Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2018 - 19 ZB 17.1602
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
II.
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Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Der Bescheid des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen vom
II.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung des Rotwildabschusses für das Jagdjahr 2015/2016 durch den Beklagten. Er ist neben seinen beiden Brüdern Miteigentümer zu 1/3 des Eigenjagdreviers ... in der Hegegemeinschaft ... und der nach Art. 7 Abs. 4 BayJG gegenüber der Jagdbehörde Bevollmächtigte.
Das Forstliche Gutachten 2012 bescheinigt in der Hegegemeinschaft einen Verbiss als „deutlich zu hoch“. In der ergänzenden Revierweisen Aussage 2012 für das Eigenjagdrevier ... wird eine Wertung der Verbisssituation als „deutlich zu hoch“ und eine Tendenz der Verbisssituation als „nicht verändert“ vorgenommen.
Nach Anhörung setzte das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen mit Bescheid vom
Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am .... August 2015 Klage erheben und beantragte zuletzt,
den Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen vom
hilfsweise,
den Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen vom
Weiter wurde beantragt, den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg anzurufen und ihm folgende Frage zur Entscheidung vorzulegen:
Ist Art. 3 der Richtlinie 2009/147/EG in der Fassung vom
sowie,
das Verfahren auszusetzen.
Zur Begründung der Klage verweist der Kläger auf seine Ausführungen im Eilverfahren (M 7 S 15.3607) und im dazugehörigen Klageverfahren (M 7 K 15.3411), in denen er sich gegen einen jagdrechtlichen Bescheid des Beklagten (Anordnung eines Abschusskontingentes) gewandt hat. Weiter bezieht er sich auf sein Vorbringen im Klageverfahren gegen den Bescheid betreffend die Abschussfestsetzung des Vorjahres (M 7 K 14.4367) sowie auf seine Ausführungen im Rahmen der Anhörung. Es seien Verfahrensfehler bei der Erstellung der ergänzenden Revierweisen Aussage gemacht worden, außerdem weise diese inhaltliche Mängel und Unrichtigkeiten auf. Insbesondere werde die Aussage des Beklagten bestritten, dass eine ausreichende Waldverjüngung in dem erforderlichen Umfang in 2012 nicht erreicht gewesen sei und dass sich darin nichts geändert habe. Zudem seien bei der Abschussplanung naturschutzrechtliche Vorgaben nicht beachtet worden. Das Eigenjagdrevier liege vollständig im SPA-Gebiet ..., einem Gebiet mit höchstem Schutzstatus. Es seien demnach besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich der Lebensräume bestimmter Vogelarten zu ergreifen. Die Verlaubholzung durch eine stetige Verminderung der Herbivoren laufe den Zielen des SPA-Gebiets zuwider. Es liege eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts vor, da der Beklagte gegen die Vorgabe verstoße, den Gebietszustand schützenswerter Gebiete (Natura 2000) zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Der Lebensraum des besonders geschützten Auerhuhns werde durch zunehmende Verlaubholzung vernichtet. Der Beklagte räume nicht dem höherrangigen Gemeinschaftsrecht, sondern der Vorgabe „Wald vor Wild“ Priorität ein, so dass aufgrund des unzutreffenden Rechtsverständnisses die vorzunehmende Abwägung fehlerhaft und der Bescheid rechtswidrig und aufzuheben sei. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Managementplan noch nicht erstellt sei, da die Pflicht bestünde, dem Gemeinschaftsrecht uneingeschränkt zur Geltung zu verhelfen. Im Übrigen regle bereits § 21 Abs. 1 Satz 1 BJagdG, ohne dass es des Verweises auf das zwingende Europarecht zu Vogelschutzgebieten bedürfe, dass der Abschuss des Wildes so zu regeln sei, dass die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt würden. Auch Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 BayJG lasse die gesetzliche Vorgabe noch erahnen, Art. 32 BayJG negiere sie immerhin nicht. Weiter werde die Mitwirkung des Jagdbeirats im Vorfeld des Bescheids gerügt, da dieser nicht mit den gesetzlich vorgesehenen Mitgliedern besetzt gewesen sei. Die Beschlüsse des Jagdbeirats seien daher in gesetzeswidriger Weise ergangen und hätten vom Beklagten nicht berücksichtigt werden dürfen.
Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird auf die im Klageverfahren des Vorjahres vorgelegte Klageerwiderung vom
Das Gericht hat am
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
Gründe
Der Bescheid des Beklagten vom
Der Kläger hatte im Hauptantrag die Aufhebung des Bescheids und im Hilfsantrag dessen Teilaufhebung insoweit beantragt, als damit eine von dem Abschussplanvorschlag abweichende Festsetzung erfolgt. Er kann kein berechtigtes Interesse an der Vollaufhebung des Bescheids geltend machen, da er damit auch die im Bescheid enthaltene Anordnung in Höhe von 32 Stück Rotwild angreift, die seinem Abschussplanvorschlag entspricht.
Mit Schreiben vom .... Februar 2015 hatte der Kläger seinen Abschussplanvorschlag für Rotwild eingereicht und darin eine Stückzahl von 32 Tieren angegeben. Die Behörde ist dem Vorschlag nicht gefolgt, sondern hat den Abschussplan auf 45 Stück festgesetzt. Die Festsetzung basiert auf § 21 Absatz 2 BJagdG i. V. m. Art. 32 Absatz 1 Satz 1 BayJG und § 15 Absatz 1 Sätze 1 und 2 AVBayJG. Nach § 15 Absatz 1 Satz 1 AVBayJG ist der vom Kläger vorgelegte Abschussplan vom Beklagten zu bestätigen, wenn er den Vorgaben des § 21 Absatz 1 BJagdG und des Art. 32 Absatz 1 Satz 2 BayJG entspricht und im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand oder dem Inhaber des Eigenjagdreviers aufgestellt worden ist. In allen anderen Fällen ist der eingereichte Abschussplan, wie vorliegend geschehen, festzusetzen (§ 15 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 1 AVBayJG).
Das Gericht geht davon aus, dass die Klage eines jagdausübungsberechtigten Revierinhabers gegen einen bestätigten Abschussplan unzulässig ist (vgl. auch Frank/Käsewieter, Das Jagdrecht in Bayern, BayJG, Kommentar, S. 249, wonach gegen die Festsetzung eines Abschussplans der jagdausübungsberechtigte Revierinhaber vorgehen kann, im Unterschied zu einem einzelnen Jagdgenossen, der gegen die Festsetzung bzw. Bestätigung vorgehen kann). Denn mit einer solchen Klage wird eine antragsgemäße Entscheidung angegriffen. Eine Verletzung in eigenen Rechten ist damit zum einen offensichtlich nicht möglich, zum anderen liegt darin ein widersprüchliches Verhalten (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2001 - 1 C 35/00 - juris Rn. 15 m. w. N.; BayVGH, B.v. 25.1.1993 - 20 CS 92.3111 - juris Rn. 20, 23; Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, vor 40 Rn. 99; Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, vor 40-53 Rn. 22). Der jagdausübungsberechtigte Revier-inhaber, der sich mit einer Anfechtungsklage gegen eine aus seiner Sicht zu hohe Festsetzung wendet, kann nur insoweit dagegen vorgehen, als die Festsetzung seinen Abschussplanvorschlag übersteigt. In den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen wird - soweit ersichtlich - mit der Anfechtungsklage bzw. der Fortsetzungsfeststellungsklage lediglich die vom eigenen Vorschlag abweichende höhere Festsetzung angegriffen (vgl. etwa BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 82; VG Augsburg, U.v. 8.10.2014 - Au 4 K 14.811 - juris Rn. 31; VG Ansbach, U.v.
Das gerichtliche Vorgehen des Klägers gegen den gesamten Abschussplan und damit auch den seinem Abschussplanvorschlag entsprechenden Teil i. H. v. 32 Stück Rotwild ist demnach unzulässig. Der Kläger ist ausweislich seines Vorbringens der Auffassung, dass sein Abschussplanvorschlag den gesetzlichen Vorgaben gerecht wird. In seinem Schreiben im Rahmen der Anhörung vom 11. Juni 2015 legt er seine Auffassung zum Zustand des Waldes dar und spricht sich aufgrund des Waldbildes und der den Zielen des SPA-Gebietes zuwider laufenden Verlaubholzung gegen eine Erhöhung des Abschusses aus. Abschließend beantragt er, entweder das aktuelle Verbissgutachten abzuwarten oder die von ihm eingereichten Abschusspläne zu bestätigen. Auch in der mündlichen Verhandlung haben der Kläger und seine Bevollmächtigten deutlich gemacht, dass es nicht darum gehe, überhaupt keinen Abschuss zu tätigen.
Über den Hilfsantrag war zu entscheiden, da dem Hauptantrag nicht stattzugeben war. Die Klage ist im Hilfsantrag zulässig und begründet und der Bescheid daher teilweise aufzuheben. Soweit er einen höheren Abschuss als vom Kläger vorgeschlagen festsetzt, ist er rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO; vgl. VG Augsburg, U.v. 8.10.2014 - Au 4 K 14.811 - juris Rn. 31).
Die Rechtswidrigkeit des Bescheids ergibt sich daraus, dass der Beklagte bei der im Rahmen der Festsetzung des Abschussplans vorzunehmenden Abwägung die Belange des Naturschutzes nicht ausreichend berücksichtigt hat. Nicht tragend ist hingegen der Einwand des Klägers, der Bescheid sei wegen Mängeln in der Beschlussfassung des Jagdbeirats unheilbar rechtswidrig.
Der Kläger macht geltend, der Jagdbeirat sei nicht mit den gesetzlich vorgesehenen Mitgliedern besetzt gewesen und die insoweit gesetzeswidrig gefassten Beschlüsse hätten vom Beklagten nicht berücksichtigt werden dürfen. Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern sich Fehler bei der Beschlussfassung des Jagdbeirats auf die Rechtmäßigkeit des Bescheids auswirken, denn eine fehlerhafte Beschlussfassung liegt nicht vor. Nach Art. 50 Abs. 1 BayJG wird zur Beratung aller Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung sowie wichtiger Einzelfragen bei jeder Jagdbehörde ein Jagdbeirat (§ 37 BJagdG) gebildet, wobei Art. 50 Abs. 2, Abs. 3 BayJG dessen Besetzung bei der unteren bzw. höheren Jagdbehörde regelt. Weiter bestimmt Art. 50 Abs. 5 BayJG, dass der Vorsitzende zu den Beratungen des Jagdbeirats weitere Sachkundige hinzuziehen kann. Ausweislich der Sitzungsprotokolle für die Jagdbeiratssitzungen am 30. April und 17. Juli 2015 und der Angaben des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung haben lediglich die gesetzlich vorgesehenen Mitglieder des Jagdbeirats abgestimmt. Neben den vom Gesetz vorgeschriebenen Personen waren noch der Kreisjagdberater, der Vertreter des AELF und der Hegegemeinschaftsleiter der Hegegemeinschafts ...-West (nur am 30.4.2015, soweit es seine Hegegemeinschaft betraf) bei den Beratungen anwesend. Die Hinzuziehung dieser Personen erfolgte rechtmäßig im Rahmen des Art. 50 Abs. 5 BayJG, da es sich nach Überzeugung der Kammer dabei um sachkundige Personen handelt.
Der Bescheid ist jedoch wegen Abwägungsfehlern rechtswidrig. Nach § 21 Abs. 2 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayJG und § 14 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 AVBayJG sind für Rotwild für jeweils ein Jagdjahr Abschusspläne aufzustellen, die von der Jagdbehörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat zu bestätigen oder festzusetzen sind. Der Abschuss des Wildes ist nach § 21 Abs. 1 BJagdG so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 BayJG ist Gesetzeszweck des Bayerischen Jagdgesetzes, die jagdlichen Interessen mit den sonstigen öffentlichen Belangen, insbesondere mit den Belangen der Landeskultur, des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen. Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG legt fest, dass bei der Abschussplanung neben der körperlichen Verfassung des Wildes vorrangig der Zustand der Vegetation, insbesondere der Waldverjüngung zu berücksichtigen ist. Um den genannten rechtlichen Vorgaben gerecht zu werden, hat die untere Jagdbehörde zunächst den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und die in den gesetzlichen Vorschriften enthaltenen Belange in die Entscheidung einzustellen, sowie einen Interessenausgleich der zum Teil gegenläufigen Interessen vorzunehmen (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 30.4. 1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 38; OVG RP, U.v. 13.8.1997 - 8 A 10391/96 - juris Rn. 25; OVG NRW, U.v. 1.8.2014 - 16 A 805/13 - juris Rn. 29 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 7.1.2016 - OVG 11 S 76.15 - juris Rn. 9).
Der Jagdbehörde steht bei der Entscheidung über den vorgelegten Abschussplan und der Festsetzung kein planerischer Gestaltungsspielraum zu. Die Abschusszahl ist allerdings nicht rein mathematisch-logisch zu bestimmen, vielmehr ist der Behörde eine gewisse Bandbreite von Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt. Das Gericht untersucht die in den jagdrechtlichen Vorschriften gebrauchten unbestimmten Rechtsbegriffe daraufhin, ob die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt richtig gewertet, die verschiedenen Belange entsprechend der Zielvorgabe des Gesetzgebers zutreffend abgewogen hat und sich die Höhe des Abschusses in einem vertretbaren Zahlenrahmen befindet (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 91; BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 37 ff; OVG RP, U.v. 13.8.1997 - 8 A 10391/96 - juris Rn. 27). Der Abschussplan entspricht mithin nur dann den gesetzlichen Vorgaben, wenn keine Fehler bei der Erfassung des Sachverhalts vorliegen und die verschiedenen Belange gemäß der gesetzlichen Vorgaben abgewogen wurden (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 91; VG Augsburg, U.v. 22.1.2014 - Au 4 K 13.958 - juris Rn. 47; VG Freiburg, U.v. 24.9.2008 - 1 K 430/08 - juris Rn. 25). Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Abwägung der gesetzlich formulierten Belange macht den Abschussplan bereits rechtswidrig (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 26; OVG NRW, U.v. 1.8.2014 - 16 A 805/13 - juris Rn. 36).
So liegt der Fall hier. Die Behörde hat die Belange des Naturschutzes nicht in ausreichendem Maße in ihre Abwägungsentscheidung eingestellt.
Das Eigenjagdrevier, für das der Abschussplan gilt, liegt im Vogelschutzgebiet ... (SPA-Gebiet) und teilweise im FFH-Gebiet .... Dieses ist Teil des europaweiten Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“. Rechtsgrundlage für Natura 2000 sind die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG, erlassen am 2. April 1979 vom Rat der Europäischen, seit 15. Februar 2010 nunmehr in kodifizierter Fassung als Richtlinie 2009/147/EG vom 30. November 2009 in Kraft) und die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen).
Aus Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG) ergibt sich, dass für die in Anhang I aufgeführten Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden sind, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen. In diesem Anhang ist unter anderem das Auerhuhn (Tetrao urogallus) aufgeführt.
Die Umsetzung der „Natura 2000“ Vorgaben und damit auch der Vogelschutzrichtlinie erfolgt in Deutschland vornehmlich durch das Bundesnaturschutzgesetz (§§ 31 ff. BNatSchG) und die Landesnaturschutzgesetze (in Bayern Art. 20 ff. BayNatSchG). Für die in der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten Arten erklären die Mitgliedstaaten geeignete Gebiete zu Schutzgebieten (sog. SPA - special protection areas).
Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz hat aufgrund der Ermächtigung im BayNatSchG eine Verordnung über die Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten sowie deren Gebietsbegrenzungen und Erhaltungszielen (Vogelschutzverordnung - VoGEV vom 12. Juli 2006, in Kraft seit 1. September 2006) erlassen, in der die Europäischen Vogelschutzgebiete in Bayern einschließlich ihrer Gebietsbegrenzungen und Erhaltungsziele rechtsverbindlich festgelegt sind. Gemäß § 1 VoGEV werden die in Anlage 1 aufgeführten und näher beschriebenen Gebiete gemäß Art 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie als Europäische Vogelschutzgebiete festgesetzt. § 3 VoGEV beschreibt die Erhaltungsziele, nämlich Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in Anlage 1 für das jeweilige Gebiet aufgeführten Vogelarten und ihrer Lebensräume. In der Anlage 1 der VoGEV ist unter der Gebietsnummer DE... das ... aufgeführt. Dessen Erhaltungsziele lauten u. a.: „Erhaltung oder Wiederherstellung der Bestände von Birkhuhn, Auerhuhn (…) und deren Lebensräume, insbesondere des charakteristischen subalpinen und alpinen Gebirgsstockes mit hohem Strukturreichtum wie Hangschuttwälder und Schluchten, Borstgras- und Magerrasen, Latschengebüsche, alpine Zwergstrauchheiden, Quellmoore und Felsen als Brut-, Nahrungs- und Durchzugsgebiet“. In der gebietsbezogenen Konkretisierung der Erhaltungsziele der Regierung von Oberbayern (Stand 24.4.2008) werden für das ... als Gebiets-Typ F (Europäisches Vogelschutzgebiet, das ein FFH-Gebiet enthält) die zu erhaltenden bzw. wiederherzustellenden Bestände an Pflanzen und Tieren genauer dargelegt.
Der Kläger hat bereits im Anhörungsverfahren auf die Erhaltungsziele des SPA-Gebiets ... und die Belange des dort beheimateten besonders geschützten Auerhuhns hingewiesen. Nach einer in den Behördenakten befindlichen Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 20. November 2014 könne eine Verminderung der Wildbestandsdichte zu erhöhtem Laubgehölz-Aufwuchs führen, der sich nachteilig auf die Schneeheide-Kiefernwälder und das Auerhuhn auswirke. Es bestünde ein Zielkonflikt innerhalb des Naturschutzes, da neben der Erhaltung von Raufußhühnern und lichten Waldbeständen auch gemischte Bergmischwälder als naturschutzrechtlich hohes Gut anzusehen seien. Diese Bergmischwälder seien Lebensraum für Vögel, die ebenfalls im SPA-Gebiet ... in einem guten Populationszustand zu erhalten seien. Der Erhaltung der Restvorkommen des besonders gefährdeten Auerhuhns komme ein gewisser Vorrang zu.
Im angefochtenen Bescheid wird zu den vom Kläger im Anhörungsverfahren vorgebrachten Einwänden ausgeführt, dass derzeit ein Managementplan durch die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft erarbeitet werde. Darin würden Maßnahmen formuliert, um den Erhaltungszustand der Arten zu sichern bzw. zu verbessern. Es bleibe abzuwarten, ob und in welcher Weise sich bei der Umsetzung der Maßnahmen Auswirkungen auf die Abschussplanungen zeigten. Weiter hat sich die Behörde im Klageverfahren unter Bezugnahme auf ein Vorbringen im Vorjahresverfahren dahingehend geäußert, dass eine Verlaubholzung nicht festzustellen sei. Zwar würden nach der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde die Befürchtungen des Klägers weitgehend bestätigt, wegen der besonderen Bedeutung der Wildschäden sei aber das Forstliche Gutachten für die Abschussplanung maßgeblich. Ein Managementplan sei noch nicht erstellt und enthalte voraussichtlich keine Aussage zu Jagdmanagement, Wildbeständen oder Abschusszahlen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Behörde ergänzend dargelegt, dass die Zielsetzung für SPA-Gebiete die Erhaltung und Wiederherstellung der Lebensraumkomplexe aus großflächigen, reich strukturierten Laub-, Misch-, und Nadelwäldern mit naturnaher Struktur und Baumzusammensetzung und Erhalt von naturnahen störungsarmen Bergmischwäldern und Erhaltung und Wiederherstellung der Buchenwälder und montanen und subalpinen Fichtenwälder sei. Diese Ziele würden mit der Abschussplanung 2015/2016 verfolgt. Im Hinblick auf die große Bedeutung der Schutzwälder und des hohen Schutzwaldanteils im Revier würden keine Widersprüche zu den Natura-2000-Zielen gesehen.
Der im Bescheid enthaltene Hinweis auf noch ausstehende Managementpläne (sog. Bewirtschaftungspläne, in denen u. a. Erhaltungs- und Entwicklungsziele festgelegt und dazugehörige Maßnahmen geplant werden) ist für eine ordnungsgemäße Abwägungsentscheidung nicht ausreichend. Der Behörde ist es auch nicht gelungen, das Abwägungsdefizit nachträglich zu heilen. Daraus ergibt sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids. Im Einzelnen:
Die Belange des Naturschutzes mit den besonders zu schützenden Vogelarten wurden inhaltlich nicht in ausreichendem Maße in die Entscheidung eingestellt und auch nicht mit den übrigen im Gesetz genannten Belangen abgewogen. Die Behörde hat sie vielmehr unter Verweis auf die ausstehenden Managementpläne als (noch) nicht abwägungsrelevant eingestuft. Dies ist jedoch fehlerhaft. Die Vorgaben der in nationales Recht umgesetzten europäischen Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie sind bei der Aufstellung der Abschusspläne zu beachten und unabhängig von etwaigen Bewirtschaftungsplänen in die dabei vorzunehmende Abwägung miteinzubeziehen. Darüber hinaus enthält der zu erwartende Plan nach Angabe der unteren Naturschutzbehörde voraussichtlich ohnehin keine Aussagen zu Jagdmanagement, Wildbeständen oder Abschusszahlen. Dass naturschutzrechtliche Belange aufgrund der Lage des Jagdreviers im geschützten SPA-Gebiet relevant sind, hat die Jagdbehörde erkannt, indem sie im Laufe des Klageverfahrens betreffend den Vorjahresabschussplan eine naturschutzrechtliche Stellungnahme eingeholt hat. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem darin beschriebenen Zielkonflikt und eine Überprüfung der Abschussfestsetzung auf ihre SPA-Verträglichkeit haben bei der hier streitgegenständlichen Abschussfestsetzung dennoch nicht stattgefunden.
Es kann dahingestellt bleiben, ob Abwägungsfehler im Rahmen der Abschussplanfestsetzung grundsätzlich durch Ergänzung der Abwägungsbelange geheilt werden können und ob im Bescheid ein hinreichend konkreter Anknüpfungspunkt für eine Ergänzung der Erwägungen vorhanden ist. Voraussetzung dafür ist eine materiell-rechtliche Heilungsmöglichkeit, die in prozessualer Hinsicht - etwa unter Heranziehung des allgemeinen Rechtsgedankens aus § 114 S. 2 VwGO (vgl. BeckOK VwGO/Decker VwGO § 114 Rn. 40 m.w.N; Sodan/Ziekow, VwGO 4. Auflage 2014, § 114 Rn. 203; BayVGH, B.v. 20.7.2009 - 7 CE 09.10091 u. a. - juris Rn. 14, 17) - noch nachträglich vorgenommen werden kann. Hier kommt es darauf nicht entscheidungserheblich an, da die vom Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgetragenen Gesichtspunkte jedenfalls nicht genügen, um die Abwägungsfehler zu heilen. Er hat darin allgemein auf die Zielsetzung für SPA-Gebiete abgestellt, die mit der Abschussplanung verfolgt werde und angefügt, dass im Hinblick auf die große Bedeutung der Schutzwälder keine Widersprüche zu den Natura-2000 Zielen bestünden. Ein Eingehen auf die sich im Zielkonflikt befindlichen Belange (Erhaltung von lichten Waldflächen als Lebensraum für geschützte Vogelarten einerseits; Laubmischwälder als naturschutzrechtlich hohes Gut und Lebensraum für andere geschützte Vogelarten andererseits) sowie eine Bewertung und Gewichtung der Umstände ist damit nicht erfolgt. Es fehlt mithin an einer auf Ausgleich der zum Teil gegenläufigen Interessen abzielenden Abwägungsentscheidung.
Die vom Kläger beantragte Vorlage an den EuGH ist abzulehnen. Nach Art. 267 AEUV kann ein Gericht dem EuGH eine Frage betreffend die Auslegung der Verträge oder die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union vorlegen, wenn es eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält. Die aufgeworfene Frage lässt sich, wie aufgezeigt, bereits durch das nationale Recht lösen. Mangels Vorlage an den EuGH war auch der diesbezüglich gestellte Aussetzungsantrag abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-)
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Tenor
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Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
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Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
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Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.
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A.
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I.
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1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.
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2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.
- 4
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3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.
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Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.
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4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.
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Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.
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Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.
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Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.
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Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.
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So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.
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Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.
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Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.
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II.
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1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.
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Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.
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Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.
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Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.
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2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.
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B.
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Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.
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I.
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Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
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1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.
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a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).
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Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.
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bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.
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Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.
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b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.
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aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.
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Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.
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Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).
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Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.
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bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.
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Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.
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2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.
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a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).
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b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.
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Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.
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Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.
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Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.
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Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).
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Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.
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Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.
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II.
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Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).
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C.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
Tenor
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1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
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2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.
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3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.
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1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.
- 3
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b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).
- 4
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c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.
- 5
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Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.
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d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.
- 7
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aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.
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An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.
- 9
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bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.
- 10
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2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.
- 11
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3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.
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II.
- 12
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1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.
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2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.
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a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).
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b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.
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aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.
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bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).
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Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.
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(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).
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Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.
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Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.
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(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.
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3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.
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III.
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1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
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2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).
Tenor
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Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. September 2014 - 5 LA 92/14 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.
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Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
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Das Land Niedersachsen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
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I.
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Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Ablehnung der Zulassung der Berufung in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren. In der Sache geht es um die Versetzung der Beschwerdeführerin, einer Professorin (Besoldungsgruppe C 4), in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
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1. a) Mit Bescheid der Universität von Oktober 2011 wurde die Beschwerdeführerin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt (§ 26 Abs. 1 BeamtStG). Nach einem amtsärztlichen Gutachten von September 2011 leide die Beschwerdeführerin an einer "depressiven Erkrankung mit somatoformen Beschwerden". Sie sei auf absehbare Zeit (länger als sechs Monate) nicht in der Lage, ihren dienstlichen Aufgaben nachzukommen.
- 3
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Zudem beantragte die Universität mit Disziplinarklage von Dezember 2011, die Beschwerdeführerin wegen schwerer Dienstpflichtverletzungen aus dem Dienst zu entfernen, insbesondere weil sie über einen längeren Zeitraum keine Lehre erbracht habe. Nach erfolglosem Beschreiten des Rechtswegs hat die Beschwerdeführerin gegen das rechtskräftige Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2016 eine weitere Verfassungsbeschwerde erhoben.
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b) Das Verwaltungsgericht wies die gegen die Versetzung der Beschwerdeführerin in den Ruhestand gerichtete Klage ab. Zur Begründung stützte es sich tragend auf ein fachpsychiatrisches Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen von Januar 2014. Dieser beantwortete - gestützt auf diverse vorhandene Gutachten sowie eine persönliche Befragung der Beschwerdeführerin - die Beweisfrage nach den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin zum relevanten Zeitpunkt (Oktober 2011) abschließend mit der Diagnose "mittelgradige Depression mit Somatisierungsstörung". Im Verlauf des Gutachtens verwendete der Sachverständige allerdings die Begriffe "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Störung/Beschwerden" in Bezug auf die Beschwerdeführerin wechselnd, obwohl er an einer Stelle ausführt, beide Begriffe alternativ zu verstehen.
- 5
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Die Beschwerdeführerin hatte bereits vor dem Verwaltungsgericht den gutachterlichen Feststellungen widersprochen. Die vom Sachverständigen verwendeten Begrifflichkeiten bezeichneten völlig unterschiedliche Krankheitsbilder; das Gutachten sei daher nicht nachzuvollziehen und widersprüchlich. Einen auf die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrag der Beschwerdeführerin lehnte das Verwaltungsgericht ab. Hierzu führte es aus, das Gutachten weise "keine erkennbaren Mängel (mehr) auf" und gehe von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus. Es enthalte "ebenso keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche (mehr)" und gebe "keinen Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters". Zwar sei der Beschwerdeführerin darin Recht zu geben, dass das Gutachten die Begriffe "somatoforme Beschwerden" und "Somatisierungsstörung" wechselnd verwende und diese verschiedene Erkrankungen beschrieben. Weiter führte das Verwaltungsgericht aus: "Aber [der Sachverständige] hat in der mündlichen Verhandlung […] eingeräumt, dass er jedes Mal, wenn er den Begriff 'Somatisierungsstörung' im Gutachten verwendet hat, eigentlich 'somatoforme Beschwerden' gemeint hat. Es läge lediglich eine Falschbezeichnung vor. Damit ist der inhaltliche Widerspruch aufgelöst".
- 6
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c) Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung der Berufung wurde durch den angegriffenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts abgelehnt.
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Die Beschwerdeführerin hatte sich in ihrer Antragsbegründung ausführlich insbesondere damit auseinandergesetzt, dass das dem verwaltungsgerichtlichen Urteil zugrunde liegende Sachverständigengutachten die Entscheidung nicht tragen könne. Es entspreche insbesondere nicht dem wissenschaftlichen Standard, beruhe auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen und auf erkennbar fehlender Sachkunde des Gutachters. Namentlich hatte die Beschwerdeführerin zur fehlenden Sachkunde des Sachverständigen ausgeführt, der wechselnde Gebrauch der Fachtermini "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Störung" könne - anders als das Verwaltungsgericht annehme - nicht mit einer bloßen Falschbezeichnung gerechtfertigt werden, da die Begriffe eine völlig unterschiedliche Symptomatik beschrieben. Die Beschwerdeführerin hatte unter Verweis auf Fachliteratur ausgeführt, dass mit "somatoformen Beschwerden" körperliche Beschwerden bezeichnet würden, welche nicht direkt durch eine organische Grunderkrankung begründet seien und unter denen - je nach Beurteilungskriterien - zwischen 30 % und 80 % der erwachsenen Bundesbevölkerung gelegentlich litten (Befindlichkeitsstörungen wie Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen). Demgegenüber handele es sich bei einer "Somatisierungsstörung" um ein sehr präzise formuliertes Krankheitsbild, dessen Häufigkeit unter 0,1 % der Bevölkerung liege und mit einer Vielzahl von Körperbeschwerden unterschiedlicher Körperregionen einhergehe. Solche Merkmale seien aber bei der Beschwerdeführerin gerade nicht festgestellt worden. Hinzu komme, dass der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung ausweislich des Terminprotokolls erklärt habe, bei der Beschwerdeführerin auch keine depressiven Symptome feststellen zu können, also einen nicht unerheblichen Teil seines Gutachtens widerrufe. Dies sei mit einer Verwechslung von Fachbegriffen nicht mehr zu erklären. Die Ablehnung des von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags auf Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens begründe daher sowohl ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) als auch einen Verfahrensmangel in Form der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
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Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung seines Beschlusses insbesondere ausgeführt, die Berufung sei nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei eine fehlende Sachkunde des gerichtlichen Sachverständigen nicht zu erkennen.
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2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine in der Überspannung der Anforderungen an die Berufungszulassungsgründe liegende Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot.
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Das Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt, da das Oberverwaltungsgericht, statt über die Berufungszulassung zu entscheiden, die Entscheidung über die Berufung selbst vorweggenommen habe. Damit werde der Beschwerdeführerin nicht nur die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt unter Darlegung ihrer Rechtsauffassung und gegebenenfalls weiterer Beweisanträge in einem Berufungsverfahren zur Geltung zu bringen, sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit eines Revisionsverfahrens genommen.
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Im Hinblick auf den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) habe sie in der Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung geltend gemacht, dass das Sachverständigengutachten nicht dem wissenschaftlichen Stand entspreche, auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen sowie auf erkennbar fehlender Sachkunde des Sachverständigen beruhe. Diese Argumentation habe das Oberverwaltungsgericht nicht - wie es der bundesverfassungsgerichtliche Maßstab gebiete - auf ihre Schlüssigkeit hin überprüft. Vielmehr habe es in zahlreichen Punkten apodiktisch "durchentschieden". Ein näheres Eingehen auf die Argumentation der Beschwerdeführerin in der Begründung ihres Zulassungsantrags zum unterschiedlichen Schweregrad der Krankheiten und ihren unterschiedlichen Symptomen und Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit beziehungsweise Dienstfähigkeit der erkrankten Person finde nicht statt, ebenso wenig wie auf das Argument, dass das Gutachten bei konsequenter Ersetzung von "Somatisierungsstörung" durch "somatoforme Beschwerden" partiell jedes Sinnes entbehrte, namentlich in der Passage auf Seite 14 des Gutachtens, in dem die Abgrenzung der beiden Krankheiten vorgenommen werde. Auch ohne eigene Sachkunde hätte dem Oberverwaltungsgericht auffallen müssen, dass mit einer Diagnose "somatoformer Störungen" - der viel leichteren Erkrankung - die Dienstunfähigkeit einer Beamtin nur schwer begründbar sei. Dies näher aufzuklären, sei jedoch einem Berufungsverfahren, nicht aber dem Berufungszulassungsverfahren vorbehalten. Nur in einem Berufungsverfahren hätte die Möglichkeit bestanden, gegebenenfalls mithilfe weiterer Sachverständiger aufzuklären, ob die Argumentation der Beschwerdeführerin durchgreife, dass es einer bei ihr festgestellten somatoformen Störung an der notwendigen Nachhaltigkeit mangele, um zu einer - dauerhaften - Dienstunfähigkeit zu kommen.
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3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Land Niedersachsen hatte Gelegenheit zur Äußerung.
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II.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.
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1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere besteht das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin unabhängig vom Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens betreffend die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst beziehungsweise der Aberkennung des Ruhegehalts fort. Durch den möglichen Erfolg hinsichtlich der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit kommt die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsschutzziel in jedem Fall näher.
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Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 des Niedersächsischen Disziplinargesetzes vom 13. Oktober 2005 (NDiszG) wird der Ruhestandsbeamtin oder dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt aberkannt, wenn sie oder er als aktive Beamtin oder aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 NDiszG gilt die Entscheidung (über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis) als Aberkennung des Ruhegehalts, sofern die Beamtin oder der Beamte in den Ruhestand tritt, bevor die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unanfechtbar wird. Diese Regelungen machen deutlich, dass die Aberkennung des Ruhegehalts das Äquivalent für die disziplinarische Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in den Fällen darstellt, in denen sich die Beamtin oder der Beamte bereits im Ruhestand befindet. Ein bereits im Ruhestand befindlicher Beamter wird mithin disziplinarisch nicht verschont; vielmehr droht ihm in diesem Stadium die pekuniäre Disziplinarsanktion der Aberkennung des Ruhegehalts.
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Würde vorliegend die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit nach Zulassung und Durchführung der Berufung aufgehoben werden, wäre die Höchstmaßnahme im Disziplinarverfahren die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und nicht die - auf eine vormalige Zurruhesetzung aufsetzende - Aberkennung des Ruhegehalts; dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 NDiszG. Damit wäre die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsschutzziel auf Erhaltung ihrer vormaligen rechtlichen Situation näher als ohne verfassungsgerichtliche Aufhebung der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit, und zwar selbst dann, wenn die gegen die disziplinarische Höchstmaßnahme gerichtete Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg bleibt. Zwar müsste die Beschwerdeführerin in beiden Verfahren Erfolg haben, um ihren aktiven Status wiederzuerlangen. Aber selbst wenn die Verfassungsbeschwerde gegen die Disziplinarentscheidung ohne Erfolg bliebe, könnte sie finanzielle Vorteile möglicherweise daraus ziehen, dass sie erst mit dem Disziplinarberufungsurteil von Mai 2016 und nicht bereits durch die im Oktober 2011 für sofort vollziehbar erklärte Versetzung in den Ruhestand ihren Anspruch auf die Besoldung für aktive Beamte verlöre.
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2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Ob darüber hinaus weitere Verletzungen von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin vorliegen, bedarf keiner Entscheidung.
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a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; 125, 104 <137>; 134, 106 <118>; BVerfGK 15, 37 <46 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden.
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Der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ist daher immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; 125, 104 <140>; 134, 106 <118>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2011/10 -, juris, Rn. 17). Sie sind nicht erst gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; 125, 104 <139 f.>). Das Zulassungsverfahren hat nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfGE 125, 104 <139>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; BVerfGK 15, 37 <46 f.>; vgl. auch Gaier, NVwZ 2011, S. 385 <388 f.>; kritisch zum "Schlüssigkeitsparadigma" Rudisile, NVwZ 2012, S. 1425 <1426 f.>).
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b) Diesem Maßstab wird die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht gerecht und verkürzt damit den Zugang der Beschwerdeführerin zur Berufungsinstanz in unzumutbarer Weise.
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Die Beschwerdeführerin hatte in ihrer Begründung des Berufungszulassungsantrags zur fehlenden Sachkunde des Gutachters unter Verweis auf Fachliteratur nachvollziehbar dargelegt, dass der wechselnde Gebrauch der Fachtermini "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Beschwerden" im Sachverständigengutachten - anders als das Verwaltungsgericht annehme - nicht mit einer bloßen Falschbezeichnung gerechtfertigt werden könne, da die Begriffe eine völlig unterschiedliche Symptomatik beschrieben. Sie hatte schlüssig argumentiert, dass es sich bei der Diagnose "somatoforme Beschwerden" um eine deutlich leichtere Erkrankung handele und dass mit dieser die dauernde Dienstunfähigkeit einer Beamtin nur schwer begründbar sei. Damit hatte sie konkrete Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung dargetan.
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Unabhängig von der Frage, ob der Sachverständige angesichts des mäandernden Gebrauchs unterschiedlicher Fachtermini für ein und denselben medizinischen Sachverhalt noch als hinreichend sachkundig einzuschätzen war, hätte sich dem Oberverwaltungsgericht die Notwendigkeit der Überprüfung aufdrängen müssen, ob die der Beschwerdeführerin nach mündlicher Korrektur des Gutachtens attestierten "somatoformen Beschwerden" die Annahme einer Dienstunfähigkeit noch zu rechtfertigen vermögen. Anstatt sich mit den von der Beschwerdeführerin diesbezüglich dargelegten Zweifeln an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung auseinanderzusetzen, vollzieht das Oberverwaltungsgericht aber lediglich die Begründung des Verwaltungsgerichts nach. Das Verwaltungsgericht war indes selbst von anfänglichen erkennbaren Mängeln und inhaltlichen Widersprüchen des Sachverständigengutachtens ausgegangen. Das Oberverwaltungsgericht geht mit keinem Wort auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Zweifel ein, ob auch die - nach Korrektur des schriftlichen Sachverständigengutachtens in der mündlichen Verhandlung durch die erläuternden Äußerungen des Sachverständigen - festgestellte geringere gesundheitliche Beeinträchtigung noch die Annahme der Dienstunfähigkeit rechtfertigen könne. Indem es stattdessen die mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellte erhebliche Tatsachenfeststellung der vermeintlich eine Dienstunfähigkeit begründenden Diagnose der Beschwerdeführerin aufrechterhält, nimmt es das Ergebnis eines Berufungsverfahrens, in dem zu klären wäre, welche der beiden Diagnosen zutrifft und zugleich die Annahme der Dienstunfähigkeit zu tragen vermag, in verfassungswidriger Weise vorweg.
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Die angegriffene Entscheidung beruht auf der Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, da sich das Gericht tragend auf das gerichtliche Sachverständigengutachten gestützt hat.
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III.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Zurückverweisung der Sache ins Stadium des Zulassungsverfahrens beruht auf § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG. Ein ausnahmsweise in Betracht kommendes Durchentscheiden des Bundesverfassungsgerichts (vgl. hinsichtlich einstweiliger Anordnungen BVerfGE 35, 202 <244>; 79, 69 <79>; hinsichtlich der Revisionszulassung BVerfGE 99, 216 <245>) ist im vorliegenden Fall nicht bereits deshalb angezeigt, weil das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage des dargelegten Entscheidungsmaßstabes keine andere Möglichkeit als die Zulassung der Berufung hat und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts insofern nur wiederholen kann. Vielmehr entspricht ein Zurückverweisen in das Stadium des Berufungszulassungsverfahrens nicht nur der grundsätzlichen Funktionsteilung zwischen Fach- und Verfassungsgerichtsbarkeit. Zudem kann die Beschwerdeführerin im Berufungszulassungsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Notwendigkeit der Berufungsbegründung nach § 124a Abs. 6 und Abs. 3 Satz 3 bis 5 VwGO ordnungsgemäß belehrt werden.
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Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
Gründe
- 1
-
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Mindestabschussplans für Rotwild im Jagdbezirk des Klägers, den der Beklagte für das Jagdjahr 2013/2014 festgesetzt hatte. Die Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Mindestabschussplan sei auf der Grundlage von § 31 Landesjagdgesetz Rheinland-Pfalz (LJG RP) in formeller und materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, zum Schutz vor drohenden forstwirtschaftlichen Schäden einen Mindestabschussplan festzusetzen. Weitere Ermittlungen zum aktuellen Rotwildbestand im Jagdbezirk des Klägers seien nicht geboten gewesen. Da es sich bei Rotwild um Wechselwild handele, sei eine Bestandsschätzung ausreichend. Die Regelung in § 31 LJG RP sei nicht wegen Unvereinbarkeit mit § 21 BJagdG unwirksam oder unanwendbar. Das Jagdrecht unterliege der konkurrierenden Bundesgesetzgebung, von der die Länder abweichende Regelungen treffen könnten. Dabei habe die spätere Regelung des § 31 LJG RP Vorrang vor dem Bundesrecht. Im Übrigen weiche § 31 LJG RP inhaltlich nicht von § 21 BJagdG ab. Die landesrechtliche Konkretisierung der Anforderungen an die behördliche Entscheidung über den Abschussplan sei von der Ermächtigung in § 21 Abs. 2 Satz 5 BJagdG gedeckt, das Nähere durch Landesgesetz zu bestimmen. Eine behördliche Abschussverpflichtung sei bereits im Bundesrecht vorgesehen. Ein Widerspruch zu den materiellen Vorgaben für den Abschuss des Wildes nach § 21 Abs. 1 BJagdG bestehe nicht. Der Vorrang der waldbaulichen Ziele ergebe sich ebenso aus dieser Norm. Nur innerhalb dieser Grenzen soll die Abschussregelung zur Erhaltung eines gesunden Wildbestandes beitragen.
- 2
-
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
- 3
-
1. Die Beschwerde hält das Verhältnis von § 31 Abs. 6 und 7 LJG RP zu § 21 Abs. 1 BJagdG für klärungsbedürftig und will wissen, welche Kriterien einer Abschussplanung zugrunde zu legen sind und ob vor der Festsetzung eines Abschussplans eine Bestandsermittlung des bewirtschafteten Wildes (§ 21 Abs. 2 BJagdG) durchzuführen ist. Hintergrund ist die Annahme der Beschwerde, dass die landesrechtliche Regelung, anders als es das Berufungsgericht angenommen hat, durch Bundesrecht ergänzt werden müsse.
- 4
-
Die damit zusammenhängenden Fragen sind zum Teil schon deshalb nicht klärungsfähig, weil sie zu allgemein gehalten sind oder die Auslegung von nicht revisiblem Landesrecht erfordern, die allein dem Oberverwaltungsgericht vorbehalten ist (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO). Hingegen ist die Frage des Verhältnisses des Bundesjagdgesetzes zum rheinland-pfälzischen Jagdgesetz ohne Weiteres aus dem Gesetz zu beantworten.
- 5
-
Das Jagdwesen gehört zur konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 28 GG. Der Bund hat von seiner Gesetzgebungszuständigkeit zwar mit dem Bundesjagdgesetz Gebrauch gemacht; die Länder sind jedoch gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GG befugt, hiervon nach freiem Ermessen abweichende Regelungen zu treffen, wobei im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vorgeht (Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG). Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass das Land Rheinland-Pfalz hiervon Gebrauch gemacht habe und § 31 LJG RP der entsprechenden Regelung in § 21 BJagdG als das spätere Gesetz vorgehe (Anwendungsvorrang, vgl. dazu Sannwald, in: Schmidt-Bleitreu/Klein, Grundgesetz, 13. Aufl. 2014, Art. 72 Rn. 102 f.; Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Kommentar, 13. Aufl. 2014, Art. 72 Rn. 28 ff.). Dabei legt das Berufungsgericht offensichtlich zugrunde, dass die Vorschrift die Abschussplanung abschließend regelt. Das stimmt damit überein, dass gemäß § 1 Satz 1 LJG für das Land Rheinland-Pfalz eine eigenständige Vollregelung besteht, worauf der Beklagte zu Recht hinweist. In dieser Vorschrift heißt es, das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine) bestimme sich "abweichend vom Bundesjagdgesetz [...] ausschließlich nach diesem Gesetz". Damit beantwortet sich das von der Beschwerde als klärungsbedürftig angesehene Verhältnis des einschlägigen rheinland-pfälzischen Landesrechts zum Bundesrecht. In Fällen der Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 GG greift späteres Landesrecht in dem von ihm bestimmten Umfang. Ist, wie hier, eine Vollregelung getroffen, ist für einen Rückgriff auf Bundesrecht grundsätzlich kein Raum mehr. Das kann im Einzelfall nur dann anders sein, wenn das Landesrecht den Rückgriff selbst eröffnet. Ob das der Fall ist, beantwortet sich nach nicht revisiblem Landesrecht, dessen Auslegung dem Berufungsgericht vorbehalten ist.
- 6
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Weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde auch mit Blick auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. August 2014 - 16 A 805/13 - (RdL 2015, 59) und das von der Beschwerde vergleichend herangezogene nordrhein-westfälische Recht nicht auf. Im Unterschied zum rheinland-pfälzischen Landesjagdgesetz lautet § 1 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen: „In diesem Gesetz werden Regelungen getroffen, die das Bundesjagdgesetz [...] ergänzen oder von diesem [...] abweichen“. Damit verfolgt der nordrhein-westfälische Gesetzgeber das Konzept einer kombinierten Regelung, was von vornherein die grundsätzliche Anwendbarkeit des Bundesjagdgesetzes voraussetzt. Folgerungen für die hier fraglichen Regelungen lassen sich daraus nicht ziehen.
- 7
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2. Aus dem unter 1.) Ausgeführten beantwortet sich auch die Frage,
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ob eine automatische Erhöhung des Abschusses nach § 31 Abs. 7 Satz 2 LJG Rheinland-Pfalz in Übereinstimmung sowohl mit § 1 Abs. 2 Satz 1 BJagdG als auch mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG steht.
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Da das Land zur Abweichungsgesetzgebung befugt ist und hiervon Gebrauch gemacht hat, ist für jedweden bundesrechtlich veranlassten Rückgriff auf das Bundesjagdgesetz kein Raum. Das gilt für die Auffüllung landesrechtlicher Regelungen durch Bundesrecht ebenso wie für eine Maßstabsfunktion von Bundesrecht. Die Frage, ob das Landesrecht mit dem Bundesrecht übereinstimmt oder es korrekt umsetzt, kann sich daher nicht stellen.
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Soweit die Beschwerde die Übereinstimmung mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG zur Prüfung stellt und geklärt wissen will, ob auch die darin vorgegebenen Kriterien einer Abschussfestsetzung zugrunde zu legen sind, legt sie nicht hinreichend dar, inwiefern dies in Betracht kommen und entscheidungserheblich sein sollte. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG bleiben die Vorschriften des Jagdrechts von den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes zum Artenschutz unberührt. Nach rheinland-pfälzischem Jagdrecht ist der Abschuss so zu regeln, dass unter anderem die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gewahrt bleiben (§ 31 Abs. 1 Satz 1 LJG RP). Im Übrigen soll die Abschussregelung auch dazu beitragen, dass ein gesunder Wildbestand in angemessener Zahl erhalten bleibt (§ 31 Abs. 1 Satz 3 LJG RP). Einen weitergehenden Klärungsbedarf lässt die Beschwerde nicht hervortreten.
- 10
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3. Die Beschwerde legt auch nicht dar, inwieweit es in fallübergreifender Weise klärungsfähig sein könnte, ob die Verpflichtung zu einem Mindestabschuss mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG vereinbar ist. Insofern hätte es nicht nur der Formulierung einer hinreichend konkreten bundesrechtlichen Rechtsfrage bedurft, sondern auch einer Auseinandersetzung damit, dass Abschussregelungen nach Bundes- wie Landesrecht einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Belangen der Land- und Forstwirtschaft zum Schutz gegen Wildschäden einerseits und des Naturschutzes und der Landschaftspflege und der Jagd andererseits bezwecken (vgl. § 21 Abs. 1 BJagdG und entsprechend § 31 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 LJG RP). Was das Eigentumsgrundrecht angeht, zeigt die Beschwerde mit Blick auf die von ihr zitierte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 13. Dezember 2006 - 1 BvR 2084/05 - DVBl. 2007, 248) nicht auf, dass die streitigen Regelungen des Jagdrechts Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen, mit denen die Eigentümerinteressen unverhältnismäßig beeinträchtigt werden könnten, weil der gesetzlich beabsichtigte Ausgleich verfehlt wäre.
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4. Soweit die Beschwerde meint, das Revisionsverfahren werde Gelegenheit bieten, Art und Umfang der nach § 31 Abs. 7 LJG RP gebotenen Sachverhaltsaufklärung vor Festlegung einer Mindestabschussverpflichtung zu definieren, geht sie daran vorbei, dass es sich um Anforderungen des irrevisiblen Landesrechts handelt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
(1) Gegen den Investitionsvorrangbescheid ist, wenn die nächsthöhere Behörde nicht eine oberste Landes- oder Bundesbehörde ist, der Widerspruch und ansonsten die Anfechtungsklage zulässig; sie haben keine aufschiebende Wirkung.
(2) Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung können nur innerhalb von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Investitionsvorrangbescheids gestellt werden. Neue Tatsachen können nur bis zu dem Zeitpunkt vorgebracht und berücksichtigt werden, in dem der Vorhabenträger nachhaltig mit dem Vorhaben begonnen hat; neue investive Vorhaben können nicht geltend gemacht werden. Darauf ist der Anmelder in dem Investitionsvorrangbescheid hinzuweisen.
(3) Bei Aufhebung eines Investitionsvorrangbescheids ist der Vermögenswert zurückzuübertragen. Bei Unternehmen bestimmen sich die Einzelheiten nach dem Vertrag, bei Grundstücken und Gebäuden zusätzlich nach § 7 der Grundstücksverkehrsordnung. Die Regelungen über den Widerruf des Investitionsvorrangbescheids bleiben unberührt. Ansprüche auf Rückübertragung und Wertersatz bestehen nicht, wenn
- 1.
- a)
der Anmelder nicht innerhalb von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Investitionsvorrangbescheids einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage gestellt hat oder - b)
ein innerhalb der in Buchstabe a genannten Frist gestellter Antrag rechtskräftig abgelehnt wird und
- 2.
mit der tatsächlichen Durchführung der zugesagten Investition nachhaltig begonnen worden ist.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
(1) Wilde Tiere sind herrenlos, solange sie sich in der Freiheit befinden. Wilde Tiere in Tiergärten und Fische in Teichen oder anderen geschlossenen Privatgewässern sind nicht herrenlos.
(2) Erlangt ein gefangenes wildes Tier die Freiheit wieder, so wird es herrenlos, wenn nicht der Eigentümer das Tier unverzüglich verfolgt oder wenn er die Verfolgung aufgibt.
(3) Ein gezähmtes Tier wird herrenlos, wenn es die Gewohnheit ablegt, an den ihm bestimmten Ort zurückzukehren.
Zweck dieses Gesetzes ist insbesondere,
- 1.
den Wald wegen seines wirtschaftlichen Nutzens (Nutzfunktion) und wegen seiner Bedeutung für die Umwelt, insbesondere für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrar- und Infrastruktur und die Erholung der Bevölkerung (Schutz- und Erholungsfunktion) zu erhalten, erforderlichenfalls zu mehren und seine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern, - 2.
die Forstwirtschaft zu fördern und - 3.
einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit und den Belangen der Waldbesitzer herbeizuführen.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
„Unter materiell-rechtlichen Ausschlussfristen versteht man vom materiellen Recht gesetzte Fristen, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Sie sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, Beschluss vom 7. August 1980 – BVerwG 3 B 11.80 – Buchholz 427.6 § 30 BFG Nr. 1 und Urteil vom 16. Juni 1983 – BVerwG 3 C 16.82 – Buchholz 427.6 § 30 BFG Nr. 3 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, sofern das einschlägige Recht keine Ausnahme vorsieht (vgl. Urteile vom 17. Juli 1980 – BVerwG 7 C 101.78 – BVerwGE 60, 297, 309 und vom 3. Juni 1988 – BVerwG 8 C 79.86 – Buchholz 448.7 Art. 4 KDVNG Nr. 2 m.w.N. sowie Meyer/Borgs, VwVfG, 2. Aufl., § 31 Rn. 6).“
„Die möglichen Aufgaben, denen sich ein Wasser- und Bodenverband im Rahmen der Selbstverwaltung zuwenden kann, sind … in § 2 WVG abschließend aufgeführt. Welcher Aufgabe bzw. welchen Aufgaben aus diesem Katalog sich der Verband widmen und wie er sie erfüllen will, entscheidet er autonom durch eine entsprechende Gestaltung seiner Satzung. Das entscheidende Wesensmerkmal der Selbstverwaltung ist dabei die Eigenverantwortlichkeit, mit der der Verband als ein freies Glied staatlicher Organisation die übernommenen Aufgaben als eigene Aufgaben im öffentlichen Interesse erledigt (Brüning, ZfW 2004, 129 <131, 137>).“
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand, er rügt insbesondere die unterlassene Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements.
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Der 1956 geborene Kläger stand als Fernmeldebetriebsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) im Dienst der Beklagten und ist durch gesetzliche Überleitung der Deutschen Telekom AG zur Dienstleistung zugewiesen. 2003 wies ihn diese der Personalserviceagentur Vivento zu. Der Kläger war ab 2005 wiederholt längerfristig und ist seit Mai 2007 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt.
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Eine von der Beklagten daraufhin veranlasste ärztliche Begutachtung diagnostizierte eine Erschöpfungsdepression. Ein Leistungsvermögen bestehe aktuell nicht, prognostisch könne aber nach einer stufenweisen Wiedereingliederung mit der Wiederaufnahme vollschichtiger Arbeit gerechnet werden. Die Aufforderung, einen mit seinem Hausarzt abgestimmten Wiedereingliederungsplan vorzulegen, lehnte der Kläger unter Bezugnahme auf ein von diesem ausgestelltes Attest ab. Nach diesem war der Kläger weiterhin arbeitsunfähig und eine stufenweise Eingliederung in den Arbeitsprozess nicht möglich. Nach wiederholten Untersuchungen und erfolglosen Aufforderungen zur Vorlage eines Wiedereingliederungsplans kam der von der Beklagten beauftragte Gutachter im Oktober 2008 zu dem Ergebnis, dass die Leistungseinschränkung dauerhaft sei und auch unterhalbschichtige Tätigkeiten ausschließe. Angesichts der Tatsache, dass trotz regelmäßiger fachärztlicher Behandlung eine Verbesserung nicht habe erzielt werden können, sei eine positive Prognose nicht mehr möglich. Die Beklagte versetzte den Kläger daraufhin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.
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Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch hat der Kläger insbesondere vorgetragen, bevor ein Beamter wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden könne, müsse der Dienstherr betriebliche Eingliederungsmaßnahmen durchführen und die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung umfassend prüfen. Beides habe nicht stattgefunden, vielmehr sei ihm ausschließlich eine seinem Gesundheitszustand nicht angemessene und unterwertige Tätigkeit als Wiedereingliederungsmaßnahme angeboten worden. Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück.
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Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung insbesondere darauf verwiesen, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Voraussetzung für die Zurruhesetzung eines Beamten sei. Die Beklagte habe angesichts der fehlenden Restleistungsfähigkeit auch keine weitergehende Prüfung einer anderweitigen Verwendung des Klägers anstellen müssen. Bedenken gegen die ärztlichen Stellungnahmen bestünden nicht.
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Mit der Revision beantragt der Kläger,
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die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. März 2012 und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 3. Juni 2010 sowie den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 13. Januar 2009 in Gestalt deren Widerspruchsbescheids vom 20. April 2009 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil es die Maßstäbe für die Dienstunfähigkeit eines Beamten (1.) unzutreffend auf den Tätigkeitsbereich bei einem Postnachfolgeunternehmen angewendet hat (2.). Die Entscheidung erweist sich im Ergebnis gleichwohl als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil diesem Fehler angesichts des körperlichen und gesundheitlichen Zustands des Klägers, der zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids jegliche Dienstleistung ausschloss, keine Entscheidungserheblichkeit zukommt (3.). Die angefochtene Versetzung des Klägers in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX unterblieben ist (4.).
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1. Die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung der Dienstunfähigkeit voraus.
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a) Rechtsgrundlage der angegriffenen Verfügung ist § 44 BBG in der Fassung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <170>), weil die Vorschriften des neuen Bundesbeamtengesetzes noch vor Erlass des Widerspruchsbescheids in Kraft getreten sind. Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 11 m.w.N.).
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Der Anwendung des Bundesbeamtengesetzes steht nicht entgegen, dass der Kläger während seiner letzten Dienstjahre bei der Deutschen Telekom AG und nicht in der Bundesverwaltung tätig war. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost - PostPersRG - vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325 <2353>) in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <272>) finden auf die bei den Aktiengesellschaften tätigen Bundesbeamten die für Bundesbeamte allgemein geltenden Vorschriften Anwendung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (vgl. Urteil vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 = NVwZ-RR 2009, 893, jeweils Rn. 10 ff.).
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Nach § 44 Abs. 1 BBG ist ein Beamter auf Lebenszeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dienstunfähig und nicht anderweitig verwendbar ist. Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist damit zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Nach dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" scheidet ein Beamter nur dann aus dem aktiven Dienst aus, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann (§ 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 bis 5 BBG). Für noch mögliche Verwendungen besteht eine gesetzliche Suchpflicht des Dienstherrn (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 25 ff.; hierzu auch Beschluss vom 6. März 2012 - BVerwG 2 A 5.10 - juris Rn. 4). Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, unter Beibehaltung des übertragenen Amtes aber seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, ist er für begrenzt dienstfähig zu erklären (§ 45 Abs. 1 BBG; hierzu auch Urteil vom 30. August 2012 - BVerwG 2 C 82.10 - Buchholz 237.6 § 54 NdsLBG Nr. 3 = NVwZ-RR 2012, 928, jeweils Rn. 11).
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b) Dienstunfähig ist ein Beamter gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG, wenn er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist.
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Der Dienstunfähigkeitsbegriff des § 44 BBG ist amtsbezogen (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 BBG: "anderes Amt"). Er knüpft an den Aufgabenkreis an, der dem Inhaber des jeweiligen Statusamts bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist (Amt im abstrakt-funktionellen Sinn: Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 11). Beschäftigungen in diesem Funktionsbereich sind amtsangemessen (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 - 2 BvL 16/82 - BVerfGE 70, 251 <266 f.>) und können dem Beamten jederzeit übertragen werden (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <56 f.>). Nicht maßgebend ist dagegen, ob der Beamte auch die Aufgaben des von ihm zuletzt wahrgenommenen Dienstpostens (Amt im konkret-funktionellen Sinn) erfüllen kann (Urteil vom 26. März 2009 a.a.O. Rn. 14). Dienstunfähigkeit setzt damit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (stRspr; vgl. Urteile vom 23. September 2004 a.a.O. S. 55, vom 30. August 2012 a.a.O. Rn. 11 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19).
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Bei den privatrechtlich organisierten Unternehmen der Deutschen Telekom AG gibt es keine Ämterstruktur, wie sie § 18 BBesG für Behörden vorsieht. Die Bewertung der Funktionen und die Zuordnung der Aufgabenkreise zu einem bestimmten Statusamt, die Grundlage für die Bestimmung des amtsangemessenen und damit maßgeblichen Aufgabenkreises ist (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 27; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 - NVwZ 2013, 1603 Rn. 19), liegt hier nicht vor. Daher müssen die in § 18 BBesG verwendeten Begriffe der Ämter und ihrer Wertigkeit an die organisatorischen Gegebenheiten der Postnachfolgeunternehmen angepasst werden. Diese Aufgabe erfüllt § 8 PostPersRG, der anordnet, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Aktiengesellschaften als amtsgemäße Funktionen gelten. Die Gleichwertigkeit der einem Beamten übertragenen Tätigkeit ist aufgrund eines Funktionsvergleichs mit den Tätigkeiten bei der früheren Bundespost zu beurteilen. Eine nach diesem Maßstab gleichwertige Tätigkeit gilt als amtsangemessene Beschäftigung (vgl. Urteil vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - BVerwGE 123, 107 <113> = Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 28 S. 8).
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Welche Anforderungen an die Erfüllung der jeweiligen Dienstpflichten zu stellen sind, legt der Dienstherr in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die Leistungsfähigkeit zu messen ist (Urteile vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 12 und vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 18). Er muss deshalb auch den ärztlichen Begutachtungen zugrunde gelegt werden.
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c) Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt (Urteil vom 27. Juni 2013 - BVerwG 2 C 67.11 - NVwZ-RR 2013, 1007 Rn. 11). Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff. hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung; zum Erfordernis eines durch Gesetz eröffneten Beurteilungsspielraums auch BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <22>).
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Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die gesundheitsbedingten Leistungsbeeinträchtigungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend sieht § 47 Abs. 1 Satz 1 BBG vor, dass die Einschätzung des Dienstherrn auf ein ärztliches Gutachten gestützt sein muss. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (Urteile vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11 und vom 30. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 31 ff.). Dies gilt insbesondere für die Feststellung, welche Folgen sich aus den ärztlich festgestellten Leistungseinschränkungen für die amtsbezogenen Dienstpflichten ergeben.
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Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BBG kann die ärztliche Untersuchung nur einem Amtsarzt oder einem Arzt, der als Gutachter zugelassen ist, übertragen werden. Welcher Arzt mit der Fertigung von Gutachten beauftragt werden kann, wird durch die oberste Dienstbehörde (oder durch eine von dieser ermächtigte nachgeordnete Behörde) bestimmt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 und 3 BBG). Durch diese generalisierende Regelung wurden die vorangegangenen Sonderregelungen zu Betriebs- und Vertrauensärzten - wie für den Bereich der Telekom in § 4 Abs. 4 PostPersRG in der Fassung des Gesetzes vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325 <2353>) - überflüssig (vgl. BTDrucks 14/7064, S. 49 und 54).
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Allerdings kann das Gutachten eines vom Dienstherrn ausgewählten und beauftragten Arztes der Stellungnahme eines Amtsarztes nicht gleichgestellt werden. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist wiederholt klargestellt worden, dass der medizinischen Beurteilung eines Amtsarztes unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorrang gegenüber privatärztlichen Stellungnahmen eingeräumt werden kann (Urteile vom 9. Oktober 2002 - BVerwG 1 D 3.02 - juris Rn. 22, vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 37 und vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 2.05 - juris Rn. 35; Beschlüsse vom 15. Februar 2010 - BVerwG 2 B 126.09 - Buchholz 232.0 § 96 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 18 und vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn. 5). Dieser eingeschränkte Vorrang im Konfliktfall findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes, der Beamten und Dienststelle gleichermaßen fernsteht. Entsprechendes kann für die Gutachten eines von der Beklagten ausgewählten und bezahlten Gutachters nicht angenommen werden, auch wenn dieser Arzt als Gutachter zugelassen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BBG). Insoweit fehlt es sowohl an Rechtsnormen, die die Neutralität und Unabhängigkeit dieser Ärzte begründen und gewährleisten (vgl. Beschluss vom 15. Februar 2010 a.a.O. Rn. 18), als auch an der für die Annahme einer unabhängigen Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Distanz zu den Beteiligten.
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2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch versäumt, den Maßstab für die Beurteilung der dem Kläger verbliebenen Leistungsfähigkeit, sein abstrakt-funktionelles Amt, zu bestimmen.
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Aus der Amtsbezogenheit des Begriffs der Dienstunfähigkeit folgt, dass der Gesundheitszustand des Beamten und die sich hieraus ergebenen Einschränkungen seines Leistungsvermögens in Bezug zu den Anforderungen seines Amtes gesetzt werden müssen. Dienstunfähigkeit liegt vor, wenn der Beamte voraussichtlich dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Bezugspunkt dieses Aufgabenkreises ist das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, sodass alle Dienstposten in den Blick zu nehmen sind, die bei der Beschäftigungsbehörde in der Wertigkeit des dem Beamten übertragenen Statusamtes eingerichtet sind (Urteil vom 30. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 30). Dienstunfähig ist der Beamte, wenn seine amtsangemessene Beschäftigung - auf irgendeinem dieser Dienstposten - aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist.
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Die Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Beamten nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG setzt damit die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten voraus. Nur so kann geprüft und festgestellt werden, ob ein Dienstposten - oder im Falle eines Postnachfolgeunternehmens eine Tätigkeit - zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und auch gesundheitlich für ihn geeignet ist. Welche Tätigkeiten bei dem Unternehmen, dem der Kläger nach § 4 Abs. 4 PostPersRG zugewiesen ist, als gleichwertig mit dem Funktionsbereich eines Fernmeldebetriebsinspektors der früheren Bundespost erachtet werden können (vgl. § 8 PostPersRG), hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt.
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Hierzu hätte zunächst ermittelt werden müssen, welcher mögliche Aufgabenkreis für den Kläger in der ihn betreffenden Zuweisungsverfügung festgelegt worden ist. Dieser umschreibt - wie bei einem abstrakt-funktionellen Amt - den Kreis der bei dem Tochterunternehmen möglichen amtsangemessenen Tätigkeiten. Bei einer dauerhaften Zuweisung nach § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG müssen sowohl der mögliche als auch der konkret zu erfüllende Aufgabenbereich in der Zuweisungsverfügung festgelegt werden (Beschluss vom 3. April 2014 - BVerwG 2 B 70.12 - IÖD 2014, 124 <127>). Nur so kann der hergebrachte Grundsatz amtsangemessener Beschäftigung auch nach Überleitung zu einem Postnachfolgeunternehmen gewährleistet werden (Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 13 ff.).
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Bei einer Zuweisung zu der Personalserviceagentur Vivento ist den Betroffenen nach den Erkenntnissen des erkennenden Senats jedenfalls in der Vergangenheit ein Aufgabenbereich nicht zugewiesen worden (vgl. Urteile vom 22. Juni 2006 a.a.O. Rn. 23 ff., vom 18. September 2008 - BVerwG 2 C 126.07 - BVerwGE 132, 40 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 99, jeweils Rn. 11 ff. und vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 20). Aufgrund dieses, mit Art. 33 Abs. 5 GG und den Vorgaben des Postpersonalrechtsgesetzes nicht in Einklang stehenden Fehlens einer amtsangemessenen Beschäftigung hat der erkennende Senat deshalb auch die Verpflichtung der Deutschen Telekom AG ausgesprochen, Beamte auf entsprechenden Antrag von Vivento "wegzuversetzen" (Urteil vom 18. September 2008 a.a.O. Rn. 13). Die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten im Falle der Zuweisung eines Beamten zur Personalserviceagentur Vivento im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bereitet daher Schwierigkeiten.
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3. Dass das Oberverwaltungsgericht es versäumt hat, den maßgeblichen rechtlichen Maßstab in der gebotenen Weise näher zu bestimmen, also den Gesundheitszustand des Klägers in Bezug zu den Anforderungen eines ihm bei Vivento zugewiesenen Aufgabenbereichs zu setzen, ist jedoch im konkreten Fall unschädlich. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchs aus gesundheitlichen Gründen generell nicht in der Lage, Dienst zu leisten.
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a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - und den gemäß § 130b Satz 1 VwGO in Bezug genommenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts - verfügte der Kläger über keinerlei Restleistungsvermögen und konnte daher überhaupt keine berufliche Tätigkeit mehr ausüben. In sämtlichen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vorliegenden ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen hatte es selbst an Ansatzpunkten für eine wenigstens teilweise vorhandene Leistungsfähigkeit des Klägers im Bereich seines abstrakt-funktionellen Amtes sowie für anderweitige Verwendungen gefehlt.
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Diese Feststellungen sind vom Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden und daher auch für die Beurteilung des Revisionsgerichts bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO).
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Zwar hat der Kläger geltend gemacht, das Oberverwaltungsgericht habe dadurch gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, dass es weitere Maßnahmen zur Erforschung der Ursache des ermittelten Krankheitsbildes unterlassen habe. Bei zutreffender Beweiserhebung hätte sich ein direkter Zusammenhang zwischen "der vom Kläger durchlebten und für ihn frustrierenden beruflichen Phase" und seinem Gesundheitszustand ergeben. Diese Rüge ist indes nicht begründet.
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Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die hier entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters (Beschluss vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn 4 m.w.N.). Das Gericht kann hierfür ein im Verwaltungsverfahren erstelltes ärztliches Gutachten heranziehen. Demgemäß hat das Oberverwaltungsgericht seine Feststellungen zum gesundheitlichen Zustand des Klägers und der hieraus folgenden Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit auf die Stellungnahme des von der Beklagten nach § 48 Abs. 1 BBG beauftragten Gutachters sowie die Atteste des Hausarztes des Klägers gestützt.
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Über die Einholung eines weiteren Gutachtens entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO). Die unterlassene Einholung zusätzlicher Gutachten kann deshalb nur dann verfahrensfehlerhaft sein, wenn die vorliegenden Gutachten ihren Zweck nicht zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Liegen dem Gericht bereits sachverständige Äußerungen zu einem Beweisthema vor, muss es ein zusätzliches Gutachten nur einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Beschlüsse vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7 und vom 25. Feb-ruar 2013 - BVerwG 2 B 57.12 - juris Rn. 5).
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Das Vorliegen eines solchen Mangels zeigt die Rüge nicht auf. Der Kläger hat die nunmehr vermisste Sachverhaltsaufklärung ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2 und § 165 ZPO) weder im Verfahren vor dem Tatsachengericht beantragt noch ist dargelegt, dass sich dem Oberverwaltungsgericht weitere Ermittlungen zu der bezeichneten Frage auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. zum Darlegungserfordernis Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14 f. sowie zuletzt vom 31. Januar 2014 - BVerwG 2 B 88.13 - juris Rn. 5).
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Die ärztlichen Befundberichte des Facharztes Dr. T., auf die in der Rüge Bezug genommen wird, sind vielmehr weder der Beklagten im Verwaltungsverfahren noch den Tatsachengerichten vorgelegt worden. Der Kläger hat im Klageverfahren zwar umfangreich zu seiner Erkrankung vorgetragen und auch nachträglich erstellte Gutachten vorgelegt, wie etwa das Attest seines Hausarztes Dr. S. vom 31. März 2010; eine Behandlung oder Begutachtung durch den Facharzt Dr. T. hat er jedoch nicht erwähnt. Die Existenz der fachärztlichen Bescheinigungen aus den Jahren 2007 und 2008 ist vielmehr erstmals im Rahmen der Begründung des Antrags auf Zulassung der Revision offenbart worden. Die Erkenntnisse aus den Gutachten konnten folglich weder von der Beklagten bei ihrer Entscheidung berücksichtigt werden noch konnten sie dem Oberverwaltungsgericht Anlass für weitere Aufklärungsmaßnahmen geben. Auf die weitere Frage, ob die Ermittlung der Krankheitsursache entscheidungserheblich gewesen wäre, kommt es daher nicht an.
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b) Die Feststellung der amtsbezogenen Anforderungen ist indes entbehrlich, wenn der Beamte auf absehbare Zeit keinerlei Dienst leisten kann (Summer, in: GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil 2c, Stand: Mai 2014, L § 44 Rn. 6 und 16; zur Unfähigkeit "jedweder Beschäftigung" auch BAG, Urteil vom 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - NZA-RR 2008, 515 Rn. 32). Kann der Beamte gar nicht auf der Dienststelle erscheinen, weil er generell arbeits- und dienstunfähig ist, kommt es auf die konkreten Anforderungen der in Betracht kommenden Tätigkeitsfelder nicht mehr an.
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Entsprechendes gilt für die aus § 44 Abs. 3 BBG folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung. Auch diese besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist (Urteil vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 40).
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4. Die angefochtene Verfügung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil kein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX durchgeführt wurde.
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Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX klärt der Arbeitgeber, wenn Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, mit der zuständigen Interessenvertretung, ggf. der Schwerbehindertenvertretung und der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).
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a) Die Vorschrift findet auch auf Beamte Anwendung (ebenso Beschluss vom 4. September 2012 - BVerwG 6 P 5.11 - BVerwGE 144, 156 = Buchholz 251.7 § 65 NWPersVG Nr. 3, jeweils Rn. 12).
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Nach § 68 Abs. 1 SGB IX gelten die Regelungen aus Teil 2 des SGB IX für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen; eine Ausnahme für Beamte ist nicht vorgesehen. Grundsätzlich richten sich die besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen aber auch an öffentliche Arbeitgeber (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB IX), bei denen Beamte beschäftigt werden (§ 73 Abs. 1 SGB IX). Anderes folgt auch nicht aus dem Regelungsgehalt des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX selbst. Die Norm gilt zwar trotz ihrer systematischen Stellung in Teil 2 des SGB IX auch für nicht behinderte Beschäftigte (BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 35), sie enthält indes keine Einschränkungen für Beamte. Dementsprechend nimmt § 93 Satz 2 SGB IX auch auf Personal-, Richter-, Staatsanwalts- und Präsidialräte Bezug.
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§ 84 Abs. 2 SGB IX kann auch systematisch in Einklang mit den bestehenden Vorschriften zur Dienstunfähigkeit von Beamten gebracht werden. Die Verfahren stehen in den Fällen krankheitsbedingter Fehlzeiten in einem zeitlich gestaffelten Stufenverhältnis zueinander. Während das betriebliche Eingliederungsmanagement als frühzeitiges Instrumentarium auf die Wiederherstellung und dauerhafte Sicherung der Beschäftigungsmöglichkeit und damit auf die Vermeidung einer Dienstunfähigkeit zielt, knüpft das dienstrechtliche Instrumentarium an eine gesundheitsbedingte Dienstunfähigkeit an.
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Voraussetzung für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX sind krankheitsbedingte Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres. Der Mechanismus greift daher oftmals früher als das dienstrechtliche Instrumentarium (vgl. z.B. § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG) und unabhängig davon, ob aus den Fehlzeiten auf eine mögliche Dienstunfähigkeit geschlossen werden kann (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 27). Auch die sich aus dem betrieblichen Eingliederungsmanagement ergebenen Reaktionsmöglichkeiten sind nicht auf den amtsbezogenen Dienstfähigkeitsbegriff ausgerichtet und umfassen damit auch "niederschwelligere" Vorfeldmaßnahmen, wie etwa den Einsatz von technischen Hilfsmitteln, die Anpassung des Arbeitsgeräts, die Umgestaltung des Arbeitsplatzes, die Verteilung von Arbeitszeiten oder Umsetzungen. Der Sache nach erfordert das betriebliche Eingliederungsmanagement eine Analyse der bestehenden Arbeitsbedingungen im Hinblick auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Beschäftigten, um Möglichkeiten einer leidensgerechten Anpassung des konkreten Arbeitsplatzes auszuloten. Bezugspunkt der Dienstfähigkeit einer Beamtin oder eines Beamten dagegen ist das jeweilige abstrakt-funktionelle Amt.
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Können auch mit Hilfe des durch § 84 Abs. 2 SGB IX vorgegebenen Suchprozesses alternative Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht aufgezeigt werden, liegen ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die ernsthafte Besorgnis einer Dienstunfähigkeit vor (vgl. zum arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzverfahren auch BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - NZA 2010, 398 Rn. 24, dort sogar zur Präklusionswirkung des erfolglos durchgeführten betrieblichen Eingliederungsmanagements). Dem präventiv ausgerichteten betrieblichen Eingliederungsmanagement schließt sich ein dienstrechtliches Verfahren an, das die Prüfung der Dienstunfähigkeit in den Blick nimmt und - als ultima ratio - zur Versetzung in den Ruhestand führen kann.
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Diese zeitliche Staffelung entspricht auch dem Übergang des vom Freiwilligkeitsprinzip gekennzeichneten betrieblichen Eingliederungsmanagements auf das dienstrechtliche Verfahren, mit der dort bestehenden Möglichkeit, den Beamten zur Durchführung einer ärztlichen Untersuchung anzuweisen. Der Gesetzgeber hat die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX an die Zustimmung des Betroffenen geknüpft. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass Wiedereingliederungsbemühungen ohne oder gar gegen den Willen des Betroffenen von vornherein zum Scheitern verurteilt sind (Beschluss vom 23. Juni 2010 - BVerwG 6 P 8.09 - BVerwGE 137, 148 = Buchholz 251.2 § 73 BlnPersVG Nr. 1, jeweils Rn. 40). In praktischer Hinsicht ergibt sich dies schon daraus, dass ohne Kenntnis der Krankheitsursachen und der einzelnen Krankheitswirkungen die vorgesehene Klärung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten nicht erfolgen kann.
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Das dienstrechtliche Verfahren dagegen setzt eine Einwilligung des Betroffenen nicht voraus. Bestehen Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten, sind diese von der Behörde - schon im Interesse der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung - aufzuklären. Hierzu hat sich der Beamte gemäß § 44 Abs. 6 BBG nach Weisung auch ärztlich untersuchen zu lassen. Weigert sich der Beamte einer ordnungsgemäßen Untersuchungsanordnung (vgl. zu den hierfür bestehenden Anforderungen Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 18 ff.) Folge zu leisten, kann die Verweigerung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des betroffenen Beamten gewertet werden. Danach kann im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert (Urteil vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 12).
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Das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX kann daher als Ausdruck und Konkretisierung der Fürsorgepflicht verstanden werden, mit dem ein "gesetzlich verankertes Frühwarnsystem" (Ritz/Schian, in: Cramer/Fuchs/Hirsch/Ritz, SGB IX, 6. Aufl. 2011, § 84 Rn. 24) etabliert wird. Der Dienstherr muss bereits zu einem frühen Zeitpunkt, überwacht und unterstützt durch den Personalrat und ggf. die Schwerbehindertenvertretung, die Initiative ergreifen und ein gesetzlich vorgegebenes Suchverfahren zur Überwindung der bestehenden Probleme anbieten. Kann damit keine Verbesserung erzielt werden, schließt sich ein dienstrechtliches Verfahren mit dem dort vorgesehenen Instrumentarium an. Der Beamte hat sich dann ggf. auch einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
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b) Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist aber keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass einer Verfügung, mit der ein Beamter wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt wird.
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§ 84 Abs. 2 SGB IX regelt die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht. Insbesondere ist das Verfahren nach § 84 Abs. 2 SGB IX - anders als die Zustimmung des Integrationsamts in § 85 SGB IX - nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung einer arbeitsrechtlichen Kündigung ausgestaltet (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 36). Ein Unterlassen führt daher auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht zur Rechtswidrigkeit einer Kündigung, sondern lediglich zur Verschiebung der Darlegungs- und Beweislastverteilung in einem hierauf bezogenen Gerichtsverfahren (vgl. BAG, Urteile vom 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - NZA-RR 2008, 515 Rn. 27, vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 17 ff., vom 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - BAGE 135, 361 Rn. 14 und vom 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - NZA 2011, 993 Rn. 25).
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Diese Einschätzung gilt für das öffentliche Dienstrecht erst recht. Die Annahme einer zwingenden Rechtswidrigkeitsfolge der Ruhestandsversetzung im Falle eines unterbliebenen betrieblichen Eingliederungsmanagements ist mit dem Regelungssystem des Bundesbeamtengesetzes nicht in Einklang zu bringen. Ist ein Beamter wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten des ihm zuletzt übertragenen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn als dauernd unfähig anzusehen und kommt auch eine anderweitige oder zeitlich begrenzte Verwendung des Beamten nicht in Betracht, so ist er in den Ruhestand zu versetzen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BBG). Diese gesetzliche Anordnung steht nicht unter dem Vorbehalt, dass zuvor ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt worden ist; vielmehr ist im Falle der genannten Voraussetzungen für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements kein Raum mehr. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt vor, sind abweichende Entscheidungen auch dann nicht mehr denkbar, wenn die Möglichkeiten der präventiven Wiedereingliederung nach § 84 Abs. 2 SGB IX versäumt worden sind.
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Die in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX enthaltene Verpflichtung ist auch kein Bestandteil des auf den Erlass einer Ruhestandsversetzung gerichteten Verwaltungsverfahrens (vgl. § 9 VwVfG). Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist bereits förmlich nicht als Verfahrensschritt eines Verfahrens nach § 44 ff. BBG ausgestaltet, das gesetzliche Regelungsgefüge sieht eine Verzahnung der jeweiligen Verfahren nicht vor. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist auch nicht auf den Abschluss eines Zurruhesetzungsverfahrens gerichtet; es dient vielmehr dazu, bereits den Eintritt einer Dienstunfähigkeit und damit den materiellen Anknüpfungspunkt entsprechender Verfahren zu vermeiden. Schließlich knüpft das betriebliche Eingliederungsmanagement materiell an andere Voraussetzungen an als § 44 Abs. 1 BBG. Die Anordnung in § 84 Abs. 2 SGB IX und das Dienstunfähigkeitsverfahren sind jeweils eigenständige Verfahren, die in rechtlicher Hinsicht nicht verknüpft sind.
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Der Verstoß gegen die aus § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX folgende Verpflichtung des Dienstherrn, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen oder jedenfalls anzubieten, kann daher nur mittelbare Folgen für das Zurruhesetzungsverfahren eines Beamten wegen dauernder Dienstunfähigkeit entfalten (ähnlich auch BGH, Urteil des Dienstgerichts des Bundes vom 20. Dezember 2006 - RiZ (R) 2/06 - NVwZ-RR 2007, 328 zu § 84 Abs. 1 SGB IX).
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Dies gilt insbesondere für die Einleitung des Verfahrens. Bereits die Anordnung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, setzt substanzielle Zweifel an der dauernden Dienstfähigkeit des Beamten voraus. Der Dienstherr ist nur dann zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn tatsächliche Umstände gegeben sind, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig (Urteile vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 19 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19). Diese liegen nach ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements regelmäßig vor. Unterlässt der Dienstherr dagegen die ihm gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX obliegende Verpflichtung, muss er die Begründung einer Untersuchungsanordnung auf anderweitige, ausreichende Tatsachenfeststellungen stützen.
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Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Ausschluss einer anderweitigen Verwendbarkeit (§ 44 Abs. 1 Satz 3 BBG). Auch diese Voraussetzung einer Versetzung in den Ruhestand prüft das Verwaltungsgericht im Streitfall gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO von Amts wegen; kann sie nicht festgestellt werden, hat die Verfügung keinen Bestand. Dabei ist es Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 44 Abs. 3 BBG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 30). Auch insoweit entlastet es den Dienstherrn hinsichtlich des Bereichs der betroffenen Dienststelle, wenn auch die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten aufzuzeigen vermocht hat.
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c) Der angefochtenen Verfügung haften auch keine sonstigen Verfahrensfehler an.
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Der Kläger ist ordnungsgemäß angehört und auf die beabsichtige Versetzung in den Ruhestand hingewiesen worden. § 47 Abs. 1 BBG enthält insoweit keine Einschränkung auf den unmittelbaren Dienstvorgesetzten; Dienstvorgesetzter ist auch der Vorstand der Telekom AG (§ 1 Abs. 2 PostPersRG).
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Eine Beteiligung des Betriebsrats war nicht erforderlich. Nach § 24 Abs. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 5 Satz 1 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG wirkt der Personalrat bei einer Versetzung in den Ruhestand zwar mit; er wird aber nur auf Antrag des Beschäftigten beteiligt (§ 29 Abs. 5 Satz 2 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 2 Satz 2 BPersVG). Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger nicht gestellt, obwohl er von der Beklagten auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist (vgl. hierzu Urteil vom 9. Dezember 1999 - BVerwG 2 C 4.99 - BVerwGE 110, 173 <177> = Buchholz 232 § 35 BBG Nr. 4 S. 3).
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Die Beklagte hat auch ordnungsgemäß über die vom Kläger erhobenen Einwendungen befunden. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 BBG entscheidet die für die Ernennung zuständige Behörde im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde über die Einwendungen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG ernennt und entlässt das Bundesministerium der Finanzen die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten der Bundesbesoldungsordnung A; es kann diese Befugnis nach Satz 3 auf den Vorstand (und andere) übertragen. Von dieser Übertragungsmöglichkeit ist durch Abschnitt II der Anordnung zur Übertragung dienstrechtlicher Zuständigkeiten für den Bereich der Deutschen Telekom AG vom 17. Dezember 2003 (BGBl I S. 2919; geändert durch Anordnung vom 21. Dezember 2005, BGBl I S. 3727) Gebrauch gemacht worden. Der Vorstand der Deutschen Telekom AG war daher im maßgeblichen Zeitpunkt zur Entscheidung berufen.
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Anstelle des Einvernehmens der obersten Dienstbehörde, deren Befugnisse der Vorstand der Deutschen Telekom AG selbst wahrnimmt (§ 1 Abs. 2 PostPersRG), sehen § 1 Abs. 6 Satz 1 PostPersRG, § 3 Abs. 1 Nr. 5 und § 16 BAPostG eine Rechtmäßigkeitsprüfung durch die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vor. Diese hat stattgefunden, dabei sind keine Einwände erhoben worden.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
(1) Für mehrere zusammenhängende Jagdbezirke können die Jagdausübungsberechtigten zum Zwecke der Hege des Wildes eine Hegegemeinschaft als privatrechtlichen Zusammenschluß bilden.
(2) Abweichend von Absatz 1 können die Länder bestimmen, daß für mehrere zusammenhängende Jagdbezirke die Jagdausübungsberechtigten zum Zwecke der Hege des Wildes eine Hegegemeinschaft bilden, falls diese aus Gründen der Hege im Sinne des § 1 Abs. 2 erforderlich ist und eine an alle betroffenen Jagdausübungsberechtigten gerichtete Aufforderung der zuständigen Behörde, innerhalb einer bestimmten Frist eine Hegegemeinschaft zu gründen, ohne Erfolg geblieben ist.
(3) Das Nähere regeln die Länder.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
II.
< höher als 1600 m üNN >, Bergmischwälder an den Unter- und Mittelhängen sowie Feucht- und Moorwälder in den Ebenen). Anhaltspunkte für eine Unbrauchbarkeit des Verfahrens unter bestimmten Standortbedingungen sind weder bekannt noch werden sie vom Kläger vorgetragen.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
Tenor
1. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
§ 1
§ 2
Sie werden außerdem bei den zuständigen Landratsämtern (untere Jagdbehörden) hinterlegt und können dort während der üblichen Dienststunden eingesehen werden.
§ 3
Gründe
I.
II.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
Das Gericht kann über eine streitige Tatsache auch die beweispflichtige Partei vernehmen, wenn eine Partei es beantragt und die andere damit einverstanden ist.
Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.
(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen.
(2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen oder durch Bezeichnung der einzelnen Beweisfragen ein anderes Gericht um die Beweisaufnahme ersuchen.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
(1) Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden.
(2) Die Hege hat zum Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepaßten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen; auf Grund anderer Vorschriften bestehende gleichartige Verpflichtungen bleiben unberührt. Die Hege muß so durchgeführt werden, daß Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden.
(3) Bei der Ausübung der Jagd sind die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten.
(4) Die Jagdausübung erstreckt sich auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild.
(5) Das Recht zur Aneignung von Wild umfaßt auch die ausschließliche Befugnis, krankes oder verendetes Wild, Fallwild und Abwurfstangen sowie die Eier von Federwild sich anzueignen.
(6) Das Jagdrecht unterliegt den Beschränkungen dieses Gesetzes und der in seinem Rahmen ergangenen landesrechtlichen Vorschriften.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I. den Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen vom 8. August 2016 aufzuheben,
hilfsweise,
II. den Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen vom 8. August 2016 insoweit aufzuheben, als damit eine von dem Abschussplanvorschlag des Klägers abweichende Festsetzung erfolge.
die Klage abzuweisen.
Gründe
Zweck dieses Gesetzes ist insbesondere,
- 1.
den Wald wegen seines wirtschaftlichen Nutzens (Nutzfunktion) und wegen seiner Bedeutung für die Umwelt, insbesondere für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrar- und Infrastruktur und die Erholung der Bevölkerung (Schutz- und Erholungsfunktion) zu erhalten, erforderlichenfalls zu mehren und seine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern, - 2.
die Forstwirtschaft zu fördern und - 3.
einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit und den Belangen der Waldbesitzer herbeizuführen.
(1) Der Wald soll im Rahmen seiner Zweckbestimmung ordnungsgemäß und nachhaltig bewirtschaftet werden. Durch Landesgesetz ist mindestens die Verpflichtung für alle Waldbesitzer zu regeln, kahlgeschlagene Waldflächen oder verlichtete Waldbestände in angemessener Frist
- 1.
wieder aufzuforsten oder - 2.
zu ergänzen, soweit die natürliche Wiederbestockung unvollständig bleibt,
(2) Bei der Bewirtschaftung sollen
angemessen berücksichtigt werden.(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
Tenor
I.
Der Bescheid des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen vom
II.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung des Rotwildabschusses für das Jagdjahr 2015/2016 durch den Beklagten. Er ist neben seinen beiden Brüdern Miteigentümer zu 1/3 des Eigenjagdreviers ... in der Hegegemeinschaft ... und der nach Art. 7 Abs. 4 BayJG gegenüber der Jagdbehörde Bevollmächtigte.
Das Forstliche Gutachten 2012 bescheinigt in der Hegegemeinschaft einen Verbiss als „deutlich zu hoch“. In der ergänzenden Revierweisen Aussage 2012 für das Eigenjagdrevier ... wird eine Wertung der Verbisssituation als „deutlich zu hoch“ und eine Tendenz der Verbisssituation als „nicht verändert“ vorgenommen.
Nach Anhörung setzte das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen mit Bescheid vom
Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am .... August 2015 Klage erheben und beantragte zuletzt,
den Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen vom
hilfsweise,
den Bescheid des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen vom
Weiter wurde beantragt, den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg anzurufen und ihm folgende Frage zur Entscheidung vorzulegen:
Ist Art. 3 der Richtlinie 2009/147/EG in der Fassung vom
sowie,
das Verfahren auszusetzen.
Zur Begründung der Klage verweist der Kläger auf seine Ausführungen im Eilverfahren (M 7 S 15.3607) und im dazugehörigen Klageverfahren (M 7 K 15.3411), in denen er sich gegen einen jagdrechtlichen Bescheid des Beklagten (Anordnung eines Abschusskontingentes) gewandt hat. Weiter bezieht er sich auf sein Vorbringen im Klageverfahren gegen den Bescheid betreffend die Abschussfestsetzung des Vorjahres (M 7 K 14.4367) sowie auf seine Ausführungen im Rahmen der Anhörung. Es seien Verfahrensfehler bei der Erstellung der ergänzenden Revierweisen Aussage gemacht worden, außerdem weise diese inhaltliche Mängel und Unrichtigkeiten auf. Insbesondere werde die Aussage des Beklagten bestritten, dass eine ausreichende Waldverjüngung in dem erforderlichen Umfang in 2012 nicht erreicht gewesen sei und dass sich darin nichts geändert habe. Zudem seien bei der Abschussplanung naturschutzrechtliche Vorgaben nicht beachtet worden. Das Eigenjagdrevier liege vollständig im SPA-Gebiet ..., einem Gebiet mit höchstem Schutzstatus. Es seien demnach besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich der Lebensräume bestimmter Vogelarten zu ergreifen. Die Verlaubholzung durch eine stetige Verminderung der Herbivoren laufe den Zielen des SPA-Gebiets zuwider. Es liege eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts vor, da der Beklagte gegen die Vorgabe verstoße, den Gebietszustand schützenswerter Gebiete (Natura 2000) zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Der Lebensraum des besonders geschützten Auerhuhns werde durch zunehmende Verlaubholzung vernichtet. Der Beklagte räume nicht dem höherrangigen Gemeinschaftsrecht, sondern der Vorgabe „Wald vor Wild“ Priorität ein, so dass aufgrund des unzutreffenden Rechtsverständnisses die vorzunehmende Abwägung fehlerhaft und der Bescheid rechtswidrig und aufzuheben sei. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Managementplan noch nicht erstellt sei, da die Pflicht bestünde, dem Gemeinschaftsrecht uneingeschränkt zur Geltung zu verhelfen. Im Übrigen regle bereits § 21 Abs. 1 Satz 1 BJagdG, ohne dass es des Verweises auf das zwingende Europarecht zu Vogelschutzgebieten bedürfe, dass der Abschuss des Wildes so zu regeln sei, dass die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt würden. Auch Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 BayJG lasse die gesetzliche Vorgabe noch erahnen, Art. 32 BayJG negiere sie immerhin nicht. Weiter werde die Mitwirkung des Jagdbeirats im Vorfeld des Bescheids gerügt, da dieser nicht mit den gesetzlich vorgesehenen Mitgliedern besetzt gewesen sei. Die Beschlüsse des Jagdbeirats seien daher in gesetzeswidriger Weise ergangen und hätten vom Beklagten nicht berücksichtigt werden dürfen.
Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird auf die im Klageverfahren des Vorjahres vorgelegte Klageerwiderung vom
Das Gericht hat am
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
Gründe
Der Bescheid des Beklagten vom
Der Kläger hatte im Hauptantrag die Aufhebung des Bescheids und im Hilfsantrag dessen Teilaufhebung insoweit beantragt, als damit eine von dem Abschussplanvorschlag abweichende Festsetzung erfolgt. Er kann kein berechtigtes Interesse an der Vollaufhebung des Bescheids geltend machen, da er damit auch die im Bescheid enthaltene Anordnung in Höhe von 32 Stück Rotwild angreift, die seinem Abschussplanvorschlag entspricht.
Mit Schreiben vom .... Februar 2015 hatte der Kläger seinen Abschussplanvorschlag für Rotwild eingereicht und darin eine Stückzahl von 32 Tieren angegeben. Die Behörde ist dem Vorschlag nicht gefolgt, sondern hat den Abschussplan auf 45 Stück festgesetzt. Die Festsetzung basiert auf § 21 Absatz 2 BJagdG i. V. m. Art. 32 Absatz 1 Satz 1 BayJG und § 15 Absatz 1 Sätze 1 und 2 AVBayJG. Nach § 15 Absatz 1 Satz 1 AVBayJG ist der vom Kläger vorgelegte Abschussplan vom Beklagten zu bestätigen, wenn er den Vorgaben des § 21 Absatz 1 BJagdG und des Art. 32 Absatz 1 Satz 2 BayJG entspricht und im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand oder dem Inhaber des Eigenjagdreviers aufgestellt worden ist. In allen anderen Fällen ist der eingereichte Abschussplan, wie vorliegend geschehen, festzusetzen (§ 15 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 1 AVBayJG).
Das Gericht geht davon aus, dass die Klage eines jagdausübungsberechtigten Revierinhabers gegen einen bestätigten Abschussplan unzulässig ist (vgl. auch Frank/Käsewieter, Das Jagdrecht in Bayern, BayJG, Kommentar, S. 249, wonach gegen die Festsetzung eines Abschussplans der jagdausübungsberechtigte Revierinhaber vorgehen kann, im Unterschied zu einem einzelnen Jagdgenossen, der gegen die Festsetzung bzw. Bestätigung vorgehen kann). Denn mit einer solchen Klage wird eine antragsgemäße Entscheidung angegriffen. Eine Verletzung in eigenen Rechten ist damit zum einen offensichtlich nicht möglich, zum anderen liegt darin ein widersprüchliches Verhalten (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2001 - 1 C 35/00 - juris Rn. 15 m. w. N.; BayVGH, B.v. 25.1.1993 - 20 CS 92.3111 - juris Rn. 20, 23; Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, vor 40 Rn. 99; Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, vor 40-53 Rn. 22). Der jagdausübungsberechtigte Revier-inhaber, der sich mit einer Anfechtungsklage gegen eine aus seiner Sicht zu hohe Festsetzung wendet, kann nur insoweit dagegen vorgehen, als die Festsetzung seinen Abschussplanvorschlag übersteigt. In den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen wird - soweit ersichtlich - mit der Anfechtungsklage bzw. der Fortsetzungsfeststellungsklage lediglich die vom eigenen Vorschlag abweichende höhere Festsetzung angegriffen (vgl. etwa BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 82; VG Augsburg, U.v. 8.10.2014 - Au 4 K 14.811 - juris Rn. 31; VG Ansbach, U.v.
Das gerichtliche Vorgehen des Klägers gegen den gesamten Abschussplan und damit auch den seinem Abschussplanvorschlag entsprechenden Teil i. H. v. 32 Stück Rotwild ist demnach unzulässig. Der Kläger ist ausweislich seines Vorbringens der Auffassung, dass sein Abschussplanvorschlag den gesetzlichen Vorgaben gerecht wird. In seinem Schreiben im Rahmen der Anhörung vom 11. Juni 2015 legt er seine Auffassung zum Zustand des Waldes dar und spricht sich aufgrund des Waldbildes und der den Zielen des SPA-Gebietes zuwider laufenden Verlaubholzung gegen eine Erhöhung des Abschusses aus. Abschließend beantragt er, entweder das aktuelle Verbissgutachten abzuwarten oder die von ihm eingereichten Abschusspläne zu bestätigen. Auch in der mündlichen Verhandlung haben der Kläger und seine Bevollmächtigten deutlich gemacht, dass es nicht darum gehe, überhaupt keinen Abschuss zu tätigen.
Über den Hilfsantrag war zu entscheiden, da dem Hauptantrag nicht stattzugeben war. Die Klage ist im Hilfsantrag zulässig und begründet und der Bescheid daher teilweise aufzuheben. Soweit er einen höheren Abschuss als vom Kläger vorgeschlagen festsetzt, ist er rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO; vgl. VG Augsburg, U.v. 8.10.2014 - Au 4 K 14.811 - juris Rn. 31).
Die Rechtswidrigkeit des Bescheids ergibt sich daraus, dass der Beklagte bei der im Rahmen der Festsetzung des Abschussplans vorzunehmenden Abwägung die Belange des Naturschutzes nicht ausreichend berücksichtigt hat. Nicht tragend ist hingegen der Einwand des Klägers, der Bescheid sei wegen Mängeln in der Beschlussfassung des Jagdbeirats unheilbar rechtswidrig.
Der Kläger macht geltend, der Jagdbeirat sei nicht mit den gesetzlich vorgesehenen Mitgliedern besetzt gewesen und die insoweit gesetzeswidrig gefassten Beschlüsse hätten vom Beklagten nicht berücksichtigt werden dürfen. Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern sich Fehler bei der Beschlussfassung des Jagdbeirats auf die Rechtmäßigkeit des Bescheids auswirken, denn eine fehlerhafte Beschlussfassung liegt nicht vor. Nach Art. 50 Abs. 1 BayJG wird zur Beratung aller Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung sowie wichtiger Einzelfragen bei jeder Jagdbehörde ein Jagdbeirat (§ 37 BJagdG) gebildet, wobei Art. 50 Abs. 2, Abs. 3 BayJG dessen Besetzung bei der unteren bzw. höheren Jagdbehörde regelt. Weiter bestimmt Art. 50 Abs. 5 BayJG, dass der Vorsitzende zu den Beratungen des Jagdbeirats weitere Sachkundige hinzuziehen kann. Ausweislich der Sitzungsprotokolle für die Jagdbeiratssitzungen am 30. April und 17. Juli 2015 und der Angaben des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung haben lediglich die gesetzlich vorgesehenen Mitglieder des Jagdbeirats abgestimmt. Neben den vom Gesetz vorgeschriebenen Personen waren noch der Kreisjagdberater, der Vertreter des AELF und der Hegegemeinschaftsleiter der Hegegemeinschafts ...-West (nur am 30.4.2015, soweit es seine Hegegemeinschaft betraf) bei den Beratungen anwesend. Die Hinzuziehung dieser Personen erfolgte rechtmäßig im Rahmen des Art. 50 Abs. 5 BayJG, da es sich nach Überzeugung der Kammer dabei um sachkundige Personen handelt.
Der Bescheid ist jedoch wegen Abwägungsfehlern rechtswidrig. Nach § 21 Abs. 2 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayJG und § 14 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 AVBayJG sind für Rotwild für jeweils ein Jagdjahr Abschusspläne aufzustellen, die von der Jagdbehörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat zu bestätigen oder festzusetzen sind. Der Abschuss des Wildes ist nach § 21 Abs. 1 BJagdG so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 BayJG ist Gesetzeszweck des Bayerischen Jagdgesetzes, die jagdlichen Interessen mit den sonstigen öffentlichen Belangen, insbesondere mit den Belangen der Landeskultur, des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen. Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG legt fest, dass bei der Abschussplanung neben der körperlichen Verfassung des Wildes vorrangig der Zustand der Vegetation, insbesondere der Waldverjüngung zu berücksichtigen ist. Um den genannten rechtlichen Vorgaben gerecht zu werden, hat die untere Jagdbehörde zunächst den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und die in den gesetzlichen Vorschriften enthaltenen Belange in die Entscheidung einzustellen, sowie einen Interessenausgleich der zum Teil gegenläufigen Interessen vorzunehmen (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 30.4. 1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 38; OVG RP, U.v. 13.8.1997 - 8 A 10391/96 - juris Rn. 25; OVG NRW, U.v. 1.8.2014 - 16 A 805/13 - juris Rn. 29 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 7.1.2016 - OVG 11 S 76.15 - juris Rn. 9).
Der Jagdbehörde steht bei der Entscheidung über den vorgelegten Abschussplan und der Festsetzung kein planerischer Gestaltungsspielraum zu. Die Abschusszahl ist allerdings nicht rein mathematisch-logisch zu bestimmen, vielmehr ist der Behörde eine gewisse Bandbreite von Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt. Das Gericht untersucht die in den jagdrechtlichen Vorschriften gebrauchten unbestimmten Rechtsbegriffe daraufhin, ob die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt richtig gewertet, die verschiedenen Belange entsprechend der Zielvorgabe des Gesetzgebers zutreffend abgewogen hat und sich die Höhe des Abschusses in einem vertretbaren Zahlenrahmen befindet (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 91; BayVGH, U.v. 30.4.1992 - 19 B 91.1220 - juris Rn. 37 ff; OVG RP, U.v. 13.8.1997 - 8 A 10391/96 - juris Rn. 27). Der Abschussplan entspricht mithin nur dann den gesetzlichen Vorgaben, wenn keine Fehler bei der Erfassung des Sachverhalts vorliegen und die verschiedenen Belange gemäß der gesetzlichen Vorgaben abgewogen wurden (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1998 - 19 B 95.3738 - juris Rn. 91; VG Augsburg, U.v. 22.1.2014 - Au 4 K 13.958 - juris Rn. 47; VG Freiburg, U.v. 24.9.2008 - 1 K 430/08 - juris Rn. 25). Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Abwägung der gesetzlich formulierten Belange macht den Abschussplan bereits rechtswidrig (BVerwG, U.v. 19.3.1992 - 3 C 62/89 - juris Rn. 26; OVG NRW, U.v. 1.8.2014 - 16 A 805/13 - juris Rn. 36).
So liegt der Fall hier. Die Behörde hat die Belange des Naturschutzes nicht in ausreichendem Maße in ihre Abwägungsentscheidung eingestellt.
Das Eigenjagdrevier, für das der Abschussplan gilt, liegt im Vogelschutzgebiet ... (SPA-Gebiet) und teilweise im FFH-Gebiet .... Dieses ist Teil des europaweiten Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“. Rechtsgrundlage für Natura 2000 sind die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG, erlassen am 2. April 1979 vom Rat der Europäischen, seit 15. Februar 2010 nunmehr in kodifizierter Fassung als Richtlinie 2009/147/EG vom 30. November 2009 in Kraft) und die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen).
Aus Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG) ergibt sich, dass für die in Anhang I aufgeführten Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden sind, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen. In diesem Anhang ist unter anderem das Auerhuhn (Tetrao urogallus) aufgeführt.
Die Umsetzung der „Natura 2000“ Vorgaben und damit auch der Vogelschutzrichtlinie erfolgt in Deutschland vornehmlich durch das Bundesnaturschutzgesetz (§§ 31 ff. BNatSchG) und die Landesnaturschutzgesetze (in Bayern Art. 20 ff. BayNatSchG). Für die in der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten Arten erklären die Mitgliedstaaten geeignete Gebiete zu Schutzgebieten (sog. SPA - special protection areas).
Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz hat aufgrund der Ermächtigung im BayNatSchG eine Verordnung über die Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten sowie deren Gebietsbegrenzungen und Erhaltungszielen (Vogelschutzverordnung - VoGEV vom 12. Juli 2006, in Kraft seit 1. September 2006) erlassen, in der die Europäischen Vogelschutzgebiete in Bayern einschließlich ihrer Gebietsbegrenzungen und Erhaltungsziele rechtsverbindlich festgelegt sind. Gemäß § 1 VoGEV werden die in Anlage 1 aufgeführten und näher beschriebenen Gebiete gemäß Art 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie als Europäische Vogelschutzgebiete festgesetzt. § 3 VoGEV beschreibt die Erhaltungsziele, nämlich Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in Anlage 1 für das jeweilige Gebiet aufgeführten Vogelarten und ihrer Lebensräume. In der Anlage 1 der VoGEV ist unter der Gebietsnummer DE... das ... aufgeführt. Dessen Erhaltungsziele lauten u. a.: „Erhaltung oder Wiederherstellung der Bestände von Birkhuhn, Auerhuhn (…) und deren Lebensräume, insbesondere des charakteristischen subalpinen und alpinen Gebirgsstockes mit hohem Strukturreichtum wie Hangschuttwälder und Schluchten, Borstgras- und Magerrasen, Latschengebüsche, alpine Zwergstrauchheiden, Quellmoore und Felsen als Brut-, Nahrungs- und Durchzugsgebiet“. In der gebietsbezogenen Konkretisierung der Erhaltungsziele der Regierung von Oberbayern (Stand 24.4.2008) werden für das ... als Gebiets-Typ F (Europäisches Vogelschutzgebiet, das ein FFH-Gebiet enthält) die zu erhaltenden bzw. wiederherzustellenden Bestände an Pflanzen und Tieren genauer dargelegt.
Der Kläger hat bereits im Anhörungsverfahren auf die Erhaltungsziele des SPA-Gebiets ... und die Belange des dort beheimateten besonders geschützten Auerhuhns hingewiesen. Nach einer in den Behördenakten befindlichen Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 20. November 2014 könne eine Verminderung der Wildbestandsdichte zu erhöhtem Laubgehölz-Aufwuchs führen, der sich nachteilig auf die Schneeheide-Kiefernwälder und das Auerhuhn auswirke. Es bestünde ein Zielkonflikt innerhalb des Naturschutzes, da neben der Erhaltung von Raufußhühnern und lichten Waldbeständen auch gemischte Bergmischwälder als naturschutzrechtlich hohes Gut anzusehen seien. Diese Bergmischwälder seien Lebensraum für Vögel, die ebenfalls im SPA-Gebiet ... in einem guten Populationszustand zu erhalten seien. Der Erhaltung der Restvorkommen des besonders gefährdeten Auerhuhns komme ein gewisser Vorrang zu.
Im angefochtenen Bescheid wird zu den vom Kläger im Anhörungsverfahren vorgebrachten Einwänden ausgeführt, dass derzeit ein Managementplan durch die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft erarbeitet werde. Darin würden Maßnahmen formuliert, um den Erhaltungszustand der Arten zu sichern bzw. zu verbessern. Es bleibe abzuwarten, ob und in welcher Weise sich bei der Umsetzung der Maßnahmen Auswirkungen auf die Abschussplanungen zeigten. Weiter hat sich die Behörde im Klageverfahren unter Bezugnahme auf ein Vorbringen im Vorjahresverfahren dahingehend geäußert, dass eine Verlaubholzung nicht festzustellen sei. Zwar würden nach der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde die Befürchtungen des Klägers weitgehend bestätigt, wegen der besonderen Bedeutung der Wildschäden sei aber das Forstliche Gutachten für die Abschussplanung maßgeblich. Ein Managementplan sei noch nicht erstellt und enthalte voraussichtlich keine Aussage zu Jagdmanagement, Wildbeständen oder Abschusszahlen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Behörde ergänzend dargelegt, dass die Zielsetzung für SPA-Gebiete die Erhaltung und Wiederherstellung der Lebensraumkomplexe aus großflächigen, reich strukturierten Laub-, Misch-, und Nadelwäldern mit naturnaher Struktur und Baumzusammensetzung und Erhalt von naturnahen störungsarmen Bergmischwäldern und Erhaltung und Wiederherstellung der Buchenwälder und montanen und subalpinen Fichtenwälder sei. Diese Ziele würden mit der Abschussplanung 2015/2016 verfolgt. Im Hinblick auf die große Bedeutung der Schutzwälder und des hohen Schutzwaldanteils im Revier würden keine Widersprüche zu den Natura-2000-Zielen gesehen.
Der im Bescheid enthaltene Hinweis auf noch ausstehende Managementpläne (sog. Bewirtschaftungspläne, in denen u. a. Erhaltungs- und Entwicklungsziele festgelegt und dazugehörige Maßnahmen geplant werden) ist für eine ordnungsgemäße Abwägungsentscheidung nicht ausreichend. Der Behörde ist es auch nicht gelungen, das Abwägungsdefizit nachträglich zu heilen. Daraus ergibt sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids. Im Einzelnen:
Die Belange des Naturschutzes mit den besonders zu schützenden Vogelarten wurden inhaltlich nicht in ausreichendem Maße in die Entscheidung eingestellt und auch nicht mit den übrigen im Gesetz genannten Belangen abgewogen. Die Behörde hat sie vielmehr unter Verweis auf die ausstehenden Managementpläne als (noch) nicht abwägungsrelevant eingestuft. Dies ist jedoch fehlerhaft. Die Vorgaben der in nationales Recht umgesetzten europäischen Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie sind bei der Aufstellung der Abschusspläne zu beachten und unabhängig von etwaigen Bewirtschaftungsplänen in die dabei vorzunehmende Abwägung miteinzubeziehen. Darüber hinaus enthält der zu erwartende Plan nach Angabe der unteren Naturschutzbehörde voraussichtlich ohnehin keine Aussagen zu Jagdmanagement, Wildbeständen oder Abschusszahlen. Dass naturschutzrechtliche Belange aufgrund der Lage des Jagdreviers im geschützten SPA-Gebiet relevant sind, hat die Jagdbehörde erkannt, indem sie im Laufe des Klageverfahrens betreffend den Vorjahresabschussplan eine naturschutzrechtliche Stellungnahme eingeholt hat. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem darin beschriebenen Zielkonflikt und eine Überprüfung der Abschussfestsetzung auf ihre SPA-Verträglichkeit haben bei der hier streitgegenständlichen Abschussfestsetzung dennoch nicht stattgefunden.
Es kann dahingestellt bleiben, ob Abwägungsfehler im Rahmen der Abschussplanfestsetzung grundsätzlich durch Ergänzung der Abwägungsbelange geheilt werden können und ob im Bescheid ein hinreichend konkreter Anknüpfungspunkt für eine Ergänzung der Erwägungen vorhanden ist. Voraussetzung dafür ist eine materiell-rechtliche Heilungsmöglichkeit, die in prozessualer Hinsicht - etwa unter Heranziehung des allgemeinen Rechtsgedankens aus § 114 S. 2 VwGO (vgl. BeckOK VwGO/Decker VwGO § 114 Rn. 40 m.w.N; Sodan/Ziekow, VwGO 4. Auflage 2014, § 114 Rn. 203; BayVGH, B.v. 20.7.2009 - 7 CE 09.10091 u. a. - juris Rn. 14, 17) - noch nachträglich vorgenommen werden kann. Hier kommt es darauf nicht entscheidungserheblich an, da die vom Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgetragenen Gesichtspunkte jedenfalls nicht genügen, um die Abwägungsfehler zu heilen. Er hat darin allgemein auf die Zielsetzung für SPA-Gebiete abgestellt, die mit der Abschussplanung verfolgt werde und angefügt, dass im Hinblick auf die große Bedeutung der Schutzwälder keine Widersprüche zu den Natura-2000 Zielen bestünden. Ein Eingehen auf die sich im Zielkonflikt befindlichen Belange (Erhaltung von lichten Waldflächen als Lebensraum für geschützte Vogelarten einerseits; Laubmischwälder als naturschutzrechtlich hohes Gut und Lebensraum für andere geschützte Vogelarten andererseits) sowie eine Bewertung und Gewichtung der Umstände ist damit nicht erfolgt. Es fehlt mithin an einer auf Ausgleich der zum Teil gegenläufigen Interessen abzielenden Abwägungsentscheidung.
Die vom Kläger beantragte Vorlage an den EuGH ist abzulehnen. Nach Art. 267 AEUV kann ein Gericht dem EuGH eine Frage betreffend die Auslegung der Verträge oder die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union vorlegen, wenn es eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält. Die aufgeworfene Frage lässt sich, wie aufgezeigt, bereits durch das nationale Recht lösen. Mangels Vorlage an den EuGH war auch der diesbezüglich gestellte Aussetzungsantrag abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-)
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
(1) Die Länder wählen die Gebiete, die der Kommission nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 92/43/EWG und Artikel 4 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG zu benennen sind, nach den in diesen Vorschriften genannten Maßgaben aus. Sie stellen das Benehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit her. Dieses beteiligt die anderen fachlich betroffenen Bundesministerien und benennt die ausgewählten Gebiete der Kommission. Es übermittelt der Kommission gleichzeitig Schätzungen über eine finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft, die zur Erfüllung der Verpflichtungen nach Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 92/43/EWG einschließlich der Zahlung eines finanziellen Ausgleichs insbesondere für die Land- und Forstwirtschaft erforderlich ist.
(2) Die in die Liste nach Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG aufgenommenen Gebiete sind nach Maßgabe des Artikels 4 Absatz 4 dieser Richtlinie und die nach Artikel 4 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG benannten Gebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 zu erklären.
(3) Die Schutzerklärung bestimmt den Schutzzweck entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen und die erforderlichen Gebietsbegrenzungen. Es soll dargestellt werden, ob prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten zu schützen sind. Durch geeignete Gebote und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen ist sicherzustellen, dass den Anforderungen des Artikels 6 der Richtlinie 92/43/EWG entsprochen wird. Weiter gehende Schutzvorschriften bleiben unberührt.
(4) Die Unterschutzstellung nach den Absätzen 2 und 3 kann unterbleiben, soweit nach anderen Rechtsvorschriften einschließlich dieses Gesetzes und gebietsbezogener Bestimmungen des Landesrechts, nach Verwaltungsvorschriften, durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist.
(5) Für Natura 2000-Gebiete können Bewirtschaftungspläne selbständig oder als Bestandteil anderer Pläne aufgestellt werden.
(6) Die Auswahl und die Erklärung von Gebieten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 2 im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 richten sich nach § 57.
(7) Für Schutzerklärungen im Sinne der Absätze 2 und 3, für den Schutz nach anderen Rechtsvorschriften im Sinne von Absatz 4 sowie für Pläne im Sinne von Absatz 5 gilt § 22 Absatz 2a und 2b entsprechend. Dies gilt auch für Schutzerklärungen nach § 33 Absatz 2 bis 4 des Bundesnaturschutzgesetzes in der bis zum 28. Februar 2010 geltenden Fassung.
Gründe
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I
- 1
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Der Kläger, ein anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 5. Juli 2011 (98. Änderungsplanfeststellungsbeschluss) in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Januar 2013 für die Erweiterung des Verkehrsflughafens München durch die Anlage und den Betrieb einer dritten Start- und Landebahn. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.
-
II
- 2
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
- 3
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1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen einer Abweichung des angefochtenen Urteils von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen.
- 4
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Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 S. 14; stRspr). Dies legt die Beschwerde nicht dar.
- 5
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a) Der Kläger entnimmt dem angefochtenen Urteil die Rechtssätze, dass gemäß Art. 7 FFH-RL (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen
- FFH-Richtlinie) ein Wechsel des Schutzregimes von Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten - VRL) zu Art. 6 Abs. 2 der FFH-Richtlinie stattfinde, wenn ein Europäisches Vogelschutzgebiet einerseits räumlich eindeutig bestimmt sei und andererseits die Erhaltungszielarten im Rahmen einer endgültigen rechtsverbindlichen Entscheidung mit Außenwirkung benannt seien, und es für einen Regimewechsel nicht der Festlegung von Ge- und Verboten bzw. der Gewährleistung eines umfänglichen Schutzes bedürfe. Er rügt eine Abweichung von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - (BVerwGE 149, 31) und vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 - (BVerwGE 120, 276), die für einen Regimewechsel zusätzlich verlangten, dass in der Schutzerklärung auch die auf das jeweilige Gebiet bezogenen Schutz- und Erhaltungsziele verbindlich festgelegt und die Einhaltung des Art. 6 FFH-RL durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sichergestellt werden müsse (Beschwerdebegründung S. 7 und 10 f.).
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Die geltend gemachte Divergenz liegt nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich nicht dem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - (BVerwGE 149, 31 Rn. 40) widersetzt, für einen Regimewechsel sei es jedenfalls erforderlich, dass die Erhaltungsziele bezogen auf das jeweilige Gebiet verbindlich festgelegt würden. Er hat den Rechtssatz vielmehr zitiert (UA Rn. 671) und ihn befolgt, indem er geprüft und mit bindender Wirkung für den Senat (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) bejaht hat, dass die Erhaltungsziele für das vorliegend betroffene Europäische Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" in § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 der Vogelschutzverordnung vom 12. Juli 2006 (Bayer.GVBl. S. 524) in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Vogelschutzverordnung vom 8. Juli 2008 (Bayer.GVBl. S. 486) - VoGEV - festgelegt sind (UA Rn. 669).
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Eine Forderung des Inhalts, die Einhaltung des Art. 6 FFH-RL müsse in der Schutzerklärung durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sichergestellt werden, hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - (BVerwGE 149, 31) nicht erhoben. Mit der Aussage, die für einen Regimewechsel notwendige Schutzerklärung erfolge nach nationalem Recht regelmäßig in Form einer Verordnung, die den Schutzzweck entsprechend den Erhaltungszielen bestimme, die Gebietsbegrenzung festlege und durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen die Einhaltung des Art. 6 FFH-RL sicherstelle (BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 a.a.O. Rn. 41), zeichnet es lediglich nach, wie sich üblicherweise die Rechtslage darstellt.
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Auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 - (BVerwGE 120, 276) enthält nicht den behaupteten Rechtssatz. Es besagt - wie auch der Beschluss vom 3. Juni 2010 - 4 B 54.09 - (Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 35 Rn. 12) -, dass es für den Wechsel des Schutzregimes einer endgültigen rechtsverbindlichen Entscheidung mit Außenwirkung bedarf, wobei deren rechtliche Gestalt durch das Recht der Mitgliedstaaten näher bestimmt wird (BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 a.a.O. S. 285). Mit der Aussage, die Erklärung zum besonderen Schutzgebiet im Sinne von Art. 7 FFH-RL bestimme den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 a.a.O. S. 285), wird der Inhalt der § 22 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG 2002 referiert. Selbst wenn damit ein Rechtssatz aufgestellt sein sollte, wäre der Tatbestand der Divergenz nicht erfüllt. Weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 1. April 2004 einen Wechsel des Schutzregimes mit der Begründung verneint hat, es fehle an einer rechtsverbindlichen, außenwirksamen und endgültigen Gebietsausweisung (a.a.O. S. 286), wäre ein Rechtssatz zu den inhaltlichen Anforderungen an die Schutzerklärung nicht entscheidungserheblich. Auf die Abweichung von einem Rechtssatz, der die divergenzfähige Entscheidung nicht trägt, kann die Rüge des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aber nicht gestützt werden (BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 1995 - 4 B 216.95 - BVerwGE 99, 351 <353>). Im Beschluss des Senats vom 14. April 2011 - 4 B 77.09 - (juris) findet sich auch nach dem Verständnis des Klägers keine Wiederholung einer in den anderen Entscheidungen angeblich formulierten Forderung, dass in der Schutzerklärung auch die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Ge- und Verbote sowie Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen bestimmt sein müssten (Beschwerdebegründung S. 12). Sollte der Kläger eine Divergenz zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 14. Oktober 2010 - C-535/07 [ECLI:EU:C:2010:602] - rügen wollen (Beschwerdebegründung S. 14 f.), wäre ihm entgegen zu halten, dass Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO divergenzfähig sind (BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2001 - 6 B 35.00 - juris Rn. 10).
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Der Kläger beanstandet ferner, dass der Verwaltungsgerichtshof mit den Rechtssätzen,
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- für den Regimewechsel nach Art. 7 FFH-RL sei es ausreichend, wenn die die Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 und 3 FFH-RL umsetzenden Vorschriften der §§ 33 und 34 BNatSchG bzw. deren Vorgängerregelungen in Art. 13c BayNatSchG (2005) für die Prüfung der Erheblichkeit von Eingriffen und deren ausnahmsweiser Zulassung anwendbar seien,
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- für einen Rechtsregimewechsel nach Art. 7 FFH-RL sei es nicht erforderlich, dass flächendeckend für den gesamten Bereich des Vogelschutzgebiets bzw. für sämtliche in diesem zu schützenden Vogelarten zusätzliche Schutzverordnungen oder Vereinbarungen des Vertragsnaturschutzes gälten, welche die geschützten Vögel und deren Lebensräume schützten und entwickelten, sondern es für den Regimewechsel ausreichend sei, wenn dies in Teilbereichen bzw. bezüglich bestimmter Arten bzw. in Abhängigkeit der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen gesetzlicher oder vertraglicher Regelungen der Fall sei,
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dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - (BVerwGE 149, 31) die Gefolgschaft verweigert habe (Beschwerdebegründung S. 21, 23). Der Verwaltungsgerichtshof hat die ihm zugeschriebenen Rechtssätze indes nicht aufgestellt. Die Ausführungen unter der Randnummer 676 des Urteils, denen der Kläger die Rechtssätze entnehmen möchte, verhalten sich nicht zu den Voraussetzungen für einen Regimewechsel von der Vogelschutzrichtlinie zur FFH-Richtlinie, sondern sind der These zugeordnet, dass - unabhängig von der Frage der Voraussetzungen eines Regimewechsels - die Mitgliedstaaten auch der Sache nach nicht verpflichtet seien, für jedes Schutzgebiet spezielle Verbote zu erlassen, sondern die Unterschutzstellung auch anderweitig leisten könnten (UA Rn. 675).
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b) Der Kläger liest aus dem angefochtenen Urteil die folgenden Rechtssätze heraus (Beschwerdebegründung S. 40 f.):
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- Die für die Auswahl von Vogelschutzgebieten zuständige Behörde sei im Rahmen der Gebietsauswahl im Sinne von Art. 4 VRL nicht verpflichtet, die Bestände und Lebensraumbedingungen von Vogelarten in einem Gebiet mit den Beständen und Lebensraumbedingungen der Arten des Landes zu vergleichen und im Ergebnis dieses Abgleichs zu ermitteln, welche Gebiete im Sinne von Art. 4 VRL zu den "für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten" Gebieten gehören, wenn das vorhabenbetroffene Gebiet nicht im so genannten IBA-Verzeichnis aufgeführt ist sowie die EU-Kommission hinsichtlich der unterbliebenen Ausweisung keine Beanstandungen adressiert hat. Dies gelte auch dann, wenn in einem Gebiet größere Bestände vorhanden sind als in den bislang ausgewiesenen Schutzgebieten. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass es nur ein oder sogar kein ausgewiesenes Schutzgebiet für die jeweilige Art gibt.
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- Gerichte, welche im Rahmen eines Verwaltungsstreitverfahrens zu prüfen haben, ob für ein vorhabenbetroffenes Gebiet das Rechtsregime des Art. 4 VRL ("faktisches Vogelschutzgebiet") gilt, seien im Rahmen der Kontrolle des Vorliegens eines faktischen Vogelschutzgebiets nicht verpflichtet, die behördliche Entscheidung zur unterbliebenen Ausweisung des betreffenden Gebiets als Vogelschutzgebiet daraufhin zu überprüfen, ob diese Entscheidung auf der Grundlage einer Bestands- und Lebensraumermittlung und -bewertung von den in dem Gebiet vorkommenden Vogelarten sowie einer vergleichenden Betrachtung mit den Beständen und Bedingungen in anderen Gebieten des Landes erfolgt ist. Dies gelte insbesondere dann, wenn das betroffene Gebiet nicht im so genannten IBA-Verzeichnis aufgeführt ist sowie die EU-Kommission hinsichtlich der unterbliebenen Ausweisung keine Beanstandungen adressiert hat. Dies gelte auch dann, wenn in einem Gebiet größere Bestände vorhanden sind als in den bislang ausgewiesenen Schutzgebieten. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass es nur ein oder sogar kein ausgewiesenes Schutzgebiet für die Art gibt.
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Der Kläger stellt den Rechtssätzen einen Rechtssatz aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 Rn. 53) mit dem Inhalt gegenüber, dass die Auswahlentscheidung für Vogelschutzgebiete auf der Grundlage einer artspezifischen Bewertung eines Gebiets für eine Vogelart und unter vergleichender Betrachtung des Gebiets mit anderen für eine Vogelschutzgebietsmeldung in Frage kommenden Gebieten erfolgen muss sowie die Auswahlentscheidung der Behörde - auch unter Berücksichtigung diesbezüglich eingeschränkter Kontrolldichte und auch dann, wenn das betreffende Gebiet nicht im IBA-Verzeichnis aufgeführt ist und die Europäische Kommission keinen Meldebedarf geltend macht, - daraufhin zu überprüfen ist, ob die Entscheidung des Verzichts zur Unterschutzstellung des Gebiets für die betreffende Vogelart aufgrund hinreichender Ermittlung der Bestände und sachgerechter Bewertung der Eignung und Bedeutung des Gebiets für die Belange des Vogelschutzes im Vergleich zu anderen Gebieten getroffen wurde (Beschwerdebegründung S. 42). Die Divergenzrüge scheitert bereits daran, dass der Verwaltungsgerichtshof die behaupteten Rechtssätze nicht formuliert hat. Er hat sich nicht auf den Standpunkt gestellt, dass sich die Behörden bei der Ausweisung von Vogelschutzgebieten und die Gerichte bei der Identifizierung von faktischen Vogelschutzgebieten auf die Prüfung beschränken können, ob das jeweilige Gebiet im IBA-Verzeichnis aufgelistet ist oder die EU-Kommission für das Gebiet Nachmeldebedarf reklamiert hat, sondern ist davon ausgegangen, dass die Behörden der Mitgliedstaaten zu einer eigenständigen Prüfung der Notwendigkeit der Unterschutzstellung verpflichtet sind, wobei ihnen ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zusteht (UA Rn. 677 f.). Er hat nämlich auch darauf abgestellt, dass nach den von ihm für überzeugend gehaltenen Darlegungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2013 die Arten Dorngrasmücke, Feldschwirl, Sumpfrohrsänger und Kuckuck bayernweit stark verbreitet seien und sich insoweit das Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" zur Erhaltung dieser Arten keinesfalls aufdränge (UA Rn. 678).
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c) Nach Darstellung des Klägers legt der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung ferner die Rechtssätze zugrunde,
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- dass auf das Vorkommen von Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie das Rechtsregime zum Schutz potentieller FFH-Gebiete nicht anzuwenden sei, wenn es betreffend dieser Art landesweit mehrere Verbreitungsschwerpunkte gibt, die für eine Meldung zur Aufnahme in Natura 2000 in Betracht kommen, und
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- dies auch dann gelte, wenn das Land für die betreffende Art noch kein FFH-Gebiet ausgewiesen hat und es im Rahmen der Realisierung eines Eingriffs zu einer vollständigen Zerstörung des Vorkommens an dortiger Stelle kommt (Beschwerdebegründung S. 80).
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Der Kläger sieht darin eine Abweichung von den Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 27. Februar 2003 - 4 A 59.01 - (BVerwGE 118, 15 <20>), dass
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- die FFH-Richtlinie den Mitgliedstaaten bei der Meldung der Gebiete, die nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie anhand der im Anhang III Phase 1 genannten Kriterien auszuwählen sind, einen ökologisch-fachlichen Beurteilungsspielraum zugesteht, und
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- zum Kreis der potentiellen Schutzgebiete, die dem europäischen Schutzregime nach Maßgabe der Vorwirkungsrechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 18. Dezember 1997 - C-129/96 [ECLI:EU:C:1997:628]) unterliegen, nur die Landschaftsräume gehören, die aus fachwissenschaftlicher Sicht die von der Richtlinie vorausgesetzten Eigenschaften zweifelsfrei aufweisen, vom Mitgliedstaat aber trotz ihrer Eignung bei der Auswahl unberücksichtigt geblieben sind (Beschwerdebegründung S. 83).
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Die behauptete Divergenz liegt nicht vor. Einen Rechtssatz des Inhalts, dass auf Vorkommen von Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie das Rechtsregime zum Schutz potentieller FFH-Gebiete nicht anzuwenden ist, wenn es betreffend dieser Art landesweit mehrere Verbreitungsschwerpunkte gibt, die für eine Meldung zur Aufnahme in Natura 2000 in Betracht kommen, hat der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung nicht unterlegt. Er ist vielmehr davon ausgegangen, dass die FFH-Richtlinie den Mitgliedstaaten bei der Auswahl der der Kommission vorzuschlagenden Gebiete einen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum belässt, eine ausnahmslose Meldung von Gebieten selbst dann nicht notwendig ist, wenn die Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen besetzt sind (UA Rn. 819), und der Verzicht auf eine Meldung nicht zu beanstanden ist, wenn die Vorkommen geschützter Arten an anderswo feststellbaren Verbreitungsschwerpunkten größer sind (UA Rn. 820).
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d) Die "versteckte" Divergenz zwischen Rechtssätzen zu § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG (Beschwerdebegründung S. 162) ist nicht dargelegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat keinen Rechtssatz formuliert, der dem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht, eine Ausführungsalternative sei vorzugswürdig, wenn sich mit ihr die Planungsziele mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen lassen (BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 33 m.w.N.). Er hat sich diesem Rechtssatz vielmehr angeschlossen (UA Rn. 740). Sollte er ihn unrichtig angewandt haben, läge darin keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (stRspr; vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26).
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2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst.
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a) Der Kläger möchte in einem Revisionsverfahren grundsätzlich klären lassen,
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- ob es für einen Regimewechsel i.S.v. Art. 7 FFH-RL erforderlich ist, dass eine rechtsverbindliche und mit Außenwirkung gegenüber Dritten versehene Benennung von auf das konkrete Gebiet bezogenen Schutz- und Erhaltungszielen erfolgt ist, die über die Benennung geschützter Vogelarten hinausgeht,
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- ob es für einen Regimewechsel i.S.v. Art. 7 FFH-RL erforderlich ist, dass eine rechtsverbindliche, mit Außenwirkung gegenüber Dritten versehene, unmittelbar anwendbare Benennung von geeigneten Ge- und Verboten sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für jeden Teil des Gebiets erfolgt ist,
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- ob für den Fall, dass eine Benennung nicht für jeden Gebietsteil notwendig ist, sie mindestens für annähernd den gesamten Teil des Gebiets/mindestens mehr als 80 %/jedenfalls mehr als 30 % des betreffenden Gebiets erfolgt sein muss, oder ob es auf die konkreten Standorte der Vorkommen der geschützten Vogelarten und deren Lebensräume ankommt und insofern dann in dem gesamten betreffenden Bereich oder jedenfalls annähernd dem gesamten betreffenden Bereich entsprechende Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen unmittelbar anwendbar sein müssen,
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- ob es für einen Regimewechsel i.S.v. Art. 7 FFH-RL erforderlich ist, dass dann, wenn eine Unterschutzstellung nach § 32 Abs. 2 und 3 BNatSchG 2009 (= § 33 Abs. 2 und 3 BNatSchG 2002) im Hinblick darauf unterbleibt, dass nach anderen Rechtsvorschriften, Verwaltungsvorschriften, durch die Regelung von Verfügungsbefugnissen oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet wird, die genannte Vorschrift bzw. vertragliche Vereinbarung mit Außenwirkung gegenüber Dritten rechtsverbindliche Wirkung entfaltet, dafür öffentlich bekannt gemacht wird und die für das jeweilige Gebiet geltenden Schutz- und Erhaltungsziele selbst festlegt (Beschwerdebegründung S. 27 f.),
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- ob es für den Regimewechsel nach Art. 7 FFH-RL ausreichend ist, wenn die - die Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 und 3 FFH-RL umsetzenden - Vorschriften der §§ 33 und 34 BNatSchG (bzw. deren Vorgängerregelungen in Art. 13c BayNatSchG 2005) für die Prüfung der Erheblichkeit von Eingriffen und deren ausnahmsweiser Zulassung anwendbar sind (Beschwerdebegründung S. 22), und
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- ob die Mitgliedstaaten im Übrigen auch der Sache nach nicht verpflichtet sind, für jedes Schutzgebiet spezielle Verbote zu erlassen, und die Notwendigkeit des Erlasses positiver Maßnahmen von der konkreten Lage im betreffenden Schutzgebiet abhängt (Beschwerdebegründung S. 13).
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Die unter dem ersten Spiegelstrich aufgeworfene Frage würde sich im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen, weil der Verwaltungsgerichtshof im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 40) eine Festlegung der Erhaltungsziele für notwendig erachtet (UA Rn. 671); hiervon unabhängig geht die Benennung der Erhaltungsziele in § 3 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 VoGEV (Gebiets-Nr. DE 7637471) über die Benennung der geschützten Vogelarten hinaus. Auch die Frage zum fünften Spiegelstrich wäre nicht entscheidungserheblich, weil der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung irrevisiblen Landesrechts (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Wechsel des Schutzregimes durch die Vogelschutzverordnung eingetreten ist (UA Rn. 670). Die Frage zum sechsten Spiegelstrich bräuchte in einem Revisionsverfahren nicht beantwortet zu werden, weil der Kläger mit ihr eine Erwägung aufgreift, die der Verwaltungsgerichtshof lediglich hilfsweise und unabhängig von der Frage der Voraussetzungen eines Regimewechsels von der Vogelschutzrichtlinie zur FFH-Richtlinie angestellt hat (UA Rn. 675 f.). Außerdem sind die Rechtssätze des Verwaltungsgerichtshofs, auf die sich die Frage zum sechsten Spiegelstrich bezieht, mit Rechtssätzen des Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-535/07 - (Rn. 62 und 66) identisch. Zu Unrecht wirft der Kläger dem Verwaltungsgerichtshof vor, den Zusammenhang verkannt zu haben, in dem die Rechtssätze des Europäischen Gerichtshofs stehen (Beschwerdebegründung S. 14). Der Kläger betont, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stelle nur unter der Voraussetzung der Unzweifelhaftigkeit der Gewährleistung eines Schutzes im Sinne von Art. 4 VRL keine formellen Anforderungen an die Aufnahme von Ge- und Verboten in den Rechtsakt, in dem die für das jeweilige Schutzgebiet geschützten Arten und Lebensräume sowie die Erhaltungsziele festgelegt würden, ignoriert aber, dass diese Voraussetzung vorliegend erfüllt ist, weil für das betroffene Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" die geschützten Arten und Lebensräume sowie die Erhaltungsziele in § 3 Abs. 1 VoGEV festgelegt worden sind (UA Rn. 679, 669 f.).
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Die übrigen Fragen lassen sich anhand der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verneinen, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Für den Wechsel des Schutzregimes von der Vogelschutzrichtlinie zur FFH-Richtlinie reicht es aus, dass das Vogelschutzgebiet räumlich bestimmt ist und der Schutzzweck benannt wird (BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 40). Ob eine Schutzgebietsausweisung die materiellrechtlichen Anforderungen nach Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL oder nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL an die zu treffenden Schutzmaßnahmen erfüllt, ist unerheblich (BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 - 4 B 77.09 - juris Rn. 58, 59). Nichts anderes folgt aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 - (BVerwGE 120, 276). Zwar heißt es in dieser Entscheidung (a.a.O. S. 285) unter Bezugnahme auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - C-415/01 [ECLI:EU:C:2003:118] - Rn. 26), die Ausweisung als Schutzgebiet müsse automatisch und unmittelbar die Anwendung einer mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen. Mit diesen Ausführungen werden aber lediglich die materiellrechtlichen Anforderungen in Bezug genommen, denen Schutz- und Erhaltungsregelungen genügen müssen. Die Aussage, dass ein Wechsel des Schutzregimes nur dann erfolgt, wenn das mit der Ausweisung als Schutzgebiet gewährleistete Schutzniveau den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL genügt, lässt sich auch diesen Ausführungen nicht entnehmen (BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 a.a.O. Rn. 63). Damit hat es sein Bewenden. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung einer Fortentwicklung oder Korrektur in einem Revisionsverfahren bedarf.
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b) Der Kläger hält die Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig (Beschwerdebegründung S. 43 f.):
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- Lassen Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VRL, § 33 Abs. 1 BNatSchG 2002 = § 32 Abs. 1 BNatSchG 2009 es zu, dass die für die Ausweisung von Vogelschutzgebieten zuständige Behörde es im Rahmen ihrer Entscheidung über die Ausweisung von Vogelschutzgebieten für eine unter Art. 4 VRL fallende Vogelart unterlassen darf, diese Entscheidung auf Grundlage deren Bestände und Lebensraumbedingungen in einem dafür in Frage kommenden Gebiet im Vergleich zu deren Beständen und Lebensraumbedingungen an anderer Stelle zu treffen, bzw. ist die Ermittlung und Bewertung von Bestandszahlen und deren Vergleich mit den Gegebenheiten an anderer Stelle dann entbehrlich, wenn ein Gebiet, in welchem sich ein Bestand der Art befindet, nicht im IBA-Verzeichnis aufgeführt ist?
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- Ist die Behörde dann, wenn sie ihren naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum betreffend die Ausweisung von Vogelschutzgebieten für eine Art ausgeübt hat, berechtigt, ihre Entscheidung über eine Schutzausweisung für die betreffende Art in anderen Gebieten an Hand anderer Kriterien durchzuführen?
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- Darf die gerichtliche Kontrolle einer behördlichen Entscheidung über die (Nicht-)Ausweisung eines Vogelschutzgebiets für eine unter Art. 4 VRL fallende Vogelart so weit zurückgenommen werden, dass es weder auf die von der Behörde für ihre Gebietsausweisung angelegten Kriterien und deren einheitliche Anwendung noch auf eine Ermittlung der Bestandszahlen und Lebensraumbedingungen in den betreffenden Gebieten und deren Abgleich miteinander ankommt?
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Sofern die Frage mit ja zu beantworten sein sollte:
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-- Gilt dies auch dann, wenn das Land für die Vogelart noch kein Vogelschutzgebiet ausgewiesen hat und die Vogelart in dem betreffenden Gebiet einen ihrer größten landesweiten Bestände hat?
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-- Gilt dies auch dann, wenn es um eine Art geht, für deren Erhaltung Deutschland aufgrund der Beherbergung eines 10%igen Anteils eine besondere Verantwortung trägt?
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-- Gilt dies auch dann, wenn das Land für die Vogelart erst ein Vogelschutzgebiet ausgewiesen hat und die Vogelart in dem streitbefangenen Gebiet einen deutlich höheren Bestand aufweist als in dem ausgewiesenen Schutzgebiet?
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Die Fragen lösen die Zulassung der Grundsatzrevision nicht aus, weil sie an dem rechtlichen Ansatz der Vorinstanz und den Feststellungen im angefochtenen Urteil vorbeigehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass der Verordnungsgeber über einen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum verfügt, welche der nach der Vogelschutzrichtlinie geschützten europäischen Vogelarten innerhalb eines europäischen Vogelschutzgebiets erhalten werden sollen (UA Rn. 677). Eine Überschreitung dieses Beurteilungsspielraums hat er vorliegend verneint und zur Begründung u.a. ausgeführt, dass die nach Auffassung des Klägers in die Vogelschutzverordnung aufzunehmenden Erhaltungszielarten Dorngrasmücke, Feldschwirl, Sumpfrohrsänger und Kuckuck bayernweit stark verbreitet seien und sich insoweit das Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" zur Erhaltung dieser Arten keinesfalls aufdränge (UA Rn. 678). Der umfangreiche Fragenkatalog kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kläger im Gewand der Grundsatzrüge die vorinstanzliche Entscheidung einzelfallbezogen bemängelt und mit der Behauptung von Tatsachen, die der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hat, nachweisen will, dass der Verordnungsgeber seinen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum verlassen hat. Mit einer Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung lässt sich die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache aber nicht darlegen.
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c) Der Kläger sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage,
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ob in einem Gebiet, in welchem ein schutzwürdiges Vorkommen einer Anhang II-Art vorkommt, ein Vorhaben verwirklicht werden darf, welches das Vorkommen im Gebiet zerstören würde, wenn zwar weitere Gebiete mit Verbreitungsschwerpunkten dieser Art in einem Bundesland vorkommen, das Bundesland für diese Arten jedoch noch kein Gebiet zur Aufnahme in Natura 2000 gemeldet hat (Beschwerdebegründung S. 83).
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Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil geklärt ist, dass ein potentielles FFH-Gebiet nicht zerstört oder nicht anderweitig so nachteilig beeinträchtigt werden darf, dass es für eine Meldung an die Kommission nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL nicht mehr in Betracht kommt (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 - 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <157>). Ebenfalls geklärt ist,
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- dass ein Bereich im Sinne des Art. 1 Buchst. j FFH-RL, der die sachlichen Kriterien des Art. 4 Abs. 1 FFH-RL erfüllt und dessen Meldung sich für die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten aufdrängt, als potentielles FFH-Gebiet einzustufen ist (BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2000 - 4 C 2.99 - BVerwGE 110, 302 <308 f.>),
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- dass die FFH-Richtlinie im Anhang III Phase I B den Mitgliedstaaten bei der Auswahl der der Kommission vorzuschlagenden Gebiete für eine gegebene Art des Anhangs II, auch soweit sie prioritäre Lebensraumtypen beherbergen, einen gewissen ökologisch-fachlichen Beurteilungsspielraum mit der Folge einräumt, dass die Gebiete nicht ausnahmslos gemeldet werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 - 4 A 59.01 - BVerwGE 118, 15 <21>, und
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- dass dies unabhängig davon gilt, ob es um die erstmalige Meldung eines Gebiets oder um eine entsprechende Nachmeldung geht (BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 - 4 B 77.09 - juris Rn. 39).
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Der Kläger zeigt nicht auf, dass die bisherige Rechtsprechung in einem Revisionsverfahren weiter entwickelt oder korrigiert werden müsste. Ihm dient die Grundsatzrüge als Anknüpfungspunkt dafür, dem Verwaltungsgerichtshof vorzuhalten, Teile des Bereichs des so genannten Abfanggrabens Ost und des nördlichen Erdinger Mooses zu Unrecht nicht als potentielles FFH-Gebiet zum Schutz von Vorkommen der Libellenart Vogel-Azurjungfer und der Pflanzenart Sumpf-Siegwurz behandelt zu haben (UA Rn. 819 f.). Auch hier gilt, dass mit einer Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht aufgezeigt werden kann.
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d) Grundsätzliche Bedeutung misst der Kläger den Fragen bei (Beschwerdebegründung S. 88, 91, 94),
-
- ob Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL unmittelbar anwendbar ist oder ob es sich bei den Ausnahmegründen des § 45 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG um eine strengere Schutzmaßnahme eines Mitgliedstaates im Sinne von Art. 14 VRL handelt,
-
- ob Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL dahingehend ausgelegt werden muss, dass eine Nutzung im Sinne der Vorschrift einen individuellen Zugriff auf betroffene Vögel voraussetzt,
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- ob eine artenschutzrechtliche Ausnahme für europäische Vogelarten auf den Tatbestand der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher wirtschaftlicher und sozialer Art (§ 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG) gestützt werden kann,
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- ob eine weite Auslegung des Tatbestandes der "öffentlichen Sicherheit" in Art. 9 Abs. 1 Buchst. a 1. Spiegelstrich VRL, wonach hierunter auch die "zwingenden Gründe des öffentlichen Interesses" zu verstehen seien, mit Art. 9 Abs. 1 VRL im Einklang steht,
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- ob die Ausnahme unter Berufung auf § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG für die Steigerung des Flugsicherheitsniveaus gewährt werden kann, ohne dass eine Gefährdung der Sicherheit des Luftverkehrs begründet vorliegt;
-
- ob § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, wonach von den zwingenden Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG, Art. 5 VRL aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses Ausnahmen auch für europäisch geschützte Vogelarten möglich sind, mit Art. 9 Abs. 1 VRL vereinbar ist;
-
- ob für den Fall der Unvereinbarkeit des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG mit Art. 9 Abs. 1 VRL die Auslegung des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a 1. Spiegelstrich VRL, wonach der Tatbestand der öffentlichen Sicherheit weit auszulegen sei und hierunter auch die zwingenden Gründe des öffentlichen Interesses sowie die Sicherheit der Luftfahrt zu verstehen seien, mit Art. 9 Abs. 1 VRL in Einklang steht.
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Der Verwaltungsgerichtshof ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Abweichungsentscheidung des Beklagten sowohl auf § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG als auch auf § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG stützen lässt (UA Rn. 844 f. i.V.m. Rn. 724 ff., Rn. 848 ff.). Die Revision kann daher nur zugelassen werden, wenn der Kläger zu beiden Vorschriften Gründe für die Zulassung der Grundsatzrevision aufzeigt. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nämlich nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.
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Das Beschwerdevorbringen des Klägers zur Auslegung und Anwendung des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG führt nicht zur Zulassung der Revision, so dass die Fragen zu § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, Art. 9 Abs. 1 Buchst. a VRL und Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL nicht entscheidungserheblich sind.
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Nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG und im Einklang mit Art. 9 Abs. 1 Buchst. a VRL können die nach Landesrecht zuständigen Behörden von den Verboten des § 44 BNatSchG im Einzelfall u.a. im Interesse der öffentlichen Sicherheit Ausnahmen zulassen. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, dass das planfestgestellte Vorhaben dem Interesse der öffentlichen Sicherheit sowohl im Hinblick auf die herausgehobene Bedeutung als Vorhaben der Luftinfrastruktur zur Bewältigung des zu erwartenden steigenden Luftverkehrsaufkommens am Verkehrsflughafen München als auch hinsichtlich der Steigerung des Flugsicherheitsniveaus durch die Behebung der sich mit Kapazitätsengpässen verbindenden Risiken für die Störung der Flugsicherheit insbesondere bei Starts und Landungen dient (UA Rn. 850). Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um den Verwaltungsgerichtshof darin zu bestätigen, dass im Interesse der öffentlichen Sicherheit jedenfalls Maßnahmen zur Entschärfung der Risiken für die Flugsicherheit liegen, die durch Kapazitätsengpässe und einer damit verbundenen dichten Flugfolge bei Starts und Landungen heraufbeschworen werden. An die vorinstanzliche Feststellung, dass die Erweiterung des Flughafens München (auch) dazu dient, Risiken für die Störung der Flugsicherheit zu begegnen, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Mit der Behauptung, der Flughafen werde nicht gebaut, um die Sicherheit zu erhöhen, sondern allein zur Befriedigung einer vermeintlichen Nachfrage an Flugbewegungen (Beschwerdebegründung S. 93), kann der Kläger nicht gehört werden.
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e) Grundsätzlichen Klärungsbedarf sieht der Kläger bei den Fragen (Beschwerdebegründung S. 151, 173),
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- ob es bei der gerichtlichen Prüfung des Vorliegens des Abweichungsgrundes der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses (Art. 6 Abs. 4 FFH-RL) im Hinblick auf das Merkmal von Prognoseunsicherheiten erforderlich ist zu prüfen, ob bei einer zuvor festgestellten sachgerechten Prognose die prognostizierte Entwicklung mit Sicherheit bzw. mit großer oder geringer Wahrscheinlichkeit eintreten wird;
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- ob Art. 6 Abs. 4 FFH-RL dahingehend auszulegen ist, dass dann, wenn das Vorliegen der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses bejaht und das Projekt damit zugelassen wird, eine nochmalige bzw. weitergehende Überprüfung des Abweichungsgrundes erforderlich wird, wenn zwischen der Zulassung des Projekts und dem Baubeginn eine tatsächliche Entwicklung eingetreten ist, die den Abweichungsgrund ganz oder teilweise - letzteres im Hinblick auf die Alternativenprüfung - entfallen lassen könnte;
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- ob Kohärenzmaßnahmen gem. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL bei der bipolaren Abwägung mindernd berücksichtigt werden dürfen, bejahendenfalls, welchen Anforderungen Kohärenzsicherungsmaßnahmen genügen müssen, um mindernd berücksichtigt werden zu können, ob es geboten ist, an die Erfolgswahrscheinlichkeit "qualifizierter" Kohärenzsicherungsmaßnahmen dieselben strengen Überprüfungsmaßstäbe anzulegen, wie sie für Schadensvermeidungsmaßnahmen gelten, ob vermieden werden muss, dass eine Doppelanrechnung einer Maßnahme als das Integritätsinteresse vermindernde und als eigentliche Kohärenzsicherungsmaßnahme gelten kann, und ob entsprechende Kennzeichnungen zum Beleg der unterschiedlichen Qualität der Kohärenzsicherungsmaßnahmen erfolgen müssen.
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Auf die Frage zum ersten Spiegelstrich lässt sich mit dem Urteil des Senats vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - (BVerwGE 134, 166 Rn. 17) antworten: Bei der Gewichtung der Abweichungsgründe sind auch die mit der Planung verbundenen Prognoseunsicherheiten zu bewerten. Reichen die Prognoseunsicherheiten weiter als in anderen Fällen, bedarf es der Darlegung, warum dem Vorhaben gleichwohl ein besonderer Stellenwert zukommt. Das kann etwa der Fall sein, wenn mit normativer Verbindlichkeit die besondere Dringlichkeit des Vorhabens angeordnet ist. Mit welchem Gewicht Prognoseunsicherheiten zu Buche schlagen, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. Als Faustregel lässt sich lediglich festhalten: Je weiter die Unsicherheiten reichen, desto geringer wiegt das öffentliche Interesse an dem Vorhaben und desto konkreter und verbindlicher müssen die das Vorhaben stützenden Zielvorgaben sein, wenn ihm trotz des unsicheren Bedarfs ein hohes Gewicht beigemessen werden soll. Daran hat der Senat im Beschluss vom 14. April 2011 - 4 B 77.09 - (juris Rn. 45) festgehalten. Der Kläger zeigt weiteren Klärungsbedarf nicht auf, sondern kritisiert, dass der Verwaltungsgerichtshof den Begriff der Prognoseunsicherheit zu eng verstanden habe (Beschwerdebegründung S. 155). Das ist kein Grund für die Zulassung der Grundsatzrevision.
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Die Frage zum zweiten Spiegelstrich ist nicht entscheidungserheblich, weil sie auf einen Sachverhalt gemünzt ist, den der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Tatsachen ermittelt, aus denen sich ergibt, dass die Abweichungsgründe des § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG bzw. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses entfallen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts scheidet die Zulassung der Revision aus, wenn ein Instanzgericht eine Tatsache nicht festgestellt hat, die für die Entscheidung der angesprochenen Rechtsfrage erheblich sein würde, sondern lediglich die Möglichkeit besteht, dass die Rechtsfrage nach Zurückverweisung der Sache aufgrund weiterer Sachaufklärung entscheidungserheblich werden könnte (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Dezember 1998 - 9 B 197.98 - juris Rn. 6 und vom 28. November 2005 - 4 B 66.05 - ZfBR 2006, 159).
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Die Fragen zum dritten Spiegelstrich bedürfen mangels Entscheidungserheblichkeit keiner Klärung. Nach der tatrichterlichen Würdigung, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, überwiegt das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens schon das ungeschmälerte Integritätsinteresse (UA Rn. 735). Die Eignung von Kohärenzsicherungsmaßnahmen zur Minderung des Gewichts des Integritätsinteresses (UA Rn. 736) ist ein zusätzliches Argument ("Darüber hinaus ..."), das hinweggedacht werden könnte, ohne dass sich die angegriffene Entscheidung ändert.
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f) Der Kläger hält für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung (Beschwerdebegründung S. 159),
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ob sich unter dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes als ein wesentliches Element der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG die gerichtliche Überprüfung einer Verkehrsprognose und deren Gewichtung im Rahmen der fachplanerischen Abwägung auch darauf beziehen muss, ob die Prognose durch spätere tatsächliche Entwicklungen bestätigt oder widerlegt wird.
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Grundsätzlicher Klärungsbedarf bestehe im Hinblick auf die strengen Anforderungen an die gerichtliche Kontrolle von Enteignungsentscheidungen bzw. wie hier an die Überprüfung einer fachplanerischen Zulassung mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung.
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Die Frage bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie dort nicht entscheidungserheblich wäre. Nach der Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs ist das planfestgestellte Vorhaben zum Wohl der Allgemeinheit nicht nur geboten, weil nach der Verkehrsprognose das fachplanungsrechtliche Erfordernis der Planrechtfertigung gegeben ist, sondern auch deshalb, weil über die bestehende Planrechtfertigung hinaus weitere überwiegende öffentliche Interessen für das Vorhaben streiten (UA Rn. 595). Im Übrigen bedarf es keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass die gestellte Frage zu verneinen ist. Denn die Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung von Prognoseentscheidungen ist auch an Fällen entwickelt worden, in denen die jeweilige Planungsentscheidung enteignungsrechtliche Vorwirkung entfaltet hat (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 21 und Gerichtsbescheid vom 29. Januar 2009 - 7 A 1.08 - juris Rn. 13.) Darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
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g) Grundsätzlichen Klärungsbedarf reklamiert der Kläger in Bezug auf folgende Fragen (Beschwerdebegründung S. 181):
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- Folgt aus § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG i.V.m. Art. 6, 6 Abs. 2 Buchst. e UVP-RL eine Pflicht der Genehmigungsbehörde, während des laufenden Verwaltungsverfahrens sämtliche bei der Genehmigungsbehörde eingereichten Unterlagen eigeninitiativ der Öffentlichkeit zugänglich zu machen?
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- Sollte die Frage zu verneinen sein: Gilt dies jedenfalls in Bezug auf solche Unterlagen, die vom Vorhabenträger eingereicht wurden und für die Entscheidung über den Genehmigungsantrag wesentlich (im Sinne von entscheidungstragender Relevanz) sind?
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- Gilt dies insbesondere in Bezug auf Unterlagen betreffend den Bedarf an einem Vorhaben, dessen sozioökonomische oder dessen umweltbezogene Auswirkungen?
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- Welche Anforderungen hat ein Gericht im Rechtsmittelverfahren gegen eine Vorhabengenehmigung in Bezug auf die Feststellung eines Nachweises zu erfüllen, so dass nachweislich die Möglichkeit besteht, dass eine angegriffene Entscheidung ohne einen geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre? Steht Art. 11 UVP-RL einer solchermaßen eingeschränkten Behandlung von klägerischen Rügen betreffend Verfahrensfehlern nicht entgegen?
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- Obliegt es der Klägerseite, mit hinreichend substantiierten Einwendungen vorzutragen, inwieweit eine klägerische Äußerung zu den betreffenden Unterlagen die Genehmigungsbehörde vor Genehmigungserteilung hätte veranlassen können, eine andere Entscheidung zu treffen und auf die Kausalität von Verfahrensfehlern bezogene Beweisanträge zu stellen?
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Die Antworten auf die Fragen zu den ersten drei Spiegelstrichen ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz. § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG ist zu entnehmen, dass Informationen, die über diejenigen hinausgehen, die in den nach § 9 Abs. 1b Satz 1 UVPG auszulegenden Unterlagen enthalten sind, nicht sämtlich der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind, sondern nur, soweit sie für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können. Inwieweit Art. 6 UVP-RL (Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten
- UVP-Richtlinie) für § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG eine Rolle spielt, legt der Kläger nicht dar. Die Fragen zum vierten und fünften Spiegelstrich sind nicht entscheidungserheblich, da der Verwaltungsgerichtshof festgestellt hat, dem Kläger seien nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses naturschutzfachliche Sachverständigengutachten, die ihm zuvor vorenthalten worden seien, übersandt worden, so dass jedenfalls Heilung eingetreten sei (UA Rn. 366). Die Fragen beziehen sich auf die weitere, selbständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichtshofs ("Dessen ungeachtet ..."), dass der Kläger auch nicht substantiiert darzulegen vermocht habe, inwieweit eine Äußerung zu den betreffenden Unterlagen vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses den Beklagten hätte veranlassen können, eine andere Entscheidung zu treffen.
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h) Grundsätzlich klären lassen möchte der Kläger (Beschwerdebegründung S. 186),
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ob eine (teilweise) Beseitigung eines Gewässers i.S.d. § 67 Abs. 2 Satz 1 WHG den anderen Anforderungen dieses Gesetzes gem. § 68 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 1 WHG, namentlich den Anforderungen der §§ 27 ff. WHG, genügen kann, wenn keine Ausnahme gem. § 31 WHG erteilt worden ist.
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Der Kläger geht unter Berufung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 3. August 2011 - 10 K 473/09 - (NVwZ-RR 2011, 938) davon aus, dass jede (teilweise) Beseitigung eines Oberflächengewässers eine nachteilige, nicht nur vorübergehende Veränderung seines ökologischen und chemischen Zustands im Sinne des § 27 WHG darstellt, die deshalb nur planfeststellungsfähig ist, wenn eine Ausnahme gem. § 31 Abs. 2 WHG erteilt worden ist. Der Senat kann offenlassen, ob der Kläger § 27 WHG richtig versteht und die Vorschrift nicht nur einschlägig ist, wenn die Gewässerqualität nachteilig betroffen wird. Denn der Kläger könnte aus dem präsumtiven Versäumnis der Planfeststellungsbehörde, eine etwa erforderliche Ausnahme nach § 31 Abs. 2 WHG nicht eingeholt zu haben, nichts für sich herleiten. Denn von entscheidender Bedeutung für seine Rechtsverteidigung ist, ob die Ausnahme rechtmäßigerweise zum Gegenstand der Planungsentscheidung hätte gemacht werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 565). Dazu verhält sich weder das angefochtene Urteil noch der Kläger in seiner Beschwerdebegründung.
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i) Als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung sieht der Kläger die Frage an (Beschwerdebegründung S. 191),
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ob der zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses geltende Art. 3 2. Spiegelstrich der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, wonach die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf den Faktor "Klima" in geeigneter Weise nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls gemäß den Artikeln 4 bis 11 zu identifizieren, zu beschreiben und zu bewerten hat, dergestalt auszulegen ist, dass die von einem Vorhaben ausgehenden Treibhausgasemissionen, die für den Klimawandel verantwortlich gemacht werden, zu identifizieren, zu beschreiben und zu bewerten sind.
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Anknüpfungspunkt für die Frage ist die Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs, dass globale Klimaveränderungen in Folge der Emissionen des Luftverkehrs, namentlich der CO2-Emissionen, nicht Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung seien (UA Rn. 880).
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Der Kläger macht geltend, dass der Begriff "Klima" in Art. 3 2. Spiegelstrich der Richtlinie 85/337/EWG nicht anders verstanden werden könne als der gleichlautende Begriff in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Nachfolgerichtlinie 2014/52/EU vom 16. April 2014 (ABl. L 124 S. 1), bei dem der globale Bezug unstrittig sei. Dem folgt der Senat schon im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Die Richtlinie 2014/52/EU führt unter den Erwägungen (7) aus, dass das Thema Klimawandel zunehmend an Bedeutung gewonnen habe und daher ein wichtiger Bestandteil der Bewertung und Entscheidungsfindung sein sollte, und hält es in der Erwägung (13) für angezeigt, die Auswirkungen von Projekten auf das Klima (z.B. Treibhausgasemissionen) und ihre Anfälligkeit in Bezug auf den Klimawandel zu bewerten, weil der Klimawandel weitere Umweltschäden verursachen werde. Identische oder vergleichbare Erwägungen sind der nahezu 30 Jahre älteren Richtlinie 85/337/EWG nicht vorangestellt. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass Art. 3 2. Spiegelstrich der Richtlinie 85/337/EWG die Auswirkungen eines Projekts auf das globale Klima nicht zum Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung machen wollte. Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 AEUV bedarf es nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 [ECLI:EU:C:1982:335] - Rn. 14).
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3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Verfahrensfehler, auf denen das angefochtene Urteil beruhen kann, liegen entweder nicht vor oder sind nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt.
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a) Der Kläger rügt als Verstoß gegen die Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO), dass der Verwaltungsgerichtshof die Kenntnisse der sonstigen Vorschriften und Maßnahmen, deren Vorliegen mitursächlich für den Regimewechsel von der Vogelschutzrichtlinie zur FFH-Richtlinie sein sollen, nur auf die Informationen im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 31. Oktober 2013 und in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2013 gestützt, die darin genannten Verordnungen und Dokumentationen zu den Maßnahmen, insbesondere Verträgen, aber nicht zur Kenntnis und zur Gerichtsakte genommen habe (Beschwerdebegründung S. 31).
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Die Rüge ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können, wobei vom materiellrechtlichen Standpunkt der Vorinstanz auszugehen ist, auch wenn dieser rechtlich verfehlt sein sollte (BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 - 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183; stRspr). Diesen Anforderungen wird der Kläger jedenfalls deshalb nicht gerecht, weil er nicht aufzeigt, dass bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs die Entscheidung zu seinen Gunsten hätte ausgehen müssen, wenn das Gericht die vermisste Aufklärung betrieben hätte. Er missversteht die Aufklärungsrüge, wenn er sie als Instrument nutzen will, um die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zu kritisieren, in der Schutzerklärung bräuchten die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Ge- und Verbote sowie Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen nicht festgelegt zu werden (Beschwerdebegründung S. 33).
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b) Der Kläger beanstandet als Verstöße gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), gegen die Begründungspflicht (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) und gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG), dass sich der Verwaltungsgerichtshof nicht ausreichend mit dem Vorbringen auseinandergesetzt habe, das "Nördliche Erdinger Moos" sei zu Unrecht nicht als Vogelschutzgebiet für die Arten Dorngrasmücke, Feldschwirl, Kuckuck und Sumpfrohrsänger ausgewiesen worden (Beschwerdebegründung S. 48).
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Die Rüge ist schon deshalb unbegründet, weil es nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs für die Frage, welches Schutzregime vorliegend zur Anwendung kommt, keine Rolle spielt, ob im Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" die vom Kläger benannten Vogelarten als Erhaltungsziel hätten aufgenommen werden müssen (UA Rn. 677). Sie kann aber auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die zusätzliche und die Entscheidung selbständig tragende Begründung ("Unbeschadet dessen..."), dass keine rechtlich durchgreifenden Fehler des Beklagten bei der Festlegung der Erhaltungszielarten im Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" ersichtlich seien, den Angriffen des Klägers stand hält. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dem Vorbringen des Klägers im gebotenen Umfang gewidmet und seinen Befund, dass der Verordnungsgeber bei der Festlegung der Erhaltungszielarten seinen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum nicht überschritten habe, mit mehreren Argumenten untermauert (UA Rn. 678). Dass der Kläger die Argumente nicht für überzeugend hält, ist ohne Belang. Seiner Rüge, dass die vorinstanzliche Aussage, die Arten seien bayernweit stark vertreten, mangels Ermittlung der Verbreitungszahlen aktenwidrig sei (Beschwerdebegründung S. 51), liegt ein unzutreffendes Verständnis des Begriffs der Aktenwidrigkeit zugrunde. Aktenwidrigkeit bedeutet einen offensichtlichen Widerspruch zwischen den tatsächlichen Feststellungen, die in der angegriffenen Entscheidung getroffen worden sind, und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 1997 - 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 S. 1). Sie kann nicht mit der Behauptung begründet werden, eine tatsächliche Feststellung finde in den Akten keine Stütze.
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c) § 86 Abs. 1 und § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO wurden nach Ansicht des Klägers durch die Feststellung der fehlenden Betroffenheit der Bekassine als Rastvögel verletzt (Beschwerdebegründung S. 57 f.). Der Verwaltungsgerichtshof sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, weil seine Behauptung, eine Beobachtung von etwa 300 rastenden Bekassinen im Bereich der Südlichen Lüsse sei nicht publiziert und habe für die Beigeladene und den Beklagten im maßgeblichen Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses nicht zur Verfügung gestanden (UA Rn. 691), und die Feststellung, dass Bekassine mangels geeigneter Habitate auf den Flughafenwiesen nicht in signifikantem Umfang vorkämen (UA Rn. 839), unzutreffend seien. Außerdem habe der Verwaltungsgerichtshof das wiederholte Vorbringen des Klägers, eine hohe Zahl von Individuen raste auch im Bereich der Südlichen Lüsse und damit im Einwirkungsbereich des Vorhabens, zum Anlass nehmen müssen, den Sachverhalt weiter aufzuklären.
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Die vom Kläger in Bezug genommene, im Planfeststellungsverfahren eingereichte Stellungnahme vom 18. Dezember 2007 belegt nicht, dass die vorinstanzliche Feststellung unzutreffend ist, eine Beobachtung von etwa 300 rastenden Bekassinen im Bereich der Südlichen Lüsse sei bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nicht publiziert. Der Kläger weist in seiner Stellungnahme keine Publikation nach, sondern beschränkt sich auf den Hinweis, es fehlten Angaben zur Bekassine als häufiger Durchzügler (Maximum größer 200 Ex.). Seinen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2013, dass eine hohe Zahl von Individuen während ihrer mehrwöchigen Rastzeiten nicht nur im Bereich der Nördlichen Lüsse, sondern auch in der Südlichen Lüsse und damit im Eingriffsbereich raste, musste der Verwaltungsgerichtshof nicht zum Anlass für weitere Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung nehmen; denn nach seiner - zutreffenden - Ansicht kam es auf den Kenntnisstand der Planfeststellungsbehörde bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses an.
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Die Feststellung, dass Bekassine mangels geeigneter Habitate auf den Flughafenwiesen nicht in nennenswertem Umfang vorkämen, stützt der Verwaltungsgerichtshof auf die Aussage des Vertreters der höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung. Danach bevorzugen Bekassine die Nördliche Lüsse, weil sie viel stärker vernässt sei als die Südliche Lüsse und auch mehr Moorböden aufweise als die Südliche Lüsse, wo mineralische Böden überwögen (Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2013 S. 8). Der Kläger hält die Feststellung für aktenwidrig und widersprüchlich (Beschwerdebegründung S. 59). Aus den zu den Gerichtsakten genommenen Planfeststellungsunterlagen ergebe sich, dass im südlichen Teil der Lüsse ebenso Moorböden vorkämen wie im nördlichen Teil und sich auch die Nässeverhältnisse nicht signifikant unterschieden. Der gerügte Verfahrensfehler ist damit nicht dargetan. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Tatsachen festgestellt, die dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt widersprechen. Er hat weder angenommen, dass es in der Südlichen Lüsse überhaupt keine Moorböden gibt, noch hat er jegliche Vernässung in der Südlichen Lüsse verneint. Die Einschätzung des Klägers, dass der Unterschied der Nässeverhältnisse nicht signifikant sei, ist eine Frage der Wertung und der Rüge der Aktenwidrigkeit nicht zugänglich.
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d) Als Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO bemängelt der Kläger, dass der Verwaltungsgerichtshof seinem Einwand nicht nachgegangen sei, der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung gem. § 34 Abs. 3 BNatSchG sowie der artenschutzrechtlichen Prüfung der Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG sei keine ordnungsgemäße Erfassung der Brutvögel zugrunde gelegt worden (Beschwerdebegründung S. 64). Der Verwaltungsgerichtshof habe sich nicht darauf zurückziehen dürfen, die von ihm, dem Kläger, vorgelegten Sachverständigengutachten für nicht nachvollziehbar zu erklären, sondern hätte ihn um weitere Aufklärung ersuchen oder einen Sachverständigen einschalten müssen.
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Die Aufklärungsrüge bleibt erfolglos. Soweit der Kläger dem Verwaltungsgerichtshof vorwirft, dem Beklagten zu Unrecht eine Einschätzungsprärogative bei der Methode der Bestandserfassung zugebilligt zu haben (Beschwerdebegründung S. 66), macht er die Verletzung materiellen Rechts geltend. Mit der Aufklärungsrüge können aber nur die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz angegriffen werden.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat sich davon überzeugt, dass die Revierkartierung der Beigeladenen den Vorgaben der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur herausgegebenen Technischen Vertragsbedingungen für landschaftsplanerische Leistungen im Straßen- und Brückenbau entspricht (UA Rn. 686). Der Kläger stellt die vom Verwaltungsgerichtshof angenommene Zahl der Begehungen nicht in Frage. Er bestreitet aber, dass die jeweilige Begehungsdauer ausreichend war, und meint, dass der Verwaltungsgerichtshof seinem substantiierten, durch den Sachverständigen Dr. S. untermauerten Vortrag hätte nachgehen müssen (Beschwerdebegründung S. 68). Die Kritik ist unberechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Kenntnis genommen, dass der Sachverständige aus internen Rohdaten der Beigeladenen auf Defizite des zeitlichen Aufwands für die Bestandserfassung geschlossen hat. Er hat die Berechnungsergebnisse des Sachverständigen aber nicht als plausibel nachvollziehen können. Dies beruht nicht auf fehlendem Sachverstand des Gerichts, der im Wege des vom Kläger vermissten Sachverständigenbeweises hätte ausgeglichen werden können, sondern hat seinen Grund darin, dass der Verwaltungsgerichtshof der Aussage des Vertreters der höheren Naturschutzbehörde Glauben geschenkt hat, Rohdaten seien ihrer Art nach nicht gesichtet, gewichtet und richtig eingeordnet und deshalb vielfach nicht aussagekräftig (UA Rn. 688). Der Einwand des Klägers, Rohdaten an sich und auch die von ihm ausgewerteten Zusammenfassungen der Rohdaten seien einer Auswertung durch Dritte zugänglich (Beschwerdebegründung S. 74), führt nicht auf den Verfahrensfehler der mangelnden Klärung des Sachverhalts, sondern betrifft die Tatsachen- und Beweiswürdigung, die in der Regel und so auch hier dem sachlichen Recht zuzuordnen ist.
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e) Der Kläger vermisst eine Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichtshofs mit seinem Vortrag, wonach es sich bei dem Vorkommen der Libellenart Vogel-Azurjungfer im "Nördlichen Erdinger Moos" um eines der wichtigsten Schwerpunktvorkommen in Bayern handele. Der Verwaltungsgerichtshof habe damit gegen seine Verpflichtung aus § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, das klägerische Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (Beschwerdebegründung S. 79).
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Die Rüge wird dem angefochtenen Urteil nicht gerecht. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit dem Vorkommen der Libellenart Vogel-Azurjungfer beschäftigt. Er ist davon ausgegangen, dass es ein Vorkommen dieser Art im Nördlichen Erdinger Moos gibt und die Art auch schutzwürdig ist, das Vorhandensein eines potentiellen FFH-Gebiets aber verneint, weil die Verbreitungsschwerpunkte der Art in Franken und im Landkreis Donau-Ries lägen und die dortigen Vorkommen größer seien als diejenigen im Bereich Nördliches Erdinger Moos (UA Rn. 819 f.). Der Auffassung des Klägers, jedes meldewürdige Gebiet sei dem Regime der FFH-Richtlinie zu unterstellen (Beschwerdebegründung S. 82), hat er eine Absage erteilt. Darin liegt kein Gehörsverstoß. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81 u.a. - BVerfGE 64, 1 <12>).
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f) Nach Auffassung des Klägers beruht die Abweisung der Klage wegen des angeblichen Vorliegens des Ausnahmetatbestandes des Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL - vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen unter streng überwachten Bedingungen - auf einer Missachtung der Vorgaben des § 108 Abs. 1 VwGO (Beschwerdebegründung S. 95). Die Rüge führt schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil - wie bereits bei der Prüfung der Grundsatzrügen dargelegt - Fragen zu Art. 9 Abs. 1 Buchst. c VRL nicht entscheidungserheblich sind.
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g) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO ist dem Verwaltungsgerichtshof nach Ansicht des Klägers bei der Überprüfung der artenschutzrechtlichen Ausnahme hinsichtlich der Art Zauneidechse unterlaufen (Beschwerdebegründung S. 97). Der Verwaltungsgerichtshof habe den Vortrag übergangen, wonach die Bestandserfassung nicht ausreichend sei (Beschwerdebegründung S. 98 f.), und aktenwidrig angenommen, dass die Methode der Bestandserfassung an den Vorgaben des Handbuchs für die Vergabe von freiberuflichen Leistungen im Straßen- und Brückenbau orientiert gewesen sei (Beschwerdebegründung S. 101). Außerdem sei er nicht auf die Einwendung eingegangen, dass die Zwischenhälterungsfläche im Rahmen des Schutzmaßnahmenkonzepts ungeeignet sei (Beschwerdebegründung S. 104).
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Die Rüge des Klägers, der Verwaltungsgerichtshof habe den Vortrag zur defizitären Bestandserfassung und zur mangelnden Eignung des Schutzkonzepts ausgeblendet, ist unbegründet. Aus dem Urteil ergibt sich, dass der Verwaltungsgerichtshof die Ausführungen der Klägerseite zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (UA Rn. 832, 860 ff.). Er ist ihnen nur nicht gefolgt. Die Rüge einer aktenwidrigen Feststellung des Sachverhalts ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Der Kläger bestreitet nicht, dass die Beigeladene drei Begehungen von je einer Stunde pro Fläche durchgeführt hat, wie Nr. 6.7.3 des Handbuchs für die Vergabe von freiberuflichen Leistungen im Straßen- und Brückenbau dies für die Standarduntersuchung vorsieht und der Verwaltungsgerichtshof für ausreichend angesehen hat, sondern meint - im Gewand der Rüge der Aktenwidrigkeit verfehlt -, dass eine aufwändigere Spezialuntersuchung erforderlich gewesen wäre.
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h) Der auf Tatsachenbehauptungen der höheren Naturschutzbehörde des Beklagten und der Beigeladenen gestützte Befund des Verwaltungsgerichtshofs, dass Fledermausarten keinem signifikant erhöhten Mortalitätsrisiko durch Wirbelschleppen und Kollisionen mit Flugzeugen ausgesetzt seien (UA Rn. 840), beruht nach Ansicht des Klägers auf einer unzureichenden Bildung der richterlichen Überzeugung (Beschwerdebegründung S. 108). Der Kläger beanstandet, dass der Verwaltungsgerichtshof die abweichende Einschätzung des Sachverständigen D., die auf anderen Annahmen zum Flugverhalten, insbesondere zur Flughöhe, von Fledermäusen beruht, nicht zum Anlass genommen hat, die beantragte Beweisaufnahme durchzuführen (Beschwerdebegründung S. 110). Seine Kritik führt nicht zur Zulassung der Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Beweisantrag schon eine hinreichende tatsächliche Grundlage abgesprochen. Zudem habe der Kläger die vorliegenden Untersuchungen zum Vorkommen von Fledermäusen sowie zu Kollisions- und Wirbelschleppenrisiken für Fledermäuse im Wirkbereich der geplanten dritten Start- und Landebahn nicht ernsthaft erschüttert. Jedenfalls die zweite Begründung erweist sich als tragfähig. Die unter Beweis gestellte Tatsache, dass im Wirkbereich des planfestgestellten Vorhabens Fledermausarten vorkommen, die bis zu 200 Meter hoch über Grund fliegen (Beiakten II Bl. 457 R, VI Bl. 2694 zu 8 A 11.40051), hat der Verwaltungsgerichtshof nicht in Abrede gestellt. Er ist allerdings der Darstellung der fachkundigen höheren Naturschutzbehörde gefolgt, dass die regelmäßige Flughöhe der vorliegend betroffenen Fledermausarten (insbesondere Großer Abendsegler, Rauhautfledermaus, Zweifarbfledermaus und Kleiner Abendsegler) bei maximal 40 Metern liege und Fledermausflüge in größerer Höhe lediglich Einzelereignisse insbesondere über besonders geeigneten Gebieten darstellten, zu denen der gesamte Wirkbereich der geplanten Start- und Landebahn nicht gehöre. Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung des Klägers, dass Fledermausarten, insbesondere der Große Abendsegler, ständig in Flughöhen über 40 Metern flögen und den Luftraum bis zu 500 Meter nutzten (Beschwerdebegründung S. 111), war nicht Gegenstand des Beweisantrags. Damit verhält sich der Beweisantrag nicht zu den vom Verwaltungsgerichtshof als maßgeblich angesehenen Tatsachen, dass der Wirkbereich des planfestgestellten Vorhabens kein Fledermaushabitat ist und Fledermausflüge in größerer Höhe als 220 Meter lediglich Einzelereignisse sind (UA Rn. 840). Der klägerische Vortrag zwang den Verwaltungsgerichtshof auch nicht, von sich aus das vermisste Sachverständigengutachten einzuholen. Entgegen der Ansicht des Klägers (Beschwerdebegründung S. 110) muss divergierenden Aussagen von Sachverständigen nicht stets durch ein "Obergutachten" nachgegangen werden.
- 60
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i) Der Kläger kritisiert mit verschiedenen, auf Einzelheiten bezogenen Verfahrensrügen, dass der Verwaltungsgerichtshof die für die Beigeladene erstellte Luftverkehrsprognose der I. GmbH, deren Methodik und Ergebnis die von dem Beklagten mit der Qualitätssicherung beauftragen Gutachter der Technischen Universität Hamburg-Harburg als nachvollziehbar und plausibel bezeichnet haben, nicht beanstandet hat.
- 61
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Der Verwaltungsgerichtshof hat sich davon überzeugt, dass die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Verkehrsprognose nach einer geeigneten Methode durchgeführt, der maßgebliche Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Die vom Kläger vorgebrachten Bedenken griffen nicht durch (UA Rn. 375). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Einzelnen dargelegt, dass
-
- der in der Verkehrsprognose des Gutachters der Beigeladenen (zuletzt) gewählte Prognosezeitraum nicht zu beanstanden sei (UA Rn. 377 bis 379),
-
- die Methodik der Verkehrsprognose trotz Nicht-Offenlegung der verwendeten Quelle-Ziel-Matrizes und des eher die Ausnahme bildenden Ansatzes eines komplexen, integrierten Gesamtverkehrsmodells der Prüfung standhalte (UA Rn. 380 bis 385), weil weder gegen den Umgang des Gutachters der Beigeladenen mit Elastizitäten (als Maß für Verhaltensänderungen) noch gegen die Verwendung der Quelle-Ziel-Matrix des Jahres 2008 für die Prognose mit dem Basisjahr 2009 etwas einzuwenden sei,
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- die qualitätsgesicherte Verkehrsprognose auch hinsichtlich der zugrunde gelegten Prognoseprämissen bzw. der Validität der zugrunde liegenden Tatsachen an keinem durchgreifenden Mangel leide (UA Rn. 386 bis 397), weil die Annahme von 18 Prozent Treibstoffkostenanteil in der Luftverkehrsprognose 2010 einen plausiblen Durchschnitt für die in München operierenden Airlines darstelle, die Treibstoffkosten als preiserhöhender Faktor in angemessenem Umfang Berücksichtigung gefunden hätten und die Annahmen zum zu erwartenden Passagierwachstum am Flughafen München von Klägerseite nicht ernsthaft erschüttert worden seien,
-
- nach der als hinreichend valide zugrunde zu legenden Luftverkehrsprognose des Gutachters der Beigeladenen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Prognosejahr 2025 im so genannten Basisszenario mit einer sich in Höhe von 590 000 Flugbewegungen niederschlagenden Luftverkehrsnachfrage zu rechnen sei, die mit dem derzeit bestehenden Zwei-Bahn-System nicht zu befriedigen sei (UA Rn. 398 bis 409).
- 62
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Der Kläger greift einzelne Annahmen und Bewertungen des Verwaltungsgerichtshofs mit Verfahrensrügen an (Beschwerdebegründung S. 118 bis 151). Die Rügen, die sich zusammengefasst bescheiden lassen, haben keinen Erfolg. Soweit der Kläger geltend macht, ihm sei rechtliches Gehör versagt worden, ist ihm entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel davon auszugehen ist, dass das Gericht bei seiner Entscheidung die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das gilt auch für Vorbringen, das in den Entscheidungsgründen nicht erörtert ist. Das Gericht ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO), sondern darf sich auf die Gründe beschränken, die für seine Entscheidung leitend gewesen sind. Die Beweisanträge des Klägers zum Wachstum im Luftverkehr, der zu erwartenden Zahl von Flugbewegungen bzw. der zu erwartenden Slot-Nachfrage durfte der Verwaltungsgerichtshof rechtsfehlerfrei mit der Begründung ablehnen, die in ihrer Qualität gesicherte Luftverkehrsprognose des Gutachters der Beigeladenen sei nicht ernsthaft erschüttert worden und zu seiner Überzeugungsbildung geeignet (UA Rn. 397). Die Kritik des Klägers, dem Verwaltungsgerichtshof hätte sich eine weitere Sachverständigenbegutachtung aufdrängen müssen, weil die reale Entwicklung der Flugbewegungszahlen nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses die Richtigkeit der Prognose in Frage stelle (Beschwerdebegründung S. 150), führt nicht auf einen Verfahrensfehler, weil der Verwaltungsgerichtshof darauf abgestellt hat, Gegenstand der gerichtlichen Prüfung könne - abgesehen von extrem gelagerten Fällen - ausschließlich die Frage sein, ob die der Planungsentscheidung zugrunde liegende Prognose den an sie gestellten Anforderungen genüge, nicht aber, ob die Prognose durch die spätere tatsächliche Entwicklung mehr oder weniger bestätigt oder widerlegt sei, und für einen dergestalt extrem gelagerten Fall keine Anhaltspunkte gefunden hat (UA Rn. 413).
- 63
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Soweit der Kläger mit seinen Rügen Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung beanstandet, ist darauf zu verweisen, dass solche Fehler - sofern sie denn vorlägen - revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen sind und einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen können. Eine Ausnahme hiervon kommt bei einer aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht (BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 2010 - 7 B 35.09 - juris Rn. 15).
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aa) Der Kläger beanstandet als aktenwidrig, dass der Verwaltungsgerichtshof den Gutachtern der Qualitätssicherung gefolgt sei, Preiselastizitäten im I.-Verkehrsmodell würden nur als "Output-Elastizitäten" ausgegeben, die sich im Ergebnis einstellen (UA Rn. 383). Die tatsächlichen Abläufe der Qualitätssicherung seien andere, wie sich aus dem Inhalt der zwischen der I. und dem Qualitätssicherer ausgetauschten fünf unveröffentlichten Berichte ergebe (Beschwerdebegründung S. 121 ff.). Die Rüge der Aktenwidrigkeit greift nicht durch. Der Kläger zitiert selbst aus einem Dokument von I., wonach der Begriff "Elastizitäten" im Sinne von "Output-Elastizitäten" zu verstehen sei, die sich im Ergebnis einstellten, wenn im Modell (ausschließlich) die Luftverkehrspreise variiert würden. Er wirft I. aber eine irreführende Verwendung des Ausdrucks "Output-Elastizitäten" vor, weil diese Elastizitäten keine Elastizitäten im Sinne der ökonomischen Nachfragetheorie sowie der ökonometrischen Nachfrageanalyse und -prognose seien, sondern um nachträglich errechnete Relationen zwischen Preis- und Nachfrageänderungen. Ein eventuell unzutreffendes, weil auf dem Sprachgebrauch von I. beruhendes Verständnis des Begriffs der "Output-Elastizitäten" durch den Verwaltungsgerichtshof wäre nicht aktenwidrig.
- 65
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bb) Als aktenwidrig bezeichnet der Kläger die vom Verwaltungsgerichtshof zitierte Aussage des Gutachters des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts in der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2013, die Luftverkehrsprognose 2010 beziehe sich vollumfänglich auch auf den Zeitraum bis zum Jahr 2025 (UA Rn. 377). Aus dem vom Verwaltungsgerichtshof ebenfalls in Bezug genommenen schriftlichen Gutachten ergebe sich das Gegenteil (Beschwerdebegründung S. 130). Die Rüge geht an dem Inhalt des Urteils vorbei. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Prognosezeitraum nicht dem schriftlichen Gutachten entnommen, sondern der Aussage des Gutachters in der mündlichen Verhandlung. Dass sich die dem Gutachter zugeschriebene der protokollierten Aussage widerspricht, behauptet auch der Kläger nicht.
- 66
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j) Die Wertung des Verwaltungsgerichtshofs, für einen extrem gelagerten Fall des nachträglichen Auseinanderklaffens von Prognose und tatsächlicher Verkehrsentwicklung sei nichts ersichtlich (UA Rn. 413), macht der Kläger zum Gegenstand der Rüge des Fehlens tatrichterlicher Feststellungen und einer Gehörsrüge (Beschwerdebegründung S. 160 f.). Die Rügen sind unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Darstellungen des Klägers, wie sich nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses namentlich die Zahl der Flugbewegungen entwickelt habe, zur Kenntnis genommen und seine Wertung auf der Basis des vom Kläger präsentierten Zahlenmaterials abgegeben.
- 67
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k) Der Kläger hält das Urteil im Punkt Alternativenprüfung der Variante 5b (UA Rn. 744) für widersprüchlich und deshalb für nicht mit dem Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vereinbar (Beschwerdebegründung S. 162). Außerdem beruhe das Urteil insoweit auf einer aktenwidrigen Feststellung sowie einem Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (Beschwerdebegründung S. 166, 168).
- 68
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Der Verwaltungsgerichtshof hat bei der Prüfung, ob es zur Errichtung einer dritten Start- und Landebahn zumutbare Alternativen im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG bzw. des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL gegeben sind, eine Verkürzung der planfestgestellten Bahnlänge von 4 000 Meter nicht als zumutbar angesehen, weil mit dem Vorhaben verfolgte selbständige Teilziele, zum einen das (Haupt-)Ziel der Gewährleistung eines (möglichst) unabhängigen Zweibahnsystems bei Ausfall/Sperrung einer Bahn, zum anderen das (Neben-)Ziel eines hohen Sicherheitsniveaus während der Rollvorgänge sowie bei Starts und Landungen, aufgegeben werden müssten (UA Rn. 744). Diese Aussage steht nach Auffassung des Klägers im Widerspruch zu der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach bei einer Verkürzung der Bahn das weitere Hauptziel der Gewährleistung eines (möglichst) unabhängigen Zweibahnsystems bei Ausfall bzw. einer Bahn verfehlt werde, weil ein uneingeschränkter Betrieb sämtlicher Luftfahrzeugmuster nicht mehr möglich sei (UA Rn. 442). Ein Widerspruch bestehe auch, soweit es um das Ziel eines hohen Sicherheitsniveaus gehe. Der Verwaltungsgerichtshof habe an anderer Stelle (UA Rn. 443) ausgeführt, bei einer Verkürzung der geplanten dritten Start- und Landebahn würde auch das selbständige Nebenziel eines hohen Sicherheitsniveaus während der Rollvorgänge sowie bei Starts und Landungen nur mit gravierenden Abstrichen erreicht. Der vom Kläger konstruierte Widerspruch - die Verfehlung eines Ziels in seiner bestmöglichen Ausprägung zwinge nicht zur Aufgabe des Ziels - lässt sich auflösen. Aufgegeben werden muss ein Ziel, wenn es nicht mehr erreichbar ist. Ob es erreichbar ist, hängt von der Zielvorstellung ab. Ist das Ziel absolut gesetzt, ist es auch nicht mehr erreichbar, wenn es mit Abstrichen erreichbar wäre.
- 69
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Die weiteren Rügen genügen schon nicht dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Eine aktenwidrige Feststellung kann nicht damit begründet werden, dass ein Gericht seiner Entscheidung andere als die vom Beschwerdeführer behauptete Tatsachen zugrunde gelegt hat. Die Aufklärungsrüge scheitert daran, dass der Kläger nicht substantiiert darlegt, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer ihm günstigeren Entscheidung hätte führen können.
- 70
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l) Einen Widerspruch sieht der Kläger darin, dass der Verwaltungsgerichtshof die Kohärenzmaßnahmen für die Vogelarten Kiebitz und Großer Brachvogel trotz time-lags für rechtmäßig hält (Beschwerdebegründung S. 172). Der Verwaltungsgerichtshof habe die Kohärenzmaßnahmen, die einen Ausgleich der vorhabenbedingten Beeinträchtigungen erst nach Jahren erwarten ließen, gebilligt, obwohl der Ausgleich nicht, wie von ihm gefordert, zeitnah möglich sei.
- 71
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Die Rüge missversteht den Verwaltungsgerichtshof. Das Gericht ist davon ausgegangen, dass sich eine Beeinträchtigung nicht zeitnah ausgleichen lässt und es deshalb hinnehmbar ist, wenn die eintretenden Funktionseinbußen erst auf längere Sicht wettgemacht werden können (UA Rn. 765). Der Notwendigkeit eines zeitnahen Ausgleichs der Beeinträchtigungen hat er nicht das Wort geredet. Unabhängig davon zielen die Ausführungen des Klägers nicht auf einen Verfahrensfehler. Der Kläger wendet sich vielmehr gegen die die materiellrechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs. Damit lässt sich der Revisionszulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht darlegen.
- 72
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m) Mit der Aufklärungsrüge und der Gehörsrüge beanstandet der Kläger (Beschwerdebegründung S. 185), dass sich der Verwaltungsgerichtshof darauf berufe, der Kläger habe nicht hinreichend darzulegen vermocht, inwieweit eine klägerische Äußerung zu den betreffenden Unterlagen vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses den Beklagten dazu hätte veranlassen können, eine andere Entscheidung zu treffen (UA Rn. 366). Die Rügen lösen die Zulassung der Revision schon deshalb nicht aus, weil der Verwaltungsgerichtshof - vom Kläger unbeanstandet - einen möglichen Anhörungsmangel für geheilt hält und es auf die Richtigkeit der zusätzlichen ("Dessen ungeachtet ...") Begründung, der Kläger habe die Kausalität zwischen dem Mangel und dem Planfeststellungsbeschluss nicht hinreichend darzulegen vermocht, nicht ankommt.
- 73
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
- 74
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
Tenor
1. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
§ 1
§ 2
Sie werden außerdem bei den zuständigen Landratsämtern (untere Jagdbehörden) hinterlegt und können dort während der üblichen Dienststunden eingesehen werden.
§ 3
Gründe
I.
II.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
Tenor
1. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
§ 1
§ 2
Sie werden außerdem bei den zuständigen Landratsämtern (untere Jagdbehörden) hinterlegt und können dort während der üblichen Dienststunden eingesehen werden.
§ 3
Gründe
I.
II.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.
(2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluß. Der Beschluß ist unanfechtbar. Bei der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die beim Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so entscheidet bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden. Der Berichtigungsbeschluß wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Tenor
-
Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
-
Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
-
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe
- 1
-
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.
-
A.
-
I.
- 2
-
1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.
- 3
-
2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.
- 4
-
3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.
- 5
-
Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.
- 6
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4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.
- 7
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Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.
- 8
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Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.
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Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.
- 10
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Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.
- 11
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So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.
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Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.
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Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.
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II.
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1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.
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Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.
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-
Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.
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Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.
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2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.
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B.
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Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.
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I.
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Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
- 21
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1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.
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a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).
- 23
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Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.
- 24
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bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.
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Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.
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b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.
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aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.
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Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.
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Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).
- 30
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Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.
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bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.
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Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.
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2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.
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a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).
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b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.
- 36
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.
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Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.
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Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.
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Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.
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Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).
- 41
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Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.
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Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.
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II.
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Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).
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C.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
Tenor
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1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
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2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.
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3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.
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1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.
- 3
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b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).
- 4
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c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.
- 5
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Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.
- 6
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d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.
- 7
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aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.
- 8
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An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.
- 9
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bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.
- 10
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2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.
- 11
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3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.
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II.
- 12
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1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.
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2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.
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a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).
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b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.
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aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.
- 17
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bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).
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Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.
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(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).
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Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.
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Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.
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(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.
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3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.
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III.
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1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
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2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
(1) Wenn ein nach dem Tatbestand von einem Beteiligten gestellter Antrag oder die Kostenfolge bei der Entscheidung ganz oder zum Teil übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.
(2) Die Entscheidung muß binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.
(3) Die mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann abgesehen werden, wenn mit der Ergänzung des Urteils nur über einen Nebenanspruch oder über die Kosten entschieden werden soll und wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
(1) Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden.
(2) Die Hege hat zum Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepaßten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen; auf Grund anderer Vorschriften bestehende gleichartige Verpflichtungen bleiben unberührt. Die Hege muß so durchgeführt werden, daß Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden.
(3) Bei der Ausübung der Jagd sind die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten.
(4) Die Jagdausübung erstreckt sich auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild.
(5) Das Recht zur Aneignung von Wild umfaßt auch die ausschließliche Befugnis, krankes oder verendetes Wild, Fallwild und Abwurfstangen sowie die Eier von Federwild sich anzueignen.
(6) Das Jagdrecht unterliegt den Beschränkungen dieses Gesetzes und der in seinem Rahmen ergangenen landesrechtlichen Vorschriften.
(1) Der Abschuß des Wildes ist so zu regeln, daß die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschußregelung dazu beitragen, daß ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint.
(2) Schalenwild (mit Ausnahme von Schwarzwild) sowie Auer-, Birk- und Rackelwild dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden, der von der zuständigen Behörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat (§ 37) zu bestätigen oder festzusetzen ist. Seehunde dürfen nur auf Grund und im Rahmen eines Abschußplanes bejagt werden, der jährlich nach näherer Bestimmung der Länder für das Küstenmeer oder Teile davon auf Grund von Bestandsermittlungen aufzustellen ist. In gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Abschußplan vom Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufzustellen. Innerhalb von Hegegemeinschaften sind die Abschußpläne im Einvernehmen mit den Jagdvorständen der Jagdgenossenschaften und den Inhabern der Eigenjagdbezirke aufzustellen, die der Hegegemeinschaft angehören. Das Nähere bestimmt die Landesgesetzgebung. Der Abschußplan für Schalenwild muß erfüllt werden. Die Länder treffen Bestimmungen, nach denen die Erfüllung des Abschußplanes durch ein Abschußmeldeverfahren überwacht und erzwungen werden kann; sie können den körperlichen Nachweis der Erfüllung des Abschußplanes verlangen.
(3) Der Abschuß von Wild, dessen Bestand bedroht erscheint, kann in bestimmten Bezirken oder in bestimmten Revieren dauernd oder zeitweise gänzlich verboten werden.
(4) Den Abschuß in den Staatsforsten regeln die Länder.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Tenor
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Der Beschwerdeführerin wird wegen der Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
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Das am 13. Mai 2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Chemnitz - 22 C 449/09 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Chemnitz zurückverwiesen.
-
Der Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz vom 13. August 2009 - 22 C 449/09 - ist gegenstandslos.
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...
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Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
- 1
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen wegen Kaufpreiszahlung geführten Zivilprozess.
- 2
-
Die Beschwerdeführerin bestellte bei der Klägerin des Ausgangsverfahrens im Fernabsatz Waren. Nach Erhalt der Waren sandte die Beschwerdeführerin Waren mit einem Gesamtwert von 96,76 € an die Klägerin zurück.
- 3
-
Die Klägerin nahm die Beschwerdeführerin vor dem Amtsgericht auf Bezahlung der zurückgesandten Waren, einer geringfügigen Restforderung aus den von der Beschwerdeführerin behaltenen Waren sowie auf Zahlung diesbezüglicher Nebenforderungen in Anspruch. Die nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin berief sich darauf, die Waren, weil sie ihr nicht passten, an die Klägerin zurückgesandt zu haben. Mit Beschluss vom 12. März 2009 wies das Amtsgericht darauf hin, dass der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif und die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage einer mangelfreien Lieferung notwendig sei. Zugleich regte das Amtsgericht eine gütliche Einigung der Parteien an, die die Beschwerdeführerin ablehnte.
- 4
-
Mit angegriffenem Urteil vom 13. Mai 2009 verurteilte das Amtsgericht die Beschwerdeführerin antragsgemäß zur Zahlung. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2 BGB zu. Soweit die Beschwerdeführerin die Mangelhaftigkeit der zugesandten Waren rüge, habe sie diese nicht unter Beweis gestellt. Allein die Rücksendung der Waren berechtige nicht zur Herabsetzung des Kaufpreises.
- 5
-
Mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 13. August 2009 wies das Amtsgericht die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin zurück. Das Gericht habe die Erörterung eines Widerrufsrechts gemäß § 355 Abs. 1 BGB in seiner Entscheidungsfindung in Erwägung gezogen, dies im Ergebnis aber abgelehnt. Das Gericht habe es unterlassen, diese Erörterung in die Urteilsgründe aufzunehmen, weil die Beschwerdeführerin sich bis zum Eingang der Anhörungsrügeschrift nicht auf ein solches Widerrufsrecht berufen habe. Tatsächlich habe kein Widerrufsrecht im Sinne des § 355 Abs. 1 BGB bestanden. Ein solches hätte sich möglicherweise aus § 3 des Fernabsatzgesetzes ergeben. Diese Gesetzesvorschrift sei jedoch seit dem 31. Dezember 2001 außer Kraft.
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II.
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Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG sowie einen Verstoß gegen das aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Recht auf ein faires Verfahren. Das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, dass ihr ein Widerrufsrecht nach § 312b BGB zugestanden habe. Zudem habe sie auf den richterlichen Hinweis vertrauen dürfen.
-
III.
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Gelegenheit zur Stellungnahme haben die Landesregierung Sachsen und die Klägerin des Ausgangsverfahrens erhalten.
-
IV.
- 8
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, soweit sich die Beschwerdeführerin gegen das Urteil des Amtsgerichts wendet, § 93a Abs. 2 Buchstabe b, § 93b, § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerde ist nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig (1.) und unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits hinreichend geklärten verfassungsrechtlichen Maßstäbe rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG offensichtlich begründet (2.). Das Urteil ist aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen, § 95 Abs. 2 BVerfGG (3.). Der angegriffene Beschluss des Amtsgerichts über die Anhörungsrüge ist damit gegenstandslos (4.).
- 9
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1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Zwar ist die Verfassungsbeschwerde erst am Tag nach Ablauf der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eingegangen. Der Beschwerdeführerin ist aber auf ihren rechtzeitigen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu gewähren, weil sie ohne Verschulden verhindert war, die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde einzuhalten. Sie hat durch eidesstattliche Versicherung ihrer Verfahrensbevollmächtigten und Vorlage von Sendejournalen glaubhaft gemacht, unter Verwendung eines beanstandungsfrei funktionierenden Sendegeräts am Tag des Fristablaufs ab 20.40 Uhr durch ihre Verfahrensbevollmächtigte in kurzen Abständen wiederholt versucht zu haben, die Beschwerdeschrift nebst Anlagen per Telefax an die korrekte Telefaxnummer des Bundesverfassungsgerichts zu übermitteln. Dies ist aufgrund einer Überlastung der Übermittlungsleitung erst am nächsten Tag um 0.25 Uhr gelungen. Da die Beschwerdeschrift nebst Anlagen einen Umfang von lediglich elf Seiten hatte, war jedoch unter normalen Umständen mit dem Abschluss der Telefaxübermittlung bis 24.00 Uhr zu rechnen.
- 10
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2. a) Das angegriffene Urteil verletzt das Recht der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Die Verletzung ist durch die Anhörungsrügenentscheidung des Amtsgerichts nicht geheilt, vielmehr durch einen weiteren Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG noch verstärkt worden.
- 11
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aa) Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 96, 205 <216>). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, auch wenn das Vorbringen in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich berührt wird, weil das Gericht nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden. Art. 103 Abs. 1 GG ist nur verletzt, wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass ein Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfGE 85, 386 <404>; 96, 205 <216 f.>). Geht das Gericht allerdings auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Gründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen (vgl. BVerfGE 86, 133 <146>). Abs. 103 Abs. 1 GG bietet zwar keinen Schutz dagegen, dass der Sachvortrag der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt (vgl. BVerfGE 96, 205 <216>). Die sich aus Art. 103 Abs. 1 GG ergebende Pflicht, die Ausführungen der Prozessparteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, schließt es jedoch aus, diese aus Gründen, die außerhalb des Prozessrechts liegen, unberücksichtigt zu lassen (vgl. BVerfGE 50, 32 <35 f.>; 69, 141 <143 f.>).
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bb) Die Beschwerdeführerin hat im Ausgangsverfahren ausdrücklich vorgetragen, die im Fernabsatz bestellten Waren an die Klägerin zurückgesandt zu haben. Eine derartige Rücksendung stellt nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB einen (konkludent erklärten) Widerruf im Sinne des § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Angesichts dessen, dass die Beschwerdeführerin die Waren im Fernabsatz bestellt hat, hätte das Amtsgericht mithin einen Widerruf nach §§ 355, 312b Abs. 1 Satz 1, § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB berücksichtigen müssen.
- 13
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Zwar führt das Amtsgericht in der Anhörungsrügenentscheidung aus, es habe einen Widerruf nach § 355 Abs. 1 BGB "nicht in die Erörterungen aufgenommen", weil die Beschwerdeführerin sich hierauf nicht bezogen habe. Sollte das Amtsgericht damit zum Ausdruck bringen wollen, dass es einen Widerruf nicht berücksichtigt hat, weil die Beschwerdeführerin sich auf einen solchen nicht berufen habe, findet diese Begründung im Prozessrecht keine Stütze. Ein Gericht hat einen Widerruf nach § 355 Abs. 1 BGB als Einwendung des materiellen Rechts zu berücksichtigen, wenn die Tatsache ihrer außergerichtlichen Geltendmachung in den Prozess eingeführt ist (vgl. Gottwald, in: Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Auflage 2004, § 101 Rn. 15). Da die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren vorgetragen hat, die Waren zurückgesandt zu haben, und das Rücksenden im Fernabsatz bestellter Ware von Gesetzes wegen (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB) als Widerrufserklärung zu verstehen ist, hat die Beschwerdeführerin den Widerruf in hinreichender Weise in den Prozess eingeführt.
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cc) Den Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG hat das Amtsgericht nicht mit der Entscheidung über die Anhörungsrüge geheilt. Zwar hat das Amtsgericht in der Anhörungsrügenentscheidung das Vorbringen zu einem Widerruf nach § 355 Abs. 1 BGB auch deswegen für unerheblich erklärt, weil sich ein solches nicht aus § 3 des Fernabsatzgesetzes ergeben könne. Die auf diese Begründung gestützte Anhörungsrügenentscheidung verletzt indes ihrerseits das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG.
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(1) Willkürlich im Sinne des in Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür ist ein Richterspruch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt aber vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt wird (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>).
- 16
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(2) Zwar hat das Amtsgericht zu Recht darauf verwiesen, dass der von ihm zitierte § 3 des Fernabsatzgesetzes mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 aufgehoben worden ist. Mit diesem Gesetz sind indes in Nachfolge zu §§ 1, 3 des Fernabsatzgesetzes die §§ 312b, 312d in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen worden, die im Falle eines Fernabsatzgeschäftes offensichtlich einschlägig, vom Amtsgericht aber nicht berücksichtigt worden sind.
- 17
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b) Es ist nicht auszuschließen, dass die Berücksichtigung der Widerrufserklärung der Beschwerdeführerin zu einer für diese günstigeren Entscheidung geführt hätte, so dass die angegriffene Entscheidung auch auf dem Gehörsverstoß beruht (vgl. BVerfGE 60, 247 <249>; 60, 250 <252>; 62, 392 <396>).
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c) Ob das angegriffene Urteil des Amtsgerichts auch das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG oder das aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Recht der Beschwerdeführerin auf ein faires Verfahren verletzt, kann demnach offen bleiben.
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3. Wegen des Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist das angegriffene Urteil nach § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
- 20
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4. Der die Anhörungsrüge betreffende Beschluss des Amtsgerichts ist damit gegenstandslos. Seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf es nicht, da er den Gehörsverstoß letztlich nur fortführt.
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5. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
- 22
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6. Der Gegenstandswert wird unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu entwickelten Kriterien (vgl. BVerfGE 79, 357 sowie 79, 365) mit Rücksicht auf das Obsiegen der Beschwerdeführerin auf 8.000 € festgesetzt.
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Von einer weiteren Begründung wird abgesehen.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.