Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 7. Dez. 2022 - 206 StRR 296/22

erstmalig veröffentlicht: 13.04.2023, letzte Fassung: 13.04.2023

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

EnglischDeutsch

Gericht

Bayerisches Oberstes Landesgericht

Zusammenfassung des Autors

Wann darf eine Person im Polizeigewahrsam entkleidet werden?

Zulässig ist dieses Vorgehen nur, wenn eine Gefahr für Körper und/oder Leben der Beamten oder der:des Betroffenen vorliegt. Und selbst dann ist die Entkleidung nur in Anwesenheit von Beamten durchzuführen, die das gleiche Geschlecht wie der:die Betroffene haben. 

Man müsste meinen, Polizeibeamte kennen die einschlägigen Gesetze - Polizeibeamte aus Bayern anscheindend nicht:

Das Bayrische Oberste Landesgericht kritisiert das fatale Fehlverhalten von Bayrischen Polizeibeamten, die eine eine Frau im Gewahrsam bis auf den Slip entkleidet haben. Die Entkleidung der Frau fand unter Anwesenheit von männlichen Polizisten statt und wurde zwangsweise durchgeführt. Dabei soll einer der männlichen Polizeibeamten sogar den BH der Frau geöffnet haben. 

Als Grund für die - aus Sicht der beteiligten Polizisten:innen - notwendige Entkleidung der Frau, nannten diese, den BH der Frau, der "möglicherweise" einen Metallbügel enthielt, das ein "gefährliches Werkzeug" darstellt.

Zwar kann der Metallbügel eines BH auch als Angriffswerkzeug fungieren -, ob eine solche Gefahr überhaupt vorliegt, hätte jedoch bereits durch das Abtasten und die Überprüfung der Beschaffenheit des BH´s der Frau, durch eine weibliche Beamtin, festgestellt werden können. 

Das Bayrische Oberste Landesgericht hebt die Verurteilung der betroffenen Frau, wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte auf. 

Bleibt weiterhin zu hoffen, dass das Verhalten der beteiligten Polizisten weitere Konsequenzen nachsichziehen wird. 

Dirk Streifler - Streifler&Kollege - Rechtsanwälte Berlin

BAYRISCHES OBERSTES LANDESGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

Beschluss vom 07.12.2022

Az.: 206 StRR 296/22

Vorgehend: LG Landshut, Urteil vom 21.04.2022, Az.: 2 Ns 304 Js 14443/21

 

Tenor
 
I.

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 21. April 2022 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagte wegen tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und mit Beleidigung in drei tateinheitlichen Fällen verurteilt worden ist. Die Aufhebung erfasst auch die Gesamtgeldstrafe.


 II.

Im Übrigen wird die Revision der Angeklagten als unbegründet verworfen.


 III.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Landshut zurückverwiesen.

Gründe
 
I.

Das Amtsgericht Landshut hat die Angeklagte mit Urteil vom 23. November 2021 des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte „in Tateinheit mit Beleidigung in Tatmehrheit mit Beleidigung in Tatmehrheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit zwei tateinheitlichen Fällen der Beleidigung“ schuldig gesprochen und deswegen gegen sie eine Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.

Auf die Berufung der Angeklagten hat das Landgericht Landshut mit Urteil vom 21. April 2022 das Urteil des Amtsgerichts dahin geändert, dass der Schuldspruch auf Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung „in Tatmehrheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit drei tateinheitlichen Fällen der Beleidigung“ lautet. Das Landgericht hat unter Einbeziehung der Geldstrafe aus einer vorangegangenen Verurteilung eine Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen festgesetzt.

Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 28. April 2022 Revision eingelegt. Mit der Revisionsbegründung vom 28. Juni 2022 rügt sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragt mit Stellungnahme vom 21. September 2022, auf die Revision der Angeklagten das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit die Angeklagte wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit drei tateinheitlichen Fällen der Beleidigung verurteilt wurde und im Übrigen die Revision als unbegründet zu verwerfen. Die Gegenerklärung der Verteidigung vom 19. Oktober 2022 lag dem Senat bei der Entscheidung vor.

II.

Die Revision der Angeklagten ist offensichtlich unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung richtet, der sich auf das Teilgeschehen in der Wohnung des anderweitig Verfolgten im Anwesen … bis zur Verbringung der Angeklagten zu dem vor dem Anwesen befindlichen Polizeifahrzeug (erster Tatkomplex) bezieht. Insoweit hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

Zur Begründung wird auf die zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft München in ihrer Antragsschrift vom 21. September 2022 Bezug genommen.

Der Senat bemerkt im Hinblick auf die Gegenerklärung der Verteidigung lediglich ergänzend:

1.

Die erhobene Verfahrensrüge der Verletzung des § 261 StPO ist, wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme zutreffend ausführt, bereits unzulässig. Im Übrigen wäre sie auch unbegründet. Der Senat kann ausschließen, dass das Urteil zum Nachteil der Angeklagten auf der geltend gemachten Diskrepanz zwischen dem Inhalt des verlesenen Berichts und den Urteilsgründen, wonach sich aus dem Bericht des PHM ... ergeben habe, die Angeklagte habe sich im Pkw kooperativ verhalten (UA S. 16), beruht. Zum einen erschließt sich dem Senat bereits die Zielrichtung der Rüge nicht, die eine vom Landgericht festgestellte, der Angeklagten günstige Tatsache betrifft. Zum anderen ergibt sich aus der im Urteil wiedergegebenen Aussage des Zeugen ..., die das Gericht als glaubhaft gewertet hat, dass sich die Angeklagte im Pkw beruhigt hatte (UA S. 13). Dies wiederum steht im Ergebnis auch nicht im Widerspruch zu dem von der Revisionsbegründung wiedergegebenen Inhalt des verlesenen Berichts des PHM ..., wonach sich die Angeklagte (lediglich) bis zum Zeitpunkt ihrer Verbringung zum Polizeifahrzeug gesträubt und sie die eingesetzten Beamten angeschrien habe (zitiert in der Begründungsschrift S. 4).

2.

Mit der erhobenen Sachrüge kann die Revision bezüglich des ersten Tatkomplexes im Ergebnis ebenfalls nicht durchdringen.

a.

Die Feststellungen des Berufungsurteils erweisen sich zwar – wie von der Revision im Ausgangspunkt zutreffend gerügt – im Hinblick auf die polizeilichen Diensthandlungen, gegen die sich die Angeklagte zur Wehr gesetzt hat, als teilweise lückenhaft. Sie erlauben gleichwohl noch, unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Urteilsgründe, die Beurteilung, dass es sich um rechtmäßige Maßnahmen gehandelt hat.

aa.

Nach den Feststellungen sollte die Angeklagte unter Anwendung unmittelbaren Zwangs aus der Wohnung des … verbracht werden, wobei sie zunächst von zwei Polizeibeamten an den Armen untergehakt wurde. Dagegen wehrte sie sich, indem sie sich körperlich sperrte und um sich schlug. Daraufhin wurden ihr die Hände auf dem Rücken gefesselt und sie wurde aus der Wohnung und über das Treppenhaus aus dem Anwesen geführt (UA S. 7).

bb)

Diese Maßnahme ist auf der Grundlage der tatsächlichen Urteilsfeststellungen jedenfalls als Maßnahme zur Durchsetzung eines Platzverweises gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) zu sehen, wobei die zur Tatzeit geltenden Fassung des PAG vom 25. Mai 2018 gleichlautend ist mit der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung vom 1. August 2021. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs kann sich auf Art. 70 Abs. 1, 71 Abs. 1 Nr. 3, 75 Abs. 1 PAG stützen und ist als rechtmäßige Diensthandlung zu beurteilen. Ob die sich daran anschließende Ingewahrsamnahme der Angeklagten nach Art. 17 PAG rechtmäßig war, lässt sich nach den insoweit lückenhaften Urteilsfeststellungen zwar nicht abschließend beurteilen, bedarf aber für die strafrechtliche Beurteilung des ersten Teilkomplexes des Geschehens keiner Entscheidung.

(1)

Das Landgericht ist entgegen der Auffassung der Revision rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der polizeilichen Maßnahme, gegen die sich der Widerstand der Angeklagten im ersten Tatkomplex richtete, um einen Platzverweis nach Art. 16 PAG handelte (UA S. 17) und – jedenfalls zu diesem Zeitpunkt – nicht bereits um eine Ingewahrsamnahme nach Art. 17 PAG. Welche Maßnahme tatsächlich vorlag, bestimmt sich nicht nach der rechtlichen Bewertung einzelner Polizeibeamter oder des Berufungsgerichts, sondern es handelt sich um eine Rechtsfrage, die das Revisionsgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen – zu denen auch Äußerungen der beteiligten Polizeibeamten gegenüber der Angeklagten zählen – im Rahmen der vorzunehmenden Rechtsprüfung selbst zu beurteilen hat.

(2)

Nach den Feststellungen hat die Angeklagte die Ausführungen von Diensthandlungen durch Polizeibeamte in der Wohnung des …, nämlich dessen Vernehmung und die Ausfertigung von Vernehmungsniederschriften und Durchsuchungsprotokollen, durch fortdauernde verbale Einmischungen gestört (UA S. 6f.). Das Landgericht hat zwar festgestellt, der die Vernehmung durchführende POM ... habe sodann erklärt, dass sie sich jetzt entweder einsichtig zu zeigen, sich aus der Wohnung zu entfernen und die verbale Beeinflussung anderer Personen zu unterlassen habe, „oder dass sie die Nacht in der PI L. verbringen müsse“, was darauf hindeutet, es könnte zu diesem Zeitpunkt eine Freiheitsentziehung in Aussicht gestellt worden sein. Im Anschluss heißt es jedoch, POM ... habe geäußert, dass, wenn sie sich nicht freiwillig aus der Wohnung begebe, „unmittelbarer Zwang angewendet werde“ (UA S. 7). Damit war bereits hinreichend klargestellt, dass die polizeiliche Maßnahme (zunächst) nur darauf gerichtet war, die Angeklagte zum Verlassen der Wohnung zu veranlassen; dies wiederum stellt einen Platzverweis und die Androhung unmittelbaren Zwangs zu dessen Durchsetzung dar. Der Senat, der nicht auf die Würdigung der im Urteilsabschnitt über die Feststellungen, hier Abschnitt III., niedergelegten Tatsachen beschränkt ist, hat darüber hinaus die Gesamtheit der Urteilsurkunde in den Blick genommen. Aus den Aussagen der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten, die das Gericht allesamt als glaubhaft gewertet hat und die deswegen im Ergebnis als Teil der Feststellungen gelten können, ergibt sich, wie auch die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme bereits richtig dargestellt hat, kein Anhaltspunkt dafür, dass gegenüber der Angeklagten bereits im ersten Teil des Geschehens eine Maßnahme nach Art. 17 PAG erklärt wurde. Der Beamte ... hat als Zeuge angegeben, er habe sich mit den Kollegen darüber abgestimmt, dass die Angeklagte, nachdem sie sich geweigert habe, die Wohnung zu verlassen, „aus der Wohnung gebracht werden müsse“. Man habe ihr erneut erklärt, dass, wenn sie nicht freiwillig gehe, sie eben „runtergebracht“ werde (UA S. 11). Der Zeuge ... gab ebenfalls an, der Angeklagten sei gesagt worden, sie müsse „die Wohnung jetzt verlassen“ (UA S. 12). Aus diesen Äußerungen ergibt sich keine Ingewahrsamnahme, sondern die Erteilung eines Platzverweises und die Androhung seiner zwangsweisen Durchsetzung. Soweit der Zeuge ... angab, der Zeuge ... habe noch geäußert, „wenn sie weiter Schwierigkeiten mache, werde Sicherheitsgewahrsam angeordnet“, so stellt sich dies im Gesamtkontext noch nicht als Anordnung desselben, sondern als Hinweis auf die Möglichkeit einer solchen Maßnahme im Falle weiterer Behinderung der polizeilichen Dienstaufgaben dar. Soweit nach der Aussage des Zeugen ... in der Wohnung „unmittelbarer Zwang“ angeordnet wurde, stellt sich dies nach der vorangegangenen Kommunikation als Durchsetzung des erteilten Platzverweises dar. Erst für den Zeitpunkt, zu dem die Angeklagte an die Streifenbesatzung übergeben wurde, also erst nachdem sie die gegenständlichen Widerstandshandlungen begangen hatte, schildert der Zeuge ..., dass man aus polizeilicher Sicht aufgrund ihrer Uneinsichtigkeit weitere Rechtsverstöße befürchtete (UA S. 13). Ob sich die in diesem Zusammenhang geäußerte Meinung des Zeugen, es habe sich um einen Sicherheitsgewahrsam gehandelt, erst auf diesen Zeitpunkt oder schon auf die Maßnahmen in Wohnung und Treppenhaus bezog, kann dahinstehen, denn dessen rechtliche Einschätzung würde für die rechtliche Würdigung des Revisionsgerichts, die sich allein auf die festgestellten Tatsachen stützt, kein Präjudiz entfalten. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich keine Anordnung einer Ingewahrsamnahme nach Art. 17 PAG im Zusammenhang mit ihrer Entfernung aus der Wohnung. Die Frage, ob eine solche zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte und ob dies rechtmäßig war, hat für die Beurteilung der vorangegangenen Widerstandshandlungen keine rechtliche Bedeutung.

(3)

Die Anordnung eines Platzverweises gegenüber der Angeklagten und dessen Durchsetzung mit unmittelbarem Zwang erweisen sich als rechtmäßig gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Art. 70 Abs. 1, 71 Abs. 1 Nr. 3, 75 Abs. 1 PAG.

(i)

Die polizeiliche Anordnung, eine Person vorübergehend von einem Ort zu verweisen, ist gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PAG zulässig zur Abwendung einer Gefahr. Bei Nichtbefolgung des Platzverweises kann dieser durch unmittelbaren Zwang nach Art. 70 Abs. 1, 71 Abs. 1 Nr. 3, 75 Abs. 1 PAG durchgesetzt werden. Der Begriff der Gefahr ist in Art. 11 Abs. 1 Satz 2 PAG legal definiert. Unter Gefahr ist eine Sachlage zu verstehen, die im konkreten Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führt (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG, POG, 5. Aufl. 2020, Art. 16 PAG Rn. 14). Zu den geschützten Rechtsgütern gehört auch das Funktionieren staatlicher Organe (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Art. 11 PAG Rn. 103), so auch die ungestörte Durchführung polizeilicher Maßnahmen.

(ii)

Nach den festgestellten Tatsachen bestand der Zweck des Platzverweises gegenüber der Angeklagten darin, die Vernehmung des Wohnungsinhabers … als Beschuldigten durchzuführen und die Anfertigung der erforderlichen Protokolle durchführen zu können, was durch das Verhalten der Angeklagten erheblich beeinträchtigt war (UA S. 6 f.). Diese polizeilichen Maßnahmen waren ihrerseits bereits deshalb rechtmäßig und erforderlich, weil in der Wohnung das konsumbereit hergerichtete Betäubungsmittel Amphetamin aufgefunden worden (UA S. 6) und deshalb wegen des Verdachts einer Straftat nach dem BtMG zu ermitteln war. Ob darüber hinaus wegen der in den Urteilsgründen genannten „Corona-Party“ (UA S. 6) der konkrete Verdacht eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 der zur Tatzeit geltenden Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßmaßnahmenverordnung (12. BayIfSMV) vom 5. März 2021 bestand, lässt sich den Feststellungen zwar nicht abschließend entnehmen, kann aber dahinstehen. Gleiches gilt für das etwaige Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 117 Abs. 1 OWiG wegen Ruhestörung.

(iii)

Das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 StGB, insbesondere der körperlichen Widerstandshandlungen der Angeklagten bedarf keiner weiteren Ausführungen.

Auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft wird Bezug genommen.

b.

Entgegen der Auffassung der Revision wird auch der Schuldspruch wegen tateinheitlich begangener Beleidigung gemäß §§ 185, 194, 52 StGB von den Feststellungen getragen.

aa.

Nach den Feststellungen, die auch von der Revision nicht angegriffen werden, hat die Angeklagte den Polizeibeamten ..., der ihr die Hände auf dem Rücken gefesselt hatte und sie aus der Wohnung führte, mit den Worten „Was bist du denn für ein Arschloch, Oida“ beschimpft. Bei dieser Bezeichnung handelt es sich, was keiner näheren Erörterung bedarf, um eine ehrverletzende Äußerung der Missachtung.

bb.

Für die Beurteilung, ob eine nach § 185 StGB strafbare Beleidigung vorliegt, bedarf es regelmäßig einer Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Äußernden nach Art. 5 Abs. 1 GG und der von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten persönlichen Ehre des Betroffenen anhand der Umstände des Einzelfalles. Wird die Menschenwürde eines anderen angetastet, liegt eine Schmähung oder Formalbeleidigung vor, gebührt hingegen dem Ehrenschutz regelmäßig ohne weitere Abwägung der Vorrang (s. nur BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 2020, 1 BvR 2397/19, NJW 2020, 2622 Rn. 15; st. Rspr. des BVerfG).

cc.

Das Landgericht hat eine Formalbeleidigung angenommen und infolgedessen von einer wertenden Abwägung der betroffenen Rechtsgüter abgesehen (UA S. 19). Um eine Formalbeleidigung handelt es sich regelmäßig bei nach allgemeiner Auffassung besonders krassen, aus sich heraus herabwürdigenden Schimpfwörtern, etwa aus der Fäkalsprache (BVerfG a.a.O. Rn. 21; vgl. BayObLG, Beschluss vom 7. September 2020, 206 StRR 220/20, BeckRS 2020, 35544 Rn. 13 f.). Das BVerfG hat aber ergänzend noch in die Würdigung einbezogen, ob das Schimpfwort etwa mit Vorbedacht und nicht nur in der Hitze der Auseinandersetzung – was hier naheliegt – verwendet wurde (BVerfG a.a.O.).

dd.

Der Senat kann offenlassen, ob diesen einschränkenden Vorgaben für jeden Einzelfall zu folgen ist. Jedenfalls ergibt eine durch den Senat vorsorglich vorgenommene Abwägung der konkreten Umstände, die sich insoweit lückenlos aus den Feststellungen ergeben, dass dem Schutz der personalen Würde des Polizeibeamten der Vorrang gegenüber der Meinungsfreiheit der Angeklagten gebührt und der Schuldspruch wegen Beleidigung im Ergebnis zu Recht erfolgt ist. Dabei wird berücksichtigt, dass die Äußerung spontan und in einer für die Angeklagte belastenden Situation erfolgte. Ferner richtete sich ihr Unwille ersichtlich auch gegen die aus ihrer Sicht ungerechtfertigte polizeiliche Maßnahme. Der Senat hat bedacht, dass das Recht des Bürgers, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen auch scharf und sogar in polemischer Zuspitzung zu kritisieren, zum Kernbereich des Rechts auf freie Meinungsäußerung gehört, weshalb deren Gewicht in diesen Fällen besonders hoch zu veranschlagen ist (BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2019 – 1 BvR 2433/17, NJW 2019, 2600, Rn. 17).

Andererseits war zu bedenken, dass auch die Gesichtspunkte der Machtkritik und des „Kampfs ums Recht“ in eine Abwägung eingebunden bleiben und nicht jede ins Persönliche gehende Beschimpfung von Amtsträgern erlauben. Gegenüber einer auf die Person abzielenden Verächtlichmachung setzt die Verfassung allen Personen gegenüber verfassungsrechtliche Grenzen und nimmt hiervon auch Amtsträger nicht aus (vgl. BVerfG NJW 2020, 2622, Rn. 32).

Im Rahmen dieser gebotenen Abwägung fällt gegenständlich ins Gewicht, dass es sich bei dem von der Angeklagten verwendeten Ausdruck unabhängig von ihrem auf Beendigung der polizeilichen Zwangsmaßnahme gerichteten sachlichen Anliegen um eine besonders herabwürdigende Bezeichnung aus dem, wie das Landgericht zutreffend gesehen hat, Bereich der Fäkalsprache handelt. Der darin liegende Angriff gegen die personale Würde des betroffenen Beamten geht über eine auch überspitzte oder polemische Machtkritik weit hinaus. In die Abwägung ist auch einzustellen, dass die Angeklagte durch ihr vorangegangenes Verhalten die – rechtmäßige – Anordnung eines Platzverweises und dessen zwangsweise Durchsetzung bewusst selbst provoziert hatte, indem sie trotz mehrfacher verbaler Aufforderungen ihr störendes Verhalten nicht einstellte. Berücksichtigt wird auch, dass von den von der Angeklagten gleichsam sabotierten Ermittlungsmaßnahmen der Polizei zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht einmal sie selbst, sondern der ersichtlich nicht ihres „Schutzes“ bedürftige erwachsene Wohnungsinhaber … betroffen war. Die Gewichtung dieser festgestellten Umstände ergibt, dass das Recht der Angeklagten auf freie Meinungsäußerung hinter dem personalen Achtungsanspruch des Polizeibeamten zurücktritt und dem Schuldspruch keine rechtlichen Bedenken entgegen stehen.

ee.

Die Überprüfung der Strafbemessung wegen der gegenständlichen Tathandlung hat keine Rechtsfehler ergeben.

III.

Die Revision erweist sich hingegen als begründet, soweit das Verhalten der Angeklagten im zweiten Teilkomplex des Gesamtgeschehens zu einer Verurteilung geführt hat. Das Berufungsurteil weist insoweit durchgreifende Darstellungs- und Erörterungsmängel auf.

1.

Ein Schuldspruch wegen tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte setzt, was das Landgericht im Ansatz zutreffend gesehen hat, in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 3 StGB die Rechtmäßigkeit der vorgenommenen Diensthandlung voraus (Fischer, StGB, 69. Aufl. 2022, § 114 Rn. 6). Auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen fehlt es hieran, wie die Revision zu Recht beanstandet. Auch die Generalstaatsanwaltschaft schließt sich dem in ihrer Stellungnahme vom 21. September 2022 im Ergebnis an; soweit die Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft die Entkleidung der Angeklagten in der Haftzelle betreffen, nimmt der Senat hierauf ergänzend zu den nachfolgenden Ausführungen Bezug.

a.

Der von der Angeklagten geleistete tätliche Widerstand richtete sich ausweislich der Feststellungen nicht gegen ihre Ingewahrsamnahme als solche gemäß Art. 17 PAG in der zur Tatzeit geltenden, von der aktuellen Rechtslage abweichenden Fassung vom 25. Mai 2018 bis 31. Juli 2021. Gegen ihre Verbringung zur Polizeidienststelle hat sich die Angeklagte nicht gewehrt. Tätlichen Widerstand leistete sie vielmehr erst gegen die ihr in der Haftzelle erteilte Aufforderung, sich (offensichtlich: vollständig oder nahezu vollständig) zu entkleiden, sowie gegen ihre zwangsweise Entkleidung, vorgenommen durch zwei Polizeibeamtinnen, die dabei von männlichen Beamten unterstützt wurden (UA S. 8), wobei der Senat anmerkt, dass in den Urteilsfeststellungen lediglich das Hinzukommen eines männlichen Beamten (POM ...) geschildert wird, während sich aus den Aussagen der Zeugen eine Unterstützung durch drei männliche Beamte ergibt (UA S. 14, S. 15), von welchen einer sogar den BH der Angeklagten geöffnet hat (UA S. 15).

b.

Ob die Ingewahrsamnahme der Angeklagten nach Art. 17 PAG gerechtfertigt war, begegnet zwar Bedenken, eine abschließende Entscheidung ist aber auf der Grundlage der insoweit lückenhaften Feststellungen weder möglich noch ist sie erforderlich. Selbst wenn eine etwaige weitere Sachverhaltsaufklärung durch den neuen Tatrichter die Beurteilung erlauben würde, dass die Ingewahrsamnahme als solche rechtmäßig war, stellt dies kein Präjudiz für die Rechtmäßigkeit der Entkleidungsanordnung dar. Die Frage der Anordnung der Ingewahrsamnahme und deren Vollzug sind grundsätzlich voneinander zu scheiden (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 2005, 2 BvR 447/05, juris Rn. 61). Auch wenn die Anordnung der Ingewahrsamnahme rechtmäßig ist, kann sich eine einzelne Maßnahme während des Vollzugs als rechtwidrig erweisen (BVerfG a.a.O.).

c.

Die Maßnahme der Entkleidung, gegen die die Angeklagte Widerstand leistete, stellt einen gravierenden, jedenfalls durch die festgestellten Tatsachen nicht zu rechtfertigenden Grundrechtseingriff dar und war damit rechtswidrig.

(1)

Maßnahmen, die mit einer Entkleidung verbunden sind, stellen allgemein einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 GG dar (VG Augsburg, Urteil vom 10. Dezember 2021, Au 8 K 20.1952, juris Rn. 28; BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, 2 BvR 455/08, juris Rn. 25 für eine mit einer Entkleidung verbundene Durchsuchung). Neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ist auch die Menschenwürde, Art. 1 GG, tangiert. Die Maßnahme einer Entkleidung kann allenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn sie zum Schutz der in Gewahrsam genommenen Person selbst oder zum Schutz der Beamten vor Gefahren für Leib und Leben im Einzelfall geboten erscheinen (VG Augsburg a.a.O.).

(2)

Der Senat kann den Feststellungen keine tatsächlichen Umstände entnehmen, die die Entkleidung der Angeklagten hätten rechtfertigen können.

aa.

Nach den Angaben der als Zeugin vernommenen Polizeibeamtin ... habe sich die Anordnung auf „Vorschriften der HVOPol“ gestützt (UA S. 8, 14); eine konkrete Bestimmung wurde dabei von ihr nicht genannt. Weiter nach Aussage der Zeugin – der sich die Berufungskammer ohne weitere Erörterung kritiklos angeschlossen hat (UA S. 17) –, seien „in einem BH meistens Metallbügel verarbeitet, die man leicht entnehmen könne und die dann gefährlich sein könnten“ (UA S.17).


Auf diese Behauptungen und Wertungen lässt sich die Maßnahme indessen nicht stützen. Nr. 3 Abs. 1 der Haftvollzugordnung der Polizei (HVPol), die zur Tatzeit in Geltung war (Fassung vom 5. April 1978) und inzwischen außer Kraft ist (seit 1. Mai 2022) ordnete an, dass ein Polizeihäftling sachlich, gerecht und unter Achtung der Menschenwürde zu behandeln sei. Gemäß der auch vom Landgericht herangezogenen Nr. 16 Abs. 1 der HVPol waren Gegenstände des Polizeihäftlings, die u.a. zur Schädigung von Leben und Gesundheit verwendet werden konnten, zu beschlagnahmen; beispielhaft waren Messer, Werkzeuge, Gürtel, Hosenträger u.a. genannt. Nach Nr. 16 Abs. 2 der HVPol war ein Polizeihäftling auf die nach Abs. 1 sicherzustellenden Gegenstände gründlich zu durchsuchen.

Von einer Entkleidung ist in der Verordnung nicht die Rede. Selbst wenn unterstellt wird, dass in einen BH Metallbügel eingearbeitet sein können – worauf sich die Annahme, dies sei „meistens“ der Fall, stützt, ist nicht dargelegt und dürfte auch tatsächlich nicht zutreffen – erschließt sich dem Senat nicht, warum zur Feststellung, ob ein solcher BH von der Angeklagten getragen wurde, deren vollständige Entkleidung notwendig gewesen sein sollte, insbesondere auch der Bekleidung des Unterkörpers, wobei in den Feststellungen nicht einmal mitgeteilt wird, worin diese Kleidung bestand und ob von dieser irgendeine Gefahr ausgehen konnte. Dass es bedeutend mildere Maßnahmen zur Feststellung, ob der BH der Angeklagten im konkreten Fall tatsächlich so beschaffen war, dass er als Werkzeug zur Schädigung von Leben oder Gesundheit hätte verwendet werden können (z.B. Abtasten durch eine weibliche Beamtin unter der Oberbekleidung, ggf. Ablegen des BH unterhalb der Kleidung durch die Angeklagte), liegt auf der Hand. Feststellungen, wonach solche milderen Eingriffe im konkreten Fall nicht möglich gewesen wären, sind nicht getroffen. Die vollständige Entkleidung der Angeklagten – das Gericht teilt in den Feststellungen nicht mit, ob und welche Kleidungsstücke die Angeklagte anbehalten durfte, lediglich aus einer Zeugenaussage ergibt sich, dass sie wenigstens ihren Slip habe anbehalten dürfen (UA S. 15) – stellt sich im Hinblick darauf als grob unverhältnismäßig und als schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Angeklagten dar.

bb.

Dass eine, wie von einer Zeugin geschildert, etwaige „allgemeine Anordnung des Polizeipräsidiums“ und „eine seit Jahren bewährte Praxis“ (UA S. 17) nicht geeignet sind, einen derart gravierenden Eingriff wie das vollständige Entkleiden einer in Polizeigewahrsam genommenen Person unabhängig von den Umständen des konkreten Einzelfalls zu rechtfertigen, bedarf keiner weiteren Erörterung. Derartige Faktoren können fehlende gesetzliche Eingriffsgrundlagen nicht ersetzen.

cc.

Feststellungen dazu, dass sich die Entkleidung der Angeklagten aus anderen Gründen als zum Zweck der Sicherstellung eines etwaig getragenen Büstenhalters mit eingearbeiteten Bügeln als erforderlich erwiesen habe, sind nicht getroffen. Im Übrigen unterlassen es die Urteilsgründe zudem, mitzuteilen, ob und welche Art von BH von der Angeklagten tatsächlich getragen wurde.

(2)

Hinzu kommt schließlich noch, dass die Entkleidung der Angeklagten – bei andauerndem Widerstand ihrerseits – unter Hinzuziehung männlicher Beamter stattgefunden hat, wobei sich zudem ein offener Widerspruch zwischen den Feststellungen (UA S. 8: PHM ... sei „in die Zelle gekommen, um zu helfen“) und der erhobenen Beweise (UA S. 14): PHM ... [männlich] habe sich zusammen mit PHM ... [männlich] und PHM ... [männlich] in die Zelle begeben, danach sei der Körper der Angeklagten fixiert worden. Schließlich habe der männliche Beamte ... den BH-Verschluss geöffnet (UA S. 15).


Die Beteiligung männlicher Beamter an der Entkleidung der Angeklagten beinhaltet zunächst einen eklatanten Verstoß gegen Nr. 16 Abs. 4 HVPol, welcher anordnet dass, bei der körperlichen Durchsuchung von Frauen Männer nicht einmal anwesend sein durften, was nach dem Gesetzeszweck nicht nur für die Durchsuchung des Körpers, sondern auch für eine Durchsuchung gemäß Nr. 16 Abs. 2 HVPol nach Gegenständen im Sinne der Nr. 16 Abs. 1 HVPol zumindest dann gelten musste, wenn diese Durchsuchung in der Bekleidung vorgenommen wurde oder gar mit deren fast vollständiger Entfernung vom Körper der Betroffenen verbunden war. Zudem liegt gleichzeitig ein Verstoß gegen Art. 21 Abs. 3 PAG in der zur Tatzeit geltenden Fassung vom 24. Juli 2017, insoweit gleichlautend mit der geltenden Fassung, vor, wonach Personen nur von Personen gleichen Geschlechts oder Ärzten durchsucht werden durften. Dies ist nur dann anders, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Dafür, dass diese Voraussetzungen vorgelegen hätten, ergibt sich aus den Feststellungen nicht im Ansatz ein Hinweis. Ob ein BH, der als gefährlicher Gegenstand hätte missbraucht werden können, getragen wurde, hätte sich, wie dargelegt, durch Maßnahmen deutlich geringerer Eingriffsintensität als durch das fast vollständige Entkleiden der Angeklagten unter Beteiligung dreier männlicher Beamter feststellen lassen, ggf. sogar unter Festhaltung der bekleideten Angeklagten durch männliche Beamte und Überprüfung der Beschaffenheit des BHs unter der Oberbekleidung durch eine weibliche Beamtin.

d.

Soweit die Angeklagte gegen die Maßnahme des zwangsweisen Entkleidens tätlichen Widerstand geleistet hat, kann sie sich somit wegen deren jedenfalls auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsurteils bestehenden Rechtswidrigkeit weder wegen eines tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte nach § 114 StGB noch – vom Berufungsgericht ohnehin übersehen – wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB schuldig gemacht haben. Der Schuldspruch wird vom Revisionsgericht aufgehoben.

2.

Da die vorsätzliche Körperverletzung sowie die Beleidigung in drei tateinheitlichen Fällen, auf die das Berufungsgericht zudem erkannt hat, zum fehlerhaft bejahten tätlichen Angriff gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit stehen, unterliegen sie ebenfalls der Aufhebung, ohne dass es noch ihrer rechtlichen Überprüfung bedürfte.

3.

Ferner zieht die Aufhebung des Schuldspruchs im zweiten Teilkomplex des Tatgeschehens nicht nur die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafe, sondern auch diejenige der Gesamtstrafe nach sich.

IV.

Auf die Revision der Angeklagten hin wird daher das angefochtene Urteil mit den Feststellungen in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang aufgehoben (§ 353 Abs. 1, 2 StPO).

Die weitergehende Revision der Angeklagten war als unbegründet zu verwerfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an eine andere Strafkammer des Landgerichts Landshut zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Für den Fall, dass das neue Tatgericht keine weiteren Feststellungen treffen kann, die eine Rechtmäßigkeit der Entkleidung der Angeklagten in der Haftzelle begründen können, werden hinsichtlich des Vorwurfs der Körperverletzung die Voraussetzungen des § 32 StGB zu prüfen sein.

In die hinsichtlich der ausgesprochenen ehrverletzenden Äußerungen vorzunehmende Abwägung zwischen der personalen Ehre der betroffenen Beamten und der Meinungsfreiheit der Angeklagten unter dem Aspekt der Machtkritik wird die Rechtswidrigkeit der von den betroffenen Amtsträgern vorgenommenen Maßnahmen einzustellen sein.

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Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 7. Dez. 2022 - 206 StRR 296/22 zitiert 17 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafgesetzbuch - StGB | § 185 Beleidigung


Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstraf

Strafgesetzbuch - StGB | § 32 Notwehr


(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig. (2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 113 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte


(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit

Strafgesetzbuch - StGB | § 194 Strafantrag


(1) Die Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt. Ist die Tat in einer Versammlung oder dadurch begangen, dass ein Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 117 Unzulässiger Lärm


(1) Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlaß oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines a

Strafgesetzbuch - StGB | § 114 Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte


(1) Wer einen Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei einer Diensthandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe von drei Mo

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Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 7. Dez. 2022 - 206 StRR 296/22 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 7. Dez. 2022 - 206 StRR 296/22 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 7. Dez. 2022 - 206 StRR 296/22

bei uns veröffentlicht am 13.04.2023

Wann darf eine Person im Polizeigewahrsam entkleidet werden? Zulässig ist dieses Vorgehen nur, wenn eine Gefahr für Körper und/oder Leben der Beamten oder der:des Betroffenen vorliegt. Und selbst dann ist die Entkleidung nur in Anwesen

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19

bei uns veröffentlicht am 15.12.2021

Das Bundesverfassungsgericht bestätigt die Verurteilung eines Mannes wegen Beleidigung. Dieser hat sich in mehreren Blogeinträgen über die Verhandlungsführung der Richter in einem ihn betreffenden Verfahren ausgelassen und diese a
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Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 7. Dez. 2022 - 206 StRR 296/22

bei uns veröffentlicht am 13.04.2023

Wann darf eine Person im Polizeigewahrsam entkleidet werden? Zulässig ist dieses Vorgehen nur, wenn eine Gefahr für Körper und/oder Leben der Beamten oder der:des Betroffenen vorliegt. Und selbst dann ist die Entkleidung nur in Anwesen

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlaß oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach anderen Vorschriften geahndet werden kann.

(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Die Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt. Ist die Tat in einer Versammlung oder dadurch begangen, dass ein Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verletzte als Angehöriger einer Gruppe unter der nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verfolgt wurde, diese Gruppe Teil der Bevölkerung ist und die Beleidigung mit dieser Verfolgung zusammenhängt. In den Fällen der §§ 188 und 192a wird die Tat auch dann verfolgt, wenn die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Die Taten nach den Sätzen 2 und 3 können jedoch nicht von Amts wegen verfolgt werden, wenn der Verletzte widerspricht. Der Widerspruch kann nicht zurückgenommen werden. Stirbt der Verletzte, so gehen das Antragsrecht und das Widerspruchsrecht auf die in § 77 Abs. 2 bezeichneten Angehörigen über.

(2) Ist das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, so steht das Antragsrecht den in § 77 Abs. 2 bezeichneten Angehörigen zu. Ist die Tat in einer Versammlung oder dadurch begangen, dass ein Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verstorbene sein Leben als Opfer der nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft verloren hat und die Verunglimpfung damit zusammenhängt. Die Tat kann jedoch nicht von Amts wegen verfolgt werden, wenn ein Antragsberechtigter der Verfolgung widerspricht. Der Widerspruch kann nicht zurückgenommen werden.

(3) Ist die Beleidigung gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. Richtet sich die Tat gegen eine Behörde oder eine sonstige Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so wird sie auf Antrag des Behördenleiters oder des Leiters der aufsichtführenden Behörde verfolgt. Dasselbe gilt für Träger von Ämtern und für Behörden der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts.

(4) Richtet sich die Tat gegen ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder eine andere politische Körperschaft im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes, so wird sie nur mit Ermächtigung der betroffenen Körperschaft verfolgt.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Bundesverfassungsgericht

Beschluss vom 19.05.2020

Az.: 1 BvR 2397/19

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine strafgerichtliche Verurteilung wegen Beleidigung aufgrund auf einem im Internet zugänglichen Blog veröffentlichter Äußerungen über mit einem familienrechtlichen Verfahren befasste Richter.

1. Der mehrfach wegen Beleidigung vorbestrafte Beschwerdeführer, der seit der Trennung von seiner damaligen Partnerin im Jahr 2002 vor verschiedenen bayerischen Gerichten zahlreiche rechtliche Auseinandersetzungen um das Umgangsrecht mit der gemeinsamen Tochter geführt hatte, erhielt ab 2012 keinen Umgang mehr mit dieser. Seit 2013 erstellte der Beschwerdeführer, der seine Rechte in dem Verfahren als systematisch verletzt ansieht, ein mehr als 450 Einträge enthaltendes Weblog über seine Auseinandersetzungen mit seiner ehemaligen Partnerin und der bayerischen Justiz, wobei die Einträge die an den jeweils angegriffenen Entscheidungen beteiligten Amtsträger oftmals namentlich nennen und teilweise mit öffentlich verfügbaren Bildnissen dieser Personen versehen sind.

In Reaktion auf einen Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg, das die vollständige Entziehung des Umgangsrechts durch die Vorinstanz bestätigte, verfasste der Beschwerdeführer im Februar und August 2016 auf seinem Weblog drei Einträge, in denen er die Entscheidung des Oberlandesgerichts als ein weiteres Beispiel der ihm gegenüber vermeintlich begangenen Ungerechtigkeiten seitens der bayerischen Justiz angriff. In den Beiträgen nennt er die drei beteiligten Richter und den Präsidenten des Oberlandesgerichts Bamberg namentlich, stellt zugleich Fotos von ihnen ins Netz und bezeichnet sie mehrfach als „asoziale Justizverbrecher“, „Provinzverbrecher“ und „Kindesentfremder“, die Rechtsbeugung begingen und Drahtzieher einer Vertuschung von Verbrechen im Amt seien. Der erste Beitrag behauptet insbesondere einen „Tatverdacht struktureller Korruption in einem Netzwerk bayerischer Justizjuristen“, einen „Umgangsboykott“, eine „asoziale … parteipolitisch verseuchte Justiz“ und macht ohne nähere Erläuterung geltend, der Senat habe auf Geheiß des namentlich genannten „rechtsradikalen“ Präsidenten des Oberlandesgerichts offenkundig massiv rechtsbeugend agiert. Im zweiten Beitrag, der mit einer Reihe von Schlagwörtern wie „Rechtsradikale in der Justiz“, „strukturelle Korruption“, „Straftaten im Amt“ und den Namen verschiedener an diesem und an vorangegangenen Verfahren beteiligter Personen versehen und mit der Überschrift „Justizverbrecher und Hauptakteure“ überschrieben ist, wiederholt der Beschwerdeführer seine Vorwürfe. Diverse Personen werden namentlich genannt, abgebildet und als „Täter“, „Verantwortliche“ oder „Justizverbrecher“ bezeichnet, unter anderem die Anwältin der Gegenseite, die abgebildet und als „widerwärtige und bösartige Hetzerin“ bezeichnet wird. In einem dritten Beitrag mit der Überschrift „Asozialer Justizverbrecher und Kindesentfremder [es folgt der volle Name des Vorsitzenden des OLG-Senats] weiter durch Täterumfeld OLG Bamberg gedeckt: Klageerzwingung und weitere Strafanzeige“ werden erneut der Vorsitzende des entscheidenden Senats des Oberlandesgerichts und dessen Präsident abgebildet und als „Drahtzieher“ verschiedener Verbrechen und Vertuschungen beziehungsweise als „Justizverbrecher“ bezeichnet. Verschiedenen Beteiligten wird erneut Rechtsbeugung vorgeworfen, mit der beabsichtigt sei, den Beschwerdeführer in den Suizid zu treiben.

2. Wegen dieser Blogeinträge verurteilte das Amtsgericht den Beschwerde- führer nach vorherigem Strafbefehl und Einspruch wegen je zwei beziehungsweise vier tateinheitlicher Beleidigungen in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 15 Euro.

3. Die Berufung des Beschwerdeführers wies das Landgericht mit im Wesentlichen gleicher umfassender Begründung mit der Maßgabe zurück, dass er zu 90 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt werde, wobei 30 Tagessätze wegen überlanger Verfahrensdauer als vollstreckt gälten. Zwar handele es sich wegen des sachlichen Bezugs und der verständlichen schweren emotionalen Situation des Beschwerdeführers nicht um Schmähkritik. Bei einer Abwägung der widerstreitenden grundrechtlichen Interessen überwiege jedoch der Ehrschutz. Den drei unter Namensnennung und Bebilderung im Internet veröffentlichten Beiträgen sei der Vorwurf zu entnehmen, dass die Mitglieder des entscheidenden Senats des Oberlandesgerichts und ihr Dienstvorgesetzter allgemein dazu neigten, Bürger in kollusivem Zusammenwirken gleich einer organisierten Bande ohne Ansehen des Rechts um ihre gesetzlichen Rechte zu bringen. Dabei handele es sich um einen erheblichen Angriff auf die Ehre und Integrität der Betroffenen, bei dem die Diffamierung im Vordergrund gestanden habe. Zwar spreche für einen Vorrang der Meinungsfreiheit, dass es sich für den Beschwerdeführer bei dem anlassgebenden Beschluss des Oberlandesgerichts um eine massiv einschneidende Maßnahme gehandelt habe, sodass auch Verständnis für scharfe Kritik bestehe. Auf der anderen Seite stehe jedoch der erhebliche, über das Internet gegenüber einer Vielzahl von Personen geäußerte Vorwurf, Verbrecher und Rechtsbeuger zu sein, der die Integrität der Betroffenen schwer erschüttere. Insbesondere die über einen längeren Zeitraum wiederkehrende, mit Abbildungen untermalte, aufreißerische und anprangernde Darstellung lasse die persönliche Kränkung in den Vordergrund und das sachliche Anliegen in den Hintergrund treten. Die Grenze der Wahrnehmung berechtigter Interessen sei dadurch deutlich überschritten. Es sei nicht hinzunehmen, dass Amtspersonen keinerlei Schutz mehr beanspruchen könnten, wenn im Rahmen der beleidigenden Äußerungen auch sachliche Erwägungen vorgetragen würden.

4. Die Revision des Beschwerdeführers verwarf das Oberlandesgericht einstimmig als offensichtlich unbegründet.

5. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer im Schwerpunkt eine Verletzung seiner Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.

II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie teilweise unzulässig und im Übrigen offensichtlich unbegründet ist.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit sie eine Verletzung der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG durch die Urteile des Amts- und Landgerichts sowie durch den Revisionsverwerfungsbeschluss des Oberlandes- gerichts rügt. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts richtet, ist sie unzulässig, weil diese Entscheidung prozessual überholt ist (vgl. BVerfGK 10, 134 <138>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18.2 BvR 1833/12, 2 BvR 12 BvR 12 BvR 1945/12 -, Rn. 21945/12 -, Rn. 21; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 1 BvR 2433/17 -‚ Rn. 143/17 -‚ Rn. 14).

2. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sie zulässig ist, nicht begründet. Die Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer insbesondere nicht in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.

a) Die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Beleidigung greift in dessen Grundrecht auf Meinungsfreiheit ein.

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Grundrechtlich geschützt sind damit insbesondere Werturteile, also Äußerungen, die durch ein Element der Stellungnahme gekennzeichnet sind. Dies gilt ungeachtet des womöglich ehrschmälernden Gehalts einer Äußerung. Dass eine Aussage polemisch oder verletzend formuliert ist, entzieht sie nicht dem Schutzbereich des Grundrechts (vgl. BVerfGE 54, 129 <138 f.>; 61, 1 <7 f.>; 93, 266 <289 f.>; stRspr). Die strafrechtliche Sanktionierung knüpft an diese dementsprechend in den Schutzbereich fallenden und als Werturteil zu qualifizierenden Äußerungen an und greift damit in die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers ein.

b) Dieser Eingriff in das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

aa) Nach Art. 5 Abs. 2 GG findet das Grundrecht der Meinungsfreiheit seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Dazu gehört auch § 185 StGB (vgl. BVerfGE 93, 266 <290 ff.>), auf den sich die angegriffenen Entscheidungen stützen.

(1) Bei Anwendung dieser Strafnorm auf Äußerungen im konkreten Fall verlangt Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zunächst eine der Meinungsfreiheit gerecht werdende Ermittlung des Sinns der infrage stehenden Äußerung (vgl. BVerfGE 93, 266 <295 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 1 BvR 2732/15 -, Rn. 12732/15 -, Rn. 12 f.). Darauf aufbauend erfordert das Grundrecht der Meinungsfreiheit als Voraussetzung einer strafgerichtlichen Verurteilung nach § 185 StGB im Normalfall eine abwägende Gewichtung der Beeinträchtigungen, die der persönlichen Ehre auf der einen und der Meinungsfreiheit auf der anderen Seite drohen (vgl. BVerfGE 7, 198 <212>; 85, 1 <16>; 93, 266 <293>; stRspr). Abweichend davon tritt ausnahmsweise bei herabsetzenden Äußerungen, die die Menschenwürde eines anderen antasten oder sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen, die Meinungsfreiheit hinter den Ehrenschutz zurück, ohne dass es einer Einzelfallabwägung bedarf (vgl. BVerfGE 82, 43 <51>; 85, 1 <16>; 90, 241 <248>; 93, 266 <293 f.>; 99, 185 <196>; stRspr).

Aus dem Nichtvorliegen einer solchen – unabhängig von einer Abwägung strafbaren – Antastung der Menschenwürde, Schmähung oder Formalbeleidigung folgt noch keine Vorfestlegung dahingehend, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht bei der dann gebotenen Abwägungsentscheidung zurückzutreten habe. Eine solche Vorfestlegung ergibt sich auch nicht aus der Vermutung zugunsten der freien Rede. Diese Vermutung zielt insbesondere darauf, der Meinungsfreiheit dann zur Durchsetzung zu verhelfen, wenn es sich bei einer Äußerung um einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt (vgl. BVerfGE 7, 198 <208, 212>; 93, 266 <294 f.>). Sie ist Ausfluss der schlechthin konstituierenden Bedeutung der Meinungsfreiheit für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung, deren Lebenselement der ständige Kampf der Meinungen ist (vgl. BVerfGE 7, 198 <208>). Als solche begründet die Vermutungsregel keinen generellen Vorrang der Meinungsfreiheit gegenüber dem Persönlichkeitsschutz. Aus ihr folgt aber, dass auch dann, wenn Meinungsäußerungen die Ehre anderer beeinträchtigen und damit deren Persönlichkeitsrechte betreffen, diese nur nach Maßgabe einer Abwägung sanktioniert werden können. Dabei ist diese Abwägung offen und verlangt eine der konstitutiven Bedeutung der Meinungsfreiheit Rechnung tragende Begründung in Fällen, in denen Äußerungen im oben genannten Sinne im Wege der Abwägung hinter dem Persönlichkeitsschutz zurücktreten sollen (vgl. BVerfGE 93, 266 <295>). Darüber hinaus können sich hieraus auch für die Konfliktbewältigung im Einzelnen Vorrangregeln ergeben (vgl. etwa zur Auslegung von Äußerungen BVerfGE 93, 266 <295 f., 297 f., 303 f.>). Eine Asymmetrie zwischen den Grundrechten bei der Abwägung insgesamt ergibt sich hieraus jedoch nicht.

(2) Während Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG demnach als Voraussetzung von Verurteilungen nach § 185 StGB grundsätzlich eine die konkreten Umstände des Falles berücksichtigende Abwägung der widerstreitenden grundrechtlichen Interessen verlangt, kann eine Verurteilung ausnahmsweise auch ohne eine solche Abwägung gerechtfertigt sein, wenn es sich um Äußerungen handelt, die sich als Angriff auf die Menschenwürde, Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen (vgl. BVerfGE 82, 43 <51>; 85, 1 <16>; 90, 241 <248>; 93, 266 <293 f.>; 99, 185 <196>). Dabei handelt es sich um verschiedene Fallkonstellationen, an die jeweils strenge Kriterien anzulegen sind.

(a) Der Charakter einer Äußerung als Schmähung oder Schmähkritik folgt nicht schon aus einem besonderen Gewicht der Ehrbeeinträchtigung als solcher und ist damit nicht ein bloßer Steigerungsbegriff. Auch eine überzogene, völlig unverhältnismäßige oder sogar ausfällige Kritik macht eine Äußerung noch nicht zur Schmähung, so dass selbst eine Strafbarkeit von Äußerungen, die die persönliche Ehre erheblich herabsetzen, in aller Regel eine Abwägung erfordert (vgl. BVerfGE 82, 272 <283>). Eine Äußerung nimmt den Charakter als Schmähung vielmehr erst dann an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (vgl. BVerfGE 82, 272 <283 f.>; 85, 1 <16>; 93, 266 <294, 303>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 1 BvR 2433/17 -‚ Rn. 183/17 -‚ Rn. 18). Zu beachten ist hierbei, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur sachlich-differenzierte Äußerungen schützt, sondern gerade Kritik auch grundlos, pointiert, polemisch und überspitzt geäußert werden darf; die Grenze zulässiger Meinungsäußerungen liegt nicht schon da, wo eine polemische Zuspitzung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht erforderlich ist (vgl. BVerfGE 82, 272 <283 f.>; 85, 1 <16>) oder wo Gründe für die geäußerte kritische Bewertung nicht gegeben werden. Die Qualifikation einer ehrenrührigen Aussage als Schmähkritik und der damit begründete Verzicht auf eine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Ehre erfordern regelmäßig die Berücksichtigung von Anlass und Kontext der Äußerung (vgl. BVerfGE 93, 266 <303>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 1 BvR 2433/17 -, Rn. 183/17 -, Rn. 18). Eine isolierte Betrachtung eines einzelnen Begriffs kann allenfalls unter dem eigenen Gesichtspunkt der Formalbeleidigung eine Abwägung entbehrlich machen (dazu sogleich [b]).

Die Antwort auf die Frage, wann es sich um Schmähkritik in diesem Sinne handelt, ergibt sich danach nicht aus einer Abwägung im Vorgriff auf die nach den allgemeinen Regeln erforderliche Abwägungsentscheidung, resultiert also nicht aus einer Abwägung vor der Abwägung. Sie folgt vielmehr einem eigenen, sachlich zu bestimmenden Gesichtspunkt: Schmähung im verfassungsrechtlichen Sinn ist gegeben, wenn eine Äußerung keinen irgendwie nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und es bei ihr im Grunde nur um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Person als solcher geht. Es sind dies Fälle, in denen eine vorherige Auseinandersetzung erkennbar nur äußerlich zum Anlass genommen wird, um über andere Personen herzuziehen oder sie niederzumachen, etwa in Fällen der Privatfehde (vgl. BVerfGE 93, 266 <294>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. S1 BvR 2979/10 -, Rn. 30979/10 -, Rn. 30). Erfolgen solche allein auf die persönliche Kränkung zielenden Äußerungen unter den Kommunikationsbedingungen des Internets, sind sie aber nicht selten auch von Privatfehden losgelöst. Sie können persönlich nicht bekannte Personen, auch des öffentlichen Lebens, betreffen, die im Schutz der Anonymität des Internets ohne jeden nachvollziehbaren Bezug zu einer Sachkritik grundlos aus verwerflichen Motiven wie Hass- oder Wutgefühlen heraus verunglimpft und verächtlich gemacht werden.

Davon abzugrenzen sind Fälle, in denen die Äußerung, auch wenn sie gravierend ehrverletzend und damit unsachlich ist, letztlich als (überschießendes) Mittel zum Zweck der Kritik eines Sachverhaltes dient. Dann geht es dem Äußernden nicht allein darum, den Betroffenen als solchen zu diffamieren, sondern stellt sich die Äußerung als Teil einer anlassbezogenen Auseinandersetzung dar. Gerade darin unterscheiden sich diese Fälle von den Fällen der Privatfehde oder von den Fällen, in denen es sonst – insbesondere im Internet – bezugslos allein um die Verächtlichmachung von Personen geht. Demnach sind Herabsetzungen in der Ehre, auch wenn sie besonders krass und drastisch sind, nicht als Schmähung anzusehen, wenn sie ihren Bezug noch in sachlichen Auseinandersetzungen haben. Dass die Einordnung ehrkränkender Äußerungen als Schmähung eine eng zu handhabende Ausnahme bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 1 BvR 2646/15 -, Rn. 17646/15 -, Rn. 17; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8.1 BvR 2973/14 -, Rn. 14973/14 -, Rn. 14), entspricht dem Grundsatz des Ausgleichs von Grundrechten durch Abwägung. Für den Normalfall ist danach sicherzustellen, dass eine Verurteilung wegen Beleidigung nicht ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und nicht ohne Blick auf seine grundrechtliche Dimension zustande kommt.

(b) Ähnlich verhält es sich in den ebenfalls an strenge Maßstäbe geknüpften Fällen der Formalbeleidigung im verfassungsrechtlichen Sinn, die deshalb von der Rechtsprechung mit der Schmähung stets in unmittelbarem Zusammenhang behandelt und zum Teil auch als deren Unterfall behandelt worden sind (vgl. BVerfGE 93, 266 <294>; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 5. 1 BvR 1318/07 -, Rn. 16318/07 -, Rn. 16; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom1 BvR 2272/04 -, Rn. 35272/04 -, Rn. 35; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19.1 BvR 1954/17 -, Rn. 11954/17 -, Rn. 11). Um solche Fälle kann es sich etwa bei mit Vorbedacht und nicht nur in der Hitze einer Auseinandersetzung verwendeten, nach allgemeiner Auffassung besonders krassen, aus sich heraus herabwürdigenden Schimpfwörtern – etwa aus der Fäkalsprache – handeln. Auch dort ist es – wie bei der Schmähkritik – im Regelfall nicht erforderlich, in eine Grundrechtsabwägung einzutreten (vgl. BVerfGE 82, 43 <51>; 93, 266 <294>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 1 BvR 2433/17 -, Rn. 18433/17 -, Rn. 18). In Fällen der Formalbeleidigung ist das Kriterium der Strafbarkeit nicht der fehlende Sachbezug einer Herabsetzung, sondern die kontextunabhängig gesellschaftlich absolut missbilligte und tabuisierte Begrifflichkeit und damit die spezifische Form dieser Äußerung. Dem liegt zugrunde, dass die Bezeichnung anderer Personen mit solchen Begriffen sich gerade ihrer allein auf die Verächtlichmachung zielenden Funktion bedient, um andere unabhängig von einem etwaigen sachlichen Anliegen herabzusetzen. Sie ist daher in aller Regel unabhängig von den konkreten Umständen als Beleidigung zu werten. Um Fälle der Formalbeleidigung in diesem verfassungsrechtlichen Sinn handelt es sich bei Beleidigungen nicht immer schon dann, wenn im Sinne des § 192 StGB unabhängig von einem Wahrheitsbeweis „das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Behauptung oder Verbreitung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht“. Fachrechtlich werden auch diese Fallkonstellationen unter den Begriff der Formalbeleidigung gefasst (vgl. Valerius, in: BeckOK StGB, § 192 Rn. 3 ff. [1. Mai 2020]) und können als Beleidigung strafbar sein. Eine Verurteilung setzt hier aber – dem Normalfall entsprechend – eine grundrechtlich angeleitete Abwägung voraus.

(c) Da die Menschenwürde als Wurzel aller Grundrechte mit keinem Einzelgrundrecht abwägungsfähig ist, muss die Meinungsfreiheit stets zurücktreten, wenn eine Äußerung die Menschenwürde eines anderen verletzt. Allerdings bedarf es einer sorgfältigen Begründung, wenn ausnahmsweise angenommen werden soll, dass der Gebrauch der Meinungsfreiheit auf die unantastbare Menschenwürde durchschlägt (vgl. BVerfGE 93, 266 <293>; 107, 275 <284>; BVerfGK 15, 93 <99>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4.1 BvR 369/04 u.a. -, Rn. 294 u.a. -, Rn. 29 f.). Eine Menschenwürdeverletzung kommt nur in Betracht, wenn sich eine Äußerung nicht lediglich gegen einzelne Persönlichkeitsrechte richtet, sondern einer konkreten Person den ihre menschliche Würde ausmachenden Kern der Persönlichkeit abspricht (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. S1 BvR 1056/95 -, Rn. 40056/95 -, Rn. 40; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4.1 BvR 369/04 u.a. -, Rn. 314 u.a. -, Rn. 31; jeweils m.w.N.).

(d) Der eine Abwägung entbehrlich machende und damit die Meinungsfreiheit verdrängende Effekt, der mit einer Einordnung als Angriff auf die Menschenwürde, Schmähkritik oder Formalbeleidigung verbunden ist, gebietet es zudem, diese Einordnung klar kenntlich zu machen und sie in einer auf die konkreten Umstände des Falles bezogenen, gehaltvollen und verfassungsrechtlich tragfähigen Weise zu begründen (vgl. BVerfGE 61, 1 <12>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 1 BvR 2646/15 -, Rn. 18646/15 -, Rn. 18). Diese Begründung darf sich bei der Schmähkritik nicht in der bloßen Behauptung erschöpfen, für den Äußernden habe die Diffamierung der Person im Vordergrund gestanden. Vielmehr sind die für diese Beurteilung maßgebenden Gründe unter Auseinandersetzung mit objektiv feststellbaren Umständen des Falles nachvollziehbar darzulegen. Insbesondere muss das Gericht deutlich machen, warum aus seiner Sicht ein gegebenenfalls vorhandenes sachliches Anliegen des Äußernden in der konkreten Situation derart vollständig in den Hintergrund tritt, dass sich die Äußerung in einer persönlichen Kränkung erschöpft. Entsprechend ist bei der Formalbeleidigung festzustellen, dass die verwendete Beschimpfung das absolute Mindestmaß menschlichen Respekts verlässt und unabhängig von den Umständen grundsätzlich nicht mit der Meinungsfreiheit vereinbar sein kann.

(e) Hält ein Gericht eine Äußerung ohne hinreichende Begründung für eine Antastung der Menschenwürde, Formalbeleidigung oder Schmähung, mit der Folge, dass eine konkrete Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls entbehrlich wird, so liegt darin ein verfassungsrechtlich erheblicher Fehler, der zur Aufhebung der Entscheidung führt, wenn diese darauf beruht (vgl. BVerfGE 93, 266 <294>; BVerfGK 8, 89 <98>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19.1 BvR 1954/17 -, Rn. 124/17 -, Rn. 12).

Die gerichtliche Feststellung des Vorliegens der genannten Ausnahmetatbestände schließt eine – hilfsweise – Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Schutz der Persönlichkeit nach den konkreten Umständen des Falles nicht etwa aus. Ein solches Vorgehen bietet sich vielmehr in den vielfach nicht eindeutig gelagerten Grenzfällen an, zumal sich in solchen Fällen ohnehin die Waagschale nicht selten zum Persönlichkeitsschutz hin neigen wird, weil es nicht in erster Linie um einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung geht, die Äußerung aber auf der anderen Seite das Persönlichkeitsrecht erheblich beeinträchtigt.

(3) Liegt keine dieser eng umgrenzten Ausnahmekonstellationen vor, begründet dies bei Äußerungen, mit denen bestimmte Personen in ihrer Ehre herabgesetzt werden, kein Indiz für einen Vorrang der Meinungsfreiheit. Voraussetzung einer strafrechtlichen Sanktion ist dann allerdings – wie es der Normalfall für den Ausgleich von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht ist – eine grundrechtlich angeleitete Abwägung, die an die wertungsoffenen Tatbestandsmerkmale und Strafbarkeitsvoraussetzungen des Strafgesetzbuchs, insbesondere die Begriffe der „Beleidigung“ und der „Wahrnehmung berechtigter Interessen“, anknüpft (vgl. BVerfGE 12, 113 <124 ff.>; 90, 241 <248>; 93, 266 <290>). Hierfür bedarf es einer umfassenden Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen des Falles und der Situation, in der die Äußerung erfolgte.

Das Ergebnis der von den Fachgerichten vorzunehmenden Abwägung ist verfassungsrechtlich nicht vorgegeben (vgl. BVerfGE 85, 1 <16>; 99, 185 <196 f.>; stRspr). Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist es lediglich zu überprüfen, ob die Fachgerichte dabei Bedeutung und Tragweite der durch die strafrechtliche Sanktion betroffenen Meinungsfreiheit ausreichend berücksichtigt und innerhalb des ihnen zustehenden Wertungsrahmens die jeweils für den Fall erheblichen Abwägungsgesichtspunkte identifiziert und ausreichend in Rechnung gestellt haben. Zu den hierbei zu berücksichtigenden Umständen können insbesondere Inhalt, Form, Anlass und Wirkung der betreffenden Äußerung sowie Person und Anzahl der Äußernden, der Betroffenen und der Rezipienten gehören (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 93, 266 <296>).

(a) Mit Blick auf den Inhalt einer Äußerung kann zunächst deren konkreter ehrschmälernder Gehalt einen erheblichen Abwägungsgesichtspunkt bilden. Dieser hängt insbesondere davon ab, ob und inwieweit die Äußerung grundlegende, allen Menschen gleichermaßen zukommende Achtungsansprüche betrifft oder ob sie eher das jeweils unterschiedliche soziale Ansehen des Betroffenen schmälert. Ebenfalls kann in Rechnung zu stellen sein, ob eine abschätzige Äußerung die Person als ganze oder nur einzelne ihrer Tätigkeiten und Verhaltensweisen betrifft. Ungeachtet dessen, dass die Meinungsfreiheit sowohl die Form als auch den Inhalt einer Äußerung schützt (vgl. BVerfGE 54, 129 <138 f.>; 76, 171 <192>), kann für das Gewicht der in die Abwägung einzustellenden Meinungsfreiheitsinteressen insbesondere erheblich sein, ob durch die strafrechtliche Sanktion die Freiheit berührt wird, bestimmte Inhalte und Wertungen überhaupt zum Ausdruck zu bringen, ob und wieweit also alternative Äußerungsmöglichkeiten selben oder ähnlichen Inhalts verbleiben. Mit Blick auf die eine gleichberechtigte Beteiligung aller an der öffentlichen Kommunikation gewährleistende Dimension der Meinungsfreiheit (vgl. BVerfGE 12, 113 <125>) darf die Handhabung des § 185 StGB zugleich nicht dazu führen, Anstands- und Ehrvorstellungen eines Teils der Gesellschaft allen übrigen Mitgliedern aufzuzwingen; in diesem Sinn kann auch eine gegebenenfalls beschränkte Ausdrucksfähigkeit und sonstige soziale Bedingtheit des jeweiligen Sprechers in Rechnung zu stellen sein.

(b) Das bei der Abwägung anzusetzende Gewicht der Meinungsfreiheit ist umso höher, je mehr die Äußerung darauf zielt, einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten, und umso geringer, je mehr es hiervon unabhängig lediglich um die emotionalisierende Verbreitung von Stimmungen gegen einzelne Personen geht (vgl. BVerfGE 7, 198 <212>; 93, 266 <294>).

(c) Bei der Gewichtung der durch eine Äußerung berührten grundrechtlichen Interessen ist zudem davon auszugehen, dass der Schutz der Meinungsfreiheit gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen ist und darin unverändert seine Bedeutung findet (vgl. BVerfGE 93, 266 <293>). Teil dieser Freiheit ist, dass Bürger von ihnen als verantwortlich angesehene Amtsträger in anklagender und personalisierter Weise für deren Art und Weise der Machtausübung angreifen können, ohne befürchten zu müssen, dass die personenbezogenen Elemente solcher Äußerungen aus diesem Kontext herausgelöst werden und die Grundlage für einschneidende gerichtliche Sanktionen bilden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom1 BvR 2272/04 -, Rn. 38272/04 -, Rn. 38). In die Abwägung ist daher einzustellen, ob die Privatsphäre des Betroffenen oder sein öffentliches Wirken mit seinen – unter Umständen weitreichenden – gesellschaftlichen Folgen Gegenstand der Äußerung ist und welche Rückwirkungen auf die persönliche Integrität des Betroffenen von einer Äußerung ausgehen können (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1 BvR 2126/93 -, Rn. 31126/93 -, Rn. 31).

Unter dem Aspekt der Machtkritik haben die Gerichte auch Auslegung und Anwendung des Art. 10 Abs. 2 EMRK durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 111, 307 <316 f.>; 128, 326 <369>). In ständiger Rechtsprechung betont der Gerichtshof, dass die Grenzen zulässiger Kritik an Politikern weiter zu ziehen sind als bei Privatpersonen (vgl. EGMR [Plenum], Lingens v. Austria, Urteil vom 8. Juli 1986, Nr. 9815/82, § 42; Oberschlick v. Austria I, Urteil vom 23. Mai 1991, Nr. 11662/85, § 59; EGMR, Oberschlick v. Austria II, Urteil vom 1. Juli 1997, Nr. 20834/92, § 29; EON v. France, Urteil vom 14. März 2013, Nr. 26118/10, § 59). Insofern Politiker bewusst in die Öffentlichkeit treten, unterscheidet sich ihre Situation auch von derjenigen staatlicher Amtswalter, denen ohne ihr besonderes Zutun im Rahmen ihrer Berufsausübung eine Aufgabe mit Bürgerkontakt übertragen wurde.

Allerdings bleiben auch die Gesichtspunkte der Machtkritik und der Veranlassung durch vorherige eigene Wortmeldungen im Rahmen der öffentlichen Debatte (vgl. dazu BVerfGE 12, 113 <131>; 24, 278 <286>; 54, 129 <138>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 11 BvR 2844/13 -, Rn. 25844/13 -, Rn. 25) in eine Abwägung eingebunden und erlauben nicht jede auch ins Persönliche gehende Beschimpfung von Amtsträgern oder Politikern. Gegenüber einer auf die Person abzielenden, insbesondere öffentlichen Verächtlichmachung oder Hetze setzt die Verfassung allen Personen gegenüber äußerungsrechtliche Grenzen und nimmt hiervon Personen des öffentlichen Lebens und Amtsträger nicht aus (vgl. BVerfGE 42, 143 <153>). Auch hier sind Äußerungen desto weniger schutzwürdig, je mehr sie sich von einem Meinungskampf in die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Fragen wegbewegen und die Herabwürdigung der betreffenden Personen in den Vordergrund tritt. Welche Äußerungen sich Personen des öffentlichen Lebens gefallen lassen müssen und welche nicht, liegt dabei nicht nur an Art und Umständen der Äußerung, sondern auch daran, welche Position sie innehaben und welche öffentliche Aufmerksamkeit sie für sich beanspruchen. Einem Bundes- minister gegenüber können insoweit härtere Äußerungen zuzumuten sein als etwa einem Lokalpolitiker. Dabei liegt insbesondere unter den Bedingungen der Verbreitung von Informationen durch „soziale Netzwerke“ im Internet ein wirksamer Schutz der Persönlichkeitsrechte von Amtsträgern und Politikern über die Bedeutung für die jeweils Betroffenen hinaus auch im öffentlichen Interesse, was das Gewicht dieser Rechte in der Abwägung verstärken kann. Denn eine Bereitschaft zur Mitwirkung in Staat und Gesellschaft kann nur erwartet werden, wenn für diejenigen, die sich engagieren und öffentlich einbringen, ein hinreichender Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte gewährleistet ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. 1 BvR 16/13 -, Rn. 10816/13 -, Rn. 108 – Recht auf Vergessen I).

(d) Mit Blick auf Form und Begleitumstände einer Äußerung kann nach den Umständen des Falles insbesondere erheblich sein, ob sie ad hoc in einer hitzigen Situation oder im Gegenteil mit längerem Vorbedacht gefallen ist. Denn für die Freiheit der Meinungsäußerung wäre es besonders abträglich, wenn vor einer mündlichen Äußerung jedes Wort auf die Waagschale gelegt werden müsste (vgl. BVerfGE 76, 171 <192>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29.1 BvR 2883/11 -, Rn. 16883/11 -, Rn. 16; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. S1 BvR 3217/14 -, Rn. 16217/14 -, Rn. 16). Der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit als unmittelbarer Ausdruck der Persönlichkeit (vgl. BVerfGE 12, 113 <125>) impliziert – in den Grenzen zumutbarer Selbstbeherrschung – die rechtliche Anerkennung menschlicher Subjektivität (vgl. BVerfGE 33, 1 <14 f.>) und damit auch von Emotionalität und Erregbarkeit. Demgegenüber kann bei schriftlichen Äußerungen im Allgemeinen ein höheres Maß an Bedacht und Zurückhaltung erwartet werden. Dies gilt – unter Berücksichtigung der konkreten Kommunikationsumstände – grundsätzlich auch für textliche Äußerungen in den „sozialen Netzwerken“ im Internet. Abwägungsrelevant kann dabei auch sein, ob Äußernden aufgrund ihrer beruflichen Stellung, Bildung und Erfahrung zuzumuten ist, auch in besonderen Situationen – beispielsweise gerichtlichen und behördlichen Verfahren – die äußerungsrechtlichen Grenzen zu kennen und zu wahren. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls erheblich, ob und inwieweit für die betreffende Äußerung ein konkreter und nachvollziehbarer Anlass bestand oder ob sie aus nichtigen oder vorgeschobenen Gründen getätigt wurde. Hierbei ist auch der Gesichtspunkt des sogenannten „Kampfs um das Recht“ zu berücksichtigen. Danach ist es im Kontext rechtlicher Auseinandersetzungen grundsätzlich erlaubt, auch besonders starke und eindringliche Ausdrücke zu benutzen, um Rechtspositionen und Anliegen zu unterstreichen (vgl. BVerfGE 76, 171 <192>).

(e) Ebenfalls bei der Abwägung in Rechnung zu stellen ist die konkrete Verbreitung und Wirkung einer Äußerung (vgl. ebenso für zivilrechtliche Löschungsverlangen und Unterlassungsansprüche BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. 1 BvR 16/13 -, Rn. 12516/13 -, Rn. 125 – Recht auf Vergessen I). Maßgeblich hierfür sind Form und Begleitumstände der Kommunikation. Erhält nur ein kleiner Kreis von Personen von einer ehrbeeinträchtigenden Äußerung Kenntnis oder handelt es sich um eine nicht schriftlich oder anderweitig perpetuierte Äußerung, ist die damit verbundene Beeinträchtigung der persönlichen Ehre geringfügiger und flüchtiger als im gegenteiligen Fall. Demgegenüber ist die beeinträchtigende Wirkung einer Äußerung beispielsweise gesteigert, wenn sie in wiederholender und anprangernder Weise (vgl. BVerfGK 8, 107 <116>), etwa unter Nutzung von Bildnissen der Betroffenen, oder besonders sichtbar in einem der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglichen Medium getätigt wird. Ein solches die ehrbeeinträchtigende Wirkung einer Äußerung verstärkendes Medium kann insbesondere das Internet sein, wobei auch hier nicht allgemein auf das Medium als solches, sondern auf die konkrete Breitenwirkung abzustellen ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. 1 BvR 16/13 -, Rn. 12516/13 -, Rn. 125 – Recht auf Vergessen I).

(f) Diese dargelegten Gesichtspunkte, die für die konkrete Abwägung relevant sein können, müssen dabei nicht in jedem Fall in ihrer Gesamtheit „abgearbeitet“ werden. Vielmehr ist es Aufgabe der Fachgerichte, aufgrund der Umstände des Einzelfalles die je abwägungsrelevanten Gesichtspunkte herauszuarbeiten und miteinander abzuwägen. Je nach Umständen kann auch eine recht knappe Abwägung ausreichen. Maßgeblich ist, dass die konkrete Situation der Äußerung erfasst und unter Berücksichtigung der auf beiden Seiten betroffenen Grundrechte hinreichend gewürdigt wird.

bb) Diesen verfassungsrechtlichen Maßgaben werden das vom Oberlandes- gericht nicht beanstandete Urteil des Landgerichts und das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts gerecht. Dies gilt nicht zuletzt angesichts der öffentlichen und anprangernden Form der zugrundeliegenden Äußerungen. Dass sich diese auf staatliche Amtsträger und deren dienstliche Handlungen bezogen, rechtfertigt sie vorliegend nicht.

(1) Eine Einordnung der Äußerungen als unabhängig von einer Abwägung strafbare Formalbeleidigung scheidet offensichtlich aus, weil es sich bei den vom Beschwerdeführer verwendeten Begrifflichkeiten („Justizverbrecher“, „Rechtsbeuger“) um Begriffe handelt, mit denen in einem anderen Kontext durchaus sachliche Kritik an Personen und deren Verhalten zum Ausdruck gebracht werden könnte.

Die Entscheidungen erkennen zutreffend, dass es für die Einordnung einer Äußerung als Schmähkritik auf das Fehlen eines erkennbaren Bezugs zu einem sachlichen Anliegen ankommt. Beide Gerichte sind in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass wegen des vorhandenen Sachbezugs noch keine Schmähkritik vorlag und eine strafrechtliche Verurteilung der inkriminierten Äußerungen daher eine abwägende Berücksichtigung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Interessen in den konkreten Umständen des Falles zur Voraussetzung hatte. Zwar kann in Fällen, in denen Äußerungen in einem Blog einen konkreten Bezug zu einem kritisierten Vorgehen nicht mehr erkennen lassen, auch eine Schmähung in Betracht kommen. Vorliegend haben die Gerichte jedoch festgestellt, dass den Äußerungen ein Sachbezug nicht fehle. Sie haben ausdrücklich ausgeführt, dass sie in Auseinandersetzung mit der aktuellen und der vergangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg erfolgten und dass sie „sich keinesfalls in den Diffamierungen der Amtsträger losgelöst von jedem Tatsachenbezug erschöpfen, sondern die von diesen Organen getroffenen Entscheidungen, die vom Angeklagten als rechtswidrig und falsch angesehen werden, betreffen“ (Urteil des Landgerichts, S. 12 f.). Hiervon ausgehend sind die angegriffenen Entscheidungen zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass vorliegend nicht von einer Schmähung auszugehen ist, sondern eine Abwägung vorzunehmen war.

(2) Die Abwägung seitens des Amts- und Landgerichts ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und hätte im Ergebnis kaum anders ausfallen können.

(a) Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers lässt sich den drei Blogeinträgen das der Abwägung zugrundeliegende Verständnis ihrer Gesamt- aussage, wonach den beteiligten Richtern ein kollusives und systematisch rechtsbeugendes Verhalten im Amt vorgeworfen werde, nachvollziehbar entnehmen. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass die rechtliche Würdigung durch die Strafgerichte allein an diese drei Blogeinträge anknüpft und nicht den gesamten Kontext der inzwischen mehr als 450 Einträge auf eine das Element der persönlichen Kränkung in den Hintergrund drängende argumentative Auseinandersetzung mit den bemängelten gerichtlichen Entscheidungen untersucht haben. Ein selbständiger zusammenhängender Lebensvorgang wie die Erstellung und Veröffentlichung eines Beitrags auf einem Blog verliert nicht dadurch seinen gegebenenfalls beleidigenden Charakter, dass zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt eine auch sachliche und nicht beleidigende Auseinandersetzung stattgefunden hat. Der bei der rechtlichen Beurteilung als Beleidigung in Rechnung zu stellende Kontext ist nicht grenzenlos. Zudem werden Vorgeschichte und Hintergrund der der Verurteilung zugrundeliegenden Äußerungen insbesondere im landgerichtlichen Urteil umfassend aufgearbeitet.

(b) Tragfähig und überzeugend verneint das Landgericht einen Vorrang des Schutzes des Persönlichkeitsrechts hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Machtkritik und des „Kampfs um das Recht“. Die Entscheidung des Landgerichts geht auf beides umfassend ein, hält aber zu Recht daran fest, dass diese Aspekte den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der persönlichen Ehre auch von Amtsträgern nicht in unzumutbarer Weise zurückdrängen können, zumal wenn – wie es hier der Fall ist – die persönliche Kränkung das sachliche Anliegen weitgehend überlagert. Dabei ist die Erwägung des Landgerichts schlüssig, dass der Gesichtspunkt des „Kampfs um das Recht“, in dessen Rahmen besonders heftige und zugespitzte Äußerungen zulässig sein können, hier dadurch zurückgenommen war, dass die Äußerung nicht mehr während der rechtlichen Auseinandersetzung, sondern erst nach deren Abschluss getätigt wurde.

(c) Ebenfalls und vor allem stellen die Entscheidungen in nachvollziehbarer Weise auf die wiederkehrende, besonders hartnäckige und durch die Namensnennung, den anklagenden Duktus und die Untermalung durch Bilder anprangernde Form der Äußerungen ab, die diesen eine gesteigerte verletzende Wirkung verlieh.

(d) Daneben weist insbesondere das Landgericht schlüssig darauf hin, dass es sich um Äußerungen handelt, die die berufliche Integrität der betroffenen Richter grundsätzlich infrage stellen. Zugleich stellen beide Entscheidungen nachvollziehbar darauf ab, dass die Äußerungen gegenüber einer unbestimmten Vielzahl von Personen in einem der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglichen Internetblog verbreitet wurden. Die Fachgerichte haben damit der spezifischen Verbreitungswirkung durch das Internet Rechnung getragen und in ihre Beurteilung eingestellt, dass sich hieraus besonders schwerwiegende Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und spiegelbildlich auch besondere Grenzen für die rechtliche Zulässigkeit von Äußerungen ergeben können. Sowohl der ehrschmälernde Gehalt als auch die Breitenwirkung der Äußerungen waren daher gravierend, was maßgeblich zu berücksichtigen war.

(e) Schließlich begegnet es auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Entscheidungen bei der Abwägung davon ausgegangen sind, dass der Sachzusammenhang der drei Blogeinträge zu dem anlassgebenden Beschluss des Oberlandesgerichts bestenfalls vage erkennbar ist, sodass deren Funktion eher in der öffentlichen Verächtlichmachung der Beteiligten als in einer Kritik des Beschlusses oder einer Aufklärung über aus Sicht des Beschwerdeführers darin enthaltene Ungerechtigkeiten bestand, sowie ferner, dass dem Erfordernis, Amtspersonen Schutz gegenüber verächtlichmachenden Äußerungen im öffentlichen Netz zu gewähren, hier erhebliches Gewicht beizumessen ist.

(f) Soweit der Beschwerdeführer anführt, bei den inkriminierten Äußerungen handele es sich um seine einzige Möglichkeit, angeblicher Lobhudelei seitens der lokalen Presse und vermeintlichen Seilschaften in der bayerischen Justiz und Politik etwas entgegenzusetzen und seiner Stimme Gehör zu verschaffen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Es bleibt dem Beschwerdeführer unbenommen, sich öffentlich über die ihm aus seiner Sicht widerfahrenen Ungerechtigkeiten oder allgemeine Missstände auch in deutlichen Worten zu empören. Aus den angegriffenen Entscheidungen geht jedoch klar hervor, dass und inwiefern er hier das Maß und die Form durch die Meinungsfreiheit gedeckter Kritik und Empörung verlassen hat.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wer einen Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei einer Diensthandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) § 113 Absatz 2 gilt entsprechend.

(3) § 113 Absatz 3 und 4 gilt entsprechend, wenn die Diensthandlung eine Vollstreckungshandlung im Sinne des § 113 Absatz 1 ist.

(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.