlichen Gutachten sind die Ergebnisse der Verjüngungsinventur. Mit diesem systematisch durchgeführten Stichprobenverfahren werden die natürliche Waldverjüngung sowie der Wildverbiss auf Hegegemeinschaftsebene erfasst. Anhand eines bayernweiten Gitternetzrasters werden je Hegegemeinschaft 30 bis 40 „Verjüngungsflächen“ (Stichproben-Flächen) festgelegt, auf denen durch die Untere Forstbehörde Daten zur Waldverjüngung anhand eines genau festgelegten Verfahrens erhoben werden. Aufgrund des Strichprobenverfahrens sind bei vertretbarem Arbeitsaufwand Feststellungen möglich, die für die Hegegemeinschaft repräsentativ sind.

Die seit dem Jahr 1986 praktizierte und währenddessen verbesserte Methodik der Stichproben-Verjüngungsinventur ist für den Zweck der Bestandsregulierung geeignet, angemessen und ausreichend und beachtet die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 52 ff.). Sie hat sich in der Praxis - auch für den Bergwald - als tauglich erwiesen und bewährt. Die Fortschreibung der Inventur im Turnus von drei Jahren gewährleistet eine stetige Aktualisierung und erlaubt durch den fortlaufenden Vergleich die Ableitung von Entwicklungen und Trends, insbesondere bei Waldentwicklung und Wildbestand. Ansätze zur Verbesserung des Begutachtungsverfahrens, die der Beklagte unbeachtet gelassen hat, sind vom Kläger nicht aufgezeigt worden und auch sonst nicht erkennbar. Es liegt auf der Hand, dass schon aus wirtschaftlichen Gründen keine vollflächige Waldverjüngungsinventur zum Zwecke der Bestandsregulierung beim Schalenwild in einem Turnus von drei Jahren erstellt werden kann. Ein gewisses Maß an Fehlerhaftigkeit oder Ungenauigkeit ist einem solchen Stichprobenverfahren systemimmanent. Angesichts des Rahmens, in dem das Stichprobenverfahren durchgeführt wird, ist es auch tolerabel. Zielsetzung ist die Regulierung von Beständen herrenloser Wildtiere, deren Erhöhung nicht gefordert werden kann (BayVGH, U.v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - juris Rn. 76 m.w.N.). Es kommt hinzu, dass die Waldverjüngungsinventur das wichtigste, aber nicht das einzige Indiz ist, anhand dessen die Wildbestände hinsichtlich ihres Umfangs eingeordnet und als überhöht oder nicht überhöht beurteilt werden. Die Anweisung berücksichtigt, dass topographische, vegetative, kulturelle und andere Besonderheiten des Jagdbereichs (die von jedem Beteiligten vorgetragen werden können und denen bei hinreichend substantiierter Geltendmachung nachgegangen werden muss) dazu führen können, dass ein Wildbestand als umwelt- und kulturverträglich einzuschätzen ist, der es ohne diese Besonderheiten nicht wäre (und umgekehrt).

Nachdem es sich bei der Waldverjüngungsinventur um ein repräsentatives, mit gleichmäßig verteilten Rasterpunkten arbeitendes Stichprobenverfahren handelt, wird ihre Brauchbarkeit nicht durch den Nachweis abweichender Verhältnisse in einzelnen Teilen der Hegegemeinschaft oder gar in Teilen eines einzelnen Jagdreviers in Frage gestellt, denn bei einem solchen Verfahren ist in wieder anderen Teilen mit Abweichungen in die Gegenrichtung zu rechnen. Die Richtigkeit ihrer Ergebnisse könnte lediglich durch eine andere Ermittlungsweise in Frage gestellt werden, die ebenfalls mit guten Gründen den Anspruch auf Repräsentativität erheben kann oder die die Fläche der Hegegemeinschaft oder des Jagdreviers komplett erfasst. Derartiges hat der Kläger jedoch nicht dargelegt.

Er hat im Zulassungsverfahren lediglich einen Standort, den Bereich der sogen. Mahdwanne, benannt, an dem seiner Auffassung nach eine ausreichende Tannenverjüngung nachgewiesen werden kann, also nichts angeführt, was den Anspruch auf Repräsentativität erheben konnte. Obwohl es demzufolge nicht auf diesen Standort ankommt, stellt der Senat fest, dass auch nach dem Ergebnis des Zulassungsantragsverfahrens die Umstände an diesem Standort nicht gegen die Auffassung sprechen, der Verbissdruck auf die Tanne sei allgemein zu hoch. Die Forstverwaltung hat diese lokale Besonderheit nicht in Abrede gestellt. Sie hat allerdings zum einen darauf hingewiesen (Schreiben vom 12.12.2016), dass auch bei diesem Standort ein nicht unerheblicher Umfang von Schalenwildverbiss vorliegt, und zum anderen für den Senat nachvollziehbar erläutert, dass besondere Standortfaktoren gegeben sind. Die sogen. Mahdwanne liegt in der Nähe eines Wanderweges und im Umfeld einer Jagdhütte. Es ist ohne weiteres plausibel, dass derartige Standortverhältnisse infolge ihres erhöhten Störungspotentials ein verstärktes Meidungsverhalten beim Schalenwild auslösen und in der Konsequenz zu einer geringer ausgeprägten lokalen Verbissrate bei der Tanne führen.

Die Erzielung repräsentativer Ergebnisse wird durch die Möglichkeit vereinzelter Fehlbeurteilungen bei der Gutachtensbestimmung von Schadursachen (in die eine oder die andere Richtung) nicht ausgeschlossen. In Frage kommen Weidevieh, Feldhasen, Kaninchen, Mäuse, Eichhörnchen, biotische bzw. abiotische Ursachen, Fällungs- und Rückschäden. Der Anweisung ist zu entnehmen, dass sich der Beklagte der Schwierigkeit der Klärung von Schadursachen durchaus bewusst ist (vgl. Anweisung Nr. 4, S. 20 sowie die vom Antragsgegner im Verfahren 19 N 14.1022 mit Schriftsatz vom 15.5.2017 vorgelegten Beurteilungshilfen). Die „methodischen Differenzierungshilfen und -vorgaben“ sind bei Umsetzung durch die fachlich erfahrenen Mitarbeiter der Forstverwaltung geeignet, eine fehlerhafte Zuordnung von Verbissschäden weitestgehend auszuschließen. Darüber hinaus sind sinnvolle und die Mittel-Zweck-Relation beachtende Alternativen weder vom Kläger aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Eine Installation und Auswertung von Wildkameras, die die Natur zeitlich und örtlich vollständig erfassen, erscheint für die Klärung von Schadursachen ebenso wenig praktikabel wie die flächendeckende Klärung der Schadensurheberschaft über DNA-Gutachten (Senatsbeschluss v. 6.2.2017 - 19 ZB 16.1026 - juris Rn. 10 ff.). Der für die landesweite Erhebung erforderliche wirtschaftliche Aufwand stünde nach der zutreffenden verwaltungsgerichtlichen Beurteilung (UA S. 26) völlig außer Verhältnis zur verfolgten Zielsetzung einer Wildbestandsregulierung. Mit den forstlichen Gutachten und den Revierweisen Aussagen werden dem Kläger unter Aufwendung erheblicher öffentlicher Mittel die notwendigen Grundlagen für die gebotene Regulierung der Schalenwildbestände, für die er als Jagdausübungsberechtigter in erster Linie die Verantwortung trägt, an die Hand gegeben.

3.1.5.2 Dem Kläger ist es nicht gelungen, anhand einer vom Klägerbeistand konzipierten (in einer Daten-CD dokumentierten) Verwertung von Zahlen zu nicht verbissenen Pflanzen, die bei der Waldverjüngungsinventur angefallen sind, die Feststellung in den forstlichen Gutachten in Zweifel zu ziehen, dass das Waldverjüngungsziel gefährdet ist.

Das auf die Zahl der verbissenen Pflanzen abstellende Begutachtungsverfahren des Beklagten wird langjährig praktiziert und ist fachlich nachvollziehbar und anerkannt. Seine Funktionalität erhöht sich durch die in dreijährigem Turnus durchgeführten Wiederholungen, bei denen der vorgefundene Waldzustand vor dem Hintergrund eines dreijährigen Jagdverhaltens festgestellt wird, sodass sich Erkenntnisse nicht nur betreffend künftige forstfachliche Abschussempfehlungen ergeben, sondern auch betreffend die Angemessenheit der vorherigen Abschussempfehlung und die Weiterentwicklung von Begutachtungsvorgaben. Die Angriffe des Klägers gegen dieses Begutachtungsverfahren haben keine forstfachliche Grundlage. Die Geeignetheit der von der Klägerseite für richtig gehaltenen, in der vorgelegten Daten-CD des Klägerbeistandes dokumentierten Einschätzung der natürlichen Waldverjüngung anhand einer Hochrechnung von Zahlen unverbissener Pflanzen im Äserbereich aus der Waldverjüngungsinventur ist durch nichts belegt. Diese Hochrechnung ermöglicht - auch wenn vorgetragen wird, der Klägerbeistand verfüge über die Große Forstliche Staatsprüfung - keine belastbaren Feststellungen hinsichtlich der Einhaltung des Waldverjüngungsziels. Die Rüge des Klägers, die örtliche Pflanzendichte werde bei der Verbissprozentberechnung auch nicht ansatzweise berücksichtigt, zieht die Gutachtensmethodik nicht ernstlich in Zweifel. Der Beistand des Klägers hat den relativ kleinräumigen Befund an unverbissenen Pflanzen aus der Waldverjüngungsinventur auf die Fläche eines Hektars hochgerechnet und das Ergebnis mit forstbehördlichen Pflanzempfehlungen für die Neubegründung von Wald-Reinkulturen abgeglichen. Die Pflanzempfehlungen haben jedoch keinerlei Bezug zur vorliegenden Thematik; darüber hinaus ist von der Klägerseite nicht auf den Umstand eingegangen worden, dass ihre Verwendbarkeit von Fläche, Standortbedingungen und Waldtyp abhängig ist. Eine forstfachliche Grundlage für die Verknüpfung der beiden Faktoren wurde nicht dargelegt. Die Einwände der Unteren Forstbehörde hinsichtlich der Repräsentativität der klägerseitigen Berechnung wurden ebenfalls nicht widerlegt (vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 1.3.2017 vor dem Verwaltungsgericht). Die Klägerseite hat sich nicht damit auseinander gesetzt, dass das Ergebnis des Forstgutachtens ausweislich der ihm zugrunde liegenden Anweisung nicht der Verbissrate entspricht, sondern der Zusammenschau einer Vielzahl von Vorgaben, Feststellungen und Bewertungen, zu denen die Verbissrate gehört, und dass diese Begutachtungsregeln auf die Relevanz der Verbissquote abgestellt sind. Beispielsweise wird in die Waldverjüngungsinventur nicht jedwede Verjüngungsfläche einbezogen und müssen die Aufnahmeflächen gewissen Mindestanforderungen genügen, damit die Verbissfeststellungen verwertbar sind. Die jeweilige Fläche muss nach Nr. 3 der Anweisung mindestens 1.300 Verjüngungspflanzen je Hektar aufweisen (entspricht ungefähr einer Pflanze je acht Quadratmeter), die Spitze des Leittriebs der Verjüngungspflanzen muss unter der maximalen Verbisshöhe liegen und die Länge der längsten, die Verjüngungsfläche durchquerenden Geraden muss mindestens 50 m betragen (40 m Aufnahmegerade zuzüglich jeweils 5 m zum Rand). Um aus der Zahl unverbissener Pflanzen realitätsnahe Schlüsse auf die Waldverjüngung ziehen zu können, müssten - soweit dies überhaupt möglich ist - Bedingungen definiert werden, die für eine solche Methodik spezifisch sind. Mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angesprochenen Umstand, dass nicht jede unter genau definierten Bedingungen als unverbissen aufgenommene Pflanze auch tatsächlich aufkommt, hat sich die Klägerseite nicht auseinandersetzt. Dieser Umstand drängt sich jedoch auf, nachdem die Schadensrate weiter steigt, solange die Pflanze im Äserbereich ist, und die Aufwuchschancen allgemein umso geringer sind, je dichter Jungpflanzen stehen. Das Ergebnis der vom Klägerbeistand entwickelten Zahlenverwendung belegt die Untauglichkeit seines Auswertungskonzepts. Obwohl nach unzweifelhafter forstbehördlicher Feststellung die Zahl der dem Äser entwachsenen Tannen äußerst gering ist und ganz erheblich unter dem Maß liegt, das standortgemäß wäre, kommt die klägerseitige Auswertung zu einem umfangreichen Tannenbestand.

3.2 Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Untere Forstbehörde bei der Erstellung der forstlichen Gutachten die Vorgaben der Arbeitsanweisungen missachtet hätte. Die von der Begründung des Zulassungsantrags in Bezug genommenen Schriftsätze vom 9. November 2016, 20. Dezember 2016 und 16. Januar 2017 enthalten keine hierauf bezogenen Rügen. Sonstige ergebnisrelevante Fehler der Waldverjüngungsinventur hat er ebenfalls nicht dargelegt. Bei Berücksichtigung sämtlicher verfügbarer Informationen über den Wildbestand ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte unzutreffend von einem wesentlich überhöhten Wildbestand und der dementsprechend festgelegten Abschussnotwendigkeit ausgegangen ist.

3.2.1 Eine Fehlerhaftigkeit der forstlichen Gutachten im Zusammenhang mit dem in Teilen des Eigenjagdreviers praktizierten Schafbeweidungsrecht hat der Kläger nicht dargelegt.

3.2.1.1 Der Kläger hat insoweit nicht schlüssig dargelegt, dass die Anweisungen missachtet worden wären.

Die Anweisung stellt in Abschnitt 3.4.4.3 Nr. 4 Buchst. a zur Thematik des Weideviehverbisses fest, dass eine Abgrenzung von älterem Schalenwildverbiss (Sommerverbiss) vom älterem Verbiss durch Weidevieh schwierig ist. Eine Herausnahme von Aufnahmepunkten aus der Verjüngungsinventur wegen ihrer Lage im Bereich von zulässiger Waldweide ist nicht vorgesehen. In Zweifelsfällen seien Pflanzen, die vermutlich vom Weidevieh verbissen worden seien, als „nicht verbissen“ zu werten. Diese Vorgehensweise trägt der Verwechslungsgefahr angemessen Rechnung.

Das Forstliche Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 für die Hegegemeinschaft W. weist entsprechend Nr. 4.4.2 der Anweisung bei Nr. 4 der Allgemeinen Angaben eine Weiderechtsbelastung der Waldfläche von 20% aus. Auch die ergänzende Revierweise Aussage für das Eigenjagdrevier E.-We. folgt in Nr. 2.4 (Ergänzende Anmerkungen zur Verjüngungssituation; ebenso bei der Kurzbeschreibung des Jagdreviers unter Nr. 1) der AnweisungRA, wenn entsprechend Nr. 2.3 der AnweisungRA die Weiderechtsbelastung in Hochlage auf O.er Gemeindegebiet (also in dem zum O.er Gemeindegebiet gehörenden Teil des Eigenjagdreviers) erwähnt wird. Diese Angabe zeigt vielmehr, dass bei Erstellung der Gutachten das diesbezügliche Problembewusstsein vorhanden gewesen ist. Dass diese Waldweiderechte von den Berechtigten auch ausgeübt werden, ist unbestritten. Jedoch liegen die Aufnahmepunkte zur Waldverjüngungsinventur nicht auf O.er Gemeindegebiet, so dass insoweit eine fehlerhafte Verbisszuordnung von vornherein nicht in Betracht kommt.

3.2.1.2 Der Kläger behauptet, die von diesen Rechten ausgehende Weidebelastung habe sich tatsächlich nicht auf das O.er Gebiet beschränkt; Schafe hätten sich in relevantem Umfang auch in anderen, zum E.r Gemeindegebiet gehörenden Bereichen des Eigenjagdreviers aufgehalten sowie in den nördlich daran angrenzenden Gemeinschaftsjagdrevieren O. I und O. II (insoweit ist die Darstellung des Klägers unrichtig, das Revier O. II grenze unmittelbar an das Eigenjagdrevier an); der von ihnen verursachte Verbiss sei im Zuge der Verjüngungsinventur fehlerhaft als Schalenwildverbiss eingeordnet worden. Die Behauptung einer Weidebelastung im Eigenjagdrevier jenseits des O.er Gemeindegebiets ist jedoch ohne Substanz.

Es trifft zwar zu, dass sich Weideschafe auf Futtersuche in der Natur allgemein nicht an menschliche Grenzziehungen halten, und auch vorliegend ist davon auszugehen, dass der mit Weiderechten belastete Bereich nicht exakt eingehalten worden ist (zum Zurücktreiben tierischer Grenzverletzer durch die Weiderechtsinhaber vgl. das AELF-Schreiben vom 16.1.2017). Zum einen ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Waldweide nur während der Vegetationsperiode stattfindet, während das Schalenwild ganzjährig in der Natur verweilt; der Kläger berichtet selbst vom Auftrieb und Abtrieb der Weidetiere. Zum anderen hat die Zeugeneinvernahme des Verwaltungsgerichts ergeben, dass keine belastbaren Anhaltspunkte für eine Verfälschung der Verjüngungsinventur im Sinn eines repräsentativen Stichprobenverfahrens in relevantem Umfang durch den Verbiss von Weideschafen sprechen. Der fachkundige Zeuge H. hat - vom Kläger unbestritten - angegeben, mit einer gewissen Regelmäßigkeit im Eigenjagdrevier unterwegs gewesen zu sein, und bekundet, dass er bei seinen Begängen keine Schafe außerhalb der Weiderechtsbereiche gesehen hat, ihm von Eigentümern von in das Eigenjagdrevier eingegliederten Grundstücken über den Aufenthalt von Weideschafen nichts berichtet worden ist und er Anzeichen für die Anwesenheit von Weideschafen (Losung, Trittspuren, Weiserpflanzen) nicht hat feststellen können. Entgegen der Auffassung des Klägers ist keine Motivlage erkennbar, die dem Zeugen H. Anlass zu falschen Angaben gegenüber dem Verwaltungsgericht bieten hätte können. Es spricht zwar viel dafür, dass zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. Spannungen bestehen. Für persönliche Aversionen des Zeugen H., der lediglich dienstlich mit dem Kläger in Kontakt steht, sind jedoch keine Anhaltspunkte erkennbar. Der Kläger dagegen, der das überkommene trophäenorientierte Jagdinteresse verfolgt, sieht sich zu einem Feldzug gegen die Behörden berufen, die um die Umsetzung des gesetzlichen Grundsatzes „Wald vor Wild“ bemüht sind (Senatsurteil v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - Rn. 65 ff., insbesondere Rn. 74) und denen der Zeuge H. angehört. Der Bruder des Klägers hat bekundet, im Eigenjagrevier an verschiedenen Stellen und zu verschiedenen Zeiten Weideschafe gesehen zu haben. Er hat diese Angaben jedoch in keiner Weise substantiiert, etwa durch einigermaßen detaillierte Angaben zu Zeit und Ort und zum Maß der Weidebelastung. Er hat auch von Anzeichen für die Anwesenheit von Weideschafen (Losung, Trittspuren, Weiserpflanzen) nichts berichtet. Eine Auseinandersetzung der Klägerseite mit den diesbezüglichen Angaben des Zeugen H. ist nicht erfolgt. Bei der Bewertung der Angaben des Bruders des Klägers ist - unabhängig von der Frage, ob diese Vernehmung eines Mitinhabers des Eigenjagdreviers zulässig gewesen ist (vgl. insoweit § 173 VwGO i.V.m. §§ 447, 448 ZPO, vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1980 - 3 B 2.79 - DÖV 1980, 650 und B.v. 22.8.1974 - III C 15/73 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 17) - zu berücksichtigen, dass angesichts der nahen Verwandtschaft zum Kläger und der Mitinhaberschaft am Eigenjagdrevier von einem massiven persönlichen Interesse am Verfahrensergebnis auszugehen ist. Schließlich hat der Kläger selbst, der als Jagdausübungsberechtigter für das Eigenjagdrevier an allererster Stelle verantwortlich ist und bei dem auch deshalb von der intensivsten Präsenz dort auszugehen ist, über die vereinzelten Wahrnehmungen seines Bruders hinaus keinerlei weitere Feststellungen zum Aufenthalt von Schafen im E.r Teil des Eigenjagdreviers vorgetragen und auch keinerlei feststellbare oder festgestellte Anzeichen für die Anwesenheit von Schafen benannt; er hat auch nicht vorgetragen, jemals persönlich Schafe im Eigenjagdrevier gesehen zu haben. Schließlich ist die im Schreiben des AELF vom 16. Januar 2017 enthaltene, im Verfahren nicht bestrittene und angesichts der zivilen Rechtslage nachvollziehbare Praxis von Weiderechtsinhabern, tierische Grenzverletzer zurückzutreiben, einzubeziehen. Bei dieser Verfahrenslage weist die Angabe des Klägers, auch im E.r Teil des Eigenjagdreviers seien Schafe nicht nur vereinzelt herumgewandert, sondern hätten sich dort in wesentlichem Umfang - mit Auswirkungen auf die Verbisssituation - aufgehalten, die erforderliche Substanz nicht auf und stellt sich als lediglich gegriffene Behauptung dar.

3.2.2 Die klägerischen Ausführungen begründen keine ernstlichen Zweifel an den aus der Waldverjüngungsinventur abgeleiteten gutachterlichen Wertungen der Verbisssituation der Landwirtschafts- und Forstbehörde (Forstliches Gutachten: „zu hoch“; Revierweise Aussage: „deutlich zu hoch“).

Nach dem Forstlichen Gutachten 2015 für die Hegegemeinschaft W. können sich die in den Altbeständen vorkommenden Baumarten in der Hegegemeinschaft alle (hinsichtlich der Tanne spricht das Gutachten allerdings nur von „nennenswerten Anteilen“) ansamen. Jedoch sei die Tanne in der Verjüngung spätestens ab 50 cm verschwunden (das Gutachten weist zwar darauf hin, dass die Aussagen für die Tanne aufgrund der gering aufgenommenen Stückzahl statistisch unsicher sind; dieser Relativierung kommt jedoch keine erhebliche Bedeutung zu, weil die wichtigeren Gutachtensaussagen insoweit die tatsächlich festgestellte geringe Stückzahl und das Verschwinden ab 50 cm sind). Hinsichtlich der Edellaubbäume stellt das Gutachten fest, sie könnten sich im Durchschnitt zunächst gut verjüngen (von einem deutlichen Verbissrückgang auch bei dieser Baumart aufgrund der jagdlichen Bemühungen „in einigen Revieren der HG“ ist die Rede). Ein Verbiss von immer noch einem Drittel dieser Bäume sei aber nach wie vor zu hoch. Bei anhaltendem Verbiss in dieser Höhe werde nur lokal und bei sehr stammzahlreichen Verjüngungen eine Entwicklung über Verbisshöhe möglich sein. Auf den meisten Flächen werde es bei diesem Verbissdruck zu starken Wuchsverzögerungen bei gleichzeitig massiven Qualitätsverlusten kommen. Die Edellaubbäume würden bei anhaltendem Verbissdruck in der Folge nach und nach in den Unterstand gedrängt und von der Fichte/Buche Zug um Zug überwachsen. Unterdrückte Edellaubbäume würden sich unter diesen Voraussetzungen nicht behaupten und mittelfristig absterben. Zum Beleg verweist das Gutachten darauf, dass der Anteil der Edellaubbäume in der Verjüngung von 80 cm bis zur max. Verbisshöhe nur noch 11% betrage. Die Verjüngung der noch großflächig vorhandenen Bergmischwälder sei nach wie vor in Frage gestellt.

3.2.3 Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe eine bereits fortgeschrittene Entmischung im Altbestand festgestellt, obgleich die Kammer diesbezüglich über die für diese Feststellung notwendige Fachkunde nicht verfüge. Auch dieses Vorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Klageabweisung.

Die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren umstrittenen Fragen der Entmischung (Wann liegt eine Entmischung vor? Ist eine Entmischung im Eigenjagdrevier bereits eingetreten? Widerspricht die Annahme einer Entmischung dem Inhalt der forstlichen Gutachten 2015?) sind nicht entscheidungserheblich. Etwaige Fehler in den Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Gefahr einer Entmischung des vorhandenen Bergmischwaldes im Altbestand vermögen daher eine Zulassung der Berufung nicht auszulösen. Die in der Revierweisen Aussage getroffene Feststellung zur „Entmischung der Verjüngung“ ist keine selbständige Einschätzung, sondern resultiert ausschließlich aus der durch die Forstbehörde vorgenommenen Bewertung der Verbisssituation. Im Formular für die ergänzende Revierweise Aussage zur Verjüngungssituation erläutert jeweils ein standardisierter Text die im Einzelfall vorgenommene Wertung der Verbisssituation. Diese ist am gesetzlich verankerten Waldverjüngungsziel orientiert (Ermöglichung der Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen, vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG), wobei die Anweisung für die Verbissbelastung insgesamt vier (in der Anweisung näher erläuterte) Bewertungsstufen vorsieht (vgl. Nr. 4.4.4.1 der Anweisung). Aus der Bewertung des Schalenwildeinflusses auf die Waldverjüngung wird die Empfehlung (der Forstbehörde) zur Abschussplanung abgeleitet, wobei neben der aktuellen Situation vor allem auch die zeitliche Entwicklung und die Veränderung des Schalenwildeinflusses berücksichtigt werden (vgl. Nr. 4.4.5 der Anweisung). Mit der im vorliegenden Fall vorgenommenen Bewertung als „deutlich zu hoch“ ist die standardisierte forstfachliche Aussage verknüpft, dass „eine starke Entmischung der Verjüngung gegeben bzw. zu erwarten ist“. Diese Verknüpfung ist zutreffend, weil die Entmischung der Baumarten (Rückgang bzw. Ausscheiden bestimmter Baumarten aus der Waldstruktur) jedenfalls auf lange Sicht die absehbare Folge einer unzureichenden oder unvollständigen Naturverjüngung ist. Es handelt sich somit nicht um eine selbstständige (weitere) Einschätzung der Forstbehörde für das Eigenjagdrevier des Klägers, sondern um die standardisierte forstfachliche Erläuterung der Bedeutung und der Folgen von deutlich überhöhtem Schalenwildverbiss. Entscheidungserheblich ist somit lediglich die Frage, ob die forstgutachtliche Bewertung des Wildverbisses als „deutlich zu hoch“ zutrifft. Das Verwaltungsgericht hat diese Bewertung als frei von Voreingenommenheit, Kompetenzmängeln und sonstigen Fehlern angesehen und ernstliche Zweifel an dieser Einschätzung des Verwaltungsgerichts sind - wie ausgeführt - nicht dargetan.

3.2.4 Der Kläger wendet sich dagegen, dass das Verwaltungsgericht seine Art der extensiven Waldbewirtschaftung als nicht ordnungsgemäß bewertet hat. Diese Einwände des Klägers können mangels Entscheidungserheblichkeit die Ergebnisrichtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht in Frage stellen. Für die Frage der Richtigkeit der Abweisung der Klage gegen den Abschussplan kommt es einzig und allein auf die Belastbarkeit der forstlichen Gutachten, nicht aber auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den waldbaulichen Zielen der Eigentümergemeinschaft R. und zum gegenwärtigen Waldzustand an. Nach den gesetzlichen Regelungen ist einem überhöhten Verbiss auch dann entgegenzutreten, wenn sich seine langfristigen Folgen noch nicht massiv bemerkbar gemacht haben.

Gleichwohl weist der Senat darauf hin, dass viel für die Einschätzung des Verwaltungsgerichts spricht. Die Abschussregelung des § 21 Abs. 1 BJagdG, die dazu beitragen soll, dass ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt (§ 21 Abs. 1 Satz 2 BJagdG), dient - auch - der Erfüllung des Hegezieles, das in § 1 Abs. 2 BJagdG näher beschrieben ist. Danach hat die Hege die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BJagdG). Die Erhaltung des Wildbestandes muss so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG). Aus der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG folgt, dass die Belange einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung generell den Vorrang vor der jagdlichen Hege genießen und diese begrenzen (vgl. BGH, U.v. 22.5.1984 - III ZR 18/83 - NJW 1984, 2216/2217 sowie Senatsurteil vom 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 89). Dementsprechend gibt das Bayerische Jagdgesetz vor, „Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung durch das Wild möglichst zu vermeiden“ (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG). Der Begriff „ordnungsgemäß“ wird dabei nicht nur von den betriebswirtschaftlichen Erfordernissen des jeweiligen Wirtschaftszweiges bestimmt, sondern auch von den Anforderungen, die die Rechtsordnung an die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Wirtschaftsweise stellt. Für die hier inmitten stehenden Belange der Forstwirtschaft ergibt sich daraus, dass nur eine solche Wirtschaftsweise ordnungsgemäß und somit vorrangig ist, die neben den ökonomischen Zielen auch die ökologischen Forderungen zur Erhaltung des Biotopes verfolgt (so BGH a.a.O.), letztlich also den im bayerischen Recht verankerten Grundsatz „Wald vor Wild“ (im Sinne einer Vermeidung von Wildbestandshöhen, bei denen die standortgemäßen Baumarten nicht mehr natürlich aufkommen, vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayWaldG). Die Kontrolle des Schalenwildbestandes ist insoweit Bestandteil der Forstwirtschaft. Aus den forstlichen Gutachten, die vom Kläger nicht erfolgreich in Zweifel gezogen worden sind, ergibt sich, dass er diese Grundsätze nicht hinreichend beachtet, weshalb der festgesetzte Abschussplan grundsätzlich nicht zweifelhaft ist. Die Eigentümergemeinschaft R. gibt ersichtlich der vorgeschriebenen naturnahen Forstwirtschaft nicht den Vorrang vor der Hege, sondern favorisiert eine mit überhöhtem Schalenwildverbiss vereinbare Waldbewirtschaftung ohne hinreichende natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten.

Dieser Aspekt ist bei den Flächen anderer Eigentümer, die in das Eigenjagdrevier eingegliedert sind (zur Übersicht vgl. GA M 7 K 16.3639, Bl. 414), besonders relevant. Nicht „ordnungsgemäß“ ist eine den Zwecken des Bundeswaldgesetzes - BWaldG - vom 2. Mai 1975 (BGBl III 790-18), wie sie in § 1 Nr. 1 bis 3 BWaldG niedergelegt sind, zuwiderlaufende Bewirtschaftung von Flächen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BWaldG soll der Wald im Rahmen seiner Zweckbestimmung ordnungsgemäß und nachhaltig bewirtschaftet werden. Unmittelbar aus Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG folgt, dass die Gewährleistung der Waldverjüngung ein berechtigter Anspruch der auf diesen Flächen betriebenen Forstwirtschaft ist. Aus dieser Bestimmung sowie den weiteren des Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 und des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Bayerischen Waldgesetzes - BayWaldG - (i.d.F. d. Bek. v. 25.8.1992, BayRS 7902-1-E) ergibt sich daher insbesondere, dass gerade die Verjüngung und Bewahrung eines standortgemäßen Waldes durch die Abschussregelung gewährleistet sein muss. Der Kläger betont, dass nach der ergänzenden Revierweisen Aussage gegenwärtig „artenreiche Bergmischwälder (in unteren Berglagen edellaubholzreich, in höheren Lagen buchen- und tannengeprägt), an den Südseiten örtlich übergehend in Schneeheide-Kiefernwälder, sowie in der obersten Zone subalpine Fichtenwälder und Latschenbereiche den noch sehr naturnahen Waldaufbau im Revier bestimmen“, übergeht jedoch, dass Forstwirtschaft langfristig angelegt sein muss und dass durch das Wort „noch“ der in den forstlichen Gutachten festgestellte fortschreitende Verlust standortgemäßer Baumarten zum Ausdruck kommt.

4. Die Festlegung der Abschusszahl auf neun Tiere durch die Untere Jagdbehörde steht im Einklang mit den zu beachtenden Vorschriften und der hierzu ergangenen Rechtsprechung.

Die Rügen betreffend eine unzureichende oder dem Aktenstand widersprechende Ermittlung des Gamsbestandes durch die Untere Jagdbehörde erweisen sich als unberechtigt. Hinsichtlich der sachlichen Schwierigkeiten, die einer belastbaren Wildzählung entgegenstehen, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden (vgl. Abschnitt II. B lit. a 3.1.5.1). Die Ausführung des Klägers, aufgrund von Beobachtungen sei zumindest ein Eindruck vom quantitativen Vorhandensein einer Tierart zu gewinnen (S. 75 des Schriftsatzes vom 2.10.2017), lässt erkennen, dass auch er sich dieser Problematik bewusst ist, und macht seine Forderung inkonsistent, der Abschussfestlegung Wildzählungen zu Grunde zu legen. Eine Darlegung, in welcher Form und auf welche Weise derartige Augenblicksaufnahmen differenziert Eingang in die Abschussplanung finden könnten, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen.

Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass sich die von der Unteren Jagdbehörde festgesetzte Abschusszahl von 9 Stück Gamswild nicht in einem vertretbaren Zahlenrahmen befindet, werden vom Kläger nicht dargelegt und sind auch für den Senat nicht ersichtlich. Die Untere Jagdbehörde hat lediglich den Abschussumfang der letzten 5 Jagdjahre fortgeschrieben. Tragfähige Argumente für eine Absenkung des Abschusses auf lediglich 6 Stück Gamswild hat der Kläger nicht geliefert und sind für den Senat angesichts der nicht erfolgreich in Zweifel gezogenen Aussagen der forstlichen Gutachten auch nicht ersichtlich. Der Kläger, der den Regelungen in § 21 BJagdG, Art. 32 BayJG und § 15 AVBayJG Folge zu leisten hat, hat in seinem Abschussplan für das Jagdjahr 2016/2017 vom 29. Februar 2016 angegeben, im Vorjahr (Jagdjahr 2015/2016) von 9 geplanten Abschüssen lediglich 2 Abschüsse getätigt zu haben, und für das laufende Jagdjahr nur noch 6 Abschüsse zu planen. Die Untere Jagdbehörde hat im angefochtenen Bescheid im Wege eines Soll-Ist-Vergleichs jeweils die Abschussplanung und ihre Erfüllung durch den Kläger in den Jagdjahren 2011/2012 bis 2015/2016 dargestellt. Aus dieser Übersicht ergibt sich, dass die Abschussplanung für das Gamswild im Eigenjagdrevier während dieser Zeitspanne jährlich 9 Stück betragen hat. Von den in den Abschussplänen vorgesehenen und festgeschriebenen 45 Abschüssen hat der Kläger lediglich 21 Abschüsse tatsächlich getätigt; die Erfüllungsquote des Klägers liegt im Durchschnitt der Jahre bei lediglich 47%. Demgegenüber liegt die Erfüllungsquote in den angrenzenden Revieren der Hegegemeinschaft während der drei Jagdjahre 2013/2014 bis 2015/2016 bei durchschnittlich 90%.

Gleichzeitig bewegen sich die Gamswildabgänge in der Hegegemeinschaft W. in den Jahren 2005 bis 2015 zwischen jährlich 75 Abgängen im Minimum (in den Jahren 2005, 2006, 2007) und 108 Abgängen im Maximum (im Jahr 2015). Die mit Schriftsatz vom 22. November 2016 vorgenommene Korrektur in der Klassifizierung der Wildabgänge (VG-Akte Bl. 71) stellt die Verwertbarkeit der Daten nicht in Frage. Nachdem der Kläger den geplanten Gamswildabschuss in den vergangenen Jahren zu weniger als der Hälfte erfüllt hat, die Festsetzung der Unteren Jagdbehörde im Grunde lediglich auf die Beibehaltung des mehrjährigen Gamswildabschusses abzielt und der Verlauf der gesamten Wildabgänge in der Hegegemeinschaft keine Anzeichen für eine Rückläufigkeit der Bestände offenbart, ist eine Unvertretbarkeit der Festsetzung nicht feststellbar. Der Kläger hat demgegenüber keine Umstände dargelegt, die unter Beachtung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und der Ergebnisse der forstlichen Gutachten 2015 eine Absenkung des Gamswildabschusses begründen oder rechtfertigen würden. Individuelle forstwirtschaftliche Zielsetzungen der Eigentümergemeinschaft R. rechtfertigen sie jedenfalls nicht.

Angesichts der höchst unterschiedlichen Abschussplanerfüllung innerhalb der Hegegemeinschaft erscheint die Feststellung im Forstlichen Gutachten 2015 plausibel, die Verbissbelastung in den Eigenjagdrevieren E.-We. und E.-Wa. sei kritisch und gestalte sich in sechs anderen Revieren der Hegegemeinschaft günstiger; der sehr starke Rückgang des Verbisses bei den Edellaubbäumen zeige laut Gutachten die jagdlichen Bemühungen in einigen Revieren deutlich. Es ist folglich keinesfalls verfehlt, wenn das Verwaltungsgericht von erkennbaren Verbesserungen in benachbarten Revieren spricht. Dass die Waldweide in den angrenzenden Revieren O. I und O. IV einen derartigen Vergleich nicht zulasse, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt (wie bereits ausgeführt sind die Annahmen des Klägers betreffend eine fehlerhafte Berücksichtigung der Waldweide in den forstlichen Gutachten unzutreffend).

5. Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe die Bedeutung naturschutzrechtlicher Vorschriften im Hinblick auf das Natura-2000-Gebiet (Vogelschutzgebiet) E.-gebirge verkannt, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht ist - auch wenn es diese naturschutzrechtlichen Belange für abwägbar zu halten scheint (so bereits VG München, U.v. 10.2.2016 - M 7 K 15.3412 - juris Rn. 28) - jedenfalls im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das Natura-2000-Recht dem streitgegenständlichen Abschussplan nicht entgegensteht.

5.1 Hinsichtlich des Europäischen Vogelschutzgebietes E.-gebirge, das flächenmäßig das FFH-Gebiet E.-gebirge umfasst, sind die Erhaltungsziele zunächst in § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 (Gebiets-Nr. DE 8433471) der Verordnung über die Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten sowie deren Gebietsbegrenzungen und Erhaltungszielen (Vogelschutzverordnung - VoGEV - vom 12. Juli 2006, GVBL S. 524) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 8. Juli 2008 (GVBl. S. 486) festgelegt gewesen, die sich auf Art. 13b Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Naturschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Dezember 2005 (BayNatSchG 2005, GVBl. 2006, S. 2) gestützt hat. Hier sind auch (entsprechend § 32 Abs. 3 BNatSchG) die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und prioritären Arten dargestellt gewesen.

Als Erhaltungsziele für das Gebiet sind in Anlage 1 Spalte 6 VoGEV (GVBl. 2006, S. 532) die Erhaltung oder Wiederherstellung der Bestände von Birkhuhn, Auerhuhn, Haselhuhn, Alpenschneehuhn, Wanderfalke, Steinadler, Uhu, Raufußkauz, Sperlingskauz, Weißrückenspecht, Dreizehenspecht, Grauspecht, Schwarzspecht, Neuntöter, Felsenschwalbe, Wasserpieper, Alpenbraunelle, Zwergschnäpper und Ringdrossel und deren Lebensräume, insbesondere des charakteristischen subalpinen und alpinen Gebirgsstocks mit hohem Strukturreichtum wie Hangschuttwälder und Schluchten, Borstgras- und Magerrasen, Latschengebüsche, alpine Zwergstrauchheiden, Quellmoore und Felsen als Brut-, Nahrungs- und Durchzugsgebiet genannt worden.

Seit dem 1. April 2016 sind die Erhaltungsziele, die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und die prioritären Arten in den Anlagen zu den §§ 1 und 2 der Bayerischen Verordnung über die Natura 2000-Gebiete dargestellt (vgl. die Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 19.2.2016, AllMBl S. 258 - BayNat2000V)“. Als zu erhaltende Arten werden in der Anlage 2 (wiederholend) die in Anlage 1 zur VoGEV genannten Vogelarten benannt und ihnen werden in der Anlage 2a artenspezifische Erhaltungsziele zugeordnet. Beim Auerhuhn geht es um den Erhalt oder die Wiederherstellung großflächiger, störungsarmer, unzerschnittener, reich strukturierter Misch- und Nadelwälder sowie störungsfreier Zonen um Balz-, Brut-, Aufzucht- und Überwinterungsplätze und beim Steinadler von Felswänden und sehr lichten steilen Bergwäldern als ungestörten Bruthabitaten sowie von artenreichen Nahrungshabitaten (Almen, alpine Matten und lichte Wälder).

Die Vollzugshinweise zur gebietsbezogenen Konkretisierung der Erhaltungsziele der bayerischen Natura-2000-Gebiete (vgl. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 29. Februar 2016, Az. 62-U8629.54-2016/1 - juris; sowie die Veröffentlichung mittels elektronischer Medien https://www.lfu.bayern.de/natur/natura_2000_vollzugshinweise_erhaltungsziele/index.htm) benennen für dieses Gebiet wiederholend als Vogelarten des Anhangs I zur Vogelschutzrichtlinie u.a. das Auerhuhn (Tetrao urogallus), das Birkhuhn (Tetrao tetrix) und den Steinadler (Aquila chrysateos). Als gebietsbezogene Erhaltungsziele sind u.a. der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der Bestände des Birkhuhns sowie der Erhalt seines Lebensraums (Nr. 2), der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der Buchenwälder (vor allem Hainsalat- und Orchideen-Kalk-Buchenwälder) und montanen bis subalpinen Fichtenwälder, ihrer Störungsarmut, ihrer naturnahen Struktur und Baumartzusammensetzung sowie eines ausreichenden Anteils an Lichtungen und lichten Strukturen, insbesondere als Lebensraum für das Auerhuhn (Nr. 3), und der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der Bestände des Steinadlers und seiner Lebensräume, der Erhalt der Brutplätze, störungsarmer Räume um die Brutplätze und der Erhalt artenreicher Nahrungshabitate konkretisiert.

5.2 Die Schutzbestimmungen der Richtlinie 79/409/EWG des Rats vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutz-Richtlinie - VRL, ABl EG Nr. L 103 S. 1) finden teilweise keine unmittelbare Anwendung mehr, weil das Europäische Vogelschutzgebiet „E.-gebirge“ räumlich eindeutig bestimmt ist und seine Erhaltungsziele im Rahmen einer endgültigen rechtsverbindlichen Entscheidung mit Außenwirkung benannt sind (vgl. § 2 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 VoGEV und § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 Spalte 6 VoGEV sowie nunmehr die Anlagen zu §§ 1, 2 BayNat2000V). In einem solchen Fall findet gemäß Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG des Rats vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7, Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie - FFH-RL) ein Wechsel des Schutzregimes von Art. 4 Abs. 4 VRL zu Art. 6 Abs. 2 FFH-RL statt. Im Vogelschutzgebiet nicht anzuwenden ist allerdings Art. 6 Abs. 1 FFH-RL mit seiner Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Festlegung der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen; insoweit verbleibt es bei den Verpflichtungen aus Art. 2, 3 und 4 Abs. 1 und 2 VRL.

Ohne Erfolg wendet der Kläger gegen diesen Schutzregimewechsel ein, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 8.1.2014 - 9 A 4.13 - und v. 1.4.2004 - 4 C 2.03) fordere zusätzlich, dass die Einhaltung des Art. 6 FFH-RL in der Schutzerklärung durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sichergestellt werden müsse. Eine Forderung dieses Inhalts hat das Bundesverwaltungsgericht nicht erhoben (vgl. BVerwG, B.v. 22.6.2015 - 4 B 59/14 - juris Rn. 7). Es hat in seinen Entscheidungen lediglich nachgezeichnet wie „sich üblicherweise die Rechtslage darstellt“.

5.3 Infolge der aus Art. 20 Abs. 3 GG sich ergebenden Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz ist - ungeachtet des Umstandes, dass es sich bei Abschussplänen nicht um Fachplanungen handelt, die denjenigen in anderen Rechtsbereichen (z.B. dem Wasserrecht, dem Straßenrecht oder dem Luftverkehrsrecht) vergleichbar sind - auch bei der jagdrechtlichen Abschussplanung das zwingende Naturschutzrecht betreffend die Natura-2000-Gebiete zu beachten. Entgegen der Klägerauffassung steht der streitgegenständliche Abschussplan hierzu nicht in Widerspruch.

5.3.1 Der streitgegenständliche Abschussplan erfüllt die Voraussetzungen für eine Gebietserhaltungsmaßnahme im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie.

In Natura-2000-Gebieten ist die Jagd nur als Gebietserhaltungsmaßnahme zulässig. Ist sie es nicht, muss sie der Verträglichkeitsprüfung des Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie unterzogen werden.

Der Abschussplan entspricht der Bestimmung des § 21 BJagdG sowie den konkretisierenden bayerischen Rechtsvorschriften. Solche Abschusspläne haben das Ziel, landesweit die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayWaldG< „Wald vor Wild“ >). Sie leisten den von Seiten der Jagd erforderlichen Beitrag zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung, also zu einer Bewirtschaftung, die so gestaltet ist, dass die Artenvielfalt des Waldes, seine Produktivität, seine Regenerationsfähigkeit, seine Vitalität und sein Potenzial, auch in Zukunft wichtige ökologische, ökonomische und soziale Funktionen erfüllen können, erhalten bleiben und andere Ökosysteme nicht geschädigt werden (vgl. die Definition des Begriffs „nachhaltige Waldbewirtschaftung“ der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa, Helsinki 1993); insbesondere tragen sie dazu bei, dass der Wald gegenüber natürlichen Bedrohungen, beispielsweise gegenüber Stürmen, Insektenbefall und Krankheiten, widerstandsfähiger wird. Für die Wälder des Natura-2000-Netzes (etwa die Hälfte dessen Gesamtfläche) sind Naturnähe und Nachhaltigkeit essentielle Forderungen des europäischen Naturschutzrechts, die von den Nationalstaaten mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln erfüllt werden müssen. Angesichts dieser besonderen Aufgabenstellung kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Abschusspläne innerhalb des Natura-2000-Netzes der Erhaltung der geschützten Lebensraumtypen und Arten dienen und deshalb in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie einbezogen werden können (Senatsurteil v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - Rn. 128 ff). Ein übermäßiger Schalenwildbestand führt - entsprechend dem nicht erfolgreich angegriffenen Vorbringen des Beklagten und entsprechend den langjährigen Erfahrungen des Senats (vgl. insoweit auch Rn. 130 des Senatsurteils vom 11. Dezember 2017 - 19 N 14.1022 - juris) - zum Verschwinden der Krautschicht, zum weitgehenden Ausfall der besonders verbissgefährdeten Baumarten, zur Entmischung des Waldes, zum Biodiversitätsverlust, zur Überalterung des Waldes und schlimmstenfalls zu seinem Untergang (auch durch Erosion), der jedenfalls längerfristig den Verlust der Bodendecke nach sich zieht. Dies bedeutet eine Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt, der Wasser und Klima regulierenden Wirkung, der Kohlenstoffspeicherung, der Reinigung von Luft und Süßwasser sowie des Schutzes vor Naturkatastrophen und - im Falle des Totalverlusts - den vollständigen Wegfall dieser positiven Effekte des Lebensraumes Wald im fraglichen Bereich.

Bei Gebietserhaltungsmaßnahmen muss allerdings das Unterbleiben gebietsbeeinträchtigender Störungen gewährleistet sein. Eine Jagd, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Natura-2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist keine Gebietserhaltungsmaßnahme. Pirsch und Schuss sind insbesondere im Hinblick auf die Vogelarten, deren Schutz das Vogelschutzgebiet dient, zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten des Eigenjagdreviers grundsätzlich geeignet, erhebliche Beeinträchtigungen herbeizuführen. Um die Funktion der Jagd als Gebietserhaltungsmaßnahme zu gewährleisten, muss die Jagd verlässlich entsprechend eingeschränkt erfolgen (vgl. das Senatsurteil vom 11.12.2017, 19 N 14.1022, Rn. 120 ff.). Da Ort und Zeit von Abschüssen durch den Abschussplan nicht geregelt werden (entsprechende Abschussplanbestimmungen existieren nicht und wären auch nicht ausreichend, weil die Problematik auch bei Abschüssen ohne Abschussplanpflicht auftritt), muss durch andere jagdrechtliche oder naturschutzrechtliche Instrumente vorgebeugt werden. Da der Kläger - im Gegensatz zum Beigeladenen im Verfahren 19 N 14.1022 - nicht für Gebietserhaltungsmaßnahmen im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie zuständig ist (zur besonderen Lage der hierfür zuständigen Stellen vgl. das Senatsurteil vom 11.12.2017, 19 N 14.1022, Rn. 137 und 142 ff.), sind diese Jagdbeschränkungen zur Störungsvermeidung in bindender und vollziehbarer Form zu erlassen. Darüber hinaus gibt die Haltung des Klägers besonderen Anlass, die Einhaltung des Störungsverbots hoheitlich zu gewährleisten (vgl. das Senatsurteil vom 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - insbesondere Rn. 67 und 136 am Ende).

Aus demselben Grund muss der Abschussplan entsprechend den gesetzlichen Vorschriften und insbesondere gemäß dem Grundsatz „Wald vor Wild“ aufgestellt, in vollem Umfang ausgeführt und erforderlichenfalls behördlich vollzogen werden. Im Falle einer (teilweisen) Nichterfüllung des Abschussplans muss davon ausgegangen werden, dass durch die Jagd nicht der gebotene Beitrag zur Walderhaltung und zur Naturpflege im öffentlichen Interesse geleistet wird, sondern das überkommene trophäenorientierte, also private Jagdinteresse verfolgt wird („Hege mit der Büchse“), dem das Instrument des Abschussplans vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes zu dienen bestimmt gewesen ist. Daraus folgt, dass eine Jagdausübung, die entsprechend einem Abschussplanvorschlag, der den Grundsatz „Wald vor Wild“ nicht beachtet, erfolgen soll, keine Gebietserhaltungsmaßnahme im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie, sondern ein privates Projekt ist. Solche Projekte dürfen erst nach einer Verträglichkeitsprüfung gemäß Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie durchgeführt werden.

5.3.2 Die infolge des streitgegenständlichen Abschussplans reduzierte Wildbestandshöhe stellt keine beeinträchtigende Veränderung oder Störung i.S.d. Art. 6 Abs. 2 der FFH-Richtlinie dar.

5.3.2.1 Die Rüge, durch abschussplanreduzierte Wildbestandshöhen könne der im Standard-Datenbogen zum Vogelschutzgebiet E.-gebirge festgeschriebene Nadelwaldanteil von 74% nicht erhalten bleiben bzw. nicht wiederhergestellt werden, greift nicht durch.

Es spricht bereits viel dafür, dass nach erfolgter Schutzerklärung die Erhaltungsziele nicht mehr durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen zu ermitteln sind (vgl. für den Fall, dass eine Schutzerklärung noch nicht erfolgt ist: BVerwG, U.v. 12.3.2008 - 9 A 3/06 - juris Rn. 72). Jedenfalls dient aber die Gebietsbeschreibung im Standard-Datenbogen, die das jeweilige Schutzgebiet nach Lebensraumklassen und ihren Gebietsanteilen klassifiziert, der Veranschaulichung der naturschutzfachlichen Wertigkeit des Gebietes und enthält deshalb Angaben zu wichtigen Vegetationstypen. Bei dem im Standard-Datenbogen genannten strukturellen Anteil von 74% der Fläche des Vogelschutzgebietes handelt es sich um „Wald“. „Wald“ wird in den Datenbögen in die Lebensraumklassen Laubwald, Nadelwald und Mischwald unterteilt, wobei unter Nadelwald keineswegs Nadelwald in Reinform zu verstehen ist (vgl. die Leseanleitung für die EU-Standarddatenbögen der sächsischen Vogelschutzgebiete, https://www.umwelt.sachsen.de/ umwelt/natur/natura2000/spa/SPA_Leseanleitung_der_Standarddatenboegen_071105.pdf, S. 20, wonach Nadelwaldkomplexe max. 30% Laubholzanteil haben können). Dass der Beschreibung als Nadelwald nicht die vom Kläger angenommene Genauigkeit und Trennschärfe zukommt und zukommen kann, offenbart vorliegend bereits die Tatsache, dass bei der Beschreibung von Güte und Bedeutung des Gebietes im Datenbogen für das Vogelschutzgebiet E.-gebirge (Gebiets-Nr. 8433471) von wertvollen, wenig erschlossenen Mischwäldern und im Datenbogen für das (komplett in das Vogelschutzgebiet eingebettete) FFH-Gebiet E.-gebirge (Gebiets-Nr. 8433371) von 35% Mischwald die Rede ist. Der pauschalierende Charakter der Angabe „Nadelwald“ im Datenbogen für das Vogelschutzgebiet wird weiterhin bei der Einbeziehung der tatsächlichen Gegebenheiten deutlich, wie sie in den forstlichen Gutachten 2015 und im Entwurf eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet E.-gebirge festgestellt worden sind; beide Unterlagen gehen von einem erheblichen Anteil von Bergmischwäldern aus, wenn auch mit hohen Fichtenanteilen. Zu den begrifflichen Unschärfen im Standard-Datenbogen tritt der Umstand, dass das Vogelschutzgebiet E.-gebirge völlig unterschiedlichen Vogelarten als Lebensraum dient und diese völlig unterschiedliche Lebensraumansprüche haben. Es ist jedoch weder dargetan noch anhand des Entwurfs eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet ersichtlich, dass auch nur eine der im Gebiet vorkommenden geschützten Vogelarten flächendeckend auf einen klassifizierten Nadelwald als Lebensraum angewiesen wäre. Nachdem es in einem Vogelschutzgebiet ausschließlich um die Lebensraumeignung des Gebietes geht, liegen die auf abstrakte Lebensraumtypen bezogenen Erörterungen und Diskussionen der Verfahrensbeteiligten neben der Sache. Es geht beim Vogelschutz nicht um das Vorliegen und den Erhalt von Fichten- oder Buchenwäldern (insbesondere nicht um Hainsalat- oder Orchideen-Kalk-Buchenwälder) als solchen, sondern es geht um die Erhaltung oder Wiederherstellung der Lebensraumeignung des Gebiets für die darin zu schützenden Vogelarten. Die Waldstruktur und die Baumartzusammensetzung sind deshalb ausschließlich im Hinblick auf ihre Lebensraumeignung für die geschützten Vogelarten in den Blick zu nehmen.

5.3.2.2 Die infolge des planmäßigen Abschusses (gegenüber dem Klägervorschlag) reduzierte Wildbestandshöhe bringt - wie der Senat bereits in seinem Normenkontrollurteil vom 11. Dezember 2017 - 19 N 14.1022 ausgeführt hat - nicht die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltung und Entwicklung der Raufußhühner mit sich. Die Abschusspläne sind nicht auf einen vollständigen Ausschluss des Wildverbisses ausgerichtet. Der Wildverbiss soll lediglich so weit eingedämmt werden, dass bei den standortgemäßen Baumarten die natürliche Waldverjüngung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen auskommt. Daher werden schon deshalb auch in Zukunft licht überschirmte Waldteile existieren. Soweit die durch Absenkung überhöhter Wildbestände ermöglichte Renaturierung des Waldes mit einem gewissen Grad an Verdichtung (Kronenschluss) verbunden ist, ist eine erhebliche Beeinträchtigung des Auerhuhns bereits deshalb auszuschließen, weil es sich bei dieser Renaturierung um eine Jahrzehnte dauernde Entwicklung handelt. Darüber hinaus liegt das Vogelschutzgebiet „E.-gebirge“ in mittelhoher Gebirgslage, in der licht überschirmte Nadelmischwälder typisch sind und bereits wegen der klimatischen Bedingungen auch bei Aufkommen der natürlichen Waldverjüngung keineswegs in allen Bereichen (einschließlich denjenigen an der Baumgrenze) dichter Wald entsteht bzw. dauerhaften Bestand hätte. Die durch die Renaturierung ausgelöste moderate und äußerst langfristige Veränderung von Waldbereichen hat somit keine negative Auswirkung auf den Erhaltungszustand des Auerhuhns. Überdies kann der Lebensraum durch Bewirtschaftungsmaßnahmen günstiger gestaltet werden. So kann der volle Lebenszyklus von Bäumen zugelassen werden; eine ungleichmäßige Auslichtung und/oder kleine Kahlschlagflächen können hergestellt werden. Den Ausführungen des Klägers (Antragsteller im Verfahren 19 N 14.1022) ist zu entnehmen, dass dies von Seiten des Beklagten/Beigeladenen auch geschieht (Schriftsätze vom 12.8.2016 - S. 42 - und vom 18.11.2016 - S. 6/7 - im Verfahren 19 N 14.1022). Auch kann in durch traditionelle Bewirtschaftungsformen beeinflussten, halbnatürlichen Wäldern durch Fortsetzung dieser Bewirtschaftungsformen (wie etwa der Waldweide) die natürliche Sukzession in begrenztem Maß zugunsten von Erhaltungszielen unterdrückt werden.

5.3.2.3 Es ist auch nicht ersichtlich, dass im Zuge der Bestandsregulierung beim Gamswild der Steinadler seine Nahrungsgrundlage und infolge des Zuwachsens der Wälder den notwendigen Jagdraum verlieren würde (Senatsurteil v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - Rn. 138). Die Abschussplanung hat gemäß § 21 BJagdG sicherzustellen, dass ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt. Der Steinadler selbst hat den günstigen Erhaltungszustand noch nicht erreicht, hat sich aber (wohl ganz überwiegend infolge von Jagdverbot und Schutzprogrammen) in den bayerischen Alpen, die seinen einzigen Lebensraum in Deutschland bilden, von geschätzten 15 Brutpaaren im Jahr 1970 zu derzeit etwa 50 Brutpaaren entwickelt (Landesbund für Vogelschutz, www.steinadlerschutz.de/ schutz-programm.html). Die Jagd und die Entnahme terrestrischer Wildtiere stellen für den Steinadler, der sich keineswegs nur von Gamskitzen ernährt, sondern von fast allen kleinen und mittelgroßen Säugern und Vögeln im jeweiligen Gebiet (einschließlich Aas und Kadavern großer Tiere, die er mehrere Tage lang anfliegt), lediglich eine geringe Beeinträchtigung dar (vgl. Nr. 7 des Steinadler-Standard-Datenbogens des Vogelschutzberichts 2013). Nachdem der Steinadler im bodennahen Flug jagt und lediglich offene und halboffene Landschaften besiedelt (laut dem Entwurf des Managementplans liegen die Streif- und Jagdgebiete hauptsächlich oberhalb des Horstbereichs in und oberhalb des Latschengürtels, während die Bejagung durch den Menschen überwiegend im Waldbereich stattfindet), ist nicht erkennbar, weshalb ein Aufkommen der natürlichen Waldverjüngung für ihn eine Beeinträchtigung darstellen könnte.

5.3.3 Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers begründet es auch keinen Abwägungsfehler, dass Gamswild als Tierart des Anhangs V der FFH-Richtlinie dem besonderen Schutz dieser Richtlinie unterliegt. Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Mitgliedsstaat ihre Lebensräume in einem günstigen Erhaltungszustand zu erhalten, dies in geeigneter Weise zu überwachen und alle notwendigen Maßnahmen zu treffen hat, um einen günstigen Erhaltungszustand zu sichern, insbesondere durch notwendige Maßnahmen betreffend die Entnahme aus der Natur oder deren Nutzung. Mit dieser Verpflichtung stehen die Vorschriften zur Abschussplanung nicht in Widerspruch. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 BJagdG soll die Abschussregelung dazu beitragen, dass ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint. Die EU-Kommission hat auf der Grundlage von Bestandsaufnahmen die Gamspopulation im Alpenraum als sehr groß und gesichert angeführt und in jedem der Länder mit Gamswildvorkommen einen günstigen Erhaltungszustand festgestellt (vgl. Dr. S. in Gamswild - der EU-Rahmen, Band 24 der Schriftenreihe des Bayerischen Landesjagdverbands, „Heimatwild Alpengams - nachhaltig erhalten“ sowie Senatsurteil v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - Rn. 139). Der Kläger hat eine Missachtung dieser Grundsätze im Zuge der Abschussplanung nicht dargelegt.

b) Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf.

1. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlichen und/oder einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt. Ob besondere tatsächliche Schwierigkeiten bestehen, ist unter Würdigung der aufklärenden Tätigkeit des Verwaltungsgerichts zu beurteilen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 33).

Hier hat das Verwaltungsgericht in Ansehung des im Zulassungsantrag Dargelegten alles Erforderliche getan, um die Schwierigkeiten zu lösen. Wie in Abschnitt II. B lit. a 3. dargelegt, geben die Anweisungen zur Erstellung der forstlichen Gutachten für die Verjüngungsinventur angemessene und praktikable Methoden vor. Die vom Kläger geforderte revierbezogene Ermittlung des Schalenwildbestandes und seiner Zusammensetzung ist in verlässlicher Art und Weise anerkanntermaßen nicht möglich; selbst der Kläger benennt keine praktikable Methodik für Erkenntnisse, die über eine Abschätzung hinausgehen. Der Beklagte ist bei der Abschussplanfestsetzung nicht auf die Differenzierung nach den verschiedenen Schalenwildarten anhand von Verbissbildern angewiesen. Die Abgrenzung gegenüber anderen tierischen Verursachern ist hinreichend möglich. Die problematisierte Prognose zur Entwicklung der Baumartzusammensetzung im Waldgefüge im Allgemeinen oder in einer konkreten Mischwaldsituation ist nicht entscheidungserheblich (das Verwaltungsgericht hat insoweit die Beweisanträge Nrn. 7 und 8 zu Recht abgelehnt); ausschlaggebend ist das Erreichen des gesetzlich verankerten sogen. Waldverjüngungszieles (Ermöglichung der Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen, vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG).

2. Eine Rechtssache weist besondere rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn eine kursorische, aber sorgfältige, die Sache überblickende Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung keine hinreichend sichere Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits erlaubt. Die Offenheit des Ergebnisses charakterisiert die besondere rechtliche Schwierigkeit und rechtfertigt - insbesondere zur Fortentwicklung des Rechts - die Durchführung des Berufungsverfahrens (Happ, a.a.O., § 124 Rn. 16, 25, 27). Dabei ist der unmittelbare sachliche Zusammenhang des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO mit Abs. 2 Nr. 1 VwGO in den Blick zu nehmen (Happ, a.a.O., Rn. 25).

Die erforderliche Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung führt hier zur Prognose, dass diese zurückzuweisen wäre. Da die vom Kläger vorgebrachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht bestehen (vgl. Abschnitt II. B lit. a des Beschlusses), ist die Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auch nicht besonders schwierig. Insbesondere verstößt der Abschussplan nicht gegen die Regelungen im Zusammenhang mit dem Natura-2000-Gebiet „E.-gebirge“. Die Ausführungen im angefochtenen Urteil, die im Sinne einer Abwägbarkeit dieser Regelungen verstanden werden können, sind nicht entscheidungserheblich (vgl. Abschnitt II. B lit. a 5.).

Eine besondere rechtliche Schwierigkeit der Rechtssache wird auch nicht durch den Umstand begründet, dass das Verwaltungsgericht dem Antrag des Klägers auf Berichtigung des Urteilstatbestands gemäß § 119 VwGO vom 16. August 2017 wegen personeller Veränderungen im zuständigen Spruchkörper und im Hinblick auf § 119 Abs. 2 Satz 3 VwGO nicht entsprechen konnte (vgl. die Beschlüsse des VG v. 22.2.2018 und 12.4.2018). Der Eintritt dieser Situation hat im Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes lediglich zur Folge, dass im Rechtsmittelverfahren nicht verbindlich von den entsprechenden Tatsachenfeststellungen des Ausgangsgerichts auszugehen ist (vgl. BVerfG, B.v. 1.10.2004 - 1 BvR 786/04 - juris m.w.N.). Im Berufungszulassungsverfahren können die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts allerdings ohnehin in Frage gestellt werden, denn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO können insbesondere dann vorliegen, wenn einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 - 1 BvR 3057/11 - BVerfGE 134, 106 und juris Rn. 36; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 und juris Rn. 16). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548 und juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 - 14 ZB 16.280 - juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 - 8 ZB 16.1806 - juris Rn. 9 m.w.N.). Solche Gegenargumente sind hier nicht vorgetragen worden (vgl. Abschnitt II. B lit. a). Insbesondere hat der Kläger in Nr. 2.2 seiner Antragsbegründung die Behauptung „wiederholter Verstöße gegen das Willkürverbot durch Umgestaltung des Sachverhalts und des klägerischen Vortrags“ ohne Berücksichtigung der Frage der Entscheidungserheblichkeit aufgestellt.

c) Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass für die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- und Tatsachenfrage von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit) und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Klärungsbedürftigkeit; vgl. insgesamt Happ in Eyermann, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36, § 124a Rn. 72).

Nachdem die in der Gebietsbeschreibung des Standard-Datenbogens für das Vogelschutzgebiet E.-gebirge angegebene Lebensraumklasse „Nadelwald“ eine erhebliche begriffliche Unschärfe aufweist (schon im Standard-Datenbogen selbst ist hinsichtlich Güte und Bedeutung des Gebietes von „wertvollen, wenig erschlossenen Mischwäldern“ die Rede; im Standard-Datenbogen für das FFH-Gebiet E.-gebirge wird von einem Mischwaldanteil von 35% ausgegangen und auch nach den tatsächlichen Gegebenheiten kann es sich nur um eine grob pauschalierende Klassifizierung handeln), ist ein sich aus Art. 3 VRL ergebender Anspruch auf Erhaltung der Lebensraumklasse „Nadelwald“ auf 74% der Fläche des Vogelschutzgebietes sicher auszuschließen und stellt sich deshalb die vom Kläger diesbezüglich formulierte Rechtsfrage nicht.

Die Vorschriften zum Schutz der Natura-2000-Gebiete unterliegen zwar - worauf der Kläger zutreffend hinweist - (auch) bei der Anwendung von § 21 BJagdG nicht der Abwägung. Die angefochtene Entscheidung wirft aber - wie bereits ausgeführt - diese Frage nicht auf, da ein Verstoß des Abschussplans gegen diese Vorschriften nicht vorliegt. Formulierungen des Verwaltungsgerichts betreffend die Abwägungsfrage sind daher - wie ebenfalls bereits erwähnt - nicht entscheidungserheblich.

Aus den genannten Gründen hat das Verwaltungsgericht die vom Kläger beantragte Aussetzung des Verfahrens und Vorlage der beiden Fragen an den Gerichtshof der Europäischen Union im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Der vom Kläger im Antrag auf Urteilsergänzung gemäß § 120 Abs. 1 VwGO vom 16. August 2017 vertretenen Auffassung, das Verwaltungsgericht habe über diese Anträge nicht entschieden, kann nicht gefolgt werden. Zum einen hat das Verwaltungsgericht mit dem Sachurteil die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an den Gerichtshof (konkludent) abgelehnt und die Ablehnung wegen mangelnder Entscheidungserheblichkeit ausführlich dargelegt. Zum anderen handelt es sich bei dem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den Gerichtshof um einen Verfahrensantrag, welcher der beantragten Urteilsergänzung nicht zugänglich ist (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 120 Rn. 3; Lambiris in BeckOK VwGO, Stand 1.4.2017, § 120 Rn. 6; Clausing/Kimmel in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017 § 120 Rn. 1).

d) Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor. Eine Divergenz ist nach der zutreffenden Darstellung des Klägers anzunehmen, wenn das Verwaltungsgericht in einer für seine Entscheidung erheblichen Rechts- oder Tatsachenfrage eine Position eingenommen hat, die von derjenigen abweicht, die ein in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genanntes Divergenzgericht einer seiner Entscheidungen tragend zugrunde gelegt hat. Für die Darlegung einer Divergenz ist es erforderlich, dass aus dem erstinstanzlichen Urteil ein abstrakter Rechtssatz herausgearbeitet wird, der einen tragenden Grund für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts darstellt und der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, der ein tragender Grund der zitierten Entscheidung des Divergenzgerichts ist.

1. Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass die Festsetzung des Abschusses auch ohne sichere Kenntnis von Wildbestandzahlen erfolgen kann und darf. Der Kläger leitet aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 27) hingegen die Verpflichtung der Unteren Jagdbehörde zur konkreten und einzelrevierbezogenen Ermittlung der Wildbestandszahlen ab. Eine derartige Verpflichtung ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts indes nicht. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall ist der vom Jagdausübungsberechtigten mit Angaben zum Wildbestand aufgestellte Abschussplan von der Behörde ohne nähere Prüfung der in § 21 Abs. 1 BJagdG genannten Belange herabgesetzt worden, wobei in einer mehr oder weniger pauschalen Betrachtungsweise ein fiktiver Rehwildbestand je 100 ha bejagbarer Fläche zur Begründung herangezogen worden ist, Überlegungen zum Wildbestand im konkreten Jagdjahr und im konkreten Jagdrevier jedoch nicht angestellt worden sind. Eine Verpflichtung der Unteren Jagdbehörde zur Ermittlung von konkreten Wildbestandszahlen lässt sich aus dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon deshalb nicht ableiten, weil die Entscheidung allein auf der Tatsache beruht, dass der behördlichen Entscheidung keinerlei Überlegungen zum konkreten Wildbestand zugrunde gelegen haben und sich deshalb die Frage der Art und Weise der Wildbestandsbeurteilung nicht gestellt hat. Für die Unrichtigkeit einer Wildbestandsbeurteilung unter besonderer Bezugnahme auf die Verbisssituation ist dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nichts zu entnehmen; diese Art und Weise der Wildbestandsbeurteilung drängt sich angesichts der in § 21 BJagdG genannten Belange vielmehr auf.

2. Soweit im klägerischen Begründungsschriftsatz vom 2. Oktober 2017 an anderen Stellen Ausführungen betreffend ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts gemacht werden und auch diesbezüglich Divergenzrügen erhoben werden sollten, liegt dieser Zulassungsgrund ebenfalls nicht vor.

2.1 Der Kläger rügt, das erstinstanzliche Urteil weiche von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 30. April 1992 (19 B 91.1220) ab, indem es nur den „Belang der Forstwirtschaft“ als öffentlichen Belang prüfe und diesen als einen eigenständigen, von der forstwirtschaftlichen Nutzung des Waldeigentümers abstrahierten Begriff verstehe. Dieser Einwand greift nicht durch.

Unabhängig davon, dass sich die in die Entscheidung einzustellenden Belange aus dem Gesetz ergeben, was das Verwaltungsgericht ausweislich der Entscheidungsgründe auch erkannt hat (Seite 21), legt der Kläger nicht dar, inwieweit das Verwaltungsgericht welchen Belang noch zu berücksichtigen gehabt hätte. Die Feststellung, dass mit der „ordnungsgemäßen Forstwirtschaft“ i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG - für die „berechtigten Ansprüche der Forstwirtschaft“ in § 21 Abs. 1 BJagdG kann nichts anderes gelten - nicht die konkrete forstwirtschaftliche Nutzung durch den Waldeigentümer gemeint ist, ist auch dem Senatsurteil vom 30. April 1992 zu entnehmen (a.a.O., Rn. 39 a.A., 43 ff.). Im Übrigen ist die Frage, ob die konkrete forstwirtschaftliche Nutzung im jeweiligen Jagdrevier in die Abwägung einzustellen ist, nicht entscheidungserheblich, da es für die Frage der Richtigkeit der Abweisung der Klage gegen den Abschussplan einzig und allein auf die Belastbarkeit der forstlichen Gutachten, nicht aber auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den waldbaulichen Zielen der Eigentümergemeinschaft R. und zum gegenwärtigen Waldzustand ankommt. Es kann insoweit auf die obigen Ausführungen im Rahmen des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils verwiesen werden.

2.2 Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 19. Mai 1998 (19 B 95.3738 - juris Rn. 96) ab, weil es die verschiedenartigen Funktionen der Forstbehörde und der Jagdbehörde verkenne, wenn es erkläre, die Jagdbehörde dürfe sich zur Festlegung der Abschusszahlen am Zustand der Vegetation als natürlichem Weiser orientieren und maßgeblich auf von ihr festgestellte Wildschäden und die Situation der Waldverjüngung abstellen. Der Einwand geht fehl. Es ist insoweit keine Abweichung von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs dargetan. Der Senat hat sich in dem vom Kläger zitierten Urteil - wie die Klägerseite selbst erkennt - mit den durch die Forstbehörde zu erstellenden forstlichen Gutachten befasst sowie mit gerichtlich eingeholten Obergutachten zur selben Frage, und auf dieser Grundlage die für sein Urteil erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen. Die angegriffene Formulierung des Verwaltungsgerichts weicht hiervon nicht ab, weil sie lediglich zum Ausdruck bringt, dass auch die Jagdbehörde für ihre Entscheidung einer Klärung der tatsächlichen Fragen bedarf. Eine Aussage dazu, inwieweit sie für diese Klärung („Feststellung“, „orientieren“, „abstellen“) auf forstbehördliche Einschätzungen oder sonstige Hilfsmittel zurückgegriffen hat, wird in der beanstandeten Urteilsausführung nicht getroffen. Im Übrigen kann auf die diesbezüglichen Ausführungen zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils Bezug genommen werden.

2.3 Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht sei maßgeblich und rechtswidrig sowie entscheidungserheblich von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2013 (1 BvR 2540/10) abgewichen. Sollte auch diesbezüglich eine Divergenzrüge erhoben worden sein, greift diese schon deshalb nicht durch, weil ein diesem Beschluss widersprechender Rechtssatz des Verwaltungsgerichts vom Kläger nicht dargelegt worden ist.

e) Verfahrensmängel, auf denen das verwaltungsgerichtliche Urteil beruht, sind nicht gegeben.

1. Das Gehörsrecht des Klägers ist nicht verletzt worden.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn die angefochtene Entscheidung auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt wird, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (§ 108 Abs. 2 VwGO), oder wenn das erkennende Gericht das (entscheidungserhebliche) tatsächliche oder rechtliche Vorbringen der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen hat. Indessen besteht eine Vermutung dafür, dass sich das Gericht der aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Pflichten bewusst gewesen und ihnen nachgekommen ist, namentlich das entscheidungserhebliche Vorbringen zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Zur Widerlegung dieser Vermutung bedarf es der Darlegung und des Vorliegens besonderer Umstände des Einzelfalls. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden, vielmehr ist der Anspruch auf rechtliches Gehör nur verletzt, wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass ein Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfG, B.v. 25.3.2010 -1 BvR 2446/09 - juris sowie NdsOVG, B.v. 22.3.2010 - 5 LA 32/09 - juris jeweils m.w.N.; SächsOVG, B.v. 18.2.2010 - 2 B 586/09 - juris; BayVGH, B.v. 10.3.2010 - 2 CS 10.222 - juris). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt insbesondere dann nicht vor, wenn das Gericht dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsauffassung eines Verfahrensbeteiligten in der Sache nicht folgt (vgl. BVerwG vom 8.2.2010 - 8 B 126/09, 8 B 76/09 - juris m.w.N.; BayVGH, B.v. 10.3.2010 - 2 CS 10.222 - juris).

Entgegen diesen Anforderungen legt der Kläger nicht dar, welchen Tatsachenvortrag oder welche rechtlichen Argumente das Verwaltungsgericht bezogen auf die formelle oder materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Abschussplanfestsetzung im Rahmen der Entscheidungsgründe übergangen haben soll. Die Entscheidungsgründe greifen das tatsächliche und rechtliche Vorbringen des Klägers auf und setzen sich inhaltlich damit auseinander („…leidet nicht an einem Mangel, … ist nicht zu beanstanden, … ausreichend gewährt, … genügt den Anforderungen“ usw.). Der Umstand, dass dies nicht in der vom Kläger offensichtlich erwarteten Ausführlichkeit oder mit dem vom Kläger angestrebten Ergebnis geschehen ist, begründet keine Verletzung rechtlichen Gehörs. Insbesondere gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder des materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (stRspr. des BVerfG seit dem B.v. 15.2.1967 - 2 BvR 658/65 - BVerfGE 21, 191/194).

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit den Fragen einer Entmischung der Baumarten, der Vereinbarkeit der waldbaulichen Ziele des Klägers mit einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft, der Einschränkbarkeit waldbaulicher Ziele des Grundeigentümers durch forstliche Fachplanungen und der gesteigerten Sozialpflichtigkeit des Waldes scheidet schon mangels Entscheidungserheblichkeit dieser Gesichtspunkte aus. Selbst wenn sich das Verwaltungsgericht in diesen Punkten in einer für den Kläger überraschenden Weise geäußert hätte, wäre dies für den Verfahrensausgang ohne Bedeutung.

Hinsichtlich des Inhalts des Forstlichen Gutachtens 2015 für die Hegegemeinschaft und der Revierweisen Aussage 2015 für das Eigenjagdrevier ist eine Verletzung rechtlichen Gehörs auszuschließen, weil beide Unterlagen die Grundlage der klägerischen Abschussplanung bilden. Angesichts der Verpflichtung auch des Klägers, sich hierbei an ihnen zu orientieren, durfte das Verwaltungsgericht die vollständige Kenntnis ihres Inhalts beim Jagdausübungsberechtigten voraussetzen, also auch der Seite 4 des Forstlichen Gutachtens, auf der (vom Verwaltungsgericht als Verbesserung bezeichnet) von einem starken Rückgang des Verbisses an den Edellaubbäumen in einzelnen Revieren die Rede ist.

Aus dem angefochtenen Urteil geht nicht hervor, dass das Verwaltungsgericht - für den Kläger überraschend - von der Existenz eines Hainsalat-Buchenwaldes im klägerischen Revier ausgegangen wäre. Nach der im Urteil wiedergegebenen Einschätzung des Verwaltungsgerichts orientieren sich die waldbezogenen Erhaltungsziele an der natürlichen Baumartverteilung vor Ort und von einer solchen Sonderform des Buchenwaldes ist auch die Forstbehörde in ihren forstlichen Gutachten nicht ausgegangen. Ein Vorkommen im ca. 11.000 ha umfassenden Vogelschutzgebiet E.-gebirge ist nicht auszuschließen, vorliegend jedoch unerheblich.

Soweit der Kläger meint, durch den Passus im Urteil [„Danach ist die Verbissbelastung im Eigenjagdrevier E.-We. besonders kritisch zu sehen bzw. deutlich zu hoch,] während in den benachbarten Revieren erkennbare Verbesserungen, insbesondere bei Fichte und Edellaubbäumen, festgestellt worden sind“, verstoße das Verwaltungsgericht gegen die Gewährleistung rechtlichen Gehörs, weil nicht kenntlich gemacht werde, ob die Ausführungen dem für den Bereich der Hegegemeinschaft W. erstellten Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 oder der ergänzenden Revierweisen Aussage für das Eigenjagdrevier E.-We. zur Verjüngungssituation entnommen wurden, wurde ein Verfahrensmangel nicht dargelegt. Der Kläger bleibt Ausführungen dazu schuldig, inwiefern die fehlende Angabe im Urteil, welchem der beiden forstbehördlichen, dem Kläger bekannten Begutachtungen der erwähnte Passus entnommen ist, zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör führen soll. Sollte - entgegen den eindeutigen Ausführungen der Klägerseite - die Rüge beabsichtigt sein, das Verwaltungsgericht sei insoweit von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, liegt ebenfalls kein Gehörsverstoß vor. Der Kläger hat keine Unrichtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Ausführung darlegen können. Es ist keinesfalls verfehlt, wenn das Verwaltungsgericht gutachtensgemäß von erkennbaren Verbesserungen in benachbarten Revieren spricht. Dass die Waldweide in den angrenzenden Revieren O. I und O. IV einen derartigen Vergleich nicht zulasse, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt.

Der Kläger legt auch keinen Gehörsverstoß im Hinblick auf die gerichtliche Handhabung der Frage dar, ob sich im streitgegenständlichen Eigenjagdrevier alle für einen Bergmischwald erforderlichen Baumarten (insbesondere Fichte, Tanne, Buche und sonstige Edellaubbaumarten) ausreichend verjüngen können. Die Entscheidungsgründe (Seite 26) und der dortige Verweis auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 1. März 2017 machen deutlich, dass das Gericht das Vorbringen der Klägerseite zur Kenntnis genommen und auch erwogen hat. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor, wenn das Gericht der Auffassung der Klägerseite in der Sache nicht folgt.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt auch nicht insoweit vor, als der Kläger meint, weder außerbehördlich noch im Rahmen des Prozessgeschehens sei die Behauptung erhoben worden, die Schutzfunktion des Waldes im Eigenjagdrevier des Klägers sei gefährdet, am Schwinden oder gar entfallen. Das Verwaltungsgericht nimmt hinsichtlich seiner Urteilsausführung, die Schutzfunktion des Waldes sei zumindest gefährdet, wenn vielleicht auch nicht beeinträchtigt (Seite 32 des Urteils), Bezug auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. April 2005 (19 B 99.2193 - juris). Darin sind Ausführungen zur Funktion von Schutzwald enthalten (vgl. dort insbesondere Rn. 53 und 60). Bereits in der mündlichen Verhandlung am 1. März 2017 (S. 20 der Niederschrift) hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Belange einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft auf diese Entscheidung hingewiesen. Ein Hinweis darauf, dass das Verwaltungsgericht die Schutzfunktion des Waldes aufgrund des aktuellen und der früheren Forstlichen Gutachten sowie des Augenscheins für gefährdet ansehe, brauchte nicht zu ergehen, weil das Verwaltungsgericht nicht zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet ist. Die Klägerseite konnte bei Anwendung der von ihr zu verlangenden Sorgfalt, insbesondere aufgrund des Hinweises in der mündlichen Verhandlung am 1. März 2017, erkennen, dass es für die Entscheidung auf die Schutzfunktion des Waldes ankommen kann.

Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe ihm die Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes genommen, wenn es im Urteil Ausführungen zu Schädlingsneigung und Klimatoleranz bestimmter Baumarten, zu Fragen der Bodenstabilität und des Bodenaufbaus wie auch zu artenfachlichen Fragen mache, ohne sich die Kenntnisse im Wege der Beweiserhebung und Beweiswürdigung im Beisein des Klägers angeeignet zu haben oder den Kläger über die bereits vorhandenen Kenntnisse informiert zu haben, legt keinen Gehörsverstoß dar. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts beruhen auf dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. April 2005 (19 B 99.2193 - juris), auf das das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung am 1. März 2017 (S. 20 der Niederschrift) hingewiesen hat. Sie stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit den verwaltungsgerichtlichen Ausführungen zur Gefährdung der Schutzfunktion des Waldes, sodass auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann.

Durch die Rüge des Klägers, er habe angesichts der protokollierten Zeugenaussagen und der gerichtlichen Ablehnung des auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrages nicht damit rechnen müssen, dass das Verwaltungsgericht zwar die Anwesenheit von Schafen außerhalb der mit Weiderecht belasteten Bereiche im Revier für nachgewiesen halte, dies aber als Umherwandern ohne Einfluss auf die Vegetation bewerten würde, wird ebenfalls kein Gehörsverstoß dargetan. Der Kläger legt keine Verletzung der Gewährleistung rechtlichen Gehörs im Rahmen der Beweisaufnahme dar und insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass er auf gegenteilige Annahmen des Verwaltungsgerichts vertrauen konnte. Eine fehlerhafte Beweiswürdigung kann insoweit nicht als Verfahrensmangel geltend gemacht werden (zum Nichtvorliegen einer fehlerhaften Beweiswürdigung insoweit vgl. Abschnitt II. B lit. a 3.2.1).

Die klägerischen Ausführungen zum Willkürverbot offenbaren ebenfalls keine Verletzung des klägerischen Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Zwar kann ein Tatsachengericht dadurch, dass es von einem teilweise unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, den Anspruch eines Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) verletzen und zugleich gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen (BVerwG, U.v. 25.3.1987 - 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 1, U.v. 15.4.1997 - 8 C 20.96 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 274 S. 36). Die schlüssige Darlegung eines solchen Verfahrensmangels muss sich aber darauf erstrecken, dass und inwiefern das Tatsachengericht bei seiner materiellrechtlichen Beurteilung zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen müssen, wenn es die Tatsachen in der gerügten Weise erwähnt und gewürdigt hätte (BVerwG, U.v. 21.9.2000 - 2 C 5/99 - juris Rn. 32). Daran fehlt es im Rahmen der Ausführungen zum Willkürverbot.

2. Das Verwaltungsgericht hat seine Aufklärungspflicht nicht verletzt. Insoweit nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Abschnitte II. B lit. a 3.1.5 und 3.2.3 sowie lit. b 1., in denen - im Rahmen der Ausführungen zu Rügen gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO - dargelegt ist, dass insoweit auch eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch das Verwaltungsgericht nicht vorliegt.

Der Kläger hat nicht dargetan, dass das Verwaltungsgericht fehlerhaft die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage eines wesentlichen Schafverbisses in seinem Eigenjagdrevier abgelehnt hat. Er benennt über die Wahrnehmungen seines Bruders hinaus keine weiteren Anknüpfungstatsachen, anhand derer Feststellungen oder Folgerungen zum Aufenthalt von Schafen im Eigenjagdrevier hätten getroffen werden können, und übergeht deren Haltlosigkeit (vgl. Abschnitt II. B lit. a) 3.2.1.2).

Sollte der Kläger mit seiner Ausführung, die Kammer habe Kenntnisse zur Schädlingsneigung und Klimatoleranz bestimmter Baumarten, zu Fragen der Bodenstabilität des Bodenaufbaus wie auch zu artenfachlichen Fragen suggeriert, obwohl sie die notwendige Sachkenntnis nicht besitze, beabsichtigt haben, eine Aufklärungsrüge zu erheben, greift diese nicht durch. Das Verwaltungsgericht macht sich insoweit die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 7. April 2015 (19 B 99.2193 - juris) zu Eigen, auf das das Verwaltungsgericht die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung am 1. Marz 2017 hingewiesen hat. Der Kläger hat insoweit nicht dargelegt, warum sich dem Gericht eine weitere Ermittlung des Sachverhalts zur Schutzfunktion seines Waldes hätte aufdrängen müssen.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

Zivilprozessordnung - ZPO | § 448 Vernehmung von Amts wegen


Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Ta

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 96


(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen. (2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen

Bundesjagdgesetz - BJagdG | § 1 Inhalt des Jagdrechts


(1) Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunde

Zivilprozessordnung - ZPO | § 447 Vernehmung der beweispflichtigen Partei auf Antrag


Das Gericht kann über eine streitige Tatsache auch die beweispflichtige Partei vernehmen, wenn eine Partei es beantragt und die andere damit einverstanden ist.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 119


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden. (2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluß. Der Beschlu

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 120


(1) Wenn ein nach dem Tatbestand von einem Beteiligten gestellter Antrag oder die Kostenfolge bei der Entscheidung ganz oder zum Teil übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen. (2) Die Entscheidung

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 32 Schutzgebiete


(1) Die Länder wählen die Gebiete, die der Kommission nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 92/43/EWG und Artikel 4 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG zu benennen sind, nach den in diesen Vorschriften genannten Maßgaben aus. Sie stellen das B

Bundesjagdgesetz - BJagdG | § 21 Abschußregelung


(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Inn

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 960 Wilde Tiere


(1) Wilde Tiere sind herrenlos, solange sie sich in der Freiheit befinden. Wilde Tiere in Tiergärten und Fische in Teichen oder anderen geschlossenen Privatgewässern sind nicht herrenlos. (2) Erlangt ein gefangenes wildes Tier die Freiheit wieder

Bundeswaldgesetz - BWaldG | § 1 Gesetzeszweck


Zweck dieses Gesetzes ist insbesondere, 1. den Wald wegen seines wirtschaftlichen Nutzens (Nutzfunktion) und wegen seiner Bedeutung für die Umwelt, insbesondere für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Klima, den Wasserhaushalt, d

Investitionsvorranggesetz - InVorG | § 12 Rechtsschutz und Sicherung von Investitionen


(1) Gegen den Investitionsvorrangbescheid ist, wenn die nächsthöhere Behörde nicht eine oberste Landes- oder Bundesbehörde ist, der Widerspruch und ansonsten die Anfechtungsklage zulässig; sie haben keine aufschiebende Wirkung. (2) Anträge auf An

Bundeswaldgesetz - BWaldG | § 11 Bewirtschaftung des Waldes


(1) Der Wald soll im Rahmen seiner Zweckbestimmung ordnungsgemäß und nachhaltig bewirtschaftet werden. Durch Landesgesetz ist mindestens die Verpflichtung für alle Waldbesitzer zu regeln, kahlgeschlagene Waldflächen oder verlichtete Waldbestände in a

Bundesjagdgesetz - BJagdG | § 10a Bildung von Hegegemeinschaften


(1) Für mehrere zusammenhängende Jagdbezirke können die Jagdausübungsberechtigten zum Zwecke der Hege des Wildes eine Hegegemeinschaft als privatrechtlichen Zusammenschluß bilden. (2) Abweichend von Absatz 1 können die Länder bestimmen, daß für mehr

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2018 - 19 ZB 17.1602 zitiert oder wird zitiert von 17 Urteil(en).

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Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Verpflichtung des Klägers, bis zum 30. September 2016 aus dem Abschussplan Gamswild für das Jagdjahr 2016/2017 im Eigenjagdrevier Eschenlohe-Wengwies, welches dem Kläger und seinen beiden Brüdern zu je einem Drittel gehört, ein Kontingent von vier Tieren abzuschießen.

Mit Bescheid vom 8. August 2016 setzte die Untere Jagdbehörde nach Befassung des Jagdbeirats und nach Anhörung des Klägers den Abschussplan Gamswild für das Jagdjahr 2016/2017 (die Angabe des Jagdjahres „2015/2016“ ist offensichtlich ein Schreibversehen) auf 9 Tiere fest. Der Abschussplan-Bescheid ist Gegenstand des Verfahrens 19 ZB 17.1602.

Mit weiterem Bescheid vom 8. August 2016 verpflichtete die Untere Jagdbehörde den Kläger, diesen Abschussplan bis 30. September 2016 mindestens zu 40% (4 Tiere) zu erfüllen (Nr. 1 des Bescheides; Nrn. 2 und 3: Kenntnisgabe-Verpflichtungen und Sofortvollzug). Für den Fall der nicht fristgerechten Erlegung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 200 EUR je Tier angedroht; sofern der Abschussplan am Ende des Jagdjahres erfüllt sei, werde das Zwangsgeld nicht fällig (Nr. 4 des Bescheides).

In der mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2016 hob der Beklagte die Zwangsgeldandrohung auf.

In der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2017 beantragte der Kläger, die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 8. August 2016 betreffend die Abschussverpflichtung bis 30. September 2016 festzustellen.

Der Klage mit diesem Antrag gab das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 25. März 2017 statt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen nur dann, wenn im Zulassungsverfahren einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt werden (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - juris Rn. 16). Solche schlüssigen Gegenargumente liegen bereits dann vor, wenn im Zulassungsverfahren substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546). Es reicht nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Das wird zwar regelmäßig der Fall sein. Jedoch schlagen Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - juris Rn. 9).

1. Der Beklagte trägt zur Begründung seines Zulassungsbegehrens vor, bei der Anordnung eines Abschusskontingents und der darauf bezogenen Zwangsgeldandrohung handele es sich um zwei selbstständige Verwaltungsakte und das durch Bescheid vom 8. August 2016 festgesetzte Abschusskontingent sei durchaus auch ohne diesbezügliche Zwangsgeldandrohung wirksam. Dies verkenne das Verwaltungsgericht, wenn es die Anordnung des Abschusskontingents aufgrund dessen Verknüpfung mit einer Zwangsgeldandrohung, die die Erfüllung des Abschussplans zum Ende des Jagdjahres in Bezug nimmt, von vornherein für nicht geeignet halte, ihren Zweck zu erfüllen. Das Verwaltungsgericht begebe sich mit seiner Ausführung, beim Adressaten habe nach der allgemeinen Auslegungsregel der §§ 133, 157 BGB deshalb der Eindruck entstehen müssen, dass nicht beabsichtigt sei, die Erfüllung des Abschusskontingents durchzusetzen, sondern allenfalls bei Nichterfüllung des Abschussplans eine nachträgliche Sanktion in Form eines Zwangsgeldes drohe, weil die Fälligkeit des angedrohten Zwangsgeldes an die Nichterfüllung des Abschussplanes am Ende des Jagdjahres geknüpft gewesen sei, zum einen in einen gewissen Widerspruch zu seiner eigenen Feststellung, bei der Anordnung des Abschusskontingents handle es sich um eine begleitende Maßnahme zur Durchsetzung des Abschussplans, sie sei hiermit also thematisch eng verbunden. Begleite ein Abschusskontingent den Abschussplan, erwecke eine mit dem Abschusskontingent verbundene Zwangsgeldandrohung zu Recht den Eindruck, dass damit zugleich die Erfüllung des Abschussplans bezweckt werde. Bei der Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 8. August 2016 habe die Überlegung des Beklagten darin bestanden, dass ein Zwangsgeld für die Nichterfüllung des Abschusskontingents fairerweise nicht auch noch dann fällig gestellt werden sollte, wenn der Abschussplan letztlich doch erfüllt worden wäre. Das Verwaltungsgericht verkenne dabei zugleich, dass Art. 32 Abs. 2 Satz 4 BayJG sicher nicht nur für Zwangsgeld zur Durchsetzung des Abschussplans gelte, sondern auch für Zwangsgeld zur Durchsetzung eines Abschusskontingents. Zum anderen erschließe sich nicht, warum das erstinstanzliche Gericht die mit der Zeitvorgabe „bis 30. September 2016“ völlig eindeutige Anordnung des Abschusskontingents unter Heranziehung der Zwangsgeldandrohung entsprechend §§ 133, 157 BGB dahingehend auslege, dass es dem Adressaten überlassen bleibe, welche Zeitvorgabe er zugrunde zu legen habe. Einer Auslegung bedürfe es nur dann, wenn eine Erklärung bzw. eine Verpflichtung durch Verwaltungsakt unklar sei.

Dieses Vorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Annahme im angegriffenen Urteil, die Kontingentfestsetzung sei ein ungeeignetes Mittel zur Verwirklichung des Bescheidszwecks.

Die Rügen des Beklagten sind zwar nicht vollständig von der Hand zu weisen. So sind etwa die Bedenken des Beklagten gegen die verwaltungsgerichtliche Beanstandung nachvollziehbar, durch den Gesamtzusammenhang der Bescheidsregelungen sei es dem Kläger überlassen worden, ob er den Abschussplan entsprechend der zeitlichen Vorgabe in der Kontingentfestsetzung oder entsprechend seinen eigenen Zeitvorstellungen erfülle. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ist es nicht Ziel der konkreten Kontingentfestsetzung, zeitliche Vorgaben für die Abschüsse als Selbstzweck festzulegen, sondern vielmehr, gegen die (vom Kläger regelmäßig praktizierte) Nichterfüllung des Abschussplans vorzugehen. Dem gesamten Beklagtenvorbringen zufolge stellt die Kontingentfestsetzung eine weiche Maßnahme zur Erfüllung des Abschlussplans dar. Wäre dieses Ziel erreicht worden, wäre es dem Beklagten nicht mehr darauf angekommen, wie sich die Abschüsse auf das Jagdjahr verteilen. Das Ziel der Abschussplanerfüllung ergibt sich auch aus der zur Begründung der Maßnahme herangezogenen Vorschrift des Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BayJG, derzufolge die Jagdbehörde die zur Erfüllung des Abschussplans erforderlichen Anordnungen trifft. Vorläufigkeit und Nachgiebigkeit der Kontingentfestsetzung ergeben sich aus der Ausführung im streitgegenständlichen Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen, ein frühzeitiger Beginn des Abschusses werde durch die Anordnung gefördert. Dieser Ausführung liegt offensichtlich die Annahme zu Grunde, mit einem solchen frühzeitigen Beginn sei ein Zwischenziel auf dem Weg zur Erfüllung des Abschussplans erreicht. Zwar weicht der Beklagte insoweit von dieser Sichtweise ab, als er in der Klageerwiderung vom 12. September 2016 ausführt, durch die Festsetzung des Abschusskontingents werde der Jagddruck im Dezember vermindert, wenn sich das Wild im abgesenkten Stoffwechsel befinde. Dass dieses Ziel aber jedenfalls nicht der zentrale Bescheidszweck ist, ergibt sich schon daraus, dass die Anordnung eines wesentlichen Teils des Abschusses zu Beginn des Jagdjahres aus Gründen der Schonung des Stoffwechsels des Wilds nicht durch die im Bescheid in Anspruch genommene Vorschrift des Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BayJG gedeckt wäre und dass bei einer solchen zentralen Zielsetzung erläuterungsbedürftig gewesen wäre, weshalb das Ziel nur bei 40% des Gesamtabschusses verfolgt wird.

Weiterhin trifft die Rüge des Beklagten ansatzweise zu, dass die Kontingentfestsetzung einen Grundbescheid darstellt, der grundsätzlich unabhängig von dem angedrohten Zwangsmittel ist (hier: von der Zwangsgeldandrohung, die der Beklagte selbst in der mündlichen Verhandlung wieder aufgehoben hat); allerdings deutet der Umstand, dass die Bedingtheit der Zwangsgeldandrohung in der Verwendung der Kontingentfestsetzung als bloße Motivationsmaßnahme (in Richtung einer Abschussplanerfüllung) eine Entsprechung hat, auf einen inneren Zusammenhang hin.

Trotz dieser Bedenken gegen Ausführungen im angefochtenen Urteil ist die Bewertung der Kontingentfestsetzung als ungeeignet durch das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend. Die Festlegung eines (1) Kontingents kann zwar eine geeignete Maßnahme zur Erfüllung des Abschlussplans sein, auch wenn die Erfüllung des Kontingents nur einen ersten Schritt auf dem Weg zur Erfüllung des Abschussplans darstellt. Sie muss aber wenigstens die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Abschussplan erfüllt wird. Dies ist aber nicht der Fall, wenn - wie hier - aufgrund von objektiven Gesichtspunkten von einer fehlenden Bereitschaft beim Anordnungsadressaten auszugehen ist, den Abschussplan zu erfüllen (zur fehlenden Bereitschaft des Klägers vgl. Senatsurteil v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - Rn. 65 ff., insbesondere Rn. 74). In einem solchen Fall fördert die Kontingentregelung die Abschussplanerfüllung überhaupt nicht. Ob Kontingentfestsetzungen mit konsequenteren Zwangsmittelandrohungen (z.B. Zwangsgeldandrohungen, die keinen Wegfall des Zwangsgeldes bei letztendlicher Erfüllung des Abschlussplans vorsehen oder Androhungen der Ersatzvornahme) oder die Verteilung des Gesamtabschusses auf mehrere Kontingente geeignete - und auch sonst zulässige - Maßnahmen gewesen wären, kann vorliegend offenbleiben. Die Ausführung des Beklagten, dass bei einem Abschuss des festgesetzten Kontingents die restlichen 60% dann noch erfüllt werden „können“, ist unbehelflich, da die theoretische Möglichkeit einer Abschussplanerfüllung auch ohne Kontingentfestsetzung besteht. Eine Maßnahme ist nicht dann geeignet, wenn sie in Richtung der theoretischen Möglichkeit einer Abschussplanerfüllung geht, sondern nur, wenn sie wenigstens spürbare Verbesserungen in dieser Hinsicht herbeiführt.

Die mit dem Vorgehen der Behörde verbundenen Probleme beruhen letztlich darauf, dass trotz der allgemein verbreiteten Nichterfüllung von Abschussplänen praktische Verwaltungserfahrungen mit einer Durchsetzung von Abschussplänen nach wie vor fehlen (zur ineffektiven Umsetzung der Abschussplanvorschriften vgl. die BayORH-Jahresberichte 1999 und 2009). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Gesetz den behördlich organisierten Abschuss (Art. 32 Abs. 2 Satz 3 Hs. 1 BayJG i.V.m. § 27 Abs. 2 BJagdG) als Mittel der Wahl zur Durchsetzung des Abschussplans ansieht, denn es schließt ausdrücklich eine Anwendung der Bestimmung des Art. 32 Satz 2 VwZVG aus, derzufolge eine Ersatzvornahme nur zulässig ist, wenn ein Zwangsgeld keinen Erfolg erwarten lässt (Art. 32 Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 BayJG). Diese Regelung ist durch § 1 Nr. 4 lit. b, bb des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Jagdgesetzes vom 30. Juli 1987 (GVBl S. 246) eingefügt worden, welches zur Begrenzung der Wildschäden, insbesondere an dem teilweise besonders bedrohten Wald, zur Effektivierung der Abschusspläne und insgesamt zu einem konsequenteren Vollzug der jagdrechtlichen Bestimmungen (vgl. die Stellungnahme des Staatsministers Dr. E. vom 21.7.1987 im Bayerischen Landtag, Plenarprot. 11/32, S. 2040 ff.) erlassen worden ist. Die genannte Regelung ist auch sachgerecht, weil nur durch einen sofort wirksamen Vollzug verhindert werden kann, dass das Abschussdefizit die Abschussplanungen der folgenden Jagdjahre belastet, dass sich der überhöhte Verbiss fortsetzt und dass sich die Waldschäden verstärken. Das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 19. Januar 2016 (F8-7942-1/193) betreffend die Abschussplanung ab dem Jagdjahr 2016/2017 übergeht diese Regelung und ihre Motive vollständig. Schließlich ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass dem Jagdausübungsberechtigten bei grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten bei der Jagdausübung, zu denen die Erfüllung des Abschussplans und die Beachtung des gesetzlichen Grundsatzes „Wald vor Wild“ zweifellos gehören, die Jagdausübung verboten werden kann (Art. 57 BayJG).

2. Der Einwand, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ergäben sich daraus, dass vom Verwaltungsgericht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse angenommen worden ist, obwohl die Gefahr, dass ein Abschusskontingent erneut mit einer Zwangsgeldandrohung, wie sie im Bescheid vom 8. August 2016 erfolgt sei, verbunden werde, nicht bestehe, da die Beklagte die Zwangsgeldandrohung nicht wegen mangelnder Eignung zur Erzielung einer Beugewirkung aufgehoben habe, sondern weil ihre Rechtswidrigkeit (auf Grund fehlender Schlüssigkeit) in Betracht gezogen worden sei, greift nicht durch.

Ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren ist nur dann zulässig, wenn der Kläger zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein berechtigtes Interesse an einem Sachausspruch des Gerichts hat (BVerwG, U.v. 27.3.1998 - 4 C 14/96 - BVerwGE 106, 295 zitiert nach juris Rn. 20). Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresses aufgrund Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (BVerwG, B.v. 9.5.1989 - 1 B 166/88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 20, zitiert nach juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 10.2.2016 - 10 B 11.15 - juris Rn. 6 m.w.N.). Es ist zu verneinen, wenn die konkret betroffene Behörde eindeutig zu erkennen gegeben hat, in Zukunft von einer Wiederholung unter Verwendung der von ihr ursprünglich gegebenen Begründung absehen zu wollen (BVerfG, B.v. 8.2.2011 - 1 BvR 1946/06 - BayVBl. 2011, 405, zitiert nach juris Rn. 23).

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, vorliegend sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers bezüglich der Anordnung eines Abschusskontingents für Gamswild anzunehmen, da für die kommenden Jagdjahre mit weiteren Abschusskontingenten gerechnet werden müsse, ist nicht zu beanstanden. Dies wird von dem Beklagten auch nicht bestritten, sondern vielmehr ausdrücklich bestätigt. Die Frage, ob der Beklagte hinreichend klar zu erkennen gegeben hat, dass eine Zwangsgeldandrohung entsprechend Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids nicht mehr erfolgen wird, kann vorliegend dahinstehen, da das Verwaltungsgericht bezüglich der Zwangsgeldandrohung kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse angenommen hat und die genannte Frage keine Bedeutung für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse bezüglich des selbstständigen Verwaltungsakts der Anordnung des Abschusskontingents besitzt.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ergeben sich auch nicht aus der Rüge, dem Kläger werde ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des angeordneten Abschusskontingents i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zugestanden, weil von einer konkreten Wiederholungsgefahr auszugehen sei, obwohl die Rechtswidrigkeit allein aus der zwischenzeitlich aufgehobenen Zwangsgeldandrohung abgeleitet werde. Wie bereits ausgeführt ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse hinsichtlich des Abschusskontingents unabhängig davon gegeben, wie die entsprechenden Fragen hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung zu beantworten sind.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Bescheid des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen vom 21.7.2015, Az. ..., betreffend die Festsetzung des Abschussplanes für Rotwild für das Eigenjagdrevier ... für das Jagdjahr 2015/2016 wird aufgehoben, soweit er von dem vom Kläger eingereichten Abschussplan für Rotwild vom ....2.2015 abweicht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung des Rotwildabschusses für das Jagdjahr 2015/2016 durch den Beklagten. Er ist neben seinen beiden Brüdern Miteigentümer zu 1/3 des Eigenjagdreviers ... in der Hegegemeinschaft ... und der nach Art. 7 Abs. 4 BayJG gegenüber der Jagdbehörde Bevollmächtigte.

Das Forstliche Gutachten 2012 bescheinigt in der Hegegemeinschaft einen Verbiss als „deutlich zu hoch“. In der ergänzenden Revierweisen Aussage 2012 für das Eigenjagdrevier ... wird eine Wertung der Verbisssituation als „deutlich zu hoch“ und eine Tendenz der Verbisssituation als „nicht verändert“ vorgenommen.

Nach Anhörung setzte das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen mit Bescheid vom 21. Juli 2015 einen Abschussplan für das Jagdjahr 2015/2016 von 45 Stück Rotwild fest und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung wird ausgeführt, dass hinsichtlich der vom Kläger im Anhörungsverfahren vorgebrachten Einwände in Bezug auf das SPA-Gebiet mitgeteilt werden könne, dass derzeit ein Managementplan durch die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft erarbeitet werde. Darin würden Maßnahmen formuliert, um den Erhaltungszustand der Arten zu sichern bzw. zu verbessern. Es bleibe abzuwarten, ob und in welcher Weise sich bei der Umsetzung der Maßnahmen Auswirkungen auf die Abschussplanungen ergäben. Der Abschuss des Wildes sei so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche u. a. der Land- und Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt blieben. Innerhalb dieser Grenzen solle der Abschussplan dazu beitragen, dass ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibe. Der Ursprung des gesetzlich normierten Vorranges „Wald vor Wild“ liege in der überragenden Bedeutung des Waldes für das Klima, den Wasserhaushalt, die Sauerstoffproduktion und die biologische Vielfalt. Erhöhter Wildverbiss sei der geforderten Waldverjüngung naturnaher Wälder und standortgemäßer Baumarten abträglich. Nach dem forstlichen Gutachten und der ergänzenden Revierweisen Aussage sei die Verbissbelastung in der Hegegemeinschaft ... und im Eigenjagdrevier ... „deutlich zu hoch“ und die Tendenz der Verbisssituation ausweislich der Revierweisen Aussage „nicht verändert“. Die Individualinteressen der Waldbesitzer, insbesondere von Waldflächen, die an das Revier ... angrenzten, und das Allgemeininteresse an einer Waldverjüngung sowie die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege erforderten die Festsetzung. Diese berechtigten Interessen der Allgemeinheit und der Waldbesitzer überwögen die wirtschaftlichen Interessen der ... Guts- und Forstverwaltung.

Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am .... August 2015 Klage erheben und beantragte zuletzt,

den Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen vom 21.7.2015, Az. ..., betreffend die Festsetzung des Abschussplanes für Rotwild für das Eigenjagdrevier ... für das Jagdjahr 2015/2016 aufzuheben,

hilfsweise,

den Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen vom 21.7.2015, Az. ..., betreffend die Festsetzung des Abschussplanes für Rotwild für das Eigenjagdrevier ... für das Jagdjahr 2015/2016 insoweit aufzuheben, als damit eine von dem Abschussplanvorschlag abweichende Festsetzung erfolgt.

Weiter wurde beantragt, den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg anzurufen und ihm folgende Frage zur Entscheidung vorzulegen:

Ist Art. 3 der Richtlinie 2009/147/EG in der Fassung vom30. November 2009 - Vogelschutzrichtlinie - dahingehend zu verstehen, dass die nationale (landesrechtliche) Bestimmung des Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, wonach ohne Unterschied, also auch in SPA Gebieten „vorrangig“ der Zustand der Waldvegetation, insbesondere der Waldverjüngung zu berücksichtigen ist, entweder gemeinschaftsrechtskonform so auszulegen, dass es maßgeblich jedenfalls in einem SPA-Gebiet für die nach der nationalen Norm zu treffende Entscheidung in erster Linie darauf ankommt, den Wald als Lebensraum gemäß den Bedürfnissen der für dieses Gebiet genannten Vogelarten zu erhalten oder möglichst wiederherzustellen oder aber die nationale Vorschrift unangewendet zu lassen?

sowie,

das Verfahren auszusetzen.

Zur Begründung der Klage verweist der Kläger auf seine Ausführungen im Eilverfahren (M 7 S 15.3607) und im dazugehörigen Klageverfahren (M 7 K 15.3411), in denen er sich gegen einen jagdrechtlichen Bescheid des Beklagten (Anordnung eines Abschusskontingentes) gewandt hat. Weiter bezieht er sich auf sein Vorbringen im Klageverfahren gegen den Bescheid betreffend die Abschussfestsetzung des Vorjahres (M 7 K 14.4367) sowie auf seine Ausführungen im Rahmen der Anhörung. Es seien Verfahrensfehler bei der Erstellung der ergänzenden Revierweisen Aussage gemacht worden, außerdem weise diese inhaltliche Mängel und Unrichtigkeiten auf. Insbesondere werde die Aussage des Beklagten bestritten, dass eine ausreichende Waldverjüngung in dem erforderlichen Umfang in 2012 nicht erreicht gewesen sei und dass sich darin nichts geändert habe. Zudem seien bei der Abschussplanung naturschutzrechtliche Vorgaben nicht beachtet worden. Das Eigenjagdrevier liege vollständig im SPA-Gebiet ..., einem Gebiet mit höchstem Schutzstatus. Es seien demnach besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich der Lebensräume bestimmter Vogelarten zu ergreifen. Die Verlaubholzung durch eine stetige Verminderung der Herbivoren laufe den Zielen des SPA-Gebiets zuwider. Es liege eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts vor, da der Beklagte gegen die Vorgabe verstoße, den Gebietszustand schützenswerter Gebiete (Natura 2000) zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Der Lebensraum des besonders geschützten Auerhuhns werde durch zunehmende Verlaubholzung vernichtet. Der Beklagte räume nicht dem höherrangigen Gemeinschaftsrecht, sondern der Vorgabe „Wald vor Wild“ Priorität ein, so dass aufgrund des unzutreffenden Rechtsverständnisses die vorzunehmende Abwägung fehlerhaft und der Bescheid rechtswidrig und aufzuheben sei. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Managementplan noch nicht erstellt sei, da die Pflicht bestünde, dem Gemeinschaftsrecht uneingeschränkt zur Geltung zu verhelfen. Im Übrigen regle bereits § 21 Abs. 1 Satz 1 BJagdG, ohne dass es des Verweises auf das zwingende Europarecht zu Vogelschutzgebieten bedürfe, dass der Abschuss des Wildes so zu regeln sei, dass die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt würden. Auch Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 BayJG lasse die gesetzliche Vorgabe noch erahnen, Art. 32 BayJG negiere sie immerhin nicht. Weiter werde die Mitwirkung des Jagdbeirats im Vorfeld des Bescheids gerügt, da dieser nicht mit den gesetzlich vorgesehenen Mitgliedern besetzt gewesen sei. Die Beschlüsse des Jagdbeirats seien daher in gesetzeswidriger Weise ergangen und hätten vom Beklagten nicht berücksichtigt werden dürfen.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 25. August 2015,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird auf die im Klageverfahren des Vorjahres vorgelegte Klageerwiderung vom 1. Dezember 2014 verwiesen, da sich keine wesentlichen Änderungen ergeben hätten. Demnach habe sich die Verbissbelastung nach einer aktuellen Stellungnahme des AELF seit dem Forstlichen Gutachten 2012 und der ergänzenden Revierweisen Aussage nicht geändert, eine ausreichende Waldverjüngung sei nicht im erforderlichen Umfang erreicht worden. Zur Problematik des Naturschutzes wird darin ausgeführt, dass eine Verlaubholzung nicht festzustellen sei und die Befürchtungen auf damit verbundene Auswirkungen auf die Erhaltungsziele im SPA-Gebiet daher unbegründet seien. Die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde bestätige zwar die Befürchtungen des Klägers weitgehend, jedoch sei wegen der besonderen Bedeutung der Wildschäden das Forstliche Gutachten maßgeblich. Der Managementplan für SPA-Gebiete werde gerade erstellt, wobei Aussagen zu Jagdmanagement, Wildbeständen oder Abschusszahlen darin voraussichtlich nicht enthalten seien. Neben der Wahrung der Eigentümerinteressen der Einschlussflächen des Eigenjagdreviers komme der Abschussregelung auch in Bezug auf einen leistungsfähigen und funktionsfähigen Naturhaushalt große Bedeutung zu. Das Revier liege im Sanierungsgebiet ... mit Schutzwaldanteilen, ein Bergmischwald sei zum Schutz vor Hochwasser und Bodenerosion notwendig.

Das Gericht hat am 25. November 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Mit Beweisbeschluss vom 27. November 2015 wurde ein schriftliches Sachverständigengutachten zu der Frage, wie sich die Verbisssituation durch Verbiss von Rotwild im Eigenjagdrevier ... darstellt, eingeholt. Im Fortsetzungstermin am 10. Februar 2016 hat das Gericht den Sachverständigen gehört. Die vom Kläger unbedingt gestellten Beweisanträge wurden wegen mangelnder Entscheidungserheblichkeit und darüber hinaus zum Teil als nicht ordnungsgemäß gestellt abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Der Bescheid des Beklagten vom 21. Juli 2015 war in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, da er insoweit rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Der Kläger hatte im Hauptantrag die Aufhebung des Bescheids und im Hilfsantrag dessen Teilaufhebung insoweit beantragt, als damit eine von dem Abschussplanvorschlag abweichende Festsetzung erfolgt. Er kann kein berechtigtes Interesse an der Vollaufhebung des Bescheids geltend machen, da er damit auch die im Bescheid enthaltene Anordnung in Höhe von 32 Stück Rotwild angreift, die seinem Abschussplanvorschlag entspricht.

Mit Schreiben vom .... Februar 2015 hatte der Kläger seinen Abschussplanvorschlag für Rotwild eingereicht und darin eine Stückzahl von 32 Tieren angegeben. Die Behörde ist dem Vorschlag nicht gefolgt, sondern hat den Abschussplan auf 45 Stück festgesetzt. Die Festsetzung basiert auf § 21 Absatz 2 BJagdG i. V. m. Art. 32 Absatz 1 Satz 1 BayJG und § 15 Absatz 1 Sätze 1 und 2 AVBayJG. Nach § 15 Absatz 1 Satz 1 AVBayJG ist der vom Kläger vorgelegte Abschussplan vom Beklagten zu bestätigen, wenn er den Vorgaben des § 21 Absatz 1 BJagdG und des Art. 32 Absatz 1 Satz 2 BayJG entspricht und im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand oder dem Inhaber des Eigenjagdreviers aufgestellt worden ist. In allen anderen Fällen ist der eingereichte Abschussplan, wie vorliegend geschehen, festzusetzen (§ 15 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 1 AVBayJG).

Das Gericht geht davon aus, dass die Klage eines jagdausübungsberechtigten Revierinhabers gegen einen bestätigten Abschussplan unzulässig ist (vgl. auch Frank/Käsewieter, Das Jagdrecht in Bayern, BayJG, Kommentar, S. 249, wonach gegen die Festsetzung eines Abschussplans der jagdausübungsberechtigte Revierinhaber vorgehen kann, im Unterschied zu einem einzelnen Jagdgenossen, der gegen die Festsetzung bzw. Bestätigung vorgehen kann). Denn mit einer solchen Klage wird eine antragsgemäße Entscheidung angegriffen. Eine Verletzung in eigenen Rechten ist damit zum einen offensichtlich nicht möglich, zum anderen liegt darin ein widersprüchliches Verhalten (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2001 - 1 C 35/00 - juris Rn. 15 m. w. N.; BayVGH, B.v. 25.1.1993 - 20 CS 92.3111 - juris Rn. 20, 23; Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, vor 40 Rn. 99; Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, vor 40-53 Rn. 22). Der jagdausübungsberechtigte Revier-inhaber, der sich mit einer Anfechtungsklage gegen eine aus seiner Sicht zu hohe Festsetzung wendet, kann nur insoweit dagegen vorgehen, als die Festsetzung seinen Abschussplanvorschlag übersteigt. In den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen wird - soweit ersichtlich - mit der Anfechtungsklage bzw. der Fortsetzungsfeststellungsklage lediglich die vom eigenen Vorschlag abweichende höhere Festsetzung angegriffen (vgl. etwa BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 82; VG Augsburg, U.v. 8.10.2014 - Au 4 K 14.811 - juris Rn. 31; VG Ansbach, U.v.14.11.2007 - AN 15 K 07.01396 - juris Rn. 21).

Das gerichtliche Vorgehen des Klägers gegen den gesamten Abschussplan und damit auch den seinem Abschussplanvorschlag entsprechenden Teil i. H. v. 32 Stück Rotwild ist demnach unzulässig. Der Kläger ist ausweislich seines Vorbringens der Auffassung, dass sein Abschussplanvorschlag den gesetzlichen Vorgaben gerecht wird. In seinem Schreiben im Rahmen der Anhörung vom 11. Juni 2015 legt er seine Auffassung zum Zustand des Waldes dar und spricht sich aufgrund des Waldbildes und der den Zielen des SPA-Gebietes zuwider laufenden Verlaubholzung gegen eine Erhöhung des Abschusses aus. Abschließend beantragt er, entweder das aktuelle Verbissgutachten abzuwarten oder die von ihm eingereichten Abschusspläne zu bestätigen. Auch in der mündlichen Verhandlung haben der Kläger und seine Bevollmächtigten deutlich gemacht, dass es nicht darum gehe, überhaupt keinen Abschuss zu tätigen.

Über den Hilfsantrag war zu entscheiden, da dem Hauptantrag nicht stattzugeben war. Die Klage ist im Hilfsantrag zulässig und begründet und der Bescheid daher teilweise aufzuheben. Soweit er einen höheren Abschuss als vom Kläger vorgeschlagen festsetzt, ist er rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO; vgl. VG Augsburg, U.v. 8.10.2014 - Au 4 K 14.811 - juris Rn. 31).

Die Rechtswidrigkeit des Bescheids ergibt sich daraus, dass der Beklagte bei der im Rahmen der Festsetzung des Abschussplans vorzunehmenden Abwägung die Belange des Naturschutzes nicht ausreichend berücksichtigt hat. Nicht tragend ist hingegen der Einwand des Klägers, der Bescheid sei wegen Mängeln in der Beschlussfassung des Jagdbeirats unheilbar rechtswidrig.

Der Kläger macht geltend, der Jagdbeirat sei nicht mit den gesetzlich vorgesehenen Mitgliedern besetzt gewesen und die insoweit gesetzeswidrig gefassten Beschlüsse hätten vom Beklagten nicht berücksichtigt werden dürfen. Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern sich Fehler bei der Beschlussfassung des Jagdbeirats auf die Rechtmäßigkeit des Bescheids auswirken, denn eine fehlerhafte Beschlussfassung liegt nicht vor. Nach Art. 50 Abs. 1 BayJG wird zur Beratung aller Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung sowie wichtiger Einzelfragen bei jeder Jagdbehörde ein Jagdbeirat (§ 37 BJagdG) gebildet, wobei Art. 50 Abs. 2, Abs. 3 BayJG dessen Besetzung bei der unteren bzw. höheren Jagdbehörde regelt. Weiter bestimmt Art. 50 Abs. 5 BayJG, dass der Vorsitzende zu den Beratungen des Jagdbeirats weitere Sachkundige hinzuziehen kann. Ausweislich der Sitzungsprotokolle für die Jagdbeiratssitzungen am 30. April und 17. Juli 2015 und der Angaben des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung haben lediglich die gesetzlich vorgesehenen Mitglieder des Jagdbeirats abgestimmt. Neben den vom Gesetz vorgeschriebenen Personen waren noch der Kreisjagdberater, der Vertreter des AELF und der Hegegemeinschaftsleiter der Hegegemeinschafts ...-West (nur am 30.4.2015, soweit es seine Hegegemeinschaft betraf) bei den Beratungen anwesend. Die Hinzuziehung dieser Personen erfolgte rechtmäßig im Rahmen des Art. 50 Abs. 5 BayJG, da es sich nach Überzeugung der Kammer dabei um sachkundige Personen handelt.

Der Bescheid ist jedoch wegen Abwägungsfehlern rechtswidrig. Nach § 21 Abs. 2 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayJG und § 14 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 AVBayJG sind für Rotwild für jeweils ein Jagdjahr Abschusspläne aufzustellen, die von der Jagdbehörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat zu bestätigen oder festzusetzen sind. Der Abschuss des Wildes ist nach § 21 Abs. 1 BJagdG so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 BayJG ist Gesetzeszweck des Bayerischen Jagdgesetzes, die jagdlichen Interessen mit den sonstigen öffentlichen Belangen, insbesondere mit den Belangen der Landeskultur, des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen. Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG legt fest, dass bei der Abschussplanung neben der körperlichen Verfassung des Wildes vorrangig der Zustand der Vegetation, insbesondere der Waldverjüngung zu berücksichtigen ist. Um den genannten rechtlichen Vorgaben gerecht zu werden, hat die untere Jagdbehörde zunächst den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und die in den gesetzlichen Vorschriften enthaltenen Belange in die Entscheidung einzustellen, sowie einen Interessenausgleich der zum Teil gegenläufigen Interessen vorzunehmen (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 30.4. 1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 38; OVG RP, U.v. 13.8.1997 - 8 A 10391/96 - juris Rn. 25; OVG NRW, U.v. 1.8.2014 - 16 A 805/13 - juris Rn. 29 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 7.1.2016 - OVG 11 S 76.15 - juris Rn. 9).

Der Jagdbehörde steht bei der Entscheidung über den vorgelegten Abschussplan und der Festsetzung kein planerischer Gestaltungsspielraum zu. Die Abschusszahl ist allerdings nicht rein mathematisch-logisch zu bestimmen, vielmehr ist der Behörde eine gewisse Bandbreite von Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt. Das Gericht untersucht die in den jagdrechtlichen Vorschriften gebrauchten unbestimmten Rechtsbegriffe daraufhin, ob die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt richtig gewertet, die verschiedenen Belange entsprechend der Zielvorgabe des Gesetzgebers zutreffend abgewogen hat und sich die Höhe des Abschusses in einem vertretbaren Zahlenrahmen befindet (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 91; BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 37 ff; OVG RP, U.v. 13.8.1997 - 8 A 10391/96 - juris Rn. 27). Der Abschussplan entspricht mithin nur dann den gesetzlichen Vorgaben, wenn keine Fehler bei der Erfassung des Sachverhalts vorliegen und die verschiedenen Belange gemäß der gesetzlichen Vorgaben abgewogen wurden (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 91; VG Augsburg, U.v. 22.1.2014 - Au 4 K 13.958 - juris Rn. 47; VG Freiburg, U.v. 24.9.2008 - 1 K 430/08 - juris Rn. 25). Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Abwägung der gesetzlich formulierten Belange macht den Abschussplan bereits rechtswidrig (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 26; OVG NRW, U.v. 1.8.2014 - 16 A 805/13 - juris Rn. 36).

So liegt der Fall hier. Die Behörde hat die Belange des Naturschutzes nicht in ausreichendem Maße in ihre Abwägungsentscheidung eingestellt.

Das Eigenjagdrevier, für das der Abschussplan gilt, liegt im Vogelschutzgebiet ... (SPA-Gebiet) und teilweise im FFH-Gebiet .... Dieses ist Teil des europaweiten Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“. Rechtsgrundlage für Natura 2000 sind die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG, erlassen am 2. April 1979 vom Rat der Europäischen, seit 15. Februar 2010 nunmehr in kodifizierter Fassung als Richtlinie 2009/147/EG vom 30. November 2009 in Kraft) und die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen).

Aus Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG) ergibt sich, dass für die in Anhang I aufgeführten Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden sind, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen. In diesem Anhang ist unter anderem das Auerhuhn (Tetrao urogallus) aufgeführt.

Die Umsetzung der „Natura 2000“ Vorgaben und damit auch der Vogelschutzrichtlinie erfolgt in Deutschland vornehmlich durch das Bundesnaturschutzgesetz (§§ 31 ff. BNatSchG) und die Landesnaturschutzgesetze (in Bayern Art. 20 ff. BayNatSchG). Für die in der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten Arten erklären die Mitgliedstaaten geeignete Gebiete zu Schutzgebieten (sog. SPA - special protection areas).

Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz hat aufgrund der Ermächtigung im BayNatSchG eine Verordnung über die Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten sowie deren Gebietsbegrenzungen und Erhaltungszielen (Vogelschutzverordnung - VoGEV vom 12. Juli 2006, in Kraft seit 1. September 2006) erlassen, in der die Europäischen Vogelschutzgebiete in Bayern einschließlich ihrer Gebietsbegrenzungen und Erhaltungsziele rechtsverbindlich festgelegt sind. Gemäß § 1 VoGEV werden die in Anlage 1 aufgeführten und näher beschriebenen Gebiete gemäß Art 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie als Europäische Vogelschutzgebiete festgesetzt. § 3 VoGEV beschreibt die Erhaltungsziele, nämlich Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in Anlage 1 für das jeweilige Gebiet aufgeführten Vogelarten und ihrer Lebensräume. In der Anlage 1 der VoGEV ist unter der Gebietsnummer DE... das ... aufgeführt. Dessen Erhaltungsziele lauten u. a.: „Erhaltung oder Wiederherstellung der Bestände von Birkhuhn, Auerhuhn (…) und deren Lebensräume, insbesondere des charakteristischen subalpinen und alpinen Gebirgsstockes mit hohem Strukturreichtum wie Hangschuttwälder und Schluchten, Borstgras- und Magerrasen, Latschengebüsche, alpine Zwergstrauchheiden, Quellmoore und Felsen als Brut-, Nahrungs- und Durchzugsgebiet“. In der gebietsbezogenen Konkretisierung der Erhaltungsziele der Regierung von Oberbayern (Stand 24.4.2008) werden für das ... als Gebiets-Typ F (Europäisches Vogelschutzgebiet, das ein FFH-Gebiet enthält) die zu erhaltenden bzw. wiederherzustellenden Bestände an Pflanzen und Tieren genauer dargelegt.

Der Kläger hat bereits im Anhörungsverfahren auf die Erhaltungsziele des SPA-Gebiets ... und die Belange des dort beheimateten besonders geschützten Auerhuhns hingewiesen. Nach einer in den Behördenakten befindlichen Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 20. November 2014 könne eine Verminderung der Wildbestandsdichte zu erhöhtem Laubgehölz-Aufwuchs führen, der sich nachteilig auf die Schneeheide-Kiefernwälder und das Auerhuhn auswirke. Es bestünde ein Zielkonflikt innerhalb des Naturschutzes, da neben der Erhaltung von Raufußhühnern und lichten Waldbeständen auch gemischte Bergmischwälder als naturschutzrechtlich hohes Gut anzusehen seien. Diese Bergmischwälder seien Lebensraum für Vögel, die ebenfalls im SPA-Gebiet ... in einem guten Populationszustand zu erhalten seien. Der Erhaltung der Restvorkommen des besonders gefährdeten Auerhuhns komme ein gewisser Vorrang zu.

Im angefochtenen Bescheid wird zu den vom Kläger im Anhörungsverfahren vorgebrachten Einwänden ausgeführt, dass derzeit ein Managementplan durch die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft erarbeitet werde. Darin würden Maßnahmen formuliert, um den Erhaltungszustand der Arten zu sichern bzw. zu verbessern. Es bleibe abzuwarten, ob und in welcher Weise sich bei der Umsetzung der Maßnahmen Auswirkungen auf die Abschussplanungen zeigten. Weiter hat sich die Behörde im Klageverfahren unter Bezugnahme auf ein Vorbringen im Vorjahresverfahren dahingehend geäußert, dass eine Verlaubholzung nicht festzustellen sei. Zwar würden nach der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde die Befürchtungen des Klägers weitgehend bestätigt, wegen der besonderen Bedeutung der Wildschäden sei aber das Forstliche Gutachten für die Abschussplanung maßgeblich. Ein Managementplan sei noch nicht erstellt und enthalte voraussichtlich keine Aussage zu Jagdmanagement, Wildbeständen oder Abschusszahlen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Behörde ergänzend dargelegt, dass die Zielsetzung für SPA-Gebiete die Erhaltung und Wiederherstellung der Lebensraumkomplexe aus großflächigen, reich strukturierten Laub-, Misch-, und Nadelwäldern mit naturnaher Struktur und Baumzusammensetzung und Erhalt von naturnahen störungsarmen Bergmischwäldern und Erhaltung und Wiederherstellung der Buchenwälder und montanen und subalpinen Fichtenwälder sei. Diese Ziele würden mit der Abschussplanung 2015/2016 verfolgt. Im Hinblick auf die große Bedeutung der Schutzwälder und des hohen Schutzwaldanteils im Revier würden keine Widersprüche zu den Natura-2000-Zielen gesehen.

Der im Bescheid enthaltene Hinweis auf noch ausstehende Managementpläne (sog. Bewirtschaftungspläne, in denen u. a. Erhaltungs- und Entwicklungsziele festgelegt und dazugehörige Maßnahmen geplant werden) ist für eine ordnungsgemäße Abwägungsentscheidung nicht ausreichend. Der Behörde ist es auch nicht gelungen, das Abwägungsdefizit nachträglich zu heilen. Daraus ergibt sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids. Im Einzelnen:

Die Belange des Naturschutzes mit den besonders zu schützenden Vogelarten wurden inhaltlich nicht in ausreichendem Maße in die Entscheidung eingestellt und auch nicht mit den übrigen im Gesetz genannten Belangen abgewogen. Die Behörde hat sie vielmehr unter Verweis auf die ausstehenden Managementpläne als (noch) nicht abwägungsrelevant eingestuft. Dies ist jedoch fehlerhaft. Die Vorgaben der in nationales Recht umgesetzten europäischen Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie sind bei der Aufstellung der Abschusspläne zu beachten und unabhängig von etwaigen Bewirtschaftungsplänen in die dabei vorzunehmende Abwägung miteinzubeziehen. Darüber hinaus enthält der zu erwartende Plan nach Angabe der unteren Naturschutzbehörde voraussichtlich ohnehin keine Aussagen zu Jagdmanagement, Wildbeständen oder Abschusszahlen. Dass naturschutzrechtliche Belange aufgrund der Lage des Jagdreviers im geschützten SPA-Gebiet relevant sind, hat die Jagdbehörde erkannt, indem sie im Laufe des Klageverfahrens betreffend den Vorjahresabschussplan eine naturschutzrechtliche Stellungnahme eingeholt hat. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem darin beschriebenen Zielkonflikt und eine Überprüfung der Abschussfestsetzung auf ihre SPA-Verträglichkeit haben bei der hier streitgegenständlichen Abschussfestsetzung dennoch nicht stattgefunden.

Es kann dahingestellt bleiben, ob Abwägungsfehler im Rahmen der Abschussplanfestsetzung grundsätzlich durch Ergänzung der Abwägungsbelange geheilt werden können und ob im Bescheid ein hinreichend konkreter Anknüpfungspunkt für eine Ergänzung der Erwägungen vorhanden ist. Voraussetzung dafür ist eine materiell-rechtliche Heilungsmöglichkeit, die in prozessualer Hinsicht - etwa unter Heranziehung des allgemeinen Rechtsgedankens aus § 114 S. 2 VwGO (vgl. BeckOK VwGO/Decker VwGO § 114 Rn. 40 m.w.N; Sodan/Ziekow, VwGO 4. Auflage 2014, § 114 Rn. 203; BayVGH, B.v. 20.7.2009 - 7 CE 09.10091 u. a. - juris Rn. 14, 17) - noch nachträglich vorgenommen werden kann. Hier kommt es darauf nicht entscheidungserheblich an, da die vom Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgetragenen Gesichtspunkte jedenfalls nicht genügen, um die Abwägungsfehler zu heilen. Er hat darin allgemein auf die Zielsetzung für SPA-Gebiete abgestellt, die mit der Abschussplanung verfolgt werde und angefügt, dass im Hinblick auf die große Bedeutung der Schutzwälder keine Widersprüche zu den Natura-2000 Zielen bestünden. Ein Eingehen auf die sich im Zielkonflikt befindlichen Belange (Erhaltung von lichten Waldflächen als Lebensraum für geschützte Vogelarten einerseits; Laubmischwälder als naturschutzrechtlich hohes Gut und Lebensraum für andere geschützte Vogelarten andererseits) sowie eine Bewertung und Gewichtung der Umstände ist damit nicht erfolgt. Es fehlt mithin an einer auf Ausgleich der zum Teil gegenläufigen Interessen abzielenden Abwägungsentscheidung.

Die vom Kläger beantragte Vorlage an den EuGH ist abzulehnen. Nach Art. 267 AEUV kann ein Gericht dem EuGH eine Frage betreffend die Auslegung der Verträge oder die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union vorlegen, wenn es eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält. Die aufgeworfene Frage lässt sich, wie aufgezeigt, bereits durch das nationale Recht lösen. Mangels Vorlage an den EuGH war auch der diesbezüglich gestellte Aussetzungsantrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-)

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.

A.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.

3

2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.

4

3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.

5

Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.

6

4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.

7

Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.

8

Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.

9

Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.

10

Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.

11

So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.

12

Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.

13

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

II.

14

1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.

15

Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.

16

Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.

17

Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.

18

2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.

B.

19

Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.

I.

20

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

21

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.

22

a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).

23

Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.

24

bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.

25

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.

26

b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.

27

aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.

28

Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.

29

Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).

30

Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.

31

bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.

32

Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.

33

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

34

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).

35

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

36

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

37

Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.

38

Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.

40

Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

41

Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.

42

Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.

II.

43

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).

C.

44

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

45

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tenor

1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.

2

1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.

3

b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).

4

c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.

6

d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.

7

aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.

8

An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.

9

bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.

10

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.

11

3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

12

1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

13

2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

14

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

16

aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

17

bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

18

Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.

19

(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).

20

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).

21

Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.

22

Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.

23

(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.

24

3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.

III.

25

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

26

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. September 2014 - 5 LA 92/14 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

I.

1

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Ablehnung der Zulassung der Berufung in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren. In der Sache geht es um die Versetzung der Beschwerdeführerin, einer Professorin (Besoldungsgruppe C 4), in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.

2

1. a) Mit Bescheid der Universität von Oktober 2011 wurde die Beschwerdeführerin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt (§ 26 Abs. 1 BeamtStG). Nach einem amtsärztlichen Gutachten von September 2011 leide die Beschwerdeführerin an einer "depressiven Erkrankung mit somatoformen Beschwerden". Sie sei auf absehbare Zeit (länger als sechs Monate) nicht in der Lage, ihren dienstlichen Aufgaben nachzukommen.

3

Zudem beantragte die Universität mit Disziplinarklage von Dezember 2011, die Beschwerdeführerin wegen schwerer Dienstpflichtverletzungen aus dem Dienst zu entfernen, insbesondere weil sie über einen längeren Zeitraum keine Lehre erbracht habe. Nach erfolglosem Beschreiten des Rechtswegs hat die Beschwerdeführerin gegen das rechtskräftige Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2016 eine weitere Verfassungsbeschwerde erhoben.

4

b) Das Verwaltungsgericht wies die gegen die Versetzung der Beschwerdeführerin in den Ruhestand gerichtete Klage ab. Zur Begründung stützte es sich tragend auf ein fachpsychiatrisches Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen von Januar 2014. Dieser beantwortete - gestützt auf diverse vorhandene Gutachten sowie eine persönliche Befragung der Beschwerdeführerin - die Beweisfrage nach den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin zum relevanten Zeitpunkt (Oktober 2011) abschließend mit der Diagnose "mittelgradige Depression mit Somatisierungsstörung". Im Verlauf des Gutachtens verwendete der Sachverständige allerdings die Begriffe "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Störung/Beschwerden" in Bezug auf die Beschwerdeführerin wechselnd, obwohl er an einer Stelle ausführt, beide Begriffe alternativ zu verstehen.

5

Die Beschwerdeführerin hatte bereits vor dem Verwaltungsgericht den gutachterlichen Feststellungen widersprochen. Die vom Sachverständigen verwendeten Begrifflichkeiten bezeichneten völlig unterschiedliche Krankheitsbilder; das Gutachten sei daher nicht nachzuvollziehen und widersprüchlich. Einen auf die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrag der Beschwerdeführerin lehnte das Verwaltungsgericht ab. Hierzu führte es aus, das Gutachten weise "keine erkennbaren Mängel (mehr) auf" und gehe von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus. Es enthalte "ebenso keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche (mehr)" und gebe "keinen Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters". Zwar sei der Beschwerdeführerin darin Recht zu geben, dass das Gutachten die Begriffe "somatoforme Beschwerden" und "Somatisierungsstörung" wechselnd verwende und diese verschiedene Erkrankungen beschrieben. Weiter führte das Verwaltungsgericht aus: "Aber [der Sachverständige] hat in der mündlichen Verhandlung […] eingeräumt, dass er jedes Mal, wenn er den Begriff 'Somatisierungsstörung' im Gutachten verwendet hat, eigentlich 'somatoforme Beschwerden' gemeint hat. Es läge lediglich eine Falschbezeichnung vor. Damit ist der inhaltliche Widerspruch aufgelöst".

6

c) Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung der Berufung wurde durch den angegriffenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts abgelehnt.

7

Die Beschwerdeführerin hatte sich in ihrer Antragsbegründung ausführlich insbesondere damit auseinandergesetzt, dass das dem verwaltungsgerichtlichen Urteil zugrunde liegende Sachverständigengutachten die Entscheidung nicht tragen könne. Es entspreche insbesondere nicht dem wissenschaftlichen Standard, beruhe auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen und auf erkennbar fehlender Sachkunde des Gutachters. Namentlich hatte die Beschwerdeführerin zur fehlenden Sachkunde des Sachverständigen ausgeführt, der wechselnde Gebrauch der Fachtermini "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Störung" könne - anders als das Verwaltungsgericht annehme - nicht mit einer bloßen Falschbezeichnung gerechtfertigt werden, da die Begriffe eine völlig unterschiedliche Symptomatik beschrieben. Die Beschwerdeführerin hatte unter Verweis auf Fachliteratur ausgeführt, dass mit "somatoformen Beschwerden" körperliche Beschwerden bezeichnet würden, welche nicht direkt durch eine organische Grunderkrankung begründet seien und unter denen - je nach Beurteilungskriterien - zwischen 30 % und 80 % der erwachsenen Bundesbevölkerung gelegentlich litten (Befindlichkeitsstörungen wie Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen). Demgegenüber handele es sich bei einer "Somatisierungsstörung" um ein sehr präzise formuliertes Krankheitsbild, dessen Häufigkeit unter 0,1 % der Bevölkerung liege und mit einer Vielzahl von Körperbeschwerden unterschiedlicher Körperregionen einhergehe. Solche Merkmale seien aber bei der Beschwerdeführerin gerade nicht festgestellt worden. Hinzu komme, dass der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung ausweislich des Terminprotokolls erklärt habe, bei der Beschwerdeführerin auch keine depressiven Symptome feststellen zu können, also einen nicht unerheblichen Teil seines Gutachtens widerrufe. Dies sei mit einer Verwechslung von Fachbegriffen nicht mehr zu erklären. Die Ablehnung des von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags auf Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens begründe daher sowohl ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) als auch einen Verfahrensmangel in Form der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

8

Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung seines Beschlusses insbesondere ausgeführt, die Berufung sei nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei eine fehlende Sachkunde des gerichtlichen Sachverständigen nicht zu erkennen.

9

2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine in der Überspannung der Anforderungen an die Berufungszulassungsgründe liegende Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot.

10

Das Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt, da das Oberverwaltungsgericht, statt über die Berufungszulassung zu entscheiden, die Entscheidung über die Berufung selbst vorweggenommen habe. Damit werde der Beschwerdeführerin nicht nur die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt unter Darlegung ihrer Rechtsauffassung und gegebenenfalls weiterer Beweisanträge in einem Berufungsverfahren zur Geltung zu bringen, sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit eines Revisionsverfahrens genommen.

11

Im Hinblick auf den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) habe sie in der Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung geltend gemacht, dass das Sachverständigengutachten nicht dem wissenschaftlichen Stand entspreche, auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen sowie auf erkennbar fehlender Sachkunde des Sachverständigen beruhe. Diese Argumentation habe das Oberverwaltungsgericht nicht - wie es der bundesverfassungsgerichtliche Maßstab gebiete - auf ihre Schlüssigkeit hin überprüft. Vielmehr habe es in zahlreichen Punkten apodiktisch "durchentschieden". Ein näheres Eingehen auf die Argumentation der Beschwerdeführerin in der Begründung ihres Zulassungsantrags zum unterschiedlichen Schweregrad der Krankheiten und ihren unterschiedlichen Symptomen und Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit beziehungsweise Dienstfähigkeit der erkrankten Person finde nicht statt, ebenso wenig wie auf das Argument, dass das Gutachten bei konsequenter Ersetzung von "Somatisierungsstörung" durch "somatoforme Beschwerden" partiell jedes Sinnes entbehrte, namentlich in der Passage auf Seite 14 des Gutachtens, in dem die Abgrenzung der beiden Krankheiten vorgenommen werde. Auch ohne eigene Sachkunde hätte dem Oberverwaltungsgericht auffallen müssen, dass mit einer Diagnose "somatoformer Störungen" - der viel leichteren Erkrankung - die Dienstunfähigkeit einer Beamtin nur schwer begründbar sei. Dies näher aufzuklären, sei jedoch einem Berufungsverfahren, nicht aber dem Berufungszulassungsverfahren vorbehalten. Nur in einem Berufungsverfahren hätte die Möglichkeit bestanden, gegebenenfalls mithilfe weiterer Sachverständiger aufzuklären, ob die Argumentation der Beschwerdeführerin durchgreife, dass es einer bei ihr festgestellten somatoformen Störung an der notwendigen Nachhaltigkeit mangele, um zu einer - dauerhaften - Dienstunfähigkeit zu kommen.

12

3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Land Niedersachsen hatte Gelegenheit zur Äußerung.

II.

13

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.

14

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere besteht das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin unabhängig vom Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens betreffend die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst beziehungsweise der Aberkennung des Ruhegehalts fort. Durch den möglichen Erfolg hinsichtlich der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit kommt die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsschutzziel in jedem Fall näher.

15

Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 des Niedersächsischen Disziplinargesetzes vom 13. Oktober 2005 (NDiszG) wird der Ruhestandsbeamtin oder dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt aberkannt, wenn sie oder er als aktive Beamtin oder aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 NDiszG gilt die Entscheidung (über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis) als Aberkennung des Ruhegehalts, sofern die Beamtin oder der Beamte in den Ruhestand tritt, bevor die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unanfechtbar wird. Diese Regelungen machen deutlich, dass die Aberkennung des Ruhegehalts das Äquivalent für die disziplinarische Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in den Fällen darstellt, in denen sich die Beamtin oder der Beamte bereits im Ruhestand befindet. Ein bereits im Ruhestand befindlicher Beamter wird mithin disziplinarisch nicht verschont; vielmehr droht ihm in diesem Stadium die pekuniäre Disziplinarsanktion der Aberkennung des Ruhegehalts.

16

Würde vorliegend die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit nach Zulassung und Durchführung der Berufung aufgehoben werden, wäre die Höchstmaßnahme im Disziplinarverfahren die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und nicht die - auf eine vormalige Zurruhesetzung aufsetzende - Aberkennung des Ruhegehalts; dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 NDiszG. Damit wäre die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsschutzziel auf Erhaltung ihrer vormaligen rechtlichen Situation näher als ohne verfassungsgerichtliche Aufhebung der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit, und zwar selbst dann, wenn die gegen die disziplinarische Höchstmaßnahme gerichtete Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg bleibt. Zwar müsste die Beschwerdeführerin in beiden Verfahren Erfolg haben, um ihren aktiven Status wiederzuerlangen. Aber selbst wenn die Verfassungsbeschwerde gegen die Disziplinarentscheidung ohne Erfolg bliebe, könnte sie finanzielle Vorteile möglicherweise daraus ziehen, dass sie erst mit dem Disziplinarberufungsurteil von Mai 2016 und nicht bereits durch die im Oktober 2011 für sofort vollziehbar erklärte Versetzung in den Ruhestand ihren Anspruch auf die Besoldung für aktive Beamte verlöre.

17

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Ob darüber hinaus weitere Verletzungen von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin vorliegen, bedarf keiner Entscheidung.

18

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; 125, 104 <137>; 134, 106 <118>; BVerfGK 15, 37 <46 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden.

19

Der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ist daher immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; 125, 104 <140>; 134, 106 <118>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2011/10 -, juris, Rn. 17). Sie sind nicht erst gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; 125, 104 <139 f.>). Das Zulassungsverfahren hat nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfGE 125, 104 <139>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; BVerfGK 15, 37 <46 f.>; vgl. auch Gaier, NVwZ 2011, S. 385 <388 f.>; kritisch zum "Schlüssigkeitsparadigma" Rudisile, NVwZ 2012, S. 1425 <1426 f.>).

20

b) Diesem Maßstab wird die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht gerecht und verkürzt damit den Zugang der Beschwerdeführerin zur Berufungsinstanz in unzumutbarer Weise.

21

Die Beschwerdeführerin hatte in ihrer Begründung des Berufungszulassungsantrags zur fehlenden Sachkunde des Gutachters unter Verweis auf Fachliteratur nachvollziehbar dargelegt, dass der wechselnde Gebrauch der Fachtermini "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Beschwerden" im Sachverständigengutachten - anders als das Verwaltungsgericht annehme - nicht mit einer bloßen Falschbezeichnung gerechtfertigt werden könne, da die Begriffe eine völlig unterschiedliche Symptomatik beschrieben. Sie hatte schlüssig argumentiert, dass es sich bei der Diagnose "somatoforme Beschwerden" um eine deutlich leichtere Erkrankung handele und dass mit dieser die dauernde Dienstunfähigkeit einer Beamtin nur schwer begründbar sei. Damit hatte sie konkrete Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung dargetan.

22

Unabhängig von der Frage, ob der Sachverständige angesichts des mäandernden Gebrauchs unterschiedlicher Fachtermini für ein und denselben medizinischen Sachverhalt noch als hinreichend sachkundig einzuschätzen war, hätte sich dem Oberverwaltungsgericht die Notwendigkeit der Überprüfung aufdrängen müssen, ob die der Beschwerdeführerin nach mündlicher Korrektur des Gutachtens attestierten "somatoformen Beschwerden" die Annahme einer Dienstunfähigkeit noch zu rechtfertigen vermögen. Anstatt sich mit den von der Beschwerdeführerin diesbezüglich dargelegten Zweifeln an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung auseinanderzusetzen, vollzieht das Oberverwaltungsgericht aber lediglich die Begründung des Verwaltungsgerichts nach. Das Verwaltungsgericht war indes selbst von anfänglichen erkennbaren Mängeln und inhaltlichen Widersprüchen des Sachverständigengutachtens ausgegangen. Das Oberverwaltungsgericht geht mit keinem Wort auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Zweifel ein, ob auch die - nach Korrektur des schriftlichen Sachverständigengutachtens in der mündlichen Verhandlung durch die erläuternden Äußerungen des Sachverständigen - festgestellte geringere gesundheitliche Beeinträchtigung noch die Annahme der Dienstunfähigkeit rechtfertigen könne. Indem es stattdessen die mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellte erhebliche Tatsachenfeststellung der vermeintlich eine Dienstunfähigkeit begründenden Diagnose der Beschwerdeführerin aufrechterhält, nimmt es das Ergebnis eines Berufungsverfahrens, in dem zu klären wäre, welche der beiden Diagnosen zutrifft und zugleich die Annahme der Dienstunfähigkeit zu tragen vermag, in verfassungswidriger Weise vorweg.

23

Die angegriffene Entscheidung beruht auf der Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, da sich das Gericht tragend auf das gerichtliche Sachverständigengutachten gestützt hat.

III.

24

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Zurückverweisung der Sache ins Stadium des Zulassungsverfahrens beruht auf § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG. Ein ausnahmsweise in Betracht kommendes Durchentscheiden des Bundesverfassungsgerichts (vgl. hinsichtlich einstweiliger Anordnungen BVerfGE 35, 202 <244>; 79, 69 <79>; hinsichtlich der Revisionszulassung BVerfGE 99, 216 <245>) ist im vorliegenden Fall nicht bereits deshalb angezeigt, weil das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage des dargelegten Entscheidungsmaßstabes keine andere Möglichkeit als die Zulassung der Berufung hat und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts insofern nur wiederholen kann. Vielmehr entspricht ein Zurückverweisen in das Stadium des Berufungszulassungsverfahrens nicht nur der grundsätzlichen Funktionsteilung zwischen Fach- und Verfassungsgerichtsbarkeit. Zudem kann die Beschwerdeführerin im Berufungszulassungsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Notwendigkeit der Berufungsbegründung nach § 124a Abs. 6 und Abs. 3 Satz 3 bis 5 VwGO ordnungsgemäß belehrt werden.

25

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Verlegung (und den Verbleib) eines „Stolpersteins“ des Künstlers G. D., den er in den Gehweg der als Orts Straße gewidmeten und im Eigentum der Beklagten stehenden H Straße einbauen will.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 30. Juli 2015 durch seinen Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten die „Erlaubnis zur Verlegung von Stolpersteinen als erlaubte Sondernutzung“. Dabei wies er darauf hin, dass die Steine niveaugleich in das Pflaster bzw. in den Belag des jeweiligen Gehwegs eingelassen würden und dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in keiner Weise beeinträchtigt werde. Zudem erklärte er die Bereitschaft, sämtliche Modalitäten der Verlegung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zu regeln. Mit Bescheid vom 3. November 2015 lehnte die Beklagte den Antrag ab.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Verpflichtungsklage mit den Anträgen erhoben, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. November 2015 zu verpflichten, die Erlaubnis zur Verlegung eines Stolpersteins an der H straße ... zu erteilen, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung dieses Bescheids zu verpflichten, den Antrag vom 30. Juli 2015 unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Verlegung von Stolpersteinen sei dem kommunikativen Gemeingebrauch zuzurechnen. Insoweit sei es auch möglich, einen Antrag auf Feststellung einzureichen. Das Gericht werde um richterlichen Hinweis gebeten, wenn es sich dieser Ansicht anschließe. Jedenfalls stelle die Verlegung eine gemeinverträgliche Sondernutzung dar. Der Gemeingebrauch werde nicht beeinträchtigt. Weiterhin hat der Kläger ein Rechtsgutachten vorgelegt, das er zu seinem Vortrag gemacht hat. Darin ist unter anderem ausgeführt, dass durch die Verlegung von Stolpersteinen ein Substanzeingriff in den Straßenkörper stattfinde, der die Grenzen der Widmung überschreite. Die Veränderung des Straßenkörpers durch Stolpersteine sei daher nicht als Gemeingebrauch anzusehen. Darüber hinaus wird ausgeführt, dass sich Stolpersteine nicht „über der Straßenoberfläche“ im Sinn des § 1 Abs. 3 der Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten befänden.

In der mündlichen Verhandlung am 31. Mai 2016 hat das Verwaltungsgericht die Frage erörtert, ob eine öffentlich-rechtliche Sondernutzungserlaubnis oder eine privatrechtliche Vereinbarung erforderlich ist. Dabei hat es den Kläger darauf hingewiesen, dass nach Einschätzung des Gerichts für Stolpersteine in öffentliche Verkehrsflächen der Beklagten bürgerlich-rechtliche Vereinbarungen erforderlich sein dürften. Der Klägerbevollmächtigte hat daraufhin erklärt, dass die Beklagte entsprechende Vertragsangebote des Klägers stets abgelehnt habe. Nach einem weiteren gerichtlichen Hinweis, dass für Klagen auf Abschluss von Gestattungsverträgen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei, hat der Kläger davon abgesehen, die Klage um einen weiteren Hilfsantrag zu erweitern.

Mit Urteil vom 31. Mai 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis, weil keine öffentlich-rechtliche Sondernutzungserlaubnis, sondern eine bürgerlich-rechtliche Vereinbarung erforderlich sei. Der Einbau eines Stolpersteins in den als öffentliche Verkehrsfläche gewidmeten Gehweg stelle zwar eine Sondernutzung dar, er beeinträchtige aber nicht den Gemeingebrauch. Als gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzung werde der Einbau auch nicht durch Satzung der Beklagten dem öffentlichen Recht unterstellt. Weil der beantragte Erlass der Sondernutzungserlaubnis für das beabsichtigte Vorhaben daher nicht notwendig sei, fehle dem Kläger das Sachbescheidungsinteresse. Eine Verweisung des Rechtsstreits an ein für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zuständiges Gericht sei nicht veranlasst, weil der Kläger keinen Klageantrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer privatrechtlichen Gestattung gestellt habe. Selbst wenn die Verlegung eines Stolpersteins im öffentlichen Straßengrund aber eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende Sondernutzung darstelle, bleibe die Klage erfolglos, weil die Beklagte bei Erlass der ablehnenden Entscheidung ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe und sich auch aus den vom Kläger geltend gemachten Grundrechten kein Anspruch auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis ergebe.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet sich der Kläger gegen das Urteil. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Zudem rügt er in der Sache auch die Verletzung von Verfahrensrecht.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe wurden nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2).

Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht mit der Begründung abgewiesen, dass dem Kläger kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis zusteht, weil es für den beantragten Stolperstein im Gehweg der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten H straße (Art. 1 Satz 1 BayStrWG) keiner Sondernutzungserlaubnis bedarf und der Kläger daher kein Sachbescheidungsinteresse an der Erteilung dieser Erlaubnis hat.

Nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG bedarf die Benutzung der Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde, wenn durch die Benutzung der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Verlegung und der dauerhafte Verbleib eines Stolpersteins im öffentlichen Straßengrund stellen zwar eine straßenrechtliche Sondernutzung dar (vgl. dazu unten Nr. 1.1). Diese ist aber nicht erlaubnispflichtig, weil nicht erkennbar ist, dass durch einen einzelnen Stolperstein der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann (vgl. dazu unten Nr. 1.2). Aus der auf der Grundlage von Art. 22a Satz 1 BayStrWG erlassenen Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 der Satzung über die Gebühren für Sondernutzungen auf öffentlichen Straßen in der … der Beklagten vom 25. Juni 2014 (ABl. S. 614), zuletzt geändert am 13. Juli 2015 (ABl. S. 247) – SoNuGebS – folgt nichts Anderes (vgl. dazu unten Nr. 1.3). Auf die Frage, ob die Klage auch dann keinen Erfolg hätte, wenn die Verlegung des Stolpersteins eine erlaubnispflichtige Sondernutzung wäre, wovon das Verwaltungsgericht in seiner weiteren Begründung ausgegangen ist, kommt es nicht mehr an (vgl. dazu unten Nr. 1.4).

1.1 Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die Verlegung eines Stolpersteins in den Gehweg der H straße und der dauerhafte Verbleib darin eine Sondernutzung darstellen und nicht vom Gemeingebrauch erfasst sind.

Der Begriff der Sondernutzung ist in Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG gesetzlich definiert als Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus. Gemeingebrauch ist nach der Legaldefinition des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG die Benutzung der Straße im Rahmen ihrer Widmung für den Verkehr. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG stellt klar, dass kein Gemeingebrauch vorliegt, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutzt. Danach stellen die Verlegung und der Verbleib eines Stolpersteins im Gehweg einer öffentlichen Straße eine Sondernutzung dar, weil die Benutzung der Straße (vgl. unten Nr. 1.1.1) hierdurch nicht zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken (vgl. unten Nr. 1.1.2) erfolgt.

1.1.1 Die Verlegung und der dauerhafte Verbleib eines Stolpersteins im öffentlichen Straßengrund sind als „Benutzung“ der Straße im Sinn der Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG einzustufen. Dies gilt insbesondere auch für den Verlegungsvorgang selbst, also die Einbringung eines Stolpersteins in die öffentliche Straße. Mit der Einbringung wird in die Substanz des Straßenkörpers eingegriffen, zu dem auch ein unselbständiger Gehweg mit Gehwegdecke, Unterbau und Grund gehören (Art. 2 Nr. 1 Buchst. a und b BayStrWG; vgl. auch Häußler in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Stand Mai 2017, Art. 2 Rn. 15, 41). Dieser Eingriff stellt eine Straßenbenutzung dar. Dies folgt bereits aus dem allgemeinen Sprachgebrauch des Wortes „Benutzung“, das so viel wie „Verwenden“ oder „Gebrauchmachen“ von einer Sache bedeutet (vgl. BayVGH, B.v. 25.7.2000 – 8 B 99.3497 – VGH n.F. 54, 37/39 f. = juris Rn. 21 zu § 50 Abs. 1 TKG a.F.), und wird durch die Gesetzesmaterialien zum Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes bestätigt, in denen das „Aufgraben“ einer Straße ausdrücklich als Beispiel für die „Benützung der Straße“ angeführt wird (vgl. LT-Beil. 3/2832, S. 30).

Auf die Eigentumsverhältnisse an der H straße und auf die mit der Verlegung verbundenen Eigentumseingriffe kommt es insoweit nicht an. Aufgrund der Widmung steht gemäß Art. 13 Abs. 1 BayStrWG dem Straßenbaulastträger und damit der Beklagten (Art. 47 Abs. 1 BayStrWG) in jedem Fall die Ausübung der Rechte und Pflichten des Eigentümers in dem Umfang zu, wie es die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs erfordert, einschließlich der Befugnisse aus Art. 22 BayStrWG. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt (BayVGH, B.v. 19.2.1997 – 8 CE 96.3960 – BayVBl 1998, 469 = juris Rn. 8 f.; B.v. 5.11.2012 – 8 CS 12.802 – juris Rn. 10), dass sich die Widmung mit ihren Rechtswirkungen in einer solchen Tiefe in das Straßengrundstück erstreckt, wie der Straßenbaulastträger ein Interesse an der Sicherstellung der öffentlichen Zweckbestimmung des Straßengrundstücks haben kann. In diesem Umfang übt er zur Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs die Rechte und Pflichten aus, die sonst dem Eigentümer zustehen. Die Frage, ob, in welcher Form und in welchem Umfang an dem Straßenkörper Veränderungen zugelassen werden, berührt die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs, auf die es gemäß Art. 13 Abs. 1 BayStrWG ankommt (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 19.2.1997 – 8 CE 96.3960 – BayVBl 1998, 469 = juris Rn. 9 f.; bestätigt durch B.v. 5.11.2012 – 8 CS 12.802 – juris Rn. 11 f.; Wiesinger/Markuske, Straßenrecht, 2003, S. 254).

1.1.2 Die Verlegung und der Verbleib eines Stolpersteins in öffentlichen Straßen gehen über den Gemeingebrauch hinaus, weil sie nicht für Zwecke des Verkehrs erfolgen, und zwar weder im engeren Sinn eines auf Ortsveränderung gerichteten Fortbewegungsverkehrs noch im weiteren Sinn eines auf Begegnung und Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern gerichteten sog. kommunikativen Verkehrs (vgl. zum Verkehrsbegriff Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 14 Rn. 19 ff. und 38 ff.; BVerwG, U.v. 9.11.1989 – 7 C 81.88 – BVerwGE 84, 71/73 = juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 22.6.2010 – 8 BV 10.182 – BayVBl 2011, 176 = juris Rn. 16). Vielmehr handelt es sich dabei um ein in den öffentlichen Straßenkörper verlegtes Kunstprojekt des Künstlers G. D., mit dem im Sinn eines „gedanklichen Stolperns“ die Erinnerung an die Vertreibung und Vernichtung der Opfer des Nationalsozialismus lebendig erhalten werden soll (vgl. http://www...eu/...pdf; vgl. auch UA S. 18). Das Vorbringen im Zulassungsantrag gibt keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.

Soweit der Klägerbevollmächtigte erstmals im Zulassungsverfahren mit Schriftsatz vom 10. April 2017 (S. 141 der Gerichtsakte) geltend macht, Stolpersteine seien Teil des „kommunikativen Gemeingebrauchs“ (und damit keine Sondernutzung), ist dieses Vorbringen nicht nur verspätet (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), sondern auch widersprüchlich im Hinblick auf seinen Vortrag im Schriftsatz vom 10. Oktober 2016, bei dem Einbau eines Stolpersteins handle es sich um eine Sondernutzung (S. 52, 57 der Gerichtsakte). Auch das vom Kläger in erster Instanz vorgelegte Rechtsgutachten kommt zum Ergebnis, dass eine Sondernutzung im Sinn des Straßenrechts gegeben sei (S. 128 f. der Akte des Verwaltungsgerichts). Im Übrigen setzt ein kommunikativer Verkehr grundsätzlich ein objektiv-verkehrsmäßiges Verhalten voraus (Papier in Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2013, Band 2, § 43 Rn. 64). Zum kommunikativen Verkehr zwischen Verkehrsteilnehmern gehört die Inanspruchnahme der Straße durch Personen zum Aufenthalt – gleichgültig aus welchem Grund – oder zur Fortbewegung, nicht jedoch das Einbringen von Gegenständen in den Straßenkörper (vgl. BVerwG, U.v. 7.6.1978 – 7 C 6.78 – BVerwGE 56, 63/65 f. = juris Rn. 12; Papier in Ehlers/Fehling/Pünder, a.a.O., § 43 Rn. 60; Stahlhut in Kodal/Krämer, Straßenrecht, Handbuch, 7. Aufl. 2010, Kap. 27 Rn. 4.1).

1.2 Die Sondernutzung unterliegt jedoch keiner Erlaubnispflicht nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG. Es fehlt, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, daran, dass durch den Stolperstein in der H straße der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann.

Der Gemeingebrauch wird beeinträchtigt, wenn die tatsächliche Benutzung des öffentlichen Verkehrsraums durch andere Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen oder nicht unerheblich erschwert wird, mithin die Straße den gewöhnlichen Bedürfnissen des Verkehrs (im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG, also einschließlich des kommunikativen Verkehrs) sowie den Anforderungen der Sicherheit und Leichtigkeit nicht so genügen kann, wie dies ohne das störende Ereignis der Fall wäre (vgl. BayVGH, B.v. 27.9.2010 – 8 CS 10.1720 – BayVBl 2011, 729 = juris Rn. 14 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, U.v. 14.3.1957 – I C 16.55 – BVerwGE 4, 342/344 f. = juris Rn. 17; Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 18 Rn. 15). Wie sich aus dem Wort „kann“ ergibt, ist es im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG nicht erforderlich, dass nach der anzustellenden Prognose eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs tatsächlich unvermeidbar eintritt. Vielmehr reicht es aus, dass eine derartige Störung abstrakt zu erwarten ist. Ganz entfernte und aller Voraussicht nach unwahrscheinliche Möglichkeiten, aber auch nach den Erwartungen der Verkehrsteilnehmer unbedeutende Wirkungen bleiben außer Betracht (Wiget a.a.O., Art. 18 Rn. 15; Art. 22 Rn. 29 m.w.N.). Liegt keine abstrakte Gefährdung vor und wird daher das öffentliche Interesse aus straßenrechtlicher Sicht nicht berührt (vgl. BGH, U.v. 28.9.1982 – KZR 17/81 – NVwZ 1983, 499 f. = juris Rn. 12), richtet sich die Sondernutzung nach Art. 22 BayStrWG mit der Folge, dass für die Einräumung von Sonderrechten zur Benutzung der Straße keine öffentliche Sondernutzungserlaubnis erforderlich ist, sondern eine privatrechtliche Gestattung der Straßenbaubehörde (Art. 58 Abs. 2 BayStrWG), die nach bürgerlichem Recht eingeholt werden muss (zu Ausnahmeregelungen aufgrund einer Satzung gemäß Art. 22a BayStrWG vgl. unten Nr. 1.3).

Nach diesen Maßstäben scheidet die Möglichkeit einer Gemeingebrauchsbeeinträchtigung durch einen in der Gehwegdecke der H straße verlegten Stolperstein hier aus. Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass ein bündig im Gehweg befindlicher Stolperstein die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigen kann. Auch das kurzzeitige Stehenbleiben von Passanten zum Lesen der Inschrift auf der rund 100 cm² großen Messingplatte oder das Vorbeilenken der Schritte aus Respekt vor den Opfern des Holocaust kann zu keiner solchen Beeinträchtigung führen. Dies und die Feststellung, dass insoweit eine gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzung vorliege, stellt auch der Kläger nicht ernstlich infrage (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Bereits im Antrag auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis vom 30. Juli 2015 ist ausgeführt, dass Stolpersteine „niveaugleich in das Pflaster bzw. in den Belag des jeweiligen Gehwegs eingelassen“ werden (S. 2 der Behördenakte). Auch in seiner Stellungnahme vom 10. April 2017 bestätigt der Klägerbevollmächtigte, dass Stolpersteine die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigten, weil sie „fast niveaugleich mit der Straßendecke“ verlegt würden (S. 140 der Gerichtsakte). Soweit er geltend macht, dass jede Verlegungssituation einzigartig sei und sich Stolpersteine zwischen 1 mm und 10 mm über der Straßenoberfläche befinden könnten (S. 140 f. der Gerichtsakte), folgt daraus nichts Anderes. Denn Unebenheiten in der Straßenoberfläche im Bereich von bis zu 10 mm können die Sicherheit und Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs und damit den Gemeingebrauch des Gehwegs nicht beeinträchtigen, wie sich etwa ohne Weiteres am Beispiel eines Kopfsteinpflasters nachvollziehen lässt. Insoweit kann auf die Rechtsprechung zu Verkehrssicherungspflichten für Gehwege und Fußgängerbereiche verwiesen werden, wonach in der Regel geringfügige Unebenheiten bis zu einer Grenze sogar von 2,0 cm bis 2,5 cm als unwesentlich anzusehen sind (vgl. OLG Hamm, U.v. 13.9.2016 – 9 U 158/15 u.a. – RuS 2017, 271 = juris Rn. 15; SaarlOLG, U.v. 16.10.2014 – 4 U 168/13 – juris Rn. 51; ThürOLG, B.v. 20.3.2012 – 4 W 134/12 – MDR 2012, 645 = juris Rn. 12; OLG München, B.v. 21.6.2010 – 1 U 2653/10 – juris Rn. 9 jeweils m.w.N.; vgl. auch OLG München, B.v. 4.5.2012 – 1 U 992/12 – juris Rn. 6 f.).

Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass auch der eigentliche Verlegungsvorgang (Öffnung des Gehwegbelags auf wenigen Quadratdezimetern ohne Einsatz von Baumaschinen, Setzen des Stolpersteins und anschließende Verfüllung der Fugen) die Gemeingebrauchsverträglichkeit der Sondernutzung nicht infrage stellt, hat der Kläger nicht angegriffen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Er geht selbst von einer „gemeinverträglichen“ bzw. einer nicht gemeingebrauchsbeeinträchtigenden Sondernutzung aus (S. 52, 66, 140 der Gerichtsakte). Soweit er kritisiert, das Verwaltungsgericht habe jede Verlegung von Stolpersteinen zu Unrecht generell den bürgerlich-rechtlichen Sondernutzungen zugeordnet, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass der hier streitgegenständliche Verlegevorgang eines einzelnen Stolpersteins im Gehwegbereich der H straße den Gemeingebrauch beeinträchtigen könnte. Insoweit wären substanziierte Darlegungen erforderlich gewesen. Allein mit einem pauschalen Verweis auf die Besonderheiten jedes Einzelfalls kann nicht begründet werden, dass insoweit die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG hier gegeben sind. Abgesehen davon legt auch die im Internet veröffentlichte allgemeine Beschreibung des Verlegevorgangs von Stolpersteinen mit einer Dauer von in der Regel maximal 20 Minuten dies nicht nahe (vgl. http:// www...eu/...pdf).

1.3 Eine Erlaubnispflicht nach öffentlichem Recht lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS entnehmen.

Nach dieser Bestimmung unterliegen ausnahmsweise auch Sondernutzungen an öffentlichen Straßen der Beklagten, die den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen können, dem öffentlichen Recht (Art. 18 BayStrWG), sofern die Sondernutzung eine Benutzung des Straßenraums über der Straßenoberfläche darstellt. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen einer Benutzung des Straßenraums über der Straßenoberfläche durch einen Stolperstein im Gehweg der H straße zu Recht verneint. Die Straße wird insoweit nicht über, sondern an und unterhalb der Oberfläche benutzt. Ein Stolperstein ist ein würfelförmiger Betonstein mit einer Kantenlänge von 96 x 96 x 100 mm, auf dessen Oberseite sich eine individuell beschriftete Messingplatte befindet (vgl. die Nachweise im Ausgangsbescheid S. 2). Der Stein wird, wie oben ausgeführt, bündig in das Pflaster bzw. in den Belag der jeweiligen Straße eingelassen. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS, der als Ausnahmevorschrift bereits aus allgemeinen systematischen Erwägungen heraus grundsätzlich eng auszulegen ist, ist zu differenzieren, wo die Benutzung stattfindet. Nur Nutzungen über der Straßenoberfläche unterliegen der Erlaubnispflicht nach öffentlichem Recht. Gegenstände unterhalb der Straßendecke oder bündig in die Fahrbahn- oder Gehwegdecke eingelassene Gegenstände sind hiervon nicht erfasst. Diese Alternative wird aber durch die Verlegung eines Stolpersteins verwirklicht, wenn der Gehwegbelag geöffnet und der Stein beispielsweise durch Einbetonieren fest im Gehweg verankert wird. Nichts Anderes gilt für den dauerhaften Verbleib eines Stolpersteins im Straßenkörper. Auch in dem vom Kläger vorgelegten Rechtsgutachten wird im Übrigen ausgeführt, dass sich Stolpersteine nicht über der Straßenoberfläche im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS befänden (S. 130 der Akte des Verwaltungsgerichts).

Soweit der Kläger nunmehr einwendet, Stolpersteine würden bis zu 10 mm über die Straßenoberfläche hinausragen und befänden sich daher über ihr, verkennt er, dass die Straßenoberfläche gerade im Bereich von Gehwegen keine absolut ebene, niveaugleiche Fläche darstellt, sondern von Natur aus gewisse Unebenheiten aufweist. Auch insoweit kann auf die oben angeführte Rechtsprechung zu Verkehrssicherungspflichten verwiesen werden, wonach geringfügige Unebenheiten als unwesentlich anzusehen sind (vgl. oben Nr. 1.2). Selbst wenn dem nicht gefolgt wird, liegt aber jedenfalls der Nutzungsschwerpunkt – nach der hier maßgeblichen straßenrechtlichen Sichtweise – im Straßenbelag bzw. im Straßenunterbau und nicht über der Straßenoberfläche. Hierauf kommt es entscheidend an. Die wesentliche Benutzung durch einen Stolperstein findet an und unterhalb, nicht über der Straßendecke statt. In § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS finden sich keine Anhaltspunkte dafür, einen einheitlichen Benutzungsvorgang rechtlich aufzuspalten oder eine öffentlich-rechtliche Erlaubnispflicht bereits dann anzunehmen, wenn die Benutzung im Wesentlichen unterhalb der Straßenoberfläche und nur zu einem äußerst geringfügigen Teil darüber stattfindet.

Etwas Anderes ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers nicht daraus, dass ein Stolperstein von der Straßenoberfläche aus sichtbar in den Bereich über der Straßenoberfläche hineinwirkt. Die immaterielle Ausstrahlungswirkung von Stolpersteinen ist für die öffentlich-rechtliche Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS ohne Belang. Aus der maßgeblichen straßenrechtlichen Sicht ist allein der Eingriff in den Straßenkörper bzw. in die Substanz der Straße und nicht die Ausstrahlungswirkung entscheidend, die hier den Gemeingebrauch ohnehin nicht beeinträchtigen kann (vgl. oben Nr. 1.2). Dass ein derartiger Substanzeingriff dem zivilrechtlichen Regelungsregime unterfallen soll, orientiert sich am gesetzlichen Leitbild der Art. 18 ff. BayStrWG (vgl. dazu BayVGH, U.v. 20.1.2004 – 8 N 02.3211 – NVwZ-RR 2004, 879 = juris Rn. 75). Der Gesetzgeber hat die Benutzung für Zwecke der öffentlichen Versorgung, die in der Regel Eingriffe in den Straßenkörper bzw. in die Substanz der Straße zum Gegenstand haben, im Grundsatz dem bürgerlichen Recht zugewiesen (Art. 22 Abs. 2 BayStrWG), was gemäß Art. 22a Satz 3 BayStrWG nicht durch Satzung geändert werden kann. Dem entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch das Tatbestandsmerkmal „über der Straßenoberfläche“ in § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS dazu dient, Eingriffe in die Substanz der Straße bzw. in den Bereich des Straßengrundes (soweit diese den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen können) dem bürgerlichen Recht zu unterstellen. Das Zivilrecht erscheint auch besser geeignet, sich typischerweise stellende Probleme wie etwa Haftungsfragen bei einer Beschädigung der Straßendecke oder des Straßenunterbaus zu lösen. Zudem dürften Sondernutzungen an und unter der Straßenoberfläche in der Regel auf eine längere Dauer angelegt sein, sodass die Bestimmung des Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG, wonach eine Erlaubnis nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden darf, weniger interessengerecht erscheint als eine bürgerlich-rechtliche Einräumung von Nutzungsrechten, die die Erteilung einer dauerhaften Gestattung ermöglicht, etwa in Form einer Dienstbarkeit.

Entgegen der Auffassung des Klägers spricht für diese Auslegung auch das Gebührenverzeichnis in Anlage I der Sondernutzungsgebührensatzung. Dieses ist sowohl auf erlaubte als auch auf unerlaubte Sondernutzungen nach Art. 18 und 18a BayStrWG (ggf. auch i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS) anzuwenden (vgl. dazu auch BayVGH, U.v. 22.11.2006 – 8 BV 05.1918 – VGH n.F. 59, 222/224 f.), nicht jedoch auf Sondernutzungen, die sich nach bürgerlichem Recht richten und auch nicht durch Satzung dem öffentlich-rechtlichen Rechtsregime unterworfen wurden (§ 1 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS). Daher können die einzelnen Gebührentatbestände Anhaltspunkte für die Abgrenzung der Benutzungen bieten, die nach dem Willen des Satzungsgebers dem öffentlichen Regelungsregime unterliegen sollen. Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass dort keine Gebührentatbestände aufgeführt werden, in denen die Sondernutzung den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen kann und in denen zugleich die wesentliche Benutzung an und unter der Straßendecke stattfindet. Soweit der Kläger auf Nr. 3 der Anlage I (Werbeanlagen) verweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass hiervon lediglich Nutzungen „auf und über dem Straßengrund“ erfasst werden, nicht dagegen solche in der Fahrbahn- oder Gehwegdecke. Entsprechendes gilt für Nr. 5 (Warenauslagen). Eine Vergleichbarkeit mit Zufahrtserlaubnissen für Fußgängerbereiche (Nr. 27) besteht ebenfalls nicht, weil diese keine Eingriffe in die Straßensubstanz mit sich bringen.

Ob der Vorgang der Verlegung eines Stolpersteins, der den Gemeingebrauch hier nicht beeinträchtigen kann (vgl. oben Nr. 1.2), eine eigenständige Benutzung über der Straßenoberfläche im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS darstellt, kann dahinstehen. Insofern fehlt es schon an einem substanziierten klägerischen Vortrag im Zulassungsverfahren (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Soweit der Kläger aus der Bestimmung des Art. 22 Abs. 2 BayStrWG, wonach sich die Benutzung von Straßen für Zwecke der öffentlichen Versorgung stets nach bürgerlichem Recht richtet, es sei denn, dass der Gemeingebrauch nicht nur für kurze Dauer beeinträchtigt wird, ableiten will, dass die Verlegung von Stolpersteinen nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist, weil dauerhafte Kunstwerke fest installiert werden, geht das schon deswegen fehl, weil die Verlegung des Stolpersteins hier den Gemeingebrauch gerade nicht beeinträchtigen kann, sondern gemeingebrauchsverträglich ist (vgl. oben Nr. 1.2).

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte bei der Beurteilung, ob Sondernutzungen sich nach bürgerlichem Recht richten oder dem öffentlich-rechtlichen Rechtsregime unterworfen sind, keinen Ermessensspielraum. Daher kommt es – entgegen des klägerischen Einwands – nicht auf mögliche Bezugsfälle an. Die Beklagte kann die normative Bindung durch das Straßen- und Wegegesetz sowie ihre Sondernutzungssatzung nicht im Wege einer Einzelentscheidung aufheben.

1.4 Soweit sich der Kläger gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, dass die Klage auch dann keinen Erfolg haben würde, wenn die Verlegung eines Stolpersteins nicht nach bürgerlichem, sondern nach öffentlichem Recht zu beurteilen wäre, da die von der Beklagten vorsorglich ausgeübten Ermessenserwägungen nicht zu beanstanden seien und auch aus den vom Kläger geltend gemachten Grundrechten kein Anspruch auf Erteilung der beantragen Sondernutzungserlaubnis folge, kann er damit schon deswegen nicht durchdringen, weil es für das Verwaltungsgericht auf diese (Hilfs-)Begründung nicht entscheidungserheblich ankam. Vielmehr hat es einen Anspruch des Klägers auf Erteilung der beantragten öffentlich-rechtlichen Sondernutzungserlaubnis unabhängig hiervon („Selbst wenn….“) in erster Linie deswegen verneint, weil eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis nicht erforderlich ist. Ist aber das angefochtene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt (sog. kumulative Mehrfachbegründung), kann die Berufung nur dann zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (vgl. BVerwG, B.v. 1.8.2011 – 7 BN 2.11 – KommJur 2011, 436 = juris Rn. 4; B.v. 31.5.2017 – 5 PB 12.16 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 21.1.2013 – 8 ZB 11.2030 – ZfW 2013, 176 = juris Rn. 15; B.v. 8.6.2017 – 15 ZB 16.2504 – juris Rn. 21). Das ist hier nicht der Fall, weil die geltend gemachten ernstlichen Zweifel hinsichtlich der (Haupt-)Begründung des Verwaltungsgerichts aus den oben genannten Gründen nicht bestehen.

2. Ein Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147/149 = juris Rn. 28; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 jeweils m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Die auftretenden Rechtsfragen (vgl. oben Nr. 1.) lassen sich bei Heranziehung der gängigen Auslegungsmethoden ohne Weiteres aus dem Gesetz sowie aus der Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten lösen. Dies gilt vor allem auch für die Einordnung der hier streitgegenständlichen Eingriffe in den Straßenbelag als Benutzung der Straße an und unter der Straßenoberfläche (vgl. oben Nr. 1.3). Ob sich aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichts für den Fall, dass die Verlegung eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende Sondernutzung darstellt, derartige Schwierigkeiten ergeben würden, kann wiederum dahingestellt bleiben, weil der Zulassungsgrund der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten hinsichtlich der Hauptbegründung nicht gegeben ist (vgl. oben Nr. 1.4).

Auch unter Berücksichtigung des Begründungsaufwands des erstinstanzlichen Urteils lassen sich keine tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache erkennen. Aus dem klägerischen Vortrag wird nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen wäre oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hätte. Hierfür wäre Voraussetzung, dass ein Rechtsmittelführer diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darstellt und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel macht (vgl. dazu BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163 = juris Rn. 17). Daran fehlt es. Aus der bloßen Beteiligung der Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses und aus dem Umfang eines Erwiderungsschriftsatzes der Beklagten lassen sich dagegen keine Rückschlüsse auf besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten ziehen.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 4.8.2017 – 6 B 34.17 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 33 jeweils m.w.N.). Die grundsätzliche Bedeutung ist zu verneinen, wenn eine Rechtsfrage sich ohne Weiteres aus der Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden beantworten lässt (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – NVwZ 2010, 1482 = juris Rn. 62). Auf Gesichtspunkte des öffentlichen Interesses oder des Medieninteresses am Ausgang eines Verwaltungsstreitverfahrens ist dagegen nicht abzustellen.

Nach diesen Maßstäben ergibt sich aus den vom Kläger bezeichneten Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung. Sie bedürfen entweder keiner Klärung oder betreffen nicht die die Entscheidung tragende Begründung (vgl. oben Nr. 1.4).

Soweit der Kläger die Frage aufwirft, „ob ein Kunstwerk, das immateriell in den Raum über der Straßenoberfläche ausstrahlt, § 1 Abs. 3 SoNuGebS unterfällt“, kann diese Frage ohne Weiteres unter Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden beantwortet werden (vgl. oben Nr. 1.3). Dabei kommt es auf grundrechtliche Bezüge nicht an, weil die Beklagte auch bei Einräumung von Rechten gemäß Art. 22 Abs. 1 BayStrWG gleichermaßen die Grundrechte zu beachten hat (vgl. Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 22 Rn. 5 m.w.N.). Die Fragestellung, „ob ein Freiheits- oder Abwehrrecht wie Art. 5 GG im Rahmen eines präventiven Verbots mit Erlaubnistatbestand einen Leistungsanspruch begründen kann“, ist nicht entscheidungserheblich, weil diese lediglich die Hilfsbegründung des erstinstanzlichen Urteils betrifft. Es kann daher dahinstehen, ob es sich insoweit um eine hinreichend konkret formulierte, den Darlegungsanforderungen genügende Frage (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 – 6 B 58.10 – juris Rn. 3; B.v. 31.5.2016 – 8 B 13.16 – juris Rn. 4 und 8) handelt. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger einen Klärungsbedarf in Bezug auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sieht. Nach der tragenden Begründung des erstinstanzlichen Urteils spielt es keine Rolle, ob er sich überhaupt auf eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung aufgrund der Zulassung von Stelen berufen kann und wenn ja, ab wann, d.h. erst nach Genehmigung der ersten Stele oder bereits zu einem früheren Zeitpunkt. Schließlich stellen sich nach der tragenden Begründung auch keine Fragen nach dem persönlichen Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 GG sowie nach dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht im Zusammenhang mit der Zulassung bestimmter Gedenkformen.

4. Der Kläger hat schließlich keinen Verfahrensfehler in einer dem § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise geltend gemacht, auf dem das Urteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Ein solcher muss nach höchstrichtlicher Rechtsprechung sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan werden (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 = juris Rn. 4 m.w.N.). Das ist nicht geschehen.

Zwar ist unschädlich, dass der Kläger Verfahrensfehler nicht ausdrücklich als solche gerügt und sich auch nicht ausdrücklich auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO berufen hat. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung darf der Zugang zu einem Rechtsmittel nicht durch Auslegung und Anwendung der einschlägigen Verfahrensvorschriften in einer sachlich nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung im Zulassungsverfahren als auch für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe (BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 14 m.w.N.). Daher ist es grundsätzlich unschädlich, wenn ein Antragsteller sein Vorbringen dem falschen Berufungszulassungsgrund zuordnet oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinn von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt (BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – BVerfGK 17, 508 = juris Rn. 13). Das den Zulassungsantrag prüfende Gericht ist gemäß Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – BVerfGK 17, 508 = juris Rn. 13). Auch dürfen die Darlegungsanforderungen nicht derart erschwert werden, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 34). Es bleibt aber dabei, dass das Zulassungsverfahren auf der Obliegenheit der antragstellenden Person basiert, die Zulassungsgründe im Einzelnen darzulegen (vgl. BVerfG, B.v. 19.4.2017 – 1 BvR 1994/13 – juris Rn. 16). Daran fehlt es hier.

4.1 Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft entschieden, weil es aufgrund seiner Annahme, dass für die begehrte Sondernutzung keine öffentlich-rechtliche Sondernutzungserlaubnis, sondern eine bürgerlich-rechtliche Vereinbarung erforderlich sei, den Rechtsstreit an die Zivilgerichtsbarkeit hätte verweisen müssen, liegt darin der Sache nach eine auf einen Verstoß gegen § 17a Abs. 2 GVG zielende Einwendung. Er beruft sich auch auf diese Norm. Damit wird jedoch kein vom Senat zu prüfender Verfahrensmangel geltend gemacht (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Nach § 17a Abs. 5 GVG prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, grundsätzlich nicht mehr, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Zwar gilt dies ausnahmsweise dann nicht, wenn ein Gericht die Verfahrensgrundsätze des § 17a Abs. 2 oder Abs. 3 GVG verletzt hat (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.1997 – 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603 = juris Rn. 7 m.w.N.; BayVGH, B.v. 11.10.2011 – 22 ZB 10.1259 – juris Rn. 5; B.v. 1.2.2013 – 3 B 12.1754 – juris Rn. 15; Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl. 2015, § 17 Rn. 53). Ein solcher Verfahrensfehler ist dem Verwaltungsgericht aber nicht unterlaufen.

Eine Verpflichtung zu einer Entscheidung über den Rechtsweg bestand weder wegen der Unzulässigkeit des Rechtswegs nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG noch aufgrund einer Zulässigkeitsrüge durch einen Beteiligten nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG. Das Verwaltungsgericht ist – entgegen der klägerischen Einwendung – keineswegs von einer zivilrechtlichen Streitigkeit ausgegangen, sondern ausschließlich von einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis (UA S. 20). Es hat daher zutreffend den Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO als gegeben angesehen. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung (vgl. S. 183 ff. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts) wurde der Klägerbevollmächtigte vor seiner Antragstellung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine bürgerlich-rechtliche Vereinbarung erforderlich sein dürfte und dass für Klagen auf Abschluss eines solchen Gestattungsvertrags der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei. Dennoch hat er davon abgesehen, einen entsprechenden Hilfsantrag zu stellen. Dem entsprechend hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung ausschließlich den geltenden gemachten Anspruch auf Erteilung einer öffentlich-rechtlichen Sondernutzungserlaubnis nach Art. 18 Abs. 1 BayStrWG zugrunde gelegt.

Dass ein Beteiligter eine Rüge in Bezug auf die Zulässigkeit des Rechtswegs gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG erhoben habe, hat der Kläger weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. Soweit im Urteil davon die Rede ist, dass eine Verweisung angeregt worden sei (UA S. 20), betrifft das den nicht gestellten (Hilfs-)Antrag auf Erteilung einer privatrechtlichen Gestattung und nicht das vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Rechtsschutzbegehren.

Zu einer Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 Satz 1 GVG war das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet. Die Entscheidung darüber, ob ein Beschluss über die Rechtswegzuständigkeit gefasst wird, wenn das Gericht den beschrittenen Rechtsweg für gegeben hält und dessen Zulässigkeit von keiner Partei gerügt worden ist, erfolgt nach pflichtgemäßem richterlichem Ermessen. Sie unterliegt keiner Rechtskontrolle durch die übergeordnete Instanz (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.1997 – 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603 = juris Rn. 8; Kissel/Mayer, GVG, § 17 Rn. 38 m.w.N.).

4.2 Eine den Darlegungserfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Rüge der Verletzung des § 88 VwGO kann dem Vorbringen des Klägers im Zulassungsantrag nicht entnommen werden.

Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 18.7.2014 – 3 B 74.13 – juris Rn. 6 m.w.N.). Vielmehr hat es das tatsächliche Rechtsschutzbegehren zu ermitteln. Maßgebend für dessen Umfang ist das aus dem gesamten Parteivorbringen, vor allem der Klagebegründung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel. Der Antragsformulierung kommt eine gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu, wenn der Kläger bei der Fassung des Klageantrages anwaltlich vertreten wird (BVerwG, B.v. 12.3.2012 – 9 B 7.12 – juris Rn. 6; B.v. 18.7.2014 – 3 B 74.13 – juris Rn. 6). Auch wenn ein derartiger Verfahrensfehler in einem Berufungs- oder Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen wäre, muss er in einem Berufungszulassungsverfahren vom Rechtsmittelführer geltend gemacht werden (BVerwG, B.v. 30.1.1985 – 9 B 10679.83 – juris Rn. 12; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 217 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, B.v. 22.11.1997 – 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603 = juris Rn. 2; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl. 2010, Rn. 490). Will sich ein Rechtsmittelführer auf einen solchen Mangel berufen, hat er substanziiert darzulegen, welche seiner Äußerungen vom Erstgericht unbeachtet geblieben oder missverstanden worden ist, so dass der verfahrensrechtliche Anspruch auf umfassende Entscheidung über das Sachbegehren verletzt wurde (BVerwG, B.v. 22.11.1997 – 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603 = juris Rn. 2; vgl. auch Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann, VwGO, Stand Oktober 2015, § 124a Rn. 110). Für die Darlegung der rechtlichen Wirkung ist zumindest die Schilderung der verfahrensrechtlichen Verhaltensnorm, auf die die Rüge gestützt werden soll, erforderlich (vgl. Rudisile a.a.O.).

Diesen Darlegungserfordernissen genügt der Zulassungsvortrag nicht. Die knappe Argumentation bezieht sich lediglich auf eine Verletzung von § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG. Auf die Frage, ob das Verwaltungsgericht über das Klagebegehren erschöpfend entschieden hat oder ob es das Begehren unter Verstoß gegen § 88 VwGO zu eng gefasst hat, geht die Zulassungsbegründung nicht ein. Insbesondere wird auch nicht zwischen dem zugrunde gelegten Klagebegehren (Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis) und einer möglicherweise darüber hinausgehenden Zielsetzung (Erteilung einer zivilrechtlichen Gestattung) differenziert. Dem Vortrag im Zulassungsverfahren kann ein derartiges, weitergehendes Rechtsschutzbegehren mit der notwendigen Deutlichkeit nicht entnommen werden, trotz der richterlichen Hinweise und der eindeutigen Ausführungen im angefochtenen Urteil. Der Klägerbevollmächtigte hat ausdrücklich davon abgesehen, einen Hilfsantrag zu stellen, etwa auf Verpflichtung zum Abschluss eines bürgerlich-rechtlichen Gestattungsvertrags oder zu einer zivilrechtlichen Zustimmung zur Gestattung der Sondernutzung. Bereits dies spricht gegen eine erweiternde Auslegung oder eine Umdeutung seiner Anträge. Zudem hat der Klägerbevollmächtigte selbst – in Kenntnis der erstinstanzlichen Entscheidung – im Zulassungsverfahren ausgeführt, dass der Kläger „keinen privaten Gestattungsvertrag, sondern eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis“ wolle (Schriftsatz vom 28. September 2017, S. 197 der Gerichtsakte). Spätestens durch die Darlegung dieses klägerischen „Wollens“ bringt er klar zum Ausdruck, dass es nicht um eine abweichende Rechtsansicht geht, über die letztlich ein Gericht entscheiden kann, sondern um ein voluntatives Element, die Intention des Klägers, über die nur die Klägerpartei selbst bestimmt. Die Wesensgrenze der Auslegung wäre aber überschritten, wenn an die Stelle dessen, was eine Partei will, das gesetzt wird, was diese nach Ansicht des Gerichts wollen sollte (BVerwG, B.v. 29.8.1989 – 8 B 9.89 – juris Rn. 2; OVG LSA, B.v. 19.8.2009 – 3 L 41/08 – juris Rn. 12; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 88 Rn. 3 m.w.N.). Der Kläger muss sich insofern an seinem Vortrag festhalten lassen, dessen Wortlaut einer erweiternden Auslegung oder Umdeutung seiner Anträge entgegensteht.

Dies begegnet auch vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG keinen Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient die Darlegungspflicht des § 124a VwGO dazu, dem Verwaltungsgerichtshof ohne weitere Ermittlungen die Feststellung zu ermöglichen, ob der geltend gemachte Zulassungsgrund vorliegt oder nicht (BVerfG, B.v. 30.6.2005 – 1 BvR 2615/04 – NVwZ 2005, 1176 = juris Rn. 20). Angesichts des defizitären Vorbringens zu einem möglicherweise weitergehenden Klageziel im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und der Ausführungen im Zulassungsverfahren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger eine Verletzung seines verfahrensrechtlichen Anspruchs auf eine umfassende Entscheidung über das Sachbegehren hinreichend substanziiert hat. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass er anwaltlich vertreten ist, selbst wenn dies nicht zu einem Ausschluss einer wohlwollenden Auslegung führt (vgl. BVerfG, B.v. 23.10.2007 – 2 BvR 542/07 – NVwZ 2008, 417 = juris Rn. 17). Die geforderte Darlegung wäre einem durchschnittlichen, auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet nicht spezialisierten Rechtsanwalt aber mit zumutbarem Aufwand möglich gewesen (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 – juris Rn. 14).

4.3 Soweit der Kläger ausführt, das Verwaltungsgericht habe einen rechtlichen Hinweis dahingehend erteilen müssen (§ 86 Abs. 3 VwGO), dass nicht eine Versagungsgegenklage vorrangig sei, sondern nach vorläufiger Einschätzung eine Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrags (S. 144 f. der Gerichtsakte), erfolgt diese Rüge erstmals mit Schriftsatz vom 10. April 2017 und damit verspätet (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Im Übrigen verkennt der Kläger, dass das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung der Problematik der Sondernutzungserlaubnis darauf hingewiesen hat, dass für Stolpersteine in öffentlichen Verkehrsflächen der Beklagten bürgerlich-rechtliche Vereinbarungen erforderlich sein dürften (S. 184 der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts). Zur weiteren Verdeutlichung hat das Gericht dargelegt, dass für Klagen auf Abschluss von Gestattungsverträgen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben wäre. Damit hat es gerade den vom Kläger vermissten Hinweis in der mündlichen Verhandlung gegeben. Dass eine Versagungsgegenklage nicht auf eine Verpflichtung zum Abschluss eines bürgerlich-rechtlichen Vertrages gerichtet sein kann, bedarf keiner näheren Erörterung.

Das klägerische Vorbringen kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass gerügt wird, das Gericht habe es unterlassen, auf eine Erweiterung des Klageantrags hinzuwirken. Hierfür finden sich keine Anhaltspunkte. Zudem wäre die Unterlassung nur dann verfahrensfehlerhaft, wenn sich dem Vorsitzenden nach der Sach- und Rechtslage ein solcher Hinweis hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.1991 – 2 BvR 170/85 – NVwZ 1992, 259 = juris Rn. 12). Das ist angesichts der erfolgten Hinweise sowie der protokollierten Erklärung, der Klägerbevollmächtigte sehe davon ab, die Klage um einen weiteren Hilfsantrag zu erweitern, nicht der Fall. Von einem durchschnittlichen, auch auf das einschlägige Rechtsgebiet nicht spezialisierten Rechtsanwalt konnte in dieser Situation ohne Weiteres eine interessengerechte Antragstellung erwartet werden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

Gründe

1

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Mindestabschussplans für Rotwild im Jagdbezirk des Klägers, den der Beklagte für das Jagdjahr 2013/2014 festgesetzt hatte. Die Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Mindestabschussplan sei auf der Grundlage von § 31 Landesjagdgesetz Rheinland-Pfalz (LJG RP) in formeller und materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, zum Schutz vor drohenden forstwirtschaftlichen Schäden einen Mindestabschussplan festzusetzen. Weitere Ermittlungen zum aktuellen Rotwildbestand im Jagdbezirk des Klägers seien nicht geboten gewesen. Da es sich bei Rotwild um Wechselwild handele, sei eine Bestandsschätzung ausreichend. Die Regelung in § 31 LJG RP sei nicht wegen Unvereinbarkeit mit § 21 BJagdG unwirksam oder unanwendbar. Das Jagdrecht unterliege der konkurrierenden Bundesgesetzgebung, von der die Länder abweichende Regelungen treffen könnten. Dabei habe die spätere Regelung des § 31 LJG RP Vorrang vor dem Bundesrecht. Im Übrigen weiche § 31 LJG RP inhaltlich nicht von § 21 BJagdG ab. Die landesrechtliche Konkretisierung der Anforderungen an die behördliche Entscheidung über den Abschussplan sei von der Ermächtigung in § 21 Abs. 2 Satz 5 BJagdG gedeckt, das Nähere durch Landesgesetz zu bestimmen. Eine behördliche Abschussverpflichtung sei bereits im Bundesrecht vorgesehen. Ein Widerspruch zu den materiellen Vorgaben für den Abschuss des Wildes nach § 21 Abs. 1 BJagdG bestehe nicht. Der Vorrang der waldbaulichen Ziele ergebe sich ebenso aus dieser Norm. Nur innerhalb dieser Grenzen soll die Abschussregelung zur Erhaltung eines gesunden Wildbestandes beitragen.

2

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

3

1. Die Beschwerde hält das Verhältnis von § 31 Abs. 6 und 7 LJG RP zu § 21 Abs. 1 BJagdG für klärungsbedürftig und will wissen, welche Kriterien einer Abschussplanung zugrunde zu legen sind und ob vor der Festsetzung eines Abschussplans eine Bestandsermittlung des bewirtschafteten Wildes (§ 21 Abs. 2 BJagdG) durchzuführen ist. Hintergrund ist die Annahme der Beschwerde, dass die landesrechtliche Regelung, anders als es das Berufungsgericht angenommen hat, durch Bundesrecht ergänzt werden müsse.

4

Die damit zusammenhängenden Fragen sind zum Teil schon deshalb nicht klärungsfähig, weil sie zu allgemein gehalten sind oder die Auslegung von nicht revisiblem Landesrecht erfordern, die allein dem Oberverwaltungsgericht vorbehalten ist (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO). Hingegen ist die Frage des Verhältnisses des Bundesjagdgesetzes zum rheinland-pfälzischen Jagdgesetz ohne Weiteres aus dem Gesetz zu beantworten.

5

Das Jagdwesen gehört zur konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 28 GG. Der Bund hat von seiner Gesetzgebungszuständigkeit zwar mit dem Bundesjagdgesetz Gebrauch gemacht; die Länder sind jedoch gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GG befugt, hiervon nach freiem Ermessen abweichende Regelungen zu treffen, wobei im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vorgeht (Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG). Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass das Land Rheinland-Pfalz hiervon Gebrauch gemacht habe und § 31 LJG RP der entsprechenden Regelung in § 21 BJagdG als das spätere Gesetz vorgehe (Anwendungsvorrang, vgl. dazu Sannwald, in: Schmidt-Bleitreu/Klein, Grundgesetz, 13. Aufl. 2014, Art. 72 Rn. 102 f.; Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Kommentar, 13. Aufl. 2014, Art. 72 Rn. 28 ff.). Dabei legt das Berufungsgericht offensichtlich zugrunde, dass die Vorschrift die Abschussplanung abschließend regelt. Das stimmt damit überein, dass gemäß § 1 Satz 1 LJG für das Land Rheinland-Pfalz eine eigenständige Vollregelung besteht, worauf der Beklagte zu Recht hinweist. In dieser Vorschrift heißt es, das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine) bestimme sich "abweichend vom Bundesjagdgesetz [...] ausschließlich nach diesem Gesetz". Damit beantwortet sich das von der Beschwerde als klärungsbedürftig angesehene Verhältnis des einschlägigen rheinland-pfälzischen Landesrechts zum Bundesrecht. In Fällen der Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 GG greift späteres Landesrecht in dem von ihm bestimmten Umfang. Ist, wie hier, eine Vollregelung getroffen, ist für einen Rückgriff auf Bundesrecht grundsätzlich kein Raum mehr. Das kann im Einzelfall nur dann anders sein, wenn das Landesrecht den Rückgriff selbst eröffnet. Ob das der Fall ist, beantwortet sich nach nicht revisiblem Landesrecht, dessen Auslegung dem Berufungsgericht vorbehalten ist.

6

Weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde auch mit Blick auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. August 2014 - 16 A 805/13 - (RdL 2015, 59) und das von der Beschwerde vergleichend herangezogene nordrhein-westfälische Recht nicht auf. Im Unterschied zum rheinland-pfälzischen Landesjagdgesetz lautet § 1 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen: „In diesem Gesetz werden Regelungen getroffen, die das Bundesjagdgesetz [...] ergänzen oder von diesem [...] abweichen“. Damit verfolgt der nordrhein-westfälische Gesetzgeber das Konzept einer kombinierten Regelung, was von vornherein die grundsätzliche Anwendbarkeit des Bundesjagdgesetzes voraussetzt. Folgerungen für die hier fraglichen Regelungen lassen sich daraus nicht ziehen.

7

2. Aus dem unter 1.) Ausgeführten beantwortet sich auch die Frage,

ob eine automatische Erhöhung des Abschusses nach § 31 Abs. 7 Satz 2 LJG Rheinland-Pfalz in Übereinstimmung sowohl mit § 1 Abs. 2 Satz 1 BJagdG als auch mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG steht.

8

Da das Land zur Abweichungsgesetzgebung befugt ist und hiervon Gebrauch gemacht hat, ist für jedweden bundesrechtlich veranlassten Rückgriff auf das Bundesjagdgesetz kein Raum. Das gilt für die Auffüllung landesrechtlicher Regelungen durch Bundesrecht ebenso wie für eine Maßstabsfunktion von Bundesrecht. Die Frage, ob das Landesrecht mit dem Bundesrecht übereinstimmt oder es korrekt umsetzt, kann sich daher nicht stellen.

9

Soweit die Beschwerde die Übereinstimmung mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG zur Prüfung stellt und geklärt wissen will, ob auch die darin vorgegebenen Kriterien einer Abschussfestsetzung zugrunde zu legen sind, legt sie nicht hinreichend dar, inwiefern dies in Betracht kommen und entscheidungserheblich sein sollte. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG bleiben die Vorschriften des Jagdrechts von den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes zum Artenschutz unberührt. Nach rheinland-pfälzischem Jagdrecht ist der Abschuss so zu regeln, dass unter anderem die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gewahrt bleiben (§ 31 Abs. 1 Satz 1 LJG RP). Im Übrigen soll die Abschussregelung auch dazu beitragen, dass ein gesunder Wildbestand in angemessener Zahl erhalten bleibt (§ 31 Abs. 1 Satz 3 LJG RP). Einen weitergehenden Klärungsbedarf lässt die Beschwerde nicht hervortreten.

10

3. Die Beschwerde legt auch nicht dar, inwieweit es in fallübergreifender Weise klärungsfähig sein könnte, ob die Verpflichtung zu einem Mindestabschuss mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG vereinbar ist. Insofern hätte es nicht nur der Formulierung einer hinreichend konkreten bundesrechtlichen Rechtsfrage bedurft, sondern auch einer Auseinandersetzung damit, dass Abschussregelungen nach Bundes- wie Landesrecht einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Belangen der Land- und Forstwirtschaft zum Schutz gegen Wildschäden einerseits und des Naturschutzes und der Landschaftspflege und der Jagd andererseits bezwecken (vgl. § 21 Abs. 1 BJagdG und entsprechend § 31 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 LJG RP). Was das Eigentumsgrundrecht angeht, zeigt die Beschwerde mit Blick auf die von ihr zitierte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 13. Dezember 2006 - 1 BvR 2084/05 - DVBl. 2007, 248) nicht auf, dass die streitigen Regelungen des Jagdrechts Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen, mit denen die Eigentümerinteressen unverhältnismäßig beeinträchtigt werden könnten, weil der gesetzlich beabsichtigte Ausgleich verfehlt wäre.

11

4. Soweit die Beschwerde meint, das Revisionsverfahren werde Gelegenheit bieten, Art und Umfang der nach § 31 Abs. 7 LJG RP gebotenen Sachverhaltsaufklärung vor Festlegung einer Mindestabschussverpflichtung zu definieren, geht sie daran vorbei, dass es sich um Anforderungen des irrevisiblen Landesrechts handelt.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

(1) Gegen den Investitionsvorrangbescheid ist, wenn die nächsthöhere Behörde nicht eine oberste Landes- oder Bundesbehörde ist, der Widerspruch und ansonsten die Anfechtungsklage zulässig; sie haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung können nur innerhalb von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Investitionsvorrangbescheids gestellt werden. Neue Tatsachen können nur bis zu dem Zeitpunkt vorgebracht und berücksichtigt werden, in dem der Vorhabenträger nachhaltig mit dem Vorhaben begonnen hat; neue investive Vorhaben können nicht geltend gemacht werden. Darauf ist der Anmelder in dem Investitionsvorrangbescheid hinzuweisen.

(3) Bei Aufhebung eines Investitionsvorrangbescheids ist der Vermögenswert zurückzuübertragen. Bei Unternehmen bestimmen sich die Einzelheiten nach dem Vertrag, bei Grundstücken und Gebäuden zusätzlich nach § 7 der Grundstücksverkehrsordnung. Die Regelungen über den Widerruf des Investitionsvorrangbescheids bleiben unberührt. Ansprüche auf Rückübertragung und Wertersatz bestehen nicht, wenn

1.
a)
der Anmelder nicht innerhalb von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Investitionsvorrangbescheids einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage gestellt hat oder
b)
ein innerhalb der in Buchstabe a genannten Frist gestellter Antrag rechtskräftig abgelehnt wird und
2.
mit der tatsächlichen Durchführung der zugesagten Investition nachhaltig begonnen worden ist.

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

(1) Wilde Tiere sind herrenlos, solange sie sich in der Freiheit befinden. Wilde Tiere in Tiergärten und Fische in Teichen oder anderen geschlossenen Privatgewässern sind nicht herrenlos.

(2) Erlangt ein gefangenes wildes Tier die Freiheit wieder, so wird es herrenlos, wenn nicht der Eigentümer das Tier unverzüglich verfolgt oder wenn er die Verfolgung aufgibt.

(3) Ein gezähmtes Tier wird herrenlos, wenn es die Gewohnheit ablegt, an den ihm bestimmten Ort zurückzukehren.

Zweck dieses Gesetzes ist insbesondere,

1.
den Wald wegen seines wirtschaftlichen Nutzens (Nutzfunktion) und wegen seiner Bedeutung für die Umwelt, insbesondere für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrar- und Infrastruktur und die Erholung der Bevölkerung (Schutz- und Erholungsfunktion) zu erhalten, erforderlichenfalls zu mehren und seine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern,
2.
die Forstwirtschaft zu fördern und
3.
einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit und den Belangen der Waldbesitzer herbeizuführen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger sind Eigentümer landwirtschaftlich bewirtschafteter Flächen. Sie wenden sich mit ihrer Klage gegen eine beschränkte Erlaubnis zur Zutageförderung von Grundwasser aus drei Brunnen auf einem benachbarten Grundstück.

Der inzwischen verstorbene Rechtsvorgänger der Beigeladenen beantragte nach Durchführung von drei Versuchsbohrungen eine wasserrechtliche Erlaubnis für das Zutagefördern von Grundwasser zu Bewässerungszwecken. Das Wasserwirtschaftsamt N … befürwortete in einem Gutachten vom 3. März 2015 aus wasserwirtschaftlicher Sicht die Erteilung einer beschränkten Erlaubnis mit bestimmten Inhalts- und Nebenbestimmungen.

Mit Bescheid vom 19. Mai 2015 erteilte das Landratsamt F … bis auf Widerruf die beschränkte Erlaubnis, aus drei Brunnen auf den Grundstücken FlNr. … und … Gemarkung W …, zum Zweck der Bewässerung beim Gemüseanbau Grundwasser zutage zu fördern. Sie wurde bis zum 31. Dezember 2020 befristet. Als Nebenbestimmung war u.a. geregelt, dass die Erlaubnis erlischt, wenn nicht bis zum 1. Juli 2016 mit der Gewässerbenutzung begonnen werde und das Landratsamt F … einer Verlängerung dieser Frist nicht vor Ablauf schriftlich zugestimmt habe. Als weitere Nebenbestimmung war eine maximal zulässige Absenktiefe von 15 m unter Geländeoberkante vorgegeben. Weitere Auflagen, die sich im öffentlichen Interesse als erforderlich erweisen sollten, blieben vorbehalten.

Gegen diesen Bescheid haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Sie haben, unter Berufung auf ein Gutachten, das in einem Parallelverfahren (Az.: AN 9 K 15.980) im Auftrag des Wasser- und Bodenverbands A … von einem geowissenschaftlichen Büro erstellt worden war, eine Verletzung des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots geltend gemacht.

Mit E-Mail vom 1. Juli 2016 wendete sich ein Vertreter der Beigeladenen an das Landratsamt und beantragte die Verlängerung der im streitgegenständlichen Bescheid gesetzten Frist zur Aufnahme der Gewässerbenutzung. Mit E-Mail vom selben Tag führte ein Vertreter des Landratsamts aus, dass der Bescheid nach seiner Rechtsauffassung gegenwärtig nicht erlöschen könne, weil er noch nicht bestandskräftig sei. Weiter heißt es dort: „Hilfsweise wird hiermit der beantragten Fristverlängerung zugestimmt. Die Frist wird geändert auf ‚Jahr nach Bestandskraft des Bescheids‘.“ In der mündlichen Verhandlung am 6. Juli 2016 übergaben die Beklagtenvertreter zudem ein Schreiben des Landratsamts vom 1. Juli 2016 an den Beigeladenenvertreter, dessen Inhalt im Wesentlichen dem der E-Mail vom 1. Juli 2016 entspricht. Sie führten dazu aus, dass es sich bei dem Schreiben um die schriftliche Bestätigung der E-Mail handle.

Mit Änderungsbescheid vom 11. Juli 2016 änderte das Landratsamt den streitgegenständlichen Bescheid vom 19. Mai 2015 und fasste Nr. 2 Absatz 2 des Bescheidstenors wie folgt: „Sie erlischt, wenn nicht spätestens ein Jahr nach Bestandskraft des Bescheids mit der Gewässerbenutzung begonnen worden ist und das Landratsamt Fürth einer Verlängerung dieser Frist nicht vor Ablauf schriftlich zugestimmt hat.“ In den Gründen wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die ursprüngliche Frist rückwirkend verlängert worden sei, weil es für den Begünstigten unbillig wäre, die wasserrechtliche Erlaubnis nach Ablauf der ursprünglich gesetzten Frist erlöschen zu lassen. Der Umstand, dass Dritte Rechtsmittel einlegen könnten und dass aus diesem Grund vor Ablauf der Frist kein Gebrauch von der Erlaubnis gemacht werden könnte, sei ursprünglich nicht in Betracht gezogen worden. Es wäre daher unbillig, wenn der Bescheid durch Fristablauf erlöschen würde. Daher sei die Fristverlängerung in pflichtgemäßer Ermessensausübung rückwirkend erfolgt. Der Antrag auf Fristverlängerung sei fristgerecht gestellt worden, eine ordnungsgemäße Bescheidung seitens des Landratsamts sei allerdings am 1. Juli 2016 nicht mehr möglich gewesen.

Zuletzt haben die Kläger beantragt,

den Bescheid vom 19. Mai 2015 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 11. Juli 2016 aufzuheben sowie hilfsweise festzustellen, dass dieser Bescheid in Gestalt des Änderungsbescheids rechtswidrig war.

Mit Urteil vom 4. August 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Hauptantrag zulässig sei, so dass der Hilfsantrag nicht zum Tragen komme. Die Klage habe sich nicht dadurch erledigt, dass der streitgegenständliche Bescheid mit Ablauf des 1. Juli 2016 erloschen sei. Vielmehr sei die rückwirkende Verlängerung der von der Behörde ursprünglich gesetzten Erlöschensfrist wirksam. Die Kläger seien auch klagebefugt, die Klage sei jedoch nicht begründet, weil der streitgegenständliche Bescheid sie nicht in eigenen Rechten verletze. Ein Verstoß gegen das wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot sei nicht gegeben. Zur Begründung bezog sich das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf die Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts, die durch die Kläger nicht ernsthaft infrage gestellt worden seien. Aus diesem Grund sei auch keine weitere Beweiserhebung erforderlich gewesen.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung wenden sich die Kläger gegen das Urteil. Sie machen neben ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie die Verletzung von Verfahrensrecht geltend.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe wurden nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 – 8 ZB 16.1806 – juris Rn. 9 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 – 8 ZB 16.1806 – juris Rn. 9).

Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Die Einwendungen der Klägerseite greifen nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1.1 Die Kläger gehen zu Unrecht davon aus, dass der streitgegenständliche Bescheid mit Ablauf des 1. Juli 2016 erloschen sei, weil eine rückwirkende Verlängerung mangels behördlich gesetzter Frist im Sinn des Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG nicht möglich gewesen sei (vgl. dazu unten 1.1.1) und im Übrigen die Voraussetzungen für eine solche Verlängerung nicht vorgelegen hätten (vgl. dazu unten 1.1.2).

1.1.1 Entgegen des klägerischen Einwands handelt es sich bei der Frist in Nr. 2 Absatz 2 des streitgegenständlichen Bescheids um eine behördliche Frist im Sinn des Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG. Es liegt eine Nebenbestimmung i.S.d. Art. 36 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG vor, die zweifelsfrei von einer Behörde durch Bestimmung eines Enddatums gesetzt wurde. Mit der Fristbestimmung wird keine gesetzliche Fristregelung wiedergegeben. Vielmehr beruhte die Fristsetzung auf einer behördlichen Gestaltungsentscheidung (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1999 – 1 B 97.1548 – BayVBl 2000, 20 = juris Rn. 25).

Es gibt auch keine gesetzliche Sonderregelung, die der Anwendbarkeit des Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG entgegenstehen könnte (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1993 – 1 B 49.93 – InfAuslR 1994, 98 = juris Rn. 6 für ausländerrechtliche Bestimmungen; OVG NW, U.v. 19.7.2001 – 21 A 1832/98 – NVwZ-RR 2002, 342 = juris Rn. 7 für immissionsschutzrechtliche Vollgenehmigungen). Bei der streitgegenständlichen Fristsetzung handelt es sich auch um keine materiellrechtliche Ausschlussfrist, die nicht zur Disposition der Verwaltung stünde und die aus diesem Grund vom Anwendungsbereich des Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG ausgenommen sein könnte (vgl. Kallerhoff/Stamm in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 31 Rn. 8 m.w.N.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 31 Rn. 7; vgl. auch OVG Saarl U.v. 3.6.2015 – 1 A 276/14 – juris Rn. 59 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht hat zu Ausschlussfristen ausgeführt (BVerwG, U.v. 22.10.1993 – 6 C 10.92 – DVBl 1994, 170 = juris Rn. 16):

„Unter materiellrechtlichen Ausschlussfristen versteht man vom materiellen Recht gesetzte Fristen, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiellrechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Sie sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, Beschluß vom 7. August 1980 – BVerwG 3 B 11.80 – Buchholz 427.6 § 30 BFG Nr. 1 und Urteil vom 16. Juni 1983 – BVerwG 3 C 16.82 – Buchholz 427.6 § 30 BFG Nr. 3 m.w.Nachw.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, sofern das einschlägige Recht keine Ausnahme vorsieht (vgl. Urteile vom 17. Juli 1980 – BVerwG 7 C 101.78 – BVerwGE 60, 297, 309 und vom 3. Juni 1988 – BVerwG 8 C 79.86 – Buchholz 448.7 Art. 4 KDVNG Nr. 2 m.w.Nachw. sowie Meyer/Borgs, VwVfG, 2. Aufl., § 31 Rdnr. 6).“

Voraussetzung für eine solche, den Betroffenen belastende Regelung wäre nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, dass sie auf einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage beruht (BVerwG, U.v. 22.10.1993 – 6 C 10.92 – DVBl 1994, 170 = juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 20.9.2013 – 7 ZB 13.1279 – juris Rn. 10; vgl. auch OVG NW, B.v. 10.7.1998 – 22 B 1452/98 – NWVBl 1999, 193 = juris Rn. 11; U.v. 26.2.2002 – 15 A 527/00 – ZKF 2002, 233 = juris Rn. 9, 13). Derartige Fristen finden ihre Rechtfertigung im Grundsatz der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens, dem von einem Normgeber der Vorrang vor dem Gebot materieller Gerechtigkeit eingeräumt wird (vgl. OVG NW, U.v. 26.2.2002 – 15 A 527/00 – ZKF 2002, 233 = juris Rn. 9, 13 m.w.N.). Schon mangels einer solchen gesetzlichen Ausschlussregelung handelt es sich hier um keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Vor allem hat sich aber das Landratsamt bei Fristsetzung ausdrücklich eine Verlängerungsoption eingeräumt. Es liegt somit eine behördliche Frist ohne materiell-rechtliche Ausschlusswirkung vor, die nach dem Wortlaut der Nebenbestimmung von der Behörde, die sie gesetzt hat, verlängert werden konnte (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.1993 – 6 C 10.92 – DVBl 1994, 170 = juris Rn. 19).

Entgegen der klägerischen Auffassung trifft das Gesetz keine weitergehenden Einschränkungen dahingehend, dass Art. 31 Abs. 7 Satz 2 BayVwVfG keine Fristen erfasst, an die die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts anknüpfen (BayVGH, U.v. 19.5.1999 – 1 B 97.1548 – BayVBl 2000, 20 = juris Rn. 25 ff.). Weder aus dem Wortlaut noch aus dem systematischen Zusammenhang lässt sich entnehmen, dass Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG lediglich für Fristsetzungen im Bereich der Verfahrensordnung und Verfahrensvorbereitung gelten würde, wie die Klägerseite meint. Ebenso wenig überzeugt das Argument, die Rechtsfolge (hier das Erlöschen der Erlaubnis) sei nach Fristablauf schon eingetreten. Vielmehr ist die Regelungswirkung, dass an sich aufgrund eines Fristversäumnisses eingetretene Rechtsfolgen rückwirkend wieder entfallen können, auch der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand immanent. Der Betroffene wird im Wege der Fiktion so gestellt, als sei keine Verfristung eingetreten (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1999 – 1 B 97.1548 – BayVBl 2000, 20 = juris Rn. 29 und zur Wiedereinsetzung Bier/Steinbeiß-Winkelmann in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 60 Rn. 11 m.w.N.). Da die Betroffenen im Falle von behördlichen Fristen nicht schlechter stehen sollen als bei der Versäumung gesetzlicher Fristen, bei denen eine Wiedereinsetzung unter den Voraussetzungen des Art. 32 BayVwVfG in Betracht kommt, steht ihnen in diesen Fällen die Nachsichtgewährung gemäß Art. 31 Abs. 7 Satz 2 BayVwVfG offen (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1999 – 1 B 97.1548 – BayVBl 2000, 20 = juris Rn. 26; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 31 Rn. 38). Sie tritt an Stelle der bei gesetzlichen Fristen allein möglichen Wiedereinsetzung (BayVGH, B.v. 21.10.2015 – 11 C 15.2036 – juris Rn. 18 m.w.N.).

1.1.2 Die Kläger wenden auch zu Unrecht ein, dass die Voraussetzungen für eine solche rückwirkende Fristverlängerung nicht vorgelegen hätten und dass die Erteilung ermessensfehlerhaft erfolgt sei.

Ob eine rückwirkende Fristverlängerung generell nur dann zulässig ist, wenn der Verlängerungsantrag rechtzeitig gestellt wird (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 31 Rn. 41), bedarf hier keiner Entscheidung, weil die Beigeladenen die Verlängerung der Fristsetzung für den Vorhabenbeginn rechtzeitig beantragt haben. Die Frage, ob für das Fristende auf den Beginn des Tages (so die Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung, Bl. 239 der Akte des Verwaltungsgerichts) oder den Ablauf abzustellen ist, muss durch Auslegung ermittelt werden (Werner in Staudinger, BGB 2001, § 188 Rn. 8). Die hier getroffene Fristbestimmung „bis 1.7.2016“ ist aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts so zu verstehen, dass nicht der Beginn des Tages (0.00 Uhr), sondern der Ablauf (24.00 Uhr) gemeint ist. Dafür spricht, dass auch nach den §§ 187, 188 BGB, die hier jedoch nicht unmittelbar anwendbar sind, eine Frist erst mit dem Ablauf des als Fristende ins Auge gefassten Tages enden soll (vgl. RG, U.v. 6.12.1922 – V 114/22 – RGZ 105, 418/420; vgl. auch HessVGH B.v. 24.3.2000 – 11 TG 3096/99 – NVwZ-RR 2000, 544 = juris Rn. 2 ff.). Dem steht schon deshalb nicht entgegen, dass als Datum der 1. Juli 2016 und nicht das vorangehende Monatsende (der 30. Juni 2016) gewählt wurde, weil der 1. Juli 2016 ein Freitag war, so dass die Frist jedenfalls am Ende einer Arbeitswoche (26. KW) endete. Im Übrigen sind sowohl der Beigeladenenvertreter als auch das Landratsamt von diesem Verständnis ausgegangen, wie sich aus dem E-Mail-Verkehr vom 1. Juli 2016 ergibt (Akte des Verwaltungsgerichts, S. 210). Einer darüber hinausgehenden Antragstellung oder einer förmlichen Darlegung und Glaubhaftmachung von Gründen, warum eine rückwirkende Fristverlängerung für billig erachtet wird, bedurfte es – entgegen der klägerischen Auffassung – nicht. Dem Landratsamt waren die Gesamtumstände bekannt. Es konnte – entsprechend dem Rechtsgedanken des Art. 32 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG – angesichts der zweifelhaften Rechtsauskünfte in der E-Mail vom 1. Juli 2016 auch von Amts wegen eine (erneute) Entscheidung über die Fristverlängerung, in diesem Fall mit Rückwirkung, treffen. Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG stellt im Übrigen keine besonderen Anforderungen an eine Beantragung.

Das Verwaltungsgericht geht auch zutreffend davon aus, dass der die rückwirkende Fristverlängerung anordnende Änderungsbescheid vom 11. Juli 2016 ermessensfehlerfrei erging, wobei die von Klägerseite aufgeworfene Frage, ob eine Ermessensreduzierung auf Null vorlag, dahinstehen kann. Es begegnet keinen Zweifeln, dass das Landratsamt sein Ermessen erkannt und im Bescheid fehlerfreie Erwägungen angestellt hat. Bei der Ausübung des in Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG eingeräumten Ermessens ist vor allem zu berücksichtigen, ob es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretene Rechtsfolge bestehen zu lassen (BayVGH, B.v. 21.10.2015 – 11 C 15.2036 – juris Rn. 18 m.w.N.). Entgegen der klägerischen Einwendungen ist es dagegen unerheblich, ob der Beklagte bei Erlass des Bescheids mit einer Klageerhebung rechnen musste oder nicht. Vielmehr spielt es aus der maßgeblichen Sicht der Begünstigten, hier der Beigeladenen, keine Rolle, aus welchem Grund das Landratsamt zunächst nicht hinreichend in Erwägung gezogen haben mag, dass im Fall einer Drittanfechtung der streitgegenständlichen Gestattung die Frist nach Nr. 2 Absatz 2 läuft, obwohl von der beschränkten Erlaubnis kein Gebrauch gemacht werden kann. Ob dem eine Fehleinschätzung der Rechtsfolgen eines anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zugrunde lag, das nicht zur Suspendierung der Wirksamkeit, sondern nur der Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts führt (vgl. dazu BayVGH, B.v. 17.1.2018 – 15 ZB 16.1706 – juris Rn. 10 ff. m.w.N.), wofür der Inhalt der E-Mail vom 1. Juli 2016 sprechen könnte, oder eine unzutreffende Prognose in Bezug auf drohende Anfechtungsklagen, spielt keine Rolle. Beides könnte den Beigeladenen nicht angelastet werden. Der Sinn und Zweck der Fristsetzung liegt aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts darin, eine Bevorratung der beschränkten Erlaubnis durch die Erlaubnisnehmer zu verhindern. Im hier einschlägigen Fall der Drittanfechtung konnte sich diese Befürchtung jedoch keineswegs verwirklichen, weil die Beigeladenen die Verzögerungen nicht zu vertreten hatten. Sie waren vielmehr aufgrund der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klagen gehindert, das Vorhaben zu verwirklichen und von der Gestattung Gebrauch zu machen. Es wäre daher unbillig, wenn die begünstigende Rechtsposition der Beigeladenen allein aufgrund der Gestaltung und der Dauer des gerichtlichen Verfahrens entfallen würde. Anhaltspunkte dafür, dass diese Nebenbestimmung auch weiteren (drittschützenden) Zwecken dienen könnte, etwa dass eine Neubewertung der Tatsachengrundlage bereits nach gut einem Jahr vom Landratsamt für erforderlich gehalten wurde, sind nicht ersichtlich. Das klägerische Vorbringen dazu überzeugt nicht. Vor allem wäre es nicht nachvollziehbar, warum eine solche Regelung daran anknüpfen sollte, dass der Begünstigte mit dem Vorhaben innerhalb dieses Zeitraums nicht beginnt. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Entscheidung in Bezug auf die Interessen der Kläger, die allenfalls in Form eines Rechtsreflexes von dem Erlöschen profitiert hätten, ermessensfehlerhaft wäre.

Ebenso wenig können die Kläger mit Erfolg einwenden, dass die Beigeladenen keinen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung gestellt haben. Eine Durchführung der Maßnahme auf dieser Grundlage wäre mit dem Risiko behaftet gewesen, dass die Rechtmäßigkeit noch nicht abschließend geklärt gewesen wäre und dass die entstehenden Kosten im Fall eines Unterliegens vergeblich aufgewendet worden wären. Dies war nicht zumutbar.

1.1.3 Es kann daher offen gelassen werden, ob das Landratsamt die Frist bereits mit E-Mail vom 1. Juli 2016 (Akte des Verwaltungsgerichts, S. 210) dahingehend verlängert hat, dass mit dem Vorhaben ein Jahr nach Bestandskraft des Bescheids begonnen werden muss. Zwar sieht Nr. 2 Absatz 2 des streitgegenständlichen Bescheids vor, dass eine derartige Verlängerung schriftlich erfolgen muss, dabei handelt es sich aber um keine durch Rechtsvorschriften angeordnete Schriftform, so dass Art. 3a Abs. 2 BayVwVfG keine Anwendung findet, wonach eine einfach E-Mail dem Schriftformerfordernis nicht genügt. Ein gesetzliches Schriftformerfordernis für beschränkte Erlaubnisse im Sinn des Art. 15 BayWG besteht auch nicht aus anderen Gründen (Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand Okt. 2017, Art. 15 Rn. 11a; Knopp in Siedler/Zeitler, BayWG, Stand Febr. 2017, Art. 15 Rn. 28). Es wäre daher zu fragen, wie das behördlich angeordnete Schriftformerfordernis auszulegen wäre und ob dieses durch die Textform der E-Mail (vgl. § 126b BGB) gewahrt wurde, wofür manches sprechen könnte, vor allem das Argument, dass die Textform den hier maßgeblichen Nachweiszweck ohne Weiteres erfüllen könnte. Diese Fragen bedürfen aber – aus den oben dargelegten Gründen – hier keiner abschließenden Klärung.

1.2 Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die vom Landratsamt getroffene Ermessensentscheidung über den Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen beschränkten Erlaubnis (§ 10 Abs. 1 WHG i.V.m. Art. 15 BayWG) ohne Verletzung drittschützender Normen erging. Auf die objektive Rechtmäßigkeit des Bescheids kommt es nicht an. Entgegen der klägerischen Einwände wurde das wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot, das nicht nur eine individualisierte, sondern vor allem auch eine qualifizierte Betroffenheit voraussetzt (vgl. BayVGH, U.v. 30.10.2007 – 22 B 06.3236 – juris Rn. 29 m.w.N.), nicht verletzt. Das Verwaltungsgericht hat dazu nachvollziehbar ausgeführt, dass das genehmigte Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die klägerischen Grundstücke haben wird. Entgegen dem klägerischen Vorbringen musste das Verwaltungsgericht nicht davon ausgehen, dass es zu Austrocknungen der Böden auf den Nachbargrundstücken und dadurch zu mehr als geringfügigen Beeinträchtigungen der Kläger kommen wird.

Soweit sich die Kläger gegen die Wertung des Erstgerichts wenden, richten sie sich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Verwaltungsgericht ist im Grundsatz nicht an bestimmte Beweisregeln gebunden. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d.h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätten aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen einer fehlerhaften Beweiswürdigung ist folglich nur dann gegeben, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung jedoch nicht (vgl. BVerwG, B.v. 26.9.2016 – 5 B 3.16 D – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 9.1.2018 – 8 ZB 16.2351 – juris Rn. 15 m.w.N.). Solche zur Zulassung der Berufung führende Mängel der Beweiswürdigung lassen sich dem Vorbringen der Kläger nicht entnehmen.

Das Urteil stützt sich auf die – entgegen der klägerischen Einwände – nachvollziehbaren und schlüssigen sachverständigen Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts sowie des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Aus den wasserwirtschaftlichen Stellungnahmen ergibt sich, dass der Wasserspiegel im Brunnenbereich zwischen 4,5 und 6,2 m unter Geländeoberkante liegt und dass bei einer effektiven Durchwurzelungstiefe von bis zu 1 m und einer kapillaren Aufstiegshöhe des Grundwassers von höchstens 3 m (bei schluffigen Böden) das zu entnehmende Grundwasser für die Pflanzen nicht verfügbar ist (vgl. etwa die Stellungahme des Wasserwirtschaftsamts vom 13.4.2015, Behördenakte, S. 237). Darüber hinaus hat das Wasserwirtschaftsamt darauf hingewiesen, dass das Gelände südlich der Brunnen ansteigt und dass daher nicht davon auszugehen ist, dass im Bereich der benachbarten Grundstücke (einschließlich der klägerischen Grundstücke) ein geringerer Grundwasserflurabstand vorliegt (Stellungahme des Wasserwirtschaftsamts vom 13.4.2015, a.a.O.). Das Grundwasser wird nach den auf den Äußerungen des Wasserwirtschaftsamts beruhenden Feststellungen im Urteil nur aus den Sandsteinschichten entnommen, wo es für Kulturpflanzen nicht zur Verfügung steht (vgl. Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 27.10.2015 und Niederschrift über die mündliche Verhandlung, Akte des Verwaltungsgerichts, S. 107 ff., 208 ff.; Stellungahme des Wasserwirtschaftsamts vom 13.4.2015, Behördenakte, S. 237). Die Sandsteinschichten sind zwar nicht undurchlässig, wirken aber wie ein Stauer. Auf dieser Schicht liegt eine rund 4 m mächtige Schicht sandigen, schluffigen Bodens, in dem sich „Schichtwasser“ aufstaut. Dieses (pflanzenverfügbare) Wasser wird von der streitgegenständlichen Maßnahme nicht berührt und vor allem nicht zutage gefördert oder entnommen, auch nicht über die Bohrschächte, weil deren Absperrung in den Sandsteinkeuper einbindet. Aus der geringen Durchlässigkeit des Grundwasserleiters wurde vom Wasserwirtschaftsamt im Übrigen – unter Berücksichtigung der durchgeführten Pumpversuche – auf eine kleinräumige Begrenzung der Grundwasserabsenkung geschlossen. Das Urteil stützt sich zudem auf die Ausführungen der Vertreterin des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung. Danach sind Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Nutzung allenfalls geringfügig möglich und es kann ausgeschlossen werden, dass es sich um einen schädlichen Einfluss handelt. Ein hydraulischer Kontakt zwischen den von der Maßnahme betroffenen Grundwasserschichten und dem oberflächennahen „Schichtwasser“ kann nach ihrer fachlichen Einschätzung im Umfeld der Brunnen nur in geringem Umfang vorkommen (Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 6.7.2016, Akte des Verwaltungsgerichts, S. 240). Zusammenfassend hat die Vertreterin im Übrigen erläutert, dass es sich bei der Entnahme nur um eine kleinere Maßnahme handelt, dass das Einzugsgebiet aus fachlicher Sicht mindestens bis zum G … reicht und dass angesichts der Nebenbestimmungen die umliegenden landwirtschaftlichen Grundstücke keinen Risiken ausgesetzt sind. Nach ihrer Überzeugung wird durch die angeordneten Messungen und Überwachungen sowie die Festlegung der maximalen Grundwasserabsenkung gewährleistet, dass eine Übernutzung des Grundwassers und nachhaltige, schädliche Gewässerveränderungen nicht zu besorgen sind.

Darüber hinaus stellt das Urteil auf die Ausführungen der Vertreterin des Wasserwirtschaftsamtes in der mündlichen Verhandlung am 4. August 2018 (Akte des Verwaltungsgerichts, S. 277) ab. Sie hat dort klargestellt, dass sich zwar keine Trennschichten (zwischen oberflächennahem Schichtwasser und Sandstein) finden, dass das Schichtwasser aber mangels einer direkten hydraulischen Verbindung nicht oder nur vernachlässigbar betroffen ist. Zudem hat sie dargelegt, dass beim Pumpversuch keine direkte hydraulische Verbindung bestanden hat und dass dieser gezeigt hat, dass bei einem ordnungsgemäßen Ausbau des Brunnens das Schichtwasser nicht abgesaugt werden kann. Im Bereich der Absinktrichter und wenn vorher ein direkter hydraulischer Kontakt mit dem Grundwasser des Sandsteinkörpers und dem Schichtwasser vorgelegen hat, stellt sich nach ihren Ausführungen die natürliche Zusickerungsrate ins Grundwasser wieder ein. Eine erhöhte Zusickerungsrate ist danach ebenso wenig zu befürchten wie eine Durchtrocknung des Erdreichs. Im Urteil hat das Verwaltungsgericht nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund der eindeutigen und plausiblen fachlichen Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts die Äußerungen des von Klägerseite beigezogenen Sachverständigen nicht überzeugen, die sich als reine Befürchtungen darstellen.

Die Kläger haben die nachvollziehbaren und schlüssigen amtlichen Auskünften des Wasserwirtschaftsamts, denen nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung im Hinblick auf Art. 63 Abs. 3 BayWG 2010 eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. etwa BayVGH, B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47/48 = juris Rn. 11 m.w.N.), nicht ernsthaft infrage gestellt. Sie wiederholen im Zulassungsverfahren im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen, was nicht genügt, um ernstliche Zweifel an der angefochtenen Entscheidung zu begründen. Die Kläger haben vor allem den ihrer Ansicht nach bestehenden Zusammenhang zwischen einer (vermeintlichen) Übernutzung des Grundwassers und einer Austrocknung des Bodens nicht nachvollziehbar dargelegt. Warum Zweifel an den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts bestehen sollen, dass das für die landwirtschaftliche Grundstücksnutzung maßgebliche oberflächennahe Schichtwasser von der Maßnahme nicht betroffen sein wird, geht aus ihrem Vorbringen nicht hinreichend hervor. Die verstärkte Nachsickerung aus dem oberflächennahen Wasservorkommen wird von ihnen nur behauptet. Der pauschale Verweis auf Vorgänge im Bereich von Z … ist nicht geeignet, die substantiierte Darlegung des Wasserwirtschaftsamts zu erschüttern, das nachvollziehbar davon ausgegangen ist, dass die Sandsteinschicht zwar nicht undurchlässig ist, dass jedoch hydraulische Kontakte in den maßgeblichen Bereichen nur in geringem Umfang zu erwarten sind. Dass eine flächige Trennschicht vorhanden sei, wurde vom Wasserwirtschaftsamt dagegen nicht behauptet. Schließlich ist der Zusammenhang zwischen der Tatsache, dass der in die Sandsteinkeuperschicht einschneidende A … vom Grundwasservorkommen im Sandstein gespeist wird, und der vermeintlichen Bodenaustrocknung auf den klägerischen Grundstücken nicht zu erkennen.

Hinzu kommt, dass sich die Klägerseite mit den Nebenbestimmungen zur Vermeidung schädlicher Gewässerveränderungen nicht hinreichend auseinandergesetzt hat, sondern ihre Ansicht, es werde zu einer Übernutzung des Grundwassers und in der Folge zur Austrocknung der Böden kommen, an die Stelle der Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts setzt. Soweit sich die Kläger – unter Bezugnahme auf das im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegte Privatgutachten – darauf berufen, dass das Brunneneinzugsgebiet wesentlich geringer sei als 2 km², wiederholen sie lediglich den erstinstanzlichen Vortrag, ohne sich mit den Erwiderungen des Wasserwirtschaftsamts auseinanderzusetzen. Danach kommt es, aufgrund der Nebenbestimmungen, nicht auf den genauen Einzugsbereich des Brunnens an. Dass dieser jedenfalls bis zum G … reicht, erkennen sie selbst an. Auch durch das klägerische Vorbringen im Zulassungsantrag, das Grundwasserangebot sei weitaus geringer als angenommen, werden die geschilderten sachverständigen Darlegungen des Wasserwirtschaftsamts nicht ernsthaft infrage gestellt. Daraus würde nach der Erläuterung der Vertreterin des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung allenfalls folgen, dass die Beigeladenen nicht im erwarteten Umfang Wasser entnehmen könnten, was für eine Rechtsverletzung der Kläger keine Rolle spielt. Dagegen ergibt sich daraus keine Gefahr der Übernutzung des Grundwassers und erst Recht kein Risiko für benachbarte Felder. In diesem Zusammenhang wird auch nicht ersichtlich, warum es auf Brunnen eines Wasserzweckverbands, die sich rund 1,1 km südöstlich der streitgegenständlichen Brunnen befinden, ankommen sollte.

2. Ein Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147/149 = juris Rn. 28; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 jeweils m.w.N.).

Das ist nicht der Fall. Die auftretenden Rechtsfragen (vgl. oben 1.) lassen sich bei Heranziehung der gängigen Auslegungsmethoden ohne Weiteres aus dem Gesetz lösen oder sind in der Rechtsprechung geklärt. Besondere rechtliche Schwierigkeiten ergeben sich vor allem nicht in Bezug auf die nachträgliche Fristverlängerung. Die sich stellenden Fragen lassen sich vielmehr auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts, unter Heranziehung der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung beantworten, ohne dass die genannten Voraussetzungen vorliegen.

3. Die Kläger haben schließlich keinen Verfahrensfehler in einer dem § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise geltend gemacht, auf dem das Urteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Ein solcher muss nach höchstrichtlicher Rechtsprechung sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan werden (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 = juris Rn. 4 m.w.N.). Das ist nicht geschehen.

3.1 Die Kläger haben eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO geltend gemacht bzw. sinngemäß die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) wegen der ihrer Auffassung nach rechtswidrigen Ablehnung ihrer Beweisanträge erhoben. Diese Rüge erfordert die substanziierte Darlegung, dass die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung nach dem Rechtsstandpunkt des entscheidenden Gerichts erheblich ist. Für die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit ist aufzuzeigen, welche tatsächlichen Feststellungen im Falle der Beweiserhebung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können (BVerwG, B.v. 27.7.2017 – 6 B 40.17 u.a. – juris Rn. 30 m.w.N.). Darüber hinaus ist auch darzulegen, dass die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet (BVerwG, B.v. 27.7.2017 – 6 B 40.17 u.a. – a.a.O.; B.v. 14.8.2017 – 9 B 4.17 – juris Rn. 6). Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt dagegen nicht gegen jegliche nach Meinung eines Beteiligten sachlich unrichtige Ablehnung eines (unbedingt gestellten) Beweisantrags (BVerwG, B.v. 20.12.2010 – 5 B 38.10 – juris Rn. 18 m.w.N.). Erforderlich für die Darlegung des Verfahrensfehlers ist (§ 124 Abs. 4 Satz 2 VwGO), dass sich die Zulassungsbegründung mit den Ablehnungsgründen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzt (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2010 – 5 B 38.10 – juris Rn. 15).

3.2 Der klägerische Vortrag genügt bei Zugrundelegung der genannten Maßstäbe nicht den Darlegungserfordernissen.

3.2.1 Die Kläger haben nicht aufgezeigt, dass die Ablehnung der Beweisanträge Nr. 1, 2 und 4 keine tragfähige Stütze im Prozessrecht findet. Die Beweisanträge Nr. 1 und 2 hatten sinngemäß den Beweis der Tatsache, dass die streitgegenständliche Erlaubnis zu schädlichen Grundwasserveränderungen und daraus folgend zu einer Austrocknung der klägerischen Grundstücke führt (durch Einholung eines hydrogeologischen Sachverständigengutachtens bzw. eines pflanzensoziologischen Gutachtens), zum Gegenstand, der Beweisantrag Nr. 4 den Beweis der Pflanztiefe der angebauten Kulturpflanzen von 3 bis 4 m.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass sich ein Tatsachengericht ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen, die von einer Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden, stützen kann (BVerwG, B.v. 3.2.2010 – 7 B 35.09 – juris Rn. 12 m.w.N.). Liegen bereits Gutachten zu einer entscheidungserheblichen Tatsache vor, steht es im Ermessen des Tatgerichts, ob es ein zusätzliches Sachverständigengutachten einholt oder nicht (§ 98 VwGO, § 412 Abs. 1 ZPO). Ein Verfahrensmangel ist erst dann gegeben, wenn sich die Einholung eines weiteren Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Gutachten hätte aufdrängen müssen. Ungeeignet sind Gutachten und fachtechnische Stellungnahmen dann, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht, wenn ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegene Forschungsmittel oder über größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (BVerwG, B.v. 3.2.2010 – 7 B 35.09 – juris Rn. 12 m.w.N.).

Dem Vorbringen der Kläger im Zulassungsverfahren kann bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe nicht entnommen werden, dass die Ablehnung der Beweisanträge zu beanstanden wäre. Die genannten Beweisthemen, vor allem die Auswirkungen der Maßnahme auf die Nachbargrundstücke, waren bereits Gegenstand behördlicher Gutachten sowie der Ausführungen der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung. Es wäre Sache der Kläger gewesen darzulegen, warum sich trotz der fachlichen Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts sowie des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Notwendigkeit einer weiteren Begutachtung hätte aufdrängen müssen. Hierfür reicht es nicht aus, wenn die Kläger ihre Auffassung lediglich an die Stelle der zuständigen Fachbehörden setzen. Im Übrigen hat sich bereits das Verwaltungsgericht eingehend mit der von der Klägerseite geäußerten Kritik an den fachlichen Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts sowie mit den vorgelegten Privatgutachten auseinandergesetzt. Es hat im Einzelnen dargelegt, warum nach seiner Überzeugung keine Gefahr der Austrocknung der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke der Kläger und damit auch keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu befürchten ist. Demgegenüber wurde im Zulassungsantrag lediglich das erstinstanzliche Vorbringen wiederholt (vgl. oben 1.2).

Gleichermaßen geht das Urteil hinreichend auf die Frage der Verfügbarkeit des Grundwassers für Pflanzen ein. Dagegen hat sich die Klägerseite im Zulassungsverfahren nicht mit den Ausführungen des Vertreters des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der mündlichen Verhandlung am 6. Juli 2016 auseinandergesetzt, wonach zwar einzelne Rübenwurzeln bis 6 m Tiefe gehen könnten, die Pflanzen allerdings ihr Wasser aus einem höheren Bereich zwischen 30 cm und 1,5 m bezögen. Warum angesichts dieser nachvollziehbaren Darlegungen eine erneute fachliche Stellungnahme eben dieser Behörde erforderlich sein soll und als Beweis angeboten wurde, erschließt sich nicht.

3.2.2 Die Kläger zeigen zudem keine Entscheidungserheblichkeit des abgelehnten Beweisantrags Nr. 3 auf. Bei Zugrundelegung des Standpunkts des Verwaltungsgerichts kommt es auf die unter Beweis gestellte Tatsache, dass das Grundwassereinzugsgebiet der Brunnen kleiner als 2 km² ist, nicht an (§ 144 Abs. 4 VwGO entsprechend). Ein Gericht braucht Beweisanträgen zu Fragen nicht nachzugehen, die nach seiner Einschätzung für die zu treffende Entscheidung unerheblich sind. Aus dem Vortrag im Zulassungsverfahren ergibt sich nicht, dass die Durchführung der Beweisaufnahme zu einer günstigeren Entscheidung für die Kläger geführt hätte. Unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ist nicht ersichtlich, dass für die Frage, ob das Rücksichtnahmegebot zulasten der Kläger verletzt wurde, die Größe des Grundwassereinzugsgebiets maßgeblich war.

Entsprechendes gilt für den Beweisantrag Nr. 4, der auf die Feststellung der Pflanztiefe der angebauten Feldfrüchte von 3 bis 4 m abzielte. Nach den Feststellungen im Urteil, die auf den fachlichen Einschätzungen der zuständigen Fachbehörden beruhen, liegt der Wasserspiegel des Grundwassers im Brunnenebreich in einer Tiefe von mehr als 4,5 m unterhalb der Geländeoberkante. Es ist daher nicht ersichtlich, warum die Feststellung, dass die Pflanztiefe der auf den klägerischen Grundstücken angebauten Feldfrüchte 3 bis 4 m erreiche, zu einem günstigeren Ergebnis für die Kläger führen könnte. Dies wurde im Zulassungsverfahren auch nicht erläutert.

3.2.3 Schließlich wurde zu allen Beweisanträgen nicht näher dargelegt, welche konkreten Beweisergebnisse erzielt worden wären. Es ist nur allgemein davon die Rede, dass in dem Fall, dass durch die Einholung der beantragten Gutachten belegt worden wäre, dass es zu negativen Auswirkungen auf die Kulturböden im Verbandsgebiet (gemeint ist das Gebiet des Wasser- und Bodenverbands A …) kommt, die Klage erfolgreich gewesen wäre. Nach den oben aufgezeigten Maßstäben genügt dies nicht den Darlegungserfordernissen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), dass die Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen. Zwar ist es im Zulassungsverfahren in der Regel auch dann nicht gerechtfertigt, die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, wenn dieser erfolgreich die Ablehnung des Zulassungsantrags beantragt hat. Denn der Beigeladene setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung (§ 154 Abs. 3 VwGO) typischerweise keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 76; B.v. 12.4.2007 – 1 ZB 05.558 – juris Rn. 24, jeweils m.w.N.). Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung gemäß § 162 Abs. 3 VwGO können aber auch andere Umstände berücksichtigt werden, etwa, dass durch den Beitrag des Beigeladenen das Verfahren wesentlich gefördert wurde (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – a.a.O.; B.v. 12.4.2007 – 1 ZB 05.558 – a.a.O.). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Beigeladenen haben sich mit dem umfangreichen Vorbringen der Kläger im Zulassungsantrag substantiiert auseinandergesetzt, dabei die erheblichen Fragen aufgegriffen und zutreffend beantwortet und damit das Verfahren wesentlich gefördert. Aus diesem Grund sind die Kosten der Beigeladenen ausnahmsweise für erstattungsfähig zu erklären.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger, der als Wasser- und Bodenverband eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, wendet sich gegen die den Beigeladenen erteilte beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zur Zutageförderung von Grundwasser zum Zweck der Feldbewässerung.

Aufgabe des Klägers ist gemäß § 3 der Satzung des Wasser- und Bodenverbands A. in den Gemarkungen O., L. und W. in O. im Landkreis F. vom 17. März 1953 (Verbandssatzung; Behördenakte S. 163 ff.) Gewässer und ihre Ufer auszubauen und in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten sowie Grundstücke zu entwässern, zu bewässern, vor Hochwasser zu schützen sowie den Boden im landwirtschaftlichen Kulturzustand zu verbessern und in verbessertem Zustand zu erhalten. Das Verbandsunternehmen besteht gemäß § 4 der Verbandssatzung darin, die nötigen Arbeiten „an den im Verbandsgebiet liegenden Bächen vorzunehmen, Graben, Dräne und Stauanlagen herzustellen, zu erhalten und zu betreiben, Brücken und Durchlässe zu bauen und zu erhalten“. Weiter ist dort geregelt, dass sich das durchgeführte Unternehmen aus dem ausführungsgemäß ergänzten Bauentwurf des Kulturbauamts N. vom 17. Januar 1927 ergibt. § 5 der Verbandssatzung bestimmt, dass die Ausführung nachträglicher, im Bauentwurf nicht vorgesehener Ergänzungs- und Erweiterungsarbeiten der Zustimmung der Aufsichtsbehörde und des Wasserwirtschaftsamts bedürfe. Weder im Bauentwurf vom 17. Januar 1927 noch in der Beschreibung zum Ausführungs-Entwurf vom 23. März 1930 (einschließlich der jeweiligen Beilagen) ist die Anlegung von Brunnen vorgesehen. Der Bauentwurf weist zwölf Bewässerungsgräben aus, die sich nicht im Bereich der Ortslage A., sondern vielmehr bachaufwärts im Bereich von R. befinden. Aus den Ausführungsunterlagen für das Gesamtunternehmen ergeben sich lediglich Drainagemaßnahmen. Laut Beschreibung wollte die „Genossenschaft“ von der Erstellung der vorgesehenen Bewässerungsanlagen „vorerst absehen“.

Der inzwischen verstorbene Rechtsvorgänger der Beigeladenen beantragte nach Durchführung von drei Versuchsbohrungen eine wasserrechtliche Erlaubnis für das Zutagefördern von Grundwasser zu Bewässerungszwecken. Das Wasserwirtschaftsamt N. befürwortete in einem Gutachten vom 3. März 2015 (Behördenakte S. 217 ff.) aus wasserwirtschaftlicher Sicht die Erteilung einer beschränkten Erlaubnis mit bestimmten Inhalts- und Nebenbestimmungen.

Mit Bescheid vom 19. Mai 2015 erteilte das Landratsamt F. bis auf Widerruf die beschränkte Erlaubnis, aus den drei Brunnen auf den Grundstücken FlNr. … und … Gemarkung W., zum Zweck der Bewässerung beim Gemüseanbau im Bereich des W. bei A. Grundwasser zutage zu fördern. Sie wurde bis zum 31. Dezember 2020 befristet. Als Nebenbestimmung war u.a. geregelt, dass die Erlaubnis erlischt, wenn nicht bis zum 1. Juli 2016 mit der Gewässerbenutzung begonnen worden sei und das Landratsamt F. einer Verlängerung dieser Frist nicht vor Ablauf schriftlich zugestimmt habe. Als weitere Nebenbestimmung war eine maximal zulässige Absenktiefe von 15 m unter Geländeoberkante geregelt (was durch eine Abschaltautomatik zu gewährleisten sei) sowie ein Widerrufsvorbehalt zugunsten des Klägers. Der ganze oder teilweise Widerruf der Erlaubnis wurde danach für den Fall vorbehalten, dass der Kläger selbst seine Aufgabe der öffentlichen Bewässerung vornehmen wolle und das Grundwasser nicht für beide Benutzungen ausreiche. Gleiches gelte für den Fall, dass die erlaubte Grundwasserentnahme zu einer beachtlichen Verringerung des Abflusses des A. führe. Weitere Auflagen, die sich im öffentlichen Interesse als erforderlich erweisen sollten, blieben zudem vorbehalten.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben. Er hat – unter Berufung auf das Gutachten eines geowissenschaftlichen Büros – eine Verletzung des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots geltend gemacht. Aufgrund des Wassermangels habe er bisher auf die Erfüllung seiner Bewässerungsaufgabe verzichtet. Wegen des geringen Grundwasserangebots sei zu befürchten, dass durch das Vorhaben das Oberflächenwasser nahezu abgesaugt werde. Es seien daher schädliche Gewässerveränderungen zu erwarten, die nicht durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden könnten.

Mit E-Mail vom 1. Juli 2016 wendete sich ein Vertreter der Beigeladenen an das Landratsamt und beantragte die Verlängerung der im streitgegenständlichen Bescheid gesetzten Frist zur Aufnahme der Gewässerbenutzung. Mit E-Mail vom selben Tag führte der Vertreter des Landratsamts aus, dass der Bescheid nach seiner Rechtsauffassung gegenwärtig nicht erlöschen könne, weil er noch nicht bestandskräftig sei. Weiter heißt es dort: „Hilfsweise wird hiermit der beantragten Fristverlängerung zugestimmt. Die Frist wird geändert auf ‚Jahr nach Bestandskraft des Bescheids‘.“ In der mündlichen Verhandlung am 6. Juli 2016 übergaben die Beklagtenvertreter zudem ein Schreiben des Landratsamts vom 1. Juli 2016 an den Beigeladenenvertreter, dessen Inhalt im Wesentlichen dem der E-Mail entspricht. Sie führten dazu aus, dass es sich bei dem Schreiben um die schriftliche Bestätigung der E-Mail handle.

Mit Änderungsbescheid vom 11. Juli 2016 änderte das Landratsamt den streitgegenständlichen Bescheid vom 19. Mai 2015 und fasste Nr. 2 Absatz 2 des Bescheidstenors wie folgt: „Sie erlischt, wenn nicht spätestens 1 Jahr nach Bestandskraft des Bescheids mit der Gewässerbenutzung begonnen worden ist und das Landratsamt F. einer Verlängerung dieser Frist nicht vor Ablauf schriftlich zugestimmt hat.“ In den Gründen wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die ursprüngliche Frist rückwirkend verlängert worden sei, weil es für den Begünstigten unbillig wäre, die wasserrechtliche Erlaubnis nach Ablauf der ursprünglich gesetzten Frist erlöschen zu lassen. Der Umstand, dass Dritte Rechtsmittel einlegen könnten und dass aus diesem Grund vor Ablauf der Frist kein Gebrauch von der Erlaubnis gemacht werden könnte, sei ursprünglich nicht in Betracht gezogen worden. Wäre dies erfolgt, wäre bereits bei Erlass der Fristablauf von der Bestandskraft abhängig gemacht worden. Es sei daher unbillig, wenn der Bescheid durch Fristablauf erlöschen würde. Daher werde die Frist in pflichtgemäßer Ermessensausübung rückwirkend verlängert. Der Antrag sei fristgerecht gestellt worden, eine ordnungsgemäße Bescheidung seitens des Landratsamts sei allerdings am 1. Juli 2016 nicht mehr möglich gewesen. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Rechtsauffassungen der Beteiligten aus der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bekannt seien.

Zuletzt hat der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 19. Mai 2015 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 11. Juli 2016 aufzuheben sowie hilfsweise festzustellen, dass dieser Bescheid in Gestalt des Änderungsbescheids rechtswidrig war.

Mit Urteil vom 4. August 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Hauptantrag zulässig sei, so dass der Hilfsantrag nicht zum Tragen komme. Die Klage habe sich nicht dadurch erledigt, dass der streitgegenständliche Bescheid mit Ablauf des 1. Juli 2016 erloschen sei. Vielmehr sei die rückwirkende Verlängerung der von der Behörde ursprünglich gesetzten Erlöschensfrist wirksam. Der Kläger sei auch klagebefugt, die Klage sei jedoch nicht begründet, weil der streitgegenständliche Bescheid ihn nicht in eigenen Rechten verletze. Ein Verstoß gegen das wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot sei nicht gegeben. Zur Begründung bezog sich das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf die Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts, die durch den Kläger nicht ernsthaft infrage gestellt worden seien. Aus diesem Grund habe sich kein weiterer Aufklärungsbedarf aufdrängen müssen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet sich der Kläger gegen das Urteil. Er macht neben ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie die Verletzung von Verfahrensrecht geltend.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe wurden nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83; B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 – 8 ZB 16.1806 – juris Rn. 9 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 – 8 ZB 16.1806 – juris Rn. 9).

Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Die Einwendungen der Klägerseite greifen nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1.1 Der Kläger geht zu Unrecht davon aus, dass der streitgegenständliche Bescheid mit Ablauf des 1. Juli 2016 erloschen sei, weil eine rückwirkende Verlängerung mangels behördlich gesetzter Frist im Sinn des Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG nicht möglich gewesen sei (vgl. dazu unten 1.1.1) und im Übrigen die Voraussetzungen für eine solche Verlängerung nicht vorgelegen hätten (vgl. dazu unten 1.1.2).

1.1.1 Entgegen des klägerischen Einwands handelt es sich bei der Frist in Nr. 2 Absatz 2 des streitgegenständlichen Bescheids um eine behördliche Frist im Sinn des Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG. Es liegt eine Nebenbestimmung i.S.d. Art. 36 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG vor, die zweifelsfrei von einer Behörde durch Bestimmung eines Enddatums gesetzt wurde. Mit der Fristbestimmung wird keine gesetzliche Fristregelung wiedergegeben. Vielmehr beruhte die Fristsetzung auf einer behördlichen Gestaltungsentscheidung (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1999 – 1 B 97.1548 – BayVBl 2000, 20 = juris Rn. 25).

Es gibt auch keine gesetzliche Sonderregelung, die der Anwendbarkeit des Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG entgegenstehen könnte (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1993 – 1 B 49.93 – InfAuslR 1994, 98 = juris Rn. 6 für ausländerrechtliche Bestimmungen; OVG NW, U.v. 19.7.2001 – 21 A 1832/98 – NVwZ-RR 2002, 342 = juris Rn. 7 für immissionsschutzrechtliche Vollgenehmigungen). Bei der streitgegenständlichen Fristsetzung handelt es sich auch um keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, die nicht zur Disposition der Verwaltung stünde und die aus diesem Grund vom Anwendungsbereich des Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG ausgenommen sein könnte (vgl. Kallerhoff/Stamm in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 31 Rn. 8 m.w.N.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 31 Rn. 7; vgl. auch OVG Saarl U.v. 3.6.2015 – 1 A 276/14 – juris Rn. 59 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht hat zu Ausschlussfristen ausgeführt (BVerwG, U.v. 22.10.1993 – 6 C 10.92 – DVBl 1994, 170 = juris Rn. 16):

„Unter materiell-rechtlichen Ausschlussfristen versteht man vom materiellen Recht gesetzte Fristen, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Sie sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, Beschluss vom 7. August 1980 – BVerwG 3 B 11.80 – Buchholz 427.6 § 30 BFG Nr. 1 und Urteil vom 16. Juni 1983 – BVerwG 3 C 16.82 – Buchholz 427.6 § 30 BFG Nr. 3 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, sofern das einschlägige Recht keine Ausnahme vorsieht (vgl. Urteile vom 17. Juli 1980 – BVerwG 7 C 101.78 – BVerwGE 60, 297, 309 und vom 3. Juni 1988 – BVerwG 8 C 79.86 – Buchholz 448.7 Art. 4 KDVNG Nr. 2 m.w.N. sowie Meyer/Borgs, VwVfG, 2. Aufl., § 31 Rn. 6).“

Voraussetzung für eine solche, den Betroffenen belastende Regelung wäre nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, dass sie auf einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage beruht (BVerwG, U.v. 22.10.1993 – 6 C 10.92 – DVBl 1994, 170 = juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 20.9.2013 – 7 ZB 13.1279 – juris Rn. 10; vgl. auch OVG NW, B.v. 10.7.1998 – 22 B 1452/98 – NWVBl 1999, 193 = juris Rn. 11; U.v. 26.2.2002 – 15 A 527/00 – ZKF 2002, 233 = juris Rn. 9, 13). Derartige Fristen finden ihre Rechtfertigung im Grundsatz der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens, dem von einem Normgeber der Vorrang vor dem Gebot materieller Gerechtigkeit eingeräumt wird (vgl. OVG NW, U.v. 26.2.2002 – 15 A 527/00 – ZKF 2002, 233 = juris Rn. 9, 13 m.w.N.). Schon mangels einer solchen gesetzlichen Ausschlussregelung handelt es sich hier um keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Vor allem hat sich aber das Landratsamt bei Fristsetzung ausdrücklich eine Verlängerungsoption eingeräumt. Es liegt somit eine behördliche Frist ohne materiell-rechtliche Ausschlusswirkung vor, die nach dem Wortlaut der Nebenbestimmung von der Behörde, die sie gesetzt hat, verlängert werden könnte (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.1993 – 6 C 10.92 – DVBl 1994, 170 = juris Rn. 19).

Entgegen der klägerischen Auffassung trifft das Gesetz keine weitergehenden Einschränkungen dahingehend, dass Art. 31 Abs. 7 Satz 2 BayVwVfG keine Fristen erfasst, an die die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts anknüpfen (BayVGH, U.v. 19.5.1999 – 1 B 97.1548 – BayVBl 2000, 20 = juris Rn. 25 ff.). Weder aus dem Wortlaut noch aus dem systematischen Zusammenhang lässt sich entnehmen, dass Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG lediglich für Fristsetzungen im Bereich der Verfahrensordnung und Verfahrensvorbereitung gelten würde, wie die Klägerseite meint. Ebenso wenig überzeugt das Argument, die Rechtsfolge (hier das Erlöschen der Erlaubnis) sei nach Fristablauf schon eingetreten. Vielmehr ist die Regelungswirkung, dass an sich aufgrund eines Fristversäumnisses eingetretene Rechtsfolgen rückwirkend wieder entfallen können, auch der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand immanent. Der Betroffene wird im Wege der Fiktion so gestellt, als sei keine Verfristung eingetreten (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1999 – 1 B 97.1548 – BayVBl 2000, 20 = juris Rn. 29 und zur Wiedereinsetzung Bier/Steinbeiß-Winkelmann in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 60 Rn. 11 m.w.N.). Da die Betroffenen im Falle von behördlichen Fristen nicht schlechter stehen sollen als bei der Versäumung gesetzlicher Fristen, bei denen eine Wiedereinsetzung unter den Voraussetzungen des Art. 32 BayVwVfG in Betracht kommt, steht ihnen in diesen Fällen die Nachsichtgewährung gemäß Art. 31 Abs. 7 Satz 2 BayVwVfG offen (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1999 – 1 B 97.1548 – BayVBl 2000, 20 = juris Rn. 26; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 31 Rn. 38). Sie tritt an Stelle der bei gesetzlichen Fristen allein möglichen Wiedereinsetzung (BayVGH, B.v. 21.10.2015 – 11 C 15.2036 – juris Rn. 18 m.w.N.).

1.1.2 Der Kläger wendet auch zu Unrecht ein, dass die Voraussetzungen für eine solche rückwirkende Fristverlängerung nicht vorgelegen hätten und dass die Erteilung ermessensfehlerhaft erfolgt sei.

Ob eine rückwirkende Fristverlängerung generell nur dann zulässig ist, wenn der Verlängerungsantrag rechtzeitig gestellt wird (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 31 Rn. 41), bedarf hier keiner Entscheidung, weil die Beigeladenen die Verlängerung der Fristsetzung für den Vorhabenbeginn rechtzeitig beantragt haben. Die Frage, ob für das Fristende auf den Beginn des Tages (so die Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung, Akte des Verwaltungsgerichts, S. 285) oder den Ablauf abzustellen ist, muss durch Auslegung ermittelt werden (Werner in Staudinger, BGB 2001, § 188 Rn. 8). Die hier getroffene Fristbestimmung „bis 1.7.2016“ ist aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts so zu verstehen, dass nicht der Beginn des Tages (0.00 Uhr), sondern der Ablauf (24.00 Uhr) gemeint ist. Dafür spricht, dass auch nach den §§ 187, 188 BGB, die hier jedoch nicht unmittelbar anwendbar sind, eine Frist erst mit dem Ablauf des als Fristende ins Auge gefassten Tages enden soll (vgl. RG, U.v. 6.12.1922 – V 114/22 – RGZ 105, 418/420; vgl. auch HessVGH B.v. 24.3.2000 – 11 TG 3096/99 – NVwZ-RR 2000, 544 = juris Rn. 2 ff.). Dem steht schon deshalb nicht entgegen, dass als Datum der 1. Juli 2016 und nicht das vorangehende Monatsende (der 30. Juni 2016) gewählt wurde, weil der 1. Juli 2016 ein Freitag war, so dass die Frist jedenfalls am Ende einer Arbeitswoche (26. KW) endete. Im Übrigen sind sowohl der Beigeladenenvertreter als auch das Landratsamt von diesem Verständnis ausgegangen, wie sich aus dem E-Mail-Verkehr vom 1. Juli 2016 ergibt (Akte des Verwaltungsgerichts S. 246). Einer darüber hinausgehenden Antragstellung oder einer förmlichen Darlegung und Glaubhaftmachung von Gründen, warum eine rückwirkende Fristverlängerung für billig erachtet wird, bedurfte es – entgegen der klägerischen Auffassung – nicht. Dem Landratsamt waren die Gesamtumstände bekannt. Es konnte – entsprechend dem Rechtsgedanken des Art. 32 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG – angesichts der zweifelhaften Rechtsauskünfte in der E-Mail vom 1. Juli 2016 auch von Amts wegen eine (erneute) Entscheidung über die Fristverlängerung, in diesem Fall mit Rückwirkung, treffen. Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG stellt im Übrigen keine besonderen Anforderungen an eine Beantragung.

Das Verwaltungsgericht geht auch zutreffend davon aus, dass der die rückwirkende Fristverlängerung anordnende Änderungsbescheid vom 11. Juli 2016 ermessensfehlerfrei erging, wobei die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob eine Ermessensreduzierung auf Null vorlag, dahinstehen kann. Es begegnet keinen Zweifeln, dass das Landratsamt sein Ermessen erkannt und im Bescheid fehlerfreie Erwägungen angestellt hat. Bei der Ausübung des in Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG eingeräumten Ermessens ist vor allem zu berücksichtigen, ob es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretene Rechtsfolge bestehen zu lassen (BayVGH, B.v. 21.10.2015 – 11 C 15.2036 – juris Rn. 18 m.w.N.). Entgegen der klägerischen Einwendungen ist es dagegen unerheblich, ob der Beklagte bei Erlass des Bescheids mit einer Klageerhebung rechnen musste oder nicht. Vielmehr spielt es aus der maßgeblichen Sicht der Begünstigten, hier der Beigeladenen, keine Rolle, aus welchem Grund das Landratsamt zunächst nicht hinreichend in Erwägung gezogen haben mag, dass im Fall einer Drittanfechtung der streitgegenständlichen Gestattung die Frist nach Nr. 2 Absatz 2 läuft, obwohl von der beschränkten Erlaubnis kein Gebrauch gemacht werden kann. Ob dem eine Fehleinschätzung der Rechtsfolgen eines anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zugrunde lag, das nicht zur Suspendierung der Wirksamkeit, sondern nur der Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts führt (vgl. dazu BayVGH, B.v. 17.1.2018 – 15 ZB 16.1706 – juris Rn. 10 ff. m.w.N.), wofür der Inhalt der E-Mail vom 1. Juli 2016 sprechen könnte, oder eine unzutreffende Prognose in Bezug auf drohende Anfechtungsklagen, spielt keine Rolle. Beides könnte den Beigeladenen nicht angelastet werden. Der Sinn und Zweck der Fristsetzung liegt aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts darin, eine Bevorratung der beschränkten Erlaubnis durch die Erlaubnisnehmer zu verhindern. Im hier einschlägigen Fall der Drittanfechtung konnte sich diese Befürchtung jedoch keineswegs verwirklichen, weil die Beigeladenen die Verzögerungen nicht zu vertreten hatten. Sie waren vielmehr aufgrund der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klagen gehindert, das Vorhaben zu verwirklichen und von der Gestattung Gebrauch zu machen. Es wäre daher unbillig, wenn die begünstigende Rechtsposition der Beigeladenen allein aufgrund der Gestaltung und der Dauer des gerichtlichen Verfahrens entfallen würde. Anhaltspunkte dafür, dass diese Nebenbestimmung auch weiteren (drittschützenden) Zwecken dienen könnte, etwa dass eine Neubewertung der Tatsachengrundlage bereits nach gut einem Jahr vom Landratsamt für erforderlich gehalten wurde, sind nicht ersichtlich. Das klägerische Vorbringen dazu überzeugt nicht. Vor allem wäre es nicht nachvollziehbar, warum eine solche Regelung daran anknüpfen sollte, dass der Begünstigte mit dem Vorhaben innerhalb dieses Zeitraums nicht beginnt. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Entscheidung in Bezug auf die Interessen des Klägers, der allenfalls in Form eines Rechtsreflexes von dem Erlöschen profitiert hätte, ermessensfehlerhaft wäre.

Ebenso wenig kann der Kläger mit Erfolg einwenden, die Beigeladenen hätten keinen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung gestellt. Eine Durchführung der Maßnahme auf dieser Grundlage wäre mit dem Risiko behaftet gewesen, dass die Rechtmäßigkeit noch nicht abschließend geklärt gewesen wäre und dass die entstehenden Kosten im Fall eines Unterliegens vergeblich aufgewendet worden wären. Dies war nicht zumutbar.

1.1.3 Es kann daher offen gelassen werden, ob das Landratsamt die Frist bereits mit E-Mail vom 1. Juli 2016 (Akte des Verwaltungsgerichts, S. 246) dahingehend verlängert hat, dass mit dem Vorhaben ein Jahr nach Bestandskraft des Bescheids begonnen werden muss. Zwar sieht Nr. 2 Absatz 2 des streitgegenständlichen Bescheids vor, dass eine derartige Verlängerung schriftlich erfolgen muss, dabei handelt es sich aber um keine durch Rechtsvorschriften angeordnete Schriftform, so dass Art. 3a Abs. 2 BayVwVfG keine Anwendung findet, wonach eine einfach E-Mail dem Schriftformerfordernis nicht genügt. Ein gesetzliches Schriftformerfordernis für beschränkte Erlaubnisse im Sinn des Art. 15 BayWG besteht auch nicht aus anderen Gründen (Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand Okt. 2017, Art. 15 Rn. 11a; Knopp in Siedler/Zeitler, BayWG, Stand Febr. 2017, Art. 15 Rn. 28). Es wäre daher zu fragen, wie das behördlich angeordnete Schriftformerfordernis auszulegen wäre und ob dieses durch die Textform der E-Mail (vgl. § 126b BGB) gewahrt wurde, wofür manches sprechen könnte, vor allem das Argument, dass die Textform den hier maßgeblichen Nachweiszweck ohne Weiteres erfüllen könnte. Diese Fragen bedürfen aber – aus den oben dargelegten Gründen – hier keiner abschließenden Klärung.

1.2 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt ist, weil er sich im Rahmen der Anfechtung der beschränkten Erlaubnis (§ 10 Abs. 1 WHG, Art.15 BayWG) nur auf Normen berufen kann, die auch seinem Schutz dienen. Entgegen der klägerischen Einwendungen hat das Verwaltungsgericht auch zu Recht ausgeführt, dass sein Aufgabenbereich, der seine subjektiven Rechtspositionen begrenzt, hinsichtlich vermeintlicher Grundwasserübernutzungen und schädlicher Gewässerveränderungen in Bezug auf das Grundwasser nicht eröffnet ist (vgl. dazu unten 1.2.1). Es begegnet auch keinen Bedenken, dass es Anhaltspunkte für Bodenbeeinträchtigungen, die die satzungsmäßigen Aufgaben des Klägers betreffen könnten, verneint hat (vgl. dazu unten 1.2.2).

1.2.1 Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass – entgegen der Darlegungen des Verwaltungsgerichts – auch die Grundwasserbewirtschaftung zu seinen Aufgaben zähle und dass er auch als konkurrierender Nutzer in Bezug auf das Grundwasser in seinen Rechten verletzt sei, überzeugt dies nicht. Ebenso wenig zählen Entscheidungen über die Grundwasserbewirtschaftung durch Dritte, etwa die Erteilung von Erlaubnissen zur Zutageförderung, zu seinem Aufgabenbereich. Entscheidet er sich dazu, eine bestimmte Aufgabe nicht wahrzunehmen, kann er sich nicht mit Erfolg darauf stützen, dass diese Entscheidung im Rahmen seiner Selbstverwaltung getroffen worden sei und dass eine solche Aufgabe dadurch ebenso wie die Aufgaben, die er satzungsgemäß wahrnimmt, seinem Kompetenzbereich unterfalle.

Der Kläger kann sich zwar als Wasser- und Bodenverband kraft seines Selbstverwaltungsrechts (vgl. § 1 Abs. 2 WVG) grundsätzlich auf subjektive Rechte berufen (vgl. OVG NW, U.v. 11.9.2000 – 11 D 120/98.AK – juris Rn. 38; VG SH, U.v. 27.10.2004 – 12 A 193/01 – juris Rn. 58 ff.); dies gilt aber nur, soweit er Aufgaben im öffentlichen Interesse im Rahmen seines Selbstverwaltungsrechts durchführt (vgl. VG SH, U.v. 27.10.2004 – 12 A 193/01 – juris Rn. 98 f., 104, 126). Das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 30.8.2006 – 6 C 2.06 – NVwZ-RR 2007, 159 = juris Rn. 16) hat dazu dargelegt:

„Die möglichen Aufgaben, denen sich ein Wasser- und Bodenverband im Rahmen der Selbstverwaltung zuwenden kann, sind … in § 2 WVG abschließend aufgeführt. Welcher Aufgabe bzw. welchen Aufgaben aus diesem Katalog sich der Verband widmen und wie er sie erfüllen will, entscheidet er autonom durch eine entsprechende Gestaltung seiner Satzung. Das entscheidende Wesensmerkmal der Selbstverwaltung ist dabei die Eigenverantwortlichkeit, mit der der Verband als ein freies Glied staatlicher Organisation die übernommenen Aufgaben als eigene Aufgaben im öffentlichen Interesse erledigt (Brüning, ZfW 2004, 129 <131, 137>).“

Das Gesetz räumt den Wasserverbänden als Selbstverwaltungskörperschaften dagegen keine Befugnis ein, Rechte ihrer Mitglieder im eigenen Namen geltend zu machen. Es gibt ihnen auch kein eigenes Abwehrrecht gegen staatliche Maßnahmen, die allein in Rechte der einzelnen Mitglieder eingreifen (OVG Hamburg, B.v. 17.6.1997 – Bs III 69/96 – NuR 1998, 213 = juris Rn. 113, m.w.N.).

Der Umfang der Verbandsaufgaben ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei kann auch die historische Entwicklung sowie die tatsächliche Lage und Dimensionierung der Verbandsanlagen herangezogen werden (vgl. NdsOVG, U.v. 21.11.2007 – 13 LB 517/04 – NuR 2008, 263 = juris Rn. 44). Ein Mittel zur Umsetzung einer Aufgabe kann vor allem ein Unternehmen im Sinn von § 5 Abs. 1 WVG sein (vgl. Brüning, ZfW 2004, 127/133), das in der Ausführung von Arbeiten an bestimmten Grundstücken und Gewässern sowie in der Einrichtung, Erhaltung und dem Betrieb von Anlagen besteht. Umfang und Intensität der Verbandsarbeit werden letztlich durch das zur Erfüllung der Verbandsaufgaben durchzuführende Unternehmen bestimmt (vgl. den Entwurf eines Wasserverbandsgesetzes, BT-Drs. 11/6764, S. 25).

Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass er Bewässerungsaufgaben umfassend wahrzunehmen habe und dass auch das Unterlassen des Zutageförderns von Grundwasser eine verbandliche „Nutzung des Grundwassers“ darstelle, was im Ergebnis wohl auf eine umfassende Grundwasserbewirtschaftung im Verbandsgebiet hinauslaufen würde, überzeugt dies nicht. Er verkennt dabei den Umfang seines Aufgabenbereichs. In der Satzung des Klägers werden als seine Aufgaben neben dem Ausbau und dem Unterhalt von Gewässern, dem Hochwasserschutz, dem Erhalt und der Verbesserung des Bodens im landwirtschaftlichen Kulturzustand sowie der Entwässerung zwar auch die Bewässerung von Grundstücken genannt (§ 3 der Satzung, Behördenakte, S. 163 ff.), nicht aber die Grundwasserbewirtschaftung oder die Bereitstellung von Betriebswasser für die Landwirtschaft, wovon das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend ausgegangen ist. Es hat auch überzeugend auf den Umfang des Unternehmens verwiesen, das in § 4 Abs. 1 der Satzung eingegrenzt wird. Der Kläger kann zur Durchführung dieser Aufgaben die nötigen Arbeiten an den im Verbandsgebiet liegenden Bächen vornehmen, Gräben, Draine und Stauanlagen herstellen, erhalten und betreiben sowie Brücken und Durchlässe bauen und erhalten. Weiter heißt es in § 4 Abs. 2 der Satzung: „Das durchgeführte Unternehmen ergibt sich aus dem ausführungsgemäß ergänzten Bauentwurf des Kulturbauamtes N. vom 17.1.1927.“ In § 5 der Satzung wird geregelt, dass für die Ausführung nachträglicher, im Bauentwurf nicht vorgesehener Ergänzungs- und Erweiterungsarbeiten die ausdrückliche Zustimmung der Aufsichtsbehörde und des zuständigen Wasserwirtschaftsamts erforderlich ist. Änderungen und Ergänzungen am Bauentwurf, am Unternehmen und an den Verbandsanlagen sind nur nach Beschlussfassung des Ausschusses und mit schriftlicher Genehmigung der Aufsichtsbehörde zulässig. Aus den Planmappen zum Bauentwurf sowie in den Ausführungsunterlagen für das Gesamtunternehmen ergeben sich keine Hinweise darauf, dass Teil des Unternehmens die Zutageförderung von Grundwasser zu Bewässerungszwecken oder gar dessen Bewirtschaftung sein könnten. Im Bauentwurf vom 17. Januar 1927 ist neben den umfangreichen Entwässerungsbauwerken zwar auch die Anlage von zwölf Bewässerungsgräben vorgesehen, „um im Bedarfsfall, soweit möglich, eine Anfeuchtung des entwässerten Kulturgebiets vornehmen zu können“, diese befinden sich aber nicht im hier maßgeblichen Bereich des W. und der Ortslage A., sondern weiter bachaufwärts bei R. Schließlich ist in den Ausführungsunterlagen für das Gesamtunternehmen vom 23. März 1930 nur noch allgemein von Drainagemaßnahmen die Rede. Dort heißt es, dass von der Erstellung der vorgesehenen Bewässerungsanlagen „vorerst“ abgesehen worden sei. Daraus kann der Kläger keine umfassende subjektive Rechtsposition in Bezug auf die Grundwasserentnahme durch Dritte im Verbandsgebiet ableiten, selbst wenn diese Verbandsmitglieder sein sollten. Vor allem ist die Verhinderung des Zutageförderns von Grundwasser von seinen Aufgaben ebenso wenig umfasst, wie Verteilungsentscheidungen in Bezug auf das Grundwasser. Eine Gleichsetzung des Aufgabenfelds der Bewässerung mit dem Verzicht auf die Zutageförderung von Grundwasser würde die Begrifflichkeit „Bewässerung“ überdehnen. Schließlich hat der Kläger auch keine Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass seine satzungsmäßigen Aufgaben wirksam erweitert wurden. Auf die Ausführungen seines Vorstands in der mündlichen Verhandlung, dass in den letzten Jahren Bewässerungsmaßnahmen in geringem Umfang durchgeführt worden seien, kommt es im Übrigen auch deshalb nicht an, weil es sich nach dessen Angaben lediglich um die Bewässerung aus Oberflächenwasser in geringem Umfang handelte.

Sollte der Kläger der Auffassung sein, er benutze das Grundwasser durch den Verzicht auf das Zutagefördern, ungeachtet des Umstands, dass „eine ‚aktive‘ Nutzung des Grundwassers durch den Kläger nicht erfolgt“, wie er selbst einräumt, ist er auf die Benutzungsdefinition des § 9 Abs. 1 WHG zu verweisen. Ein derartiger Verzicht unterfällt nicht den dort genannten Tatbeständen. Im Übrigen enthält der streitgegenständliche Bescheid in Nr. 6 einen ausdrücklichen Widerrufsvorbehalt für den Fall, dass der Kläger selbst seiner Aufgabe der öffentlichen Bewässerung nachkommen wolle und das Grundwasser nicht für beide Nutzungen ausreichen sollte. Selbst für den Fall, dass der Kläger seine Bewässerungsaufgabe durch Zutagefördern von Grundwasser wahrnehmen wollte, wozu eine Erweiterung des Unternehmens erforderlich sein dürfte, scheidet somit eine Rechtsverletzung aus.

1.2.2 Zu Recht ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte für drohende Bodenaustrocknungen bestehen, die die satzungsmäßigen Aufgaben des Klägers beeinträchtigen könnten, den Boden im landwirtschaftlichen Kulturzustand zu verbessern und zu erhalten (§ 3 Nr. 2 der Satzung, Behördenakte, S. 163 ff.). Die dagegen erhobenen Einwendungen der Klägerseite überzeugen nicht.

Entgegen der klägerischen Ansicht musste das Verwaltungsgericht nicht davon ausgehen, dass es zu flächenhaften Austrocknungen der Böden im Verbandsgebiet und insofern zu mehr als geringfügigen Beeinträchtigungen kommen wird. Soweit sich der Kläger gegen die Wertung des Erstgerichts wendet, richtet er sich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Verwaltungsgericht ist im Grundsatz nicht an bestimmte Beweisregeln gebunden. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d.h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätten aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen einer fehlerhaften Beweiswürdigung ist folglich nur dann gegeben, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung jedoch nicht (vgl. BVerwG, B.v. 26.9.2016 – 5 B 3.16 D – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 9.1.2018 – 8 ZB 16.2351 – juris Rn. 15 m.w.N.). Solche zur Zulassung der Berufung führende Mängel der Beweiswürdigung lassen sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen.

Das Urteil stützt sich auf die nachvollziehbaren und schlüssigen sachverständigen Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts sowie des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Aus den wasserwirtschaftlichen Stellungnahmen ergibt sich, dass der Wasserspiegel im Brunnenbereich zwischen 4,5 und 6,2 m unter Geländeoberkante liegt und dass bei einer effektiven Durchwurzelungstiefe von bis zu 1 m und einer kapillaren Aufstiegshöhe des Grundwassers von höchstens 3 m (bei schluffigen Böden) das zu entnehmende Grundwasser für die Pflanzen nicht verfügbar ist (vgl. etwa die Stellungahme des Wasserwirtschaftsamts vom 13.4.2015, Behördenakte, S. 237). Das Grundwasser wird nur aus den Sandsteinschichten entnommen, wo es für Kulturpflanzen nicht zur Verfügung steht (vgl. Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 27.10.2015 und Niederschrift über die mündliche Verhandlung, Akte des Verwaltungsgerichts, S. 119 ff., 284 ff.; Stellungahme des Wasserwirtschaftsamts vom 13.4.2015, Behördenakte, S. 237). Die Sandsteinschichten sind zwar nicht undurchlässig, wirken aber wie ein Stauer. Auf dieser Schicht liegt eine rund 4 m mächtige Schicht sandigen, schluffigen Bodens, in dem sich „Schichtwasser“ aufstaut. Vor allem im Bereich der Brunnen ist nach der fachlichen Darstellung des Wasserwirtschaftsamts anzunehmen, dass dieses Schichtwasser großflächig auftritt und durch die vorhandenen Drainagen des Klägers abgeleitet wird, um ein Versumpfen der Ackerflächen zu verhindern. Dieses (pflanzenverfügbare) Wasser wird von der streitgegenständlichen Maßnahme nicht berührt, vor allem nicht zutage gefördert oder entnommen, auch nicht über die Bohrschächte, weil deren Absperrung in den Sandsteinkeuper einbindet. Aus der geringen Durchlässigkeit des Grundwasserleiters wurde zudem – unter Berücksichtigung der durchgeführten Pumpversuche – auf eine kleinräumige Begrenzung der Grundwasserabsenkung geschlossen. Die Vertreterin des Wasserwirtschaftsamts hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Nutzung allenfalls geringfügig möglich sind und dass ausgeschlossen werden kann, dass es sich um einen schädlichen Einfluss handelt. Ein hydraulischer Kontakt zwischen den von der Maßnahme betroffenen Grundwasserschichten und dem oberflächennahen „Schichtwasser“ kann nach der fachlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts im Umfeld der Brunnen nur in geringem Umfang vorkommen (Niederschrift über die mündliche Verhandlung, Akte des Verwaltungsgerichts, S. 286). Zusammenfassend hat dessen Vertreterin erläutert, dass es sich bei der Entnahme nur um eine kleinere Maßnahme handelt, dass das Einzugsgebiet aus fachlicher Sicht mindestens bis zum G. reicht und dass angesichts der Nebenbestimmungen die umliegenden landwirtschaftlichen Grundstücke keinen Risiken ausgesetzt sind. Nach ihrer Überzeugung wird durch die angeordneten Messungen und Überwachungen sowie die Festlegung der maximalen Grundwasserabsenkung auch gewährleistet, dass eine Übernutzung des Grundwassers und nachhaltige, schädliche Gewässerveränderungen nicht zu besorgen sind.

Der Kläger hat die nachvollziehbaren und schlüssigen amtlichen Auskünften des Wasserwirtschaftsamts, denen nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung im Hinblick auf Art. 63 Abs. 3 BayWG 2010 eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. etwa BayVGH, B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47/48 = juris Rn. 11 m.w.N.), nicht ernsthaft infrage gestellt. Er wiederholt im Zulassungsverfahren im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen, was nicht genügt, um ernstliche Zweifel an der angefochtenen Entscheidung zu begründen. Der Kläger hat vor allem den seiner Ansicht nach bestehenden Zusammenhang zwischen einer (vermeintlichen) Übernutzung des Grundwassers und einer Austrocknung des Bodens nicht nachvollziehbar dargelegt und die oben dargestellten fachlichen Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts dazu nicht substanziiert infrage gestellt. Warum Zweifel an den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts bestehen sollen, dass das für die landwirtschaftliche Grundstücksnutzung maßgebliche oberflächennahe Schichtwasser von der Maßnahme nicht betroffen sein wird, geht aus seinem Vorbringen nicht hinreichend hervor. Die verstärkte Nachsickerung aus dem oberflächennahen Wasservorkommen wird von ihm nur behauptet. Der pauschale Verweis auf Vorgänge im Bereich von Z. ist nicht geeignet, die substanziierte Darlegung des Wasserwirtschaftsamts zu erschüttern, das nachvollziehbar davon ausgegangen ist, dass die Sandsteinschicht zwar nicht undurchlässig ist, dass jedoch hydraulische Kontakte in den maßgeblichen Bereichen nur in geringem Umfang zu erwarten sind. Dass eine flächige Trennschicht vorhanden wäre, wurde vom Wasserwirtschaftsamt dagegen nicht behauptet. Schließlich ist der Zusammenhang zwischen der Tatsache, dass der in die Sandsteinkeuperschicht einschneidende A. vom Grundwasservorkommen im Sandstein gespeist wird, und der vermeintlichen Bodenaustrocknung nicht zu erkennen.

Hinzu kommt, dass sich die Klägerseite mit den Nebenbestimmungen zur Vermeidung schädlicher Gewässerveränderungen nicht hinreichend auseinandergesetzt hat, sondern nur ihre Ansicht, es werde zu einer Übernutzung des Grundwassers und in der Folge zur Austrocknung der Böden kommen, an die Stelle der Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts setzt. Soweit sich der Kläger – unter Bezugnahme auf das vorgelegte Privatgutachten – darauf beruft, dass das Brunneneinzugsgebiet wesentlich geringer sei als 2 km², wiederholt er lediglich den erstinstanzlichen Vortrag, ohne sich mit den Erwiderungen des Wasserwirtschaftsamts auseinanderzusetzen. Danach kommt es, aufgrund der Nebenbestimmungen, nicht auf den genauen Einzugsbereich des Brunnens an. Dass dieser jedenfalls bis zum G. reicht, erkennt er selbst an. Auch durch das klägerische Vorbringen im Zulassungsantrag, das Grundwasserangebot sei weitaus geringer, als angenommen, werden die geschilderten sachverständigen Darlegungen des Wasserwirtschaftsamts nicht ernsthaft infrage gestellt. Daraus würde nach der Erläuterung der Vertreterin des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung allenfalls folgen, dass die Beigeladenen nicht im erwarteten Umfang Wasser entnehmen könnten, was für eine Rechtsverletzung des Klägers keine Rolle spielt. Dagegen ergibt sich daraus keine Gefahr der Übernutzung des Grundwassers und erst Recht kein Risiko für benachbarte Felder. In diesem Zusammenhang wird auch nicht ersichtlich, warum es auf Brunnen eines Wasserzweckverbands, die sich rund 1,1 km südöstlich der streitgegenständlichen Brunnen befinden, ankommen sollte.

2. Ein Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147/149 = juris Rn. 28; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 jeweils m.w.N.).

Das ist nicht der Fall. Die auftretenden Rechtsfragen (vgl. oben Nr. 1.) lassen sich bei Heranziehung der gängigen Auslegungsmethoden ohne Weiteres aus dem Gesetz lösen oder sind in der Rechtsprechung geklärt. Besondere rechtliche Schwierigkeiten ergeben sich nicht in Bezug auf die Frage, welche Befugnisse dem Kläger im Rahmen eines wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens zukommen. Wie bereits aufgezeigt (vgl. oben 1.2) sind die satzungsgemäßen Aufgaben des Klägers durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt und eigene Rechte nicht berührt. Die Anordnungsbefugnis gemäß § 68 WVG, auf die der Kläger hinweist, muss sich aber in dem von der Satzung gesteckten Rahmen halten (vgl. den Entwurf eines Wasserverbandsgesetzes, BT-Drs. 11/6764, S. 33) und erfasst daher hier keine Entscheidungen über die Grundwasserbewirtschaftung. Ebenso wenig bereiten die Fragen im Zusammenhang mit der nachträglichen Fristverlängerung besondere Schwierigkeiten im oben dargelegten Sinn. Sie lassen sich vielmehr anhand des Gesetzeswortlauts sowie der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung klären.

3. Der Kläger hat schließlich keinen Verfahrensfehler in einer dem § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise geltend gemacht, auf dem das Urteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Ein solcher muss nach höchstrichtlicher Rechtsprechung sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan werden (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 = juris Rn. 4 m.w.N.). Das ist nicht geschehen. Hierfür reicht der Vortrag, das Verwaltungsgericht sei den in der mündlichen Verhandlung gestellten, bedingten Beweisanträgen nicht nachgegangen, nicht aus.

Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Wenn von einem solchen Beteiligten kein förmlicher, unbedingter Beweisantrag gestellt wird, muss sich dem Gericht eine entsprechende Beweisaufnahme von Amts wegen in der Regel nicht aufdrängen (BayVGH, B.v. 18.4.2007 – 22 ZB 07.222 – juris Rn. 17; B.v. 21.08.2014 – 22 ZB 14.1611 – juris Rn. 3, jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerwG, B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – BSR 79 Nr. 73 = juris Rn. 7; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 191, m.w.N.).

Der Kläger hat – ausweislich der Sitzungsniederschrift (vgl. Akte des Verwaltungsgerichts, S. 346) – keinen förmlichen Beweisantrag gestellt. Bei einem bedingten Beweisantrag handelt es sich lediglich um eine Beweisanregung (vgl. BayVGH, B.v. 22.3.2012 – 22 ZB 12.149, 22 ZB 122 ZB 12.151 – juris Rn. 18), die allerdings die Folgen des § 86 Abs. 2 VwGO nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht auszulösen vermag (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2006 – 4 BN 30.06 – juris Rn. 4; B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6 f.). Einem förmlichen Beweisantrag ist eine solche Beweisanregung nicht gleichgestellt (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 191 m.w.N.).

Dass ein förmlicher Beweisantrag – wie hier – nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht eine weitere Ermittlung des Sachverhalts (im konkreten Einzelfall) auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6 f.; B.v. 29.7.2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 7). Die Geltendmachung eines derartigen Verfahrensmangels setzt wiederum eine hinreichend substanziierte Darlegung voraus (vgl. BVerwG, B.v. 13.7.2007 – 9 B 1.07 – juris Rn. 2). Hieran fehlt es. Die Klägerseite hat nicht dargelegt, dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zur weiteren Aufklärung hätte sehen müssen. Angesichts der fachlichen Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts, die durch den klägerischen Vortrag nicht ernsthaft in Zweifel gezogen wurden (vgl. oben 1.), konnte das Verwaltungsgericht davon ausgehen, dass keine erheblichen Austrocknungen der landwirtschaftlichen Flächen zu befürchten sind, worauf der erste Beweisantrag (möglicherweise auch der Beweisantrag Nr. 2) abzielte. Auf schädliche Gewässerveränderungen (vgl. Beweisantrag Nr. 1 und 2) kam es nach dem Standpunkt des Gerichts (vgl. oben 1.) ebenso wenig an, wie auf die Frage, ob das Grundwassereinzugsgebiet geringer als 2 km² ist (Beweisantrag Nr. 3). Dies war für eine Rechtsverletzung des Klägers nicht relevant. Schließlich musste sich angesichts der Ausführungen des Vertreters des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der mündlichen Verhandlung, wonach Pflanzen ihr Wasser aus einem höheren Bereich von etwa 30 cm bis 1,5 m gewinnen (Niederschrift über die mündliche Verhandlung, Akte des Verwaltungsgerichts, S. 288), keine Beweisaufnahme durch erneute fachliche Stellungnahme dieser Behörde dazu aufdrängen, dass die Pflanztiefe 3 bis 4 m betrage (Beweisantrag Nr. 4). Es wird aus dem klägerischen Vortrag auch nicht erkennbar, warum bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts eine Tiefe von bis zu 4 maßgeblich sein soll, wenn der Ruhewasserpegel des Grundwassers im Bereich der Brunnen bei 4,5 m bis 6,2 m Tiefe liegt (vgl. Stellungahme des Wasserwirtschaftsamts vom 13.4.2015, Behördenakte, S. 237).

Schließlich hat der Kläger zu allen Beweisanträgen nicht näher dargelegt, welche konkreten Beweisergebnisse erzielt worden wären. Es ist nur allgemein davon die Rede, dass in dem Fall, dass durch die Einholung der beantragten Gutachten belegt worden wäre, dass es zu negativen Auswirkungen auf die Kulturböden im Verbandsgebiet kommt, die Klage erfolgreich gewesen wäre. Dies genügt nicht den Darlegungserfordernissen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), dass der Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt. Zwar ist es im Zulassungsverfahren in der Regel auch dann nicht gerechtfertigt, die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, wenn dieser erfolgreich die Ablehnung des Zulassungsantrags beantragt hat. Denn der Beigeladene setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung (§ 154 Abs. 3 VwGO) typischerweise keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 76; B.v. 12.4.2007 – 1 ZB 05.558 – juris Rn. 24, jeweils m.w.N.). Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung gemäß § 162 Abs. 3 VwGO können aber auch andere Umstände berücksichtigt werden, etwa, dass durch den Beitrag des Beigeladenen das Verfahren wesentlich gefördert wurde (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – a.a.O.; B.v. 12.4.2007 – 1 ZB 05.558 – a.a.O.). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Beigeladenen haben sich mit dem umfangreichen klägerischen Vorbringen im Zulassungsantrag substanziiert auseinandergesetzt, dabei die erheblichen Fragen aufgegriffen und zutreffend beantwortet und damit das Verfahren wesentlich gefördert. Aus diesem Grund sind die Kosten der Beigeladenen ausnahmsweise für erstattungsfähig zu erklären.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand, er rügt insbesondere die unterlassene Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements.

2

Der 1956 geborene Kläger stand als Fernmeldebetriebsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) im Dienst der Beklagten und ist durch gesetzliche Überleitung der Deutschen Telekom AG zur Dienstleistung zugewiesen. 2003 wies ihn diese der Personalserviceagentur Vivento zu. Der Kläger war ab 2005 wiederholt längerfristig und ist seit Mai 2007 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt.

3

Eine von der Beklagten daraufhin veranlasste ärztliche Begutachtung diagnostizierte eine Erschöpfungsdepression. Ein Leistungsvermögen bestehe aktuell nicht, prognostisch könne aber nach einer stufenweisen Wiedereingliederung mit der Wiederaufnahme vollschichtiger Arbeit gerechnet werden. Die Aufforderung, einen mit seinem Hausarzt abgestimmten Wiedereingliederungsplan vorzulegen, lehnte der Kläger unter Bezugnahme auf ein von diesem ausgestelltes Attest ab. Nach diesem war der Kläger weiterhin arbeitsunfähig und eine stufenweise Eingliederung in den Arbeitsprozess nicht möglich. Nach wiederholten Untersuchungen und erfolglosen Aufforderungen zur Vorlage eines Wiedereingliederungsplans kam der von der Beklagten beauftragte Gutachter im Oktober 2008 zu dem Ergebnis, dass die Leistungseinschränkung dauerhaft sei und auch unterhalbschichtige Tätigkeiten ausschließe. Angesichts der Tatsache, dass trotz regelmäßiger fachärztlicher Behandlung eine Verbesserung nicht habe erzielt werden können, sei eine positive Prognose nicht mehr möglich. Die Beklagte versetzte den Kläger daraufhin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.

4

Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch hat der Kläger insbesondere vorgetragen, bevor ein Beamter wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden könne, müsse der Dienstherr betriebliche Eingliederungsmaßnahmen durchführen und die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung umfassend prüfen. Beides habe nicht stattgefunden, vielmehr sei ihm ausschließlich eine seinem Gesundheitszustand nicht angemessene und unterwertige Tätigkeit als Wiedereingliederungsmaßnahme angeboten worden. Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück.

5

Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung insbesondere darauf verwiesen, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Voraussetzung für die Zurruhesetzung eines Beamten sei. Die Beklagte habe angesichts der fehlenden Restleistungsfähigkeit auch keine weitergehende Prüfung einer anderweitigen Verwendung des Klägers anstellen müssen. Bedenken gegen die ärztlichen Stellungnahmen bestünden nicht.

6

Mit der Revision beantragt der Kläger,

die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. März 2012 und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 3. Juni 2010 sowie den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 13. Januar 2009 in Gestalt deren Widerspruchsbescheids vom 20. April 2009 aufzuheben.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil es die Maßstäbe für die Dienstunfähigkeit eines Beamten (1.) unzutreffend auf den Tätigkeitsbereich bei einem Postnachfolgeunternehmen angewendet hat (2.). Die Entscheidung erweist sich im Ergebnis gleichwohl als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil diesem Fehler angesichts des körperlichen und gesundheitlichen Zustands des Klägers, der zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids jegliche Dienstleistung ausschloss, keine Entscheidungserheblichkeit zukommt (3.). Die angefochtene Versetzung des Klägers in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX unterblieben ist (4.).

9

1. Die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung der Dienstunfähigkeit voraus.

10

a) Rechtsgrundlage der angegriffenen Verfügung ist § 44 BBG in der Fassung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <170>), weil die Vorschriften des neuen Bundesbeamtengesetzes noch vor Erlass des Widerspruchsbescheids in Kraft getreten sind. Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 11 m.w.N.).

11

Der Anwendung des Bundesbeamtengesetzes steht nicht entgegen, dass der Kläger während seiner letzten Dienstjahre bei der Deutschen Telekom AG und nicht in der Bundesverwaltung tätig war. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost - PostPersRG - vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325 <2353>) in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <272>) finden auf die bei den Aktiengesellschaften tätigen Bundesbeamten die für Bundesbeamte allgemein geltenden Vorschriften Anwendung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (vgl. Urteil vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 = NVwZ-RR 2009, 893, jeweils Rn. 10 ff.).

12

Nach § 44 Abs. 1 BBG ist ein Beamter auf Lebenszeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dienstunfähig und nicht anderweitig verwendbar ist. Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist damit zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Nach dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" scheidet ein Beamter nur dann aus dem aktiven Dienst aus, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann (§ 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 bis 5 BBG). Für noch mögliche Verwendungen besteht eine gesetzliche Suchpflicht des Dienstherrn (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 25 ff.; hierzu auch Beschluss vom 6. März 2012 - BVerwG 2 A 5.10 - juris Rn. 4). Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, unter Beibehaltung des übertragenen Amtes aber seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, ist er für begrenzt dienstfähig zu erklären (§ 45 Abs. 1 BBG; hierzu auch Urteil vom 30. August 2012 - BVerwG 2 C 82.10 - Buchholz 237.6 § 54 NdsLBG Nr. 3 = NVwZ-RR 2012, 928, jeweils Rn. 11).

13

b) Dienstunfähig ist ein Beamter gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG, wenn er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist.

14

Der Dienstunfähigkeitsbegriff des § 44 BBG ist amtsbezogen (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 BBG: "anderes Amt"). Er knüpft an den Aufgabenkreis an, der dem Inhaber des jeweiligen Statusamts bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist (Amt im abstrakt-funktionellen Sinn: Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 11). Beschäftigungen in diesem Funktionsbereich sind amtsangemessen (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 - 2 BvL 16/82 - BVerfGE 70, 251 <266 f.>) und können dem Beamten jederzeit übertragen werden (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <56 f.>). Nicht maßgebend ist dagegen, ob der Beamte auch die Aufgaben des von ihm zuletzt wahrgenommenen Dienstpostens (Amt im konkret-funktionellen Sinn) erfüllen kann (Urteil vom 26. März 2009 a.a.O. Rn. 14). Dienstunfähigkeit setzt damit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (stRspr; vgl. Urteile vom 23. September 2004 a.a.O. S. 55, vom 30. August 2012 a.a.O. Rn. 11 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19).

15

Bei den privatrechtlich organisierten Unternehmen der Deutschen Telekom AG gibt es keine Ämterstruktur, wie sie § 18 BBesG für Behörden vorsieht. Die Bewertung der Funktionen und die Zuordnung der Aufgabenkreise zu einem bestimmten Statusamt, die Grundlage für die Bestimmung des amtsangemessenen und damit maßgeblichen Aufgabenkreises ist (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 27; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 - NVwZ 2013, 1603 Rn. 19), liegt hier nicht vor. Daher müssen die in § 18 BBesG verwendeten Begriffe der Ämter und ihrer Wertigkeit an die organisatorischen Gegebenheiten der Postnachfolgeunternehmen angepasst werden. Diese Aufgabe erfüllt § 8 PostPersRG, der anordnet, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Aktiengesellschaften als amtsgemäße Funktionen gelten. Die Gleichwertigkeit der einem Beamten übertragenen Tätigkeit ist aufgrund eines Funktionsvergleichs mit den Tätigkeiten bei der früheren Bundespost zu beurteilen. Eine nach diesem Maßstab gleichwertige Tätigkeit gilt als amtsangemessene Beschäftigung (vgl. Urteil vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - BVerwGE 123, 107 <113> = Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 28 S. 8).

16

Welche Anforderungen an die Erfüllung der jeweiligen Dienstpflichten zu stellen sind, legt der Dienstherr in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die Leistungsfähigkeit zu messen ist (Urteile vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 12 und vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 18). Er muss deshalb auch den ärztlichen Begutachtungen zugrunde gelegt werden.

17

c) Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt (Urteil vom 27. Juni 2013 - BVerwG 2 C 67.11 - NVwZ-RR 2013, 1007 Rn. 11). Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff. hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung; zum Erfordernis eines durch Gesetz eröffneten Beurteilungsspielraums auch BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <22>).

18

Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die gesundheitsbedingten Leistungsbeeinträchtigungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend sieht § 47 Abs. 1 Satz 1 BBG vor, dass die Einschätzung des Dienstherrn auf ein ärztliches Gutachten gestützt sein muss. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (Urteile vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11 und vom 30. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 31 ff.). Dies gilt insbesondere für die Feststellung, welche Folgen sich aus den ärztlich festgestellten Leistungseinschränkungen für die amtsbezogenen Dienstpflichten ergeben.

19

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BBG kann die ärztliche Untersuchung nur einem Amtsarzt oder einem Arzt, der als Gutachter zugelassen ist, übertragen werden. Welcher Arzt mit der Fertigung von Gutachten beauftragt werden kann, wird durch die oberste Dienstbehörde (oder durch eine von dieser ermächtigte nachgeordnete Behörde) bestimmt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 und 3 BBG). Durch diese generalisierende Regelung wurden die vorangegangenen Sonderregelungen zu Betriebs- und Vertrauensärzten - wie für den Bereich der Telekom in § 4 Abs. 4 PostPersRG in der Fassung des Gesetzes vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325 <2353>) - überflüssig (vgl. BTDrucks 14/7064, S. 49 und 54).

20

Allerdings kann das Gutachten eines vom Dienstherrn ausgewählten und beauftragten Arztes der Stellungnahme eines Amtsarztes nicht gleichgestellt werden. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist wiederholt klargestellt worden, dass der medizinischen Beurteilung eines Amtsarztes unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorrang gegenüber privatärztlichen Stellungnahmen eingeräumt werden kann (Urteile vom 9. Oktober 2002 - BVerwG 1 D 3.02 - juris Rn. 22, vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 37 und vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 2.05 - juris Rn. 35; Beschlüsse vom 15. Februar 2010 - BVerwG 2 B 126.09 - Buchholz 232.0 § 96 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 18 und vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn. 5). Dieser eingeschränkte Vorrang im Konfliktfall findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes, der Beamten und Dienststelle gleichermaßen fernsteht. Entsprechendes kann für die Gutachten eines von der Beklagten ausgewählten und bezahlten Gutachters nicht angenommen werden, auch wenn dieser Arzt als Gutachter zugelassen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BBG). Insoweit fehlt es sowohl an Rechtsnormen, die die Neutralität und Unabhängigkeit dieser Ärzte begründen und gewährleisten (vgl. Beschluss vom 15. Februar 2010 a.a.O. Rn. 18), als auch an der für die Annahme einer unabhängigen Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Distanz zu den Beteiligten.

21

2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch versäumt, den Maßstab für die Beurteilung der dem Kläger verbliebenen Leistungsfähigkeit, sein abstrakt-funktionelles Amt, zu bestimmen.

22

Aus der Amtsbezogenheit des Begriffs der Dienstunfähigkeit folgt, dass der Gesundheitszustand des Beamten und die sich hieraus ergebenen Einschränkungen seines Leistungsvermögens in Bezug zu den Anforderungen seines Amtes gesetzt werden müssen. Dienstunfähigkeit liegt vor, wenn der Beamte voraussichtlich dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Bezugspunkt dieses Aufgabenkreises ist das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, sodass alle Dienstposten in den Blick zu nehmen sind, die bei der Beschäftigungsbehörde in der Wertigkeit des dem Beamten übertragenen Statusamtes eingerichtet sind (Urteil vom 30. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 30). Dienstunfähig ist der Beamte, wenn seine amtsangemessene Beschäftigung - auf irgendeinem dieser Dienstposten - aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist.

23

Die Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Beamten nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG setzt damit die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten voraus. Nur so kann geprüft und festgestellt werden, ob ein Dienstposten - oder im Falle eines Postnachfolgeunternehmens eine Tätigkeit - zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und auch gesundheitlich für ihn geeignet ist. Welche Tätigkeiten bei dem Unternehmen, dem der Kläger nach § 4 Abs. 4 PostPersRG zugewiesen ist, als gleichwertig mit dem Funktionsbereich eines Fernmeldebetriebsinspektors der früheren Bundespost erachtet werden können (vgl. § 8 PostPersRG), hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt.

24

Hierzu hätte zunächst ermittelt werden müssen, welcher mögliche Aufgabenkreis für den Kläger in der ihn betreffenden Zuweisungsverfügung festgelegt worden ist. Dieser umschreibt - wie bei einem abstrakt-funktionellen Amt - den Kreis der bei dem Tochterunternehmen möglichen amtsangemessenen Tätigkeiten. Bei einer dauerhaften Zuweisung nach § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG müssen sowohl der mögliche als auch der konkret zu erfüllende Aufgabenbereich in der Zuweisungsverfügung festgelegt werden (Beschluss vom 3. April 2014 - BVerwG 2 B 70.12 - IÖD 2014, 124 <127>). Nur so kann der hergebrachte Grundsatz amtsangemessener Beschäftigung auch nach Überleitung zu einem Postnachfolgeunternehmen gewährleistet werden (Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 13 ff.).

25

Bei einer Zuweisung zu der Personalserviceagentur Vivento ist den Betroffenen nach den Erkenntnissen des erkennenden Senats jedenfalls in der Vergangenheit ein Aufgabenbereich nicht zugewiesen worden (vgl. Urteile vom 22. Juni 2006 a.a.O. Rn. 23 ff., vom 18. September 2008 - BVerwG 2 C 126.07 - BVerwGE 132, 40 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 99, jeweils Rn. 11 ff. und vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 20). Aufgrund dieses, mit Art. 33 Abs. 5 GG und den Vorgaben des Postpersonalrechtsgesetzes nicht in Einklang stehenden Fehlens einer amtsangemessenen Beschäftigung hat der erkennende Senat deshalb auch die Verpflichtung der Deutschen Telekom AG ausgesprochen, Beamte auf entsprechenden Antrag von Vivento "wegzuversetzen" (Urteil vom 18. September 2008 a.a.O. Rn. 13). Die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten im Falle der Zuweisung eines Beamten zur Personalserviceagentur Vivento im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bereitet daher Schwierigkeiten.

26

3. Dass das Oberverwaltungsgericht es versäumt hat, den maßgeblichen rechtlichen Maßstab in der gebotenen Weise näher zu bestimmen, also den Gesundheitszustand des Klägers in Bezug zu den Anforderungen eines ihm bei Vivento zugewiesenen Aufgabenbereichs zu setzen, ist jedoch im konkreten Fall unschädlich. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchs aus gesundheitlichen Gründen generell nicht in der Lage, Dienst zu leisten.

27

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - und den gemäß § 130b Satz 1 VwGO in Bezug genommenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts - verfügte der Kläger über keinerlei Restleistungsvermögen und konnte daher überhaupt keine berufliche Tätigkeit mehr ausüben. In sämtlichen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vorliegenden ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen hatte es selbst an Ansatzpunkten für eine wenigstens teilweise vorhandene Leistungsfähigkeit des Klägers im Bereich seines abstrakt-funktionellen Amtes sowie für anderweitige Verwendungen gefehlt.

28

Diese Feststellungen sind vom Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden und daher auch für die Beurteilung des Revisionsgerichts bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO).

29

Zwar hat der Kläger geltend gemacht, das Oberverwaltungsgericht habe dadurch gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, dass es weitere Maßnahmen zur Erforschung der Ursache des ermittelten Krankheitsbildes unterlassen habe. Bei zutreffender Beweiserhebung hätte sich ein direkter Zusammenhang zwischen "der vom Kläger durchlebten und für ihn frustrierenden beruflichen Phase" und seinem Gesundheitszustand ergeben. Diese Rüge ist indes nicht begründet.

30

Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die hier entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters (Beschluss vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn 4 m.w.N.). Das Gericht kann hierfür ein im Verwaltungsverfahren erstelltes ärztliches Gutachten heranziehen. Demgemäß hat das Oberverwaltungsgericht seine Feststellungen zum gesundheitlichen Zustand des Klägers und der hieraus folgenden Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit auf die Stellungnahme des von der Beklagten nach § 48 Abs. 1 BBG beauftragten Gutachters sowie die Atteste des Hausarztes des Klägers gestützt.

31

Über die Einholung eines weiteren Gutachtens entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO). Die unterlassene Einholung zusätzlicher Gutachten kann deshalb nur dann verfahrensfehlerhaft sein, wenn die vorliegenden Gutachten ihren Zweck nicht zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Liegen dem Gericht bereits sachverständige Äußerungen zu einem Beweisthema vor, muss es ein zusätzliches Gutachten nur einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Beschlüsse vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7 und vom 25. Feb-ruar 2013 - BVerwG 2 B 57.12 - juris Rn. 5).

32

Das Vorliegen eines solchen Mangels zeigt die Rüge nicht auf. Der Kläger hat die nunmehr vermisste Sachverhaltsaufklärung ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2 und § 165 ZPO) weder im Verfahren vor dem Tatsachengericht beantragt noch ist dargelegt, dass sich dem Oberverwaltungsgericht weitere Ermittlungen zu der bezeichneten Frage auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. zum Darlegungserfordernis Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 f. sowie zuletzt vom 31. Januar 2014 - BVerwG 2 B 88.13 - juris Rn. 5).

33

Die ärztlichen Befundberichte des Facharztes Dr. T., auf die in der Rüge Bezug genommen wird, sind vielmehr weder der Beklagten im Verwaltungsverfahren noch den Tatsachengerichten vorgelegt worden. Der Kläger hat im Klageverfahren zwar umfangreich zu seiner Erkrankung vorgetragen und auch nachträglich erstellte Gutachten vorgelegt, wie etwa das Attest seines Hausarztes Dr. S. vom 31. März 2010; eine Behandlung oder Begutachtung durch den Facharzt Dr. T. hat er jedoch nicht erwähnt. Die Existenz der fachärztlichen Bescheinigungen aus den Jahren 2007 und 2008 ist vielmehr erstmals im Rahmen der Begründung des Antrags auf Zulassung der Revision offenbart worden. Die Erkenntnisse aus den Gutachten konnten folglich weder von der Beklagten bei ihrer Entscheidung berücksichtigt werden noch konnten sie dem Oberverwaltungsgericht Anlass für weitere Aufklärungsmaßnahmen geben. Auf die weitere Frage, ob die Ermittlung der Krankheitsursache entscheidungserheblich gewesen wäre, kommt es daher nicht an.

34

b) Die Feststellung der amtsbezogenen Anforderungen ist indes entbehrlich, wenn der Beamte auf absehbare Zeit keinerlei Dienst leisten kann (Summer, in: GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil 2c, Stand: Mai 2014, L § 44 Rn. 6 und 16; zur Unfähigkeit "jedweder Beschäftigung" auch BAG, Urteil vom 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - NZA-RR 2008, 515 Rn. 32). Kann der Beamte gar nicht auf der Dienststelle erscheinen, weil er generell arbeits- und dienstunfähig ist, kommt es auf die konkreten Anforderungen der in Betracht kommenden Tätigkeitsfelder nicht mehr an.

35

Entsprechendes gilt für die aus § 44 Abs. 3 BBG folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung. Auch diese besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist (Urteil vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 40).

36

4. Die angefochtene Verfügung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil kein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX durchgeführt wurde.

37

Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX klärt der Arbeitgeber, wenn Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, mit der zuständigen Interessenvertretung, ggf. der Schwerbehindertenvertretung und der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).

38

a) Die Vorschrift findet auch auf Beamte Anwendung (ebenso Beschluss vom 4. September 2012 - BVerwG 6 P 5.11 - BVerwGE 144, 156 = Buchholz 251.7 § 65 NWPersVG Nr. 3, jeweils Rn. 12).

39

Nach § 68 Abs. 1 SGB IX gelten die Regelungen aus Teil 2 des SGB IX für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen; eine Ausnahme für Beamte ist nicht vorgesehen. Grundsätzlich richten sich die besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen aber auch an öffentliche Arbeitgeber (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB IX), bei denen Beamte beschäftigt werden (§ 73 Abs. 1 SGB IX). Anderes folgt auch nicht aus dem Regelungsgehalt des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX selbst. Die Norm gilt zwar trotz ihrer systematischen Stellung in Teil 2 des SGB IX auch für nicht behinderte Beschäftigte (BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 35), sie enthält indes keine Einschränkungen für Beamte. Dementsprechend nimmt § 93 Satz 2 SGB IX auch auf Personal-, Richter-, Staatsanwalts- und Präsidialräte Bezug.

40

§ 84 Abs. 2 SGB IX kann auch systematisch in Einklang mit den bestehenden Vorschriften zur Dienstunfähigkeit von Beamten gebracht werden. Die Verfahren stehen in den Fällen krankheitsbedingter Fehlzeiten in einem zeitlich gestaffelten Stufenverhältnis zueinander. Während das betriebliche Eingliederungsmanagement als frühzeitiges Instrumentarium auf die Wiederherstellung und dauerhafte Sicherung der Beschäftigungsmöglichkeit und damit auf die Vermeidung einer Dienstunfähigkeit zielt, knüpft das dienstrechtliche Instrumentarium an eine gesundheitsbedingte Dienstunfähigkeit an.

41

Voraussetzung für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX sind krankheitsbedingte Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres. Der Mechanismus greift daher oftmals früher als das dienstrechtliche Instrumentarium (vgl. z.B. § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG) und unabhängig davon, ob aus den Fehlzeiten auf eine mögliche Dienstunfähigkeit geschlossen werden kann (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 27). Auch die sich aus dem betrieblichen Eingliederungsmanagement ergebenen Reaktionsmöglichkeiten sind nicht auf den amtsbezogenen Dienstfähigkeitsbegriff ausgerichtet und umfassen damit auch "niederschwelligere" Vorfeldmaßnahmen, wie etwa den Einsatz von technischen Hilfsmitteln, die Anpassung des Arbeitsgeräts, die Umgestaltung des Arbeitsplatzes, die Verteilung von Arbeitszeiten oder Umsetzungen. Der Sache nach erfordert das betriebliche Eingliederungsmanagement eine Analyse der bestehenden Arbeitsbedingungen im Hinblick auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Beschäftigten, um Möglichkeiten einer leidensgerechten Anpassung des konkreten Arbeitsplatzes auszuloten. Bezugspunkt der Dienstfähigkeit einer Beamtin oder eines Beamten dagegen ist das jeweilige abstrakt-funktionelle Amt.

42

Können auch mit Hilfe des durch § 84 Abs. 2 SGB IX vorgegebenen Suchprozesses alternative Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht aufgezeigt werden, liegen ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die ernsthafte Besorgnis einer Dienstunfähigkeit vor (vgl. zum arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzverfahren auch BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - NZA 2010, 398 Rn. 24, dort sogar zur Präklusionswirkung des erfolglos durchgeführten betrieblichen Eingliederungsmanagements). Dem präventiv ausgerichteten betrieblichen Eingliederungsmanagement schließt sich ein dienstrechtliches Verfahren an, das die Prüfung der Dienstunfähigkeit in den Blick nimmt und - als ultima ratio - zur Versetzung in den Ruhestand führen kann.

43

Diese zeitliche Staffelung entspricht auch dem Übergang des vom Freiwilligkeitsprinzip gekennzeichneten betrieblichen Eingliederungsmanagements auf das dienstrechtliche Verfahren, mit der dort bestehenden Möglichkeit, den Beamten zur Durchführung einer ärztlichen Untersuchung anzuweisen. Der Gesetzgeber hat die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX an die Zustimmung des Betroffenen geknüpft. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass Wiedereingliederungsbemühungen ohne oder gar gegen den Willen des Betroffenen von vornherein zum Scheitern verurteilt sind (Beschluss vom 23. Juni 2010 - BVerwG 6 P 8.09 - BVerwGE 137, 148 = Buchholz 251.2 § 73 BlnPersVG Nr. 1, jeweils Rn. 40). In praktischer Hinsicht ergibt sich dies schon daraus, dass ohne Kenntnis der Krankheitsursachen und der einzelnen Krankheitswirkungen die vorgesehene Klärung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten nicht erfolgen kann.

44

Das dienstrechtliche Verfahren dagegen setzt eine Einwilligung des Betroffenen nicht voraus. Bestehen Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten, sind diese von der Behörde - schon im Interesse der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung - aufzuklären. Hierzu hat sich der Beamte gemäß § 44 Abs. 6 BBG nach Weisung auch ärztlich untersuchen zu lassen. Weigert sich der Beamte einer ordnungsgemäßen Untersuchungsanordnung (vgl. zu den hierfür bestehenden Anforderungen Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 18 ff.) Folge zu leisten, kann die Verweigerung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des betroffenen Beamten gewertet werden. Danach kann im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert (Urteil vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 12).

45

Das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX kann daher als Ausdruck und Konkretisierung der Fürsorgepflicht verstanden werden, mit dem ein "gesetzlich verankertes Frühwarnsystem" (Ritz/Schian, in: Cramer/Fuchs/Hirsch/Ritz, SGB IX, 6. Aufl. 2011, § 84 Rn. 24) etabliert wird. Der Dienstherr muss bereits zu einem frühen Zeitpunkt, überwacht und unterstützt durch den Personalrat und ggf. die Schwerbehindertenvertretung, die Initiative ergreifen und ein gesetzlich vorgegebenes Suchverfahren zur Überwindung der bestehenden Probleme anbieten. Kann damit keine Verbesserung erzielt werden, schließt sich ein dienstrechtliches Verfahren mit dem dort vorgesehenen Instrumentarium an. Der Beamte hat sich dann ggf. auch einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

46

b) Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist aber keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass einer Verfügung, mit der ein Beamter wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt wird.

47

§ 84 Abs. 2 SGB IX regelt die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht. Insbesondere ist das Verfahren nach § 84 Abs. 2 SGB IX - anders als die Zustimmung des Integrationsamts in § 85 SGB IX - nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung einer arbeitsrechtlichen Kündigung ausgestaltet (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 36). Ein Unterlassen führt daher auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht zur Rechtswidrigkeit einer Kündigung, sondern lediglich zur Verschiebung der Darlegungs- und Beweislastverteilung in einem hierauf bezogenen Gerichtsverfahren (vgl. BAG, Urteile vom 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - NZA-RR 2008, 515 Rn. 27, vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 17 ff., vom 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - BAGE 135, 361 Rn. 14 und vom 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - NZA 2011, 993 Rn. 25).

48

Diese Einschätzung gilt für das öffentliche Dienstrecht erst recht. Die Annahme einer zwingenden Rechtswidrigkeitsfolge der Ruhestandsversetzung im Falle eines unterbliebenen betrieblichen Eingliederungsmanagements ist mit dem Regelungssystem des Bundesbeamtengesetzes nicht in Einklang zu bringen. Ist ein Beamter wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten des ihm zuletzt übertragenen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn als dauernd unfähig anzusehen und kommt auch eine anderweitige oder zeitlich begrenzte Verwendung des Beamten nicht in Betracht, so ist er in den Ruhestand zu versetzen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BBG). Diese gesetzliche Anordnung steht nicht unter dem Vorbehalt, dass zuvor ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt worden ist; vielmehr ist im Falle der genannten Voraussetzungen für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements kein Raum mehr. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt vor, sind abweichende Entscheidungen auch dann nicht mehr denkbar, wenn die Möglichkeiten der präventiven Wiedereingliederung nach § 84 Abs. 2 SGB IX versäumt worden sind.

49

Die in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX enthaltene Verpflichtung ist auch kein Bestandteil des auf den Erlass einer Ruhestandsversetzung gerichteten Verwaltungsverfahrens (vgl. § 9 VwVfG). Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist bereits förmlich nicht als Verfahrensschritt eines Verfahrens nach § 44 ff. BBG ausgestaltet, das gesetzliche Regelungsgefüge sieht eine Verzahnung der jeweiligen Verfahren nicht vor. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist auch nicht auf den Abschluss eines Zurruhesetzungsverfahrens gerichtet; es dient vielmehr dazu, bereits den Eintritt einer Dienstunfähigkeit und damit den materiellen Anknüpfungspunkt entsprechender Verfahren zu vermeiden. Schließlich knüpft das betriebliche Eingliederungsmanagement materiell an andere Voraussetzungen an als § 44 Abs. 1 BBG. Die Anordnung in § 84 Abs. 2 SGB IX und das Dienstunfähigkeitsverfahren sind jeweils eigenständige Verfahren, die in rechtlicher Hinsicht nicht verknüpft sind.

50

Der Verstoß gegen die aus § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX folgende Verpflichtung des Dienstherrn, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen oder jedenfalls anzubieten, kann daher nur mittelbare Folgen für das Zurruhesetzungsverfahren eines Beamten wegen dauernder Dienstunfähigkeit entfalten (ähnlich auch BGH, Urteil des Dienstgerichts des Bundes vom 20. Dezember 2006 - RiZ (R) 2/06 - NVwZ-RR 2007, 328 zu § 84 Abs. 1 SGB IX).

51

Dies gilt insbesondere für die Einleitung des Verfahrens. Bereits die Anordnung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, setzt substanzielle Zweifel an der dauernden Dienstfähigkeit des Beamten voraus. Der Dienstherr ist nur dann zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn tatsächliche Umstände gegeben sind, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig (Urteile vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 19 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19). Diese liegen nach ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements regelmäßig vor. Unterlässt der Dienstherr dagegen die ihm gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX obliegende Verpflichtung, muss er die Begründung einer Untersuchungsanordnung auf anderweitige, ausreichende Tatsachenfeststellungen stützen.

52

Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Ausschluss einer anderweitigen Verwendbarkeit (§ 44 Abs. 1 Satz 3 BBG). Auch diese Voraussetzung einer Versetzung in den Ruhestand prüft das Verwaltungsgericht im Streitfall gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO von Amts wegen; kann sie nicht festgestellt werden, hat die Verfügung keinen Bestand. Dabei ist es Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 44 Abs. 3 BBG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 30). Auch insoweit entlastet es den Dienstherrn hinsichtlich des Bereichs der betroffenen Dienststelle, wenn auch die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten aufzuzeigen vermocht hat.

53

c) Der angefochtenen Verfügung haften auch keine sonstigen Verfahrensfehler an.

54

Der Kläger ist ordnungsgemäß angehört und auf die beabsichtige Versetzung in den Ruhestand hingewiesen worden. § 47 Abs. 1 BBG enthält insoweit keine Einschränkung auf den unmittelbaren Dienstvorgesetzten; Dienstvorgesetzter ist auch der Vorstand der Telekom AG (§ 1 Abs. 2 PostPersRG).

55

Eine Beteiligung des Betriebsrats war nicht erforderlich. Nach § 24 Abs. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 5 Satz 1 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG wirkt der Personalrat bei einer Versetzung in den Ruhestand zwar mit; er wird aber nur auf Antrag des Beschäftigten beteiligt (§ 29 Abs. 5 Satz 2 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 2 Satz 2 BPersVG). Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger nicht gestellt, obwohl er von der Beklagten auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist (vgl. hierzu Urteil vom 9. Dezember 1999 - BVerwG 2 C 4.99 - BVerwGE 110, 173 <177> = Buchholz 232 § 35 BBG Nr. 4 S. 3).

56

Die Beklagte hat auch ordnungsgemäß über die vom Kläger erhobenen Einwendungen befunden. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 BBG entscheidet die für die Ernennung zuständige Behörde im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde über die Einwendungen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG ernennt und entlässt das Bundesministerium der Finanzen die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten der Bundesbesoldungsordnung A; es kann diese Befugnis nach Satz 3 auf den Vorstand (und andere) übertragen. Von dieser Übertragungsmöglichkeit ist durch Abschnitt II der Anordnung zur Übertragung dienstrechtlicher Zuständigkeiten für den Bereich der Deutschen Telekom AG vom 17. Dezember 2003 (BGBl I S. 2919; geändert durch Anordnung vom 21. Dezember 2005, BGBl I S. 3727) Gebrauch gemacht worden. Der Vorstand der Deutschen Telekom AG war daher im maßgeblichen Zeitpunkt zur Entscheidung berufen.

57

Anstelle des Einvernehmens der obersten Dienstbehörde, deren Befugnisse der Vorstand der Deutschen Telekom AG selbst wahrnimmt (§ 1 Abs. 2 PostPersRG), sehen § 1 Abs. 6 Satz 1 PostPersRG, § 3 Abs. 1 Nr. 5 und § 16 BAPostG eine Rechtmäßigkeitsprüfung durch die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vor. Diese hat stattgefunden, dabei sind keine Einwände erhoben worden.

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

(1) Für mehrere zusammenhängende Jagdbezirke können die Jagdausübungsberechtigten zum Zwecke der Hege des Wildes eine Hegegemeinschaft als privatrechtlichen Zusammenschluß bilden.

(2) Abweichend von Absatz 1 können die Länder bestimmen, daß für mehrere zusammenhängende Jagdbezirke die Jagdausübungsberechtigten zum Zwecke der Hege des Wildes eine Hegegemeinschaft bilden, falls diese aus Gründen der Hege im Sinne des § 1 Abs. 2 erforderlich ist und eine an alle betroffenen Jagdausübungsberechtigten gerichtete Aufforderung der zuständigen Behörde, innerhalb einer bestimmten Frist eine Hegegemeinschaft zu gründen, ohne Erfolg geblieben ist.

(3) Das Nähere regeln die Länder.

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Festsetzung des Abschussplans Rotwild für das Jagdjahr 2016/2017 im Eigenjagdrevier E.-We., dessen Mitinhaber (Jagdausübungsberechtigter) der Kläger ist, das in den Gemarkungen O. und E. (Landkreis G.) liegt, der Hochwildhegegemeinschaft W. zugeordnet ist und ca. 1050 ha Fläche aufweist, die ganz überwiegend über 1000 Höhenmeter liegen und von denen ca. 850 ha im Miteigentum des Klägers stehen. Angaben der zuständigen Forstbehörde zufolge umfasst das Eigenjagdrevier die nach Süd-Ost streichenden Berghänge des O.-bergs, die nach Süden exponierten Hänge von H.-berg und S.-berg und den Nord-Westhang des Si.-bergs, ist es zu rund 95% bewaldet (bei einem Schutzwaldanteil von ca. 90%) und liegt es im Wildbacheinzugsgebiet der E.e. Im Revier kommen Rotwild, Gamswild und Rehwild vor.

Der Kläger führt Normenkontrollverfahren gegen die Verordnung der Regierung von O. über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk O. vom 9. Dezember 2008 mit Geltung vom 15. Dezember 2008 bis zum 14. Dezember 2013 und die Verordnung der Regierung von O. über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk O. vom 14. Februar 2014 mit Geltung vom 22. Februar 2014 bis zum 21. Februar 2019; mit diesen Verordnungen werden in ausgewählten Gebieten des Regierungsbezirks O. die Schonzeiten für Rotwild, Rehwild und Gamswild in differenzierter Ausgestaltung verkürzt. Weiterhin führt der Kläger verschiedene, gegen die Abschussplanung für sein Eigenjagdrevier E.-We. gerichtete verwaltungsgerichtliche Klageverfahren mit dem Ziel der Absenkung der von der Unteren Jagdbehörde festgesetzten Abschusszahlen. Diesbezüglich sind beim Senat neben dem hiesigen Verfahren über die Zulassung der Berufung betreffend den Abschussplan 2016/2017 für Rotwild weitere Zulassungsverfahren anhängig. Sie betreffen die Festsetzung des Abschussplans 2014/2015 für Rotwild (19 ZB 16.479), die Festsetzung des Abschussplans 2016/2017 für Gamswild (19 ZB 16.1602) und die Festsetzung eines Abschusskontingents für Gamswild im Jagdjahr 2016/2017 (19 ZB 17.1798). Die Festsetzung des Abschussplans 2015/2016 für Rotwild wurde vom Verwaltungsgericht mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 10. Februar 2016 (M 7 K 15.3412) aufgehoben, soweit die jagdbehördliche Festsetzung den Abschussvorschlag des Klägers überstiegen hat.

Am 29. Februar 2016 unterbreitete der Kläger der Unteren Jagdbehörde seinen Abschussvorschlag für das Rotwild im Jagdjahr 2016/2017 (Hirsche Kl. I: 1, Hirsche Kl. IIb: 2, Hirsche Kl. III: 3, Alttiere: 6, Schmaltiere: 7, Kälber: 9; insgesamt 28 Tiere). Mit Bescheid vom 8. August 2016 setzte die Untere Jagdbehörde nach einer Befassung im Jagdbeirat und nach Anhörung des Klägers den Abschussplan Rotwild für das Jagdjahr 2016/2017 auf 39 Tiere (Hirsche Kl. I: 1, Hirsche Kl. IIb: 2, Hirsche Kl. III: 5, Alttiere: 11, Schmaltiere: 11, Kälber: 9) fest.

Die gegen den Bescheid gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 29. März 2017 mit der Begründung ab, der Kläger könne eine Aufhebung der Abschussplanfestsetzung grundsätzlich nur in dem Umfang verlangen, in dem sie seine Abschussplanung übersteige, die forstlichen Gutachten wiesen für das Eigenjagdrevier eine zu hohe Verbissbelastung nach und die Untere Jagdbehörde habe die im Rahmen der Abschussplanfestsetzung zu berücksichtigenden Belange ausreichend ermittelt, zutreffend abgewogen und eine vertretbare Entscheidung betreffend die Anzahl der Abschüsse getroffen.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Ein erheblicher Teil des Vorbringens erfüllt das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht (vgl. hierzu Abschnitt A). Soweit im Übrigen dem Darlegungserfordernis hinreichend Rechnung getragen ist, liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor (vgl. hierzu Abschnitt B).

A. Abgesehen von den Zulassungsgründen, die im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt und daher nachfolgend in Abschnitt B vom Senat beurteilt worden sind, genügt die Begründung des Zulassungsbegehrens nicht dem Darlegungserfordernis. Bei Ausführungen erheblichen Umfangs wird nicht hinreichend deutlich, hinsichtlich welchen konkreten Aspekts des Urteils, durch das die Abschussplanfestsetzung für das Rotwild im Jagdjahr 2016/2017 für rechtmäßig befunden worden ist, welcher Zulassungsgrund mit welchen spezifischen Argumenten geltend gemacht wird und weshalb der als fehlerhaft geltend gemachte Urteilsaspekt kausal für die behauptete Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung sein soll. Unkonkrete Ausführungen (wie z.B. „das rechtsfehlerhafte Unvermögen kontaminiert die gerichtliche Subsumtion bzw. Gesetzesanwendung unheilbar“ oder „all dies behaftet mit der offensichtlichen statistischen Unsicherheit, die leicht in Vergessenheit gerät“) vermögen die fehlende Darlegung eines Urteilsfehlers, der erheblich ist und der einen Zulassungstatbestand erfüllt, nicht zu ersetzen.

An demselben Mangel leidet die Geltendmachung von Verstößen gegen das Willkürverbot, in deren Rahmen Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung als objektiv unrichtig, vortragsverfälschend oder sonstwie unzureichend oder fehlerhaft bezeichnet werden. Das Verwaltungsgericht war angesichts der Fülle an Schriftsätzen mit teilweise sich wiederholendem Vorbringen gemäß § 117 Abs. 3 Satz 1 VwGO genötigt, den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Der komplexe Inhalt erschließt sich nicht, wenn aufeinanderfolgende, Ergänzungen enthaltenden Schriftsätze wiedergegeben werden, sondern nur anhand einer Zusammenschau des Vorbringens. Der Kläger zeigt nicht im notwendigen Umfang auf, auf welche Art und Weise sich die beanstandeten Formulierungen im Verfahrensergebnis niedergeschlagen haben. Gleichzeitig wird auch nicht dargelegt, weshalb die jeweils gerügte Urteilsausführung auf Willkür beruht, also jegliche Möglichkeit auszuschließen ist, dass sie auf einem willkürfreien Bemühen um das Erfassen der juristischen Substanz umfangreicher, gegebenenfalls nicht hinreichend prägnanter Ausführungen beruht.

B. Soweit die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erforderliche Darlegung von Zulassungsgründen gegeben ist, sind die Zulassungstatbestände nicht erfüllt. Die drei Schriftsätze des Beklagten vom 24. September 2018 (jeweils mit Anlagen) bleiben hierbei unberücksichtigt, nachdem sie keinen wesentlichen neuen Sachvortrag enthalten.

Angesichts des Fehlens durchgreifender Zulassungsgründe kommt es nicht mehr darauf an, ob infolge des Ablaufs des Jagdjahres 2016/2017 (am 31.3.2017), für das der Abschussplan festgesetzt worden ist, der Rechtstreit tatsächlich erledigt ist und ob - sollte letzteres der Fall sein - das im Zulassungsverfahren zusätzlich hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsbegehren (Feststellung, dass die Klage gegen die Abschussplanfestsetzung zulässig und begründet war) ggfs. nach interessengerechter Auslegung statthaft ist und über das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse verfügt. Im Falle einer Erledigung nach Urteilserlass kann ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren insbesondere nur dann erfolgreich sein, wenn durchgreifende Zulassungsgründe geltend gemacht worden sind (vgl. Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 113 Rn 105); auf den „voraussichtlichen“ Klageerfolg kommt es dann nicht mehr an. Weil Zulassungsgründe im Ergebnis nicht vorliegen, kommt es auch nicht mehr auf die Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts an, der Abschussplan sei nur insoweit anfechtbar, als die festgesetzten Abschusszahlen die vom Revierinhaber vorgeschlagenen übersteigen. Wäre diese Auffassung unrichtig - hierfür spricht allerdings, dass es sich bei der Abschussplanaufstellung über die zahlenmäßige Bestimmung des Abschusses hinaus um eine auf einheitlichen Überlegungen beruhende und nach Geschlecht und Klassen des Schalenwildes differenzierende Gesamtentscheidung handelt -, wäre nicht die (für das Zulassungsantragsverfahren entscheidende) Klageabweisung als solche fehlerhaft; die Anfechtungsklage hätte dann, soweit sie auch die vom Revierinhaber vorgeschlagenen Zahlen erfasst, als insgesamt unbegründet (und nicht - wie geschehen - als teilweise unzulässig) abgewiesen werden müssen.

a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 - 1 BvR 3057/11 - BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 - 2 BvR 2615/14 - IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77/83). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 - 14 ZB 16.280 - juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 - 8. ZB 16.1806 - juris Rn. 9 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 - 20 ZB 12.1881 - juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 - 8 ZB 16.1806 - juris Rn. 9).

Nach diesem Maßstab bestehen im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der klageabweisenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Die Einwendungen der Klägerseite greifen nicht durch.

1. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Verwaltungsgericht die Bedeutung seines Eigentumsrechts nicht verkannt. Die Ausführung des Verwaltungsgerichts, durch die Abschussregelung gemäß § 21 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 BJagdG würden „die berechtigten Belange der Forstwirtschaft“ gewahrt, ist nicht fehlerhaft.

Bei der jagdbehördlichen Entscheidung über den Abschussplan für das konkrete Jagdrevier nach § 21 BJagdG, Art. 32 BayJG und § 15 AVBayJG hat die Behörde die nach dem Gesetz für die Wildbestandssteuerung relevanten öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Belange zu gewichten sowie den Sachverhalt zu ermitteln und zu bewerten. Eine individuelle Betrachtung des einzelnen Jagdbezirks ist erforderlich; ein pauschales Vorgehen (etwa anhand eines fiktiven Wildbestandes pro einer bestimmten Fläche) ist unzulässig. Es ist ein Interessenausgleich zwischen den volkswirtschaftlichen und landeskulturellen Belangen einerseits und den jagdlichen, naturschützerischen und landespflegerischen Intentionen andererseits vorzunehmen. Nachdem der gesetzlichen Vorgabe in allen Jagdrevieren Rechnung zu tragen ist, bedarf es angesichts der Heterogenität der natürlichen Verhältnisse (naturräumliche Strukturen und insbesondere Wildarten und -bestände) hierzu praktikabler und entsprechend flexibler Methoden und Verfahren. Im Rahmen der Überprüfung kann das Gericht ebenso wie die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt feststellen und würdigen. Insofern liegt eine normanwendende Tätigkeit vor, die vom Gericht ebenso wie von der Behörde vollzogen werden kann und muss. Den Jagdbehörden steht bei der Festlegung von Ausmaß und Art der Abschüsse nach § 21 BJagdG, Art. 32 BayJG und § 15 AVBayJG weder ein planerisches Ermessen noch ein vom Gericht nicht voll nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Trotz des Wortes „Abschussplan“ ist der Behörde kein planerischer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Dennoch ist die Abschusszahl nicht mathematisch-logisch, etwa anhand einer normativen Formel zu bestimmen. Das Gericht kann die in den Vorschriften gebrauchten unbestimmten Rechtsbegriffe daraufhin - gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen - überprüfen, ob die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt richtig gewertet hat, ob sie die verschiedenen Belange entsprechend der Zielvorgabe des Gesetzgebers zutreffend abgewogen hat und ob die Höhe des Abschusses sich noch in einem vertretbaren Zahlenrahmen befindet (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 25, B.v. 11.4.2016 - 3 B 29/15 - juris Rn. 10; BayVGH, U. v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 und 19 B 91.1208; U.v. 7.11.1996 - 19 B 93.956).

Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass sich die für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit maßgebliche Sach- und Rechtslage nach dem jeweils heranzuziehenden materiellen Fachrecht beurteilt (s. etwa BVerwG, U.v. 31.3.2004 - 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246; B.v. 20.1.1999 - 8 B 232.98 - Buchholz 428.1 § 12 InVorG Nr. 10; stRspr), wobei dies bei der Anfechtungsklage im Allgemeinen und vorbehaltlich abweichender Regelungen des materiellen Rechts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist (BVerwG, B.v. 4.7.2006 - 5 B 90/05 - juris; B.v. 27.12.1994 - 11 B 152.94 - juris). Nachdem die Abschusspläne das Jagdverhalten in der Folgezeit steuern sollen (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayJG), ist maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt der Zeitpunkt der Festsetzung des Abschussplans durch die Untere Jagdbehörde.

Im Zusammenhang mit einer Abschussregelung versteht es sich von selbst, dass die Wahrung der in § 21 Abs. 1 BJagdG genannten Belange vor allem im Schutz gegen Wildschäden besteht. Der Wortlaut der Abschussregelung in § 21 BJagdG hat zur Folge, dass es bei der Abschussfestsetzung zum einen (auch) hinsichtlich der Forstwirtschaft auf das Interesse an der Abwehr (und nicht am Eintritt) von Wildschäden ankommt und dass zum anderen bei der Beurteilung dieses Interesses die Forstwirtschaft abstrakt generalisierend in den Blick zu nehmen ist (BGH, U.v. 22.5.1984 - III ZR 18/83 - juris Rn. 24), also nicht jeder einzelne Forstbetrieb mit seiner spezifischen Wirtschaftsweise, sei sie gesetzeskonform oder nicht. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Pflanzenverbiss (der Kläger und die Miteigentümer der Eigentümergemeinschaft R. betrachten das Wild als nützlichen, kostenlosen Helfer, der möglichst viel Tanne, Buche und Edellaubholz fressen soll). Der Verbiss geht von wilden, in Freiheit lebenden Tieren aus, die gemäß § 960 Abs. 1 Satz 1 BGB herrenlos sind. Das eigentumsgegründete Recht der Jagd bezieht sich nicht auf sie selbst, sondern lediglich auf ihre Aneignung. Die Herrenlosigkeit des Schalenwildes hat zur Folge, dass der vom Wild ausgehende Pflanzenverbiss nicht zu den aus dem Grundeigentum folgenden Rechten gehört, dass also der Inhaber von Forstgrundstücken keinen Anspruch auf Pflanzenverbiss hat (zum fehlenden Anspruch auf einen bestimmten Bestand an Wild: vgl. HessVGH, B.v. 5.1.2006 - 11 UZ 1111/04 - JE VI Nr. 63, juris Rn. 9 ff.; B v. 26.1.1982, NuR 1987, 96; OVG Lüneburg vom 28.3.1984 - JE I Nr. 34; zum Anspruch auf Rotwild vgl. BayVerfGH, E.v. 18.10.1996 - Vf. 15- VII-95 - juris, insbesondere Rn. 59 ff.).

Das Jagdrecht als besonderer Bestandteil des Grundstückseigentums und das Jagdausübungsrecht als vermögenswertes subjektives Recht nehmen am verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums teil (BGH, U.v. 14.6.1982 - III ZR 175/80 - DÖV 1983, 345; U.v. 15.2.1996 - III ZR 143/94 - DÖV 1996, 702 - beide juris; BVerwG, U.v. 4.3.1983 - 4 C 74/80 - BayVBl 1983, 503/504 - juris; Meder, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 4. Aufl. 1992, Rn. 2 zu Art. 103). Jagdrechtliche Vorschriften können aber das Jagd- und das Jagdausübungsrecht beschränken, ohne deren Wesensgehalt zu verletzen. Die Jagd und ihre Ausübung sind von wesentlichem Einfluss auf die Vegetation, insbesondere den Wald. Der Wald besitzt überragende Bedeutung für das Klima, den Wasserhaushalt, die Sauerstoffproduktion, die Nährstoffspeicherung und die biologische Vielfalt (vgl. § 1 Nr. 1 BWaldG sowie Abschnitt II. B lit. a 4.3.1). Regelungen über die Jagdausübung stehen deshalb unter dem aus Art. 141 Abs. 1 BV abzuleitenden Verfassungsgebot, den Wald auch vor Schäden durch zu hohen Wildbestand zu schützen. Jagd- und Jagdausübungsrecht können eine ordnungsgemäße land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzung beeinträchtigen. Der Gesetzgeber ist deshalb gehalten, im Interesse des Gemeinwohls (vgl. Art. 14 Abs. 2 GG) das Jagdrecht einschließlich der damit verbundenen Wildhege zu begrenzen. Die Annahme, § 21 BJagdG sei unter den gegebenen Verhältnissen gar nicht anwendbar, ist offensichtlich verfehlt.

Es kommt hinzu, dass nicht sämtliche Waldflächen des Eigenjagdreviers im Eigentum der Eigentümergemeinschaft R. stehen. Nur ca. 784 ha bzw. 75% gehören den Miteigentümern R. und ca. 271 ha bzw. 25% gehören anderen Privateigentümern. Die gesetzeskonformen forstwirtschaftlichen Interessen dieser anderen Grundeigentümer werden durch die Art der Jagdausübung im Eigenjagdrevier des Klägers geschädigt (vgl. im einzelnen Abschnitt II. B lit. a 3.2.4). Der Kläger lässt bei seiner ausschließlich auf seine Miteigentumsflächen und deren spezielle Bewirtschaftung reduzierten Betrachtungsweise die eingegliederten Fremdflächen außer Betracht, obwohl er für deren Integrität gegenüber Schalenwildverbiss infolge seiner exklusiven Jagdausübungsberechtigung die Verantwortung trägt. Die Größenrelation dieser Flächen rechtfertigt nicht die Schädigung dieser Waldeigentümer. Auch für Flächen in einem Eigenjagdrevier können Grundstückseigentümer den Schutz vor Wildschaden beanspruchen (OVG NRW, U.v. 5.11.1985 - 20 A 1454/84 - juris - JE VI Nr. 23; NdSOVG, U.v. 18.12.1986 - 14 OVG A 119/83 - JE VI Nr. 25). Gegen Abschusspläne, die dies missachten, sind sie zur Klage befugt (BVerwG, U.v. 30.3.1995 - 3 C 8/94 - juris). Eine fehlerhafte behördliche Abschussplanfestsetzung kann Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG (wegen Verletzung einer dem Waldeigentümer bestehenden Amtspflicht zum Schutz des Waldes vor Wildschäden) zur Folge haben (vgl. BGH, U.v. 22.5.1984 - III ZR 18/83 - JE I Nr. 33).

2. Entgegen der Auffassung des Klägers begründet die Tatsache, dass in die Abschussplanung verschiedene Behörden des Beklagten eingebunden sind, keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abschussplans und damit an der Klageabweisung.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG ist der (vom Jagdausübungsberechtigten) eingereichte Abschussplan von der gemäß Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayJG zuständigen Kreisverwaltungsbehörde als Untere Jagdbehörde zu bestätigen, wenn er den Vorschriften des § 21 Abs. 1 BJagdG und des Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG entspricht und im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand oder dem Inhaber des Eigenjagdreviers aufgestellt ist; andernfalls wird der Abschussplan von der Behörde festgesetzt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 AVBayJG). Den zuständigen Forstbehörden (gemäß Art. 27 Abs. 1 Nr. 2 BayWaldG sind untere Forstbehörden die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) ist vor der Abschussplanung Gelegenheit zu geben, sich auf der Grundlage eines forstlichen Gutachtens über eingetretene Wildschäden an forstlich genutzten Grundstücken zu äußern und ihre Auffassung zur Situation der Waldverjüngung darzulegen. Die notwendigen Erhebungen sind gemäß Art. 28 Abs. 1 Nr. 10 BayWaldG Aufgabe der Forstbehörden; sie werden bei der Erfüllung von der Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF) unterstützt.

Der Kläger lässt bei seiner Rüge einer unzureichenden Unterscheidung der Zuständigkeiten durch das Verwaltungsgericht unberücksichtigt, dass die forstlichen Gutachten bereits dann zu berücksichtigen sind, wenn er den (zur Bestätigung einzureichenden) Abschussplanungsvorschlag erstellt. Schon im Urteil vom 30. April 1992 hat der Senat festgestellt, dass nicht nur die Untere Jagdbehörde bei der Festsetzung des Abschussplans, sondern auch der Jagdausübungsberechtigte bei der Aufstellung des Abschussplanes an die in den Vorschriften der § 21 BJagdG, Art. 32 BayJG und § 15 AVBayJG genannten Voraussetzungen gebunden ist (vgl. BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 39). Die forstlichen Gutachten als gesetzlich verankerte Grundlage der Abschussplanung werden den Jagdausübungsberechtigten ausdrücklich für die Zwecke der Abschussplanung zur Verfügung gestellt. Es ist folglich sowohl dem Kläger als auch den sonstigen mit der Abschussplanung befassten Personen ohne weiteres möglich, den Inhalt der forstlichen Gutachten von der Abschussfestsetzung der Unteren Jagdbehörde zu unterscheiden. Das forstliche Gutachten muss (ebenso wie jedes andere Gutachten) in der Entscheidung (im Festsetzungsbescheid) nicht vollständig wiedergegeben werden. Es ist vom Gericht auch dann in vollem Umfang in die Überprüfung der Abschussplanfestsetzung einzubeziehen, wenn nicht alle seine Einzelheiten im Bescheid der Unteren Jagdbehörde enthalten sind.

Nachdem der Wildverbiss allgemein und insbesondere bei der natürlichen Waldverjüngung das wichtigste Indiz zur Beurteilung der Frage darstellt, ob der Wildbestand überhöht ist (vgl. Nr. 3), sind die Forstbehörden besonders geeignet zu dieser Beurteilung und zur Sammlung und Bewertung aller weiteren, mit den Verbissfeststellungen abzuwägenden Indizien mit Aussagekraft bezüglich der Wildbestandshöhe. Aufgrund des landesweiten Behördennetzes, das seit 1986 die forstlichen Gutachten erstellt, sind sie in besonderer Weise in der Lage, auf Erfahrungen zurückzugreifen und vergleichende Bewertungen vorzunehmen.

Insgesamt ist die Beauftragung der Forstbehörden mit der Erstellung von Gutachten für die Abschussplanung durch das Bayerische Jagdgesetz sachgerecht und würde sich auch ohne eine gesetzliche Regelung aufdrängen. Da die Argumentation des Beklagten im Bescheid vom 8. August 2016 auf dem Forstlichen Gutachten aus dem Jahr 2015 und der ergänzenden Revierweisen Aussage fußt (siehe S. 6 des Bescheids), macht sich der Beklagte die dortigen Ausführungen in nicht zu beanstandender Weise zu eigen.

3. Die gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 BayJG eingeholten forstlichen Gutachten, in denen der Zustand der Vegetation und der Waldverjüngung insbesondere im Hinblick auf die Einwirkungen des Schalenwildes dargestellt und bewertet wird, begründen entgegen der Auffassung des Klägers keinen Rechtsanwendungsfehler. Das Forstliche Gutachten 2015 und die Revierweise Aussage 2015 sind der Abschussplanung zu Recht zu Grunde gelegt worden.

Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr auf die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Beweiserhebung und hierbei etwa begangenen Rechtsfehler an. Nachdem der streitgegenständliche Abschussplan durch die forstlichen Gutachten gestützt wird (wovon auch das Verwaltungsgericht ausgeht), ist die Frage unerheblich, ob der Abschussplan in den vom Verwaltungsgericht erhobenen Beweisen noch eine weitere Stütze hat.

3.1 Die bei der Gutachtenserstellung angewendeten Grundsätze sind nicht zweifelhaft.

3.1.1 Der Umstand, dass Bedienstete des Beklagten die Gutachten erstellen, begründet nicht ihre organisatorische Befangenheit. Zum einen sind sie dadurch in besonderer Weise der Beachtung rechtlicher Vorgaben, zur Objektivität und dem Gemeinwohl verpflichtet. Zum anderen sind die behördlichen Mitarbeiter im Rahmen des Beamtenverhältnisses vor rechtswidrigen Einflussnahmen besonders geschützt; im Prozess sind sie als Zeugen, nicht aber als Partei zu hören. Die Beteiligung von Fachbehörden ist im Verwaltungsrecht nicht unüblich. In wasserrechtlichen Verwaltungsverfahren ist die Einschaltung des Wasserwirtschaftsamtes als Fachbehörde und amtlicher Sachverständiger ständige Praxis und von der Rechtsprechung mit Vorrang gegenüber privaten Gutachtern gebilligt (vgl. BayVGH, B.v. 17.5.2018 - 8 ZB 16.1977 und 8 ZB 16.1979 - juris). In beamtenrechtlichen Verfahren werden Amtsärzte in besonderem Maße als neutral und unabhängig erachtet, denn sie unterliegen den beamtenrechtlichen Grundpflichten, insbesondere der Pflicht, die übertragenen Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2006 - 1 D 10/05 - juris Rn. 37 ff.; U.v. 5.6.2014 - 2 C 22/13 - juris Rn. 20).

Eine Bindung an voreingenommen oder sachwidrig erstellte Gutachten ist ebenso wie bei Gutachten in anderen Bereichen nicht gegeben und wird auch von der gesetzlichen Regelung nicht vorgeschrieben (vgl. BVerwG, B.v. 26.01.1993 - 3 B 125/92 - juris Rn. 3). Das forstliche Gutachten unterscheidet sich insoweit nicht vom allgemeinen Begutachtungswesen, bei dem eine Voreingenommenheit des Gutachters, die Zugrundelegung eines falschen oder unvollständigen Sachverhalts, die unrichtige Feststellung, Gewichtung oder Bewertung eines Anhaltspunkts, Verstöße gegen Denkgesetze oder gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse usw. vorkommen können. Die für die Gutachtenserstellung entwickelten Methoden bedürfen daher keiner normativen Verankerung (vgl. BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 53). Liegt ein unvoreingenommen und sachkundig erstelltes sowie auch in seinen Schlussfolgerungen nicht erfolgreich angegriffenes Gutachten vor, bleibt es - wie ein einwandfreies Gutachten mit anderer Thematik - auch im Streitfall zwischen den Beteiligten maßgeblich und ist eine weitere Beweiserhebung zur begutachteten Frage nicht veranlasst. Die Klageerhebung als solche ist kein hinreichender Grund, sachgerecht gewonnene Erkenntnisse zu übergehen.

3.1.2 In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Senat (BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 55 ff.) entgegen der Ansicht des hiesigen Klägers festgestellt, dass die forstlichen Gutachten nicht gesondert für jedes Jagdrevier anstatt für die Hegegemeinschaft insgesamt erstellt werden (ebenso Senatsurteil v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 95). Der Senat hat ausgeführt, in Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG spreche der Gesetzgeber nicht davon, dass der Zustand der Vegetation im jeweiligen einzelnen Jagdrevier zu berücksichtigen sei, sondern generell vom Zustand der Vegetation. In gleicher Weise spreche § 21 BJagdG allgemein von den berechtigten Ansprüchen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden und den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege. Außerdem beschränke sich der Lebensraum des Schalenwildes nicht auf das einzelne Jagdrevier, sondern erstrecke sich auf größere Flächen. Das Abstellen auf die Hegegemeinschaft und nicht auf das einzelne Jagdrevier entspreche letztlich auch den Bestimmungen in § 10a BJagdG und Art. 13 BayJG, denen zufolge die Hegegemeinschaften zum Zweck der Hege des Wildes gebildet werden und um eine ausgewogene Hege der vorkommenden Wildarten und eine einheitliche großräumige Abschussregelung zu ermöglichen. Um letzteres zu erreichen, sei es daher sinnvoll, die für die Abschussregelung vorgeschriebene maßgebliche Grundlage, nämlich die forstlichen Gutachten, ebenfalls für den Großraum der Hegegemeinschaft zu erstellen. Zwar ist der Abschussplan für das jeweilige Jagdrevier zu erstellen (vgl. § 21 Abs. 2 BJagdG sowie BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris). Dies schließt eine großräumigere Untersuchung und Beurteilung des Vegetationszustands und der Naturverjüngung keineswegs aus, zumal ausschließlich kleinräumige Ermittlungsversuche deutlich größere Unschärfen zur Folge hätten. Anhaltspunkten für die Erforderlichkeit einer Differenzierung kann sowohl im Hegegemeinschaftsgutachten als auch im Zuge der Abschussplanaufstellung Rechnung getragen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Arbeitsanweisung für die Erstellung der Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015.

3.1.3 Zwischenzeitlich hat der Beklagte seine Methodik zur Erstellung der Gutachten zur Situation der Waldverjüngung weiterentwickelt und verfeinert (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, Stand 1.5.2018, Nr. 15.32, zu Art. 32 BayJG Anm. 3.1.4). Seit dem Jahr 2012 werden die Hegegemeinschaftsgutachten durch Revierweise Aussagen zur aktuellen Verjüngungs- und Verbisssituation im Jagdrevier ergänzt. Diese werden für die Jagdreviere in den „roten“ Hegegemeinschaften erstellt, in denen im vorangegangenen Hegegemeinschaftsgutachten die Verbissbelastung als „zu hoch“ oder „deutlich zu hoch“ bewertet worden ist (vgl. die Anweisung zur Erstellung der ergänzenden Revierweisen Aussagen zum Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 - nachfolgend: AnweisungRA - Einleitung, S. 3) und in denen folglich Handlungsbedarf besteht. Die Revierweisen Aussagen sind laut AnweisungRA gutachtliche Feststellungen, die im Wesentlichen auf den örtlichen Erfahrungen der jeweils zuständigen Forstbeamten beruhen. Sie sollen sich daneben möglichst auch auf Erkenntnisse stützen, die aus gemeinsamen Revierbegängen, aus Weiserflächen, aus den Aufnahmen zur Verjüngungsinventur für das Hegegemeinschaftsgutachten, aus einfachen Traktverfahren o.ä. seit der Erstellung des vorangegangenen Forstlichen Gutachtens gewonnen werden. Die Revierweisen Aussagen sind Teil des Forstlichen Gutachtens für die Hegegemeinschaft. Revierweise Aussagen können nur für Jagdreviere erstellt werden, in denen es für die Beurteilung geeignete Verjüngungsbestände gibt (vgl. AnweisungRA, Nr. 2.1 Allgemeines, S. 4). Wesentlicher Maßstab bei beiden Begutachtungen ist das Erreichen des sogen. Waldverjüngungsziels. Angesichts der durch die Revierweisen Aussagen verbreiterten Gutachtensbasis stellt sich die vom Kläger problematisierte Frage nicht, ob die hegegemeinschaftsweise Begutachtung eine ausreichende Grundlage für die Abschussplanung bilden kann.

3.1.4 Die von den Bayerischen Forstbehörden entwickelte Gutachtensmethodik ist rational und beruht ersichtlich auf vernünftigen Überlegungen; ein Widerspruch zu Denkgesetzen oder zu wissenschaftlichen Erkenntnissen ist weder im hiesigen Verfahren noch in einem anderen dem Senat bekannten Verfahren dargetan worden. Nachdem Anzeichen für eine generelle Untauglichkeit des Begutachtungsverfahrens weder bekannt noch überzeugend vorgetragen sind, ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Begutachtung, die bereits im Hinblick auf die Anweisung eine forstwissenschaftliche Grundlage hat, auf in Jahrzehnten gewonnenen forstfachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht.

3.1.5 Der Kläger meint, die Ermittlung des Wildbestandes im Jagdrevier sei in den forstlichen Gutachten unzureichend und dem Aktenstand widersprechend erfolgt und die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen sowie die einschlägige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung seien verkannt worden. Dies ist nicht der Fall.

3.1.5.1 Der Senat hat im Urteil vom 19. Mai 1998 (U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 96) festgestellt, dass der Wildbestand nach den bisherigen Erfahrungen und den übereinstimmenden Auffassungen aller Experten nicht sicher festgestellt werden kann (zum diesbezüglichen Problembewusstsein des Klägers vgl. Abschnitt II. B lit. a 4.) und es deshalb auch nicht Aufgabe der forstlichen Gutachten ist, den konkreten Wildbestand für das einzelne Jagdrevier oder für die Hegegemeinschaft zahlenmäßig zu ermitteln. Hieran ist festzuhalten. Das Wild wechselt - auch wenn manche Arten relativ standorttreu sind - über die Grenzen von Revieren und Hegegemeinschaften hinweg. Neben den sachlichen Schwierigkeiten für eine belastbare Wildzählung (in Abschnitt II.1 der Richtlinien für die Hege und Bejagung des Schalenwildes in Bayern - Bek. v. 9.12.1998, AllMBl. 1999, 73, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 31.8.2012, AllMBl S. 596 - Hegerichtlinie - wird eine Zählung ohnehin nur für Rotwild, Damwild und Muffelwild in Betracht gezogen und darüber hinaus eine Prüfung der Frage der Brauchbarkeit für nötig erachtet) darf die Unsicherheit nicht übersehen werden, die aus dem Umstand resultiert, dass dem Jagdrechtsinhaber die Auswirkungen der von ihm gelieferten Zahlen auf den Abschussplan bekannt sind. Angesichts der nachhaltigen Ablehnung maßgeblicher jagdrechtlicher Vorschriften durch den Kläger ist diese Unsicherheit vorliegend besonders groß. Das gewichtigste Indiz für die zentrale Frage der Angemessenheit des Wildbestands ist der Wildverbiss (in Nr. 4 der Anweisung wird artübergreifend von Schalenwildverbiss gesprochen), weil er von allen zu berücksichtigenden Umständen (die gesammelt, bewertet, gewichtet und abgewogen werden müssen) die höchste Aussagekraft für die Verträglichkeit des Wildbestandes mit den übrigen Bestandteilen der Natur (und damit für die Funktionsfähigkeit ihres Wirkungsgefüges) und mit den menschlichen Interessen (insbesondere dem Interesse am Schutz des Grundeigentums) besitzt. Die Überlegung, dass der Umfang des Jungwaldverbisses im Zuge der Nahrungsaufnahme in engem Zusammenhang mit dem Schalenwildbestand steht, ist ohne weiteres nachvollziehbar und plausibel. Das Ziel der Ermöglichung der natürlichen Waldverjüngung der standortgemäßen Baumarten, das eine entsprechende Begrenzung des Wildverbisses erfordert, ist nicht nur in Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG und Art. 1 Abs. 2 Nr. 2, 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayWaldG vorgeschrieben; auch die zutreffende Abwägung der in § 21 BJagdG genannten Belange führt zu diesem Gemeinwohlerfordernis. Das Bundesverwaltungsgericht weist in seiner Entscheidung vom 19. März 1992 (3 C 62/89 - juris Rn. 27) darauf hin, dass auch ein Abschussvorschlag auf der Grundlage einer Wildzählung anhand weiterer Anhaltspunkte (insbesondere der Verbissbelastung) untersucht werden muss. Das Ausmaß des vom Wild verursachten Pflanzenverbisses wird nicht nur durch den Wildbestand, sondern auch durch die variierenden natürlichen Verhältnisse im jeweiligen Jagdrevier beeinflusst (zu deren Bedeutung vgl. BVerwG, U.v. 19.3.1992, a.a.O., Rn. 28), sodass eine Fokussierung auf den absoluten Wildbestand auch dann nicht zielführend wäre, wenn er verlässlich ermittelt werden könnte. Die besondere Beachtung des Wildverbisses in den forstlichen Gutachten ist deshalb entgegen der Auffassung des Klägers keineswegs fachlich fragwürdig.

Insgesamt sind die hinsichtlich des Bestands von Schalenwildarten im Jagdrevier gewonnenen Eindrücke (nach Überprüfung ihrer Brauchbarkeit), das nach Maßgabe von § 16 Abs. 6 AVBayJG erhobene oder sich aus Wildstrecken ergebende Zahlenmaterial, erfahrungsgestützte flächenbezogene Durchschnittswerte u. ä. in die Überlegungen einzubeziehen (als Anhaltspunkte von sehr unterschiedlichem Gewicht), jedoch eher dann, wenn es um die Abschussfestlegung für eine bestimmte Schalenwildart geht (Rotwild, Gamswild, Rehwild), und weniger bei der Beurteilung der Angemessenheit des Schalenwildbestandes.

Das landesweit einheitliche Erhebungsverfahren - nach Maßgabe der Anweisung für die Erstellung der Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 sowie der Anweisung zur Erstellung der ergänzenden Revierweisen Aussagen zum Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 - ermöglicht die Einbeziehung unterschiedlicher Naturräume und Waldstrukturen. Die forstlichen Gutachten werden also nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass sich der Wald in der gegenständlichen Hegegemeinschaft in unterschiedliche Vegetationszonen gliedert (das Gutachten beschreibt Fichtenhochlagenwälder in den höheren Lagen

< höher als 1600 m üNN >, Bergmischwälder an den Unter- und Mittelhängen sowie Feucht- und Moorwälder in den Ebenen). Anhaltspunkte für eine Unbrauchbarkeit des Verfahrens unter bestimmten Standortbedingungen sind weder bekannt noch werden sie vom Kläger vorgetragen.

Wesentliche Grundlage der forstlichen Gutachten sind die Ergebnisse der Verjüngungsinventur. Mit diesem systematisch durchgeführten Stichprobenverfahren werden die natürliche Waldverjüngung sowie der Wildverbiss auf Hegegemeinschaftsebene erfasst. Anhand eines bayernweiten Gitternetzrasters werden je Hegegemeinschaft 30 bis 40 „Verjüngungsflächen“ (Stichproben-Flächen) festgelegt, auf denen durch die Untere Forstbehörde Daten zur Waldverjüngung anhand eines genau festgelegten Verfahrens erhoben werden. Aufgrund des Strichprobenverfahrens sind bei vertretbarem Arbeitsaufwand Feststellungen möglich, die für die Hegegemeinschaft repräsentativ sind.

Die seit dem Jahr 1986 praktizierte und währenddessen verbesserte Methodik der Stichproben-Verjüngungsinventur ist für den Zweck der Bestandsregulierung geeignet, angemessen und ausreichend und beachtet die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 52 ff.). Sie hat sich in der Praxis - auch für den Bergwald - als tauglich erwiesen und bewährt. Die Fortschreibung der Inventur im Turnus von drei Jahren gewährleistet eine stetige Aktualisierung und erlaubt durch den fortlaufenden Vergleich die Ableitung von Entwicklungen und Trends, insbesondere bei Waldentwicklung und Wildbestand. Ansätze zur Verbesserung des Begutachtungsverfahrens, die der Beklagte unbeachtet gelassen hat, sind vom Kläger nicht aufgezeigt worden und auch sonst nicht erkennbar. Es liegt auf der Hand, dass schon aus wirtschaftlichen Gründen keine vollflächige Waldverjüngungsinventur zum Zwecke der Bestandsregulierung beim Schalenwild in einem Turnus von drei Jahren erstellt werden kann. Ein gewisses Maß an Fehlerhaftigkeit oder Ungenauigkeit ist einem solchen Stichprobenverfahren systemimmanent. Angesichts des Rahmens, in dem das Stichprobenverfahren durchgeführt wird, ist es auch tolerabel. Zielsetzung ist die Regulierung von Beständen herrenloser Wildtiere, deren Erhöhung nicht gefordert werden kann (BayVGH, U.v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - juris Rn. 76 m.w.N.). Es kommt hinzu, dass die Waldverjüngungsinventur das wichtigste, aber nicht das einzige Indiz ist, anhand dessen die Wildbestände hinsichtlich ihres Umfangs eingeordnet und als überhöht oder nicht überhöht beurteilt werden. Die Anweisung berücksichtigt, dass topographische, vegetative, kulturelle und andere Besonderheiten des Jagdbereichs (die von jedem Beteiligten vorgetragen werden können und denen bei hinreichend substantiierter Geltendmachung nachgegangen werden muss) dazu führen können, dass ein Wildbestand als umwelt- und kulturverträglich einzuschätzen ist, der es ohne diese Besonderheiten nicht wäre (und umgekehrt).

Nachdem es sich bei der Waldverjüngungsinventur um ein repräsentatives, mit gleichmäßig verteilten Rasterpunkten arbeitendes Stichprobenverfahren handelt, wird ihre Brauchbarkeit nicht durch den Nachweis abweichender Verhältnisse in einzelnen Teilen der Hegegemeinschaft oder gar in Teilen eines einzelnen Jagdreviers in Frage gestellt, denn bei einem solchen Verfahren ist in wieder anderen Teilen mit Abweichungen in die Gegenrichtung zu rechnen. Die Richtigkeit ihrer Ergebnisse könnte lediglich durch eine andere Ermittlungsweise in Frage gestellt werden, die ebenfalls mit guten Gründen den Anspruch auf Repräsentativität erheben kann oder die die Fläche der Hegegemeinschaft oder des Jagdreviers komplett erfasst. Derartiges hat der Kläger jedoch nicht dargelegt.

Er hat im Zulassungsverfahren lediglich einen Standort, den Bereich der sogen. Mahdwanne, benannt, an dem seiner Auffassung nach eine ausreichende Tannenverjüngung nachgewiesen werden kann, also nichts angeführt, was den Anspruch auf Repräsentativität erheben konnte. Obwohl es demzufolge nicht auf diesen Standort ankommt, stellt der Senat fest, dass auch nach dem Ergebnis des Zulassungsantragsverfahrens die Umstände an diesem Standort nicht gegen die Auffassung sprechen, der Verbissdruck auf die Tanne sei allgemein zu hoch. Die Forstverwaltung hat diese lokale Besonderheit nicht in Abrede gestellt. Sie hat allerdings zum einen darauf hingewiesen (Schreiben vom 12.12.2016), dass auch bei diesem Standort ein nicht unerheblicher Umfang von Schalenwildverbiss vorliegt, und zum anderen für den Senat nachvollziehbar erläutert, dass besondere Standortfaktoren gegeben sind. Die sogen. Mahdwanne liegt in der Nähe eines Wanderweges und im Umfeld einer Jagdhütte. Es ist ohne weiteres plausibel, dass derartige Standortverhältnisse infolge ihres erhöhten Störungspotentials ein verstärktes Meidungsverhalten beim Schalenwild auslösen und in der Konsequenz zu einer geringer ausgeprägten lokalen Verbissrate bei der Tanne führen.

Die Erzielung repräsentativer Ergebnisse wird durch die Möglichkeit vereinzelter Fehlbeurteilungen bei der Gutachtensbestimmung von Schadursachen (in die eine oder die andere Richtung) nicht ausgeschlossen. In Frage kommen Weidevieh, Feldhasen, Kaninchen, Mäuse, Eichhörnchen, biotische bzw. abiotische Ursachen, Fällungs- und Rückschäden. Der Anweisung ist zu entnehmen, dass sich der Beklagte der Schwierigkeit der Klärung von Schadursachen durchaus bewusst ist (vgl. Anweisung Nr. 4, S. 20 sowie die vom Antragsgegner im Verfahren 19 N 14.1022 mit Schriftsatz vom 15.5.2017 vorgelegten Beurteilungshilfen). Die „methodischen Differenzierungshilfen und -vorgaben“ sind bei Umsetzung durch die fachlich erfahrenen Mitarbeiter der Forstverwaltung geeignet, eine fehlerhafte Zuordnung von Verbissschäden weitestgehend auszuschließen. Darüber hinaus sind sinnvolle und die Mittel-Zweck-Relation beachtende Alternativen weder vom Kläger aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Eine Installation und Auswertung von Wildkameras, die die Natur zeitlich und örtlich vollständig erfassen, erscheint für die Klärung von Schadursachen ebenso wenig praktikabel wie die flächendeckende Klärung der Schadensurheberschaft über DNA-Gutachten (Senatsbeschluss v. 6.2.2017 - 19 ZB 16.1026 - juris Rn. 10 ff.). Der für die landesweite Erhebung erforderliche wirtschaftliche Aufwand stünde nach der zutreffenden verwaltungsgerichtlichen Beurteilung (UA S. 26) völlig außer Verhältnis zur verfolgten Zielsetzung einer Wildbestandsregulierung. Mit den forstlichen Gutachten und den Revierweisen Aussagen werden dem Kläger unter Aufwendung erheblicher öffentlicher Mittel die notwendigen Grundlagen für die gebotene Regulierung der Schalenwildbestände, für die er als Jagdausübungsberechtigter in erster Linie die Verantwortung trägt, an die Hand gegeben.

3.1.5.2 Dem Kläger ist es nicht gelungen, anhand einer vom Klägerbeistand konzipierten (in einer Daten-CD dokumentierten) Verwertung von Zahlen zu nicht verbissenen Pflanzen, die bei der Waldverjüngungsinventur angefallen sind, die Feststellung in den forstlichen Gutachten in Zweifel zu ziehen, dass das Waldverjüngungsziel gefährdet ist.

Das auf die Zahl der verbissenen Pflanzen abstellende Begutachtungsverfahren des Beklagten wird langjährig praktiziert und ist fachlich nachvollziehbar und anerkannt. Seine Funktionalität erhöht sich durch die in dreijährigem Turnus durchgeführten Wiederholungen, bei denen der vorgefundene Waldzustand vor dem Hintergrund eines dreijährigen Jagdverhaltens festgestellt wird, sodass sich Erkenntnisse nicht nur betreffend künftige forstfachliche Abschussempfehlungen ergeben, sondern auch betreffend die Angemessenheit der vorherigen Abschussempfehlung und die Weiterentwicklung von Begutachtungsvorgaben. Die Angriffe des Klägers gegen dieses Begutachtungsverfahren haben keine forstfachliche Grundlage. Die Geeignetheit der von der Klägerseite für richtig gehaltenen, in der vorgelegten Daten-CD des Klägerbeistandes dokumentierten Einschätzung der natürlichen Waldverjüngung anhand einer Hochrechnung von Zahlen unverbissener Pflanzen im Äserbereich aus der Waldverjüngungsinventur ist durch nichts belegt. Diese Hochrechnung ermöglicht - auch wenn vorgetragen wird, der Klägerbeistand verfüge über die Große Forstliche Staatsprüfung - keine belastbaren Feststellungen hinsichtlich der Einhaltung des Waldverjüngungsziels. Die Rüge des Klägers, die örtliche Pflanzendichte werde bei der Verbissprozentberechnung auch nicht ansatzweise berücksichtigt, zieht die Gutachtensmethodik nicht ernstlich in Zweifel. Der Beistand des Klägers hat den relativ kleinräumigen Befund an unverbissenen Pflanzen aus der Waldverjüngungsinventur auf die Fläche eines Hektars hochgerechnet und das Ergebnis mit forstbehördlichen Pflanzempfehlungen für die Neubegründung von Wald-Reinkulturen abgeglichen. Die Pflanzempfehlungen haben jedoch keinerlei Bezug zur vorliegenden Thematik; darüber hinaus ist von der Klägerseite nicht auf den Umstand eingegangen worden, dass ihre Verwendbarkeit von Fläche, Standortbedingungen und Waldtyp abhängig ist. Eine forstfachliche Grundlage für die Verknüpfung der beiden Faktoren wurde nicht dargelegt. Die Einwände der Unteren Forstbehörde hinsichtlich der Repräsentativität der klägerseitigen Berechnung wurden ebenfalls nicht widerlegt (vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 1.3.2017 vor dem Verwaltungsgericht). Die Klägerseite hat sich nicht damit auseinander gesetzt, dass das Ergebnis des Forstgutachtens ausweislich der ihm zugrunde liegenden Anweisung nicht der Verbissrate entspricht, sondern der Zusammenschau einer Vielzahl von Vorgaben, Feststellungen und Bewertungen, zu denen die Verbissrate gehört, und dass diese Begutachtungsregeln auf die Relevanz der Verbissquote abgestellt sind. Beispielsweise wird in die Waldverjüngungsinventur nicht jedwede Verjüngungsfläche einbezogen und müssen die Aufnahmeflächen gewissen Mindestanforderungen genügen, damit die Verbissfeststellungen verwertbar sind. Die jeweilige Fläche muss nach Nr. 3 der Anweisung mindestens 1.300 Verjüngungspflanzen je Hektar aufweisen (entspricht ungefähr einer Pflanze je acht Quadratmeter), die Spitze des Leittriebs der Verjüngungspflanzen muss unter der maximalen Verbisshöhe liegen und die Länge der längsten, die Verjüngungsfläche durchquerenden Geraden muss mindestens 50 m betragen (40 m Aufnahmegerade zuzüglich jeweils 5 m zum Rand). Um aus der Zahl unverbissener Pflanzen realitätsnahe Schlüsse auf die Waldverjüngung ziehen zu können, müssten - soweit dies überhaupt möglich ist - Bedingungen definiert werden, die für eine solche Methodik spezifisch sind. Mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angesprochenen Umstand, dass nicht jede unter genau definierten Bedingungen als unverbissen aufgenommene Pflanze auch tatsächlich aufkommt, hat sich die Klägerseite nicht auseinandersetzt. Dieser Umstand drängt sich jedoch auf, nachdem die Schadensrate weiter steigt, solange die Pflanze im Äserbereich ist, und die Aufwuchschancen allgemein umso geringer sind, je dichter Jungpflanzen stehen. Das Ergebnis der vom Klägerbeistand entwickelten Zahlenverwendung belegt die Untauglichkeit seines Auswertungskonzepts. Obwohl nach unzweifelhafter forstbehördlicher Feststellung die Zahl der dem Äser entwachsenen Tannen äußerst gering ist und ganz erheblich unter dem Maß liegt, das standortgemäß wäre, kommt die klägerseitige Auswertung zu einem umfangreichen Tannenbestand.

3.2 Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Untere Forstbehörde bei der Erstellung der forstlichen Gutachten die Vorgaben der Arbeitsanweisungen missachtet hätte. Die von der Begründung des Zulassungsantrags in Bezug genommenen Schriftsätze vom 9. November 2016, 20. Dezember 2016 und 16. Januar 2017 enthalten keine hierauf bezogenen Rügen. Sonstige ergebnisrelevante Fehler der Waldverjüngungsinventur hat er ebenfalls nicht dargelegt. Bei Berücksichtigung sämtlicher verfügbarer Informationen über den Wildbestand ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte unzutreffend von einem wesentlich überhöhten Wildbestand und der dementsprechend festgelegten Abschussnotwendigkeit ausgegangen ist.

3.2.1 Eine Fehlerhaftigkeit der forstlichen Gutachten im Zusammenhang mit dem in Teilen des Eigenjagdreviers praktizierten Schafbeweidungsrecht hat der Kläger nicht dargelegt.

3.2.1.1 Der Kläger hat auch insoweit nicht schlüssig dargelegt, dass die Anweisungen missachtet worden wären.

Die Anweisung stellt in Abschnitt 3.4.4.3 Nr. 4 Buchst. a zur Thematik des Weideviehverbisses fest, dass eine Abgrenzung von älterem Schalenwildverbiss (Sommerverbiss) vom älterem Verbiss durch Weidevieh schwierig ist. Eine Herausnahme von Aufnahmepunkten aus der Verjüngungsinventur wegen ihrer Lage im Bereich von zulässiger Waldweide ist nicht vorgesehen. In Zweifelsfällen seien Pflanzen, die vermutlich vom Weidevieh verbissen worden seien, als „nicht verbissen“ zu werten. Diese Vorgehensweise trägt der Verwechslungsgefahr angemessen Rechnung.

Das Forstliche Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 für die Hegegemeinschaft W. weist entsprechend Nr. 4.4.2 der Anweisung bei Nr. 4 der Allgemeinen Angaben eine Weiderechtsbelastung der Waldfläche von 20% aus. Auch die ergänzende Revierweise Aussage für das Eigenjagdrevier E.-We. folgt in Nr. 2.4 (Ergänzende Anmerkungen zur Verjüngungssituation; ebenso bei der Kurzbeschreibung des Jagdreviers unter Nr. 1) der AnweisungRA, wenn entsprechend Nr. 2.3 der AnweisungRA die Weiderechtsbelastung in Hochlage auf O.r Gemeindegebiet (also in dem zum O.r Gemeindegebiet gehörenden Teil des Eigenjagdreviers) erwähnt wird. Diese Angabe zeigt vielmehr, dass bei Erstellung der Gutachten das diesbezügliche Problembewusstsein vorhanden gewesen ist. Dass diese Waldweiderechte von den Berechtigten auch ausgeübt werden, ist unbestritten. Jedoch liegen die Aufnahmepunkte zur Waldverjüngungsinventur nicht auf Ohlstädter Gemeindegebiet, sodass insoweit eine fehlerhafte Verbisszuordnung von vornherein nicht in Betracht kommt.

3.2.1.2 Der Kläger behauptet, die von diesen Rechten ausgehende Weidebelastung habe sich tatsächlich nicht auf das O.r Gebiet beschränkt; Schafe hätten sich in relevantem Umfang auch in anderen, zum E.r Gemeindegebiet gehörenden Bereichen des Eigenjagdreviers aufgehalten sowie in den nördlich daran angrenzenden Gemeinschaftsjagdrevieren O. I und O. II (insoweit ist die Darstellung des Klägers unrichtig, das Revier O. II grenze unmittelbar an das Eigenjagdrevier an); der von ihnen verursachte Verbiss sei im Zuge der Verjüngungsinventur fehlerhaft als Schalenwildverbiss eingeordnet worden. Die Behauptung einer Weidebelastung im Eigenjagdrevier jenseits des O.r Gemeindegebiets ist jedoch ohne Substanz.

Es trifft zwar zu, dass sich Weideschafe auf Futtersuche in der Natur allgemein nicht an menschliche Grenzziehungen halten, und auch vorliegend ist davon auszugehen, dass der mit Weiderechten belastete Bereich nicht exakt eingehalten worden ist (zum Zurücktreiben tierischer Grenzverletzer durch die Weiderechtsinhaber vgl. das AELF-Schreiben vom 16.1.2017). Zum einen ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Waldweide nur während der Vegetationsperiode stattfindet, während das Schalenwild ganzjährig in der Natur verweilt; der Kläger berichtet selbst vom Auftrieb und Abtrieb der Weidetiere. Zum anderen hat die Zeugeneinvernahme des Verwaltungsgerichts ergeben, dass keine belastbaren Anhaltspunkte für eine Verfälschung der Verjüngungsinventur im Sinn eines repräsentativen Stichprobenverfahrens in relevantem Umfang durch den Verbiss von Weideschafen sprechen. Der fachkundige Zeuge H. hat - vom Kläger unbestritten - angegeben, mit einer gewissen Regelmäßigkeit im Eigenjagdrevier unterwegs gewesen zu sein, und bekundet, dass er bei seinen Begängen keine Schafe außerhalb der Weiderechtsbereiche gesehen hat, ihm von Eigentümern von in das Eigenjagdrevier eingegliederten Grundstücken über den Aufenthalt von Weideschafen nichts berichtet worden ist und er Anzeichen für die Anwesenheit von Weideschafen (Losung, Trittspuren, Weiserpflanzen) nicht hat feststellen können. Entgegen der Auffassung des Klägers ist keine Motivlage erkennbar, die dem Zeugen H. Anlass zu falschen Angaben gegenüber dem Verwaltungsgericht bieten hätte können. Es spricht zwar viel dafür, dass zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. Spannungen bestehen. Für persönliche Aversionen des Zeugen H., der lediglich dienstlich mit dem Kläger in Kontakt steht, sind jedoch keine Anhaltspunkte erkennbar. Der Kläger dagegen, der das überkommene trophäenorientierte Jagdinteresse verfolgt, sieht sich zu einem Feldzug gegen die Behörden berufen, die um die Umsetzung des gesetzlichen Grundsatzes „Wald vor Wild“ bemüht sind (Senatsurteil v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - Rn. 65 ff., insbesondere Rn. 74) und denen der Zeuge H. angehört. Der Bruder des Klägers hat bekundet, im Eigenjagdrevier an verschiedenen Stellen und zu verschiedenen Zeiten Weideschafe gesehen zu haben. Er hat diese Angaben jedoch in keiner Weise substantiiert, etwa durch einigermaßen detaillierte Angaben zu Zeit und Ort und zum Maß der Weidebelastung. Er hat auch von Anzeichen für die Anwesenheit von Weideschafen (Losung, Trittspuren, Weiserpflanzen) nichts berichtet. Eine Auseinandersetzung der Klägerseite mit den diesbezüglichen Angaben des Zeugen H. ist nicht erfolgt. Bei der Bewertung der Angaben des Bruders des Klägers ist - unabhängig von der Frage, ob diese Vernehmung eines Mitinhabers des Eigenjagdreviers zulässig gewesen ist (vgl. insoweit § 173 VwGO i.V.m. §§ 447, 448 ZPO, vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1980 - 3 B 2.79 - DÖV 1980, 650 und B.v. 22.8.1974 - III C 15/73 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 17) - zu berücksichtigen, dass angesichts der nahen Verwandtschaft zum Kläger und der Mitinhaberschaft am Eigenjagdrevier von einem massiven persönlichen Interesse am Verfahrensergebnis auszugehen ist. Schließlich hat der Kläger selbst, der als Jagdausübungsberechtigter für das Eigenjagdrevier an allererster Stelle verantwortlich ist und bei dem auch deshalb von der intensivsten Präsenz dort auszugehen ist, über die vereinzelten Wahrnehmungen seines Bruders hinaus keinerlei weitere Feststellungen zum Aufenthalt von Schafen im E.r Teil des Eigenjagdreviers vorgetragen und auch keinerlei feststellbare oder festgestellte Anzeichen für die Anwesenheit von Schafen benannt; er hat auch nicht vorgetragen, jemals persönlich Schafe im Eigenjagdrevier gesehen zu haben. Schließlich ist die im Schreiben des AELF vom 16. Januar 2017 enthaltene, im Verfahren nicht bestrittene und angesichts der zivilen Rechtslage nachvollziehbare Praxis von Weiderechtsinhabern, tierische Grenzverletzer zurückzutreiben, einzubeziehen. Bei dieser Verfahrenslage weist die Angabe des Klägers, auch im E.r Teil des Eigenjagdreviers seien Schafe nicht nur vereinzelt herumgewandert, sondern hätten sich dort in wesentlichem Umfang - mit Auswirkungen auf die Verbisssituation - aufgehalten, die erforderliche Substanz nicht auf und stellt sich als lediglich gegriffene Behauptung dar.

3.2.2 Die klägerischen Ausführungen begründen keine ernstlichen Zweifel an den aus der Waldverjüngungsinventur abgeleiteten gutachterlichen Wertungen der Verbisssituation der Landwirtschafts- und Forstbehörde (Forstliches Gutachten: „zu hoch“; Revierweise Aussage: „deutlich zu hoch“).

Nach dem Forstlichen Gutachten 2015 für die Hegegemeinschaft W. können sich die in den Altbeständen vorkommenden Baumarten in der Hegegemeinschaft alle (hinsichtlich der Tanne spricht das Gutachten allerdings nur von „nennenswerten Anteilen“) ansamen. Jedoch sei die Tanne in der Verjüngung spätestens ab 50 cm verschwunden (das Gutachten weist zwar darauf hin, dass die Aussagen für die Tanne aufgrund der gering aufgenommenen Stückzahl statistisch unsicher sind; dieser Relativierung kommt jedoch keine erhebliche Bedeutung zu, weil die wichtigeren Gutachtensaussagen insoweit die tatsächlich festgestellte geringe Stückzahl und das Verschwinden ab 50 cm sind). Hinsichtlich der Edellaubbäume stellt das Gutachten fest, sie könnten sich im Durchschnitt zunächst gut verjüngen (von einem deutlichen Verbissrückgang auch bei dieser Baumart aufgrund der jagdlichen Bemühungen „in einigen Revieren der HG“ ist die Rede). Ein Verbiss von immer noch einem Drittel dieser Bäume sei aber nach wie vor zu hoch. Bei anhaltendem Verbiss in dieser Höhe werde nur lokal und bei sehr stammzahlreichen Verjüngungen eine Entwicklung über Verbisshöhe möglich sein. Auf den meisten Flächen werde es bei diesem Verbissdruck zu starken Wuchsverzögerungen bei gleichzeitig massiven Qualitätsverlusten kommen. Die Edellaubbäume würden bei anhaltendem Verbissdruck in der Folge nach und nach in den Unterstand gedrängt und von der Fichte/Buche Zug um Zug überwachsen. Unterdrückte Edellaubbäume würden sich unter diesen Voraussetzungen nicht behaupten und mittelfristig absterben. Zum Beleg verweist das Gutachten darauf, dass der Anteil der Edellaubbäume in der Verjüngung von 80 cm bis zur max. Verbisshöhe nur noch 11% betrage. Die Verjüngung der noch großflächig vorhandenen Bergmischwälder sei nach wie vor in Frage gestellt.

3.2.3 Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe eine bereits fortgeschrittene Entmischung im Altbestand festgestellt, obgleich die Kammer diesbezüglich über die für diese Feststellung notwendige Fachkunde nicht verfüge. Auch dieses Vorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Klageabweisung.

Die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren umstrittenen Fragen der Entmischung (Wann liegt eine Entmischung vor? Ist eine Entmischung im Eigenjagdrevier bereits eingetreten? Widerspricht die Annahme einer Entmischung dem Inhalt der forstlichen Gutachten 2015?) sind nicht entscheidungserheblich. Etwaige Fehler in den Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Gefahr einer Entmischung des vorhandenen Bergmischwaldes im Altbestand vermögen daher eine Zulassung der Berufung nicht auszulösen. Die in der Revierweisen Aussage getroffene Feststellung zur „Entmischung der Verjüngung“ ist keine selbständige Einschätzung, sondern resultiert ausschließlich aus der durch die Forstbehörde vorgenommenen Bewertung der Verbisssituation. Im Formular für die ergänzende Revierweise Aussage zur Verjüngungssituation erläutert jeweils ein standardisierter Text die im Einzelfall vorgenommene Wertung der Verbisssituation. Diese ist am gesetzlich verankerten Waldverjüngungsziel orientiert (Ermöglichung der Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen, vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG), wobei die Anweisung für die Verbissbelastung insgesamt vier (in der Anweisung näher erläuterte) Bewertungsstufen vorsieht (vgl. Nr. 4.4.4.1 der Anweisung). Aus der Bewertung des Schalenwildeinflusses auf die Waldverjüngung wird die Empfehlung (der Forstbehörde) zur Abschussplanung abgeleitet, wobei neben der aktuellen Situation vor allem auch die zeitliche Entwicklung und die Veränderung des Schalenwildeinflusses berücksichtigt werden (vgl. Nr. 4.4.5 der Anweisung). Mit der im vorliegenden Fall vorgenommenen Bewertung als „deutlich zu hoch“ ist die standardisierte forstfachliche Aussage verknüpft, dass „eine starke Entmischung der Verjüngung gegeben bzw. zu erwarten ist“. Diese Verknüpfung ist zutreffend, weil die Entmischung der Baumarten (Rückgang bzw. Ausscheiden bestimmter Baumarten aus der Waldstruktur) jedenfalls auf lange Sicht die absehbare Folge einer unzureichenden oder unvollständigen Naturverjüngung ist. Es handelt sich somit nicht um eine selbstständige (weitere) Einschätzung der Forstbehörde für das Eigenjagdrevier des Klägers, sondern um die standardisierte forstfachliche Erläuterung der Bedeutung und der Folgen von deutlich überhöhtem Schalenwildverbiss. Entscheidungserheblich ist somit lediglich die Frage, ob die forstgutachtliche Bewertung des Wildverbisses als „deutlich zu hoch“ zutrifft. Das Verwaltungsgericht hat diese Bewertung als frei von Voreingenommenheit, Kompetenzmängeln und sonstigen Fehlern angesehen und ernstliche Zweifel an dieser Einschätzung des Verwaltungsgerichts sind - wie ausgeführt - nicht dargetan.

3.2.4 Der Kläger wendet sich ferner dagegen, dass das Verwaltungsgericht seine Art der extensiven Waldbewirtschaftung als nicht ordnungsgemäß bewertet hat. Diese Einwände des Klägers können mangels Entscheidungserheblichkeit die Ergebnisrichtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht in Frage stellen. Für die Frage der Richtigkeit der Abweisung der Klage gegen den Abschussplan kommt es einzig und allein auf die Belastbarkeit der forstlichen Gutachten, nicht aber auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den waldbaulichen Zielen der Eigentümergemeinschaft R. und zum gegenwärtigen Waldzustand an. Nach den gesetzlichen Regelungen ist einem überhöhten Verbiss auch dann entgegenzutreten, wenn sich seine langfristigen Folgen noch nicht massiv bemerkbar gemacht haben.

Gleichwohl weist der Senat darauf hin, dass viel für die Einschätzung des Verwaltungsgerichts spricht. Die Abschussregelung des § 21 Abs. 1 BJagdG, die dazu beitragen soll, dass ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt (§ 21 Abs. 1 Satz 2 BJagdG), dient - auch - der Erfüllung des Hegezieles, das in § 1 Abs. 2 BJagdG näher beschrieben ist. Danach hat die Hege die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BJagdG). Die Erhaltung des Wildbestandes muss so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG). Aus der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG folgt, dass die Belange einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung generell den Vorrang vor der jagdlichen Hege genießen und diese begrenzen (vgl. BGH, U.v. 22.5.1984 - III ZR 18/83 - NJW 1984, 2216/2217 sowie Senatsurteil vom 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 89). Dementsprechend gibt das Bayerische Jagdgesetz vor, „Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung durch das Wild möglichst zu vermeiden“ (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG). Der Begriff „ordnungsgemäß“ wird dabei nicht nur von den betriebswirtschaftlichen Erfordernissen des jeweiligen Wirtschaftszweiges bestimmt, sondern auch von den Anforderungen, die die Rechtsordnung an die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Wirtschaftsweise stellt. Für die hier inmitten stehenden Belange der Forstwirtschaft ergibt sich daraus, dass nur eine solche Wirtschaftsweise ordnungsgemäß und somit vorrangig ist, die neben den ökonomischen Zielen auch die ökologischen Forderungen zur Erhaltung des Biotops verfolgt (so BGH a.a.O.), letztlich also den im bayerischen Recht verankerten Grundsatz „Wald vor Wild“ (im Sinne einer Vermeidung von Wildbestandshöhen, bei denen die standortgemäßen Baumarten nicht mehr natürlich aufkommen, vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayWaldG). Die Kontrolle des Schalenwildbestandes ist insoweit Bestandteil der Forstwirtschaft. Aus den forstlichen Gutachten, die vom Kläger nicht erfolgreich in Zweifel gezogen worden sind, ergibt sich, dass er diese Grundsätze nicht hinreichend beachtet, weshalb der festgesetzte Abschussplan grundsätzlich nicht zweifelhaft ist. Die Eigentümergemeinschaft R. gibt ersichtlich der vorgeschriebenen naturnahen Forstwirtschaft nicht den Vorrang vor der Hege, sondern favorisiert eine mit überhöhtem Schalenwildverbiss vereinbare Waldbewirtschaftung ohne hinreichende natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten.

Dieser Aspekt ist bei den Flächen anderer Eigentümer, die in das Eigenjagdrevier eingegliedert sind (zur Übersicht vgl. GA M 7 K 16.3639, Bl. 414), besonders relevant. Nicht „ordnungsgemäß“ ist eine den Zwecken des Bundeswaldgesetzes - BWaldG - vom 2. Mai 1975 (BGBl III 790-18), wie sie in § 1 Nr. 1 bis 3 BWaldG niedergelegt sind, zuwiderlaufende Bewirtschaftung von Flächen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BWaldG soll der Wald im Rahmen seiner Zweckbestimmung ordnungsgemäß und nachhaltig bewirtschaftet werden. Unmittelbar aus Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG folgt, dass die Gewährleistung der Waldverjüngung ein berechtigter Anspruch der auf diesen Flächen betriebenen Forstwirtschaft ist. Aus dieser Bestimmung sowie den weiteren des Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 und des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Bayerischen Waldgesetzes - BayWaldG - (i.d.F. d. Bek. v. 25.8.1992, BayRS 7902-1-E) ergibt sich daher insbesondere, dass gerade die Verjüngung und Bewahrung eines standortgemäßen Waldes durch die Abschussregelung gewährleistet sein muss. Der Kläger betont, dass nach der ergänzenden Revierweisen Aussage gegenwärtig „artenreiche Bergmischwälder (in unteren Berglagen edellaubholzreich, in höheren Lagen buchen- und tannengeprägt), an den Südseiten örtlich übergehend in Schneeheide-Kiefernwälder, sowie in der obersten Zone subalpine Fichtenwälder und Latschenbereiche den noch sehr naturnahen Waldaufbau im Revier bestimmen“, übergeht jedoch, dass Forstwirtschaft langfristig angelegt sein muss und dass durch das Wort „noch“ der in den forstlichen Gutachten festgestellte fortschreitende Verlust standortgemäßer Baumarten zum Ausdruck kommt.

4. Die Festlegung der Abschusszahl auf 39 Tiere durch die Untere Jagdbehörde steht im Einklang mit den zu beachtenden Vorschriften und der hierzu ergangenen Rechtsprechung.

Die Rügen betreffend eine unzureichende oder dem Aktenstand widersprechende Ermittlung des Rotwildbestandes durch die Untere Jagdbehörde erweisen sich als unberechtigt. Die Untere Jagdbehörde hat bei der Ermittlung der Wilddichte die sich aus den forstlichen Gutachten ergebende Verbissbelastung in der Hegegemeinschaft W. und im klägerischen Eigenjagdrevier sowie die Erfüllung der Abschusspläne der letzten Jahre berücksichtigt. Außerdem hat die Untere Jagdbehörde die Ergebnisse der klägerischen Rotwildzählungen seit 2011 herangezogen (2011: 62; 2012: 17 (2. Zählung konnte nicht durchgeführt werden); 2013: 74; 2014: 79; 2015: 27; 2016: 28), ihnen aufgrund der zum Teil massiven Schwankungen der letzten Jahre jedoch ein geringeres Gewicht beigemessen. Die in der mündlichen Anhörung vor dem Jagdbeirat am 24. Juni 2016 durch die Klägerseite korrigierten Zählergebnisse für 2015 (63 Tiere) und 2016 (58 Tiere) hat die Untere Jagdbehörde zu Recht nicht berücksichtigt, da den Akten kein Grund für die Korrektur zu entnehmen ist. Sollte sich der Kläger insoweit auf die sich in den Akten befindlichen Zählblätter vom 13. März 2015 - 63 Stück Rotwild; Bl. 33 BA Jagdjahr 2015/2016 - und vom 25. Februar 2016 - 53 Stück Rotwild; Bl. 118 GA - berufen, fehlt es an der Darlegung, weshalb die Zählergebnisse erst am 24. Juni 2016 vorgelegt worden sind (zur allgemeinen Frage der Brauchbarkeit von Wildzählungen im Hinblick auf die unterschiedliche Verlässlichkeit der Jagdrechtsinhaber vgl. Abschnitt II. B lit. a, 3.1.5.1).

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Untere Jagdbehörde auch die Feststellungen im Gutachten des Waldbiologen Dr. M. vom 10. April 2012 einbezogen hat, um sich einen Eindruck über die Entwicklung des Rotwildbestandes zu verschaffen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Untere Jagdbehörde die Ergebnisse aus dem Jahr 2012 unreflektiert übertragen hat.

Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass sich die von der Unteren Jagdbehörde festgesetzte Abschusszahl von 39 Stück Rotwild nicht in einem vertretbaren Zahlenrahmen befindet, werden vom Kläger nicht dargelegt und sind auch für den Senat nicht ersichtlich. Der Kläger hat die Berechnung der Rotwilddichte in der Hegegemeinschaft W. im Gutachten des Dr. M. von 6,4 Stück pro 100 ha im Jahr 2012 (vgl. dort S. 12) nicht angegriffen. Bereits diese Berechnung, die auch die stärker bejagten Reviere der Hegegemeinschaft einbezieht, läuft auf einen weit überhöhten Rotwildbestand hinaus. Der Kläger hat in seinem Eigenjagdrevier in den Jagdjahren 2011/2012 bis 2015/2016 durchschnittlich 30 Tiere erlegt. Auf der Basis der gutachterlichen Berechnungsmethode ist bei Zugrundelegung des durchschnittlichen Abschusses im Eigenjagdrevier des Klägers in den Jahren 2011/2012 bis 2015/2016 von einem Rotwildbestand von 90 Tieren im Jagdrevier auszugehen. Dies ergibt auf 1.050 ha Rotwildfläche eine Dichte von mindestens 8,5 Tieren pro 100 ha. Der Gutachter empfiehlt die Reduzierung des Bestandes auf 3 Stück pro 100 ha. Die Untere Jagdbehörde hat den Abschussumfang des Vorjahres von 32 Stück - die ursprünglich festgesetzten 45 Stück waren durch Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. Februar 2016 (M 7 K 15.3412) entsprechend dem Abschlussplanvorschlag des Klägers reduziert worden - um 7 Tiere erhöht. Sie ist damit nur knapp über dem fünfjährigen Durchschnitt von 38,4 Tieren geblieben. Tragfähige Argumente für eine Absenkung des Abschusses entsprechend seines Vorschlags auf lediglich 28 Stück Rotwild hat der Kläger nicht geliefert und sind für den Senat angesichts der nicht erfolgreich in Zweifel gezogenen Aussagen der forstlichen Gutachten auch nicht ersichtlich. Der Kläger, der den Regelungen in § 21 BJagdG, Art. 32 BayJG und § 15 AVBayJG Folge zu leisten hat, hat in seinem Abschussplanvorschlag für das Jagdjahr 2016/2017 angegeben, im Vorjahr (Jagdjahr 2015/2016) von 32 geplanten Abschüssen 30 Abschüsse getätigt zu haben, und für das laufende Jagdjahr nur noch 28 Abschüsse zu planen. Die Untere Jagdbehörde hat im angefochtenen Bescheid im Wege eines Soll-Ist-Vergleichs jeweils die Abschussplanung und ihre Erfüllung durch den Kläger in den Jagdjahren 2011/2012 bis 2015/2016 dargestellt. Aus dieser Übersicht ergibt sich, dass die Abschussplanung für das Rotwild im Eigenjagdrevier während dieser Zeitspanne jährlich zwischen 32 und 45 Stück betragen hat. Von den in den Abschussplänen vorgesehenen und festgeschriebenen 192 Abschüssen hat der Kläger lediglich 150 Abschüsse tatsächlich getätigt.

Nachdem der Kläger den geplanten Rotwildabschuss in den vergangenen Jahren zu lediglich 78% erfüllt hat und die Festsetzung der Unteren Jagdbehörde im Grunde lediglich auf die Beibehaltung des mehrjährigen durchschnittlichen Rotwildabschusses abzielt, ist eine Unvertretbarkeit der Festsetzung nicht feststellbar. Der Kläger hat demgegenüber keine Umstände dargelegt, die unter Beachtung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und der Ergebnisse der forstlichen Gutachten 2015 eine Absenkung des Rotwildabschusses begründen oder rechtfertigen würden. Individuelle forstwirtschaftliche Zielsetzungen der Eigentümergemeinschaft R. rechtfertigen sie jedenfalls nicht.

Die Feststellungen im Forstlichen Gutachten 2015, die Verbissbelastung in den Eigenjagdrevieren E.-We. und E.-Wa. sei kritisch, gestalte sich in sechs anderen Revieren der Hegegemeinschaft günstiger und der sehr starke Rückgang des Verbisses bei den Edellaubbäumen zeige die jagdlichen Bemühungen in einigen Revieren deutlich, sind plausibel. Es ist folglich keinesfalls verfehlt, wenn das Verwaltungsgericht von erkennbaren Verbesserungen in benachbarten Revieren spricht. Dass die Waldweide in den angrenzenden Revieren O. I und O. IV einen derartigen Vergleich nicht zulasse, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt (wie bereits ausgeführt sind die Annahmen des Klägers betreffend eine fehlerhafte Berücksichtigung der Waldweide in den forstlichen Gutachten unzutreffend).

5. Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe die Bedeutung naturschutzrechtlicher Vorschriften im Hinblick auf das Natura-2000-Gebiet (Vogelschutzgebiet) E.-gebirge verkannt, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht ist - auch wenn es diese naturschutzrechtlichen Belange für abwägbar zu halten scheint (so bereits VG München, U.v. 10.2.2016 - M 7 K 15.3412 - juris Rn. 28) - jedenfalls im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das Natura-2000-Recht dem streitgegenständlichen Abschussplan nicht entgegensteht.

5.1 Hinsichtlich des Europäischen Vogelschutzgebietes E.-gebirge, das flächenmäßig das FFH-Gebiet E.-gebirge umfasst, sind die Erhaltungsziele zunächst in § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 (Gebiets-Nr. DE 8433471) der Verordnung über die Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten sowie deren Gebietsbegrenzungen und Erhaltungszielen (Vogelschutzverordnung - VoGEV - vom 12. Juli 2006, GVBL S. 524) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 8. Juli 2008 (GVBl. S. 486) festgelegt gewesen, die sich auf Art. 13b Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Naturschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Dezember 2005 (BayNatSchG 2005, GVBl. 2006, S. 2) gestützt hat. Hier sind auch (entsprechend § 32 Abs. 3 BNatSchG) die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und prioritären Arten dargestellt gewesen.

Als Erhaltungsziele für das Gebiet sind in Anlage 1 Spalte 6 VoGEV (GVBl. 2006, S. 532) die Erhaltung oder Wiederherstellung der Bestände von Birkhuhn, Auerhuhn, Haselhuhn, Alpenschneehuhn, Wanderfalke, Steinadler, Uhu, Raufußkauz, Sperlingskauz, Weißrückenspecht, Dreizehenspecht, Grauspecht, Schwarzspecht, Neuntöter, Felsenschwalbe, Wasserpieper, Alpenbraunelle, Zwergschnäpper und Ringdrossel und deren Lebensräume, insbesondere des charakteristischen subalpinen und alpinen Gebirgsstocks mit hohem Strukturreichtum wie Hangschuttwälder und Schluchten, Borstgras- und Magerrasen, Latschengebüsche, alpine Zwergstrauchheiden, Quellmoore und Felsen als Brut-, Nahrungs- und Durchzugsgebiet genannt worden.

Seit dem 1. April 2016 sind die Erhaltungsziele, die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und die prioritären Arten in den Anlagen zu den §§ 1 und 2 der Bayerischen Verordnung über die Natura 2000-Gebiete dargestellt (vgl. die Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 19.2.2016, AllMBl S. 258 - BayNat2000V). Als zu erhaltende Arten werden in der Anlage 2 (wiederholend) die in Anlage 1 zur VoGEV genannten Vogelarten benannt und ihnen werden in der Anlage 2a artenspezifische Erhaltungsziele zugeordnet. Beim Auerhuhn geht es um den Erhalt oder die Wiederherstellung großflächiger, störungsarmer, unzerschnittener, reich strukturierter Misch- und Nadelwälder sowie störungsfreier Zonen um Balz-, Brut-, Aufzucht- und Überwinterungsplätze und beim Steinadler von Felswänden und sehr lichten steilen Bergwäldern als ungestörten Bruthabitaten sowie von artenreichen Nahrungshabitaten (Almen, alpine Matten und lichte Wälder).

Die Vollzugshinweise zur gebietsbezogenen Konkretisierung der Erhaltungsziele der bayerischen Natura-2000-Gebiete (vgl. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 29. Februar 2016, Az. 62-U8629.54-2016/1 - juris; sowie die Veröffentlichung mittels elektronischer Medien https://www.lfu.bayern.de/natur/natura_2000_vollzugshinweise_erhaltungsziele/index.htm) benennen für dieses Gebiet wiederholend als Vogelarten des Anhangs I zur Vogelschutzrichtlinie u.a. das Auerhuhn (Tetrao urogallus), das Birkhuhn (Tetrao tetrix) und den Steinadler (Aquila chrysateos). Als gebietsbezogene Erhaltungsziele sind u.a. der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der Bestände des Birkhuhns sowie der Erhalt seines Lebensraums (Nr. 2), der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der Buchenwälder (vor allem Hainsalat- und Orchideen-Kalk-Buchenwälder) und montanen bis subalpinen Fichtenwälder, ihrer Störungsarmut, ihrer naturnahen Struktur und Baumartzusammensetzung sowie eines ausreichenden Anteils an Lichtungen und lichten Strukturen, insbesondere als Lebensraum für das Auerhuhn (Nr. 3), und der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der Bestände des Steinadlers und seiner Lebensräume, der Erhalt der Brutplätze, störungsarmer Räume um die Brutplätze und der Erhalt artenreicher Nahrungshabitate konkretisiert.

5.2 Die Schutzbestimmungen der Richtlinie 79/409/EWG des Rats vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutz-Richtlinie - VRL, ABl. EG Nr. L 103 S. 1) finden teilweise keine unmittelbare Anwendung mehr, weil das Europäische Vogelschutzgebiet „E.-gebirge“ räumlich eindeutig bestimmt ist und seine Erhaltungsziele im Rahmen einer endgültigen rechtsverbindlichen Entscheidung mit Außenwirkung benannt sind (vgl. § 2 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 VoGEV und § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 Spalte 6 VoGEV sowie nunmehr die Anlagen zu §§ 1, 2 BayNat2000V). In einem solchen Fall findet gemäß Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG des Rats vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. EG Nr. L 206 S. 7, Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie - FFH-RL) ein Wechsel des Schutzregimes von Art. 4 Abs. 4 VRL zu Art. 6 Abs. 2 FFH-RL statt. Im Vogelschutzgebiet nicht anzuwenden ist allerdings Art. 6 Abs. 1 FFH-RL mit seiner Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Festlegung der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen; insoweit verbleibt es bei den Verpflichtungen aus Art. 2, 3 und 4 Abs. 1 und 2 VRL.

Ohne Erfolg wendet der Kläger gegen diesen Schutzregimewechsel ein, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 8.1.2014 - 9 A 4.13 - und v. 1.4.2004 - 4 C 2.03) fordere zusätzlich, dass die Einhaltung des Art. 6 FFH-RL in der Schutzerklärung durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sichergestellt werden müsse. Eine Forderung dieses Inhalts hat das Bundesverwaltungsgericht nicht erhoben (vgl. BVerwG, B.v. 22.6.2015 - 4 B 59/14 - juris Rn. 7). Es hat in seinen Entscheidungen lediglich nachgezeichnet wie „sich üblicherweise die Rechtslage darstellt“.

5.3 Infolge der aus Art. 20 Abs. 3 GG sich ergebenden Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz ist - ungeachtet des Umstandes, dass es sich bei Abschussplänen nicht um Fachplanungen handelt, die denjenigen in anderen Rechtsbereichen (z.B. dem Wasserrecht, dem Straßenrecht oder dem Luftverkehrsrecht) vergleichbar sind - auch bei der jagdrechtlichen Abschussplanung das zwingende Naturschutzrecht betreffend die Natura-2000-Gebiete zu beachten. Entgegen der Klägerauffassung steht der streitgegenständliche Abschussplan hierzu nicht in Widerspruch.

5.3.1 Der streitgegenständliche Abschussplan erfüllt die Voraussetzungen für eine Gebietserhaltungsmaßnahme im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie.

In Natura-2000-Gebieten ist die Jagd nur als Gebietserhaltungsmaßnahme zulässig. Ist sie es nicht, muss sie der Verträglichkeitsprüfung des Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie unterzogen werden.

Der Abschussplan entspricht der Bestimmung des § 21 BJagdG sowie den konkretisierenden bayerischen Rechtsvorschriften. Solche Abschusspläne haben das Ziel, landesweit die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayWaldG< „Wald vor Wild“ >). Sie leisten den von Seiten der Jagd erforderlichen Beitrag zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung, also zu einer Bewirtschaftung, die so gestaltet ist, dass die Artenvielfalt des Waldes, seine Produktivität, seine Regenerationsfähigkeit, seine Vitalität und sein Potenzial, auch in Zukunft wichtige ökologische, ökonomische und soziale Funktionen erfüllen können, erhalten bleiben und andere Ökosysteme nicht geschädigt werden (vgl. die Definition des Begriffs „nachhaltige Waldbewirtschaftung“ der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa, Helsinki 1993); insbesondere tragen sie dazu bei, dass der Wald gegenüber natürlichen Bedrohungen, beispielsweise gegenüber Stürmen, Insektenbefall und Krankheiten, widerstandsfähiger wird. Für die Wälder des Natura-2000-Netzes (etwa die Hälfte dessen Gesamtfläche) sind Naturnähe und Nachhaltigkeit essentielle Forderungen des europäischen Naturschutzrechts, die von den Nationalstaaten mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln erfüllt werden müssen. Angesichts dieser besonderen Aufgabenstellung kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Abschusspläne innerhalb des Natura-2000-Netzes der Erhaltung der geschützten Lebensraumtypen und Arten dienen und deshalb in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie einbezogen werden können (Senatsurteil v. 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - Rn. 128 ff). Ein übermäßiger Schalenwildbestand führt - entsprechend dem nicht erfolgreich angegriffenen Vorbringen des Beklagten und entsprechend den langjährigen Erfahrungen des Senats (vgl. insoweit auch Rn. 130 des Senatsurteils vom 11. Dezember 2017 - 19 N 14.1022 - juris) - zum Verschwinden der Krautschicht, zum weitgehenden Ausfall der besonders verbissgefährdeten Baumarten, zur Entmischung des Waldes, zum Biodiversitätsverlust, zur Überalterung des Waldes und schlimmstenfalls zu seinem Untergang (auch durch Erosion), der jedenfalls längerfristig den Verlust der Bodendecke nach sich zieht. Dies bedeutet eine Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt, der Wasser und Klima regulierenden Wirkung, der Kohlenstoffspeicherung, der Reinigung von Luft und Süßwasser sowie des Schutzes vor Naturkatastrophen und - im Falle des Totalverlusts - den vollständigen Wegfall dieser positiven Effekte des Lebensraumes Wald im fraglichen Bereich.

Bei Gebietserhaltungsmaßnahmen muss allerdings das Unterbleiben gebietsbeeinträchtigender Störungen gewährleistet sein. Eine Jagd, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Natura-2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist keine Gebietserhaltungsmaßnahme. Pirsch und Schuss sind insbesondere im Hinblick auf die Vogelarten, deren Schutz das Vogelschutzgebiet dient, zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten des Eigenjagdreviers grundsätzlich geeignet, erhebliche Beeinträchtigungen herbeizuführen. Um die Funktion der Jagd als Gebietserhaltungsmaßnahme zu gewährleisten, muss die Jagd verlässlich entsprechend eingeschränkt erfolgen (vgl. das Senatsurteil vom 11.12.2017, 19 N 14.1022, Rn. 120 ff.). Da Ort und Zeit von Abschüssen durch den Abschussplan nicht geregelt werden (entsprechende Abschussplanbestimmungen existieren nicht und wären auch nicht ausreichend, weil die Problematik auch bei Abschüssen ohne Abschussplanpflicht auftritt), muss durch andere jagdrechtliche oder naturschutzrechtliche Instrumente vorgebeugt werden. Da der Kläger - im Gegensatz zum Beigeladenen im Verfahren 19 N 14.1022 - nicht für Gebietserhaltungsmaßnahmen im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie zuständig ist (zur besonderen Lage der hierfür zuständigen Stellen vgl. das Senatsurteil vom 11.12.2017, 19 N 14.1022, Rn. 137 und 142 ff.), sind diese Jagdbeschränkungen zur Störungsvermeidung in bindender und vollziehbarer Form zu erlassen. Darüber hinaus gibt die Haltung des Klägers besonderen Anlass, die Einhaltung des Störungsverbots hoheitlich zu gewährleisten (vgl. das Senatsurteil vom 11.12.2017 - 19 N 14.1022 - insbesondere Rn. 67 und 136 am Ende).

Aus demselben Grund muss der Abschussplan entsprechend den gesetzlichen Vorschriften und insbesondere gemäß dem Grundsatz „Wald vor Wild“ aufgestellt, in vollem Umfang ausgeführt und erforderlichenfalls behördlich vollzogen werden. Im Falle einer (teilweisen) Nichterfüllung des Abschussplans muss davon ausgegangen werden, dass durch die Jagd nicht der gebotene Beitrag zur Walderhaltung und zur Naturpflege im öffentlichen Interesse geleistet wird, sondern das überkommene trophäenorientierte, also private Jagdinteresse verfolgt wird („Hege mit der Büchse“), dem das Instrument des Abschussplans vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes zu dienen bestimmt gewesen ist. Daraus folgt, dass eine Jagdausübung, die entsprechend einem Abschussplanvorschlag, der den Grundsatz „Wald vor Wild“ nicht beachtet, erfolgen soll, keine Gebietserhaltungsmaßnahme im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie, sondern ein privates Projekt ist. Solche Projekte dürfen erst nach einer Verträglichkeitsprüfung gemäß Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie durchgeführt werden.

5.3.2 Die infolge des streitgegenständlichen Abschussplans reduzierte Wildbestandshöhe stellt keine beeinträchtigende Veränderung oder Störung i.S.d. Art. 6 Abs. 2 der FFH-Richtlinie dar.

5.3.2.1 Die Rüge, durch abschussplanreduzierte Wildbestandshöhen könne der im Standard-Datenbogen zum Vogelschutzgebiet E.-gebirge festgeschriebene Nadelwaldanteil von 74% nicht erhalten bleiben bzw. nicht wiederhergestellt werden, greift nicht durch.

Es spricht bereits viel dafür, dass nach erfolgter Schutzerklärung die Erhaltungsziele nicht mehr durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen zu ermitteln sind (vgl. für den Fall, dass eine Schutzerklärung noch nicht erfolgt ist: BVerwG, U.v. 12.3.2008 - 9 A 3/06 - juris Rn. 72). Jedenfalls dient aber die Gebietsbeschreibung im Standard-Datenbogen, die das jeweilige Schutzgebiet nach Lebensraumklassen und ihren Gebietsanteilen klassifiziert, der Veranschaulichung der naturschutzfachlichen Wertigkeit des Gebietes und enthält deshalb Angaben zu wichtigen Vegetationstypen. Bei dem im Standard-Datenbogen genannten strukturellen Anteil von 74% der Fläche des Vogelschutzgebietes handelt es sich um „Wald“. „Wald“ wird in den Datenbögen in die Lebensraumklassen Laubwald, Nadelwald und Mischwald unterteilt, wobei unter Nadelwald keineswegs Nadelwald in Reinform zu verstehen ist (vgl. die Leseanleitung für die EU-Standarddatenbögen der sächsischen Vogelschutzgebiete, https://www.umwelt.sachsen.de/ umwelt/natur/natura2000/spa/SPA_Leseanleitung_der_Standarddatenboegen_071105.pdf, S. 20, wonach Nadelwaldkomplexe max. 30% Laubholzanteil haben können). Dass der Beschreibung als Nadelwald nicht die vom Kläger angenommene Genauigkeit und Trennschärfe zukommt und zukommen kann, offenbart vorliegend bereits die Tatsache, dass bei der Beschreibung von Güte und Bedeutung des Gebietes im Datenbogen für das Vogelschutzgebiet E.-gebirge (Gebiets-Nr. 8433471) von wertvollen, wenig erschlossenen Mischwäldern und im Datenbogen für das (komplett in das Vogelschutzgebiet eingebettete) FFH-Gebiet E.-gebirge (Gebiets-Nr. 8433371) von 35% Mischwald die Rede ist. Der pauschalierende Charakter der Angabe „Nadelwald“ im Datenbogen für das Vogelschutzgebiet wird weiterhin bei der Einbeziehung der tatsächlichen Gegebenheiten deutlich, wie sie in den forstlichen Gutachten 2015 und im Entwurf eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet E.-gebirge festgestellt worden sind; beide Unterlagen gehen von einem erheblichen Anteil von Bergmischwäldern aus, wenn auch mit hohen Fichtenanteilen. Zu den begrifflichen Unschärfen im Standard-Datenbogen tritt der Umstand, dass das Vogelschutzgebiet E.-gebirge völlig unterschiedlichen Vogelarten als Lebensraum dient und diese völlig unterschiedliche Lebensraumansprüche haben. Es ist jedoch weder dargetan noch anhand des Entwurfs eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet ersichtlich, dass auch nur eine der im Gebiet vorkommenden geschützten Vogelarten flächendeckend auf einen klassifizierten Nadelwald als Lebensraum angewiesen wäre. Nachdem es in einem Vogelschutzgebiet ausschließlich um die Lebensraumeignung des Gebietes geht, liegen die auf abstrakte Lebensraumtypen bezogenen Erörterungen und Diskussionen der Verfahrensbeteiligten neben der Sache. Es geht beim Vogelschutz nicht um das Vorliegen und den Erhalt von Fichten- oder Buchenwäldern (insbesondere nicht um Hainsalat- oder Orchideen-Kalk-Buchenwälder) als solchen, sondern es geht um die Erhaltung oder Wiederherstellung der Lebensraumeignung des Gebiets für die darin zu schützenden Vogelarten. Die Waldstruktur und die Baumartzusammensetzung sind deshalb ausschließlich im Hinblick auf ihre Lebensraumeignung für die geschützten Vogelarten in den Blick zu nehmen.

5.3.2.2 Die infolge des planmäßigen Abschusses (gegenüber dem Klägervorschlag) reduzierte Wildbestandshöhe bringt - wie der Senat bereits in seinem Normenkontrollurteil vom 11. Dezember 2017 - 19 N 14.1022 ausgeführt hat - nicht die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltung und Entwicklung der Raufußhühner mit sich. Die Abschusspläne sind nicht auf einen vollständigen Ausschluss des Wildverbisses ausgerichtet. Der Wildverbiss soll lediglich so weit eingedämmt werden, dass bei den standortgemäßen Baumarten die natürliche Waldverjüngung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen auskommt. Daher werden schon deshalb auch in Zukunft licht überschirmte Waldteile existieren. Soweit die durch Absenkung überhöhter Wildbestände ermöglichte Renaturierung des Waldes mit einem gewissen Grad an Verdichtung (Kronenschluss) verbunden ist, ist eine erhebliche Beeinträchtigung des Auerhuhns bereits deshalb auszuschließen, weil es sich bei dieser Renaturierung um eine Jahrzehnte dauernde Entwicklung handelt. Darüber hinaus liegt das Vogelschutzgebiet „E.-gebirge“ in mittelhoher Gebirgslage, in der licht überschirmte Nadelmischwälder typisch sind und bereits wegen der klimatischen Bedingungen auch bei Aufkommen der natürlichen Waldverjüngung keineswegs in allen Bereichen (einschließlich denjenigen an der Baumgrenze) dichter Wald entsteht bzw. dauerhaften Bestand hätte. Die durch die Renaturierung ausgelöste moderate und äußerst langfristige Veränderung von Waldbereichen hat somit keine negative Auswirkung auf den Erhaltungszustand des Auerhuhns. Überdies kann der Lebensraum durch Bewirtschaftungsmaßnahmen günstiger gestaltet werden. So kann der volle Lebenszyklus von Bäumen zugelassen werden; eine ungleichmäßige Auslichtung und/oder kleine Kahlschlagflächen können hergestellt werden. Den Ausführungen des Klägers (Antragsteller im Verfahren 19 N 14.1022) ist zu entnehmen, dass dies von Seiten des Beklagten/Beigeladenen auch geschieht (Schriftsätze vom 12.8.2016 - S. 42 - und vom 18.11.2016 - S. 6/7 - im Verfahren 19 N 14.1022). Auch kann in durch traditionelle Bewirtschaftungsformen beeinflussten, halbnatürlichen Wäldern durch Fortsetzung dieser Bewirtschaftungsformen (wie etwa der Waldweide) die natürliche Sukzession in begrenztem Maß zugunsten von Erhaltungszielen unterdrückt werden.

b) Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf.

1. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlichen und/oder einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt. Ob besondere tatsächliche Schwierigkeiten bestehen, ist unter Würdigung der aufklärenden Tätigkeit des Verwaltungsgerichts zu beurteilen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 33).

Hier hat das Verwaltungsgericht in Ansehung des im Zulassungsantrag Dargelegten alles Erforderliche getan, um die Schwierigkeiten zu lösen. Wie in Abschnitt II. B lit. a 3. dargelegt, geben die Anweisungen zur Erstellung der forstlichen Gutachten für die Verjüngungsinventur angemessene und praktikable Methoden vor. Die vom Kläger geforderte revierbezogene Ermittlung des Schalenwildbestandes und seiner Zusammensetzung ist in verlässlicher Art und Weise anerkanntermaßen nicht möglich; selbst der Kläger benennt keine praktikable Methodik für Erkenntnisse, die über eine Abschätzung hinausgehen. Der Beklagte ist bei der Abschussplanfestsetzung nicht auf die Differenzierung nach den verschiedenen Schalenwildarten anhand von Verbissbildern angewiesen. Die Abgrenzung gegenüber anderen tierischen Verursachern ist hinreichend möglich. Die problematisierte Prognose zur Entwicklung der Baumartzusammensetzung im Waldgefüge im Allgemeinen oder in einer konkreten Mischwaldsituation ist nicht entscheidungserheblich (das Verwaltungsgericht hat insoweit die Beweisanträge Nrn. 7 und 8 zu Recht abgelehnt); ausschlaggebend ist das Erreichen des gesetzlich verankerten sogen. Waldverjüngungszieles (Ermöglichung der Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen, vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG).

2. Eine Rechtssache weist besondere rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn eine kursorische, aber sorgfältige, die Sache überblickende Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung keine hinreichend sichere Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits erlaubt. Die Offenheit des Ergebnisses charakterisiert die besondere rechtliche Schwierigkeit und rechtfertigt - insbesondere zur Fortentwicklung des Rechts - die Durchführung des Berufungsverfahrens (Happ, a.a.O., § 124 Rn. 16, 25, 27). Dabei ist der unmittelbare sachliche Zusammenhang des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO mit Abs. 2 Nr. 1 VwGO in den Blick zu nehmen (Happ, a.a.O., Rn. 25).

Die erforderliche Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung führt hier zur Prognose, dass diese zurückzuweisen wäre. Da die vom Kläger vorgebrachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht bestehen (vgl. Abschnitt II. B lit. a des Beschlusses), ist die Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht besonders schwierig. Insbesondere verstößt der Abschussplan nicht gegen die Regelungen im Zusammenhang mit dem Natura-2000-Gebiet „E.-gebirge“. Die Ausführungen im angefochtenen Urteil, die im Sinne einer Abwägbarkeit dieser Regelungen verstanden werden können, sind nicht entscheidungserheblich (vgl. Abschnitt II. B lit. a 5.).

Eine besondere rechtliche Schwierigkeit der Rechtssache wird auch nicht durch den Umstand begründet, dass das Verwaltungsgericht dem Antrag des Klägers auf Berichtigung des Urteilstatbestands gemäß § 119 VwGO vom 16. August 2017 wegen personeller Veränderungen im zuständigen Spruchkörper und im Hinblick auf § 119 Abs. 2 Satz 3 VwGO nicht entsprechen konnte (vgl. die Beschlüsse des VG v. 22.2.2018 und 12.4.2018). Der Eintritt dieser Situation hat im Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes lediglich zur Folge, dass im Rechtsmittelverfahren nicht verbindlich von den entsprechenden Tatsachenfeststellungen des Ausgangsgerichts auszugehen ist (vgl. BVerfG, B.v. 1.10.2004 - 1 BvR 786/04 - juris m.w.N.). Im Berufungszulassungsverfahren können die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts allerdings ohnehin in Frage gestellt werden, denn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO können insbesondere dann vorliegen, wenn einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 - 1 BvR 3057/11 - BVerfGE 134, 106 und juris Rn. 36; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 und juris Rn. 16). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548 und juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 - 14 ZB 16.280 - juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 - 8 ZB 16.1806 - juris Rn. 9 m.w.N.). Solche Gegenargumente sind hier nicht vorgetragen worden (vgl. Abschnitt II. B lit. a). Insbesondere hat der Kläger in Nr. 2.2 seiner Antragsbegründung die Behauptung „wiederholter Verstöße gegen das Willkürverbot durch Umgestaltung des Sachverhalts und des klägerischen Vortrags“ ohne Berücksichtigung der Frage der Entscheidungserheblichkeit aufgestellt.

c) Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass für die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- und Tatsachenfrage von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit) und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Klärungsbedürftigkeit; vgl. insgesamt Happ in Eyermann, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36, § 124a Rn. 72).

Nachdem die in der Gebietsbeschreibung des Standard-Datenbogens für das Vogelschutzgebiet E.-gebirge angegebene Lebensraumklasse „Nadelwald“ eine erhebliche begriffliche Unschärfe aufweist (schon im Standard-Datenbogen selbst ist hinsichtlich Güte und Bedeutung des Gebietes von „wertvollen, wenig erschlossenen Mischwäldern“ die Rede; im Standard-Datenbogen für das FFH-Gebiet E.-gebirge wird von einem Mischwaldanteil von 35% ausgegangen und auch nach den tatsächlichen Gegebenheiten kann es sich nur um eine grob pauschalierende Klassifizierung handeln), ist ein sich aus Art. 3 VRL ergebender Anspruch auf Erhaltung der Lebensraumklasse „Nadelwald“ auf 74% der Fläche des Vogelschutzgebietes sicher auszuschließen und stellt sich deshalb die vom Kläger diesbezüglich formulierte Rechtsfrage nicht.

Die Vorschriften zum Schutz der Natura-2000-Gebiete unterliegen zwar - worauf der Kläger zutreffend hinweist - (auch) bei der Anwendung von § 21 BJagdG nicht der Abwägung. Die angefochtene Entscheidung wirft aber - wie bereits ausgeführt - diese Frage nicht auf, da ein Verstoß des Abschussplans gegen diese Vorschriften nicht vorliegt. Formulierungen des Verwaltungsgerichts betreffend die Abwägungsfrage sind daher - wie ebenfalls bereits erwähnt - nicht entscheidungserheblich.

Aus den genannten Gründen hat das Verwaltungsgericht die vom Kläger beantragte Aussetzung des Verfahrens und Vorlage der beiden Fragen an den Gerichtshof der Europäischen Union im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Der vom Kläger im Antrag auf Urteilsergänzung gemäß § 120 Abs. 1 VwGO vom 16. August 2017 vertretenen Auffassung, das Verwaltungsgericht habe über diese Anträge nicht entschieden, kann nicht gefolgt werden. Zum einen hat das Verwaltungsgericht mit dem Sachurteil die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an den Gerichtshof (konkludent) abgelehnt und die Ablehnung wegen mangelnder Entscheidungserheblichkeit ausführlich dargelegt. Zum anderen handelt es sich bei dem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den Gerichtshof um einen Verfahrensantrag, welcher der beantragten Urteilsergänzung nicht zugänglich ist (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 120 Rn. 3; Lambiris in BeckOK VwGO, Stand 1.4.2017, § 120 Rn. 6; Clausing/Kimmel in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017 § 120 Rn. 1).

d) Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor. Eine Divergenz ist nach der zutreffenden Darstellung des Klägers anzunehmen, wenn das Verwaltungsgericht in einer für seine Entscheidung erheblichen Rechts- oder Tatsachenfrage eine Position eingenommen hat, die von derjenigen abweicht, die ein in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genanntes Divergenzgericht einer seiner Entscheidungen tragend zugrunde gelegt hat. Für die Darlegung einer Divergenz ist es erforderlich, dass aus dem erstinstanzlichen Urteil ein abstrakter Rechtssatz herausgearbeitet wird, der einen tragenden Grund für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts darstellt und der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, der ein tragender Grund der zitierten Entscheidung des Divergenzgerichts ist.

1. Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass die Festsetzung des Abschusses auch ohne sichere Kenntnis von Wildbestandzahlen erfolgen kann und darf. Der Kläger leitet aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 27) hingegen die Verpflichtung der Unteren Jagdbehörde zur konkreten und einzelrevierbezogenen Ermittlung der Wildbestandszahlen ab. Eine derartige Verpflichtung ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts indes nicht. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall ist der vom Jagdausübungsberechtigten mit Angaben zum Wildbestand aufgestellte Abschussplan von der Behörde ohne nähere Prüfung der in § 21 Abs. 1 BJagdG genannten Belange herabgesetzt worden, wobei in einer mehr oder weniger pauschalen Betrachtungsweise ein fiktiver Rehwildbestand je 100 ha bejagbarer Fläche zur Begründung herangezogen worden ist, Überlegungen zum Wildbestand im konkreten Jagdjahr und im konkreten Jagdrevier jedoch nicht angestellt worden sind. Eine Verpflichtung der Unteren Jagdbehörde zur Ermittlung von konkreten Wildbestandszahlen lässt sich aus dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon deshalb nicht ableiten, weil die Entscheidung allein auf der Tatsache beruht, dass der behördlichen Entscheidung keinerlei Überlegungen zum konkreten Wildbestand zugrunde gelegen haben und sich deshalb die Frage der Art und Weise der Wildbestandsbeurteilung nicht gestellt hat. Für die Unrichtigkeit einer Wildbestandsbeurteilung unter besonderer Bezugnahme auf die Verbisssituation ist dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nichts zu entnehmen; diese Art und Weise der Wildbestandsbeurteilung drängt sich angesichts der in § 21 BJagdG genannten Belange vielmehr auf.

2. Soweit im klägerischen Begründungsschriftsatz vom 2. Oktober 2017 an anderen Stellen Ausführungen betreffend ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts gemacht werden und auch diesbezüglich Divergenzrügen erhoben werden sollten, liegt dieser Zulassungsgrund ebenfalls nicht vor.

2.1 Der Kläger rügt, das erstinstanzliche Urteil weiche von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 30. April 1992 (19 B 91.1220) ab, indem es nur den „Belang der Forstwirtschaft“ als öffentlichen Belang prüfe und diesen als einen eigenständigen, von der forstwirtschaftlichen Nutzung des Waldeigentümers abstrahierten Begriff verstehe. Dieser Einwand greift nicht durch.

Unabhängig davon, dass sich die in die Entscheidung einzustellenden Belange aus dem Gesetz ergeben, was das Verwaltungsgericht ausweislich der Entscheidungsgründe auch erkannt hat (Seite 21), legt der Kläger nicht dar, inwieweit das Verwaltungsgericht welchen Belang noch zu berücksichtigen gehabt hätte. Die Feststellung, dass mit der „ordnungsgemäßen Forstwirtschaft“ i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG - für die „berechtigten Ansprüche der Forstwirtschaft“ in § 21 Abs. 1 BJagdG kann nichts anderes gelten - nicht die konkrete forstwirtschaftliche Nutzung durch den Waldeigentümer gemeint ist, ist auch dem Senatsurteil vom 30. April 1992 zu entnehmen (a.a.O., Rn. 39 a.A., 43 ff.). Im Übrigen ist die Frage, ob die konkrete forstwirtschaftliche Nutzung im jeweiligen Jagdrevier in die Abwägung einzustellen ist, nicht entscheidungserheblich, da es für die Frage der Richtigkeit der Abweisung der Klage gegen den Abschussplan einzig und allein auf die Belastbarkeit der forstlichen Gutachten, nicht aber auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den waldbaulichen Zielen der Eigentümergemeinschaft R. und zum gegenwärtigen Waldzustand ankommt. Es kann insoweit auf die obigen Ausführungen im Rahmen des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils verwiesen werden.

2.2 Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht weiche von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 19. Mai 1998 (19 B 95.3738 - juris Rn. 96) ab, weil es die verschiedenartigen Funktionen der Forstbehörde und der Jagdbehörde verkenne, wenn es erkläre, die Jagdbehörde dürfe sich zur Festlegung der Abschusszahlen am Zustand der Vegetation als natürlichem Weiser orientieren und maßgeblich auf von ihr festgestellte Wildschäden und die Situation der Waldverjüngung abstellen. Der Einwand geht fehl. Es ist insoweit keine Abweichung von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs dargetan. Der Senat hat sich in dem vom Kläger zitierten Urteil - wie die Klägerseite selbst erkennt - mit den durch die Forstbehörde zu erstellenden forstlichen Gutachten befasst sowie mit gerichtlich eingeholten Obergutachten zur selben Frage, und auf dieser Grundlage die für sein Urteil erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen. Die angegriffene Formulierung des Verwaltungsgerichts weicht hiervon nicht ab, weil sie lediglich zum Ausdruck bringt, dass auch die Jagdbehörde für ihre Entscheidung einer Klärung der tatsächlichen Fragen bedarf. Eine Aussage dazu, inwieweit sie für diese Klärung („Feststellung“, „orientieren“, „abstellen“) auf forstbehördliche Einschätzungen oder sonstige Hilfsmittel zurückgegriffen hat, wird in der beanstandeten Urteilsausführung nicht getroffen. Im Übrigen kann auf die diesbezüglichen Ausführungen zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils Bezug genommen werden.

2.3 Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht sei maßgeblich und rechtswidrig sowie entscheidungserheblich von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2013 (1 BvR 2540/10) abgewichen. Sollte auch diesbezüglich eine Divergenzrüge erhoben worden sein, greift diese schon deshalb nicht durch, weil ein diesem Beschluss widersprechender Rechtssatz des Verwaltungsgerichts vom Kläger nicht dargelegt worden ist.

e) Verfahrensmängel, auf denen das verwaltungsgerichtliche Urteil beruht, sind nicht gegeben.

1. Das Gehörsrecht des Klägers ist nicht verletzt worden.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn die angefochtene Entscheidung auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt wird, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (§ 108 Abs. 2 VwGO), oder wenn das erkennende Gericht das (entscheidungserhebliche) tatsächliche oder rechtliche Vorbringen der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen hat. Indessen besteht eine Vermutung dafür, dass sich das Gericht der aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Pflichten bewusst gewesen und ihnen nachgekommen ist, namentlich das entscheidungserhebliche Vorbringen zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Zur Widerlegung dieser Vermutung bedarf es der Darlegung und des Vorliegens besonderer Umstände des Einzelfalls. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden, vielmehr ist der Anspruch auf rechtliches Gehör nur verletzt, wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass ein Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfG, B.v. 25.3.2010 -1 BvR 2446/09 - juris sowie NdsOVG, B.v. 22.3.2010 - 5 LA 32/09 - juris jeweils m.w.N.; SächsOVG, B.v. 18.2.2010 - 2 B 586/09 - juris; BayVGH, B.v. 10.3.2010 - 2 CS 10.222 - juris). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt insbesondere dann nicht vor, wenn das Gericht dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsauffassung eines Verfahrensbeteiligten in der Sache nicht folgt (vgl. BVerwG vom 8.2.2010 - 8 B 126/09, 8 B 76/09 - juris m.w.N.; BayVGH, B.v. 10.3.2010 - 2 CS 10.222 - juris).

Entgegen diesen Anforderungen legt der Kläger nicht dar, welchen Tatsachenvortrag oder welche rechtlichen Argumente das Verwaltungsgericht bezogen auf die formelle oder materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Abschussplanfestsetzung im Rahmen der Entscheidungsgründe übergangen haben soll. Die Entscheidungsgründe greifen das tatsächliche und rechtliche Vorbringen des Klägers auf und setzen sich inhaltlich damit auseinander („…leidet nicht an einem Mangel, … ist nicht zu beanstanden, … ausreichend gewährt, … genügt den Anforderungen“ usw.). Der Umstand, dass dies nicht in der vom Kläger offensichtlich erwarteten Ausführlichkeit oder mit dem vom Kläger angestrebten Ergebnis geschehen ist, begründet keine Verletzung rechtlichen Gehörs. Insbesondere gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder des materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (stRspr. des BVerfG seit dem B.v. 15.2.1967 - 2 BvR 658/65 - BVerfGE 21, 191/194).

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit den Fragen einer Entmischung der Baumarten, der Vereinbarkeit der waldbaulichen Ziele des Klägers mit einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft, der Einschränkbarkeit waldbaulicher Ziele des Grundeigentümers durch forstliche Fachplanungen und der gesteigerten Sozialpflichtigkeit des Waldes scheidet schon mangels Entscheidungserheblichkeit dieser Gesichtspunkte aus. Selbst wenn sich das Verwaltungsgericht in diesen Punkten in einer für den Kläger überraschenden Weise geäußert hätte, wäre dies für den Verfahrensausgang ohne Bedeutung.

Hinsichtlich des Inhalts des Forstlichen Gutachtens 2015 für die Hegegemeinschaft und der Revierweisen Aussage 2015 für das Eigenjagdrevier ist eine Verletzung rechtlichen Gehörs auszuschließen, weil beide Unterlagen die Grundlage der klägerischen Abschussplanung bilden. Angesichts der Verpflichtung auch des Klägers, sich hierbei an ihnen zu orientieren, durfte das Verwaltungsgericht die vollständige Kenntnis ihres Inhalts beim Jagdausübungsberechtigten voraussetzen, also auch der Seite 4 des Forstlichen Gutachtens, auf der (vom Verwaltungsgericht als Verbesserung bezeichnet) von einem starken Rückgang des Verbisses an den Edellaubbäumen in einzelnen Revieren die Rede ist.

Aus dem angefochtenen Urteil geht nicht hervor, dass das Verwaltungsgericht - für den Kläger überraschend - von der Existenz eines Hainsalat-Buchenwaldes im klägerischen Revier ausgegangen wäre. Nach der im Urteil wiedergegebenen Einschätzung des Verwaltungsgerichts orientieren sich die waldbezogenen Erhaltungsziele an der natürlichen Baumartverteilung vor Ort und von einer solchen Sonderform des Buchenwaldes ist auch die Forstbehörde in ihren forstlichen Gutachten nicht ausgegangen. Ein Vorkommen im ca. 11.000 ha umfassenden Vogelschutzgebiet E.-gebirge ist nicht auszuschließen, vorliegend jedoch unerheblich.

Soweit der Kläger meint, durch den Passus im Urteil [„Danach ist die Verbissbelastung im Eigenjagdrevier E.-We. besonders kritisch zu sehen bzw. deutlich zu hoch,] während in den benachbarten Revieren erkennbare Verbesserungen, insbesondere bei Fichte und Edellaubbäumen, festgestellt worden sind“, verstoße das Verwaltungsgericht gegen die Gewährleistung rechtlichen Gehörs, weil nicht kenntlich gemacht werde, ob die Ausführungen dem für den Bereich der Hegegemeinschaft W. erstellten Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 oder der ergänzenden Revierweisen Aussage für das Eigenjagdrevier E.-We. zur Verjüngungssituation entnommen wurden, wurde ein Verfahrensmangel nicht dargelegt. Der Kläger bleibt Ausführungen dazu schuldig, inwiefern die fehlende Angabe im Urteil, welchem der beiden forstbehördlichen, dem Kläger bekannten Begutachtungen der erwähnte Passus entnommen ist, zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör führen soll. Sollte - entgegen den eindeutigen Ausführungen der Klägerseite - die Rüge beabsichtigt sein, das Verwaltungsgericht sei insoweit von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, liegt ebenfalls kein Gehörsverstoß vor. Der Kläger hat keine Unrichtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Ausführung darlegen können. Es ist keinesfalls verfehlt, wenn das Verwaltungsgericht gutachtensgemäß von erkennbaren Verbesserungen in benachbarten Revieren spricht. Dass die Waldweide in den angrenzenden Revieren O. I und O. IV einen derartigen Vergleich nicht zulasse, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt.

Der Kläger legt auch keinen Gehörsverstoß im Hinblick auf die gerichtliche Handhabung der Frage dar, ob sich im streitgegenständlichen Eigenjagdrevier alle für einen Bergmischwald erforderlichen Baumarten (insbesondere Fichte, Tanne, Buche und sonstige Edellaubbaumarten) ausreichend verjüngen können. Die Entscheidungsgründe (Seite 26) und der dortige Verweis auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 1. März 2017 machen deutlich, dass das Gericht das Vorbringen der Klägerseite zur Kenntnis genommen und auch erwogen hat. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor, wenn das Gericht der Auffassung der Klägerseite in der Sache nicht folgt.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt auch nicht insoweit vor, als der Kläger meint, weder außerbehördlich noch im Rahmen des Prozessgeschehens sei die Behauptung erhoben worden, die Schutzfunktion des Waldes im Eigenjagdrevier des Klägers sei gefährdet, am Schwinden oder gar entfallen. Das Verwaltungsgericht nimmt hinsichtlich seiner Urteilsausführung, die Schutzfunktion des Waldes sei zumindest gefährdet, wenn vielleicht auch nicht beeinträchtigt (Seite 32 des Urteils), Bezug auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. April 2005 (19 B 99.2193 - juris). Darin sind Ausführungen zur Funktion von Schutzwald enthalten (vgl. dort insbesondere Rn. 53 und 60). Bereits in der mündlichen Verhandlung am 1. März 2017 (S. 20 der Niederschrift) hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Belange einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft auf diese Entscheidung hingewiesen. Ein Hinweis darauf, dass das Verwaltungsgericht die Schutzfunktion des Waldes aufgrund des aktuellen und der früheren Forstlichen Gutachten sowie des Augenscheins für gefährdet ansehe, brauchte nicht zu ergehen, weil das Verwaltungsgericht nicht zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet ist. Die Klägerseite konnte bei Anwendung der von ihr zu verlangenden Sorgfalt, insbesondere aufgrund des Hinweises in der mündlichen Verhandlung am 1. März 2017, erkennen, dass es für die Entscheidung auf die Schutzfunktion des Waldes ankommen kann.

Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe ihm die Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes genommen, wenn es im Urteil Ausführungen zu Schädlingsneigung und Klimatoleranz bestimmter Baumarten, zu Fragen der Bodenstabilität und des Bodenaufbaus wie auch zu artenfachlichen Fragen mache, ohne sich die Kenntnisse im Wege der Beweiserhebung und Beweiswürdigung im Beisein des Klägers angeeignet zu haben oder den Kläger über die bereits vorhandenen Kenntnisse informiert zu haben, legt keinen Gehörsverstoß dar. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts beruhen auf dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. April 2005 (19 B 99.2193 - juris), auf das das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung am 1. März 2017 (S. 20 der Niederschrift) hingewiesen hat. Sie stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit den verwaltungsgerichtlichen Ausführungen zur Gefährdung der Schutzfunktion des Waldes, sodass auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann.

Durch die Rüge des Klägers, er habe angesichts der protokollierten Zeugenaussagen und der gerichtlichen Ablehnung des auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrages nicht damit rechnen müssen, dass das Verwaltungsgericht zwar die Anwesenheit von Schafen außerhalb der mit Weiderecht belasteten Bereiche im Revier für nachgewiesen halte, dies aber als Umherwandern ohne Einfluss auf die Vegetation bewerten würde, wird ebenfalls kein Gehörsverstoß dargetan. Der Kläger legt keine Verletzung der Gewährleistung rechtlichen Gehörs im Rahmen der Beweisaufnahme dar und insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass er auf gegenteilige Annahmen des Verwaltungsgerichts vertrauen konnte. Eine fehlerhafte Beweiswürdigung kann insoweit nicht als Verfahrensmangel geltend gemacht werden (zum Nichtvorliegen einer fehlerhaften Beweiswürdigung insoweit vgl. Abschnitt II. B lit. a 3.2.1).

Soweit der Kläger meint, seine Ausführungen zum Gutachten des Wildbiologen Dr. M. seien vom Verwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen worden, ist ein Gehörsverstoß nicht dargelegt worden. Im Tatbestand des verwaltungsgerichtlichen Urteils ist die diesbezügliche Auffassung des Klägers gedrängt dargestellt (vgl. S. 8 f. und 11). Das Verwaltungsgericht hat das Vorbringen der Klägerseite somit zur Kenntnis genommen und auch erwogen. Ein Gehörsverstoß liegt nicht vor, wenn das Gericht der Auffassung der Klägerseite in der Sache nicht folgt.

Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe keinen Hinweis erteilt, dass es die Ausführungen aus dem Gutachten des Dr. M. zur Grundlage seiner Überlegungen zur Wildbestandsermittlung machen wolle, die übrigen Zahlen hingegen nicht für aussagekräftig halte, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht ist nicht dazu verpflichtet, auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen. Die Klägerseite konnte bei Anwendung der von ihr zu verlangenden Sorgfalt, und insbesondere deshalb, weil die Untere Jagdbehörde das waldbiologische Gutachten zur Begründung des Abschussplans heranzieht, erkennen, dass es für die Entscheidung auf die darin enthaltenen Feststellungen ankommen kann.

Die klägerischen Ausführungen zum Willkürverbot offenbaren ebenfalls keine Verletzung des klägerischen Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Zwar kann ein Tatsachengericht dadurch, dass es von einem teilweise unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, den Anspruch eines Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) verletzen und zugleich gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen (BVerwG, U.v. 25.3.1987 - 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 1, U.v. 15.4.1997 - 8 C 20.96 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 274 S. 36). Die schlüssige Darlegung eines solchen Verfahrensmangels muss sich aber darauf erstrecken, dass und inwiefern das Tatsachengericht bei seiner materiellrechtlichen Beurteilung zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen müssen, wenn es die Tatsachen in der gerügten Weise erwähnt und gewürdigt hätte (BVerwG, U.v. 21.9.2000 - 2 C 5/99 - juris Rn. 32). Daran fehlt es im Rahmen der Ausführungen zum Willkürverbot.

2. Das Verwaltungsgericht hat seine Aufklärungspflicht nicht verletzt. Insoweit nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Abschnitte II. B lit. a 3.1.5 und 3.2.3 sowie lit. b 1., in denen - im Rahmen der Ausführungen zu Rügen gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO - dargelegt ist, dass insoweit auch eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch das Verwaltungsgericht nicht vorliegt.

Der Kläger hat nicht dargetan, dass das Verwaltungsgericht fehlerhaft die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage eines wesentlichen Schafverbisses in seinem Eigenjagdrevier abgelehnt hat. Er benennt über die Wahrnehmungen seines Bruders hinaus keine weiteren Anknüpfungstatsachen, anhand derer Feststellungen oder Folgerungen zum Aufenthalt von Schafen im Eigenjagdrevier hätten getroffen werden können, und übergeht deren Haltlosigkeit (vgl. Abschnitt II. B lit. a) 3.2.1.2).

Sollte der Kläger mit seiner Ausführung, die Kammer habe Kenntnisse zur Schädlingsneigung und Klimatoleranz bestimmter Baumarten, zu Fragen der Bodenstabilität des Bodenaufbaus wie auch zu artenfachlichen Fragen suggeriert, obwohl sie die notwendige Sachkenntnis nicht besitze, beabsichtigt haben, eine Aufklärungsrüge zu erheben, greift diese nicht durch. Das Verwaltungsgericht macht sich insoweit die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 7. April 2015 (19 B 99.2193 - juris) zu Eigen, auf das das Verwaltungsgericht die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung am 1. Marz 2017 hingewiesen hat. Der Kläger hat insoweit nicht dargelegt, warum sich dem Gericht eine weitere Ermittlung des Sachverhalts zur Schutzfunktion seines Waldes hätte aufdrängen müssen.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

Tenor

1. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller ist Inhaber des Eigenjagdreviers „E.-W.“, das in den Gemarkungen O. und E. (Landkreis ...) liegt, der Hochwildhegegemeinschaft W1-Ost zugeordnet ist und ca. 1050 ha Fläche aufweist, die ganz überwiegend über 1000 Höhenmeter liegen und von denen ca. 850 ha in seinem Miteigentum stehen. Angaben der zuständigen Forstbehörde zufolge umfasst das Eigenjagdrevier die nach Süd-Ost streichenden Berghänge des Osterfeuerbergs, die nach Süden exponierten Hänge von Hirschberg und Sattmannsberg und den Nord-Westhang des Simmetsbergs, ist es zu rund 95% bewaldet (bei einem Schutzwaldanteil von ca. 90%) und liegt es im Wildbacheinzugsgebiet der Eschenlaine. Der Antragsteller ist in diesem Eigenjagdrevier auch Jagdausübungsberechtigter.

Das Eigenjagdrevier grenzt mit seiner Ostseite zu einem Viertel an das Staatsjagdrevier Isarwinkel an, in dem die Beigeladene Maßnahmen zur Schutzwaldsanierung betreibt, und zu drei Vierteln an das Eigenjagdrevier O. IV, dessen Fläche einen von Norden nach Süden sich verjüngenden Keil zwischen dem Eigenjagdrevier und dem Staatsjagdrevier bildet.

Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014.

Dieser Verordnung gingen zunächst Einzelverwaltungsakte zur Schonzeitverkürzung für zahlreiche Gebiete in Oberbayern - allerdings nicht im Sanierungsgebiet Eschenlaine - und anschließend (zum Zwecke der Vereinheitlichung der Regelungen) drei Rechtsverordnungen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt und identischer Zielsetzung voraus. Es handelte sich um folgende Verordnungen:

1. Verordnung über die Aufhebung der Schonzeit für Schalenwild im Regierungsbezirk Oberbayern vom 27. Januar 2000 mit Geltung vom 15. Februar 2000 bis zum 1. August 2002.

2. Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 21. Februar 2003 mit Geltung vom 8. März 2003 bis zum 1. August 2008.

3. Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 9. Dezember 2008 mit Geltung vom 15. Dezember 2008 bis zum 14. Dezember 2013.

Die angefochtene Verordnung vom 14. Februar 2014 hat folgenden Inhalt:

§ 1

In den in § 2 bezeichneten Gebieten darf die Jagd im Rahmen der geltenden Abschussplanung abweichend von den gesetzlichen Schonzeiten wie folgt ausgeübt werden:

Rotwild:

Hirsche Klasse III vom 1. Februar bis 31. Juli

Kälber vom 1. Februar bis 31. März

Schmaltiere vom 1. April bis 31. Mai

Gamswild:

Gamswild vom 16. Dezember bis 31. Januar

Böcke, Jährlinge und weibliches Gamswild bis zwei Jahre vom 1. Februar bis 31. Juli

Kitze vom 1. Februar bis 31. März

Rehwild:

Böcke vom 16. Oktober bis 30. April

Kitze vom 16. Januar bis 31. März

Schmalrehe vom 16. Januar bis 31. Januar und vom 1. April bis 30. April

Geißen vom 16. Januar bis 31. Januar

§ 2

(1) Die in § 1 geregelte Schonzeitaufhebung gilt für die in den Verordnungskarten (Maßstab 1:25.000) dargestellten Flächen folgender Sanierungsbzw. Gefährdungsgebiete: (…)

5. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen:

Eschenlaine

(2) Diese Gebiete sind als gerasterte Flächen in 5 Kartenblättern, Maßstab 1:200.000, und, abgegrenzt durch rote Linien, in 25 Karten, Maßstab 1:25.000, jeweils ausgefertigt durch die Regierung von Oberbayern, eingetragen. Die Karten im Maßstab 1:200.000 werden als Bestandteil dieser Verordnung (Anlage Blatt 1 - 5) veröffentlicht und dienen zur Orientierung über die Lage der Gebiete im Regierungsbezirk Oberbayern. Die Karten im Maßstab 1:25.000 werden als Bestandteil der Verordnung bei der Regierung von Oberbayern archivmäßig verwahrt und sind während der Dienststunden (Montag bis Donnerstag von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr, Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr) allgemein zugänglich.

Sie werden außerdem bei den zuständigen Landratsämtern (untere Jagdbehörden) hinterlegt und können dort während der üblichen Dienststunden eingesehen werden.

§ 3

Diese Verordnung tritt am 22. Februar 2014 in Kraft; sie tritt am 21. Februar 2019 außer Kraft.

Am 15. Dezember 2009 hatte der Antragsteller bereits gegen die Verordnung vom 9. Dezember 2008 einen Antrag nach § 47 VwGO gestellt (Az.: 19 N 09.3102); einen diesen Normenkontrollantrag ablehnenden Beschluss des Senats vom 7. Oktober 2010 - 19 N 09.3102 hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Dezember 2011 - 3 BN 1.11 - aufgehoben; die Sache wurde an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen (nunmehr Az.: 19 N 12.206). Nach Ablauf der Geltung dieser Verordnung am 14. Dezember 2013 ist für dieses Verfahren - mit Blick auf den hiesigen (gegen die Verordnung vom 14. Februar 2014 gerichteten) Normenkontrollantrag - mit Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden (B.v. 17.8.2015 - 19 N 12.206; es wurde zwischenzeitlich auf Antrag des Antragstellers am 27. Februar 2018 unter dem Az. 19 N 18.497 wieder aufgenommen).

Parallel zu den Normenkontrollverfahren betrieb und betreibt der Antragsteller verschiedene, gegen die Abschussplanung für sein Eigenjagdrevier Eschenlohe-Wengwies gerichtete verwaltungsgerichtliche Klageverfahren mit dem Ziel der Absenkung der von der Unteren Jagdbehörde festgesetzten Abschusszahlen. Die beim Senat anhängigen Verfahren über die Zulassung der Berufung betreffen die Festsetzung des Abschussplans 2014/2015 für das Rotwild (19 ZB 16.479) sowie die Festsetzungen der Abschusspläne 2016/2017 für Gamswild (19 ZB 17.1601) und für Rotwild (19 ZB 16.1602). Bei dem Verwaltungsgericht sind weitere Klagen des Antragstellers gegen Abschussplanfestsetzungen anhängig. Die Festsetzung des Abschussplans 2015/2016 für das Rotwild ist vom Verwaltungsgericht mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 10. Februar 2016 (M 7 K 15.3412) aufgehoben worden, soweit die jagdbehördliche Festsetzung den Abschussvorschlag des Antragstellers überstiegen hat.

Im Verfahren zum Erlass der Verordnung vom 14. Februar 2014 erhob der Antragsteller am 16. November 2013 schriftliche Einwendungen, die seinem Vortrag im ruhenden Verfahren 19 N 09.3102/12.206 entsprechen. Eine inhaltliche Befassung und Auseinandersetzung mit dem Vortrag des Antragstellers ist in den Unterlagen über das Verordnungsverfahren nicht feststellbar.

Auch im hiesigen Normenkontrollverfahren hat der Antragsteller zunächst auf seine Ausführungen im ruhenden Verfahren 19 N 12.206 Bezug genommen. Demzufolge sei es auf seinen - teilweise auch außerhalb seines Eigenjagdreviers liegenden -Miteigentumsflächen und in seinem Eigenjagdbezirk zu einer Vielzahl nachteiliger Veränderungen gekommen, die auf die Rechtsverordnungen zurückzuführen seien. Hauptwildarten im Eigenjagdrevier sind nach seinen Ausführungen das Rotwild und das Gamswild. Es gebe auch größere Vorkommen an Auerwild und Birkwild. Außerdem seien Schneebzw. Felsenhuhn, Schneehase, Steinadler und verschiedene Arten von Nachtgreifvögeln heimisch. Es sei zu Änderungen im Wildbestand und dessen Wanderungsverhalten, in der Waldstruktur und -qualität sowie im von ihm zu leistenden Jagdaufwand gekommen. In den Randbereichen des Eigenjagdreviers hin zu den Sanierungsflächen der Rechtsverordnung sei seit Jahren eine Erhöhung des Wildbestands festzustellen, die auf die gezielte Vergrämung durch eine teilweise fast ganzjährige Bejagung der betroffenen Tierarten zurückzuführen sei. Das vergrämte Wild könne nur in das Eigenjagdrevier des Antragstellers fliehen. Die örtlichen Gegebenheiten stünden faktisch jeder anderen Fluchtrichtung entgegen. Durch den erhöhten Wildbestand sei ein erhöhter Verbiss festzustellen. Trotz aus seiner Sicht erfüllter behördlicher Abschusspläne habe die Meldung von Wildschadensfällen zugenommen. Einher gehe ein erhöhter Aufwand für die Waldpflege. Der steigende Jagddruck führe zu einem zunehmenden Verbiss. Bei richtiger Bejagung und Fütterung des Wildes in den Wintermonaten könne schädigender Verbiss auch ohne großflächige Hetz- oder Vergrämungsjagden weitgehend vermieden werden. Die auf der Grundlage der Verordnung betriebene Vergrämung löse Stress bei den Tieren aus und führe zu erhöhten Verbissraten. Dieser Entwicklung könne im Rahmen der geltenden Abschusspläne im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht ausreichend begegnet werden, was zu einer behördlichen Erhöhung der Abschussvorgaben und einem erhöhten Jagdausübungsaufwand führe. Die Wildbestände zeichneten sich durch eine erhöhte Nervosität und in der Folge schwierige Bejagbarkeit aus. Die angegriffene Rechtsverordnung zwinge den Antragsteller zu einer Intensivierung der Waldbewirtschaftung. Ab einer Höhenlage von 800 bis 1000 Höhenmetern sei für Privateigentümer eine extensive Bewirtschaftung vorzugswürdig. Ein wirtschaftlich handelnder Forstwirt sei im Hochgebirge im Rahmen einer extensiven Bewirtschaftung von Waldflächen auf einen bestimmten Wildbestand angewiesen, weil nur dieser Wildbestand durch Verbiss eine ebenso natürliche wie erforderliche Auslichtung des Baumbestands sicherstelle. Die Vergrämung und die daraus resultierende Dezimierung des Bestands bewirke einen zu geringen Wildbestand und verursache eine Fehlentwicklung des Waldes; es wachse verstärkt „falsches“, buschartiges und nicht verwertbares Krummholz auf. Gleichzeitig steige das Erosions- und Hochwasserrisiko. Wegen der zunehmenden Verbuschung und der einhergehenden zunehmenden Beschattung des Waldbodens gehe der Grasbewuchs zurück. Die Erneuerung der Humusabdeckung werde verringert und im Niederschlagsfall komme es zu einer erhöhten Bodenabschwemmung und Erosion. Eine geschlossene Grasdecke stelle in lichten Hochgebirgswäldern ein ernstzunehmendes Erosionshindernis dar. Der Wald als solcher sei für den Wasserrückhalt dagegen bedeutungslos. Die Veränderung des Pflanzenbestandes verändere die Lebensräume besonders geschützter Tierarten, wie etwa des Auerwilds. Als plumper Flieger bedürfe der Auerhahn eines lichten Baumbestands. Bei übermäßigem Bewuchs könne er ein Herannahen seiner Fressfeinde nicht mehr sicher und frühzeitig erkennen. Dicht bewaldete Bereiche seien für Auerhühner als Lebensraum ungeeignet, denn sie böten weder Nahrung noch Deckung. Wegen des Zuwachsens der mittleren und höheren Waldlagen weiche das Auerwild zunehmend in die höheren und höchsten Gebirgsregionen aus. Auerwild stehe artenschutzrechtlich als gefährdete Art auf der roten Liste und sein Erhalt sei von landeskultureller Bedeutung. Das Eigenjagdrevier des Antragstellers und Teilflächen im Sanierungsgebiet südlich des Heimgartens mit der Bezeichnung Eschenlaine seien als Vogelschutzgebiet und FFH-Flächen kartiert. Die kartierten Flächen verlören durch die verfolgten Zielsetzungen der Verordnung an Werthaltig-keit und Vitalität bzw. würden gezielt geschädigt und zerstört. Im Eigenjagdrevier des Antragstellers befänden sich Aufzucht- und Beutereviere von Adlern mit Baum- und Felshorsten. Durch den zunehmenden Bewuchs verliere der Adler Jagdraum und müsse zunehmend in höchste, noch nicht ganz zugewachsene Höhenlagen ausweichen. Mit dem reduzierten Wildbestand werde dem Adler, der für die Aufzucht eines Jungtieres durchschnittlich ca. 50 bis 60 Gamskitze benötige, die Nahrungsgrundlage entzogen. Nach der Rechtsauffassung des Antragstellers sind die Voraussetzungen für den Erlass der Rechtsverordnung nicht gegeben. In der Verordnung werde nicht konkretisiert, auf welche besonderen Gründe sie gestützt werde. Begrifflichkeiten wie Sanierungsbzw. Gefährdungsgebiet erlaubten keinen ausreichenden Rückschluss auf den Verordnungszweck. Die Unterscheidung zwischen Sanierungsgebieten und Gefährdungsgebieten sei nicht nachvollziehbar. Wildschäden könnten den Erlass nicht rechtfertigen, denn sie müssten übermäßig vorliegen. Belege hierfür gebe es nicht. Die Verordnung diene auch nicht der Landeskultur, denn diese bestehe nicht lediglich im Schutzwald. Hierzu gehörten auch hochgebirgstypische Biotopflächen und extensiv bewirtschaftete Bergwälder. Eine dokumentierte Beteiligung der zuständigen Naturschutzverwaltung habe nicht stattgefunden, obwohl die Rechtsverordnung vielfach Biotopflächen berühre und insoweit die Frage des Erfordernisses behördlicher Gestattung aufzuwerfen sei. Artenschutzrechtlich seien die verfahrensgegenständliche Schonzeitaufhebung und die Schutzwaldsanierung im Hinblick auf die Folgewirkungen für gefährdete Arten zu untersuchen und in ihrer Verträglichkeit abzuschätzen. Derartige Untersuchungen hätten nicht stattgefunden. Auch die Wasserwirtschaftsverwaltung sei am Verfahren nicht beteiligt worden. Bei nur 11 ha tatsächlicher Sanierungsfläche umfasse das Verordnungsgebiet 256 ha, also eine 20-fache Fläche. Durch die Verordnung werde das Eigentum des Antragstellers geschädigt und es werde ein erhöhter Aufwand für die Jagdausübung und die Bedienung von Wildschadenersatzansprüchen verursacht. Die Verordnung verstoße gegen die Vogelschutzrichtlinie und die FFH-Richtlinie. Mit der Verordnung werde im Widerspruch zu grundgesetzlichen Wertungen dem Objektschutz Vorrang vor dem Tierschutz eingeräumt. Während des Winterhalbjahres halte sich das Schalenwild bevorzugt in den wärmebegünstigten Lagen im Wald auf, um zu überwintern. Gamswild sei im Winter auf steilen, südexponierten Lagen mit Grasmatten, vereinzelten Fichten- und Latschenfeldern orientiert. Aus eben diesen natürlichen Aufenthaltsbereichen solle das Wild vertrieben werden. Ihm würden keine Ersatzzonen für den Aufenthalt, Witterungsschutz und die Nahrungsaufnahme in Wildruhezonen in den Wintereinstandsgebieten zur Verfügung gestellt. Das aufgehetzte, verjagte Wild hungere und friere und werde durch die Vergrämungsjagd zur Ruhelosigkeit und einer besonders intensiven Nutzung seiner Kraft- und Energiereserven genötigt. Die Behauptung, die Rechtsverordnung diene nur der Vergrämung, nicht aber der Dezimierung des Wildes, sei eine Irreführung. Die Regelungen seien weder geeignet noch erforderlich und gegenüber den Belangen und Rechtspositionen des Antragstellers nicht verhältnismäßig.

In der Antragsbegründung vom 12. August 2016 konkretisierte und vertiefte der Antragsteller sein Vorbringen. Der Antragsgegner habe von seiner Rechtssetzungsbefugnis nicht in einer der Verordnungsermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Im Antrag der Beigeladenen vom 18. Oktober 2013 werde kein besonderer Grund zum Erlass der Rechtsverordnung genannt und ein solcher liege auch nicht vor. Auch der Begriff der Landeskultur setze eine Ausnahmesituation landesspezifischer Art voraus und die Verordnung stelle keine Verbindung zur erfolgreichen Umsetzung des Schutzwaldsanierungsprogramms für den bayerischen Alpenraum her. Die Begriffe eines Sanierungsgebietes oder Gefährdungsgebietes seien nicht hinreichend bestimmt und die Gebiete seien in den zur Verordnung gehörenden Karten nicht ausgewiesen. Die Tabellen der Fachstellen für Schutzwaldmanagement bezögen sich stets auf Sanierungsbzw. Gefährdungsgebiete und nicht auf Sanierungsflächen. Die Regelungen der angefochtenen Verordnung seien auch wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam. In der Verordnung würden die Begriffe Gebiete und Flächen widersprüchlich verwendet und der in den Karten verwendete Maßstab von 1:25.000 stelle die Grenzen nicht hinreichend dar. Für einzelne Geltungsbereiche gebe es unterschiedliche Darstellungen in den Karten 1:200.000 und 1:25.000. In der freien Landschaft könne der normale Normadressat den Geltungsbereich mittels der Karten nicht zuverlässig bestimmen.

Die angegriffene Rechtsverordnung verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sowie Art. 103 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung, soweit sie zu Schädigungen am Eigentum des Antragstellers, zu erhöhtem Aufwand für die Jagdausübung und erhöhten Wildschadensansprüchen führe. Das Jagdausübungsrecht unterfalle dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Eigentumsflächen und das Eigenjagdrevier des Antragstellers würden insbesondere durch die Verordnungsflächen in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach beeinträchtigt. Die Verordnung verstoße gegen Europarecht in Gestalt der Vogelschutzrichtlinie sowie gegen die entsprechenden bundesrechtlichen Umsetzungsnormen. Ebenso verstoße sie gegen die europarechtlichen sowie die bundesrechtlichen Bestimmungen zum Artenschutz betreffend den Adler und das Auerwild. Im Zuge des Verordnungsverfahrens seien keine speziellen artenschutzrechtlichen Prüfungen und keine FFH-Verträglichkeits-vorprüfungen oder gar Verträglichkeitsuntersuchungen unternommen worden. Die Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörden an den Landratsämtern Miesbach und Garmisch-Partenkirchen seien vom Verordnungsgeber schlicht ignoriert worden. Die Schonzeitaufhebung führe artenschutzrechtlich zu einer nachhaltigen Lebensraumverschlechterung für den Bestand der Raufußhühner (Auerhuhn, Birkhuhn). Die mit der Rechtsverordnung angestrebte geringere Wilddichte führe zu einer „Verlaubholzung“ des Bergwaldes und dadurch zu einer Lebensraumverschlechterung.

Entgegen den grundgesetzlichen Wertungen aus Art. 20a GG werde dem Objektschutz Vorrang vor dem Tierschutz eingeräumt. Schalenwild halte sich während des Winterhalbjahres bevorzugt in wärmebegünstigten Lagen des Waldes auf. Aus eben diesen Bereichen solle das Wild vertrieben werden, obwohl es in den Wintermonaten nicht fliehen könne und an anderen Standorten schlechtere Überlebenschancen habe. Durch die Verordnung solle das Wild aus großen Flächen vergrämt werden, ohne jedoch Ersatzzonen für den Aufenthalt, Witterungsschutz und die Nahrungsaufnahme eingeräumt zu bekommen. Das aufgehetzte, verjagte Wild hungere und friere in den Wintermonaten und werde durch die Vergrämungsjagd zur Ruhelosigkeit und einer besonders intensiven Nutzung seiner Kraft- und Energiereserven genötigt. Neben der dadurch verursachten natürlichen Dezimierung werde der Wildbestand in Nachbarreviere abgedrängt, in denen er zur Vermeidung erhöhten Verbisses weiter dezimiert werden müsse. Die vorgenommene Beschreibung der letalen Vergrämung als nicht der Dezimierung des Wildes dienend sei eine Irreführung. Die Verkürzung von Schonzeiten für Schalenwild sei zur Erreichung eines gesetzmäßigen Zweckes weder geeignet noch erforderlich oder verhältnismäßig. Nach Angaben des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten müssten derzeit rund 12.800 ha Schutzwald saniert werden, davon 4.800 ha vordringlich. Aus welchen Gründen eine Schonzeitaufhebung auf knapp der dreifachen Fläche erforderlich sei, sei nicht nachvollziehbar. Eine durchgängige Winterbejagung des Rotwilds sei tierschutzwidrig, weil sie mittelbar auch trächtige Tiere betreffe und den Ernährungsgewohnheiten dieser Tierart widerspreche. Nachdem nur 3 Prozent des Gesamtabschusses während der Schonzeitverkürzung erbracht würden, stünden die Nachteile in keinem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg. Dies sei sowohl dem Verordnungsgeber als auch der Beigeladenen positiv bekannt gewesen. Entsprechende Überlegungen würden auch für das Rehwild gelten. Das Gamswild werde im Zuge des Verordnungsvollzugs aus seinen bevorzugten Wintereinstands-gebieten vertrieben. Die Bejagung dieser Wildart in den Wintermonaten verstoße gegen den Tierschutz und verfolge jagdrechtswidrige Zielsetzungen. Die seit dem Jahr 1999 im Verordnungsgebiet andauernde Bejagung habe beim Gamswild zu einem ungesunden Altersaufbau der Bestände geführt. Es gebe fast keine alten Gamsgeißen oder Gamsböcke mehr. Durch den Abschuss werde unverhältnismäßig in die Jugendklasse eingegriffen. Folge dieser Ausrottungsstrategie sei, dass in zahlreichen Gebieten, in denen vor 10 Jahren noch Gamswild vorgekommen sei, heute quasi keines mehr vorkomme. Das Gamswild versuche, den Niedergang durch eine verbesserte Reproduktion aufzuhalten. Deshalb nähmen bereits zwei- und dreijährige Gamsgeißen an der Brunft teil. Die Schonzeitaufhebung sei ungeeignet, zur Sanierung der Gebiete beizutragen. Die Gebiete würden seit dem Jahr 1999 ganzjährig bejagt, ohne dass sich ein sichtbarer Erfolg eingestellt habe.

Der Antragsteller beantragt,

1. die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten von Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 9.12.2008 für ungültig zu erklären,

2. hilfsweise: sie hinsichtlich der Einbeziehung des Sanierungsgebiets südlich des Heimgarten mit der Bezeichnung „SG 16 Eschenlaine“, Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, für ungültig zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die mit Beschluss vom 24. Februar 2016 beigeladenen Bayerischen Staatsforsten haben keinen eigenen Antrag gestellt, sich an der Sache schriftsätzlich nicht beteiligt und an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen.

Nach Darstellung der Regierung von Oberbayern im Schreiben vom 7. April 2005 werden im Rahmen des Schutzwaldsanierungsprogramms der Bayerischen Staatsforstverwaltung in den Bayerischen Alpen seit 1986 Schutzwaldsanierungsgebiete festgelegt; es werden dabei vor allem auch Flächen in steilen, sonnenseitig exponierten Lagen aufgenommen, auf denen die Verbissbelastung insbesondere durch Gamswild besonders stark ist. Der Bayerische Landtag habe die Staatsregierung immer wieder aufgefordert, das Schalenwild im Hochgebirge so zu reduzieren, dass sich die für die Erhaltung der Schutzwirkungen des Gebirgswalds erforderliche natürliche und künstliche Waldverjüngung vor allem in den Sanierungsgebieten ungehindert entwickeln könne. Die Schutzwaldsanierungen seien mit hoher Priorität zur Sicherung der Tallagen vor Hochwasser, Lawinen, Muren und Steinschlag fortzuführen.

Während der durch die Verordnung geschaffenen zusätzlichen Jagdzeiten soll das Schalenwild - ohne Erhöhung der für die Jagdbezirke festgesetzten Abschusszahlen - durch Vergrämung, zu der auch sogen. Vergrämungsabschüsse als letale Ver-grämung gehören, aus Teilflächen von Sanierungsgebieten bzw. Gefährdungsgebieten ferngehalten werden. Laut der Zielsetzung der den Erlass der Verordnung beantragenden Beigeladenen sollen der Wildverbiss vermindert und die Naturverjüngung des Waldes gefördert werden. Die Regulierung örtlich überhöhter Schalenwildbestände und deren zeitliche und räumliche Steuerung sind aus Sicht der Bayerischen Staatsforsten eine wichtige, oft sogar die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Verjüngung der Flächen und deren weitere, ungestörte Entwicklung. Insbesondere steile, sonnenseitig exponierte und demzufolge selbst im Winter oft schneefreie Schutzwaldlagen würden nach wie vor eine besonders hohe Verbissbelastung aufweisen, weil sie beliebte Einstandsgebiete, v.a. für das Gamswild, darstellen. Auf diesen Flächen stehe das Wild, teils in hohen Konzentrationen, bis ins beginnende Frühjahr. Durch die Angleichung der Jagdzeiten für die Schalenwildarten und die Möglichkeit der ganzjährigen letalen Vergrämung habe sich die Verbisssituation in zahlreichen Sanierungsgebieten deutlich verbessert. Laut dem Schreiben der Beigeladenen vom 28. Januar 2014 dienten die Vergrämungsabschüsse der Sicherung der Sanierungsmaßnahmen, die von der Forstverwaltung geplant würden und prioritäre gesellschaftliche und landeskulturelle Bedeutung hätten. Insbesondere die Bestimmungen der Beigeladenen für die Jagdausübung im Rahmen der Verordnung betonten, dass nicht eine großflächige Reduktion der Wildbestände, sondern die Vergrämung und Fernhaltung des Wildes aus gefährdeten Gebieten durch konzentrierte punktuelle Bejagung im Vordergrund stehe.

Für den Antragsgegner hat auch die Landesanwaltschaft Bayern zunächst auf ihren Vortrag im ruhenden Verfahren 19 N 12.206 Bezug genommen. Sie verweist darin auf eine gewisse Widersprüchlichkeit im Vortrag des Antragstellers. Dieser behaupte einerseits eine durch die Vergrämung des Wildes in den Verordnungsgebieten bewirkte Erhöhung des Wildbestands in seinem Eigenjagdrevier mit der Folge erhöhten Verbisses, erhöhter Abschussvorgaben und erhöhten Jagdübungsaufwands in seinem Revier und beklage andererseits eine übermäßige Dezimierung des Wildbestands und einen damit einhergehenden Mangel an forstwirtschaftlich wünschenswertem Verbiss bei Holz schlechter Qualität. Bezogen auf den Hochwasserschutz erfülle auch der Waldbestand eine Rückhaltefunktion. Für die Rechtsverordnung bestehe kein Begründungserfordernis. Auf die Unterscheidung zwischen Sanierungs- und Gefährdungsgebieten komme es nicht an. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG zähle die Gründe für Schonzeitaufhebungen und -beschränkungen nicht abschließend auf. Auf das Vorliegen übermäßiger Wildschäden komme es deshalb nicht an, zumal fraglich sei, ob Wildverbiss überhaupt einen Wildschaden in diesem Sinn darstelle. Die Sanierung und der Erhalt des Bergwalds würden für die Rechtfertigung der Verordnung genügen. Unter Landeskultur würden alle aktiven Maßnahmen der Bodenbewirtschaftung in der freien Landschaft und die Erhaltung und Verbesserung der Bodenstruktur verstanden. Auch Schutzwald werde in diesem Sinn bewirtschaftet. Schutzwälder würden Schutz vor bei ihrem Wegfall nicht mehr erzielbarer Waldregeneration, vor Erosion, vor Naturereignissen wie Lawinen oder Steinschlägen und vor Sturmschäden bieten.

Der Antragsteller zeige nicht auf, welche Belange des Naturschutzes oder der Wasserwirtschaft in rechtlich relevanter Weise betroffen würden. Das betroffene Schalenwild stehe nicht auf der roten Liste und unterliege dem Jagdrecht, das von den Bestimmungen des Artenschutzes unberührt bleibe. Die Notwendigkeit einer arten-schutzrechtlichen Prüfung oder Verträglichkeitsabschätzung werde nicht belegt, eine Rechtsgrundlage für eine solche Prüfung nicht genannt. Eine Beteiligung der Wasserwirtschaftsverwaltung bei Erlass der Verordnung sei nicht vorgeschrieben.

Die vom Antragsteller angesprochenen Prioritätsstufen für den Schutzwald stünden nicht in einer rechtlich relevanten, direkten Relation zu bestimmten Sanierungserfordernissen. Die Einteilung in Prioritätsstufen ändere nichts an der Möglichkeit der Einbeziehung in Sanierungsmaßnahmen. Überalterte, rückgängige Bergmischwälder, starke Erosionen durch Schneeschurf, unzureichende Verjüngung sowie hohe Investitionen in Gleitschneeverbauungen und Pflanzungen seien durchaus Gründe für den Erlass der Verordnung. Das Verhältnis der Sanierungsfläche von 11 ha zum festgesetzten Verordnungsgebiet von 256 ha erkläre sich ohne weiteres daraus, dass punktuelle Maßnahmen (Maßnahmen auf einer kleinen Fläche) nicht effizient seien. Um eine echte und dauerhafte Wirkung zu erzielen, seien Vernetzungen in der Natur zu berücksichtigen und gebietsübergreifende Auswirkungen zu beachten.

Ein Verstoß der Rechtsverordnung gegen die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG) und deren nationale Umsetzungsnormen werde lediglich behauptet, aber nicht konkretisiert. Dies gelte auch für einen Verstoß gegen Artenschutz-bestimmungen. Die Schonzeitverkürzung, die keinen Plan und kein Projekt im Sinn von Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie darstelle, führe zu keinen wesentlichen Beeinträchtigungen der Natura-2000-Gebiete und erfordere deshalb keine Verträglichkeitsprüfung.

Der Antragsgegner reichte im Verfahren 19 N 12.206 den Bericht der Beigeladenen über die Ergebnisse und Erfahrungen mit der Verordnung vom 15. Juni 2011 zu den Akten und informierte über die (verordnungsbezogenen) Abschusszahlen in den Bereichen Eschenlaine, Deiningbach und Fahrenberg in den Jagdjahren 2008/2009, 2009/2010 und 2010/2011. Außerdem übergab er eine gutachterliche Aussage zur Verjüngungssituation in den Bereichen Eschenlaine und Deiningbach vom 9. Juli 2012, worin ein zu hoher Verbiss insbesondere in den Geltungsbereichen der Verordnung festgestellt wird. Eine ebenfalls vorgelegte gutachterliche Aussage zur Verjüngungssituation im Eigenjagdrevier Eschenlohe-Wengwies vom 11. Oktober 2012 beurteilt die Verbisssituation als deutlich zu hoch.

In der Antragserwiderung vom 25. Oktober 2016 erläuterte der Antragsgegner noch einmal das Vorliegen der Voraussetzungen für den Verordnungserlass aus seiner Sicht sowie den Inhalt der Begriffe Sanierungsgebiet bzw. Gefährdungsgebiet. Die geltend gemachten Auswirkungen auf Rechtspositionen des Antragstellers seien spekulativ und nicht durch eine Aufhebung der Verordnung zu bewältigen. Am Erlass der Verordnung sei die höhere Naturschutzbehörde bei der Regierung beteiligt worden. Der Vortrag zur Verletzung artenschutzrechtlicher Bestimmungen durch eine Verschlechterung des Lebensraums für Raufußhühner sei unsubstantiiert. Neben dem Tierschutz seien in Art. 20a GG auch die natürlichen Lebensgrundlagen geschützt. Dem Tierschutz werde durch die Staffelung der Schonzeitenverkürzungen differenziert Rechnung getragen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte mit der Sitzungsniederschrift vom 29. November 2017 sowie auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakten und der von den Beteiligten umfangreich vorgelegten Unterlagen und Karten.

Gründe

Der Normenkontrollantrag ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO) und innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erhoben worden, hat jedoch keinen Erfolg.

I.

Gegenstand des Verfahrens ist zunächst der Antrag, die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014 insgesamt für unwirksam zu erklären.

Diesem Antrag vermag der Senat nicht Rechnung zu tragen, weil die Verordnung, durch die auf 105 Teilflächen von namentlich bezeichneten Sanierungsbzw. Gefährdungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern die gesetzliche Schonzeit für bestimmte Schalenwildarten differenziert (nach Schalenwildarten und Tiergruppen) aufgehoben wird, um zur Sanierung und Naturverjüngung erosionsgefährdeter Waldbereiche die Umsetzung der Jagdstrategie der letalen Vergrämung auch in der Schonzeit des Schalenwilds zu ermöglichen, unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB teilbar ist und für den weitaus größten Teil der 105 Verordnungsgebiete bereits wegen ihrer Entfernung zum Eigenjagdrevier des Antragstellers (die Entfernung beträgt teilweise mehr als 150 km) dessen Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht erkennbar ist.

Die Verordnung stellt eine Zusammenfassung von inhaltsgleichen Verordnungsregelungen dar, die für unterschiedliche Räume mit unterschiedlicher Struktur und rechtlicher Wertigkeit (Verordnungsgebiete) gelten und deshalb für jedes Verordnungsgebiet auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden müssen. Bevor die Regierung von Oberbayern im Jahr 2000 begonnen hat, jeweils mehrjährig geltende Verordnungen zu erlassen, ist der Zweck der Verordnung durch Schonzeitenausnahme-bescheide der jeweils örtlich zuständigen Jagdbehörde für die einzelnen Gebiete erfüllt worden. Weil den Verordnungsbestimmungen hinsichtlich jeder Teilfläche ein von den örtlichen Verhältnissen abhängiger, eigenständiger Schutzzweck innewohnt, kann und muss jede Teilfläche gesondert betrachtet werden. Ein selbständiger Regelungswille des Verordnungsgebers (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2012 - 9 B 56.11 -NVwZ 2012, 375 m.w.N.) liegt jeweils vor (zur Teilbarkeit und teilweisen Anfechtbarkeit von Regelungen vgl. BVerwG, U.v. 17.2.2005 - 7 CN 6/04 - juris Rn. 15), sodass die Unwirksamkeit der Verordnung hinsichtlich eines Gebietes nicht zu ihrer Unwirksamkeit hinsichtlich der anderen Gebiete führt. Die überwiegend formalen Gegenargumente des Antragstellers vermögen schon angesichts der Bewältigung der Problematik bis zum Jahr 2000 mittels Einzelfallbescheiden nicht durchzugreifen. Die Bestimmung der Geltungsbereiche ist auf der Grundlage einer einheitlichen Zielsetzung anhand der spezifischen örtlichen Gegebenheiten und Verhältnisse erfolgt. Die für alle Gebiete gleichlautenden Schonzeitverkürzungen begründen angesichts völlig unterschiedlicher örtlicher Verhältnisse keine gebietliche Unteilbarkeit der Verordnung. Insbesondere liegen zahlreiche Geltungsteilbereiche der Verordnung - wie das Verordnungsteilgebiet Eschenlaine - im Gegensatz zu anderen in Natura-2000-Gebieten, und zwar vielfach in unterschiedlichen. Vielmehr wird im Rahmen der Schutzwaldsanierung mit jedem Gebiet ein selbständiger und ausschließlich ortsbezogener Schutzzweck von unterschiedlichem Gewicht (insbesondere Vorsorge oder Sanierung) verfolgt. Wechselwirkungen zwischen den Verordnungsgebieten sind allenfalls in Einzelfällen möglich. Die völlig unterschiedlichen naturräumlichen Gegebenheiten erfordern eine differenzierte Betrachtung der Verordnungsteilbereiche. Das Ausscheiden eines Verordnungsteilgebietes bliebe ohne Einfluss auf die anderen Verordnungsgebiete. Die formale Verknüpfung der Verordnungsteilgebiete durch die einheitlichen Regelungen der Verordnung (der Antragsteller beruft sich auf die Ausfertigung einer einheitlichen Verordnung durch den Regierungspräsidenten) steht einer Teilbarkeit der Verordnung hinsichtlich der Verordnungsteilgebiete ebenso wenig entgegen wie die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 (Az.: 3 BN 1/11). Diese ist zum einen in einem Verfahren mit einem anderen Streitgegenstand (die im Jahr 2013 ausgelaufene Verordnung) ergangen und sie trifft zum anderen keinerlei Aussagen zur Frage der Teilbarkeit der Verordnung.

Für den Fall, dass die Verordnung nicht als Ganzes für unwirksam erklärt wird, hat der Antragsteller die Unwirksamerklärung hinsichtlich des Verordnungsteilgebiets Eschenlaine beantragt (mit dem im Hilfsantrag angesprochenen „Sanierungsgebiet“ ist keine angreifbare Norm verbunden, jedoch kann der Hilfsantrag - wie geschehen - sachgerecht ausgelegt werden). Die Unwirksamerklärung anderer Verordnungsteilbereiche hat der Antragsteller nicht beantragt, sodass sich der Normenkontrollan-trag nicht auf sie bezieht. Wäre dies anders, so wäre bei den meisten Verordnungsteilgebieten die Antragsbefugnis schon wegen der Entfernung zum Eigenjagdrevier des Antragstellers auszuschließen. Bei allen Verordnungsteilgebieten fehlt sie - wie sich aus der Gründen für die Ablehnung des Hilfsantrags (vgl. Nr. II.) ergibt - jedenfalls angesichts der konkreten Fallumstände.

II.

Gegenstand des Verfahrens ist auch der (hilfsweise für den - hier vorliegenden, vgl. I. - Fall, dass die Verordnung nicht in ihrer Gesamtheit für ungültig erklärt wird und die einzelnen Verordnungsteilgebiete jeweils für sich genommen beurteilt werden müssen, gestellte) Antrag, die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014 hinsichtlich des Verordnungsteilgebiets Eschenlaine für unwirksam zu erklären.

Auch dem Hilfsantrag vermag der Senat nicht Rechnung zu tragen. Die Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO liegt nicht vor (1.). Darüber hinaus wäre der Antrag auch unbegründet (2.).

1. Der Antragsteller ist nicht antragsbefugt (1.1); dieser Feststellung steht die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 (3 BN 1/11) nicht entgegen (1.2).

1.1 Der Antragsteller ist nicht antragsbefugt.

Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zu bejahen, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in einer eigenen Rechtsposition verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Die Antragsbefugnis fehlt daher nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (stRspr, vgl. U. des BVerwG v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <217 ff.>; B.v. 2.3.2005 - BN 7.04 - juris Rn. 6 - und v. 8.6.2011 - 4 BN 42.10 - BauR 2011, 1641).

Nach diesen Grundsätzen ist - auch infolge neu gewonnener Erkenntnisse - eine Antragsbefugnis des Antragstellers nicht zu erkennen. Die Auswirkungen des Verordnungsgebiets Eschenlaine betreffen weder ein rechtlich geschütztes Interesse des Antragstellers (1.1.1) noch sind sie überhaupt im Rechtskreis des Antragstellers tatsächlich spürbar (1.1.2).

1.1.1 Das Interesse, das der Antragsteller (entgegen seinen Behauptungen zu § 47 Abs. 2 VwGO) wirklich am Unterbleiben des Verordnungsvollzugs hat, ist rechtlich nicht geschützt.

Der Antragsteller macht geltend, er werde durch die Verordnung auf den Flächen seines Eigenjagdreviers (als Eigentümer) und damit in einer Rechtsposition im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO beeinträchtigt, weil durch die Verordnung Wild zugetrieben werde und vermehrt Jungpflanzen verbeiße (eine Argumentation, auf deren Grundlage das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 29. Dezember 2011 - a.a.O. - betreffend die in den Jahren 2008 bis 2013 geltende Vorgängerverordnung von einer Antragsbefugnis des Antragstellers ausgegangen ist). Die Behauptung, er werde durch hohen Verbiss beeinträchtigt, ist jedoch unwahr; in Wirklichkeit ist der Antragsteller mit dem überhöhten Verbiss auf seinen Grundflächen einverstanden und strebt ihn sogar an (1.1.1.1). Für den Antragsteller ist der Bodenertrag (die Forstwirtschaft) nachrangig; im Zentrum seines Interesses steht die herkömmliche trophäenorientierte Jagd, die mit hohen Wildbeständen und einer weder nachhaltigen noch ökologischen Forstwirtschaft verbunden ist und das gesetzlich verankerte Prinzip „Wald vor Wild“ missachtet (1.1.1.2). Eine Verbissbeeinträchtigung behauptet der Antragsteller lediglich deshalb, weil er (wie im Senats-beschluss vom 7.10.2010 - 19 N 09.3102 - juris, vgl. insbesondere Rn. 22 und 24 -lediglich angedeutet) sich durch Berufung auf das allgemein anerkannte rechtlich geschützte Interesse, von übermäßigem Verbiss verschont zu bleiben, die Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Annahme einer Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit zur Eröffnung der Möglichkeit verleiten möchte, die streitgegenständliche Verordnung zu Fall zu bringen (was ihm ansatzweise im Revisionsverfahren 3 BN 1/11 gelungen ist). Das von ihm tatsächlich verfolgte (und für bedroht durch Verordnung gehaltene) Interesse an hohen Schalenwildbeständen, die dem überkommenen, trophäenorientierten Jagdinteresse dienlich sind, ist rechtlich nicht geschützt (1.1.1.3).

1.1.1.1 In Widerspruch zu seiner Behauptung einer Beeinträchtigung durch Wildverbiss hat der Antragsteller mehrfach vorgetragen, er benötige höheren Verbiss für das, was er als extensive Forstwirtschaft bezeichnet. In den Zulassungsantragsverfahren betreffend Abschusspläne für sein Eigenjagdrevier 19 ZB 17.1601 (S. 77 der Zulassungsantragsbegründung) und 19 ZB 17.1602 (S. 78 der Zulassungsantragsbegründung) hat er ausführen lassen: „Im streitgegenständlichen Fall wird der vorhandene Verbiss vom Grundstückseigentümer gar nicht als Schaden bewertet“. In den diesen Zulassungsantragsverfahren vorhergegangenen Klageverfahren hat er geltend gemacht, der Verbiss, den er als Waldeigentümer für eine rentable extensive Waldbewirtschaftung und zur Verhinderung einer Verlaubholzung des Bergwaldes benötige, werde durch den festgesetzten Abschuss zu sehr gemindert (vgl. etwa S. 10 des Schriftsatzes vom 16.1.2017 in den Verfahren M 7 K 16.3638 und 3639). Schon in der Antragsbegründung vom 31. März 2010 (19 N 09.3102) hat er ausgeführt, de facto sei der Verbiss im Wald nicht per se ein Schaden und unter allen Umständen zu verhindern. Würden Bäume in der Waldfläche durch Verbiss am Wachstum gehindert, so stelle dies im Ergebnis eine Förderung des Wachstums der verbleibenden unverbissenen Bäume dar. Diese Förderung sei wichtig, da schon aus waldbiologischen Gründen nur eine sehr begrenzte Zahl von Bäumen je Flächeneinheit ungehindert wachsen könne. Selbst den nötigen Umbau in stabilere Mischwälder verhindere Wildverbiss nicht zwingend, da sich automatisch die Baumart durchsetze, welche besser zum Standort passe (zum Umstand, dass die Tanne zwar standortgemäß ist, sich aber nicht „automatisch“ durchsetzt, weil sie - und zahlreiche andere standortgemäßen Baumarten - wesentlich mehr verbissen wird als etwa die Fichte, auf die der Antragsteller großen Wert legt, vgl. Nr. 1.1.1.2, Spiegelstriche 3 und 5). Seine schriftliche Rüge bezüglich der Verfahrensdauer hat der Antragsteller nicht -wie bei einem echten Interesse an geringeren Verbissschäden zu erwarten gewesen wäre - auf eine zunehmende Schädigung durch überhöhte Wildbestände gestützt; er beklagt vielmehr irreversible Eingriffe in die Schalenwildpopulation. Die Bejagung des Gamswildes durch die Beigeladene bewertet er als Ausrottungsstrategie (19 N 14.1022, Bl. 318, 319 und 491). In der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2017 hat der Antragsteller ausführen lassen, aus mehreren Aufnahmen im Rahmen der Verbissbegutachtung (die als Beistand des Antragstellers auftretende Frau Schw. hat dabei auf Vorbringen in einem beim Senat anhängigen Zulassungsantrags Verfahren Bezug genommen) ergebe sich, dass der vorhandene Verbiss so gering sei, dass ein nutzbarer Wald nicht entstehen könne. Auch diesen Ausführungen ist die Auffassung zu entnehmen, es bedürfe einer Vergrößerung des Schalenwildbestandes und einer Steigerung der Verbissraten. Der Antragsteller selbst hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, seit der Einführung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ und der streitgegenständlichen Verordnung erziele er mit seiner Forstwirtschaft wegen fehlenden Verbisses keinen Gewinn mehr, und dadurch ein Interesse an einer Verbissquote bekundet, die noch über der derzeitigen liegt. In Übereinstimmung damit hat der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass er als Jagdaus-übungsberechtigter etwas gegen einen (langfristig oder auch nur kurzfristig, vollflächig oder auch nur in Randbereichen aufgetretenen) überhöhten Verbiss unternommen habe (wie etwa eine Schwerpunktbejagung oder eine allgemein verstärkte Bejagung, gegebenenfalls inklusive des Antrags auf Schonzeiten-Ausnahme). Vielmehr hält er festgesetzte Abschusspläne nicht ein (zum Teil erfüllt er - wie sich aus den Akten des beim Senat anhängigen Zulassungsantragsverfahren 19 ZB 16.479 ergibt - nicht einmal die Abschusszahlen, die er selbst vorgeschlagen hat). Die mit dem Eigenjagdrevier des Antragstellers in der Hegegemeinschaft Werdenfels-Ost zusammengefassten Reviere haben laut den Gutachten zur Situation der Naturverjüngung aus den Jahren 2009, 2012 und 2015 tendenziell niedrigere Wildbestände aufzuweisen als das Eigenjagdrevier des Antragstellers, in dem die Verbissbelastung kontinuierlich „deutlich zu hoch“ ist (GA 19 N 14.1022, Bl. 546 ff.). Im Gutachten für 2015 ist dezidiert ausgeführt, dass die Eigenjagdreviere Eschenlohe-Wengwies und Eschenlohe-Wasserstein besonders kritische Verbissbelastungen aufweisen, während sich die Verbisssituation in den Eigenjagdrevieren Eschenlohe-Archtal, O. I und O. IV sowie in den Gemeinschaftsjagdrevieren O. VI, Großweil und Schwaiganger als günstiger darstellt (a.a.O. S. 573). Gegen die jagdbehördlich verfügte Absenkung der Schalenwildbestände - und damit mittelbar auch gegen die behördlich angestrebte Verbissminderung - beschreitet der Antragsteller den Rechtsweg. Dieses Abschussverhalten des Antragstellers widerlegt im Übrigen seine Behauptung, der Wildbestand in seinem Eigenjagdrevier sei zu niedrig, weil ihm zu viele Abschüsse abverlangt würden. Schließlich betreibt der Antragsteller mit nicht unerheblichem (finanziellem und logistischem) Aufwand Fütterungen im Nahbereich zum Staatsjagdrevier Isarwinkel und zum Verordnungsteilgebiet Eschenlaine (vgl. die in der mündlichen Verhandlung übergebene Karte). Ein derartiges künstliches Futterangebot während der Wintermonate im natürlichen Aktionsradius des Schalenwildes ist geeignet, erhebliche Anziehungskraft auf das Schalenwild zu entfalten und auf diese Weise dessen Wanderungsverhalten maßgeblich zu beeinflussen (zu Äsung/Fütterung sowie den unterschiedlichen Jagdstrategien vgl. den Bericht des Leiters der Hochwild-Hegegemeinschaft Isarwinkel GA 19 N 14.1022 Bl. 827). In seinem Schriftsatz vom 2. Oktober 2017 im Verfahren 19 ZB 17.1601 gibt der Antragsteller die Feststellung in einem wildbiologischen Gutachten wieder, im Winter ziehe wegen der im Eigenjagdrevier unterhaltenen Fütterungen Wild zu, das im Frühjahr wieder in seine Sommereinstandsbereiche abwandere.

Der Antragsteller versucht ohne Erfolg, durch sich steigernde Argumentationsvarianten den Widerspruch zwischen seiner Behauptung eines durch Vergrämung seitens der Beigeladenen verursachten überhöhten Schalenwildbestandes (und deshalb überhöhten Verbisses) in seinem Eigenjagdrevier einerseits und seinem tatsächlichen Vorbringen betreffend eine Notwendigkeit und Nützlichkeit der gegenwärtigen Verbissquote und sogar einer noch höheren andererseits als nicht existent darzustellen. Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2010 im Verfahren 19 N 09.3102 (vgl. S. 8 und S. 12) hat er zunächst eine Entwicklung behauptet, die aus einer ersten Phase und einer späteren zweiten Phase bestehe. Demnach soll die angegriffene Verordnung im Eigenjagdrevier zunächst zu einem erhöhten Verbiss geführt haben; in den Randbereichen der Eigenjagd sei es zu einer Zunahme des Schalenwildbestandes gekommen. Anschließend hätten die rigide Abschussplanung und ihre konsequenten Durchsetzung durch die Untere Jagdbehörde zu einem Wildbestand geführt, der für die vom Antragsteller betriebene extensive Forstwirtschaft zu gering sei. Im Schriftsatz vom 19. November 2012 (S. 5) zu dem (die VO 2008 betreffenden) Verfahren 19 N 12.206 und im Antragsbegründungschriftsatz vom 12. August 2016 (S. 43) hat er vorgetragen, das Wild werde in Bereiche mit erhöhten Abschusszahlen getrieben. Aufgrund dieser erhöhten Abschusszahlen werde das Wild in seiner Dichte großflächig dezimiert und könne in den extensiv bewirtschafteten Waldflächen seiner Funktion als den Lebensraum des Auerwildes freihaltendes Fraßwild nicht mehr nachkommen. Der behaupteten Zwei-Phasen-Entwicklung widerspricht jedoch, dass es wegen der Rechtsbehelfe des Antragstellers bislang nicht zu einer „konsequenten Durchsetzung“ der Abschusspläne gekommen ist, diese vielmehr vom Antragsteller konsequent missachtet werden. Zudem wäre es dieser Darstellung des Antragstellers zufolge bereits ab dem Jahr 2008, als das Teilgebiet Eschenlaine in die Vorgängerverordnung aufgenommen worden ist (die anderen Teilgebiete sind noch früher in Vorgängerverordnungen aufgenommen worden), zu diesen beiden Phasen gekommen, also zunächst zu erhöhten Abschusszahlen im Verordnungszeitraum 2008, vielleicht auch noch im Verordnungszeitraum 2009. Die vom Antragsteller selbst vorgelegte Liste (GA 19 N 09.3102, Bl. 184) zeigt jedoch keine signifikante Erhöhung der Abschusszahlen in dieser Zeit. Während der gegenwärtigen, seit dem Jahr 201 geltenden Verordnung müsste die „erste Phase“ bereits verstrichen und die „großflächige Dezimierung“ durch „erhöhte Abschusszahlen“ bereits im Gange sein, sodass der erhöhte Verbiss im Eigenjagdrevier, den der Antragsteller der Verordnung zuschreibt und so zur Begründung seiner Antragsbefugnis verwendet, nicht (mehr) festzustellen wäre. Nunmehr versucht der Antragsteller, mit einer neuen Begründung den Widerspruch zwischen seinem Geltendmachen des rechtlich geschützten Interesses an einer geringen Verbissquote und seiner tatsächlichen Befürwortung einer hohen Verbissquote als nicht existent darzustellen. In der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2017 hat der Antragsteller erstmals von einer jährlichen Rückwanderung des Schalenwildes auf die Verordnungsflächen gesprochen, wo es der dortigen Vergrämungsstrategie unterfalle, also von einem jährlich auftretenden Phasenwechsel. Der Antragsteller versucht somit nun, seine Behauptung eines überhöhten Verbisses trotz niedriger Schalenwildbestände im Eigenjagdrevier dadurch zu plausibilisieren, dass er die beiden Phänomene auf unterschiedliche Abschnitte desselben Jahres verteilt. Diesem Erläuterungsversuch steht aber entgegen, dass sich zwar die Vergrämung im Rahmen der streitgegenständlichen Verordnung auf wenige Monate beschränkt, die Verordnung jedoch lediglich dazu bestimmt ist, die wegen der beschränkten Dauer des Jagdjahres bestehende zeitliche Lücke zu schließen, also die ganzjährige Vergrämungspraxis der Beigeladenen zu ermöglichen. Der Jagd- und Vergrämungsdruck wird auf den Sanierungsflächen nicht als kurzfristiger und sich ständig wiederholender Prozess, sondern ganzjährig und konsequent praktiziert, sodass für die behauptete und dem Antragsgegner sowie der Beigeladenen angelastete jährliche Hin- und Zurückwanderung des Wilds zwischen dem Eigenjagdrevier und den Verordnungsflächen keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind.

1.1.1.2 Der Antragsteller ist mit der gegenwärtigen Verbissquote in seinem Eigenjagdrevier einverstanden und strebt eine noch höhere an, weil er zu dem Teil der Jägerschaft gehört, der noch das überkommene trophäenorientierte, durch hohe Wildbestände geförderte Jagdinteresse verfolgt.

- Der Antragsteller zeigt bereits durch seine Weigerung, die vorgeschriebene Anpassung der Wildbestandshöhen an das Ziel eines standortgemäßen und nachhaltigen Waldes zu akzeptieren und vorzunehmen, durch Formulierungen wie „Ausrottungsstrategie“ und „nicht wieder gut zu machende Eingriffe in die Schalenwildpopulation“ (GA 19 N 14.1022, Bl. 318,319,491), die ersichtlich neben der Sache liegen (vgl. etwa Nr. 2.4.1.1.1.2.4) und durch die von ihm betriebenen Fütterungen (vgl. insgesamt 1.1.1.1), dass er Wildbestände anstrebt bzw. aufrechterhalten will, die der trophäenorientierten Jagd dienlich sind.

- Soweit der Antragsteller den Artenschutz ins Feld führt, befasst er sich nur mit Habitatfaktoren, die für hohe Schalenwildbestände sprechen, und verabsolutiert diese. Beispielsweise hebt er hervor, dass für das Auerwild licht über-schirmter Nadelmischwald günstig ist, und erklärt im Hinblick darauf eine hohe Verbissquote durch hohe Schalenwildbestände für erforderlich; er hebt hervor, dass Gamskitze dem Steinadler als Nahrung dienen und begründet damit die Notwendigkeit eines hohen Gamsbestands. Eine Gesamtbetrachtung der Lebensbedingungen der jeweiligen Tierart, wie sie für einen ernsthaft betriebenen Artenschutz entscheidend wäre, nimmt er nicht vor (vgl. Nr. 2.4.1).

- Der Antragsteller hat mehrfach deutlich gemacht, dass er den Grundsatz „Wald vor Wild“ strikt ablehnt. Mit der Formulierung „Wald vor Wild“ werden prägnant die Bestimmungen zusammengefasst, die dazu dienen, die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG), also eine nachhaltige Waldbewirtschaftung im Sinne der Definition der im Jahr 1993 in Helsinki abgehaltenen Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (vgl. unten Nr. 2.4.1.1.1.1). Die natürliche Waldverjüngung hat bis vor kurzer Zeit wegen Wildverbiss weithin kaum noch stattgefunden mit der Folge, dass es zu einer Entmischung des Waldes mit Diversitätsverlusten gekommen ist, zu einer Beeinträchtigung der Vitalität des Waldes und seiner Widerstandsfähigkeit gegenüber natürlichen Bedrohungen (wie Stürmen, Insektenbefall und Krankheiten) sowie seines Potenzials, auch in Zukunft wichtige ökologische und soziale Funktionen zu erfüllen (wie Klimaregulierung, Grundwasserregulierung und Erosionsschutz). Bei einem derart degradierten Wald ist allerdings nur langfristig mit forstwirtschaftlichen Einbußen zu rechnen. Insbesondere die gut verwertbare Fichte ist (im Gegensatz zu vielen anderen standortgemäßen Baumarten) weitgehend verbissresistent.

Hauptursache für die Ablehnung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ und für die dementsprechende Degradierung des Waldes und Gefährdung des Schutzwaldes, die zu einem erheblichen Teil heute noch bestehen, ist das überkommene repräsentative Jagdinteresse.

Das repräsentative Jagdinteresse hat seinen Ursprung in der feudalen, dem Regenten und dem Adel vorbehaltenen und deshalb mit der Herrschaftsausübung verbundenen Jagd, die die Landbevölkerung in vielfacher Weise geschädigt und belastet hat und deshalb sowohl im Bauernkrieg als auch in der Paulskirchenrevolution eine erhebliche Rolle gespielt hat. Im Mittelpunkt der feudalen Jagd haben das „Hochwild“ und insbesondere der kapitale Hirsch gestanden. Nach der Abschaffung der feudalen Jagd im 19. Jahrhundert, in dessen Verlauf das wohlhabende Bürgertum zunehmend an der Herrschaftsausübung beteiligt worden ist, sind auch bürgerliche Jagdgelegenheiten geschaffen worden (in Form von verpachtungspflichtigen Gemeinschaftsjagdrevieren, während der Adel seitdem auf seinen Ländereien/Gutsbezirken -nun Eigenjagdrevieren - gejagt hat). Nicht nur hier, sondern auch während des Nationalsozialismus (als die Hegepflicht im eigentlichen Sinn und der Abschussplan als Hegeinstrument eingeführt worden sind) und in der früheren DDR, wo jeweils den höheren Parteifunktionären besondere Jagdgelegenheiten reserviert gewesen sind, hat die repräsentative Jagd in erheblichem Umfang ihre Bedeutung als Zeichen einer Beteiligung an der Herrschaft bzw. einer hervorgehobenen gesellschaftlichen Stellung behalten. Trotz einer zunehmenden Beteiligung weiterer Gesellschaftsschichten an der Jagd, verschiedener dem Grundgesetz geschuldeter Rechtskorrekturen (zu diesen vgl. etwa BGH, U.v. 22.5.1984 - III ZR 18/83 - NJW 1984,2216 und U.v. 5.5.1988 - III ZR 116/87 - juris Rn. 26, sowie BVerwG, U.v. 30.03.1995 - 3 C 8/94 -BVerwGE 98, 118) und der Aufnahme der Erkenntnisse über die Funktionsweise und die Bedeutung des Wirkungsgefüges der Natur in das deutsche (u.a. in Form des Grundsatzes „Wald vor Wild“) und das europäische Recht in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ist dies in gewissem Umfang bis heute der Fall. Das überkommene Jagdinteresse von Personen mit erheblichem Einfluss in Gesellschaft, Politik und Staat behindert immer noch die Umsetzung dieser Korrekturen und Erkenntnisse (vgl. die Kritik des Bayerischen Obersten Rechnungshofs in den Jahresberichten 1999 und 2009 an der ineffektiven Umsetzung der Abschussplanvorschriften sowie die Umstände, dass trotz 30-jähriger Verbissbegutachtung Wildbestände, die eine natürliche Waldverjüngung zulassen, in einem großen Teil der Hegegemeinschaften - bei Nichtberücksichtigung des Staatsforstes: im ganz überwiegenden Teil - nach wie vor nicht erreicht sind und die Jagd noch immer zum Artenschwund beiträgt - ersichtlich etwa an der Entwicklung des weiterhin bejagbaren Rebhuhns). Im Zentrum des überkommenen repräsentativen Jagdinteresses stehen nach wie vor die Trophäe und das starke Tier und insbesondere - nunmehr allerdings beschränkt auf die Rotwildgebiete - der kapitale Hirsch, der „Einserhirsch“ (ein Hirsch von mindestens zehn Jahren entsprechend der Klasse I, vgl. Nr. 9.2 der Richtlinien für Hege und Bejagung des Schalenwildes in Bayern, Bek. des StMELF v. 9.12.1988, AllMBl. 1989, S. 73, zuletzt geändert durch LMBek. v. 23.3.2004, AllMBl. 106). Die Wahrscheinlichkeit des Vorkommens eines kapitalen Tieres wie des „Einserhirschs“ steigt mit dem Umfang des jeweiligen Tierbestandes, sodass das überkommene Jagdinteresse regelmäßig zu überhöhten Wildbeständen mit allen Konsequenzen führt (die - wie am Beispiel der hohen, in den letzten zehn Jahren um etwa 30% gestiegenen Wildunfall-Zahlen mit Personenschäden und jährlichen Sachschäden in Höhe von mehreren 100 Millionen € ersichtlich - über den Naturschutz und die Forstwirtschaft hinausgehen). Vor allem in den Rotwildgebieten, die einen besonders hohen Jagdwert aufweisen, und vor allem bei großen privaten Waldbesitzern (Eigenjagdinhabern) ist das Interesse an der Jagd oft größer als das Interesse am Wald.

- Der Antragsteller belegt durch seine Ausführungen, dass er darüber hinaus (zumindest) die Maßnahmen ablehnt, die im Bereich der Jagd zum Zwecke der in Art. 18 Abs. 1, 28 Abs. 1 Nr. 9 BayWaldG vorgesehenen Sanierung von Wald mit Gemeinwohlbedeutung ergriffen werden und ohne die eine Schutzwaldsanierung nicht langfristig erfolgreich durchgeführt werden kann.

– Auch wenn der Antragsteller forstwirtschaftliche Interessen in den Vordergrund stellt (etwa indem er einen „relevanten Wildbestand“ für notwendig erklärt - Schriftsatz vom 30.7.2010 im Verfahren 19 N 09.3102 - oder das Wild als natürlichen Gärtner des Waldes bezeichnet - Schriftsatz vom 31.7.2012 im Verfahren 19 N 12.206), ist festzustellen, dass es ein Wirtschaftsinteresse von Gewicht, das das Jagdinteresse begrenzen könnte, nicht gibt (vgl. Seite 3 unten, Seite 4 Mitte der Verhandlungsniederschrift). Ein forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit aus Beschäftigten, Geräten/Maschinen und Gebäuden existiert nicht. Wenn forstwirtschaftliche Maßnahmen im Eigenjagdrevier anfallen, werden Einzelaufträge an Forstbetriebe erteilt. Dies ist bis vor wenigen Jahren vom Antragsteller (offensichtlich nebenbei) erledigt worden; seitdem ist sein Bruder T. hierfür zuständig. Die Forstwirtschaft im Eigenjagdrevier ist zwar profitorientiert, aber nicht (oder nicht besonders) profitabel (vgl. S. 4 der Verhandlungsniederschrift). Bereits in seinem Vermerk vom 23. Oktober 2008 zum Verordnungsverfahren 2008 (Beiakte V, Bl. 626) hat er mit der Ausführung, über 1000 Höhenmetern übersteige der Jagdwert den Holzwert, deutlich gemacht, dass für ihn die Jagd im Vordergrund steht. Der Ausführung der Antragsgegnervertreterin in der mündlichen Verhandlung, eine höhere Laubbaum-Beimischung sei jedenfalls langfristig forstwirtschaftlich sinnvoll (Verhandlungsniederschrift S. 4/5), hat der Antragsteller nicht widersprochen. Den im Verfahren vorgelegten Unterlagen (Bl. 582 der Gerichtsakte) ist zu entnehmen, dass zur Erläuterung der ergänzenden revierweisen Aussage zur Verjüngungssituation im Eigenjagdrevier des Antragstellers am 27. Oktober 2015 ein Revierbegang erfolgt ist. Zur Fichten-Thematik hält der Vermerk fest, dass der Antragsteller und seine Brüder einen möglichst hohen Anteil an Fichten (die weitgehend verbissresistent sind) als wirtschaftlich wichtig bezeichnet haben, während die Forstbehörde demgegenüber auf die gesetzlichen (auf einen nachhaltigen, ökologisch werthaltigen und stabilen Wald gerichteten) Vorgaben und auf die (von den Vorstellungen des Antragstellers und seiner Brüder abweichenden) Zielsetzungen derjenigen Waldbesitzer hingewiesen hat, deren Flächen bei Eigenjagdrevieren eingeschlossen und angegliedert sind, die also nicht jagdausübungsberechtigt sind.

- Der Antragsteller mit einem Eigenjagdrevier in einem Bereich, dessen Jagdgelegenheiten noch lange nach der Beseitigung der feudalen Jagd vom Hochadel besonders geschätzt worden sind, ist öffentlich zugänglichen Quellen zufolge Inhaber eines Elektronikunternehmens mit weltweit vermarkteten Produkten und demzufolge auf den Waldertrag nicht angewiesen. Er ist etwa zehn Jahre lang Vorsitzender der Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen des Bayerischen Jagdverbandes (Landesjagdverbandes) e. V. gewesen.

- In Presseberichten wird der Antragsteller mit einem Aufruf zur „Mobilmachung gegen wildgewordene Behörden“ zitiert (www.merkur.de/lokales/garmisch-partenkirchen/landkreis/jaeger-chef-kritisiert-Forstverwaltung). Eine diesbezügliche Gegendarstellung des Antragstellers ist nicht ersichtlich. Der Feldzug des Antragstellers richtet sich gegen die Bemühungen des Antragsgegners und der Beigeladenen um mäßige Wildbestände und insbesondere gegen den gesetzlichen Grundsatz „Wald vor Wild“. Wie die zahlreichen von ihm geführten Streitverfahren belegen, ist der Antragsteller bereit, für seinen Feldzug erhebliche Summen aufzuwenden. Nur durch die Überzeugung, zu einem solchen Feldzug berufen zu sein, ist es auch zu erklären, dass der Antragsteller es abgelehnt hat, den Normenkontrollantrag, den er gegen die gesamte Verordnung gestellt hat, im Hinblick auf das Betroffenheitserfordernis und die Prozesskosten auf die Verordnungsgebiete in der Nähe seines Eigenjagdreviers zu beschränken, also diejenigen Verordnungs-Teilgebiete unangegriffen zu lassen, die weit (bis zu 150 km) von seinem Eigenjagdrevier entfernt liegen. Auf die Anregung des Senats in der mündlichen Verhandlung, den gesamten Normenkontrollantrag (und nicht nur den Hilfsantrag) zu beschränken, hat der Bevollmächtigte des Antragstellers - ohne noch einmal Rücksprache mit diesem nehmen zu müssen - deutlich gemacht, dass der Antragsteller die gesamte Verordnung zu Fall bringen will und auf Kostengesichtspunkte in diesem Zusammenhang keinen Wert legt. Der Feldzug des Antragstellers erklärt auch, weshalb er - obwohl lediglich die Verordnung streitgegenständlich ist - mit seinen Ausführungen sämtliche Bestimmungen und Maßnahmen des Antragsgegners und der Beigeladenen angreift, die auf einen mäßigen Wildbestand abzielen (vgl. 1.1.2.1). Insgesamt stellt der Antragsteller das überkommene repräsentative Jagdinteresse über Regeln, die verfassungsgerichtlich gebilligt (vgl. BayVerfGH, E.v. 18.10.1996 - Vf. 15-VII-95 - juris, insbesondere Rn. 44, 53, 59) und im Wege demokratischer Gesetzgebung festgelegt worden sind. Die Nichtbeachtung zentraler Grundsätze des Jagdrechts stellt die Befähigung zur Jagdausübung infrage.

1.1.1.3 Die Behauptung, er werde durch den Verbiss beeinträchtigt, stellt der Antragsteller lediglich deshalb auf, weil er sich durch Berufung auf das allgemein anerkannte rechtlich geschützte Interesse, von übermäßigem Verbiss verschont zu bleiben, eine Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit die Möglichkeit verschaffen möchte, die streitgegenständliche Verordnung zu Fall zu bringen (weil er sie für den Bestandteil einer allgemeinen „Ausrottungsstrategie“ des Antragsgegners und der Beigeladenen hält). Indem er den Verbiss in seinem Eigenjagdrevier der vom Antragsgegner und von der Beigeladenen ausgehenden Beja-gung zuschreibt, dient ihm die Behauptung einer Verbissbeeinträchtigung - wie aus den beim Senat anhängigen Verfahren 19 ZB 17.1601 und 19 ZB 17.1602 ersichtlich - gleichzeitig als Begründung für seine Klagen gegen behördlich festgesetzte Abschusspläne.

Jedoch hat gerade das vom Antragsteller (verschleierte, jedoch tatsächlich) verfolgte Interesse an hohen Schalenwildbeständen dazu geführt, dass die Rechtsprechung den Anspruch entwickelt hat, von übermäßigem Verbiss verschont zu bleiben (vgl. insbesondere BVerwG, U.v. 30.3.1995, a.a.O.). Der Antragsteller missbraucht diesen Anspruch, indem er ihn konträr zu seiner Zweckbestimmung zu verwenden sucht. Das Interesse an hohen Schalenwildbeständen ist rechtlich nicht geschützt, sodass dem Antragsteller keine Rechtsposition im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO zur Seite steht. Die Regulierung des herrenlosen Wildes erfolgt anhand der Allgemeininteressen ohne Berücksichtigung des jagdlichen Aneignungsrechts und der damit verbundenen Vorstellungen. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Jagdaus-übungsberechtige keinen Anspruch auf einen bestimmten Bestand an Wild (HessVGH, B.v. 5.1.2006 - 11 UZ 1111/04 - JE VI Nr. 63, juris Rn. 9 ff.; B v. 26.1.1982, NuR 1987, 96; OVG Lüneburg vom 28.3.1984 - JE I Nr. 34; zum Anspruch auf Rotwild vgl. BayVerfGH, E.v. 18.10.1996, a.a.O., insbesondere Rn. 59 ff.).

Ein Anspruch auf einen bestimmten Bestand an Wild besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass hoher Wildverbiss für die vom Antragsteller betriebene Form der Forstwirtschaft nützlich ist. Unabhängig von der Frage, inwieweit eine Forstwirtschaft als solche zulässig ist, die auf einen fichtendominierten Wald entgegen den Standortbedingungen und somit gegen die Entwicklung eines nachhaltigen, ökologisch werthaltigen und stabilen Waldes gerichtet ist, stehen der Hege von Wildbeständen, die mit dieser Art von Forstwirtschaft vereinbar sind, jedenfalls die gesetzlichen Bestimmungen in Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG und Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG („Wald vor Wild“) entgegen. Darüber hinaus verletzt diese Hege den Verbissschutz-Anspruch der Eigentümer im Eigenjagdrevier eingeschlossener, dem Eigenjagdrevier angegliederter und ihm benachbarter Flächen, die Forstwirtschaft und Jagd entsprechend den gesetzlichen Zielen betreiben (vgl. hierzu Übersichtskarte in M 7 K 16.3639, Bl. 414).

1.1.2 Darüber hinaus liegen keine tragfähigen Anhaltspunkte für spürbare Auswirkungen auf die Wildbestands- und/oder Verbiss-Situation im Eigenjagdrevier des Antragstellers vor, die vorliegend relevant sind. Da es bei der Frage spürbarer (betroffenheitsrelevanter) Auswirkungen um die Wirkungen der Verordnung im Teilgebiet Eschenlaine geht, sind alle Auswirkungen unerheblich, die auf sonstigen Vorgaben oder Maßnahmen des Antragsgegners oder der Beigeladenen beruhen (1.1.2.1). Die Auswirkungen, die die Verordnung im Bereich Eschenlaine hat, beeinflussen die Wildbestands- und/oder Verbiss-Situation im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht spürbar. Dies gilt sowohl unter dem Blickwinkel der (irreführenden) Betroffenheitsargumentation des Antragstellers, der zufolge der Verbiss in seinem Eigenjagdrevier auf Wild-Zuwanderung beruht, die dem Antragsgegner und der Beigeladenen anzulasten ist, als auch bei Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse. Diese sind durch die Überhege des Antragstellers (mit entsprechenden Verbissfolgen) und durch den Feldzug geprägt, den der Antragsteller gegen die gesetzlichen Jagdziele führt („Ausrottungsstrategie“), weil die durch sie angestrebte Mäßigung der Wildbestände - infolge einer Wild-Wegwanderung aufgrund des Vakuumeffekts - sich auch auf Reviere auswirken kann, in denen (wie im Eigenjagdrevier des Antragstellers) Wildbestände überhegt werden (1.1.2.2).

1.1.2.1 Das gesamte Vorbringen des Antragstellers zu jagdlichen Bestimmungen und Maßnahmen des Antragsgegners und der Beigeladenen, die neben der Verordnung erlassen bzw. vorgenommen worden sind, ist unbehelflich, weil die für die Kontrolle der Verordnung im Teilgebiet Eschenlaine erforderliche Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO nur den Auswirkungen der Verordnung (im Teilbereich Eschenlaine) entnommen werden kann.

Soweit sich der Antragsteller gegen das gesamte jagdrelevante Verhalten des Antragsgegners und der Beigeladenen wendet (zufolge des in der mündlichen Verhandlung gehörten Antragstellerbeistandes Prof. Herzog kommt es auf die Zahl der Abschüsse im Verordnungszeitraum „nicht entscheidend an“) und nicht nur gegen die Umsetzung der angegriffene Verordnung im bezeichneten Bereich, ist dies unbehelflich. Streitgegenstand und damit Bezugspunkt für die Frage der Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO ist weder die allgemeine Jagdausübung der Beigeladenen oder eine hierfür geltende Vorgabe noch das Gesamtkonzept der Beigeladenen zur Schutzwaldsanierung oder dessen Bestandteil, das Schalenwild flächenbezogen zu vergrämen, sondern ausschließlich der Beitrag zur Schalenwildver-grämung, den die Ausweitung der Jagdzeiten im Verordnungsgebiet Eschenlaine (einem sehr kleinen Teil des Staatsjagdreviers) ermöglicht. Mit seinem Betroffenheitsvorbringen, das sich auf zahlreiche Maßnahmen des Antragsgegners und das gesamte Jagdverhalten der Beigeladenen bezieht, verkennt der Antragsteller, dass die Zulässigkeit seines Normenkontrollbegehrens im Hilfsantrag davon abhängig ist, dass er gerade durch die angefochtene Norm (die Verordnung im Teilgebiet Eschenlaine) betroffen ist. Somit kommt es auch nicht auf die Bestandsregulierung des Schalenwildes an. Diese findet durch die Abschusspläne statt. Sie erfassen zunächst die während des normalen Jagdjahres stattfindenden Abschüsse, auch soweit sie der letalen Vergrämung zur Schutzwaldsanierung dienen. In § 1 der Verordnung vorgegeben und zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass mit der Ausweitung der Jagdzeiten durch die Verordnung (hier: im Staatsjagdrevier Isarwinkel, in dem das Verordnungsgebiet Eschenlaine liegt) keine Erhöhung der Abschusszahlen verbunden ist, sondern dass die in den Abschussplänen festgelegten Abschusszahlen auch den Abschuss des Schalenwildes im Rahmen der Verordnung erfassen. Der plangeregelte Abschuss kann lediglich teilweise in den Verordnungszeitraum verlagert werden (weil in diesem Zeitraum auch und besonders mit Verbiss zu rechnen ist). Gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG darf Schalenwild nämlich nur aufgrund und im Rahmen eines Abschussplans erlegt werden (daraus ergibt sich - ohne dass es vorliegend darauf ankommt - dass der Vollzug der Verordnung den Schalenwildbestand nicht beeinflusst, also die eigentliche Befürchtung des Antragstellers nicht zutrifft, durch die Verordnung werde der Abschuss der Schalenwildbestände verstärkt; zur Neutralität einer Schonzeitverkürzung betreffend die Abschusszahlen vgl. HessVGH, B.v. 18.2.2013 - 4 A 1179/12 - juris Rn. 10). Auch die sonstigen Maßnahmen der Beigeladenen mit Einfluss auf den Wildbestand, wie etwa die Auflösung von Wildfütterungen (angesprochen im Schriftsatz v. 30.7.2010 im Verfahren 19 N 09.3102; in den Verfahren des Antragstellers vor dem Verwaltungsgericht München wegen Abschussplanfestsetzungen entgegen seinen Anträgen ist von bis zu acht aufgelösten Fütterungen die Rede) oder von Wintergattern, die der Antragsteller selbst als mögliche Ursachen für ein verändertes Wildaufkommen in seinem Eigenjagdrevier Eschenlohe-Wengwies bezeichnet hat, oder wie die Zonierung der Beja-gungsintensität, wie sie als „flankierende Maßnahme“ in Nr. 5 des Berichts der Bayerischen Staatsforsten vom 15. Juni 2011 über die Ergebnisse und Erfahrungen mit der Verordnung (GA 19 N 12.206, S. 17 ff.) beschrieben wird (vgl. hierzu auch Rudolf Plochmann, Gamswildbejagung bei den Bayerischen Staatsforsten am Beispiel des Forstbetriebs Bad Tölz, Fachbeitrag zu Band 21 der Schriftenreihe des Landesjagd-verbandes Bayern; Zone 1 konzentriert sich demzufolge auf Sanierungsgebiete, insbesondere auf Bereiche mit Schonzeitaufhebung, und weitere für die Schwerpunkt-bejagung notwendige Flächen; hier findet auch außerhalb der durch die Verordnung verlängerten Jagdzeiten eine verschärfte Bejagung unter Anwendung aller jagdrechtlich zur Verfügung stehenden Mittel statt), sind vorliegend unerheblich. Alle diese Jagdstrategie- und Waldsanierungsmaßnahmen haben ihre Grundlage nicht in der angegriffenen Verordnung und würden durch einen Erfolg des Normenkontrollan-trags auch nicht in Wegfall geraten oder unterbunden. Die Zahl der Abschüsse im Verordnungszeitraum würde im Fall einer Aufhebung der Verordnung lediglich in das normale Jagdjahr verschoben. Die mit der bloßen Anwesenheit von Menschen (Jägern) verbundene Vergrämungswirkung bliebe sogar in der (dann wieder geltenden) Schonzeit erhalten (zur Abgrenzung der dem Geltungsbereich der Verordnung unterliegenden Jagdausübung von der Wildhege und sonstigen Tätigkeiten des Jagdausübungsberechtigten vgl. BayObLG, B.v. 3.1.1983 - JE I Nr. 22).

1.1.2.2 Die Auswirkungen, die die Verordnung im Bereich Eschenlaine hat, beeinflussen die Wildbestands- und/oder Verbiss-Situation im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht spürbar. Dies gilt sowohl unter dem Blickwinkel der (irreführenden) Betroffenheitsargumentation des Antragstellers, der zufolge der Verbiss in seinem Eigenjagdrevier auf Wild-Zuwanderung beruht, die dem Antragsgegner und der Beigeladenen anzulasten ist, als auch bei Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse. Diese sind durch die Überhege des Antragstellers (mit entsprechenden Verbissfolgen) und durch den Feldzug geprägt, den der Antragsteller gegen die gesetzlichen Jagdziele („Ausrottungsstrategie“) führt, weil die durch sie angestrebte Mäßigung der Wildbestände sich aufgrund des Vakuumeffekts (der Tendenz zu einer in etwa gleichmäßigen Verteilung) auch auf benachbarte Reviere mit überhegten Wildbeständen wildbestandsmindernd auswirken kann.

Die Verordnung soll nicht dazu beitragen, die Schalenwildbestände zu reduzieren, sondern dazu, das Schalenwild aus den Sanierungsflächen zu vertreiben, und zwar möglichst vollständig (vgl. Plochmann, a.a.O.; Schriftsatz vom 4.4.2017, S. 3; der Antragsgegner und die Beigeladene gehen nicht davon aus, dass eine völlige Schalenwildfreiheit der Sanierungsflächen erreichbar ist). Das Schalenwild soll durch konsequentes Auslösen eines Flucht- und Meidungsverhaltens der Tiere von den Sanierungsflächen möglichst ferngehalten werden; eine mit deren Einzäunung vergleichbare Wirkung soll erreicht werden. Die Umstände, dass die Wildvergrämung aufgrund der Verordnung nur auf verhältnismäßig kleinen Flächen und nur während weniger Monate des Jahres stattfindet und dass im übrigen Staatsjagdrevier nicht mit derselben Intensität, aber gemäß dem Grundsatz „Wald vor Wild“ (mit der Folge einer mäßigen Wilddichte) gejagt wird, sprechen gegen die vom Antragsteller (im Rahmen seiner Betroffenheitsargumentation) behauptete Wild-Zuwanderung aus dem Verordnungsteilgebiet im Staatsjagdrevier. Hingegen spricht für eine Wildwanderung aus dem Eigenjagdrevier in das Staatsjagdrevier (deren Unterbindung das eigentliche Ziel des Antragstellers ist) die Tendenz des Wilds, Flächen mit geringerer Wilddichte aufzusuchen (Vakuumeffekt; angesichts der Unmöglichkeit einer vollständigen Wildfreihaltung ist auch das Verordnungs-Teilgebiet hiervon nicht vollkommen ausgeschlossen). Die geringere Wilddichte im Staatsjagdrevier beruht aber nicht oder jedenfalls nicht wesentlich auf der Vergrämung im Verordnungsteilgebiet während des Verordnungszeitraums, sondern auf der Beachtung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ im ganzen Staatsjagdrevier.

Das streitgegenständliche Verordnungsteilgebiet Eschenlaine umfasst lediglich 47,82 ha (bei dem deutlich größeren „Sanierungsgebiet Eschenlaine“ handelt es sich lediglich um einen Begriff der Sanierungsplanung der Beigeladenen, nicht aber um ein Gebiet mit rechtlicher Bedeutung). Innerhalb des Verordnungsteilgebiets nimmt die zu sanierende und deshalb zu schützende Waldfläche (im Schutzwaldsanierungskonzept als Sanierungsfläche „Scharfgraben“ bezeichnet) 11,27 ha ein. Auf diese Sanierungsfläche beziehen sich alle Erhaltungs-, Pflege- und Schutzmaßnahmen einschließlich der konsequenten Vergrämung, durch die die Naturverjüngung des (noch vorhandenen oder nachgepflanzten) Schutzwalds gesichert werden soll. Der größere Umgriff des Verordnungsteilgebiets ist bedingt durch die jagdtechnischen Erfordernisse der Schalenwild-Freihaltung der Sanierungsfläche. Die Fläche, um deren annähernde Wildfreihaltung während weniger Monate des Jahres es geht (nur der Verordnungszeitraum ist relevant), entspricht - selbst bei Berücksichtigung aufenthaltsfördernder Faktoren - dem Raumbedarf allenfalls eines (1) Tieres (vgl. die Maximalwerte, die in den - allerdings noch die Trophäenjagd in den Mittelpunkt stellenden, vgl. Abschnitt A.I. - Richtlinien für die Abschussregelung vom 4.3.1969 -LMBl. 13 - genannt sind; sie sind in der Folgezeit zunehmend überschritten worden und die späteren Abschussbzw. Hegerichtlinien benennen Maximalwerte nicht mehr). Eine derartige Wildfreihaltung ist schon nicht geeignet, die Wilddichte in der unmittelbaren Umgebung (also im angemessen bejagten Staatsjagdrevier) spürbar zu beeinflussen. Erst recht vermag sie die Wilddichte im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht zu beeinflussen, das selbst am nächstgelegenen Punkt mehr als 1 km entfernt ist (also durch mehrere hundert Hektar Fläche vom Verordnungsteilgebiet getrennt ist) und etwa die 21-fache Fläche des Verordnungsteilgebiets aufweist. Die Bedeutungslosigkeit der Vergrämung im Verordnungsteilgebiet während einiger Monate des Jahres für die Wilddichten in der Umgebung wird auch aus der geringen Anzahl der Abschüsse ersichtlich, die von der Beigeladenen auf der Grundlage der Verordnung tatsächlich vorgenommen worden sind (diese Abschüsse müssen während des Jagdjahres auf der Grundlage der Abschussplanung abgeschätzt und für die verlängerte Jagdzeit aufgespart werden, vgl. Nr. 6 der Bestimmungen der Beigeladenen für die Jagdausübung im Rahmen der Verordnung, GA 19 N 14.1022 Bl. 532). Die vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung geäußerte Befürchtung einer übermäßigen oder vollständigen Abschussverlagerung in den Verordnungszeitraum entbehrt angesichts der langjährig stabilen Jagdpraxis der Beigeladenen jeglicher tragfähigen Grundlage. Nachdem es schon im Rahmen der vor dem Jahr 2000 erlassenen Schonzeit-Ausnahmebescheide zu äußerst geringen Abschusszahlen gekommen war (BA V Bl. 8), sind während der Geltung der seit dem Jahr 2000 aufeinander folgenden vier Rechtsverordnungen oberbayernweit pro Jahr und Verordnungsteilgebiet im Durchschnitt 0,6 Stück Rehwild, 0,3 Stück Rotwild und 2,9 Stück Gamswild erlegt worden. Die Zusammenstellungen der Beigeladenen über die auf der Grundlage der aufeinander folgenden Verordnungen getätigten Abschüsse von Rehwild, Rotwild und Gamswild während der Jahre 2001 bis 2014 (GA Bl. 81/82 sowie Bl. 97 bis 99) belegen eine zielgerichtete und konsequente Vorgehensweise, die in erster Linie das Gamswild (zwischen 10,4% und 17,5% des jährlichen Abschusses) betrifft und bedeutend weniger das Reh- und Rotwild (bei Rehwild zwischen 1,8% und 3,9% und bei Rotwild zwischen 1,1% und 3,2% des jährlichen Abschusses). Die Abschusszahlen bis zum Jahr 2015, die der Beistand des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, bestätigen diese Zahlenverhältnisse. Die Angaben des Antragsgegners und der Beigeladenen für das Verordnungsteilgebiet Eschenlaine über die im Rahmen der Verordnung getätigten Abschüsse sind nicht widerspruchsfrei, überschreiten aber diese Größenordnungen nicht. Laut den Angaben des Antragsgegners hat es - bezogen auf das Verordnungsteilgebiet Eschenlaine und den Verordnungszeitraum - in den Jagdjahren 2008/2009 und 2009/2010 überhaupt keine auf der Verordnung beruhenden Abschüsse gegeben und im Jagdjahr 2010/2011 zwei Abschüsse von Gamswild (vgl. GA 19 N 12.206 Bl. 21; GA 19 N 14.1022 Bl. 478). Die Beigeladene hat auf Anforderung des Senats eine Gesamtübersicht über die Abschüsse auf der Fläche im Sanierungsgebiet Eschenlaine vorgelegt, die auf der Grundlage der Verordnung getätigt wurden. Nach dieser Übersicht (GA 19 N 14.1022 Bl. 748, Stand 13.9.2017) wurde seit dem Jahr 2008 lediglich im Jagdjahr 2015 ein „Schonzeitabschuss“ getätigt. Es mag sein, dass (wie von Antragstellerseite in der mündlichen Verhandlung vorgetragen) vom Wild nicht nur Abschüsse, sondern instinktiv auch bloße Auftritte von Jägern wegen deren Aussehens und Verhaltens mit Gefahr verknüpft wird. Aber selbst wenn hiermit dieselbe Vergrämungsintensität verbunden wäre (wofür nichts spricht), erscheint die hieraus sich ergebende Vergrämungswirkung bei einer Begehung pro Woche äußerst gering. Wären derart seltene Maßnahmen geeignet, die vom Antragsteller behauptete spürbare Wildwanderung auszulösen, wäre die allgemein übliche Art und Weise der Jagdausübung unmöglich, weil dann bereits das Aufscheinen eines Jägers zur großräumigen Abwanderung der Tiere führen würde. Im Übrigen sind auch insoweit die dargelegten Gründe zu berücksichtigen, aus denen die Vergrämung zu keiner nennenswerten Veränderung der Wilddichte in der Umgebung des Verordnungsteilgebiets führt, und ist auch insoweit darauf hinzuweisen, dass für ein bloßes Auftreten als Jäger eine Schonzeit-Ausnahme nicht erforderlich (die angefochtene Verordnung also nicht kausal) ist. Auf den Umstand, dass Schalenwild durchaus in der Lage ist, die Entfernung zwischen dem Verordnungsteilgebiet und im Eigenjagdrevier und noch größere Entfernungen zu überwinden, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an. Angesichts der Unwesentlichkeit der infrage kommenden Tierzahlen kommt es darüber hinaus nicht mehr auf die Ausführungen des Antragstellers an, mit denen er es unternimmt, eine Wanderung von Wild aus dem Verordnungsteilgebiet speziell in sein Eigenjagdrevier darzutun. Diese Ausführungen überzeugen darüber hinaus nicht. Der Antragsteller hat keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass das vergrämte Wild gezielt in Richtung seines Eigenjagdreviers gedrängt würde wie etwa bei einer Drückjagd. In der Begründung des Normenkontrollantrags vom 26. Februar 2010 (betreffend die Verordnung 2008) hat er zwar behauptet, es finde eine „großflächigen Hetz- und Ver-grämungsjagd“ statt, dies jedoch in keiner Weise substantiiert. Der Antragsteller hat auch nicht schlüssig dargetan, dass vergrämtes Schalenwild aus sonstigen Gründen gezwungen wäre, ausschließlich oder überwiegend in Richtung seines Eigenjagdreviers zu wechseln. Der Hinweis auf die Berggruppe Herzogstand/Heimgarten im Norden sowie auf den Walchensee im Osten genügt dafür nicht; den in der mündlichen Verhandlung (unter Übergabe einer Karte) behaupteten mehr oder weniger abgegrenzten, die Fluchtmöglichkeiten einschränkenden Wildlebensraum gibt es nicht. Insbesondere für das Gamswild erscheinen steigungsbedingte Lebensraumgrenzen eher fernliegend; auch das Rotwild wandert im Winter - wenn es nicht durch günstige Umstände (wie etwa Fütterungen) oder durch ungünstige Umstände (wie etwa landschaftsverändernde Maßnahmen) abgehalten wird - bis in die Tallagen (zur Gebirgstauglichkeit des Schalenwildes vgl. auch Rn. 4 des Urteils des BVerwG v. 29.12.2011 - 3 BN 1/11 - a.a.O.). Angesichts dessen wäre eine Wildwanderung und -verteilung in andere umliegende Gebiete (beispielsweise in das Staatsjagdrevier Isarwinkel selbst oder in das Eigenjagdrevier O. IV) nicht weniger wahrscheinlich als eine Wildwanderung in das Eigenjagdrevier. Die höhere Wilddichte im Eigenjagdrevier spricht dafür, dass das Wild (soweit es nicht durch Fütterungsanlagen des Antragstellers abgehalten wird) diese anderen umliegenden Gebiete bevorzugt.

Gegen eine vergrämungsbedingte Wildzuwanderung als Grund für den Verbiss im Eigenjagdrevier des Antragstellers spricht schließlich auch, dass die anderen Reviere in der Hegegemeinschaft des Antragstellers und insbesondere das Eigenjagdrevier O. IV, das keilförmig zwischen der Verordnungsfläche Eschenlaine und dem Eigenjagdrevier des Antragstellers liegt, eine niedrigere Verbissbelastung aufweisen.

Die vom Antragsteller für die mündliche Verhandlung beigezogenen Beistände haben das Begehren des Antragstellers als solches durch ihre Anwesenheit unterstützt und einzelne Aspekte seiner Darlegungen bestätigt (etwa die Auffassung, das Wild könne den Jäger vom Touristen unterscheiden). Die Behauptung, die wöchentliche Begehung und die äußerst seltenen Abschüsse im Verordnungsgebiet beeinflussten die Wildbestandszahlen im Eigenjagdrevier des Antragstellers (jeweils kurzfristig) signifikant, die der Antragsteller in widersprüchlicher Weise und ohne belastbare Anhaltspunkte aufgestellt hat, haben sie weder durch fachliche Informationen unterstützt noch sich zu eigen gemacht.

Auf die Frage, ob die genannten Gründe, die gegen eine nennenswerte Veränderung der Wilddichte in der Umgebung des Verordnungsteilgebiets und insbesondere im Eigenjagdrevier des Antragstellers sprechen, auch für die in zunehmender Entfernung vom Eigenjagdrevier des Antragstellers liegenden und deshalb zunehmend irrelevanten anderen Verordnungsteilgebiete (insbesondere für die Verordnungsteilgebiete Deiningbach und Fahrenberg, die östlich des Verordnungsbereichs Eschenlaine sowie des Europäischen Fernwanderwegs 4 liegen, der an der Ostgrenze des letztgenannten Verordnungsteilbereichs auf einer Höhe von etwa 1450 Metern verläuft) gelten, kommt es nicht an, da diese nicht Gegenstand des vom Antragsteller gestellten Hilfsantrag sind. Nach dem Ergebnis des Verfahrens ist dies jedoch (einschließlich vergleichbarer Abschusszahlen) der Fall.

1.2 Der Senat ist nicht aufgrund des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 (3 BN 1/11) gehalten, von einer Antragsbefugnis des Antragstellers auszugehen.

Im Beschluss vom 29. Dezember 2011 (a.a.O.) hat das Bundesverwaltungsgericht die Antragsbefugnis des Antragstellers nicht ein für alle Mal bejaht. Es ist lediglich zu dem Ergebnis gelangt, dass der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 7. Oktober 2010 (19 N 09.3102) mit seiner Argumentation betreffend topographische Hindernisse, die eine zur Beeinträchtigung des Antragstellers führende Wildwanderung ausschlössen, die prozessualen Anforderungen an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO überspannt hat und deshalb verfahrensfehlerhaft vom Fehlen der Antragsbefugnis ausgegangen ist. Der Antragsteller, dessen Waldflächen nicht im Geltungsbereich der Verordnung liegen, habe eine mittelbare Betroffenheit in seinen geschützten Interessen nach Art. 14 Abs. 1 GG hinreichend substantiiert dargetan, indem er plausibel vorgetragen habe, dass aufgrund der räumlichen Nähe seiner Waldflächen zu Gebieten, die von der Verordnung erfasst werden, nachteilige Auswirkungen für sein Waldeigentum nicht auszuschließen sind. Der vom Verwaltungsgerichtshof eingewendete Höhenzug stelle wegen der Umgebungsverhältnisse kein wesentliches Hindernis für die vom Antragsteller dargelegte, durch Abschüsse auf der Grundlage der Verordnung ausgelöste Wildwanderung dar.

Mit der Frage, ob dem Antragsteller tatsächlich ein subjektives Recht im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO zusteht, hat sich das Bundesverwaltungsgericht nicht vertieft befasst, weil der elaborierte, irreführende Charakter der Betroffenheitsargumentation des Antragstellers (vgl. hierzu Nr. 1.1.1) in der Senatsentscheidung vom 7. Oktober 2010 zwar angedeutet, aber nicht eingehend thematisiert worden ist.

Hinsichtlich des Fehlens eines relevanten topographischen Hindernisses für eine Wildwanderung schließt sich der Senat der Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts an. Die seitherige weitere Aufklärung des Sachverhalts hat jedoch konkrete Erkenntnisse zu den örtlichen Verhältnissen und insbesondere zur Art und Weise des Vollzugs sowohl der Vorgängerverordnung als auch der hier streitgegenständlichen Verordnung ergeben. Auch auf dieser neuen Tatsachengrundlage ist (aus anderen als den vom Bundesverwaltungsgericht erörterten Gründen, vgl. Nr. 1.1.2) eine Antragsbefugnis des Antragstellers auszuschließen.

Es kommt hinzu, dass der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 im nunmehr ruhenden Verfahren 19 N 12.206 betreffend die Vorgängerverordnung ergangen ist. Im hiesigen, gegen die Nachfolgeverordnung gerichteten Verfahren entfaltet er bereits wegen seines anderen Streitgegenstandes keine Bindungswirkung im Sinn des § 121 VwGO.

2. Der Normenkontrollantrag hätte - wäre er zulässig - auch in der Sache keinen Erfolg. Die dies (hilfsweise) ergebende umfassende Prüfung der Gültigkeit der Vorschrift (lediglich die Überprüfung am Maßstab der Grundrechte des Landesverfassungsrechts ist dem Senat verwehrt, weil insoweit Art. 98 Satz 4 BV die ausschließliche Zuständigkeit des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vorsieht und damit der Vorbehalt des § 47 Abs. 3 VwGO greift) ist vorliegend nicht zuletzt wegen des Umstands angezeigt, dass die Verordnung am 21. Februar 2019 ausläuft und sich im Verfahren über eine zu erwartende Nachfolgeverordnung (zum Zeitbedarf von Sanierungsmaßnahmen vgl. Nr. 2 der Anweisung zur Schutzwaldsanierung) dieselben Fragen erneut stellen.

2.1 Kein Regelungsinhalt der Verordnung und daher auch nicht Gegenstand des Verfahrens ist die Festlegung von Sanierungsgebieten und Gefährdungsgebieten; diese in § 2 Abs. 1 der Verordnung verwendeten Begriffe entstammen der Terminologie der bayerischen Forstverwaltung (vgl. Handbuch zur Schutzwaldsanierung, Bayerische Staatsforstverwaltung, München 1997, S. 132; Anweisung zur Schutzwaldsanierungsplanung der Bayerischen Forstverwaltung, Stand April 2012, Nr. 6.1, S. 697; Schreiben des AELF Weilheim v. 12.2.2016, GA 19 N 14.1022 Bl. 54). Als Sanierungsgebiete bezeichnet diese großräumige Bereiche mit hohen Anteilen an Schutzwäldern (z.B. Bergflanken, Hänge über Ortschaften und Straßen, Wildbacheinzugsgebiete), in denen auf Teilflächen (den Sanierungsflächen) Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind. Als Gefährdungsgebiete definiert sie Bereiche mit hoher Schutzbedeutung des Waldes für Ortschaften und Infrastruktureinrichtungen. Hier sind derzeit noch keine Sanierungsmaßnahmen erforderlich, wären es jedoch in absehbarer Zeit, wenn die gegenwärtige Entwicklung tatenlos hingenommen würde. Zur konkreten Bezeichnung und Unterscheidung werden die Begriffe Sanierungsgebiet oder Gefährdungsgebiet jeweils mit einer aussagekräftigen Ortsangabe verbunden (vgl. die Karten der Sanierungsgebiete Eschenlaine, Deiningbach, Fahrenberg, GA 19 N 12.206, Bl. 83; 19 N 14.1022 Bl. 770, 773, 776). Die Verordnungsteilgebiete erfassen lediglich Teilflächen der Sanierungs- oder Gefährdungsgebiete und werden von der Verordnung selbst abgegrenzt. Für die Sanierungs- und Gefährdungsgebiete selbst mit ihren unterschiedlichen Gebietsbezeichnungen sieht die Verordnung keine wie auch immer geartete Regelung vor. Die Einwendungen des Antragstellers betreffend eine fehlende Rechtsgrundlage für die Festlegung dieser Gebiete, betreffend einen unklaren Begriffsinhalt und betreffend nicht hinreichend bestimmte Abgrenzungen der Geltungsbereiche stellen die Rechtmäßigkeit der Verordnung daher nicht erfolgreich in Frage.

2.2 Die Verordnung hat in § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG i.V.m. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG eine Ermächtigungsgrundlage.

Nach dieser Bestimmung können die Länder die Schonzeiten für bestimmte Gebiete oder für einzelne Jagdbezirke aus besonderen Gründen, insbesondere aus Gründen der Wildseuchenbekämpfung und Landeskultur, zur Beseitigung kranken oder kümmernden Wildes, zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, zu wissenschaftlichen, Lehr- und Forschungszwecken, bei Störung des biologischen Gleichgewichts oder der Wildhege aufheben. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG ermächtigt die höhere Jagdbehörde (dies ist gemäß Art. 49 Abs. 2 Nr. 2 BayJG die Regierung), durch Rechtsverordnung die durch § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG eingeräumte Befugnis auszuüben.

Die gesetzlichen Vorschriften verlangen das Vorliegen besonderer Gründe für die Aufhebung der Schonzeit. Sie benennen beispielhaft mögliche Gründe zur Rechtfertigung einer Schonzeitaufhebung; die Verwendung des Wortes „insbesondere“ macht dabei deutlich, dass die Aufzählung der besonderen Gründe nicht abschließend ist. Die Vielfalt der vom Gesetzgeber benannten Gründe (jagdliche, landeskulturelle, wissenschaftliche) veranschaulicht, dass völlig unterschiedliche Motive eine Aufhebung der Schonzeit rechtfertigen können. Aus der gesetzgeberischen Wortwahl („besondere Gründe“) in Verbindung mit der Breite der benannten Beispiele ist zu ersehen, dass der Rechtfertigungsgrund für den Verordnungserlass kein außerordentliches oder herausragendes Gewicht haben muss. Es genügt, wenn die Ausweitung der Jagdzeiten unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände vernünftigerweise geboten ist. Es ist eine Sondersituation landesspezifischer Art erforderlich, die mittels der regulären administrativen Maßnahmen (insbesondere §§ 21, 27 BJagdG) nicht gesteuert werden kann und deshalb durch eine Abweichung von den allgemein geregelten Jagdzeiten bewältigt werden muss (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, 1. Aufl., Stand Dezember 2016, § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.2). Nachdem die Gründe für eine erweiterte Abschussmöglichkeit nicht näher abgegrenzt werden können, bedarf es keiner Benennung des Rechtfertigungsgrundes in der Verordnung selbst, sondern genügt es, wenn die besonderen Gründe höheres Gewicht haben als die Gründe für die allgemeine (regelmäßig dem Schutz von Brut- und Setzzeit dienende) Schonzeitregelung. Bei diesem sich aufdrängenden Verständnis macht die Ermächtigungsvorschrift hinreichend deutlich, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Ermächtigung Gebrauch gemacht werden und welchen Inhalt eine auf Grundlage der Ermächtigung erlassene Verordnung haben kann (zu diesen Voraussetzungen vgl. Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 1. Auflage 2009, Art. 55 Rn. 36).

2.2.1 Der Senat teilt die Auffassung des Antragsgegners, dass (jedenfalls) im Geltungsbereich der Verordnung im Sanierungsgebiet Eschenlaine der Schutz des Bergwaldes als selbständiger besonderer Grund i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG die Schonzeitverkürzung für das Schalenwild rechtfertigt (vgl. Leonhardt, a.a.O., § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.2.2). Der Bergwald besitzt vielfältige Schutzwirkungen. Unter anderem bewahrt er den eigenen Standort vor Bodenabtrag und schützt gleichzeitig Siedlungen und Straßen vor Lawinen, Hochwasser, Steinschlag und Muren. Der Verbiss (dessen Ausmaß in dem - einigen Sanierungsflächen nahen -Eigenjagdrevier des Antragstellers Gegenstand mehrerer beim Senat anhängiger Verfahren ist) ist das gravierendste Hindernis für die Schutzwaldsanierung (Hildebrandt, Schutzwaldmanagement im Bay. Alpenraum, Fachbeitrag zu Band 21 der Schriftenreihe des Landesjagdverbandes Bayern - http://jagd-bayern.de/fileadmin/_BJV/Akademie/Gamswild/BJV_Gamswild_08_Hildebrandt_V03.pdf).

Nach der unwiderlegten Darstellung des Antragsgegners befindet sich auf der Sanierungsfläche Scharfgraben, die einen 11,27 ha großen Teilbereich im Norden des 256 ha umfassenden Sanierungsgebiets Eschenlaine umfasst und im östlichen Teil des 47,82 ha umfassenden Verordnungsbereichs Eschenlaine liegt (GA S. 770), Schutzwald im Sinn von Art. 10 BayWaldG. Die indizielle Aussagekraft der Schutz-waldkartierung (Art. 10 Abs. 3 BayWaldG), welche die Sanierungsfläche im vom Antragsgegner vorgelegten Auszug (GA S. 327) als Schutzwald im Sinn des Art. 10 Abs. 1 BayWaldG darstellt, hat der Antragsteller nicht durch substantiierten Vortrag widerlegt. Die Einordnung als Schutzwald findet ihre fachliche Bestätigung in den allgemeinen Angaben der gutachtlichen Aussage zur Verjüngungssituation in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach vom 9. Juli 2012. Demnach umfasst deren Gebiet ca. 1.170 ha und ist zu gut 90% bewaldet. Den unbewaldeten Teil bilden Felsen und baumfreie Wiesenhänge. Große Teile sind Schutzwald und lassen durch die teilweise sehr steile Hangneigung und die abgeschiedene, nicht erschlossene Lage keine forstliche Nutzung zu (GA 19 N 12.206 Bl. 80). Schutzwald in diesem Sinn ist Wald in den Hoch- und Kammlagen der Alpen und der Mittelgebirge (Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 BayWaldG), auf Standorten, die zur Verkarstung neigen oder stark erosionsgefährdet sind (Nr. 2) oder der dazu dient, Lawinen, Felsstürzen, Steinschlägen, Erdabrutschungen, Hochwassern, Überflutungen, Bodenverwehun-gen oder ähnlichen Gefahren vorzubeugen oder die Flussufer zu erhalten (Nr. 3). Diese Schutzfunktionen zu erhalten ist Aufgabe der Schutzwaldpflege, ihre Wiederherstellung Aufgabe der Schutzwaldsanierung. Nur intakte, nicht verlichtete Gebietswälder können die Schutzwaldfunktionen ausreichend erfüllen. Die Sanierung der Schutzwälder ist nach Art. 28 Abs. 1 Nr. 9 BayWaldG Aufgabe der Forstbehörden und damit öffentliche Aufgabe. Die Schutzfunktion dieser - wegen ihrer Bedeutung in Schutzwaldverzeichnissen ausgewiesenen - Wälder besteht im Wesentlichen darin, Niederschlagswasser zu binden, mit ihrer Verwurzelung die Bodenstabilität zu sichern und Gleitschnee bzw. Lawinen zu verhindern. Um diese Funktion langfristig sicherzustellen, bedarf es zum einen eines artenreichen Mischwaldes, der widerstandsfähig ist gegen Schädlingsbefall bzw. unterschiedliche klimatische Bedingungen und Einflüsse. Als heimische Hauptbaumarten sind in der hochmontanen Zone sowohl Fichte als auch Tanne, Buche, Bergahorn, Lärche und Latsche anzusehen. Zum anderen bedarf es eines möglichst dichten und stufigen Waldaufbaus, also eines Gemisches unterschiedlicher Altersstufen in der Bestockung. Voraussetzung hierfür ist wiederum eine laufende Verjüngung der Bewaldung, d.h. es muss kontinuierlich Nachwuchs der vorgenannten Hauptbaumarten ankommen und auch aufkommen. Reißt diese Naturverjüngung ab, kommt es früher oder später - entsprechend den Abläufen in der Natur ist hier in größeren Zeiträumen zu rechnen - zu Kahlstellen und schließlich Erosion. Von einer Beeinträchtigung der Schutzfunktion des Waldes ist auszugehen, wenn Schäden am Bergwald bereits eingetreten sind, aufgrund derer sie nicht mehr ausreichend gewährleistet ist; von einer Gefährdung ist auszugehen, wenn die Schutzfunktion des Waldes in Zukunft beeinträchtigt wird oder gar gänzlich entfällt (vgl. BayVGH, U.v. 7.4.2005 - 19 B 99.2193 - juris Rn. 53). Diese Ausführungen des Senats haben nach wie vor Gültigkeit und sie werden durch die Ausführungen des Antragstellers zur Bedeutung der Grasnarbe in lichten Bergwäldern hinsichtlich Wasserspeicherfähigkeit und Erosion nicht widerlegt. Der Antragsteller lässt unberücksichtigt, dass im Bergwald ein Teil des Niederschlags von den Baumkronen aufgefangen wird und gar nicht den Boden erreicht (sogen. Inter-zeptionsverlust) und dass die Schattenwirkung der Bäume zu einer verzögerten Schneeschmelze und damit zur Abmilderung von Hochwasserspitzen führt (vgl. das Handbuch zur Schutzwaldsanierung - nachfolgend: Handbuch - Abschnitt B 1.1. Wasserschutz). Eine intakte Waldbaumbestockung bietet sachgerechten Bodenschutz und verhindert im Gegensatz zu einer Grasdecke Schneebewegungen im Bergwald (vgl. das Handbuch, Abschnitte B 1.2 und B 1.3). Die Wasserwirtschaftsverwaltung ist an der Erarbeitung des Konzepts zur Schutzwaldsanierung beteiligt gewesen und ihre Erkenntnisse sind in den Inhalt eingeflossen (vgl. die Einleitung zum Handbuch); auch die Sanierungsplanung für die einzelnen Sanierungsflächen wird mit der Wasserwirtschaftsverwaltung abgestimmt (vgl. Anweisung zur Schutzwaldsanierung, Nr. 1).

Die eigens eingerichteten drei Fachstellen für Schutzwaldmanagement (FSWM) in Bayern haben ihrer Auswahl der von der Verordnung erfassten Sanierungsflächen nach Maßgabe des Handbuchs zur Schutzwaldsanierung ein einheitliches Raster zugrunde gelegt, welches die Gründe für die Schonzeitaufhebung jeweils in den wesentlichen Zügen benennt und dabei gleichzeitig Prioritätsabstufungen vornimmt (vgl. Übersichten, GA Bl. 56 ff).

Das Sanierungsgebiet Eschenlaine umfasst mit einer Fläche von 256 ha das Wildbacheinzugsgebiet des Gewässers Eschenlaine. Die auf Anforderung des Senats vorgelegten Planungsunterlagen zum Sanierungsgebiet Eschenlaine mit dem Planungsstand 2004 weisen die Sanierungsfläche „Scharfgraben“ mit einer Fläche von 11,3 ha aus, auf der zunächst keine Maßnahmen durchgeführt worden sind. In der im Zuge des vorherigen Verordnungsverfahrens vorgelegten Übersicht der Fachstellen für Schutzwaldmanagement vom 8. März 2008 werden für das Sanierungsgebiet Eschenlaine schlagwortartig überalterte, rückgängige Bergmischwälder, starke Erosionen durch Schneeschurf, eine unzureichende Verjüngung und sehr hohe Investitionen in Gleitschneeverbauungen und Pflanzungen benannt. In der gutachtlichen Aussage zur Verjüngungssituation in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach vom 9. Juli 2012 wird vom zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten festgestellt, dass in den Sanierungsgebieten des Übergangsbereichs zum Bergmischwald Maßnahmen wie Gleitschneeverbauungen und Sanierungspflanzungen zur langfristigen Hangsicherung stattfinden. Neben der punktuell aufkommenden Naturverjüngung würden aktiv standortspezifische Mischbaumarten gepflanzt (GA 19 N 12.206, S. 80). Zur Erläuterung der Gebietsauswahl hat der Antragsgegner im Schriftsatz vom 4. April 2017 vorgetragen, die verwendeten Begriffe seien aus sich heraus verständlich und bedürften keiner weiteren Erläuterung. Unter überalterten Schutzwäldern verstehe die bayerische Forstverwaltung solche mit einem Durchschnittsalter über 200 Jahre ohne ausreichende Verjüngung und mit mehr als einem Drittel kümmernder, absterbender oder toter Bäume in der Oberschicht. Vergleichbare Kriterien für die Identifizierung sanierungsnotwendiger Schutzwälder finden sich auch in der Anweisung zur Schutzwaldsanierung der Bayerischen Forstverwaltung (Stand April 2012). Zur Interpretation der Zustandsbeschreibungen kann auf den Abschnitt C Zustand der Schutzwälder in den Bayerischen Alpen sowie die Nr. 3 der Planungsgrundsätze bei der Schutzwaldsanierung (Definition sanierungsnotwendiger Schutzwälder einschließlich Dringlichkeitseinstufung) im Handbuch zur Schutzwaldsanierung zurückgegriffen werden. Konkrete Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Angaben und Bewertungen hat der Antragsteller nicht vorgetragen und sind für den Senat auch nicht ersichtlich. Dass im Bergwald Investitionen in Pflanzungen getätigt werden, die nicht rentabel sind und für die auch sonst keine sachliche Notwendigkeit besteht, erscheint fernliegend. Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankäme, hat der Antragsgegner nach der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2017 weitere konkrete Informationen über Sanierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Sanierungsfläche Scharfgraben geliefert (angesichts der schriftlichen Einwendungen des Antragstellers im Verwaltungsverfahren hätte es sich allerdings aufgedrängt, diese Sanierungsunterlagen bereits zur Grundlage des Verordnungsverfahrens zu machen).

Der Prioritätseinstufung in die Kategorie 1 sind das Wildbacheinzugsgebiet Eschenlaine, der Hochwasserschutz und Muren(gefahr) zugrunde gelegt. Die in der mündlichen Verhandlung seitens des Antragstellers angesprochene Hochwasserfreilegung der Eschenlaine im Bereich der Gemeinde Eschenlohe vermag zwar die Bedeutung des Projekts für den unmittelbaren Hochwasserschutz zu relativieren; dass sie ihn vollständig aufheben würde, hat der Antragsteller nicht behauptet und ist angesichts der Unkalkulierbarkeit von Naturereignissen (im Hochwasserschutz ist das hundertjährige Hochwasser Bezugsgröße) auch nicht anzunehmen. Aus forstlicher Sicht wird die Sanierungsfläche Eschenlaine als sonnenseitiger Wintereinstand sowie als Ganzjahreseinstand für das Gamswild angesehen, also als Wald, der lagebedingt besonders verbissgefährdet ist. Es kann offen bleiben, ob die ausgreifende Gefahrenbeschreibung in der Übersicht uneingeschränkt zutrifft. Jedenfalls hat das Verfahren keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass es sich bei dem Wald auf der Sanierungsfläche nicht - wie vom Antragsgegner angegeben - um überalterten, rückgängigen und somit gefährdeten Bergmischwald handelt.

2.2.2 Der mit der Verordnung angestrebte Schutz des Bergwaldes stellt darüber hinaus einen besonderen Grund der Landeskultur i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG dar (in diesem Sinn vgl. Leonhardt, a.a.O., § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.2.2). Der Begriff Landeskultur, dem es an einer gesetzlichen Definition mangelt, kann sehr weitgreifend verstanden werden (zum Meinungsstand vgl. Friesecke, NUR 2000, 81 ff.; für das Forstrecht vgl. Zerle/Hein/Foerst/Stöckel/Beck/Nüßlein/Pratsch, Forstrecht in Bayern, 2. Aufl. Stand Juni 2016, Art. 16 BayWaldG). Er umfasst jedenfalls die land-und forstwirtschaftliche Bodennutzung einschließlich der Maßnahmen zur Bodenerhaltung, Bodenverbesserung (Melioration), Neulandgewinnung und Flurbereinigung. Der Schutz des Bergwaldes, den der Antragsgegner als besonderen Grund für den Erlass der Verordnung benennt, ist unter den Begriff der Landeskultur zu subsumie-ren, da es bei der Bewahrung eines gesunden und lebensfähigen Bergwaldes auch um die Vermeidung erheblicher Schäden an der Kulturlandschaft geht.

2.2.3 Angesichts der besonderen Bedingungen, denen Wald im Hochgebirge ausgesetzt ist, sind die ausgeweiteten Jagdzeiten auch zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG erforderlich. Der Antragsteller weist im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass von einem übermäßigen Wildschaden erst auszugehen ist, wenn er das übliche Maß von durch Wild verursachten Schäden erheblich und in einem Umfang übersteigt, dessen Hinnahme dem Geschädigten nicht mehr zuzumuten ist (vgl. VG Ansbach, B.v. 30.04.1998 - AN 15 E 98.00625 -Jagdrechtliche Entscheidungen VI Nr. 45 - juris, Rn. 17; BayObLG, U.v. 10.4.1978 -RREg 2 Z 60/77 - BayObLGZ 1978, 69 - juris, Rn. 30). Dieser Ansatz ist der Erkenntnis geschuldet, dass in Anbetracht der Ernährungsgewohnheiten von Wildtieren der Verbiss von Pflanzen zum Naturkreislauf gehört und in einem gewissen Umfang der Waldregeneration nicht schadet. Ein Fall der Vermeidung übermäßiger Wildschäden ist jedoch ernsthaft in Betracht zu ziehen, wenn ohne die Ausweitung der Jagdzeiten die Naturverjüngung wegen des Wildverbisses unterbleibt und der Erhalt des Bergwaldes mit seinen vielfältigen Schutzfunktionen nicht mehr zu gewährleisten ist.

Es liegt auf der Hand, dass in die Subsumtion die Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind und dass der Eintritt von Schäden am Bergwald nicht abgewartet werden muss. Es wäre verfehlt, die Frage des Übermaßes von Wildschäden unabhängig von den naturräumlichen Gegebenheiten ihres Auftretens und der Bedeutung der betroffenen Güter nach einem einheitlichen (landesweiten) Maßstab zu beurteilen. Im Bergwald, dem als Schutzwald besondere Gemeinwohlaufgaben zukommen, wird die Grenze zum übermäßigen, nicht mehr zumutbaren Wildschaden wesentlich früher erreicht sein als im Flachland. Angesichts der aus klimatischen und standortspezifischen Gründen erschwerten Wachstumsbedingungen für Jungbäume kann die Waldverjüngung hier - je nach Waldzustand - manchmal nur durch künstliche Anpflanzungen herbeigeführt werden (zu den Verjüngungsmethoden vgl. Handbuch, Abschnitt D.2) und oft nur durch weitestgehende Unterbindung von Verbiss. Wenn eine erosionshindernde Bewaldung nicht vorhanden ist, müssen zusätzlich Verbauungen errichtet werden. Der Antragsgegner hat hierzu vorgetragen, dass solche Sanierungsmaßnahmen sehr teuer sind. ha Pflanzung koste bis zu 20.000 EUR, 1 ha Verbauung bis zu 500.000 EUR. Verbiss auf den Schutzwaldstandorten könne nicht wie im Flachland von den Pflanzen durch Ersatztriebe kompensiert werden. In vielen Fällen führe Verbiss zum Absterben der Pflanzen oder zu dauerhaftem Kümmern (vgl. auch Handbuch Abschnitt D 4.1 Wildschäden). Die Folge seien teure Ersatzpflanzungen, verbunden mit großen Zeitverzögerungen bei der Sanierung. Dies könne in Flächen, die mit temporären und damit begrenzt haltbaren Holzbauwerken gegen Schneebewegungen gesichert seien, eine zweite Verbauungsgenera-tion mit enormen Kosten zur Folge haben (vgl. Stellungnahme AELF v. 12.2.2016). Diesem vom Antragsteller nicht widerlegten Vorbringen ist zu entnehmen, dass Bergwald schon bei Verbissraten dauerhaft geschädigt wird, die im Flachland noch hingenommen werden könnten.

2.3 Mängel der Verordnung im Hinblick auf Vorschriften über die Zuständigkeit und das Verfahren mit Auswirkungen auf das streitgegenständliche Teilgebiet Eschenlaine sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Eine Begründungspflicht für Rechtsverordnungen besteht nicht (vgl. OVG SH, U.v. 22.5.2017 - 4 KN 2/15 -juris Rn. 45). Der Antragsteller rügt lediglich allgemein eine unzureichende Beteiligung der Naturschutzbehörden und der Wasserwirtschaftsverwaltung. Er benennt jedoch keine besondere jagdrechtliche Verfahrensvorschrift, derzufolge dies einen die Unwirksamkeit der Verordnung begründenden Verfahrensverstoß darstellt; eine solche Verfahrensvorschrift ist auch nicht ersichtlich (zur Frage einer Beteiligung der Naturschutzbehörden im Zusammenhang mit der unionsrechtlichen Verträglichkeitsprüfung vgl. Abschnitt 2.4). Im Übrigen ist das Programm zur Sanierung der Schutzwälder im Bayerischen Alpenraum in Zusammenarbeit mit den Behörden der Wasserwirtschaft erarbeitet worden (vgl. Abschnitt A, Einleitung des Handbuchs).

Die amtliche Bekanntmachung der angegriffenen Verordnung entspricht einschließlich der Beschreibung der Grenzen des Geltungsbereichs für die Fläche des Sanierungsgebiets Eschenlaine den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

Die Bekanntmachung der Rechtsverordnung ist nach Maßgabe des Art. 51 LStVG erfolgt. Nach Art. 51 Abs. 1 LStVG gelten für die amtliche Bekanntmachung von Verordnungen der Regierungen die Vorschriften über die Bekanntmachung kommunaler Satzungen entsprechend. Lassen sich die Grenzen des Geltungsbereichs einer Verordnung oder die Grenzen des Bereichs, in dem einzelne ihrer Vorschriften gelten, nicht hinreichend deutlich und anschaulich beschreiben oder durch Abdruck einer genauen Karte festlegen, so genügt es nach Art. 51 Abs. 3 LStVG, wenn die Verordnung die Grenzen des Bereichs grob umschreibt und im Übrigen auf Karten (Maßstab mindestens 1:25.000) oder Verzeichnisse Bezug nimmt. Diese Unterlagen müssen von der in der Verordnung bezeichneten Behörde archivmäßig verwahrt werden und allgemein zugänglich sein.

Der Regelung ist zu entnehmen, dass das Gesetz im Regelfall eine Grenzbeschreibung in Worten oder durch Abdruck einer genauen Karte vorsieht. Von einer wörtlichen Beschreibung kann Abstand genommen werden, wenn auf diese Weise eine hinreichend deutliche und anschauliche Beschreibung nicht mehr möglich ist. Es liegt auf der Hand, dass sich mit einer zunehmenden Anzahl von Geltungsbereichen der Verordnung deren Grenzen immer weniger deutlich und anschaulich mit Worten beschreiben lassen. Vorliegend handelt es sich um 105 verschiedene Einzelflächen, die über den gesamten oberbayerischen Alpenraum verteilt liegen. Schon ein Blick auf die Verordnungsgebiete in den fünf im oberbayerischen Amtsblatt (OBBayABl Nr. 4 v. 21.2.2014, S. 25 ff.) veröffentlichten Übersichtskarten im Maßstab 1:200.000 zeigt, dass eine verbale Beschreibung bereits wegen des benötigten außerordentlichen Umfangs der geforderten Anschaulichkeit abträglich wäre. Ebenso veranschaulichen die fünf Übersichtskarten, dass der Abdruck der 105 Teilgebiete in genauen Karten, die im Amtsblatt der Regierung abgedruckt werden könnten, nicht möglich ist. Das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern hat das Format DIN A 3. Der Maßstab einer darin abdruckbaren Karte des Verordnungsgebietes lässt die erforderliche Genauigkeit der Gebietsdarstellung nicht zu.

Für derartige Fallgestaltungen sieht das Gesetz vor, dass die amtliche Bekanntmachung die vollständige Beschreibung der Grenzen der Geltungsbereiche nicht enthalten muss. Es genügt die grobe Umschreibung der Grenzen in Verbindung mit einer Bezugnahme auf Karten und Verzeichnisse, die anstelle der amtlichen Bekanntmachung archivmäßig verwahrt und allgemein zugänglich sind. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner von dieser Möglichkeit in der Form Gebrauch gemacht hat, die grobe Umschreibung der Grenzen durch Bezugnahme auf eine Übersichtskarte im Maßstab 1:200.000 (aufgeteilt auf fünf Kartenblätter) vorzunehmen, die gemäß § 2 der Verordnung als Anlage deren Bestandteil ist. Es ist kein Grund ersichtlich, die grobe Umschreibung durch zeichnerische Darstellung für unzulässig zu halten, nachdem Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG für einfachere Gebietsabgrenzungen neben einer hinreichend deutlichen und anschaulichen Beschreibung in Worten die Festlegung von Grenzen durch Abdruck einer genauen Karte zulässt; sprachliche und zeichnerische Darstellung sind insoweit einander gleichberechtigt (vgl. BayVGH, B.v. 27.4.1995 - 9 N 93.3157 - juris).

Die archivmäßig aufbewahrten Kartenblätter, gegen deren rechtskonforme Verwahrung bei der Regierung von Oberbayern der Antragsteller nach entsprechender Nachforschung keine Einwände erhoben hat, halten den gesetzlichen Mindestmaßstab von 1:25.000 aus Art. 51 Abs. 3 LStVG ein und sind geeignet, den Geltungsbereich der Verordnung in den Sanierungsgebieten bzw. Gefährdungsgebieten darzustellen und vor Ort bestimmbar zu machen. Auf gerichtliche Nachfrage hat der Antragsgegner den in der Karte verzeichneten Grenzverlauf des Geltungsbereichs im Sanierungsgebiet Eschenlaine im Schriftsatz vom 5. Dezember 2016 wie folgt beschrieben:

„Von Punkt 1519 (Rotwandkopf) nach Süden der Staatswaldabteilungsgrenze folgend zu Punkt 1503, von dort weiter der Staatswaldabteilungsgrenze folgend nach Süden bis Höhe 1.420 üNN, von dort der Staatswaldabteilungsgrenze nach Nordwesten dem Verlauf des Scharfen Grabens folgend bis zur Gemarkungsgrenze O.. Weiter nach Nordosten der Gemarkungsgrenze O. folgend bis auf Höhe 1.305 üNN, von dort der Staatswaldabteilungsgrenze folgend in einem Bogen nach Südosten wieder auf den Punkt 1519 (Rotwandkopf). Die genannten Punkte sind Höhenmeterangaben, die sich aus jeder Karte mit Höhenmeterangaben ergeben. Die Staatswaldabteilungsgrenzen sind im Gelände mit zwei weißen Strichen an den Bäumen markiert“.

Nachdem sich die Schonzeitverkürzung für einen Teilbereich des Sanierungsgebietes Eschenlaine ausschließlich an den Personenkreis der im Staatsjagdrevier Isarwinkel Jagdausübungsberechtigten richtet und lediglich verhaltensbezogene Regelungen trifft, dürfen die Anforderungen an die Bestimmtheit der Verordnung nicht überspannt werden. Rechtslehre und Rechtsprechung haben seit jeher den Grundsatz aufgestellt und vertreten, dass Rechtsverordnungen - ebenso wie Gesetze -der Wirksamkeit nur dann entbehren, wenn sie sich nicht so bestimmt ausdrücken, dass ihr Inhalt und ihre Tragweite klar erkennbar sind, und wenn aus ihnen nicht zu ersehen ist, welche Handlungen geboten oder verboten sind (vgl. BayObLG, U.v. 31.10.1995 - RevReg. 4 St 113/60 m.w.N.). Der Rechtsunterworfene muss die Möglichkeit haben, ohne größere Schwierigkeiten und demgemäß aus der Veröffentlichung selbst oder doch aus ihr in Verbindung mit anderen Veröffentlichungen zu erkennen, welche Vorschriften gelten sollen, damit er sein Verhalten entsprechend einrichten kann. Für den vorliegenden Fall ist allein zu fordern, dass sich jeder Jagdausübungsberechtigte vor Ort verlässlich ein Urteil darüber bilden kann, ob ein Schalenwildabschuss zulässig ist, d.h. ob sich er und das angesprochene Stück Schalenwild im Geltungsbereich der Verordnung aufhalten. Dies ist im Fall des Gebietes Eschenlaine der Fall, denn seine Abgrenzung erfolgte nach den Erläuterungen des Antragsgegners nicht nur anhand von topographischen Besonderheiten und Gemarkungsgrenzen, sondern auch anhand von Staatswaldabteilungsgrenzen (zur Waldeinteilung in Distrikte und Abteilungen vgl. Nr. 2.1.2.2 der Richtlinien für die Forsteinrichtung im Körperschaftswald vom 10.1.2012, AllMBl 2012, S. 88 ff), welche im Gelände mit weißen Strichen an den Bäumen markiert sind und deshalb vor Ort entsprechend anwendungssicher nachvollzogen werden können. Die Grenzbeschreibung für das fragliche Gebiet genügt deshalb nach Auffassung des Senats rechtsstaatlichen Anforderungen (vgl. hierzu Leonhardt, Jagdrecht, 1. Aufl. Stand Dezember 2016, § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.1). Die gegenteilige Rechtsauffassung des Antragstellers in der Antragsbegründung vom 12. August 2016 (S. 30 ff.) teilt der mit dem Verordnungsteilgebiet Eschenlaine befasste Senat nicht. Maßgeblich für die Beurteilung ist dabei ausschließlich das zum Bestandteil der Verordnung erklärte, ausgefertigte und im Oberbayerischen Amtsblatt Nr. 4 vom 21. Februar 2014 bekannt gemachte Kartenwerk.

2.4 Eine Unvereinbarkeit des streitgegenständlichen Verordnungsteils mit höherrangigem Recht liegt entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht vor.

2.4.1 Die Verordnung im Teilbereich Eschenlaine steht in Einklang mit den (im Grundsatz nicht abwägbaren) Vorschriften zum Gebiets- und Artenschutz und erfüllt -trotz nicht vorgenommener Verträglichkeitsprüfung - die Anforderungen, die mit dem Natura-2000-Gebiet (Vogelschutzgebiet) Estergebirge (mit einer Fläche von ca. 11.993 ha) verbunden sind.

Hinsichtlich des Europäischen Vogelschutzgebietes Estergebirge, das flächenmäßig das FFH-Gebiet Estergebirge umfasst, sind die Erhaltungsziele zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Verordnung am 14. Februar 2014 in § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 (Gebiets-Nr. DE 8433471) der Verordnung über die Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten sowie deren Gebietsbegrenzungen und Erhaltungszielen (Vogelschutzverordnung - VoGEV - vom 12. Juli 2006, GVBL S. 524) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 8. Juli 2008 festgelegt (GVBl. S. 486), die auf Art. 13b Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Naturschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Dezember 2005 (BayNatSchG 2005, GVBl. 2006, S. 2) gestützt ist. Hier sind auch (entsprechend § 32 Abs. 3 BNatSchG) die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und prioritären Arten dargestellt (seit dem 1.4.2016 sind die Erhaltungsziele, die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und die prioritären Arten in den Anlagen zu den §§ 1 und 2 der Bayerischen Verordnung über die Natura 2000-Gebiete dargestellt; vgl. die Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 19.2.2016, AllMBl S. 258 -BayNat2000V)". Die Schutzbestimmungen der Richtlinie 79/409/EWG des Rats vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutz-Richtlinie - VRL, ABl EG Nr. L 103 S. 1) finden teilweise keine unmittelbare Anwendung mehr, weil das Europäische Vogelschutzgebiet „Estergebirge“ räumlich eindeutig bestimmt ist (vgl. § 2 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 VoGEV) und seine Erhaltungsziele im Rahmen einer endgültigen rechtsverbindlichen Entscheidung mit Außenwirkung benannt sind (vgl. § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 Spalte 6 VoGEV). In einem solchen Fall findet gemäß Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG des Rats vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7, Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie - FFH-RL) ein Wechsel des Schutzregimes von Art. 4 Abs. 4 VRL zu Art. 6 Abs. 2 FFH-RL statt. Im Vogelschutzgebiet nicht anzuwenden ist allerdings Art. 6 Abs. 1 FFH-RL mit seiner Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Festlegung der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen; insoweit verbleibt es bei den Verpflichtungen aus Art. 2, 3 und 4 Abs. 1 und 2 VRL.

Als Erhaltungsziele für das Gebiet werden in Anlage 1 Spalte 6 VoGEV (GVBl. 2006, S. 532) die Erhaltung oder Wiederherstellung der Bestände von Birkhuhn, Auerhuhn, Haselhuhn, Alpenschneehuhn, Wanderfalke, Steinadler, Uhu, Raufußkauz, Sperlingskauz, Weißrückenspecht, Dreizehenspecht, Grauspecht, Schwarzspecht, Neuntöter, Felsenschwalbe, Wasserpieper, Alpenbraunelle, Zwergschnäpper und Ringdrossel und deren Lebensräume, insbesondere des charakteristischen subalpinen und alpinen Gebirgsstocks mit hohem Strukturreichtum wie Hangschuttwälder und Schluchten, Borstgras- und Magerrasen, Latschengebüsche, alpine Zwergstrauchheiden, Quellmoore und Felsen als Brut-, Nahrungs- und Durchzugsgebiet genannt.

Die von der Regierung von Oberbayern als zuständiger höherer Naturschutzbehörde erstellte gebietsbezogene Konkretisierung (der Erhaltungsziele) benennt für dieses Gebiet wiederholend als Vogelarten des Anhangs I zur Vogelschutzrichtlinie u.a. das Auerhuhn (Tetrao urogallus), das Birkhuhn (Tetrao tetrix) und den Steinalder (Aquila chrysateos). Als gebietsbezogene Erhaltungsziele sind u.a. der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der Bestände des Birkhuhns sowie der Erhalt seines Lebensraums (Nr. 2), der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der montanen bis subalpinen Fichtenwälder, ihrer Störungsarmut, ihrer naturnahen Struktur und Baumartzusammensetzung sowie eines ausreichenden Anteils an Lichtungen und lichten Strukturen, insbesondere als Lebensraum für das Auerhuhn (Nr. 3), und der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der Bestände des Steinadlers und seiner Lebensräume, der Erhalt der Brutplätze, störungsarmer Räume um die Brutplätze und der Erhalt artenreicher Nahrungshabitate konkretisiert.

In einem Natura-2000-Gebiet sind die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestimmungen führen können, sind unzulässig; ist hiermit zu rechnen, hat der Mitgliedsstaat geeignete Vermeidungsmaßnahmen zu treffen (vgl. Art. 6 Abs. 2 FFH-RL, § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG). Dabei bestimmt die Schutzerklärung den Schutzzweck entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen und die erforderlichen Gebietsbegrenzungen. Pläne und Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind (vgl. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, § 34 Abs. 1 BNatSchG).

Bei der Beantwortung der Frage, inwieweit die streitgegenständliche Verordnung im Teilbereich Eschenlaine die unionsrechtlichen Anforderungen erfüllt, die mit dem Vogelschutzgebiet verbunden sind, ist zu berücksichtigen, dass die Verordnung eine von zahlreichen Regelungen ist, durch die die Tätigkeit der Jagd auf Schalenwild den (örtlich, sachlich usw.) differenzierten Gemeinwohlerfordernissen angepasst werden soll. Für sie gelten daher die Anforderungen des Unions-Naturschutzrechts an die Jagd auf Schalenwild; diese sind eingehalten mit der Folge, dass von einer Gebietserhaltungsmaßnahme auszugehen ist (2.4.1.1). Die nichtjagdlichen Maßnahmen im Verordnungszusammenhang, die bei dieser Prüfung mit zu berücksichtigen sind (wegen des in Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie verankerten Grundsatzes, dass auch ein Zusammenwirken mehrerer Aktivitäten zu erheblichen Störungen oder Beeinträchtigungen führen kann), entsprechen ebenfalls den Anforderungen des Unions-Naturschutzrechts und sind Gebietserhaltungsmaßnahmen (2.4.1.2).

2.4.1.1 Die Jagd auf Schalenwild im Rahmen der Verordnung ist ökologisch ausgerichtet und widerspricht nicht den Erhaltungszielen des Natura-2000-Gebiets. Nach den unionsrechtlichen Naturschutzvorgaben setzt eine solche Jagd keine Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie voraus.

Die besonderen Schutzgebiete des Natura-2000-Systems sind multifunktional. Die unionsrechtlichen Bestimmungen berücksichtigen nicht nur die Interessen des Naturschutzes, sondern auch sozialökonomische Interessen. Der Bestimmung des Art. 2 der Vogelschutzrichtlinie ist zu entnehmen, dass bei der Arterhaltung und -pflege den wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rechnung getragen wird; gemäß Art. 2 Abs. 3 der Habitatrichtlinie ist bei den aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Art. 9 Abs. 1 lit. c der Vogelschutzrichtlinie ist zu entnehmen, dass eine vernünftige Nutzung der Natur - wenn sie möglich ist, fördert dies die Akzeptanz von Naturschutzvorgaben in der Bevölkerung - dem unionsrechtlichen Naturschutz nicht widerspricht. Daher ist nicht jede Störung oder Beeinträchtigung erheblich im Sinne des Art. 6 Abs. 2 und 3 der Habitatrichtlinie, sondern nur eine für die Erhaltungsziele signifikante. Eine Bewirtschaftung der besonderen Schutzgebiete, die deren Erhaltungszielen und dem Störungsverbot in Art. 6 Abs. 2 der Habitat-Richtlinie in vollem Umfang Rechnung trägt, ist daher kein Plan oder Projekt im Sinne des Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie (also keiner der Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind und es einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten), sondern eine Maßnahme der Erhaltungsbewirtschaftung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Habitat-Richtlinie und des Art. 3 der Vogelschutzrichtlinie, die einer Verträglichkeitsprüfung nicht unterzogen werden muss.

Dieses Verständnis wird durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie durch Erläuterungen der Europäischen Kommission bestätigt.

Nach dem zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Leitfaden „Natura 2000 -Gebietsmanagement, die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG“ der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2000 (Leitfaden Gebietsmanagement) sind die in Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie genannten Begriffe „Plan“ und „Projekt“ zwar nicht auf physische bauliche Anlagen beschränkt (S. 33). Die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie sollten aber im allgemeinen nicht auf Pläne und Projekte für die Erhaltungsbewirtschaftung des Gebiets angewendet werden; dies sollte sowohl für Einzelpläne und -projekte als auch dann gelten, wenn sie Bestandteile anderer Pläne und Projekte sind (Leitfaden Gebietsmanagement S. 36). Umweltfreundliche bzw. umweltverträgliche Tätigkeiten wie z. B. traditionelle landwirtschaftliche Praktiken, die der Erhaltung bestimmter Lebensraumtypen und Arten dienen, können bereits in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitat-Richtlinie einbezogen werden (Leitfaden Gebietsmanagement S. 32), also Gebiets- oder Arterhaltungsmaßnahmen sein. Der Leitfaden Gebietsmanagement hebt weiterhin hervor, dass nur erhebliche Auswirkungen schädlich sind und ein bestimmtes Maß an Störung toleriert wird (S. 25/26), führt als Gebietserhaltungsmaßnahme beispielhaft einen kommerziellen Holzeinschlag an (vgl. S. 35) und erwähnt Agrarwirtschaft und Waldbau als Beispiele dafür, wie die sozioökonomi-schen Forderungen gemäß Art. 2 Abs. 3 der Habitatrichtlinie Berücksichtigung finden können (S. 21/22). Ist die Tätigkeit nichtkommerzieller Art, spricht dies für eine Erhaltungsmaßnahme (Leitfaden Gebietsmanagement S. 35).

Sind die Tätigkeiten von vornherein nicht umweltfreundlich, ist Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie anzuwenden, also von einem Plan oder Projekt sowie der grundsätzlichen Erforderlichkeit einer Verträglichkeitsprüfung auszugehen (zu einer erheblichen Intensivierung der Landwirtschaft, durch die der naturnahe Charakter eines Gebietes geschädigt oder zerstört wird, vgl. S. 33 des Leitfadens Gebietsmanagement sowie BayVGH, U.v. 25.9.2012 - 14 B 10.1550; zur mechanischen Herzmuschelfischerei vgl. EuGH vom 7.9.2004 - Az. C-127/02; zur Unzulässigkeit einer nationalen Regelung, derzufolge u.a. die Jagd nie gegen das Störungsverbot des Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie verstößt, vgl. EuGH, U.v. 4.3.2010 - C-241/08).

Bei traditionellen, potentiell umweltfreundlichen Tätigkeiten kommt es somit auf die konkreten Modalitäten und Umstände im Einzelfall an. Der Leitfaden Gebietsmanagement erwähnt die traditionelle Landwirtschaft ausdrücklich nur beispielhaft. Weitere traditionelle umweltfreundliche Praktiken sind unter anderem Forstwirtschaft, Fischereiwirtschaft und Jagd. Geht die Jagd über eine vernünftige Nutzung der Natur nicht hinaus (vgl. insoweit Art. 9 Abs. 1 lit. c der Vogelschutzrichtlinie sowie - hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Anwendung dieser Bestimmung auf die Jagd - EuGH, U.v. 16.10.2003 - C-182/02 - JE XIX N. 33, juris) und besteht nach Lage der Dinge keine ernsthafte Besorgnis nachteiliger Auswirkungen (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2007 - 4 BN 46/07 - juris Rn. 7 sowie U.v. 14.7.2011 - 9 A 12/10 - juris Rn. 87, jeweils im Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 3 FFH-RL), zählt sie zu den Gebietsoder Arterhaltungsmaßnahmen. Es versteht sich von selbst, dass bei der Prüfung der Umweltfreundlichkeit nicht nur freiwillig übernommene Umweltmaßnahmen (vgl. S. 20/21 des Leitfadens Gebietsmanagement zu vertraglichen Vereinbarungen mit Landwirten und zu zertifiziertem Waldbau) zu berücksichtigen sind, sondern auch der Umweltfreundlichkeit dienliche (und effektiv angewendete) Rechtsvorschriften, denen die jeweilige Tätigkeit nach nationalem Recht unterworfen ist. Eine angemessene Organisation der Tätigkeit und eine angemessene Überwachung sind erforderlich (Leitfaden Gebietsmanagement, S. 21).

Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr auf den von der Europäischen Kommission im Jahr 2008 erstellten „Leitfaden zu den Jagdbestimmungen der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten“ (Leitfaden Jagd) an, in dem die dargelegten Grundsätze des Natura-2000-Systems speziell für die Tätigkeit der Jagd zusammengefasst sind (vgl. insbesondere S. 9/10 betreffend die Jagd in Natura-2000-Gebieten als Frage der Bewirtschaftung, die in erster Linie an Ort und Stelle geklärt werden muss, betreffend den Umstand, dass Auswirkungen, die in Bezug auf die Erhaltungsziele der Natura-2000-Gebiete nicht signifikant sind, nicht als Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie zu betrachten sind, betreffend den Umstand, dass im Allgemeinen nichts gegen die Jagd in Natura-2000-Gebieten spricht, betreffend Jagdverbotszonen als mögliche Bewirtschaftungsmethode zur Beachtung des Störungsverbots und betreffend die Erforderlichkeit einer angemessenen Organisation und einer angemessenen Überwachung zur Vermeidung signifikanter Belästigungen; vgl. auch S. 18/19 betreffend die Voraussetzung der „vernünftigen Nutzung“, die mit einer Aufrechterhaltung der Populationen in einem günstigen Erhaltungszustand verbunden ist, sowie S. 24 betreffend eine künstliche Vergrößerung von Beständen, die sich für andere Arten als erhebliche Beeinträchtigung auswirken kann). Eine Entscheidung, in der der Europäische Gerichtshof oder die Europäische Kommission bei der Jagd oder bei jagdlichen Vorgaben eine Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie für erforderlich gehalten hätte, ist - obwohl die Jagd während der gesamten Geltungsdauer der Naturschutzrichtlinien im gesamten unbewohnten Gebiet der Union ausgeübt worden ist - nicht ersichtlich.

Bei der Prüfung, ob der Verordnungsteilbereich Eschenlaine in Übereinstimmung mit dem Unions-Naturschutz steht und insbesondere keine Wahrscheinlichkeit erheblicher Beeinträchtigungen des Natura-2000-Gebiets besteht, ist zu berücksichtigen, dass auch ein Zusammenwirken mehrerer Verordnungsteilbereiche zu erheblichen Störungen oder Beeinträchtigungen führen kann (vgl. Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtli-nie). Jedoch liegt eine umweltfreundliche, den Erhaltungszielen nicht widersprechende Jagd auf Schalenwild - also eine Gebietserhaltungsmaßnahme, die einer Verträglichkeitsprüfung nicht unterzogen werden muss (vgl. den Leitfaden Gebietsmanagement, S. 35/36, wonach die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 3 im Allgemeinen nicht auf Pläne und Projekte für die Erhaltungsbewirtschaftung des Gebiets angewendet werden sollten und dies nicht nur für Einzelpläne und -projekte gelten sollte, sondern auch dann, wenn sie Bestandteile anderer Pläne und Projekte sind; vgl. insoweit auch Abschnitt 4.4, Abs. 3 des Leitfadens Gebietsmanagement) - auch dann vor, wenn nicht nur die verordnungsgestützte Jagd auf Schalenwild im Verordnungsteilbereich Eschenlaine, sondern auch diejenige in den anderen Verordnungsteilbereichen des Vogelschutzgebiets in diese Prüfung einbezogen wird (2.4.1.1.2). Ob eine Einbeziehung auch der Abschlussplanung geboten ist, kann offenbleiben, da auch die durch Abschlusspläne geregelte Jagd eine solche Gebietserhaltungsmaßnahme ist (2.4.1.1.1). Der Senat verkennt dabei nicht, dass das vom Antragsgegner durchgeführte Verordnungsverfahren nicht geeignet gewesen ist, die Frage einer Wahrscheinlichkeit erheblicher Beeinträchtigungen des Natura-2000-Gebiets zu klären, weil - wie der Aktenführung der Regierung von Oberbayern zu entnehmen ist -sowohl die Äußerungen der Träger öffentlicher Belange (mit zumeist lokaler Zuständigkeit) als auch die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangen Äußerungen nicht für jedes einzelne Gebiet (sondern ungeordnet gemeinsam) gesammelt und ausgewertet worden sind und weil die Regierung von Oberbayern darüber hinaus ganz allgemein dem Senat nicht den Eindruck vermittelt hat, dass sie sich der Notwendigkeit einer gesonderten Bewertung und Abwägung für jedes einzelne Planungsgebiet bewusst gewesen ist. Auch im Normenkontrollverfahren ist dem Senat die Aufklärung des Sachverhalts durch den Antragsgegner und die Beigeladene nicht leicht gemacht worden. Behördliche Äußerungen, die zu einer Klärung des komplexen Sachverhalts beigetragen haben, sind in aller Regel erst auf gerichtliche Nachfrage hin abgegeben worden. Zu der mündlichen Verhandlung, in der der Antragsteller - wie angekündigt - mit drei fachlichen Beiständen erschienen ist, ist von Seiten des Antragsgegners kein Bediensteter entsandt worden, der mit der Durchführung des Verordnungsverfahrens befasst oder zu diesbezüglichen detaillierten Angaben in der Lage gewesen ist. Die Beigeladene, die für die Durchführung sowohl der Schutzwaldsanierung als auch der Natura-2000-Vorschriften zuständig ist, hat die Entsendung eines Bediensteten überhaupt nicht für notwendig erachtet. Auf all dies kommt es jedoch nicht an, weil die gegen die Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung sprechenden Gründe auf der Hand liegen.

2.4.1.1.1 Die für die Jagd der Beigeladenen geltenden Abschusspläne sind weder durch die Verordnung noch durch die Schutzwaldsanierung als Gesamtkomplex bedingt; Abschusspläne sind vielmehr für sämtliche bejagbaren Bereiche des Bundesgebiets aufzustellen (§ 21 Abs. 2 BJagdG). Durch die Abschusspläne soll ganz allgemein eine grundeigentumsschädliche, waldschädliche, ökologiewidrige und insgesamt gemeinschädliche Jagd und Hege verhindert werden (vgl. § 21 Abs. 1 BJagdG sowie Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG; die ursprünglich vom Reichsjagdgesetz bezweckte Hege von Trophäenträgern durch Abschusswahl ist nicht mehr das Ziel des Abschlussplanwesens). Andererseits steht die Schutzwaldsanierung, zu der die Verordnung gehört, in einer gewissen Abhängigkeit vom Abschussplanwesen. Würde nicht mithilfe der Abschusspläne allgemein eine Wilddichte herbeigeführt, die übermäßige Sach- und Ökologieschäden verhindert, wäre es sehr schwierig und wesentlich aufwendiger, sanierungsbedürftige Schutzwaldteile nachhaltig zu sanieren; möglicherweise wäre es dann unmöglich. Letztlich kann die Frage, ob auch die sonstige (durch Abschusspläne geregelte) Jagdausübung der Beigeladenen im Vogelschutzgebiet in die Prüfung der Frage einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes einzubeziehen ist, offen bleiben, denn solche Beeinträchtigungen sind auch im Fall einer Einbeziehung in keiner Weise wahrscheinlich. Vielmehr sind Abschusspläne Gebietserhaltungsmaßnahmen, weil sie in ihrem Regelungsbereich die Jagd auf Schalenwild umweltfreundlich gestalten (2.4.1.1.1.1) und weder in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ stehen noch signifikante Belästigungen, Störungen und Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich bringen (2.4.1.1.1.2).

2.4.1.1.1.1 Abschusspläne, die der Bestimmung des § 21 BJagdG sowie den konkretisierenden bayerischen Rechtsvorschriften entsprechen, haben insbesondere das Ziel, landesweit die - vielfach durch gemeinschädliche Jagd und Hege unterbundene - natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG< „Wald vor Wild“ >). Sie bewirken - wenn sie eingehalten werden - den von Seiten der Jagd erforderlichen Beitrag zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung, also zu einer Bewirtschaftung, die so gestaltet ist, dass die Artenvielfalt des Waldes, seine Produktivität, seine Regenerationsfähigkeit, seine Vitalität und sein Potenzial, auch in Zukunft wichtige ökologische, ökonomische und soziale Funktionen erfüllen zu können, erhalten bleiben und andere Ökosysteme nicht geschädigt werden (vgl. die Definition des Begriffs „nachhaltige Waldbewirtschaftung“ der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa, Helsinki 1993); insbesondere tragen sie dazu bei, dass der Wald gegenüber natürlichen Bedrohungen, beispielsweise gegenüber Stürmen, Insektenbefall und Krankheiten, widerstandsfähiger wird. Die Begriffsdefinition der Ministerkonferenz trägt der Tatsache Rechnung, dass ein naturnaher, nachhaltig bewirtschafteter Wald nicht nur vielfältige wirtschaftliche Vorteile hat. Er hat großen Anteil an der europäischen Biodiversität, denn trotz vielfältiger Bedrohungen ist die biologische Vielfalt in Waldlebensräumen größer als in anderen wichtigen Lebensraumgruppen (Wiesen, Feuchtflächen usw.). Der Wald erbringt auch Ökosystemleistungen von besonderem Nutzen. Er schützt den Boden vor Erosion und reguliert den Grundwasserspiegel und die örtlichen hydrologischen Systeme durch Rückhaltung von Wasserströmen, er reguliert das Klima, speichert Kohlenstoff und schützt wertvollere Bestäuber, reinigt Luft und Süßwasser und bietet Schutz vor Naturkatastrophen wie Lawinen, Erdrutschen, Dürre und Überschwemmungen. Im Mittelpunkt der EU-Waldstrategie vom 20. September 2013 und der diesbezüglichen EU-Fördermittel-Programme steht eine klar von Naturnähe und Nachhaltigkeit geprägte Waldbewirtschaftung, zu der insbesondere auch die Vorbeugung von Schäden und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands von Wäldern nach Katastrophenereignissen gehört (vgl. etwa Art. 24 der VO - EU - Nr. 1305/2013). Dem jüngsten Bericht über den Zustand der Natur in der EU (im Mai 2015 veröffentlicht) ist zu entnehmen, dass die Waldlebensräume insgesamt in keinem guten Erhaltungszustand sind (vgl. zu diesem Begriff Art. 1 der Habitatrichtlinie) und dass noch sehr viel getan werden muss, wenn die Ziele der Biodiversitätsstrate-gie und der neuen EU-Waldstrategie bis 2020 erreicht werden sollen. Für die Wälder des Natura-2000-Netzes (etwa die Hälfte dessen Gesamtfläche) sind Naturnähe und Nachhaltigkeit essentielle Forderungen des europäischen Naturschutzrechts, die von den Nationalstaaten mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln erfüllt werden müssen. Angesichts ihrer dargestellten besonderen Aufgabenstellung kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Abschusspläne nunmehr (im Gegensatz zu denjenigen des Reichsjagdgesetzes) der Erhaltung bestimmter Lebensraumtypen und Arten dienen und deshalb (entsprechend dem Leitfaden Gebietsmanagement, S. 33) in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie einbezogen werden können.

Der gewichtigste Grund dafür, dass die Jagd häufig nicht oder nur unzureichend zur naturnahen, nachhaltigen Waldbewirtschaftung beiträgt und sogar die (in Natura-2000-Gebieten unionsrechtlich geforderten) Bemühungen anderer Akteure um eine solche Waldbewirtschaftung konterkariert, sodass Zustandsverbesserungen nicht vorankommen, ist das noch immer stark verbreitete, dem Grundsatz „Wald vor Wild“ diametral entgegenstehende überkommene Jagdinteresse (vgl. hierzu oben Nr. 1.1.1.2, Spiegelstrich 4). Die mit dem überkommenen Jagdinteresse verbundene Überhege führt zum Verschwinden der Krautschicht, zum weitgehenden Ausfall der besonders verbissgefährdeten Baumarten, zur Entmischung des Waldes, zum Bio-diversitätsverlust, zur Überalterung des Waldes und schlimmstenfalls zu seinem Untergang (auch durch Erosion), der jedenfalls längerfristig den Verlust der Bodendecke nach sich zieht. Dies bedeutet eine Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt, der Wasser und Klima regulierenden Wirkung, der Kohlenstoffspeicherung, der Reinigung von Luft und Süßwasser sowie des Schutzes vor Naturkatastrophen und - im Falle des Totalverlust - den vollständigen Wegfall dieser positiven Effekte des Lebensraumes Wald im fraglichen Bereich. Fütterungen, Wildäcker und andere Hegeverfahren können im Einzelfall sinnvoll sein, werden aber ganz überwiegend zu Überhege genutzt und entfremden dann auch für sich allein genommen den von ihnen betroffenen Lebensraum der Natur.

Zu den Gründen für die Annahme einer Gebietserhaltungsmaßnahme gehört weiterhin, dass - wie unter Nr. 2.4.1.1.2.1 ausgeführt - die durch Abschusspläne geprägte und vom Antragsteller beanstandete Jagd durch die Beigeladene ausgeübt wird, die den Staatswald vorbildlich zu bewirtschaften hat, auch sonst den öffentlichen Interessen erheblich stärker als ein privates Forstunternehmen verpflichtet ist und darüber hinaus für die Maßnahmen zur Verwaltung der Waldanteile des Vogelschutzgebiets ausschließlich zuständig ist.

2.4.1.1.1.2 Die Abschusspläne der Beigeladenen stehen auch nicht in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ und bringen keine signifikanten Belästigungen, Störungen und Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich.

2.4.1.1.1.2.1 Der Antragsteller macht geltend, die Jagd der Beigeladenen anhand der auf den Grundsatz „Wald vor Wild“ (auf die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen) ausgerichteten Abschusspläne beeinträchtige das Auerhuhn, eine streng geschützte und in die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ aufgenommene Art, weil das Auerhuhn auf licht überschirmte Nadelmischwälder angewiesen sei, die Jagd der Beigeladenen aber zu einer Verdichtung des Waldes und zu einer Erhöhung des Laubbaumanteils (zu einer „Verlaubholzung“) führe.

Die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltung und Entwicklung der Raufußhühner besteht jedoch nicht; ihre Anforderungen finden im Rahmen der Schalenwildbejagung in vollem Umfang Berücksichtigung. Die Abschusspläne sind nicht auf einen Ausschluss des Wildverbisses ausgerichtet. Der Wildverbiss soll lediglich so weit eingedämmt werden, dass bei den standortgemäßen Baumarten die natürliche Waldverjüngung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen aufkommt. Daher werden schon deshalb auch in Zukunft licht überschirmte Waldteile existieren. Soweit die durch Absenkung überhöhter Wildbestände ermöglichte Renaturierung des Waldes mit einem gewissen Grad an Verdichtung (Kronenschluss) verbunden ist, ist eine erhebliche Beeinträchtigung des Auerhuhns bereits deshalb auszuschließen, weil es sich bei dieser Renaturierung um eine Jahrzehnte dauernde Entwicklung handelt. Darüber hinaus liegt das Vogelschutzgebiet „Estergebirge“ in mittelhoher Gebirgslage, in der licht überschirmte Nadelmischwälder typisch sind und bereits wegen der klimatischen Bedingungen auch bei Aufkommen der natürlichen Waldverjüngung keineswegs in allen Bereichen (einschließlich denjenigen an der Baumgrenze) dichter Wald entsteht bzw. dauerhaften Bestand hätte. Die Ressource „lichter nadelholzbetonter Altbestand“ ist kein Minimumfaktor für das Auerhuhn (Lauter-bach/Löffler, Auerhuhnschutz in bayerischen Vogelschutzgebieten - Herausforderungen und Zielkonflikte im Waldnaturschutz, Schriftenreihe des Bayerischen Lan-desjagdverbandes e.V., Bd. 22, S. 39). In der gebietsbezogenen Konkretisierung der Erhaltungsziele wird nicht der Erhalt und gegebenenfalls die Wiederherstellung jeder Lichtung und lichten Struktur gefordert, sondern nur „eines ausreichenden Anteils an Lichtungen und lichten Strukturen“; an der Existenz eines solchen ausreichenden Anteils bestehen vorliegend keine Zweifel. Die Standortbedingungen stehen auch der gesamtflächigen Entstehung eines Laubbaumanteils entgegen, wie er in tieferen Lagen standortgemäß ist.

Indem die Bejagung anhand des Grundsatzes „Wald vor Wild“ zu einem Wiederauf -kommen von Kiefer und Tanne führt, die den Raufußhühnern Winternahrung bieten, verbessert sie deren Lebensbedingungen (Hildebrandt, S. 89; Lauterbach/Löffler, S. 40). Der Antragsteller zitiert den Standard-Datenbogen des Vogelschutzberichts 2013 mit der Feststellung, das forstliche Flächenmanagement sei eine der Hauptbeeinträchtigungen des Auerhuhns. Er übergeht jedoch, dass damit gerade reine Bestände aus Fichten (dem „Brotbaum“ des Antragstellers) gemeint sind, während die vom Antragsgegner und von der Beigeladenen mithilfe der natürlichen Waldverjüngung angestrebten naturnahen, reich strukturierten Bergwälder vom Auerhuhn bevorzugt werden (Schweizerisches Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Auerhuhn und Waldbewirtschaftung, S. 5/6, https://www.waldwissen.net/wald/wild/management/wsl_aktionsplan_auerhuhn/wsl_a ktionsplan_auerhuhn_waldbewirtschaftung.pdf).

Die durch die Renaturierung ausgelöste moderate und äußerst langfristige Veränderung von Waldbereichen hat somit keine negative Auswirkung auf den Erhaltungszustand des Auerhuhns. Selbst im gegenteiligen Fall - für den keine Anhaltspunkte bestehen - könnte der Lebensraum durch Bewirtschaftungsmaßnahmen günstiger gestaltet werden. So könnte der volle Lebenszyklus von Bäumen zugelassen werden; eine ungleichmäßige Auslichtung und/oder kleine Kahlschlagflächen könnten hergestellt werden (zur Waldweide vgl. unten). Die vom Antragsteller favorisierte Lösung, dem Auerwild durch eine andauernde Schalenwild-Überhege licht überschirmte Nadelmischwälder in Bereichen vorzuhalten, in denen die dafür erforderlichen ökologischen Voraussetzungen nicht vorhanden sind und die natürliche Sukzession deshalb zu einer anderen Waldzusammensetzung führen würde, widerspricht dagegen den Natura-2000-Zielen. Sie führt auf Dauer zu Waldverlusten. Die Erhaltungsziele verlangen nicht einen ständigen Kampf gegen die natürliche Dynamik der ökologischen Faktoren; Erhalt und Pflege des Wirkungsgefüges der Natur sind vielmehr das zentrale Ziel des Natura-2000-Systems und daher auch die Basis aller Erhaltungsziele und Erhaltungsmaßnahmen. Habitatschutz und Habitatma-nagement müssen sich auf Gebiete konzentrieren, in denen die landschaftsökologischen und sonstigen Standortbedingungen die Entwicklung von Habitaten begünstigen, die Primärhabitaten entsprechen. Nach Lauterbach/Löffler (a.a.O., S. 36, 37, 38, 40) wäre eine Rückkehr zur Zielart Auerhuhn eher kritisch zu sehen, wenn dafür die Entwicklung einer standortangepassten Vegetationsdecke zurückgedreht werden müsste. Allenfalls kann in durch traditionelle Bewirtschaftungsformen beeinflussten, halbnatürlichen Wäldern durch Fortsetzung dieser Bewirtschaftungsformen (wie etwa der Waldweide) die natürliche Sukzession in begrenztem Maß zugunsten von Erhaltungszielen unterdrückt werden. Angesichts der vielfältigen wirtschaftlichen und ökologischen Schäden aufgrund von überhöhten Schalenwildbeständen sind diese weder umweltfreundlich noch eine erhaltende Bewirtschaftung. Sie führen darüber hinaus nicht nur zu „lichten Strukturen“, sondern zu einer auch dem Auerhuhn abträglichen (jedoch der Forstwirtschaft des Antragstellers - der die Fichte als seinen „Brotbaum“ bezeichnet - förderlichen) Entmischung, zu einer Beeinträchtigung der Artenvielfalt, zu einem Schwinden der vom Auerhuhn benötigten Krautschicht (der Antragsteller selbst bezeichnet eine insektenreiche Bodenstruktur als erforderlich) sowie von Kiefer und Tanne, die den Raufußhühner Winternahrung bieten und deren Lebensbedingungen verbessern (Hildebrandt, S. 89; Lauterbach/Löffler, a.a.O., S. 40). Das entstehende (und vom Antragsteller für günstig gehaltene) Gras stellt eine erhebliche Erschwerung der Lebensbedingungen des Auerhuhns dar und gefährdet insbesondere die Jungenaufzucht (Lauterbach/Löffler, a.a.O., S. 35). Überhöhte Schalenwildbestände machen schließlich oft Kulturzäune erforderlich, die eine häufige Todesursache für Raufußhühner darstellen. Gemäß einer Fallstudie betreffend das Auerhuhn in den Vogesen (Fallstudie Nr. 9, S. 25 der von der Europäischen Kommission herausgegebenen Sammlung „Natura 2000 and Forests, Part III - Case Studies“) sind überhöhte Schalenwildbestände einer der Hauptgründe für den Rückgang des Auerhuhns. Der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt G.-P. vom 26. November 2013 mangelt es an der erforderlichen rechtlichen und inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Verordnung; es werden weder der Regelungsgegenstand zutreffend erfasst noch dessen Auswirkungen bewertet. Keiner der erwähnten Nachteile für das Auerhuhn, die mit überhöhten Schalenwildbeständen verbunden sind, findet in dieser Stellungnahme Erwähnung. Eine Entscheidung des Gerichtshofs der Union oder eine Empfehlung der Europäischen Kommission, die überhöhte Schalenwildbestände als Maßnahme der Erhaltungsbewirtschaftung befürwortet, ist nicht ersichtlich; dasselbe gilt für das Auerhuhn-Datenblatt des Vogelschutzberichts 2013; eine solche Maßnahme widerspräche der Verpflichtung, den (allgemein - und auch im konkreten Fall - nicht günstigen) Erhaltungszustand des Lebensraums Wald zu verbessern. Auch die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebiet „Estergebirge“, deren gebietsbezogene Konkretisierung und der Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet Estergebirge sprechen sich nicht für eine solche Lösung aus. In den Erhaltungszielen werden vielmehr mit der Wendung „Erhaltung oder Wiederherstellung… deren Lebensräume, insbesondere des alpinen und subalpinen Gebirgsstocks…“ die landschaftsökologischen und klimatischen Bedingungen zum Maßstab der Erhaltung und Wiederherstellung gemacht; in der gebietsbezogenen Konkretisierung wird die Naturnähe der Strukturen und der Baumartzusammensetzung hervorgehoben. Insgesamt ist seitens des Antragstellers - der hinsichtlich seines Eigenjagdreviers nichts vorgetragen hat, was auf Rücksichtnahme auf das dort lebende Auerwild schließen ließe - eine konsistente Naturschutz-Argumentation mit Gesamtbetrachtung der für Erhalt und Pflege des Auerwilds bedeutsamen Faktoren nicht zu erkennen, sondern lediglich eine Betonung bestimmter Faktoren, die einen hohen Schalenwildbestand zu rechtfertigen scheinen, jedoch nur von relativer Bedeutung für das Auerwild und vorliegend nicht entscheidungserheblich sind.

2.4.1.1.1.2.2 Der Antragsteller macht weiter geltend, die Schalenwild-Abschüsse seien in der Lage, das Auerhuhn und das Birkhuhn zu stören und es dadurch erheblich zu beeinträchtigen. Die Gefahr von Störungen im Sinne des Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie - insbesondere in der Paarungs-, Brut- und Aufzuchtzeit - ist nicht auszuschließen (in diesem Sinne auch die Forderung des Managementplanentwurfs nach einer Berücksichtigung der Anforderungen der Raufußhühner im Rahmen der Schalenwildbejagung sowie die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt G.-P. v. 26.11.2013, die von entsprechenden Vorkommen in „Sanierungsgebieten“ spricht, also in den Organisationsbereichen der Schutzwaldsanierung, die weit über die eigentlichen Sanierungsflächen und die sie umgebenden Verordnungsteilflächen hinausgreifen), auch wenn es angesichts der Größe des Vogelschutzgebiets von fast 120 km2 nur äußerst selten an ein und derselben Stelle zu mehr als einem Abschuss kommen dürfte (zufolge S. 36/37 des Leitfadens Gebietsmanagement kann das Verhältnis der Größe des Natura-2000-Gebets zum Ausmaß der möglichen Beeinträchtigungen ein Indiz für die Erheblichkeit sein). Vorkehrungen für bestimmte Bereiche und Zeiträume können jedoch nicht in die Abschusspläne aufgenommen werden, denn die Bestimmungen des Bundesjagdgesetzes und des Bayerischen Jagdgesetzes regeln den Inhalt des Abschlussplans abschließend. Vorliegend sind jagdrechtliche oder sonstige Anordnungen auch nicht erforderlich, denn es ist nicht ersichtlich, dass dem Störungsverbot nicht hinreichend Rechnung getragen würde. Die vom Antragsteller beanstandete Jagd wird durch die Beigeladene ausgeübt. Im Gegensatz zu privaten Jagdausübungsberechtigten mit unterschiedlichen persönlichen Interessen ist diese ist eine öffentlichrechtliche Körperschaft, die den staatlichen Forst vorbildlich zu bewirtschaften hat, darüber hinaus zahlreiche öffentlichen Aufgaben erfüllt und auch die Aufgabe hat, die Gebiets- und Arterhaltungsmaßnahmen in den bewaldeten Bereichen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ durchzuführen (vgl. im einzelnen Nr. 4.1.1.2). Auf staatlicher Seite werden - wie naheliegend und durch den in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Aktenauszug belegt - die konkreten Maßnahmen zwischen den für Schutzwaldsanierung und Erhaltungsmaßnahmen im Natura-2000-Gebiet zuständigen Arbeitseinheiten abgestimmt, wobei im Jahr 2014 (BA V Bl. 265) noch Einzelfallabstimmungen stattgefunden haben, die der Entwicklung eines standardisierten Abstimmungsverfahrens gedient haben. Auf diese Weise und mit fachlicher Unterstützung durch wildbiologische Gutachten, die im Rahmen der Schutzwaldsanierung in Auftrag gegeben werden, werden unbürokratische Lösungen zur bestmöglichen Berücksichtigung der Raufußhühnererfordernisse erarbeitet (Hildebrandt S. 88/89). Für die Annahme, dass es gleichwohl zu Störungen kommt liefert das Verbringen des Antragstellers keine Anhaltspunkte. Ein Bewirtschaftungsplan, der die Vorkehrungen der Beigeladenen zur Beachtung des Störungsverbots benennt, wäre sachdienlich. Eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Bewirtschaftungsplans sieht jedoch - wohl wegen der Pflichtenlage und des Fehlens naturschutzwidriger Interessen der für die Erhaltung von Natura-2000-Gebieten zuständigen Stellen, zu denen die Beigeladene gehört - das Unionsrecht nicht vor. Der Antragsteller berücksichtigt weder diese besondere Aufgabenstellung noch trägt er substantiierte Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der Bejagung die erforderlichen Rücksichtnahme nicht geübt wird. Anzeichen für eine negative Entwicklung der Bestände finden sich trotz der bereits seit längerer Zeit praktizierten Schutzwaldsanierung nicht; die Birkhuhnpopulation wird im Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet Estergebirge als über einen Zeitraum von 10 Jahren hinweg stabil beurteilt.

2.4.1.1.1.2.3 Der Antragsteller macht geltend, mit dem Rückgang des Gamswilds verliere der Steinadler seine Nahrungsgrundlage und infolge des Zuwachsens der Wälder den notwendigen Jagdraum. Diese Behauptungen hat der Antragsteller weder belegt noch substantiiert; für sie sprechen auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Dies gilt zunächst für den vom Antragsteller unterstellten Rückgang des Gamswilds; es ist davon auszugehen, dass dieses sich in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des Art. 1 lit. i der Habitatrichtlinie befindet (vgl. Nr. 2.4.1.1.1.2.4). Der Steinadler selbst hat den günstigen Erhaltungszustand noch nicht erreicht, hat sich aber (wohl ganz überwiegend infolge von Jagdverbot und Schutzprogrammen) in den bayerischen Alpen, die seinen einzigen Lebensraum in Deutschland bilden, von geschätzten 15 Brutpaaren im Jahr 1970 zu derzeit etwa 50 Brutpaaren entwickelt (Landesbund für Vogelschutz, www.steinadlerschutz.de/schutz-programm.html). Die Jagd und die Entnahme terrestrischer Wildtiere stellen für den Steinadler, der sich keineswegs nur von Gamskitzen ernährt, sondern von fast allen kleinen und mittelgroßen Säugern und Vögeln im jeweiligen Gebiet (einschließlich Aas und Kadavern großer Tiere, die er mehrere Tage lang anfliegt), lediglich eine geringe Beeinträchtigung dar (vgl. Nr. 7 des Steinadler-Standard-Datenbogens des Vogelschutzberichts 2013). Nachdem der Steinadler im bodennahen Flug jagt und lediglich offene und halboffene Landschaften besiedelt (bei Wäldern nur den Waldrand), ist nicht erkennbar, weshalb ein Aufkommen der natürlichen Waldverjüngung für ihn eine Beeinträchtigung darstellen könnte.

2.4.1.1.1.2.4 Der Antragsteller führt aus, der für einen gesunden Wildbestand erforderliche Altersaufbau des Gamswilds sei nicht mehr vorhanden, weshalb es zu einer Veränderung des Reproduktionsverhaltens gekommen sei; teilweise sei es zu einer vollständigen Ausrottung des Gamswildes gekommen. Belege oder zumindest eine Plausibilisierung dieser Behauptungen liefert der Antragsteller nicht. Nach den vom Landesjagdverband Bayern e.V. veröffentlichen Zahlen liegen die jährlichen Gams-wildstrecken in Bayern seit 20 Jahren im Bereich von 4000 Stück (mit einer Schwankungsbreite von mehreren 100 Stück nach unten und nach oben), wobei sie seit dem Jagdjahr 2011/2012 kontinuierlich über 4000 Stück liegen. Diese Entwicklung der Gamswildstrecken spricht dafür, dass sich das Gamswild in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des Art. 1 lit. i der Habitatrichtlinie befindet und widerlegt die Behauptung einer ausrottenden oder auch nur bestandssenkenden Bejagung, denn eine solche würde spätestens nach einigen Jahren zu einer Verminderung der Strecken führen. Was den Altersaufbau betrifft, verpflichtet Nr. II.8 der Hegerichtlinie vom 9. Dezember 1988 (a.a.O.) dazu, die Regulierung der Wildbestände den natürlichen Auslesevorgängen anzupassen. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung werden die Schalenwildarten im genannten Abschnitt und in den folgenden Abschnitten (einschließlich Nr. I.9.2) in Altersklassen einteilt und wird jeder Altersklasse ein Abschussdeputat zugeteilt. Angesichts der fehlenden Substantiierung der antrag-stellerseitigen Behauptungen fehlen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, die Beigeladene halte die genannten Bestimmungen der Hegerichtlinie nicht ein und missachte den Altersaufbau des Gamswilds. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, dass das Gamswild nicht zu den prioritären Arten im Sinne des Art. 1 lit. h der Habitatrichtlinie zählt, sondern zu den Arten nach Anhang V der Habitatrichtlinie, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen verschiedenster Art sein können. Solche Verwaltungsmaßnahmen setzen gemäß Art. 14. Habitatrichtlinie aber voraus, dass sie vom Mitgliedstaat zur Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes für erforderlich gehalten werden.

2.4.1.1.2 Auch die Verordnung, die wegen des Grundsatzes, dass ein Zusammenwirken mehrerer Aktivitäten oder Vorhaben zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebietes führen kann (vgl. Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie), nicht nur mit dem Verordnungsteilbereich Eschenlaine, sondern auch mit den anderen Verordnungsteilbereichen im Vogelschutzgebiet (dem unmittelbar an das Verordnungsgebiet Eschenlaine angrenzenden Verordnungsgebiet Deiningbach sowie dem im Vogelschutzgebiet liegenden Teil des Verordnungsgebiets Fahrenberg) am Unionsrecht zu messen ist, zählt als jagdlicher Teil der umfassend konzipierten Schutzwaldsanierung zu den umweltfreundlichen Gebietserhaltungs- und -verwaltungsmaßnahmen (2.4.1.1.2.1). Die Jagd in den Regelungsbereichen der Verordnung (mit dem Ziel einer letalen Schalenwildvergrämung aus den Sanierungsflächen) steht auch nicht in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ und bringt keine signifikanten Belästigungen, Störungen und Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich (2.4.1.1.2.2).

2.4.1.1.2.1 Die Verordnung ist - zusammen mit der Schutzwaldsanierung, der sie dient - für die Verwaltung des Vogelschutzgebiets notwendig und stellt eine Erhaltungsbewirtschaftung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie dar. Der Verlust von Schutzwald im Vogelschutzgebiet (insbesondere durch Erosion) würde nicht nur die Berglandschaft nachteilig verändern und in vielen Fällen zur Gefährdung von Menschenleben, Sachwerten sowie von Infrastrukturobjekten führen. Er würde insbesondere das Natura-2000-Gebiet selbst erheblich schädigen.

Die antragstellerseitige Beschreibung der (für die Durchführung der Schutzwaldsanierung zuständigen) Beigeladenen als profitorientiertes Wirtschaftsunternehmen ist einseitig und in wesentlichen Punkten unrichtig. In Art. 1 des Gesetzes zur Errichtung des Unternehmens „Bayerische Staatsforsten“ (StFoG) wird darauf hingewiesen, dass die (hier beigeladenen) Bayerischen Staatsforsten, eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, den Staatswald vorbildlich zu bewirtschaften haben, weil er dem allgemeinen Wohl in besonderem Maße dient. Dasselbe ergibt sich aus Art. Abs. 1 BayWaldG. In dieser Bestimmung wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass die mit der Bewirtschaftung und der Verwaltung betrauten Stellen (das heißt vor allem die Beigeladene) insbesondere standortgemäße, naturnahe, gesunde, leistungsfähige und stabile Wälder zu erhalten und zu schaffen haben, und dass hierzu die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen durch eine auf einen artenreichen und gesunden Wildbestand ausgerichtete Bejagung ermöglicht werden soll. Weiter ist hier festgelegt, dass sie (auch) die Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes und seine biologische Vielfalt zu sichern und zu verbessern haben und bei allen Maßnahmen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie die Belange der Wasserwirtschaft zu berücksichtigen haben (Art. 18 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 BayWaldG; ebenso Art. 3 Abs. 2 Satz 2 StFoG), den Wald vor Schäden bewahren müssen (Nr. 3), besondere Gemeinwohlleistungen zu erbringen haben (Nr. 4; nach Art. 22 Abs. 4 Satz 2 BayWaldG ist insbesondere die Schutzwaldsanierung eine dieser Gemeinwohlleistungen; für sie sieht Art. 22 staatliche Beihilfen vor) und besondere Belange der Jagd, wie die Reduktion von Schwarzwild und die Bestandssicherung ganzjährig geschonter Wildarten, zu berücksichtigen haben (Nr. 5). Demzufolge ist die Beigeladene - im Gegensatz zu privaten Forstunternehmen - von vornherein nicht nur den Gemeinwohlerfordernissen verpflichtet, die in allgemeinen Gesetzen festgelegt sind, sondern auch solchen, die in behördlichen Plänen, Richtlinien, Weisungen usw. festgelegt sind. Dies erlaubt der Beigeladenen ganz allgemein nicht diejenige Ausrichtung der Unternehmenstätigkeit an der Gewinnerwartung, die privaten Forstunternehmen erlaubt ist.

Bei der Schutzwaldsanierung werden die Beigeladene (und der sie tragende Antragsgegner) überhaupt nicht profitorientiert tätig. Vielmehr hat die Schutzwaldsanierung nichtkommerziellen Charakter, was ein starkes Indiz für eine Gebietserhaltungsbewirtschaftung darstellt (vgl. den Leitfaden Gebietsmanagement S. 35/36). Die Beigeladene wendet hier im Wesentlichen auf Rechnung des Antragsgegners umfangreiche Mittel auf, ohne dass auch nur annähernd ein entsprechender Ertrag zu erwarten ist. Dies gilt auch für die vorliegend streitgegenständlichen Flächen. Nach der nicht in Zweifel gezogenen Stellungnahme des zuständigen Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 9. Juli 2012 zur Verjüngungssituation in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach lassen die teilweise sehr steile Hangneigung und die abgeschiedene, nicht erschlossene Lage eine forstliche Nutzung der Flächen nicht zu (GA 19 N 12.206, S. 80).

Dass die Jagd im Rahmen der Verordnung - zusammen mit der Schutzwaldsanierung, der sie dient - für die Verwaltung des Vogelschutzgebiets notwendig ist und eine Erhaltungsbewirtschaftung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie darstellt, ergibt sich weiterhin auch daraus, dass die sie ausübende Beigeladene entsprechend den einschlägigen Bestimmungen das Gebiet schützt und darüber hinaus in Übereinstimmung mit der für das Gebietsmanagement der (teilweise sanierungsbedürftigen) Waldanteile des Vogelschutzgebiets zuständigen Behörde handelt. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 StaFoG hat die Beigeladene die Aufgabe, nach näherer Maßgabe des Gesetzes, das Forstvermögen, insbesondere den Staatswald einschließlich der Saalforste, und das Coburger Domänengut zu bewirtschaften und dabei in besonderem Maße die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Wasserwirtschaft zu berücksichtigen. Infolge der Verpflichtung der Beigeladenen zur Bewirtschaftung des Staatswaldes unter Beachtung der Grundsätze einer naturnahen Forstwirtschaft in vorbildlicher Weise bedürfen diese Waldflächen gemäß Ziffer 5.5 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit sowie für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 1. September 2000 (AllMBl 2000, S. 544) keiner zusätzlichen Schutzmaßnahmen; sie werden als bereits ausreichend geschützt angesehen. Die entsprechenden Flächen machen laut dem Entwurf des Managementplans zum Teil „Maßnahmen“ (Nr. 2.2 der Gebietsbeschreibung) 50,4% des Vogelschutzgebietes aus. Das Gebietsmanagement für Gebiete, die ausschließlich aus Wald bestehen, liegt gemäß Nr. 6.5.1 der genannten Gemeinsamen Bekanntmachung bei der Forstbehörde, vorliegend dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Weilheim (Herausgeber des Managementplans).

Weiterhin handelt es sich bei der Schutzwaldsanierung einschließlich der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung um eine Erhaltungsbewirtschaftung des Natura-2000-Gebiets, weil der Verlust von Waldanteilen des Natura-2000-Gebiets verhindert wird. Der Verlust von Schutzwald (insbesondere durch Erosion) würde nicht nur die Berglandschaft nachteilig verändern und in vielen Fällen zur Gefährdung von Menschenleben, Sachwerten sowie von Infrastrukturobjekten führen. Er würde insbesondere das Natura-2000-Gebiet selbst erheblich schädigen.

Gemäß Nr. 5.3 der Bekanntmachung zu Natura 2000 ist die Ausweisung von Schutzwald eine Schutz- und Sicherungsmaßnahme für Natura-2000-Gebiete, entspricht also den Natura-2000-Zielen. Die Schutzwalderhaltung und -sanierung entspricht somit ebenfalls den Natura-2000-Zielen.

Die Beigeladene hat - ohne dass durchgreifende Einwände des Antragstellers hiergegen vorliegen - vorgetragen, eine Regulierung örtlich überhöhter Schalenwildbestände und deren zeitliche und räumliche Steuerung seien eine wichtige, oft sogar die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Verjüngung der Flächen und deren weitere, ungestörte Entwicklung. Insbesondere steile, sonnenseitig exponierte und demzufolge selbst im Winter oft schneefreie Schutzwaldlagen würden nach wie vor eine besonders hohe Verbissbelastung aufweisen, weil sie beliebte Einstandsgebiete, v.a. für das Gamswild, darstellten. Auf diesen Flächen stehe das Wild, teils in hohen Konzentrationen, bis ins beginnende Frühjahr. Durch die Angleichung der Jagdzeiten für die Schalenwildarten und die Möglichkeit der ganzjährigen letalen Vergrämung habe sich die Verbisssituation in zahlreichen Sanierungsgebieten deutlich verbessert. Die Vergrämungsabschüsse dienten der Sicherung der Sanierungsmaßnahmen, die von der Forstverwaltung geplant würden und prioritäre gesellschaftliche und landeskulturelle Bedeutung hätten. Den Staatsforsten obliege die Sicherung von Investitionen durch adäquate Bejagung. Wären auf der überwiegenden Fläche keine oder zumindest nicht mehr ausreichend Vergrämungsabschüsse möglich, wäre der Erfolg der Sanierungsmaßnahme in Frage gestellt.

Demzufolge ist die Schutzwaldsanierung einschließlich der streitgegenständlichen Verordnung zur Erhaltung des Gebiets erforderlich. Es trifft zu, dass sie die relativ kleinen sanierungsbedürftigen Waldflächen des Natura-2000-Gebietes langfristig verändert (vgl. im einzelnen Nr. 2.4.1.1.2.2.1). Gleichzeitig ist jedoch festzustellen, dass sich diese kleinen Waldbereiche ohne die Gewährleistung einer natürlichen (Naturverjüngung) oder künstlichen Verjüngung im Zustand einer Bestandsgefährdung verbleiben würden. Angesichts dieser Labilität sind sie in ihrem derzeitigen Zustand keine nachhaltig schutzfähigen Lebensräume im Sinne des Unions-Naturschutzes. Gebietserhaltungsmaßnahmen müssen die Abwehr der Bestandsgefährdung umfassen. Die Gefährdung, der diese kleine Waldflächen (gemäß der nach dem Ergebnis des Verfahrens zutreffenden Einschätzung des Antragsgegners) unterliegen, bedeutet, dass sie - die Sanierungsmaßnahmen hinweggedacht - einem fortschreitenden Zerstörungsprozess ausgesetzt sind, der zunächst in einer immer stärker werdenden (auch dem Auerhuhn schließlich nicht mehr günstigen) Verlichtung besteht und am Ende in den bereits erwähnten Totalverlust mündet. Insbesondere bei einem schlagartigen Verlust geschädigter Flächen muss auch mit der Möglichkeit eines Verlusts von Raufußhühnern gerechnet werden. Inwieweit der Erosi-onsprozess anschließend - wegen der besonderen Anfälligkeit der Bodenansätze rund um eine erodierte Fläche für die im Gebirge besonders starken Kräfte der Natur - auch angrenzende Bereiche ergreift, ist schwer abschätzbar. Eine solche Entwicklung ist aber wahrscheinlich und daher ebenfalls zu berücksichtigen. Eine mit dem strukturellen Niedergang zunehmende Anfälligkeit für Windwurf, Sturmschäden sowie Schneelawinen ist ebenfalls zu bedenken. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass sowohl die Verwirklichung der Ziele von Natura-2000-Gebieten als auch die Schutzwaldsanierung (infolge der erforderlichen Ermittlungs- und Planungsschritte und rechtlichen Prozeduren sowie der Waldentwicklungszeiträume) langfristig angelegt sein muss, darf die Frage einer erheblichen Beeinträchtigung des Natura-2000-Gebiets nicht auf der Basis des derzeitigen (ohne Sanierung nicht erhaltbaren und früher oder später in den Verlust mündenden) Zustandes der bedrohten kleinen Waldteile des Natura-2000-Gebietes beantwortet werden, sondern nur ausgehend von ihrem sanierten und deshalb dauerhaft erhaltbaren Zustand.

Angesichts dessen kommt es nicht auf den Umstand an, dass es sich bei der Schutzwaldsanierung einschließlich der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung formell-organisatorisch um ein anderes Vorhaben als um die Verwaltung des Natura-2000-Gebiets nach Vorgabe des Managementplans handelt und insbesondere die Umgriffe der Verordnungsgebiete nicht mit dem Umgriff des Natura-2000-Gebiets korrelieren (vgl. Abschnitt 4.4 Abs. 3 der Interpretationshilfen betreffend Gebietsverwaltungsmaßnahmen, die Bestandteile von anderen Plänen oder Projekten sind).

2.4.1.1.2.2 Die Schutzwaldsanierung einschließlich der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung scheidet auch nicht deshalb als Gebietserhaltungsmaßnahmen aus, weil sie in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ stünde oder signifikante Belästigungen, Störungen oder Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich brächte. Die (durch Maßnahmen der Schutzwaldsanierung einschließlich des Verordnungserlasses zum Ausdruck gebrachte) Annahme des Antragsgegners, ein solcher Widerspruch bestehe nicht und solche Belästigungen, Störungen oder Beeinträchtigungen seien nicht zu befürchten, wird durch den Umstand bestätigt, dass der Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet Estergebirge die (entsprechend den vorgelegten Planungsständen in Eschenlaine, Deiningbach und Fahrenberg mindestens seit dem Jahr 2004 betriebene) Schutzwaldsanierung in keiner Weise prob-lematisiert. Sie hat darüber hinaus überzeugende Gründe für sich.

2.4.1.1.2.2.1 Es trifft zu, dass in den Verordnungsteilbereichen im Vogelschutzgebiet, vor allem aber in den Sanierungsflächen, die möglichst schalenwildfrei gehalten werden sollen und derentwegen die Verordnungsteilbereiche festgelegt worden sind, mit einer stärkeren Waldverdichtung zu rechnen ist, wenngleich bereits die Standortbedingungen eine maximale Verdichtung ausschließen. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Auerhuhns ist jedoch schon deshalb unwahrscheinlich, weil die Sanierungsflächen nur einen verschwindend kleinen Anteil des eine Fläche von ca. 11.993 ha umfassenden Vogelschutzgebiets Estergebirge ausmachen. Die Schutzwaldsanierung findet den vom Antragsgegner vorgelegten Sanierungsplanungen zufolge im Sanierungsgebiet Eschenlaine auf 11,3 ha (Scharfgraben), im Sanierungsgebiet Deiningbach auf 97,6 ha (Heimgarten, Martinskopf, Prügelschlag, Hoher Graben) und im Sanierungsgebiet Fahrenberg auf 18,94 ha (Oberhalb Galerie, Kirchelwand Ost, Kirchelwand West, Tanneneck, Stahlverbauung, Verbauungsfläche WWA, Fahrenberggipfel). Die drei Sanierungsflächen zusammen haben folglich einen Flächenanteil von 1,1% des Vogelschutzgebietes. Auch bei Berücksichtigung der Flächen der drei Verordnungsteilgebiete (die aus jagdtechnischen Gründen über die eigentlichen Sanierungsflächen hinausgehen) ergibt sich lediglich ein Flächenanteil von etwa 4% des Vogelschutzgebietes. Darüber hinaus ist (nicht anders als bei der allgemeinen Jagd im Rahmen von Abschussplänen, vgl. Nr. 2.4.1.1.1.2.1) zu berücksichtigen, dass es sich auch bei der sanierungsbedingten Verdichtung um eine Jahrzehnte dauernde und deshalb kaum spürbare Entwicklung handelt, dass wegen der Belegenheit des Vogelschutzgebiets in der Nähe der Baumgrenze an licht überschirmten Nadelmischwäldern kein Mangel besteht sowie bestehen wird und dass die vom Antragsteller favorisierte Lösung, dem Auerwild durch eine andauernde Schalenwild-Überhege licht überschirmte Nadelmischwälder auch in Bereichen vorzuhalten, in denen die dafür erforderlichen ökologischen Voraussetzungen nicht vorhanden sind, den Natura-2000-Zielen widerspricht, nicht nur „lichte Strukturen“, sondern auch schwerwiegende Gefahren für das Auerhuhn zur Folge hätte (darunter auch den Verlust von potentiellen Balz- und Brutplätzen) und weder in der Rechtsprechung des Gerichtshofs noch in Leitlinien der Europäischen Kommission oder in den maßgeblichen gebietsbezogenen Festlegungen eine Stütze findet.

2.4.1.1.2.2.2 Auch Schalenwild-Abschüsse in den Verordnungsteilgebieten sind grundsätzlich in der Lage, das Auerhuhn zu stören und es dadurch erheblich zu beeinträchtigen. Allerdings ist auf der Grundlage der Feststellungen in dem vom Antragsgegner vorgelegten Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet „Estergebirge“ wegen der räumlichen Verteilung der geschützten Vogelarten allenfalls eine potentielle Betroffenheit der Raufußhühner (Auerhuhn, Birkhuhn) durch die Schutzwaldsanierung in Betracht zu ziehen (im selben Sinn Hildebrandt, a.a.O., S. 89). Auch die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt G.-P. vom 26. November 2013 spricht lediglich von entsprechenden Vorkommen in „Sanierungsgebieten“, also in den Organisationsbereichen der Schutzwaldsanierung, die weit über die eigentlichen Sanierungsflächen und die sie umgebenden Verordnungsteilflächen hinausgreifen. Der Antragsteller geht vom Gegenteil aus, trägt insoweit jedoch nichts Substantiiertes vor und hinterfragt die Erkenntnisse des Antragsgegners auch nicht. Schließlich ist die Anzahl der Abschüsse in den Verordnungsteilflächen äußerst gering (vgl. Nr. 1 lit. d). Jedenfalls aber ist angesichts der öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung der jagdausübenden Beigeladenen, der Abstimmungen zwischen den für Schutzwaldsanierung und Erhaltungsmaßnahmen im Natura-2000-Gebiet zuständigen Arbeitseinheiten und der fehlenden Anhaltspunkte für eine negative Entwicklung der Bestände nicht ersichtlich, dass dem Störungsverbot nicht hinreichend Rechnung getragen würde (vgl. Nr. 2.4.1.1.1. 2.2.).

2.4.1.2 Die nichtjagdlichen Maßnahmen auf den Sanierungsflächen (insbesondere Pflanzmaßnahmen und temporäre künstliche Anlagen wie Verbauungen), die wegen des Grundsatzes, dass ein Zusammenwirken mehrerer Aktivitäten oder Vorhaben zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebietes führen kann (vgl. Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie), nicht nur mit dem Verordnungsteilbereich Eschenlaine, sondern auch mit den anderen Verordnungsteilbereichen im Vogelschutzgebiet (dem unmittelbar an das Verordnungsgebiet Eschenlaine angrenzenden Verordnungsgebiet Deiningbach sowie dem im Vogelschutzgebiet liegenden Teil des Verordnungsgebiets Fahrenberg) am Unionsrecht zu messen sind, zählen als Teile der umfassend konzipierten Schutzwaldsanierung zu den umweltfreundlichen Gebietserhaltungsund verwaltungsmaßnahmen (2.4.1.2.1). Sie stehen auch nicht in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ und bringen keine signifikanten Belästigungen, Störungen und Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich (2.4.1.2.2).

2.4.1.2.1 Die nichtjagdlichen Sanierungsmaßnahmen sind für die Verwaltung des Vogelschutzgebiets notwendig und gehören zur Erhaltungsbewirtschaftung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie. Im Einzelnen kann insoweit auf die Ausführungen zum Gesamtkomplex der Schutzwaldsanierung einschließlich der Bejagung im Rahmen der Verordnung (Nr. 2.4.1.1.2.1) verwiesen werden.

2.4.1.2.2 Die nichtjagdlichen Sanierungsmaßnahmen scheiden auch nicht deshalb als Gebietserhaltungsmaßnahmen aus, weil sie in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ stünden oder signifikante Belästigungen, Störungen oder Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich brächten. Die (durch Maßnahmen der Schutzwaldsanierung einschließlich des Verordnungserlasses zum Ausdruck gebrachte) Annahme des Antragsgegners, ein solcher Widerspruch bestehe nicht und solche Belästigungen, Störungen oder Beeinträchtigungen seien nicht zu befürchten, wird durch den Umstand bestätigt, dass der Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet Estergebirge die (entsprechend den vorgelegten Planungsständen in Eschenlaine, Deiningbach und Fahrenberg mindestens seit dem Jahr 2004 betriebene) Schutzwaldsanierung in keiner Weise problematisiert, und hat im Ergebnis überzeugende Gründe für sich. Wegen der Einzelheiten kann auf den Abschnitt Nr. 2.4.1.1.2.2 und dessen Unterabschnitte Nrn. 2.4.1.1.2.2.1 und 2.4.1.1.2.2.2 verwiesen werden. Der Unterabschnitt Nr. 2.4.1.1.2.2.1 ist noch dahingehend zu ergänzen, dass Bepflanzungen von Sanierungsflächen mosaikförmig stattfinden, sodass unregelmäßige, naturnahe, relativ lichte und damit für lange Zeit balz- und aufzuchtgeeignete Waldstrukturen entstehen (Hildebrandt, S. 89; vgl. auch Lauterbach/Löffler S. 40; zur mosaikförmigen, „truppweisen“ Bepflanzung vgl. auch das Handbuch, S. 55).

2.4.2 Einen Verstoß gegen Vorschriften des Wasserrechts, insbesondere betreffend die Hochwasserrückhaltung oder Erosionsvermeidung, hat der Antragsteller nicht schlüssig dargetan und ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Nach Art. 44 Abs. 1 Nr. 3 BayWG sollen Staat und Gemeinden im Rahmen ihrer Aufgaben auf Maßnahmen zur natürlichen Wasserrückhaltung und zur Wasserspeicherung hinwirken. Es ist nicht feststellbar, dass im Zuge der mit der Wasserwirtschaft (allgemein) abgestimmten Schutzwaldsanierung durch die Forstverwaltung den Belangen von Wasserrückhaltung und Erosionsvermeidung nicht sachgerecht Rechnung getragen würde. Der Vortrag des Antragstellers, die zunehmende Verbuschung des Bergwaldes führe zu einem Rückgang der Grasnarbe und bewirke dadurch einen Verlust an Wasserspeicherfähigkeit wird der komplexen Bedeutung eines intakten Bergwaldes im Bereich des Wasserschutzes und des Bodenschutzes nicht ansatzweise gerecht. Insbesondere geht er nicht auf den bei fehlender Verjüngung auf lange Sicht drohenden Waldverlust ein und beschäftigt sich nicht mit den verschiedenen Unterstützungsfunktionen eines intakten Bergwaldes hinsichtlich Wasserschutz, Bodenschutz und Lawinenschutz. Der Bergwald bestimmt in ganz wesentlichem Umfang das Abflussgeschehen, weil ein Teil des Niederschlags gar nicht den Boden erreicht und weil die Schneeschmelze gegenüber dem Offenland verzögert stattfindet. Bergmischwälder weisen keinen oder nur einen geringen Oberflächenabfluss auf. Eine Grasnarbe begünstigt hingegen schädliche Schneebewegungen (Hildebrandt, S. 81 ff.).

2.4.3 Mit Gesetz vom 26. Juli 2002 (BGBl I S. 2862) ist in Art. 20a GG neben dem Schutzgut der natürlichen Lebensgrundlagen auch der Tierschutz als Staatszielbestimmung verankert worden. Auch wenn der in Art. 20a GG festgeschriebene Tierschutz dem einzelnen Bürger keinen subjektiv-rechtlichen, d.h. grundrechtlichen Anspruch auf Tierschutz als solchen gibt, ist diese Staatszielbestimmung dennoch vom Antragsgegner grundsätzlich zu beachten. Diese verfassungsrechtliche Pflicht besteht jedoch nur nach Maßgabe von Gesetz und Recht, wie Art. 20a GG ausdrücklich hervorhebt. Dies bedeutet, dass es sich beim Tierschutz um einen Belang von Verfassungsrang handelt, sich aus Art. 20a GG aber kein Vorrang im Sinne einer bestimmten Vorzugswürdigkeit ableiten lässt (vgl. BVerwG, B.v. 15.10.2002 - 4 BN 51/02 - juris Rn. 3). Damit ist zwar mit der Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz der Schutz der Tiere gestärkt worden, als Belang ist er aber nicht anders als der in Art. 20a GG schon früher zum Staatsziel erhobene Umweltschutz im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen und kann geeignet sein, ein Zurücksetzen anderer Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht - wie etwa die Einschränkung von Grundrechten - zu rechtfertigen; er setzt sich aber gegen konkurrierende Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht nicht notwendigerweise durch (vgl. BVerfG, B.v. 12.10.2010 - 2 BvF 1/07 - juris Rn. 121). Den normsetzenden Organen, die das Staatsziel Tierschutz zu beachten haben, kommt dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfG a.a.O. Rn. 122). Die vom Antragsteller behauptete Fehlgewichtung der Schutzgüter durch die Jagdstrategie der Beigeladenen ist nicht ansatzweise erkennbar. Der Antragsteller verkennt, dass der Bergwald zu den natürlichen Lebensgrundlagen zu rechnen ist, nachdem er vielfältige Schutzwirkungen besitzt. Er bewahrt den eigenen Standort vor Bodenabtrag und schützt gleichzeitig Siedlungen und Straßen vor Lawinen, Hochwasser Steinschlag und Muren. Darüber hinaus ist er für den Wasserhaushalt bis weit ins Alpenvorland von entscheidender Bedeutung. Klima-, Natur- und Gewässerschutz sind Konkretisierungen des von Art. 20a GG angemahnten Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen (vgl. VGH BW, U.v. 20.6.2017 - 10 S 739/16 - juris Rn. 64 m.w.N.). Eine andere Bewertung ergibt sich aus den genannten Gründen auch nicht im Lichte von Art. 141 Abs. 1 BV (zum Verhältnis der beiden Verfassungsbestimmungen vgl. Möstl in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaats Bayern, 1. Aufl. 2009, Art. 141 Rn. 5, sowie Müller in Meder/Brechmann, Verfassung des Freistaats Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 141 Rn. 6).

Eine Unvereinbarkeit der Verordnung mit tierschutzrechtlichen Vorschriften hat der Antragsteller nicht dargelegt (zur Tötung von Wirbeltieren im Rahmen der Jagdausübung vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 des TierSchG sowie hierzu Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Auflage 2016, § 4 Rn. 6). Die Verordnung eröffnet in engen Grenzen die Jagdmöglichkeit auf etwa trächtiges weibliches Gamswild und auf etwa trächtige Rehgeißen. Auch diese Abschüsse beruhen auf den sachlichen Gründen, die die Verordnung tragen. Für die damit verbundene Tötung der ungeborenen Jungen gilt nichts anderes. Eine Zufügung von Schmerzen - abgesehen vom Abschuss selbst - findet auch bei trächtigen Tieren nicht statt. Eine Tierschutzbestimmung, die die Jagd auf trächtiges Wild verbietet, gibt es nicht. Zwar ist es nach § 4 des Gesetzes zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften über Verbote und Beschränkungen hinsichtlich des Handels mit bestimmten tierischen Erzeugnissen sowie zu Hal-tungs- und Abgabeverboten in bestimmten Fällen (BGBl. 2008 I, S. 2394, zuletzt geändert am 30.6.2017, BGBl. I S. 2147 - TierErzHaVerbG) im allgemeinen verboten, ein Säugetier, das sich im letzten Drittel der Trächtigkeit befindet, zum Zweck der Schlachtung abzugeben. Diese Vorschrift gilt aber lediglich für gehaltene Tiere, die geschlachtet werden. Darüber hinaus gilt die Vorschrift, die mehrere Ausnahmeregelungen enthält, ausdrücklich nicht für Schafe und Ziegen. Für herrnloses Wild gilt die Bestimmung überhaupt nicht. Eine Übertragbarkeit scheitert bereits daran, dass bei Wild in Freiheit die Trächtigkeit nur schwer festgestellt werden kann, dass die Deckung (der Beschlag) nicht im Verantwortungsbereich eines Halters stattfindet (also nicht gesteuert werden kann) und dass es sich bei dem Abschuss auch nicht um einen Vorgang im Rahmen der kommerziellen Nahrungsmittelproduktion handelt. Darüber hinaus ergeben sich aus den allgemeinen Interessen völlig unterschiedliche Erfordernisse für gehaltene Tiere und für herrenloses Wild. Insgesamt ist eine Fehl-gewichtung der Tierschutzbelange gegenüber den Belangen der Schutzwaldsanierung nicht zu erkennen. Soweit der Antragsteller den Tierschutzgedanken hervorgehoben haben sollte, weil er den günstigen Erhaltungszustand einer Schalenwildart für gefährdet hält (zufolge Hildebrandt, S. 88, ist derartiges während des Gamswild-Symposiums im April 2014 in Garmisch-Partenkirchen geäußert worden), ist dies angesichts der Wildbestände nicht nachvollziehbar. Unökologische Bestandshöhen können mit dem Tierschutzgedanken nicht gerechtfertigt werden.

2.5 Die verordnete Schonzeitverkürzung für das Schalenwild ist als Element der Schutzwaldsanierung für den Schutz des Bergwaldes geeignet (2.5.1) und erforderlich (2.5.2) und sie erweist sich gegenüber dem Antragsteller weder in seiner Eigenschaft als Inhaber eines in der Nähe liegenden Eigenjagdreviers noch in seiner Eigenschaft als Miteigentümer von in der Nähe liegenden Waldflächen als unverhältnismäßig (2.5.3).

2.5.1 Die von der Beigeladenen im Zuge der Beantragung des Verordnungserlasses beschriebene Strategie der letalen Vergrämung verfolgt das Ziel, das Schalenwild durch konzentrierte und punktuelle Bejagung von der Sanierungsfläche im Sanierungsgebiet Eschenlaine fernzuhalten. Auf diese Weise soll der Verbiss sowohl der natürlichen als auch der von der Forstverwaltung eingebrachten künstlichen Bergwaldverjüngung durch Schalenwild verhindert und dadurch ein gesunder und funktionsfähiger Schutzwald gewährleistet werden. Für den Senat besteht kein Anlass, die Geeignetheit der von der Beigeladenen verfolgten Jagdstrategie der Vergrämung grundsätzlich in Zweifel zu ziehen; die Aufenthaltsmeidung entspricht dem natürlichen Fluchtverhalten von Wildtieren im Fall von Störungen einschließlich Abschüssen von Artgenossen. Aus den Verfahrensunterlagen der Regierung geht zwar hervor, dass es mit der generellen flächenhaften Reduzierung des Wildbestandes, der Einrichtung von Wintergattern, dem Flächenschutz durch Einzäunung, dem Einzelschutz durch Verstänkerungsmittel oder Verbissschutzmittel und der Vergrämung auf sonstige Weise (Ultraschall-Wildvergrämungsgeräte) auch noch andere Methoden gibt, den natürlichen und den künstlichen Waldaufwuchs vor Schalenwildverbiss zu schützen. Unter Berücksichtigung von Tauglichkeit und Wirtschaftlichkeit der Methoden und der besonderen ökologischen Wertigkeit des Bergwalds ist jedoch keine dieser alternativen Schutzmethoden eindeutig vorzugswürdig.

2.5.2 Die Verordnung zur Schonzeitverkürzung ist erforderlich, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um einer bereits vorhandenen Beeinträchtigung der Schutzfunktion des Bergwaldes gegenzusteuern oder einer sich abzeichnenden künftigen Gefährdung der Schutzfunktion vorzubeugen.

Nach dem Ergebnis des Verfahrens erfüllt das Sanierungsgebiet Eschenlaine Schutzwaldfunktionen im Sinn von Art. 10 BayWaldG. Um den Schutzfunktionen auch zukünftig gerecht werden zu können, bedarf der Bergwald kontinuierlicher Verjüngung. Sowohl die zur Erhaltung und langfristigen Gewährleistung der Schutzwaldfunktionen notwendige natürliche Bergwaldverjüngung als auch die von, den Staatsforsten als Ergänzung zur Naturverjüngung vorgenommene Pflanzungen bedürfen für einen erfolgreichen Aufwuchs eines zeitlich begrenzten Schutzes vor übermäßigem Schalenwildverbiss. Gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 3 und 4 BayWaldG haben die mit der Bewirtschaftung und Verwaltung von Staatswäldern betrauten Stellen (insbesondere) standortgemäße, naturnahe, gesunde, leistungsfähige und stabile Wälder zu erhalten oder zu schaffen; zu diesem Zweck soll die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten durch eine auf einen artenreichen und gesunden Wildbestand ausgerichtete Bejagung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglicht werden. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass - wie erwähnt - im Gebirge die negativen Auswirkungen des Verbisses noch stärker sind als im Flachland, weil der Wald im Gebirge härteren Bedingungen ausgesetzt ist. An der Schutzwürdigkeit der Sanierungsfläche Scharfgraben im Sanierungsgebiet Eschenlaine hat der Senat keine Zweifel.

Jungpflanzen gehören - vor allem in Zeiten geringen anderweitigen Nahrungsangebots - zur Nahrungsgrundlage von Schalenwild. Daher ist ohne weiteres von einer abstrakten Verbissgefährdung auszugehen. Diese abstrakte, letztlich vom Wildbestand abhängige Gefährdung wird in besonderem Maße verstärkt, wenn es sich - wie vorliegend - um eine Fläche handelt, die vom Wild wegen ihrer natürlichen Gegebenheiten als sonnenseitiger Wintereinstand bzw. vom Gamswild als Ganzjahresein-stand genutzt wird. Es bedarf insofern keines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts; es genügt, wenn die Möglichkeit eines entsprechenden Schadenseintritts nach den gegebenen Umständen und im Rahmen einer sachlich vertretbaren, auf konkreten Feststellungen beruhenden Prognose nicht von der Hand zu weisen ist (BVerwG, U.v. 12.9.1980 - IV C 89.77 - BayVBl 1980, 759 f.). Dies ist hier der Fall.

Mit der Jagdstrategie der letalen Vergrämung soll auf das durch Instinkte gesteuerte Flucht- und Meidungsverhalten der Wildtiere gezielt Einfluss genommen werden. Es ist naheliegend, dass der Vorgang der letalen Vergrämung des Schalenwilds (die Schussposition des Jägers und der Standort des angesprochenen Wildtieres müssen im Anwendungsbereich der Verordnung liegen) örtlich nicht auf die Sanierungsfläche (das Waldstück) selbst beschränkt werden kann, sondern einen angemessenen Wirkungsbereich um die eigentliche Sanierungsfläche erfordert; die Aufhebung der Schonzeiten hat sich deshalb nicht auf die eigentliche Sanierungsfläche zu beschränken. In das bestimmte Gebiet gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG, Art. 33 Abs. 3 BayJagdG dürfen die Flächen einbezogen werden, die aus jagdlicher Sicht für die Zielerreichung erforderlich erscheinen, das Schalenwild möglichst wirksam von der Sanierungsfläche fernzuhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Lage der Grenzen eines solchen Gebietes selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur selten zwingende Gründe aufgeführt werden können. Gleichzeitig muss die Grenzziehung in der Natur so erfolgen, dass sie eine rechtssichere Handhabung durch den Jagdausübungsberechtigten gewährleistet. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die zuständige Jagdbehörde auf plausible, in sich schlüssige und vor Ort praktikable jagdfachliche Einschätzungen stützt. Die vom Antragsteller ausschließlich in den Blick genommene Flächenrelation zwischen Sanierungsfläche (11,2 ha) und Verordnungsfläche (47,82 ha; der Antragsteller geht bei seiner Betrachtung irrtümlich von der Gesamtfläche des Sanierungsgebietes von 256 ha aus) bietet keine taugliche Beurteilungsgrundlage, um die Angemessenheit der Gebietsabgrenzung erfolgreich in Frage zu stellen. Plausible Anhaltspunkte für eine nicht mehr vertretbare Abgrenzung der Verordnungsgebiete hat der Antragsteller weder vorgetragen noch sind solche angesichts der tatsächlichen Flächenrelation von 1:4 ersichtlich.

2.5.3 Die Verordnung erweist sich gegenüber den Eigentümern umliegender Grundstücke und den Inhabern umliegender Jagdreviere nicht als unverhältnismäßig. Dies gilt gegenüber dem Antragsteller sowohl in seiner Eigenschaft als Jagdausübungsbe-rechtigter in seinem Eigenjagdrevier Eschenlaine gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 BJagdG (2.5.3.1) als auch in seiner Eigenschaft als Miteigentümer von Waldgrundstücken im Eigenjagdrevier (2.5.3.2) und in einem Genossenschaftsjagdrevier (2.5.3.2). Nachdem sowohl das Eigenjagdrevier des Antragstellers als auch die außerhalb des Eigenjagdreviers liegenden Eigentumsflächen nicht im Geltungsbereich der angegriffenen Verordnung liegen, erzeugt die Rechtsetzung in Gestalt einer Verkürzung der Schonzeiten keine unmittelbaren Einwirkungen auf Rechtspositionen des Antragstellers (zur diesbezüglichen Neutralität einer Schonzeitverkürzung vgl. HessVGH, B.v. 18.2.2013 - 4 A 1179/12 - juris Rn. 10). Nicht der Akt der Rechtsetzung durch die Regierung, der lediglich rechtliche und keine tatsächlichen Auswirkungen hat, sondern die gezielte Nutzung der durch die Jagdzeitenausweitung geschaffenen zusätzlichen Möglichkeiten in Gestalt von Abschüssen kann tatsächliche Einflüsse in der Lebenswirklichkeit erzeugen. Das Ausmaß der auf der Grundlage der Verordnung getätigten Abschüsse ist jedoch dermaßen gering, dass eine Ursächlichkeit für eine Schalenwildwanderung ausgeschlossen erscheint; eine vollständige Verdrängung des Schalenwildes aus kleinen Räumen ist durch jagdliche Methoden ohnehin nicht möglich; Ziel ist ein ganzjährig möglichst niedriger Schalenwildbestand.

2.5.3.1 In der Eigenschaft als Jagdausübungsberechtigter hat der Antragsteller gegenüber der Verordnung einen erhöhten Schalenwildbestand in seinem Eigenjagdrevier und in der Folge einen aus erhöhten Abschussvorgaben resultierenden erhöhten Jagdausübungsaufwand sowie erhöhte Wildschadensfälle geltend gemacht. Den zusätzlichen Jagdausübungsaufwand hat der Antragsteller allerdings weder in nachvollziehbarer Art und Weise dargelegt noch nachgewiesen. Die Entwicklung der Abschusszahlen für Rehwild, Rotwild und Gamswild in den Jahren 2008 bis 2016 im Eigenjagdrevier Wengwies bietet keine Anknüpfungspunkte für einen relevanten Anstieg des Jagdausübungsaufwands. Im Übrigen würde ein Jagdausübungsaufwand, der durch rechtmäßige Maßnahmen verursacht ist, auch keinen wesentlichen Abwägungsbelang darstellen. Die Jagdausübung ist nicht nur mit Rechten, sondern auch mit hoher Verantwortung verbunden, aus der sich Pflichten ergeben. Auch einen signifikanten Zuwachs an Wildschadensfällen hat der Antragsteller nicht nachvollziehbar aufgezeigt. Eine weitere Aufklärung der nicht substantiierten Angaben des Antragstellers erachtet der Senat nicht für geboten, weil der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen den wenigen Abschüssen in den Verordnungsgebieten in der erweiterten Jagdzeit und etwaigen Veränderungen im Wildbestand des Eigenjagdreviers des Antragstellers nicht herstellbar erscheint. Die wenigen Abschüsse pro Jagdjahr im Verordnungsteilgebiet Eschenlaine bieten keine adäquate Grundlage für die Herstellung einer Kausalitätsbeziehung oder einer wertenden Zurechnung zu menschlichem Verhalten (vgl. Baldus in MüKo BGB, 6. Aufl. 2013, § 1004 Rn. 61, Herrler in Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1004 Rn. 18). Es ist nicht nachvollziehbar, dass einige wenige Abschüsse die Wilddichte im Eigenjagdrevier des Antragstellers in relevantem Umfang beeinflussen oder den Umfang von Wildschäden im Zustän-digkeits- und Verantwortungsbereich des Antragstellers in nennenswerten Umfang verstärken. Eine Haftung des Antragstellers für Wildschäden kommt ohnehin nur für Grundstücke in Betracht, die seinem Eigenjagdrevier angegliedert sind (vgl. § 29 Abs. 2 BJagdG) und zu einer anwachsenden Zahl von Schadensfällen hat der Antragsteller nichts Konkretes vorgetragen. Darüber hinaus könnte er sich auf das Vorliegen übermäßiger Wildschadensfälle auch nicht berufen, denn er hat als Jagdausübungsberechtigter im Rahmen der Abschussplanung die Möglichkeit, den Wildbestand nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 BJagdG zu regulieren. Gemäß dieser Vorschrift ist der Abschuss des Wildes so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Die Vorschrift dient auch dem Schutz des Grundeigentums und ist daher verpflichtend. Der Antragsteller macht von den Möglichkeiten der Reduzierung des Wildbestandes in seinem Eigenjagdrevier jedoch keinen Gebrauch, sondern er tritt jeglicher behördlicher Abschussplanung für sein Eigenjagdrevier Wengwies -auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren - mit dem Ziel der Herabsetzung der Abschusszahlen konsequent entgegen.

2.5.3.2 Als Miteigentümer von Waldgrundstücken im Eigenjagdrevier Wengwies muss sich der Antragsteller auf die Möglichkeit verweisen lassen, den Wildbestand durch eine Abschusserhöhung selbst zu reduzieren. Wenn der Antragsteller - im Gegensatz zur Beigeladenen - als Waldeigentümer (auch in Verfahren über die Abschussplanung) eine hohe Verbissrate als waldbaulich wünschenswert ansieht, kann er im vorliegenden Verfahren nicht mit dem gleichzeitigen Einwand gehört werden, die Jagdstrategie der Beigeladenen verursache einen übermäßigen Wildbestand und eine überhöhte Verbissrate. Der Antragsteller hat auch nicht vorgetragen, dass er die Instrumente des Bundesjagdgesetzes zur Wildschadensverhütung (vgl. § 26 bis § 28 BJagdG) genutzt hätte.

2.5.3.3 Als Miteigentümer von Waldgrundstücken außerhalb des Eigenjagdreviers Wengwies muss sich der Antragsteller grundsätzlich auf die Regulierungsverantwortung des Jagdausübungsberechtigten nach Maßgabe des § 21 BJagdG verweisen lassen. Dieser trägt grundsätzlich die Verantwortung für die Höhe des Wildbestandes und ist verantwortlich dafür, dass die berechtigten Ansprüche der Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben. Anders liegt die Sache jedoch im hiesigen Fall, in dem viel dafür spricht, dass die Ursache überhöhter Wildbestände in einem anderen Revier (dem Eigenjagdrevier des Antragstellers) zu suchen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Nachdem die Beigeladene zum Verfahren keinen Beitrag geleistet und auch nicht durch Stellung eines Sachantrages nach § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es nach § 162 Abs. 3 der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Das Gericht kann über eine streitige Tatsache auch die beweispflichtige Partei vernehmen, wenn eine Partei es beantragt und die andere damit einverstanden ist.

Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen.

(2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen oder durch Bezeichnung der einzelnen Beweisfragen ein anderes Gericht um die Beweisaufnahme ersuchen.

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

(1) Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden.

(2) Die Hege hat zum Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepaßten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen; auf Grund anderer Vorschriften bestehende gleichartige Verpflichtungen bleiben unberührt. Die Hege muß so durchgeführt werden, daß Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden.

(3) Bei der Ausübung der Jagd sind die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten.

(4) Die Jagdausübung erstreckt sich auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild.

(5) Das Recht zur Aneignung von Wild umfaßt auch die ausschließliche Befugnis, krankes oder verendetes Wild, Fallwild und Abwurfstangen sowie die Eier von Federwild sich anzueignen.

(6) Das Jagdrecht unterliegt den Beschränkungen dieses Gesetzes und der in seinem Rahmen ergangenen landesrechtlichen Vorschriften.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist mit seinen beiden Brüdern Inhaber des Eigenjagdreviers …, das an die Hochwildhegegemeinschaft Werdenfels-Ost angrenzt. Er ist gegenüber der Jagdbehörde Bevollmächtigter gem. Art. 7 Abs. 4 BayJG. 271 ha der Fläche im Eigenjagdrevier des Klägers stehen im Grundeigentum Dritter.

Das zu 95% bewaldete Eigenjagdrevier … liegt im Wildbacheinzugsgebiet der Eschenlaine und umfasst die nach Süd-Ost reichenden Berghänge des Osterfeuerbergs, die nach Süden exponierten Hänge von Hirschberg und Sattmannsberg und den Nord-Westhang des Simetsbergs. Etwas weniger als 60% des Eigenjagdreviers liegen höher als 1.000 m ü. NN; etwa 90% des Waldes im Revier ist Schutzwald. Das Jagdrevier liegt im SPA(„Special Protection Area“)-Gebiet Estergebirge, das zahlreichen Vogelarten, darunter dem Auerhuhn, als Lebensraum dient, und im Schutzwaldsanierungsgebiet gp0200 Eschenlaine. Die Waldstruktur ist im Altbestand je nach Höhenlage unterschiedlich: im unteren Bereich kommen mehr Laubbäume vor, im mittleren und größten Teil Bergmischwald. In oberen Lagen dominieren subalpine Fichtenwälder. Vereinzelt kommen dort auch Laubgehölze wie Vogelbeere und Bergahorn sowie Tannen vor. In einem kleineren Teil des Jagdgebietes gibt es einen als Biotop geschützten Schneeheide-Kiefernwald mit vereinzelten Sträuchern und Mehlbeeren. In einzelnen Hochlagen findet eine Beweidung durch Schafe statt.

Das Forstliche Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015 gem. Art. 32 Abs. 1 BayJG kommt zu dem Ergebnis, dass die Verbissbelastung in der Hegegemeinschaft Werdenfels-Ost zu hoch ist, und empfiehlt, den Schalenwildabschuss zu erhöhen. Der Leittriebverbiss sei zwar erkennbar zurückgegangen, jedoch noch nicht in ausreichendem Maße und im Wesentlichen nur bei den am stärksten vertretenen Baumarten Fichte und Edellaubbäumen. Die Situation sei regional sehr unterschiedlich. Im Jagdrevier … sei die Verbissbelastung besonders kritisch. In der ergänzenden Revierweisen Aussage vom 21. Dezember 2015 zur Verjüngungssituation ist ausgeführt, dass die Verbissbelastung durch Schalenwild im Jagdrevier gegenüber dem vorangegangenen Forstlichen Gutachten aus dem Jahr 2012 unverändert deutlich zu hoch sei. Großflächig seien nur Fichten unverbissen. Entwicklungsfähige Laubholzverjüngung finde nur in den tieferen Lagen bis 1.000 m ü. NN mit Schwerpunkt an Forststraßen und Wanderwegen statt. Die Tanne sei im ganzen Revier nicht entwicklungsfähig. Das Aufwachsen von Pflanzungen von Buche und Edellaubbäumen sei ohne Schutzmaßnahmen gegen Schalenwildeinfluss nicht möglich. Außerdem sei die Hochlage auf Gemeindegebiet Ohlstadt durch Schafbeweidung belastet.

In den Jagdjahren 2011/12 bis 2015/16 setzte das Landratsamt den Abschuss für Gamswild durch Bescheid jeweils auf neun Stück fest. Die Erfüllung des Abschusssolls durch den Kläger schwankte seit 2011 zwischen zuletzt 11% im Jagdjahr 2015/16 und 89% im Jagdjahr 2013/14, in den Nachbarrevieren seit 2013 zwischen 83% im Jagdjahr 2013/14 und 92% im Jagdjahr 2015/16. Die Wildabgänge in der Hegegemeinschaft Werdenfels Ost betrugen seit 2005 zwischen 75 und 108 Stück.

Am 29. Februar 2016 beantragte der Kläger bei der unteren Jagdbehörde des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen (im Folgenden: Landratsamt) einen Abschuss von 6 Stück Gamswild (3 Böcke, 2 Geißen, 1 Jährling) für das Jagdjahr 2016/17 festzusetzen.

In der Sitzung des Jagdbeirates am 10. Mai 2016 wurde beschlossen, den Abschussplan für Gamswild für das Eigenjagdrevier … mit einem Gesamtabschuss von 9 Stück Gamswild (2 Böcke, 4 Geißen, 1 Jährling, 2 Kitze) festzusetzen. Im Rahmen der förmlichen Anhörung mit Schreiben vom 20. Mai 2016 wandte sich der Kläger gegen die gegenüber seinem Vorschlag beabsichtigte Erhöhung der Abschusszahlen. Die rasant fortschreitende Verlaubholzung entspreche nicht den waldbaulichen Zielen der Eigentümergemeinschaft und verletze ihr Eigentumsrecht. Außerdem bleibe unberücksichtigt, dass das Jagdrevier im SPA-Gebiet liege, das dem Erhalt des Lebensraumes für die besonders gefährdeten Raufußhühner dienen solle. Anlässlich der Jagdbeiratssitzung am 24. Juni 2016 erhielt der Kläger nochmals Gelegenheit zu einer mündlichen Stellungnahme. Bei einer Wiederholung der Abstimmung über den Abschussplan beschloss der Jagdbeirat erneut einstimmig wie am 10. Mai 2016.

Mit Schreiben vom 22. Juli 2016 nahm die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamtes dahingehend Stellung, dass die Folgen eines verminderten Wildverbisses infolge der Erhöhung der Abschusszahlen für die Qualität der Fortpflanzungs- und Ruhestätten des Auerhuhnes schwer abzuschätzen seien. Die aus der früheren Bewirtschaftung resultierenden lichten nadelholzdominierten Wälder würden sich nach Auflassung der Waldweide in den letzten 100 Jahren allmählich in laubholzreichere Bergmischwälder umbauen. Außerdem trügen der Klimawandel und die Stickstoffdüngung aus der Luft zu einem verbesserten Wachstum der Gehölze und zu einer Ausbreitung von Laubgehölzen in die montane Region bei. Seit einigen Jahren führe die Reduktion des Wildbestandes vielerorts zu einem verbesserten Aufkommen der Waldverjüngung. Die Erhöhung des Laubholzanteils und die verstärkte Verjüngung gingen jedoch nicht zwingend mit einer Verbesserung des naturschutzfachlichen Wertes dieser Wälder einher. Im SPA-Gebiet habe die Untere Jagdbehörde die Verträglichkeit der Abschusserhöhung, die positiven und negativen Einfluss auf die Entwicklung der Lebensräume der geschützten Vogelarten haben könne, abzuschätzen. Die Erhaltungsziele sähen unter anderem den Erhalt eines ausreichenden Anteils von Lichtungen und lichten Strukturen, insbesondere als Lebensraum für das gefährdete Auerhuhn, vor. Seit Ausweisung des SPA-Gebiets seien mehrere Teilpopulationen erloschen. Eine Verminderung der Wildbestandsdichte könne zu erhöhtem Aufwuchs von Laubgehölzen führen, was für den Arterhalt ungünstig sei. Es bestehe ein Zielkonflikt zwischen der Erhaltung der Raufußhühner und lichten Waldflächen einerseits und Bergmischwäldern, die Bedeutung für viele ebenfalls im SPA-Gebiet zu erhaltende Vogelarten hätten, andererseits. Bei der Abwägung der Schutzgüter sollte dem Erhalt des Auerhuhns der Vorrang eingeräumt werden. Eine sichere Prognose, wie sich die gegenständliche Abschussplanung auf lichte Wälder und das Auerhuhn auswirke, könne nicht abgegeben werden. Man sei jedoch besorgt, dass es zu Beeinträchtigungen der Biotoptypen infolge erhöhter Abschüsse und der Meidung von bisherigen Wildeinstandsflächen infolge verstärkter Bejagung kommen könne. Dies gelte auch für die Schneeheide-Kiefernwälder, die Biotopschutz gem. § 30 BNatschG genießen würden. Der Aufwuchs von Laubgehölzen sei bereits jetzt in manchen Schneeheide-Kiefernwäldern zu stark, um diesen Biotopschutz dort für die Zukunft erhalten zu können. Wenn ehemals beweidete Wälder aufgelassen würden, regeneriere sich der Bestand und der Boden über mehrere Baumgenerationen in längeren Zyklen. Aus naturschutzfachlicher Sicht stellten die Übergangsstadien mit natürlicher und nicht aufzuhaltender Entwicklungstendenz sehr wertvolle und artenreiche Lebensräume auf Zeit dar. Aus Sicht des Arten- und Biotopschutzes dürfe das grundsätzlich richtige Ziel des Mischwaldes jedenfalls nicht auf allen in Frage kommenden Flächen im Alpenraum durchgesetzt werden.

Mit Bescheid vom 8. August 2016 setzte das Landratsamt unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den Abschuss für Gamswild für das Jagdjahr „2015/2016“ auf neun Stück (zwei Böcke, vier Geißen, ein Jährling, zwei Kitze) fest und begründete dies damit, dass der Abschuss des Wildes so zu regeln sei, dass die berechtigten Ansprüche der Land- und Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt blieben. Innerhalb dieser Grenzen solle der Abschussplan dazu beitragen, dass ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibe. Der Gesetzgeber habe mit diesen Regelungen dem Schutz der Vegetation und insbesondere der Waldverjüngung klaren Vorrang eingeräumt, der seinen Ursprung in der überragenden Bedeutung des Waldes für das Klima, den Wasserhaushalt, die Sauerstoffproduktion und die biologische Vielfalt habe. Erhöhter Wildverbiss durch Schalenwild sei auf Dauer der geforderten Waldverjüngung naturnaher Wälder und standortgemäßer Baumarten abträglich. Nach dem Forstlichen Gutachten 2015 sei die Verbissbelastung in der Hegegemeinschaft Werdenfels-Ost zu hoch. Die gesetzlich normierten Ziele, insbesondere eine ausreichende Waldverjüngung hätten demnach nicht im erforderlichen Umfang erreicht werden können. Die wesentlichen Aussagen der ergänzenden Revierweisen Aussage zum Forstlichen Gutachten lauteten deutlich zu hoch bei unveränderter Tendenz. Dies lasse auf eine hohe Gamswilddichte schließen. Zählungen an Fütterungen gebe es keine. Daher sei die Verbissbelastung ein wichtiges Indiz. In den angrenzenden Revieren werde der Abschuss für Gamswild zu 89% erfüllt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Altersstruktur nicht passe. Bei einem verschwindend geringen Anteil von zwei Gamskitzen im Jahr sei die Nahrungsgrundlage der Adler nicht gefährdet. Die Abschusserhöhung um 30% taste das Eigentumsgrundrecht nicht in seinem Wesensgehalt an. In Bezug auf die SPA-Verträglichkeit bestehe ein naturschutzrechtlicher Zielkonflikt zwischen der Erhaltung des Auerwildes und der Bergmischwälder sowie dem Lebensraum anderer Vogelarten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass auch die vom Verbiss bedrohte Tanne dem Auerwild als Nahrungsgrundlage diene. Auf den Sonderstandorten Schneeheide-Kiefernwald sei eine natürliche Verjüngung der Kiefer nicht möglich. Bei Berücksichtigung aller Belange, auch des hohen Schutzwaldanteils und des Hochwasserschutzes für die Ortschaft Eschenlohe, überwiege das Ziel eines standortgemäßen Bergmischwaldes. Der Sofortvollzug sei aufgrund der negativen Auswirkungen einer aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs auf die Abschussvorgaben und die Länge eines Rechtsstreits durch mehrere Instanzen erforderlich.

Mit weiterem Bescheid vom 8. August 2016, der Gegenstand des Klageverfahrens M 7 K 16.3758 ist, ordnete das Landratsamt unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und eines Zwangsgeldes von 200,- EUR für jedes nicht fristgerecht erlegte Stück Gamswild an, dass der Abschussplan für Gamswild bis zum 30. September 2016 mindestens zu 40% (4 Stück) zu erfüllen sei.

Am 11. August 2016 ließ der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten Klage erheben und mit Schreiben vom 9. November 2016 beantragen,

I. den Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen vom 8. August 2016 aufzuheben,

hilfsweise,

II. den Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen vom 8. August 2016 insoweit aufzuheben, als damit eine von dem Abschussplanvorschlag des Klägers abweichende Festsetzung erfolge.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klage richte sich gegen den streitgegenständlichen Bescheid in seiner aktuellen Fassung. Dabei habe das verfahrensfehlerhaft direkt an den Kläger gesandte Berichtigungsschreiben des Landratsamtes vom 24. August 2016, das mit Schreiben vom 12. September 2016 vorsorglich in die Klage einbezogen worden sei, jedoch keinerlei rechtliche Wirkung. Nach der auf der Meldung der Bundesrepublik Deutschland beruhenden Gebietsbeschreibung, wie sie in dem Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften für das Estergebirge veröffentlicht sei, werde bei den Lebensraumklassen der Nadelwald mit 74% festgeschrieben. Demgegenüber weise das Forstliche Gutachten 2009 bereits einen Anteil von 71% Laubholz aus. Gem. Art. 4 der Richtlinie seien die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden bzw. diese ggf. wiederherzustellen.

Mit Schreiben vom 24. August 2016 wies das Landratsamt den Kläger darauf hin, dass der Bescheid vom 8. August 2016 in Bezug auf die Abschussplanung 2016/17 einen offenkundigen Schreibfehler aufweise, soweit im Betreff und unter Nummer 1 vom Jagdjahr 2015/16 die Rede sei.

Mit Schreiben vom 30. August 2016 beantragte das Landratsamt unter Bezug auf die im angefochtenen Bescheid angeführten Gründe und den Akteninhalt,

die Klage abzuweisen.

Am 28. November 2016 wurde ein Schreiben des Landratsamtes vom 22. November 2016 und eine Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Weilheim (AELF) vom 21. November 2016 vorgelegt und weiter vorgetragen, dass die korrigierte Streckenliste der Hegegemeinschaft Werdenfels-Ost 2015/16 (einschließlich der Stückzahlen des Klägers) 88 Stück durchgeführten Abschuss und 4 Stück Fallwild, d.h. Gesamtabschuss von 92 Stück betrage. Das Eigenjagdrevier des Klägers sei von der Korrektur nicht betroffen. Der Trend zeige, dass Gamswild nachhaltig erlegt werde. Von 2005 bis 2015 sei der getätigte Abschuss von 75 auf 92 Stück gestiegen. Im Hauptantrag sei die Klage unzulässig. In der Stellungnahme des AELF wird auf die eigene Stellungnahme im Klageverfahren wegen Abschussplanung Rotwild (M 7 K 16.3638) verwiesen und darüber hinaus vorgetragen, die Aussagen des Gutachters Dr. M* … zum Gamswild könnten allenfalls als sehr grobe Einschätzungen gewertet werden, die weder mit längeren Beobachtungen noch mit gezielten revierweisen Untersuchungen hinterlegt seien. Schwerpunkt der gutachterlichen Tätigkeit sei das Rotwild gewesen. Über die Höhe und Verteilung des Gamswildes im Eigenjagdrevier des Klägers lägen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Unter allen Wildbiologen sei es mittlerweile unbestrittener Fakt, dass das Gamswild in den bayerischen Alpen nicht nur an die ausgesprochenen Hochlagen gebunden sei, sondern ganzjährig je nach Witterung und Jahreszeit auch die tiefer gelegenen Bergwälder als Lebensraum nutze. Dies entspreche den Beobachtungen anderer privater Waldbesitzer im Eigenjagdrevier und der Forstverwaltung. Ein gezielter Nachweis, welche Schalenwildart zu Verbiss geführt habe, sei nicht möglich und auch nicht vorgesehen. Es entspreche nicht dem wissenschaftlichen Stand, nur anhand einer statistischen Streckenliste Aussagen über die Tendenz einer Population zu machen.

Am 30. November 2016 wurde Beweis über den Zustand des Waldes im Hinblick auf Wildverbiss und die natürliche Waldverjüngung im Eigenjagdrevier … durch Einnahme eines Augenscheins erhoben.

Am 5. Dezember 2016 legte der Beklagte noch weitere Unterlagen (Schutzwaldkarte, Standard-Datenbogen für das SPA-Gebiet mit Gebietsbeschreibung und gebietsbezogener Konkretisierung der Erhaltungsziele, Entwurf des Managementplans betreffend das klägerische Eigenjagdrevier) vor.

In der mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 2016 wurde streitig zur Sache verhandelt. Der Klägerbevollmächtigte verzichtete auf die Beiziehung der Klageverfahren M 7 K 15.3412 und M 7 K 07.3644.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2016 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Beiziehung eines in einem anderen Klageverfahren durch das Gericht eingeholten Gutachtens zu Verbissursachen. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2016 bemängelte der Bevollmächtigte des Klägers die Interessenabwägung in dem angefochtenen Bescheid und führte aus, es sei fachlich unzutreffend, wenn von einem vermeintlich als repräsentativ festgestellten „Verbissbild“ auf eine bestimmte Schalentierart als Verbissquelle oder auf eine Populationsstärke oder gar -zusammensetzung geschlossen werde. Die Behauptung der Forstbehörde, Laubholz könne sich nur auf wenigen Flächen entwickeln, sei für Höhenlagen bis 1.000 HM ü. NN evident falsch. Die „tatsächlichen Zielsetzungen“ des betroffenen SPA-Gebiets seien nicht den Verwaltungsvollzugshinweisen der Forstverwaltung zu entnehmen, die rechtlich keine Bindungswirkung besäßen. Ein vom Beklagten erwähnter „Hainsalat“-Buchenwald sei nicht bekannt. Die Beschreibung des Begangs am Osterfeuerkopf am 27. Oktober 2015 treffe nicht zu. Dort befinde sich kein Weg, sondern nur ein Steig, der weder zur Nachtzeit noch bei schlechtem Wetter nennenswert begangen werde. Die Tannen dort befänden sich in gutem Zustand. Es sei müßig, auf die Schafweideberechtigung hinzuweisen, wenn kein Mensch und kein Zaun die Schafe daran hindere, durch das Gelände zu wandern. Das Auerhuhn-Vorkommen im Eigenjagdrevier des Klägers sei nicht nahe daran zu erlöschen. Der Beklagte habe kein Verständnis für die maßgeblichen europarechtlichen Vorgaben, etwas das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot. Selbst im Falle einer geringen Besatzdichte müsse alles dafür getan werden, die Lebensraumbedingungen des Auerhuhns zu verbessern, als es zu marginalisieren und seiner verbliebenen Existenzgrundlagen zu berauben. Soweit Buchenjungwuchs infolge der Bejagungsziele des Beklagten samt seiner Abschussverfügungen in den letzten zwei bis vier Jahrzehnten in den Lagen unter 1.000 HM ü. NN Lebensraum des Auerwildes zurückgedrängt habe, weil z.B. zu viel Buche wachse, müsse diese Verschlechterung rückgängig gemacht werden, anstatt dies hinzunehmen. Soweit der Beklagte den Kausalzusammenhang zwischen hohen Abschussquoten und der Verlaubholzung leugne, sei dem entgegenzutreten. Tanne und Kiefer hätten gegen die schnellwüchsige und abdunkelnde Buche keine Chance.

Auf die Schreiben der weiteren Bevollmächtigten des Klägers vom 28. Dezember 2016 und vom 15. Januar 2017 wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 16. Januar 2017 rügte der Bevollmächtigte des Klägers, der Beklagte konstruiere innerhalb der Belange des Naturschutzes nicht nur nicht vorhandene Zielkonflikte, sondern verwende auch eine angeblich auf Schalenwildeinfluss beruhende, nicht mögliche Verjüngung der Kiefern auf dem Sonderstandort „Schneeheide-Kiefernwälder“ als Abwägungskriterium. In dem Klageverfahren M 7 K 15.3412 seien der Revierförster und Forstdirektor H. als Zeugen gehört worden, in den anhängigen Klageverfahren seien sie von der Unteren Jagdbehörde beim Augenschein hinzugezogen worden. Teilweise würden sie als Vertreter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bezeichnet, was den Anschein erwecke, als ob diese beiden Behörden nebeneinander in den Verfahren auftreten würden. Zudem würden für den Beklagten fast ausschließlich Mitarbeiter der Forstbehörde vortragen. Forstdirektor H. würde völlig unbelegte Behauptungen in den Raum stellen, die erkennbar von der Kammer als zutreffend angesehen würden. Das Gericht werde aufgefordert mitzuteilen, welche verfahrensrechtliche Stellung sie den Mitarbeitern der Forstbehörde beimesse und wie deren Redebeiträge bewertet würden. Bei der Richtlinie für die Hege und Bejagung des Schalenwildes in Bayern handle es sich um eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, die nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und den Anforderungen des Rechtsstaatsgebots auch das Gericht binde. Das Landratsamt habe den maßgeblichen Sachverhalt nicht festgestellt. Nach dem Gesetz seien die berechtigten Ansprüche der Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden zu wahren. Die Ziele der Forstwirtschaft im Privatwald bestimme der Eigentümer, was der Beklagte beharrlich nicht zur Kenntnis nehme. Der aufgrund sachgerechter Bewirtschaftung entstandene Bergmischwald im Altbestand habe aufgrund der überhöhten Abschussregelungen auf mehr als einem Drittel der forstlich bewirtschafteten Fläche des Eigenjagdreviers schon erheblich gelitten. Auch ohne menschlichen Eingriff entstehe kein Bergmischwald, sondern eine Monokultur. Es gelte zu verhindern, dass die Buche sich auch in den höheren Lagen flächendeckend ausbreite. Der Beklagte konstruiere einen in Wahrheit nicht bestehenden Gegensatz zwischen den waldbaulichen und den jagdlichen Interessen des Klägers. Es wurde bemängelt, dass der Kläger nicht an der forstlichen Sanierungsplanung beteiligt worden sei, die Ergebnisse der unverbindlichen, fachinternen Planung aber in das Verfahren eingeflossen seien. Das Landratsamt hätte nachfragen müssen, in welcher Art und Weise hierbei die Bedeutung des Waldes für die biologische Vielfalt ihren Niederschlag gefunden habe und ob sich aus der Bestockung lichte Waldstrukturen entwickeln würden, wie sie das Auerhuhn benötige. Es fehlten auch Ermittlungen zur einzelstandorts- und revierbezogenen Bedeutung des Begriffs Bergmischwald und - entgegen den Vorgaben der Hegerichtlinie - zur Höhe des Zuwachses beim Wildbestand. Die Aufteilung hinsichtlich der Altersklassen und des Geschlechterverhältnis sei willkürlich. 56% der Abschussvorgabe entfielen auf erwachsene weibliche Tiere. Belastbare Kenntnisse zu den weiblichen Tieren seien nicht vorhanden. Die Untere Jagdbehörde habe die uneingeschränkt geltenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen missachtet. Die pauschale Behauptung, Bergmischwälder seien per se Lebensraum für weitere Vogelarten sei zu unbestimmt und einer Auseinandersetzung fast nicht zugänglich. Eine Vogelart, die einen dichten, dunklen, in großen Teilen Buchen-Monokulturwald als Lebensraum benötige, sei nicht bekannt. Es sei auch falsch, dass die Tanne ausfalle und Auerwild die Tanne benötige. Ferner treffe nicht zu, dass es flächendeckend eine massive Verbissbelastung gebe. Dies gelte jedenfalls nicht für ca. 40% der Fläche, die Lagen bis 1.000 m ü. NN. Vielmehr fehle hier der Verbiss, um anderen Baumarten neben der Buche eine Wuchsmöglichkeit zu schaffen. Die anderen ca. 60% des Reviers seien von den Fraßeinwirkungen der etwa 240 Schafen geprägt, die sich nicht nur auf Ohlstädter Gebiet, das etwa 25% des Eigenjagdreviers ausmache, aufhielten. Auf einem nicht quantifizierbaren Anteil der Fläche, nämlich Felsen und grasbewachsene Matten, könnten ohnehin keine Bäume wachsen. Vor dem Hintergrund der Verlaubholzung bis 1.000 m ü. NN sei nicht nachvollziehbar, dass die natürliche Verjüngung bei der Buche nur als „teilweise möglich“ bewertet werde. Zur waldbaulichen Problematik bei Ulme und Esche sei schon vorgetragen worden. Der Augenschein habe ergeben, dass die Bewertung unzutreffend sei, dass die - als bestandsbildende Baumart auch nicht gewünschte - Tanne sich nicht verjüngen könne. In den verlaubholzten, den der Schafweide unterliegenden und felsigen Bereichen habe sie freilich keine Chance. Im Übrigen würden auch verbissene Tannen hochkommen. Vereinzelte Tannen seien auch ausreichend, um gemeinsam mit Fichten und Buchen sowie vereinzelten sonstigen Edellaubholz einen Bergmischwald zu bilden. Es wurde bemängelt, dass der beim Augenschein vorgefundene Verbiss uneingeschränkt dem Schalenwild zugeordnet worden sei, und bezweifelt, dass der Revierleiter die Verbissbilder unterscheiden könne. Das Vegetationsgutachten habe schon deswegen keine Aussagekraft, weil eine Definition des Bestandsziels, das vorliegend auch an den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Vogelschutzrichtlinie auszurichten sei, für den Forstbetrieb des Eigenjagdreviers fehle.

Auf die Schreiben der Bevollmächtigten des Klägers vom 5. und 16. Januar 2017 und des Beklagten vom 16. Februar 2017, mit dem Stellungnahmen des Landratsamtes vom 18. Januar 2017 und des AELF vom 16. Januar 2017 vorgelegt wurden, wird Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung am 1. März 2017 wurde streitig zur Sache verhandelt. Die zuständige Abteilungsleiterin des Landratsamtes erklärte, bei den streitgegenständlichen Beschlussfassungen des Jagdbeirates hätten nur sie und die fünf bestellten Vertreter abgestimmt.

Mit Schreiben vom 21. März 2017 beanstandete der Bevollmächtigte des Klägers nochmals Abwägungsdefizite in dem angegriffenen Bescheid. Die Eigentümerbelange würden in dem Bescheid zur Abschussfestsetzung Rotwild zweimal erwähnt, aber ebenso wenig wie die wesentlichen Belange der Allgemeinheit konkretisiert. Der Beklagte nehme nicht zur Kenntnis, dass es dem Kläger nicht um jagdliche Interessen gehe, sondern um die Wirtschaftlichkeit seines Forstbetriebs bzw. die Erzielung von Einkünften und den Naturschutz. Es gebe den unterstellten Zielkonflikt zwischen den waldbaulichen Zielen des Waldeigentümers und den Belangen des Naturschutzes gemäß den Vorgaben für das SPA-Gebiet Estergebirge nicht. Die Natura-2000-Verordnung, die die europäische Vogelschutzrichtlinie ausführe, stehe in der Normenhierarchie nicht unter dem Bundesjagdgesetz und dem Bayerischen Jagdgesetz. Die bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen hätten sich an den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben auszurichten und im Zweifel unangewendet zu bleiben. Soweit mit Beschluss vom 1. März 2017 die Beweisanträge 9 bis 12 als nicht entscheidungserheblich abgelehnt würden, stelle dies einen Rechtsbruch dar. Durch das Abwägungsdefizit werde das rechtliche Gehör des Klägers verletzt. Dieser Anhörungsmangel sei auch nicht geheilt worden, da der Beklagte die Eigentümerinteressen des Klägers weder zur Kenntnis genommen noch abgewogen habe. Die Entscheidung in dem Rechtsstreit M 7 K 14.1557 sei auf das streitgegenständliche Verfahren nicht übertragbar, da es nicht um ein Gemeinschaftsjagdrevier im Flachland ohne naturschutzrechtliche Vorgaben, sondern um ein Eigenjagdrevier im Gebirge und im SPA-Gebiet gehe. Es werde auf die vielfachen Einwände gegen die Methodik des Vegetationsgutachtens und der Ergänzenden Revierweisen Aussage verwiesen. Die Mitarbeiter der Forstbehörde verfügten nachweislich nicht über das erforderliche Fachwissen und die erforderliche Sachkunde, um anhand des äußeren Erscheinungsbildes überhaupt nur zu erkennen, ob es zweifelhaft sein könnte, dass Schalenwild als Verbissverursacher in Betracht komme. Es werde bei ihnen mithin auch keine Fälle geben, wie sie in der Arbeitsanweisung vorgegeben seien, wonach bei Zweifeln an der Verursachung die Pflanzen als unverbissen zu gelten hätten. Im zu entscheidenden Verfahren habe es auch keine externe Begutachtung gegeben. Darüber hinaus sei substantiiert dargelegt und nachgewiesen, dass die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen möglich sei. Soweit der Mitarbeiter der Forstbehörde gegen die Berechnungen zur Pflanzendichte von Klägerseite eingewandt habe, die Pflanzenzahl sei zu gering angesetzt und müsse im Gebirge höher sein, habe er keine konkrete Zahl genannt. Der Kläger berufe sich auf die Veröffentlichung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Kulturbegründung und Jungwuchspflege, Stand Dezember 2010, in der für Rotbuche 6.500 bis 8.000 Pflanzen pro Hektar, für Weißtanne 2.000 bis 2.500 Pflanzen pro Hektar, und für Fichte 2.5000 bis 3.300 Pflanzen pro Hektar angegeben wären. Gehe man von den größtmöglichen Zahlen aus, weise die vorhandene Verjüngung auch dann mehr sich unbeschädigt verjüngende Pflanzen aus, als zur Begründung eines neuen Bestandes in der vom Waldeigentümer gewollten Baumartenzusammensetzung erforderlich wären. Unberücksichtigt seien dabei der vorhandene Altbestand sowie die ebenfalls zahlreich vorhandenen Baumpflanzen, die größer als 160 cm seien. Daraus folge, dass derzeit mehr Baumpflanzen, insbesondere Laubholz nachwachse, als dies den waldbaulichen Zielen des Waldeigentümers entspreche. Für die Bejagung folge daraus, dass der Bestand an Schalenwild keinesfalls abgesenkt werden dürfe. Der Kläger weise die Behauptung zurück, dass andere Waldbesitzer andere waldbauliche Ziele hätten. Der Beklagte wisse nicht, wie hoch der Bestand des Gamswildes sei.

In der mündlichen Verhandlung am 29. März 2017 erklärte der Kläger, im Jagdjahr 2016/17 habe er fünf Stück Gamswild erlegt. Die Beteiligten stellten ihre schriftlich angekündigten Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO auf die Gerichts- und Behördenakten einschließlich der beigezogenen Akten M 7 K 15.3411, M 7 K 14.4367, M 7 S. 15.3607 und M 7 S. 16.3759 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im Hauptantrag bereits unzulässig, im Hilfsantrag zulässig, jedoch unbegründet.

Für eine auf die vollständige Aufhebung der Festsetzung des Abschussplans für Gamswild 2016/17 gerichtete Klage fehlt die Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO, da eine Verletzung in eigenen Rechten offensichtlich nicht möglich ist, soweit bei der Unteren Jagdbehörde die Bestätigung des eigenen Abschussplanvorschlags beantragt worden ist. Zudem liegt darin ein widersprüchliches Verhalten, so dass dem Kläger auch ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt (vgl. VG München, U. v. 10. Februar 2016 - M 7 K 15.3412 - juris Rn 21; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, Vor §§ 40 - 53 Rn 22). Die Auffassung, dass der jagdausübungsberechtigte Revierinhaber, eine Festsetzung des Abschusses nur insoweit anfechten kann, als die Festsetzung seinen Abschussplanvorschlag übersteigt, wird - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung geteilt (vgl. BayVGH, U. v. 30. April 1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn 7 u. U. v. 19. Mai 1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn 82; VG Augsburg, U. v. 8. Oktober 2014 - Au 4 K 14.811 - juris Rn 31; VG Ansbach, U. v. 14. November 2007 - AN 15 K 07.01396 - juris Rn 21).

Im Hilfsantrag ist die Klage zulässig. Da das Jagdjahr 2016/17 noch nicht abgelaufen ist, ist der angegriffene Bescheid des Landratsamtes noch nicht durch Zeitablauf gegenstandslos geworden und die Anfechtungsklage die statthafte Klageart (vgl. BayVGH, U. v. 19. Mai 1998 - 19 B 95. 3738 - juris Rn 83, U. v. 7. November 1996 - 19 B 93.956 - juris Rn 40 u. U. v. 30. April 1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn 32; vgl. auch OVG NW, U. v. 1. August 2014 - 16 A 805/13 - juris Rn 23). Der Kläger ist als Mitinhaber eines Eigenjagdreviers klagebefugt gem. § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. Frank in Frank/Käsewieter, Das Jagdrecht in Bayern, Komm., § 21 BJagdG/Art. 32 BayJG/ §§ 13 - 17 AVBayJG, S. 249).

Die angegriffene Festsetzung des Abschussplanes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger somit nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Bescheid ist formell rechtmäßig.

Das Verwaltungsverfahren leidet nicht an einem Mangel, weil eine gem. Art. 50 Abs. 2 BayJG nicht zum Jagdbeirat gehörende Person, nämlich ein Mitarbeiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, an den Sitzungen des Jagdbeirats am 10. Mai 2016 und am 24. Juni 2016 teilgenommen hat (vgl. VG München, U. v. 10. Februar 2016 - M 7 K 15.3412 - juris Rn 25). Nach Art. 50 Abs. 5 BayJG können zu den Beratungen des Jagdbeirats vom Vorsitzenden weitere Sachkundige zugezogen werden und den Trägern öffentlicher Belange ist auf Verlangen Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Der als Mitarbeiter einer staatlichen Fachstelle sachkundige Forstdirektor H. war ausweislich des Protokolls lediglich „Beratende Person“. Dass er nicht an den Abstimmungen beteiligt war, hat die zuständige Abteilungsleiterin des Landratsamtes, die das Protokoll unterzeichnet hat, in der mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 2016 bestätigt. Dafür, dass das Protokoll insoweit fehlerhaft war, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor; zumal sein Votum angesichts des einstimmig gefassten Beschlusses zur Herbeiführung einer bestimmten Entscheidung auch nicht notwendig war. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass das nach Art. 88, 90, 91 BayVwVfG vorgesehene Verfahren bei der Sitzung, bei der sämtliche Mitglieder anwesend waren, verletzt worden ist.

Weiter ist nicht zu beanstanden, dass sich das Landratsamt den Beschluss des Jagdbeirates zu eigen gemacht hat. Es ist nicht ersichtlich, weshalb es der unteren Jagdbehörde verwehrt sein sollte, ihrer Überzeugungsbildung das Beratungsergebnis eines zwingend vorgesehenen (§ 37 Abs. 1 BJagdG) Gremiums zugrunde zu legen, das mit sachkundigen Vertretern von fünf maßgeblichen Interessengruppen, nämlich der Land- und Forstwirtschaft, der Jagdgenossenschaften, der Jäger und des Natur- und Waldschutzes besetzt ist und zur Beratung aller Jagdangelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung sowie wichtiger Einzelfragen (Art. 50 Abs. 1 BayJG) gesetzlich berufen ist; insbesondere, als sie nach § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG im Rahmen der Bestätigung oder Festsetzung des Abschussplans Einvernehmen mit dem Jagdbeirat herzustellen hat. Das Vorgehen rechtfertigt insbesondere nicht den Schluss, dass sich das Landratsamt keine eigene Überzeugung gebildet hat und generell die Auffassung des Jagdbeirates ungeprüft und schematisch übernimmt.

Auch wurde dem Kläger ausreichend rechtliches Gehör gewährt. Im Anhörungsschreiben vom 20. Mai 2016 hat ihm das Landratsamt die beabsichtigte Abschussfestsetzung und die wesentlichen Gründe hierfür mitgeteilt, so dass für ihn klar und erkennbar war, weshalb und wozu er sich äußern können sollte und mit welcher eingreifenden Entscheidung er demnächst zu rechnen hatte (vgl. Kallerhoff in Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, 2014 8. Aufl., § 28 Rn 34). Entsprechend hat er in seinem Schreiben vom 2. Juni 2016 bereits die wesentlichen Streitpunkte zwischen den Beteiligten (Niederhalten des Buchenjungwuchses durch höhere Schalenwildbestände, Erhaltung des Lebensraumes für Raufußhühner und keine revierbezogenen Feststellungen des Grundbestandes der jeweiligen Schalenwildart) angesprochen und seine Auffassung hierzu geltend gemacht. Anlassbezogen hat die untere Jagdbehörde daraufhin die untere Naturschutzbehörde um Stellungnahme gebeten und den Kläger zu einer mündlichen Anhörung eingeladen, die er mit seiner anderweitigen Verfahrensbevollmächtigten zu einer umfassenderen mündlichen Stellungnahme nutzte. Damit ist dem Recht des Klägers aus Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG genügt. Den Beteiligten sind ihre jeweiligen divergierenden Auffassungen im Übrigen seit Jahren bekannt. Das Landratsamt hat die vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkte auch zur Kenntnis genommen. Dies ergibt sich allein schon aus der Niederschrift der Jagdbeiratssitzung vom 24. Juni 2016, an der zwei Mitarbeiter der unteren Jagdbehörde und die den Vorsitz führende Abteilungsleiterin teilgenommen haben, und an der Wiedergabe der wesentlichen Punkte auf Seite 3 f. des Bescheides. Einer Anhörung zu sämtlichen Begründungselementen des noch zu fertigenden Bescheides, die vor einer Befassung mit den vom Betroffenen vorgebrachten Einwänden ohnehin nicht möglich wäre, bedurfte es ebenso wenig wie einer Anhörung zu behördeninternen Fachplanungen - wie hier des AELF zur Sanierung von Schutzwäldern -, die keine Außenwirkung gegenüber dem Betroffenen entfalten und mit dem zu beurteilenden Verwaltungsverfahren in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Der Umstand, dass eine Fachbehörde Erkenntnisse aus dem gesamten Rahmen ihres Tätigkeitsbereiches schöpft und die Bewertung von Fachfragen auf ihr gesamtes erworbenes Wissen stützt, führt nicht dazu, dass der Betroffene eines konkreten Verwaltungsverfahrens zu der Gewinnung jeder einzelnen Erkenntnis anzuhören wäre. Die maßgebliche Tatsache, dass das AELF von einer drohenden Entmischung des Bergmischwaldes in seinem Revier ausgeht, der es gegenzusteuern gilt, war dem Kläger schon aus früheren Streitigkeiten um die Abschussfestsetzung bekannt. Dass er mit seinen Einwänden, insbesondere seinem gegenläufigen Interesse als Waldeigentümer, nicht durchgedrungen ist, stellt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar.

Die Gründe des angegriffenen Bescheidens genügen auch den Anforderungen von Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind dem Betroffenen die wesentlichen, d.h. die tragenden Gründe mitzuteilen und demzufolge der Behörde keine Begründung in allen Einzelheiten abverlangt (vgl. BVerwG, U. v. 15. Mai 1986 - 5 C-33/84 - juris Rn 31).

Soweit die Untere Jagdbehörde im Tenor und Betreff des angefochtenen Bescheides statt des richtigen Jagdjahres 2016/17 aus Versehen „2015/16“ genannt hat, handelt es sich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von Art. 42 Satz 1 BayVwVfG, die entsprechend einem allgemeinen Gedanken des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrensrechts nicht zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führt. Die Unrichtigkeit kann durch einfache Berichtigung, wie mit Schreiben des Landratsamtes vom 24. August 2016 geschehen, klargestellt werden und zwar auch dann, wenn sie sich im verfügenden Teil des Bescheides befindet (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 42 Rn 1, 11). Das Berichtigungsschreiben vom 24. August 2016 stellt demgemäß keinen Zweitbescheid, d.h. eine Neuregelung im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, dar. Vielmehr gilt die offenbar unrichtige Entscheidung von vornherein mit dem wirklich gewollten Inhalt, sogar wenn anders als hier keine Berichtigung erfolgt (Sachs, aaO, § 42 VwVfG Rn 2). Offenbar sind Unrichtigkeiten, wenn sie „ins Auge springen“, der Fehler beim Lesen sofort erkennbar ist oder sich der Irrtum aus dem Zusammenhang des Verwaltungsakts selbst ergibt (Sachs, aaO, § 42 VwVfG Rn 22 f. m.w.N.). Aufgrund des Zeitpunktes der Entscheidung, der Sachverhaltsschilderung im streitgegenständlichen Bescheid, insbesondere der Angabe der Abschusszahlen für das abgelaufene Jagdjahr 2015/16, der Jagdbeiratssitzungen und der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde, beide mit Datum nach Ablauf des Jagdjahres 2015/16, der Wiedergabe der im Rahmen der Anhörung vom Kläger vorgebrachten Einwände betreffend die Abschussplanfestsetzung 2016/17, sowie des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens (Anhörungs- und Einladungsschreiben mit jeweils richtiger Bezeichnung des Jagdjahres, Bezugnahme auf den Abschussvorschlag des Klägers) war es für den Kläger wie für jedermann ohne weiteres erkennbar, dass das Landratsamt den Abschuss für das unmittelbar bevorstehende Jagdjahr 2016/17 festsetzen wollte und nicht für das abgelaufene Jagdjahr 2015/16, in dem die Festsetzung des Abschussplans bereits Gegenstand einer vom Kläger angestrengten Klage war. Vor diesem Hintergrund war klar ersichtlich, dass der erklärte Wille der Behörde von ihrem wahren Willen abwich.

Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Abschussplans ist § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG, wonach u.a. Schalenwild, wozu gem. § 2 Abs. 3 BJagdG auch Gamswild gehört, nur aufgrund und im Rahmen eines Abschussplans erlegt werden darf, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37 BJagdG) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung (§ 21 Abs. 2 Satz 5 BJagdG), hier Art. 32 BayJG i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 2 AVBayJG. Danach ist für Gamswild ein Abschussplan jeweils für ein Jagdjahr aufzustellen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG ist der eingereichte Abschussplan zu bestätigen, wenn er den Vorschriften des § 21 Abs. 1 BJagdG und des Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG entspricht und im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand oder dem Inhaber des Eigenjagdreviers aufgestellt ist; andernfalls wird der Abschussplan - wie hier - von der Behörde festgesetzt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 AVBayJG).

Nach § 21 Abs. 1 BJagdG ist der Abschuss so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft vor Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschussregelung dazu beitragen, dass ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint. Neben der körperlichen Verfassung des Wildes ist bei der Abschussplanung vorrangig der Zustand der Vegetation, insbesondere der Waldverjüngung zu berücksichtigen (Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG). In die Entscheidung sind die gesetzlich geregelten öffentlich- und privatrechtlichen Belange einzustellen und mit dem Ziel eines Interessenausgleichs zwischen den volkswirtschaftlichen und landeskulturellen Belangen einerseits und den jagdlichen Intentionen andererseits abzuwägen (BVerwG, U. v. 19. März 1992 - 3 C-62/89 - juris Rn 25). Dabei kommt dem Interesse am Schutz des Waldes wegen der überragenden Bedeutung des Waldes für das Klima, den Wasserhaushalt, die Sauerstoffproduktion, die Nährstoffspeicherung und die biologische Vielfalt ein Vorrang gegenüber den jagdlichen Interessen zu (BVerwG, U. v. 30. März 1995 - 3 C-8/94 - juris Rn 45; BayVGH, U. v. 19. Mai 1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn 94; vgl. § 1 Nr. 1 BWaldG, Art. 1 Abs. 1 BayWaldG und § 1 Abs. 2 Satz 2, § 21 Abs. 1 BJagdG). Dementsprechend sind nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen, d.h. nachhaltigen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BWaldG) forstwirtschaftlichen Nutzung durch das Wild möglichst zu vermeiden und nach Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG die Waldverjüngung zu gewährleisten (BayVGH, aaO).

Bei der Festsetzung des Abschussplans steht der Behörde kein Ermessen (BVerwG, U. v. 19. März 1992 - 3 C-62/89 - juris Rn 25) und auch kein gerichtlich nicht nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (BayVGH, U. v. 7. November 1996 - 19 B 93.956 - juris Rn 51). Das Gericht prüft, ob die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt richtig gewertet und die verschiedenen Belange entsprechend der Zielvorgabe des Gesetzgebers zutreffend abgewogen hat (BVerwG, aaO; BayVGH, U. v. 30. April 1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn 38 u. U. v. 19. Mai 1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn 91; OVG RP, U. v. 13. August 1997 - 8 A 10391/96 - juris Rn 25; OVG NRW, U. v. 1. August 2014 - 16 A 805/13 - juris Rn. 29 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 7. Januar 2016 - OVG 11 S. 76.15 - juris Rn 9). Allerdings ist die Abschusszahl auch nicht mathematisch-logisch, etwa anhand einer normativen Formel zu bestimmen, sondern der Behörde insoweit eine gewisse Bandbreite von Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt, und die Prüfung des Gerichts darauf beschränkt, ob die Höhe des Abschusses sich noch in einem vertretbaren Zahlenrahmen hält (BVerwG, aaO; BayVGH, U. v. 19. Mai 1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn 91 u. U. v. 30. April 1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn 37 ff.; OVG RP, aaO, Rn 27).

Ausgangspunkt und Grundlage jeglicher Abschussplanung ist das gem. Art. 32 Abs. 1 Satz 3 BayJG einzuholende Gutachten, welches den Zustand der Vegetation und der Waldverjüngung insbesondere im Hinblick auf die Einwirkungen des Schalenwildes auf diesen Zustand feststellen soll (BayVGH, U. v. 19. Mai 1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn 95), vorliegend also das hegegemeinschaftsbezogene Forstliche Gutachten 2015 Werdenfels-Ost, in dessen Rahmen auch das streitgegenständliche Eigenjagdrevier mitbegutachtet worden ist, und die ergänzende Revierweise Aussage 2015.

Danach ist die Verbissbelastung im Eigenjagdrevier … besonders kritisch zu sehen bzw. deutlich zu hoch, während in den benachbarten Revieren erkennbare Verbesserungen, insbesondere bei Fichte und Edellaubbäumen, festgestellt worden sind. Großflächig sind nur Fichten unverbissen; entwicklungsfähige Laubholzverjüngung findet nur in den tieferen Lagen bis 1.000 m ü. NN. mit Schwerpunkt an Forststraßen und Wanderwegen statt. Die Tanne ist im ganzen Revier nicht entwicklungsfähig.

Die Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit des Forstlichen Gutachtens 2015 und der ergänzenden Revierweisen Aussage. Amtlichen Auskünften und Gutachten der Forstverwaltung kommt eine besondere Bedeutung zu, weil sie auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Beweisaufnahme und der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen (vgl. BayVGH, B. v. 31. August 2011 - 8 ZB 10.1961 - juris Rn 17 zu Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts m.w.N.). Sie haben daher grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen von privaten Fachinstituten (vgl. BayVGH, aaO). Dass es sich bei dem Ersteller des Forstlichen Gutachtens und der ergänzenden Revierweisen Aussage, dem AELF Weilheim, um eine Behörde des Beklagten handelt, steht der Geeignetheit ihrer Auskünfte als Urkundenbeweis bzw. der Beweiskraft des Inhalts dieser Urkunden ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass das Gutachten dem Landratsamt bereits im Verwaltungsverfahren als Entscheidungsgrundlage gedient hat (vgl. BayVGH, B. v. 12. Februar 2001 - 19 ZB 00.2929 - juris Rn 10 u. B. v. 31. August 2011 - 8 ZB 10.1961 - juris Rn 17 ff.). Zudem konnte sich das Gericht anlässlich eines Augenscheins an ausgewählten Punkten in den eher tieferen Lagen davon überzeugen, dass die Bestandsaufnahme im Eigenjagdrevier und dessen Beschreibung durch das AELF den natürlichen Gegebenheiten entspricht. So war im Altbestand ein Bergmischwald bestehend aus Fichte, Buche, unterschiedlichem Edellaubholz und auch Tanne zu sehen, mit zunehmender Höhe ü. NN ein höherer Fichtenanteil, während sich in der Naturverjüngung vor allem reichlich Fichte und Buche, letztere mit zunehmender Höhe ü. NN zunehmend verbissen, jedoch kaum unverbissenes Edellaubholz und Tanne zeigten. In höheren Lagen war allgemein stärkerer Verbiss an Forstpflanzen zu beobachten als in tieferen. Stellte sich die Situation günstiger dar, wie zum Beispiel an den Punkten 45586 und 45588, war das in den fachlichen Stellungnahmen des AELF auch so beschrieben. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, dass das Gericht aus Zeit- bzw. Witterungsgründen nicht sämtliche ursprünglich ins Auge gefassten und von den Beteiligten vorgeschlagenen Punkte besichtigen konnte. Bei der stichpunktartigen Inaugenscheinnahme am 30. November 2016 und dem damit verbundenen Waldbegang war ein hinreichender Eindruck von der Richtigkeit der forstbehördlichen Feststellungen zu gewinnen und es ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass jene nicht zutreffen. Die abweichenden Bewertungen der vom Kläger beigezogenen fachlichen Beistände konnten aus diesen Gründen die Bewertung durch das AELF, darunter des zuständigen Revierleiters, der die Entwicklung des Waldes im Eigenjagdrevier seit Jahren aus eigener Anschauung kennt, nicht erschüttern.

Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich das AELF bei der Erstellung des Forstlichen Gutachtens und der Revierweisen Aussage nicht an die hierfür geltenden Grundsätze (vgl. die im Internet veröffentlichte „Anweisung für die Erstellung der forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung“ des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der jeweils aktuellen Fassung) gehalten hat. Unschädlich ist, dass sich in den höheren Lagen des Eigenjagdreviers keine Aufnahmepunkte befinden. Die Anwendung der Raster- oder Gittermethode wäre selbst dann nicht zu beanstanden, wenn in einem Revier kein konkreter Aufnahmepunkt liegen sollte, da das Gutachten nicht für jedes Jagdrevier gesondert zu erstellen ist (BayVGH, U. v. 30. April 1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn 55; BayVGH, U. v. 19. Mai 1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn 95).

Wie der Zustand der Vegetation und die Waldverjüngung im Einzelnen zu ermitteln sind, ist gesetzlich nicht näher geregelt. Der Beklagte durfte bei der Begutachtung auf seine in Jahrzehnten gewonnenen forstfachlichen Erkenntnisse und Erfahrungen zurückgreifen, auch wenn sie mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind und nicht den Grad wissenschaftlicher Sicherheit erreichen. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Art und Weise bzw. die Methode der Gutachtenerstellung durch die Forstbehörden nicht zu beanstanden ist und demzufolge praxistaugliche Maßstäbe zur Festlegung des erforderlichen Abschusses liefert (BayVGH, U. v. 30. April 1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn 52 ff.). Hieran ist festzuhalten, auch wenn es sowohl auf Seiten des Beklagten als auch der internationalen Wissenschaft zahlreiche Untersuchungen zur Thematik Wild und Wald sowie dazu gibt, wie die Methoden zur Festlegung des erforderlichen Abschusses verbessert werden können. Der Beklagte ist nicht dazu verpflichtet, im Interesse wissenschaftlicher Genauigkeit auf Methoden zurückzugreifen, die nicht flächendeckend mit einem in der Praxis vertretbaren personellen und finanziellen Aufwand angewendet werden können, wie zum Beispiel eine zeitnahe DNA-Analyse an jeder verbissenen Forstpflanze oder der Einsatz von Kameras zur Wildbeobachtung, um den Verursacher eines Verbisses sicher bestimmen zu können. Im Übrigen ist Tauglichkeit der DNA-Analyse als Untersuchungsmethode auch nicht gesichert (vgl. BayVGH, B. v. 6. Februar 2017 - 19 ZB 16.1026 - beck-online Rn 10 ff.). Auch ist nicht zu beanstanden, dass die Forstbehörden bei der Beurteilung des Vegetationszustands auf die Anzahl der verbissenen Forstpflanzen abstellen und nicht auf ein ausreichendes Vorkommen nicht verbissener Pflanzen, weil sich hierfür nach ihrer nachvollziehbaren Einschätzung keine verlässlichen Sollwerte finden lassen (siehe Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 1. März 2017, S. 22).

Nach diesen Maßgaben steht einer Festlegung der Abschusszahlen nicht entgegen, dass sich durch Betrachten einer Forstpflanze nicht feststellen lässt, ob der Verbiss von Rot-, Gams- oder Rehwild herrührt, sowie nicht sicher feststellen lässt, ob Verbiss durch Hasen und kleinere Nagetiere verursacht worden ist oder der Verlust des Leittriebes in Einzelfällen auch auf sonstige Ursachen wie Witterungseinflüsse zurückgehen mag (vgl. „Anweisung für die Erstellung der forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung“ S. 20 f.). Unschärfen bei der Bewertung, die darauf beruhen, dass das Verbissbild an einer Forstpflanze im Einzelfall fehlerhaft eingeschätzt wird, können hingenommen werden; zumal sie sich bei der Aufnahme auch zu Gunsten des Revierinhabers auswirken können, wenn nämlich ein von einem Schalenwild verursachter Verbiss zu Unrecht einem Kleinnager zugeschrieben wird. Im Übrigen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass im Eigenjagdrevier des Klägers Hasen und sonstige Kleinnager in einem Umfang vorhanden wären, dass sie einen wesentlichen Teil des deutlich zu hohen Verbisses erklären würden (vgl. BayVGH, B. v. 6. Februar 2017 - 19 ZB 16.1026 - aaO Rn 15).

Soweit der Kläger aus einer anlässlich des Augenscheins verwendeten Bezeichnung „typisch scharfkantig“ für ein Verbissbild ableiten will, dass der Revierleiter nicht in der Lage sei, Verbiss durch Schalenwild und Kleinnager zu unterscheiden, überzeugt dies nicht. Es ist schwierig, allein durch eine wörtliche Beschreibung eine genaue optische Vorstellung von einem bestimmten Verbissbild zu vermitteln. Neben verschiedenen weiteren Diagnosemerkmalen (Quetschung des Triebs) werden für gewöhnlich Begriffe wie „rau“, „ausgefranst“ (rechtwinklig zur Triebachse) bei Schalenwildverbiss und „glatt“ (schräg zur Triebachse) bei Kleinnagern benutzt (Abschlussbericht der LWF 2015, Verbissschäden an der Waldverjüngung durch verschiedene herbivore Säugetierarten, S. 28 f.; LT-Drs. 16/16491). Dass Forstdirektor H. - was der Klägerbevollmächtigte nachträglich schriftlich gerügt hat - nicht „eingeschritten“ ist, mag daran liegen, dass er mit dem Revierleiter der Meinung war, dass es sich um einen Schalenwildverbiss handelte.

Ebenso wenig hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der schlechte Vegetationszustand im Eigenjagdrevier des Klägers auf eine regelmäßige Beweidung durch Schafe zurückzuführen ist. In den Gebieten des Eigenjagdreviers, die auf Ohlstädter Flur liegen, auf denen die Schafweide zugelassen ist, wurde der Verbiss für das Forstliche Gutachten 2015 aus diesem Grund von vornherein nicht erhoben. Nach der ministeriellen Aufnahmeanweisung zur Erstellung des Forstlichen Gutachtens gilt, dass Verbiss in Fällen, in denen es zweifelhaft ist, ob Weidevieh den Verbiss verursacht haben könnte, nicht zu werten ist. In den Gebieten auf Eschenloher Flur, auf denen die Schafweide nicht zugelassen ist, hat die Beweisaufnahme ergeben, dass einer der beiden Zeugen mehrmals Schafe beobachtet hat, der andere hingegen nie. Das Gericht hält beide Zeugenaussagen für glaubhaft, da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Bruder des Klägers oder der zuständige Revierleiter interessegeleitete Angaben gemacht haben. Der Bruder des Klägers erklärte, dass er Schafe im gesamten Bereich des Hirschbergs und den Bereichen der Eckleiten und des Osterfeuerkopfes gesehen habe, vor einigen Jahren auch am Sattmannsberg. Vor zwei Jahren habe er ungefähr fünf Schafe auf dem sog. Schafwieserl am Grad des Osterfeuerkopfes gesehen, die zur Eckleiten herübergewandert seien. Dort hätten sich weitere Schafe aufgehalten. 2016 habe er auf den abgebrannten Flächen des Hirschbergs ungefähr zwölf Schafe gesehen. Er halte sich etwa viermal im Jahr in den genannten Bereichen auf. Der zuständige Revierleiter, welcher nach seinen Angaben einmal in der Woche mindestens eine Stunde zu Fuß durch das Revier geht, in den zwischen 1.400 und 1.600 m ü. NN liegenden Bereichen jedoch nur ein- bis zweimal im Jahr, und gute Kontakte zu den übrigen Waldbesitzern im Eigenjagdrevier unterhält, gab an, bisher weder Schafe noch Schaflosung, Trittspuren oder Weiserpflanzen gesehen zu haben noch von anderen Waldbesitzern auf Eschenloher Gebiet von der Anwesenheit von Schafen gehört zu haben. Die beiden Aussagen der sich eher selten in den höheren Lagen des Eigenjagdreviers aufhaltenden Zeugen sind nicht unvereinbar oder widersprüchlich. Aufgrund der fehlenden Zäunung und dauernden Beaufsichtigung der Schafe kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Gruppen oder Tiere der von Ohlstadt her aufgetriebenen Schafe auf Eschenloher Gebiet gelangen. Dies hat auch das AELF mit seinem Vortrag im Schreiben vom 16. Januar 2017 eingeräumt, dass nämlich bekannt sei, dass die Weideberechtigten Schafe, die sich über die Gemeindegrenze Eschenlohe begeben hätten, wieder zurücktreiben würden. Andererseits ist davon auszugehen, dass der zuständige Revierleiter bei einer regelmäßigen Beweidung von Eschenloher Flächen durch Ohlstädter Schafe in den Jahren seiner Tätigkeit diese gesehen oder zumindest Anzeichen für ihre Anwesenheit gefunden hätte oder auch von anderen Waldbesitzern auf die regelmäßige Anwesenheit der Tiere angesprochen worden wäre. Das vereinzelte Umherwandern von Schafen auf Eschenloher Flur stellt das Ergebnis der Waldbegutachtung nicht in Frage.

Weiter durfte die Festsetzung des Abschusses ohne sichere Kenntnis des Wildbestands erfolgen. Da sich dieser nicht - jedenfalls nicht mit einem in der Praxis vertretbaren Aufwand - sicher feststellen lässt (vgl. BayVGH, U. v. 7. November 1996 - 19 B 93.956 - juris Rn 55 u. U. v. 19. Mai 1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn 96, 102 jeweils zum Rehwild; vgl. Nr. I.5 der Richtlinie für die Hege und Bejagung des Schalenwildes in Bayern vom 9. Dezember 1988 (AllMBl 1989, 73, geändert durch Bekanntmachung vom 31. August 2012, AllMBl 2012, 596) zum Rotwild; Meyer-Ravenstein, Anm. zu OVG NW, U. v. 1. August 2014 - 16 A 805/13 - juris lit. C), darf sich die Jagdbehörde zur Festlegung der Abschusszahlen am Zustand der Vegetation als natürlichem Weiser orientieren und maßgeblich auf von ihr festgestellte Wildschäden und die Situation der Waldverjüngung abstellen (vgl. BayVGH, U. v. 30. April 1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn 59 u. U. v. 19. Mai 1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn 96). Dies gilt insbesondere im Schutzwald im Sinne von Art. 10 BayWaldG (vgl. Nr. I.1.2.1 Hegerichtlinie). Die Behörde hat lediglich eine „zusammenfassende Wertung“ der vorhandenen Wilddichte zu treffen und daraus eine allgemeine Empfehlung für die Abschussplanung abzuleiten (BayVGH, U. v. 30. April 1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn 53 u. U. v. 19. Mai 1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn 95). Dem Beurteilungssystem liegt zugrunde, dass der Gesetzgeber die Größe des Schalenwildbestandes als einen maßgeblichen, im Gegensatz zu anderen Einflussfaktoren regulierbaren Faktor bei der Verursachung von Waldschäden ansieht (vgl. BayVGH, U. v. 19. Mai 1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn 96). Der anhaltend starke Verbiss in den hohen Lagen des Eigenjagdreviers und die höheren Abschusszahlen aus den Nachbarrevieren indizieren eine zu hohe Gamswildpopulation. Das Landratsamt hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt ausreichend ermittelt, indem es neben dem Vegetationszustand die Anzahl der Wildabgänge seit 2005 und den relativ hohen Prozentsatz der Abschusserfüllung in der Hegegemeinschaft Werdenfels Ost der letzten drei Jagdjahre zum Vergleich herangezogen hat. Diese Umstände weisen darauf hin, dass in dem Gebiet ein ausreichender Wildbestand vorhanden ist. Für die erheblichen Schwankungen in der Erfüllung des seit fünf Jagdjahren unverändert mit neun Stück festgesetzten Abschusssolls im Eigenjagdrevier gibt es keine nachvollziehbare Erklärung. Immerhin weisen die Abschüsse in den Jagdjahren 2012 bis 2014 darauf hin, dass der verlangte Abschuss möglich wäre. Im Jagdjahr 2013/14 liegt er prozentual auf vergleichbarem Niveau mit der Abschusserfüllung in der Hegemeinschaft.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der festgesetzte Abschuss einen gesunden Gamswildbestand im Eigenjagdrevier gefährdet. Ein gesunder Wildbestand in einem Jagdrevier ist keine abstrakt zu bestimmende Größe, sondern vielmehr an den Umständen des Einzelfalls zu messen. Die Grenzen werden § 21 Abs. 1 Satz 2 i.V. m. Satz 1 BJagdG durch die volle Wahrung der berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden und die Berücksichtigung der Belange von Naturschutz und Landschaftspflege gezogen. Wegen der seit Jahren erfolgten deutlich zu starken Übernutzung der Vegetation muss der Abschuss über dem geschätzten Zuwachs liegen und die für die Reproduktion maßgeblichen weiblichen Tiere proportional in höherem Maße betreffen, um eine wirkungsvolle Reduzierung des Wildbestandes zu erreichen. Die hierauf bezogenen Vorgaben der Hegerichtlinie gelten nur bei einer - hier gerade nicht gegebenen - tragbaren Wilddichte und einem normalen Wildbestand, wobei bei Gamswild im Gegensatz zu den anderen Schalenwildarten der Anteil des weiblichen Wildes auch unter normalen Verhältnissen höher sein kann. Der im Verhältnis zu anderen Schalenwildarten niedrigeren Reproduktionsrate bei Gamswild und der aufgrund seiner Lebensgewohnheiten im Verhältnis zu Rotwild aller Wahrscheinlichkeit nach geringeren Beteiligung am Verbiss (vgl. BayVGH, U. v. 7. April 2015 - 19 B 99.2193 - juris Rn 58 betreffend das Eigenjagdrevier Eschenlohe-Simetsberg-Kuhalm) wird durch das verhältnismäßig niedrige Abschuss-Soll Rechnung getragen.

Die Festsetzung des Abschusses wahrt die berechtigten Belange der Forstwirtschaft und verletzt den Kläger nicht in seinem Eigentumsrecht, auch wenn er wegen des vom Beklagten festgelegten Abschusses sein waldbauliches und wirtschaftliches Ziel einer dominierenden Fichtenkultur und - nach Überzeugung des Klägers - auch der Niederhaltung des Buchenjungwuchses durch eine entsprechende Anzahl an Schalenwildtieren nicht erreichen kann.

Der Belang der Forstwirtschaft ist - wovon der Kläger auszugehen scheint - nicht mit dem waldbaulichen Ziel des privaten Waldeigentümers gleichzusetzen. In seiner Grundsatzentscheidung vom 30. April 1992 (- 19 B 91.1220 - juris Rn 39, 43) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof diesen als öffentlichen Belang bezeichnet und § 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG in Bezug genommen, wonach die Hege unter anderem die ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Nutzung nicht beeinträchtigen darf. Dabei wird der Begriff „ordnungsgemäß“ nicht nur von den am Ertrag ausgerichteten betriebswirtschaftlichen Erfordernissen der Forstwirtschaft bestimmt, sondern auch von den Anforderungen, die die Rechtsordnung an die forstwirtschaftliche Wirtschaftsweise stellt (vgl. BT-Drs. 7, 5471, S. 3). Daher ist nur eine solche Nutzung ordnungsgemäß und somit vorrangig, die neben den ökonomischen Zielen auch die ökologischen Forderungen zur Erhaltung des Biotops verfolgt (BayVGH, aaO, Rn 43). Nicht „ordnungsgemäß“ ist insbesondere eine dem Zweck des Bundeswaldgesetzes (§ 1 BWaldG) zuwiderlaufende Bewirtschaftung, d.h. eine nicht nachhaltige (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 BWaldG) Bewirtschaftung, die dem Erhalt der Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes zuwiderläuft und seiner herausragenden Bedeutung für die Umwelt nicht Rechnung trägt (BayVGH, aaO, Rn 43 f.). Nach Art. 4 Nr. 1 BayWaldG ist eine sachgemäße Waldbewirtschaftung nur eine Bewirtschaftung, die nachhaltig die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Funktionen des Waldes gewährleistet.

Die waldbaulichen Ziele des Klägers hätten hingegen zur Folge, dass in Zukunft Edellaubhölzer, Tanne und Kiefer als Baumart in seinem Wald weitgehend ausfielen, da sie vom Schalenwild noch vor der Buche bevorzugt gefressen werden. Der Beklagte befürchtet zu Recht eine Entmischung des noch vorhandenen Bergmischwaldes im Altbestand. Dass diese Entwicklung schon vorangeschritten ist, haben das aktuelle Forstliche Gutachten sowie Forstliche Gutachten in der Vergangenheit und der Augenschein ergeben, so dass die Schutzfunktion des Waldes, wenn vielleicht noch nicht beeinträchtigt, zumindest gefährdet ist (vgl. BayVGH, U. v. 7. April 2005 - 19 B 99.2193 - juris Rn 53). In Anbetracht der allgemein bekannten Risiken, die mit einem stark fichtendominierten Wald bzw. einer Fichtenmonokultur verbunden sind, wie einer erhöhten Anfälligkeit für Parasitenbefall (Borkenkäfer), einer geringeren Widerstandsfähigkeit gegen im Zuge des Klimawandels häufiger auftretende Extremwetterlagen wie Trockenheit und Sturm, der Gewährleistung einer unzureichenden Bodenstabilität, der geringeren Fähigkeit, Lawinen bzw. Gleitschnee aufzuhalten, der Verdichtung des Oberbodens und der daraus resultierenden geringeren Wasseraufnahmekapazität und eines geringeren Artenreichtums (vgl. BayVGH, aaO, Rn 60), entsprechen die waldbaulichen Ziele des Klägers nicht einer ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Nutzung. Dass auch andere Baumarten der Gefahr von Parasitenbefall ausgesetzt sind oder ggf. extremen klimatischen Bedingungen nicht standhalten, ändert an dieser Einschätzung nichts. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayWaldG verlangt insbesondere auch, die biologische Vielfalt zu erhalten. Hinzu kommt, dass ungefähr 90% des Eigenjagdreviers Schutzwald im Sinne von Art. 10 BayWaldG sind und das öffentliche Interesse an einer Sicherung der Schutzfunktion des Bergwaldes wirtschaftlichen Interessen Privater grundsätzlich vorgeht (BayVGH, U. v. 7. April 2005 - 19 B 99.2193 - juris 2. Ls). In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Fichtenbestand die Schutzfunktion eines Bergwaldes nicht erfüllt, sondern es hier eines artenreichen Mischwaldes sowie eines möglichst dichten und stufigen Waldaufbaus, eines Gemisches unterschiedlicher Altersstufen in der Bestockung, bedarf (vgl. BayVGH, aaO, Rn 53, 60).

Sowohl die dem Vegetationsschutz dienenden jagdrechtlichen Regelungen über die Abschussplanung als auch die Einschränkung der waldbaulichen Ziele des Grundeigentümers durch forstliche Fachplanungen bzw. die gesteigerte Sozialpflichtigkeit des Waldes im Allgemeinen halten sich im Rahmen der verfassungsrechtlich zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Art. 103 Abs. 2 BV, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und sind durch die Staatszielbestimmungen in Art. 141 Abs. 1 Satz 4 BV, Art. 20a GG besonders legitimiert. Mit Blick auf die herausragende Bedeutung des Schutzwaldes muss der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird.

Die Festsetzung des Abschusses auf neun Stück Gamswild, die seit dem Jagdjahr 2011/12 gleich geblieben ist, ist auch nicht unverhältnismäßig. Sie trägt dem Vegetationszustand im Eigenjagdrevier, wo der Verbiss insbesondere in den höheren Lagen seit Jahren deutlich zu hoch ist, und dessen Besonderheiten (Schutzwald) als auch dem Erhalt des Wildbestandes Rechnung und hält sich noch innerhalb eines vertretbaren Zahlenrahmens. Wegen der Übernutzung der Vegetation muss der Abschuss über dem geschätzten Zuwachs liegen, der bei Gamswild je nach den Lebensbedingungen mit 30 - 40% der Geißen angenommen werden kann (vgl. Nr. I.7 der Hegerichtlinie).

Die Festsetzung des Abschussplans ist auch nicht unter Verletzung europarechtlicher oder naturschutzrechtlicher Vorschriften erfolgt. Es kann deshalb offen bleiben, ob die Untere Jagdbehörde im Rahmen ihrer Abwägung unterschiedlicher Belange die des Natur- und Artenschutzes lediglich zu berücksichtigen (§ 21 Abs. 1 BJagdG) bzw. auszugleichen (Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 BayJG) hat oder ob sie ihnen in einem Vogelschutzgebiet Vorrang einzuräumen hat.

Das Eigenjagdrevier … liegt in einem Schutzgebiet nach Art. 3 Abs. 2 lit. a der sog. Vogelschutzrichtlinie - VRL - (Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (kodifizierte Fassung) ABl. L 20 S. 7), das der Erhaltung und Wiederherstellung der Lebensstätten und Lebensräume dient. Nach Art. 4 Abs. 1 VRL sind auf die in Anhang I aufgeführten Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden; nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL ist unter anderem die Beeinträchtigung der Lebensräume der in Anhang I der VRL aufgeführten Arten zu vermeiden. Zu den Arten des Anhangs I zählt neben zahlreichen weiteren Vogelarten das auch im Eigenjagdrevier vorkommende Auerhuhn (Tetrao urogallus).

Die Vogelschutzrichtlinie wurde in Deutschland durch das Bundesnaturschutzgesetz, die Landesnaturschutzgesetze und einige jagdrechtliche Bestimmungen umgesetzt. Nach § 32 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG bestimmt die Schutzerklärung den Schutzzweck entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG). Für das SPA-Gebiet Estergebirge (Gebietsnummer DE8433471) ergeben sich aus Anlage 2 der auf der Grundlage von Art. 20 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG erlassenen Bayerischen Verordnung über die Natura 2000-Gebiete vom 12. Juli 2006, sog. Bayerische Natura 2000-Verordnung - BayNat2000V - (GVBl. 2006, 524 i.d.F. v. 19. Februar 2016) 22 geschützte Vogelarten. Die Erhaltungsziele für die Lebensräume der geschützten Vogelarten werden in Anlage 2a i.V.m. § 3, § 1 Nr. 2 BayNat2000V beschrieben, darunter jeweils strukturreiche Misch- und Nadelwälder für das Auerhuhn, Nadel- und Nadelmischwälder für den Raufußkauz sowie Laub- und Mischwälder für den Schwarz- und Weißrückenspecht und den Zwergschnäpper, um die Lebensräume der Vögel zu nennen, die die Untere Naturschutzbehörde in ihrer Stellungnahme vom 22. Juli 2016 als zu erhaltende Vogelarten angeführt hat. Raufußkauz, Weißrückenspecht und Zwergschnäpper werden ebenfalls in Anhang I VRL aufgeführt.

Die Untere Naturschutzbehörde hat in ihrer Stellungnahme zunächst Ursachen für die Waldverdichtung im Eigenjagdrevier angegeben, die jenseits der Abschussregelung wirken, nämlich die vor Jahrzehnten erfolgte Aufgabe der Waldweide, den Klimawandel und die Stickstoffdüngung aus der Luft. Die natürliche Regeneration der Waldbestände nach Beendigung der Waldweide hat sie als nicht aufzuhaltende Entwicklungstendenz bezeichnet. Weiter wurde ausgeführt, dass die typischen lichten Wälder im Estergebirge auch durch Verbiss geprägt seien, was eine Auflichtung und Entmischung zu Folge habe. Zwischen der Befürchtung, dass lichte Wälder sich bei niedrigerem Verbiss verdichten könnten, und dem für viele Vogelarten bedeutsamen Erhalt gemischter Bergwälder hat sie einen naturschutzfachlichen Zielkonflikt gesehen, ohne eine klare Empfehlung für die Abschussregelung abzugeben. Vielmehr konnte sie eine sichere Prognose, wie sich die Abschussregelung auf die lichten Wälder auswirken würde, nicht abgeben.

Ob eine lichte, lückige Waldstruktur durch einen möglichst hohen Wildbestand oder Verbiss überhaupt gefördert wird, kann offen bleiben, weil der im SPA-Gebiet rechtlich zu schützende Lebensraum kein fichtendominierter Nadelwald oder gar eine weitgehende Fichtenmonokultur ist und dieses Kriterium den Lebensraum nicht allein bestimmt. Zudem fördert der selektive Schalenwildverbiss nicht den Strukturreichtum, den neben dem Auerhuhn etliche weitere Vogelarten im Estergebirge bevorzugen. Es kommt somit auch nicht darauf an, ob das Auerhuhn, das Tanne und Kiefer bevorzugt, mit einem fichtendominierten Nadelwald „zurechtkäme“, wie die Klägerseite meint. Außerdem durfte der Beklagte in Anbetracht der festgestellten Waldentwicklung im Eigenjagdrevier und der dargestellten Risiken artenarmer Fichtenwälder vor dem Hintergrund des Klimawandels von einer Gefährdung des Lebensraumes Wald an sich und damit auch des Lebensraumes des Auerhuhns durch zu hohen Wildverbiss ausgehen.

Die Frage zur Auslegung von Art. 3 VRL, die die Klägerseite dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen beantragt hat, ist nicht entscheidungserheblich. Sie beruht auf den unzutreffenden Annahmen, dass eine bestimmte Zusammensetzung von Baumarten bzw. der Vegetation im SPA-Gebiet Estergebirge verbindlich festgeschrieben sei und dass nach naturschutzrechtlichen Vorschriften dem Schutz des Auerhuhns Vorrang vor dem Schutz der anderen im SPA-Gebiet vorkommenden Vogelarten gebührt, bzw., dass die Wertung des Beklagten fehlerhaft ist, bei konkurrierenden Lebensraumansprüchen verschiedener, gleich stark geschützter Vogelarten unter den konkreten Umständen einen Vorrang des Auerhuhn zu verneinen.

Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte vom Bestehen eines naturschutzfachlichen Zielkonflikts im SPA-Gebiet ausgegangen ist. Bei einem Vergleich der unterschiedlichen in Anlage 2a zu § 1 Nr. 2 BayNat2000V beschriebenen Lebensraumansprüche der im Estergebirge geschützten Vogelarten hat das Gericht an der Richtigkeit dieser Feststellung in der naturschutzfachlichen Stellungnahme vom 22. Juli 2016 keinen Zweifel. Weiter ist nicht zu beanstanden, wie der Beklagte diesen Zielkonflikt aufgelöst hat. Weder der Vogelschutzrichtlinie noch der zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Vorschriften ist zu entnehmen, dass der Schutz einer bestimmten Vogelart Vorrang vor dem Schutz der anderen Vogelarten genießt, oder wie ein Ausgleich verschiedener Lebensraumansprüche im Einzelfall vorzunehmen ist. Hierbei ist sicher sachgerecht, auf die Gefährdung einer Vogelart abzustellen, wie es die Untere Naturschutzbehörde mit ihrem Hinweis getan hat, dass im SPA-Gebiet Estergebirge schon Teilpopulationen des Auerhuhns erloschen seien. Abgesehen davon, dass sie zur Populationsstärke der anderen auch in Anhang I VRL gelisteten Vogelarten, für deren Schutz besondere Maßnahmen ergriffen werden müssen, wie Raufußkauz, Weißrückenspecht und Zwergschnäpper, keine Angaben gemacht hat, war es im Rahmen der Gesamtbeurteilung sachgerecht, dass der Beklagte bei der Prüfung, ob den Lebensansprüchen einer Art Vorrang vor den Ansprüchen der anderen Arten einzuräumen ist, die Verteilung der Teilpopulationen im SPA-Gebiet zu berücksichtigen, d.h., dass das Vorkommen des Auerhuhns vor allem an den Süd- und Osthängen des Wallgauer Gebiets außerhalb des Eigenjagdreviers nachgewiesen ist und auf der großen Fläche des Eigenjagdreviers lediglich im Bereich des Sattmannsbergs und Grießkopfes zusammenhängende Gebiete identifiziert werden konnten, die geeignete Geländeausformung und Bestandsstrukturen für das Auerhuhn aufweisen. Diese Feststellungen aus dem Entwurf des Managementplans 8433-471 Estergebirge entsprechen der naturschutzfachlichen Stellungnahme vom 22. Juli 2016, in der von nur zwei Kernhabitaten des Auerhuhns im Eigenjagdrevier des Klägers die Rede ist.

Die in der Vorlagefrage zugrunde gelegten Annahmen über eine angeblich verbindlich festgelegte Zusammensetzung von Baumarten im SPA-Gebiet Estergebirge treffen ebenfalls nicht zu. Es gibt keine europäischen oder nationalen naturschutzrechtlichen Vorgaben hierzu. Dem geltenden Recht ist ebenso wenig eine einseitige Ausrichtung auf Nadelwälder oder gar artenarme Fichtenforste auf ehemaligen Bergmischwaldstandorten für das Eigenjagdrevier zu entnehmen. Die aufgrund ministerieller Bekanntmachung vom 29. Februar 2016 erlassenen Vollzugshinweise zur gebietsbezogenen Konkretisierung der Erhaltungsziele gem. § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlagen 1a und 2a BayNat2000V (AllMBl. Nr. 3/2016, 1421), die regelmäßig aktualisiert und fortgeschrieben werden und als Arbeitsgrundlage für die Erstellung von Managementplänen dienen, enthalten lediglich vier gebietsbezogene Konkretisierungen der Erhaltungsziele für das SPA-Gebiet Estergebirge (Stand: 19. Februar 2016), darunter folgende: „3. Erhalt ggf. Wiederherstellung der Buchenwälder (vor allem Hainsalat- und Orchideen-Kalk-Buchenwälder) und montanen bis subalpinen Fichtenwälder, ihrer Störungsarmut, naturnahen Struktur und Baumartenzusammensetzung, eines großen Angebots an Alt- und Totholz sowie Lebensräume für Auerhuhn, Haselhuhn, Weißrückenspecht, Dreizehensprecht, Grauspecht, Schwarzspecht, Zwergschnäpper und Berglaubsänger. Erhalt eines ausreichenden Angebots an Höhlenbäumen für Folgenutzer (Raufußkauz, Sperlingskauz)“. Beim Hainsalat Buchenwald handelt es sich vegetationskundlich um einen Carbonat-Bergmischwald aus Buche, Fichte und Tanne mit Bergahorn, Ulme, Esche und Eibe als Nebenbaumarten; als Pionierbaumarten kommen Mehlbeeren, Vogelbeeren und auf trockenen Standorten auch Kiefer vor (Schreiben des AELF vom 21. November 2016, S. 2). Die konkretisierten waldbezogenen Ziele für das Estergebirge orientieren sich also an der natürlichen Baumartenverteilung im Gebirge, wo in den tieferen Lagen laubholzreiche Wälder dominieren, die nach oben von Bergmischwäldern aus Fichte, Tanne und Buche abgelöst werden, um dann über 1.400 m ü. NN in natürliche, subalpine Fichtenwälder überzugehen. Richtig ist in diesem Zusammenhang ferner der Hinweis des Beklagten, dass er naturschutzrechtlich nicht verpflichtet ist, historisch längst untergegangene Landschaftszustände wiederherzustellen, d.h. durch Hege eines hohen bzw. überhöhten Schalenwildbestandes vergleichbare Bedingungen wie unter der vor Jahrzehnten aufgegebenen Waldweide zu schaffen.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Jagdbehörde die gesetzlich zu berücksichtigenden Belange ausreichend ermittelt, zutreffend abgewogen und bei der Festsetzung der Abschusszahl die Bandbreite vertretbarer Entscheidungen eingehalten hat. Die unter Berücksichtigung der langjährigen hohen Verbissbelastung, des Waldanteils und sonstigen Besonderheiten im Jagdrevier vorgenommene Erhöhung der Abschusszahl ist nicht zu beanstanden. Das Gutachten und die ergänzende Revierweise Aussage sind Ausgangspunkt der Abschussplanung, haben aber keine einen Sachverhalt abschließende Wirkung. Soweit der Beklagte darauf hingewiesen hat, dass das Schneeheide-Kiefern-Biotop durch den hohen Schalenwildverbiss gefährdet ist, diente dies nur der Erläuterung der Einschätzung, dass bei einem ungehindert weiter schreitenden Verbiss, der hierdurch eigentlich zu schützende Lebensraum des Auerhuhns verschwindet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gem. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 und 4, § 124a Abs. 1 VwGO liegen nicht vor. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist das Gericht von der obergerichtlichen Rechtsprechung abgewichen. Die Frage, mit welchem Gewicht der Belang des Vogelschutzgebietes in die jagdrechtliche Entscheidung nach § 21 BJagdG, Art. 32 BayJG einzustellen ist, war wie dargelegt nicht entscheidungserheblich. Zwischen den Beteiligten ist streitig, welche Schlüsse aus den gesetzlichen Vorgaben und den obergerichtlichen Urteilen für den vorliegenden Fall zu ziehen sind. Dies rechtfertigt die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung oder einer Abweichung von der obergerichtlichen Rechtsprechung jedoch nicht.

Zweck dieses Gesetzes ist insbesondere,

1.
den Wald wegen seines wirtschaftlichen Nutzens (Nutzfunktion) und wegen seiner Bedeutung für die Umwelt, insbesondere für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrar- und Infrastruktur und die Erholung der Bevölkerung (Schutz- und Erholungsfunktion) zu erhalten, erforderlichenfalls zu mehren und seine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern,
2.
die Forstwirtschaft zu fördern und
3.
einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit und den Belangen der Waldbesitzer herbeizuführen.

(1) Der Wald soll im Rahmen seiner Zweckbestimmung ordnungsgemäß und nachhaltig bewirtschaftet werden. Durch Landesgesetz ist mindestens die Verpflichtung für alle Waldbesitzer zu regeln, kahlgeschlagene Waldflächen oder verlichtete Waldbestände in angemessener Frist

1.
wieder aufzuforsten oder
2.
zu ergänzen, soweit die natürliche Wiederbestockung unvollständig bleibt,
falls nicht die Umwandlung in eine andere Nutzungsart genehmigt worden oder sonst zulässig ist.

(2) Bei der Bewirtschaftung sollen

1.
die Funktion des Waldes als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte sowie
2.
im Falle von Parkanlagen, Gartenanlagen und Friedhofsanlagen die denkmalpflegerischen Belange
angemessen berücksichtigt werden.

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

Tenor

I.

Der Bescheid des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen vom 21.7.2015, Az. ..., betreffend die Festsetzung des Abschussplanes für Rotwild für das Eigenjagdrevier ... für das Jagdjahr 2015/2016 wird aufgehoben, soweit er von dem vom Kläger eingereichten Abschussplan für Rotwild vom ....2.2015 abweicht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung des Rotwildabschusses für das Jagdjahr 2015/2016 durch den Beklagten. Er ist neben seinen beiden Brüdern Miteigentümer zu 1/3 des Eigenjagdreviers ... in der Hegegemeinschaft ... und der nach Art. 7 Abs. 4 BayJG gegenüber der Jagdbehörde Bevollmächtigte.

Das Forstliche Gutachten 2012 bescheinigt in der Hegegemeinschaft einen Verbiss als „deutlich zu hoch“. In der ergänzenden Revierweisen Aussage 2012 für das Eigenjagdrevier ... wird eine Wertung der Verbisssituation als „deutlich zu hoch“ und eine Tendenz der Verbisssituation als „nicht verändert“ vorgenommen.

Nach Anhörung setzte das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen mit Bescheid vom 21. Juli 2015 einen Abschussplan für das Jagdjahr 2015/2016 von 45 Stück Rotwild fest und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung wird ausgeführt, dass hinsichtlich der vom Kläger im Anhörungsverfahren vorgebrachten Einwände in Bezug auf das SPA-Gebiet mitgeteilt werden könne, dass derzeit ein Managementplan durch die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft erarbeitet werde. Darin würden Maßnahmen formuliert, um den Erhaltungszustand der Arten zu sichern bzw. zu verbessern. Es bleibe abzuwarten, ob und in welcher Weise sich bei der Umsetzung der Maßnahmen Auswirkungen auf die Abschussplanungen ergäben. Der Abschuss des Wildes sei so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche u. a. der Land- und Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt blieben. Innerhalb dieser Grenzen solle der Abschussplan dazu beitragen, dass ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibe. Der Ursprung des gesetzlich normierten Vorranges „Wald vor Wild“ liege in der überragenden Bedeutung des Waldes für das Klima, den Wasserhaushalt, die Sauerstoffproduktion und die biologische Vielfalt. Erhöhter Wildverbiss sei der geforderten Waldverjüngung naturnaher Wälder und standortgemäßer Baumarten abträglich. Nach dem forstlichen Gutachten und der ergänzenden Revierweisen Aussage sei die Verbissbelastung in der Hegegemeinschaft ... und im Eigenjagdrevier ... „deutlich zu hoch“ und die Tendenz der Verbisssituation ausweislich der Revierweisen Aussage „nicht verändert“. Die Individualinteressen der Waldbesitzer, insbesondere von Waldflächen, die an das Revier ... angrenzten, und das Allgemeininteresse an einer Waldverjüngung sowie die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege erforderten die Festsetzung. Diese berechtigten Interessen der Allgemeinheit und der Waldbesitzer überwögen die wirtschaftlichen Interessen der ... Guts- und Forstverwaltung.

Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am .... August 2015 Klage erheben und beantragte zuletzt,

den Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen vom 21.7.2015, Az. ..., betreffend die Festsetzung des Abschussplanes für Rotwild für das Eigenjagdrevier ... für das Jagdjahr 2015/2016 aufzuheben,

hilfsweise,

den Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen vom 21.7.2015, Az. ..., betreffend die Festsetzung des Abschussplanes für Rotwild für das Eigenjagdrevier ... für das Jagdjahr 2015/2016 insoweit aufzuheben, als damit eine von dem Abschussplanvorschlag abweichende Festsetzung erfolgt.

Weiter wurde beantragt, den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg anzurufen und ihm folgende Frage zur Entscheidung vorzulegen:

Ist Art. 3 der Richtlinie 2009/147/EG in der Fassung vom30. November 2009 - Vogelschutzrichtlinie - dahingehend zu verstehen, dass die nationale (landesrechtliche) Bestimmung des Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, wonach ohne Unterschied, also auch in SPA Gebieten „vorrangig“ der Zustand der Waldvegetation, insbesondere der Waldverjüngung zu berücksichtigen ist, entweder gemeinschaftsrechtskonform so auszulegen, dass es maßgeblich jedenfalls in einem SPA-Gebiet für die nach der nationalen Norm zu treffende Entscheidung in erster Linie darauf ankommt, den Wald als Lebensraum gemäß den Bedürfnissen der für dieses Gebiet genannten Vogelarten zu erhalten oder möglichst wiederherzustellen oder aber die nationale Vorschrift unangewendet zu lassen?

sowie,

das Verfahren auszusetzen.

Zur Begründung der Klage verweist der Kläger auf seine Ausführungen im Eilverfahren (M 7 S 15.3607) und im dazugehörigen Klageverfahren (M 7 K 15.3411), in denen er sich gegen einen jagdrechtlichen Bescheid des Beklagten (Anordnung eines Abschusskontingentes) gewandt hat. Weiter bezieht er sich auf sein Vorbringen im Klageverfahren gegen den Bescheid betreffend die Abschussfestsetzung des Vorjahres (M 7 K 14.4367) sowie auf seine Ausführungen im Rahmen der Anhörung. Es seien Verfahrensfehler bei der Erstellung der ergänzenden Revierweisen Aussage gemacht worden, außerdem weise diese inhaltliche Mängel und Unrichtigkeiten auf. Insbesondere werde die Aussage des Beklagten bestritten, dass eine ausreichende Waldverjüngung in dem erforderlichen Umfang in 2012 nicht erreicht gewesen sei und dass sich darin nichts geändert habe. Zudem seien bei der Abschussplanung naturschutzrechtliche Vorgaben nicht beachtet worden. Das Eigenjagdrevier liege vollständig im SPA-Gebiet ..., einem Gebiet mit höchstem Schutzstatus. Es seien demnach besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich der Lebensräume bestimmter Vogelarten zu ergreifen. Die Verlaubholzung durch eine stetige Verminderung der Herbivoren laufe den Zielen des SPA-Gebiets zuwider. Es liege eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts vor, da der Beklagte gegen die Vorgabe verstoße, den Gebietszustand schützenswerter Gebiete (Natura 2000) zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Der Lebensraum des besonders geschützten Auerhuhns werde durch zunehmende Verlaubholzung vernichtet. Der Beklagte räume nicht dem höherrangigen Gemeinschaftsrecht, sondern der Vorgabe „Wald vor Wild“ Priorität ein, so dass aufgrund des unzutreffenden Rechtsverständnisses die vorzunehmende Abwägung fehlerhaft und der Bescheid rechtswidrig und aufzuheben sei. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Managementplan noch nicht erstellt sei, da die Pflicht bestünde, dem Gemeinschaftsrecht uneingeschränkt zur Geltung zu verhelfen. Im Übrigen regle bereits § 21 Abs. 1 Satz 1 BJagdG, ohne dass es des Verweises auf das zwingende Europarecht zu Vogelschutzgebieten bedürfe, dass der Abschuss des Wildes so zu regeln sei, dass die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt würden. Auch Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 BayJG lasse die gesetzliche Vorgabe noch erahnen, Art. 32 BayJG negiere sie immerhin nicht. Weiter werde die Mitwirkung des Jagdbeirats im Vorfeld des Bescheids gerügt, da dieser nicht mit den gesetzlich vorgesehenen Mitgliedern besetzt gewesen sei. Die Beschlüsse des Jagdbeirats seien daher in gesetzeswidriger Weise ergangen und hätten vom Beklagten nicht berücksichtigt werden dürfen.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 25. August 2015,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird auf die im Klageverfahren des Vorjahres vorgelegte Klageerwiderung vom 1. Dezember 2014 verwiesen, da sich keine wesentlichen Änderungen ergeben hätten. Demnach habe sich die Verbissbelastung nach einer aktuellen Stellungnahme des AELF seit dem Forstlichen Gutachten 2012 und der ergänzenden Revierweisen Aussage nicht geändert, eine ausreichende Waldverjüngung sei nicht im erforderlichen Umfang erreicht worden. Zur Problematik des Naturschutzes wird darin ausgeführt, dass eine Verlaubholzung nicht festzustellen sei und die Befürchtungen auf damit verbundene Auswirkungen auf die Erhaltungsziele im SPA-Gebiet daher unbegründet seien. Die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde bestätige zwar die Befürchtungen des Klägers weitgehend, jedoch sei wegen der besonderen Bedeutung der Wildschäden das Forstliche Gutachten maßgeblich. Der Managementplan für SPA-Gebiete werde gerade erstellt, wobei Aussagen zu Jagdmanagement, Wildbeständen oder Abschusszahlen darin voraussichtlich nicht enthalten seien. Neben der Wahrung der Eigentümerinteressen der Einschlussflächen des Eigenjagdreviers komme der Abschussregelung auch in Bezug auf einen leistungsfähigen und funktionsfähigen Naturhaushalt große Bedeutung zu. Das Revier liege im Sanierungsgebiet ... mit Schutzwaldanteilen, ein Bergmischwald sei zum Schutz vor Hochwasser und Bodenerosion notwendig.

Das Gericht hat am 25. November 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Mit Beweisbeschluss vom 27. November 2015 wurde ein schriftliches Sachverständigengutachten zu der Frage, wie sich die Verbisssituation durch Verbiss von Rotwild im Eigenjagdrevier ... darstellt, eingeholt. Im Fortsetzungstermin am 10. Februar 2016 hat das Gericht den Sachverständigen gehört. Die vom Kläger unbedingt gestellten Beweisanträge wurden wegen mangelnder Entscheidungserheblichkeit und darüber hinaus zum Teil als nicht ordnungsgemäß gestellt abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Der Bescheid des Beklagten vom 21. Juli 2015 war in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, da er insoweit rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Der Kläger hatte im Hauptantrag die Aufhebung des Bescheids und im Hilfsantrag dessen Teilaufhebung insoweit beantragt, als damit eine von dem Abschussplanvorschlag abweichende Festsetzung erfolgt. Er kann kein berechtigtes Interesse an der Vollaufhebung des Bescheids geltend machen, da er damit auch die im Bescheid enthaltene Anordnung in Höhe von 32 Stück Rotwild angreift, die seinem Abschussplanvorschlag entspricht.

Mit Schreiben vom .... Februar 2015 hatte der Kläger seinen Abschussplanvorschlag für Rotwild eingereicht und darin eine Stückzahl von 32 Tieren angegeben. Die Behörde ist dem Vorschlag nicht gefolgt, sondern hat den Abschussplan auf 45 Stück festgesetzt. Die Festsetzung basiert auf § 21 Absatz 2 BJagdG i. V. m. Art. 32 Absatz 1 Satz 1 BayJG und § 15 Absatz 1 Sätze 1 und 2 AVBayJG. Nach § 15 Absatz 1 Satz 1 AVBayJG ist der vom Kläger vorgelegte Abschussplan vom Beklagten zu bestätigen, wenn er den Vorgaben des § 21 Absatz 1 BJagdG und des Art. 32 Absatz 1 Satz 2 BayJG entspricht und im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand oder dem Inhaber des Eigenjagdreviers aufgestellt worden ist. In allen anderen Fällen ist der eingereichte Abschussplan, wie vorliegend geschehen, festzusetzen (§ 15 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 1 AVBayJG).

Das Gericht geht davon aus, dass die Klage eines jagdausübungsberechtigten Revierinhabers gegen einen bestätigten Abschussplan unzulässig ist (vgl. auch Frank/Käsewieter, Das Jagdrecht in Bayern, BayJG, Kommentar, S. 249, wonach gegen die Festsetzung eines Abschussplans der jagdausübungsberechtigte Revierinhaber vorgehen kann, im Unterschied zu einem einzelnen Jagdgenossen, der gegen die Festsetzung bzw. Bestätigung vorgehen kann). Denn mit einer solchen Klage wird eine antragsgemäße Entscheidung angegriffen. Eine Verletzung in eigenen Rechten ist damit zum einen offensichtlich nicht möglich, zum anderen liegt darin ein widersprüchliches Verhalten (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2001 - 1 C 35/00 - juris Rn. 15 m. w. N.; BayVGH, B.v. 25.1.1993 - 20 CS 92.3111 - juris Rn. 20, 23; Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, vor 40 Rn. 99; Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, vor 40-53 Rn. 22). Der jagdausübungsberechtigte Revier-inhaber, der sich mit einer Anfechtungsklage gegen eine aus seiner Sicht zu hohe Festsetzung wendet, kann nur insoweit dagegen vorgehen, als die Festsetzung seinen Abschussplanvorschlag übersteigt. In den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen wird - soweit ersichtlich - mit der Anfechtungsklage bzw. der Fortsetzungsfeststellungsklage lediglich die vom eigenen Vorschlag abweichende höhere Festsetzung angegriffen (vgl. etwa BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 82; VG Augsburg, U.v. 8.10.2014 - Au 4 K 14.811 - juris Rn. 31; VG Ansbach, U.v.14.11.2007 - AN 15 K 07.01396 - juris Rn. 21).

Das gerichtliche Vorgehen des Klägers gegen den gesamten Abschussplan und damit auch den seinem Abschussplanvorschlag entsprechenden Teil i. H. v. 32 Stück Rotwild ist demnach unzulässig. Der Kläger ist ausweislich seines Vorbringens der Auffassung, dass sein Abschussplanvorschlag den gesetzlichen Vorgaben gerecht wird. In seinem Schreiben im Rahmen der Anhörung vom 11. Juni 2015 legt er seine Auffassung zum Zustand des Waldes dar und spricht sich aufgrund des Waldbildes und der den Zielen des SPA-Gebietes zuwider laufenden Verlaubholzung gegen eine Erhöhung des Abschusses aus. Abschließend beantragt er, entweder das aktuelle Verbissgutachten abzuwarten oder die von ihm eingereichten Abschusspläne zu bestätigen. Auch in der mündlichen Verhandlung haben der Kläger und seine Bevollmächtigten deutlich gemacht, dass es nicht darum gehe, überhaupt keinen Abschuss zu tätigen.

Über den Hilfsantrag war zu entscheiden, da dem Hauptantrag nicht stattzugeben war. Die Klage ist im Hilfsantrag zulässig und begründet und der Bescheid daher teilweise aufzuheben. Soweit er einen höheren Abschuss als vom Kläger vorgeschlagen festsetzt, ist er rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO; vgl. VG Augsburg, U.v. 8.10.2014 - Au 4 K 14.811 - juris Rn. 31).

Die Rechtswidrigkeit des Bescheids ergibt sich daraus, dass der Beklagte bei der im Rahmen der Festsetzung des Abschussplans vorzunehmenden Abwägung die Belange des Naturschutzes nicht ausreichend berücksichtigt hat. Nicht tragend ist hingegen der Einwand des Klägers, der Bescheid sei wegen Mängeln in der Beschlussfassung des Jagdbeirats unheilbar rechtswidrig.

Der Kläger macht geltend, der Jagdbeirat sei nicht mit den gesetzlich vorgesehenen Mitgliedern besetzt gewesen und die insoweit gesetzeswidrig gefassten Beschlüsse hätten vom Beklagten nicht berücksichtigt werden dürfen. Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern sich Fehler bei der Beschlussfassung des Jagdbeirats auf die Rechtmäßigkeit des Bescheids auswirken, denn eine fehlerhafte Beschlussfassung liegt nicht vor. Nach Art. 50 Abs. 1 BayJG wird zur Beratung aller Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung sowie wichtiger Einzelfragen bei jeder Jagdbehörde ein Jagdbeirat (§ 37 BJagdG) gebildet, wobei Art. 50 Abs. 2, Abs. 3 BayJG dessen Besetzung bei der unteren bzw. höheren Jagdbehörde regelt. Weiter bestimmt Art. 50 Abs. 5 BayJG, dass der Vorsitzende zu den Beratungen des Jagdbeirats weitere Sachkundige hinzuziehen kann. Ausweislich der Sitzungsprotokolle für die Jagdbeiratssitzungen am 30. April und 17. Juli 2015 und der Angaben des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung haben lediglich die gesetzlich vorgesehenen Mitglieder des Jagdbeirats abgestimmt. Neben den vom Gesetz vorgeschriebenen Personen waren noch der Kreisjagdberater, der Vertreter des AELF und der Hegegemeinschaftsleiter der Hegegemeinschafts ...-West (nur am 30.4.2015, soweit es seine Hegegemeinschaft betraf) bei den Beratungen anwesend. Die Hinzuziehung dieser Personen erfolgte rechtmäßig im Rahmen des Art. 50 Abs. 5 BayJG, da es sich nach Überzeugung der Kammer dabei um sachkundige Personen handelt.

Der Bescheid ist jedoch wegen Abwägungsfehlern rechtswidrig. Nach § 21 Abs. 2 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayJG und § 14 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 AVBayJG sind für Rotwild für jeweils ein Jagdjahr Abschusspläne aufzustellen, die von der Jagdbehörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat zu bestätigen oder festzusetzen sind. Der Abschuss des Wildes ist nach § 21 Abs. 1 BJagdG so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 BayJG ist Gesetzeszweck des Bayerischen Jagdgesetzes, die jagdlichen Interessen mit den sonstigen öffentlichen Belangen, insbesondere mit den Belangen der Landeskultur, des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen. Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG legt fest, dass bei der Abschussplanung neben der körperlichen Verfassung des Wildes vorrangig der Zustand der Vegetation, insbesondere der Waldverjüngung zu berücksichtigen ist. Um den genannten rechtlichen Vorgaben gerecht zu werden, hat die untere Jagdbehörde zunächst den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und die in den gesetzlichen Vorschriften enthaltenen Belange in die Entscheidung einzustellen, sowie einen Interessenausgleich der zum Teil gegenläufigen Interessen vorzunehmen (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 30.4. 1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 38; OVG RP, U.v. 13.8.1997 - 8 A 10391/96 - juris Rn. 25; OVG NRW, U.v. 1.8.2014 - 16 A 805/13 - juris Rn. 29 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 7.1.2016 - OVG 11 S 76.15 - juris Rn. 9).

Der Jagdbehörde steht bei der Entscheidung über den vorgelegten Abschussplan und der Festsetzung kein planerischer Gestaltungsspielraum zu. Die Abschusszahl ist allerdings nicht rein mathematisch-logisch zu bestimmen, vielmehr ist der Behörde eine gewisse Bandbreite von Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt. Das Gericht untersucht die in den jagdrechtlichen Vorschriften gebrauchten unbestimmten Rechtsbegriffe daraufhin, ob die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt richtig gewertet, die verschiedenen Belange entsprechend der Zielvorgabe des Gesetzgebers zutreffend abgewogen hat und sich die Höhe des Abschusses in einem vertretbaren Zahlenrahmen befindet (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 91; BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 37 ff; OVG RP, U.v. 13.8.1997 - 8 A 10391/96 - juris Rn. 27). Der Abschussplan entspricht mithin nur dann den gesetzlichen Vorgaben, wenn keine Fehler bei der Erfassung des Sachverhalts vorliegen und die verschiedenen Belange gemäß der gesetzlichen Vorgaben abgewogen wurden (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 91; VG Augsburg, U.v. 22.1.2014 - Au 4 K 13.958 - juris Rn. 47; VG Freiburg, U.v. 24.9.2008 - 1 K 430/08 - juris Rn. 25). Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Abwägung der gesetzlich formulierten Belange macht den Abschussplan bereits rechtswidrig (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 26; OVG NRW, U.v. 1.8.2014 - 16 A 805/13 - juris Rn. 36).

So liegt der Fall hier. Die Behörde hat die Belange des Naturschutzes nicht in ausreichendem Maße in ihre Abwägungsentscheidung eingestellt.

Das Eigenjagdrevier, für das der Abschussplan gilt, liegt im Vogelschutzgebiet ... (SPA-Gebiet) und teilweise im FFH-Gebiet .... Dieses ist Teil des europaweiten Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“. Rechtsgrundlage für Natura 2000 sind die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG, erlassen am 2. April 1979 vom Rat der Europäischen, seit 15. Februar 2010 nunmehr in kodifizierter Fassung als Richtlinie 2009/147/EG vom 30. November 2009 in Kraft) und die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen).

Aus Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG) ergibt sich, dass für die in Anhang I aufgeführten Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden sind, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen. In diesem Anhang ist unter anderem das Auerhuhn (Tetrao urogallus) aufgeführt.

Die Umsetzung der „Natura 2000“ Vorgaben und damit auch der Vogelschutzrichtlinie erfolgt in Deutschland vornehmlich durch das Bundesnaturschutzgesetz (§§ 31 ff. BNatSchG) und die Landesnaturschutzgesetze (in Bayern Art. 20 ff. BayNatSchG). Für die in der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten Arten erklären die Mitgliedstaaten geeignete Gebiete zu Schutzgebieten (sog. SPA - special protection areas).

Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz hat aufgrund der Ermächtigung im BayNatSchG eine Verordnung über die Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten sowie deren Gebietsbegrenzungen und Erhaltungszielen (Vogelschutzverordnung - VoGEV vom 12. Juli 2006, in Kraft seit 1. September 2006) erlassen, in der die Europäischen Vogelschutzgebiete in Bayern einschließlich ihrer Gebietsbegrenzungen und Erhaltungsziele rechtsverbindlich festgelegt sind. Gemäß § 1 VoGEV werden die in Anlage 1 aufgeführten und näher beschriebenen Gebiete gemäß Art 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie als Europäische Vogelschutzgebiete festgesetzt. § 3 VoGEV beschreibt die Erhaltungsziele, nämlich Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in Anlage 1 für das jeweilige Gebiet aufgeführten Vogelarten und ihrer Lebensräume. In der Anlage 1 der VoGEV ist unter der Gebietsnummer DE... das ... aufgeführt. Dessen Erhaltungsziele lauten u. a.: „Erhaltung oder Wiederherstellung der Bestände von Birkhuhn, Auerhuhn (…) und deren Lebensräume, insbesondere des charakteristischen subalpinen und alpinen Gebirgsstockes mit hohem Strukturreichtum wie Hangschuttwälder und Schluchten, Borstgras- und Magerrasen, Latschengebüsche, alpine Zwergstrauchheiden, Quellmoore und Felsen als Brut-, Nahrungs- und Durchzugsgebiet“. In der gebietsbezogenen Konkretisierung der Erhaltungsziele der Regierung von Oberbayern (Stand 24.4.2008) werden für das ... als Gebiets-Typ F (Europäisches Vogelschutzgebiet, das ein FFH-Gebiet enthält) die zu erhaltenden bzw. wiederherzustellenden Bestände an Pflanzen und Tieren genauer dargelegt.

Der Kläger hat bereits im Anhörungsverfahren auf die Erhaltungsziele des SPA-Gebiets ... und die Belange des dort beheimateten besonders geschützten Auerhuhns hingewiesen. Nach einer in den Behördenakten befindlichen Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 20. November 2014 könne eine Verminderung der Wildbestandsdichte zu erhöhtem Laubgehölz-Aufwuchs führen, der sich nachteilig auf die Schneeheide-Kiefernwälder und das Auerhuhn auswirke. Es bestünde ein Zielkonflikt innerhalb des Naturschutzes, da neben der Erhaltung von Raufußhühnern und lichten Waldbeständen auch gemischte Bergmischwälder als naturschutzrechtlich hohes Gut anzusehen seien. Diese Bergmischwälder seien Lebensraum für Vögel, die ebenfalls im SPA-Gebiet ... in einem guten Populationszustand zu erhalten seien. Der Erhaltung der Restvorkommen des besonders gefährdeten Auerhuhns komme ein gewisser Vorrang zu.

Im angefochtenen Bescheid wird zu den vom Kläger im Anhörungsverfahren vorgebrachten Einwänden ausgeführt, dass derzeit ein Managementplan durch die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft erarbeitet werde. Darin würden Maßnahmen formuliert, um den Erhaltungszustand der Arten zu sichern bzw. zu verbessern. Es bleibe abzuwarten, ob und in welcher Weise sich bei der Umsetzung der Maßnahmen Auswirkungen auf die Abschussplanungen zeigten. Weiter hat sich die Behörde im Klageverfahren unter Bezugnahme auf ein Vorbringen im Vorjahresverfahren dahingehend geäußert, dass eine Verlaubholzung nicht festzustellen sei. Zwar würden nach der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde die Befürchtungen des Klägers weitgehend bestätigt, wegen der besonderen Bedeutung der Wildschäden sei aber das Forstliche Gutachten für die Abschussplanung maßgeblich. Ein Managementplan sei noch nicht erstellt und enthalte voraussichtlich keine Aussage zu Jagdmanagement, Wildbeständen oder Abschusszahlen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Behörde ergänzend dargelegt, dass die Zielsetzung für SPA-Gebiete die Erhaltung und Wiederherstellung der Lebensraumkomplexe aus großflächigen, reich strukturierten Laub-, Misch-, und Nadelwäldern mit naturnaher Struktur und Baumzusammensetzung und Erhalt von naturnahen störungsarmen Bergmischwäldern und Erhaltung und Wiederherstellung der Buchenwälder und montanen und subalpinen Fichtenwälder sei. Diese Ziele würden mit der Abschussplanung 2015/2016 verfolgt. Im Hinblick auf die große Bedeutung der Schutzwälder und des hohen Schutzwaldanteils im Revier würden keine Widersprüche zu den Natura-2000-Zielen gesehen.

Der im Bescheid enthaltene Hinweis auf noch ausstehende Managementpläne (sog. Bewirtschaftungspläne, in denen u. a. Erhaltungs- und Entwicklungsziele festgelegt und dazugehörige Maßnahmen geplant werden) ist für eine ordnungsgemäße Abwägungsentscheidung nicht ausreichend. Der Behörde ist es auch nicht gelungen, das Abwägungsdefizit nachträglich zu heilen. Daraus ergibt sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids. Im Einzelnen:

Die Belange des Naturschutzes mit den besonders zu schützenden Vogelarten wurden inhaltlich nicht in ausreichendem Maße in die Entscheidung eingestellt und auch nicht mit den übrigen im Gesetz genannten Belangen abgewogen. Die Behörde hat sie vielmehr unter Verweis auf die ausstehenden Managementpläne als (noch) nicht abwägungsrelevant eingestuft. Dies ist jedoch fehlerhaft. Die Vorgaben der in nationales Recht umgesetzten europäischen Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie sind bei der Aufstellung der Abschusspläne zu beachten und unabhängig von etwaigen Bewirtschaftungsplänen in die dabei vorzunehmende Abwägung miteinzubeziehen. Darüber hinaus enthält der zu erwartende Plan nach Angabe der unteren Naturschutzbehörde voraussichtlich ohnehin keine Aussagen zu Jagdmanagement, Wildbeständen oder Abschusszahlen. Dass naturschutzrechtliche Belange aufgrund der Lage des Jagdreviers im geschützten SPA-Gebiet relevant sind, hat die Jagdbehörde erkannt, indem sie im Laufe des Klageverfahrens betreffend den Vorjahresabschussplan eine naturschutzrechtliche Stellungnahme eingeholt hat. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem darin beschriebenen Zielkonflikt und eine Überprüfung der Abschussfestsetzung auf ihre SPA-Verträglichkeit haben bei der hier streitgegenständlichen Abschussfestsetzung dennoch nicht stattgefunden.

Es kann dahingestellt bleiben, ob Abwägungsfehler im Rahmen der Abschussplanfestsetzung grundsätzlich durch Ergänzung der Abwägungsbelange geheilt werden können und ob im Bescheid ein hinreichend konkreter Anknüpfungspunkt für eine Ergänzung der Erwägungen vorhanden ist. Voraussetzung dafür ist eine materiell-rechtliche Heilungsmöglichkeit, die in prozessualer Hinsicht - etwa unter Heranziehung des allgemeinen Rechtsgedankens aus § 114 S. 2 VwGO (vgl. BeckOK VwGO/Decker VwGO § 114 Rn. 40 m.w.N; Sodan/Ziekow, VwGO 4. Auflage 2014, § 114 Rn. 203; BayVGH, B.v. 20.7.2009 - 7 CE 09.10091 u. a. - juris Rn. 14, 17) - noch nachträglich vorgenommen werden kann. Hier kommt es darauf nicht entscheidungserheblich an, da die vom Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgetragenen Gesichtspunkte jedenfalls nicht genügen, um die Abwägungsfehler zu heilen. Er hat darin allgemein auf die Zielsetzung für SPA-Gebiete abgestellt, die mit der Abschussplanung verfolgt werde und angefügt, dass im Hinblick auf die große Bedeutung der Schutzwälder keine Widersprüche zu den Natura-2000 Zielen bestünden. Ein Eingehen auf die sich im Zielkonflikt befindlichen Belange (Erhaltung von lichten Waldflächen als Lebensraum für geschützte Vogelarten einerseits; Laubmischwälder als naturschutzrechtlich hohes Gut und Lebensraum für andere geschützte Vogelarten andererseits) sowie eine Bewertung und Gewichtung der Umstände ist damit nicht erfolgt. Es fehlt mithin an einer auf Ausgleich der zum Teil gegenläufigen Interessen abzielenden Abwägungsentscheidung.

Die vom Kläger beantragte Vorlage an den EuGH ist abzulehnen. Nach Art. 267 AEUV kann ein Gericht dem EuGH eine Frage betreffend die Auslegung der Verträge oder die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union vorlegen, wenn es eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält. Die aufgeworfene Frage lässt sich, wie aufgezeigt, bereits durch das nationale Recht lösen. Mangels Vorlage an den EuGH war auch der diesbezüglich gestellte Aussetzungsantrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-)

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Die Länder wählen die Gebiete, die der Kommission nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 92/43/EWG und Artikel 4 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG zu benennen sind, nach den in diesen Vorschriften genannten Maßgaben aus. Sie stellen das Benehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit her. Dieses beteiligt die anderen fachlich betroffenen Bundesministerien und benennt die ausgewählten Gebiete der Kommission. Es übermittelt der Kommission gleichzeitig Schätzungen über eine finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft, die zur Erfüllung der Verpflichtungen nach Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 92/43/EWG einschließlich der Zahlung eines finanziellen Ausgleichs insbesondere für die Land- und Forstwirtschaft erforderlich ist.

(2) Die in die Liste nach Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG aufgenommenen Gebiete sind nach Maßgabe des Artikels 4 Absatz 4 dieser Richtlinie und die nach Artikel 4 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG benannten Gebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 zu erklären.

(3) Die Schutzerklärung bestimmt den Schutzzweck entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen und die erforderlichen Gebietsbegrenzungen. Es soll dargestellt werden, ob prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten zu schützen sind. Durch geeignete Gebote und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen ist sicherzustellen, dass den Anforderungen des Artikels 6 der Richtlinie 92/43/EWG entsprochen wird. Weiter gehende Schutzvorschriften bleiben unberührt.

(4) Die Unterschutzstellung nach den Absätzen 2 und 3 kann unterbleiben, soweit nach anderen Rechtsvorschriften einschließlich dieses Gesetzes und gebietsbezogener Bestimmungen des Landesrechts, nach Verwaltungsvorschriften, durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist.

(5) Für Natura 2000-Gebiete können Bewirtschaftungspläne selbständig oder als Bestandteil anderer Pläne aufgestellt werden.

(6) Die Auswahl und die Erklärung von Gebieten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 2 im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 richten sich nach § 57.

(7) Für Schutzerklärungen im Sinne der Absätze 2 und 3, für den Schutz nach anderen Rechtsvorschriften im Sinne von Absatz 4 sowie für Pläne im Sinne von Absatz 5 gilt § 22 Absatz 2a und 2b entsprechend. Dies gilt auch für Schutzerklärungen nach § 33 Absatz 2 bis 4 des Bundesnaturschutzgesetzes in der bis zum 28. Februar 2010 geltenden Fassung.

Gründe

I

1

Der Kläger, ein anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 5. Juli 2011 (98. Änderungsplanfeststellungsbeschluss) in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Januar 2013 für die Erweiterung des Verkehrsflughafens München durch die Anlage und den Betrieb einer dritten Start- und Landebahn. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

II

2

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

3

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen einer Abweichung des angefochtenen Urteils von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen.

4

Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 S. 14; stRspr). Dies legt die Beschwerde nicht dar.

5

a) Der Kläger entnimmt dem angefochtenen Urteil die Rechtssätze, dass gemäß Art. 7 FFH-RL (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen - FFH-Richtlinie) ein Wechsel des Schutzregimes von Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten - VRL) zu Art. 6 Abs. 2 der FFH-Richtlinie stattfinde, wenn ein Europäisches Vogelschutzgebiet einerseits räumlich eindeutig bestimmt sei und andererseits die Erhaltungszielarten im Rahmen einer endgültigen rechtsverbindlichen Entscheidung mit Außenwirkung benannt seien, und es für einen Regimewechsel nicht der Festlegung von Ge- und Verboten bzw. der Gewährleistung eines umfänglichen Schutzes bedürfe. Er rügt eine Abweichung von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - (BVerwGE 149, 31) und vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 - (BVerwGE 120, 276), die für einen Regimewechsel zusätzlich verlangten, dass in der Schutzerklärung auch die auf das jeweilige Gebiet bezogenen Schutz- und Erhaltungsziele verbindlich festgelegt und die Einhaltung des Art. 6 FFH-RL durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sichergestellt werden müsse (Beschwerdebegründung S. 7 und 10 f.).

6

Die geltend gemachte Divergenz liegt nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich nicht dem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - (BVerwGE 149, 31 Rn. 40) widersetzt, für einen Regimewechsel sei es jedenfalls erforderlich, dass die Erhaltungsziele bezogen auf das jeweilige Gebiet verbindlich festgelegt würden. Er hat den Rechtssatz vielmehr zitiert (UA Rn. 671) und ihn befolgt, indem er geprüft und mit bindender Wirkung für den Senat (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) bejaht hat, dass die Erhaltungsziele für das vorliegend betroffene Europäische Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" in § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 der Vogelschutzverordnung vom 12. Juli 2006 (Bayer.GVBl. S. 524) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 8. Juli 2008 (Bayer.GVBl. S. 486) - VoGEV - festgelegt sind (UA Rn. 669).

7

Eine Forderung des Inhalts, die Einhaltung des Art. 6 FFH-RL müsse in der Schutzerklärung durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sichergestellt werden, hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - (BVerwGE 149, 31) nicht erhoben. Mit der Aussage, die für einen Regimewechsel notwendige Schutzerklärung erfolge nach nationalem Recht regelmäßig in Form einer Verordnung, die den Schutzzweck entsprechend den Erhaltungszielen bestimme, die Gebietsbegrenzung festlege und durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen die Einhaltung des Art. 6 FFH-RL sicherstelle (BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 a.a.O. Rn. 41), zeichnet es lediglich nach, wie sich üblicherweise die Rechtslage darstellt.

8

Auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 - (BVerwGE 120, 276) enthält nicht den behaupteten Rechtssatz. Es besagt - wie auch der Beschluss vom 3. Juni 2010 - 4 B 54.09 - (Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 35 Rn. 12) -, dass es für den Wechsel des Schutzregimes einer endgültigen rechtsverbindlichen Entscheidung mit Außenwirkung bedarf, wobei deren rechtliche Gestalt durch das Recht der Mitgliedstaaten näher bestimmt wird (BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 a.a.O. S. 285). Mit der Aussage, die Erklärung zum besonderen Schutzgebiet im Sinne von Art. 7 FFH-RL bestimme den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 a.a.O. S. 285), wird der Inhalt der § 22 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG 2002 referiert. Selbst wenn damit ein Rechtssatz aufgestellt sein sollte, wäre der Tatbestand der Divergenz nicht erfüllt. Weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 1. April 2004 einen Wechsel des Schutzregimes mit der Begründung verneint hat, es fehle an einer rechtsverbindlichen, außenwirksamen und endgültigen Gebietsausweisung (a.a.O. S. 286), wäre ein Rechtssatz zu den inhaltlichen Anforderungen an die Schutzerklärung nicht entscheidungserheblich. Auf die Abweichung von einem Rechtssatz, der die divergenzfähige Entscheidung nicht trägt, kann die Rüge des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aber nicht gestützt werden (BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 1995 - 4 B 216.95 - BVerwGE 99, 351 <353>). Im Beschluss des Senats vom 14. April 2011 - 4 B 77.09 - (juris) findet sich auch nach dem Verständnis des Klägers keine Wiederholung einer in den anderen Entscheidungen angeblich formulierten Forderung, dass in der Schutzerklärung auch die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Ge- und Verbote sowie Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen bestimmt sein müssten (Beschwerdebegründung S. 12). Sollte der Kläger eine Divergenz zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 14. Oktober 2010 - C-535/07 [ECLI:EU:C:2010:602] - rügen wollen (Beschwerdebegründung S. 14 f.), wäre ihm entgegen zu halten, dass Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO divergenzfähig sind (BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2001 - 6 B 35.00 - juris Rn. 10).

9

Der Kläger beanstandet ferner, dass der Verwaltungsgerichtshof mit den Rechtssätzen,

- für den Regimewechsel nach Art. 7 FFH-RL sei es ausreichend, wenn die die Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 und 3 FFH-RL umsetzenden Vorschriften der §§ 33 und 34 BNatSchG bzw. deren Vorgängerregelungen in Art. 13c BayNatSchG (2005) für die Prüfung der Erheblichkeit von Eingriffen und deren ausnahmsweiser Zulassung anwendbar seien,

- für einen Rechtsregimewechsel nach Art. 7 FFH-RL sei es nicht erforderlich, dass flächendeckend für den gesamten Bereich des Vogelschutzgebiets bzw. für sämtliche in diesem zu schützenden Vogelarten zusätzliche Schutzverordnungen oder Vereinbarungen des Vertragsnaturschutzes gälten, welche die geschützten Vögel und deren Lebensräume schützten und entwickelten, sondern es für den Regimewechsel ausreichend sei, wenn dies in Teilbereichen bzw. bezüglich bestimmter Arten bzw. in Abhängigkeit der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen gesetzlicher oder vertraglicher Regelungen der Fall sei,

dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - (BVerwGE 149, 31) die Gefolgschaft verweigert habe (Beschwerdebegründung S. 21, 23). Der Verwaltungsgerichtshof hat die ihm zugeschriebenen Rechtssätze indes nicht aufgestellt. Die Ausführungen unter der Randnummer 676 des Urteils, denen der Kläger die Rechtssätze entnehmen möchte, verhalten sich nicht zu den Voraussetzungen für einen Regimewechsel von der Vogelschutzrichtlinie zur FFH-Richtlinie, sondern sind der These zugeordnet, dass - unabhängig von der Frage der Voraussetzungen eines Regimewechsels - die Mitgliedstaaten auch der Sache nach nicht verpflichtet seien, für jedes Schutzgebiet spezielle Verbote zu erlassen, sondern die Unterschutzstellung auch anderweitig leisten könnten (UA Rn. 675).

10

b) Der Kläger liest aus dem angefochtenen Urteil die folgenden Rechtssätze heraus (Beschwerdebegründung S. 40 f.):

- Die für die Auswahl von Vogelschutzgebieten zuständige Behörde sei im Rahmen der Gebietsauswahl im Sinne von Art. 4 VRL nicht verpflichtet, die Bestände und Lebensraumbedingungen von Vogelarten in einem Gebiet mit den Beständen und Lebensraumbedingungen der Arten des Landes zu vergleichen und im Ergebnis dieses Abgleichs zu ermitteln, welche Gebiete im Sinne von Art. 4 VRL zu den "für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten" Gebieten gehören, wenn das vorhabenbetroffene Gebiet nicht im so genannten IBA-Verzeichnis aufgeführt ist sowie die EU-Kommission hinsichtlich der unterbliebenen Ausweisung keine Beanstandungen adressiert hat. Dies gelte auch dann, wenn in einem Gebiet größere Bestände vorhanden sind als in den bislang ausgewiesenen Schutzgebieten. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass es nur ein oder sogar kein ausgewiesenes Schutzgebiet für die jeweilige Art gibt.

- Gerichte, welche im Rahmen eines Verwaltungsstreitverfahrens zu prüfen haben, ob für ein vorhabenbetroffenes Gebiet das Rechtsregime des Art. 4 VRL ("faktisches Vogelschutzgebiet") gilt, seien im Rahmen der Kontrolle des Vorliegens eines faktischen Vogelschutzgebiets nicht verpflichtet, die behördliche Entscheidung zur unterbliebenen Ausweisung des betreffenden Gebiets als Vogelschutzgebiet daraufhin zu überprüfen, ob diese Entscheidung auf der Grundlage einer Bestands- und Lebensraumermittlung und -bewertung von den in dem Gebiet vorkommenden Vogelarten sowie einer vergleichenden Betrachtung mit den Beständen und Bedingungen in anderen Gebieten des Landes erfolgt ist. Dies gelte insbesondere dann, wenn das betroffene Gebiet nicht im so genannten IBA-Verzeichnis aufgeführt ist sowie die EU-Kommission hinsichtlich der unterbliebenen Ausweisung keine Beanstandungen adressiert hat. Dies gelte auch dann, wenn in einem Gebiet größere Bestände vorhanden sind als in den bislang ausgewiesenen Schutzgebieten. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass es nur ein oder sogar kein ausgewiesenes Schutzgebiet für die Art gibt.

11

Der Kläger stellt den Rechtssätzen einen Rechtssatz aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 Rn. 53) mit dem Inhalt gegenüber, dass die Auswahlentscheidung für Vogelschutzgebiete auf der Grundlage einer artspezifischen Bewertung eines Gebiets für eine Vogelart und unter vergleichender Betrachtung des Gebiets mit anderen für eine Vogelschutzgebietsmeldung in Frage kommenden Gebieten erfolgen muss sowie die Auswahlentscheidung der Behörde - auch unter Berücksichtigung diesbezüglich eingeschränkter Kontrolldichte und auch dann, wenn das betreffende Gebiet nicht im IBA-Verzeichnis aufgeführt ist und die Europäische Kommission keinen Meldebedarf geltend macht, - daraufhin zu überprüfen ist, ob die Entscheidung des Verzichts zur Unterschutzstellung des Gebiets für die betreffende Vogelart aufgrund hinreichender Ermittlung der Bestände und sachgerechter Bewertung der Eignung und Bedeutung des Gebiets für die Belange des Vogelschutzes im Vergleich zu anderen Gebieten getroffen wurde (Beschwerdebegründung S. 42). Die Divergenzrüge scheitert bereits daran, dass der Verwaltungsgerichtshof die behaupteten Rechtssätze nicht formuliert hat. Er hat sich nicht auf den Standpunkt gestellt, dass sich die Behörden bei der Ausweisung von Vogelschutzgebieten und die Gerichte bei der Identifizierung von faktischen Vogelschutzgebieten auf die Prüfung beschränken können, ob das jeweilige Gebiet im IBA-Verzeichnis aufgelistet ist oder die EU-Kommission für das Gebiet Nachmeldebedarf reklamiert hat, sondern ist davon ausgegangen, dass die Behörden der Mitgliedstaaten zu einer eigenständigen Prüfung der Notwendigkeit der Unterschutzstellung verpflichtet sind, wobei ihnen ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zusteht (UA Rn. 677 f.). Er hat nämlich auch darauf abgestellt, dass nach den von ihm für überzeugend gehaltenen Darlegungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2013 die Arten Dorngrasmücke, Feldschwirl, Sumpfrohrsänger und Kuckuck bayernweit stark verbreitet seien und sich insoweit das Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" zur Erhaltung dieser Arten keinesfalls aufdränge (UA Rn. 678).

12

c) Nach Darstellung des Klägers legt der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung ferner die Rechtssätze zugrunde,

- dass auf das Vorkommen von Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie das Rechtsregime zum Schutz potentieller FFH-Gebiete nicht anzuwenden sei, wenn es betreffend dieser Art landesweit mehrere Verbreitungsschwerpunkte gibt, die für eine Meldung zur Aufnahme in Natura 2000 in Betracht kommen, und

- dies auch dann gelte, wenn das Land für die betreffende Art noch kein FFH-Gebiet ausgewiesen hat und es im Rahmen der Realisierung eines Eingriffs zu einer vollständigen Zerstörung des Vorkommens an dortiger Stelle kommt (Beschwerdebegründung S. 80).

13

Der Kläger sieht darin eine Abweichung von den Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 27. Februar 2003 - 4 A 59.01 - (BVerwGE 118, 15 <20>), dass

- die FFH-Richtlinie den Mitgliedstaaten bei der Meldung der Gebiete, die nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie anhand der im Anhang III Phase 1 genannten Kriterien auszuwählen sind, einen ökologisch-fachlichen Beurteilungsspielraum zugesteht, und

- zum Kreis der potentiellen Schutzgebiete, die dem europäischen Schutzregime nach Maßgabe der Vorwirkungsrechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 18. Dezember 1997 - C-129/96 [ECLI:EU:C:1997:628]) unterliegen, nur die Landschaftsräume gehören, die aus fachwissenschaftlicher Sicht die von der Richtlinie vorausgesetzten Eigenschaften zweifelsfrei aufweisen, vom Mitgliedstaat aber trotz ihrer Eignung bei der Auswahl unberücksichtigt geblieben sind (Beschwerdebegründung S. 83).

14

Die behauptete Divergenz liegt nicht vor. Einen Rechtssatz des Inhalts, dass auf Vorkommen von Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie das Rechtsregime zum Schutz potentieller FFH-Gebiete nicht anzuwenden ist, wenn es betreffend dieser Art landesweit mehrere Verbreitungsschwerpunkte gibt, die für eine Meldung zur Aufnahme in Natura 2000 in Betracht kommen, hat der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung nicht unterlegt. Er ist vielmehr davon ausgegangen, dass die FFH-Richtlinie den Mitgliedstaaten bei der Auswahl der der Kommission vorzuschlagenden Gebiete einen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum belässt, eine ausnahmslose Meldung von Gebieten selbst dann nicht notwendig ist, wenn die Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen besetzt sind (UA Rn. 819), und der Verzicht auf eine Meldung nicht zu beanstanden ist, wenn die Vorkommen geschützter Arten an anderswo feststellbaren Verbreitungsschwerpunkten größer sind (UA Rn. 820).

15

d) Die "versteckte" Divergenz zwischen Rechtssätzen zu § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG (Beschwerdebegründung S. 162) ist nicht dargelegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat keinen Rechtssatz formuliert, der dem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht, eine Ausführungsalternative sei vorzugswürdig, wenn sich mit ihr die Planungsziele mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen lassen (BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 33 m.w.N.). Er hat sich diesem Rechtssatz vielmehr angeschlossen (UA Rn. 740). Sollte er ihn unrichtig angewandt haben, läge darin keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (stRspr; vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26).

16

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst.

17

a) Der Kläger möchte in einem Revisionsverfahren grundsätzlich klären lassen,

- ob es für einen Regimewechsel i.S.v. Art. 7 FFH-RL erforderlich ist, dass eine rechtsverbindliche und mit Außenwirkung gegenüber Dritten versehene Benennung von auf das konkrete Gebiet bezogenen Schutz- und Erhaltungszielen erfolgt ist, die über die Benennung geschützter Vogelarten hinausgeht,

- ob es für einen Regimewechsel i.S.v. Art. 7 FFH-RL erforderlich ist, dass eine rechtsverbindliche, mit Außenwirkung gegenüber Dritten versehene, unmittelbar anwendbare Benennung von geeigneten Ge- und Verboten sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für jeden Teil des Gebiets erfolgt ist,

- ob für den Fall, dass eine Benennung nicht für jeden Gebietsteil notwendig ist, sie mindestens für annähernd den gesamten Teil des Gebiets/mindestens mehr als 80 %/jedenfalls mehr als 30 % des betreffenden Gebiets erfolgt sein muss, oder ob es auf die konkreten Standorte der Vorkommen der geschützten Vogelarten und deren Lebensräume ankommt und insofern dann in dem gesamten betreffenden Bereich oder jedenfalls annähernd dem gesamten betreffenden Bereich entsprechende Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen unmittelbar anwendbar sein müssen,

- ob es für einen Regimewechsel i.S.v. Art. 7 FFH-RL erforderlich ist, dass dann, wenn eine Unterschutzstellung nach § 32 Abs. 2 und 3 BNatSchG 2009 (= § 33 Abs. 2 und 3 BNatSchG 2002) im Hinblick darauf unterbleibt, dass nach anderen Rechtsvorschriften, Verwaltungsvorschriften, durch die Regelung von Verfügungsbefugnissen oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet wird, die genannte Vorschrift bzw. vertragliche Vereinbarung mit Außenwirkung gegenüber Dritten rechtsverbindliche Wirkung entfaltet, dafür öffentlich bekannt gemacht wird und die für das jeweilige Gebiet geltenden Schutz- und Erhaltungsziele selbst festlegt (Beschwerdebegründung S. 27 f.),

- ob es für den Regimewechsel nach Art. 7 FFH-RL ausreichend ist, wenn die - die Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 und 3 FFH-RL umsetzenden - Vorschriften der §§ 33 und 34 BNatSchG (bzw. deren Vorgängerregelungen in Art. 13c BayNatSchG 2005) für die Prüfung der Erheblichkeit von Eingriffen und deren ausnahmsweiser Zulassung anwendbar sind (Beschwerdebegründung S. 22), und

- ob die Mitgliedstaaten im Übrigen auch der Sache nach nicht verpflichtet sind, für jedes Schutzgebiet spezielle Verbote zu erlassen, und die Notwendigkeit des Erlasses positiver Maßnahmen von der konkreten Lage im betreffenden Schutzgebiet abhängt (Beschwerdebegründung S. 13).

18

Die unter dem ersten Spiegelstrich aufgeworfene Frage würde sich im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen, weil der Verwaltungsgerichtshof im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 40) eine Festlegung der Erhaltungsziele für notwendig erachtet (UA Rn. 671); hiervon unabhängig geht die Benennung der Erhaltungsziele in § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 VoGEV (Gebiets-Nr. DE 7637471) über die Benennung der geschützten Vogelarten hinaus. Auch die Frage zum fünften Spiegelstrich wäre nicht entscheidungserheblich, weil der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung irrevisiblen Landesrechts (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Wechsel des Schutzregimes durch die Vogelschutzverordnung eingetreten ist (UA Rn. 670). Die Frage zum sechsten Spiegelstrich bräuchte in einem Revisionsverfahren nicht beantwortet zu werden, weil der Kläger mit ihr eine Erwägung aufgreift, die der Verwaltungsgerichtshof lediglich hilfsweise und unabhängig von der Frage der Voraussetzungen eines Regimewechsels von der Vogelschutzrichtlinie zur FFH-Richtlinie angestellt hat (UA Rn. 675 f.). Außerdem sind die Rechtssätze des Verwaltungsgerichtshofs, auf die sich die Frage zum sechsten Spiegelstrich bezieht, mit Rechtssätzen des Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-535/07 - (Rn. 62 und 66) identisch. Zu Unrecht wirft der Kläger dem Verwaltungsgerichtshof vor, den Zusammenhang verkannt zu haben, in dem die Rechtssätze des Europäischen Gerichtshofs stehen (Beschwerdebegründung S. 14). Der Kläger betont, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stelle nur unter der Voraussetzung der Unzweifelhaftigkeit der Gewährleistung eines Schutzes im Sinne von Art. 4 VRL keine formellen Anforderungen an die Aufnahme von Ge- und Verboten in den Rechtsakt, in dem die für das jeweilige Schutzgebiet geschützten Arten und Lebensräume sowie die Erhaltungsziele festgelegt würden, ignoriert aber, dass diese Voraussetzung vorliegend erfüllt ist, weil für das betroffene Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" die geschützten Arten und Lebensräume sowie die Erhaltungsziele in § 3 Abs. 1 VoGEV festgelegt worden sind (UA Rn. 679, 669 f.).

19

Die übrigen Fragen lassen sich anhand der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verneinen, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Für den Wechsel des Schutzregimes von der Vogelschutzrichtlinie zur FFH-Richtlinie reicht es aus, dass das Vogelschutzgebiet räumlich bestimmt ist und der Schutzzweck benannt wird (BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 40). Ob eine Schutzgebietsausweisung die materiellrechtlichen Anforderungen nach Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL oder nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL an die zu treffenden Schutzmaßnahmen erfüllt, ist unerheblich (BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 - 4 B 77.09 - juris Rn. 58, 59). Nichts anderes folgt aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 - (BVerwGE 120, 276). Zwar heißt es in dieser Entscheidung (a.a.O. S. 285) unter Bezugnahme auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - C-415/01 [ECLI:EU:C:2003:118] - Rn. 26), die Ausweisung als Schutzgebiet müsse automatisch und unmittelbar die Anwendung einer mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen. Mit diesen Ausführungen werden aber lediglich die materiellrechtlichen Anforderungen in Bezug genommen, denen Schutz- und Erhaltungsregelungen genügen müssen. Die Aussage, dass ein Wechsel des Schutzregimes nur dann erfolgt, wenn das mit der Ausweisung als Schutzgebiet gewährleistete Schutzniveau den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL genügt, lässt sich auch diesen Ausführungen nicht entnehmen (BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 a.a.O. Rn. 63). Damit hat es sein Bewenden. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung einer Fortentwicklung oder Korrektur in einem Revisionsverfahren bedarf.

20

b) Der Kläger hält die Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig (Beschwerdebegründung S. 43 f.):

- Lassen Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VRL, § 33 Abs. 1 BNatSchG 2002 = § 32 Abs. 1 BNatSchG 2009 es zu, dass die für die Ausweisung von Vogelschutzgebieten zuständige Behörde es im Rahmen ihrer Entscheidung über die Ausweisung von Vogelschutzgebieten für eine unter Art. 4 VRL fallende Vogelart unterlassen darf, diese Entscheidung auf Grundlage deren Bestände und Lebensraumbedingungen in einem dafür in Frage kommenden Gebiet im Vergleich zu deren Beständen und Lebensraumbedingungen an anderer Stelle zu treffen, bzw. ist die Ermittlung und Bewertung von Bestandszahlen und deren Vergleich mit den Gegebenheiten an anderer Stelle dann entbehrlich, wenn ein Gebiet, in welchem sich ein Bestand der Art befindet, nicht im IBA-Verzeichnis aufgeführt ist?

- Ist die Behörde dann, wenn sie ihren naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum betreffend die Ausweisung von Vogelschutzgebieten für eine Art ausgeübt hat, berechtigt, ihre Entscheidung über eine Schutzausweisung für die betreffende Art in anderen Gebieten an Hand anderer Kriterien durchzuführen?

- Darf die gerichtliche Kontrolle einer behördlichen Entscheidung über die (Nicht-)Ausweisung eines Vogelschutzgebiets für eine unter Art. 4 VRL fallende Vogelart so weit zurückgenommen werden, dass es weder auf die von der Behörde für ihre Gebietsausweisung angelegten Kriterien und deren einheitliche Anwendung noch auf eine Ermittlung der Bestandszahlen und Lebensraumbedingungen in den betreffenden Gebieten und deren Abgleich miteinander ankommt?

Sofern die Frage mit ja zu beantworten sein sollte:

-- Gilt dies auch dann, wenn das Land für die Vogelart noch kein Vogelschutzgebiet ausgewiesen hat und die Vogelart in dem betreffenden Gebiet einen ihrer größten landesweiten Bestände hat?

-- Gilt dies auch dann, wenn es um eine Art geht, für deren Erhaltung Deutschland aufgrund der Beherbergung eines 10%igen Anteils eine besondere Verantwortung trägt?

-- Gilt dies auch dann, wenn das Land für die Vogelart erst ein Vogelschutzgebiet ausgewiesen hat und die Vogelart in dem streitbefangenen Gebiet einen deutlich höheren Bestand aufweist als in dem ausgewiesenen Schutzgebiet?

21

Die Fragen lösen die Zulassung der Grundsatzrevision nicht aus, weil sie an dem rechtlichen Ansatz der Vorinstanz und den Feststellungen im angefochtenen Urteil vorbeigehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass der Verordnungsgeber über einen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum verfügt, welche der nach der Vogelschutzrichtlinie geschützten europäischen Vogelarten innerhalb eines europäischen Vogelschutzgebiets erhalten werden sollen (UA Rn. 677). Eine Überschreitung dieses Beurteilungsspielraums hat er vorliegend verneint und zur Begründung u.a. ausgeführt, dass die nach Auffassung des Klägers in die Vogelschutzverordnung aufzunehmenden Erhaltungszielarten Dorngrasmücke, Feldschwirl, Sumpfrohrsänger und Kuckuck bayernweit stark verbreitet seien und sich insoweit das Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" zur Erhaltung dieser Arten keinesfalls aufdränge (UA Rn. 678). Der umfangreiche Fragenkatalog kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kläger im Gewand der Grundsatzrüge die vorinstanzliche Entscheidung einzelfallbezogen bemängelt und mit der Behauptung von Tatsachen, die der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hat, nachweisen will, dass der Verordnungsgeber seinen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum verlassen hat. Mit einer Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung lässt sich die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache aber nicht darlegen.

22

c) Der Kläger sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage,

ob in einem Gebiet, in welchem ein schutzwürdiges Vorkommen einer Anhang II-Art vorkommt, ein Vorhaben verwirklicht werden darf, welches das Vorkommen im Gebiet zerstören würde, wenn zwar weitere Gebiete mit Verbreitungsschwerpunkten dieser Art in einem Bundesland vorkommen, das Bundesland für diese Arten jedoch noch kein Gebiet zur Aufnahme in Natura 2000 gemeldet hat (Beschwerdebegründung S. 83).

23

Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil geklärt ist, dass ein potentielles FFH-Gebiet nicht zerstört oder nicht anderweitig so nachteilig beeinträchtigt werden darf, dass es für eine Meldung an die Kommission nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL nicht mehr in Betracht kommt (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 - 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <157>). Ebenfalls geklärt ist,

- dass ein Bereich im Sinne des Art. 1 Buchst. j FFH-RL, der die sachlichen Kriterien des Art. 4 Abs. 1 FFH-RL erfüllt und dessen Meldung sich für die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten aufdrängt, als potentielles FFH-Gebiet einzustufen ist (BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2000 - 4 C 2.99 - BVerwGE 110, 302 <308 f.>),

- dass die FFH-Richtlinie im Anhang III Phase I B den Mitgliedstaaten bei der Auswahl der der Kommission vorzuschlagenden Gebiete für eine gegebene Art des Anhangs II, auch soweit sie prioritäre Lebensraumtypen beherbergen, einen gewissen ökologisch-fachlichen Beurteilungsspielraum mit der Folge einräumt, dass die Gebiete nicht ausnahmslos gemeldet werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 - 4 A 59.01 - BVerwGE 118, 15 <21>, und

- dass dies unabhängig davon gilt, ob es um die erstmalige Meldung eines Gebiets oder um eine entsprechende Nachmeldung geht (BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 - 4 B 77.09 - juris Rn. 39).

24

Der Kläger zeigt nicht auf, dass die bisherige Rechtsprechung in einem Revisionsverfahren weiter entwickelt oder korrigiert werden müsste. Ihm dient die Grundsatzrüge als Anknüpfungspunkt dafür, dem Verwaltungsgerichtshof vorzuhalten, Teile des Bereichs des so genannten Abfanggrabens Ost und des nördlichen Erdinger Mooses zu Unrecht nicht als potentielles FFH-Gebiet zum Schutz von Vorkommen der Libellenart Vogel-Azurjungfer und der Pflanzenart Sumpf-Siegwurz behandelt zu haben (UA Rn. 819 f.). Auch hier gilt, dass mit einer Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht aufgezeigt werden kann.

25

d) Grundsätzliche Bedeutung misst der Kläger den Fragen bei (Beschwerdebegründung S. 88, 91, 94),

- ob Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL unmittelbar anwendbar ist oder ob es sich bei den Ausnahmegründen des § 45 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG um eine strengere Schutzmaßnahme eines Mitgliedstaates im Sinne von Art. 14 VRL handelt,

- ob Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL dahingehend ausgelegt werden muss, dass eine Nutzung im Sinne der Vorschrift einen individuellen Zugriff auf betroffene Vögel voraussetzt,

- ob eine artenschutzrechtliche Ausnahme für europäische Vogelarten auf den Tatbestand der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher wirtschaftlicher und sozialer Art (§ 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG) gestützt werden kann,

- ob eine weite Auslegung des Tatbestandes der "öffentlichen Sicherheit" in Art. 9 Abs. 1 Buchst. a 1. Spiegelstrich VRL, wonach hierunter auch die "zwingenden Gründe des öffentlichen Interesses" zu verstehen seien, mit Art. 9 Abs. 1 VRL im Einklang steht,

- ob die Ausnahme unter Berufung auf § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG für die Steigerung des Flugsicherheitsniveaus gewährt werden kann, ohne dass eine Gefährdung der Sicherheit des Luftverkehrs begründet vorliegt;

- ob § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, wonach von den zwingenden Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG, Art. 5 VRL aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses Ausnahmen auch für europäisch geschützte Vogelarten möglich sind, mit Art. 9 Abs. 1 VRL vereinbar ist;

- ob für den Fall der Unvereinbarkeit des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG mit Art. 9 Abs. 1 VRL die Auslegung des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a 1. Spiegelstrich VRL, wonach der Tatbestand der öffentlichen Sicherheit weit auszulegen sei und hierunter auch die zwingenden Gründe des öffentlichen Interesses sowie die Sicherheit der Luftfahrt zu verstehen seien, mit Art. 9 Abs. 1 VRL in Einklang steht.

26

Der Verwaltungsgerichtshof ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Abweichungsentscheidung des Beklagten sowohl auf § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG als auch auf § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG stützen lässt (UA Rn. 844 f. i.V.m. Rn. 724 ff., Rn. 848 ff.). Die Revision kann daher nur zugelassen werden, wenn der Kläger zu beiden Vorschriften Gründe für die Zulassung der Grundsatzrevision aufzeigt. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nämlich nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.

27

Das Beschwerdevorbringen des Klägers zur Auslegung und Anwendung des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG führt nicht zur Zulassung der Revision, so dass die Fragen zu § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, Art. 9 Abs. 1 Buchst. a VRL und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL nicht entscheidungserheblich sind.

28

Nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG und im Einklang mit Art. 9 Abs. 1 Buchst. a VRL können die nach Landesrecht zuständigen Behörden von den Verboten des § 44 BNatSchG im Einzelfall u.a. im Interesse der öffentlichen Sicherheit Ausnahmen zulassen. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, dass das planfestgestellte Vorhaben dem Interesse der öffentlichen Sicherheit sowohl im Hinblick auf die herausgehobene Bedeutung als Vorhaben der Luftinfrastruktur zur Bewältigung des zu erwartenden steigenden Luftverkehrsaufkommens am Verkehrsflughafen München als auch hinsichtlich der Steigerung des Flugsicherheitsniveaus durch die Behebung der sich mit Kapazitätsengpässen verbindenden Risiken für die Störung der Flugsicherheit insbesondere bei Starts und Landungen dient (UA Rn. 850). Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um den Verwaltungsgerichtshof darin zu bestätigen, dass im Interesse der öffentlichen Sicherheit jedenfalls Maßnahmen zur Entschärfung der Risiken für die Flugsicherheit liegen, die durch Kapazitätsengpässe und einer damit verbundenen dichten Flugfolge bei Starts und Landungen heraufbeschworen werden. An die vorinstanzliche Feststellung, dass die Erweiterung des Flughafens München (auch) dazu dient, Risiken für die Störung der Flugsicherheit zu begegnen, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Mit der Behauptung, der Flughafen werde nicht gebaut, um die Sicherheit zu erhöhen, sondern allein zur Befriedigung einer vermeintlichen Nachfrage an Flugbewegungen (Beschwerdebegründung S. 93), kann der Kläger nicht gehört werden.

29

e) Grundsätzlichen Klärungsbedarf sieht der Kläger bei den Fragen (Beschwerdebegründung S. 151, 173),

- ob es bei der gerichtlichen Prüfung des Vorliegens des Abweichungsgrundes der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses (Art. 6 Abs. 4 FFH-RL) im Hinblick auf das Merkmal von Prognoseunsicherheiten erforderlich ist zu prüfen, ob bei einer zuvor festgestellten sachgerechten Prognose die prognostizierte Entwicklung mit Sicherheit bzw. mit großer oder geringer Wahrscheinlichkeit eintreten wird;

- ob Art. 6 Abs. 4 FFH-RL dahingehend auszulegen ist, dass dann, wenn das Vorliegen der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses bejaht und das Projekt damit zugelassen wird, eine nochmalige bzw. weitergehende Überprüfung des Abweichungsgrundes erforderlich wird, wenn zwischen der Zulassung des Projekts und dem Baubeginn eine tatsächliche Entwicklung eingetreten ist, die den Abweichungsgrund ganz oder teilweise - letzteres im Hinblick auf die Alternativenprüfung - entfallen lassen könnte;

- ob Kohärenzmaßnahmen gem. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL bei der bipolaren Abwägung mindernd berücksichtigt werden dürfen, bejahendenfalls, welchen Anforderungen Kohärenzsicherungsmaßnahmen genügen müssen, um mindernd berücksichtigt werden zu können, ob es geboten ist, an die Erfolgswahrscheinlichkeit "qualifizierter" Kohärenzsicherungsmaßnahmen dieselben strengen Überprüfungsmaßstäbe anzulegen, wie sie für Schadensvermeidungsmaßnahmen gelten, ob vermieden werden muss, dass eine Doppelanrechnung einer Maßnahme als das Integritätsinteresse vermindernde und als eigentliche Kohärenzsicherungsmaßnahme gelten kann, und ob entsprechende Kennzeichnungen zum Beleg der unterschiedlichen Qualität der Kohärenzsicherungsmaßnahmen erfolgen müssen.

30

Auf die Frage zum ersten Spiegelstrich lässt sich mit dem Urteil des Senats vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - (BVerwGE 134, 166 Rn. 17) antworten: Bei der Gewichtung der Abweichungsgründe sind auch die mit der Planung verbundenen Prognoseunsicherheiten zu bewerten. Reichen die Prognoseunsicherheiten weiter als in anderen Fällen, bedarf es der Darlegung, warum dem Vorhaben gleichwohl ein besonderer Stellenwert zukommt. Das kann etwa der Fall sein, wenn mit normativer Verbindlichkeit die besondere Dringlichkeit des Vorhabens angeordnet ist. Mit welchem Gewicht Prognoseunsicherheiten zu Buche schlagen, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. Als Faustregel lässt sich lediglich festhalten: Je weiter die Unsicherheiten reichen, desto geringer wiegt das öffentliche Interesse an dem Vorhaben und desto konkreter und verbindlicher müssen die das Vorhaben stützenden Zielvorgaben sein, wenn ihm trotz des unsicheren Bedarfs ein hohes Gewicht beigemessen werden soll. Daran hat der Senat im Beschluss vom 14. April 2011 - 4 B 77.09 - (juris Rn. 45) festgehalten. Der Kläger zeigt weiteren Klärungsbedarf nicht auf, sondern kritisiert, dass der Verwaltungsgerichtshof den Begriff der Prognoseunsicherheit zu eng verstanden habe (Beschwerdebegründung S. 155). Das ist kein Grund für die Zulassung der Grundsatzrevision.

31

Die Frage zum zweiten Spiegelstrich ist nicht entscheidungserheblich, weil sie auf einen Sachverhalt gemünzt ist, den der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Tatsachen ermittelt, aus denen sich ergibt, dass die Abweichungsgründe des § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG bzw. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses entfallen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts scheidet die Zulassung der Revision aus, wenn ein Instanzgericht eine Tatsache nicht festgestellt hat, die für die Entscheidung der angesprochenen Rechtsfrage erheblich sein würde, sondern lediglich die Möglichkeit besteht, dass die Rechtsfrage nach Zurückverweisung der Sache aufgrund weiterer Sachaufklärung entscheidungserheblich werden könnte (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Dezember 1998 - 9 B 197.98 - juris Rn. 6 und vom 28. November 2005 - 4 B 66.05 - ZfBR 2006, 159).

32

Die Fragen zum dritten Spiegelstrich bedürfen mangels Entscheidungserheblichkeit keiner Klärung. Nach der tatrichterlichen Würdigung, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, überwiegt das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens schon das ungeschmälerte Integritätsinteresse (UA Rn. 735). Die Eignung von Kohärenzsicherungsmaßnahmen zur Minderung des Gewichts des Integritätsinteresses (UA Rn. 736) ist ein zusätzliches Argument ("Darüber hinaus ..."), das hinweggedacht werden könnte, ohne dass sich die angegriffene Entscheidung ändert.

33

f) Der Kläger hält für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung (Beschwerdebegründung S. 159),

ob sich unter dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes als ein wesentliches Element der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG die gerichtliche Überprüfung einer Verkehrsprognose und deren Gewichtung im Rahmen der fachplanerischen Abwägung auch darauf beziehen muss, ob die Prognose durch spätere tatsächliche Entwicklungen bestätigt oder widerlegt wird.

34

Grundsätzlicher Klärungsbedarf bestehe im Hinblick auf die strengen Anforderungen an die gerichtliche Kontrolle von Enteignungsentscheidungen bzw. wie hier an die Überprüfung einer fachplanerischen Zulassung mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung.

35

Die Frage bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie dort nicht entscheidungserheblich wäre. Nach der Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs ist das planfestgestellte Vorhaben zum Wohl der Allgemeinheit nicht nur geboten, weil nach der Verkehrsprognose das fachplanungsrechtliche Erfordernis der Planrechtfertigung gegeben ist, sondern auch deshalb, weil über die bestehende Planrechtfertigung hinaus weitere überwiegende öffentliche Interessen für das Vorhaben streiten (UA Rn. 595). Im Übrigen bedarf es keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass die gestellte Frage zu verneinen ist. Denn die Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung von Prognoseentscheidungen ist auch an Fällen entwickelt worden, in denen die jeweilige Planungsentscheidung enteignungsrechtliche Vorwirkung entfaltet hat (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 21 und Gerichtsbescheid vom 29. Januar 2009 - 7 A 1.08 - juris Rn. 13.) Darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

36

g) Grundsätzlichen Klärungsbedarf reklamiert der Kläger in Bezug auf folgende Fragen (Beschwerdebegründung S. 181):

- Folgt aus § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG i.V.m. Art. 6, 6 Abs. 2 Buchst. e UVP-RL eine Pflicht der Genehmigungsbehörde, während des laufenden Verwaltungsverfahrens sämtliche bei der Genehmigungsbehörde eingereichten Unterlagen eigeninitiativ der Öffentlichkeit zugänglich zu machen?

- Sollte die Frage zu verneinen sein: Gilt dies jedenfalls in Bezug auf solche Unterlagen, die vom Vorhabenträger eingereicht wurden und für die Entscheidung über den Genehmigungsantrag wesentlich (im Sinne von entscheidungstragender Relevanz) sind?

- Gilt dies insbesondere in Bezug auf Unterlagen betreffend den Bedarf an einem Vorhaben, dessen sozioökonomische oder dessen umweltbezogene Auswirkungen?

- Welche Anforderungen hat ein Gericht im Rechtsmittelverfahren gegen eine Vorhabengenehmigung in Bezug auf die Feststellung eines Nachweises zu erfüllen, so dass nachweislich die Möglichkeit besteht, dass eine angegriffene Entscheidung ohne einen geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre? Steht Art. 11 UVP-RL einer solchermaßen eingeschränkten Behandlung von klägerischen Rügen betreffend Verfahrensfehlern nicht entgegen?

- Obliegt es der Klägerseite, mit hinreichend substantiierten Einwendungen vorzutragen, inwieweit eine klägerische Äußerung zu den betreffenden Unterlagen die Genehmigungsbehörde vor Genehmigungserteilung hätte veranlassen können, eine andere Entscheidung zu treffen und auf die Kausalität von Verfahrensfehlern bezogene Beweisanträge zu stellen?

37

Die Antworten auf die Fragen zu den ersten drei Spiegelstrichen ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz. § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG ist zu entnehmen, dass Informationen, die über diejenigen hinausgehen, die in den nach § 9 Abs. 1b Satz 1 UVPG auszulegenden Unterlagen enthalten sind, nicht sämtlich der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind, sondern nur, soweit sie für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können. Inwieweit Art. 6 UVP-RL (Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten - UVP-Richtlinie) für § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG eine Rolle spielt, legt der Kläger nicht dar. Die Fragen zum vierten und fünften Spiegelstrich sind nicht entscheidungserheblich, da der Verwaltungsgerichtshof festgestellt hat, dem Kläger seien nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses naturschutzfachliche Sachverständigengutachten, die ihm zuvor vorenthalten worden seien, übersandt worden, so dass jedenfalls Heilung eingetreten sei (UA Rn. 366). Die Fragen beziehen sich auf die weitere, selbständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichtshofs ("Dessen ungeachtet ..."), dass der Kläger auch nicht substantiiert darzulegen vermocht habe, inwieweit eine Äußerung zu den betreffenden Unterlagen vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses den Beklagten hätte veranlassen können, eine andere Entscheidung zu treffen.

38

h) Grundsätzlich klären lassen möchte der Kläger (Beschwerdebegründung S. 186),

ob eine (teilweise) Beseitigung eines Gewässers i.S.d. § 67 Abs. 2 Satz 1 WHG den anderen Anforderungen dieses Gesetzes gem. § 68 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 1 WHG, namentlich den Anforderungen der §§ 27 ff. WHG, genügen kann, wenn keine Ausnahme gem. § 31 WHG erteilt worden ist.

39

Der Kläger geht unter Berufung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 3. August 2011 - 10 K 473/09 - (NVwZ-RR 2011, 938) davon aus, dass jede (teilweise) Beseitigung eines Oberflächengewässers eine nachteilige, nicht nur vorübergehende Veränderung seines ökologischen und chemischen Zustands im Sinne des § 27 WHG darstellt, die deshalb nur planfeststellungsfähig ist, wenn eine Ausnahme gem. § 31 Abs. 2 WHG erteilt worden ist. Der Senat kann offenlassen, ob der Kläger § 27 WHG richtig versteht und die Vorschrift nicht nur einschlägig ist, wenn die Gewässerqualität nachteilig betroffen wird. Denn der Kläger könnte aus dem präsumtiven Versäumnis der Planfeststellungsbehörde, eine etwa erforderliche Ausnahme nach § 31 Abs. 2 WHG nicht eingeholt zu haben, nichts für sich herleiten. Denn von entscheidender Bedeutung für seine Rechtsverteidigung ist, ob die Ausnahme rechtmäßigerweise zum Gegenstand der Planungsentscheidung hätte gemacht werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 565). Dazu verhält sich weder das angefochtene Urteil noch der Kläger in seiner Beschwerdebegründung.

40

i) Als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung sieht der Kläger die Frage an (Beschwerdebegründung S. 191),

ob der zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses geltende Art. 3 2. Spiegelstrich der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, wonach die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf den Faktor "Klima" in geeigneter Weise nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls gemäß den Artikeln 4 bis 11 zu identifizieren, zu beschreiben und zu bewerten hat, dergestalt auszulegen ist, dass die von einem Vorhaben ausgehenden Treibhausgasemissionen, die für den Klimawandel verantwortlich gemacht werden, zu identifizieren, zu beschreiben und zu bewerten sind.

41

Anknüpfungspunkt für die Frage ist die Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs, dass globale Klimaveränderungen in Folge der Emissionen des Luftverkehrs, namentlich der CO2-Emissionen, nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung seien (UA Rn. 880).

42

Der Kläger macht geltend, dass der Begriff "Klima" in Art. 3 2. Spiegelstrich der Richtlinie 85/337/EWG nicht anders verstanden werden könne als der gleichlautende Begriff in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Nachfolgerichtlinie 2014/52/EU vom 16. April 2014 (ABl. L 124 S. 1), bei dem der globale Bezug unstrittig sei. Dem folgt der Senat schon im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Die Richtlinie 2014/52/EU führt unter den Erwägungen (7) aus, dass das Thema Klimawandel zunehmend an Bedeutung gewonnen habe und daher ein wichtiger Bestandteil der Bewertung und Entscheidungsfindung sein sollte, und hält es in der Erwägung (13) für angezeigt, die Auswirkungen von Projekten auf das Klima (z.B. Treibhausgasemissionen) und ihre Anfälligkeit in Bezug auf den Klimawandel zu bewerten, weil der Klimawandel weitere Umweltschäden verursachen werde. Identische oder vergleichbare Erwägungen sind der nahezu 30 Jahre älteren Richtlinie 85/337/EWG nicht vorangestellt. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass Art. 3 2. Spiegelstrich der Richtlinie 85/337/EWG die Auswirkungen eines Projekts auf das globale Klima nicht zum Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung machen wollte. Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 AEUV bedarf es nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 [ECLI:EU:C:1982:335] - Rn. 14).

43

3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Verfahrensfehler, auf denen das angefochtene Urteil beruhen kann, liegen entweder nicht vor oder sind nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt.

44

a) Der Kläger rügt als Verstoß gegen die Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO), dass der Verwaltungsgerichtshof die Kenntnisse der sonstigen Vorschriften und Maßnahmen, deren Vorliegen mitursächlich für den Regimewechsel von der Vogelschutzrichtlinie zur FFH-Richtlinie sein sollen, nur auf die Informationen im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 31. Oktober 2013 und in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2013 gestützt, die darin genannten Verordnungen und Dokumentationen zu den Maßnahmen, insbesondere Verträgen, aber nicht zur Kenntnis und zur Gerichtsakte genommen habe (Beschwerdebegründung S. 31).

45

Die Rüge ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können, wobei vom materiellrechtlichen Standpunkt der Vorinstanz auszugehen ist, auch wenn dieser rechtlich verfehlt sein sollte (BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 - 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183; stRspr). Diesen Anforderungen wird der Kläger jedenfalls deshalb nicht gerecht, weil er nicht aufzeigt, dass bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs die Entscheidung zu seinen Gunsten hätte ausgehen müssen, wenn das Gericht die vermisste Aufklärung betrieben hätte. Er missversteht die Aufklärungsrüge, wenn er sie als Instrument nutzen will, um die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zu kritisieren, in der Schutzerklärung bräuchten die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Ge- und Verbote sowie Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen nicht festgelegt zu werden (Beschwerdebegründung S. 33).

46

b) Der Kläger beanstandet als Verstöße gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), gegen die Begründungspflicht (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) und gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG), dass sich der Verwaltungsgerichtshof nicht ausreichend mit dem Vorbringen auseinandergesetzt habe, das "Nördliche Erdinger Moos" sei zu Unrecht nicht als Vogelschutzgebiet für die Arten Dorngrasmücke, Feldschwirl, Kuckuck und Sumpfrohrsänger ausgewiesen worden (Beschwerdebegründung S. 48).

47

Die Rüge ist schon deshalb unbegründet, weil es nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs für die Frage, welches Schutzregime vorliegend zur Anwendung kommt, keine Rolle spielt, ob im Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" die vom Kläger benannten Vogelarten als Erhaltungsziel hätten aufgenommen werden müssen (UA Rn. 677). Sie kann aber auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die zusätzliche und die Entscheidung selbständig tragende Begründung ("Unbeschadet dessen..."), dass keine rechtlich durchgreifenden Fehler des Beklagten bei der Festlegung der Erhaltungszielarten im Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" ersichtlich seien, den Angriffen des Klägers stand hält. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dem Vorbringen des Klägers im gebotenen Umfang gewidmet und seinen Befund, dass der Verordnungsgeber bei der Festlegung der Erhaltungszielarten seinen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum nicht überschritten habe, mit mehreren Argumenten untermauert (UA Rn. 678). Dass der Kläger die Argumente nicht für überzeugend hält, ist ohne Belang. Seiner Rüge, dass die vorinstanzliche Aussage, die Arten seien bayernweit stark vertreten, mangels Ermittlung der Verbreitungszahlen aktenwidrig sei (Beschwerdebegründung S. 51), liegt ein unzutreffendes Verständnis des Begriffs der Aktenwidrigkeit zugrunde. Aktenwidrigkeit bedeutet einen offensichtlichen Widerspruch zwischen den tatsächlichen Feststellungen, die in der angegriffenen Entscheidung getroffen worden sind, und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 1997 - 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 S. 1). Sie kann nicht mit der Behauptung begründet werden, eine tatsächliche Feststellung finde in den Akten keine Stütze.

48

c) § 86 Abs. 1 und § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO wurden nach Ansicht des Klägers durch die Feststellung der fehlenden Betroffenheit der Bekassine als Rastvögel verletzt (Beschwerdebegründung S. 57 f.). Der Verwaltungsgerichtshof sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, weil seine Behauptung, eine Beobachtung von etwa 300 rastenden Bekassinen im Bereich der Südlichen Lüsse sei nicht publiziert und habe für die Beigeladene und den Beklagten im maßgeblichen Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses nicht zur Verfügung gestanden (UA Rn. 691), und die Feststellung, dass Bekassine mangels geeigneter Habitate auf den Flughafenwiesen nicht in signifikantem Umfang vorkämen (UA Rn. 839), unzutreffend seien. Außerdem habe der Verwaltungsgerichtshof das wiederholte Vorbringen des Klägers, eine hohe Zahl von Individuen raste auch im Bereich der Südlichen Lüsse und damit im Einwirkungsbereich des Vorhabens, zum Anlass nehmen müssen, den Sachverhalt weiter aufzuklären.

49

Die vom Kläger in Bezug genommene, im Planfeststellungsverfahren eingereichte Stellungnahme vom 18. Dezember 2007 belegt nicht, dass die vorinstanzliche Feststellung unzutreffend ist, eine Beobachtung von etwa 300 rastenden Bekassinen im Bereich der Südlichen Lüsse sei bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nicht publiziert. Der Kläger weist in seiner Stellungnahme keine Publikation nach, sondern beschränkt sich auf den Hinweis, es fehlten Angaben zur Bekassine als häufiger Durchzügler (Maximum größer 200 Ex.). Seinen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2013, dass eine hohe Zahl von Individuen während ihrer mehrwöchigen Rastzeiten nicht nur im Bereich der Nördlichen Lüsse, sondern auch in der Südlichen Lüsse und damit im Eingriffsbereich raste, musste der Verwaltungsgerichtshof nicht zum Anlass für weitere Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung nehmen; denn nach seiner - zutreffenden - Ansicht kam es auf den Kenntnisstand der Planfeststellungsbehörde bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses an.

50

Die Feststellung, dass Bekassine mangels geeigneter Habitate auf den Flughafenwiesen nicht in nennenswertem Umfang vorkämen, stützt der Verwaltungsgerichtshof auf die Aussage des Vertreters der höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung. Danach bevorzugen Bekassine die Nördliche Lüsse, weil sie viel stärker vernässt sei als die Südliche Lüsse und auch mehr Moorböden aufweise als die Südliche Lüsse, wo mineralische Böden überwögen (Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2013 S. 8). Der Kläger hält die Feststellung für aktenwidrig und widersprüchlich (Beschwerdebegründung S. 59). Aus den zu den Gerichtsakten genommenen Planfeststellungsunterlagen ergebe sich, dass im südlichen Teil der Lüsse ebenso Moorböden vorkämen wie im nördlichen Teil und sich auch die Nässeverhältnisse nicht signifikant unterschieden. Der gerügte Verfahrensfehler ist damit nicht dargetan. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Tatsachen festgestellt, die dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt widersprechen. Er hat weder angenommen, dass es in der Südlichen Lüsse überhaupt keine Moorböden gibt, noch hat er jegliche Vernässung in der Südlichen Lüsse verneint. Die Einschätzung des Klägers, dass der Unterschied der Nässeverhältnisse nicht signifikant sei, ist eine Frage der Wertung und der Rüge der Aktenwidrigkeit nicht zugänglich.

51

d) Als Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO bemängelt der Kläger, dass der Verwaltungsgerichtshof seinem Einwand nicht nachgegangen sei, der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung gem. § 34 Abs. 3 BNatSchG sowie der artenschutzrechtlichen Prüfung der Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG sei keine ordnungsgemäße Erfassung der Brutvögel zugrunde gelegt worden (Beschwerdebegründung S. 64). Der Verwaltungsgerichtshof habe sich nicht darauf zurückziehen dürfen, die von ihm, dem Kläger, vorgelegten Sachverständigengutachten für nicht nachvollziehbar zu erklären, sondern hätte ihn um weitere Aufklärung ersuchen oder einen Sachverständigen einschalten müssen.

52

Die Aufklärungsrüge bleibt erfolglos. Soweit der Kläger dem Verwaltungsgerichtshof vorwirft, dem Beklagten zu Unrecht eine Einschätzungsprärogative bei der Methode der Bestandserfassung zugebilligt zu haben (Beschwerdebegründung S. 66), macht er die Verletzung materiellen Rechts geltend. Mit der Aufklärungsrüge können aber nur die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz angegriffen werden.

53

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich davon überzeugt, dass die Revierkartierung der Beigeladenen den Vorgaben der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur herausgegebenen Technischen Vertragsbedingungen für landschaftsplanerische Leistungen im Straßen- und Brückenbau entspricht (UA Rn. 686). Der Kläger stellt die vom Verwaltungsgerichtshof angenommene Zahl der Begehungen nicht in Frage. Er bestreitet aber, dass die jeweilige Begehungsdauer ausreichend war, und meint, dass der Verwaltungsgerichtshof seinem substantiierten, durch den Sachverständigen Dr. S. untermauerten Vortrag hätte nachgehen müssen (Beschwerdebegründung S. 68). Die Kritik ist unberechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Kenntnis genommen, dass der Sachverständige aus internen Rohdaten der Beigeladenen auf Defizite des zeitlichen Aufwands für die Bestandserfassung geschlossen hat. Er hat die Berechnungsergebnisse des Sachverständigen aber nicht als plausibel nachvollziehen können. Dies beruht nicht auf fehlendem Sachverstand des Gerichts, der im Wege des vom Kläger vermissten Sachverständigenbeweises hätte ausgeglichen werden können, sondern hat seinen Grund darin, dass der Verwaltungsgerichtshof der Aussage des Vertreters der höheren Naturschutzbehörde Glauben geschenkt hat, Rohdaten seien ihrer Art nach nicht gesichtet, gewichtet und richtig eingeordnet und deshalb vielfach nicht aussagekräftig (UA Rn. 688). Der Einwand des Klägers, Rohdaten an sich und auch die von ihm ausgewerteten Zusammenfassungen der Rohdaten seien einer Auswertung durch Dritte zugänglich (Beschwerdebegründung S. 74), führt nicht auf den Verfahrensfehler der mangelnden Klärung des Sachverhalts, sondern betrifft die Tatsachen- und Beweiswürdigung, die in der Regel und so auch hier dem sachlichen Recht zuzuordnen ist.

54

e) Der Kläger vermisst eine Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichtshofs mit seinem Vortrag, wonach es sich bei dem Vorkommen der Libellenart Vogel-Azurjungfer im "Nördlichen Erdinger Moos" um eines der wichtigsten Schwerpunktvorkommen in Bayern handele. Der Verwaltungsgerichtshof habe damit gegen seine Verpflichtung aus § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, das klägerische Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (Beschwerdebegründung S. 79).

55

Die Rüge wird dem angefochtenen Urteil nicht gerecht. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit dem Vorkommen der Libellenart Vogel-Azurjungfer beschäftigt. Er ist davon ausgegangen, dass es ein Vorkommen dieser Art im Nördlichen Erdinger Moos gibt und die Art auch schutzwürdig ist, das Vorhandensein eines potentiellen FFH-Gebiets aber verneint, weil die Verbreitungsschwerpunkte der Art in Franken und im Landkreis Donau-Ries lägen und die dortigen Vorkommen größer seien als diejenigen im Bereich Nördliches Erdinger Moos (UA Rn. 819 f.). Der Auffassung des Klägers, jedes meldewürdige Gebiet sei dem Regime der FFH-Richtlinie zu unterstellen (Beschwerdebegründung S. 82), hat er eine Absage erteilt. Darin liegt kein Gehörsverstoß. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81 u.a. - BVerfGE 64, 1 <12>).

56

f) Nach Auffassung des Klägers beruht die Abweisung der Klage wegen des angeblichen Vorliegens des Ausnahmetatbestandes des Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL - vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen unter streng überwachten Bedingungen - auf einer Missachtung der Vorgaben des § 108 Abs. 1 VwGO (Beschwerdebegründung S. 95). Die Rüge führt schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil - wie bereits bei der Prüfung der Grundsatzrügen dargelegt - Fragen zu Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL nicht entscheidungserheblich sind.

57

g) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO ist dem Verwaltungsgerichtshof nach Ansicht des Klägers bei der Überprüfung der artenschutzrechtlichen Ausnahme hinsichtlich der Art Zauneidechse unterlaufen (Beschwerdebegründung S. 97). Der Verwaltungsgerichtshof habe den Vortrag übergangen, wonach die Bestandserfassung nicht ausreichend sei (Beschwerdebegründung S. 98 f.), und aktenwidrig angenommen, dass die Methode der Bestandserfassung an den Vorgaben des Handbuchs für die Vergabe von freiberuflichen Leistungen im Straßen- und Brückenbau orientiert gewesen sei (Beschwerdebegründung S. 101). Außerdem sei er nicht auf die Einwendung eingegangen, dass die Zwischenhälterungsfläche im Rahmen des Schutzmaßnahmenkonzepts ungeeignet sei (Beschwerdebegründung S. 104).

58

Die Rüge des Klägers, der Verwaltungsgerichtshof habe den Vortrag zur defizitären Bestandserfassung und zur mangelnden Eignung des Schutzkonzepts ausgeblendet, ist unbegründet. Aus dem Urteil ergibt sich, dass der Verwaltungsgerichtshof die Ausführungen der Klägerseite zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (UA Rn. 832, 860 ff.). Er ist ihnen nur nicht gefolgt. Die Rüge einer aktenwidrigen Feststellung des Sachverhalts ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Der Kläger bestreitet nicht, dass die Beigeladene drei Begehungen von je einer Stunde pro Fläche durchgeführt hat, wie Nr. 6.7.3 des Handbuchs für die Vergabe von freiberuflichen Leistungen im Straßen- und Brückenbau dies für die Standarduntersuchung vorsieht und der Verwaltungsgerichtshof für ausreichend angesehen hat, sondern meint - im Gewand der Rüge der Aktenwidrigkeit verfehlt -, dass eine aufwändigere Spezialuntersuchung erforderlich gewesen wäre.

59

h) Der auf Tatsachenbehauptungen der höheren Naturschutzbehörde des Beklagten und der Beigeladenen gestützte Befund des Verwaltungsgerichtshofs, dass Fledermausarten keinem signifikant erhöhten Mortalitätsrisiko durch Wirbelschleppen und Kollisionen mit Flugzeugen ausgesetzt seien (UA Rn. 840), beruht nach Ansicht des Klägers auf einer unzureichenden Bildung der richterlichen Überzeugung (Beschwerdebegründung S. 108). Der Kläger beanstandet, dass der Verwaltungsgerichtshof die abweichende Einschätzung des Sachverständigen D., die auf anderen Annahmen zum Flugverhalten, insbesondere zur Flughöhe, von Fledermäusen beruht, nicht zum Anlass genommen hat, die beantragte Beweisaufnahme durchzuführen (Beschwerdebegründung S. 110). Seine Kritik führt nicht zur Zulassung der Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Beweisantrag schon eine hinreichende tatsächliche Grundlage abgesprochen. Zudem habe der Kläger die vorliegenden Untersuchungen zum Vorkommen von Fledermäusen sowie zu Kollisions- und Wirbelschleppenrisiken für Fledermäuse im Wirkbereich der geplanten dritten Start- und Landebahn nicht ernsthaft erschüttert. Jedenfalls die zweite Begründung erweist sich als tragfähig. Die unter Beweis gestellte Tatsache, dass im Wirkbereich des planfestgestellten Vorhabens Fledermausarten vorkommen, die bis zu 200 Meter hoch über Grund fliegen (Beiakten II Bl. 457 R, VI Bl. 2694 zu 8 A 11.40051), hat der Verwaltungsgerichtshof nicht in Abrede gestellt. Er ist allerdings der Darstellung der fachkundigen höheren Naturschutzbehörde gefolgt, dass die regelmäßige Flughöhe der vorliegend betroffenen Fledermausarten (insbesondere Großer Abendsegler, Rauhautfledermaus, Zweifarbfledermaus und Kleiner Abendsegler) bei maximal 40 Metern liege und Fledermausflüge in größerer Höhe lediglich Einzelereignisse insbesondere über besonders geeigneten Gebieten darstellten, zu denen der gesamte Wirkbereich der geplanten Start- und Landebahn nicht gehöre. Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung des Klägers, dass Fledermausarten, insbesondere der Große Abendsegler, ständig in Flughöhen über 40 Metern flögen und den Luftraum bis zu 500 Meter nutzten (Beschwerdebegründung S. 111), war nicht Gegenstand des Beweisantrags. Damit verhält sich der Beweisantrag nicht zu den vom Verwaltungsgerichtshof als maßgeblich angesehenen Tatsachen, dass der Wirkbereich des planfestgestellten Vorhabens kein Fledermaushabitat ist und Fledermausflüge in größerer Höhe als 220 Meter lediglich Einzelereignisse sind (UA Rn. 840). Der klägerische Vortrag zwang den Verwaltungsgerichtshof auch nicht, von sich aus das vermisste Sachverständigengutachten einzuholen. Entgegen der Ansicht des Klägers (Beschwerdebegründung S. 110) muss divergierenden Aussagen von Sachverständigen nicht stets durch ein "Obergutachten" nachgegangen werden.

60

i) Der Kläger kritisiert mit verschiedenen, auf Einzelheiten bezogenen Verfahrensrügen, dass der Verwaltungsgerichtshof die für die Beigeladene erstellte Luftverkehrsprognose der I. GmbH, deren Methodik und Ergebnis die von dem Beklagten mit der Qualitätssicherung beauftragen Gutachter der Technischen Universität Hamburg-Harburg als nachvollziehbar und plausibel bezeichnet haben, nicht beanstandet hat.

61

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich davon überzeugt, dass die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Verkehrsprognose nach einer geeigneten Methode durchgeführt, der maßgebliche Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Die vom Kläger vorgebrachten Bedenken griffen nicht durch (UA Rn. 375). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Einzelnen dargelegt, dass

- der in der Verkehrsprognose des Gutachters der Beigeladenen (zuletzt) gewählte Prognosezeitraum nicht zu beanstanden sei (UA Rn. 377 bis 379),

- die Methodik der Verkehrsprognose trotz Nicht-Offenlegung der verwendeten Quelle-Ziel-Matrizes und des eher die Ausnahme bildenden Ansatzes eines komplexen, integrierten Gesamtverkehrsmodells der Prüfung standhalte (UA Rn. 380 bis 385), weil weder gegen den Umgang des Gutachters der Beigeladenen mit Elastizitäten (als Maß für Verhaltensänderungen) noch gegen die Verwendung der Quelle-Ziel-Matrix des Jahres 2008 für die Prognose mit dem Basisjahr 2009 etwas einzuwenden sei,

- die qualitätsgesicherte Verkehrsprognose auch hinsichtlich der zugrunde gelegten Prognoseprämissen bzw. der Validität der zugrunde liegenden Tatsachen an keinem durchgreifenden Mangel leide (UA Rn. 386 bis 397), weil die Annahme von 18 Prozent Treibstoffkostenanteil in der Luftverkehrsprognose 2010 einen plausiblen Durchschnitt für die in München operierenden Airlines darstelle, die Treibstoffkosten als preiserhöhender Faktor in angemessenem Umfang Berücksichtigung gefunden hätten und die Annahmen zum zu erwartenden Passagierwachstum am Flughafen München von Klägerseite nicht ernsthaft erschüttert worden seien,

- nach der als hinreichend valide zugrunde zu legenden Luftverkehrsprognose des Gutachters der Beigeladenen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Prognosejahr 2025 im so genannten Basisszenario mit einer sich in Höhe von 590 000 Flugbewegungen niederschlagenden Luftverkehrsnachfrage zu rechnen sei, die mit dem derzeit bestehenden Zwei-Bahn-System nicht zu befriedigen sei (UA Rn. 398 bis 409).

62

Der Kläger greift einzelne Annahmen und Bewertungen des Verwaltungsgerichtshofs mit Verfahrensrügen an (Beschwerdebegründung S. 118 bis 151). Die Rügen, die sich zusammengefasst bescheiden lassen, haben keinen Erfolg. Soweit der Kläger geltend macht, ihm sei rechtliches Gehör versagt worden, ist ihm entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel davon auszugehen ist, dass das Gericht bei seiner Entscheidung die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das gilt auch für Vorbringen, das in den Entscheidungsgründen nicht erörtert ist. Das Gericht ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO), sondern darf sich auf die Gründe beschränken, die für seine Entscheidung leitend gewesen sind. Die Beweisanträge des Klägers zum Wachstum im Luftverkehr, der zu erwartenden Zahl von Flugbewegungen bzw. der zu erwartenden Slot-Nachfrage durfte der Verwaltungsgerichtshof rechtsfehlerfrei mit der Begründung ablehnen, die in ihrer Qualität gesicherte Luftverkehrsprognose des Gutachters der Beigeladenen sei nicht ernsthaft erschüttert worden und zu seiner Überzeugungsbildung geeignet (UA Rn. 397). Die Kritik des Klägers, dem Verwaltungsgerichtshof hätte sich eine weitere Sachverständigenbegutachtung aufdrängen müssen, weil die reale Entwicklung der Flugbewegungszahlen nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses die Richtigkeit der Prognose in Frage stelle (Beschwerdebegründung S. 150), führt nicht auf einen Verfahrensfehler, weil der Verwaltungsgerichtshof darauf abgestellt hat, Gegenstand der gerichtlichen Prüfung könne - abgesehen von extrem gelagerten Fällen - ausschließlich die Frage sein, ob die der Planungsentscheidung zugrunde liegende Prognose den an sie gestellten Anforderungen genüge, nicht aber, ob die Prognose durch die spätere tatsächliche Entwicklung mehr oder weniger bestätigt oder widerlegt sei, und für einen dergestalt extrem gelagerten Fall keine Anhaltspunkte gefunden hat (UA Rn. 413).

63

Soweit der Kläger mit seinen Rügen Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung beanstandet, ist darauf zu verweisen, dass solche Fehler - sofern sie denn vorlägen - revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen sind und einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen können. Eine Ausnahme hiervon kommt bei einer aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht (BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 2010 - 7 B 35.09 - juris Rn. 15).

64

aa) Der Kläger beanstandet als aktenwidrig, dass der Verwaltungsgerichtshof den Gutachtern der Qualitätssicherung gefolgt sei, Preiselastizitäten im I.-Verkehrsmodell würden nur als "Output-Elastizitäten" ausgegeben, die sich im Ergebnis einstellen (UA Rn. 383). Die tatsächlichen Abläufe der Qualitätssicherung seien andere, wie sich aus dem Inhalt der zwischen der I. und dem Qualitätssicherer ausgetauschten fünf unveröffentlichten Berichte ergebe (Beschwerdebegründung S. 121 ff.). Die Rüge der Aktenwidrigkeit greift nicht durch. Der Kläger zitiert selbst aus einem Dokument von I., wonach der Begriff "Elastizitäten" im Sinne von "Output-Elastizitäten" zu verstehen sei, die sich im Ergebnis einstellten, wenn im Modell (ausschließlich) die Luftverkehrspreise variiert würden. Er wirft I. aber eine irreführende Verwendung des Ausdrucks "Output-Elastizitäten" vor, weil diese Elastizitäten keine Elastizitäten im Sinne der ökonomischen Nachfragetheorie sowie der ökonometrischen Nachfrageanalyse und -prognose seien, sondern um nachträglich errechnete Relationen zwischen Preis- und Nachfrageänderungen. Ein eventuell unzutreffendes, weil auf dem Sprachgebrauch von I. beruhendes Verständnis des Begriffs der "Output-Elastizitäten" durch den Verwaltungsgerichtshof wäre nicht aktenwidrig.

65

bb) Als aktenwidrig bezeichnet der Kläger die vom Verwaltungsgerichtshof zitierte Aussage des Gutachters des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts in der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2013, die Luftverkehrsprognose 2010 beziehe sich vollumfänglich auch auf den Zeitraum bis zum Jahr 2025 (UA Rn. 377). Aus dem vom Verwaltungsgerichtshof ebenfalls in Bezug genommenen schriftlichen Gutachten ergebe sich das Gegenteil (Beschwerdebegründung S. 130). Die Rüge geht an dem Inhalt des Urteils vorbei. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Prognosezeitraum nicht dem schriftlichen Gutachten entnommen, sondern der Aussage des Gutachters in der mündlichen Verhandlung. Dass sich die dem Gutachter zugeschriebene der protokollierten Aussage widerspricht, behauptet auch der Kläger nicht.

66

j) Die Wertung des Verwaltungsgerichtshofs, für einen extrem gelagerten Fall des nachträglichen Auseinanderklaffens von Prognose und tatsächlicher Verkehrsentwicklung sei nichts ersichtlich (UA Rn. 413), macht der Kläger zum Gegenstand der Rüge des Fehlens tatrichterlicher Feststellungen und einer Gehörsrüge (Beschwerdebegründung S. 160 f.). Die Rügen sind unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Darstellungen des Klägers, wie sich nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses namentlich die Zahl der Flugbewegungen entwickelt habe, zur Kenntnis genommen und seine Wertung auf der Basis des vom Kläger präsentierten Zahlenmaterials abgegeben.

67

k) Der Kläger hält das Urteil im Punkt Alternativenprüfung der Variante 5b (UA Rn. 744) für widersprüchlich und deshalb für nicht mit dem Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vereinbar (Beschwerdebegründung S. 162). Außerdem beruhe das Urteil insoweit auf einer aktenwidrigen Feststellung sowie einem Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (Beschwerdebegründung S. 166, 168).

68

Der Verwaltungsgerichtshof hat bei der Prüfung, ob es zur Errichtung einer dritten Start- und Landebahn zumutbare Alternativen im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG bzw. des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL gegeben sind, eine Verkürzung der planfestgestellten Bahnlänge von 4 000 Meter nicht als zumutbar angesehen, weil mit dem Vorhaben verfolgte selbständige Teilziele, zum einen das (Haupt-)Ziel der Gewährleistung eines (möglichst) unabhängigen Zweibahnsystems bei Ausfall/Sperrung einer Bahn, zum anderen das (Neben-)Ziel eines hohen Sicherheitsniveaus während der Rollvorgänge sowie bei Starts und Landungen, aufgegeben werden müssten (UA Rn. 744). Diese Aussage steht nach Auffassung des Klägers im Widerspruch zu der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach bei einer Verkürzung der Bahn das weitere Hauptziel der Gewährleistung eines (möglichst) unabhängigen Zweibahnsystems bei Ausfall bzw. einer Bahn verfehlt werde, weil ein uneingeschränkter Betrieb sämtlicher Luftfahrzeugmuster nicht mehr möglich sei (UA Rn. 442). Ein Widerspruch bestehe auch, soweit es um das Ziel eines hohen Sicherheitsniveaus gehe. Der Verwaltungsgerichtshof habe an anderer Stelle (UA Rn. 443) ausgeführt, bei einer Verkürzung der geplanten dritten Start- und Landebahn würde auch das selbständige Nebenziel eines hohen Sicherheitsniveaus während der Rollvorgänge sowie bei Starts und Landungen nur mit gravierenden Abstrichen erreicht. Der vom Kläger konstruierte Widerspruch - die Verfehlung eines Ziels in seiner bestmöglichen Ausprägung zwinge nicht zur Aufgabe des Ziels - lässt sich auflösen. Aufgegeben werden muss ein Ziel, wenn es nicht mehr erreichbar ist. Ob es erreichbar ist, hängt von der Zielvorstellung ab. Ist das Ziel absolut gesetzt, ist es auch nicht mehr erreichbar, wenn es mit Abstrichen erreichbar wäre.

69

Die weiteren Rügen genügen schon nicht dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Eine aktenwidrige Feststellung kann nicht damit begründet werden, dass ein Gericht seiner Entscheidung andere als die vom Beschwerdeführer behauptete Tatsachen zugrunde gelegt hat. Die Aufklärungsrüge scheitert daran, dass der Kläger nicht substantiiert darlegt, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer ihm günstigeren Entscheidung hätte führen können.

70

l) Einen Widerspruch sieht der Kläger darin, dass der Verwaltungsgerichtshof die Kohärenzmaßnahmen für die Vogelarten Kiebitz und Großer Brachvogel trotz time-lags für rechtmäßig hält (Beschwerdebegründung S. 172). Der Verwaltungsgerichtshof habe die Kohärenzmaßnahmen, die einen Ausgleich der vorhabenbedingten Beeinträchtigungen erst nach Jahren erwarten ließen, gebilligt, obwohl der Ausgleich nicht, wie von ihm gefordert, zeitnah möglich sei.

71

Die Rüge missversteht den Verwaltungsgerichtshof. Das Gericht ist davon ausgegangen, dass sich eine Beeinträchtigung nicht zeitnah ausgleichen lässt und es deshalb hinnehmbar ist, wenn die eintretenden Funktionseinbußen erst auf längere Sicht wettgemacht werden können (UA Rn. 765). Der Notwendigkeit eines zeitnahen Ausgleichs der Beeinträchtigungen hat er nicht das Wort geredet. Unabhängig davon zielen die Ausführungen des Klägers nicht auf einen Verfahrensfehler. Der Kläger wendet sich vielmehr gegen die die materiellrechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs. Damit lässt sich der Revisionszulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht darlegen.

72

m) Mit der Aufklärungsrüge und der Gehörsrüge beanstandet der Kläger (Beschwerdebegründung S. 185), dass sich der Verwaltungsgerichtshof darauf berufe, der Kläger habe nicht hinreichend darzulegen vermocht, inwieweit eine klägerische Äußerung zu den betreffenden Unterlagen vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses den Beklagten dazu hätte veranlassen können, eine andere Entscheidung zu treffen (UA Rn. 366). Die Rügen lösen die Zulassung der Revision schon deshalb nicht aus, weil der Verwaltungsgerichtshof - vom Kläger unbeanstandet - einen möglichen Anhörungsmangel für geheilt hält und es auf die Richtigkeit der zusätzlichen ("Dessen ungeachtet ...") Begründung, der Kläger habe die Kausalität zwischen dem Mangel und dem Planfeststellungsbeschluss nicht hinreichend darzulegen vermocht, nicht ankommt.

73

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

74

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

Tenor

1. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller ist Inhaber des Eigenjagdreviers „E.-W.“, das in den Gemarkungen O. und E. (Landkreis ...) liegt, der Hochwildhegegemeinschaft W1-Ost zugeordnet ist und ca. 1050 ha Fläche aufweist, die ganz überwiegend über 1000 Höhenmeter liegen und von denen ca. 850 ha in seinem Miteigentum stehen. Angaben der zuständigen Forstbehörde zufolge umfasst das Eigenjagdrevier die nach Süd-Ost streichenden Berghänge des Osterfeuerbergs, die nach Süden exponierten Hänge von Hirschberg und Sattmannsberg und den Nord-Westhang des Simmetsbergs, ist es zu rund 95% bewaldet (bei einem Schutzwaldanteil von ca. 90%) und liegt es im Wildbacheinzugsgebiet der Eschenlaine. Der Antragsteller ist in diesem Eigenjagdrevier auch Jagdausübungsberechtigter.

Das Eigenjagdrevier grenzt mit seiner Ostseite zu einem Viertel an das Staatsjagdrevier Isarwinkel an, in dem die Beigeladene Maßnahmen zur Schutzwaldsanierung betreibt, und zu drei Vierteln an das Eigenjagdrevier O. IV, dessen Fläche einen von Norden nach Süden sich verjüngenden Keil zwischen dem Eigenjagdrevier und dem Staatsjagdrevier bildet.

Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014.

Dieser Verordnung gingen zunächst Einzelverwaltungsakte zur Schonzeitverkürzung für zahlreiche Gebiete in Oberbayern - allerdings nicht im Sanierungsgebiet Eschenlaine - und anschließend (zum Zwecke der Vereinheitlichung der Regelungen) drei Rechtsverordnungen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt und identischer Zielsetzung voraus. Es handelte sich um folgende Verordnungen:

1. Verordnung über die Aufhebung der Schonzeit für Schalenwild im Regierungsbezirk Oberbayern vom 27. Januar 2000 mit Geltung vom 15. Februar 2000 bis zum 1. August 2002.

2. Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 21. Februar 2003 mit Geltung vom 8. März 2003 bis zum 1. August 2008.

3. Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 9. Dezember 2008 mit Geltung vom 15. Dezember 2008 bis zum 14. Dezember 2013.

Die angefochtene Verordnung vom 14. Februar 2014 hat folgenden Inhalt:

§ 1

In den in § 2 bezeichneten Gebieten darf die Jagd im Rahmen der geltenden Abschussplanung abweichend von den gesetzlichen Schonzeiten wie folgt ausgeübt werden:

Rotwild:

Hirsche Klasse III vom 1. Februar bis 31. Juli

Kälber vom 1. Februar bis 31. März

Schmaltiere vom 1. April bis 31. Mai

Gamswild:

Gamswild vom 16. Dezember bis 31. Januar

Böcke, Jährlinge und weibliches Gamswild bis zwei Jahre vom 1. Februar bis 31. Juli

Kitze vom 1. Februar bis 31. März

Rehwild:

Böcke vom 16. Oktober bis 30. April

Kitze vom 16. Januar bis 31. März

Schmalrehe vom 16. Januar bis 31. Januar und vom 1. April bis 30. April

Geißen vom 16. Januar bis 31. Januar

§ 2

(1) Die in § 1 geregelte Schonzeitaufhebung gilt für die in den Verordnungskarten (Maßstab 1:25.000) dargestellten Flächen folgender Sanierungsbzw. Gefährdungsgebiete: (…)

5. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen:

Eschenlaine

(2) Diese Gebiete sind als gerasterte Flächen in 5 Kartenblättern, Maßstab 1:200.000, und, abgegrenzt durch rote Linien, in 25 Karten, Maßstab 1:25.000, jeweils ausgefertigt durch die Regierung von Oberbayern, eingetragen. Die Karten im Maßstab 1:200.000 werden als Bestandteil dieser Verordnung (Anlage Blatt 1 - 5) veröffentlicht und dienen zur Orientierung über die Lage der Gebiete im Regierungsbezirk Oberbayern. Die Karten im Maßstab 1:25.000 werden als Bestandteil der Verordnung bei der Regierung von Oberbayern archivmäßig verwahrt und sind während der Dienststunden (Montag bis Donnerstag von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr, Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr) allgemein zugänglich.

Sie werden außerdem bei den zuständigen Landratsämtern (untere Jagdbehörden) hinterlegt und können dort während der üblichen Dienststunden eingesehen werden.

§ 3

Diese Verordnung tritt am 22. Februar 2014 in Kraft; sie tritt am 21. Februar 2019 außer Kraft.

Am 15. Dezember 2009 hatte der Antragsteller bereits gegen die Verordnung vom 9. Dezember 2008 einen Antrag nach § 47 VwGO gestellt (Az.: 19 N 09.3102); einen diesen Normenkontrollantrag ablehnenden Beschluss des Senats vom 7. Oktober 2010 - 19 N 09.3102 hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Dezember 2011 - 3 BN 1.11 - aufgehoben; die Sache wurde an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen (nunmehr Az.: 19 N 12.206). Nach Ablauf der Geltung dieser Verordnung am 14. Dezember 2013 ist für dieses Verfahren - mit Blick auf den hiesigen (gegen die Verordnung vom 14. Februar 2014 gerichteten) Normenkontrollantrag - mit Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden (B.v. 17.8.2015 - 19 N 12.206; es wurde zwischenzeitlich auf Antrag des Antragstellers am 27. Februar 2018 unter dem Az. 19 N 18.497 wieder aufgenommen).

Parallel zu den Normenkontrollverfahren betrieb und betreibt der Antragsteller verschiedene, gegen die Abschussplanung für sein Eigenjagdrevier Eschenlohe-Wengwies gerichtete verwaltungsgerichtliche Klageverfahren mit dem Ziel der Absenkung der von der Unteren Jagdbehörde festgesetzten Abschusszahlen. Die beim Senat anhängigen Verfahren über die Zulassung der Berufung betreffen die Festsetzung des Abschussplans 2014/2015 für das Rotwild (19 ZB 16.479) sowie die Festsetzungen der Abschusspläne 2016/2017 für Gamswild (19 ZB 17.1601) und für Rotwild (19 ZB 16.1602). Bei dem Verwaltungsgericht sind weitere Klagen des Antragstellers gegen Abschussplanfestsetzungen anhängig. Die Festsetzung des Abschussplans 2015/2016 für das Rotwild ist vom Verwaltungsgericht mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 10. Februar 2016 (M 7 K 15.3412) aufgehoben worden, soweit die jagdbehördliche Festsetzung den Abschussvorschlag des Antragstellers überstiegen hat.

Im Verfahren zum Erlass der Verordnung vom 14. Februar 2014 erhob der Antragsteller am 16. November 2013 schriftliche Einwendungen, die seinem Vortrag im ruhenden Verfahren 19 N 09.3102/12.206 entsprechen. Eine inhaltliche Befassung und Auseinandersetzung mit dem Vortrag des Antragstellers ist in den Unterlagen über das Verordnungsverfahren nicht feststellbar.

Auch im hiesigen Normenkontrollverfahren hat der Antragsteller zunächst auf seine Ausführungen im ruhenden Verfahren 19 N 12.206 Bezug genommen. Demzufolge sei es auf seinen - teilweise auch außerhalb seines Eigenjagdreviers liegenden -Miteigentumsflächen und in seinem Eigenjagdbezirk zu einer Vielzahl nachteiliger Veränderungen gekommen, die auf die Rechtsverordnungen zurückzuführen seien. Hauptwildarten im Eigenjagdrevier sind nach seinen Ausführungen das Rotwild und das Gamswild. Es gebe auch größere Vorkommen an Auerwild und Birkwild. Außerdem seien Schneebzw. Felsenhuhn, Schneehase, Steinadler und verschiedene Arten von Nachtgreifvögeln heimisch. Es sei zu Änderungen im Wildbestand und dessen Wanderungsverhalten, in der Waldstruktur und -qualität sowie im von ihm zu leistenden Jagdaufwand gekommen. In den Randbereichen des Eigenjagdreviers hin zu den Sanierungsflächen der Rechtsverordnung sei seit Jahren eine Erhöhung des Wildbestands festzustellen, die auf die gezielte Vergrämung durch eine teilweise fast ganzjährige Bejagung der betroffenen Tierarten zurückzuführen sei. Das vergrämte Wild könne nur in das Eigenjagdrevier des Antragstellers fliehen. Die örtlichen Gegebenheiten stünden faktisch jeder anderen Fluchtrichtung entgegen. Durch den erhöhten Wildbestand sei ein erhöhter Verbiss festzustellen. Trotz aus seiner Sicht erfüllter behördlicher Abschusspläne habe die Meldung von Wildschadensfällen zugenommen. Einher gehe ein erhöhter Aufwand für die Waldpflege. Der steigende Jagddruck führe zu einem zunehmenden Verbiss. Bei richtiger Bejagung und Fütterung des Wildes in den Wintermonaten könne schädigender Verbiss auch ohne großflächige Hetz- oder Vergrämungsjagden weitgehend vermieden werden. Die auf der Grundlage der Verordnung betriebene Vergrämung löse Stress bei den Tieren aus und führe zu erhöhten Verbissraten. Dieser Entwicklung könne im Rahmen der geltenden Abschusspläne im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht ausreichend begegnet werden, was zu einer behördlichen Erhöhung der Abschussvorgaben und einem erhöhten Jagdausübungsaufwand führe. Die Wildbestände zeichneten sich durch eine erhöhte Nervosität und in der Folge schwierige Bejagbarkeit aus. Die angegriffene Rechtsverordnung zwinge den Antragsteller zu einer Intensivierung der Waldbewirtschaftung. Ab einer Höhenlage von 800 bis 1000 Höhenmetern sei für Privateigentümer eine extensive Bewirtschaftung vorzugswürdig. Ein wirtschaftlich handelnder Forstwirt sei im Hochgebirge im Rahmen einer extensiven Bewirtschaftung von Waldflächen auf einen bestimmten Wildbestand angewiesen, weil nur dieser Wildbestand durch Verbiss eine ebenso natürliche wie erforderliche Auslichtung des Baumbestands sicherstelle. Die Vergrämung und die daraus resultierende Dezimierung des Bestands bewirke einen zu geringen Wildbestand und verursache eine Fehlentwicklung des Waldes; es wachse verstärkt „falsches“, buschartiges und nicht verwertbares Krummholz auf. Gleichzeitig steige das Erosions- und Hochwasserrisiko. Wegen der zunehmenden Verbuschung und der einhergehenden zunehmenden Beschattung des Waldbodens gehe der Grasbewuchs zurück. Die Erneuerung der Humusabdeckung werde verringert und im Niederschlagsfall komme es zu einer erhöhten Bodenabschwemmung und Erosion. Eine geschlossene Grasdecke stelle in lichten Hochgebirgswäldern ein ernstzunehmendes Erosionshindernis dar. Der Wald als solcher sei für den Wasserrückhalt dagegen bedeutungslos. Die Veränderung des Pflanzenbestandes verändere die Lebensräume besonders geschützter Tierarten, wie etwa des Auerwilds. Als plumper Flieger bedürfe der Auerhahn eines lichten Baumbestands. Bei übermäßigem Bewuchs könne er ein Herannahen seiner Fressfeinde nicht mehr sicher und frühzeitig erkennen. Dicht bewaldete Bereiche seien für Auerhühner als Lebensraum ungeeignet, denn sie böten weder Nahrung noch Deckung. Wegen des Zuwachsens der mittleren und höheren Waldlagen weiche das Auerwild zunehmend in die höheren und höchsten Gebirgsregionen aus. Auerwild stehe artenschutzrechtlich als gefährdete Art auf der roten Liste und sein Erhalt sei von landeskultureller Bedeutung. Das Eigenjagdrevier des Antragstellers und Teilflächen im Sanierungsgebiet südlich des Heimgartens mit der Bezeichnung Eschenlaine seien als Vogelschutzgebiet und FFH-Flächen kartiert. Die kartierten Flächen verlören durch die verfolgten Zielsetzungen der Verordnung an Werthaltig-keit und Vitalität bzw. würden gezielt geschädigt und zerstört. Im Eigenjagdrevier des Antragstellers befänden sich Aufzucht- und Beutereviere von Adlern mit Baum- und Felshorsten. Durch den zunehmenden Bewuchs verliere der Adler Jagdraum und müsse zunehmend in höchste, noch nicht ganz zugewachsene Höhenlagen ausweichen. Mit dem reduzierten Wildbestand werde dem Adler, der für die Aufzucht eines Jungtieres durchschnittlich ca. 50 bis 60 Gamskitze benötige, die Nahrungsgrundlage entzogen. Nach der Rechtsauffassung des Antragstellers sind die Voraussetzungen für den Erlass der Rechtsverordnung nicht gegeben. In der Verordnung werde nicht konkretisiert, auf welche besonderen Gründe sie gestützt werde. Begrifflichkeiten wie Sanierungsbzw. Gefährdungsgebiet erlaubten keinen ausreichenden Rückschluss auf den Verordnungszweck. Die Unterscheidung zwischen Sanierungsgebieten und Gefährdungsgebieten sei nicht nachvollziehbar. Wildschäden könnten den Erlass nicht rechtfertigen, denn sie müssten übermäßig vorliegen. Belege hierfür gebe es nicht. Die Verordnung diene auch nicht der Landeskultur, denn diese bestehe nicht lediglich im Schutzwald. Hierzu gehörten auch hochgebirgstypische Biotopflächen und extensiv bewirtschaftete Bergwälder. Eine dokumentierte Beteiligung der zuständigen Naturschutzverwaltung habe nicht stattgefunden, obwohl die Rechtsverordnung vielfach Biotopflächen berühre und insoweit die Frage des Erfordernisses behördlicher Gestattung aufzuwerfen sei. Artenschutzrechtlich seien die verfahrensgegenständliche Schonzeitaufhebung und die Schutzwaldsanierung im Hinblick auf die Folgewirkungen für gefährdete Arten zu untersuchen und in ihrer Verträglichkeit abzuschätzen. Derartige Untersuchungen hätten nicht stattgefunden. Auch die Wasserwirtschaftsverwaltung sei am Verfahren nicht beteiligt worden. Bei nur 11 ha tatsächlicher Sanierungsfläche umfasse das Verordnungsgebiet 256 ha, also eine 20-fache Fläche. Durch die Verordnung werde das Eigentum des Antragstellers geschädigt und es werde ein erhöhter Aufwand für die Jagdausübung und die Bedienung von Wildschadenersatzansprüchen verursacht. Die Verordnung verstoße gegen die Vogelschutzrichtlinie und die FFH-Richtlinie. Mit der Verordnung werde im Widerspruch zu grundgesetzlichen Wertungen dem Objektschutz Vorrang vor dem Tierschutz eingeräumt. Während des Winterhalbjahres halte sich das Schalenwild bevorzugt in den wärmebegünstigten Lagen im Wald auf, um zu überwintern. Gamswild sei im Winter auf steilen, südexponierten Lagen mit Grasmatten, vereinzelten Fichten- und Latschenfeldern orientiert. Aus eben diesen natürlichen Aufenthaltsbereichen solle das Wild vertrieben werden. Ihm würden keine Ersatzzonen für den Aufenthalt, Witterungsschutz und die Nahrungsaufnahme in Wildruhezonen in den Wintereinstandsgebieten zur Verfügung gestellt. Das aufgehetzte, verjagte Wild hungere und friere und werde durch die Vergrämungsjagd zur Ruhelosigkeit und einer besonders intensiven Nutzung seiner Kraft- und Energiereserven genötigt. Die Behauptung, die Rechtsverordnung diene nur der Vergrämung, nicht aber der Dezimierung des Wildes, sei eine Irreführung. Die Regelungen seien weder geeignet noch erforderlich und gegenüber den Belangen und Rechtspositionen des Antragstellers nicht verhältnismäßig.

In der Antragsbegründung vom 12. August 2016 konkretisierte und vertiefte der Antragsteller sein Vorbringen. Der Antragsgegner habe von seiner Rechtssetzungsbefugnis nicht in einer der Verordnungsermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Im Antrag der Beigeladenen vom 18. Oktober 2013 werde kein besonderer Grund zum Erlass der Rechtsverordnung genannt und ein solcher liege auch nicht vor. Auch der Begriff der Landeskultur setze eine Ausnahmesituation landesspezifischer Art voraus und die Verordnung stelle keine Verbindung zur erfolgreichen Umsetzung des Schutzwaldsanierungsprogramms für den bayerischen Alpenraum her. Die Begriffe eines Sanierungsgebietes oder Gefährdungsgebietes seien nicht hinreichend bestimmt und die Gebiete seien in den zur Verordnung gehörenden Karten nicht ausgewiesen. Die Tabellen der Fachstellen für Schutzwaldmanagement bezögen sich stets auf Sanierungsbzw. Gefährdungsgebiete und nicht auf Sanierungsflächen. Die Regelungen der angefochtenen Verordnung seien auch wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam. In der Verordnung würden die Begriffe Gebiete und Flächen widersprüchlich verwendet und der in den Karten verwendete Maßstab von 1:25.000 stelle die Grenzen nicht hinreichend dar. Für einzelne Geltungsbereiche gebe es unterschiedliche Darstellungen in den Karten 1:200.000 und 1:25.000. In der freien Landschaft könne der normale Normadressat den Geltungsbereich mittels der Karten nicht zuverlässig bestimmen.

Die angegriffene Rechtsverordnung verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sowie Art. 103 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung, soweit sie zu Schädigungen am Eigentum des Antragstellers, zu erhöhtem Aufwand für die Jagdausübung und erhöhten Wildschadensansprüchen führe. Das Jagdausübungsrecht unterfalle dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Eigentumsflächen und das Eigenjagdrevier des Antragstellers würden insbesondere durch die Verordnungsflächen in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach beeinträchtigt. Die Verordnung verstoße gegen Europarecht in Gestalt der Vogelschutzrichtlinie sowie gegen die entsprechenden bundesrechtlichen Umsetzungsnormen. Ebenso verstoße sie gegen die europarechtlichen sowie die bundesrechtlichen Bestimmungen zum Artenschutz betreffend den Adler und das Auerwild. Im Zuge des Verordnungsverfahrens seien keine speziellen artenschutzrechtlichen Prüfungen und keine FFH-Verträglichkeits-vorprüfungen oder gar Verträglichkeitsuntersuchungen unternommen worden. Die Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörden an den Landratsämtern Miesbach und Garmisch-Partenkirchen seien vom Verordnungsgeber schlicht ignoriert worden. Die Schonzeitaufhebung führe artenschutzrechtlich zu einer nachhaltigen Lebensraumverschlechterung für den Bestand der Raufußhühner (Auerhuhn, Birkhuhn). Die mit der Rechtsverordnung angestrebte geringere Wilddichte führe zu einer „Verlaubholzung“ des Bergwaldes und dadurch zu einer Lebensraumverschlechterung.

Entgegen den grundgesetzlichen Wertungen aus Art. 20a GG werde dem Objektschutz Vorrang vor dem Tierschutz eingeräumt. Schalenwild halte sich während des Winterhalbjahres bevorzugt in wärmebegünstigten Lagen des Waldes auf. Aus eben diesen Bereichen solle das Wild vertrieben werden, obwohl es in den Wintermonaten nicht fliehen könne und an anderen Standorten schlechtere Überlebenschancen habe. Durch die Verordnung solle das Wild aus großen Flächen vergrämt werden, ohne jedoch Ersatzzonen für den Aufenthalt, Witterungsschutz und die Nahrungsaufnahme eingeräumt zu bekommen. Das aufgehetzte, verjagte Wild hungere und friere in den Wintermonaten und werde durch die Vergrämungsjagd zur Ruhelosigkeit und einer besonders intensiven Nutzung seiner Kraft- und Energiereserven genötigt. Neben der dadurch verursachten natürlichen Dezimierung werde der Wildbestand in Nachbarreviere abgedrängt, in denen er zur Vermeidung erhöhten Verbisses weiter dezimiert werden müsse. Die vorgenommene Beschreibung der letalen Vergrämung als nicht der Dezimierung des Wildes dienend sei eine Irreführung. Die Verkürzung von Schonzeiten für Schalenwild sei zur Erreichung eines gesetzmäßigen Zweckes weder geeignet noch erforderlich oder verhältnismäßig. Nach Angaben des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten müssten derzeit rund 12.800 ha Schutzwald saniert werden, davon 4.800 ha vordringlich. Aus welchen Gründen eine Schonzeitaufhebung auf knapp der dreifachen Fläche erforderlich sei, sei nicht nachvollziehbar. Eine durchgängige Winterbejagung des Rotwilds sei tierschutzwidrig, weil sie mittelbar auch trächtige Tiere betreffe und den Ernährungsgewohnheiten dieser Tierart widerspreche. Nachdem nur 3 Prozent des Gesamtabschusses während der Schonzeitverkürzung erbracht würden, stünden die Nachteile in keinem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg. Dies sei sowohl dem Verordnungsgeber als auch der Beigeladenen positiv bekannt gewesen. Entsprechende Überlegungen würden auch für das Rehwild gelten. Das Gamswild werde im Zuge des Verordnungsvollzugs aus seinen bevorzugten Wintereinstands-gebieten vertrieben. Die Bejagung dieser Wildart in den Wintermonaten verstoße gegen den Tierschutz und verfolge jagdrechtswidrige Zielsetzungen. Die seit dem Jahr 1999 im Verordnungsgebiet andauernde Bejagung habe beim Gamswild zu einem ungesunden Altersaufbau der Bestände geführt. Es gebe fast keine alten Gamsgeißen oder Gamsböcke mehr. Durch den Abschuss werde unverhältnismäßig in die Jugendklasse eingegriffen. Folge dieser Ausrottungsstrategie sei, dass in zahlreichen Gebieten, in denen vor 10 Jahren noch Gamswild vorgekommen sei, heute quasi keines mehr vorkomme. Das Gamswild versuche, den Niedergang durch eine verbesserte Reproduktion aufzuhalten. Deshalb nähmen bereits zwei- und dreijährige Gamsgeißen an der Brunft teil. Die Schonzeitaufhebung sei ungeeignet, zur Sanierung der Gebiete beizutragen. Die Gebiete würden seit dem Jahr 1999 ganzjährig bejagt, ohne dass sich ein sichtbarer Erfolg eingestellt habe.

Der Antragsteller beantragt,

1. die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten von Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 9.12.2008 für ungültig zu erklären,

2. hilfsweise: sie hinsichtlich der Einbeziehung des Sanierungsgebiets südlich des Heimgarten mit der Bezeichnung „SG 16 Eschenlaine“, Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, für ungültig zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die mit Beschluss vom 24. Februar 2016 beigeladenen Bayerischen Staatsforsten haben keinen eigenen Antrag gestellt, sich an der Sache schriftsätzlich nicht beteiligt und an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen.

Nach Darstellung der Regierung von Oberbayern im Schreiben vom 7. April 2005 werden im Rahmen des Schutzwaldsanierungsprogramms der Bayerischen Staatsforstverwaltung in den Bayerischen Alpen seit 1986 Schutzwaldsanierungsgebiete festgelegt; es werden dabei vor allem auch Flächen in steilen, sonnenseitig exponierten Lagen aufgenommen, auf denen die Verbissbelastung insbesondere durch Gamswild besonders stark ist. Der Bayerische Landtag habe die Staatsregierung immer wieder aufgefordert, das Schalenwild im Hochgebirge so zu reduzieren, dass sich die für die Erhaltung der Schutzwirkungen des Gebirgswalds erforderliche natürliche und künstliche Waldverjüngung vor allem in den Sanierungsgebieten ungehindert entwickeln könne. Die Schutzwaldsanierungen seien mit hoher Priorität zur Sicherung der Tallagen vor Hochwasser, Lawinen, Muren und Steinschlag fortzuführen.

Während der durch die Verordnung geschaffenen zusätzlichen Jagdzeiten soll das Schalenwild - ohne Erhöhung der für die Jagdbezirke festgesetzten Abschusszahlen - durch Vergrämung, zu der auch sogen. Vergrämungsabschüsse als letale Ver-grämung gehören, aus Teilflächen von Sanierungsgebieten bzw. Gefährdungsgebieten ferngehalten werden. Laut der Zielsetzung der den Erlass der Verordnung beantragenden Beigeladenen sollen der Wildverbiss vermindert und die Naturverjüngung des Waldes gefördert werden. Die Regulierung örtlich überhöhter Schalenwildbestände und deren zeitliche und räumliche Steuerung sind aus Sicht der Bayerischen Staatsforsten eine wichtige, oft sogar die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Verjüngung der Flächen und deren weitere, ungestörte Entwicklung. Insbesondere steile, sonnenseitig exponierte und demzufolge selbst im Winter oft schneefreie Schutzwaldlagen würden nach wie vor eine besonders hohe Verbissbelastung aufweisen, weil sie beliebte Einstandsgebiete, v.a. für das Gamswild, darstellen. Auf diesen Flächen stehe das Wild, teils in hohen Konzentrationen, bis ins beginnende Frühjahr. Durch die Angleichung der Jagdzeiten für die Schalenwildarten und die Möglichkeit der ganzjährigen letalen Vergrämung habe sich die Verbisssituation in zahlreichen Sanierungsgebieten deutlich verbessert. Laut dem Schreiben der Beigeladenen vom 28. Januar 2014 dienten die Vergrämungsabschüsse der Sicherung der Sanierungsmaßnahmen, die von der Forstverwaltung geplant würden und prioritäre gesellschaftliche und landeskulturelle Bedeutung hätten. Insbesondere die Bestimmungen der Beigeladenen für die Jagdausübung im Rahmen der Verordnung betonten, dass nicht eine großflächige Reduktion der Wildbestände, sondern die Vergrämung und Fernhaltung des Wildes aus gefährdeten Gebieten durch konzentrierte punktuelle Bejagung im Vordergrund stehe.

Für den Antragsgegner hat auch die Landesanwaltschaft Bayern zunächst auf ihren Vortrag im ruhenden Verfahren 19 N 12.206 Bezug genommen. Sie verweist darin auf eine gewisse Widersprüchlichkeit im Vortrag des Antragstellers. Dieser behaupte einerseits eine durch die Vergrämung des Wildes in den Verordnungsgebieten bewirkte Erhöhung des Wildbestands in seinem Eigenjagdrevier mit der Folge erhöhten Verbisses, erhöhter Abschussvorgaben und erhöhten Jagdübungsaufwands in seinem Revier und beklage andererseits eine übermäßige Dezimierung des Wildbestands und einen damit einhergehenden Mangel an forstwirtschaftlich wünschenswertem Verbiss bei Holz schlechter Qualität. Bezogen auf den Hochwasserschutz erfülle auch der Waldbestand eine Rückhaltefunktion. Für die Rechtsverordnung bestehe kein Begründungserfordernis. Auf die Unterscheidung zwischen Sanierungs- und Gefährdungsgebieten komme es nicht an. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG zähle die Gründe für Schonzeitaufhebungen und -beschränkungen nicht abschließend auf. Auf das Vorliegen übermäßiger Wildschäden komme es deshalb nicht an, zumal fraglich sei, ob Wildverbiss überhaupt einen Wildschaden in diesem Sinn darstelle. Die Sanierung und der Erhalt des Bergwalds würden für die Rechtfertigung der Verordnung genügen. Unter Landeskultur würden alle aktiven Maßnahmen der Bodenbewirtschaftung in der freien Landschaft und die Erhaltung und Verbesserung der Bodenstruktur verstanden. Auch Schutzwald werde in diesem Sinn bewirtschaftet. Schutzwälder würden Schutz vor bei ihrem Wegfall nicht mehr erzielbarer Waldregeneration, vor Erosion, vor Naturereignissen wie Lawinen oder Steinschlägen und vor Sturmschäden bieten.

Der Antragsteller zeige nicht auf, welche Belange des Naturschutzes oder der Wasserwirtschaft in rechtlich relevanter Weise betroffen würden. Das betroffene Schalenwild stehe nicht auf der roten Liste und unterliege dem Jagdrecht, das von den Bestimmungen des Artenschutzes unberührt bleibe. Die Notwendigkeit einer arten-schutzrechtlichen Prüfung oder Verträglichkeitsabschätzung werde nicht belegt, eine Rechtsgrundlage für eine solche Prüfung nicht genannt. Eine Beteiligung der Wasserwirtschaftsverwaltung bei Erlass der Verordnung sei nicht vorgeschrieben.

Die vom Antragsteller angesprochenen Prioritätsstufen für den Schutzwald stünden nicht in einer rechtlich relevanten, direkten Relation zu bestimmten Sanierungserfordernissen. Die Einteilung in Prioritätsstufen ändere nichts an der Möglichkeit der Einbeziehung in Sanierungsmaßnahmen. Überalterte, rückgängige Bergmischwälder, starke Erosionen durch Schneeschurf, unzureichende Verjüngung sowie hohe Investitionen in Gleitschneeverbauungen und Pflanzungen seien durchaus Gründe für den Erlass der Verordnung. Das Verhältnis der Sanierungsfläche von 11 ha zum festgesetzten Verordnungsgebiet von 256 ha erkläre sich ohne weiteres daraus, dass punktuelle Maßnahmen (Maßnahmen auf einer kleinen Fläche) nicht effizient seien. Um eine echte und dauerhafte Wirkung zu erzielen, seien Vernetzungen in der Natur zu berücksichtigen und gebietsübergreifende Auswirkungen zu beachten.

Ein Verstoß der Rechtsverordnung gegen die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG) und deren nationale Umsetzungsnormen werde lediglich behauptet, aber nicht konkretisiert. Dies gelte auch für einen Verstoß gegen Artenschutz-bestimmungen. Die Schonzeitverkürzung, die keinen Plan und kein Projekt im Sinn von Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie darstelle, führe zu keinen wesentlichen Beeinträchtigungen der Natura-2000-Gebiete und erfordere deshalb keine Verträglichkeitsprüfung.

Der Antragsgegner reichte im Verfahren 19 N 12.206 den Bericht der Beigeladenen über die Ergebnisse und Erfahrungen mit der Verordnung vom 15. Juni 2011 zu den Akten und informierte über die (verordnungsbezogenen) Abschusszahlen in den Bereichen Eschenlaine, Deiningbach und Fahrenberg in den Jagdjahren 2008/2009, 2009/2010 und 2010/2011. Außerdem übergab er eine gutachterliche Aussage zur Verjüngungssituation in den Bereichen Eschenlaine und Deiningbach vom 9. Juli 2012, worin ein zu hoher Verbiss insbesondere in den Geltungsbereichen der Verordnung festgestellt wird. Eine ebenfalls vorgelegte gutachterliche Aussage zur Verjüngungssituation im Eigenjagdrevier Eschenlohe-Wengwies vom 11. Oktober 2012 beurteilt die Verbisssituation als deutlich zu hoch.

In der Antragserwiderung vom 25. Oktober 2016 erläuterte der Antragsgegner noch einmal das Vorliegen der Voraussetzungen für den Verordnungserlass aus seiner Sicht sowie den Inhalt der Begriffe Sanierungsgebiet bzw. Gefährdungsgebiet. Die geltend gemachten Auswirkungen auf Rechtspositionen des Antragstellers seien spekulativ und nicht durch eine Aufhebung der Verordnung zu bewältigen. Am Erlass der Verordnung sei die höhere Naturschutzbehörde bei der Regierung beteiligt worden. Der Vortrag zur Verletzung artenschutzrechtlicher Bestimmungen durch eine Verschlechterung des Lebensraums für Raufußhühner sei unsubstantiiert. Neben dem Tierschutz seien in Art. 20a GG auch die natürlichen Lebensgrundlagen geschützt. Dem Tierschutz werde durch die Staffelung der Schonzeitenverkürzungen differenziert Rechnung getragen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte mit der Sitzungsniederschrift vom 29. November 2017 sowie auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakten und der von den Beteiligten umfangreich vorgelegten Unterlagen und Karten.

Gründe

Der Normenkontrollantrag ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO) und innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erhoben worden, hat jedoch keinen Erfolg.

I.

Gegenstand des Verfahrens ist zunächst der Antrag, die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014 insgesamt für unwirksam zu erklären.

Diesem Antrag vermag der Senat nicht Rechnung zu tragen, weil die Verordnung, durch die auf 105 Teilflächen von namentlich bezeichneten Sanierungsbzw. Gefährdungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern die gesetzliche Schonzeit für bestimmte Schalenwildarten differenziert (nach Schalenwildarten und Tiergruppen) aufgehoben wird, um zur Sanierung und Naturverjüngung erosionsgefährdeter Waldbereiche die Umsetzung der Jagdstrategie der letalen Vergrämung auch in der Schonzeit des Schalenwilds zu ermöglichen, unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB teilbar ist und für den weitaus größten Teil der 105 Verordnungsgebiete bereits wegen ihrer Entfernung zum Eigenjagdrevier des Antragstellers (die Entfernung beträgt teilweise mehr als 150 km) dessen Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht erkennbar ist.

Die Verordnung stellt eine Zusammenfassung von inhaltsgleichen Verordnungsregelungen dar, die für unterschiedliche Räume mit unterschiedlicher Struktur und rechtlicher Wertigkeit (Verordnungsgebiete) gelten und deshalb für jedes Verordnungsgebiet auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden müssen. Bevor die Regierung von Oberbayern im Jahr 2000 begonnen hat, jeweils mehrjährig geltende Verordnungen zu erlassen, ist der Zweck der Verordnung durch Schonzeitenausnahme-bescheide der jeweils örtlich zuständigen Jagdbehörde für die einzelnen Gebiete erfüllt worden. Weil den Verordnungsbestimmungen hinsichtlich jeder Teilfläche ein von den örtlichen Verhältnissen abhängiger, eigenständiger Schutzzweck innewohnt, kann und muss jede Teilfläche gesondert betrachtet werden. Ein selbständiger Regelungswille des Verordnungsgebers (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2012 - 9 B 56.11 -NVwZ 2012, 375 m.w.N.) liegt jeweils vor (zur Teilbarkeit und teilweisen Anfechtbarkeit von Regelungen vgl. BVerwG, U.v. 17.2.2005 - 7 CN 6/04 - juris Rn. 15), sodass die Unwirksamkeit der Verordnung hinsichtlich eines Gebietes nicht zu ihrer Unwirksamkeit hinsichtlich der anderen Gebiete führt. Die überwiegend formalen Gegenargumente des Antragstellers vermögen schon angesichts der Bewältigung der Problematik bis zum Jahr 2000 mittels Einzelfallbescheiden nicht durchzugreifen. Die Bestimmung der Geltungsbereiche ist auf der Grundlage einer einheitlichen Zielsetzung anhand der spezifischen örtlichen Gegebenheiten und Verhältnisse erfolgt. Die für alle Gebiete gleichlautenden Schonzeitverkürzungen begründen angesichts völlig unterschiedlicher örtlicher Verhältnisse keine gebietliche Unteilbarkeit der Verordnung. Insbesondere liegen zahlreiche Geltungsteilbereiche der Verordnung - wie das Verordnungsteilgebiet Eschenlaine - im Gegensatz zu anderen in Natura-2000-Gebieten, und zwar vielfach in unterschiedlichen. Vielmehr wird im Rahmen der Schutzwaldsanierung mit jedem Gebiet ein selbständiger und ausschließlich ortsbezogener Schutzzweck von unterschiedlichem Gewicht (insbesondere Vorsorge oder Sanierung) verfolgt. Wechselwirkungen zwischen den Verordnungsgebieten sind allenfalls in Einzelfällen möglich. Die völlig unterschiedlichen naturräumlichen Gegebenheiten erfordern eine differenzierte Betrachtung der Verordnungsteilbereiche. Das Ausscheiden eines Verordnungsteilgebietes bliebe ohne Einfluss auf die anderen Verordnungsgebiete. Die formale Verknüpfung der Verordnungsteilgebiete durch die einheitlichen Regelungen der Verordnung (der Antragsteller beruft sich auf die Ausfertigung einer einheitlichen Verordnung durch den Regierungspräsidenten) steht einer Teilbarkeit der Verordnung hinsichtlich der Verordnungsteilgebiete ebenso wenig entgegen wie die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 (Az.: 3 BN 1/11). Diese ist zum einen in einem Verfahren mit einem anderen Streitgegenstand (die im Jahr 2013 ausgelaufene Verordnung) ergangen und sie trifft zum anderen keinerlei Aussagen zur Frage der Teilbarkeit der Verordnung.

Für den Fall, dass die Verordnung nicht als Ganzes für unwirksam erklärt wird, hat der Antragsteller die Unwirksamerklärung hinsichtlich des Verordnungsteilgebiets Eschenlaine beantragt (mit dem im Hilfsantrag angesprochenen „Sanierungsgebiet“ ist keine angreifbare Norm verbunden, jedoch kann der Hilfsantrag - wie geschehen - sachgerecht ausgelegt werden). Die Unwirksamerklärung anderer Verordnungsteilbereiche hat der Antragsteller nicht beantragt, sodass sich der Normenkontrollan-trag nicht auf sie bezieht. Wäre dies anders, so wäre bei den meisten Verordnungsteilgebieten die Antragsbefugnis schon wegen der Entfernung zum Eigenjagdrevier des Antragstellers auszuschließen. Bei allen Verordnungsteilgebieten fehlt sie - wie sich aus der Gründen für die Ablehnung des Hilfsantrags (vgl. Nr. II.) ergibt - jedenfalls angesichts der konkreten Fallumstände.

II.

Gegenstand des Verfahrens ist auch der (hilfsweise für den - hier vorliegenden, vgl. I. - Fall, dass die Verordnung nicht in ihrer Gesamtheit für ungültig erklärt wird und die einzelnen Verordnungsteilgebiete jeweils für sich genommen beurteilt werden müssen, gestellte) Antrag, die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014 hinsichtlich des Verordnungsteilgebiets Eschenlaine für unwirksam zu erklären.

Auch dem Hilfsantrag vermag der Senat nicht Rechnung zu tragen. Die Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO liegt nicht vor (1.). Darüber hinaus wäre der Antrag auch unbegründet (2.).

1. Der Antragsteller ist nicht antragsbefugt (1.1); dieser Feststellung steht die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 (3 BN 1/11) nicht entgegen (1.2).

1.1 Der Antragsteller ist nicht antragsbefugt.

Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zu bejahen, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in einer eigenen Rechtsposition verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Die Antragsbefugnis fehlt daher nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (stRspr, vgl. U. des BVerwG v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <217 ff.>; B.v. 2.3.2005 - BN 7.04 - juris Rn. 6 - und v. 8.6.2011 - 4 BN 42.10 - BauR 2011, 1641).

Nach diesen Grundsätzen ist - auch infolge neu gewonnener Erkenntnisse - eine Antragsbefugnis des Antragstellers nicht zu erkennen. Die Auswirkungen des Verordnungsgebiets Eschenlaine betreffen weder ein rechtlich geschütztes Interesse des Antragstellers (1.1.1) noch sind sie überhaupt im Rechtskreis des Antragstellers tatsächlich spürbar (1.1.2).

1.1.1 Das Interesse, das der Antragsteller (entgegen seinen Behauptungen zu § 47 Abs. 2 VwGO) wirklich am Unterbleiben des Verordnungsvollzugs hat, ist rechtlich nicht geschützt.

Der Antragsteller macht geltend, er werde durch die Verordnung auf den Flächen seines Eigenjagdreviers (als Eigentümer) und damit in einer Rechtsposition im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO beeinträchtigt, weil durch die Verordnung Wild zugetrieben werde und vermehrt Jungpflanzen verbeiße (eine Argumentation, auf deren Grundlage das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 29. Dezember 2011 - a.a.O. - betreffend die in den Jahren 2008 bis 2013 geltende Vorgängerverordnung von einer Antragsbefugnis des Antragstellers ausgegangen ist). Die Behauptung, er werde durch hohen Verbiss beeinträchtigt, ist jedoch unwahr; in Wirklichkeit ist der Antragsteller mit dem überhöhten Verbiss auf seinen Grundflächen einverstanden und strebt ihn sogar an (1.1.1.1). Für den Antragsteller ist der Bodenertrag (die Forstwirtschaft) nachrangig; im Zentrum seines Interesses steht die herkömmliche trophäenorientierte Jagd, die mit hohen Wildbeständen und einer weder nachhaltigen noch ökologischen Forstwirtschaft verbunden ist und das gesetzlich verankerte Prinzip „Wald vor Wild“ missachtet (1.1.1.2). Eine Verbissbeeinträchtigung behauptet der Antragsteller lediglich deshalb, weil er (wie im Senats-beschluss vom 7.10.2010 - 19 N 09.3102 - juris, vgl. insbesondere Rn. 22 und 24 -lediglich angedeutet) sich durch Berufung auf das allgemein anerkannte rechtlich geschützte Interesse, von übermäßigem Verbiss verschont zu bleiben, die Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Annahme einer Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit zur Eröffnung der Möglichkeit verleiten möchte, die streitgegenständliche Verordnung zu Fall zu bringen (was ihm ansatzweise im Revisionsverfahren 3 BN 1/11 gelungen ist). Das von ihm tatsächlich verfolgte (und für bedroht durch Verordnung gehaltene) Interesse an hohen Schalenwildbeständen, die dem überkommenen, trophäenorientierten Jagdinteresse dienlich sind, ist rechtlich nicht geschützt (1.1.1.3).

1.1.1.1 In Widerspruch zu seiner Behauptung einer Beeinträchtigung durch Wildverbiss hat der Antragsteller mehrfach vorgetragen, er benötige höheren Verbiss für das, was er als extensive Forstwirtschaft bezeichnet. In den Zulassungsantragsverfahren betreffend Abschusspläne für sein Eigenjagdrevier 19 ZB 17.1601 (S. 77 der Zulassungsantragsbegründung) und 19 ZB 17.1602 (S. 78 der Zulassungsantragsbegründung) hat er ausführen lassen: „Im streitgegenständlichen Fall wird der vorhandene Verbiss vom Grundstückseigentümer gar nicht als Schaden bewertet“. In den diesen Zulassungsantragsverfahren vorhergegangenen Klageverfahren hat er geltend gemacht, der Verbiss, den er als Waldeigentümer für eine rentable extensive Waldbewirtschaftung und zur Verhinderung einer Verlaubholzung des Bergwaldes benötige, werde durch den festgesetzten Abschuss zu sehr gemindert (vgl. etwa S. 10 des Schriftsatzes vom 16.1.2017 in den Verfahren M 7 K 16.3638 und 3639). Schon in der Antragsbegründung vom 31. März 2010 (19 N 09.3102) hat er ausgeführt, de facto sei der Verbiss im Wald nicht per se ein Schaden und unter allen Umständen zu verhindern. Würden Bäume in der Waldfläche durch Verbiss am Wachstum gehindert, so stelle dies im Ergebnis eine Förderung des Wachstums der verbleibenden unverbissenen Bäume dar. Diese Förderung sei wichtig, da schon aus waldbiologischen Gründen nur eine sehr begrenzte Zahl von Bäumen je Flächeneinheit ungehindert wachsen könne. Selbst den nötigen Umbau in stabilere Mischwälder verhindere Wildverbiss nicht zwingend, da sich automatisch die Baumart durchsetze, welche besser zum Standort passe (zum Umstand, dass die Tanne zwar standortgemäß ist, sich aber nicht „automatisch“ durchsetzt, weil sie - und zahlreiche andere standortgemäßen Baumarten - wesentlich mehr verbissen wird als etwa die Fichte, auf die der Antragsteller großen Wert legt, vgl. Nr. 1.1.1.2, Spiegelstriche 3 und 5). Seine schriftliche Rüge bezüglich der Verfahrensdauer hat der Antragsteller nicht -wie bei einem echten Interesse an geringeren Verbissschäden zu erwarten gewesen wäre - auf eine zunehmende Schädigung durch überhöhte Wildbestände gestützt; er beklagt vielmehr irreversible Eingriffe in die Schalenwildpopulation. Die Bejagung des Gamswildes durch die Beigeladene bewertet er als Ausrottungsstrategie (19 N 14.1022, Bl. 318, 319 und 491). In der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2017 hat der Antragsteller ausführen lassen, aus mehreren Aufnahmen im Rahmen der Verbissbegutachtung (die als Beistand des Antragstellers auftretende Frau Schw. hat dabei auf Vorbringen in einem beim Senat anhängigen Zulassungsantrags Verfahren Bezug genommen) ergebe sich, dass der vorhandene Verbiss so gering sei, dass ein nutzbarer Wald nicht entstehen könne. Auch diesen Ausführungen ist die Auffassung zu entnehmen, es bedürfe einer Vergrößerung des Schalenwildbestandes und einer Steigerung der Verbissraten. Der Antragsteller selbst hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, seit der Einführung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ und der streitgegenständlichen Verordnung erziele er mit seiner Forstwirtschaft wegen fehlenden Verbisses keinen Gewinn mehr, und dadurch ein Interesse an einer Verbissquote bekundet, die noch über der derzeitigen liegt. In Übereinstimmung damit hat der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass er als Jagdaus-übungsberechtigter etwas gegen einen (langfristig oder auch nur kurzfristig, vollflächig oder auch nur in Randbereichen aufgetretenen) überhöhten Verbiss unternommen habe (wie etwa eine Schwerpunktbejagung oder eine allgemein verstärkte Bejagung, gegebenenfalls inklusive des Antrags auf Schonzeiten-Ausnahme). Vielmehr hält er festgesetzte Abschusspläne nicht ein (zum Teil erfüllt er - wie sich aus den Akten des beim Senat anhängigen Zulassungsantragsverfahren 19 ZB 16.479 ergibt - nicht einmal die Abschusszahlen, die er selbst vorgeschlagen hat). Die mit dem Eigenjagdrevier des Antragstellers in der Hegegemeinschaft Werdenfels-Ost zusammengefassten Reviere haben laut den Gutachten zur Situation der Naturverjüngung aus den Jahren 2009, 2012 und 2015 tendenziell niedrigere Wildbestände aufzuweisen als das Eigenjagdrevier des Antragstellers, in dem die Verbissbelastung kontinuierlich „deutlich zu hoch“ ist (GA 19 N 14.1022, Bl. 546 ff.). Im Gutachten für 2015 ist dezidiert ausgeführt, dass die Eigenjagdreviere Eschenlohe-Wengwies und Eschenlohe-Wasserstein besonders kritische Verbissbelastungen aufweisen, während sich die Verbisssituation in den Eigenjagdrevieren Eschenlohe-Archtal, O. I und O. IV sowie in den Gemeinschaftsjagdrevieren O. VI, Großweil und Schwaiganger als günstiger darstellt (a.a.O. S. 573). Gegen die jagdbehördlich verfügte Absenkung der Schalenwildbestände - und damit mittelbar auch gegen die behördlich angestrebte Verbissminderung - beschreitet der Antragsteller den Rechtsweg. Dieses Abschussverhalten des Antragstellers widerlegt im Übrigen seine Behauptung, der Wildbestand in seinem Eigenjagdrevier sei zu niedrig, weil ihm zu viele Abschüsse abverlangt würden. Schließlich betreibt der Antragsteller mit nicht unerheblichem (finanziellem und logistischem) Aufwand Fütterungen im Nahbereich zum Staatsjagdrevier Isarwinkel und zum Verordnungsteilgebiet Eschenlaine (vgl. die in der mündlichen Verhandlung übergebene Karte). Ein derartiges künstliches Futterangebot während der Wintermonate im natürlichen Aktionsradius des Schalenwildes ist geeignet, erhebliche Anziehungskraft auf das Schalenwild zu entfalten und auf diese Weise dessen Wanderungsverhalten maßgeblich zu beeinflussen (zu Äsung/Fütterung sowie den unterschiedlichen Jagdstrategien vgl. den Bericht des Leiters der Hochwild-Hegegemeinschaft Isarwinkel GA 19 N 14.1022 Bl. 827). In seinem Schriftsatz vom 2. Oktober 2017 im Verfahren 19 ZB 17.1601 gibt der Antragsteller die Feststellung in einem wildbiologischen Gutachten wieder, im Winter ziehe wegen der im Eigenjagdrevier unterhaltenen Fütterungen Wild zu, das im Frühjahr wieder in seine Sommereinstandsbereiche abwandere.

Der Antragsteller versucht ohne Erfolg, durch sich steigernde Argumentationsvarianten den Widerspruch zwischen seiner Behauptung eines durch Vergrämung seitens der Beigeladenen verursachten überhöhten Schalenwildbestandes (und deshalb überhöhten Verbisses) in seinem Eigenjagdrevier einerseits und seinem tatsächlichen Vorbringen betreffend eine Notwendigkeit und Nützlichkeit der gegenwärtigen Verbissquote und sogar einer noch höheren andererseits als nicht existent darzustellen. Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2010 im Verfahren 19 N 09.3102 (vgl. S. 8 und S. 12) hat er zunächst eine Entwicklung behauptet, die aus einer ersten Phase und einer späteren zweiten Phase bestehe. Demnach soll die angegriffene Verordnung im Eigenjagdrevier zunächst zu einem erhöhten Verbiss geführt haben; in den Randbereichen der Eigenjagd sei es zu einer Zunahme des Schalenwildbestandes gekommen. Anschließend hätten die rigide Abschussplanung und ihre konsequenten Durchsetzung durch die Untere Jagdbehörde zu einem Wildbestand geführt, der für die vom Antragsteller betriebene extensive Forstwirtschaft zu gering sei. Im Schriftsatz vom 19. November 2012 (S. 5) zu dem (die VO 2008 betreffenden) Verfahren 19 N 12.206 und im Antragsbegründungschriftsatz vom 12. August 2016 (S. 43) hat er vorgetragen, das Wild werde in Bereiche mit erhöhten Abschusszahlen getrieben. Aufgrund dieser erhöhten Abschusszahlen werde das Wild in seiner Dichte großflächig dezimiert und könne in den extensiv bewirtschafteten Waldflächen seiner Funktion als den Lebensraum des Auerwildes freihaltendes Fraßwild nicht mehr nachkommen. Der behaupteten Zwei-Phasen-Entwicklung widerspricht jedoch, dass es wegen der Rechtsbehelfe des Antragstellers bislang nicht zu einer „konsequenten Durchsetzung“ der Abschusspläne gekommen ist, diese vielmehr vom Antragsteller konsequent missachtet werden. Zudem wäre es dieser Darstellung des Antragstellers zufolge bereits ab dem Jahr 2008, als das Teilgebiet Eschenlaine in die Vorgängerverordnung aufgenommen worden ist (die anderen Teilgebiete sind noch früher in Vorgängerverordnungen aufgenommen worden), zu diesen beiden Phasen gekommen, also zunächst zu erhöhten Abschusszahlen im Verordnungszeitraum 2008, vielleicht auch noch im Verordnungszeitraum 2009. Die vom Antragsteller selbst vorgelegte Liste (GA 19 N 09.3102, Bl. 184) zeigt jedoch keine signifikante Erhöhung der Abschusszahlen in dieser Zeit. Während der gegenwärtigen, seit dem Jahr 201 geltenden Verordnung müsste die „erste Phase“ bereits verstrichen und die „großflächige Dezimierung“ durch „erhöhte Abschusszahlen“ bereits im Gange sein, sodass der erhöhte Verbiss im Eigenjagdrevier, den der Antragsteller der Verordnung zuschreibt und so zur Begründung seiner Antragsbefugnis verwendet, nicht (mehr) festzustellen wäre. Nunmehr versucht der Antragsteller, mit einer neuen Begründung den Widerspruch zwischen seinem Geltendmachen des rechtlich geschützten Interesses an einer geringen Verbissquote und seiner tatsächlichen Befürwortung einer hohen Verbissquote als nicht existent darzustellen. In der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2017 hat der Antragsteller erstmals von einer jährlichen Rückwanderung des Schalenwildes auf die Verordnungsflächen gesprochen, wo es der dortigen Vergrämungsstrategie unterfalle, also von einem jährlich auftretenden Phasenwechsel. Der Antragsteller versucht somit nun, seine Behauptung eines überhöhten Verbisses trotz niedriger Schalenwildbestände im Eigenjagdrevier dadurch zu plausibilisieren, dass er die beiden Phänomene auf unterschiedliche Abschnitte desselben Jahres verteilt. Diesem Erläuterungsversuch steht aber entgegen, dass sich zwar die Vergrämung im Rahmen der streitgegenständlichen Verordnung auf wenige Monate beschränkt, die Verordnung jedoch lediglich dazu bestimmt ist, die wegen der beschränkten Dauer des Jagdjahres bestehende zeitliche Lücke zu schließen, also die ganzjährige Vergrämungspraxis der Beigeladenen zu ermöglichen. Der Jagd- und Vergrämungsdruck wird auf den Sanierungsflächen nicht als kurzfristiger und sich ständig wiederholender Prozess, sondern ganzjährig und konsequent praktiziert, sodass für die behauptete und dem Antragsgegner sowie der Beigeladenen angelastete jährliche Hin- und Zurückwanderung des Wilds zwischen dem Eigenjagdrevier und den Verordnungsflächen keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind.

1.1.1.2 Der Antragsteller ist mit der gegenwärtigen Verbissquote in seinem Eigenjagdrevier einverstanden und strebt eine noch höhere an, weil er zu dem Teil der Jägerschaft gehört, der noch das überkommene trophäenorientierte, durch hohe Wildbestände geförderte Jagdinteresse verfolgt.

- Der Antragsteller zeigt bereits durch seine Weigerung, die vorgeschriebene Anpassung der Wildbestandshöhen an das Ziel eines standortgemäßen und nachhaltigen Waldes zu akzeptieren und vorzunehmen, durch Formulierungen wie „Ausrottungsstrategie“ und „nicht wieder gut zu machende Eingriffe in die Schalenwildpopulation“ (GA 19 N 14.1022, Bl. 318,319,491), die ersichtlich neben der Sache liegen (vgl. etwa Nr. 2.4.1.1.1.2.4) und durch die von ihm betriebenen Fütterungen (vgl. insgesamt 1.1.1.1), dass er Wildbestände anstrebt bzw. aufrechterhalten will, die der trophäenorientierten Jagd dienlich sind.

- Soweit der Antragsteller den Artenschutz ins Feld führt, befasst er sich nur mit Habitatfaktoren, die für hohe Schalenwildbestände sprechen, und verabsolutiert diese. Beispielsweise hebt er hervor, dass für das Auerwild licht über-schirmter Nadelmischwald günstig ist, und erklärt im Hinblick darauf eine hohe Verbissquote durch hohe Schalenwildbestände für erforderlich; er hebt hervor, dass Gamskitze dem Steinadler als Nahrung dienen und begründet damit die Notwendigkeit eines hohen Gamsbestands. Eine Gesamtbetrachtung der Lebensbedingungen der jeweiligen Tierart, wie sie für einen ernsthaft betriebenen Artenschutz entscheidend wäre, nimmt er nicht vor (vgl. Nr. 2.4.1).

- Der Antragsteller hat mehrfach deutlich gemacht, dass er den Grundsatz „Wald vor Wild“ strikt ablehnt. Mit der Formulierung „Wald vor Wild“ werden prägnant die Bestimmungen zusammengefasst, die dazu dienen, die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG), also eine nachhaltige Waldbewirtschaftung im Sinne der Definition der im Jahr 1993 in Helsinki abgehaltenen Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (vgl. unten Nr. 2.4.1.1.1.1). Die natürliche Waldverjüngung hat bis vor kurzer Zeit wegen Wildverbiss weithin kaum noch stattgefunden mit der Folge, dass es zu einer Entmischung des Waldes mit Diversitätsverlusten gekommen ist, zu einer Beeinträchtigung der Vitalität des Waldes und seiner Widerstandsfähigkeit gegenüber natürlichen Bedrohungen (wie Stürmen, Insektenbefall und Krankheiten) sowie seines Potenzials, auch in Zukunft wichtige ökologische und soziale Funktionen zu erfüllen (wie Klimaregulierung, Grundwasserregulierung und Erosionsschutz). Bei einem derart degradierten Wald ist allerdings nur langfristig mit forstwirtschaftlichen Einbußen zu rechnen. Insbesondere die gut verwertbare Fichte ist (im Gegensatz zu vielen anderen standortgemäßen Baumarten) weitgehend verbissresistent.

Hauptursache für die Ablehnung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ und für die dementsprechende Degradierung des Waldes und Gefährdung des Schutzwaldes, die zu einem erheblichen Teil heute noch bestehen, ist das überkommene repräsentative Jagdinteresse.

Das repräsentative Jagdinteresse hat seinen Ursprung in der feudalen, dem Regenten und dem Adel vorbehaltenen und deshalb mit der Herrschaftsausübung verbundenen Jagd, die die Landbevölkerung in vielfacher Weise geschädigt und belastet hat und deshalb sowohl im Bauernkrieg als auch in der Paulskirchenrevolution eine erhebliche Rolle gespielt hat. Im Mittelpunkt der feudalen Jagd haben das „Hochwild“ und insbesondere der kapitale Hirsch gestanden. Nach der Abschaffung der feudalen Jagd im 19. Jahrhundert, in dessen Verlauf das wohlhabende Bürgertum zunehmend an der Herrschaftsausübung beteiligt worden ist, sind auch bürgerliche Jagdgelegenheiten geschaffen worden (in Form von verpachtungspflichtigen Gemeinschaftsjagdrevieren, während der Adel seitdem auf seinen Ländereien/Gutsbezirken -nun Eigenjagdrevieren - gejagt hat). Nicht nur hier, sondern auch während des Nationalsozialismus (als die Hegepflicht im eigentlichen Sinn und der Abschussplan als Hegeinstrument eingeführt worden sind) und in der früheren DDR, wo jeweils den höheren Parteifunktionären besondere Jagdgelegenheiten reserviert gewesen sind, hat die repräsentative Jagd in erheblichem Umfang ihre Bedeutung als Zeichen einer Beteiligung an der Herrschaft bzw. einer hervorgehobenen gesellschaftlichen Stellung behalten. Trotz einer zunehmenden Beteiligung weiterer Gesellschaftsschichten an der Jagd, verschiedener dem Grundgesetz geschuldeter Rechtskorrekturen (zu diesen vgl. etwa BGH, U.v. 22.5.1984 - III ZR 18/83 - NJW 1984,2216 und U.v. 5.5.1988 - III ZR 116/87 - juris Rn. 26, sowie BVerwG, U.v. 30.03.1995 - 3 C 8/94 -BVerwGE 98, 118) und der Aufnahme der Erkenntnisse über die Funktionsweise und die Bedeutung des Wirkungsgefüges der Natur in das deutsche (u.a. in Form des Grundsatzes „Wald vor Wild“) und das europäische Recht in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ist dies in gewissem Umfang bis heute der Fall. Das überkommene Jagdinteresse von Personen mit erheblichem Einfluss in Gesellschaft, Politik und Staat behindert immer noch die Umsetzung dieser Korrekturen und Erkenntnisse (vgl. die Kritik des Bayerischen Obersten Rechnungshofs in den Jahresberichten 1999 und 2009 an der ineffektiven Umsetzung der Abschussplanvorschriften sowie die Umstände, dass trotz 30-jähriger Verbissbegutachtung Wildbestände, die eine natürliche Waldverjüngung zulassen, in einem großen Teil der Hegegemeinschaften - bei Nichtberücksichtigung des Staatsforstes: im ganz überwiegenden Teil - nach wie vor nicht erreicht sind und die Jagd noch immer zum Artenschwund beiträgt - ersichtlich etwa an der Entwicklung des weiterhin bejagbaren Rebhuhns). Im Zentrum des überkommenen repräsentativen Jagdinteresses stehen nach wie vor die Trophäe und das starke Tier und insbesondere - nunmehr allerdings beschränkt auf die Rotwildgebiete - der kapitale Hirsch, der „Einserhirsch“ (ein Hirsch von mindestens zehn Jahren entsprechend der Klasse I, vgl. Nr. 9.2 der Richtlinien für Hege und Bejagung des Schalenwildes in Bayern, Bek. des StMELF v. 9.12.1988, AllMBl. 1989, S. 73, zuletzt geändert durch LMBek. v. 23.3.2004, AllMBl. 106). Die Wahrscheinlichkeit des Vorkommens eines kapitalen Tieres wie des „Einserhirschs“ steigt mit dem Umfang des jeweiligen Tierbestandes, sodass das überkommene Jagdinteresse regelmäßig zu überhöhten Wildbeständen mit allen Konsequenzen führt (die - wie am Beispiel der hohen, in den letzten zehn Jahren um etwa 30% gestiegenen Wildunfall-Zahlen mit Personenschäden und jährlichen Sachschäden in Höhe von mehreren 100 Millionen € ersichtlich - über den Naturschutz und die Forstwirtschaft hinausgehen). Vor allem in den Rotwildgebieten, die einen besonders hohen Jagdwert aufweisen, und vor allem bei großen privaten Waldbesitzern (Eigenjagdinhabern) ist das Interesse an der Jagd oft größer als das Interesse am Wald.

- Der Antragsteller belegt durch seine Ausführungen, dass er darüber hinaus (zumindest) die Maßnahmen ablehnt, die im Bereich der Jagd zum Zwecke der in Art. 18 Abs. 1, 28 Abs. 1 Nr. 9 BayWaldG vorgesehenen Sanierung von Wald mit Gemeinwohlbedeutung ergriffen werden und ohne die eine Schutzwaldsanierung nicht langfristig erfolgreich durchgeführt werden kann.

– Auch wenn der Antragsteller forstwirtschaftliche Interessen in den Vordergrund stellt (etwa indem er einen „relevanten Wildbestand“ für notwendig erklärt - Schriftsatz vom 30.7.2010 im Verfahren 19 N 09.3102 - oder das Wild als natürlichen Gärtner des Waldes bezeichnet - Schriftsatz vom 31.7.2012 im Verfahren 19 N 12.206), ist festzustellen, dass es ein Wirtschaftsinteresse von Gewicht, das das Jagdinteresse begrenzen könnte, nicht gibt (vgl. Seite 3 unten, Seite 4 Mitte der Verhandlungsniederschrift). Ein forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit aus Beschäftigten, Geräten/Maschinen und Gebäuden existiert nicht. Wenn forstwirtschaftliche Maßnahmen im Eigenjagdrevier anfallen, werden Einzelaufträge an Forstbetriebe erteilt. Dies ist bis vor wenigen Jahren vom Antragsteller (offensichtlich nebenbei) erledigt worden; seitdem ist sein Bruder T. hierfür zuständig. Die Forstwirtschaft im Eigenjagdrevier ist zwar profitorientiert, aber nicht (oder nicht besonders) profitabel (vgl. S. 4 der Verhandlungsniederschrift). Bereits in seinem Vermerk vom 23. Oktober 2008 zum Verordnungsverfahren 2008 (Beiakte V, Bl. 626) hat er mit der Ausführung, über 1000 Höhenmetern übersteige der Jagdwert den Holzwert, deutlich gemacht, dass für ihn die Jagd im Vordergrund steht. Der Ausführung der Antragsgegnervertreterin in der mündlichen Verhandlung, eine höhere Laubbaum-Beimischung sei jedenfalls langfristig forstwirtschaftlich sinnvoll (Verhandlungsniederschrift S. 4/5), hat der Antragsteller nicht widersprochen. Den im Verfahren vorgelegten Unterlagen (Bl. 582 der Gerichtsakte) ist zu entnehmen, dass zur Erläuterung der ergänzenden revierweisen Aussage zur Verjüngungssituation im Eigenjagdrevier des Antragstellers am 27. Oktober 2015 ein Revierbegang erfolgt ist. Zur Fichten-Thematik hält der Vermerk fest, dass der Antragsteller und seine Brüder einen möglichst hohen Anteil an Fichten (die weitgehend verbissresistent sind) als wirtschaftlich wichtig bezeichnet haben, während die Forstbehörde demgegenüber auf die gesetzlichen (auf einen nachhaltigen, ökologisch werthaltigen und stabilen Wald gerichteten) Vorgaben und auf die (von den Vorstellungen des Antragstellers und seiner Brüder abweichenden) Zielsetzungen derjenigen Waldbesitzer hingewiesen hat, deren Flächen bei Eigenjagdrevieren eingeschlossen und angegliedert sind, die also nicht jagdausübungsberechtigt sind.

- Der Antragsteller mit einem Eigenjagdrevier in einem Bereich, dessen Jagdgelegenheiten noch lange nach der Beseitigung der feudalen Jagd vom Hochadel besonders geschätzt worden sind, ist öffentlich zugänglichen Quellen zufolge Inhaber eines Elektronikunternehmens mit weltweit vermarkteten Produkten und demzufolge auf den Waldertrag nicht angewiesen. Er ist etwa zehn Jahre lang Vorsitzender der Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen des Bayerischen Jagdverbandes (Landesjagdverbandes) e. V. gewesen.

- In Presseberichten wird der Antragsteller mit einem Aufruf zur „Mobilmachung gegen wildgewordene Behörden“ zitiert (www.merkur.de/lokales/garmisch-partenkirchen/landkreis/jaeger-chef-kritisiert-Forstverwaltung). Eine diesbezügliche Gegendarstellung des Antragstellers ist nicht ersichtlich. Der Feldzug des Antragstellers richtet sich gegen die Bemühungen des Antragsgegners und der Beigeladenen um mäßige Wildbestände und insbesondere gegen den gesetzlichen Grundsatz „Wald vor Wild“. Wie die zahlreichen von ihm geführten Streitverfahren belegen, ist der Antragsteller bereit, für seinen Feldzug erhebliche Summen aufzuwenden. Nur durch die Überzeugung, zu einem solchen Feldzug berufen zu sein, ist es auch zu erklären, dass der Antragsteller es abgelehnt hat, den Normenkontrollantrag, den er gegen die gesamte Verordnung gestellt hat, im Hinblick auf das Betroffenheitserfordernis und die Prozesskosten auf die Verordnungsgebiete in der Nähe seines Eigenjagdreviers zu beschränken, also diejenigen Verordnungs-Teilgebiete unangegriffen zu lassen, die weit (bis zu 150 km) von seinem Eigenjagdrevier entfernt liegen. Auf die Anregung des Senats in der mündlichen Verhandlung, den gesamten Normenkontrollantrag (und nicht nur den Hilfsantrag) zu beschränken, hat der Bevollmächtigte des Antragstellers - ohne noch einmal Rücksprache mit diesem nehmen zu müssen - deutlich gemacht, dass der Antragsteller die gesamte Verordnung zu Fall bringen will und auf Kostengesichtspunkte in diesem Zusammenhang keinen Wert legt. Der Feldzug des Antragstellers erklärt auch, weshalb er - obwohl lediglich die Verordnung streitgegenständlich ist - mit seinen Ausführungen sämtliche Bestimmungen und Maßnahmen des Antragsgegners und der Beigeladenen angreift, die auf einen mäßigen Wildbestand abzielen (vgl. 1.1.2.1). Insgesamt stellt der Antragsteller das überkommene repräsentative Jagdinteresse über Regeln, die verfassungsgerichtlich gebilligt (vgl. BayVerfGH, E.v. 18.10.1996 - Vf. 15-VII-95 - juris, insbesondere Rn. 44, 53, 59) und im Wege demokratischer Gesetzgebung festgelegt worden sind. Die Nichtbeachtung zentraler Grundsätze des Jagdrechts stellt die Befähigung zur Jagdausübung infrage.

1.1.1.3 Die Behauptung, er werde durch den Verbiss beeinträchtigt, stellt der Antragsteller lediglich deshalb auf, weil er sich durch Berufung auf das allgemein anerkannte rechtlich geschützte Interesse, von übermäßigem Verbiss verschont zu bleiben, eine Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit die Möglichkeit verschaffen möchte, die streitgegenständliche Verordnung zu Fall zu bringen (weil er sie für den Bestandteil einer allgemeinen „Ausrottungsstrategie“ des Antragsgegners und der Beigeladenen hält). Indem er den Verbiss in seinem Eigenjagdrevier der vom Antragsgegner und von der Beigeladenen ausgehenden Beja-gung zuschreibt, dient ihm die Behauptung einer Verbissbeeinträchtigung - wie aus den beim Senat anhängigen Verfahren 19 ZB 17.1601 und 19 ZB 17.1602 ersichtlich - gleichzeitig als Begründung für seine Klagen gegen behördlich festgesetzte Abschusspläne.

Jedoch hat gerade das vom Antragsteller (verschleierte, jedoch tatsächlich) verfolgte Interesse an hohen Schalenwildbeständen dazu geführt, dass die Rechtsprechung den Anspruch entwickelt hat, von übermäßigem Verbiss verschont zu bleiben (vgl. insbesondere BVerwG, U.v. 30.3.1995, a.a.O.). Der Antragsteller missbraucht diesen Anspruch, indem er ihn konträr zu seiner Zweckbestimmung zu verwenden sucht. Das Interesse an hohen Schalenwildbeständen ist rechtlich nicht geschützt, sodass dem Antragsteller keine Rechtsposition im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO zur Seite steht. Die Regulierung des herrenlosen Wildes erfolgt anhand der Allgemeininteressen ohne Berücksichtigung des jagdlichen Aneignungsrechts und der damit verbundenen Vorstellungen. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Jagdaus-übungsberechtige keinen Anspruch auf einen bestimmten Bestand an Wild (HessVGH, B.v. 5.1.2006 - 11 UZ 1111/04 - JE VI Nr. 63, juris Rn. 9 ff.; B v. 26.1.1982, NuR 1987, 96; OVG Lüneburg vom 28.3.1984 - JE I Nr. 34; zum Anspruch auf Rotwild vgl. BayVerfGH, E.v. 18.10.1996, a.a.O., insbesondere Rn. 59 ff.).

Ein Anspruch auf einen bestimmten Bestand an Wild besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass hoher Wildverbiss für die vom Antragsteller betriebene Form der Forstwirtschaft nützlich ist. Unabhängig von der Frage, inwieweit eine Forstwirtschaft als solche zulässig ist, die auf einen fichtendominierten Wald entgegen den Standortbedingungen und somit gegen die Entwicklung eines nachhaltigen, ökologisch werthaltigen und stabilen Waldes gerichtet ist, stehen der Hege von Wildbeständen, die mit dieser Art von Forstwirtschaft vereinbar sind, jedenfalls die gesetzlichen Bestimmungen in Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG und Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG („Wald vor Wild“) entgegen. Darüber hinaus verletzt diese Hege den Verbissschutz-Anspruch der Eigentümer im Eigenjagdrevier eingeschlossener, dem Eigenjagdrevier angegliederter und ihm benachbarter Flächen, die Forstwirtschaft und Jagd entsprechend den gesetzlichen Zielen betreiben (vgl. hierzu Übersichtskarte in M 7 K 16.3639, Bl. 414).

1.1.2 Darüber hinaus liegen keine tragfähigen Anhaltspunkte für spürbare Auswirkungen auf die Wildbestands- und/oder Verbiss-Situation im Eigenjagdrevier des Antragstellers vor, die vorliegend relevant sind. Da es bei der Frage spürbarer (betroffenheitsrelevanter) Auswirkungen um die Wirkungen der Verordnung im Teilgebiet Eschenlaine geht, sind alle Auswirkungen unerheblich, die auf sonstigen Vorgaben oder Maßnahmen des Antragsgegners oder der Beigeladenen beruhen (1.1.2.1). Die Auswirkungen, die die Verordnung im Bereich Eschenlaine hat, beeinflussen die Wildbestands- und/oder Verbiss-Situation im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht spürbar. Dies gilt sowohl unter dem Blickwinkel der (irreführenden) Betroffenheitsargumentation des Antragstellers, der zufolge der Verbiss in seinem Eigenjagdrevier auf Wild-Zuwanderung beruht, die dem Antragsgegner und der Beigeladenen anzulasten ist, als auch bei Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse. Diese sind durch die Überhege des Antragstellers (mit entsprechenden Verbissfolgen) und durch den Feldzug geprägt, den der Antragsteller gegen die gesetzlichen Jagdziele führt („Ausrottungsstrategie“), weil die durch sie angestrebte Mäßigung der Wildbestände - infolge einer Wild-Wegwanderung aufgrund des Vakuumeffekts - sich auch auf Reviere auswirken kann, in denen (wie im Eigenjagdrevier des Antragstellers) Wildbestände überhegt werden (1.1.2.2).

1.1.2.1 Das gesamte Vorbringen des Antragstellers zu jagdlichen Bestimmungen und Maßnahmen des Antragsgegners und der Beigeladenen, die neben der Verordnung erlassen bzw. vorgenommen worden sind, ist unbehelflich, weil die für die Kontrolle der Verordnung im Teilgebiet Eschenlaine erforderliche Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO nur den Auswirkungen der Verordnung (im Teilbereich Eschenlaine) entnommen werden kann.

Soweit sich der Antragsteller gegen das gesamte jagdrelevante Verhalten des Antragsgegners und der Beigeladenen wendet (zufolge des in der mündlichen Verhandlung gehörten Antragstellerbeistandes Prof. Herzog kommt es auf die Zahl der Abschüsse im Verordnungszeitraum „nicht entscheidend an“) und nicht nur gegen die Umsetzung der angegriffene Verordnung im bezeichneten Bereich, ist dies unbehelflich. Streitgegenstand und damit Bezugspunkt für die Frage der Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO ist weder die allgemeine Jagdausübung der Beigeladenen oder eine hierfür geltende Vorgabe noch das Gesamtkonzept der Beigeladenen zur Schutzwaldsanierung oder dessen Bestandteil, das Schalenwild flächenbezogen zu vergrämen, sondern ausschließlich der Beitrag zur Schalenwildver-grämung, den die Ausweitung der Jagdzeiten im Verordnungsgebiet Eschenlaine (einem sehr kleinen Teil des Staatsjagdreviers) ermöglicht. Mit seinem Betroffenheitsvorbringen, das sich auf zahlreiche Maßnahmen des Antragsgegners und das gesamte Jagdverhalten der Beigeladenen bezieht, verkennt der Antragsteller, dass die Zulässigkeit seines Normenkontrollbegehrens im Hilfsantrag davon abhängig ist, dass er gerade durch die angefochtene Norm (die Verordnung im Teilgebiet Eschenlaine) betroffen ist. Somit kommt es auch nicht auf die Bestandsregulierung des Schalenwildes an. Diese findet durch die Abschusspläne statt. Sie erfassen zunächst die während des normalen Jagdjahres stattfindenden Abschüsse, auch soweit sie der letalen Vergrämung zur Schutzwaldsanierung dienen. In § 1 der Verordnung vorgegeben und zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass mit der Ausweitung der Jagdzeiten durch die Verordnung (hier: im Staatsjagdrevier Isarwinkel, in dem das Verordnungsgebiet Eschenlaine liegt) keine Erhöhung der Abschusszahlen verbunden ist, sondern dass die in den Abschussplänen festgelegten Abschusszahlen auch den Abschuss des Schalenwildes im Rahmen der Verordnung erfassen. Der plangeregelte Abschuss kann lediglich teilweise in den Verordnungszeitraum verlagert werden (weil in diesem Zeitraum auch und besonders mit Verbiss zu rechnen ist). Gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG darf Schalenwild nämlich nur aufgrund und im Rahmen eines Abschussplans erlegt werden (daraus ergibt sich - ohne dass es vorliegend darauf ankommt - dass der Vollzug der Verordnung den Schalenwildbestand nicht beeinflusst, also die eigentliche Befürchtung des Antragstellers nicht zutrifft, durch die Verordnung werde der Abschuss der Schalenwildbestände verstärkt; zur Neutralität einer Schonzeitverkürzung betreffend die Abschusszahlen vgl. HessVGH, B.v. 18.2.2013 - 4 A 1179/12 - juris Rn. 10). Auch die sonstigen Maßnahmen der Beigeladenen mit Einfluss auf den Wildbestand, wie etwa die Auflösung von Wildfütterungen (angesprochen im Schriftsatz v. 30.7.2010 im Verfahren 19 N 09.3102; in den Verfahren des Antragstellers vor dem Verwaltungsgericht München wegen Abschussplanfestsetzungen entgegen seinen Anträgen ist von bis zu acht aufgelösten Fütterungen die Rede) oder von Wintergattern, die der Antragsteller selbst als mögliche Ursachen für ein verändertes Wildaufkommen in seinem Eigenjagdrevier Eschenlohe-Wengwies bezeichnet hat, oder wie die Zonierung der Beja-gungsintensität, wie sie als „flankierende Maßnahme“ in Nr. 5 des Berichts der Bayerischen Staatsforsten vom 15. Juni 2011 über die Ergebnisse und Erfahrungen mit der Verordnung (GA 19 N 12.206, S. 17 ff.) beschrieben wird (vgl. hierzu auch Rudolf Plochmann, Gamswildbejagung bei den Bayerischen Staatsforsten am Beispiel des Forstbetriebs Bad Tölz, Fachbeitrag zu Band 21 der Schriftenreihe des Landesjagd-verbandes Bayern; Zone 1 konzentriert sich demzufolge auf Sanierungsgebiete, insbesondere auf Bereiche mit Schonzeitaufhebung, und weitere für die Schwerpunkt-bejagung notwendige Flächen; hier findet auch außerhalb der durch die Verordnung verlängerten Jagdzeiten eine verschärfte Bejagung unter Anwendung aller jagdrechtlich zur Verfügung stehenden Mittel statt), sind vorliegend unerheblich. Alle diese Jagdstrategie- und Waldsanierungsmaßnahmen haben ihre Grundlage nicht in der angegriffenen Verordnung und würden durch einen Erfolg des Normenkontrollan-trags auch nicht in Wegfall geraten oder unterbunden. Die Zahl der Abschüsse im Verordnungszeitraum würde im Fall einer Aufhebung der Verordnung lediglich in das normale Jagdjahr verschoben. Die mit der bloßen Anwesenheit von Menschen (Jägern) verbundene Vergrämungswirkung bliebe sogar in der (dann wieder geltenden) Schonzeit erhalten (zur Abgrenzung der dem Geltungsbereich der Verordnung unterliegenden Jagdausübung von der Wildhege und sonstigen Tätigkeiten des Jagdausübungsberechtigten vgl. BayObLG, B.v. 3.1.1983 - JE I Nr. 22).

1.1.2.2 Die Auswirkungen, die die Verordnung im Bereich Eschenlaine hat, beeinflussen die Wildbestands- und/oder Verbiss-Situation im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht spürbar. Dies gilt sowohl unter dem Blickwinkel der (irreführenden) Betroffenheitsargumentation des Antragstellers, der zufolge der Verbiss in seinem Eigenjagdrevier auf Wild-Zuwanderung beruht, die dem Antragsgegner und der Beigeladenen anzulasten ist, als auch bei Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse. Diese sind durch die Überhege des Antragstellers (mit entsprechenden Verbissfolgen) und durch den Feldzug geprägt, den der Antragsteller gegen die gesetzlichen Jagdziele („Ausrottungsstrategie“) führt, weil die durch sie angestrebte Mäßigung der Wildbestände sich aufgrund des Vakuumeffekts (der Tendenz zu einer in etwa gleichmäßigen Verteilung) auch auf benachbarte Reviere mit überhegten Wildbeständen wildbestandsmindernd auswirken kann.

Die Verordnung soll nicht dazu beitragen, die Schalenwildbestände zu reduzieren, sondern dazu, das Schalenwild aus den Sanierungsflächen zu vertreiben, und zwar möglichst vollständig (vgl. Plochmann, a.a.O.; Schriftsatz vom 4.4.2017, S. 3; der Antragsgegner und die Beigeladene gehen nicht davon aus, dass eine völlige Schalenwildfreiheit der Sanierungsflächen erreichbar ist). Das Schalenwild soll durch konsequentes Auslösen eines Flucht- und Meidungsverhaltens der Tiere von den Sanierungsflächen möglichst ferngehalten werden; eine mit deren Einzäunung vergleichbare Wirkung soll erreicht werden. Die Umstände, dass die Wildvergrämung aufgrund der Verordnung nur auf verhältnismäßig kleinen Flächen und nur während weniger Monate des Jahres stattfindet und dass im übrigen Staatsjagdrevier nicht mit derselben Intensität, aber gemäß dem Grundsatz „Wald vor Wild“ (mit der Folge einer mäßigen Wilddichte) gejagt wird, sprechen gegen die vom Antragsteller (im Rahmen seiner Betroffenheitsargumentation) behauptete Wild-Zuwanderung aus dem Verordnungsteilgebiet im Staatsjagdrevier. Hingegen spricht für eine Wildwanderung aus dem Eigenjagdrevier in das Staatsjagdrevier (deren Unterbindung das eigentliche Ziel des Antragstellers ist) die Tendenz des Wilds, Flächen mit geringerer Wilddichte aufzusuchen (Vakuumeffekt; angesichts der Unmöglichkeit einer vollständigen Wildfreihaltung ist auch das Verordnungs-Teilgebiet hiervon nicht vollkommen ausgeschlossen). Die geringere Wilddichte im Staatsjagdrevier beruht aber nicht oder jedenfalls nicht wesentlich auf der Vergrämung im Verordnungsteilgebiet während des Verordnungszeitraums, sondern auf der Beachtung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ im ganzen Staatsjagdrevier.

Das streitgegenständliche Verordnungsteilgebiet Eschenlaine umfasst lediglich 47,82 ha (bei dem deutlich größeren „Sanierungsgebiet Eschenlaine“ handelt es sich lediglich um einen Begriff der Sanierungsplanung der Beigeladenen, nicht aber um ein Gebiet mit rechtlicher Bedeutung). Innerhalb des Verordnungsteilgebiets nimmt die zu sanierende und deshalb zu schützende Waldfläche (im Schutzwaldsanierungskonzept als Sanierungsfläche „Scharfgraben“ bezeichnet) 11,27 ha ein. Auf diese Sanierungsfläche beziehen sich alle Erhaltungs-, Pflege- und Schutzmaßnahmen einschließlich der konsequenten Vergrämung, durch die die Naturverjüngung des (noch vorhandenen oder nachgepflanzten) Schutzwalds gesichert werden soll. Der größere Umgriff des Verordnungsteilgebiets ist bedingt durch die jagdtechnischen Erfordernisse der Schalenwild-Freihaltung der Sanierungsfläche. Die Fläche, um deren annähernde Wildfreihaltung während weniger Monate des Jahres es geht (nur der Verordnungszeitraum ist relevant), entspricht - selbst bei Berücksichtigung aufenthaltsfördernder Faktoren - dem Raumbedarf allenfalls eines (1) Tieres (vgl. die Maximalwerte, die in den - allerdings noch die Trophäenjagd in den Mittelpunkt stellenden, vgl. Abschnitt A.I. - Richtlinien für die Abschussregelung vom 4.3.1969 -LMBl. 13 - genannt sind; sie sind in der Folgezeit zunehmend überschritten worden und die späteren Abschussbzw. Hegerichtlinien benennen Maximalwerte nicht mehr). Eine derartige Wildfreihaltung ist schon nicht geeignet, die Wilddichte in der unmittelbaren Umgebung (also im angemessen bejagten Staatsjagdrevier) spürbar zu beeinflussen. Erst recht vermag sie die Wilddichte im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht zu beeinflussen, das selbst am nächstgelegenen Punkt mehr als 1 km entfernt ist (also durch mehrere hundert Hektar Fläche vom Verordnungsteilgebiet getrennt ist) und etwa die 21-fache Fläche des Verordnungsteilgebiets aufweist. Die Bedeutungslosigkeit der Vergrämung im Verordnungsteilgebiet während einiger Monate des Jahres für die Wilddichten in der Umgebung wird auch aus der geringen Anzahl der Abschüsse ersichtlich, die von der Beigeladenen auf der Grundlage der Verordnung tatsächlich vorgenommen worden sind (diese Abschüsse müssen während des Jagdjahres auf der Grundlage der Abschussplanung abgeschätzt und für die verlängerte Jagdzeit aufgespart werden, vgl. Nr. 6 der Bestimmungen der Beigeladenen für die Jagdausübung im Rahmen der Verordnung, GA 19 N 14.1022 Bl. 532). Die vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung geäußerte Befürchtung einer übermäßigen oder vollständigen Abschussverlagerung in den Verordnungszeitraum entbehrt angesichts der langjährig stabilen Jagdpraxis der Beigeladenen jeglicher tragfähigen Grundlage. Nachdem es schon im Rahmen der vor dem Jahr 2000 erlassenen Schonzeit-Ausnahmebescheide zu äußerst geringen Abschusszahlen gekommen war (BA V Bl. 8), sind während der Geltung der seit dem Jahr 2000 aufeinander folgenden vier Rechtsverordnungen oberbayernweit pro Jahr und Verordnungsteilgebiet im Durchschnitt 0,6 Stück Rehwild, 0,3 Stück Rotwild und 2,9 Stück Gamswild erlegt worden. Die Zusammenstellungen der Beigeladenen über die auf der Grundlage der aufeinander folgenden Verordnungen getätigten Abschüsse von Rehwild, Rotwild und Gamswild während der Jahre 2001 bis 2014 (GA Bl. 81/82 sowie Bl. 97 bis 99) belegen eine zielgerichtete und konsequente Vorgehensweise, die in erster Linie das Gamswild (zwischen 10,4% und 17,5% des jährlichen Abschusses) betrifft und bedeutend weniger das Reh- und Rotwild (bei Rehwild zwischen 1,8% und 3,9% und bei Rotwild zwischen 1,1% und 3,2% des jährlichen Abschusses). Die Abschusszahlen bis zum Jahr 2015, die der Beistand des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, bestätigen diese Zahlenverhältnisse. Die Angaben des Antragsgegners und der Beigeladenen für das Verordnungsteilgebiet Eschenlaine über die im Rahmen der Verordnung getätigten Abschüsse sind nicht widerspruchsfrei, überschreiten aber diese Größenordnungen nicht. Laut den Angaben des Antragsgegners hat es - bezogen auf das Verordnungsteilgebiet Eschenlaine und den Verordnungszeitraum - in den Jagdjahren 2008/2009 und 2009/2010 überhaupt keine auf der Verordnung beruhenden Abschüsse gegeben und im Jagdjahr 2010/2011 zwei Abschüsse von Gamswild (vgl. GA 19 N 12.206 Bl. 21; GA 19 N 14.1022 Bl. 478). Die Beigeladene hat auf Anforderung des Senats eine Gesamtübersicht über die Abschüsse auf der Fläche im Sanierungsgebiet Eschenlaine vorgelegt, die auf der Grundlage der Verordnung getätigt wurden. Nach dieser Übersicht (GA 19 N 14.1022 Bl. 748, Stand 13.9.2017) wurde seit dem Jahr 2008 lediglich im Jagdjahr 2015 ein „Schonzeitabschuss“ getätigt. Es mag sein, dass (wie von Antragstellerseite in der mündlichen Verhandlung vorgetragen) vom Wild nicht nur Abschüsse, sondern instinktiv auch bloße Auftritte von Jägern wegen deren Aussehens und Verhaltens mit Gefahr verknüpft wird. Aber selbst wenn hiermit dieselbe Vergrämungsintensität verbunden wäre (wofür nichts spricht), erscheint die hieraus sich ergebende Vergrämungswirkung bei einer Begehung pro Woche äußerst gering. Wären derart seltene Maßnahmen geeignet, die vom Antragsteller behauptete spürbare Wildwanderung auszulösen, wäre die allgemein übliche Art und Weise der Jagdausübung unmöglich, weil dann bereits das Aufscheinen eines Jägers zur großräumigen Abwanderung der Tiere führen würde. Im Übrigen sind auch insoweit die dargelegten Gründe zu berücksichtigen, aus denen die Vergrämung zu keiner nennenswerten Veränderung der Wilddichte in der Umgebung des Verordnungsteilgebiets führt, und ist auch insoweit darauf hinzuweisen, dass für ein bloßes Auftreten als Jäger eine Schonzeit-Ausnahme nicht erforderlich (die angefochtene Verordnung also nicht kausal) ist. Auf den Umstand, dass Schalenwild durchaus in der Lage ist, die Entfernung zwischen dem Verordnungsteilgebiet und im Eigenjagdrevier und noch größere Entfernungen zu überwinden, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an. Angesichts der Unwesentlichkeit der infrage kommenden Tierzahlen kommt es darüber hinaus nicht mehr auf die Ausführungen des Antragstellers an, mit denen er es unternimmt, eine Wanderung von Wild aus dem Verordnungsteilgebiet speziell in sein Eigenjagdrevier darzutun. Diese Ausführungen überzeugen darüber hinaus nicht. Der Antragsteller hat keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass das vergrämte Wild gezielt in Richtung seines Eigenjagdreviers gedrängt würde wie etwa bei einer Drückjagd. In der Begründung des Normenkontrollantrags vom 26. Februar 2010 (betreffend die Verordnung 2008) hat er zwar behauptet, es finde eine „großflächigen Hetz- und Ver-grämungsjagd“ statt, dies jedoch in keiner Weise substantiiert. Der Antragsteller hat auch nicht schlüssig dargetan, dass vergrämtes Schalenwild aus sonstigen Gründen gezwungen wäre, ausschließlich oder überwiegend in Richtung seines Eigenjagdreviers zu wechseln. Der Hinweis auf die Berggruppe Herzogstand/Heimgarten im Norden sowie auf den Walchensee im Osten genügt dafür nicht; den in der mündlichen Verhandlung (unter Übergabe einer Karte) behaupteten mehr oder weniger abgegrenzten, die Fluchtmöglichkeiten einschränkenden Wildlebensraum gibt es nicht. Insbesondere für das Gamswild erscheinen steigungsbedingte Lebensraumgrenzen eher fernliegend; auch das Rotwild wandert im Winter - wenn es nicht durch günstige Umstände (wie etwa Fütterungen) oder durch ungünstige Umstände (wie etwa landschaftsverändernde Maßnahmen) abgehalten wird - bis in die Tallagen (zur Gebirgstauglichkeit des Schalenwildes vgl. auch Rn. 4 des Urteils des BVerwG v. 29.12.2011 - 3 BN 1/11 - a.a.O.). Angesichts dessen wäre eine Wildwanderung und -verteilung in andere umliegende Gebiete (beispielsweise in das Staatsjagdrevier Isarwinkel selbst oder in das Eigenjagdrevier O. IV) nicht weniger wahrscheinlich als eine Wildwanderung in das Eigenjagdrevier. Die höhere Wilddichte im Eigenjagdrevier spricht dafür, dass das Wild (soweit es nicht durch Fütterungsanlagen des Antragstellers abgehalten wird) diese anderen umliegenden Gebiete bevorzugt.

Gegen eine vergrämungsbedingte Wildzuwanderung als Grund für den Verbiss im Eigenjagdrevier des Antragstellers spricht schließlich auch, dass die anderen Reviere in der Hegegemeinschaft des Antragstellers und insbesondere das Eigenjagdrevier O. IV, das keilförmig zwischen der Verordnungsfläche Eschenlaine und dem Eigenjagdrevier des Antragstellers liegt, eine niedrigere Verbissbelastung aufweisen.

Die vom Antragsteller für die mündliche Verhandlung beigezogenen Beistände haben das Begehren des Antragstellers als solches durch ihre Anwesenheit unterstützt und einzelne Aspekte seiner Darlegungen bestätigt (etwa die Auffassung, das Wild könne den Jäger vom Touristen unterscheiden). Die Behauptung, die wöchentliche Begehung und die äußerst seltenen Abschüsse im Verordnungsgebiet beeinflussten die Wildbestandszahlen im Eigenjagdrevier des Antragstellers (jeweils kurzfristig) signifikant, die der Antragsteller in widersprüchlicher Weise und ohne belastbare Anhaltspunkte aufgestellt hat, haben sie weder durch fachliche Informationen unterstützt noch sich zu eigen gemacht.

Auf die Frage, ob die genannten Gründe, die gegen eine nennenswerte Veränderung der Wilddichte in der Umgebung des Verordnungsteilgebiets und insbesondere im Eigenjagdrevier des Antragstellers sprechen, auch für die in zunehmender Entfernung vom Eigenjagdrevier des Antragstellers liegenden und deshalb zunehmend irrelevanten anderen Verordnungsteilgebiete (insbesondere für die Verordnungsteilgebiete Deiningbach und Fahrenberg, die östlich des Verordnungsbereichs Eschenlaine sowie des Europäischen Fernwanderwegs 4 liegen, der an der Ostgrenze des letztgenannten Verordnungsteilbereichs auf einer Höhe von etwa 1450 Metern verläuft) gelten, kommt es nicht an, da diese nicht Gegenstand des vom Antragsteller gestellten Hilfsantrag sind. Nach dem Ergebnis des Verfahrens ist dies jedoch (einschließlich vergleichbarer Abschusszahlen) der Fall.

1.2 Der Senat ist nicht aufgrund des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 (3 BN 1/11) gehalten, von einer Antragsbefugnis des Antragstellers auszugehen.

Im Beschluss vom 29. Dezember 2011 (a.a.O.) hat das Bundesverwaltungsgericht die Antragsbefugnis des Antragstellers nicht ein für alle Mal bejaht. Es ist lediglich zu dem Ergebnis gelangt, dass der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 7. Oktober 2010 (19 N 09.3102) mit seiner Argumentation betreffend topographische Hindernisse, die eine zur Beeinträchtigung des Antragstellers führende Wildwanderung ausschlössen, die prozessualen Anforderungen an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO überspannt hat und deshalb verfahrensfehlerhaft vom Fehlen der Antragsbefugnis ausgegangen ist. Der Antragsteller, dessen Waldflächen nicht im Geltungsbereich der Verordnung liegen, habe eine mittelbare Betroffenheit in seinen geschützten Interessen nach Art. 14 Abs. 1 GG hinreichend substantiiert dargetan, indem er plausibel vorgetragen habe, dass aufgrund der räumlichen Nähe seiner Waldflächen zu Gebieten, die von der Verordnung erfasst werden, nachteilige Auswirkungen für sein Waldeigentum nicht auszuschließen sind. Der vom Verwaltungsgerichtshof eingewendete Höhenzug stelle wegen der Umgebungsverhältnisse kein wesentliches Hindernis für die vom Antragsteller dargelegte, durch Abschüsse auf der Grundlage der Verordnung ausgelöste Wildwanderung dar.

Mit der Frage, ob dem Antragsteller tatsächlich ein subjektives Recht im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO zusteht, hat sich das Bundesverwaltungsgericht nicht vertieft befasst, weil der elaborierte, irreführende Charakter der Betroffenheitsargumentation des Antragstellers (vgl. hierzu Nr. 1.1.1) in der Senatsentscheidung vom 7. Oktober 2010 zwar angedeutet, aber nicht eingehend thematisiert worden ist.

Hinsichtlich des Fehlens eines relevanten topographischen Hindernisses für eine Wildwanderung schließt sich der Senat der Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts an. Die seitherige weitere Aufklärung des Sachverhalts hat jedoch konkrete Erkenntnisse zu den örtlichen Verhältnissen und insbesondere zur Art und Weise des Vollzugs sowohl der Vorgängerverordnung als auch der hier streitgegenständlichen Verordnung ergeben. Auch auf dieser neuen Tatsachengrundlage ist (aus anderen als den vom Bundesverwaltungsgericht erörterten Gründen, vgl. Nr. 1.1.2) eine Antragsbefugnis des Antragstellers auszuschließen.

Es kommt hinzu, dass der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 im nunmehr ruhenden Verfahren 19 N 12.206 betreffend die Vorgängerverordnung ergangen ist. Im hiesigen, gegen die Nachfolgeverordnung gerichteten Verfahren entfaltet er bereits wegen seines anderen Streitgegenstandes keine Bindungswirkung im Sinn des § 121 VwGO.

2. Der Normenkontrollantrag hätte - wäre er zulässig - auch in der Sache keinen Erfolg. Die dies (hilfsweise) ergebende umfassende Prüfung der Gültigkeit der Vorschrift (lediglich die Überprüfung am Maßstab der Grundrechte des Landesverfassungsrechts ist dem Senat verwehrt, weil insoweit Art. 98 Satz 4 BV die ausschließliche Zuständigkeit des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vorsieht und damit der Vorbehalt des § 47 Abs. 3 VwGO greift) ist vorliegend nicht zuletzt wegen des Umstands angezeigt, dass die Verordnung am 21. Februar 2019 ausläuft und sich im Verfahren über eine zu erwartende Nachfolgeverordnung (zum Zeitbedarf von Sanierungsmaßnahmen vgl. Nr. 2 der Anweisung zur Schutzwaldsanierung) dieselben Fragen erneut stellen.

2.1 Kein Regelungsinhalt der Verordnung und daher auch nicht Gegenstand des Verfahrens ist die Festlegung von Sanierungsgebieten und Gefährdungsgebieten; diese in § 2 Abs. 1 der Verordnung verwendeten Begriffe entstammen der Terminologie der bayerischen Forstverwaltung (vgl. Handbuch zur Schutzwaldsanierung, Bayerische Staatsforstverwaltung, München 1997, S. 132; Anweisung zur Schutzwaldsanierungsplanung der Bayerischen Forstverwaltung, Stand April 2012, Nr. 6.1, S. 697; Schreiben des AELF Weilheim v. 12.2.2016, GA 19 N 14.1022 Bl. 54). Als Sanierungsgebiete bezeichnet diese großräumige Bereiche mit hohen Anteilen an Schutzwäldern (z.B. Bergflanken, Hänge über Ortschaften und Straßen, Wildbacheinzugsgebiete), in denen auf Teilflächen (den Sanierungsflächen) Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind. Als Gefährdungsgebiete definiert sie Bereiche mit hoher Schutzbedeutung des Waldes für Ortschaften und Infrastruktureinrichtungen. Hier sind derzeit noch keine Sanierungsmaßnahmen erforderlich, wären es jedoch in absehbarer Zeit, wenn die gegenwärtige Entwicklung tatenlos hingenommen würde. Zur konkreten Bezeichnung und Unterscheidung werden die Begriffe Sanierungsgebiet oder Gefährdungsgebiet jeweils mit einer aussagekräftigen Ortsangabe verbunden (vgl. die Karten der Sanierungsgebiete Eschenlaine, Deiningbach, Fahrenberg, GA 19 N 12.206, Bl. 83; 19 N 14.1022 Bl. 770, 773, 776). Die Verordnungsteilgebiete erfassen lediglich Teilflächen der Sanierungs- oder Gefährdungsgebiete und werden von der Verordnung selbst abgegrenzt. Für die Sanierungs- und Gefährdungsgebiete selbst mit ihren unterschiedlichen Gebietsbezeichnungen sieht die Verordnung keine wie auch immer geartete Regelung vor. Die Einwendungen des Antragstellers betreffend eine fehlende Rechtsgrundlage für die Festlegung dieser Gebiete, betreffend einen unklaren Begriffsinhalt und betreffend nicht hinreichend bestimmte Abgrenzungen der Geltungsbereiche stellen die Rechtmäßigkeit der Verordnung daher nicht erfolgreich in Frage.

2.2 Die Verordnung hat in § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG i.V.m. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG eine Ermächtigungsgrundlage.

Nach dieser Bestimmung können die Länder die Schonzeiten für bestimmte Gebiete oder für einzelne Jagdbezirke aus besonderen Gründen, insbesondere aus Gründen der Wildseuchenbekämpfung und Landeskultur, zur Beseitigung kranken oder kümmernden Wildes, zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, zu wissenschaftlichen, Lehr- und Forschungszwecken, bei Störung des biologischen Gleichgewichts oder der Wildhege aufheben. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG ermächtigt die höhere Jagdbehörde (dies ist gemäß Art. 49 Abs. 2 Nr. 2 BayJG die Regierung), durch Rechtsverordnung die durch § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG eingeräumte Befugnis auszuüben.

Die gesetzlichen Vorschriften verlangen das Vorliegen besonderer Gründe für die Aufhebung der Schonzeit. Sie benennen beispielhaft mögliche Gründe zur Rechtfertigung einer Schonzeitaufhebung; die Verwendung des Wortes „insbesondere“ macht dabei deutlich, dass die Aufzählung der besonderen Gründe nicht abschließend ist. Die Vielfalt der vom Gesetzgeber benannten Gründe (jagdliche, landeskulturelle, wissenschaftliche) veranschaulicht, dass völlig unterschiedliche Motive eine Aufhebung der Schonzeit rechtfertigen können. Aus der gesetzgeberischen Wortwahl („besondere Gründe“) in Verbindung mit der Breite der benannten Beispiele ist zu ersehen, dass der Rechtfertigungsgrund für den Verordnungserlass kein außerordentliches oder herausragendes Gewicht haben muss. Es genügt, wenn die Ausweitung der Jagdzeiten unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände vernünftigerweise geboten ist. Es ist eine Sondersituation landesspezifischer Art erforderlich, die mittels der regulären administrativen Maßnahmen (insbesondere §§ 21, 27 BJagdG) nicht gesteuert werden kann und deshalb durch eine Abweichung von den allgemein geregelten Jagdzeiten bewältigt werden muss (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, 1. Aufl., Stand Dezember 2016, § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.2). Nachdem die Gründe für eine erweiterte Abschussmöglichkeit nicht näher abgegrenzt werden können, bedarf es keiner Benennung des Rechtfertigungsgrundes in der Verordnung selbst, sondern genügt es, wenn die besonderen Gründe höheres Gewicht haben als die Gründe für die allgemeine (regelmäßig dem Schutz von Brut- und Setzzeit dienende) Schonzeitregelung. Bei diesem sich aufdrängenden Verständnis macht die Ermächtigungsvorschrift hinreichend deutlich, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Ermächtigung Gebrauch gemacht werden und welchen Inhalt eine auf Grundlage der Ermächtigung erlassene Verordnung haben kann (zu diesen Voraussetzungen vgl. Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 1. Auflage 2009, Art. 55 Rn. 36).

2.2.1 Der Senat teilt die Auffassung des Antragsgegners, dass (jedenfalls) im Geltungsbereich der Verordnung im Sanierungsgebiet Eschenlaine der Schutz des Bergwaldes als selbständiger besonderer Grund i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG die Schonzeitverkürzung für das Schalenwild rechtfertigt (vgl. Leonhardt, a.a.O., § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.2.2). Der Bergwald besitzt vielfältige Schutzwirkungen. Unter anderem bewahrt er den eigenen Standort vor Bodenabtrag und schützt gleichzeitig Siedlungen und Straßen vor Lawinen, Hochwasser, Steinschlag und Muren. Der Verbiss (dessen Ausmaß in dem - einigen Sanierungsflächen nahen -Eigenjagdrevier des Antragstellers Gegenstand mehrerer beim Senat anhängiger Verfahren ist) ist das gravierendste Hindernis für die Schutzwaldsanierung (Hildebrandt, Schutzwaldmanagement im Bay. Alpenraum, Fachbeitrag zu Band 21 der Schriftenreihe des Landesjagdverbandes Bayern - http://jagd-bayern.de/fileadmin/_BJV/Akademie/Gamswild/BJV_Gamswild_08_Hildebrandt_V03.pdf).

Nach der unwiderlegten Darstellung des Antragsgegners befindet sich auf der Sanierungsfläche Scharfgraben, die einen 11,27 ha großen Teilbereich im Norden des 256 ha umfassenden Sanierungsgebiets Eschenlaine umfasst und im östlichen Teil des 47,82 ha umfassenden Verordnungsbereichs Eschenlaine liegt (GA S. 770), Schutzwald im Sinn von Art. 10 BayWaldG. Die indizielle Aussagekraft der Schutz-waldkartierung (Art. 10 Abs. 3 BayWaldG), welche die Sanierungsfläche im vom Antragsgegner vorgelegten Auszug (GA S. 327) als Schutzwald im Sinn des Art. 10 Abs. 1 BayWaldG darstellt, hat der Antragsteller nicht durch substantiierten Vortrag widerlegt. Die Einordnung als Schutzwald findet ihre fachliche Bestätigung in den allgemeinen Angaben der gutachtlichen Aussage zur Verjüngungssituation in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach vom 9. Juli 2012. Demnach umfasst deren Gebiet ca. 1.170 ha und ist zu gut 90% bewaldet. Den unbewaldeten Teil bilden Felsen und baumfreie Wiesenhänge. Große Teile sind Schutzwald und lassen durch die teilweise sehr steile Hangneigung und die abgeschiedene, nicht erschlossene Lage keine forstliche Nutzung zu (GA 19 N 12.206 Bl. 80). Schutzwald in diesem Sinn ist Wald in den Hoch- und Kammlagen der Alpen und der Mittelgebirge (Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 BayWaldG), auf Standorten, die zur Verkarstung neigen oder stark erosionsgefährdet sind (Nr. 2) oder der dazu dient, Lawinen, Felsstürzen, Steinschlägen, Erdabrutschungen, Hochwassern, Überflutungen, Bodenverwehun-gen oder ähnlichen Gefahren vorzubeugen oder die Flussufer zu erhalten (Nr. 3). Diese Schutzfunktionen zu erhalten ist Aufgabe der Schutzwaldpflege, ihre Wiederherstellung Aufgabe der Schutzwaldsanierung. Nur intakte, nicht verlichtete Gebietswälder können die Schutzwaldfunktionen ausreichend erfüllen. Die Sanierung der Schutzwälder ist nach Art. 28 Abs. 1 Nr. 9 BayWaldG Aufgabe der Forstbehörden und damit öffentliche Aufgabe. Die Schutzfunktion dieser - wegen ihrer Bedeutung in Schutzwaldverzeichnissen ausgewiesenen - Wälder besteht im Wesentlichen darin, Niederschlagswasser zu binden, mit ihrer Verwurzelung die Bodenstabilität zu sichern und Gleitschnee bzw. Lawinen zu verhindern. Um diese Funktion langfristig sicherzustellen, bedarf es zum einen eines artenreichen Mischwaldes, der widerstandsfähig ist gegen Schädlingsbefall bzw. unterschiedliche klimatische Bedingungen und Einflüsse. Als heimische Hauptbaumarten sind in der hochmontanen Zone sowohl Fichte als auch Tanne, Buche, Bergahorn, Lärche und Latsche anzusehen. Zum anderen bedarf es eines möglichst dichten und stufigen Waldaufbaus, also eines Gemisches unterschiedlicher Altersstufen in der Bestockung. Voraussetzung hierfür ist wiederum eine laufende Verjüngung der Bewaldung, d.h. es muss kontinuierlich Nachwuchs der vorgenannten Hauptbaumarten ankommen und auch aufkommen. Reißt diese Naturverjüngung ab, kommt es früher oder später - entsprechend den Abläufen in der Natur ist hier in größeren Zeiträumen zu rechnen - zu Kahlstellen und schließlich Erosion. Von einer Beeinträchtigung der Schutzfunktion des Waldes ist auszugehen, wenn Schäden am Bergwald bereits eingetreten sind, aufgrund derer sie nicht mehr ausreichend gewährleistet ist; von einer Gefährdung ist auszugehen, wenn die Schutzfunktion des Waldes in Zukunft beeinträchtigt wird oder gar gänzlich entfällt (vgl. BayVGH, U.v. 7.4.2005 - 19 B 99.2193 - juris Rn. 53). Diese Ausführungen des Senats haben nach wie vor Gültigkeit und sie werden durch die Ausführungen des Antragstellers zur Bedeutung der Grasnarbe in lichten Bergwäldern hinsichtlich Wasserspeicherfähigkeit und Erosion nicht widerlegt. Der Antragsteller lässt unberücksichtigt, dass im Bergwald ein Teil des Niederschlags von den Baumkronen aufgefangen wird und gar nicht den Boden erreicht (sogen. Inter-zeptionsverlust) und dass die Schattenwirkung der Bäume zu einer verzögerten Schneeschmelze und damit zur Abmilderung von Hochwasserspitzen führt (vgl. das Handbuch zur Schutzwaldsanierung - nachfolgend: Handbuch - Abschnitt B 1.1. Wasserschutz). Eine intakte Waldbaumbestockung bietet sachgerechten Bodenschutz und verhindert im Gegensatz zu einer Grasdecke Schneebewegungen im Bergwald (vgl. das Handbuch, Abschnitte B 1.2 und B 1.3). Die Wasserwirtschaftsverwaltung ist an der Erarbeitung des Konzepts zur Schutzwaldsanierung beteiligt gewesen und ihre Erkenntnisse sind in den Inhalt eingeflossen (vgl. die Einleitung zum Handbuch); auch die Sanierungsplanung für die einzelnen Sanierungsflächen wird mit der Wasserwirtschaftsverwaltung abgestimmt (vgl. Anweisung zur Schutzwaldsanierung, Nr. 1).

Die eigens eingerichteten drei Fachstellen für Schutzwaldmanagement (FSWM) in Bayern haben ihrer Auswahl der von der Verordnung erfassten Sanierungsflächen nach Maßgabe des Handbuchs zur Schutzwaldsanierung ein einheitliches Raster zugrunde gelegt, welches die Gründe für die Schonzeitaufhebung jeweils in den wesentlichen Zügen benennt und dabei gleichzeitig Prioritätsabstufungen vornimmt (vgl. Übersichten, GA Bl. 56 ff).

Das Sanierungsgebiet Eschenlaine umfasst mit einer Fläche von 256 ha das Wildbacheinzugsgebiet des Gewässers Eschenlaine. Die auf Anforderung des Senats vorgelegten Planungsunterlagen zum Sanierungsgebiet Eschenlaine mit dem Planungsstand 2004 weisen die Sanierungsfläche „Scharfgraben“ mit einer Fläche von 11,3 ha aus, auf der zunächst keine Maßnahmen durchgeführt worden sind. In der im Zuge des vorherigen Verordnungsverfahrens vorgelegten Übersicht der Fachstellen für Schutzwaldmanagement vom 8. März 2008 werden für das Sanierungsgebiet Eschenlaine schlagwortartig überalterte, rückgängige Bergmischwälder, starke Erosionen durch Schneeschurf, eine unzureichende Verjüngung und sehr hohe Investitionen in Gleitschneeverbauungen und Pflanzungen benannt. In der gutachtlichen Aussage zur Verjüngungssituation in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach vom 9. Juli 2012 wird vom zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten festgestellt, dass in den Sanierungsgebieten des Übergangsbereichs zum Bergmischwald Maßnahmen wie Gleitschneeverbauungen und Sanierungspflanzungen zur langfristigen Hangsicherung stattfinden. Neben der punktuell aufkommenden Naturverjüngung würden aktiv standortspezifische Mischbaumarten gepflanzt (GA 19 N 12.206, S. 80). Zur Erläuterung der Gebietsauswahl hat der Antragsgegner im Schriftsatz vom 4. April 2017 vorgetragen, die verwendeten Begriffe seien aus sich heraus verständlich und bedürften keiner weiteren Erläuterung. Unter überalterten Schutzwäldern verstehe die bayerische Forstverwaltung solche mit einem Durchschnittsalter über 200 Jahre ohne ausreichende Verjüngung und mit mehr als einem Drittel kümmernder, absterbender oder toter Bäume in der Oberschicht. Vergleichbare Kriterien für die Identifizierung sanierungsnotwendiger Schutzwälder finden sich auch in der Anweisung zur Schutzwaldsanierung der Bayerischen Forstverwaltung (Stand April 2012). Zur Interpretation der Zustandsbeschreibungen kann auf den Abschnitt C Zustand der Schutzwälder in den Bayerischen Alpen sowie die Nr. 3 der Planungsgrundsätze bei der Schutzwaldsanierung (Definition sanierungsnotwendiger Schutzwälder einschließlich Dringlichkeitseinstufung) im Handbuch zur Schutzwaldsanierung zurückgegriffen werden. Konkrete Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Angaben und Bewertungen hat der Antragsteller nicht vorgetragen und sind für den Senat auch nicht ersichtlich. Dass im Bergwald Investitionen in Pflanzungen getätigt werden, die nicht rentabel sind und für die auch sonst keine sachliche Notwendigkeit besteht, erscheint fernliegend. Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankäme, hat der Antragsgegner nach der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2017 weitere konkrete Informationen über Sanierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Sanierungsfläche Scharfgraben geliefert (angesichts der schriftlichen Einwendungen des Antragstellers im Verwaltungsverfahren hätte es sich allerdings aufgedrängt, diese Sanierungsunterlagen bereits zur Grundlage des Verordnungsverfahrens zu machen).

Der Prioritätseinstufung in die Kategorie 1 sind das Wildbacheinzugsgebiet Eschenlaine, der Hochwasserschutz und Muren(gefahr) zugrunde gelegt. Die in der mündlichen Verhandlung seitens des Antragstellers angesprochene Hochwasserfreilegung der Eschenlaine im Bereich der Gemeinde Eschenlohe vermag zwar die Bedeutung des Projekts für den unmittelbaren Hochwasserschutz zu relativieren; dass sie ihn vollständig aufheben würde, hat der Antragsteller nicht behauptet und ist angesichts der Unkalkulierbarkeit von Naturereignissen (im Hochwasserschutz ist das hundertjährige Hochwasser Bezugsgröße) auch nicht anzunehmen. Aus forstlicher Sicht wird die Sanierungsfläche Eschenlaine als sonnenseitiger Wintereinstand sowie als Ganzjahreseinstand für das Gamswild angesehen, also als Wald, der lagebedingt besonders verbissgefährdet ist. Es kann offen bleiben, ob die ausgreifende Gefahrenbeschreibung in der Übersicht uneingeschränkt zutrifft. Jedenfalls hat das Verfahren keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass es sich bei dem Wald auf der Sanierungsfläche nicht - wie vom Antragsgegner angegeben - um überalterten, rückgängigen und somit gefährdeten Bergmischwald handelt.

2.2.2 Der mit der Verordnung angestrebte Schutz des Bergwaldes stellt darüber hinaus einen besonderen Grund der Landeskultur i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG dar (in diesem Sinn vgl. Leonhardt, a.a.O., § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.2.2). Der Begriff Landeskultur, dem es an einer gesetzlichen Definition mangelt, kann sehr weitgreifend verstanden werden (zum Meinungsstand vgl. Friesecke, NUR 2000, 81 ff.; für das Forstrecht vgl. Zerle/Hein/Foerst/Stöckel/Beck/Nüßlein/Pratsch, Forstrecht in Bayern, 2. Aufl. Stand Juni 2016, Art. 16 BayWaldG). Er umfasst jedenfalls die land-und forstwirtschaftliche Bodennutzung einschließlich der Maßnahmen zur Bodenerhaltung, Bodenverbesserung (Melioration), Neulandgewinnung und Flurbereinigung. Der Schutz des Bergwaldes, den der Antragsgegner als besonderen Grund für den Erlass der Verordnung benennt, ist unter den Begriff der Landeskultur zu subsumie-ren, da es bei der Bewahrung eines gesunden und lebensfähigen Bergwaldes auch um die Vermeidung erheblicher Schäden an der Kulturlandschaft geht.

2.2.3 Angesichts der besonderen Bedingungen, denen Wald im Hochgebirge ausgesetzt ist, sind die ausgeweiteten Jagdzeiten auch zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG erforderlich. Der Antragsteller weist im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass von einem übermäßigen Wildschaden erst auszugehen ist, wenn er das übliche Maß von durch Wild verursachten Schäden erheblich und in einem Umfang übersteigt, dessen Hinnahme dem Geschädigten nicht mehr zuzumuten ist (vgl. VG Ansbach, B.v. 30.04.1998 - AN 15 E 98.00625 -Jagdrechtliche Entscheidungen VI Nr. 45 - juris, Rn. 17; BayObLG, U.v. 10.4.1978 -RREg 2 Z 60/77 - BayObLGZ 1978, 69 - juris, Rn. 30). Dieser Ansatz ist der Erkenntnis geschuldet, dass in Anbetracht der Ernährungsgewohnheiten von Wildtieren der Verbiss von Pflanzen zum Naturkreislauf gehört und in einem gewissen Umfang der Waldregeneration nicht schadet. Ein Fall der Vermeidung übermäßiger Wildschäden ist jedoch ernsthaft in Betracht zu ziehen, wenn ohne die Ausweitung der Jagdzeiten die Naturverjüngung wegen des Wildverbisses unterbleibt und der Erhalt des Bergwaldes mit seinen vielfältigen Schutzfunktionen nicht mehr zu gewährleisten ist.

Es liegt auf der Hand, dass in die Subsumtion die Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind und dass der Eintritt von Schäden am Bergwald nicht abgewartet werden muss. Es wäre verfehlt, die Frage des Übermaßes von Wildschäden unabhängig von den naturräumlichen Gegebenheiten ihres Auftretens und der Bedeutung der betroffenen Güter nach einem einheitlichen (landesweiten) Maßstab zu beurteilen. Im Bergwald, dem als Schutzwald besondere Gemeinwohlaufgaben zukommen, wird die Grenze zum übermäßigen, nicht mehr zumutbaren Wildschaden wesentlich früher erreicht sein als im Flachland. Angesichts der aus klimatischen und standortspezifischen Gründen erschwerten Wachstumsbedingungen für Jungbäume kann die Waldverjüngung hier - je nach Waldzustand - manchmal nur durch künstliche Anpflanzungen herbeigeführt werden (zu den Verjüngungsmethoden vgl. Handbuch, Abschnitt D.2) und oft nur durch weitestgehende Unterbindung von Verbiss. Wenn eine erosionshindernde Bewaldung nicht vorhanden ist, müssen zusätzlich Verbauungen errichtet werden. Der Antragsgegner hat hierzu vorgetragen, dass solche Sanierungsmaßnahmen sehr teuer sind. ha Pflanzung koste bis zu 20.000 EUR, 1 ha Verbauung bis zu 500.000 EUR. Verbiss auf den Schutzwaldstandorten könne nicht wie im Flachland von den Pflanzen durch Ersatztriebe kompensiert werden. In vielen Fällen führe Verbiss zum Absterben der Pflanzen oder zu dauerhaftem Kümmern (vgl. auch Handbuch Abschnitt D 4.1 Wildschäden). Die Folge seien teure Ersatzpflanzungen, verbunden mit großen Zeitverzögerungen bei der Sanierung. Dies könne in Flächen, die mit temporären und damit begrenzt haltbaren Holzbauwerken gegen Schneebewegungen gesichert seien, eine zweite Verbauungsgenera-tion mit enormen Kosten zur Folge haben (vgl. Stellungnahme AELF v. 12.2.2016). Diesem vom Antragsteller nicht widerlegten Vorbringen ist zu entnehmen, dass Bergwald schon bei Verbissraten dauerhaft geschädigt wird, die im Flachland noch hingenommen werden könnten.

2.3 Mängel der Verordnung im Hinblick auf Vorschriften über die Zuständigkeit und das Verfahren mit Auswirkungen auf das streitgegenständliche Teilgebiet Eschenlaine sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Eine Begründungspflicht für Rechtsverordnungen besteht nicht (vgl. OVG SH, U.v. 22.5.2017 - 4 KN 2/15 -juris Rn. 45). Der Antragsteller rügt lediglich allgemein eine unzureichende Beteiligung der Naturschutzbehörden und der Wasserwirtschaftsverwaltung. Er benennt jedoch keine besondere jagdrechtliche Verfahrensvorschrift, derzufolge dies einen die Unwirksamkeit der Verordnung begründenden Verfahrensverstoß darstellt; eine solche Verfahrensvorschrift ist auch nicht ersichtlich (zur Frage einer Beteiligung der Naturschutzbehörden im Zusammenhang mit der unionsrechtlichen Verträglichkeitsprüfung vgl. Abschnitt 2.4). Im Übrigen ist das Programm zur Sanierung der Schutzwälder im Bayerischen Alpenraum in Zusammenarbeit mit den Behörden der Wasserwirtschaft erarbeitet worden (vgl. Abschnitt A, Einleitung des Handbuchs).

Die amtliche Bekanntmachung der angegriffenen Verordnung entspricht einschließlich der Beschreibung der Grenzen des Geltungsbereichs für die Fläche des Sanierungsgebiets Eschenlaine den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

Die Bekanntmachung der Rechtsverordnung ist nach Maßgabe des Art. 51 LStVG erfolgt. Nach Art. 51 Abs. 1 LStVG gelten für die amtliche Bekanntmachung von Verordnungen der Regierungen die Vorschriften über die Bekanntmachung kommunaler Satzungen entsprechend. Lassen sich die Grenzen des Geltungsbereichs einer Verordnung oder die Grenzen des Bereichs, in dem einzelne ihrer Vorschriften gelten, nicht hinreichend deutlich und anschaulich beschreiben oder durch Abdruck einer genauen Karte festlegen, so genügt es nach Art. 51 Abs. 3 LStVG, wenn die Verordnung die Grenzen des Bereichs grob umschreibt und im Übrigen auf Karten (Maßstab mindestens 1:25.000) oder Verzeichnisse Bezug nimmt. Diese Unterlagen müssen von der in der Verordnung bezeichneten Behörde archivmäßig verwahrt werden und allgemein zugänglich sein.

Der Regelung ist zu entnehmen, dass das Gesetz im Regelfall eine Grenzbeschreibung in Worten oder durch Abdruck einer genauen Karte vorsieht. Von einer wörtlichen Beschreibung kann Abstand genommen werden, wenn auf diese Weise eine hinreichend deutliche und anschauliche Beschreibung nicht mehr möglich ist. Es liegt auf der Hand, dass sich mit einer zunehmenden Anzahl von Geltungsbereichen der Verordnung deren Grenzen immer weniger deutlich und anschaulich mit Worten beschreiben lassen. Vorliegend handelt es sich um 105 verschiedene Einzelflächen, die über den gesamten oberbayerischen Alpenraum verteilt liegen. Schon ein Blick auf die Verordnungsgebiete in den fünf im oberbayerischen Amtsblatt (OBBayABl Nr. 4 v. 21.2.2014, S. 25 ff.) veröffentlichten Übersichtskarten im Maßstab 1:200.000 zeigt, dass eine verbale Beschreibung bereits wegen des benötigten außerordentlichen Umfangs der geforderten Anschaulichkeit abträglich wäre. Ebenso veranschaulichen die fünf Übersichtskarten, dass der Abdruck der 105 Teilgebiete in genauen Karten, die im Amtsblatt der Regierung abgedruckt werden könnten, nicht möglich ist. Das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern hat das Format DIN A 3. Der Maßstab einer darin abdruckbaren Karte des Verordnungsgebietes lässt die erforderliche Genauigkeit der Gebietsdarstellung nicht zu.

Für derartige Fallgestaltungen sieht das Gesetz vor, dass die amtliche Bekanntmachung die vollständige Beschreibung der Grenzen der Geltungsbereiche nicht enthalten muss. Es genügt die grobe Umschreibung der Grenzen in Verbindung mit einer Bezugnahme auf Karten und Verzeichnisse, die anstelle der amtlichen Bekanntmachung archivmäßig verwahrt und allgemein zugänglich sind. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner von dieser Möglichkeit in der Form Gebrauch gemacht hat, die grobe Umschreibung der Grenzen durch Bezugnahme auf eine Übersichtskarte im Maßstab 1:200.000 (aufgeteilt auf fünf Kartenblätter) vorzunehmen, die gemäß § 2 der Verordnung als Anlage deren Bestandteil ist. Es ist kein Grund ersichtlich, die grobe Umschreibung durch zeichnerische Darstellung für unzulässig zu halten, nachdem Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG für einfachere Gebietsabgrenzungen neben einer hinreichend deutlichen und anschaulichen Beschreibung in Worten die Festlegung von Grenzen durch Abdruck einer genauen Karte zulässt; sprachliche und zeichnerische Darstellung sind insoweit einander gleichberechtigt (vgl. BayVGH, B.v. 27.4.1995 - 9 N 93.3157 - juris).

Die archivmäßig aufbewahrten Kartenblätter, gegen deren rechtskonforme Verwahrung bei der Regierung von Oberbayern der Antragsteller nach entsprechender Nachforschung keine Einwände erhoben hat, halten den gesetzlichen Mindestmaßstab von 1:25.000 aus Art. 51 Abs. 3 LStVG ein und sind geeignet, den Geltungsbereich der Verordnung in den Sanierungsgebieten bzw. Gefährdungsgebieten darzustellen und vor Ort bestimmbar zu machen. Auf gerichtliche Nachfrage hat der Antragsgegner den in der Karte verzeichneten Grenzverlauf des Geltungsbereichs im Sanierungsgebiet Eschenlaine im Schriftsatz vom 5. Dezember 2016 wie folgt beschrieben:

„Von Punkt 1519 (Rotwandkopf) nach Süden der Staatswaldabteilungsgrenze folgend zu Punkt 1503, von dort weiter der Staatswaldabteilungsgrenze folgend nach Süden bis Höhe 1.420 üNN, von dort der Staatswaldabteilungsgrenze nach Nordwesten dem Verlauf des Scharfen Grabens folgend bis zur Gemarkungsgrenze O.. Weiter nach Nordosten der Gemarkungsgrenze O. folgend bis auf Höhe 1.305 üNN, von dort der Staatswaldabteilungsgrenze folgend in einem Bogen nach Südosten wieder auf den Punkt 1519 (Rotwandkopf). Die genannten Punkte sind Höhenmeterangaben, die sich aus jeder Karte mit Höhenmeterangaben ergeben. Die Staatswaldabteilungsgrenzen sind im Gelände mit zwei weißen Strichen an den Bäumen markiert“.

Nachdem sich die Schonzeitverkürzung für einen Teilbereich des Sanierungsgebietes Eschenlaine ausschließlich an den Personenkreis der im Staatsjagdrevier Isarwinkel Jagdausübungsberechtigten richtet und lediglich verhaltensbezogene Regelungen trifft, dürfen die Anforderungen an die Bestimmtheit der Verordnung nicht überspannt werden. Rechtslehre und Rechtsprechung haben seit jeher den Grundsatz aufgestellt und vertreten, dass Rechtsverordnungen - ebenso wie Gesetze -der Wirksamkeit nur dann entbehren, wenn sie sich nicht so bestimmt ausdrücken, dass ihr Inhalt und ihre Tragweite klar erkennbar sind, und wenn aus ihnen nicht zu ersehen ist, welche Handlungen geboten oder verboten sind (vgl. BayObLG, U.v. 31.10.1995 - RevReg. 4 St 113/60 m.w.N.). Der Rechtsunterworfene muss die Möglichkeit haben, ohne größere Schwierigkeiten und demgemäß aus der Veröffentlichung selbst oder doch aus ihr in Verbindung mit anderen Veröffentlichungen zu erkennen, welche Vorschriften gelten sollen, damit er sein Verhalten entsprechend einrichten kann. Für den vorliegenden Fall ist allein zu fordern, dass sich jeder Jagdausübungsberechtigte vor Ort verlässlich ein Urteil darüber bilden kann, ob ein Schalenwildabschuss zulässig ist, d.h. ob sich er und das angesprochene Stück Schalenwild im Geltungsbereich der Verordnung aufhalten. Dies ist im Fall des Gebietes Eschenlaine der Fall, denn seine Abgrenzung erfolgte nach den Erläuterungen des Antragsgegners nicht nur anhand von topographischen Besonderheiten und Gemarkungsgrenzen, sondern auch anhand von Staatswaldabteilungsgrenzen (zur Waldeinteilung in Distrikte und Abteilungen vgl. Nr. 2.1.2.2 der Richtlinien für die Forsteinrichtung im Körperschaftswald vom 10.1.2012, AllMBl 2012, S. 88 ff), welche im Gelände mit weißen Strichen an den Bäumen markiert sind und deshalb vor Ort entsprechend anwendungssicher nachvollzogen werden können. Die Grenzbeschreibung für das fragliche Gebiet genügt deshalb nach Auffassung des Senats rechtsstaatlichen Anforderungen (vgl. hierzu Leonhardt, Jagdrecht, 1. Aufl. Stand Dezember 2016, § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.1). Die gegenteilige Rechtsauffassung des Antragstellers in der Antragsbegründung vom 12. August 2016 (S. 30 ff.) teilt der mit dem Verordnungsteilgebiet Eschenlaine befasste Senat nicht. Maßgeblich für die Beurteilung ist dabei ausschließlich das zum Bestandteil der Verordnung erklärte, ausgefertigte und im Oberbayerischen Amtsblatt Nr. 4 vom 21. Februar 2014 bekannt gemachte Kartenwerk.

2.4 Eine Unvereinbarkeit des streitgegenständlichen Verordnungsteils mit höherrangigem Recht liegt entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht vor.

2.4.1 Die Verordnung im Teilbereich Eschenlaine steht in Einklang mit den (im Grundsatz nicht abwägbaren) Vorschriften zum Gebiets- und Artenschutz und erfüllt -trotz nicht vorgenommener Verträglichkeitsprüfung - die Anforderungen, die mit dem Natura-2000-Gebiet (Vogelschutzgebiet) Estergebirge (mit einer Fläche von ca. 11.993 ha) verbunden sind.

Hinsichtlich des Europäischen Vogelschutzgebietes Estergebirge, das flächenmäßig das FFH-Gebiet Estergebirge umfasst, sind die Erhaltungsziele zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Verordnung am 14. Februar 2014 in § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 (Gebiets-Nr. DE 8433471) der Verordnung über die Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten sowie deren Gebietsbegrenzungen und Erhaltungszielen (Vogelschutzverordnung - VoGEV - vom 12. Juli 2006, GVBL S. 524) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 8. Juli 2008 festgelegt (GVBl. S. 486), die auf Art. 13b Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Naturschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Dezember 2005 (BayNatSchG 2005, GVBl. 2006, S. 2) gestützt ist. Hier sind auch (entsprechend § 32 Abs. 3 BNatSchG) die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und prioritären Arten dargestellt (seit dem 1.4.2016 sind die Erhaltungsziele, die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und die prioritären Arten in den Anlagen zu den §§ 1 und 2 der Bayerischen Verordnung über die Natura 2000-Gebiete dargestellt; vgl. die Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 19.2.2016, AllMBl S. 258 -BayNat2000V)". Die Schutzbestimmungen der Richtlinie 79/409/EWG des Rats vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutz-Richtlinie - VRL, ABl EG Nr. L 103 S. 1) finden teilweise keine unmittelbare Anwendung mehr, weil das Europäische Vogelschutzgebiet „Estergebirge“ räumlich eindeutig bestimmt ist (vgl. § 2 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 VoGEV) und seine Erhaltungsziele im Rahmen einer endgültigen rechtsverbindlichen Entscheidung mit Außenwirkung benannt sind (vgl. § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 Spalte 6 VoGEV). In einem solchen Fall findet gemäß Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG des Rats vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7, Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie - FFH-RL) ein Wechsel des Schutzregimes von Art. 4 Abs. 4 VRL zu Art. 6 Abs. 2 FFH-RL statt. Im Vogelschutzgebiet nicht anzuwenden ist allerdings Art. 6 Abs. 1 FFH-RL mit seiner Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Festlegung der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen; insoweit verbleibt es bei den Verpflichtungen aus Art. 2, 3 und 4 Abs. 1 und 2 VRL.

Als Erhaltungsziele für das Gebiet werden in Anlage 1 Spalte 6 VoGEV (GVBl. 2006, S. 532) die Erhaltung oder Wiederherstellung der Bestände von Birkhuhn, Auerhuhn, Haselhuhn, Alpenschneehuhn, Wanderfalke, Steinadler, Uhu, Raufußkauz, Sperlingskauz, Weißrückenspecht, Dreizehenspecht, Grauspecht, Schwarzspecht, Neuntöter, Felsenschwalbe, Wasserpieper, Alpenbraunelle, Zwergschnäpper und Ringdrossel und deren Lebensräume, insbesondere des charakteristischen subalpinen und alpinen Gebirgsstocks mit hohem Strukturreichtum wie Hangschuttwälder und Schluchten, Borstgras- und Magerrasen, Latschengebüsche, alpine Zwergstrauchheiden, Quellmoore und Felsen als Brut-, Nahrungs- und Durchzugsgebiet genannt.

Die von der Regierung von Oberbayern als zuständiger höherer Naturschutzbehörde erstellte gebietsbezogene Konkretisierung (der Erhaltungsziele) benennt für dieses Gebiet wiederholend als Vogelarten des Anhangs I zur Vogelschutzrichtlinie u.a. das Auerhuhn (Tetrao urogallus), das Birkhuhn (Tetrao tetrix) und den Steinalder (Aquila chrysateos). Als gebietsbezogene Erhaltungsziele sind u.a. der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der Bestände des Birkhuhns sowie der Erhalt seines Lebensraums (Nr. 2), der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der montanen bis subalpinen Fichtenwälder, ihrer Störungsarmut, ihrer naturnahen Struktur und Baumartzusammensetzung sowie eines ausreichenden Anteils an Lichtungen und lichten Strukturen, insbesondere als Lebensraum für das Auerhuhn (Nr. 3), und der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der Bestände des Steinadlers und seiner Lebensräume, der Erhalt der Brutplätze, störungsarmer Räume um die Brutplätze und der Erhalt artenreicher Nahrungshabitate konkretisiert.

In einem Natura-2000-Gebiet sind die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestimmungen führen können, sind unzulässig; ist hiermit zu rechnen, hat der Mitgliedsstaat geeignete Vermeidungsmaßnahmen zu treffen (vgl. Art. 6 Abs. 2 FFH-RL, § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG). Dabei bestimmt die Schutzerklärung den Schutzzweck entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen und die erforderlichen Gebietsbegrenzungen. Pläne und Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind (vgl. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, § 34 Abs. 1 BNatSchG).

Bei der Beantwortung der Frage, inwieweit die streitgegenständliche Verordnung im Teilbereich Eschenlaine die unionsrechtlichen Anforderungen erfüllt, die mit dem Vogelschutzgebiet verbunden sind, ist zu berücksichtigen, dass die Verordnung eine von zahlreichen Regelungen ist, durch die die Tätigkeit der Jagd auf Schalenwild den (örtlich, sachlich usw.) differenzierten Gemeinwohlerfordernissen angepasst werden soll. Für sie gelten daher die Anforderungen des Unions-Naturschutzrechts an die Jagd auf Schalenwild; diese sind eingehalten mit der Folge, dass von einer Gebietserhaltungsmaßnahme auszugehen ist (2.4.1.1). Die nichtjagdlichen Maßnahmen im Verordnungszusammenhang, die bei dieser Prüfung mit zu berücksichtigen sind (wegen des in Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie verankerten Grundsatzes, dass auch ein Zusammenwirken mehrerer Aktivitäten zu erheblichen Störungen oder Beeinträchtigungen führen kann), entsprechen ebenfalls den Anforderungen des Unions-Naturschutzrechts und sind Gebietserhaltungsmaßnahmen (2.4.1.2).

2.4.1.1 Die Jagd auf Schalenwild im Rahmen der Verordnung ist ökologisch ausgerichtet und widerspricht nicht den Erhaltungszielen des Natura-2000-Gebiets. Nach den unionsrechtlichen Naturschutzvorgaben setzt eine solche Jagd keine Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie voraus.

Die besonderen Schutzgebiete des Natura-2000-Systems sind multifunktional. Die unionsrechtlichen Bestimmungen berücksichtigen nicht nur die Interessen des Naturschutzes, sondern auch sozialökonomische Interessen. Der Bestimmung des Art. 2 der Vogelschutzrichtlinie ist zu entnehmen, dass bei der Arterhaltung und -pflege den wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rechnung getragen wird; gemäß Art. 2 Abs. 3 der Habitatrichtlinie ist bei den aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Art. 9 Abs. 1 lit. c der Vogelschutzrichtlinie ist zu entnehmen, dass eine vernünftige Nutzung der Natur - wenn sie möglich ist, fördert dies die Akzeptanz von Naturschutzvorgaben in der Bevölkerung - dem unionsrechtlichen Naturschutz nicht widerspricht. Daher ist nicht jede Störung oder Beeinträchtigung erheblich im Sinne des Art. 6 Abs. 2 und 3 der Habitatrichtlinie, sondern nur eine für die Erhaltungsziele signifikante. Eine Bewirtschaftung der besonderen Schutzgebiete, die deren Erhaltungszielen und dem Störungsverbot in Art. 6 Abs. 2 der Habitat-Richtlinie in vollem Umfang Rechnung trägt, ist daher kein Plan oder Projekt im Sinne des Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie (also keiner der Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind und es einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten), sondern eine Maßnahme der Erhaltungsbewirtschaftung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Habitat-Richtlinie und des Art. 3 der Vogelschutzrichtlinie, die einer Verträglichkeitsprüfung nicht unterzogen werden muss.

Dieses Verständnis wird durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie durch Erläuterungen der Europäischen Kommission bestätigt.

Nach dem zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Leitfaden „Natura 2000 -Gebietsmanagement, die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG“ der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2000 (Leitfaden Gebietsmanagement) sind die in Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie genannten Begriffe „Plan“ und „Projekt“ zwar nicht auf physische bauliche Anlagen beschränkt (S. 33). Die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie sollten aber im allgemeinen nicht auf Pläne und Projekte für die Erhaltungsbewirtschaftung des Gebiets angewendet werden; dies sollte sowohl für Einzelpläne und -projekte als auch dann gelten, wenn sie Bestandteile anderer Pläne und Projekte sind (Leitfaden Gebietsmanagement S. 36). Umweltfreundliche bzw. umweltverträgliche Tätigkeiten wie z. B. traditionelle landwirtschaftliche Praktiken, die der Erhaltung bestimmter Lebensraumtypen und Arten dienen, können bereits in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitat-Richtlinie einbezogen werden (Leitfaden Gebietsmanagement S. 32), also Gebiets- oder Arterhaltungsmaßnahmen sein. Der Leitfaden Gebietsmanagement hebt weiterhin hervor, dass nur erhebliche Auswirkungen schädlich sind und ein bestimmtes Maß an Störung toleriert wird (S. 25/26), führt als Gebietserhaltungsmaßnahme beispielhaft einen kommerziellen Holzeinschlag an (vgl. S. 35) und erwähnt Agrarwirtschaft und Waldbau als Beispiele dafür, wie die sozioökonomi-schen Forderungen gemäß Art. 2 Abs. 3 der Habitatrichtlinie Berücksichtigung finden können (S. 21/22). Ist die Tätigkeit nichtkommerzieller Art, spricht dies für eine Erhaltungsmaßnahme (Leitfaden Gebietsmanagement S. 35).

Sind die Tätigkeiten von vornherein nicht umweltfreundlich, ist Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie anzuwenden, also von einem Plan oder Projekt sowie der grundsätzlichen Erforderlichkeit einer Verträglichkeitsprüfung auszugehen (zu einer erheblichen Intensivierung der Landwirtschaft, durch die der naturnahe Charakter eines Gebietes geschädigt oder zerstört wird, vgl. S. 33 des Leitfadens Gebietsmanagement sowie BayVGH, U.v. 25.9.2012 - 14 B 10.1550; zur mechanischen Herzmuschelfischerei vgl. EuGH vom 7.9.2004 - Az. C-127/02; zur Unzulässigkeit einer nationalen Regelung, derzufolge u.a. die Jagd nie gegen das Störungsverbot des Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie verstößt, vgl. EuGH, U.v. 4.3.2010 - C-241/08).

Bei traditionellen, potentiell umweltfreundlichen Tätigkeiten kommt es somit auf die konkreten Modalitäten und Umstände im Einzelfall an. Der Leitfaden Gebietsmanagement erwähnt die traditionelle Landwirtschaft ausdrücklich nur beispielhaft. Weitere traditionelle umweltfreundliche Praktiken sind unter anderem Forstwirtschaft, Fischereiwirtschaft und Jagd. Geht die Jagd über eine vernünftige Nutzung der Natur nicht hinaus (vgl. insoweit Art. 9 Abs. 1 lit. c der Vogelschutzrichtlinie sowie - hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Anwendung dieser Bestimmung auf die Jagd - EuGH, U.v. 16.10.2003 - C-182/02 - JE XIX N. 33, juris) und besteht nach Lage der Dinge keine ernsthafte Besorgnis nachteiliger Auswirkungen (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2007 - 4 BN 46/07 - juris Rn. 7 sowie U.v. 14.7.2011 - 9 A 12/10 - juris Rn. 87, jeweils im Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 3 FFH-RL), zählt sie zu den Gebietsoder Arterhaltungsmaßnahmen. Es versteht sich von selbst, dass bei der Prüfung der Umweltfreundlichkeit nicht nur freiwillig übernommene Umweltmaßnahmen (vgl. S. 20/21 des Leitfadens Gebietsmanagement zu vertraglichen Vereinbarungen mit Landwirten und zu zertifiziertem Waldbau) zu berücksichtigen sind, sondern auch der Umweltfreundlichkeit dienliche (und effektiv angewendete) Rechtsvorschriften, denen die jeweilige Tätigkeit nach nationalem Recht unterworfen ist. Eine angemessene Organisation der Tätigkeit und eine angemessene Überwachung sind erforderlich (Leitfaden Gebietsmanagement, S. 21).

Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr auf den von der Europäischen Kommission im Jahr 2008 erstellten „Leitfaden zu den Jagdbestimmungen der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten“ (Leitfaden Jagd) an, in dem die dargelegten Grundsätze des Natura-2000-Systems speziell für die Tätigkeit der Jagd zusammengefasst sind (vgl. insbesondere S. 9/10 betreffend die Jagd in Natura-2000-Gebieten als Frage der Bewirtschaftung, die in erster Linie an Ort und Stelle geklärt werden muss, betreffend den Umstand, dass Auswirkungen, die in Bezug auf die Erhaltungsziele der Natura-2000-Gebiete nicht signifikant sind, nicht als Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie zu betrachten sind, betreffend den Umstand, dass im Allgemeinen nichts gegen die Jagd in Natura-2000-Gebieten spricht, betreffend Jagdverbotszonen als mögliche Bewirtschaftungsmethode zur Beachtung des Störungsverbots und betreffend die Erforderlichkeit einer angemessenen Organisation und einer angemessenen Überwachung zur Vermeidung signifikanter Belästigungen; vgl. auch S. 18/19 betreffend die Voraussetzung der „vernünftigen Nutzung“, die mit einer Aufrechterhaltung der Populationen in einem günstigen Erhaltungszustand verbunden ist, sowie S. 24 betreffend eine künstliche Vergrößerung von Beständen, die sich für andere Arten als erhebliche Beeinträchtigung auswirken kann). Eine Entscheidung, in der der Europäische Gerichtshof oder die Europäische Kommission bei der Jagd oder bei jagdlichen Vorgaben eine Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie für erforderlich gehalten hätte, ist - obwohl die Jagd während der gesamten Geltungsdauer der Naturschutzrichtlinien im gesamten unbewohnten Gebiet der Union ausgeübt worden ist - nicht ersichtlich.

Bei der Prüfung, ob der Verordnungsteilbereich Eschenlaine in Übereinstimmung mit dem Unions-Naturschutz steht und insbesondere keine Wahrscheinlichkeit erheblicher Beeinträchtigungen des Natura-2000-Gebiets besteht, ist zu berücksichtigen, dass auch ein Zusammenwirken mehrerer Verordnungsteilbereiche zu erheblichen Störungen oder Beeinträchtigungen führen kann (vgl. Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtli-nie). Jedoch liegt eine umweltfreundliche, den Erhaltungszielen nicht widersprechende Jagd auf Schalenwild - also eine Gebietserhaltungsmaßnahme, die einer Verträglichkeitsprüfung nicht unterzogen werden muss (vgl. den Leitfaden Gebietsmanagement, S. 35/36, wonach die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 3 im Allgemeinen nicht auf Pläne und Projekte für die Erhaltungsbewirtschaftung des Gebiets angewendet werden sollten und dies nicht nur für Einzelpläne und -projekte gelten sollte, sondern auch dann, wenn sie Bestandteile anderer Pläne und Projekte sind; vgl. insoweit auch Abschnitt 4.4, Abs. 3 des Leitfadens Gebietsmanagement) - auch dann vor, wenn nicht nur die verordnungsgestützte Jagd auf Schalenwild im Verordnungsteilbereich Eschenlaine, sondern auch diejenige in den anderen Verordnungsteilbereichen des Vogelschutzgebiets in diese Prüfung einbezogen wird (2.4.1.1.2). Ob eine Einbeziehung auch der Abschlussplanung geboten ist, kann offenbleiben, da auch die durch Abschlusspläne geregelte Jagd eine solche Gebietserhaltungsmaßnahme ist (2.4.1.1.1). Der Senat verkennt dabei nicht, dass das vom Antragsgegner durchgeführte Verordnungsverfahren nicht geeignet gewesen ist, die Frage einer Wahrscheinlichkeit erheblicher Beeinträchtigungen des Natura-2000-Gebiets zu klären, weil - wie der Aktenführung der Regierung von Oberbayern zu entnehmen ist -sowohl die Äußerungen der Träger öffentlicher Belange (mit zumeist lokaler Zuständigkeit) als auch die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangen Äußerungen nicht für jedes einzelne Gebiet (sondern ungeordnet gemeinsam) gesammelt und ausgewertet worden sind und weil die Regierung von Oberbayern darüber hinaus ganz allgemein dem Senat nicht den Eindruck vermittelt hat, dass sie sich der Notwendigkeit einer gesonderten Bewertung und Abwägung für jedes einzelne Planungsgebiet bewusst gewesen ist. Auch im Normenkontrollverfahren ist dem Senat die Aufklärung des Sachverhalts durch den Antragsgegner und die Beigeladene nicht leicht gemacht worden. Behördliche Äußerungen, die zu einer Klärung des komplexen Sachverhalts beigetragen haben, sind in aller Regel erst auf gerichtliche Nachfrage hin abgegeben worden. Zu der mündlichen Verhandlung, in der der Antragsteller - wie angekündigt - mit drei fachlichen Beiständen erschienen ist, ist von Seiten des Antragsgegners kein Bediensteter entsandt worden, der mit der Durchführung des Verordnungsverfahrens befasst oder zu diesbezüglichen detaillierten Angaben in der Lage gewesen ist. Die Beigeladene, die für die Durchführung sowohl der Schutzwaldsanierung als auch der Natura-2000-Vorschriften zuständig ist, hat die Entsendung eines Bediensteten überhaupt nicht für notwendig erachtet. Auf all dies kommt es jedoch nicht an, weil die gegen die Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung sprechenden Gründe auf der Hand liegen.

2.4.1.1.1 Die für die Jagd der Beigeladenen geltenden Abschusspläne sind weder durch die Verordnung noch durch die Schutzwaldsanierung als Gesamtkomplex bedingt; Abschusspläne sind vielmehr für sämtliche bejagbaren Bereiche des Bundesgebiets aufzustellen (§ 21 Abs. 2 BJagdG). Durch die Abschusspläne soll ganz allgemein eine grundeigentumsschädliche, waldschädliche, ökologiewidrige und insgesamt gemeinschädliche Jagd und Hege verhindert werden (vgl. § 21 Abs. 1 BJagdG sowie Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG; die ursprünglich vom Reichsjagdgesetz bezweckte Hege von Trophäenträgern durch Abschusswahl ist nicht mehr das Ziel des Abschlussplanwesens). Andererseits steht die Schutzwaldsanierung, zu der die Verordnung gehört, in einer gewissen Abhängigkeit vom Abschussplanwesen. Würde nicht mithilfe der Abschusspläne allgemein eine Wilddichte herbeigeführt, die übermäßige Sach- und Ökologieschäden verhindert, wäre es sehr schwierig und wesentlich aufwendiger, sanierungsbedürftige Schutzwaldteile nachhaltig zu sanieren; möglicherweise wäre es dann unmöglich. Letztlich kann die Frage, ob auch die sonstige (durch Abschusspläne geregelte) Jagdausübung der Beigeladenen im Vogelschutzgebiet in die Prüfung der Frage einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes einzubeziehen ist, offen bleiben, denn solche Beeinträchtigungen sind auch im Fall einer Einbeziehung in keiner Weise wahrscheinlich. Vielmehr sind Abschusspläne Gebietserhaltungsmaßnahmen, weil sie in ihrem Regelungsbereich die Jagd auf Schalenwild umweltfreundlich gestalten (2.4.1.1.1.1) und weder in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ stehen noch signifikante Belästigungen, Störungen und Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich bringen (2.4.1.1.1.2).

2.4.1.1.1.1 Abschusspläne, die der Bestimmung des § 21 BJagdG sowie den konkretisierenden bayerischen Rechtsvorschriften entsprechen, haben insbesondere das Ziel, landesweit die - vielfach durch gemeinschädliche Jagd und Hege unterbundene - natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG< „Wald vor Wild“ >). Sie bewirken - wenn sie eingehalten werden - den von Seiten der Jagd erforderlichen Beitrag zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung, also zu einer Bewirtschaftung, die so gestaltet ist, dass die Artenvielfalt des Waldes, seine Produktivität, seine Regenerationsfähigkeit, seine Vitalität und sein Potenzial, auch in Zukunft wichtige ökologische, ökonomische und soziale Funktionen erfüllen zu können, erhalten bleiben und andere Ökosysteme nicht geschädigt werden (vgl. die Definition des Begriffs „nachhaltige Waldbewirtschaftung“ der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa, Helsinki 1993); insbesondere tragen sie dazu bei, dass der Wald gegenüber natürlichen Bedrohungen, beispielsweise gegenüber Stürmen, Insektenbefall und Krankheiten, widerstandsfähiger wird. Die Begriffsdefinition der Ministerkonferenz trägt der Tatsache Rechnung, dass ein naturnaher, nachhaltig bewirtschafteter Wald nicht nur vielfältige wirtschaftliche Vorteile hat. Er hat großen Anteil an der europäischen Biodiversität, denn trotz vielfältiger Bedrohungen ist die biologische Vielfalt in Waldlebensräumen größer als in anderen wichtigen Lebensraumgruppen (Wiesen, Feuchtflächen usw.). Der Wald erbringt auch Ökosystemleistungen von besonderem Nutzen. Er schützt den Boden vor Erosion und reguliert den Grundwasserspiegel und die örtlichen hydrologischen Systeme durch Rückhaltung von Wasserströmen, er reguliert das Klima, speichert Kohlenstoff und schützt wertvollere Bestäuber, reinigt Luft und Süßwasser und bietet Schutz vor Naturkatastrophen wie Lawinen, Erdrutschen, Dürre und Überschwemmungen. Im Mittelpunkt der EU-Waldstrategie vom 20. September 2013 und der diesbezüglichen EU-Fördermittel-Programme steht eine klar von Naturnähe und Nachhaltigkeit geprägte Waldbewirtschaftung, zu der insbesondere auch die Vorbeugung von Schäden und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands von Wäldern nach Katastrophenereignissen gehört (vgl. etwa Art. 24 der VO - EU - Nr. 1305/2013). Dem jüngsten Bericht über den Zustand der Natur in der EU (im Mai 2015 veröffentlicht) ist zu entnehmen, dass die Waldlebensräume insgesamt in keinem guten Erhaltungszustand sind (vgl. zu diesem Begriff Art. 1 der Habitatrichtlinie) und dass noch sehr viel getan werden muss, wenn die Ziele der Biodiversitätsstrate-gie und der neuen EU-Waldstrategie bis 2020 erreicht werden sollen. Für die Wälder des Natura-2000-Netzes (etwa die Hälfte dessen Gesamtfläche) sind Naturnähe und Nachhaltigkeit essentielle Forderungen des europäischen Naturschutzrechts, die von den Nationalstaaten mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln erfüllt werden müssen. Angesichts ihrer dargestellten besonderen Aufgabenstellung kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Abschusspläne nunmehr (im Gegensatz zu denjenigen des Reichsjagdgesetzes) der Erhaltung bestimmter Lebensraumtypen und Arten dienen und deshalb (entsprechend dem Leitfaden Gebietsmanagement, S. 33) in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie einbezogen werden können.

Der gewichtigste Grund dafür, dass die Jagd häufig nicht oder nur unzureichend zur naturnahen, nachhaltigen Waldbewirtschaftung beiträgt und sogar die (in Natura-2000-Gebieten unionsrechtlich geforderten) Bemühungen anderer Akteure um eine solche Waldbewirtschaftung konterkariert, sodass Zustandsverbesserungen nicht vorankommen, ist das noch immer stark verbreitete, dem Grundsatz „Wald vor Wild“ diametral entgegenstehende überkommene Jagdinteresse (vgl. hierzu oben Nr. 1.1.1.2, Spiegelstrich 4). Die mit dem überkommenen Jagdinteresse verbundene Überhege führt zum Verschwinden der Krautschicht, zum weitgehenden Ausfall der besonders verbissgefährdeten Baumarten, zur Entmischung des Waldes, zum Bio-diversitätsverlust, zur Überalterung des Waldes und schlimmstenfalls zu seinem Untergang (auch durch Erosion), der jedenfalls längerfristig den Verlust der Bodendecke nach sich zieht. Dies bedeutet eine Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt, der Wasser und Klima regulierenden Wirkung, der Kohlenstoffspeicherung, der Reinigung von Luft und Süßwasser sowie des Schutzes vor Naturkatastrophen und - im Falle des Totalverlust - den vollständigen Wegfall dieser positiven Effekte des Lebensraumes Wald im fraglichen Bereich. Fütterungen, Wildäcker und andere Hegeverfahren können im Einzelfall sinnvoll sein, werden aber ganz überwiegend zu Überhege genutzt und entfremden dann auch für sich allein genommen den von ihnen betroffenen Lebensraum der Natur.

Zu den Gründen für die Annahme einer Gebietserhaltungsmaßnahme gehört weiterhin, dass - wie unter Nr. 2.4.1.1.2.1 ausgeführt - die durch Abschusspläne geprägte und vom Antragsteller beanstandete Jagd durch die Beigeladene ausgeübt wird, die den Staatswald vorbildlich zu bewirtschaften hat, auch sonst den öffentlichen Interessen erheblich stärker als ein privates Forstunternehmen verpflichtet ist und darüber hinaus für die Maßnahmen zur Verwaltung der Waldanteile des Vogelschutzgebiets ausschließlich zuständig ist.

2.4.1.1.1.2 Die Abschusspläne der Beigeladenen stehen auch nicht in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ und bringen keine signifikanten Belästigungen, Störungen und Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich.

2.4.1.1.1.2.1 Der Antragsteller macht geltend, die Jagd der Beigeladenen anhand der auf den Grundsatz „Wald vor Wild“ (auf die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen) ausgerichteten Abschusspläne beeinträchtige das Auerhuhn, eine streng geschützte und in die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ aufgenommene Art, weil das Auerhuhn auf licht überschirmte Nadelmischwälder angewiesen sei, die Jagd der Beigeladenen aber zu einer Verdichtung des Waldes und zu einer Erhöhung des Laubbaumanteils (zu einer „Verlaubholzung“) führe.

Die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltung und Entwicklung der Raufußhühner besteht jedoch nicht; ihre Anforderungen finden im Rahmen der Schalenwildbejagung in vollem Umfang Berücksichtigung. Die Abschusspläne sind nicht auf einen Ausschluss des Wildverbisses ausgerichtet. Der Wildverbiss soll lediglich so weit eingedämmt werden, dass bei den standortgemäßen Baumarten die natürliche Waldverjüngung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen aufkommt. Daher werden schon deshalb auch in Zukunft licht überschirmte Waldteile existieren. Soweit die durch Absenkung überhöhter Wildbestände ermöglichte Renaturierung des Waldes mit einem gewissen Grad an Verdichtung (Kronenschluss) verbunden ist, ist eine erhebliche Beeinträchtigung des Auerhuhns bereits deshalb auszuschließen, weil es sich bei dieser Renaturierung um eine Jahrzehnte dauernde Entwicklung handelt. Darüber hinaus liegt das Vogelschutzgebiet „Estergebirge“ in mittelhoher Gebirgslage, in der licht überschirmte Nadelmischwälder typisch sind und bereits wegen der klimatischen Bedingungen auch bei Aufkommen der natürlichen Waldverjüngung keineswegs in allen Bereichen (einschließlich denjenigen an der Baumgrenze) dichter Wald entsteht bzw. dauerhaften Bestand hätte. Die Ressource „lichter nadelholzbetonter Altbestand“ ist kein Minimumfaktor für das Auerhuhn (Lauter-bach/Löffler, Auerhuhnschutz in bayerischen Vogelschutzgebieten - Herausforderungen und Zielkonflikte im Waldnaturschutz, Schriftenreihe des Bayerischen Lan-desjagdverbandes e.V., Bd. 22, S. 39). In der gebietsbezogenen Konkretisierung der Erhaltungsziele wird nicht der Erhalt und gegebenenfalls die Wiederherstellung jeder Lichtung und lichten Struktur gefordert, sondern nur „eines ausreichenden Anteils an Lichtungen und lichten Strukturen“; an der Existenz eines solchen ausreichenden Anteils bestehen vorliegend keine Zweifel. Die Standortbedingungen stehen auch der gesamtflächigen Entstehung eines Laubbaumanteils entgegen, wie er in tieferen Lagen standortgemäß ist.

Indem die Bejagung anhand des Grundsatzes „Wald vor Wild“ zu einem Wiederauf -kommen von Kiefer und Tanne führt, die den Raufußhühnern Winternahrung bieten, verbessert sie deren Lebensbedingungen (Hildebrandt, S. 89; Lauterbach/Löffler, S. 40). Der Antragsteller zitiert den Standard-Datenbogen des Vogelschutzberichts 2013 mit der Feststellung, das forstliche Flächenmanagement sei eine der Hauptbeeinträchtigungen des Auerhuhns. Er übergeht jedoch, dass damit gerade reine Bestände aus Fichten (dem „Brotbaum“ des Antragstellers) gemeint sind, während die vom Antragsgegner und von der Beigeladenen mithilfe der natürlichen Waldverjüngung angestrebten naturnahen, reich strukturierten Bergwälder vom Auerhuhn bevorzugt werden (Schweizerisches Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Auerhuhn und Waldbewirtschaftung, S. 5/6, https://www.waldwissen.net/wald/wild/management/wsl_aktionsplan_auerhuhn/wsl_a ktionsplan_auerhuhn_waldbewirtschaftung.pdf).

Die durch die Renaturierung ausgelöste moderate und äußerst langfristige Veränderung von Waldbereichen hat somit keine negative Auswirkung auf den Erhaltungszustand des Auerhuhns. Selbst im gegenteiligen Fall - für den keine Anhaltspunkte bestehen - könnte der Lebensraum durch Bewirtschaftungsmaßnahmen günstiger gestaltet werden. So könnte der volle Lebenszyklus von Bäumen zugelassen werden; eine ungleichmäßige Auslichtung und/oder kleine Kahlschlagflächen könnten hergestellt werden (zur Waldweide vgl. unten). Die vom Antragsteller favorisierte Lösung, dem Auerwild durch eine andauernde Schalenwild-Überhege licht überschirmte Nadelmischwälder in Bereichen vorzuhalten, in denen die dafür erforderlichen ökologischen Voraussetzungen nicht vorhanden sind und die natürliche Sukzession deshalb zu einer anderen Waldzusammensetzung führen würde, widerspricht dagegen den Natura-2000-Zielen. Sie führt auf Dauer zu Waldverlusten. Die Erhaltungsziele verlangen nicht einen ständigen Kampf gegen die natürliche Dynamik der ökologischen Faktoren; Erhalt und Pflege des Wirkungsgefüges der Natur sind vielmehr das zentrale Ziel des Natura-2000-Systems und daher auch die Basis aller Erhaltungsziele und Erhaltungsmaßnahmen. Habitatschutz und Habitatma-nagement müssen sich auf Gebiete konzentrieren, in denen die landschaftsökologischen und sonstigen Standortbedingungen die Entwicklung von Habitaten begünstigen, die Primärhabitaten entsprechen. Nach Lauterbach/Löffler (a.a.O., S. 36, 37, 38, 40) wäre eine Rückkehr zur Zielart Auerhuhn eher kritisch zu sehen, wenn dafür die Entwicklung einer standortangepassten Vegetationsdecke zurückgedreht werden müsste. Allenfalls kann in durch traditionelle Bewirtschaftungsformen beeinflussten, halbnatürlichen Wäldern durch Fortsetzung dieser Bewirtschaftungsformen (wie etwa der Waldweide) die natürliche Sukzession in begrenztem Maß zugunsten von Erhaltungszielen unterdrückt werden. Angesichts der vielfältigen wirtschaftlichen und ökologischen Schäden aufgrund von überhöhten Schalenwildbeständen sind diese weder umweltfreundlich noch eine erhaltende Bewirtschaftung. Sie führen darüber hinaus nicht nur zu „lichten Strukturen“, sondern zu einer auch dem Auerhuhn abträglichen (jedoch der Forstwirtschaft des Antragstellers - der die Fichte als seinen „Brotbaum“ bezeichnet - förderlichen) Entmischung, zu einer Beeinträchtigung der Artenvielfalt, zu einem Schwinden der vom Auerhuhn benötigten Krautschicht (der Antragsteller selbst bezeichnet eine insektenreiche Bodenstruktur als erforderlich) sowie von Kiefer und Tanne, die den Raufußhühner Winternahrung bieten und deren Lebensbedingungen verbessern (Hildebrandt, S. 89; Lauterbach/Löffler, a.a.O., S. 40). Das entstehende (und vom Antragsteller für günstig gehaltene) Gras stellt eine erhebliche Erschwerung der Lebensbedingungen des Auerhuhns dar und gefährdet insbesondere die Jungenaufzucht (Lauterbach/Löffler, a.a.O., S. 35). Überhöhte Schalenwildbestände machen schließlich oft Kulturzäune erforderlich, die eine häufige Todesursache für Raufußhühner darstellen. Gemäß einer Fallstudie betreffend das Auerhuhn in den Vogesen (Fallstudie Nr. 9, S. 25 der von der Europäischen Kommission herausgegebenen Sammlung „Natura 2000 and Forests, Part III - Case Studies“) sind überhöhte Schalenwildbestände einer der Hauptgründe für den Rückgang des Auerhuhns. Der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt G.-P. vom 26. November 2013 mangelt es an der erforderlichen rechtlichen und inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Verordnung; es werden weder der Regelungsgegenstand zutreffend erfasst noch dessen Auswirkungen bewertet. Keiner der erwähnten Nachteile für das Auerhuhn, die mit überhöhten Schalenwildbeständen verbunden sind, findet in dieser Stellungnahme Erwähnung. Eine Entscheidung des Gerichtshofs der Union oder eine Empfehlung der Europäischen Kommission, die überhöhte Schalenwildbestände als Maßnahme der Erhaltungsbewirtschaftung befürwortet, ist nicht ersichtlich; dasselbe gilt für das Auerhuhn-Datenblatt des Vogelschutzberichts 2013; eine solche Maßnahme widerspräche der Verpflichtung, den (allgemein - und auch im konkreten Fall - nicht günstigen) Erhaltungszustand des Lebensraums Wald zu verbessern. Auch die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebiet „Estergebirge“, deren gebietsbezogene Konkretisierung und der Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet Estergebirge sprechen sich nicht für eine solche Lösung aus. In den Erhaltungszielen werden vielmehr mit der Wendung „Erhaltung oder Wiederherstellung… deren Lebensräume, insbesondere des alpinen und subalpinen Gebirgsstocks…“ die landschaftsökologischen und klimatischen Bedingungen zum Maßstab der Erhaltung und Wiederherstellung gemacht; in der gebietsbezogenen Konkretisierung wird die Naturnähe der Strukturen und der Baumartzusammensetzung hervorgehoben. Insgesamt ist seitens des Antragstellers - der hinsichtlich seines Eigenjagdreviers nichts vorgetragen hat, was auf Rücksichtnahme auf das dort lebende Auerwild schließen ließe - eine konsistente Naturschutz-Argumentation mit Gesamtbetrachtung der für Erhalt und Pflege des Auerwilds bedeutsamen Faktoren nicht zu erkennen, sondern lediglich eine Betonung bestimmter Faktoren, die einen hohen Schalenwildbestand zu rechtfertigen scheinen, jedoch nur von relativer Bedeutung für das Auerwild und vorliegend nicht entscheidungserheblich sind.

2.4.1.1.1.2.2 Der Antragsteller macht weiter geltend, die Schalenwild-Abschüsse seien in der Lage, das Auerhuhn und das Birkhuhn zu stören und es dadurch erheblich zu beeinträchtigen. Die Gefahr von Störungen im Sinne des Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie - insbesondere in der Paarungs-, Brut- und Aufzuchtzeit - ist nicht auszuschließen (in diesem Sinne auch die Forderung des Managementplanentwurfs nach einer Berücksichtigung der Anforderungen der Raufußhühner im Rahmen der Schalenwildbejagung sowie die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt G.-P. v. 26.11.2013, die von entsprechenden Vorkommen in „Sanierungsgebieten“ spricht, also in den Organisationsbereichen der Schutzwaldsanierung, die weit über die eigentlichen Sanierungsflächen und die sie umgebenden Verordnungsteilflächen hinausgreifen), auch wenn es angesichts der Größe des Vogelschutzgebiets von fast 120 km2 nur äußerst selten an ein und derselben Stelle zu mehr als einem Abschuss kommen dürfte (zufolge S. 36/37 des Leitfadens Gebietsmanagement kann das Verhältnis der Größe des Natura-2000-Gebets zum Ausmaß der möglichen Beeinträchtigungen ein Indiz für die Erheblichkeit sein). Vorkehrungen für bestimmte Bereiche und Zeiträume können jedoch nicht in die Abschusspläne aufgenommen werden, denn die Bestimmungen des Bundesjagdgesetzes und des Bayerischen Jagdgesetzes regeln den Inhalt des Abschlussplans abschließend. Vorliegend sind jagdrechtliche oder sonstige Anordnungen auch nicht erforderlich, denn es ist nicht ersichtlich, dass dem Störungsverbot nicht hinreichend Rechnung getragen würde. Die vom Antragsteller beanstandete Jagd wird durch die Beigeladene ausgeübt. Im Gegensatz zu privaten Jagdausübungsberechtigten mit unterschiedlichen persönlichen Interessen ist diese ist eine öffentlichrechtliche Körperschaft, die den staatlichen Forst vorbildlich zu bewirtschaften hat, darüber hinaus zahlreiche öffentlichen Aufgaben erfüllt und auch die Aufgabe hat, die Gebiets- und Arterhaltungsmaßnahmen in den bewaldeten Bereichen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ durchzuführen (vgl. im einzelnen Nr. 4.1.1.2). Auf staatlicher Seite werden - wie naheliegend und durch den in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Aktenauszug belegt - die konkreten Maßnahmen zwischen den für Schutzwaldsanierung und Erhaltungsmaßnahmen im Natura-2000-Gebiet zuständigen Arbeitseinheiten abgestimmt, wobei im Jahr 2014 (BA V Bl. 265) noch Einzelfallabstimmungen stattgefunden haben, die der Entwicklung eines standardisierten Abstimmungsverfahrens gedient haben. Auf diese Weise und mit fachlicher Unterstützung durch wildbiologische Gutachten, die im Rahmen der Schutzwaldsanierung in Auftrag gegeben werden, werden unbürokratische Lösungen zur bestmöglichen Berücksichtigung der Raufußhühnererfordernisse erarbeitet (Hildebrandt S. 88/89). Für die Annahme, dass es gleichwohl zu Störungen kommt liefert das Verbringen des Antragstellers keine Anhaltspunkte. Ein Bewirtschaftungsplan, der die Vorkehrungen der Beigeladenen zur Beachtung des Störungsverbots benennt, wäre sachdienlich. Eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Bewirtschaftungsplans sieht jedoch - wohl wegen der Pflichtenlage und des Fehlens naturschutzwidriger Interessen der für die Erhaltung von Natura-2000-Gebieten zuständigen Stellen, zu denen die Beigeladene gehört - das Unionsrecht nicht vor. Der Antragsteller berücksichtigt weder diese besondere Aufgabenstellung noch trägt er substantiierte Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der Bejagung die erforderlichen Rücksichtnahme nicht geübt wird. Anzeichen für eine negative Entwicklung der Bestände finden sich trotz der bereits seit längerer Zeit praktizierten Schutzwaldsanierung nicht; die Birkhuhnpopulation wird im Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet Estergebirge als über einen Zeitraum von 10 Jahren hinweg stabil beurteilt.

2.4.1.1.1.2.3 Der Antragsteller macht geltend, mit dem Rückgang des Gamswilds verliere der Steinadler seine Nahrungsgrundlage und infolge des Zuwachsens der Wälder den notwendigen Jagdraum. Diese Behauptungen hat der Antragsteller weder belegt noch substantiiert; für sie sprechen auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Dies gilt zunächst für den vom Antragsteller unterstellten Rückgang des Gamswilds; es ist davon auszugehen, dass dieses sich in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des Art. 1 lit. i der Habitatrichtlinie befindet (vgl. Nr. 2.4.1.1.1.2.4). Der Steinadler selbst hat den günstigen Erhaltungszustand noch nicht erreicht, hat sich aber (wohl ganz überwiegend infolge von Jagdverbot und Schutzprogrammen) in den bayerischen Alpen, die seinen einzigen Lebensraum in Deutschland bilden, von geschätzten 15 Brutpaaren im Jahr 1970 zu derzeit etwa 50 Brutpaaren entwickelt (Landesbund für Vogelschutz, www.steinadlerschutz.de/schutz-programm.html). Die Jagd und die Entnahme terrestrischer Wildtiere stellen für den Steinadler, der sich keineswegs nur von Gamskitzen ernährt, sondern von fast allen kleinen und mittelgroßen Säugern und Vögeln im jeweiligen Gebiet (einschließlich Aas und Kadavern großer Tiere, die er mehrere Tage lang anfliegt), lediglich eine geringe Beeinträchtigung dar (vgl. Nr. 7 des Steinadler-Standard-Datenbogens des Vogelschutzberichts 2013). Nachdem der Steinadler im bodennahen Flug jagt und lediglich offene und halboffene Landschaften besiedelt (bei Wäldern nur den Waldrand), ist nicht erkennbar, weshalb ein Aufkommen der natürlichen Waldverjüngung für ihn eine Beeinträchtigung darstellen könnte.

2.4.1.1.1.2.4 Der Antragsteller führt aus, der für einen gesunden Wildbestand erforderliche Altersaufbau des Gamswilds sei nicht mehr vorhanden, weshalb es zu einer Veränderung des Reproduktionsverhaltens gekommen sei; teilweise sei es zu einer vollständigen Ausrottung des Gamswildes gekommen. Belege oder zumindest eine Plausibilisierung dieser Behauptungen liefert der Antragsteller nicht. Nach den vom Landesjagdverband Bayern e.V. veröffentlichen Zahlen liegen die jährlichen Gams-wildstrecken in Bayern seit 20 Jahren im Bereich von 4000 Stück (mit einer Schwankungsbreite von mehreren 100 Stück nach unten und nach oben), wobei sie seit dem Jagdjahr 2011/2012 kontinuierlich über 4000 Stück liegen. Diese Entwicklung der Gamswildstrecken spricht dafür, dass sich das Gamswild in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des Art. 1 lit. i der Habitatrichtlinie befindet und widerlegt die Behauptung einer ausrottenden oder auch nur bestandssenkenden Bejagung, denn eine solche würde spätestens nach einigen Jahren zu einer Verminderung der Strecken führen. Was den Altersaufbau betrifft, verpflichtet Nr. II.8 der Hegerichtlinie vom 9. Dezember 1988 (a.a.O.) dazu, die Regulierung der Wildbestände den natürlichen Auslesevorgängen anzupassen. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung werden die Schalenwildarten im genannten Abschnitt und in den folgenden Abschnitten (einschließlich Nr. I.9.2) in Altersklassen einteilt und wird jeder Altersklasse ein Abschussdeputat zugeteilt. Angesichts der fehlenden Substantiierung der antrag-stellerseitigen Behauptungen fehlen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, die Beigeladene halte die genannten Bestimmungen der Hegerichtlinie nicht ein und missachte den Altersaufbau des Gamswilds. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, dass das Gamswild nicht zu den prioritären Arten im Sinne des Art. 1 lit. h der Habitatrichtlinie zählt, sondern zu den Arten nach Anhang V der Habitatrichtlinie, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen verschiedenster Art sein können. Solche Verwaltungsmaßnahmen setzen gemäß Art. 14. Habitatrichtlinie aber voraus, dass sie vom Mitgliedstaat zur Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes für erforderlich gehalten werden.

2.4.1.1.2 Auch die Verordnung, die wegen des Grundsatzes, dass ein Zusammenwirken mehrerer Aktivitäten oder Vorhaben zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebietes führen kann (vgl. Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie), nicht nur mit dem Verordnungsteilbereich Eschenlaine, sondern auch mit den anderen Verordnungsteilbereichen im Vogelschutzgebiet (dem unmittelbar an das Verordnungsgebiet Eschenlaine angrenzenden Verordnungsgebiet Deiningbach sowie dem im Vogelschutzgebiet liegenden Teil des Verordnungsgebiets Fahrenberg) am Unionsrecht zu messen ist, zählt als jagdlicher Teil der umfassend konzipierten Schutzwaldsanierung zu den umweltfreundlichen Gebietserhaltungs- und -verwaltungsmaßnahmen (2.4.1.1.2.1). Die Jagd in den Regelungsbereichen der Verordnung (mit dem Ziel einer letalen Schalenwildvergrämung aus den Sanierungsflächen) steht auch nicht in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ und bringt keine signifikanten Belästigungen, Störungen und Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich (2.4.1.1.2.2).

2.4.1.1.2.1 Die Verordnung ist - zusammen mit der Schutzwaldsanierung, der sie dient - für die Verwaltung des Vogelschutzgebiets notwendig und stellt eine Erhaltungsbewirtschaftung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie dar. Der Verlust von Schutzwald im Vogelschutzgebiet (insbesondere durch Erosion) würde nicht nur die Berglandschaft nachteilig verändern und in vielen Fällen zur Gefährdung von Menschenleben, Sachwerten sowie von Infrastrukturobjekten führen. Er würde insbesondere das Natura-2000-Gebiet selbst erheblich schädigen.

Die antragstellerseitige Beschreibung der (für die Durchführung der Schutzwaldsanierung zuständigen) Beigeladenen als profitorientiertes Wirtschaftsunternehmen ist einseitig und in wesentlichen Punkten unrichtig. In Art. 1 des Gesetzes zur Errichtung des Unternehmens „Bayerische Staatsforsten“ (StFoG) wird darauf hingewiesen, dass die (hier beigeladenen) Bayerischen Staatsforsten, eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, den Staatswald vorbildlich zu bewirtschaften haben, weil er dem allgemeinen Wohl in besonderem Maße dient. Dasselbe ergibt sich aus Art. Abs. 1 BayWaldG. In dieser Bestimmung wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass die mit der Bewirtschaftung und der Verwaltung betrauten Stellen (das heißt vor allem die Beigeladene) insbesondere standortgemäße, naturnahe, gesunde, leistungsfähige und stabile Wälder zu erhalten und zu schaffen haben, und dass hierzu die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen durch eine auf einen artenreichen und gesunden Wildbestand ausgerichtete Bejagung ermöglicht werden soll. Weiter ist hier festgelegt, dass sie (auch) die Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes und seine biologische Vielfalt zu sichern und zu verbessern haben und bei allen Maßnahmen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie die Belange der Wasserwirtschaft zu berücksichtigen haben (Art. 18 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 BayWaldG; ebenso Art. 3 Abs. 2 Satz 2 StFoG), den Wald vor Schäden bewahren müssen (Nr. 3), besondere Gemeinwohlleistungen zu erbringen haben (Nr. 4; nach Art. 22 Abs. 4 Satz 2 BayWaldG ist insbesondere die Schutzwaldsanierung eine dieser Gemeinwohlleistungen; für sie sieht Art. 22 staatliche Beihilfen vor) und besondere Belange der Jagd, wie die Reduktion von Schwarzwild und die Bestandssicherung ganzjährig geschonter Wildarten, zu berücksichtigen haben (Nr. 5). Demzufolge ist die Beigeladene - im Gegensatz zu privaten Forstunternehmen - von vornherein nicht nur den Gemeinwohlerfordernissen verpflichtet, die in allgemeinen Gesetzen festgelegt sind, sondern auch solchen, die in behördlichen Plänen, Richtlinien, Weisungen usw. festgelegt sind. Dies erlaubt der Beigeladenen ganz allgemein nicht diejenige Ausrichtung der Unternehmenstätigkeit an der Gewinnerwartung, die privaten Forstunternehmen erlaubt ist.

Bei der Schutzwaldsanierung werden die Beigeladene (und der sie tragende Antragsgegner) überhaupt nicht profitorientiert tätig. Vielmehr hat die Schutzwaldsanierung nichtkommerziellen Charakter, was ein starkes Indiz für eine Gebietserhaltungsbewirtschaftung darstellt (vgl. den Leitfaden Gebietsmanagement S. 35/36). Die Beigeladene wendet hier im Wesentlichen auf Rechnung des Antragsgegners umfangreiche Mittel auf, ohne dass auch nur annähernd ein entsprechender Ertrag zu erwarten ist. Dies gilt auch für die vorliegend streitgegenständlichen Flächen. Nach der nicht in Zweifel gezogenen Stellungnahme des zuständigen Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 9. Juli 2012 zur Verjüngungssituation in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach lassen die teilweise sehr steile Hangneigung und die abgeschiedene, nicht erschlossene Lage eine forstliche Nutzung der Flächen nicht zu (GA 19 N 12.206, S. 80).

Dass die Jagd im Rahmen der Verordnung - zusammen mit der Schutzwaldsanierung, der sie dient - für die Verwaltung des Vogelschutzgebiets notwendig ist und eine Erhaltungsbewirtschaftung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie darstellt, ergibt sich weiterhin auch daraus, dass die sie ausübende Beigeladene entsprechend den einschlägigen Bestimmungen das Gebiet schützt und darüber hinaus in Übereinstimmung mit der für das Gebietsmanagement der (teilweise sanierungsbedürftigen) Waldanteile des Vogelschutzgebiets zuständigen Behörde handelt. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 StaFoG hat die Beigeladene die Aufgabe, nach näherer Maßgabe des Gesetzes, das Forstvermögen, insbesondere den Staatswald einschließlich der Saalforste, und das Coburger Domänengut zu bewirtschaften und dabei in besonderem Maße die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Wasserwirtschaft zu berücksichtigen. Infolge der Verpflichtung der Beigeladenen zur Bewirtschaftung des Staatswaldes unter Beachtung der Grundsätze einer naturnahen Forstwirtschaft in vorbildlicher Weise bedürfen diese Waldflächen gemäß Ziffer 5.5 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit sowie für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 1. September 2000 (AllMBl 2000, S. 544) keiner zusätzlichen Schutzmaßnahmen; sie werden als bereits ausreichend geschützt angesehen. Die entsprechenden Flächen machen laut dem Entwurf des Managementplans zum Teil „Maßnahmen“ (Nr. 2.2 der Gebietsbeschreibung) 50,4% des Vogelschutzgebietes aus. Das Gebietsmanagement für Gebiete, die ausschließlich aus Wald bestehen, liegt gemäß Nr. 6.5.1 der genannten Gemeinsamen Bekanntmachung bei der Forstbehörde, vorliegend dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Weilheim (Herausgeber des Managementplans).

Weiterhin handelt es sich bei der Schutzwaldsanierung einschließlich der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung um eine Erhaltungsbewirtschaftung des Natura-2000-Gebiets, weil der Verlust von Waldanteilen des Natura-2000-Gebiets verhindert wird. Der Verlust von Schutzwald (insbesondere durch Erosion) würde nicht nur die Berglandschaft nachteilig verändern und in vielen Fällen zur Gefährdung von Menschenleben, Sachwerten sowie von Infrastrukturobjekten führen. Er würde insbesondere das Natura-2000-Gebiet selbst erheblich schädigen.

Gemäß Nr. 5.3 der Bekanntmachung zu Natura 2000 ist die Ausweisung von Schutzwald eine Schutz- und Sicherungsmaßnahme für Natura-2000-Gebiete, entspricht also den Natura-2000-Zielen. Die Schutzwalderhaltung und -sanierung entspricht somit ebenfalls den Natura-2000-Zielen.

Die Beigeladene hat - ohne dass durchgreifende Einwände des Antragstellers hiergegen vorliegen - vorgetragen, eine Regulierung örtlich überhöhter Schalenwildbestände und deren zeitliche und räumliche Steuerung seien eine wichtige, oft sogar die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Verjüngung der Flächen und deren weitere, ungestörte Entwicklung. Insbesondere steile, sonnenseitig exponierte und demzufolge selbst im Winter oft schneefreie Schutzwaldlagen würden nach wie vor eine besonders hohe Verbissbelastung aufweisen, weil sie beliebte Einstandsgebiete, v.a. für das Gamswild, darstellten. Auf diesen Flächen stehe das Wild, teils in hohen Konzentrationen, bis ins beginnende Frühjahr. Durch die Angleichung der Jagdzeiten für die Schalenwildarten und die Möglichkeit der ganzjährigen letalen Vergrämung habe sich die Verbisssituation in zahlreichen Sanierungsgebieten deutlich verbessert. Die Vergrämungsabschüsse dienten der Sicherung der Sanierungsmaßnahmen, die von der Forstverwaltung geplant würden und prioritäre gesellschaftliche und landeskulturelle Bedeutung hätten. Den Staatsforsten obliege die Sicherung von Investitionen durch adäquate Bejagung. Wären auf der überwiegenden Fläche keine oder zumindest nicht mehr ausreichend Vergrämungsabschüsse möglich, wäre der Erfolg der Sanierungsmaßnahme in Frage gestellt.

Demzufolge ist die Schutzwaldsanierung einschließlich der streitgegenständlichen Verordnung zur Erhaltung des Gebiets erforderlich. Es trifft zu, dass sie die relativ kleinen sanierungsbedürftigen Waldflächen des Natura-2000-Gebietes langfristig verändert (vgl. im einzelnen Nr. 2.4.1.1.2.2.1). Gleichzeitig ist jedoch festzustellen, dass sich diese kleinen Waldbereiche ohne die Gewährleistung einer natürlichen (Naturverjüngung) oder künstlichen Verjüngung im Zustand einer Bestandsgefährdung verbleiben würden. Angesichts dieser Labilität sind sie in ihrem derzeitigen Zustand keine nachhaltig schutzfähigen Lebensräume im Sinne des Unions-Naturschutzes. Gebietserhaltungsmaßnahmen müssen die Abwehr der Bestandsgefährdung umfassen. Die Gefährdung, der diese kleine Waldflächen (gemäß der nach dem Ergebnis des Verfahrens zutreffenden Einschätzung des Antragsgegners) unterliegen, bedeutet, dass sie - die Sanierungsmaßnahmen hinweggedacht - einem fortschreitenden Zerstörungsprozess ausgesetzt sind, der zunächst in einer immer stärker werdenden (auch dem Auerhuhn schließlich nicht mehr günstigen) Verlichtung besteht und am Ende in den bereits erwähnten Totalverlust mündet. Insbesondere bei einem schlagartigen Verlust geschädigter Flächen muss auch mit der Möglichkeit eines Verlusts von Raufußhühnern gerechnet werden. Inwieweit der Erosi-onsprozess anschließend - wegen der besonderen Anfälligkeit der Bodenansätze rund um eine erodierte Fläche für die im Gebirge besonders starken Kräfte der Natur - auch angrenzende Bereiche ergreift, ist schwer abschätzbar. Eine solche Entwicklung ist aber wahrscheinlich und daher ebenfalls zu berücksichtigen. Eine mit dem strukturellen Niedergang zunehmende Anfälligkeit für Windwurf, Sturmschäden sowie Schneelawinen ist ebenfalls zu bedenken. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass sowohl die Verwirklichung der Ziele von Natura-2000-Gebieten als auch die Schutzwaldsanierung (infolge der erforderlichen Ermittlungs- und Planungsschritte und rechtlichen Prozeduren sowie der Waldentwicklungszeiträume) langfristig angelegt sein muss, darf die Frage einer erheblichen Beeinträchtigung des Natura-2000-Gebiets nicht auf der Basis des derzeitigen (ohne Sanierung nicht erhaltbaren und früher oder später in den Verlust mündenden) Zustandes der bedrohten kleinen Waldteile des Natura-2000-Gebietes beantwortet werden, sondern nur ausgehend von ihrem sanierten und deshalb dauerhaft erhaltbaren Zustand.

Angesichts dessen kommt es nicht auf den Umstand an, dass es sich bei der Schutzwaldsanierung einschließlich der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung formell-organisatorisch um ein anderes Vorhaben als um die Verwaltung des Natura-2000-Gebiets nach Vorgabe des Managementplans handelt und insbesondere die Umgriffe der Verordnungsgebiete nicht mit dem Umgriff des Natura-2000-Gebiets korrelieren (vgl. Abschnitt 4.4 Abs. 3 der Interpretationshilfen betreffend Gebietsverwaltungsmaßnahmen, die Bestandteile von anderen Plänen oder Projekten sind).

2.4.1.1.2.2 Die Schutzwaldsanierung einschließlich der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung scheidet auch nicht deshalb als Gebietserhaltungsmaßnahmen aus, weil sie in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ stünde oder signifikante Belästigungen, Störungen oder Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich brächte. Die (durch Maßnahmen der Schutzwaldsanierung einschließlich des Verordnungserlasses zum Ausdruck gebrachte) Annahme des Antragsgegners, ein solcher Widerspruch bestehe nicht und solche Belästigungen, Störungen oder Beeinträchtigungen seien nicht zu befürchten, wird durch den Umstand bestätigt, dass der Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet Estergebirge die (entsprechend den vorgelegten Planungsständen in Eschenlaine, Deiningbach und Fahrenberg mindestens seit dem Jahr 2004 betriebene) Schutzwaldsanierung in keiner Weise prob-lematisiert. Sie hat darüber hinaus überzeugende Gründe für sich.

2.4.1.1.2.2.1 Es trifft zu, dass in den Verordnungsteilbereichen im Vogelschutzgebiet, vor allem aber in den Sanierungsflächen, die möglichst schalenwildfrei gehalten werden sollen und derentwegen die Verordnungsteilbereiche festgelegt worden sind, mit einer stärkeren Waldverdichtung zu rechnen ist, wenngleich bereits die Standortbedingungen eine maximale Verdichtung ausschließen. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Auerhuhns ist jedoch schon deshalb unwahrscheinlich, weil die Sanierungsflächen nur einen verschwindend kleinen Anteil des eine Fläche von ca. 11.993 ha umfassenden Vogelschutzgebiets Estergebirge ausmachen. Die Schutzwaldsanierung findet den vom Antragsgegner vorgelegten Sanierungsplanungen zufolge im Sanierungsgebiet Eschenlaine auf 11,3 ha (Scharfgraben), im Sanierungsgebiet Deiningbach auf 97,6 ha (Heimgarten, Martinskopf, Prügelschlag, Hoher Graben) und im Sanierungsgebiet Fahrenberg auf 18,94 ha (Oberhalb Galerie, Kirchelwand Ost, Kirchelwand West, Tanneneck, Stahlverbauung, Verbauungsfläche WWA, Fahrenberggipfel). Die drei Sanierungsflächen zusammen haben folglich einen Flächenanteil von 1,1% des Vogelschutzgebietes. Auch bei Berücksichtigung der Flächen der drei Verordnungsteilgebiete (die aus jagdtechnischen Gründen über die eigentlichen Sanierungsflächen hinausgehen) ergibt sich lediglich ein Flächenanteil von etwa 4% des Vogelschutzgebietes. Darüber hinaus ist (nicht anders als bei der allgemeinen Jagd im Rahmen von Abschussplänen, vgl. Nr. 2.4.1.1.1.2.1) zu berücksichtigen, dass es sich auch bei der sanierungsbedingten Verdichtung um eine Jahrzehnte dauernde und deshalb kaum spürbare Entwicklung handelt, dass wegen der Belegenheit des Vogelschutzgebiets in der Nähe der Baumgrenze an licht überschirmten Nadelmischwäldern kein Mangel besteht sowie bestehen wird und dass die vom Antragsteller favorisierte Lösung, dem Auerwild durch eine andauernde Schalenwild-Überhege licht überschirmte Nadelmischwälder auch in Bereichen vorzuhalten, in denen die dafür erforderlichen ökologischen Voraussetzungen nicht vorhanden sind, den Natura-2000-Zielen widerspricht, nicht nur „lichte Strukturen“, sondern auch schwerwiegende Gefahren für das Auerhuhn zur Folge hätte (darunter auch den Verlust von potentiellen Balz- und Brutplätzen) und weder in der Rechtsprechung des Gerichtshofs noch in Leitlinien der Europäischen Kommission oder in den maßgeblichen gebietsbezogenen Festlegungen eine Stütze findet.

2.4.1.1.2.2.2 Auch Schalenwild-Abschüsse in den Verordnungsteilgebieten sind grundsätzlich in der Lage, das Auerhuhn zu stören und es dadurch erheblich zu beeinträchtigen. Allerdings ist auf der Grundlage der Feststellungen in dem vom Antragsgegner vorgelegten Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet „Estergebirge“ wegen der räumlichen Verteilung der geschützten Vogelarten allenfalls eine potentielle Betroffenheit der Raufußhühner (Auerhuhn, Birkhuhn) durch die Schutzwaldsanierung in Betracht zu ziehen (im selben Sinn Hildebrandt, a.a.O., S. 89). Auch die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt G.-P. vom 26. November 2013 spricht lediglich von entsprechenden Vorkommen in „Sanierungsgebieten“, also in den Organisationsbereichen der Schutzwaldsanierung, die weit über die eigentlichen Sanierungsflächen und die sie umgebenden Verordnungsteilflächen hinausgreifen. Der Antragsteller geht vom Gegenteil aus, trägt insoweit jedoch nichts Substantiiertes vor und hinterfragt die Erkenntnisse des Antragsgegners auch nicht. Schließlich ist die Anzahl der Abschüsse in den Verordnungsteilflächen äußerst gering (vgl. Nr. 1 lit. d). Jedenfalls aber ist angesichts der öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung der jagdausübenden Beigeladenen, der Abstimmungen zwischen den für Schutzwaldsanierung und Erhaltungsmaßnahmen im Natura-2000-Gebiet zuständigen Arbeitseinheiten und der fehlenden Anhaltspunkte für eine negative Entwicklung der Bestände nicht ersichtlich, dass dem Störungsverbot nicht hinreichend Rechnung getragen würde (vgl. Nr. 2.4.1.1.1. 2.2.).

2.4.1.2 Die nichtjagdlichen Maßnahmen auf den Sanierungsflächen (insbesondere Pflanzmaßnahmen und temporäre künstliche Anlagen wie Verbauungen), die wegen des Grundsatzes, dass ein Zusammenwirken mehrerer Aktivitäten oder Vorhaben zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebietes führen kann (vgl. Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie), nicht nur mit dem Verordnungsteilbereich Eschenlaine, sondern auch mit den anderen Verordnungsteilbereichen im Vogelschutzgebiet (dem unmittelbar an das Verordnungsgebiet Eschenlaine angrenzenden Verordnungsgebiet Deiningbach sowie dem im Vogelschutzgebiet liegenden Teil des Verordnungsgebiets Fahrenberg) am Unionsrecht zu messen sind, zählen als Teile der umfassend konzipierten Schutzwaldsanierung zu den umweltfreundlichen Gebietserhaltungsund verwaltungsmaßnahmen (2.4.1.2.1). Sie stehen auch nicht in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ und bringen keine signifikanten Belästigungen, Störungen und Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich (2.4.1.2.2).

2.4.1.2.1 Die nichtjagdlichen Sanierungsmaßnahmen sind für die Verwaltung des Vogelschutzgebiets notwendig und gehören zur Erhaltungsbewirtschaftung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie. Im Einzelnen kann insoweit auf die Ausführungen zum Gesamtkomplex der Schutzwaldsanierung einschließlich der Bejagung im Rahmen der Verordnung (Nr. 2.4.1.1.2.1) verwiesen werden.

2.4.1.2.2 Die nichtjagdlichen Sanierungsmaßnahmen scheiden auch nicht deshalb als Gebietserhaltungsmaßnahmen aus, weil sie in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ stünden oder signifikante Belästigungen, Störungen oder Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich brächten. Die (durch Maßnahmen der Schutzwaldsanierung einschließlich des Verordnungserlasses zum Ausdruck gebrachte) Annahme des Antragsgegners, ein solcher Widerspruch bestehe nicht und solche Belästigungen, Störungen oder Beeinträchtigungen seien nicht zu befürchten, wird durch den Umstand bestätigt, dass der Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet Estergebirge die (entsprechend den vorgelegten Planungsständen in Eschenlaine, Deiningbach und Fahrenberg mindestens seit dem Jahr 2004 betriebene) Schutzwaldsanierung in keiner Weise problematisiert, und hat im Ergebnis überzeugende Gründe für sich. Wegen der Einzelheiten kann auf den Abschnitt Nr. 2.4.1.1.2.2 und dessen Unterabschnitte Nrn. 2.4.1.1.2.2.1 und 2.4.1.1.2.2.2 verwiesen werden. Der Unterabschnitt Nr. 2.4.1.1.2.2.1 ist noch dahingehend zu ergänzen, dass Bepflanzungen von Sanierungsflächen mosaikförmig stattfinden, sodass unregelmäßige, naturnahe, relativ lichte und damit für lange Zeit balz- und aufzuchtgeeignete Waldstrukturen entstehen (Hildebrandt, S. 89; vgl. auch Lauterbach/Löffler S. 40; zur mosaikförmigen, „truppweisen“ Bepflanzung vgl. auch das Handbuch, S. 55).

2.4.2 Einen Verstoß gegen Vorschriften des Wasserrechts, insbesondere betreffend die Hochwasserrückhaltung oder Erosionsvermeidung, hat der Antragsteller nicht schlüssig dargetan und ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Nach Art. 44 Abs. 1 Nr. 3 BayWG sollen Staat und Gemeinden im Rahmen ihrer Aufgaben auf Maßnahmen zur natürlichen Wasserrückhaltung und zur Wasserspeicherung hinwirken. Es ist nicht feststellbar, dass im Zuge der mit der Wasserwirtschaft (allgemein) abgestimmten Schutzwaldsanierung durch die Forstverwaltung den Belangen von Wasserrückhaltung und Erosionsvermeidung nicht sachgerecht Rechnung getragen würde. Der Vortrag des Antragstellers, die zunehmende Verbuschung des Bergwaldes führe zu einem Rückgang der Grasnarbe und bewirke dadurch einen Verlust an Wasserspeicherfähigkeit wird der komplexen Bedeutung eines intakten Bergwaldes im Bereich des Wasserschutzes und des Bodenschutzes nicht ansatzweise gerecht. Insbesondere geht er nicht auf den bei fehlender Verjüngung auf lange Sicht drohenden Waldverlust ein und beschäftigt sich nicht mit den verschiedenen Unterstützungsfunktionen eines intakten Bergwaldes hinsichtlich Wasserschutz, Bodenschutz und Lawinenschutz. Der Bergwald bestimmt in ganz wesentlichem Umfang das Abflussgeschehen, weil ein Teil des Niederschlags gar nicht den Boden erreicht und weil die Schneeschmelze gegenüber dem Offenland verzögert stattfindet. Bergmischwälder weisen keinen oder nur einen geringen Oberflächenabfluss auf. Eine Grasnarbe begünstigt hingegen schädliche Schneebewegungen (Hildebrandt, S. 81 ff.).

2.4.3 Mit Gesetz vom 26. Juli 2002 (BGBl I S. 2862) ist in Art. 20a GG neben dem Schutzgut der natürlichen Lebensgrundlagen auch der Tierschutz als Staatszielbestimmung verankert worden. Auch wenn der in Art. 20a GG festgeschriebene Tierschutz dem einzelnen Bürger keinen subjektiv-rechtlichen, d.h. grundrechtlichen Anspruch auf Tierschutz als solchen gibt, ist diese Staatszielbestimmung dennoch vom Antragsgegner grundsätzlich zu beachten. Diese verfassungsrechtliche Pflicht besteht jedoch nur nach Maßgabe von Gesetz und Recht, wie Art. 20a GG ausdrücklich hervorhebt. Dies bedeutet, dass es sich beim Tierschutz um einen Belang von Verfassungsrang handelt, sich aus Art. 20a GG aber kein Vorrang im Sinne einer bestimmten Vorzugswürdigkeit ableiten lässt (vgl. BVerwG, B.v. 15.10.2002 - 4 BN 51/02 - juris Rn. 3). Damit ist zwar mit der Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz der Schutz der Tiere gestärkt worden, als Belang ist er aber nicht anders als der in Art. 20a GG schon früher zum Staatsziel erhobene Umweltschutz im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen und kann geeignet sein, ein Zurücksetzen anderer Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht - wie etwa die Einschränkung von Grundrechten - zu rechtfertigen; er setzt sich aber gegen konkurrierende Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht nicht notwendigerweise durch (vgl. BVerfG, B.v. 12.10.2010 - 2 BvF 1/07 - juris Rn. 121). Den normsetzenden Organen, die das Staatsziel Tierschutz zu beachten haben, kommt dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfG a.a.O. Rn. 122). Die vom Antragsteller behauptete Fehlgewichtung der Schutzgüter durch die Jagdstrategie der Beigeladenen ist nicht ansatzweise erkennbar. Der Antragsteller verkennt, dass der Bergwald zu den natürlichen Lebensgrundlagen zu rechnen ist, nachdem er vielfältige Schutzwirkungen besitzt. Er bewahrt den eigenen Standort vor Bodenabtrag und schützt gleichzeitig Siedlungen und Straßen vor Lawinen, Hochwasser Steinschlag und Muren. Darüber hinaus ist er für den Wasserhaushalt bis weit ins Alpenvorland von entscheidender Bedeutung. Klima-, Natur- und Gewässerschutz sind Konkretisierungen des von Art. 20a GG angemahnten Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen (vgl. VGH BW, U.v. 20.6.2017 - 10 S 739/16 - juris Rn. 64 m.w.N.). Eine andere Bewertung ergibt sich aus den genannten Gründen auch nicht im Lichte von Art. 141 Abs. 1 BV (zum Verhältnis der beiden Verfassungsbestimmungen vgl. Möstl in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaats Bayern, 1. Aufl. 2009, Art. 141 Rn. 5, sowie Müller in Meder/Brechmann, Verfassung des Freistaats Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 141 Rn. 6).

Eine Unvereinbarkeit der Verordnung mit tierschutzrechtlichen Vorschriften hat der Antragsteller nicht dargelegt (zur Tötung von Wirbeltieren im Rahmen der Jagdausübung vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 des TierSchG sowie hierzu Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Auflage 2016, § 4 Rn. 6). Die Verordnung eröffnet in engen Grenzen die Jagdmöglichkeit auf etwa trächtiges weibliches Gamswild und auf etwa trächtige Rehgeißen. Auch diese Abschüsse beruhen auf den sachlichen Gründen, die die Verordnung tragen. Für die damit verbundene Tötung der ungeborenen Jungen gilt nichts anderes. Eine Zufügung von Schmerzen - abgesehen vom Abschuss selbst - findet auch bei trächtigen Tieren nicht statt. Eine Tierschutzbestimmung, die die Jagd auf trächtiges Wild verbietet, gibt es nicht. Zwar ist es nach § 4 des Gesetzes zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften über Verbote und Beschränkungen hinsichtlich des Handels mit bestimmten tierischen Erzeugnissen sowie zu Hal-tungs- und Abgabeverboten in bestimmten Fällen (BGBl. 2008 I, S. 2394, zuletzt geändert am 30.6.2017, BGBl. I S. 2147 - TierErzHaVerbG) im allgemeinen verboten, ein Säugetier, das sich im letzten Drittel der Trächtigkeit befindet, zum Zweck der Schlachtung abzugeben. Diese Vorschrift gilt aber lediglich für gehaltene Tiere, die geschlachtet werden. Darüber hinaus gilt die Vorschrift, die mehrere Ausnahmeregelungen enthält, ausdrücklich nicht für Schafe und Ziegen. Für herrnloses Wild gilt die Bestimmung überhaupt nicht. Eine Übertragbarkeit scheitert bereits daran, dass bei Wild in Freiheit die Trächtigkeit nur schwer festgestellt werden kann, dass die Deckung (der Beschlag) nicht im Verantwortungsbereich eines Halters stattfindet (also nicht gesteuert werden kann) und dass es sich bei dem Abschuss auch nicht um einen Vorgang im Rahmen der kommerziellen Nahrungsmittelproduktion handelt. Darüber hinaus ergeben sich aus den allgemeinen Interessen völlig unterschiedliche Erfordernisse für gehaltene Tiere und für herrenloses Wild. Insgesamt ist eine Fehl-gewichtung der Tierschutzbelange gegenüber den Belangen der Schutzwaldsanierung nicht zu erkennen. Soweit der Antragsteller den Tierschutzgedanken hervorgehoben haben sollte, weil er den günstigen Erhaltungszustand einer Schalenwildart für gefährdet hält (zufolge Hildebrandt, S. 88, ist derartiges während des Gamswild-Symposiums im April 2014 in Garmisch-Partenkirchen geäußert worden), ist dies angesichts der Wildbestände nicht nachvollziehbar. Unökologische Bestandshöhen können mit dem Tierschutzgedanken nicht gerechtfertigt werden.

2.5 Die verordnete Schonzeitverkürzung für das Schalenwild ist als Element der Schutzwaldsanierung für den Schutz des Bergwaldes geeignet (2.5.1) und erforderlich (2.5.2) und sie erweist sich gegenüber dem Antragsteller weder in seiner Eigenschaft als Inhaber eines in der Nähe liegenden Eigenjagdreviers noch in seiner Eigenschaft als Miteigentümer von in der Nähe liegenden Waldflächen als unverhältnismäßig (2.5.3).

2.5.1 Die von der Beigeladenen im Zuge der Beantragung des Verordnungserlasses beschriebene Strategie der letalen Vergrämung verfolgt das Ziel, das Schalenwild durch konzentrierte und punktuelle Bejagung von der Sanierungsfläche im Sanierungsgebiet Eschenlaine fernzuhalten. Auf diese Weise soll der Verbiss sowohl der natürlichen als auch der von der Forstverwaltung eingebrachten künstlichen Bergwaldverjüngung durch Schalenwild verhindert und dadurch ein gesunder und funktionsfähiger Schutzwald gewährleistet werden. Für den Senat besteht kein Anlass, die Geeignetheit der von der Beigeladenen verfolgten Jagdstrategie der Vergrämung grundsätzlich in Zweifel zu ziehen; die Aufenthaltsmeidung entspricht dem natürlichen Fluchtverhalten von Wildtieren im Fall von Störungen einschließlich Abschüssen von Artgenossen. Aus den Verfahrensunterlagen der Regierung geht zwar hervor, dass es mit der generellen flächenhaften Reduzierung des Wildbestandes, der Einrichtung von Wintergattern, dem Flächenschutz durch Einzäunung, dem Einzelschutz durch Verstänkerungsmittel oder Verbissschutzmittel und der Vergrämung auf sonstige Weise (Ultraschall-Wildvergrämungsgeräte) auch noch andere Methoden gibt, den natürlichen und den künstlichen Waldaufwuchs vor Schalenwildverbiss zu schützen. Unter Berücksichtigung von Tauglichkeit und Wirtschaftlichkeit der Methoden und der besonderen ökologischen Wertigkeit des Bergwalds ist jedoch keine dieser alternativen Schutzmethoden eindeutig vorzugswürdig.

2.5.2 Die Verordnung zur Schonzeitverkürzung ist erforderlich, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um einer bereits vorhandenen Beeinträchtigung der Schutzfunktion des Bergwaldes gegenzusteuern oder einer sich abzeichnenden künftigen Gefährdung der Schutzfunktion vorzubeugen.

Nach dem Ergebnis des Verfahrens erfüllt das Sanierungsgebiet Eschenlaine Schutzwaldfunktionen im Sinn von Art. 10 BayWaldG. Um den Schutzfunktionen auch zukünftig gerecht werden zu können, bedarf der Bergwald kontinuierlicher Verjüngung. Sowohl die zur Erhaltung und langfristigen Gewährleistung der Schutzwaldfunktionen notwendige natürliche Bergwaldverjüngung als auch die von, den Staatsforsten als Ergänzung zur Naturverjüngung vorgenommene Pflanzungen bedürfen für einen erfolgreichen Aufwuchs eines zeitlich begrenzten Schutzes vor übermäßigem Schalenwildverbiss. Gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 3 und 4 BayWaldG haben die mit der Bewirtschaftung und Verwaltung von Staatswäldern betrauten Stellen (insbesondere) standortgemäße, naturnahe, gesunde, leistungsfähige und stabile Wälder zu erhalten oder zu schaffen; zu diesem Zweck soll die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten durch eine auf einen artenreichen und gesunden Wildbestand ausgerichtete Bejagung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglicht werden. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass - wie erwähnt - im Gebirge die negativen Auswirkungen des Verbisses noch stärker sind als im Flachland, weil der Wald im Gebirge härteren Bedingungen ausgesetzt ist. An der Schutzwürdigkeit der Sanierungsfläche Scharfgraben im Sanierungsgebiet Eschenlaine hat der Senat keine Zweifel.

Jungpflanzen gehören - vor allem in Zeiten geringen anderweitigen Nahrungsangebots - zur Nahrungsgrundlage von Schalenwild. Daher ist ohne weiteres von einer abstrakten Verbissgefährdung auszugehen. Diese abstrakte, letztlich vom Wildbestand abhängige Gefährdung wird in besonderem Maße verstärkt, wenn es sich - wie vorliegend - um eine Fläche handelt, die vom Wild wegen ihrer natürlichen Gegebenheiten als sonnenseitiger Wintereinstand bzw. vom Gamswild als Ganzjahresein-stand genutzt wird. Es bedarf insofern keines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts; es genügt, wenn die Möglichkeit eines entsprechenden Schadenseintritts nach den gegebenen Umständen und im Rahmen einer sachlich vertretbaren, auf konkreten Feststellungen beruhenden Prognose nicht von der Hand zu weisen ist (BVerwG, U.v. 12.9.1980 - IV C 89.77 - BayVBl 1980, 759 f.). Dies ist hier der Fall.

Mit der Jagdstrategie der letalen Vergrämung soll auf das durch Instinkte gesteuerte Flucht- und Meidungsverhalten der Wildtiere gezielt Einfluss genommen werden. Es ist naheliegend, dass der Vorgang der letalen Vergrämung des Schalenwilds (die Schussposition des Jägers und der Standort des angesprochenen Wildtieres müssen im Anwendungsbereich der Verordnung liegen) örtlich nicht auf die Sanierungsfläche (das Waldstück) selbst beschränkt werden kann, sondern einen angemessenen Wirkungsbereich um die eigentliche Sanierungsfläche erfordert; die Aufhebung der Schonzeiten hat sich deshalb nicht auf die eigentliche Sanierungsfläche zu beschränken. In das bestimmte Gebiet gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG, Art. 33 Abs. 3 BayJagdG dürfen die Flächen einbezogen werden, die aus jagdlicher Sicht für die Zielerreichung erforderlich erscheinen, das Schalenwild möglichst wirksam von der Sanierungsfläche fernzuhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Lage der Grenzen eines solchen Gebietes selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur selten zwingende Gründe aufgeführt werden können. Gleichzeitig muss die Grenzziehung in der Natur so erfolgen, dass sie eine rechtssichere Handhabung durch den Jagdausübungsberechtigten gewährleistet. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die zuständige Jagdbehörde auf plausible, in sich schlüssige und vor Ort praktikable jagdfachliche Einschätzungen stützt. Die vom Antragsteller ausschließlich in den Blick genommene Flächenrelation zwischen Sanierungsfläche (11,2 ha) und Verordnungsfläche (47,82 ha; der Antragsteller geht bei seiner Betrachtung irrtümlich von der Gesamtfläche des Sanierungsgebietes von 256 ha aus) bietet keine taugliche Beurteilungsgrundlage, um die Angemessenheit der Gebietsabgrenzung erfolgreich in Frage zu stellen. Plausible Anhaltspunkte für eine nicht mehr vertretbare Abgrenzung der Verordnungsgebiete hat der Antragsteller weder vorgetragen noch sind solche angesichts der tatsächlichen Flächenrelation von 1:4 ersichtlich.

2.5.3 Die Verordnung erweist sich gegenüber den Eigentümern umliegender Grundstücke und den Inhabern umliegender Jagdreviere nicht als unverhältnismäßig. Dies gilt gegenüber dem Antragsteller sowohl in seiner Eigenschaft als Jagdausübungsbe-rechtigter in seinem Eigenjagdrevier Eschenlaine gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 BJagdG (2.5.3.1) als auch in seiner Eigenschaft als Miteigentümer von Waldgrundstücken im Eigenjagdrevier (2.5.3.2) und in einem Genossenschaftsjagdrevier (2.5.3.2). Nachdem sowohl das Eigenjagdrevier des Antragstellers als auch die außerhalb des Eigenjagdreviers liegenden Eigentumsflächen nicht im Geltungsbereich der angegriffenen Verordnung liegen, erzeugt die Rechtsetzung in Gestalt einer Verkürzung der Schonzeiten keine unmittelbaren Einwirkungen auf Rechtspositionen des Antragstellers (zur diesbezüglichen Neutralität einer Schonzeitverkürzung vgl. HessVGH, B.v. 18.2.2013 - 4 A 1179/12 - juris Rn. 10). Nicht der Akt der Rechtsetzung durch die Regierung, der lediglich rechtliche und keine tatsächlichen Auswirkungen hat, sondern die gezielte Nutzung der durch die Jagdzeitenausweitung geschaffenen zusätzlichen Möglichkeiten in Gestalt von Abschüssen kann tatsächliche Einflüsse in der Lebenswirklichkeit erzeugen. Das Ausmaß der auf der Grundlage der Verordnung getätigten Abschüsse ist jedoch dermaßen gering, dass eine Ursächlichkeit für eine Schalenwildwanderung ausgeschlossen erscheint; eine vollständige Verdrängung des Schalenwildes aus kleinen Räumen ist durch jagdliche Methoden ohnehin nicht möglich; Ziel ist ein ganzjährig möglichst niedriger Schalenwildbestand.

2.5.3.1 In der Eigenschaft als Jagdausübungsberechtigter hat der Antragsteller gegenüber der Verordnung einen erhöhten Schalenwildbestand in seinem Eigenjagdrevier und in der Folge einen aus erhöhten Abschussvorgaben resultierenden erhöhten Jagdausübungsaufwand sowie erhöhte Wildschadensfälle geltend gemacht. Den zusätzlichen Jagdausübungsaufwand hat der Antragsteller allerdings weder in nachvollziehbarer Art und Weise dargelegt noch nachgewiesen. Die Entwicklung der Abschusszahlen für Rehwild, Rotwild und Gamswild in den Jahren 2008 bis 2016 im Eigenjagdrevier Wengwies bietet keine Anknüpfungspunkte für einen relevanten Anstieg des Jagdausübungsaufwands. Im Übrigen würde ein Jagdausübungsaufwand, der durch rechtmäßige Maßnahmen verursacht ist, auch keinen wesentlichen Abwägungsbelang darstellen. Die Jagdausübung ist nicht nur mit Rechten, sondern auch mit hoher Verantwortung verbunden, aus der sich Pflichten ergeben. Auch einen signifikanten Zuwachs an Wildschadensfällen hat der Antragsteller nicht nachvollziehbar aufgezeigt. Eine weitere Aufklärung der nicht substantiierten Angaben des Antragstellers erachtet der Senat nicht für geboten, weil der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen den wenigen Abschüssen in den Verordnungsgebieten in der erweiterten Jagdzeit und etwaigen Veränderungen im Wildbestand des Eigenjagdreviers des Antragstellers nicht herstellbar erscheint. Die wenigen Abschüsse pro Jagdjahr im Verordnungsteilgebiet Eschenlaine bieten keine adäquate Grundlage für die Herstellung einer Kausalitätsbeziehung oder einer wertenden Zurechnung zu menschlichem Verhalten (vgl. Baldus in MüKo BGB, 6. Aufl. 2013, § 1004 Rn. 61, Herrler in Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1004 Rn. 18). Es ist nicht nachvollziehbar, dass einige wenige Abschüsse die Wilddichte im Eigenjagdrevier des Antragstellers in relevantem Umfang beeinflussen oder den Umfang von Wildschäden im Zustän-digkeits- und Verantwortungsbereich des Antragstellers in nennenswerten Umfang verstärken. Eine Haftung des Antragstellers für Wildschäden kommt ohnehin nur für Grundstücke in Betracht, die seinem Eigenjagdrevier angegliedert sind (vgl. § 29 Abs. 2 BJagdG) und zu einer anwachsenden Zahl von Schadensfällen hat der Antragsteller nichts Konkretes vorgetragen. Darüber hinaus könnte er sich auf das Vorliegen übermäßiger Wildschadensfälle auch nicht berufen, denn er hat als Jagdausübungsberechtigter im Rahmen der Abschussplanung die Möglichkeit, den Wildbestand nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 BJagdG zu regulieren. Gemäß dieser Vorschrift ist der Abschuss des Wildes so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Die Vorschrift dient auch dem Schutz des Grundeigentums und ist daher verpflichtend. Der Antragsteller macht von den Möglichkeiten der Reduzierung des Wildbestandes in seinem Eigenjagdrevier jedoch keinen Gebrauch, sondern er tritt jeglicher behördlicher Abschussplanung für sein Eigenjagdrevier Wengwies -auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren - mit dem Ziel der Herabsetzung der Abschusszahlen konsequent entgegen.

2.5.3.2 Als Miteigentümer von Waldgrundstücken im Eigenjagdrevier Wengwies muss sich der Antragsteller auf die Möglichkeit verweisen lassen, den Wildbestand durch eine Abschusserhöhung selbst zu reduzieren. Wenn der Antragsteller - im Gegensatz zur Beigeladenen - als Waldeigentümer (auch in Verfahren über die Abschussplanung) eine hohe Verbissrate als waldbaulich wünschenswert ansieht, kann er im vorliegenden Verfahren nicht mit dem gleichzeitigen Einwand gehört werden, die Jagdstrategie der Beigeladenen verursache einen übermäßigen Wildbestand und eine überhöhte Verbissrate. Der Antragsteller hat auch nicht vorgetragen, dass er die Instrumente des Bundesjagdgesetzes zur Wildschadensverhütung (vgl. § 26 bis § 28 BJagdG) genutzt hätte.

2.5.3.3 Als Miteigentümer von Waldgrundstücken außerhalb des Eigenjagdreviers Wengwies muss sich der Antragsteller grundsätzlich auf die Regulierungsverantwortung des Jagdausübungsberechtigten nach Maßgabe des § 21 BJagdG verweisen lassen. Dieser trägt grundsätzlich die Verantwortung für die Höhe des Wildbestandes und ist verantwortlich dafür, dass die berechtigten Ansprüche der Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben. Anders liegt die Sache jedoch im hiesigen Fall, in dem viel dafür spricht, dass die Ursache überhöhter Wildbestände in einem anderen Revier (dem Eigenjagdrevier des Antragstellers) zu suchen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Nachdem die Beigeladene zum Verfahren keinen Beitrag geleistet und auch nicht durch Stellung eines Sachantrages nach § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es nach § 162 Abs. 3 der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

Tenor

1. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller ist Inhaber des Eigenjagdreviers „E.-W.“, das in den Gemarkungen O. und E. (Landkreis ...) liegt, der Hochwildhegegemeinschaft W1-Ost zugeordnet ist und ca. 1050 ha Fläche aufweist, die ganz überwiegend über 1000 Höhenmeter liegen und von denen ca. 850 ha in seinem Miteigentum stehen. Angaben der zuständigen Forstbehörde zufolge umfasst das Eigenjagdrevier die nach Süd-Ost streichenden Berghänge des Osterfeuerbergs, die nach Süden exponierten Hänge von Hirschberg und Sattmannsberg und den Nord-Westhang des Simmetsbergs, ist es zu rund 95% bewaldet (bei einem Schutzwaldanteil von ca. 90%) und liegt es im Wildbacheinzugsgebiet der Eschenlaine. Der Antragsteller ist in diesem Eigenjagdrevier auch Jagdausübungsberechtigter.

Das Eigenjagdrevier grenzt mit seiner Ostseite zu einem Viertel an das Staatsjagdrevier Isarwinkel an, in dem die Beigeladene Maßnahmen zur Schutzwaldsanierung betreibt, und zu drei Vierteln an das Eigenjagdrevier O. IV, dessen Fläche einen von Norden nach Süden sich verjüngenden Keil zwischen dem Eigenjagdrevier und dem Staatsjagdrevier bildet.

Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014.

Dieser Verordnung gingen zunächst Einzelverwaltungsakte zur Schonzeitverkürzung für zahlreiche Gebiete in Oberbayern - allerdings nicht im Sanierungsgebiet Eschenlaine - und anschließend (zum Zwecke der Vereinheitlichung der Regelungen) drei Rechtsverordnungen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt und identischer Zielsetzung voraus. Es handelte sich um folgende Verordnungen:

1. Verordnung über die Aufhebung der Schonzeit für Schalenwild im Regierungsbezirk Oberbayern vom 27. Januar 2000 mit Geltung vom 15. Februar 2000 bis zum 1. August 2002.

2. Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 21. Februar 2003 mit Geltung vom 8. März 2003 bis zum 1. August 2008.

3. Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 9. Dezember 2008 mit Geltung vom 15. Dezember 2008 bis zum 14. Dezember 2013.

Die angefochtene Verordnung vom 14. Februar 2014 hat folgenden Inhalt:

§ 1

In den in § 2 bezeichneten Gebieten darf die Jagd im Rahmen der geltenden Abschussplanung abweichend von den gesetzlichen Schonzeiten wie folgt ausgeübt werden:

Rotwild:

Hirsche Klasse III vom 1. Februar bis 31. Juli

Kälber vom 1. Februar bis 31. März

Schmaltiere vom 1. April bis 31. Mai

Gamswild:

Gamswild vom 16. Dezember bis 31. Januar

Böcke, Jährlinge und weibliches Gamswild bis zwei Jahre vom 1. Februar bis 31. Juli

Kitze vom 1. Februar bis 31. März

Rehwild:

Böcke vom 16. Oktober bis 30. April

Kitze vom 16. Januar bis 31. März

Schmalrehe vom 16. Januar bis 31. Januar und vom 1. April bis 30. April

Geißen vom 16. Januar bis 31. Januar

§ 2

(1) Die in § 1 geregelte Schonzeitaufhebung gilt für die in den Verordnungskarten (Maßstab 1:25.000) dargestellten Flächen folgender Sanierungsbzw. Gefährdungsgebiete: (…)

5. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen:

Eschenlaine

(2) Diese Gebiete sind als gerasterte Flächen in 5 Kartenblättern, Maßstab 1:200.000, und, abgegrenzt durch rote Linien, in 25 Karten, Maßstab 1:25.000, jeweils ausgefertigt durch die Regierung von Oberbayern, eingetragen. Die Karten im Maßstab 1:200.000 werden als Bestandteil dieser Verordnung (Anlage Blatt 1 - 5) veröffentlicht und dienen zur Orientierung über die Lage der Gebiete im Regierungsbezirk Oberbayern. Die Karten im Maßstab 1:25.000 werden als Bestandteil der Verordnung bei der Regierung von Oberbayern archivmäßig verwahrt und sind während der Dienststunden (Montag bis Donnerstag von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr, Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr) allgemein zugänglich.

Sie werden außerdem bei den zuständigen Landratsämtern (untere Jagdbehörden) hinterlegt und können dort während der üblichen Dienststunden eingesehen werden.

§ 3

Diese Verordnung tritt am 22. Februar 2014 in Kraft; sie tritt am 21. Februar 2019 außer Kraft.

Am 15. Dezember 2009 hatte der Antragsteller bereits gegen die Verordnung vom 9. Dezember 2008 einen Antrag nach § 47 VwGO gestellt (Az.: 19 N 09.3102); einen diesen Normenkontrollantrag ablehnenden Beschluss des Senats vom 7. Oktober 2010 - 19 N 09.3102 hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Dezember 2011 - 3 BN 1.11 - aufgehoben; die Sache wurde an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen (nunmehr Az.: 19 N 12.206). Nach Ablauf der Geltung dieser Verordnung am 14. Dezember 2013 ist für dieses Verfahren - mit Blick auf den hiesigen (gegen die Verordnung vom 14. Februar 2014 gerichteten) Normenkontrollantrag - mit Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden (B.v. 17.8.2015 - 19 N 12.206; es wurde zwischenzeitlich auf Antrag des Antragstellers am 27. Februar 2018 unter dem Az. 19 N 18.497 wieder aufgenommen).

Parallel zu den Normenkontrollverfahren betrieb und betreibt der Antragsteller verschiedene, gegen die Abschussplanung für sein Eigenjagdrevier Eschenlohe-Wengwies gerichtete verwaltungsgerichtliche Klageverfahren mit dem Ziel der Absenkung der von der Unteren Jagdbehörde festgesetzten Abschusszahlen. Die beim Senat anhängigen Verfahren über die Zulassung der Berufung betreffen die Festsetzung des Abschussplans 2014/2015 für das Rotwild (19 ZB 16.479) sowie die Festsetzungen der Abschusspläne 2016/2017 für Gamswild (19 ZB 17.1601) und für Rotwild (19 ZB 16.1602). Bei dem Verwaltungsgericht sind weitere Klagen des Antragstellers gegen Abschussplanfestsetzungen anhängig. Die Festsetzung des Abschussplans 2015/2016 für das Rotwild ist vom Verwaltungsgericht mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 10. Februar 2016 (M 7 K 15.3412) aufgehoben worden, soweit die jagdbehördliche Festsetzung den Abschussvorschlag des Antragstellers überstiegen hat.

Im Verfahren zum Erlass der Verordnung vom 14. Februar 2014 erhob der Antragsteller am 16. November 2013 schriftliche Einwendungen, die seinem Vortrag im ruhenden Verfahren 19 N 09.3102/12.206 entsprechen. Eine inhaltliche Befassung und Auseinandersetzung mit dem Vortrag des Antragstellers ist in den Unterlagen über das Verordnungsverfahren nicht feststellbar.

Auch im hiesigen Normenkontrollverfahren hat der Antragsteller zunächst auf seine Ausführungen im ruhenden Verfahren 19 N 12.206 Bezug genommen. Demzufolge sei es auf seinen - teilweise auch außerhalb seines Eigenjagdreviers liegenden -Miteigentumsflächen und in seinem Eigenjagdbezirk zu einer Vielzahl nachteiliger Veränderungen gekommen, die auf die Rechtsverordnungen zurückzuführen seien. Hauptwildarten im Eigenjagdrevier sind nach seinen Ausführungen das Rotwild und das Gamswild. Es gebe auch größere Vorkommen an Auerwild und Birkwild. Außerdem seien Schneebzw. Felsenhuhn, Schneehase, Steinadler und verschiedene Arten von Nachtgreifvögeln heimisch. Es sei zu Änderungen im Wildbestand und dessen Wanderungsverhalten, in der Waldstruktur und -qualität sowie im von ihm zu leistenden Jagdaufwand gekommen. In den Randbereichen des Eigenjagdreviers hin zu den Sanierungsflächen der Rechtsverordnung sei seit Jahren eine Erhöhung des Wildbestands festzustellen, die auf die gezielte Vergrämung durch eine teilweise fast ganzjährige Bejagung der betroffenen Tierarten zurückzuführen sei. Das vergrämte Wild könne nur in das Eigenjagdrevier des Antragstellers fliehen. Die örtlichen Gegebenheiten stünden faktisch jeder anderen Fluchtrichtung entgegen. Durch den erhöhten Wildbestand sei ein erhöhter Verbiss festzustellen. Trotz aus seiner Sicht erfüllter behördlicher Abschusspläne habe die Meldung von Wildschadensfällen zugenommen. Einher gehe ein erhöhter Aufwand für die Waldpflege. Der steigende Jagddruck führe zu einem zunehmenden Verbiss. Bei richtiger Bejagung und Fütterung des Wildes in den Wintermonaten könne schädigender Verbiss auch ohne großflächige Hetz- oder Vergrämungsjagden weitgehend vermieden werden. Die auf der Grundlage der Verordnung betriebene Vergrämung löse Stress bei den Tieren aus und führe zu erhöhten Verbissraten. Dieser Entwicklung könne im Rahmen der geltenden Abschusspläne im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht ausreichend begegnet werden, was zu einer behördlichen Erhöhung der Abschussvorgaben und einem erhöhten Jagdausübungsaufwand führe. Die Wildbestände zeichneten sich durch eine erhöhte Nervosität und in der Folge schwierige Bejagbarkeit aus. Die angegriffene Rechtsverordnung zwinge den Antragsteller zu einer Intensivierung der Waldbewirtschaftung. Ab einer Höhenlage von 800 bis 1000 Höhenmetern sei für Privateigentümer eine extensive Bewirtschaftung vorzugswürdig. Ein wirtschaftlich handelnder Forstwirt sei im Hochgebirge im Rahmen einer extensiven Bewirtschaftung von Waldflächen auf einen bestimmten Wildbestand angewiesen, weil nur dieser Wildbestand durch Verbiss eine ebenso natürliche wie erforderliche Auslichtung des Baumbestands sicherstelle. Die Vergrämung und die daraus resultierende Dezimierung des Bestands bewirke einen zu geringen Wildbestand und verursache eine Fehlentwicklung des Waldes; es wachse verstärkt „falsches“, buschartiges und nicht verwertbares Krummholz auf. Gleichzeitig steige das Erosions- und Hochwasserrisiko. Wegen der zunehmenden Verbuschung und der einhergehenden zunehmenden Beschattung des Waldbodens gehe der Grasbewuchs zurück. Die Erneuerung der Humusabdeckung werde verringert und im Niederschlagsfall komme es zu einer erhöhten Bodenabschwemmung und Erosion. Eine geschlossene Grasdecke stelle in lichten Hochgebirgswäldern ein ernstzunehmendes Erosionshindernis dar. Der Wald als solcher sei für den Wasserrückhalt dagegen bedeutungslos. Die Veränderung des Pflanzenbestandes verändere die Lebensräume besonders geschützter Tierarten, wie etwa des Auerwilds. Als plumper Flieger bedürfe der Auerhahn eines lichten Baumbestands. Bei übermäßigem Bewuchs könne er ein Herannahen seiner Fressfeinde nicht mehr sicher und frühzeitig erkennen. Dicht bewaldete Bereiche seien für Auerhühner als Lebensraum ungeeignet, denn sie böten weder Nahrung noch Deckung. Wegen des Zuwachsens der mittleren und höheren Waldlagen weiche das Auerwild zunehmend in die höheren und höchsten Gebirgsregionen aus. Auerwild stehe artenschutzrechtlich als gefährdete Art auf der roten Liste und sein Erhalt sei von landeskultureller Bedeutung. Das Eigenjagdrevier des Antragstellers und Teilflächen im Sanierungsgebiet südlich des Heimgartens mit der Bezeichnung Eschenlaine seien als Vogelschutzgebiet und FFH-Flächen kartiert. Die kartierten Flächen verlören durch die verfolgten Zielsetzungen der Verordnung an Werthaltig-keit und Vitalität bzw. würden gezielt geschädigt und zerstört. Im Eigenjagdrevier des Antragstellers befänden sich Aufzucht- und Beutereviere von Adlern mit Baum- und Felshorsten. Durch den zunehmenden Bewuchs verliere der Adler Jagdraum und müsse zunehmend in höchste, noch nicht ganz zugewachsene Höhenlagen ausweichen. Mit dem reduzierten Wildbestand werde dem Adler, der für die Aufzucht eines Jungtieres durchschnittlich ca. 50 bis 60 Gamskitze benötige, die Nahrungsgrundlage entzogen. Nach der Rechtsauffassung des Antragstellers sind die Voraussetzungen für den Erlass der Rechtsverordnung nicht gegeben. In der Verordnung werde nicht konkretisiert, auf welche besonderen Gründe sie gestützt werde. Begrifflichkeiten wie Sanierungsbzw. Gefährdungsgebiet erlaubten keinen ausreichenden Rückschluss auf den Verordnungszweck. Die Unterscheidung zwischen Sanierungsgebieten und Gefährdungsgebieten sei nicht nachvollziehbar. Wildschäden könnten den Erlass nicht rechtfertigen, denn sie müssten übermäßig vorliegen. Belege hierfür gebe es nicht. Die Verordnung diene auch nicht der Landeskultur, denn diese bestehe nicht lediglich im Schutzwald. Hierzu gehörten auch hochgebirgstypische Biotopflächen und extensiv bewirtschaftete Bergwälder. Eine dokumentierte Beteiligung der zuständigen Naturschutzverwaltung habe nicht stattgefunden, obwohl die Rechtsverordnung vielfach Biotopflächen berühre und insoweit die Frage des Erfordernisses behördlicher Gestattung aufzuwerfen sei. Artenschutzrechtlich seien die verfahrensgegenständliche Schonzeitaufhebung und die Schutzwaldsanierung im Hinblick auf die Folgewirkungen für gefährdete Arten zu untersuchen und in ihrer Verträglichkeit abzuschätzen. Derartige Untersuchungen hätten nicht stattgefunden. Auch die Wasserwirtschaftsverwaltung sei am Verfahren nicht beteiligt worden. Bei nur 11 ha tatsächlicher Sanierungsfläche umfasse das Verordnungsgebiet 256 ha, also eine 20-fache Fläche. Durch die Verordnung werde das Eigentum des Antragstellers geschädigt und es werde ein erhöhter Aufwand für die Jagdausübung und die Bedienung von Wildschadenersatzansprüchen verursacht. Die Verordnung verstoße gegen die Vogelschutzrichtlinie und die FFH-Richtlinie. Mit der Verordnung werde im Widerspruch zu grundgesetzlichen Wertungen dem Objektschutz Vorrang vor dem Tierschutz eingeräumt. Während des Winterhalbjahres halte sich das Schalenwild bevorzugt in den wärmebegünstigten Lagen im Wald auf, um zu überwintern. Gamswild sei im Winter auf steilen, südexponierten Lagen mit Grasmatten, vereinzelten Fichten- und Latschenfeldern orientiert. Aus eben diesen natürlichen Aufenthaltsbereichen solle das Wild vertrieben werden. Ihm würden keine Ersatzzonen für den Aufenthalt, Witterungsschutz und die Nahrungsaufnahme in Wildruhezonen in den Wintereinstandsgebieten zur Verfügung gestellt. Das aufgehetzte, verjagte Wild hungere und friere und werde durch die Vergrämungsjagd zur Ruhelosigkeit und einer besonders intensiven Nutzung seiner Kraft- und Energiereserven genötigt. Die Behauptung, die Rechtsverordnung diene nur der Vergrämung, nicht aber der Dezimierung des Wildes, sei eine Irreführung. Die Regelungen seien weder geeignet noch erforderlich und gegenüber den Belangen und Rechtspositionen des Antragstellers nicht verhältnismäßig.

In der Antragsbegründung vom 12. August 2016 konkretisierte und vertiefte der Antragsteller sein Vorbringen. Der Antragsgegner habe von seiner Rechtssetzungsbefugnis nicht in einer der Verordnungsermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Im Antrag der Beigeladenen vom 18. Oktober 2013 werde kein besonderer Grund zum Erlass der Rechtsverordnung genannt und ein solcher liege auch nicht vor. Auch der Begriff der Landeskultur setze eine Ausnahmesituation landesspezifischer Art voraus und die Verordnung stelle keine Verbindung zur erfolgreichen Umsetzung des Schutzwaldsanierungsprogramms für den bayerischen Alpenraum her. Die Begriffe eines Sanierungsgebietes oder Gefährdungsgebietes seien nicht hinreichend bestimmt und die Gebiete seien in den zur Verordnung gehörenden Karten nicht ausgewiesen. Die Tabellen der Fachstellen für Schutzwaldmanagement bezögen sich stets auf Sanierungsbzw. Gefährdungsgebiete und nicht auf Sanierungsflächen. Die Regelungen der angefochtenen Verordnung seien auch wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam. In der Verordnung würden die Begriffe Gebiete und Flächen widersprüchlich verwendet und der in den Karten verwendete Maßstab von 1:25.000 stelle die Grenzen nicht hinreichend dar. Für einzelne Geltungsbereiche gebe es unterschiedliche Darstellungen in den Karten 1:200.000 und 1:25.000. In der freien Landschaft könne der normale Normadressat den Geltungsbereich mittels der Karten nicht zuverlässig bestimmen.

Die angegriffene Rechtsverordnung verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sowie Art. 103 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung, soweit sie zu Schädigungen am Eigentum des Antragstellers, zu erhöhtem Aufwand für die Jagdausübung und erhöhten Wildschadensansprüchen führe. Das Jagdausübungsrecht unterfalle dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Eigentumsflächen und das Eigenjagdrevier des Antragstellers würden insbesondere durch die Verordnungsflächen in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach beeinträchtigt. Die Verordnung verstoße gegen Europarecht in Gestalt der Vogelschutzrichtlinie sowie gegen die entsprechenden bundesrechtlichen Umsetzungsnormen. Ebenso verstoße sie gegen die europarechtlichen sowie die bundesrechtlichen Bestimmungen zum Artenschutz betreffend den Adler und das Auerwild. Im Zuge des Verordnungsverfahrens seien keine speziellen artenschutzrechtlichen Prüfungen und keine FFH-Verträglichkeits-vorprüfungen oder gar Verträglichkeitsuntersuchungen unternommen worden. Die Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörden an den Landratsämtern Miesbach und Garmisch-Partenkirchen seien vom Verordnungsgeber schlicht ignoriert worden. Die Schonzeitaufhebung führe artenschutzrechtlich zu einer nachhaltigen Lebensraumverschlechterung für den Bestand der Raufußhühner (Auerhuhn, Birkhuhn). Die mit der Rechtsverordnung angestrebte geringere Wilddichte führe zu einer „Verlaubholzung“ des Bergwaldes und dadurch zu einer Lebensraumverschlechterung.

Entgegen den grundgesetzlichen Wertungen aus Art. 20a GG werde dem Objektschutz Vorrang vor dem Tierschutz eingeräumt. Schalenwild halte sich während des Winterhalbjahres bevorzugt in wärmebegünstigten Lagen des Waldes auf. Aus eben diesen Bereichen solle das Wild vertrieben werden, obwohl es in den Wintermonaten nicht fliehen könne und an anderen Standorten schlechtere Überlebenschancen habe. Durch die Verordnung solle das Wild aus großen Flächen vergrämt werden, ohne jedoch Ersatzzonen für den Aufenthalt, Witterungsschutz und die Nahrungsaufnahme eingeräumt zu bekommen. Das aufgehetzte, verjagte Wild hungere und friere in den Wintermonaten und werde durch die Vergrämungsjagd zur Ruhelosigkeit und einer besonders intensiven Nutzung seiner Kraft- und Energiereserven genötigt. Neben der dadurch verursachten natürlichen Dezimierung werde der Wildbestand in Nachbarreviere abgedrängt, in denen er zur Vermeidung erhöhten Verbisses weiter dezimiert werden müsse. Die vorgenommene Beschreibung der letalen Vergrämung als nicht der Dezimierung des Wildes dienend sei eine Irreführung. Die Verkürzung von Schonzeiten für Schalenwild sei zur Erreichung eines gesetzmäßigen Zweckes weder geeignet noch erforderlich oder verhältnismäßig. Nach Angaben des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten müssten derzeit rund 12.800 ha Schutzwald saniert werden, davon 4.800 ha vordringlich. Aus welchen Gründen eine Schonzeitaufhebung auf knapp der dreifachen Fläche erforderlich sei, sei nicht nachvollziehbar. Eine durchgängige Winterbejagung des Rotwilds sei tierschutzwidrig, weil sie mittelbar auch trächtige Tiere betreffe und den Ernährungsgewohnheiten dieser Tierart widerspreche. Nachdem nur 3 Prozent des Gesamtabschusses während der Schonzeitverkürzung erbracht würden, stünden die Nachteile in keinem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg. Dies sei sowohl dem Verordnungsgeber als auch der Beigeladenen positiv bekannt gewesen. Entsprechende Überlegungen würden auch für das Rehwild gelten. Das Gamswild werde im Zuge des Verordnungsvollzugs aus seinen bevorzugten Wintereinstands-gebieten vertrieben. Die Bejagung dieser Wildart in den Wintermonaten verstoße gegen den Tierschutz und verfolge jagdrechtswidrige Zielsetzungen. Die seit dem Jahr 1999 im Verordnungsgebiet andauernde Bejagung habe beim Gamswild zu einem ungesunden Altersaufbau der Bestände geführt. Es gebe fast keine alten Gamsgeißen oder Gamsböcke mehr. Durch den Abschuss werde unverhältnismäßig in die Jugendklasse eingegriffen. Folge dieser Ausrottungsstrategie sei, dass in zahlreichen Gebieten, in denen vor 10 Jahren noch Gamswild vorgekommen sei, heute quasi keines mehr vorkomme. Das Gamswild versuche, den Niedergang durch eine verbesserte Reproduktion aufzuhalten. Deshalb nähmen bereits zwei- und dreijährige Gamsgeißen an der Brunft teil. Die Schonzeitaufhebung sei ungeeignet, zur Sanierung der Gebiete beizutragen. Die Gebiete würden seit dem Jahr 1999 ganzjährig bejagt, ohne dass sich ein sichtbarer Erfolg eingestellt habe.

Der Antragsteller beantragt,

1. die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten von Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 9.12.2008 für ungültig zu erklären,

2. hilfsweise: sie hinsichtlich der Einbeziehung des Sanierungsgebiets südlich des Heimgarten mit der Bezeichnung „SG 16 Eschenlaine“, Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, für ungültig zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die mit Beschluss vom 24. Februar 2016 beigeladenen Bayerischen Staatsforsten haben keinen eigenen Antrag gestellt, sich an der Sache schriftsätzlich nicht beteiligt und an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen.

Nach Darstellung der Regierung von Oberbayern im Schreiben vom 7. April 2005 werden im Rahmen des Schutzwaldsanierungsprogramms der Bayerischen Staatsforstverwaltung in den Bayerischen Alpen seit 1986 Schutzwaldsanierungsgebiete festgelegt; es werden dabei vor allem auch Flächen in steilen, sonnenseitig exponierten Lagen aufgenommen, auf denen die Verbissbelastung insbesondere durch Gamswild besonders stark ist. Der Bayerische Landtag habe die Staatsregierung immer wieder aufgefordert, das Schalenwild im Hochgebirge so zu reduzieren, dass sich die für die Erhaltung der Schutzwirkungen des Gebirgswalds erforderliche natürliche und künstliche Waldverjüngung vor allem in den Sanierungsgebieten ungehindert entwickeln könne. Die Schutzwaldsanierungen seien mit hoher Priorität zur Sicherung der Tallagen vor Hochwasser, Lawinen, Muren und Steinschlag fortzuführen.

Während der durch die Verordnung geschaffenen zusätzlichen Jagdzeiten soll das Schalenwild - ohne Erhöhung der für die Jagdbezirke festgesetzten Abschusszahlen - durch Vergrämung, zu der auch sogen. Vergrämungsabschüsse als letale Ver-grämung gehören, aus Teilflächen von Sanierungsgebieten bzw. Gefährdungsgebieten ferngehalten werden. Laut der Zielsetzung der den Erlass der Verordnung beantragenden Beigeladenen sollen der Wildverbiss vermindert und die Naturverjüngung des Waldes gefördert werden. Die Regulierung örtlich überhöhter Schalenwildbestände und deren zeitliche und räumliche Steuerung sind aus Sicht der Bayerischen Staatsforsten eine wichtige, oft sogar die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Verjüngung der Flächen und deren weitere, ungestörte Entwicklung. Insbesondere steile, sonnenseitig exponierte und demzufolge selbst im Winter oft schneefreie Schutzwaldlagen würden nach wie vor eine besonders hohe Verbissbelastung aufweisen, weil sie beliebte Einstandsgebiete, v.a. für das Gamswild, darstellen. Auf diesen Flächen stehe das Wild, teils in hohen Konzentrationen, bis ins beginnende Frühjahr. Durch die Angleichung der Jagdzeiten für die Schalenwildarten und die Möglichkeit der ganzjährigen letalen Vergrämung habe sich die Verbisssituation in zahlreichen Sanierungsgebieten deutlich verbessert. Laut dem Schreiben der Beigeladenen vom 28. Januar 2014 dienten die Vergrämungsabschüsse der Sicherung der Sanierungsmaßnahmen, die von der Forstverwaltung geplant würden und prioritäre gesellschaftliche und landeskulturelle Bedeutung hätten. Insbesondere die Bestimmungen der Beigeladenen für die Jagdausübung im Rahmen der Verordnung betonten, dass nicht eine großflächige Reduktion der Wildbestände, sondern die Vergrämung und Fernhaltung des Wildes aus gefährdeten Gebieten durch konzentrierte punktuelle Bejagung im Vordergrund stehe.

Für den Antragsgegner hat auch die Landesanwaltschaft Bayern zunächst auf ihren Vortrag im ruhenden Verfahren 19 N 12.206 Bezug genommen. Sie verweist darin auf eine gewisse Widersprüchlichkeit im Vortrag des Antragstellers. Dieser behaupte einerseits eine durch die Vergrämung des Wildes in den Verordnungsgebieten bewirkte Erhöhung des Wildbestands in seinem Eigenjagdrevier mit der Folge erhöhten Verbisses, erhöhter Abschussvorgaben und erhöhten Jagdübungsaufwands in seinem Revier und beklage andererseits eine übermäßige Dezimierung des Wildbestands und einen damit einhergehenden Mangel an forstwirtschaftlich wünschenswertem Verbiss bei Holz schlechter Qualität. Bezogen auf den Hochwasserschutz erfülle auch der Waldbestand eine Rückhaltefunktion. Für die Rechtsverordnung bestehe kein Begründungserfordernis. Auf die Unterscheidung zwischen Sanierungs- und Gefährdungsgebieten komme es nicht an. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG zähle die Gründe für Schonzeitaufhebungen und -beschränkungen nicht abschließend auf. Auf das Vorliegen übermäßiger Wildschäden komme es deshalb nicht an, zumal fraglich sei, ob Wildverbiss überhaupt einen Wildschaden in diesem Sinn darstelle. Die Sanierung und der Erhalt des Bergwalds würden für die Rechtfertigung der Verordnung genügen. Unter Landeskultur würden alle aktiven Maßnahmen der Bodenbewirtschaftung in der freien Landschaft und die Erhaltung und Verbesserung der Bodenstruktur verstanden. Auch Schutzwald werde in diesem Sinn bewirtschaftet. Schutzwälder würden Schutz vor bei ihrem Wegfall nicht mehr erzielbarer Waldregeneration, vor Erosion, vor Naturereignissen wie Lawinen oder Steinschlägen und vor Sturmschäden bieten.

Der Antragsteller zeige nicht auf, welche Belange des Naturschutzes oder der Wasserwirtschaft in rechtlich relevanter Weise betroffen würden. Das betroffene Schalenwild stehe nicht auf der roten Liste und unterliege dem Jagdrecht, das von den Bestimmungen des Artenschutzes unberührt bleibe. Die Notwendigkeit einer arten-schutzrechtlichen Prüfung oder Verträglichkeitsabschätzung werde nicht belegt, eine Rechtsgrundlage für eine solche Prüfung nicht genannt. Eine Beteiligung der Wasserwirtschaftsverwaltung bei Erlass der Verordnung sei nicht vorgeschrieben.

Die vom Antragsteller angesprochenen Prioritätsstufen für den Schutzwald stünden nicht in einer rechtlich relevanten, direkten Relation zu bestimmten Sanierungserfordernissen. Die Einteilung in Prioritätsstufen ändere nichts an der Möglichkeit der Einbeziehung in Sanierungsmaßnahmen. Überalterte, rückgängige Bergmischwälder, starke Erosionen durch Schneeschurf, unzureichende Verjüngung sowie hohe Investitionen in Gleitschneeverbauungen und Pflanzungen seien durchaus Gründe für den Erlass der Verordnung. Das Verhältnis der Sanierungsfläche von 11 ha zum festgesetzten Verordnungsgebiet von 256 ha erkläre sich ohne weiteres daraus, dass punktuelle Maßnahmen (Maßnahmen auf einer kleinen Fläche) nicht effizient seien. Um eine echte und dauerhafte Wirkung zu erzielen, seien Vernetzungen in der Natur zu berücksichtigen und gebietsübergreifende Auswirkungen zu beachten.

Ein Verstoß der Rechtsverordnung gegen die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG) und deren nationale Umsetzungsnormen werde lediglich behauptet, aber nicht konkretisiert. Dies gelte auch für einen Verstoß gegen Artenschutz-bestimmungen. Die Schonzeitverkürzung, die keinen Plan und kein Projekt im Sinn von Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie darstelle, führe zu keinen wesentlichen Beeinträchtigungen der Natura-2000-Gebiete und erfordere deshalb keine Verträglichkeitsprüfung.

Der Antragsgegner reichte im Verfahren 19 N 12.206 den Bericht der Beigeladenen über die Ergebnisse und Erfahrungen mit der Verordnung vom 15. Juni 2011 zu den Akten und informierte über die (verordnungsbezogenen) Abschusszahlen in den Bereichen Eschenlaine, Deiningbach und Fahrenberg in den Jagdjahren 2008/2009, 2009/2010 und 2010/2011. Außerdem übergab er eine gutachterliche Aussage zur Verjüngungssituation in den Bereichen Eschenlaine und Deiningbach vom 9. Juli 2012, worin ein zu hoher Verbiss insbesondere in den Geltungsbereichen der Verordnung festgestellt wird. Eine ebenfalls vorgelegte gutachterliche Aussage zur Verjüngungssituation im Eigenjagdrevier Eschenlohe-Wengwies vom 11. Oktober 2012 beurteilt die Verbisssituation als deutlich zu hoch.

In der Antragserwiderung vom 25. Oktober 2016 erläuterte der Antragsgegner noch einmal das Vorliegen der Voraussetzungen für den Verordnungserlass aus seiner Sicht sowie den Inhalt der Begriffe Sanierungsgebiet bzw. Gefährdungsgebiet. Die geltend gemachten Auswirkungen auf Rechtspositionen des Antragstellers seien spekulativ und nicht durch eine Aufhebung der Verordnung zu bewältigen. Am Erlass der Verordnung sei die höhere Naturschutzbehörde bei der Regierung beteiligt worden. Der Vortrag zur Verletzung artenschutzrechtlicher Bestimmungen durch eine Verschlechterung des Lebensraums für Raufußhühner sei unsubstantiiert. Neben dem Tierschutz seien in Art. 20a GG auch die natürlichen Lebensgrundlagen geschützt. Dem Tierschutz werde durch die Staffelung der Schonzeitenverkürzungen differenziert Rechnung getragen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte mit der Sitzungsniederschrift vom 29. November 2017 sowie auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakten und der von den Beteiligten umfangreich vorgelegten Unterlagen und Karten.

Gründe

Der Normenkontrollantrag ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO) und innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erhoben worden, hat jedoch keinen Erfolg.

I.

Gegenstand des Verfahrens ist zunächst der Antrag, die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014 insgesamt für unwirksam zu erklären.

Diesem Antrag vermag der Senat nicht Rechnung zu tragen, weil die Verordnung, durch die auf 105 Teilflächen von namentlich bezeichneten Sanierungsbzw. Gefährdungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern die gesetzliche Schonzeit für bestimmte Schalenwildarten differenziert (nach Schalenwildarten und Tiergruppen) aufgehoben wird, um zur Sanierung und Naturverjüngung erosionsgefährdeter Waldbereiche die Umsetzung der Jagdstrategie der letalen Vergrämung auch in der Schonzeit des Schalenwilds zu ermöglichen, unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB teilbar ist und für den weitaus größten Teil der 105 Verordnungsgebiete bereits wegen ihrer Entfernung zum Eigenjagdrevier des Antragstellers (die Entfernung beträgt teilweise mehr als 150 km) dessen Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht erkennbar ist.

Die Verordnung stellt eine Zusammenfassung von inhaltsgleichen Verordnungsregelungen dar, die für unterschiedliche Räume mit unterschiedlicher Struktur und rechtlicher Wertigkeit (Verordnungsgebiete) gelten und deshalb für jedes Verordnungsgebiet auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden müssen. Bevor die Regierung von Oberbayern im Jahr 2000 begonnen hat, jeweils mehrjährig geltende Verordnungen zu erlassen, ist der Zweck der Verordnung durch Schonzeitenausnahme-bescheide der jeweils örtlich zuständigen Jagdbehörde für die einzelnen Gebiete erfüllt worden. Weil den Verordnungsbestimmungen hinsichtlich jeder Teilfläche ein von den örtlichen Verhältnissen abhängiger, eigenständiger Schutzzweck innewohnt, kann und muss jede Teilfläche gesondert betrachtet werden. Ein selbständiger Regelungswille des Verordnungsgebers (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2012 - 9 B 56.11 -NVwZ 2012, 375 m.w.N.) liegt jeweils vor (zur Teilbarkeit und teilweisen Anfechtbarkeit von Regelungen vgl. BVerwG, U.v. 17.2.2005 - 7 CN 6/04 - juris Rn. 15), sodass die Unwirksamkeit der Verordnung hinsichtlich eines Gebietes nicht zu ihrer Unwirksamkeit hinsichtlich der anderen Gebiete führt. Die überwiegend formalen Gegenargumente des Antragstellers vermögen schon angesichts der Bewältigung der Problematik bis zum Jahr 2000 mittels Einzelfallbescheiden nicht durchzugreifen. Die Bestimmung der Geltungsbereiche ist auf der Grundlage einer einheitlichen Zielsetzung anhand der spezifischen örtlichen Gegebenheiten und Verhältnisse erfolgt. Die für alle Gebiete gleichlautenden Schonzeitverkürzungen begründen angesichts völlig unterschiedlicher örtlicher Verhältnisse keine gebietliche Unteilbarkeit der Verordnung. Insbesondere liegen zahlreiche Geltungsteilbereiche der Verordnung - wie das Verordnungsteilgebiet Eschenlaine - im Gegensatz zu anderen in Natura-2000-Gebieten, und zwar vielfach in unterschiedlichen. Vielmehr wird im Rahmen der Schutzwaldsanierung mit jedem Gebiet ein selbständiger und ausschließlich ortsbezogener Schutzzweck von unterschiedlichem Gewicht (insbesondere Vorsorge oder Sanierung) verfolgt. Wechselwirkungen zwischen den Verordnungsgebieten sind allenfalls in Einzelfällen möglich. Die völlig unterschiedlichen naturräumlichen Gegebenheiten erfordern eine differenzierte Betrachtung der Verordnungsteilbereiche. Das Ausscheiden eines Verordnungsteilgebietes bliebe ohne Einfluss auf die anderen Verordnungsgebiete. Die formale Verknüpfung der Verordnungsteilgebiete durch die einheitlichen Regelungen der Verordnung (der Antragsteller beruft sich auf die Ausfertigung einer einheitlichen Verordnung durch den Regierungspräsidenten) steht einer Teilbarkeit der Verordnung hinsichtlich der Verordnungsteilgebiete ebenso wenig entgegen wie die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 (Az.: 3 BN 1/11). Diese ist zum einen in einem Verfahren mit einem anderen Streitgegenstand (die im Jahr 2013 ausgelaufene Verordnung) ergangen und sie trifft zum anderen keinerlei Aussagen zur Frage der Teilbarkeit der Verordnung.

Für den Fall, dass die Verordnung nicht als Ganzes für unwirksam erklärt wird, hat der Antragsteller die Unwirksamerklärung hinsichtlich des Verordnungsteilgebiets Eschenlaine beantragt (mit dem im Hilfsantrag angesprochenen „Sanierungsgebiet“ ist keine angreifbare Norm verbunden, jedoch kann der Hilfsantrag - wie geschehen - sachgerecht ausgelegt werden). Die Unwirksamerklärung anderer Verordnungsteilbereiche hat der Antragsteller nicht beantragt, sodass sich der Normenkontrollan-trag nicht auf sie bezieht. Wäre dies anders, so wäre bei den meisten Verordnungsteilgebieten die Antragsbefugnis schon wegen der Entfernung zum Eigenjagdrevier des Antragstellers auszuschließen. Bei allen Verordnungsteilgebieten fehlt sie - wie sich aus der Gründen für die Ablehnung des Hilfsantrags (vgl. Nr. II.) ergibt - jedenfalls angesichts der konkreten Fallumstände.

II.

Gegenstand des Verfahrens ist auch der (hilfsweise für den - hier vorliegenden, vgl. I. - Fall, dass die Verordnung nicht in ihrer Gesamtheit für ungültig erklärt wird und die einzelnen Verordnungsteilgebiete jeweils für sich genommen beurteilt werden müssen, gestellte) Antrag, die Verordnung der Regierung von Oberbayern über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in den Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern vom 14. Februar 2014 hinsichtlich des Verordnungsteilgebiets Eschenlaine für unwirksam zu erklären.

Auch dem Hilfsantrag vermag der Senat nicht Rechnung zu tragen. Die Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO liegt nicht vor (1.). Darüber hinaus wäre der Antrag auch unbegründet (2.).

1. Der Antragsteller ist nicht antragsbefugt (1.1); dieser Feststellung steht die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 (3 BN 1/11) nicht entgegen (1.2).

1.1 Der Antragsteller ist nicht antragsbefugt.

Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zu bejahen, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in einer eigenen Rechtsposition verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Die Antragsbefugnis fehlt daher nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (stRspr, vgl. U. des BVerwG v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <217 ff.>; B.v. 2.3.2005 - BN 7.04 - juris Rn. 6 - und v. 8.6.2011 - 4 BN 42.10 - BauR 2011, 1641).

Nach diesen Grundsätzen ist - auch infolge neu gewonnener Erkenntnisse - eine Antragsbefugnis des Antragstellers nicht zu erkennen. Die Auswirkungen des Verordnungsgebiets Eschenlaine betreffen weder ein rechtlich geschütztes Interesse des Antragstellers (1.1.1) noch sind sie überhaupt im Rechtskreis des Antragstellers tatsächlich spürbar (1.1.2).

1.1.1 Das Interesse, das der Antragsteller (entgegen seinen Behauptungen zu § 47 Abs. 2 VwGO) wirklich am Unterbleiben des Verordnungsvollzugs hat, ist rechtlich nicht geschützt.

Der Antragsteller macht geltend, er werde durch die Verordnung auf den Flächen seines Eigenjagdreviers (als Eigentümer) und damit in einer Rechtsposition im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO beeinträchtigt, weil durch die Verordnung Wild zugetrieben werde und vermehrt Jungpflanzen verbeiße (eine Argumentation, auf deren Grundlage das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 29. Dezember 2011 - a.a.O. - betreffend die in den Jahren 2008 bis 2013 geltende Vorgängerverordnung von einer Antragsbefugnis des Antragstellers ausgegangen ist). Die Behauptung, er werde durch hohen Verbiss beeinträchtigt, ist jedoch unwahr; in Wirklichkeit ist der Antragsteller mit dem überhöhten Verbiss auf seinen Grundflächen einverstanden und strebt ihn sogar an (1.1.1.1). Für den Antragsteller ist der Bodenertrag (die Forstwirtschaft) nachrangig; im Zentrum seines Interesses steht die herkömmliche trophäenorientierte Jagd, die mit hohen Wildbeständen und einer weder nachhaltigen noch ökologischen Forstwirtschaft verbunden ist und das gesetzlich verankerte Prinzip „Wald vor Wild“ missachtet (1.1.1.2). Eine Verbissbeeinträchtigung behauptet der Antragsteller lediglich deshalb, weil er (wie im Senats-beschluss vom 7.10.2010 - 19 N 09.3102 - juris, vgl. insbesondere Rn. 22 und 24 -lediglich angedeutet) sich durch Berufung auf das allgemein anerkannte rechtlich geschützte Interesse, von übermäßigem Verbiss verschont zu bleiben, die Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Annahme einer Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit zur Eröffnung der Möglichkeit verleiten möchte, die streitgegenständliche Verordnung zu Fall zu bringen (was ihm ansatzweise im Revisionsverfahren 3 BN 1/11 gelungen ist). Das von ihm tatsächlich verfolgte (und für bedroht durch Verordnung gehaltene) Interesse an hohen Schalenwildbeständen, die dem überkommenen, trophäenorientierten Jagdinteresse dienlich sind, ist rechtlich nicht geschützt (1.1.1.3).

1.1.1.1 In Widerspruch zu seiner Behauptung einer Beeinträchtigung durch Wildverbiss hat der Antragsteller mehrfach vorgetragen, er benötige höheren Verbiss für das, was er als extensive Forstwirtschaft bezeichnet. In den Zulassungsantragsverfahren betreffend Abschusspläne für sein Eigenjagdrevier 19 ZB 17.1601 (S. 77 der Zulassungsantragsbegründung) und 19 ZB 17.1602 (S. 78 der Zulassungsantragsbegründung) hat er ausführen lassen: „Im streitgegenständlichen Fall wird der vorhandene Verbiss vom Grundstückseigentümer gar nicht als Schaden bewertet“. In den diesen Zulassungsantragsverfahren vorhergegangenen Klageverfahren hat er geltend gemacht, der Verbiss, den er als Waldeigentümer für eine rentable extensive Waldbewirtschaftung und zur Verhinderung einer Verlaubholzung des Bergwaldes benötige, werde durch den festgesetzten Abschuss zu sehr gemindert (vgl. etwa S. 10 des Schriftsatzes vom 16.1.2017 in den Verfahren M 7 K 16.3638 und 3639). Schon in der Antragsbegründung vom 31. März 2010 (19 N 09.3102) hat er ausgeführt, de facto sei der Verbiss im Wald nicht per se ein Schaden und unter allen Umständen zu verhindern. Würden Bäume in der Waldfläche durch Verbiss am Wachstum gehindert, so stelle dies im Ergebnis eine Förderung des Wachstums der verbleibenden unverbissenen Bäume dar. Diese Förderung sei wichtig, da schon aus waldbiologischen Gründen nur eine sehr begrenzte Zahl von Bäumen je Flächeneinheit ungehindert wachsen könne. Selbst den nötigen Umbau in stabilere Mischwälder verhindere Wildverbiss nicht zwingend, da sich automatisch die Baumart durchsetze, welche besser zum Standort passe (zum Umstand, dass die Tanne zwar standortgemäß ist, sich aber nicht „automatisch“ durchsetzt, weil sie - und zahlreiche andere standortgemäßen Baumarten - wesentlich mehr verbissen wird als etwa die Fichte, auf die der Antragsteller großen Wert legt, vgl. Nr. 1.1.1.2, Spiegelstriche 3 und 5). Seine schriftliche Rüge bezüglich der Verfahrensdauer hat der Antragsteller nicht -wie bei einem echten Interesse an geringeren Verbissschäden zu erwarten gewesen wäre - auf eine zunehmende Schädigung durch überhöhte Wildbestände gestützt; er beklagt vielmehr irreversible Eingriffe in die Schalenwildpopulation. Die Bejagung des Gamswildes durch die Beigeladene bewertet er als Ausrottungsstrategie (19 N 14.1022, Bl. 318, 319 und 491). In der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2017 hat der Antragsteller ausführen lassen, aus mehreren Aufnahmen im Rahmen der Verbissbegutachtung (die als Beistand des Antragstellers auftretende Frau Schw. hat dabei auf Vorbringen in einem beim Senat anhängigen Zulassungsantrags Verfahren Bezug genommen) ergebe sich, dass der vorhandene Verbiss so gering sei, dass ein nutzbarer Wald nicht entstehen könne. Auch diesen Ausführungen ist die Auffassung zu entnehmen, es bedürfe einer Vergrößerung des Schalenwildbestandes und einer Steigerung der Verbissraten. Der Antragsteller selbst hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, seit der Einführung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ und der streitgegenständlichen Verordnung erziele er mit seiner Forstwirtschaft wegen fehlenden Verbisses keinen Gewinn mehr, und dadurch ein Interesse an einer Verbissquote bekundet, die noch über der derzeitigen liegt. In Übereinstimmung damit hat der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass er als Jagdaus-übungsberechtigter etwas gegen einen (langfristig oder auch nur kurzfristig, vollflächig oder auch nur in Randbereichen aufgetretenen) überhöhten Verbiss unternommen habe (wie etwa eine Schwerpunktbejagung oder eine allgemein verstärkte Bejagung, gegebenenfalls inklusive des Antrags auf Schonzeiten-Ausnahme). Vielmehr hält er festgesetzte Abschusspläne nicht ein (zum Teil erfüllt er - wie sich aus den Akten des beim Senat anhängigen Zulassungsantragsverfahren 19 ZB 16.479 ergibt - nicht einmal die Abschusszahlen, die er selbst vorgeschlagen hat). Die mit dem Eigenjagdrevier des Antragstellers in der Hegegemeinschaft Werdenfels-Ost zusammengefassten Reviere haben laut den Gutachten zur Situation der Naturverjüngung aus den Jahren 2009, 2012 und 2015 tendenziell niedrigere Wildbestände aufzuweisen als das Eigenjagdrevier des Antragstellers, in dem die Verbissbelastung kontinuierlich „deutlich zu hoch“ ist (GA 19 N 14.1022, Bl. 546 ff.). Im Gutachten für 2015 ist dezidiert ausgeführt, dass die Eigenjagdreviere Eschenlohe-Wengwies und Eschenlohe-Wasserstein besonders kritische Verbissbelastungen aufweisen, während sich die Verbisssituation in den Eigenjagdrevieren Eschenlohe-Archtal, O. I und O. IV sowie in den Gemeinschaftsjagdrevieren O. VI, Großweil und Schwaiganger als günstiger darstellt (a.a.O. S. 573). Gegen die jagdbehördlich verfügte Absenkung der Schalenwildbestände - und damit mittelbar auch gegen die behördlich angestrebte Verbissminderung - beschreitet der Antragsteller den Rechtsweg. Dieses Abschussverhalten des Antragstellers widerlegt im Übrigen seine Behauptung, der Wildbestand in seinem Eigenjagdrevier sei zu niedrig, weil ihm zu viele Abschüsse abverlangt würden. Schließlich betreibt der Antragsteller mit nicht unerheblichem (finanziellem und logistischem) Aufwand Fütterungen im Nahbereich zum Staatsjagdrevier Isarwinkel und zum Verordnungsteilgebiet Eschenlaine (vgl. die in der mündlichen Verhandlung übergebene Karte). Ein derartiges künstliches Futterangebot während der Wintermonate im natürlichen Aktionsradius des Schalenwildes ist geeignet, erhebliche Anziehungskraft auf das Schalenwild zu entfalten und auf diese Weise dessen Wanderungsverhalten maßgeblich zu beeinflussen (zu Äsung/Fütterung sowie den unterschiedlichen Jagdstrategien vgl. den Bericht des Leiters der Hochwild-Hegegemeinschaft Isarwinkel GA 19 N 14.1022 Bl. 827). In seinem Schriftsatz vom 2. Oktober 2017 im Verfahren 19 ZB 17.1601 gibt der Antragsteller die Feststellung in einem wildbiologischen Gutachten wieder, im Winter ziehe wegen der im Eigenjagdrevier unterhaltenen Fütterungen Wild zu, das im Frühjahr wieder in seine Sommereinstandsbereiche abwandere.

Der Antragsteller versucht ohne Erfolg, durch sich steigernde Argumentationsvarianten den Widerspruch zwischen seiner Behauptung eines durch Vergrämung seitens der Beigeladenen verursachten überhöhten Schalenwildbestandes (und deshalb überhöhten Verbisses) in seinem Eigenjagdrevier einerseits und seinem tatsächlichen Vorbringen betreffend eine Notwendigkeit und Nützlichkeit der gegenwärtigen Verbissquote und sogar einer noch höheren andererseits als nicht existent darzustellen. Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2010 im Verfahren 19 N 09.3102 (vgl. S. 8 und S. 12) hat er zunächst eine Entwicklung behauptet, die aus einer ersten Phase und einer späteren zweiten Phase bestehe. Demnach soll die angegriffene Verordnung im Eigenjagdrevier zunächst zu einem erhöhten Verbiss geführt haben; in den Randbereichen der Eigenjagd sei es zu einer Zunahme des Schalenwildbestandes gekommen. Anschließend hätten die rigide Abschussplanung und ihre konsequenten Durchsetzung durch die Untere Jagdbehörde zu einem Wildbestand geführt, der für die vom Antragsteller betriebene extensive Forstwirtschaft zu gering sei. Im Schriftsatz vom 19. November 2012 (S. 5) zu dem (die VO 2008 betreffenden) Verfahren 19 N 12.206 und im Antragsbegründungschriftsatz vom 12. August 2016 (S. 43) hat er vorgetragen, das Wild werde in Bereiche mit erhöhten Abschusszahlen getrieben. Aufgrund dieser erhöhten Abschusszahlen werde das Wild in seiner Dichte großflächig dezimiert und könne in den extensiv bewirtschafteten Waldflächen seiner Funktion als den Lebensraum des Auerwildes freihaltendes Fraßwild nicht mehr nachkommen. Der behaupteten Zwei-Phasen-Entwicklung widerspricht jedoch, dass es wegen der Rechtsbehelfe des Antragstellers bislang nicht zu einer „konsequenten Durchsetzung“ der Abschusspläne gekommen ist, diese vielmehr vom Antragsteller konsequent missachtet werden. Zudem wäre es dieser Darstellung des Antragstellers zufolge bereits ab dem Jahr 2008, als das Teilgebiet Eschenlaine in die Vorgängerverordnung aufgenommen worden ist (die anderen Teilgebiete sind noch früher in Vorgängerverordnungen aufgenommen worden), zu diesen beiden Phasen gekommen, also zunächst zu erhöhten Abschusszahlen im Verordnungszeitraum 2008, vielleicht auch noch im Verordnungszeitraum 2009. Die vom Antragsteller selbst vorgelegte Liste (GA 19 N 09.3102, Bl. 184) zeigt jedoch keine signifikante Erhöhung der Abschusszahlen in dieser Zeit. Während der gegenwärtigen, seit dem Jahr 201 geltenden Verordnung müsste die „erste Phase“ bereits verstrichen und die „großflächige Dezimierung“ durch „erhöhte Abschusszahlen“ bereits im Gange sein, sodass der erhöhte Verbiss im Eigenjagdrevier, den der Antragsteller der Verordnung zuschreibt und so zur Begründung seiner Antragsbefugnis verwendet, nicht (mehr) festzustellen wäre. Nunmehr versucht der Antragsteller, mit einer neuen Begründung den Widerspruch zwischen seinem Geltendmachen des rechtlich geschützten Interesses an einer geringen Verbissquote und seiner tatsächlichen Befürwortung einer hohen Verbissquote als nicht existent darzustellen. In der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2017 hat der Antragsteller erstmals von einer jährlichen Rückwanderung des Schalenwildes auf die Verordnungsflächen gesprochen, wo es der dortigen Vergrämungsstrategie unterfalle, also von einem jährlich auftretenden Phasenwechsel. Der Antragsteller versucht somit nun, seine Behauptung eines überhöhten Verbisses trotz niedriger Schalenwildbestände im Eigenjagdrevier dadurch zu plausibilisieren, dass er die beiden Phänomene auf unterschiedliche Abschnitte desselben Jahres verteilt. Diesem Erläuterungsversuch steht aber entgegen, dass sich zwar die Vergrämung im Rahmen der streitgegenständlichen Verordnung auf wenige Monate beschränkt, die Verordnung jedoch lediglich dazu bestimmt ist, die wegen der beschränkten Dauer des Jagdjahres bestehende zeitliche Lücke zu schließen, also die ganzjährige Vergrämungspraxis der Beigeladenen zu ermöglichen. Der Jagd- und Vergrämungsdruck wird auf den Sanierungsflächen nicht als kurzfristiger und sich ständig wiederholender Prozess, sondern ganzjährig und konsequent praktiziert, sodass für die behauptete und dem Antragsgegner sowie der Beigeladenen angelastete jährliche Hin- und Zurückwanderung des Wilds zwischen dem Eigenjagdrevier und den Verordnungsflächen keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind.

1.1.1.2 Der Antragsteller ist mit der gegenwärtigen Verbissquote in seinem Eigenjagdrevier einverstanden und strebt eine noch höhere an, weil er zu dem Teil der Jägerschaft gehört, der noch das überkommene trophäenorientierte, durch hohe Wildbestände geförderte Jagdinteresse verfolgt.

- Der Antragsteller zeigt bereits durch seine Weigerung, die vorgeschriebene Anpassung der Wildbestandshöhen an das Ziel eines standortgemäßen und nachhaltigen Waldes zu akzeptieren und vorzunehmen, durch Formulierungen wie „Ausrottungsstrategie“ und „nicht wieder gut zu machende Eingriffe in die Schalenwildpopulation“ (GA 19 N 14.1022, Bl. 318,319,491), die ersichtlich neben der Sache liegen (vgl. etwa Nr. 2.4.1.1.1.2.4) und durch die von ihm betriebenen Fütterungen (vgl. insgesamt 1.1.1.1), dass er Wildbestände anstrebt bzw. aufrechterhalten will, die der trophäenorientierten Jagd dienlich sind.

- Soweit der Antragsteller den Artenschutz ins Feld führt, befasst er sich nur mit Habitatfaktoren, die für hohe Schalenwildbestände sprechen, und verabsolutiert diese. Beispielsweise hebt er hervor, dass für das Auerwild licht über-schirmter Nadelmischwald günstig ist, und erklärt im Hinblick darauf eine hohe Verbissquote durch hohe Schalenwildbestände für erforderlich; er hebt hervor, dass Gamskitze dem Steinadler als Nahrung dienen und begründet damit die Notwendigkeit eines hohen Gamsbestands. Eine Gesamtbetrachtung der Lebensbedingungen der jeweiligen Tierart, wie sie für einen ernsthaft betriebenen Artenschutz entscheidend wäre, nimmt er nicht vor (vgl. Nr. 2.4.1).

- Der Antragsteller hat mehrfach deutlich gemacht, dass er den Grundsatz „Wald vor Wild“ strikt ablehnt. Mit der Formulierung „Wald vor Wild“ werden prägnant die Bestimmungen zusammengefasst, die dazu dienen, die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG), also eine nachhaltige Waldbewirtschaftung im Sinne der Definition der im Jahr 1993 in Helsinki abgehaltenen Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (vgl. unten Nr. 2.4.1.1.1.1). Die natürliche Waldverjüngung hat bis vor kurzer Zeit wegen Wildverbiss weithin kaum noch stattgefunden mit der Folge, dass es zu einer Entmischung des Waldes mit Diversitätsverlusten gekommen ist, zu einer Beeinträchtigung der Vitalität des Waldes und seiner Widerstandsfähigkeit gegenüber natürlichen Bedrohungen (wie Stürmen, Insektenbefall und Krankheiten) sowie seines Potenzials, auch in Zukunft wichtige ökologische und soziale Funktionen zu erfüllen (wie Klimaregulierung, Grundwasserregulierung und Erosionsschutz). Bei einem derart degradierten Wald ist allerdings nur langfristig mit forstwirtschaftlichen Einbußen zu rechnen. Insbesondere die gut verwertbare Fichte ist (im Gegensatz zu vielen anderen standortgemäßen Baumarten) weitgehend verbissresistent.

Hauptursache für die Ablehnung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ und für die dementsprechende Degradierung des Waldes und Gefährdung des Schutzwaldes, die zu einem erheblichen Teil heute noch bestehen, ist das überkommene repräsentative Jagdinteresse.

Das repräsentative Jagdinteresse hat seinen Ursprung in der feudalen, dem Regenten und dem Adel vorbehaltenen und deshalb mit der Herrschaftsausübung verbundenen Jagd, die die Landbevölkerung in vielfacher Weise geschädigt und belastet hat und deshalb sowohl im Bauernkrieg als auch in der Paulskirchenrevolution eine erhebliche Rolle gespielt hat. Im Mittelpunkt der feudalen Jagd haben das „Hochwild“ und insbesondere der kapitale Hirsch gestanden. Nach der Abschaffung der feudalen Jagd im 19. Jahrhundert, in dessen Verlauf das wohlhabende Bürgertum zunehmend an der Herrschaftsausübung beteiligt worden ist, sind auch bürgerliche Jagdgelegenheiten geschaffen worden (in Form von verpachtungspflichtigen Gemeinschaftsjagdrevieren, während der Adel seitdem auf seinen Ländereien/Gutsbezirken -nun Eigenjagdrevieren - gejagt hat). Nicht nur hier, sondern auch während des Nationalsozialismus (als die Hegepflicht im eigentlichen Sinn und der Abschussplan als Hegeinstrument eingeführt worden sind) und in der früheren DDR, wo jeweils den höheren Parteifunktionären besondere Jagdgelegenheiten reserviert gewesen sind, hat die repräsentative Jagd in erheblichem Umfang ihre Bedeutung als Zeichen einer Beteiligung an der Herrschaft bzw. einer hervorgehobenen gesellschaftlichen Stellung behalten. Trotz einer zunehmenden Beteiligung weiterer Gesellschaftsschichten an der Jagd, verschiedener dem Grundgesetz geschuldeter Rechtskorrekturen (zu diesen vgl. etwa BGH, U.v. 22.5.1984 - III ZR 18/83 - NJW 1984,2216 und U.v. 5.5.1988 - III ZR 116/87 - juris Rn. 26, sowie BVerwG, U.v. 30.03.1995 - 3 C 8/94 -BVerwGE 98, 118) und der Aufnahme der Erkenntnisse über die Funktionsweise und die Bedeutung des Wirkungsgefüges der Natur in das deutsche (u.a. in Form des Grundsatzes „Wald vor Wild“) und das europäische Recht in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ist dies in gewissem Umfang bis heute der Fall. Das überkommene Jagdinteresse von Personen mit erheblichem Einfluss in Gesellschaft, Politik und Staat behindert immer noch die Umsetzung dieser Korrekturen und Erkenntnisse (vgl. die Kritik des Bayerischen Obersten Rechnungshofs in den Jahresberichten 1999 und 2009 an der ineffektiven Umsetzung der Abschussplanvorschriften sowie die Umstände, dass trotz 30-jähriger Verbissbegutachtung Wildbestände, die eine natürliche Waldverjüngung zulassen, in einem großen Teil der Hegegemeinschaften - bei Nichtberücksichtigung des Staatsforstes: im ganz überwiegenden Teil - nach wie vor nicht erreicht sind und die Jagd noch immer zum Artenschwund beiträgt - ersichtlich etwa an der Entwicklung des weiterhin bejagbaren Rebhuhns). Im Zentrum des überkommenen repräsentativen Jagdinteresses stehen nach wie vor die Trophäe und das starke Tier und insbesondere - nunmehr allerdings beschränkt auf die Rotwildgebiete - der kapitale Hirsch, der „Einserhirsch“ (ein Hirsch von mindestens zehn Jahren entsprechend der Klasse I, vgl. Nr. 9.2 der Richtlinien für Hege und Bejagung des Schalenwildes in Bayern, Bek. des StMELF v. 9.12.1988, AllMBl. 1989, S. 73, zuletzt geändert durch LMBek. v. 23.3.2004, AllMBl. 106). Die Wahrscheinlichkeit des Vorkommens eines kapitalen Tieres wie des „Einserhirschs“ steigt mit dem Umfang des jeweiligen Tierbestandes, sodass das überkommene Jagdinteresse regelmäßig zu überhöhten Wildbeständen mit allen Konsequenzen führt (die - wie am Beispiel der hohen, in den letzten zehn Jahren um etwa 30% gestiegenen Wildunfall-Zahlen mit Personenschäden und jährlichen Sachschäden in Höhe von mehreren 100 Millionen € ersichtlich - über den Naturschutz und die Forstwirtschaft hinausgehen). Vor allem in den Rotwildgebieten, die einen besonders hohen Jagdwert aufweisen, und vor allem bei großen privaten Waldbesitzern (Eigenjagdinhabern) ist das Interesse an der Jagd oft größer als das Interesse am Wald.

- Der Antragsteller belegt durch seine Ausführungen, dass er darüber hinaus (zumindest) die Maßnahmen ablehnt, die im Bereich der Jagd zum Zwecke der in Art. 18 Abs. 1, 28 Abs. 1 Nr. 9 BayWaldG vorgesehenen Sanierung von Wald mit Gemeinwohlbedeutung ergriffen werden und ohne die eine Schutzwaldsanierung nicht langfristig erfolgreich durchgeführt werden kann.

– Auch wenn der Antragsteller forstwirtschaftliche Interessen in den Vordergrund stellt (etwa indem er einen „relevanten Wildbestand“ für notwendig erklärt - Schriftsatz vom 30.7.2010 im Verfahren 19 N 09.3102 - oder das Wild als natürlichen Gärtner des Waldes bezeichnet - Schriftsatz vom 31.7.2012 im Verfahren 19 N 12.206), ist festzustellen, dass es ein Wirtschaftsinteresse von Gewicht, das das Jagdinteresse begrenzen könnte, nicht gibt (vgl. Seite 3 unten, Seite 4 Mitte der Verhandlungsniederschrift). Ein forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit aus Beschäftigten, Geräten/Maschinen und Gebäuden existiert nicht. Wenn forstwirtschaftliche Maßnahmen im Eigenjagdrevier anfallen, werden Einzelaufträge an Forstbetriebe erteilt. Dies ist bis vor wenigen Jahren vom Antragsteller (offensichtlich nebenbei) erledigt worden; seitdem ist sein Bruder T. hierfür zuständig. Die Forstwirtschaft im Eigenjagdrevier ist zwar profitorientiert, aber nicht (oder nicht besonders) profitabel (vgl. S. 4 der Verhandlungsniederschrift). Bereits in seinem Vermerk vom 23. Oktober 2008 zum Verordnungsverfahren 2008 (Beiakte V, Bl. 626) hat er mit der Ausführung, über 1000 Höhenmetern übersteige der Jagdwert den Holzwert, deutlich gemacht, dass für ihn die Jagd im Vordergrund steht. Der Ausführung der Antragsgegnervertreterin in der mündlichen Verhandlung, eine höhere Laubbaum-Beimischung sei jedenfalls langfristig forstwirtschaftlich sinnvoll (Verhandlungsniederschrift S. 4/5), hat der Antragsteller nicht widersprochen. Den im Verfahren vorgelegten Unterlagen (Bl. 582 der Gerichtsakte) ist zu entnehmen, dass zur Erläuterung der ergänzenden revierweisen Aussage zur Verjüngungssituation im Eigenjagdrevier des Antragstellers am 27. Oktober 2015 ein Revierbegang erfolgt ist. Zur Fichten-Thematik hält der Vermerk fest, dass der Antragsteller und seine Brüder einen möglichst hohen Anteil an Fichten (die weitgehend verbissresistent sind) als wirtschaftlich wichtig bezeichnet haben, während die Forstbehörde demgegenüber auf die gesetzlichen (auf einen nachhaltigen, ökologisch werthaltigen und stabilen Wald gerichteten) Vorgaben und auf die (von den Vorstellungen des Antragstellers und seiner Brüder abweichenden) Zielsetzungen derjenigen Waldbesitzer hingewiesen hat, deren Flächen bei Eigenjagdrevieren eingeschlossen und angegliedert sind, die also nicht jagdausübungsberechtigt sind.

- Der Antragsteller mit einem Eigenjagdrevier in einem Bereich, dessen Jagdgelegenheiten noch lange nach der Beseitigung der feudalen Jagd vom Hochadel besonders geschätzt worden sind, ist öffentlich zugänglichen Quellen zufolge Inhaber eines Elektronikunternehmens mit weltweit vermarkteten Produkten und demzufolge auf den Waldertrag nicht angewiesen. Er ist etwa zehn Jahre lang Vorsitzender der Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen des Bayerischen Jagdverbandes (Landesjagdverbandes) e. V. gewesen.

- In Presseberichten wird der Antragsteller mit einem Aufruf zur „Mobilmachung gegen wildgewordene Behörden“ zitiert (www.merkur.de/lokales/garmisch-partenkirchen/landkreis/jaeger-chef-kritisiert-Forstverwaltung). Eine diesbezügliche Gegendarstellung des Antragstellers ist nicht ersichtlich. Der Feldzug des Antragstellers richtet sich gegen die Bemühungen des Antragsgegners und der Beigeladenen um mäßige Wildbestände und insbesondere gegen den gesetzlichen Grundsatz „Wald vor Wild“. Wie die zahlreichen von ihm geführten Streitverfahren belegen, ist der Antragsteller bereit, für seinen Feldzug erhebliche Summen aufzuwenden. Nur durch die Überzeugung, zu einem solchen Feldzug berufen zu sein, ist es auch zu erklären, dass der Antragsteller es abgelehnt hat, den Normenkontrollantrag, den er gegen die gesamte Verordnung gestellt hat, im Hinblick auf das Betroffenheitserfordernis und die Prozesskosten auf die Verordnungsgebiete in der Nähe seines Eigenjagdreviers zu beschränken, also diejenigen Verordnungs-Teilgebiete unangegriffen zu lassen, die weit (bis zu 150 km) von seinem Eigenjagdrevier entfernt liegen. Auf die Anregung des Senats in der mündlichen Verhandlung, den gesamten Normenkontrollantrag (und nicht nur den Hilfsantrag) zu beschränken, hat der Bevollmächtigte des Antragstellers - ohne noch einmal Rücksprache mit diesem nehmen zu müssen - deutlich gemacht, dass der Antragsteller die gesamte Verordnung zu Fall bringen will und auf Kostengesichtspunkte in diesem Zusammenhang keinen Wert legt. Der Feldzug des Antragstellers erklärt auch, weshalb er - obwohl lediglich die Verordnung streitgegenständlich ist - mit seinen Ausführungen sämtliche Bestimmungen und Maßnahmen des Antragsgegners und der Beigeladenen angreift, die auf einen mäßigen Wildbestand abzielen (vgl. 1.1.2.1). Insgesamt stellt der Antragsteller das überkommene repräsentative Jagdinteresse über Regeln, die verfassungsgerichtlich gebilligt (vgl. BayVerfGH, E.v. 18.10.1996 - Vf. 15-VII-95 - juris, insbesondere Rn. 44, 53, 59) und im Wege demokratischer Gesetzgebung festgelegt worden sind. Die Nichtbeachtung zentraler Grundsätze des Jagdrechts stellt die Befähigung zur Jagdausübung infrage.

1.1.1.3 Die Behauptung, er werde durch den Verbiss beeinträchtigt, stellt der Antragsteller lediglich deshalb auf, weil er sich durch Berufung auf das allgemein anerkannte rechtlich geschützte Interesse, von übermäßigem Verbiss verschont zu bleiben, eine Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit die Möglichkeit verschaffen möchte, die streitgegenständliche Verordnung zu Fall zu bringen (weil er sie für den Bestandteil einer allgemeinen „Ausrottungsstrategie“ des Antragsgegners und der Beigeladenen hält). Indem er den Verbiss in seinem Eigenjagdrevier der vom Antragsgegner und von der Beigeladenen ausgehenden Beja-gung zuschreibt, dient ihm die Behauptung einer Verbissbeeinträchtigung - wie aus den beim Senat anhängigen Verfahren 19 ZB 17.1601 und 19 ZB 17.1602 ersichtlich - gleichzeitig als Begründung für seine Klagen gegen behördlich festgesetzte Abschusspläne.

Jedoch hat gerade das vom Antragsteller (verschleierte, jedoch tatsächlich) verfolgte Interesse an hohen Schalenwildbeständen dazu geführt, dass die Rechtsprechung den Anspruch entwickelt hat, von übermäßigem Verbiss verschont zu bleiben (vgl. insbesondere BVerwG, U.v. 30.3.1995, a.a.O.). Der Antragsteller missbraucht diesen Anspruch, indem er ihn konträr zu seiner Zweckbestimmung zu verwenden sucht. Das Interesse an hohen Schalenwildbeständen ist rechtlich nicht geschützt, sodass dem Antragsteller keine Rechtsposition im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO zur Seite steht. Die Regulierung des herrenlosen Wildes erfolgt anhand der Allgemeininteressen ohne Berücksichtigung des jagdlichen Aneignungsrechts und der damit verbundenen Vorstellungen. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Jagdaus-übungsberechtige keinen Anspruch auf einen bestimmten Bestand an Wild (HessVGH, B.v. 5.1.2006 - 11 UZ 1111/04 - JE VI Nr. 63, juris Rn. 9 ff.; B v. 26.1.1982, NuR 1987, 96; OVG Lüneburg vom 28.3.1984 - JE I Nr. 34; zum Anspruch auf Rotwild vgl. BayVerfGH, E.v. 18.10.1996, a.a.O., insbesondere Rn. 59 ff.).

Ein Anspruch auf einen bestimmten Bestand an Wild besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass hoher Wildverbiss für die vom Antragsteller betriebene Form der Forstwirtschaft nützlich ist. Unabhängig von der Frage, inwieweit eine Forstwirtschaft als solche zulässig ist, die auf einen fichtendominierten Wald entgegen den Standortbedingungen und somit gegen die Entwicklung eines nachhaltigen, ökologisch werthaltigen und stabilen Waldes gerichtet ist, stehen der Hege von Wildbeständen, die mit dieser Art von Forstwirtschaft vereinbar sind, jedenfalls die gesetzlichen Bestimmungen in Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG und Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG („Wald vor Wild“) entgegen. Darüber hinaus verletzt diese Hege den Verbissschutz-Anspruch der Eigentümer im Eigenjagdrevier eingeschlossener, dem Eigenjagdrevier angegliederter und ihm benachbarter Flächen, die Forstwirtschaft und Jagd entsprechend den gesetzlichen Zielen betreiben (vgl. hierzu Übersichtskarte in M 7 K 16.3639, Bl. 414).

1.1.2 Darüber hinaus liegen keine tragfähigen Anhaltspunkte für spürbare Auswirkungen auf die Wildbestands- und/oder Verbiss-Situation im Eigenjagdrevier des Antragstellers vor, die vorliegend relevant sind. Da es bei der Frage spürbarer (betroffenheitsrelevanter) Auswirkungen um die Wirkungen der Verordnung im Teilgebiet Eschenlaine geht, sind alle Auswirkungen unerheblich, die auf sonstigen Vorgaben oder Maßnahmen des Antragsgegners oder der Beigeladenen beruhen (1.1.2.1). Die Auswirkungen, die die Verordnung im Bereich Eschenlaine hat, beeinflussen die Wildbestands- und/oder Verbiss-Situation im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht spürbar. Dies gilt sowohl unter dem Blickwinkel der (irreführenden) Betroffenheitsargumentation des Antragstellers, der zufolge der Verbiss in seinem Eigenjagdrevier auf Wild-Zuwanderung beruht, die dem Antragsgegner und der Beigeladenen anzulasten ist, als auch bei Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse. Diese sind durch die Überhege des Antragstellers (mit entsprechenden Verbissfolgen) und durch den Feldzug geprägt, den der Antragsteller gegen die gesetzlichen Jagdziele führt („Ausrottungsstrategie“), weil die durch sie angestrebte Mäßigung der Wildbestände - infolge einer Wild-Wegwanderung aufgrund des Vakuumeffekts - sich auch auf Reviere auswirken kann, in denen (wie im Eigenjagdrevier des Antragstellers) Wildbestände überhegt werden (1.1.2.2).

1.1.2.1 Das gesamte Vorbringen des Antragstellers zu jagdlichen Bestimmungen und Maßnahmen des Antragsgegners und der Beigeladenen, die neben der Verordnung erlassen bzw. vorgenommen worden sind, ist unbehelflich, weil die für die Kontrolle der Verordnung im Teilgebiet Eschenlaine erforderliche Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO nur den Auswirkungen der Verordnung (im Teilbereich Eschenlaine) entnommen werden kann.

Soweit sich der Antragsteller gegen das gesamte jagdrelevante Verhalten des Antragsgegners und der Beigeladenen wendet (zufolge des in der mündlichen Verhandlung gehörten Antragstellerbeistandes Prof. Herzog kommt es auf die Zahl der Abschüsse im Verordnungszeitraum „nicht entscheidend an“) und nicht nur gegen die Umsetzung der angegriffene Verordnung im bezeichneten Bereich, ist dies unbehelflich. Streitgegenstand und damit Bezugspunkt für die Frage der Betroffenheit im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO ist weder die allgemeine Jagdausübung der Beigeladenen oder eine hierfür geltende Vorgabe noch das Gesamtkonzept der Beigeladenen zur Schutzwaldsanierung oder dessen Bestandteil, das Schalenwild flächenbezogen zu vergrämen, sondern ausschließlich der Beitrag zur Schalenwildver-grämung, den die Ausweitung der Jagdzeiten im Verordnungsgebiet Eschenlaine (einem sehr kleinen Teil des Staatsjagdreviers) ermöglicht. Mit seinem Betroffenheitsvorbringen, das sich auf zahlreiche Maßnahmen des Antragsgegners und das gesamte Jagdverhalten der Beigeladenen bezieht, verkennt der Antragsteller, dass die Zulässigkeit seines Normenkontrollbegehrens im Hilfsantrag davon abhängig ist, dass er gerade durch die angefochtene Norm (die Verordnung im Teilgebiet Eschenlaine) betroffen ist. Somit kommt es auch nicht auf die Bestandsregulierung des Schalenwildes an. Diese findet durch die Abschusspläne statt. Sie erfassen zunächst die während des normalen Jagdjahres stattfindenden Abschüsse, auch soweit sie der letalen Vergrämung zur Schutzwaldsanierung dienen. In § 1 der Verordnung vorgegeben und zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass mit der Ausweitung der Jagdzeiten durch die Verordnung (hier: im Staatsjagdrevier Isarwinkel, in dem das Verordnungsgebiet Eschenlaine liegt) keine Erhöhung der Abschusszahlen verbunden ist, sondern dass die in den Abschussplänen festgelegten Abschusszahlen auch den Abschuss des Schalenwildes im Rahmen der Verordnung erfassen. Der plangeregelte Abschuss kann lediglich teilweise in den Verordnungszeitraum verlagert werden (weil in diesem Zeitraum auch und besonders mit Verbiss zu rechnen ist). Gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG darf Schalenwild nämlich nur aufgrund und im Rahmen eines Abschussplans erlegt werden (daraus ergibt sich - ohne dass es vorliegend darauf ankommt - dass der Vollzug der Verordnung den Schalenwildbestand nicht beeinflusst, also die eigentliche Befürchtung des Antragstellers nicht zutrifft, durch die Verordnung werde der Abschuss der Schalenwildbestände verstärkt; zur Neutralität einer Schonzeitverkürzung betreffend die Abschusszahlen vgl. HessVGH, B.v. 18.2.2013 - 4 A 1179/12 - juris Rn. 10). Auch die sonstigen Maßnahmen der Beigeladenen mit Einfluss auf den Wildbestand, wie etwa die Auflösung von Wildfütterungen (angesprochen im Schriftsatz v. 30.7.2010 im Verfahren 19 N 09.3102; in den Verfahren des Antragstellers vor dem Verwaltungsgericht München wegen Abschussplanfestsetzungen entgegen seinen Anträgen ist von bis zu acht aufgelösten Fütterungen die Rede) oder von Wintergattern, die der Antragsteller selbst als mögliche Ursachen für ein verändertes Wildaufkommen in seinem Eigenjagdrevier Eschenlohe-Wengwies bezeichnet hat, oder wie die Zonierung der Beja-gungsintensität, wie sie als „flankierende Maßnahme“ in Nr. 5 des Berichts der Bayerischen Staatsforsten vom 15. Juni 2011 über die Ergebnisse und Erfahrungen mit der Verordnung (GA 19 N 12.206, S. 17 ff.) beschrieben wird (vgl. hierzu auch Rudolf Plochmann, Gamswildbejagung bei den Bayerischen Staatsforsten am Beispiel des Forstbetriebs Bad Tölz, Fachbeitrag zu Band 21 der Schriftenreihe des Landesjagd-verbandes Bayern; Zone 1 konzentriert sich demzufolge auf Sanierungsgebiete, insbesondere auf Bereiche mit Schonzeitaufhebung, und weitere für die Schwerpunkt-bejagung notwendige Flächen; hier findet auch außerhalb der durch die Verordnung verlängerten Jagdzeiten eine verschärfte Bejagung unter Anwendung aller jagdrechtlich zur Verfügung stehenden Mittel statt), sind vorliegend unerheblich. Alle diese Jagdstrategie- und Waldsanierungsmaßnahmen haben ihre Grundlage nicht in der angegriffenen Verordnung und würden durch einen Erfolg des Normenkontrollan-trags auch nicht in Wegfall geraten oder unterbunden. Die Zahl der Abschüsse im Verordnungszeitraum würde im Fall einer Aufhebung der Verordnung lediglich in das normale Jagdjahr verschoben. Die mit der bloßen Anwesenheit von Menschen (Jägern) verbundene Vergrämungswirkung bliebe sogar in der (dann wieder geltenden) Schonzeit erhalten (zur Abgrenzung der dem Geltungsbereich der Verordnung unterliegenden Jagdausübung von der Wildhege und sonstigen Tätigkeiten des Jagdausübungsberechtigten vgl. BayObLG, B.v. 3.1.1983 - JE I Nr. 22).

1.1.2.2 Die Auswirkungen, die die Verordnung im Bereich Eschenlaine hat, beeinflussen die Wildbestands- und/oder Verbiss-Situation im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht spürbar. Dies gilt sowohl unter dem Blickwinkel der (irreführenden) Betroffenheitsargumentation des Antragstellers, der zufolge der Verbiss in seinem Eigenjagdrevier auf Wild-Zuwanderung beruht, die dem Antragsgegner und der Beigeladenen anzulasten ist, als auch bei Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse. Diese sind durch die Überhege des Antragstellers (mit entsprechenden Verbissfolgen) und durch den Feldzug geprägt, den der Antragsteller gegen die gesetzlichen Jagdziele („Ausrottungsstrategie“) führt, weil die durch sie angestrebte Mäßigung der Wildbestände sich aufgrund des Vakuumeffekts (der Tendenz zu einer in etwa gleichmäßigen Verteilung) auch auf benachbarte Reviere mit überhegten Wildbeständen wildbestandsmindernd auswirken kann.

Die Verordnung soll nicht dazu beitragen, die Schalenwildbestände zu reduzieren, sondern dazu, das Schalenwild aus den Sanierungsflächen zu vertreiben, und zwar möglichst vollständig (vgl. Plochmann, a.a.O.; Schriftsatz vom 4.4.2017, S. 3; der Antragsgegner und die Beigeladene gehen nicht davon aus, dass eine völlige Schalenwildfreiheit der Sanierungsflächen erreichbar ist). Das Schalenwild soll durch konsequentes Auslösen eines Flucht- und Meidungsverhaltens der Tiere von den Sanierungsflächen möglichst ferngehalten werden; eine mit deren Einzäunung vergleichbare Wirkung soll erreicht werden. Die Umstände, dass die Wildvergrämung aufgrund der Verordnung nur auf verhältnismäßig kleinen Flächen und nur während weniger Monate des Jahres stattfindet und dass im übrigen Staatsjagdrevier nicht mit derselben Intensität, aber gemäß dem Grundsatz „Wald vor Wild“ (mit der Folge einer mäßigen Wilddichte) gejagt wird, sprechen gegen die vom Antragsteller (im Rahmen seiner Betroffenheitsargumentation) behauptete Wild-Zuwanderung aus dem Verordnungsteilgebiet im Staatsjagdrevier. Hingegen spricht für eine Wildwanderung aus dem Eigenjagdrevier in das Staatsjagdrevier (deren Unterbindung das eigentliche Ziel des Antragstellers ist) die Tendenz des Wilds, Flächen mit geringerer Wilddichte aufzusuchen (Vakuumeffekt; angesichts der Unmöglichkeit einer vollständigen Wildfreihaltung ist auch das Verordnungs-Teilgebiet hiervon nicht vollkommen ausgeschlossen). Die geringere Wilddichte im Staatsjagdrevier beruht aber nicht oder jedenfalls nicht wesentlich auf der Vergrämung im Verordnungsteilgebiet während des Verordnungszeitraums, sondern auf der Beachtung des Grundsatzes „Wald vor Wild“ im ganzen Staatsjagdrevier.

Das streitgegenständliche Verordnungsteilgebiet Eschenlaine umfasst lediglich 47,82 ha (bei dem deutlich größeren „Sanierungsgebiet Eschenlaine“ handelt es sich lediglich um einen Begriff der Sanierungsplanung der Beigeladenen, nicht aber um ein Gebiet mit rechtlicher Bedeutung). Innerhalb des Verordnungsteilgebiets nimmt die zu sanierende und deshalb zu schützende Waldfläche (im Schutzwaldsanierungskonzept als Sanierungsfläche „Scharfgraben“ bezeichnet) 11,27 ha ein. Auf diese Sanierungsfläche beziehen sich alle Erhaltungs-, Pflege- und Schutzmaßnahmen einschließlich der konsequenten Vergrämung, durch die die Naturverjüngung des (noch vorhandenen oder nachgepflanzten) Schutzwalds gesichert werden soll. Der größere Umgriff des Verordnungsteilgebiets ist bedingt durch die jagdtechnischen Erfordernisse der Schalenwild-Freihaltung der Sanierungsfläche. Die Fläche, um deren annähernde Wildfreihaltung während weniger Monate des Jahres es geht (nur der Verordnungszeitraum ist relevant), entspricht - selbst bei Berücksichtigung aufenthaltsfördernder Faktoren - dem Raumbedarf allenfalls eines (1) Tieres (vgl. die Maximalwerte, die in den - allerdings noch die Trophäenjagd in den Mittelpunkt stellenden, vgl. Abschnitt A.I. - Richtlinien für die Abschussregelung vom 4.3.1969 -LMBl. 13 - genannt sind; sie sind in der Folgezeit zunehmend überschritten worden und die späteren Abschussbzw. Hegerichtlinien benennen Maximalwerte nicht mehr). Eine derartige Wildfreihaltung ist schon nicht geeignet, die Wilddichte in der unmittelbaren Umgebung (also im angemessen bejagten Staatsjagdrevier) spürbar zu beeinflussen. Erst recht vermag sie die Wilddichte im Eigenjagdrevier des Antragstellers nicht zu beeinflussen, das selbst am nächstgelegenen Punkt mehr als 1 km entfernt ist (also durch mehrere hundert Hektar Fläche vom Verordnungsteilgebiet getrennt ist) und etwa die 21-fache Fläche des Verordnungsteilgebiets aufweist. Die Bedeutungslosigkeit der Vergrämung im Verordnungsteilgebiet während einiger Monate des Jahres für die Wilddichten in der Umgebung wird auch aus der geringen Anzahl der Abschüsse ersichtlich, die von der Beigeladenen auf der Grundlage der Verordnung tatsächlich vorgenommen worden sind (diese Abschüsse müssen während des Jagdjahres auf der Grundlage der Abschussplanung abgeschätzt und für die verlängerte Jagdzeit aufgespart werden, vgl. Nr. 6 der Bestimmungen der Beigeladenen für die Jagdausübung im Rahmen der Verordnung, GA 19 N 14.1022 Bl. 532). Die vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung geäußerte Befürchtung einer übermäßigen oder vollständigen Abschussverlagerung in den Verordnungszeitraum entbehrt angesichts der langjährig stabilen Jagdpraxis der Beigeladenen jeglicher tragfähigen Grundlage. Nachdem es schon im Rahmen der vor dem Jahr 2000 erlassenen Schonzeit-Ausnahmebescheide zu äußerst geringen Abschusszahlen gekommen war (BA V Bl. 8), sind während der Geltung der seit dem Jahr 2000 aufeinander folgenden vier Rechtsverordnungen oberbayernweit pro Jahr und Verordnungsteilgebiet im Durchschnitt 0,6 Stück Rehwild, 0,3 Stück Rotwild und 2,9 Stück Gamswild erlegt worden. Die Zusammenstellungen der Beigeladenen über die auf der Grundlage der aufeinander folgenden Verordnungen getätigten Abschüsse von Rehwild, Rotwild und Gamswild während der Jahre 2001 bis 2014 (GA Bl. 81/82 sowie Bl. 97 bis 99) belegen eine zielgerichtete und konsequente Vorgehensweise, die in erster Linie das Gamswild (zwischen 10,4% und 17,5% des jährlichen Abschusses) betrifft und bedeutend weniger das Reh- und Rotwild (bei Rehwild zwischen 1,8% und 3,9% und bei Rotwild zwischen 1,1% und 3,2% des jährlichen Abschusses). Die Abschusszahlen bis zum Jahr 2015, die der Beistand des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, bestätigen diese Zahlenverhältnisse. Die Angaben des Antragsgegners und der Beigeladenen für das Verordnungsteilgebiet Eschenlaine über die im Rahmen der Verordnung getätigten Abschüsse sind nicht widerspruchsfrei, überschreiten aber diese Größenordnungen nicht. Laut den Angaben des Antragsgegners hat es - bezogen auf das Verordnungsteilgebiet Eschenlaine und den Verordnungszeitraum - in den Jagdjahren 2008/2009 und 2009/2010 überhaupt keine auf der Verordnung beruhenden Abschüsse gegeben und im Jagdjahr 2010/2011 zwei Abschüsse von Gamswild (vgl. GA 19 N 12.206 Bl. 21; GA 19 N 14.1022 Bl. 478). Die Beigeladene hat auf Anforderung des Senats eine Gesamtübersicht über die Abschüsse auf der Fläche im Sanierungsgebiet Eschenlaine vorgelegt, die auf der Grundlage der Verordnung getätigt wurden. Nach dieser Übersicht (GA 19 N 14.1022 Bl. 748, Stand 13.9.2017) wurde seit dem Jahr 2008 lediglich im Jagdjahr 2015 ein „Schonzeitabschuss“ getätigt. Es mag sein, dass (wie von Antragstellerseite in der mündlichen Verhandlung vorgetragen) vom Wild nicht nur Abschüsse, sondern instinktiv auch bloße Auftritte von Jägern wegen deren Aussehens und Verhaltens mit Gefahr verknüpft wird. Aber selbst wenn hiermit dieselbe Vergrämungsintensität verbunden wäre (wofür nichts spricht), erscheint die hieraus sich ergebende Vergrämungswirkung bei einer Begehung pro Woche äußerst gering. Wären derart seltene Maßnahmen geeignet, die vom Antragsteller behauptete spürbare Wildwanderung auszulösen, wäre die allgemein übliche Art und Weise der Jagdausübung unmöglich, weil dann bereits das Aufscheinen eines Jägers zur großräumigen Abwanderung der Tiere führen würde. Im Übrigen sind auch insoweit die dargelegten Gründe zu berücksichtigen, aus denen die Vergrämung zu keiner nennenswerten Veränderung der Wilddichte in der Umgebung des Verordnungsteilgebiets führt, und ist auch insoweit darauf hinzuweisen, dass für ein bloßes Auftreten als Jäger eine Schonzeit-Ausnahme nicht erforderlich (die angefochtene Verordnung also nicht kausal) ist. Auf den Umstand, dass Schalenwild durchaus in der Lage ist, die Entfernung zwischen dem Verordnungsteilgebiet und im Eigenjagdrevier und noch größere Entfernungen zu überwinden, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an. Angesichts der Unwesentlichkeit der infrage kommenden Tierzahlen kommt es darüber hinaus nicht mehr auf die Ausführungen des Antragstellers an, mit denen er es unternimmt, eine Wanderung von Wild aus dem Verordnungsteilgebiet speziell in sein Eigenjagdrevier darzutun. Diese Ausführungen überzeugen darüber hinaus nicht. Der Antragsteller hat keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass das vergrämte Wild gezielt in Richtung seines Eigenjagdreviers gedrängt würde wie etwa bei einer Drückjagd. In der Begründung des Normenkontrollantrags vom 26. Februar 2010 (betreffend die Verordnung 2008) hat er zwar behauptet, es finde eine „großflächigen Hetz- und Ver-grämungsjagd“ statt, dies jedoch in keiner Weise substantiiert. Der Antragsteller hat auch nicht schlüssig dargetan, dass vergrämtes Schalenwild aus sonstigen Gründen gezwungen wäre, ausschließlich oder überwiegend in Richtung seines Eigenjagdreviers zu wechseln. Der Hinweis auf die Berggruppe Herzogstand/Heimgarten im Norden sowie auf den Walchensee im Osten genügt dafür nicht; den in der mündlichen Verhandlung (unter Übergabe einer Karte) behaupteten mehr oder weniger abgegrenzten, die Fluchtmöglichkeiten einschränkenden Wildlebensraum gibt es nicht. Insbesondere für das Gamswild erscheinen steigungsbedingte Lebensraumgrenzen eher fernliegend; auch das Rotwild wandert im Winter - wenn es nicht durch günstige Umstände (wie etwa Fütterungen) oder durch ungünstige Umstände (wie etwa landschaftsverändernde Maßnahmen) abgehalten wird - bis in die Tallagen (zur Gebirgstauglichkeit des Schalenwildes vgl. auch Rn. 4 des Urteils des BVerwG v. 29.12.2011 - 3 BN 1/11 - a.a.O.). Angesichts dessen wäre eine Wildwanderung und -verteilung in andere umliegende Gebiete (beispielsweise in das Staatsjagdrevier Isarwinkel selbst oder in das Eigenjagdrevier O. IV) nicht weniger wahrscheinlich als eine Wildwanderung in das Eigenjagdrevier. Die höhere Wilddichte im Eigenjagdrevier spricht dafür, dass das Wild (soweit es nicht durch Fütterungsanlagen des Antragstellers abgehalten wird) diese anderen umliegenden Gebiete bevorzugt.

Gegen eine vergrämungsbedingte Wildzuwanderung als Grund für den Verbiss im Eigenjagdrevier des Antragstellers spricht schließlich auch, dass die anderen Reviere in der Hegegemeinschaft des Antragstellers und insbesondere das Eigenjagdrevier O. IV, das keilförmig zwischen der Verordnungsfläche Eschenlaine und dem Eigenjagdrevier des Antragstellers liegt, eine niedrigere Verbissbelastung aufweisen.

Die vom Antragsteller für die mündliche Verhandlung beigezogenen Beistände haben das Begehren des Antragstellers als solches durch ihre Anwesenheit unterstützt und einzelne Aspekte seiner Darlegungen bestätigt (etwa die Auffassung, das Wild könne den Jäger vom Touristen unterscheiden). Die Behauptung, die wöchentliche Begehung und die äußerst seltenen Abschüsse im Verordnungsgebiet beeinflussten die Wildbestandszahlen im Eigenjagdrevier des Antragstellers (jeweils kurzfristig) signifikant, die der Antragsteller in widersprüchlicher Weise und ohne belastbare Anhaltspunkte aufgestellt hat, haben sie weder durch fachliche Informationen unterstützt noch sich zu eigen gemacht.

Auf die Frage, ob die genannten Gründe, die gegen eine nennenswerte Veränderung der Wilddichte in der Umgebung des Verordnungsteilgebiets und insbesondere im Eigenjagdrevier des Antragstellers sprechen, auch für die in zunehmender Entfernung vom Eigenjagdrevier des Antragstellers liegenden und deshalb zunehmend irrelevanten anderen Verordnungsteilgebiete (insbesondere für die Verordnungsteilgebiete Deiningbach und Fahrenberg, die östlich des Verordnungsbereichs Eschenlaine sowie des Europäischen Fernwanderwegs 4 liegen, der an der Ostgrenze des letztgenannten Verordnungsteilbereichs auf einer Höhe von etwa 1450 Metern verläuft) gelten, kommt es nicht an, da diese nicht Gegenstand des vom Antragsteller gestellten Hilfsantrag sind. Nach dem Ergebnis des Verfahrens ist dies jedoch (einschließlich vergleichbarer Abschusszahlen) der Fall.

1.2 Der Senat ist nicht aufgrund des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 (3 BN 1/11) gehalten, von einer Antragsbefugnis des Antragstellers auszugehen.

Im Beschluss vom 29. Dezember 2011 (a.a.O.) hat das Bundesverwaltungsgericht die Antragsbefugnis des Antragstellers nicht ein für alle Mal bejaht. Es ist lediglich zu dem Ergebnis gelangt, dass der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 7. Oktober 2010 (19 N 09.3102) mit seiner Argumentation betreffend topographische Hindernisse, die eine zur Beeinträchtigung des Antragstellers führende Wildwanderung ausschlössen, die prozessualen Anforderungen an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO überspannt hat und deshalb verfahrensfehlerhaft vom Fehlen der Antragsbefugnis ausgegangen ist. Der Antragsteller, dessen Waldflächen nicht im Geltungsbereich der Verordnung liegen, habe eine mittelbare Betroffenheit in seinen geschützten Interessen nach Art. 14 Abs. 1 GG hinreichend substantiiert dargetan, indem er plausibel vorgetragen habe, dass aufgrund der räumlichen Nähe seiner Waldflächen zu Gebieten, die von der Verordnung erfasst werden, nachteilige Auswirkungen für sein Waldeigentum nicht auszuschließen sind. Der vom Verwaltungsgerichtshof eingewendete Höhenzug stelle wegen der Umgebungsverhältnisse kein wesentliches Hindernis für die vom Antragsteller dargelegte, durch Abschüsse auf der Grundlage der Verordnung ausgelöste Wildwanderung dar.

Mit der Frage, ob dem Antragsteller tatsächlich ein subjektives Recht im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO zusteht, hat sich das Bundesverwaltungsgericht nicht vertieft befasst, weil der elaborierte, irreführende Charakter der Betroffenheitsargumentation des Antragstellers (vgl. hierzu Nr. 1.1.1) in der Senatsentscheidung vom 7. Oktober 2010 zwar angedeutet, aber nicht eingehend thematisiert worden ist.

Hinsichtlich des Fehlens eines relevanten topographischen Hindernisses für eine Wildwanderung schließt sich der Senat der Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts an. Die seitherige weitere Aufklärung des Sachverhalts hat jedoch konkrete Erkenntnisse zu den örtlichen Verhältnissen und insbesondere zur Art und Weise des Vollzugs sowohl der Vorgängerverordnung als auch der hier streitgegenständlichen Verordnung ergeben. Auch auf dieser neuen Tatsachengrundlage ist (aus anderen als den vom Bundesverwaltungsgericht erörterten Gründen, vgl. Nr. 1.1.2) eine Antragsbefugnis des Antragstellers auszuschließen.

Es kommt hinzu, dass der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 2011 im nunmehr ruhenden Verfahren 19 N 12.206 betreffend die Vorgängerverordnung ergangen ist. Im hiesigen, gegen die Nachfolgeverordnung gerichteten Verfahren entfaltet er bereits wegen seines anderen Streitgegenstandes keine Bindungswirkung im Sinn des § 121 VwGO.

2. Der Normenkontrollantrag hätte - wäre er zulässig - auch in der Sache keinen Erfolg. Die dies (hilfsweise) ergebende umfassende Prüfung der Gültigkeit der Vorschrift (lediglich die Überprüfung am Maßstab der Grundrechte des Landesverfassungsrechts ist dem Senat verwehrt, weil insoweit Art. 98 Satz 4 BV die ausschließliche Zuständigkeit des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vorsieht und damit der Vorbehalt des § 47 Abs. 3 VwGO greift) ist vorliegend nicht zuletzt wegen des Umstands angezeigt, dass die Verordnung am 21. Februar 2019 ausläuft und sich im Verfahren über eine zu erwartende Nachfolgeverordnung (zum Zeitbedarf von Sanierungsmaßnahmen vgl. Nr. 2 der Anweisung zur Schutzwaldsanierung) dieselben Fragen erneut stellen.

2.1 Kein Regelungsinhalt der Verordnung und daher auch nicht Gegenstand des Verfahrens ist die Festlegung von Sanierungsgebieten und Gefährdungsgebieten; diese in § 2 Abs. 1 der Verordnung verwendeten Begriffe entstammen der Terminologie der bayerischen Forstverwaltung (vgl. Handbuch zur Schutzwaldsanierung, Bayerische Staatsforstverwaltung, München 1997, S. 132; Anweisung zur Schutzwaldsanierungsplanung der Bayerischen Forstverwaltung, Stand April 2012, Nr. 6.1, S. 697; Schreiben des AELF Weilheim v. 12.2.2016, GA 19 N 14.1022 Bl. 54). Als Sanierungsgebiete bezeichnet diese großräumige Bereiche mit hohen Anteilen an Schutzwäldern (z.B. Bergflanken, Hänge über Ortschaften und Straßen, Wildbacheinzugsgebiete), in denen auf Teilflächen (den Sanierungsflächen) Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind. Als Gefährdungsgebiete definiert sie Bereiche mit hoher Schutzbedeutung des Waldes für Ortschaften und Infrastruktureinrichtungen. Hier sind derzeit noch keine Sanierungsmaßnahmen erforderlich, wären es jedoch in absehbarer Zeit, wenn die gegenwärtige Entwicklung tatenlos hingenommen würde. Zur konkreten Bezeichnung und Unterscheidung werden die Begriffe Sanierungsgebiet oder Gefährdungsgebiet jeweils mit einer aussagekräftigen Ortsangabe verbunden (vgl. die Karten der Sanierungsgebiete Eschenlaine, Deiningbach, Fahrenberg, GA 19 N 12.206, Bl. 83; 19 N 14.1022 Bl. 770, 773, 776). Die Verordnungsteilgebiete erfassen lediglich Teilflächen der Sanierungs- oder Gefährdungsgebiete und werden von der Verordnung selbst abgegrenzt. Für die Sanierungs- und Gefährdungsgebiete selbst mit ihren unterschiedlichen Gebietsbezeichnungen sieht die Verordnung keine wie auch immer geartete Regelung vor. Die Einwendungen des Antragstellers betreffend eine fehlende Rechtsgrundlage für die Festlegung dieser Gebiete, betreffend einen unklaren Begriffsinhalt und betreffend nicht hinreichend bestimmte Abgrenzungen der Geltungsbereiche stellen die Rechtmäßigkeit der Verordnung daher nicht erfolgreich in Frage.

2.2 Die Verordnung hat in § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG i.V.m. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG eine Ermächtigungsgrundlage.

Nach dieser Bestimmung können die Länder die Schonzeiten für bestimmte Gebiete oder für einzelne Jagdbezirke aus besonderen Gründen, insbesondere aus Gründen der Wildseuchenbekämpfung und Landeskultur, zur Beseitigung kranken oder kümmernden Wildes, zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, zu wissenschaftlichen, Lehr- und Forschungszwecken, bei Störung des biologischen Gleichgewichts oder der Wildhege aufheben. Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG ermächtigt die höhere Jagdbehörde (dies ist gemäß Art. 49 Abs. 2 Nr. 2 BayJG die Regierung), durch Rechtsverordnung die durch § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG eingeräumte Befugnis auszuüben.

Die gesetzlichen Vorschriften verlangen das Vorliegen besonderer Gründe für die Aufhebung der Schonzeit. Sie benennen beispielhaft mögliche Gründe zur Rechtfertigung einer Schonzeitaufhebung; die Verwendung des Wortes „insbesondere“ macht dabei deutlich, dass die Aufzählung der besonderen Gründe nicht abschließend ist. Die Vielfalt der vom Gesetzgeber benannten Gründe (jagdliche, landeskulturelle, wissenschaftliche) veranschaulicht, dass völlig unterschiedliche Motive eine Aufhebung der Schonzeit rechtfertigen können. Aus der gesetzgeberischen Wortwahl („besondere Gründe“) in Verbindung mit der Breite der benannten Beispiele ist zu ersehen, dass der Rechtfertigungsgrund für den Verordnungserlass kein außerordentliches oder herausragendes Gewicht haben muss. Es genügt, wenn die Ausweitung der Jagdzeiten unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände vernünftigerweise geboten ist. Es ist eine Sondersituation landesspezifischer Art erforderlich, die mittels der regulären administrativen Maßnahmen (insbesondere §§ 21, 27 BJagdG) nicht gesteuert werden kann und deshalb durch eine Abweichung von den allgemein geregelten Jagdzeiten bewältigt werden muss (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, 1. Aufl., Stand Dezember 2016, § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.2). Nachdem die Gründe für eine erweiterte Abschussmöglichkeit nicht näher abgegrenzt werden können, bedarf es keiner Benennung des Rechtfertigungsgrundes in der Verordnung selbst, sondern genügt es, wenn die besonderen Gründe höheres Gewicht haben als die Gründe für die allgemeine (regelmäßig dem Schutz von Brut- und Setzzeit dienende) Schonzeitregelung. Bei diesem sich aufdrängenden Verständnis macht die Ermächtigungsvorschrift hinreichend deutlich, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Ermächtigung Gebrauch gemacht werden und welchen Inhalt eine auf Grundlage der Ermächtigung erlassene Verordnung haben kann (zu diesen Voraussetzungen vgl. Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 1. Auflage 2009, Art. 55 Rn. 36).

2.2.1 Der Senat teilt die Auffassung des Antragsgegners, dass (jedenfalls) im Geltungsbereich der Verordnung im Sanierungsgebiet Eschenlaine der Schutz des Bergwaldes als selbständiger besonderer Grund i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG die Schonzeitverkürzung für das Schalenwild rechtfertigt (vgl. Leonhardt, a.a.O., § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.2.2). Der Bergwald besitzt vielfältige Schutzwirkungen. Unter anderem bewahrt er den eigenen Standort vor Bodenabtrag und schützt gleichzeitig Siedlungen und Straßen vor Lawinen, Hochwasser, Steinschlag und Muren. Der Verbiss (dessen Ausmaß in dem - einigen Sanierungsflächen nahen -Eigenjagdrevier des Antragstellers Gegenstand mehrerer beim Senat anhängiger Verfahren ist) ist das gravierendste Hindernis für die Schutzwaldsanierung (Hildebrandt, Schutzwaldmanagement im Bay. Alpenraum, Fachbeitrag zu Band 21 der Schriftenreihe des Landesjagdverbandes Bayern - http://jagd-bayern.de/fileadmin/_BJV/Akademie/Gamswild/BJV_Gamswild_08_Hildebrandt_V03.pdf).

Nach der unwiderlegten Darstellung des Antragsgegners befindet sich auf der Sanierungsfläche Scharfgraben, die einen 11,27 ha großen Teilbereich im Norden des 256 ha umfassenden Sanierungsgebiets Eschenlaine umfasst und im östlichen Teil des 47,82 ha umfassenden Verordnungsbereichs Eschenlaine liegt (GA S. 770), Schutzwald im Sinn von Art. 10 BayWaldG. Die indizielle Aussagekraft der Schutz-waldkartierung (Art. 10 Abs. 3 BayWaldG), welche die Sanierungsfläche im vom Antragsgegner vorgelegten Auszug (GA S. 327) als Schutzwald im Sinn des Art. 10 Abs. 1 BayWaldG darstellt, hat der Antragsteller nicht durch substantiierten Vortrag widerlegt. Die Einordnung als Schutzwald findet ihre fachliche Bestätigung in den allgemeinen Angaben der gutachtlichen Aussage zur Verjüngungssituation in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach vom 9. Juli 2012. Demnach umfasst deren Gebiet ca. 1.170 ha und ist zu gut 90% bewaldet. Den unbewaldeten Teil bilden Felsen und baumfreie Wiesenhänge. Große Teile sind Schutzwald und lassen durch die teilweise sehr steile Hangneigung und die abgeschiedene, nicht erschlossene Lage keine forstliche Nutzung zu (GA 19 N 12.206 Bl. 80). Schutzwald in diesem Sinn ist Wald in den Hoch- und Kammlagen der Alpen und der Mittelgebirge (Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 BayWaldG), auf Standorten, die zur Verkarstung neigen oder stark erosionsgefährdet sind (Nr. 2) oder der dazu dient, Lawinen, Felsstürzen, Steinschlägen, Erdabrutschungen, Hochwassern, Überflutungen, Bodenverwehun-gen oder ähnlichen Gefahren vorzubeugen oder die Flussufer zu erhalten (Nr. 3). Diese Schutzfunktionen zu erhalten ist Aufgabe der Schutzwaldpflege, ihre Wiederherstellung Aufgabe der Schutzwaldsanierung. Nur intakte, nicht verlichtete Gebietswälder können die Schutzwaldfunktionen ausreichend erfüllen. Die Sanierung der Schutzwälder ist nach Art. 28 Abs. 1 Nr. 9 BayWaldG Aufgabe der Forstbehörden und damit öffentliche Aufgabe. Die Schutzfunktion dieser - wegen ihrer Bedeutung in Schutzwaldverzeichnissen ausgewiesenen - Wälder besteht im Wesentlichen darin, Niederschlagswasser zu binden, mit ihrer Verwurzelung die Bodenstabilität zu sichern und Gleitschnee bzw. Lawinen zu verhindern. Um diese Funktion langfristig sicherzustellen, bedarf es zum einen eines artenreichen Mischwaldes, der widerstandsfähig ist gegen Schädlingsbefall bzw. unterschiedliche klimatische Bedingungen und Einflüsse. Als heimische Hauptbaumarten sind in der hochmontanen Zone sowohl Fichte als auch Tanne, Buche, Bergahorn, Lärche und Latsche anzusehen. Zum anderen bedarf es eines möglichst dichten und stufigen Waldaufbaus, also eines Gemisches unterschiedlicher Altersstufen in der Bestockung. Voraussetzung hierfür ist wiederum eine laufende Verjüngung der Bewaldung, d.h. es muss kontinuierlich Nachwuchs der vorgenannten Hauptbaumarten ankommen und auch aufkommen. Reißt diese Naturverjüngung ab, kommt es früher oder später - entsprechend den Abläufen in der Natur ist hier in größeren Zeiträumen zu rechnen - zu Kahlstellen und schließlich Erosion. Von einer Beeinträchtigung der Schutzfunktion des Waldes ist auszugehen, wenn Schäden am Bergwald bereits eingetreten sind, aufgrund derer sie nicht mehr ausreichend gewährleistet ist; von einer Gefährdung ist auszugehen, wenn die Schutzfunktion des Waldes in Zukunft beeinträchtigt wird oder gar gänzlich entfällt (vgl. BayVGH, U.v. 7.4.2005 - 19 B 99.2193 - juris Rn. 53). Diese Ausführungen des Senats haben nach wie vor Gültigkeit und sie werden durch die Ausführungen des Antragstellers zur Bedeutung der Grasnarbe in lichten Bergwäldern hinsichtlich Wasserspeicherfähigkeit und Erosion nicht widerlegt. Der Antragsteller lässt unberücksichtigt, dass im Bergwald ein Teil des Niederschlags von den Baumkronen aufgefangen wird und gar nicht den Boden erreicht (sogen. Inter-zeptionsverlust) und dass die Schattenwirkung der Bäume zu einer verzögerten Schneeschmelze und damit zur Abmilderung von Hochwasserspitzen führt (vgl. das Handbuch zur Schutzwaldsanierung - nachfolgend: Handbuch - Abschnitt B 1.1. Wasserschutz). Eine intakte Waldbaumbestockung bietet sachgerechten Bodenschutz und verhindert im Gegensatz zu einer Grasdecke Schneebewegungen im Bergwald (vgl. das Handbuch, Abschnitte B 1.2 und B 1.3). Die Wasserwirtschaftsverwaltung ist an der Erarbeitung des Konzepts zur Schutzwaldsanierung beteiligt gewesen und ihre Erkenntnisse sind in den Inhalt eingeflossen (vgl. die Einleitung zum Handbuch); auch die Sanierungsplanung für die einzelnen Sanierungsflächen wird mit der Wasserwirtschaftsverwaltung abgestimmt (vgl. Anweisung zur Schutzwaldsanierung, Nr. 1).

Die eigens eingerichteten drei Fachstellen für Schutzwaldmanagement (FSWM) in Bayern haben ihrer Auswahl der von der Verordnung erfassten Sanierungsflächen nach Maßgabe des Handbuchs zur Schutzwaldsanierung ein einheitliches Raster zugrunde gelegt, welches die Gründe für die Schonzeitaufhebung jeweils in den wesentlichen Zügen benennt und dabei gleichzeitig Prioritätsabstufungen vornimmt (vgl. Übersichten, GA Bl. 56 ff).

Das Sanierungsgebiet Eschenlaine umfasst mit einer Fläche von 256 ha das Wildbacheinzugsgebiet des Gewässers Eschenlaine. Die auf Anforderung des Senats vorgelegten Planungsunterlagen zum Sanierungsgebiet Eschenlaine mit dem Planungsstand 2004 weisen die Sanierungsfläche „Scharfgraben“ mit einer Fläche von 11,3 ha aus, auf der zunächst keine Maßnahmen durchgeführt worden sind. In der im Zuge des vorherigen Verordnungsverfahrens vorgelegten Übersicht der Fachstellen für Schutzwaldmanagement vom 8. März 2008 werden für das Sanierungsgebiet Eschenlaine schlagwortartig überalterte, rückgängige Bergmischwälder, starke Erosionen durch Schneeschurf, eine unzureichende Verjüngung und sehr hohe Investitionen in Gleitschneeverbauungen und Pflanzungen benannt. In der gutachtlichen Aussage zur Verjüngungssituation in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach vom 9. Juli 2012 wird vom zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten festgestellt, dass in den Sanierungsgebieten des Übergangsbereichs zum Bergmischwald Maßnahmen wie Gleitschneeverbauungen und Sanierungspflanzungen zur langfristigen Hangsicherung stattfinden. Neben der punktuell aufkommenden Naturverjüngung würden aktiv standortspezifische Mischbaumarten gepflanzt (GA 19 N 12.206, S. 80). Zur Erläuterung der Gebietsauswahl hat der Antragsgegner im Schriftsatz vom 4. April 2017 vorgetragen, die verwendeten Begriffe seien aus sich heraus verständlich und bedürften keiner weiteren Erläuterung. Unter überalterten Schutzwäldern verstehe die bayerische Forstverwaltung solche mit einem Durchschnittsalter über 200 Jahre ohne ausreichende Verjüngung und mit mehr als einem Drittel kümmernder, absterbender oder toter Bäume in der Oberschicht. Vergleichbare Kriterien für die Identifizierung sanierungsnotwendiger Schutzwälder finden sich auch in der Anweisung zur Schutzwaldsanierung der Bayerischen Forstverwaltung (Stand April 2012). Zur Interpretation der Zustandsbeschreibungen kann auf den Abschnitt C Zustand der Schutzwälder in den Bayerischen Alpen sowie die Nr. 3 der Planungsgrundsätze bei der Schutzwaldsanierung (Definition sanierungsnotwendiger Schutzwälder einschließlich Dringlichkeitseinstufung) im Handbuch zur Schutzwaldsanierung zurückgegriffen werden. Konkrete Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Angaben und Bewertungen hat der Antragsteller nicht vorgetragen und sind für den Senat auch nicht ersichtlich. Dass im Bergwald Investitionen in Pflanzungen getätigt werden, die nicht rentabel sind und für die auch sonst keine sachliche Notwendigkeit besteht, erscheint fernliegend. Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankäme, hat der Antragsgegner nach der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2017 weitere konkrete Informationen über Sanierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Sanierungsfläche Scharfgraben geliefert (angesichts der schriftlichen Einwendungen des Antragstellers im Verwaltungsverfahren hätte es sich allerdings aufgedrängt, diese Sanierungsunterlagen bereits zur Grundlage des Verordnungsverfahrens zu machen).

Der Prioritätseinstufung in die Kategorie 1 sind das Wildbacheinzugsgebiet Eschenlaine, der Hochwasserschutz und Muren(gefahr) zugrunde gelegt. Die in der mündlichen Verhandlung seitens des Antragstellers angesprochene Hochwasserfreilegung der Eschenlaine im Bereich der Gemeinde Eschenlohe vermag zwar die Bedeutung des Projekts für den unmittelbaren Hochwasserschutz zu relativieren; dass sie ihn vollständig aufheben würde, hat der Antragsteller nicht behauptet und ist angesichts der Unkalkulierbarkeit von Naturereignissen (im Hochwasserschutz ist das hundertjährige Hochwasser Bezugsgröße) auch nicht anzunehmen. Aus forstlicher Sicht wird die Sanierungsfläche Eschenlaine als sonnenseitiger Wintereinstand sowie als Ganzjahreseinstand für das Gamswild angesehen, also als Wald, der lagebedingt besonders verbissgefährdet ist. Es kann offen bleiben, ob die ausgreifende Gefahrenbeschreibung in der Übersicht uneingeschränkt zutrifft. Jedenfalls hat das Verfahren keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass es sich bei dem Wald auf der Sanierungsfläche nicht - wie vom Antragsgegner angegeben - um überalterten, rückgängigen und somit gefährdeten Bergmischwald handelt.

2.2.2 Der mit der Verordnung angestrebte Schutz des Bergwaldes stellt darüber hinaus einen besonderen Grund der Landeskultur i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG dar (in diesem Sinn vgl. Leonhardt, a.a.O., § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.2.2). Der Begriff Landeskultur, dem es an einer gesetzlichen Definition mangelt, kann sehr weitgreifend verstanden werden (zum Meinungsstand vgl. Friesecke, NUR 2000, 81 ff.; für das Forstrecht vgl. Zerle/Hein/Foerst/Stöckel/Beck/Nüßlein/Pratsch, Forstrecht in Bayern, 2. Aufl. Stand Juni 2016, Art. 16 BayWaldG). Er umfasst jedenfalls die land-und forstwirtschaftliche Bodennutzung einschließlich der Maßnahmen zur Bodenerhaltung, Bodenverbesserung (Melioration), Neulandgewinnung und Flurbereinigung. Der Schutz des Bergwaldes, den der Antragsgegner als besonderen Grund für den Erlass der Verordnung benennt, ist unter den Begriff der Landeskultur zu subsumie-ren, da es bei der Bewahrung eines gesunden und lebensfähigen Bergwaldes auch um die Vermeidung erheblicher Schäden an der Kulturlandschaft geht.

2.2.3 Angesichts der besonderen Bedingungen, denen Wald im Hochgebirge ausgesetzt ist, sind die ausgeweiteten Jagdzeiten auch zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG erforderlich. Der Antragsteller weist im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass von einem übermäßigen Wildschaden erst auszugehen ist, wenn er das übliche Maß von durch Wild verursachten Schäden erheblich und in einem Umfang übersteigt, dessen Hinnahme dem Geschädigten nicht mehr zuzumuten ist (vgl. VG Ansbach, B.v. 30.04.1998 - AN 15 E 98.00625 -Jagdrechtliche Entscheidungen VI Nr. 45 - juris, Rn. 17; BayObLG, U.v. 10.4.1978 -RREg 2 Z 60/77 - BayObLGZ 1978, 69 - juris, Rn. 30). Dieser Ansatz ist der Erkenntnis geschuldet, dass in Anbetracht der Ernährungsgewohnheiten von Wildtieren der Verbiss von Pflanzen zum Naturkreislauf gehört und in einem gewissen Umfang der Waldregeneration nicht schadet. Ein Fall der Vermeidung übermäßiger Wildschäden ist jedoch ernsthaft in Betracht zu ziehen, wenn ohne die Ausweitung der Jagdzeiten die Naturverjüngung wegen des Wildverbisses unterbleibt und der Erhalt des Bergwaldes mit seinen vielfältigen Schutzfunktionen nicht mehr zu gewährleisten ist.

Es liegt auf der Hand, dass in die Subsumtion die Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind und dass der Eintritt von Schäden am Bergwald nicht abgewartet werden muss. Es wäre verfehlt, die Frage des Übermaßes von Wildschäden unabhängig von den naturräumlichen Gegebenheiten ihres Auftretens und der Bedeutung der betroffenen Güter nach einem einheitlichen (landesweiten) Maßstab zu beurteilen. Im Bergwald, dem als Schutzwald besondere Gemeinwohlaufgaben zukommen, wird die Grenze zum übermäßigen, nicht mehr zumutbaren Wildschaden wesentlich früher erreicht sein als im Flachland. Angesichts der aus klimatischen und standortspezifischen Gründen erschwerten Wachstumsbedingungen für Jungbäume kann die Waldverjüngung hier - je nach Waldzustand - manchmal nur durch künstliche Anpflanzungen herbeigeführt werden (zu den Verjüngungsmethoden vgl. Handbuch, Abschnitt D.2) und oft nur durch weitestgehende Unterbindung von Verbiss. Wenn eine erosionshindernde Bewaldung nicht vorhanden ist, müssen zusätzlich Verbauungen errichtet werden. Der Antragsgegner hat hierzu vorgetragen, dass solche Sanierungsmaßnahmen sehr teuer sind. ha Pflanzung koste bis zu 20.000 EUR, 1 ha Verbauung bis zu 500.000 EUR. Verbiss auf den Schutzwaldstandorten könne nicht wie im Flachland von den Pflanzen durch Ersatztriebe kompensiert werden. In vielen Fällen führe Verbiss zum Absterben der Pflanzen oder zu dauerhaftem Kümmern (vgl. auch Handbuch Abschnitt D 4.1 Wildschäden). Die Folge seien teure Ersatzpflanzungen, verbunden mit großen Zeitverzögerungen bei der Sanierung. Dies könne in Flächen, die mit temporären und damit begrenzt haltbaren Holzbauwerken gegen Schneebewegungen gesichert seien, eine zweite Verbauungsgenera-tion mit enormen Kosten zur Folge haben (vgl. Stellungnahme AELF v. 12.2.2016). Diesem vom Antragsteller nicht widerlegten Vorbringen ist zu entnehmen, dass Bergwald schon bei Verbissraten dauerhaft geschädigt wird, die im Flachland noch hingenommen werden könnten.

2.3 Mängel der Verordnung im Hinblick auf Vorschriften über die Zuständigkeit und das Verfahren mit Auswirkungen auf das streitgegenständliche Teilgebiet Eschenlaine sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Eine Begründungspflicht für Rechtsverordnungen besteht nicht (vgl. OVG SH, U.v. 22.5.2017 - 4 KN 2/15 -juris Rn. 45). Der Antragsteller rügt lediglich allgemein eine unzureichende Beteiligung der Naturschutzbehörden und der Wasserwirtschaftsverwaltung. Er benennt jedoch keine besondere jagdrechtliche Verfahrensvorschrift, derzufolge dies einen die Unwirksamkeit der Verordnung begründenden Verfahrensverstoß darstellt; eine solche Verfahrensvorschrift ist auch nicht ersichtlich (zur Frage einer Beteiligung der Naturschutzbehörden im Zusammenhang mit der unionsrechtlichen Verträglichkeitsprüfung vgl. Abschnitt 2.4). Im Übrigen ist das Programm zur Sanierung der Schutzwälder im Bayerischen Alpenraum in Zusammenarbeit mit den Behörden der Wasserwirtschaft erarbeitet worden (vgl. Abschnitt A, Einleitung des Handbuchs).

Die amtliche Bekanntmachung der angegriffenen Verordnung entspricht einschließlich der Beschreibung der Grenzen des Geltungsbereichs für die Fläche des Sanierungsgebiets Eschenlaine den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

Die Bekanntmachung der Rechtsverordnung ist nach Maßgabe des Art. 51 LStVG erfolgt. Nach Art. 51 Abs. 1 LStVG gelten für die amtliche Bekanntmachung von Verordnungen der Regierungen die Vorschriften über die Bekanntmachung kommunaler Satzungen entsprechend. Lassen sich die Grenzen des Geltungsbereichs einer Verordnung oder die Grenzen des Bereichs, in dem einzelne ihrer Vorschriften gelten, nicht hinreichend deutlich und anschaulich beschreiben oder durch Abdruck einer genauen Karte festlegen, so genügt es nach Art. 51 Abs. 3 LStVG, wenn die Verordnung die Grenzen des Bereichs grob umschreibt und im Übrigen auf Karten (Maßstab mindestens 1:25.000) oder Verzeichnisse Bezug nimmt. Diese Unterlagen müssen von der in der Verordnung bezeichneten Behörde archivmäßig verwahrt werden und allgemein zugänglich sein.

Der Regelung ist zu entnehmen, dass das Gesetz im Regelfall eine Grenzbeschreibung in Worten oder durch Abdruck einer genauen Karte vorsieht. Von einer wörtlichen Beschreibung kann Abstand genommen werden, wenn auf diese Weise eine hinreichend deutliche und anschauliche Beschreibung nicht mehr möglich ist. Es liegt auf der Hand, dass sich mit einer zunehmenden Anzahl von Geltungsbereichen der Verordnung deren Grenzen immer weniger deutlich und anschaulich mit Worten beschreiben lassen. Vorliegend handelt es sich um 105 verschiedene Einzelflächen, die über den gesamten oberbayerischen Alpenraum verteilt liegen. Schon ein Blick auf die Verordnungsgebiete in den fünf im oberbayerischen Amtsblatt (OBBayABl Nr. 4 v. 21.2.2014, S. 25 ff.) veröffentlichten Übersichtskarten im Maßstab 1:200.000 zeigt, dass eine verbale Beschreibung bereits wegen des benötigten außerordentlichen Umfangs der geforderten Anschaulichkeit abträglich wäre. Ebenso veranschaulichen die fünf Übersichtskarten, dass der Abdruck der 105 Teilgebiete in genauen Karten, die im Amtsblatt der Regierung abgedruckt werden könnten, nicht möglich ist. Das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern hat das Format DIN A 3. Der Maßstab einer darin abdruckbaren Karte des Verordnungsgebietes lässt die erforderliche Genauigkeit der Gebietsdarstellung nicht zu.

Für derartige Fallgestaltungen sieht das Gesetz vor, dass die amtliche Bekanntmachung die vollständige Beschreibung der Grenzen der Geltungsbereiche nicht enthalten muss. Es genügt die grobe Umschreibung der Grenzen in Verbindung mit einer Bezugnahme auf Karten und Verzeichnisse, die anstelle der amtlichen Bekanntmachung archivmäßig verwahrt und allgemein zugänglich sind. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner von dieser Möglichkeit in der Form Gebrauch gemacht hat, die grobe Umschreibung der Grenzen durch Bezugnahme auf eine Übersichtskarte im Maßstab 1:200.000 (aufgeteilt auf fünf Kartenblätter) vorzunehmen, die gemäß § 2 der Verordnung als Anlage deren Bestandteil ist. Es ist kein Grund ersichtlich, die grobe Umschreibung durch zeichnerische Darstellung für unzulässig zu halten, nachdem Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG für einfachere Gebietsabgrenzungen neben einer hinreichend deutlichen und anschaulichen Beschreibung in Worten die Festlegung von Grenzen durch Abdruck einer genauen Karte zulässt; sprachliche und zeichnerische Darstellung sind insoweit einander gleichberechtigt (vgl. BayVGH, B.v. 27.4.1995 - 9 N 93.3157 - juris).

Die archivmäßig aufbewahrten Kartenblätter, gegen deren rechtskonforme Verwahrung bei der Regierung von Oberbayern der Antragsteller nach entsprechender Nachforschung keine Einwände erhoben hat, halten den gesetzlichen Mindestmaßstab von 1:25.000 aus Art. 51 Abs. 3 LStVG ein und sind geeignet, den Geltungsbereich der Verordnung in den Sanierungsgebieten bzw. Gefährdungsgebieten darzustellen und vor Ort bestimmbar zu machen. Auf gerichtliche Nachfrage hat der Antragsgegner den in der Karte verzeichneten Grenzverlauf des Geltungsbereichs im Sanierungsgebiet Eschenlaine im Schriftsatz vom 5. Dezember 2016 wie folgt beschrieben:

„Von Punkt 1519 (Rotwandkopf) nach Süden der Staatswaldabteilungsgrenze folgend zu Punkt 1503, von dort weiter der Staatswaldabteilungsgrenze folgend nach Süden bis Höhe 1.420 üNN, von dort der Staatswaldabteilungsgrenze nach Nordwesten dem Verlauf des Scharfen Grabens folgend bis zur Gemarkungsgrenze O.. Weiter nach Nordosten der Gemarkungsgrenze O. folgend bis auf Höhe 1.305 üNN, von dort der Staatswaldabteilungsgrenze folgend in einem Bogen nach Südosten wieder auf den Punkt 1519 (Rotwandkopf). Die genannten Punkte sind Höhenmeterangaben, die sich aus jeder Karte mit Höhenmeterangaben ergeben. Die Staatswaldabteilungsgrenzen sind im Gelände mit zwei weißen Strichen an den Bäumen markiert“.

Nachdem sich die Schonzeitverkürzung für einen Teilbereich des Sanierungsgebietes Eschenlaine ausschließlich an den Personenkreis der im Staatsjagdrevier Isarwinkel Jagdausübungsberechtigten richtet und lediglich verhaltensbezogene Regelungen trifft, dürfen die Anforderungen an die Bestimmtheit der Verordnung nicht überspannt werden. Rechtslehre und Rechtsprechung haben seit jeher den Grundsatz aufgestellt und vertreten, dass Rechtsverordnungen - ebenso wie Gesetze -der Wirksamkeit nur dann entbehren, wenn sie sich nicht so bestimmt ausdrücken, dass ihr Inhalt und ihre Tragweite klar erkennbar sind, und wenn aus ihnen nicht zu ersehen ist, welche Handlungen geboten oder verboten sind (vgl. BayObLG, U.v. 31.10.1995 - RevReg. 4 St 113/60 m.w.N.). Der Rechtsunterworfene muss die Möglichkeit haben, ohne größere Schwierigkeiten und demgemäß aus der Veröffentlichung selbst oder doch aus ihr in Verbindung mit anderen Veröffentlichungen zu erkennen, welche Vorschriften gelten sollen, damit er sein Verhalten entsprechend einrichten kann. Für den vorliegenden Fall ist allein zu fordern, dass sich jeder Jagdausübungsberechtigte vor Ort verlässlich ein Urteil darüber bilden kann, ob ein Schalenwildabschuss zulässig ist, d.h. ob sich er und das angesprochene Stück Schalenwild im Geltungsbereich der Verordnung aufhalten. Dies ist im Fall des Gebietes Eschenlaine der Fall, denn seine Abgrenzung erfolgte nach den Erläuterungen des Antragsgegners nicht nur anhand von topographischen Besonderheiten und Gemarkungsgrenzen, sondern auch anhand von Staatswaldabteilungsgrenzen (zur Waldeinteilung in Distrikte und Abteilungen vgl. Nr. 2.1.2.2 der Richtlinien für die Forsteinrichtung im Körperschaftswald vom 10.1.2012, AllMBl 2012, S. 88 ff), welche im Gelände mit weißen Strichen an den Bäumen markiert sind und deshalb vor Ort entsprechend anwendungssicher nachvollzogen werden können. Die Grenzbeschreibung für das fragliche Gebiet genügt deshalb nach Auffassung des Senats rechtsstaatlichen Anforderungen (vgl. hierzu Leonhardt, Jagdrecht, 1. Aufl. Stand Dezember 2016, § 22 BJagdG Nr. 11.22 Rn. 4.1). Die gegenteilige Rechtsauffassung des Antragstellers in der Antragsbegründung vom 12. August 2016 (S. 30 ff.) teilt der mit dem Verordnungsteilgebiet Eschenlaine befasste Senat nicht. Maßgeblich für die Beurteilung ist dabei ausschließlich das zum Bestandteil der Verordnung erklärte, ausgefertigte und im Oberbayerischen Amtsblatt Nr. 4 vom 21. Februar 2014 bekannt gemachte Kartenwerk.

2.4 Eine Unvereinbarkeit des streitgegenständlichen Verordnungsteils mit höherrangigem Recht liegt entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht vor.

2.4.1 Die Verordnung im Teilbereich Eschenlaine steht in Einklang mit den (im Grundsatz nicht abwägbaren) Vorschriften zum Gebiets- und Artenschutz und erfüllt -trotz nicht vorgenommener Verträglichkeitsprüfung - die Anforderungen, die mit dem Natura-2000-Gebiet (Vogelschutzgebiet) Estergebirge (mit einer Fläche von ca. 11.993 ha) verbunden sind.

Hinsichtlich des Europäischen Vogelschutzgebietes Estergebirge, das flächenmäßig das FFH-Gebiet Estergebirge umfasst, sind die Erhaltungsziele zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Verordnung am 14. Februar 2014 in § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 (Gebiets-Nr. DE 8433471) der Verordnung über die Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten sowie deren Gebietsbegrenzungen und Erhaltungszielen (Vogelschutzverordnung - VoGEV - vom 12. Juli 2006, GVBL S. 524) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 8. Juli 2008 festgelegt (GVBl. S. 486), die auf Art. 13b Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Naturschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Dezember 2005 (BayNatSchG 2005, GVBl. 2006, S. 2) gestützt ist. Hier sind auch (entsprechend § 32 Abs. 3 BNatSchG) die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und prioritären Arten dargestellt (seit dem 1.4.2016 sind die Erhaltungsziele, die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und die prioritären Arten in den Anlagen zu den §§ 1 und 2 der Bayerischen Verordnung über die Natura 2000-Gebiete dargestellt; vgl. die Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 19.2.2016, AllMBl S. 258 -BayNat2000V)". Die Schutzbestimmungen der Richtlinie 79/409/EWG des Rats vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutz-Richtlinie - VRL, ABl EG Nr. L 103 S. 1) finden teilweise keine unmittelbare Anwendung mehr, weil das Europäische Vogelschutzgebiet „Estergebirge“ räumlich eindeutig bestimmt ist (vgl. § 2 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 VoGEV) und seine Erhaltungsziele im Rahmen einer endgültigen rechtsverbindlichen Entscheidung mit Außenwirkung benannt sind (vgl. § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 Spalte 6 VoGEV). In einem solchen Fall findet gemäß Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG des Rats vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7, Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie - FFH-RL) ein Wechsel des Schutzregimes von Art. 4 Abs. 4 VRL zu Art. 6 Abs. 2 FFH-RL statt. Im Vogelschutzgebiet nicht anzuwenden ist allerdings Art. 6 Abs. 1 FFH-RL mit seiner Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Festlegung der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen; insoweit verbleibt es bei den Verpflichtungen aus Art. 2, 3 und 4 Abs. 1 und 2 VRL.

Als Erhaltungsziele für das Gebiet werden in Anlage 1 Spalte 6 VoGEV (GVBl. 2006, S. 532) die Erhaltung oder Wiederherstellung der Bestände von Birkhuhn, Auerhuhn, Haselhuhn, Alpenschneehuhn, Wanderfalke, Steinadler, Uhu, Raufußkauz, Sperlingskauz, Weißrückenspecht, Dreizehenspecht, Grauspecht, Schwarzspecht, Neuntöter, Felsenschwalbe, Wasserpieper, Alpenbraunelle, Zwergschnäpper und Ringdrossel und deren Lebensräume, insbesondere des charakteristischen subalpinen und alpinen Gebirgsstocks mit hohem Strukturreichtum wie Hangschuttwälder und Schluchten, Borstgras- und Magerrasen, Latschengebüsche, alpine Zwergstrauchheiden, Quellmoore und Felsen als Brut-, Nahrungs- und Durchzugsgebiet genannt.

Die von der Regierung von Oberbayern als zuständiger höherer Naturschutzbehörde erstellte gebietsbezogene Konkretisierung (der Erhaltungsziele) benennt für dieses Gebiet wiederholend als Vogelarten des Anhangs I zur Vogelschutzrichtlinie u.a. das Auerhuhn (Tetrao urogallus), das Birkhuhn (Tetrao tetrix) und den Steinalder (Aquila chrysateos). Als gebietsbezogene Erhaltungsziele sind u.a. der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der Bestände des Birkhuhns sowie der Erhalt seines Lebensraums (Nr. 2), der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der montanen bis subalpinen Fichtenwälder, ihrer Störungsarmut, ihrer naturnahen Struktur und Baumartzusammensetzung sowie eines ausreichenden Anteils an Lichtungen und lichten Strukturen, insbesondere als Lebensraum für das Auerhuhn (Nr. 3), und der Erhalt und ggf. die Wiederherstellung der Bestände des Steinadlers und seiner Lebensräume, der Erhalt der Brutplätze, störungsarmer Räume um die Brutplätze und der Erhalt artenreicher Nahrungshabitate konkretisiert.

In einem Natura-2000-Gebiet sind die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestimmungen führen können, sind unzulässig; ist hiermit zu rechnen, hat der Mitgliedsstaat geeignete Vermeidungsmaßnahmen zu treffen (vgl. Art. 6 Abs. 2 FFH-RL, § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG). Dabei bestimmt die Schutzerklärung den Schutzzweck entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen und die erforderlichen Gebietsbegrenzungen. Pläne und Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind (vgl. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, § 34 Abs. 1 BNatSchG).

Bei der Beantwortung der Frage, inwieweit die streitgegenständliche Verordnung im Teilbereich Eschenlaine die unionsrechtlichen Anforderungen erfüllt, die mit dem Vogelschutzgebiet verbunden sind, ist zu berücksichtigen, dass die Verordnung eine von zahlreichen Regelungen ist, durch die die Tätigkeit der Jagd auf Schalenwild den (örtlich, sachlich usw.) differenzierten Gemeinwohlerfordernissen angepasst werden soll. Für sie gelten daher die Anforderungen des Unions-Naturschutzrechts an die Jagd auf Schalenwild; diese sind eingehalten mit der Folge, dass von einer Gebietserhaltungsmaßnahme auszugehen ist (2.4.1.1). Die nichtjagdlichen Maßnahmen im Verordnungszusammenhang, die bei dieser Prüfung mit zu berücksichtigen sind (wegen des in Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie verankerten Grundsatzes, dass auch ein Zusammenwirken mehrerer Aktivitäten zu erheblichen Störungen oder Beeinträchtigungen führen kann), entsprechen ebenfalls den Anforderungen des Unions-Naturschutzrechts und sind Gebietserhaltungsmaßnahmen (2.4.1.2).

2.4.1.1 Die Jagd auf Schalenwild im Rahmen der Verordnung ist ökologisch ausgerichtet und widerspricht nicht den Erhaltungszielen des Natura-2000-Gebiets. Nach den unionsrechtlichen Naturschutzvorgaben setzt eine solche Jagd keine Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie voraus.

Die besonderen Schutzgebiete des Natura-2000-Systems sind multifunktional. Die unionsrechtlichen Bestimmungen berücksichtigen nicht nur die Interessen des Naturschutzes, sondern auch sozialökonomische Interessen. Der Bestimmung des Art. 2 der Vogelschutzrichtlinie ist zu entnehmen, dass bei der Arterhaltung und -pflege den wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rechnung getragen wird; gemäß Art. 2 Abs. 3 der Habitatrichtlinie ist bei den aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Art. 9 Abs. 1 lit. c der Vogelschutzrichtlinie ist zu entnehmen, dass eine vernünftige Nutzung der Natur - wenn sie möglich ist, fördert dies die Akzeptanz von Naturschutzvorgaben in der Bevölkerung - dem unionsrechtlichen Naturschutz nicht widerspricht. Daher ist nicht jede Störung oder Beeinträchtigung erheblich im Sinne des Art. 6 Abs. 2 und 3 der Habitatrichtlinie, sondern nur eine für die Erhaltungsziele signifikante. Eine Bewirtschaftung der besonderen Schutzgebiete, die deren Erhaltungszielen und dem Störungsverbot in Art. 6 Abs. 2 der Habitat-Richtlinie in vollem Umfang Rechnung trägt, ist daher kein Plan oder Projekt im Sinne des Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie (also keiner der Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind und es einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten), sondern eine Maßnahme der Erhaltungsbewirtschaftung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Habitat-Richtlinie und des Art. 3 der Vogelschutzrichtlinie, die einer Verträglichkeitsprüfung nicht unterzogen werden muss.

Dieses Verständnis wird durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie durch Erläuterungen der Europäischen Kommission bestätigt.

Nach dem zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Leitfaden „Natura 2000 -Gebietsmanagement, die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG“ der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2000 (Leitfaden Gebietsmanagement) sind die in Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie genannten Begriffe „Plan“ und „Projekt“ zwar nicht auf physische bauliche Anlagen beschränkt (S. 33). Die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie sollten aber im allgemeinen nicht auf Pläne und Projekte für die Erhaltungsbewirtschaftung des Gebiets angewendet werden; dies sollte sowohl für Einzelpläne und -projekte als auch dann gelten, wenn sie Bestandteile anderer Pläne und Projekte sind (Leitfaden Gebietsmanagement S. 36). Umweltfreundliche bzw. umweltverträgliche Tätigkeiten wie z. B. traditionelle landwirtschaftliche Praktiken, die der Erhaltung bestimmter Lebensraumtypen und Arten dienen, können bereits in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 und 2 der Habitat-Richtlinie einbezogen werden (Leitfaden Gebietsmanagement S. 32), also Gebiets- oder Arterhaltungsmaßnahmen sein. Der Leitfaden Gebietsmanagement hebt weiterhin hervor, dass nur erhebliche Auswirkungen schädlich sind und ein bestimmtes Maß an Störung toleriert wird (S. 25/26), führt als Gebietserhaltungsmaßnahme beispielhaft einen kommerziellen Holzeinschlag an (vgl. S. 35) und erwähnt Agrarwirtschaft und Waldbau als Beispiele dafür, wie die sozioökonomi-schen Forderungen gemäß Art. 2 Abs. 3 der Habitatrichtlinie Berücksichtigung finden können (S. 21/22). Ist die Tätigkeit nichtkommerzieller Art, spricht dies für eine Erhaltungsmaßnahme (Leitfaden Gebietsmanagement S. 35).

Sind die Tätigkeiten von vornherein nicht umweltfreundlich, ist Art. 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie anzuwenden, also von einem Plan oder Projekt sowie der grundsätzlichen Erforderlichkeit einer Verträglichkeitsprüfung auszugehen (zu einer erheblichen Intensivierung der Landwirtschaft, durch die der naturnahe Charakter eines Gebietes geschädigt oder zerstört wird, vgl. S. 33 des Leitfadens Gebietsmanagement sowie BayVGH, U.v. 25.9.2012 - 14 B 10.1550; zur mechanischen Herzmuschelfischerei vgl. EuGH vom 7.9.2004 - Az. C-127/02; zur Unzulässigkeit einer nationalen Regelung, derzufolge u.a. die Jagd nie gegen das Störungsverbot des Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie verstößt, vgl. EuGH, U.v. 4.3.2010 - C-241/08).

Bei traditionellen, potentiell umweltfreundlichen Tätigkeiten kommt es somit auf die konkreten Modalitäten und Umstände im Einzelfall an. Der Leitfaden Gebietsmanagement erwähnt die traditionelle Landwirtschaft ausdrücklich nur beispielhaft. Weitere traditionelle umweltfreundliche Praktiken sind unter anderem Forstwirtschaft, Fischereiwirtschaft und Jagd. Geht die Jagd über eine vernünftige Nutzung der Natur nicht hinaus (vgl. insoweit Art. 9 Abs. 1 lit. c der Vogelschutzrichtlinie sowie - hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Anwendung dieser Bestimmung auf die Jagd - EuGH, U.v. 16.10.2003 - C-182/02 - JE XIX N. 33, juris) und besteht nach Lage der Dinge keine ernsthafte Besorgnis nachteiliger Auswirkungen (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2007 - 4 BN 46/07 - juris Rn. 7 sowie U.v. 14.7.2011 - 9 A 12/10 - juris Rn. 87, jeweils im Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 3 FFH-RL), zählt sie zu den Gebietsoder Arterhaltungsmaßnahmen. Es versteht sich von selbst, dass bei der Prüfung der Umweltfreundlichkeit nicht nur freiwillig übernommene Umweltmaßnahmen (vgl. S. 20/21 des Leitfadens Gebietsmanagement zu vertraglichen Vereinbarungen mit Landwirten und zu zertifiziertem Waldbau) zu berücksichtigen sind, sondern auch der Umweltfreundlichkeit dienliche (und effektiv angewendete) Rechtsvorschriften, denen die jeweilige Tätigkeit nach nationalem Recht unterworfen ist. Eine angemessene Organisation der Tätigkeit und eine angemessene Überwachung sind erforderlich (Leitfaden Gebietsmanagement, S. 21).

Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr auf den von der Europäischen Kommission im Jahr 2008 erstellten „Leitfaden zu den Jagdbestimmungen der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten“ (Leitfaden Jagd) an, in dem die dargelegten Grundsätze des Natura-2000-Systems speziell für die Tätigkeit der Jagd zusammengefasst sind (vgl. insbesondere S. 9/10 betreffend die Jagd in Natura-2000-Gebieten als Frage der Bewirtschaftung, die in erster Linie an Ort und Stelle geklärt werden muss, betreffend den Umstand, dass Auswirkungen, die in Bezug auf die Erhaltungsziele der Natura-2000-Gebiete nicht signifikant sind, nicht als Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie zu betrachten sind, betreffend den Umstand, dass im Allgemeinen nichts gegen die Jagd in Natura-2000-Gebieten spricht, betreffend Jagdverbotszonen als mögliche Bewirtschaftungsmethode zur Beachtung des Störungsverbots und betreffend die Erforderlichkeit einer angemessenen Organisation und einer angemessenen Überwachung zur Vermeidung signifikanter Belästigungen; vgl. auch S. 18/19 betreffend die Voraussetzung der „vernünftigen Nutzung“, die mit einer Aufrechterhaltung der Populationen in einem günstigen Erhaltungszustand verbunden ist, sowie S. 24 betreffend eine künstliche Vergrößerung von Beständen, die sich für andere Arten als erhebliche Beeinträchtigung auswirken kann). Eine Entscheidung, in der der Europäische Gerichtshof oder die Europäische Kommission bei der Jagd oder bei jagdlichen Vorgaben eine Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie für erforderlich gehalten hätte, ist - obwohl die Jagd während der gesamten Geltungsdauer der Naturschutzrichtlinien im gesamten unbewohnten Gebiet der Union ausgeübt worden ist - nicht ersichtlich.

Bei der Prüfung, ob der Verordnungsteilbereich Eschenlaine in Übereinstimmung mit dem Unions-Naturschutz steht und insbesondere keine Wahrscheinlichkeit erheblicher Beeinträchtigungen des Natura-2000-Gebiets besteht, ist zu berücksichtigen, dass auch ein Zusammenwirken mehrerer Verordnungsteilbereiche zu erheblichen Störungen oder Beeinträchtigungen führen kann (vgl. Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtli-nie). Jedoch liegt eine umweltfreundliche, den Erhaltungszielen nicht widersprechende Jagd auf Schalenwild - also eine Gebietserhaltungsmaßnahme, die einer Verträglichkeitsprüfung nicht unterzogen werden muss (vgl. den Leitfaden Gebietsmanagement, S. 35/36, wonach die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 3 im Allgemeinen nicht auf Pläne und Projekte für die Erhaltungsbewirtschaftung des Gebiets angewendet werden sollten und dies nicht nur für Einzelpläne und -projekte gelten sollte, sondern auch dann, wenn sie Bestandteile anderer Pläne und Projekte sind; vgl. insoweit auch Abschnitt 4.4, Abs. 3 des Leitfadens Gebietsmanagement) - auch dann vor, wenn nicht nur die verordnungsgestützte Jagd auf Schalenwild im Verordnungsteilbereich Eschenlaine, sondern auch diejenige in den anderen Verordnungsteilbereichen des Vogelschutzgebiets in diese Prüfung einbezogen wird (2.4.1.1.2). Ob eine Einbeziehung auch der Abschlussplanung geboten ist, kann offenbleiben, da auch die durch Abschlusspläne geregelte Jagd eine solche Gebietserhaltungsmaßnahme ist (2.4.1.1.1). Der Senat verkennt dabei nicht, dass das vom Antragsgegner durchgeführte Verordnungsverfahren nicht geeignet gewesen ist, die Frage einer Wahrscheinlichkeit erheblicher Beeinträchtigungen des Natura-2000-Gebiets zu klären, weil - wie der Aktenführung der Regierung von Oberbayern zu entnehmen ist -sowohl die Äußerungen der Träger öffentlicher Belange (mit zumeist lokaler Zuständigkeit) als auch die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangen Äußerungen nicht für jedes einzelne Gebiet (sondern ungeordnet gemeinsam) gesammelt und ausgewertet worden sind und weil die Regierung von Oberbayern darüber hinaus ganz allgemein dem Senat nicht den Eindruck vermittelt hat, dass sie sich der Notwendigkeit einer gesonderten Bewertung und Abwägung für jedes einzelne Planungsgebiet bewusst gewesen ist. Auch im Normenkontrollverfahren ist dem Senat die Aufklärung des Sachverhalts durch den Antragsgegner und die Beigeladene nicht leicht gemacht worden. Behördliche Äußerungen, die zu einer Klärung des komplexen Sachverhalts beigetragen haben, sind in aller Regel erst auf gerichtliche Nachfrage hin abgegeben worden. Zu der mündlichen Verhandlung, in der der Antragsteller - wie angekündigt - mit drei fachlichen Beiständen erschienen ist, ist von Seiten des Antragsgegners kein Bediensteter entsandt worden, der mit der Durchführung des Verordnungsverfahrens befasst oder zu diesbezüglichen detaillierten Angaben in der Lage gewesen ist. Die Beigeladene, die für die Durchführung sowohl der Schutzwaldsanierung als auch der Natura-2000-Vorschriften zuständig ist, hat die Entsendung eines Bediensteten überhaupt nicht für notwendig erachtet. Auf all dies kommt es jedoch nicht an, weil die gegen die Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung sprechenden Gründe auf der Hand liegen.

2.4.1.1.1 Die für die Jagd der Beigeladenen geltenden Abschusspläne sind weder durch die Verordnung noch durch die Schutzwaldsanierung als Gesamtkomplex bedingt; Abschusspläne sind vielmehr für sämtliche bejagbaren Bereiche des Bundesgebiets aufzustellen (§ 21 Abs. 2 BJagdG). Durch die Abschusspläne soll ganz allgemein eine grundeigentumsschädliche, waldschädliche, ökologiewidrige und insgesamt gemeinschädliche Jagd und Hege verhindert werden (vgl. § 21 Abs. 1 BJagdG sowie Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG; die ursprünglich vom Reichsjagdgesetz bezweckte Hege von Trophäenträgern durch Abschusswahl ist nicht mehr das Ziel des Abschlussplanwesens). Andererseits steht die Schutzwaldsanierung, zu der die Verordnung gehört, in einer gewissen Abhängigkeit vom Abschussplanwesen. Würde nicht mithilfe der Abschusspläne allgemein eine Wilddichte herbeigeführt, die übermäßige Sach- und Ökologieschäden verhindert, wäre es sehr schwierig und wesentlich aufwendiger, sanierungsbedürftige Schutzwaldteile nachhaltig zu sanieren; möglicherweise wäre es dann unmöglich. Letztlich kann die Frage, ob auch die sonstige (durch Abschusspläne geregelte) Jagdausübung der Beigeladenen im Vogelschutzgebiet in die Prüfung der Frage einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes einzubeziehen ist, offen bleiben, denn solche Beeinträchtigungen sind auch im Fall einer Einbeziehung in keiner Weise wahrscheinlich. Vielmehr sind Abschusspläne Gebietserhaltungsmaßnahmen, weil sie in ihrem Regelungsbereich die Jagd auf Schalenwild umweltfreundlich gestalten (2.4.1.1.1.1) und weder in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ stehen noch signifikante Belästigungen, Störungen und Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich bringen (2.4.1.1.1.2).

2.4.1.1.1.1 Abschusspläne, die der Bestimmung des § 21 BJagdG sowie den konkretisierenden bayerischen Rechtsvorschriften entsprechen, haben insbesondere das Ziel, landesweit die - vielfach durch gemeinschädliche Jagd und Hege unterbundene - natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3, 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG< „Wald vor Wild“ >). Sie bewirken - wenn sie eingehalten werden - den von Seiten der Jagd erforderlichen Beitrag zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung, also zu einer Bewirtschaftung, die so gestaltet ist, dass die Artenvielfalt des Waldes, seine Produktivität, seine Regenerationsfähigkeit, seine Vitalität und sein Potenzial, auch in Zukunft wichtige ökologische, ökonomische und soziale Funktionen erfüllen zu können, erhalten bleiben und andere Ökosysteme nicht geschädigt werden (vgl. die Definition des Begriffs „nachhaltige Waldbewirtschaftung“ der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa, Helsinki 1993); insbesondere tragen sie dazu bei, dass der Wald gegenüber natürlichen Bedrohungen, beispielsweise gegenüber Stürmen, Insektenbefall und Krankheiten, widerstandsfähiger wird. Die Begriffsdefinition der Ministerkonferenz trägt der Tatsache Rechnung, dass ein naturnaher, nachhaltig bewirtschafteter Wald nicht nur vielfältige wirtschaftliche Vorteile hat. Er hat großen Anteil an der europäischen Biodiversität, denn trotz vielfältiger Bedrohungen ist die biologische Vielfalt in Waldlebensräumen größer als in anderen wichtigen Lebensraumgruppen (Wiesen, Feuchtflächen usw.). Der Wald erbringt auch Ökosystemleistungen von besonderem Nutzen. Er schützt den Boden vor Erosion und reguliert den Grundwasserspiegel und die örtlichen hydrologischen Systeme durch Rückhaltung von Wasserströmen, er reguliert das Klima, speichert Kohlenstoff und schützt wertvollere Bestäuber, reinigt Luft und Süßwasser und bietet Schutz vor Naturkatastrophen wie Lawinen, Erdrutschen, Dürre und Überschwemmungen. Im Mittelpunkt der EU-Waldstrategie vom 20. September 2013 und der diesbezüglichen EU-Fördermittel-Programme steht eine klar von Naturnähe und Nachhaltigkeit geprägte Waldbewirtschaftung, zu der insbesondere auch die Vorbeugung von Schäden und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands von Wäldern nach Katastrophenereignissen gehört (vgl. etwa Art. 24 der VO - EU - Nr. 1305/2013). Dem jüngsten Bericht über den Zustand der Natur in der EU (im Mai 2015 veröffentlicht) ist zu entnehmen, dass die Waldlebensräume insgesamt in keinem guten Erhaltungszustand sind (vgl. zu diesem Begriff Art. 1 der Habitatrichtlinie) und dass noch sehr viel getan werden muss, wenn die Ziele der Biodiversitätsstrate-gie und der neuen EU-Waldstrategie bis 2020 erreicht werden sollen. Für die Wälder des Natura-2000-Netzes (etwa die Hälfte dessen Gesamtfläche) sind Naturnähe und Nachhaltigkeit essentielle Forderungen des europäischen Naturschutzrechts, die von den Nationalstaaten mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln erfüllt werden müssen. Angesichts ihrer dargestellten besonderen Aufgabenstellung kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Abschusspläne nunmehr (im Gegensatz zu denjenigen des Reichsjagdgesetzes) der Erhaltung bestimmter Lebensraumtypen und Arten dienen und deshalb (entsprechend dem Leitfaden Gebietsmanagement, S. 33) in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie einbezogen werden können.

Der gewichtigste Grund dafür, dass die Jagd häufig nicht oder nur unzureichend zur naturnahen, nachhaltigen Waldbewirtschaftung beiträgt und sogar die (in Natura-2000-Gebieten unionsrechtlich geforderten) Bemühungen anderer Akteure um eine solche Waldbewirtschaftung konterkariert, sodass Zustandsverbesserungen nicht vorankommen, ist das noch immer stark verbreitete, dem Grundsatz „Wald vor Wild“ diametral entgegenstehende überkommene Jagdinteresse (vgl. hierzu oben Nr. 1.1.1.2, Spiegelstrich 4). Die mit dem überkommenen Jagdinteresse verbundene Überhege führt zum Verschwinden der Krautschicht, zum weitgehenden Ausfall der besonders verbissgefährdeten Baumarten, zur Entmischung des Waldes, zum Bio-diversitätsverlust, zur Überalterung des Waldes und schlimmstenfalls zu seinem Untergang (auch durch Erosion), der jedenfalls längerfristig den Verlust der Bodendecke nach sich zieht. Dies bedeutet eine Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt, der Wasser und Klima regulierenden Wirkung, der Kohlenstoffspeicherung, der Reinigung von Luft und Süßwasser sowie des Schutzes vor Naturkatastrophen und - im Falle des Totalverlust - den vollständigen Wegfall dieser positiven Effekte des Lebensraumes Wald im fraglichen Bereich. Fütterungen, Wildäcker und andere Hegeverfahren können im Einzelfall sinnvoll sein, werden aber ganz überwiegend zu Überhege genutzt und entfremden dann auch für sich allein genommen den von ihnen betroffenen Lebensraum der Natur.

Zu den Gründen für die Annahme einer Gebietserhaltungsmaßnahme gehört weiterhin, dass - wie unter Nr. 2.4.1.1.2.1 ausgeführt - die durch Abschusspläne geprägte und vom Antragsteller beanstandete Jagd durch die Beigeladene ausgeübt wird, die den Staatswald vorbildlich zu bewirtschaften hat, auch sonst den öffentlichen Interessen erheblich stärker als ein privates Forstunternehmen verpflichtet ist und darüber hinaus für die Maßnahmen zur Verwaltung der Waldanteile des Vogelschutzgebiets ausschließlich zuständig ist.

2.4.1.1.1.2 Die Abschusspläne der Beigeladenen stehen auch nicht in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ und bringen keine signifikanten Belästigungen, Störungen und Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich.

2.4.1.1.1.2.1 Der Antragsteller macht geltend, die Jagd der Beigeladenen anhand der auf den Grundsatz „Wald vor Wild“ (auf die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen) ausgerichteten Abschusspläne beeinträchtige das Auerhuhn, eine streng geschützte und in die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ aufgenommene Art, weil das Auerhuhn auf licht überschirmte Nadelmischwälder angewiesen sei, die Jagd der Beigeladenen aber zu einer Verdichtung des Waldes und zu einer Erhöhung des Laubbaumanteils (zu einer „Verlaubholzung“) führe.

Die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltung und Entwicklung der Raufußhühner besteht jedoch nicht; ihre Anforderungen finden im Rahmen der Schalenwildbejagung in vollem Umfang Berücksichtigung. Die Abschusspläne sind nicht auf einen Ausschluss des Wildverbisses ausgerichtet. Der Wildverbiss soll lediglich so weit eingedämmt werden, dass bei den standortgemäßen Baumarten die natürliche Waldverjüngung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen aufkommt. Daher werden schon deshalb auch in Zukunft licht überschirmte Waldteile existieren. Soweit die durch Absenkung überhöhter Wildbestände ermöglichte Renaturierung des Waldes mit einem gewissen Grad an Verdichtung (Kronenschluss) verbunden ist, ist eine erhebliche Beeinträchtigung des Auerhuhns bereits deshalb auszuschließen, weil es sich bei dieser Renaturierung um eine Jahrzehnte dauernde Entwicklung handelt. Darüber hinaus liegt das Vogelschutzgebiet „Estergebirge“ in mittelhoher Gebirgslage, in der licht überschirmte Nadelmischwälder typisch sind und bereits wegen der klimatischen Bedingungen auch bei Aufkommen der natürlichen Waldverjüngung keineswegs in allen Bereichen (einschließlich denjenigen an der Baumgrenze) dichter Wald entsteht bzw. dauerhaften Bestand hätte. Die Ressource „lichter nadelholzbetonter Altbestand“ ist kein Minimumfaktor für das Auerhuhn (Lauter-bach/Löffler, Auerhuhnschutz in bayerischen Vogelschutzgebieten - Herausforderungen und Zielkonflikte im Waldnaturschutz, Schriftenreihe des Bayerischen Lan-desjagdverbandes e.V., Bd. 22, S. 39). In der gebietsbezogenen Konkretisierung der Erhaltungsziele wird nicht der Erhalt und gegebenenfalls die Wiederherstellung jeder Lichtung und lichten Struktur gefordert, sondern nur „eines ausreichenden Anteils an Lichtungen und lichten Strukturen“; an der Existenz eines solchen ausreichenden Anteils bestehen vorliegend keine Zweifel. Die Standortbedingungen stehen auch der gesamtflächigen Entstehung eines Laubbaumanteils entgegen, wie er in tieferen Lagen standortgemäß ist.

Indem die Bejagung anhand des Grundsatzes „Wald vor Wild“ zu einem Wiederauf -kommen von Kiefer und Tanne führt, die den Raufußhühnern Winternahrung bieten, verbessert sie deren Lebensbedingungen (Hildebrandt, S. 89; Lauterbach/Löffler, S. 40). Der Antragsteller zitiert den Standard-Datenbogen des Vogelschutzberichts 2013 mit der Feststellung, das forstliche Flächenmanagement sei eine der Hauptbeeinträchtigungen des Auerhuhns. Er übergeht jedoch, dass damit gerade reine Bestände aus Fichten (dem „Brotbaum“ des Antragstellers) gemeint sind, während die vom Antragsgegner und von der Beigeladenen mithilfe der natürlichen Waldverjüngung angestrebten naturnahen, reich strukturierten Bergwälder vom Auerhuhn bevorzugt werden (Schweizerisches Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Auerhuhn und Waldbewirtschaftung, S. 5/6, https://www.waldwissen.net/wald/wild/management/wsl_aktionsplan_auerhuhn/wsl_a ktionsplan_auerhuhn_waldbewirtschaftung.pdf).

Die durch die Renaturierung ausgelöste moderate und äußerst langfristige Veränderung von Waldbereichen hat somit keine negative Auswirkung auf den Erhaltungszustand des Auerhuhns. Selbst im gegenteiligen Fall - für den keine Anhaltspunkte bestehen - könnte der Lebensraum durch Bewirtschaftungsmaßnahmen günstiger gestaltet werden. So könnte der volle Lebenszyklus von Bäumen zugelassen werden; eine ungleichmäßige Auslichtung und/oder kleine Kahlschlagflächen könnten hergestellt werden (zur Waldweide vgl. unten). Die vom Antragsteller favorisierte Lösung, dem Auerwild durch eine andauernde Schalenwild-Überhege licht überschirmte Nadelmischwälder in Bereichen vorzuhalten, in denen die dafür erforderlichen ökologischen Voraussetzungen nicht vorhanden sind und die natürliche Sukzession deshalb zu einer anderen Waldzusammensetzung führen würde, widerspricht dagegen den Natura-2000-Zielen. Sie führt auf Dauer zu Waldverlusten. Die Erhaltungsziele verlangen nicht einen ständigen Kampf gegen die natürliche Dynamik der ökologischen Faktoren; Erhalt und Pflege des Wirkungsgefüges der Natur sind vielmehr das zentrale Ziel des Natura-2000-Systems und daher auch die Basis aller Erhaltungsziele und Erhaltungsmaßnahmen. Habitatschutz und Habitatma-nagement müssen sich auf Gebiete konzentrieren, in denen die landschaftsökologischen und sonstigen Standortbedingungen die Entwicklung von Habitaten begünstigen, die Primärhabitaten entsprechen. Nach Lauterbach/Löffler (a.a.O., S. 36, 37, 38, 40) wäre eine Rückkehr zur Zielart Auerhuhn eher kritisch zu sehen, wenn dafür die Entwicklung einer standortangepassten Vegetationsdecke zurückgedreht werden müsste. Allenfalls kann in durch traditionelle Bewirtschaftungsformen beeinflussten, halbnatürlichen Wäldern durch Fortsetzung dieser Bewirtschaftungsformen (wie etwa der Waldweide) die natürliche Sukzession in begrenztem Maß zugunsten von Erhaltungszielen unterdrückt werden. Angesichts der vielfältigen wirtschaftlichen und ökologischen Schäden aufgrund von überhöhten Schalenwildbeständen sind diese weder umweltfreundlich noch eine erhaltende Bewirtschaftung. Sie führen darüber hinaus nicht nur zu „lichten Strukturen“, sondern zu einer auch dem Auerhuhn abträglichen (jedoch der Forstwirtschaft des Antragstellers - der die Fichte als seinen „Brotbaum“ bezeichnet - förderlichen) Entmischung, zu einer Beeinträchtigung der Artenvielfalt, zu einem Schwinden der vom Auerhuhn benötigten Krautschicht (der Antragsteller selbst bezeichnet eine insektenreiche Bodenstruktur als erforderlich) sowie von Kiefer und Tanne, die den Raufußhühner Winternahrung bieten und deren Lebensbedingungen verbessern (Hildebrandt, S. 89; Lauterbach/Löffler, a.a.O., S. 40). Das entstehende (und vom Antragsteller für günstig gehaltene) Gras stellt eine erhebliche Erschwerung der Lebensbedingungen des Auerhuhns dar und gefährdet insbesondere die Jungenaufzucht (Lauterbach/Löffler, a.a.O., S. 35). Überhöhte Schalenwildbestände machen schließlich oft Kulturzäune erforderlich, die eine häufige Todesursache für Raufußhühner darstellen. Gemäß einer Fallstudie betreffend das Auerhuhn in den Vogesen (Fallstudie Nr. 9, S. 25 der von der Europäischen Kommission herausgegebenen Sammlung „Natura 2000 and Forests, Part III - Case Studies“) sind überhöhte Schalenwildbestände einer der Hauptgründe für den Rückgang des Auerhuhns. Der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt G.-P. vom 26. November 2013 mangelt es an der erforderlichen rechtlichen und inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Verordnung; es werden weder der Regelungsgegenstand zutreffend erfasst noch dessen Auswirkungen bewertet. Keiner der erwähnten Nachteile für das Auerhuhn, die mit überhöhten Schalenwildbeständen verbunden sind, findet in dieser Stellungnahme Erwähnung. Eine Entscheidung des Gerichtshofs der Union oder eine Empfehlung der Europäischen Kommission, die überhöhte Schalenwildbestände als Maßnahme der Erhaltungsbewirtschaftung befürwortet, ist nicht ersichtlich; dasselbe gilt für das Auerhuhn-Datenblatt des Vogelschutzberichts 2013; eine solche Maßnahme widerspräche der Verpflichtung, den (allgemein - und auch im konkreten Fall - nicht günstigen) Erhaltungszustand des Lebensraums Wald zu verbessern. Auch die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebiet „Estergebirge“, deren gebietsbezogene Konkretisierung und der Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet Estergebirge sprechen sich nicht für eine solche Lösung aus. In den Erhaltungszielen werden vielmehr mit der Wendung „Erhaltung oder Wiederherstellung… deren Lebensräume, insbesondere des alpinen und subalpinen Gebirgsstocks…“ die landschaftsökologischen und klimatischen Bedingungen zum Maßstab der Erhaltung und Wiederherstellung gemacht; in der gebietsbezogenen Konkretisierung wird die Naturnähe der Strukturen und der Baumartzusammensetzung hervorgehoben. Insgesamt ist seitens des Antragstellers - der hinsichtlich seines Eigenjagdreviers nichts vorgetragen hat, was auf Rücksichtnahme auf das dort lebende Auerwild schließen ließe - eine konsistente Naturschutz-Argumentation mit Gesamtbetrachtung der für Erhalt und Pflege des Auerwilds bedeutsamen Faktoren nicht zu erkennen, sondern lediglich eine Betonung bestimmter Faktoren, die einen hohen Schalenwildbestand zu rechtfertigen scheinen, jedoch nur von relativer Bedeutung für das Auerwild und vorliegend nicht entscheidungserheblich sind.

2.4.1.1.1.2.2 Der Antragsteller macht weiter geltend, die Schalenwild-Abschüsse seien in der Lage, das Auerhuhn und das Birkhuhn zu stören und es dadurch erheblich zu beeinträchtigen. Die Gefahr von Störungen im Sinne des Art. 6 Abs. 2 der Habitatrichtlinie - insbesondere in der Paarungs-, Brut- und Aufzuchtzeit - ist nicht auszuschließen (in diesem Sinne auch die Forderung des Managementplanentwurfs nach einer Berücksichtigung der Anforderungen der Raufußhühner im Rahmen der Schalenwildbejagung sowie die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt G.-P. v. 26.11.2013, die von entsprechenden Vorkommen in „Sanierungsgebieten“ spricht, also in den Organisationsbereichen der Schutzwaldsanierung, die weit über die eigentlichen Sanierungsflächen und die sie umgebenden Verordnungsteilflächen hinausgreifen), auch wenn es angesichts der Größe des Vogelschutzgebiets von fast 120 km2 nur äußerst selten an ein und derselben Stelle zu mehr als einem Abschuss kommen dürfte (zufolge S. 36/37 des Leitfadens Gebietsmanagement kann das Verhältnis der Größe des Natura-2000-Gebets zum Ausmaß der möglichen Beeinträchtigungen ein Indiz für die Erheblichkeit sein). Vorkehrungen für bestimmte Bereiche und Zeiträume können jedoch nicht in die Abschusspläne aufgenommen werden, denn die Bestimmungen des Bundesjagdgesetzes und des Bayerischen Jagdgesetzes regeln den Inhalt des Abschlussplans abschließend. Vorliegend sind jagdrechtliche oder sonstige Anordnungen auch nicht erforderlich, denn es ist nicht ersichtlich, dass dem Störungsverbot nicht hinreichend Rechnung getragen würde. Die vom Antragsteller beanstandete Jagd wird durch die Beigeladene ausgeübt. Im Gegensatz zu privaten Jagdausübungsberechtigten mit unterschiedlichen persönlichen Interessen ist diese ist eine öffentlichrechtliche Körperschaft, die den staatlichen Forst vorbildlich zu bewirtschaften hat, darüber hinaus zahlreiche öffentlichen Aufgaben erfüllt und auch die Aufgabe hat, die Gebiets- und Arterhaltungsmaßnahmen in den bewaldeten Bereichen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ durchzuführen (vgl. im einzelnen Nr. 4.1.1.2). Auf staatlicher Seite werden - wie naheliegend und durch den in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Aktenauszug belegt - die konkreten Maßnahmen zwischen den für Schutzwaldsanierung und Erhaltungsmaßnahmen im Natura-2000-Gebiet zuständigen Arbeitseinheiten abgestimmt, wobei im Jahr 2014 (BA V Bl. 265) noch Einzelfallabstimmungen stattgefunden haben, die der Entwicklung eines standardisierten Abstimmungsverfahrens gedient haben. Auf diese Weise und mit fachlicher Unterstützung durch wildbiologische Gutachten, die im Rahmen der Schutzwaldsanierung in Auftrag gegeben werden, werden unbürokratische Lösungen zur bestmöglichen Berücksichtigung der Raufußhühnererfordernisse erarbeitet (Hildebrandt S. 88/89). Für die Annahme, dass es gleichwohl zu Störungen kommt liefert das Verbringen des Antragstellers keine Anhaltspunkte. Ein Bewirtschaftungsplan, der die Vorkehrungen der Beigeladenen zur Beachtung des Störungsverbots benennt, wäre sachdienlich. Eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Bewirtschaftungsplans sieht jedoch - wohl wegen der Pflichtenlage und des Fehlens naturschutzwidriger Interessen der für die Erhaltung von Natura-2000-Gebieten zuständigen Stellen, zu denen die Beigeladene gehört - das Unionsrecht nicht vor. Der Antragsteller berücksichtigt weder diese besondere Aufgabenstellung noch trägt er substantiierte Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der Bejagung die erforderlichen Rücksichtnahme nicht geübt wird. Anzeichen für eine negative Entwicklung der Bestände finden sich trotz der bereits seit längerer Zeit praktizierten Schutzwaldsanierung nicht; die Birkhuhnpopulation wird im Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet Estergebirge als über einen Zeitraum von 10 Jahren hinweg stabil beurteilt.

2.4.1.1.1.2.3 Der Antragsteller macht geltend, mit dem Rückgang des Gamswilds verliere der Steinadler seine Nahrungsgrundlage und infolge des Zuwachsens der Wälder den notwendigen Jagdraum. Diese Behauptungen hat der Antragsteller weder belegt noch substantiiert; für sie sprechen auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Dies gilt zunächst für den vom Antragsteller unterstellten Rückgang des Gamswilds; es ist davon auszugehen, dass dieses sich in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des Art. 1 lit. i der Habitatrichtlinie befindet (vgl. Nr. 2.4.1.1.1.2.4). Der Steinadler selbst hat den günstigen Erhaltungszustand noch nicht erreicht, hat sich aber (wohl ganz überwiegend infolge von Jagdverbot und Schutzprogrammen) in den bayerischen Alpen, die seinen einzigen Lebensraum in Deutschland bilden, von geschätzten 15 Brutpaaren im Jahr 1970 zu derzeit etwa 50 Brutpaaren entwickelt (Landesbund für Vogelschutz, www.steinadlerschutz.de/schutz-programm.html). Die Jagd und die Entnahme terrestrischer Wildtiere stellen für den Steinadler, der sich keineswegs nur von Gamskitzen ernährt, sondern von fast allen kleinen und mittelgroßen Säugern und Vögeln im jeweiligen Gebiet (einschließlich Aas und Kadavern großer Tiere, die er mehrere Tage lang anfliegt), lediglich eine geringe Beeinträchtigung dar (vgl. Nr. 7 des Steinadler-Standard-Datenbogens des Vogelschutzberichts 2013). Nachdem der Steinadler im bodennahen Flug jagt und lediglich offene und halboffene Landschaften besiedelt (bei Wäldern nur den Waldrand), ist nicht erkennbar, weshalb ein Aufkommen der natürlichen Waldverjüngung für ihn eine Beeinträchtigung darstellen könnte.

2.4.1.1.1.2.4 Der Antragsteller führt aus, der für einen gesunden Wildbestand erforderliche Altersaufbau des Gamswilds sei nicht mehr vorhanden, weshalb es zu einer Veränderung des Reproduktionsverhaltens gekommen sei; teilweise sei es zu einer vollständigen Ausrottung des Gamswildes gekommen. Belege oder zumindest eine Plausibilisierung dieser Behauptungen liefert der Antragsteller nicht. Nach den vom Landesjagdverband Bayern e.V. veröffentlichen Zahlen liegen die jährlichen Gams-wildstrecken in Bayern seit 20 Jahren im Bereich von 4000 Stück (mit einer Schwankungsbreite von mehreren 100 Stück nach unten und nach oben), wobei sie seit dem Jagdjahr 2011/2012 kontinuierlich über 4000 Stück liegen. Diese Entwicklung der Gamswildstrecken spricht dafür, dass sich das Gamswild in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des Art. 1 lit. i der Habitatrichtlinie befindet und widerlegt die Behauptung einer ausrottenden oder auch nur bestandssenkenden Bejagung, denn eine solche würde spätestens nach einigen Jahren zu einer Verminderung der Strecken führen. Was den Altersaufbau betrifft, verpflichtet Nr. II.8 der Hegerichtlinie vom 9. Dezember 1988 (a.a.O.) dazu, die Regulierung der Wildbestände den natürlichen Auslesevorgängen anzupassen. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung werden die Schalenwildarten im genannten Abschnitt und in den folgenden Abschnitten (einschließlich Nr. I.9.2) in Altersklassen einteilt und wird jeder Altersklasse ein Abschussdeputat zugeteilt. Angesichts der fehlenden Substantiierung der antrag-stellerseitigen Behauptungen fehlen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, die Beigeladene halte die genannten Bestimmungen der Hegerichtlinie nicht ein und missachte den Altersaufbau des Gamswilds. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, dass das Gamswild nicht zu den prioritären Arten im Sinne des Art. 1 lit. h der Habitatrichtlinie zählt, sondern zu den Arten nach Anhang V der Habitatrichtlinie, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen verschiedenster Art sein können. Solche Verwaltungsmaßnahmen setzen gemäß Art. 14. Habitatrichtlinie aber voraus, dass sie vom Mitgliedstaat zur Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes für erforderlich gehalten werden.

2.4.1.1.2 Auch die Verordnung, die wegen des Grundsatzes, dass ein Zusammenwirken mehrerer Aktivitäten oder Vorhaben zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebietes führen kann (vgl. Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie), nicht nur mit dem Verordnungsteilbereich Eschenlaine, sondern auch mit den anderen Verordnungsteilbereichen im Vogelschutzgebiet (dem unmittelbar an das Verordnungsgebiet Eschenlaine angrenzenden Verordnungsgebiet Deiningbach sowie dem im Vogelschutzgebiet liegenden Teil des Verordnungsgebiets Fahrenberg) am Unionsrecht zu messen ist, zählt als jagdlicher Teil der umfassend konzipierten Schutzwaldsanierung zu den umweltfreundlichen Gebietserhaltungs- und -verwaltungsmaßnahmen (2.4.1.1.2.1). Die Jagd in den Regelungsbereichen der Verordnung (mit dem Ziel einer letalen Schalenwildvergrämung aus den Sanierungsflächen) steht auch nicht in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ und bringt keine signifikanten Belästigungen, Störungen und Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich (2.4.1.1.2.2).

2.4.1.1.2.1 Die Verordnung ist - zusammen mit der Schutzwaldsanierung, der sie dient - für die Verwaltung des Vogelschutzgebiets notwendig und stellt eine Erhaltungsbewirtschaftung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie dar. Der Verlust von Schutzwald im Vogelschutzgebiet (insbesondere durch Erosion) würde nicht nur die Berglandschaft nachteilig verändern und in vielen Fällen zur Gefährdung von Menschenleben, Sachwerten sowie von Infrastrukturobjekten führen. Er würde insbesondere das Natura-2000-Gebiet selbst erheblich schädigen.

Die antragstellerseitige Beschreibung der (für die Durchführung der Schutzwaldsanierung zuständigen) Beigeladenen als profitorientiertes Wirtschaftsunternehmen ist einseitig und in wesentlichen Punkten unrichtig. In Art. 1 des Gesetzes zur Errichtung des Unternehmens „Bayerische Staatsforsten“ (StFoG) wird darauf hingewiesen, dass die (hier beigeladenen) Bayerischen Staatsforsten, eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, den Staatswald vorbildlich zu bewirtschaften haben, weil er dem allgemeinen Wohl in besonderem Maße dient. Dasselbe ergibt sich aus Art. Abs. 1 BayWaldG. In dieser Bestimmung wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass die mit der Bewirtschaftung und der Verwaltung betrauten Stellen (das heißt vor allem die Beigeladene) insbesondere standortgemäße, naturnahe, gesunde, leistungsfähige und stabile Wälder zu erhalten und zu schaffen haben, und dass hierzu die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen durch eine auf einen artenreichen und gesunden Wildbestand ausgerichtete Bejagung ermöglicht werden soll. Weiter ist hier festgelegt, dass sie (auch) die Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes und seine biologische Vielfalt zu sichern und zu verbessern haben und bei allen Maßnahmen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie die Belange der Wasserwirtschaft zu berücksichtigen haben (Art. 18 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 BayWaldG; ebenso Art. 3 Abs. 2 Satz 2 StFoG), den Wald vor Schäden bewahren müssen (Nr. 3), besondere Gemeinwohlleistungen zu erbringen haben (Nr. 4; nach Art. 22 Abs. 4 Satz 2 BayWaldG ist insbesondere die Schutzwaldsanierung eine dieser Gemeinwohlleistungen; für sie sieht Art. 22 staatliche Beihilfen vor) und besondere Belange der Jagd, wie die Reduktion von Schwarzwild und die Bestandssicherung ganzjährig geschonter Wildarten, zu berücksichtigen haben (Nr. 5). Demzufolge ist die Beigeladene - im Gegensatz zu privaten Forstunternehmen - von vornherein nicht nur den Gemeinwohlerfordernissen verpflichtet, die in allgemeinen Gesetzen festgelegt sind, sondern auch solchen, die in behördlichen Plänen, Richtlinien, Weisungen usw. festgelegt sind. Dies erlaubt der Beigeladenen ganz allgemein nicht diejenige Ausrichtung der Unternehmenstätigkeit an der Gewinnerwartung, die privaten Forstunternehmen erlaubt ist.

Bei der Schutzwaldsanierung werden die Beigeladene (und der sie tragende Antragsgegner) überhaupt nicht profitorientiert tätig. Vielmehr hat die Schutzwaldsanierung nichtkommerziellen Charakter, was ein starkes Indiz für eine Gebietserhaltungsbewirtschaftung darstellt (vgl. den Leitfaden Gebietsmanagement S. 35/36). Die Beigeladene wendet hier im Wesentlichen auf Rechnung des Antragsgegners umfangreiche Mittel auf, ohne dass auch nur annähernd ein entsprechender Ertrag zu erwarten ist. Dies gilt auch für die vorliegend streitgegenständlichen Flächen. Nach der nicht in Zweifel gezogenen Stellungnahme des zuständigen Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 9. Juli 2012 zur Verjüngungssituation in den Sanierungsgebieten Eschenlaine und Deiningbach lassen die teilweise sehr steile Hangneigung und die abgeschiedene, nicht erschlossene Lage eine forstliche Nutzung der Flächen nicht zu (GA 19 N 12.206, S. 80).

Dass die Jagd im Rahmen der Verordnung - zusammen mit der Schutzwaldsanierung, der sie dient - für die Verwaltung des Vogelschutzgebiets notwendig ist und eine Erhaltungsbewirtschaftung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie darstellt, ergibt sich weiterhin auch daraus, dass die sie ausübende Beigeladene entsprechend den einschlägigen Bestimmungen das Gebiet schützt und darüber hinaus in Übereinstimmung mit der für das Gebietsmanagement der (teilweise sanierungsbedürftigen) Waldanteile des Vogelschutzgebiets zuständigen Behörde handelt. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 StaFoG hat die Beigeladene die Aufgabe, nach näherer Maßgabe des Gesetzes, das Forstvermögen, insbesondere den Staatswald einschließlich der Saalforste, und das Coburger Domänengut zu bewirtschaften und dabei in besonderem Maße die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Wasserwirtschaft zu berücksichtigen. Infolge der Verpflichtung der Beigeladenen zur Bewirtschaftung des Staatswaldes unter Beachtung der Grundsätze einer naturnahen Forstwirtschaft in vorbildlicher Weise bedürfen diese Waldflächen gemäß Ziffer 5.5 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit sowie für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 1. September 2000 (AllMBl 2000, S. 544) keiner zusätzlichen Schutzmaßnahmen; sie werden als bereits ausreichend geschützt angesehen. Die entsprechenden Flächen machen laut dem Entwurf des Managementplans zum Teil „Maßnahmen“ (Nr. 2.2 der Gebietsbeschreibung) 50,4% des Vogelschutzgebietes aus. Das Gebietsmanagement für Gebiete, die ausschließlich aus Wald bestehen, liegt gemäß Nr. 6.5.1 der genannten Gemeinsamen Bekanntmachung bei der Forstbehörde, vorliegend dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Weilheim (Herausgeber des Managementplans).

Weiterhin handelt es sich bei der Schutzwaldsanierung einschließlich der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung um eine Erhaltungsbewirtschaftung des Natura-2000-Gebiets, weil der Verlust von Waldanteilen des Natura-2000-Gebiets verhindert wird. Der Verlust von Schutzwald (insbesondere durch Erosion) würde nicht nur die Berglandschaft nachteilig verändern und in vielen Fällen zur Gefährdung von Menschenleben, Sachwerten sowie von Infrastrukturobjekten führen. Er würde insbesondere das Natura-2000-Gebiet selbst erheblich schädigen.

Gemäß Nr. 5.3 der Bekanntmachung zu Natura 2000 ist die Ausweisung von Schutzwald eine Schutz- und Sicherungsmaßnahme für Natura-2000-Gebiete, entspricht also den Natura-2000-Zielen. Die Schutzwalderhaltung und -sanierung entspricht somit ebenfalls den Natura-2000-Zielen.

Die Beigeladene hat - ohne dass durchgreifende Einwände des Antragstellers hiergegen vorliegen - vorgetragen, eine Regulierung örtlich überhöhter Schalenwildbestände und deren zeitliche und räumliche Steuerung seien eine wichtige, oft sogar die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Verjüngung der Flächen und deren weitere, ungestörte Entwicklung. Insbesondere steile, sonnenseitig exponierte und demzufolge selbst im Winter oft schneefreie Schutzwaldlagen würden nach wie vor eine besonders hohe Verbissbelastung aufweisen, weil sie beliebte Einstandsgebiete, v.a. für das Gamswild, darstellten. Auf diesen Flächen stehe das Wild, teils in hohen Konzentrationen, bis ins beginnende Frühjahr. Durch die Angleichung der Jagdzeiten für die Schalenwildarten und die Möglichkeit der ganzjährigen letalen Vergrämung habe sich die Verbisssituation in zahlreichen Sanierungsgebieten deutlich verbessert. Die Vergrämungsabschüsse dienten der Sicherung der Sanierungsmaßnahmen, die von der Forstverwaltung geplant würden und prioritäre gesellschaftliche und landeskulturelle Bedeutung hätten. Den Staatsforsten obliege die Sicherung von Investitionen durch adäquate Bejagung. Wären auf der überwiegenden Fläche keine oder zumindest nicht mehr ausreichend Vergrämungsabschüsse möglich, wäre der Erfolg der Sanierungsmaßnahme in Frage gestellt.

Demzufolge ist die Schutzwaldsanierung einschließlich der streitgegenständlichen Verordnung zur Erhaltung des Gebiets erforderlich. Es trifft zu, dass sie die relativ kleinen sanierungsbedürftigen Waldflächen des Natura-2000-Gebietes langfristig verändert (vgl. im einzelnen Nr. 2.4.1.1.2.2.1). Gleichzeitig ist jedoch festzustellen, dass sich diese kleinen Waldbereiche ohne die Gewährleistung einer natürlichen (Naturverjüngung) oder künstlichen Verjüngung im Zustand einer Bestandsgefährdung verbleiben würden. Angesichts dieser Labilität sind sie in ihrem derzeitigen Zustand keine nachhaltig schutzfähigen Lebensräume im Sinne des Unions-Naturschutzes. Gebietserhaltungsmaßnahmen müssen die Abwehr der Bestandsgefährdung umfassen. Die Gefährdung, der diese kleine Waldflächen (gemäß der nach dem Ergebnis des Verfahrens zutreffenden Einschätzung des Antragsgegners) unterliegen, bedeutet, dass sie - die Sanierungsmaßnahmen hinweggedacht - einem fortschreitenden Zerstörungsprozess ausgesetzt sind, der zunächst in einer immer stärker werdenden (auch dem Auerhuhn schließlich nicht mehr günstigen) Verlichtung besteht und am Ende in den bereits erwähnten Totalverlust mündet. Insbesondere bei einem schlagartigen Verlust geschädigter Flächen muss auch mit der Möglichkeit eines Verlusts von Raufußhühnern gerechnet werden. Inwieweit der Erosi-onsprozess anschließend - wegen der besonderen Anfälligkeit der Bodenansätze rund um eine erodierte Fläche für die im Gebirge besonders starken Kräfte der Natur - auch angrenzende Bereiche ergreift, ist schwer abschätzbar. Eine solche Entwicklung ist aber wahrscheinlich und daher ebenfalls zu berücksichtigen. Eine mit dem strukturellen Niedergang zunehmende Anfälligkeit für Windwurf, Sturmschäden sowie Schneelawinen ist ebenfalls zu bedenken. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass sowohl die Verwirklichung der Ziele von Natura-2000-Gebieten als auch die Schutzwaldsanierung (infolge der erforderlichen Ermittlungs- und Planungsschritte und rechtlichen Prozeduren sowie der Waldentwicklungszeiträume) langfristig angelegt sein muss, darf die Frage einer erheblichen Beeinträchtigung des Natura-2000-Gebiets nicht auf der Basis des derzeitigen (ohne Sanierung nicht erhaltbaren und früher oder später in den Verlust mündenden) Zustandes der bedrohten kleinen Waldteile des Natura-2000-Gebietes beantwortet werden, sondern nur ausgehend von ihrem sanierten und deshalb dauerhaft erhaltbaren Zustand.

Angesichts dessen kommt es nicht auf den Umstand an, dass es sich bei der Schutzwaldsanierung einschließlich der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung formell-organisatorisch um ein anderes Vorhaben als um die Verwaltung des Natura-2000-Gebiets nach Vorgabe des Managementplans handelt und insbesondere die Umgriffe der Verordnungsgebiete nicht mit dem Umgriff des Natura-2000-Gebiets korrelieren (vgl. Abschnitt 4.4 Abs. 3 der Interpretationshilfen betreffend Gebietsverwaltungsmaßnahmen, die Bestandteile von anderen Plänen oder Projekten sind).

2.4.1.1.2.2 Die Schutzwaldsanierung einschließlich der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung scheidet auch nicht deshalb als Gebietserhaltungsmaßnahmen aus, weil sie in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ stünde oder signifikante Belästigungen, Störungen oder Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich brächte. Die (durch Maßnahmen der Schutzwaldsanierung einschließlich des Verordnungserlasses zum Ausdruck gebrachte) Annahme des Antragsgegners, ein solcher Widerspruch bestehe nicht und solche Belästigungen, Störungen oder Beeinträchtigungen seien nicht zu befürchten, wird durch den Umstand bestätigt, dass der Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet Estergebirge die (entsprechend den vorgelegten Planungsständen in Eschenlaine, Deiningbach und Fahrenberg mindestens seit dem Jahr 2004 betriebene) Schutzwaldsanierung in keiner Weise prob-lematisiert. Sie hat darüber hinaus überzeugende Gründe für sich.

2.4.1.1.2.2.1 Es trifft zu, dass in den Verordnungsteilbereichen im Vogelschutzgebiet, vor allem aber in den Sanierungsflächen, die möglichst schalenwildfrei gehalten werden sollen und derentwegen die Verordnungsteilbereiche festgelegt worden sind, mit einer stärkeren Waldverdichtung zu rechnen ist, wenngleich bereits die Standortbedingungen eine maximale Verdichtung ausschließen. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Auerhuhns ist jedoch schon deshalb unwahrscheinlich, weil die Sanierungsflächen nur einen verschwindend kleinen Anteil des eine Fläche von ca. 11.993 ha umfassenden Vogelschutzgebiets Estergebirge ausmachen. Die Schutzwaldsanierung findet den vom Antragsgegner vorgelegten Sanierungsplanungen zufolge im Sanierungsgebiet Eschenlaine auf 11,3 ha (Scharfgraben), im Sanierungsgebiet Deiningbach auf 97,6 ha (Heimgarten, Martinskopf, Prügelschlag, Hoher Graben) und im Sanierungsgebiet Fahrenberg auf 18,94 ha (Oberhalb Galerie, Kirchelwand Ost, Kirchelwand West, Tanneneck, Stahlverbauung, Verbauungsfläche WWA, Fahrenberggipfel). Die drei Sanierungsflächen zusammen haben folglich einen Flächenanteil von 1,1% des Vogelschutzgebietes. Auch bei Berücksichtigung der Flächen der drei Verordnungsteilgebiete (die aus jagdtechnischen Gründen über die eigentlichen Sanierungsflächen hinausgehen) ergibt sich lediglich ein Flächenanteil von etwa 4% des Vogelschutzgebietes. Darüber hinaus ist (nicht anders als bei der allgemeinen Jagd im Rahmen von Abschussplänen, vgl. Nr. 2.4.1.1.1.2.1) zu berücksichtigen, dass es sich auch bei der sanierungsbedingten Verdichtung um eine Jahrzehnte dauernde und deshalb kaum spürbare Entwicklung handelt, dass wegen der Belegenheit des Vogelschutzgebiets in der Nähe der Baumgrenze an licht überschirmten Nadelmischwäldern kein Mangel besteht sowie bestehen wird und dass die vom Antragsteller favorisierte Lösung, dem Auerwild durch eine andauernde Schalenwild-Überhege licht überschirmte Nadelmischwälder auch in Bereichen vorzuhalten, in denen die dafür erforderlichen ökologischen Voraussetzungen nicht vorhanden sind, den Natura-2000-Zielen widerspricht, nicht nur „lichte Strukturen“, sondern auch schwerwiegende Gefahren für das Auerhuhn zur Folge hätte (darunter auch den Verlust von potentiellen Balz- und Brutplätzen) und weder in der Rechtsprechung des Gerichtshofs noch in Leitlinien der Europäischen Kommission oder in den maßgeblichen gebietsbezogenen Festlegungen eine Stütze findet.

2.4.1.1.2.2.2 Auch Schalenwild-Abschüsse in den Verordnungsteilgebieten sind grundsätzlich in der Lage, das Auerhuhn zu stören und es dadurch erheblich zu beeinträchtigen. Allerdings ist auf der Grundlage der Feststellungen in dem vom Antragsgegner vorgelegten Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet „Estergebirge“ wegen der räumlichen Verteilung der geschützten Vogelarten allenfalls eine potentielle Betroffenheit der Raufußhühner (Auerhuhn, Birkhuhn) durch die Schutzwaldsanierung in Betracht zu ziehen (im selben Sinn Hildebrandt, a.a.O., S. 89). Auch die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt G.-P. vom 26. November 2013 spricht lediglich von entsprechenden Vorkommen in „Sanierungsgebieten“, also in den Organisationsbereichen der Schutzwaldsanierung, die weit über die eigentlichen Sanierungsflächen und die sie umgebenden Verordnungsteilflächen hinausgreifen. Der Antragsteller geht vom Gegenteil aus, trägt insoweit jedoch nichts Substantiiertes vor und hinterfragt die Erkenntnisse des Antragsgegners auch nicht. Schließlich ist die Anzahl der Abschüsse in den Verordnungsteilflächen äußerst gering (vgl. Nr. 1 lit. d). Jedenfalls aber ist angesichts der öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung der jagdausübenden Beigeladenen, der Abstimmungen zwischen den für Schutzwaldsanierung und Erhaltungsmaßnahmen im Natura-2000-Gebiet zuständigen Arbeitseinheiten und der fehlenden Anhaltspunkte für eine negative Entwicklung der Bestände nicht ersichtlich, dass dem Störungsverbot nicht hinreichend Rechnung getragen würde (vgl. Nr. 2.4.1.1.1. 2.2.).

2.4.1.2 Die nichtjagdlichen Maßnahmen auf den Sanierungsflächen (insbesondere Pflanzmaßnahmen und temporäre künstliche Anlagen wie Verbauungen), die wegen des Grundsatzes, dass ein Zusammenwirken mehrerer Aktivitäten oder Vorhaben zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebietes führen kann (vgl. Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie), nicht nur mit dem Verordnungsteilbereich Eschenlaine, sondern auch mit den anderen Verordnungsteilbereichen im Vogelschutzgebiet (dem unmittelbar an das Verordnungsgebiet Eschenlaine angrenzenden Verordnungsgebiet Deiningbach sowie dem im Vogelschutzgebiet liegenden Teil des Verordnungsgebiets Fahrenberg) am Unionsrecht zu messen sind, zählen als Teile der umfassend konzipierten Schutzwaldsanierung zu den umweltfreundlichen Gebietserhaltungsund verwaltungsmaßnahmen (2.4.1.2.1). Sie stehen auch nicht in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ und bringen keine signifikanten Belästigungen, Störungen und Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich (2.4.1.2.2).

2.4.1.2.1 Die nichtjagdlichen Sanierungsmaßnahmen sind für die Verwaltung des Vogelschutzgebiets notwendig und gehören zur Erhaltungsbewirtschaftung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie. Im Einzelnen kann insoweit auf die Ausführungen zum Gesamtkomplex der Schutzwaldsanierung einschließlich der Bejagung im Rahmen der Verordnung (Nr. 2.4.1.1.2.1) verwiesen werden.

2.4.1.2.2 Die nichtjagdlichen Sanierungsmaßnahmen scheiden auch nicht deshalb als Gebietserhaltungsmaßnahmen aus, weil sie in Widerspruch zu Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes „Estergebirge“ stünden oder signifikante Belästigungen, Störungen oder Beeinträchtigungen gemeinschaftsrelevanter Arten mit sich brächten. Die (durch Maßnahmen der Schutzwaldsanierung einschließlich des Verordnungserlasses zum Ausdruck gebrachte) Annahme des Antragsgegners, ein solcher Widerspruch bestehe nicht und solche Belästigungen, Störungen oder Beeinträchtigungen seien nicht zu befürchten, wird durch den Umstand bestätigt, dass der Entwurf (Stand November 2016) eines Managementplans für das Vogelschutzgebiet Estergebirge die (entsprechend den vorgelegten Planungsständen in Eschenlaine, Deiningbach und Fahrenberg mindestens seit dem Jahr 2004 betriebene) Schutzwaldsanierung in keiner Weise problematisiert, und hat im Ergebnis überzeugende Gründe für sich. Wegen der Einzelheiten kann auf den Abschnitt Nr. 2.4.1.1.2.2 und dessen Unterabschnitte Nrn. 2.4.1.1.2.2.1 und 2.4.1.1.2.2.2 verwiesen werden. Der Unterabschnitt Nr. 2.4.1.1.2.2.1 ist noch dahingehend zu ergänzen, dass Bepflanzungen von Sanierungsflächen mosaikförmig stattfinden, sodass unregelmäßige, naturnahe, relativ lichte und damit für lange Zeit balz- und aufzuchtgeeignete Waldstrukturen entstehen (Hildebrandt, S. 89; vgl. auch Lauterbach/Löffler S. 40; zur mosaikförmigen, „truppweisen“ Bepflanzung vgl. auch das Handbuch, S. 55).

2.4.2 Einen Verstoß gegen Vorschriften des Wasserrechts, insbesondere betreffend die Hochwasserrückhaltung oder Erosionsvermeidung, hat der Antragsteller nicht schlüssig dargetan und ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Nach Art. 44 Abs. 1 Nr. 3 BayWG sollen Staat und Gemeinden im Rahmen ihrer Aufgaben auf Maßnahmen zur natürlichen Wasserrückhaltung und zur Wasserspeicherung hinwirken. Es ist nicht feststellbar, dass im Zuge der mit der Wasserwirtschaft (allgemein) abgestimmten Schutzwaldsanierung durch die Forstverwaltung den Belangen von Wasserrückhaltung und Erosionsvermeidung nicht sachgerecht Rechnung getragen würde. Der Vortrag des Antragstellers, die zunehmende Verbuschung des Bergwaldes führe zu einem Rückgang der Grasnarbe und bewirke dadurch einen Verlust an Wasserspeicherfähigkeit wird der komplexen Bedeutung eines intakten Bergwaldes im Bereich des Wasserschutzes und des Bodenschutzes nicht ansatzweise gerecht. Insbesondere geht er nicht auf den bei fehlender Verjüngung auf lange Sicht drohenden Waldverlust ein und beschäftigt sich nicht mit den verschiedenen Unterstützungsfunktionen eines intakten Bergwaldes hinsichtlich Wasserschutz, Bodenschutz und Lawinenschutz. Der Bergwald bestimmt in ganz wesentlichem Umfang das Abflussgeschehen, weil ein Teil des Niederschlags gar nicht den Boden erreicht und weil die Schneeschmelze gegenüber dem Offenland verzögert stattfindet. Bergmischwälder weisen keinen oder nur einen geringen Oberflächenabfluss auf. Eine Grasnarbe begünstigt hingegen schädliche Schneebewegungen (Hildebrandt, S. 81 ff.).

2.4.3 Mit Gesetz vom 26. Juli 2002 (BGBl I S. 2862) ist in Art. 20a GG neben dem Schutzgut der natürlichen Lebensgrundlagen auch der Tierschutz als Staatszielbestimmung verankert worden. Auch wenn der in Art. 20a GG festgeschriebene Tierschutz dem einzelnen Bürger keinen subjektiv-rechtlichen, d.h. grundrechtlichen Anspruch auf Tierschutz als solchen gibt, ist diese Staatszielbestimmung dennoch vom Antragsgegner grundsätzlich zu beachten. Diese verfassungsrechtliche Pflicht besteht jedoch nur nach Maßgabe von Gesetz und Recht, wie Art. 20a GG ausdrücklich hervorhebt. Dies bedeutet, dass es sich beim Tierschutz um einen Belang von Verfassungsrang handelt, sich aus Art. 20a GG aber kein Vorrang im Sinne einer bestimmten Vorzugswürdigkeit ableiten lässt (vgl. BVerwG, B.v. 15.10.2002 - 4 BN 51/02 - juris Rn. 3). Damit ist zwar mit der Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz der Schutz der Tiere gestärkt worden, als Belang ist er aber nicht anders als der in Art. 20a GG schon früher zum Staatsziel erhobene Umweltschutz im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen und kann geeignet sein, ein Zurücksetzen anderer Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht - wie etwa die Einschränkung von Grundrechten - zu rechtfertigen; er setzt sich aber gegen konkurrierende Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht nicht notwendigerweise durch (vgl. BVerfG, B.v. 12.10.2010 - 2 BvF 1/07 - juris Rn. 121). Den normsetzenden Organen, die das Staatsziel Tierschutz zu beachten haben, kommt dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfG a.a.O. Rn. 122). Die vom Antragsteller behauptete Fehlgewichtung der Schutzgüter durch die Jagdstrategie der Beigeladenen ist nicht ansatzweise erkennbar. Der Antragsteller verkennt, dass der Bergwald zu den natürlichen Lebensgrundlagen zu rechnen ist, nachdem er vielfältige Schutzwirkungen besitzt. Er bewahrt den eigenen Standort vor Bodenabtrag und schützt gleichzeitig Siedlungen und Straßen vor Lawinen, Hochwasser Steinschlag und Muren. Darüber hinaus ist er für den Wasserhaushalt bis weit ins Alpenvorland von entscheidender Bedeutung. Klima-, Natur- und Gewässerschutz sind Konkretisierungen des von Art. 20a GG angemahnten Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen (vgl. VGH BW, U.v. 20.6.2017 - 10 S 739/16 - juris Rn. 64 m.w.N.). Eine andere Bewertung ergibt sich aus den genannten Gründen auch nicht im Lichte von Art. 141 Abs. 1 BV (zum Verhältnis der beiden Verfassungsbestimmungen vgl. Möstl in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaats Bayern, 1. Aufl. 2009, Art. 141 Rn. 5, sowie Müller in Meder/Brechmann, Verfassung des Freistaats Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 141 Rn. 6).

Eine Unvereinbarkeit der Verordnung mit tierschutzrechtlichen Vorschriften hat der Antragsteller nicht dargelegt (zur Tötung von Wirbeltieren im Rahmen der Jagdausübung vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 des TierSchG sowie hierzu Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Auflage 2016, § 4 Rn. 6). Die Verordnung eröffnet in engen Grenzen die Jagdmöglichkeit auf etwa trächtiges weibliches Gamswild und auf etwa trächtige Rehgeißen. Auch diese Abschüsse beruhen auf den sachlichen Gründen, die die Verordnung tragen. Für die damit verbundene Tötung der ungeborenen Jungen gilt nichts anderes. Eine Zufügung von Schmerzen - abgesehen vom Abschuss selbst - findet auch bei trächtigen Tieren nicht statt. Eine Tierschutzbestimmung, die die Jagd auf trächtiges Wild verbietet, gibt es nicht. Zwar ist es nach § 4 des Gesetzes zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften über Verbote und Beschränkungen hinsichtlich des Handels mit bestimmten tierischen Erzeugnissen sowie zu Hal-tungs- und Abgabeverboten in bestimmten Fällen (BGBl. 2008 I, S. 2394, zuletzt geändert am 30.6.2017, BGBl. I S. 2147 - TierErzHaVerbG) im allgemeinen verboten, ein Säugetier, das sich im letzten Drittel der Trächtigkeit befindet, zum Zweck der Schlachtung abzugeben. Diese Vorschrift gilt aber lediglich für gehaltene Tiere, die geschlachtet werden. Darüber hinaus gilt die Vorschrift, die mehrere Ausnahmeregelungen enthält, ausdrücklich nicht für Schafe und Ziegen. Für herrnloses Wild gilt die Bestimmung überhaupt nicht. Eine Übertragbarkeit scheitert bereits daran, dass bei Wild in Freiheit die Trächtigkeit nur schwer festgestellt werden kann, dass die Deckung (der Beschlag) nicht im Verantwortungsbereich eines Halters stattfindet (also nicht gesteuert werden kann) und dass es sich bei dem Abschuss auch nicht um einen Vorgang im Rahmen der kommerziellen Nahrungsmittelproduktion handelt. Darüber hinaus ergeben sich aus den allgemeinen Interessen völlig unterschiedliche Erfordernisse für gehaltene Tiere und für herrenloses Wild. Insgesamt ist eine Fehl-gewichtung der Tierschutzbelange gegenüber den Belangen der Schutzwaldsanierung nicht zu erkennen. Soweit der Antragsteller den Tierschutzgedanken hervorgehoben haben sollte, weil er den günstigen Erhaltungszustand einer Schalenwildart für gefährdet hält (zufolge Hildebrandt, S. 88, ist derartiges während des Gamswild-Symposiums im April 2014 in Garmisch-Partenkirchen geäußert worden), ist dies angesichts der Wildbestände nicht nachvollziehbar. Unökologische Bestandshöhen können mit dem Tierschutzgedanken nicht gerechtfertigt werden.

2.5 Die verordnete Schonzeitverkürzung für das Schalenwild ist als Element der Schutzwaldsanierung für den Schutz des Bergwaldes geeignet (2.5.1) und erforderlich (2.5.2) und sie erweist sich gegenüber dem Antragsteller weder in seiner Eigenschaft als Inhaber eines in der Nähe liegenden Eigenjagdreviers noch in seiner Eigenschaft als Miteigentümer von in der Nähe liegenden Waldflächen als unverhältnismäßig (2.5.3).

2.5.1 Die von der Beigeladenen im Zuge der Beantragung des Verordnungserlasses beschriebene Strategie der letalen Vergrämung verfolgt das Ziel, das Schalenwild durch konzentrierte und punktuelle Bejagung von der Sanierungsfläche im Sanierungsgebiet Eschenlaine fernzuhalten. Auf diese Weise soll der Verbiss sowohl der natürlichen als auch der von der Forstverwaltung eingebrachten künstlichen Bergwaldverjüngung durch Schalenwild verhindert und dadurch ein gesunder und funktionsfähiger Schutzwald gewährleistet werden. Für den Senat besteht kein Anlass, die Geeignetheit der von der Beigeladenen verfolgten Jagdstrategie der Vergrämung grundsätzlich in Zweifel zu ziehen; die Aufenthaltsmeidung entspricht dem natürlichen Fluchtverhalten von Wildtieren im Fall von Störungen einschließlich Abschüssen von Artgenossen. Aus den Verfahrensunterlagen der Regierung geht zwar hervor, dass es mit der generellen flächenhaften Reduzierung des Wildbestandes, der Einrichtung von Wintergattern, dem Flächenschutz durch Einzäunung, dem Einzelschutz durch Verstänkerungsmittel oder Verbissschutzmittel und der Vergrämung auf sonstige Weise (Ultraschall-Wildvergrämungsgeräte) auch noch andere Methoden gibt, den natürlichen und den künstlichen Waldaufwuchs vor Schalenwildverbiss zu schützen. Unter Berücksichtigung von Tauglichkeit und Wirtschaftlichkeit der Methoden und der besonderen ökologischen Wertigkeit des Bergwalds ist jedoch keine dieser alternativen Schutzmethoden eindeutig vorzugswürdig.

2.5.2 Die Verordnung zur Schonzeitverkürzung ist erforderlich, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, um einer bereits vorhandenen Beeinträchtigung der Schutzfunktion des Bergwaldes gegenzusteuern oder einer sich abzeichnenden künftigen Gefährdung der Schutzfunktion vorzubeugen.

Nach dem Ergebnis des Verfahrens erfüllt das Sanierungsgebiet Eschenlaine Schutzwaldfunktionen im Sinn von Art. 10 BayWaldG. Um den Schutzfunktionen auch zukünftig gerecht werden zu können, bedarf der Bergwald kontinuierlicher Verjüngung. Sowohl die zur Erhaltung und langfristigen Gewährleistung der Schutzwaldfunktionen notwendige natürliche Bergwaldverjüngung als auch die von, den Staatsforsten als Ergänzung zur Naturverjüngung vorgenommene Pflanzungen bedürfen für einen erfolgreichen Aufwuchs eines zeitlich begrenzten Schutzes vor übermäßigem Schalenwildverbiss. Gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 3 und 4 BayWaldG haben die mit der Bewirtschaftung und Verwaltung von Staatswäldern betrauten Stellen (insbesondere) standortgemäße, naturnahe, gesunde, leistungsfähige und stabile Wälder zu erhalten oder zu schaffen; zu diesem Zweck soll die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten durch eine auf einen artenreichen und gesunden Wildbestand ausgerichtete Bejagung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglicht werden. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass - wie erwähnt - im Gebirge die negativen Auswirkungen des Verbisses noch stärker sind als im Flachland, weil der Wald im Gebirge härteren Bedingungen ausgesetzt ist. An der Schutzwürdigkeit der Sanierungsfläche Scharfgraben im Sanierungsgebiet Eschenlaine hat der Senat keine Zweifel.

Jungpflanzen gehören - vor allem in Zeiten geringen anderweitigen Nahrungsangebots - zur Nahrungsgrundlage von Schalenwild. Daher ist ohne weiteres von einer abstrakten Verbissgefährdung auszugehen. Diese abstrakte, letztlich vom Wildbestand abhängige Gefährdung wird in besonderem Maße verstärkt, wenn es sich - wie vorliegend - um eine Fläche handelt, die vom Wild wegen ihrer natürlichen Gegebenheiten als sonnenseitiger Wintereinstand bzw. vom Gamswild als Ganzjahresein-stand genutzt wird. Es bedarf insofern keines konkreten Nachweises eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts; es genügt, wenn die Möglichkeit eines entsprechenden Schadenseintritts nach den gegebenen Umständen und im Rahmen einer sachlich vertretbaren, auf konkreten Feststellungen beruhenden Prognose nicht von der Hand zu weisen ist (BVerwG, U.v. 12.9.1980 - IV C 89.77 - BayVBl 1980, 759 f.). Dies ist hier der Fall.

Mit der Jagdstrategie der letalen Vergrämung soll auf das durch Instinkte gesteuerte Flucht- und Meidungsverhalten der Wildtiere gezielt Einfluss genommen werden. Es ist naheliegend, dass der Vorgang der letalen Vergrämung des Schalenwilds (die Schussposition des Jägers und der Standort des angesprochenen Wildtieres müssen im Anwendungsbereich der Verordnung liegen) örtlich nicht auf die Sanierungsfläche (das Waldstück) selbst beschränkt werden kann, sondern einen angemessenen Wirkungsbereich um die eigentliche Sanierungsfläche erfordert; die Aufhebung der Schonzeiten hat sich deshalb nicht auf die eigentliche Sanierungsfläche zu beschränken. In das bestimmte Gebiet gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG, Art. 33 Abs. 3 BayJagdG dürfen die Flächen einbezogen werden, die aus jagdlicher Sicht für die Zielerreichung erforderlich erscheinen, das Schalenwild möglichst wirksam von der Sanierungsfläche fernzuhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Lage der Grenzen eines solchen Gebietes selbst bei größter Sorgfalt und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse nur selten zwingende Gründe aufgeführt werden können. Gleichzeitig muss die Grenzziehung in der Natur so erfolgen, dass sie eine rechtssichere Handhabung durch den Jagdausübungsberechtigten gewährleistet. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn sich die zuständige Jagdbehörde auf plausible, in sich schlüssige und vor Ort praktikable jagdfachliche Einschätzungen stützt. Die vom Antragsteller ausschließlich in den Blick genommene Flächenrelation zwischen Sanierungsfläche (11,2 ha) und Verordnungsfläche (47,82 ha; der Antragsteller geht bei seiner Betrachtung irrtümlich von der Gesamtfläche des Sanierungsgebietes von 256 ha aus) bietet keine taugliche Beurteilungsgrundlage, um die Angemessenheit der Gebietsabgrenzung erfolgreich in Frage zu stellen. Plausible Anhaltspunkte für eine nicht mehr vertretbare Abgrenzung der Verordnungsgebiete hat der Antragsteller weder vorgetragen noch sind solche angesichts der tatsächlichen Flächenrelation von 1:4 ersichtlich.

2.5.3 Die Verordnung erweist sich gegenüber den Eigentümern umliegender Grundstücke und den Inhabern umliegender Jagdreviere nicht als unverhältnismäßig. Dies gilt gegenüber dem Antragsteller sowohl in seiner Eigenschaft als Jagdausübungsbe-rechtigter in seinem Eigenjagdrevier Eschenlaine gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 BJagdG (2.5.3.1) als auch in seiner Eigenschaft als Miteigentümer von Waldgrundstücken im Eigenjagdrevier (2.5.3.2) und in einem Genossenschaftsjagdrevier (2.5.3.2). Nachdem sowohl das Eigenjagdrevier des Antragstellers als auch die außerhalb des Eigenjagdreviers liegenden Eigentumsflächen nicht im Geltungsbereich der angegriffenen Verordnung liegen, erzeugt die Rechtsetzung in Gestalt einer Verkürzung der Schonzeiten keine unmittelbaren Einwirkungen auf Rechtspositionen des Antragstellers (zur diesbezüglichen Neutralität einer Schonzeitverkürzung vgl. HessVGH, B.v. 18.2.2013 - 4 A 1179/12 - juris Rn. 10). Nicht der Akt der Rechtsetzung durch die Regierung, der lediglich rechtliche und keine tatsächlichen Auswirkungen hat, sondern die gezielte Nutzung der durch die Jagdzeitenausweitung geschaffenen zusätzlichen Möglichkeiten in Gestalt von Abschüssen kann tatsächliche Einflüsse in der Lebenswirklichkeit erzeugen. Das Ausmaß der auf der Grundlage der Verordnung getätigten Abschüsse ist jedoch dermaßen gering, dass eine Ursächlichkeit für eine Schalenwildwanderung ausgeschlossen erscheint; eine vollständige Verdrängung des Schalenwildes aus kleinen Räumen ist durch jagdliche Methoden ohnehin nicht möglich; Ziel ist ein ganzjährig möglichst niedriger Schalenwildbestand.

2.5.3.1 In der Eigenschaft als Jagdausübungsberechtigter hat der Antragsteller gegenüber der Verordnung einen erhöhten Schalenwildbestand in seinem Eigenjagdrevier und in der Folge einen aus erhöhten Abschussvorgaben resultierenden erhöhten Jagdausübungsaufwand sowie erhöhte Wildschadensfälle geltend gemacht. Den zusätzlichen Jagdausübungsaufwand hat der Antragsteller allerdings weder in nachvollziehbarer Art und Weise dargelegt noch nachgewiesen. Die Entwicklung der Abschusszahlen für Rehwild, Rotwild und Gamswild in den Jahren 2008 bis 2016 im Eigenjagdrevier Wengwies bietet keine Anknüpfungspunkte für einen relevanten Anstieg des Jagdausübungsaufwands. Im Übrigen würde ein Jagdausübungsaufwand, der durch rechtmäßige Maßnahmen verursacht ist, auch keinen wesentlichen Abwägungsbelang darstellen. Die Jagdausübung ist nicht nur mit Rechten, sondern auch mit hoher Verantwortung verbunden, aus der sich Pflichten ergeben. Auch einen signifikanten Zuwachs an Wildschadensfällen hat der Antragsteller nicht nachvollziehbar aufgezeigt. Eine weitere Aufklärung der nicht substantiierten Angaben des Antragstellers erachtet der Senat nicht für geboten, weil der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen den wenigen Abschüssen in den Verordnungsgebieten in der erweiterten Jagdzeit und etwaigen Veränderungen im Wildbestand des Eigenjagdreviers des Antragstellers nicht herstellbar erscheint. Die wenigen Abschüsse pro Jagdjahr im Verordnungsteilgebiet Eschenlaine bieten keine adäquate Grundlage für die Herstellung einer Kausalitätsbeziehung oder einer wertenden Zurechnung zu menschlichem Verhalten (vgl. Baldus in MüKo BGB, 6. Aufl. 2013, § 1004 Rn. 61, Herrler in Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1004 Rn. 18). Es ist nicht nachvollziehbar, dass einige wenige Abschüsse die Wilddichte im Eigenjagdrevier des Antragstellers in relevantem Umfang beeinflussen oder den Umfang von Wildschäden im Zustän-digkeits- und Verantwortungsbereich des Antragstellers in nennenswerten Umfang verstärken. Eine Haftung des Antragstellers für Wildschäden kommt ohnehin nur für Grundstücke in Betracht, die seinem Eigenjagdrevier angegliedert sind (vgl. § 29 Abs. 2 BJagdG) und zu einer anwachsenden Zahl von Schadensfällen hat der Antragsteller nichts Konkretes vorgetragen. Darüber hinaus könnte er sich auf das Vorliegen übermäßiger Wildschadensfälle auch nicht berufen, denn er hat als Jagdausübungsberechtigter im Rahmen der Abschussplanung die Möglichkeit, den Wildbestand nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 BJagdG zu regulieren. Gemäß dieser Vorschrift ist der Abschuss des Wildes so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Die Vorschrift dient auch dem Schutz des Grundeigentums und ist daher verpflichtend. Der Antragsteller macht von den Möglichkeiten der Reduzierung des Wildbestandes in seinem Eigenjagdrevier jedoch keinen Gebrauch, sondern er tritt jeglicher behördlicher Abschussplanung für sein Eigenjagdrevier Wengwies -auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren - mit dem Ziel der Herabsetzung der Abschusszahlen konsequent entgegen.

2.5.3.2 Als Miteigentümer von Waldgrundstücken im Eigenjagdrevier Wengwies muss sich der Antragsteller auf die Möglichkeit verweisen lassen, den Wildbestand durch eine Abschusserhöhung selbst zu reduzieren. Wenn der Antragsteller - im Gegensatz zur Beigeladenen - als Waldeigentümer (auch in Verfahren über die Abschussplanung) eine hohe Verbissrate als waldbaulich wünschenswert ansieht, kann er im vorliegenden Verfahren nicht mit dem gleichzeitigen Einwand gehört werden, die Jagdstrategie der Beigeladenen verursache einen übermäßigen Wildbestand und eine überhöhte Verbissrate. Der Antragsteller hat auch nicht vorgetragen, dass er die Instrumente des Bundesjagdgesetzes zur Wildschadensverhütung (vgl. § 26 bis § 28 BJagdG) genutzt hätte.

2.5.3.3 Als Miteigentümer von Waldgrundstücken außerhalb des Eigenjagdreviers Wengwies muss sich der Antragsteller grundsätzlich auf die Regulierungsverantwortung des Jagdausübungsberechtigten nach Maßgabe des § 21 BJagdG verweisen lassen. Dieser trägt grundsätzlich die Verantwortung für die Höhe des Wildbestandes und ist verantwortlich dafür, dass die berechtigten Ansprüche der Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben. Anders liegt die Sache jedoch im hiesigen Fall, in dem viel dafür spricht, dass die Ursache überhöhter Wildbestände in einem anderen Revier (dem Eigenjagdrevier des Antragstellers) zu suchen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Nachdem die Beigeladene zum Verfahren keinen Beitrag geleistet und auch nicht durch Stellung eines Sachantrages nach § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es nach § 162 Abs. 3 der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.

(2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluß. Der Beschluß ist unanfechtbar. Bei der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die beim Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so entscheidet bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden. Der Berichtigungsbeschluß wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.

A.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.

3

2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.

4

3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.

5

Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.

6

4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.

7

Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.

8

Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.

9

Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.

10

Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.

11

So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.

12

Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.

13

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

II.

14

1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.

15

Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.

16

Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.

17

Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.

18

2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.

B.

19

Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.

I.

20

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

21

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.

22

a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).

23

Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.

24

bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.

25

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.

26

b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.

27

aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.

28

Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.

29

Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).

30

Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.

31

bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.

32

Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.

33

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

34

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).

35

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

36

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

37

Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.

38

Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.

40

Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

41

Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.

42

Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.

II.

43

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).

C.

44

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

45

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tenor

1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.

2

1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.

3

b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).

4

c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.

6

d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.

7

aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.

8

An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.

9

bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.

10

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.

11

3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

12

1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

13

2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

14

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

16

aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

17

bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

18

Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.

19

(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).

20

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).

21

Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.

22

Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.

23

(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.

24

3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.

III.

25

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

26

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

(1) Wenn ein nach dem Tatbestand von einem Beteiligten gestellter Antrag oder die Kostenfolge bei der Entscheidung ganz oder zum Teil übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die Entscheidung muß binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.

(3) Die mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann abgesehen werden, wenn mit der Ergänzung des Urteils nur über einen Nebenanspruch oder über die Kosten entschieden werden soll und wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

(1) Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden.

(2) Die Hege hat zum Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepaßten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen; auf Grund anderer Vorschriften bestehende gleichartige Verpflichtungen bleiben unberührt. Die Hege muß so durchgeführt werden, daß Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden.

(3) Bei der Ausübung der Jagd sind die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten.

(4) Die Jagdausübung erstreckt sich auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild.

(5) Das Recht zur Aneignung von Wild umfaßt auch die ausschließliche Befugnis, krankes oder verendetes Wild, Fallwild und Abwurfstangen sowie die Eier von Federwild sich anzueignen.

(6) Das Jagdrecht unterliegt den Beschränkungen dieses Gesetzes und der in seinem Rahmen ergangenen landesrechtlichen Vorschriften.

(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.

(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.

(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.

(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

Der Beschwerdeführerin wird wegen der Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Das am 13. Mai 2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Chemnitz - 22 C 449/09 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Chemnitz zurückverwiesen.

Der Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz vom 13. August 2009 - 22 C 449/09 - ist gegenstandslos.

...

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen wegen Kaufpreiszahlung geführten Zivilprozess.

2

Die Beschwerdeführerin bestellte bei der Klägerin des Ausgangsverfahrens im Fernabsatz Waren. Nach Erhalt der Waren sandte die Beschwerdeführerin Waren mit einem Gesamtwert von 96,76 € an die Klägerin zurück.

3

Die Klägerin nahm die Beschwerdeführerin vor dem Amtsgericht auf Bezahlung der zurückgesandten Waren, einer geringfügigen Restforderung aus den von der Beschwerdeführerin behaltenen Waren sowie auf Zahlung diesbezüglicher Nebenforderungen in Anspruch. Die nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin berief sich darauf, die Waren, weil sie ihr nicht passten, an die Klägerin zurückgesandt zu haben. Mit Beschluss vom 12. März 2009 wies das Amtsgericht darauf hin, dass der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif und die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage einer mangelfreien Lieferung notwendig sei. Zugleich regte das Amtsgericht eine gütliche Einigung der Parteien an, die die Beschwerdeführerin ablehnte.

4

Mit angegriffenem Urteil vom 13. Mai 2009 verurteilte das Amtsgericht die Beschwerdeführerin antragsgemäß zur Zahlung. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2 BGB zu. Soweit die Beschwerdeführerin die Mangelhaftigkeit der zugesandten Waren rüge, habe sie diese nicht unter Beweis gestellt. Allein die Rücksendung der Waren berechtige nicht zur Herabsetzung des Kaufpreises.

5

Mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 13. August 2009 wies das Amtsgericht die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin zurück. Das Gericht habe die Erörterung eines Widerrufsrechts gemäß § 355 Abs. 1 BGB in seiner Entscheidungsfindung in Erwägung gezogen, dies im Ergebnis aber abgelehnt. Das Gericht habe es unterlassen, diese Erörterung in die Urteilsgründe aufzunehmen, weil die Beschwerdeführerin sich bis zum Eingang der Anhörungsrügeschrift nicht auf ein solches Widerrufsrecht berufen habe. Tatsächlich habe kein Widerrufsrecht im Sinne des § 355 Abs. 1 BGB bestanden. Ein solches hätte sich möglicherweise aus § 3 des Fernabsatzgesetzes ergeben. Diese Gesetzesvorschrift sei jedoch seit dem 31. Dezember 2001 außer Kraft.

II.

6

Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG sowie einen Verstoß gegen das aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Recht auf ein faires Verfahren. Das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, dass ihr ein Widerrufsrecht nach § 312b BGB zugestanden habe. Zudem habe sie auf den richterlichen Hinweis vertrauen dürfen.

III.

7

Gelegenheit zur Stellungnahme haben die Landesregierung Sachsen und die Klägerin des Ausgangsverfahrens erhalten.

IV.

8

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, soweit sich die Beschwerdeführerin gegen das Urteil des Amtsgerichts wendet, § 93a Abs. 2 Buchstabe b, § 93b, § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerde ist nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig (1.) und unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits hinreichend geklärten verfassungsrechtlichen Maßstäbe rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG offensichtlich begründet (2.). Das Urteil ist aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen, § 95 Abs. 2 BVerfGG (3.). Der angegriffene Beschluss des Amtsgerichts über die Anhörungsrüge ist damit gegenstandslos (4.).

9

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Zwar ist die Verfassungsbeschwerde erst am Tag nach Ablauf der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eingegangen. Der Beschwerdeführerin ist aber auf ihren rechtzeitigen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu gewähren, weil sie ohne Verschulden verhindert war, die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde einzuhalten. Sie hat durch eidesstattliche Versicherung ihrer Verfahrensbevollmächtigten und Vorlage von Sendejournalen glaubhaft gemacht, unter Verwendung eines beanstandungsfrei funktionierenden Sendegeräts am Tag des Fristablaufs ab 20.40 Uhr durch ihre Verfahrensbevollmächtigte in kurzen Abständen wiederholt versucht zu haben, die Beschwerdeschrift nebst Anlagen per Telefax an die korrekte Telefaxnummer des Bundesverfassungsgerichts zu übermitteln. Dies ist aufgrund einer Überlastung der Übermittlungsleitung erst am nächsten Tag um 0.25 Uhr gelungen. Da die Beschwerdeschrift nebst Anlagen einen Umfang von lediglich elf Seiten hatte, war jedoch unter normalen Umständen mit dem Abschluss der Telefaxübermittlung bis 24.00 Uhr zu rechnen.

10

2. a) Das angegriffene Urteil verletzt das Recht der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Die Verletzung ist durch die Anhörungsrügenentscheidung des Amtsgerichts nicht geheilt, vielmehr durch einen weiteren Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG noch verstärkt worden.

11

aa) Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 96, 205 <216>). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, auch wenn das Vorbringen in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich berührt wird, weil das Gericht nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden. Art. 103 Abs. 1 GG ist nur verletzt, wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass ein Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfGE 85, 386 <404>; 96, 205 <216 f.>). Geht das Gericht allerdings auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Gründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen (vgl. BVerfGE 86, 133 <146>). Abs. 103 Abs. 1 GG bietet zwar keinen Schutz dagegen, dass der Sachvortrag der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt (vgl. BVerfGE 96, 205 <216>). Die sich aus Art. 103 Abs. 1 GG ergebende Pflicht, die Ausführungen der Prozessparteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, schließt es jedoch aus, diese aus Gründen, die außerhalb des Prozessrechts liegen, unberücksichtigt zu lassen (vgl. BVerfGE 50, 32 <35 f.>; 69, 141 <143 f.>).

12

bb) Die Beschwerdeführerin hat im Ausgangsverfahren ausdrücklich vorgetragen, die im Fernabsatz bestellten Waren an die Klägerin zurückgesandt zu haben. Eine derartige Rücksendung stellt nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB einen (konkludent erklärten) Widerruf im Sinne des § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Angesichts dessen, dass die Beschwerdeführerin die Waren im Fernabsatz bestellt hat, hätte das Amtsgericht mithin einen Widerruf nach §§ 355, 312b Abs. 1 Satz 1, § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB berücksichtigen müssen.

13

Zwar führt das Amtsgericht in der Anhörungsrügenentscheidung aus, es habe einen Widerruf nach § 355 Abs. 1 BGB "nicht in die Erörterungen aufgenommen", weil die Beschwerdeführerin sich hierauf nicht bezogen habe. Sollte das Amtsgericht damit zum Ausdruck bringen wollen, dass es einen Widerruf nicht berücksichtigt hat, weil die Beschwerdeführerin sich auf einen solchen nicht berufen habe, findet diese Begründung im Prozessrecht keine Stütze. Ein Gericht hat einen Widerruf nach § 355 Abs. 1 BGB als Einwendung des materiellen Rechts zu berücksichtigen, wenn die Tatsache ihrer außergerichtlichen Geltendmachung in den Prozess eingeführt ist (vgl. Gottwald, in: Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Auflage 2004, § 101 Rn. 15). Da die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren vorgetragen hat, die Waren zurückgesandt zu haben, und das Rücksenden im Fernabsatz bestellter Ware von Gesetzes wegen (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB) als Widerrufserklärung zu verstehen ist, hat die Beschwerdeführerin den Widerruf in hinreichender Weise in den Prozess eingeführt.

14

cc) Den Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG hat das Amtsgericht nicht mit der Entscheidung über die Anhörungsrüge geheilt. Zwar hat das Amtsgericht in der Anhörungsrügenentscheidung das Vorbringen zu einem Widerruf nach § 355 Abs. 1 BGB auch deswegen für unerheblich erklärt, weil sich ein solches nicht aus § 3 des Fernabsatzgesetzes ergeben könne. Die auf diese Begründung gestützte Anhörungsrügenentscheidung verletzt indes ihrerseits das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG.

15

(1) Willkürlich im Sinne des in Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür ist ein Richterspruch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt aber vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt wird (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>).

16

(2) Zwar hat das Amtsgericht zu Recht darauf verwiesen, dass der von ihm zitierte § 3 des Fernabsatzgesetzes mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 aufgehoben worden ist. Mit diesem Gesetz sind indes in Nachfolge zu §§ 1, 3 des Fernabsatzgesetzes die §§ 312b, 312d in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen worden, die im Falle eines Fernabsatzgeschäftes offensichtlich einschlägig, vom Amtsgericht aber nicht berücksichtigt worden sind.

17

b) Es ist nicht auszuschließen, dass die Berücksichtigung der Widerrufserklärung der Beschwerdeführerin zu einer für diese günstigeren Entscheidung geführt hätte, so dass die angegriffene Entscheidung auch auf dem Gehörsverstoß beruht (vgl. BVerfGE 60, 247 <249>; 60, 250 <252>; 62, 392 <396>).

18

c) Ob das angegriffene Urteil des Amtsgerichts auch das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG oder das aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Recht der Beschwerdeführerin auf ein faires Verfahren verletzt, kann demnach offen bleiben.

19

3. Wegen des Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist das angegriffene Urteil nach § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

20

4. Der die Anhörungsrüge betreffende Beschluss des Amtsgerichts ist damit gegenstandslos. Seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf es nicht, da er den Gehörsverstoß letztlich nur fortführt.

21

5. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

22

6. Der Gegenstandswert wird unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu entwickelten Kriterien (vgl. BVerfGE 79, 357 sowie 79, 365) mit Rücksicht auf das Obsiegen der Beschwerdeführerin auf 8.000 € festgesetzt.

23

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.