Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2016 - L 8 SO 128/14

bei uns veröffentlicht am20.12.2016
vorgehend
Sozialgericht München, S 48 SO 123/10, 25.03.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. März 2014 wird aufgehoben.

II. Die Beigeladene zu 1) wird verurteilt, dem Kläger 143.379,09 Euro zu erstatten.

III. Die Beigeladene zu 1) trägt die Kosten des Verfahrens.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Leistungen der Beigeladenen zu 2) für die im Jahr 1936 geborene und am 20.03.2010 verstorbene Leistungsempfängerin.

Die Leistungsempfängerin S.-L. S. (im Folgenden Leistungsempfängerin) bewohnte bis zum 01.10.2007 eine Mietwohnung in A-Stadt und erhielt Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII von der Beigeladenen zu 1). Ab dem 02.10.2007 befand sie sich in einer stationäre Pflegeeinrichtung in B-Stadt. Die Beigeladene zu 1) gewährte weiterhin die erforderlichen Leistungen nach dem SGB XII. Nach einem Aufenthalt im Klinikum M-Stadt zog die Leistungsempfängerin am 23.09.2008 in ein Zimmer einer Wohnung im T-Weg 16 in Bad R. (Gebiet des Beigeladenen zu 3)), da sie aufgrund der notwendigen invasiven Beatmung nicht mehr in der zuvor bewohnten Pflegeeinrichtung versorgt werden konnte. Pflegerisch versorgt wurde sie ab diesem Zeitpunkt von der Beigeladenen zu 2). In der Wohnung wurden noch zwei weitere Personen von der Beigeladenen zu 2) versorgt.

Die Betreuerin der Leistungsempfängerin teilte am 25.09.2008 dem beklagten überörtlichen Sozialhilfeträger mit, dass die Leistungsempfängerin aufgrund ihres Gesundheitszustandes vom Klinikum in den T-Weg „verlegt“ wurde und dass die Versorgung dort über die Beigeladene zu 2) erfolge. Beigefügt war ein Antrag auf Pflegeleistungen gemäß SGB XI. Der Beklagte stellte mit Schreiben vom 26.09.2008 fest, dass eine eigene Zuständigkeit für die Unterbringungskosten in der Intensivpflegeeinrichtung H. nicht gegeben sei, da ein stationäres Angebot der außerklinischen Intensivpflege H. nicht bekannt sei. Es handele sich wohl um ein Angebot der ambulanten Hilfe zur Pflege. Daher sei der örtliche Sozialhilfeträger, wohl die Beigeladene zu 1), zuständig. Die Leistungsempfängerin wurde gebeten, den Antrag auf Sozialhilfe dorthin zu richten.

Ebenfalls am 26.09.2008 teilte der Beigeladene zu 3) der Leistungsempfängerin auf ihren Antrag vom 20.09.2008 hin mit, dass der Kläger örtlich und sachlich zuständig sei. Es wurde gebeten, den Antrag beim Kläger zu stellen. Ob auch eine Weiterleitung des Antrags erfolgte, ist heute nicht mehr ermittelbar. Der Beigeladene zu 3) hat evtl. angelegte Aktenteile vernichtet.

Am 01.10.2008 beantragte die Leistungsempfängerin beim Kläger Leistungen der Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Gesundheit und Grundsicherung im Alter. Vorgelegt wurde ein Mietvertrag zwischen G. H. und der Leistungsempfängerin, nach dem die Leistungsempfängerin ein Zimmer in der Wohnung in der T-Straße in Höhe von 300.-Euro pro Monat anmietete. In dem Mietvertrag war vereinbart, dass die Leistungsempfängerin durch das Mietverhältnis nicht verpflichtet sei, sich von der Beigeladenen zu 2) betreuen zu lassen, sondern freie Pflegedienstwahl sowie freie Wahl des Hausarztes und sonstiger Therapeuten habe.

Der Kläger lehnte mit Bescheid vom 20.10.2008 den Leistungsantrag gegenüber der Leistungsempfängerin ab. Da es sich um eine stationäre Einrichtung handele, sei nicht der Kläger, sondern der Beklagte zuständig für die Leistungserbringung. Sollte es sich um eine ambulant betreute Wohnform handeln, sei die Beigeladene zu 1) nach § 98 Abs. 5 SGB XII zuständig. Der Antrag der Leistungsempfängerin werde zuständigkeitshalber an den Beklagten weitergeleitet.

Hiergegen legte die Leistungsempfängerin am 21.10.2008 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 15.07.2009 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Es handle sich bei dem Angebot der Beigeladenen zu 2) zwar nicht um eine stationäre Einrichtung, jedoch sei gem. § 98 Abs. 5 SGB XII die Beigeladene zu 1) örtlich zuständig, da die Leistungsempfängerin vor Betreuung in einer stationären Einrichtung im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 1) ihren letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort gehabt habe. Ein Anspruch gegen den Kläger ergebe sich auch nicht aufgrund von § 43 SGB I, da der Kläger nicht der erstangegangene Träger gewesen sei. Auch § 14 SGB IX sei nicht anwendbar, da zwischen dem Beigeladenen zu 3) und dem Kläger kein Streit über die Zuständigkeit vorgelegen habe. Hiergegen erhob die Leistungsempfängerin am 30.09.2009 Klage und beantragte Widereinsetzung in den vorigen Stand, da der Widerspruchsbescheid nicht dem Prozessbevollmächtigten zugestellt worden sei. Die Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 31.01.2012 (S 52 SO 394/09) als unzulässig, da verfristet, abgewiesen.

Gegen den Bescheid vom 26.09.2008 des Beklagten legte die Leistungsempfängerin am 21.10.2008 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 08.10.2010 zurückgewiesen wurde. Die Leistungsbegrenzung zum 23.09.2008 sei rechtmäßig, da sich die Leistungsempfängerin nur bis zu diesem Tag in der stationären Einrichtung in B-Stadt aufgehalten habe. Die Ausführungen zur sachlichen und örtlichen Zuständigkeit für den folgenden Zeitraum seien lediglich Hinweise ohne Regelungscharakter, so dass ein Widerspruch hiergegen nicht statthaft sei. Im Übrigen handle es sich bei der Pflege durch die Beigeladene zu 2) um eine ambulante Maßnahme. Dieser Widerspruchsbescheid wurde bestandskräftig.

Am 24.10.2008 sandte der Beklagte dem Kläger die zugeleiteten Antragsunterlagen zurück mit der Bitte um eigene zuständige Bearbeitung.

Die Betreuerin der Leistungsempfängerin beantragte am 11.12.2008 beim Sozialgericht München (SG), den Kläger im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Leistungsempfängerin ab sofort Grundsicherungs- und Hilfeleistungen nach dem SGB XII zu erbringen. Das SG verpflichtete den Kläger mit Beschluss vom 02.01.2009 (S 46 SO 530/08 ER), der Leistungsempfängerin vom 01.12.2008 bis zum 28.02.2009 bzw. bis zu einem bestandskräftigen Abschluss eines Verwaltungsverfahrens oder einem rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens Grundsicherungs- und Hilfeleistungen nach dem SGB XII zu gewähren. Die Beschwerde hiergegen wurde vom Bayerischen Landessozialgericht (LSG) mit Beschluss vom 09.02.2009 (L 8 SO 10/09 B ER) zurückgewiesen. Der Kläger sei nach § 14 SGB IX als zweitangegangener Leistungsträger leistungspflichtig. Der Beigeladene zu 3) habe den Antrag der Betreuerin der Antragstellerin an den Kläger weitergeleitet.

Der Kläger zahlte daraufhin die begehrten Leistungen an die Leistungsempfängerin.

Am 06.04.2009 meldete der Kläger beim Beklagten und bei der Beigeladenen zu 1) einen Erstattungsanspruch an. Die Beigeladene zu 1) lehnte eine Kostenerstattung sowie eine Fallübernahme ab. Es handele sich um eine stationäre Betreuung. Auch der Beklagte lehnte eine Kostenerstattung ab. Im Folgenden wiederholte der Kläger seine Erstattungsforderungen gegen den Beklagten und der Beigeladenen zu 1).

Am 31.08.2009 wurde die Leistungsempfängerin in den Senioren-Wohnpark L-Stadt verlegt, wo sie am 20.03.2010 verstarb. Ab dem Umzug nach L-Stadt gewährte der Beklagte Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII.

Am 19.03.2010 hat der Kläger Klage zum SG gegen den Beklagten auf Erstattung der angefallenen Aufwendungen für den Zeitraum 01.10.2008 bis 31.08.2009 i. H. v. 152.546,71 € sowie von Nebenkosten i. H. v. 714 € erhoben.

Der Kläger sei zur Leistungserbringung nicht zuständig gewesen, daher werde Erstattung der gewährten Leistungen nach § 14 Abs. 4 SGB I, hilfsweise nach § 102 SGB X beantragt. Ein Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 SGB IX stehe dem Kläger bereits deshalb zu, da das LSG den Kläger zur Zahlung unter Anwendung von § 14 SGB IX verpflichtet habe. Die Leistungsempfängerin haben Leistungen in einer stationären Einrichtung erhalten. Der Einwand, dass eine Erstattung wegen fehlender Vereinbarungen nach § 75 SGB XII nicht möglich sei, greife nicht. Der Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 SGB IX verpflichte zur Erstattung nach den Regelungen für den zweitangegangenen Träger. Dem Kläger sei es jedoch nicht möglich, Vereinbarungen mit einem Einrichtungsträger abzuschließen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Es handele sich nicht um eine stationäre Einrichtung. Eine Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung werde nicht übernommen, ein unter einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand an persönlichen und sächlichen Mitteln die zur zweckgemäßen Versorgung der zu betreuenden Personen geeignet wäre, sei nicht gegeben. Es lägen ein Mietvertrag und ein separater Pflegevertrag vor. Der Kläger sei im einstweiligen Rechtsschutz nicht gem. § 14 SGB IX verpflichtet worden sei, sondern gem. § 43 Abs. 1 SGB I.

Mit Beschluss vom 03.07.2013 ist die Landeshauptstadt München (als Beigeladene zu 1) zum Verfahren beigeladen worden, mit Beschluss vom 09.07.2013 die Leistungserbringerin (als Beigeladene zu 2).

Die Beigeladene zu 1) ist der Meinung, dass ein Kostenerstattungsanspruch jedenfalls verjährt sei. Die Beigeladene zu 1) sei erstmals mit Schreiben vom 03.11.2008 auf die problematische Zuständigkeitsfrage aufmerksam gemacht worden. Der Erstattungsanspruch sei am 06.04.2009 vorsorglich und am 01.09.2009 angemeldet worden. Kostenerstattungsansprüche würden nach § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjähren, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Die Beigeladene zu 1) habe keine Entscheidung nach § 31 SGB X getroffen. Sofern Leistungen für das Jahr 2008 ausgereicht worden seien, seien diese mit Ablauf des 31.12.2012 verjährt. Bei im Jahr 2009 ausgereichten Leistungen sei dies mit Ablauf des 31.12.2013 der Fall gewesen. Die Verjährung sei nicht durch den Beiladungsbeschluss des SG vom 03.07.2013 gehemmt worden, da eine Beiladung im sozialgerichtlichen Verfahren nicht in den abschließend aufgeführten Tatbeständen des § 113 Abs. 2 SGB X in Verbindung mit § 204 BGB genannt werde. Eine Beiladung stelle weder eine Klage im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB noch eine Streitverkündung im Sinne des § 204 Nr. 6 BGB dar. Auch seien keine Verhandlungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) geführt worden. Hilfsweise werde mit der fehlenden Zuständigkeit des Beigeladenen argumentiert. Es handele sich um eine stationäre Einrichtung. Auch sei § 98 Abs. 5 SGB XII nicht anwendbar, da Hauptzielrichtung der Leistungen nicht die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sei.

Der Kläger erwidert hierauf, dass die Verjährung hier gehemmt worden sei, da zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) Verhandlungen geführt worden seien. Hierfür sei ein ernsthafter Meinungsaustausch über den Anspruch ausreichend. Im Übrigen würde die Berufung auf die Einrede der Verjährung gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen. Der für den 16.12.2013 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung sei auf Antrag der Beigeladenen zu 1) verlegt worden. Die Beigeladene zu 1) habe eine außergerichtliche Einigung in Aussicht gestellt. Diese sei jedoch in keiner Weise auf den Kläger zugekommen. Es sei rechtsmissbräuchlich, eine Einigung in Aussicht zu stellen, dadurch eine Verlegung der Terminierung eines Gerichtsverfahrens zu erreichen und dann eine Verjährungseinrede zu erheben.

Das SG hat mit Urteil vom 25.03.2014 den Beklagten verurteilt, dem Kläger die in der Zeit vom 01.10.2008 bis 31.08.2009 angefallenen Sozialhilfeaufwendungen zu erstatten. Die Klage sei zulässig und begründet. Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruches sei § 102 SGB X. Ein Fall des § 14 SGB IX liege nicht vor, da es sich nicht um Leistungen zur Teilhabe handele. Soweit in der Erstattungsforderung Leistungen der Hilfe bei Krankheit enthalten seien, handele es sich bei diesen nicht um medizinische Rehabilitationsleistungen, welche der Eingliederungshilfe zuzuordnen wären. Beide Hilfearten seien vielmehr klar voneinander abzugrenzen. Der Kläger habe der Leistungsempfängerin aufgrund des Beschlusses des SG vom 02.01.2009 vorläufig Sozialleistungen in Form von Leistungen der Hilfe zur Pflege, der Hilfe bei Krankheit und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erbracht. Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten ergebe sich aus § 97 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 SGB XII in Verbindung mit Art. 82 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BayAGSG die Leistungsempfängerin sei im streitigen Zeitraum in einer stationären Einrichtung untergebracht gewesen. Es handele sich um eine Einrichtung im Sinne des § 13 Abs. 2 SGB XII. Die Leistungsempfängerin sei von den Beschäftigten der Beigeladenen zu 2) umfassend betreut worden. Die Hilfeleistungen seien durch die Beigeladene zu 2) zentral organisiert worden. Daher sei die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung der Bewohner übernommen worden. Ungeachtet der formal-rechtlichen Trennung der Bereiche Vermietung und Pflege seien die erbrachten Leistungen faktisch als einheitliche Gesamtleistung anzusehen. Auch dass hier nur drei Personen betreut worden seien, spreche nicht gegen eine stationäre Einrichtung. Eine Untergrenze lasse sich hier nicht ziehen. Dass eine Leistungsvereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII nicht vorliege, dürfte dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, da sich die beteiligten Leistungsträger in Ungewissheit über die rechtliche Einordnung des Leistungserbringers befunden hätten und kein Zweifel an der sozialhilferechtlichen Geeignetheit und Notwendigkeit der erbrachten Leistungen bestanden habe.

Hiergegen hat der Beklagte am 06.06.2014 Berufung zum LSG eingelegt. Es sei nicht erkennbar, dass die Beigeladene zu 2) die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung ihrer Klienten übernehme. Auch sei ein Bestand an persönlichen und sächlichen Mitteln nicht gegeben. Der Mietvertrag und der Pflegevertrag seien nicht aneinander gekoppelt. Die Schlussfolgerung des SG, dass aufgrund der Zubereitung des Essens, der Erledigung der Einkäufe und der Begleitung bei Freizeitaktivitäten durch die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 2) eine Gesamtverantwortung für den Tagesablauf bestanden hätte, sei nicht richtig. Vielmehr sei dies aufgrund von freiwilligen Entscheidungen der Bewohner von diesem Dienst in Anspruch genommen worden. Entgegen der Auffassung des SG würde eine Kostenerstattungspflicht des Beklagten auch daran scheitern, dass die Leistungsempfängerin keinen Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege gegenüber dem Beklagten gehabt hätte. Denn eine solche hätte nur bestanden, wenn Verträge gemäß § 75 SGB XII vorgelegen hätten.

Der Senat hat mit Beschluss vom 07.12.2016 den Landkreis Berchtesgadener Land (als Beigeladenen zu 3) zum Verfahren beigeladen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und hilfsweise die Beigelade zu 1) zu verurteilen, Kosten in Höhe von 143.379,09 Euro zu erstatten.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und den Hilfsantrag des Klägers abzuweisen.

Zur Vervollständigung des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakten beider Instanzen, sowie der Verfahren S 46 SO 530/08 ER vor dem SG sowie L 8 SO 10/09 B ER vor dem LSG sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Klägers und des Beklagten verwiesen.

Gründe

A.

Die Berufung ist zulässig. Sie wurde frist- und formgerecht nach § 151 SGG eingelegt; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen oder Behörden maßgeblichen Grenzwert nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG in Höhe von 10.000.- €.

B.

Die Berufung ist auch begründet. Nicht der Beklagte, sondern die Beigeladene zu 1) ist dem Kläger zur Erstattung der gewährten Leistungen für die Leistungsempfängerin im Zeitraum 01.12.2008 bis 30.08.2009 verpflichtet. Die Beigeladene zu 1) kann auch gem. § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG als Leistungspflichtige verurteilt werden. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren am 14.03.2014 gestellt und in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren wiederholt. Ein Antrag auf Verurteilung eines Beigeladenen stellt keine Klageänderung i. S. d. § 99 SGG dar (Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl., § 99 Rn. 6 a).

I.

Statthafte Klageart ist die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG, da ein Verwaltungsakt zwischen den Leistungsträgern nicht zu ergehen hatte. Die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes besteht nur bei Vorliegen eines Subordinationsverhältnisses zwischen Leistungsträger und Bürger. Im Verhältnis zwischen Leistungsträgern ist der Erlass eines Verwaltungsaktes nicht zulässig (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl., Anhang § 54 RdNr. 4).

Das SG hat hier trotz eines bezifferten Klageantrags, gerichtet auf Erstattung von 152.546,71 Euro, ein Grundurteil nach § 130 Abs. 1 S. 1 SGG erlassen und den Beklagten verurteilt „dem Kläger die in der Zeit vom 01.10.2008 bis 31.08.2009 für die Leistungsempfängerin S.-L. S. angefallenen Sozialhilfeaufwendungen zu erstatten“. Da es sich bei der Klage auf Erstattung um eine reine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG handelt, erledigt ein Grundurteil den Rechtstreit nicht abschließend. Es handelt sich vielmehr nur um ein Zwischenurteil nach § 202 SGG i. V. m. § 304 Abs. 1 ZPO, mit dem über den Grund des Anspruchs vorab entschieden wurde, die Höhe des Anspruchs jedoch ausgeklammert wurde. Dabei bleibt der Rechtstreit grundsätzlich bei dem erkennenden Gericht, hier dem SG, bis zur Durchführung des Nachverfahrens über die Höhe der Leistung anhängig, auch wenn das Zwischenurteil wie ein Endurteil rechtsmittelfähig ist (BSG, Urteil vom 25.01.1994, 7 Rar 42/93 RdNr. 37; Keller a. a. O., § 130 RdNr. 4 e).

Da hier jedoch das Zwischenurteil des SG aufgehoben wird, kann im Berufungsverfahren die Beigeladene zu 1) entsprechend dem im Berufungsverfahren höhenmäßig modifizierten Klageantrag bzw. bei Wiederholung des erstinstanzlich gestellten Leistungsantrags durch Endurteil verurteilt werden, dem Kläger eine bezifferte Erstattungsforderung i. H. v. 143.379,09 Euro zu erstatten. Eines Nachverfahrens bedarf es nicht, da im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1) ein Zwischenurteil nicht ergangen ist.

II.

Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch ist § 105 SGB X.

1. Dieser Anspruch ist nicht nach § 14 Abs. 4 S. 3 SGB IX ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist für unzuständige Rehabilitationsträger, die eine Leistung nach Abs. 2 S. 1 und 2 dieser Vorschrift erbracht haben (Leistungserbringung aufgrund Zuständigkeit wegen unterlassener Weiterleitung), § 105 SGB X nicht anwendbar, es sei denn, die Rehabilitationsträger vereinbaren Abweichendes.

Unabhängig von der Frage, ob hier § 14 SGB IX anwendbar ist (was zweifelhaft sein könnte, da keine Leistungen zur Teilhabe beantragt worden waren), war der Kläger jedenfalls nicht erstangegangener Leistungsträger, da die Leistungsempfängerin zunächst am 20.09.2008 einen Leistungsantrag beim Beigeladenen zu 3) gestellt hat. Somit wäre nach § 14 Abs. 2 SGB IX dieser bei fehlender Weiterleitung leistungspflichtig gegenüber der Leistungsberechtigten geworden, nicht jedoch der Kläger. Im Übrigen spräche gegen eine Anwendung von § 14 Abs. 4 S. 3 SGB IX, dass der Kläger durch Senatsbeschluss vom 09.02.2009 (L8 SO 10/09 B ER) aufgrund § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX entsprechend dem Beschluss des SGvom 02.01.2009 (S 46 SO 530/08 ER) verpflichtet worden war, ab dem 01.12.2008 Leistungen für die Leistungsempfängerin zu erbringen. Daher ist auch nach dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben ein Ausschluss nach § 14 Abs. 4 S. 3 SGB IX anzunehmen, da der Kläger mit der Leistungserbringung seiner Pflicht aus dem Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz nachgekommen ist.

2. Nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGB X ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.

III.

Für die vom Kläger erbrachten streitbefangenen Leistungen war die Beigeladene zu 1) sachlich und örtlich zuständig.

1. Die Beigeladene zu 1) war als örtlicher Träger der Sozialhilfe gemäß § 97 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit Art. 80 Abs. 1 BayAGSG sachlich zuständig für die Leistungen, die durch die Beigeladene zu 2) erbracht wurden, die erbrachten Leistungen der Hilfe zur Gesundheit sowie die erbrachten Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Denn weder handelt es sich um stationäre Pflege (dazu unter a.) noch um besondere Betreuung in einer Wohngemeinschaft nach landesrechtlichen Sachvorschriften (dazu unter b.).

a. Die von der Leistungsempfängerin bezogenen Leistungen stellen keine Leistungen dar, die in einer stationären oder teilstationären Einrichtung im Sinne des § 13 Abs. 1 SGB XII gewährt wurden, dar, so dass eine sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit Art. 82 Abs. 1 Satz 2 BayAGSG, mithin nach Art. 81 Abs. 1 BayAGSG des Beklagten, nicht gegeben ist.

Bei der Wohngemeinschaft, in der der Leistungsempfängerinn Leistungen von der Beigeladenen zu 2) erbracht wurden, handelt es sich nicht um eine Einrichtung im Sinne von § 13 Abs. 1 SGB XII. Unter einer Einrichtung (unabhängig ob voll- oder teilstationär) ist ein unter einer besonderen organisatorischen Einheit zusammengefasster Bestand an Personal, Sachmitteln sowie Räumlichkeiten unter verantwortlicher Trägerschaft zu verstehen, der auf eine gewisse Dauer angelegt und für einen größeren, wechselnden Personenkreis bestimmt ist und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu dek-kenden Bedarf oder der Erziehung dient (st. Rspr. vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1994,5 C 17/91, Urteil des BSG vom 23.07.2015, B 8 SO 7/14 R m. w. N.). Eine verantwortliche Trägerschaft in diesem Sinne liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn der Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsempfängerinn übernimmt. Die Beigeladene zu 2) ist nach diesen Kriterien nicht als Leistungserbringerin in einer stationären Einrichtung anzusehen. Die von der Leistungsempfängerin bewohnte Wohnung stellt eine solche nicht dar.

Es besteht bereits keine organisatorische Einheit von Personal, Sachmitteln sowie Räumlichkeiten. Vielmehr hat die Leistungsempfängerin das Zimmer in der Wohnung mit einem Mietvertrag angemietet, dessen Vertragspartner nicht die Beigeladene zu 2) war, sondern ein Dritter. Auch wenn der Vermieter als Ehemann der Eigentümerin der Beigeladenen zu 2) familiär mit dieser verbunden war, so handelt es sich dennoch rechtlich gesehen um einen Dritten. Der Mietvertrag sah auch keine rechtliche oder tatsächliche Verknüpfung mit Pflegeleistungen oder einer sonstigen Leistungserbringung durch die Beigeladene zu 2) vor. Vielmehr war unter 5) des Mietvertrages vereinbart, dass die Leistungsempfängerin durch das Mietverhältnis nicht verpflichtet sei, sich von der Beigeladenen zu 2) betreuen zu lassen, sondern freie Wahl in Bezug auf den Pflegedienst, den Hausarzt, Physiotherapeuten sowie weitere ärztliche Leistungserbringer habe. Dass tatsächlich von den Bewohnern der Wohnung kein anderer Pflegedienst in Anspruch genommen wurde, ändert nichts daran, dass es sich bei der Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten aufgrund des Mietvertrags und den Pflegeleistungen aufgrund des Pflegevertrags um zwei unabhängige vertragliche Regelungen handelt und daher keine organisatorische Einheit diesbezüglich gegeben war. Eine rechtliche oder sonstige Verpflichtung zu einer Beauftragung der Beigeladenen zu 2) bestand nicht. Vielmehr hätte die Möglichkeit bestanden, Pflege- oder sonstige Dienstleistungen von anderen Dienstleistern erbringen zu lassen.

Es ist unerheblich, wenn von der Beigeladenen zu 2) in der mündlichen Verhandlung bzw. im Internetauftritt ausgeführt wird, dass „alles“ für die Bewohner getan werde. Die Intensität der geleisteten Überwachungs- und Betreuungspflichten ist kein geeignetes Kriterium zur Abgrenzung i. S. v. 13 SGB XII. Maßgeblich sind die rechtlichen Gestaltungen, sofern sie nicht im Ausnahmefall unwirksam sind (§§ 32 SGB I, 134 BGB). Dafür bestehen entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 1) keine Anhaltspunkte.

Der Pflegevertrag regelt verbindlich, welche Art von Leistungen erbracht wurde. Danach wurden Leistungen durch einen Pflegedienst i. S. v. § 75 Abs. 1 S. 2 SGB XII erbracht, somit ambulante Leistungen. Aus dem vorgelegten Pflegeplan ergibt sich ebenfalls kein Indiz für eine stationäre Leistungserbringung. Auch die Abrechnungen erfolgten unter Annahme ambulanter Leistungen nach Leistungskomponenten. Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII für eine stationäre Einrichtung bestanden nicht.

Auch wenn man bei einer 24- stündigen Pflege wie im vorliegenden Fall durchaus einen erheblichen Anteil an der Verantwortung für den Pflegebedürftigen innehat, so führt allein dies nicht zur Annahme einer stationären Einrichtung. Andernfalls müsste man auch bei Personen, die in der eigenen Wohnung von einem Pflegedienst rund um die Uhr gepflegt werden, einen solchen Schluss ziehen, was erkennbar unsinnig ist. Die Verantwortung des Pflegedienstes umfasste nur die pflegerischen Belange. Diese sind bei schwerstpflegebedürftigen Personen regelmäßig alle wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens (§ 14 SGB XI). Dies führt je nach Umfang der Pflegebedürftigkeit zu einer Verantwortung für die tägliche Lebensführung, jedoch nicht zu einer Gesamtverantwortung im Sinne des § 13 SGB XII. Z. B. fehlt es an einer Verantwortung für die sächliche Ausstattung mit Möbeln oder weiteren allgemein nutzbaren Pflegeutensilien. Auch bezieht sich die Verantwortung des Pflegedienstes nicht auf die anderweitig angemieteten Räumlichkeiten.

Maßgeblich ist neben der Gesamtverantwortung das Vorliegen einer organisatorischen Einheit wie oben dargestellt. Geht gerade daran fehlt es aber aufgrund der unterschiedlichen Verträge.

Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass der Internetauftritt der Beigeladenen zu 2) durchaus den Eindruck erweckt hat, dass es sich bei der Wohngemeinschaft und den Leistungen der Beigeladenen zu 2) um eine einheitliche Versorgung handelt („extra konzipierte Wohngemeinschaften“). Andererseits wird auf der Internetseite der Beigeladenen zu 2) auch darauf hingewiesen, dass die individuelle Lebensführung der einzelnen Patienten im Vordergrund steht, und die Angehörigen auf Wunsch an die Pflege herangeführt werden. Diese Ausführungen sprechen eher gegen die Übernahme einer Gesamtverantwortung für die Pflegebedürftigen. Jedenfalls sind maßgeblich für die Einstufung eines Pflegeangebotes als ambulant oder stationär die vertraglichen Regelungen und nicht etwaige Aussagen auf einer Internetseite.

Auch eine teilstationäre Leistung lag nicht vor. Eine solche ist dann gegeben, wenn Leistungen an einem Teil des Tages in einer Einrichtung erbracht werden. Hier hat die Leistungsempfängerin jedoch ihre Wohngemeinschaft nicht regelmäßig für einen Teil des Tages verlassen. Das BSG hat Zweifel, ob es eine teilstationäre Form des betreuten Wohnens überhaupt geben kann (BSG, Urteil vom 23.07.2015, B 8 SO 7/14 R, RdNr. 18 f.). Denn ein solches wäre nur denkbar, wenn sich die Hilfe in einer Einrichtung auf zeitlich klar abgrenzbare Abschnitte beschränken würde, was angesichts des Umstandes, dass eine Person an einem Ort auch dann wohnt, wenn sie sich zeitabschnittsweise an einem anderen Ort befindet, schwer vorstellbar erscheint.

Eine sachliche Zuständigkeit des Beklagten nach § 97 Abs. 2 SGB XII in Verbindung mit Art. 82 Abs. 1 Nummer 2 BayAGSG ist daher nicht gegeben.

b. Auch eine sachliche Zuständigkeit des beklagten überörtlichen Trägers der Sozialhilfe nach § 97 Abs. 2 SGB XII in Verbindung mit Art. 82 Abs. 2 BayAGSG ist nicht gegeben.

Nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG gilt § 97 Abs. 4 SGB XII entsprechend, wenn Eingliederungshilfe an behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinne des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird. Gemäß § 97 Abs. 4 SGB XII umfasst die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74 SGB XII. Der Gesetzgeber hat damit, wenn bestimmte Leistungen der Eingliederungshilfe in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht werden, eine umfassende Zuständigkeit für Leistungen nach dem SGB XII für den überörtlichen Träger der Sozialhilfe festgelegt.

Zwar war die Leistungsempfängerin unzweifelhaft behindert im Sinne von Art. 82 Abs. 2 BayAGSG. Auch lebte sie in einer Wohngemeinschaft im Sinne dieser Vorschrift. An die Leistungsempfängerin wurde jedoch keine Eingliederungshilfe im Sinne des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung i. S. v. Art. 82 Abs. 2 Bay AGSG erbracht. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 des SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 53 Abs. 3 SGB XII ist besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen.

Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege verfolgen im Ausgangspunkt unterschiedliche Zielrichtungen. Mit der Hilfe zur Pflege wird nicht vornehmlich auf die Besserung des gesundheitlichen Zustands, sondern vielmehr auf die Unterstützung bzw. Übernahme der erforderlichen gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des Alltags abgestellt. Der behinderte Mensch soll nicht an den Grunderfordernissen des täglichen Lebens scheitern. Demgegenüber hat die Eingliederungshilfe zum Ziel, auf eine Integration des behinderten Menschen in die Gesellschaft und auf eine entsprechende berufliche Rehabilitation hinzuwirken. (Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 61 SGB XII Rn. 16; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.07.2015, L 2 SO 1431/13).

Danach wurden der Leistungsempfängerin von der Beigeladenen zu 2) keine Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht. Zum einen wurden solche Leistungen weder beantragt, noch bewilligt oder erbracht. Beantragt waren nur Leistungen der Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Gesundheit sowie Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Selbst unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes spricht nichts für eine Auslegung des Antrags auf Leistungen der Teilhabe. Ein spezifischer Teilhabebedarf der Leistungsempfängerin war nicht erkennbar. Die Bewilligung umfasste ebenfalls nur die beantragten Leistungen. Auch aus dem Pflegevertrag und dem vorgelegten Pflegeplan ist erkennbar, dass keine Eingliederungshilfe erbracht wurde. So ist im Pflegeplan unter dem alleine an Eingliederungshilfe zu denkenden Punkt Nr. 9 „Sich beschäftigen“ als Leistung festgelegt, dass die Leistungsempfängerin über den Tagesablauf informiert und mit einbezogen wird und die Leistungsempfängerin animiert werden solle, mitzumachen. Unter „Fähigkeiten“ ist die Leistungsempfängerin beschrieben als Person, die gerne fernsiehst, Zeitungen liest, sich gerne mit dem Pflegepersonal unterhält sowie strickt. Leistungen mit der Zielsetzung einer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind damit nicht verbunden. Selbst wenn das Pflegepersonal ab und an mit der Leistungsempfängerin einen Ausflug unternommen haben sollte, führt dies nicht dazu, dass die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe angenommen werden könnte. Denn dies gehört zum normalen Leistungsspektrum im Rahmen der aktivierenden Pflege. Zielrichtung der gewährten Hilfe war die Unterstützung und Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens. Diese Pflege soll nach § 29 Abs. 4 SGB XI den Pflegebedürftigen aktivieren, um vorhandene Fähigkeiten zu erhalten und soweit möglich, verlorene Fähigkeiten zurückzugewinnen. Weiterhin sollen, um der Gefahr der Vereinsamung des Pflegebedürftigen entgegenzuwirken, bei der Leistungserbringung auch die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen nach Kommunikation berücksichtigt werden. Genau diese Pflegeziele wurden im Pflegeplan berücksichtig. Weitergehende Teilhabeleistungen der Eingliederungshilfe wurden nicht erbracht.

Es ist deshalb nicht relevant, ob für die Annahme von Art. 82 Abs. 2 BayAGSG ein bestimmter Umfang von Leistungen der Eingliederungshilfe vorherrschen muss (vgl. hierzu Urteil des LSG vom 21.02.2013, L 18 SO 85/10). Weiterhin ist hier nicht relevant, ob Art. 82 Abs. 2 BayAGSG neben der Gewährung von Eingliederungshilfe auch voraussetzt, dass die tatsächlich erbrachte Hilfe ihrer Art nach als Eingliederungshilfe zu qualifizieren wäre oder dass es sich um qualifizierte Eingliederungshilfe zum selbstbestimmten Wohnen handeln muss.

Es verbleibt daher bei der sachlichen Zuständigkeit des örtlichen Sozialhilfeträgers.

2. Die Beigeladene zu 1) ist auch örtlich für die der Erstattungsforderung zu Grunde liegende Leistungsgewährung zuständig gewesen gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII. Gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist grundsätzlich für die Sozialhilfe örtlich zuständig der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsempfängerin tatsächlich aufhalten. Der Gesetzgeber hat hiervon jedoch Ausnahmen gemacht, um Orte zu schützen, die besondere Leistungsangebote vorhalten, weshalb mit einer vermehrten Leistungszuständigkeit und daher eine höheren finanziellen Belastung zu rechnen ist. Dies ist gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII ein Ort, an dem eine stationäre Einrichtung besteht. Die gleiche Zielrichtung hat die Regelung in § 98 Abs. 5 SGB XII, wonach für Leistungen nach dem SGB XII an Personen, die Leistungen nach dem 6. bis 8. Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre.

Die Leistungsempfängerin lebte ab dem 23.09.2009 in einer ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII. Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten, der gesetzlich nicht näher definiert wird, orientiert sich nach der Gesetzesbegründung (BT-TRS. 15/1514) zur ursprünglichen Normfassung an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Daraus hatte das BSG geschlossen, dass es sich bezüglich der Art der erforderlichen Betreuung nicht um eine solche pflegerische Art handeln dürfe, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein müsse (als Form einer Eingliederungsleistung, vgl. BSG, Urteil vom 25.08.2011, B 8 SO 7/10 R, Rn. 15). Diese Meinung hat das BSG mit Urteil vom 30.06.2016, B 8 SO 6/15 R) modifiziert. Nun sieht es sämtliche Leistungen der ambulanten Betreuung nach dem 6. bis 8. Kapitel mit der Zielrichtung der Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich als gleichgestellt an. Auch die Gewährung von ambulanten Leistungen der Hilfe zur Pflege können demnach einen Leistungsfall des betreuten Wohnens im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII darstellen, da auch damit die Sicherung der Selbstbestimmung im eigenen Wohn- und Lebensbereich einhergeht. Das BSG sieht es als systematisch ausgeschlossen an, die Norm nur für Eingliederungshilfeleistungen des betreuten Wohnens anzuwenden.

Dieser Auffassung, die durch den Wortlaut der Vorschrift eindeutig gestützt wird, schließt sich der erkennende Senat an (vgl. auch Urteil des Senats vom 22.11.2016, L 8 SO 221/14). Damit handelt es sich vorliegend bei den Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII, die die Leistungsempfängerin ambulant als Betreuungsleistungen in einer Wohnmöglichkeit erhielt, um solche, die die Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs. 5 SGB XII zur Anwendung kommen lässt.

Die Leistungsempfängerin war vor Betreuung in der Wohngemeinschaft im T-Weg in einer stationären Einrichtung, zunächst in einer Pflegeeinrichtung im Landkreis M-Stadt (Kläger), im Anschluss daran in einem Krankenhaus untergebracht. Die Beigeladene zu 1) blieb für diese Aufenthalte in stationären Einrichtungen gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII örtlich zuständig. Ein gewöhnlicher Aufenthalt wurde durch die Aufenthalte in den Einrichtungen nach § 109 SGB XII nicht begründet. Daher war die Beigeladene zu 1) vor Eintritt in die ambulant betreute Wohnmöglichkeit zuletzt örtlich zuständiger Leistungsträger.

IV.

Die der Erstattungsforderung zugrunde liegende Leistungserbringung erfolgte rechtmäßig. Die Leistungsempfängerin hatte einen Anspruch auf die erbrachten Leistungen nach dem SGB XII. Auch war der Kläger aufgrund des Beschlusses des LSG im einstweiligen Rechtsschutzverfahren L 8 SO 10/09 B ER zur Leistungserbringung verpflichtet. Diese Verpflichtung war vom SG ausgesprochen „bis 28.02.2009 bzw. bis zu einem bestandskräftigen Abschluss eines Verwaltungsverfahrens oder einem rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens“. Diese beiden Endpunkte der Leistungsverpflichtung sind im Beschluss alternativ benannt. Der Beschluss kann daher nicht so ausgelegt werden, dass die Leistungserbringung längstens bis 28.02.2009 erfolgen sollte. Das Verwaltungsverfahren endete durch Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 15.07.2009. Der Kläger hat bis zu diesem Zeitpunkt Leistungen erbracht bzw. Leistungen nach § 264 SGB V bis zum 31.08.2009. Da der Prozessbevollmächtigte gegen den Widerspruchsbescheid vom 15.07.2009 am 30.09.2009 Klage erhoben hatte und Widereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wurde (S 52 SO 394/09), ist bis zum 31.08.2009 keine Bestandskraft eingetreten, so dass die Leistungsgewährung vollständig aufgrund des Beschlusses des LSG im Verfahren L 8 SO 10/09 B ER beruhte. Rechtskraft wurde vielmehr erlangt durch Gerichtsbescheid vom 31.01.2012. Im Übrigen hat sich die vorläufige Regelung auf die Verpflichtung zur Zuständigkeit an sich bezogen. Die Leistungserbringung selbst stand nicht unter dem Rechtsgrund der Vorläufigkeit sondern die Erstattung als unzuständiger Leistungsträger i. S. v. § 105 SGB X.

V.

Der Beigeladene zu 1) hat nicht selbst geleistet. Die Voraussetzungen des § 102 SGB X liegen nicht vor. Der Kläger hat nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften, etwa § 43 SGB I die Leistungen vorläufig erbracht, sondern aufgrund der Verpflichtung durch gerichtlichen Beschluss im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Damit sind die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach § 105 Abs. 1 SGB X erfüllt.

VI.

Der Anspruch auf Erstattung ist nicht gemäß § 113 SGB X verjährt.

Nach § 113 Abs. 1 S. 1 SGB X verjähren Erstattungsansprüche in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträger über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Diese Regelung ist problematisch bei Kostenerstattungsverfahren zwischen Trägern der Sozialhilfe, da ein erstattungspflichtiger Träger der Sozialhilfe regelmäßig in keiner Rechtsbeziehung zur Leistungsempfängerin Person steht, so dass es auch keine „Entscheidung über die Leistungspflicht“ geben kann (vgl. Gesetzentwurf zum Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 05.09.2003, BT-Drs. 15/1514). Der Senat sieht es als gerechtfertigt, in so einem Fall nicht davon auszugehen, dass eine Verjährungsfrist überhaupt nicht beginnen kann, sondern vielmehr auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Erstattung abzustellen, wie auch von der Beigeladenen zu 1) vertreten. Danach beginnt die Verjährungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der Anspruch auf Erstattung entsteht im Zeitpunkt der Leistungserbringung, somit im Jahr 2009 im Anschluss an den Beschluss des SG vom 02.01.2009. Die Verjährungsfrist begann somit am 01.01.2010 und endete mit Ablauf des Jahres 2013 am 31. Dezember.

Die Verjährung wurde jedoch gehemmt durch die Beiladung der Beigeladenen zu 1) mit Beschluss des SG vom 03.06.2013. Die Beiladung hemmt die Verjährung wie eine Streitverkündung nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB. Denn die Stellung nach einer Streitverkündung und einer Beiladung ist vergleichbar, beide führen dazu, dass man damit rechnen muss, nach Beendigung des Prozesses in Anspruch genommen zu werden. Um die Durchsetzung eines solchen Anspruches nicht an einer inzwischen eingetretenen Verjährung scheitern zu lassen, sieht § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB die Hemmung der Verjährung vor. Dass bei einer Beiladung anders als im Zivilprozess der Dritte durch das Gericht am Rechtsstreit beteiligt wird, ergibt sich aus dem Amtsprinzip des Sozialgerichtsverfahrens (BSG, Urteil vom 21. Februar 1990,12 RK 55/88; ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Juli 2009,1124 KR 157/09BER, Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Aufl., § 75 Rn. 17 a sowie § 94 Rn. 5). Die Hemmung der Verjährung bewirkt nach § 209 BGB, dass die Zeiten der Hemmung der Verjährung nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet werden. Somit war im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aufgrund der Hemmung der Verjährung durch die rechtzeitige Beiladung der Beigeladenen zu 1) durch das SG der Anspruch auf Erstattung gegen diesen nicht verjährt.

V.

Die Höhe des ursprünglich geltend gemachten Erstattungsanspruchs war bzgl. der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem vierten Kapitel des SGB XII um die Erstattungsleistungen des Bundes nach § 46 a SGB XII zu kürzen. Der Kläger hat auf entsprechenden Hinweis des Senats die Erstattungsforderung um die mit Bescheiden des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 25.07.2008 und 05.08.2009 gewährte Bundeserstattung gekürzt.

VI.

Insgesamt ist daher festzustellen, dass der Kläger einen Anspruch gegen die Beigeladene zu 1) auf Erstattung der im Zeitraum 01.12.2008 bis 31.08.2009 getätigten Leistungen in Form von Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Gesundheit sowie Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII hat. Ein Anspruch gegen den Beklagten besteht entgegen der Entscheidung des SG nicht. Das Urteil des SG war daher aufzuheben und die Beigeladene zu 1) zu einer Kostenerstattung von 143.379,09 Euro zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und 3 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2016 - L 8 SO 128/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2016 - L 8 SO 128/14

Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2016 - L 8 SO 128/14 zitiert 38 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung


(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 202


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 14 Leistender Rehabilitationsträger


(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen um

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 31 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemei

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 99


(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änd

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 209 Wirkung der Hemmung


Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 75 Allgemeine Grundsätze


(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernom

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 14 Begriff der Pflegebedürftigkeit


(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche

Zivilprozessordnung - ZPO | § 304 Zwischenurteil über den Grund


(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden. (2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt is

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 98 Örtliche Zuständigkeit


(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerha

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 102 Anspruch des vorläufig leistenden Leistungsträgers


(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig. (2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorle

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 55 Unterstützte Beschäftigung


(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 97 Sachliche Zuständigkeit


(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist. (2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht besti

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 130


(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet w

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 105 Anspruch des unzuständigen Leistungsträgers


(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleist

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 264 Übernahme der Krankenbehandlung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse kann für Arbeits- und Erwerbslose, die nicht gesetzlich gegen Krankheit versichert sind, für andere Hilfeempfänger sowie für die vom Bundesministerium für Gesundheit bezeichneten Personenkreise die Krankenbehandlung übernehmen, s

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 14 Beratung


Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 13 Leistungen für Einrichtungen, Vorrang anderer Leistungen


(1) Die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel können entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstat

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 43 Vorläufige Leistungen


(1) Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflicht

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 74 Bestattungskosten


Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 113 Verjährung


(1) Erstattungsansprüche verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Rü

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 9 Vorrangige Prüfung von Leistungen zur Teilhabe


(1) Werden bei einem Rehabilitationsträger Sozialleistungen wegen oder unter Berücksichtigung einer Behinderung oder einer drohenden Behinderung beantragt oder erbracht, prüft dieser unabhängig von der Entscheidung über diese Leistungen, ob Leistunge

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 32 Verbot nachteiliger Vereinbarungen


Privatrechtliche Vereinbarungen, die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von Vorschriften dieses Gesetzbuchs abweichen, sind nichtig.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 109 Ausschluss des gewöhnlichen Aufenthalts


Als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des Zwölften Kapitels und des Dreizehnten Kapitels, Zweiter Abschnitt, gelten nicht der Aufenthalt in einer Einrichtung im Sinne von § 98 Abs. 2 und der auf richterlich angeordneter Freiheitsentziehung beruhende A

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 29 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen wirksam und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht übersteigen. Leistungen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, können Pflegebedürftige nicht beanspruchen, dürfen die Pflegekassen nicht bewillige

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2016 - L 8 SO 128/14 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2016 - L 8 SO 128/14 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 22. Nov. 2016 - L 8 SO 221/14

bei uns veröffentlicht am 22.11.2016

Tenor I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. Juli 2014, S 51 SO 617/11, wird zurückgewiesen. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. III. Die Revision wird n

Bundessozialgericht Urteil, 30. Juni 2016 - B 8 SO 6/15 R

bei uns veröffentlicht am 30.06.2016

Tenor Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Dezember 2014 und des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. März 2013 aufgehoben und die Klage

Bundessozialgericht Urteil, 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R

bei uns veröffentlicht am 23.07.2015

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. März 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 08. Juli 2015 - L 2 SO 1431/13

bei uns veröffentlicht am 08.07.2015

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Februar 2013 sowie der Bescheid des Beklagten vom 3. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, a

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 10. März 2010 - L 8 SO 10/09 B

bei uns veröffentlicht am 10.03.2010

Tenor Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 4. März 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Gründe I. 1 Die Kl
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2016 - L 8 SO 128/14.

Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 03. Juli 2018 - 1 K 849/17.MZ

bei uns veröffentlicht am 03.07.2018

Tenor 1. Der Bescheid vom 23. Mai 2017 und der Widerspruchsbescheid vom 1. August 2017 des Beklagten werden aufgehoben. 2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 146,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 03. Juli 2018 - 1 K 1463/17.MZ

bei uns veröffentlicht am 03.07.2018

Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2017 wird aufgehoben. 2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 19.465,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten. 3. Im Übrig

Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 22. Feb. 2018 - 1 K 862/17.MZ

bei uns veröffentlicht am 22.02.2018

Tenor 1. Der Bescheid vom 28. Juni 2017 und der Widerspruchsbescheid vom 3. August 2017 des Beklagten werden aufgehoben. 2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 396,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins

Referenzen

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

(1) Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt. Er hat Leistungen nach Satz 1 zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.

(2) Für die Leistungen nach Absatz 1 gilt § 42 Abs. 2 und 3 entsprechend. Ein Erstattungsanspruch gegen den Empfänger steht nur dem zur Leistung verpflichteten Leistungsträger zu.

(3) (weggefallen)

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt. Er hat Leistungen nach Satz 1 zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.

(2) Für die Leistungen nach Absatz 1 gilt § 42 Abs. 2 und 3 entsprechend. Ein Erstattungsanspruch gegen den Empfänger steht nur dem zur Leistung verpflichteten Leistungsträger zu.

(3) (weggefallen)

(1) Erstattungsansprüche verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Rückerstattungsansprüche verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erstattung zu Unrecht erfolgt ist.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Erstattungsansprüche verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Rückerstattungsansprüche verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erstattung zu Unrecht erfolgt ist.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

(1) Die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel können entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstationäre oder stationäre Leistungen) erbracht werden. Vorrang haben ambulante Leistungen vor teilstationären und stationären Leistungen sowie teilstationäre vor stationären Leistungen. Der Vorrang der ambulanten Leistung gilt nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Entscheidung ist zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen. Dabei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen. Bei Unzumutbarkeit ist ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen.

(2) Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 sind alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen.

(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 4. März 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Klägerin und Beschwerdeführerin wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau, das ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein erstinstanzlich betriebenes Klageverfahren abgelehnt hat. In der Sache begehrt sie die Übernahme von Miet- und Energieschulden für vier Monate sowie die Kosten der Wohnungsberäumung.

2

Für die am ... 1978 geborene Klägerin ist mit Bestellungsurkunde vom 24. April 2006 des Amtsgerichts Bitterfeld die Berufsbetreuerin S. St. für die Aufgabenkreise Einwilligung in ärztliche Heilmaßnahmen, Vermögenssorge sowie Regelung von Behörden- und Gerichtsangelegenheiten - ohne Einwilligungsvorbehalt - bestimmt worden. Die Klägerin bezog bis zum 31. Oktober 2007 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie bewohnte ab dem 16. Januar 1997 eine 38,45 m² große Wohnung in B.-W., für die zuletzt eine Gesamtmiete von 242,44 €/Monat und ein Abschlag für die Stromversorgung i.H.v. 26,00 €/Monat zu entrichten waren. Die Klägerin trat am 15. Oktober 2007 eine Haftstrafe an, die bis zum 14. Oktober 2009 dauern sollte. Die Betreuerin der Klägerin kündigte daraufhin unter dem 20. November 2007 das Mietverhältnis zum 29. Februar 2008.

3

Am 15. November 2007 beantragte die Betreuerin der Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Mietkosten sowie der Energiekosten bis zur Kündigung der Wohnung. Des Weiteren machte sie auch Beräumungskosten geltend, welche sie bislang nicht beziffert hat. Zur Begründung gab sie an, die bis zur wirksamen Kündigung des Mietvertrags entstandenen Mietschulden stünden der späteren Wiederbeschaffung einer Wohnung entgegen. Es bestehe daher ein Anspruch auf Leistungen zur Überwindung von sozialen Schwierigkeiten nach § 67, 68 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII).

4

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14. Januar 2008 ab. Ein Anspruch auf Hilfen zum Erhalt der Wohnung gemäß § 68 SGB XII bestehe, wenn dies wirtschaftlich sinnvoll und vertretbar sei. Dies sei bei einer Haftdauer von bis zu sechs Monaten anzunehmen. Hier lägen keine Hinweise auf eine Verkürzung der auf zwei Jahre angesetzten Haftzeit vor. Mit der Kündigung sei die Notwendigkeit der Sicherung des Wohnraums entfallen. Die begehrte Übernahme von Energieschulden sei schon deshalb ausgeschlossen, da diese nicht zu den Unterkunftskosten gehörten.

5

Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Widerspruch ein. Die beantragte Hilfe richte sich auf die Überwindung einer sozialen Schwierigkeit infolge der rechtmäßigen Wohnungsauflösung. Sie könne aus eigenen Mitteln die Mietschulden nicht übernehmen. Die Wiedereingliederung nach der Haftentlassung wäre sehr erschwert.

6

Nachdem sich die Klägerin vom 27. Februar bis 15. April 2008 in stationärer Behandlung befunden hatte, wurde wegen Haftunfähigkeit der Vollzug der Freiheitsstrafe gemäß § 455 Abs. 4 Strafprozessordnung (StPO) bis zum 8. September 2008 unterbrochen (Schreiben der Staatsanwaltschaft D. –R. vom 10. März und 16. April 2008). Daraufhin wurde die Klägerin ab dem 17. April 2008 in eine Notunterkunft der Stadt B.-W. eingewiesen. Sie erhielt ab dem 25. April 2008 - nach einem vorangegangenen Zuständigkeitsstreit - Leistungen nach dem SGB II. Nach Mitteilung der Beklagten hat ein Feststellungsverfahren nach § 44a SGB II das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit ergeben.

7

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2008 als unbegründet zurück. Ziel von § 67 SGB XII sei die Überwindung sozialer Schwierigkeiten und nicht die Schuldentilgung. Der Einsatz von Sozialhilfe zur Schuldenvermeidung durch die Regulierung der Verbindlichkeiten widerspreche den Strukturprinzipien des Sozialhilferechts. Sozialhilfe werde nur für aktuelle Bedarfslagen erbracht. Die Beklagte habe bei Ihrer Entscheidung kein Ermessen gehabt, da der geltend gemachte Anspruch schon am Fehlen einer Rechtsgrundlage scheitere.

8

Dagegen hat die Klägerin am 24. Juli 2008 Klage vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben. Sie ist der Auffassung, Ansprüche nach § 67 SGB XII seien auch präventiv zu gewähren. Jeder Vermieter prüfe das Bestehen alter Mietschulden und verweigere dann einen Vertragsabschluss. Derzeit seien allerdings auch andere Gründe für die Nichtanmietung einer Wohnung mitursächlich; die Haftverschonung werde nur auf Zeit gewährt. Nach der Entlassung aus der Strafhaft werde aber die gleiche Situation vorliegen. Im weiteren Verlauf hat die Klägerin vorgetragen, sie habe die Mietschulden nicht verursacht, da sie die Wohnung wegen des Haftantritts habe kündigen müssen. Die Betreuerin habe auch nicht früher kündigen können, da dies der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedurft habe. Die Zinsansprüche aus den Mietschulden erhöhten sich ständig. Ziel der begehrten Schuldenübernahme sei die Vermeidung künftiger Obdachlosigkeit.

9

Unter dem 25. Juli 2008 hat die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Vorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt.

10

Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, die begehrte Schuldenregulierung verstoße gegen das Gegenwärtigkeitsprinzip. Nach der Haftentlassung werde - bei bestehender Hilfebedürftigkeit - ein Anspruch auf Beschaffung einer Wohnung nach dem SGB II oder dem SGB XII bestehen. Hier gehe es auch nicht um den Erhalt einer vorhandenen Wohnung. Es sei nicht glaubhaft, dass alle Vermieter den Abschluss eines Mietvertrags wegen alter Mietschulden verweigerten. Eine Schuldenübernahme nach § 34 SGB XII scheide aus, da diese nur zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit gewährt werden könne. Die Schulden seien teilweise selbst verursacht, da die Kündigung zu spät erfolgt sei.

11

Das Sozialgericht hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 4. März 2009 mangels Erfolgsaussicht abgelehnt und zunächst auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides verwiesen. Ferner hat es ausgeführt, die Klägerin gehöre grundsätzlich zum Personenkreis nach § 67 SGB XII. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass eine Übernahme der Miet- und Energieschulden notwendig oder auch nur geeignet sei, um die Schwierigkeiten zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Es sei schon ungewiss, wann die Klägerin wieder eine eigene Wohnung beziehen werde. Zwar könnten Leistungen nach den §§ 67, 68 SGB XII grundsätzlich präventiv erbracht werden. Dies gelte aber nur, wenn es zur Abwendung von Schwierigkeiten im Vorfeld notwendig sei; etwa wenn die Maßnahmen der Erhaltung der Wohnung dienten. Die Klägerin habe aber keine zu erhaltende Wohnung und es sei auch nicht ersichtlich, dass sie sich derzeit um die Beschaffung einer neuen Wohnung bemühe. Sollten nach der endgültigen Haftentlassung Schwierigkeiten bei der Beschaffung einer neuen Wohnung auftreten, wäre dem zeitnah durch Übernahme der Energie- und Mietschulden zu begegnen. Allerdings seien mietschuldenbedingte besondere soziale Schwierigkeiten beim Bezug von Leistungen nach dem SGB XII oder dem SGB II nicht zu erwarten, wenn die Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung der Unterkunft und Heizung gegen den Leistungsträger an den Vermieter abgetreten würden.

12

Gegen den ihr am 11. März 2009 zugegangenen Beschluss hat die Klägerin am 14. April 2009, dem Tag nach Ostermontag, Beschwerde beim Sozialgericht Dessau-Roßlau eingelegt. Sie macht ergänzend zum bisherigen Vorbringen geltend, alle Vermieter forderten heute Auskünfte über die Bonität und das Vorliegen von Mietschulden. Üblicherweise erhielten Interessierte keine neue Wohnung, wenn Miet- oder Energieschulden aus der Vergangenheit bestünden. Im Übrigen widerriefen Leistungsbezieher häufig nach kurzer Zeit die Abtretungserklärungen, was den Vermietern bekannt sei. Das Sozialgericht sei nicht sachverständig für die These, dass Mieter jedenfalls dann eine Wohnung erhielten, wenn sie die Leistungen dafür abträten. Insoweit müsse Beweis durch Zeugenvernehmung von verschiedenen Geschäftsführern/Vorständen von Wohnungsbaugenossenschaften sowie durch Einholung eines marktanalytischen Sachverständigengutachtens erhoben werden.

13

Die Klägerin beantragt,

14

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 4. März 2009 aufzuheben, ihr für die Durchführung des Klageverfahrens S 10 SO 37/08 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung zu bewilligen und Rechtsanwalt B. aus B. zur Vertretung im Verfahren beizuordnen.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Beschwerde zurückzuweisen.

17

Sie führt aus, in der Vergangenheit vielfach Leistungsberechtigten trotz Mietschulden zum Abschluss eines neuen Mietvertrags verholfen zu haben. Besonders kommunale Wohnungsgesellschaften seien bereit, in diesen Fällen nach einer Lösung zu suchen. Günstig wirkten sich direkte Mietzahlungen durch den Leistungsträger an den Vermieter aus. Es widerspreche den Strukturprinzipien des Sozialhilferechts, Sozialhilfe ohne gegenwärtigen sozialhilferechtlichen Hintergrund zum Zwecke der Schuldenregulierung zu gewähren. Außerdem existierten zwei gemeinnützige Organisationen in B., welche die Klägerin bei der Wiederherstellung der Mietfähigkeit unterstützen könnten.

18

Daraufhin hat die Klägerin erwidert, maßgeblich seien nicht Betrachtungen in der Vergangenheit. Vielmehr müssten die Geschäftsführer der Wohnungsunternehmen zu ihrer aktuellen Geschäftspolitik angehört werden. Die genannten gemeinnützigen Organisationen hätten nicht die Aufgabe, Personen mit Mietschulden finanzierbare Wohnungsmöglichkeiten zu suchen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des bisherigen Gerichtsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen hat und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist, verwiesen.

II.

1.a.

20

Die Beschwerde der Klägerin ist form- und fristgerecht erhoben gemäß § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Insbesondere ist die Monatsfrist gewahrt. Der angefochtene Beschluss ist der Klägerin am 11. März 2009 zugegangen. Fristablauf wäre gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG der 11. April 2009 gewesen. Da dies jedoch ein Samstag war, endete die Beschwerdefrist gemäß § 64 Abs. 3 SGG am 14. April 2009, dem Tag nach Ostermontag.

b.

21

Die Beschwerde ist auch statthaft. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Beschwerde gegen die Ablehnung von Anträgen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe richtet sich nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO); die Regelungen sind durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom 1. April 2008 durch Einfügung von § 172 Abs. 3 Ziffer 2 SGG modifiziert worden. Seitdem ist die Beschwerde bei einem Wert des Beschwerdegegenstandes über 750,00 € nur noch zulässig, wenn Prozesskostenhilfe (auch) wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt worden ist. Dies folgt aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz ZPO. Das Gleiche gilt, wenn wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG im Streit sind. Die Beschwerde ist hingegen ausgeschlossen, wenn das Gericht in diesen Fällen ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint (vgl. zur zutreffenden Begründung ausführlich den Beschluss des 5 Senats vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS und L 5 B 304/08 AS).

22

Hier ist der Antrag auf Prozesskostenhilfe wegen des Fehlens der hinreichenden Aussicht der Klage auf Erfolg abgelehnt worden. Der Beschwerdewert beträgt auch mehr als 750,00 €. Nach der Berechnung der Beklagten handelt es sich bei der geforderten Schuldenübernahme für Mietschulden sowie der Stromabschlagszahlungen in der Zeit von November 2007 bis Februar 2008 um einen Betrag von 1.073,76 €. Der Senat kann daher offen lassen, welcher wirtschaftliche Wert den - bislang nicht bezifferten - Räumungskosten zukommt.

2.

23

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, da das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg der Klage abgelehnt hat.

24

Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist.

25

Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990 - 1 BvR 94/88 -, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht , Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 R -, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).

26

Hier hat die Verfolgung des Klageverfahrens nach der im Beschwerdeverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im oben genannten Sinne. Nach Auffassung des Senats steht der Klägerin unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt die begehrte Übernahme der zwischen November 2007 und Februar 2008 angefallenen Miet- und Energiekosten sowie die Kosten der Beräumung der bis zum Haftantritt bewohnten Wohnung zu.

a.

27

Ein Anspruch auf Übernahme der Miet- und Energieschulden ergibt sich nicht aus § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Danach umfasst der notwendige Lebensunterhalt u.a. die Unterkunft.

28

Die Klägerin befand sich jedoch ab dem 15. Oktober 2007 in Haft beziehungsweise ab dem 27. Februar 2008 in stationärer Krankenhausbehandlung. In diesem Zeitraum war ihr tatsächlicher Unterkunftsbedarf gedeckt, da sie eine Unterkunft hatte. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine zusätzliche Unterkunft ergibt sich aus § 27 Abs. 1 SGB XII nicht (vgl. zu § 12 Abs. 1 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz: Verwaltungsgericht Frankfurt, Urteil vom 20.1.2003, 7 E 6044/00 m.w.H. zur Rechtsprechung, juris). Im Übrigen ist Voraussetzung für eine Leistungsgewährung nach den §§ 27, 29 SGB XII die tatsächliche Nutzung einer Unterkunft. Zwar sind zeitlich überschaubare Abwesenheitszeiten wie Urlaub oder Krankenhausaufenthalte unschädlich. Ist aber - wie hier - der Unterkunftsbedarf nicht nur kurzfristig anderweitig gedeckt, etwa durch die Verbüßung einer Freiheitsstrafe oder längerfristige stationäre Unterbringung, besteht kein Anspruch auf Leistungen nach § 29 SGB XII (vgl. Berlit in: LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2007, § 29 RN 16).

b.

29

Ein Anspruch auf Übernahme der Miet- und Energieschulden kann auch nicht aus § 34 Abs. 1 SGB XII abgeleitet werden. Danach können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.

30

Es geht hier nicht um die Sicherung der Wohnung für eine nicht nur vorübergehende Zeit. Der Anwendungsbereich der Norm ist nicht eröffnet. Die Klägerin hat im streitigen Zeitraum die Wohnung nicht als Unterkunft genutzt; das Mietverhältnis war gekündigt. Sinn der Mietschuldenübernahme ist nicht die Befreiung des Hilfesuchenden von Forderungen Dritter (Landessozialgericht für das Land Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 30.6.2005, L 20 B 2/05 SO ER, juris).

c.

31

Die geltend gemachte Kostenübernahme der Miet- und Energieschulden sowie der Beräumungskosten ergibt sich auch nicht aus einem Anspruch auf Hilfe zur Überwindung sozialer Schwierigkeiten gemäß §§ 67, 68 SGB XII. Danach sind Leistungen zu erbringen für Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, wenn sie aus eigener Kraft nicht zu deren Überwindung fähig sind. Die Leistungen umfassen alle Maßnahmen, die notwendig sind, um die Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere Beratung und persönliche Betreuung für die Leistungsberechtigten sowie Maßnahmen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung.

a.a.

32

Hier liegen - im Bezug auf die streitbefangenen Miet- und Energieschulden sowie Beräumungskosten - schon keine besonderen Lebensverhältnisse verbunden mit sozialen Schwierigkeiten i.S.v. § 67 Satz 1 SGB XII vor.

33

Aus dem in § 5 Abs. 1, § 18 SGB XII normierten Gegenwärtigkeitsprinzip ergibt sich, dass die Sozialhilfe (erst) dann einzusetzen hat, wenn es um die Abwendung einer gegenwärtigen Notlage geht. Die Bewilligung von Sozialhilfe ist grundsätzlich von einem aktuellen Hilfebedarf abhängig (vgl. BSG, Urteil vom 29. 9. 2009, B 8 SO 16/08 R, Rn.13). Erforderlich ist also für den geltend gemachten Hilfeanspruch, dass soziale Schwierigkeiten schon vorliegen oder aber deren Eintritt unmittelbar droht. Dem entsprechend setzt ein Leistungsanspruch nach § 67 SGB XII einen Hilfebedarf zum Zeitpunkt der Antragstellung voraus. Aktuell muss sich aus dem Zusammenwirken von sozialer Lage und individueller Schwierigkeit ein konkreter Hilfebedarf ergeben (vgl. Roscher in: LPK-SGB XII, a.a.O., RN 7).

34

Für den streitgegenständlichen Zeitraum seit November 2007 kann ein derartiger Hilfebedarf nicht festgestellt werden. Die Klägerin befand sich zunächst in Haft; für ihre Unterkunft war gesorgt. Während der Haftunterbrechung ist sie in einer Notunterkunft untergebracht. Nach deren Ende wird sie die Haftstrafe fortsetzen.

35

Soziale Schwierigkeiten aufgrund besonderer Lebensverhältnisse sind für diesen Zeitraum nicht erkennbar. Nach § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besondere sozialer Schwierigkeiten i.d.F. vom 27. 12. 2003 (BGBl. I, S. 179) (im Folgenden: Verordnung) bestehen besondere Lebensverhältnisse u.a. bei Fehlen oder Nichtausreichen der Wohnung oder bei Entlassung aus einer geschlossenen Einrichtung.

36

Der Senat kann offen lassen, ob die Haftunterbrechung mit vorläufiger Unterbringung in einer Notunterkunft einer Wohnungslosigkeit bzw. Entlassung aus einer geschlossenen Einrichtung i.S.d. Verordnung gleichsteht. Jedenfalls begründen diese Umstände erst dann eine Situation, in der eine Leistungsgewährung nach § 67 SGB XII möglich ist, wenn die Klägerin sich um die Anmietung einer Wohnung bemüht, ihr dies jedoch aus eigener Kraft wegen der bestehenden Schulden nicht möglich ist. Auch für die Zeit ab April 2008 ist eine soziale Schwierigkeit, welche mit der begehrten Schuldenübernahme beseitigt werden müsste, nicht dargelegt worden. Der Umstand, dass die Klägerin bei dem ehemaligen Vermieter verschuldet ist, hat keine Auswirkungen auf ihre derzeitige Lebens- und finanzielle Situation. Soweit sie in der Klageschrift angedeutet hat, sie habe aktuell keine Möglichkeit einer Wohnungsanmietung, folgt daraus für den Senat kein abweichendes Ergebnis. Denn sie selbst hat eingeräumt, die derzeitige vorübergehende Haftverschonung auf Zeit hinderte sie an einer Wohnungssuche. Sie hat nicht einmal behauptet, bei einer Wohnungssuche aufgrund ihrer Schulden erfolglos gewesen zu sein. Deshalb sind die bestehenden Verbindlichkeiten nicht ursächlich für die unterbliebene Anmietung einer Wohnung für die Zeit der Haftunterbrechung. Die begehrte Schuldenübernahme ist demnach kein Mittel zur Beseitigung eines aktuellen Hilfebedarfs.

37

Soweit die Klägerin die Schuldenübernahme im Hinblick auf ihre zeitlich noch nicht bestimmbare Entlassung aus der Haft begehrt, kann ein Hilfebedarf erst ab dem Zeitpunkt der Haftentlassung bei Fehlen einer Wohnung - auch aus ihrer Sicht - zu sozialhilferechtlich relevanten besonderen Lebensverhältnissen führen.

38

Zwar kann nach der Rechtsprechung ausnahmsweise eine Hilfe nach § 67 SGB XII nicht nur nachgehend, sondern auch präventiv gewährt werden, wenn sie schon während der Haftzeit erforderlich wird. Dies betrifft jedoch Fälle einer kurzfristigen Haftstrafe, wenn die Übernahme der Miete zum Erhalt der bislang bewohnten Unterkunft erforderlich ist (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. 5. 2005, L 9 B 9/05 SO ER; Beschluss vom 30. 6. 2005, L 20 B 2/05 SO ER). Hier liegt der Fall jedoch anders, da die Klägerin ihre Wohnung fristgerecht gekündigt hat. Die Übernahme ihrer Schulden hätte keinen Einfluss auf das schon beendete Mietvertragsverhältnis. Ein Verlust der Wohnung aufgrund der unterbleibenden Mietzahlungen während der Haftzeit kann hier nicht eintreten.

39

Für die von der Klägerin geforderte präventive Übernahme von Mietschulden im Hinblick auf eine - derzeit noch nicht konkretisierte - drohende Obdachlosigkeit besteht hingegen kein Raum. Insoweit fehlt es an einer bereits gegenwärtigen bzw. unmittelbar drohenden sozialen Schwierigkeit. Deren Eintritt nach der Entlassung aus der Haft hängt von verschiedensten, derzeit nicht beurteilbaren Voraussetzungen ab (z.B. Umzug in eine andere Stadt, Wegfall der Hilfebedürftigkeit, Einzug in die Wohnung eines Dritten). Anders als bei innegehaltener Wohnung und kurzer Haftdauer ist demnach derzeit nicht feststellbar, ob eine besondere soziale Schwierigkeit unmittelbar droht, und ob die verlangten Hilfen zu deren Überwindung erforderlich sind.

b.b.

40

Darüber hinaus würde sich - eine unmittelbar drohende soziale Schwierigkeit unterstellt - aus den geltend gemachten Hilfeleistungen nach §§ 67, 68 SGB XII die Erforderlichkeit der begehrten Schuldenübernahme nicht ergeben.

41

Welche Hilfen im Einzelnen zur Überwindung der besonderen sozialen Schwierigkeiten erforderlich sind, regelt die o.g. Verordnung. Nach § 4 Abs. 1 der Verordnung sind als Maßnahmen zur Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung vorrangig die erforderliche Beratung und persönliche Unterstützung. Lediglich gemäß § 4 Abs. 2 der Verordnung kann die Hilfe auch sonstige Leistungen zur Erhaltung und Beschaffung der Wohnung nach dem 3. Kapitel des SGB XII, insbesondere nach § 34, umfassen, soweit es Maßnahmen nach Abs. 1 erfordern.

42

Der Senat kann hier offen lassen, ob es sich dabei um eine Rechtsgrund- oder -folgenverweisung handelt (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 17. 9. 2009, L 18 SO 111/09 B ER; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. 6. 2005, L 20 B 2/05 SO ER). Denn es ist nicht ersichtlich, dass Leistungen der Schuldenübernahme erforderlich wären.

43

Zur Unterstützung der Selbsthilfe gehört zunächst, auf Leistungen anderer Stellen, die im Sinne dieser Verordnung geeignet sind, hinzuwirken (§ 2 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung). Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist die Klägerin erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II. Für den Fall der Entlassung aus der Haft wird - bei Vorliegen von Hilfebedürftigkeit - ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestehen. In diesem Rahmen können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (§ 22 Abs. 5 SGB II). Sollte die Klägerin also ohne eine Schuldenübernahme keine Wohnung erhalten können, wäre wegen des Grundsatzes des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II vorrangig. Der Anspruch gegenüber der Beklagten erschöpfte sich deshalb auf Beratung und persönlicher Unterstützung bei der Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II.

3.

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.

45

Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung ist nicht anfechtbar.

(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

(1) Die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel können entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstationäre oder stationäre Leistungen) erbracht werden. Vorrang haben ambulante Leistungen vor teilstationären und stationären Leistungen sowie teilstationäre vor stationären Leistungen. Der Vorrang der ambulanten Leistung gilt nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Entscheidung ist zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen. Dabei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen. Bei Unzumutbarkeit ist ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen.

(2) Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 sind alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

(1) Die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel können entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstationäre oder stationäre Leistungen) erbracht werden. Vorrang haben ambulante Leistungen vor teilstationären und stationären Leistungen sowie teilstationäre vor stationären Leistungen. Der Vorrang der ambulanten Leistung gilt nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Entscheidung ist zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen. Dabei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen. Bei Unzumutbarkeit ist ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen.

(2) Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 sind alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. März 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 82 838,08 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 82 838,08 Euro für Leistungen der Eingliederungshilfe (Betreutes-Wohnen), die der Kläger in der Zeit vom 20.10.2006 bis 12.4.2010 für die Leistungsberechtigte T. R. (T.R.) erbracht hat.

2

Die 1983 geborene T.R. zog zum 20.10.2006 von ihrem bisherigen Wohnort S. nach K. um, weil sie in eine Wohngruppe einer sozialtherapeutischen Einrichtung für Frauen aufgenommen wurde; dort wohnte sie im streitbefangenen Zeitraum. Sowohl in S. als auch in K. erhielt sie Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Den Antrag der T.R. auf Übernahme der Kosten der Betreuung in der Wohngruppe (vom 2.10.2006) leitete der Beklagte an den Kläger weiter (Schreiben vom 6.10.2006), weil er sich für nicht zuständig erachtete. Der Kläger bewilligte T.R. Leistungen der Eingliederungshilfe (bestandskräftige Bescheide vom 16.10.2006, 10.5.2007, 2.4.2008, 28.5. sowie 18.11.2009) und machte erfolglos einen Erstattungsanspruch bei dem Beklagten geltend (Schreiben vom 16.10.2006; ablehnendes Schreiben des Beklagten vom 1.11.2006).

3

Die auf Kostenerstattung in Höhe von 82 838,08 Euro gerichtete Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 4.6.2013; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12.3.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, gleichgültig ob T.R. in K. in einer ambulanten Wohnform oder einer teilstationären Einrichtung gewohnt habe, sei der Beklagte der eigentlich zuständige Träger. Dessen örtliche Zuständigkeit ergebe sich bei Annahme einer teilstationären Einrichtung in analoger Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), weil T.R. vor Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S. gehabt habe; bei Annahme einer ambulanten Betreuung ergebe sich seine Zuständigkeit aus § 98 Abs 5 iVm Abs 1 SGB XII wegen des tatsächlichen Aufenthalts der T.R. in S. vor Eintritt in die ambulante Wohnform, sodass für davor zu erbringende Sozialleistungen der Beklagte zuständig gewesen wäre.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 98 Abs 2 und 5 SGB XII. Für Einrichtungen der teilstationären Betreuung bedürfe es keiner analogen Anwendung der genannten Vorschriften; vielmehr komme unmittelbar § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII zur Anwendung. Dies führe zu einer eigentlichen örtlichen Zuständigkeit des Klägers, weil sich T.R. in K. tatsächlich aufgehalten habe.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des SG und des LSG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

9

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler liegen nicht vor. Insbesondere bedurfte es keiner Beiladung der T.R. nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung), weil es sich bei dem vom Kläger als Rehabilitationsträger (§ 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - iVm §§ 1, 2 Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Schleswig-Holstein vom 17.12.2010 - Gesetz- und Verordnungsblatt 789, 813) mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachten Erstattungsanspruch des § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX nicht um einen von der Rechtsposition des Leistungsempfängers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch handelt, der nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen Kläger und Beklagtem betrifft(vgl zuletzt zusammenfassend die Senatsentscheidung vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - RdNr 10 mwN).

10

Nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX erstattet ein Rehabilitationsträger einem anderen dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften, wenn nach der Bewilligung der Leistungen durch einen Rehabilitationsträger nach Maßgabe von Abs 1 Satz 2 bis 4 festgestellt wird, dass der andere Rehabilitationsträger zuständig ist. Zuständig in diesem Sinne ist ein Träger, der ohne die Regelung des § 14 SGB IX zuständig wäre und von dem der Leistungsberechtigte die gewährte Leistung hätte beanspruchen können(vgl: BSGE 98, 277 ff RdNr 10 mwN = SozR 4-2500 § 40 Nr 4; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 12 RdNr 9 mwN).

11

Eine abschließende Entscheidung darüber, ob dem Kläger der geltend gemachte Erstattungsanspruch tatsächlich zusteht, war dem Senat nicht möglich; es fehlt an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht nur zum Inhalt der Maßnahme, sondern auch zur Rechtmäßigkeit der gegenüber T.R. erbrachten Leistungen und der Höhe der geltend gemachten Erstattungsforderung (vgl zu diesen Voraussetzungen nur BSGE 109, 56 ff RdNr 10 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1).

12

Lägen diese Voraussetzungen vor, wäre der Beklagte ohne die rechtzeitige Weiterleitung des Antrags der eigentlich zuständige Träger für die Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten als Leistung der Eingliederungshilfe (§§ 53, 54 Abs 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX); allerdings ist insoweit eine analoge Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen(dazu später).

13

Nach § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII ist für stationäre Leistungen der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatten. Für Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre (§ 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII).

14

Nach Maßgabe des vom LSG nicht festgestellten und deshalb vom Senat eigenständig prüfbaren Landesrechts wäre der Beklagte durch Heranziehung für stationäre Leistungen (nur) wahrnehmungszuständig (§ 97 Abs 1, 2 SGB XII iVm § 6 Abs 2 Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 16.12.2004 - GVBl 644 -, iVm § 2 Abs 1 Nr 1 Verordnung zur Durchführung des AGSGB XII); denn T.R. hatte vor Aufnahme in die Wohngruppe in S. ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -). Läge ein Fall des Ambulant-betreuten-Wohnens vor, wäre, weil T.R. in S. keine Leistungen nach dem SGB XII, sondern Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II erhalten hat, nach § 98 Abs 5 Satz 1 2. Alt SGB XII darauf abzustellen, welcher Träger der Sozialhilfe vor Eintritt in diese Wohnform für Sozialhilfeleistungen zuletzt zuständig gewesen wäre (vgl: BSG SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 16; Waldhorst-Kahnau in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 13 SGB XII RdNr 19). Dies wäre nach § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII ebenfalls der Beklagte, wenn T.R. anstelle der an sie erbrachten Leistungen nach dem SGB II Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten hätte, weil sich T.R. in S. tatsächlich aufhielt und dort auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Als örtlicher Träger wäre der Beklagte indes nicht nur wahrnehmungszuständig, sondern auch sachlich leistungszuständig (§ 97 Abs 1, 2 SGB XII iVm § 6 Abs 1 AGSGB XII).

15

Gäbe es eine teilstationäre Leistung des Betreuten-Wohnens und läge ein solcher Fall vor, fände § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII weder unmittelbar noch analog Anwendung. § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII regelt nämlich nur die örtliche Zuständigkeit für vollstationäre Leistungen in einer Einrichtung(so auch: Söhngen in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 98 SGB XII RdNr 31; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 98 SGB XII RdNr 30; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 98 RdNr 45, Stand März 2015). Der Begriff "stationäre Leistung" umfasst nicht, gleichsam als Oberbegriff, vollstationäre und teilstationäre Leistungen. Dies macht die ausdrückliche Differenzierung in § 13 Abs 1 Satz 1 SGB XII und § 75 Abs 1 Satz 1 SGB XII deutlich, wonach terminologisch zwischen teilstationären und stationären Leistungen unterschieden wird(vgl auch § 100 Abs 1 Nr 1 und 5 Bundessozialhilfegesetz).

16

Die Zuständigkeit des Beklagten für teilstationäre Maßnahmen kann mangels Regelungslücke auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII gestützt werden. Eine Analogie, die Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen Sachverhalt, der von der betreffenden Vorschrift nicht erfasst wird, ist nur geboten, wenn dieser Sachverhalt mit dem geregelten vergleichbar ist, nach dem Grundgedanken der Norm und dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert (BSG SozR 3-2500 § 38 Nr 2 S 12) und eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliegt (BVerfGE 82, 6, 11 ff mwN; BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSGE 89, 199, 202 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 21 S 95 f mwN). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

17

Angesichts der bereits im BSHG angelegten (vgl § 97 Abs 2) Unterscheidung (vgl dazu: BVerwGE 88, 86 ff = Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr 19; BVerwG Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr 12) und der Änderungen, die § 98 Abs 2 und 5 SGB XII seit seinem Inkrafttreten zum 1.1.2005 erfahren hat, ohne dass eine (neue) Regelung zu teilstationären Leistungen des Betreuten-Wohnens in das Gesetz aufgenommen worden ist, ist nicht von einer unbewussten Lücke auszugehen.

18

Ohnedies ist zweifelhaft, ob es eine teilstationäre Form des Betreuten-Wohnens überhaupt geben kann. Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist nämlich ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (BVerwGE 95, 149, 152; BVerwG, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2)und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dient (vgl § 13 Abs 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 15). Prägend für die "verantwortliche Trägerschaft" im Sinne des Einrichtungsbegriffs ist, dass der Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt (BVerwGE 95, 149, 150). Die Hilfeleistung in einer Einrichtung kann sich also schon per se nicht auf eine einzelne Verrichtung beschränken, sondern umfasst - schon durch die Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Räumlichkeiten des Trägers - die gesamte Betreuung des Leistungsberechtigten, solange sich dieser in der Einrichtung aufhält (BVerwGE 48, 228 ff = Buchholz 436.0 § 40 BSHG Nr 6).

19

Die Intensität der Betreuung ist für die Abgrenzung stationärer und teilstationärer Maßnahmen dabei ohne Belang und nur als Abgrenzungskriterium im Verhältnis zu ambulanten Leistungen des Betreuten-Wohnens heranzuziehen. Erhält ein Leistungsberechtigter auf dem Weg zu mehr Selbstständigkeit eine umfassende Betreuung beim Wohnen in einer Einrichtung auch dann, wenn nach dem Therapiekonzept bzw dem Hilfeplan aktive, direkte Hilfen entsprechend dem erreichten Grad an Selbstständigkeit des Leistungsberechtigten in den Hintergrund rücken und andere, stärker auf Abruf angelegten Hilfen in den Vordergrund treten (vgl BVerwGE 95, 149, 150), wird eine solche Hilfe wegen der Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Einrichtung gleichwohl in stationärer Form erbracht. In welcher Form eine Leistung tatsächlich erbracht wird, ist dabei allein abhängig von der Art der Hilfe und den konkreten Umständen der Leistungserbringung in jedem Einzelfall (so auch: Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 13 RdNr 17, Stand November 2014; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 98 SGB XII RdNr 33). Die Abgrenzung teilstationärer zu stationären Leistungen in Einrichtungen kann deshalb nur anhand zeitlicher Kriterien erfolgen. Wohnt ein Leistungsberechtigter hingegen ohne organisatorische Anbindung und ohne die beschriebene umfassende Betreuung, werden also nur zeitlich begrenzte Hilfen erbracht, liegt eine Leistungserbringung in ambulanter Form vor. Ein teilstationäres Betreutes-Wohnen wäre deshalb überhaupt nur denkbar, wenn sich die Hilfe in einer Einrichtung auf zeitlich klar abgrenzbare Abschnitte beschränken würde, was angesichts des Umstands, dass eine Person an einem Ort auch dann wohnt, wenn sie sich ggf kurzfristig oder zeitabschnittsweise an einem anderen Ort befindet, nur schwer vorstellbar erscheint.

20

Ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet, sei es, wie hier, als "teilstationäre Wohngemeinschaft/Wohngruppe für Menschen mit seelischer Behinderung", ist für die rechtliche Qualifikation der Leistung ebenso wenig von Belang wie die Bezeichnung der Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen.

21

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 Satz 1, § 40 Gerichtskostengesetz.

22

Das LSG wird ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Privatrechtliche Vereinbarungen, die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von Vorschriften dieses Gesetzbuchs abweichen, sind nichtig.

(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen;
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch;
3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;
4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen;
5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:
a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie
d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.

(1) Die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel können entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstationäre oder stationäre Leistungen) erbracht werden. Vorrang haben ambulante Leistungen vor teilstationären und stationären Leistungen sowie teilstationäre vor stationären Leistungen. Der Vorrang der ambulanten Leistung gilt nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Entscheidung ist zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen. Dabei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen. Bei Unzumutbarkeit ist ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen.

(2) Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 sind alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. März 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 82 838,08 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 82 838,08 Euro für Leistungen der Eingliederungshilfe (Betreutes-Wohnen), die der Kläger in der Zeit vom 20.10.2006 bis 12.4.2010 für die Leistungsberechtigte T. R. (T.R.) erbracht hat.

2

Die 1983 geborene T.R. zog zum 20.10.2006 von ihrem bisherigen Wohnort S. nach K. um, weil sie in eine Wohngruppe einer sozialtherapeutischen Einrichtung für Frauen aufgenommen wurde; dort wohnte sie im streitbefangenen Zeitraum. Sowohl in S. als auch in K. erhielt sie Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Den Antrag der T.R. auf Übernahme der Kosten der Betreuung in der Wohngruppe (vom 2.10.2006) leitete der Beklagte an den Kläger weiter (Schreiben vom 6.10.2006), weil er sich für nicht zuständig erachtete. Der Kläger bewilligte T.R. Leistungen der Eingliederungshilfe (bestandskräftige Bescheide vom 16.10.2006, 10.5.2007, 2.4.2008, 28.5. sowie 18.11.2009) und machte erfolglos einen Erstattungsanspruch bei dem Beklagten geltend (Schreiben vom 16.10.2006; ablehnendes Schreiben des Beklagten vom 1.11.2006).

3

Die auf Kostenerstattung in Höhe von 82 838,08 Euro gerichtete Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 4.6.2013; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12.3.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, gleichgültig ob T.R. in K. in einer ambulanten Wohnform oder einer teilstationären Einrichtung gewohnt habe, sei der Beklagte der eigentlich zuständige Träger. Dessen örtliche Zuständigkeit ergebe sich bei Annahme einer teilstationären Einrichtung in analoger Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), weil T.R. vor Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S. gehabt habe; bei Annahme einer ambulanten Betreuung ergebe sich seine Zuständigkeit aus § 98 Abs 5 iVm Abs 1 SGB XII wegen des tatsächlichen Aufenthalts der T.R. in S. vor Eintritt in die ambulante Wohnform, sodass für davor zu erbringende Sozialleistungen der Beklagte zuständig gewesen wäre.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 98 Abs 2 und 5 SGB XII. Für Einrichtungen der teilstationären Betreuung bedürfe es keiner analogen Anwendung der genannten Vorschriften; vielmehr komme unmittelbar § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII zur Anwendung. Dies führe zu einer eigentlichen örtlichen Zuständigkeit des Klägers, weil sich T.R. in K. tatsächlich aufgehalten habe.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des SG und des LSG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

9

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler liegen nicht vor. Insbesondere bedurfte es keiner Beiladung der T.R. nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung), weil es sich bei dem vom Kläger als Rehabilitationsträger (§ 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - iVm §§ 1, 2 Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Schleswig-Holstein vom 17.12.2010 - Gesetz- und Verordnungsblatt 789, 813) mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachten Erstattungsanspruch des § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX nicht um einen von der Rechtsposition des Leistungsempfängers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch handelt, der nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen Kläger und Beklagtem betrifft(vgl zuletzt zusammenfassend die Senatsentscheidung vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - RdNr 10 mwN).

10

Nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX erstattet ein Rehabilitationsträger einem anderen dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften, wenn nach der Bewilligung der Leistungen durch einen Rehabilitationsträger nach Maßgabe von Abs 1 Satz 2 bis 4 festgestellt wird, dass der andere Rehabilitationsträger zuständig ist. Zuständig in diesem Sinne ist ein Träger, der ohne die Regelung des § 14 SGB IX zuständig wäre und von dem der Leistungsberechtigte die gewährte Leistung hätte beanspruchen können(vgl: BSGE 98, 277 ff RdNr 10 mwN = SozR 4-2500 § 40 Nr 4; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 12 RdNr 9 mwN).

11

Eine abschließende Entscheidung darüber, ob dem Kläger der geltend gemachte Erstattungsanspruch tatsächlich zusteht, war dem Senat nicht möglich; es fehlt an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht nur zum Inhalt der Maßnahme, sondern auch zur Rechtmäßigkeit der gegenüber T.R. erbrachten Leistungen und der Höhe der geltend gemachten Erstattungsforderung (vgl zu diesen Voraussetzungen nur BSGE 109, 56 ff RdNr 10 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1).

12

Lägen diese Voraussetzungen vor, wäre der Beklagte ohne die rechtzeitige Weiterleitung des Antrags der eigentlich zuständige Träger für die Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten als Leistung der Eingliederungshilfe (§§ 53, 54 Abs 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX); allerdings ist insoweit eine analoge Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen(dazu später).

13

Nach § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII ist für stationäre Leistungen der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatten. Für Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre (§ 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII).

14

Nach Maßgabe des vom LSG nicht festgestellten und deshalb vom Senat eigenständig prüfbaren Landesrechts wäre der Beklagte durch Heranziehung für stationäre Leistungen (nur) wahrnehmungszuständig (§ 97 Abs 1, 2 SGB XII iVm § 6 Abs 2 Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 16.12.2004 - GVBl 644 -, iVm § 2 Abs 1 Nr 1 Verordnung zur Durchführung des AGSGB XII); denn T.R. hatte vor Aufnahme in die Wohngruppe in S. ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -). Läge ein Fall des Ambulant-betreuten-Wohnens vor, wäre, weil T.R. in S. keine Leistungen nach dem SGB XII, sondern Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II erhalten hat, nach § 98 Abs 5 Satz 1 2. Alt SGB XII darauf abzustellen, welcher Träger der Sozialhilfe vor Eintritt in diese Wohnform für Sozialhilfeleistungen zuletzt zuständig gewesen wäre (vgl: BSG SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 16; Waldhorst-Kahnau in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 13 SGB XII RdNr 19). Dies wäre nach § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII ebenfalls der Beklagte, wenn T.R. anstelle der an sie erbrachten Leistungen nach dem SGB II Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten hätte, weil sich T.R. in S. tatsächlich aufhielt und dort auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Als örtlicher Träger wäre der Beklagte indes nicht nur wahrnehmungszuständig, sondern auch sachlich leistungszuständig (§ 97 Abs 1, 2 SGB XII iVm § 6 Abs 1 AGSGB XII).

15

Gäbe es eine teilstationäre Leistung des Betreuten-Wohnens und läge ein solcher Fall vor, fände § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII weder unmittelbar noch analog Anwendung. § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII regelt nämlich nur die örtliche Zuständigkeit für vollstationäre Leistungen in einer Einrichtung(so auch: Söhngen in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 98 SGB XII RdNr 31; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 98 SGB XII RdNr 30; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 98 RdNr 45, Stand März 2015). Der Begriff "stationäre Leistung" umfasst nicht, gleichsam als Oberbegriff, vollstationäre und teilstationäre Leistungen. Dies macht die ausdrückliche Differenzierung in § 13 Abs 1 Satz 1 SGB XII und § 75 Abs 1 Satz 1 SGB XII deutlich, wonach terminologisch zwischen teilstationären und stationären Leistungen unterschieden wird(vgl auch § 100 Abs 1 Nr 1 und 5 Bundessozialhilfegesetz).

16

Die Zuständigkeit des Beklagten für teilstationäre Maßnahmen kann mangels Regelungslücke auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII gestützt werden. Eine Analogie, die Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen Sachverhalt, der von der betreffenden Vorschrift nicht erfasst wird, ist nur geboten, wenn dieser Sachverhalt mit dem geregelten vergleichbar ist, nach dem Grundgedanken der Norm und dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert (BSG SozR 3-2500 § 38 Nr 2 S 12) und eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliegt (BVerfGE 82, 6, 11 ff mwN; BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSGE 89, 199, 202 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 21 S 95 f mwN). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

17

Angesichts der bereits im BSHG angelegten (vgl § 97 Abs 2) Unterscheidung (vgl dazu: BVerwGE 88, 86 ff = Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr 19; BVerwG Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr 12) und der Änderungen, die § 98 Abs 2 und 5 SGB XII seit seinem Inkrafttreten zum 1.1.2005 erfahren hat, ohne dass eine (neue) Regelung zu teilstationären Leistungen des Betreuten-Wohnens in das Gesetz aufgenommen worden ist, ist nicht von einer unbewussten Lücke auszugehen.

18

Ohnedies ist zweifelhaft, ob es eine teilstationäre Form des Betreuten-Wohnens überhaupt geben kann. Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist nämlich ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (BVerwGE 95, 149, 152; BVerwG, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2)und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dient (vgl § 13 Abs 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr 1 RdNr 15). Prägend für die "verantwortliche Trägerschaft" im Sinne des Einrichtungsbegriffs ist, dass der Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt (BVerwGE 95, 149, 150). Die Hilfeleistung in einer Einrichtung kann sich also schon per se nicht auf eine einzelne Verrichtung beschränken, sondern umfasst - schon durch die Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Räumlichkeiten des Trägers - die gesamte Betreuung des Leistungsberechtigten, solange sich dieser in der Einrichtung aufhält (BVerwGE 48, 228 ff = Buchholz 436.0 § 40 BSHG Nr 6).

19

Die Intensität der Betreuung ist für die Abgrenzung stationärer und teilstationärer Maßnahmen dabei ohne Belang und nur als Abgrenzungskriterium im Verhältnis zu ambulanten Leistungen des Betreuten-Wohnens heranzuziehen. Erhält ein Leistungsberechtigter auf dem Weg zu mehr Selbstständigkeit eine umfassende Betreuung beim Wohnen in einer Einrichtung auch dann, wenn nach dem Therapiekonzept bzw dem Hilfeplan aktive, direkte Hilfen entsprechend dem erreichten Grad an Selbstständigkeit des Leistungsberechtigten in den Hintergrund rücken und andere, stärker auf Abruf angelegten Hilfen in den Vordergrund treten (vgl BVerwGE 95, 149, 150), wird eine solche Hilfe wegen der Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Einrichtung gleichwohl in stationärer Form erbracht. In welcher Form eine Leistung tatsächlich erbracht wird, ist dabei allein abhängig von der Art der Hilfe und den konkreten Umständen der Leistungserbringung in jedem Einzelfall (so auch: Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 13 RdNr 17, Stand November 2014; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl 2015, § 98 SGB XII RdNr 33). Die Abgrenzung teilstationärer zu stationären Leistungen in Einrichtungen kann deshalb nur anhand zeitlicher Kriterien erfolgen. Wohnt ein Leistungsberechtigter hingegen ohne organisatorische Anbindung und ohne die beschriebene umfassende Betreuung, werden also nur zeitlich begrenzte Hilfen erbracht, liegt eine Leistungserbringung in ambulanter Form vor. Ein teilstationäres Betreutes-Wohnen wäre deshalb überhaupt nur denkbar, wenn sich die Hilfe in einer Einrichtung auf zeitlich klar abgrenzbare Abschnitte beschränken würde, was angesichts des Umstands, dass eine Person an einem Ort auch dann wohnt, wenn sie sich ggf kurzfristig oder zeitabschnittsweise an einem anderen Ort befindet, nur schwer vorstellbar erscheint.

20

Ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet, sei es, wie hier, als "teilstationäre Wohngemeinschaft/Wohngruppe für Menschen mit seelischer Behinderung", ist für die rechtliche Qualifikation der Leistung ebenso wenig von Belang wie die Bezeichnung der Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen.

21

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 Satz 1, § 40 Gerichtskostengesetz.

22

Das LSG wird ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.

(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für

1.
(weggefallen)
2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66,
3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69,
4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
sachlich zuständig.

(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.

(5) (weggefallen)

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

(1) Werden bei einem Rehabilitationsträger Sozialleistungen wegen oder unter Berücksichtigung einer Behinderung oder einer drohenden Behinderung beantragt oder erbracht, prüft dieser unabhängig von der Entscheidung über diese Leistungen, ob Leistungen zur Teilhabe voraussichtlich zur Erreichung der Ziele nach den §§ 1 und 4 erfolgreich sein können. Er prüft auch, ob hierfür weitere Rehabilitationsträger im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur Koordinierung der Leistungen zu beteiligen sind. Werden Leistungen zur Teilhabe nach den Leistungsgesetzen nur auf Antrag erbracht, wirken die Rehabilitationsträger nach § 12 auf eine Antragstellung hin.

(2) Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen wären. Dies gilt während des Bezuges einer Rente entsprechend.

(3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, um durch Leistungen zur Teilhabe Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Die Aufgaben der Pflegekassen als Träger der sozialen Pflegeversicherung bei der Sicherung des Vorrangs von Rehabilitation vor Pflege nach den §§ 18a und 31 des Elften Buches bleiben unberührt.

(4) Absatz 1 gilt auch für die Jobcenter im Rahmen ihrer Zuständigkeit für Leistungen zur beruflichen Teilhabe nach § 6 Absatz 3 mit der Maßgabe, dass sie mögliche Rehabilitationsbedarfe erkennen und auf eine Antragstellung beim voraussichtlich zuständigen Rehabilitationsträger hinwirken sollen.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Februar 2013 sowie der Bescheid des Beklagten vom 3. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, ab dem 1. Januar 2012 die Kosten für weitere Leistungen der Hilfe zur Pflege in Höhe von monatlich 6.166,- EUR für eine Nachtwache von 19.00 Uhr abends bis 07.00 Uhr morgens während des Aufenthalts im „Haus P.“ zu tragen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten steht die Übernahme von Kosten für eine nächtliche 1:1-Betreuung der Klägerin im Pflegeheim im Streit.
Die Klägerin leidet unter multiplen psychiatrischen, neurologischen und internistischen Erkrankungen. Sie steht in erheblichem Umfang (u.a. bezüglich Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Heilbehandlung) unter rechtlicher Betreuung, sie ist pflegebedürftig (Pflegestufe III) und lebt in dem von der Beigeladenen betriebenen Altenpflegeheim „Haus P.“ in L.. Der Heimvertrag wurde zwischen der Klägerin und der Beigeladenen am 13. März 2009 geschlossen. Die Klägerin bezieht vom Beklagten laufend Hilfe zur Pflege nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) soweit die Heimkosten nicht durch das Pflegegeld nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI) und die Altersrente und weitere Einnahmen der Klägerin gedeckt sind.
Aufgrund der psychischen Erkrankung treten bei der Klägerin Verhaltensauffälligkeiten auf (u.a. unkontrolliertes Urinieren/Verkoten des eigenen Körpers und des ganzen Zimmers, fehlende Risikoeinschätzung im Bereich der Mobilität, unkontrolliertes Verschlucken mit Erstickungsgefahr), die nach Angaben der Beigeladenen bei grundsätzlich guter Lenkbarkeit der Klägerin tagsüber durch das Personal des Pflegeheims einigermaßen aufgefangen werden können, nachts jedoch nur durch eine 1:1-Betreuung mit dauernder Anwesenheit einer Pflegeperson im Zimmer der Klägerin vermieden bzw. kontrolliert werden können.
Im Hinblick darauf beantragte die Klägerin, vertreten durch ihren Betreuer, am 28. Mai 2011 beim Beklagten die Erweiterung der Hilfeleistung durch Finanzierung einer nächtlichen 1:1-Betreuung in der Zeit von 19.00 Uhr bis 07.00 Uhr, alternativ durch das Pflegeheim oder externes Pflegepersonal (i.H.v. über 6.000 EUR monatlich).
Zugleich erwirkte der Betreuer beim Amtsgericht T.als Betreuungsgericht die Erlaubnis, freiheitsentziehende Maßnahmen in Form eines Bettgurtes bzw. eines Stuhlgurtes tagsüber zu gestatten (Beschluss vom 9. Juni 2011 - Geschäftsnummer XVII 103/04). Die Klägerin wurde in der Folge jede Nacht mittels Bettgurt fixiert.
Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für eine nächtliche 1:1-Betreuung mit Bescheid vom 3. Juni 2011 mit der Begründung ab, Kosten für eine zusätzliche Betreuung seien bei der Hilfe zur Pflege nicht vorgesehen. Als Leistung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen könne die beantragte Leistung nicht erbracht werden, da es sich bei dem Pflegeheim nicht um eine Einrichtung der Eingliederungshilfe handele.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 zurückgewiesen wurde.
Im Rahmen mehrerer parallel durchgeführter Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes war die Beklagte jeweils verpflichtet worden, ab 1. Januar 2012 vorläufig die laufenden zusätzlichen Kosten für die nächtliche 1:1-Betreuung zu bezahlen (Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 15. Dezember 2011 – S 9 SO 5771/11 ER – und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg < LSG > vom 19. März 2012 – L 2 SO 72/12 ER-B –, Beschluss des SG vom 30. Juli 2012 – S 4 SO 3134/12 ER – und des LSG vom 26. September 2012 – L 7 SO 3498/12 ER-B –, zuletzt Beschluss des SG vom 4. Januar 2013 – S 4 SO 6098/12 ER und Beschluss des erkennenden Senats vom 18. Februar 2013 – L 2 SO 498/13 ER-B – mit Befristung bis 30. Juni 2013). Der Beklagte hat sich im Folgenden bereit erklärt auch über den 30. Juni 2013 hinaus bis zum Abschluss des Verfahrens die Kosten vorläufig weiter zu übernehmen. Die Kosten für die nächtliche 1:1-Betreuung der Klägerin wurden mit Ausnahme einer Unterbrechung im Januar/Februar 2013 übernommen, sie wurde durch zusätzlich eingestelltes Pflegepersonal erbracht (die entsprechenden Arbeitsverträge wurden von der Beigeladenen vorgelegt).
Am 16. Januar 2012 hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten daneben Klage vor dem Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben. Sie hat u.a. vorgetragen, sie sei auf die Unterbringung im Pflegeheim der Beigeladenen unter Gewährung der nächtlichen 1:1-Betreuung angewiesen, da ein Platz in einem anderen Pflegeheim nicht verfügbar sei. Außerdem sei ihr der Wechsel in ein anderes Pflegeheim nicht zumutbar.
10 
Der Klägerbevollmächtigte hat hierzu ein ärztliches Attest des Facharztes für Neurologie, Sucht- und Psychotherapie Dr. St. vom 30. Juli 2012 vorgelegt, in dem unter anderem ausgeführt wird, dass bei der Klägerin nach Auskunft des Zentrums für Psychiatrie E. (ZfP) eine chronische schizophrene Psychose bestehe und es daher immer wieder zu Verfolgungs- und Beeinträchtigungsideen, Fluchtimpulsen, massivem Kotschmieren in der gesamten Umgebung und anderen ungewöhnlichen unberechenbaren affektiven Reaktionen komme. Dieses Grundproblem werde überlagert durch ein hirnorganisches Psychosyndrom mit deliranten Episoden mit psychomotorischer Unruhe, Aggressionen und Zuständen der Verwirrtheit. Hier könne die Klägerin aufgrund einer Verletzungsgefahr, Sturzgefahr oder anderer Eigengefährdung nicht alleingelassen werden.
11 
Im Falle eines Umzuges in eine fremde Umgebung mit dann fehlenden Bezugs- und Vertrauenspersonen wäre eine erneute Dekompensation mit Delir, Unruhe oder psychotischem Erleben zu befürchten mit der Folge, dass dann erneut ein erhöhter Betreuungsaufwand oder Komplikationen bei der Sedierung auftreten könnten, wie dies bereits mehrfach geschehen sei.
12 
Es sei auch schon mehrfach versucht worden, die Klägerin unter stationären Bedingungen, insbesondere im ZfP – einem renommierten und erfahrenen Fachkrankenhaus für Gerontopsychiatrie – besser medikamentös einzustellen, was leider jedoch nicht gelungen sei. Es bleibe zwar die Option, dies in einer anderen Fachklinik zu versuchen, es bestehe aber auch in dem Zusammenhang die Gefahr einer erneuten Verschlechterung, wie dies schon öfters vorgekommen sein, so dass der mühselig erarbeitete Erfolg unter Dauerbetreuung in gewohnter Umgebung wieder verloren ginge.
13 
Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes L 2 SO 498/13 ER-B hat Dr. N., Klinik für Geronto- und Neuropsychiatrie, ZfP E., in einer ärztlichen Stellungnahme vom 18. Januar 2013 (Bl. 31 ff. LSG-Akte) unter „Aufnahmeanlass“ ausgeführt: „Unverändert bestehen seit Jahren schwere Verhaltensauffälligkeiten mit Kleptomanie, Bewegungs- und Beschäftigungsdrang, nächtliche Unruhe. Mehrere medikamentöse Therapieversuche im stationären sowie ambulanten Rahmen waren ohne positives Ergebnis.“ Im Weiteren verweist sie auch noch darauf, dass die aus den Verhaltensauffälligkeiten resultierende Eigen- und Fremdgefährdung im Haus P. in L., in dem die Klägerin bis zur Aufnahme gelebt habe, nur durch eine 1:1-Betreung habe abgewendet werden können. Diese werde jedoch ab dem 1. Januar 2013 nicht mehr finanziert. Die Klägerin sei auf diese Weise im Heimatpflegeheim nicht mehr führbar. Weiter teilt Dr. N. mit, dass es sich seit 2008 um den dritten Aufenthalt der Klägerin im ZfP handele und zur Aufnahme die oben genannten Verhaltensauffälligkeiten geführt hätten. Darüber hinaus ist der ärztlichen Stellungnahme von Dr. N. vom 18. Januar 2013 nicht zu entnehmen, dass es im Zusammenhang mit der Einweisung der Klägerin zum 31. Dezember 2012 ins ZfP zu einer Dekompensation der Klägerin gekommen ist.
14 
Das SG hat mit Beschluss vom 4. Januar 2013 die Inhaberin des Altenpflegeheimes „Haus P.“, W. R., beigeladen.
15 
Das SG hat des Weiteren noch den Heimvertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen vom 13. März 2009 (Bl. 89 ff. SG-Akte), den Rahmenvertrag für vollstationäre Pflege gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI für das Land Baden-Württemberg vom 12. Dezember 1996 (Bl. 100 ff. SG-Akte) sowie den Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI (vollstationäre Pflege) zwischen der Beigeladenen und den Krankenkassen vom 26. Juni 2002 (Bl. 124 ff. SG-Akte) beigezogen.
16 
Mit Urteil vom 26. Februar 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei ausgeführt, es könne dahinstehen, ob überhaupt eine Kostenübernahme für eine solche Nachtwache im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII vom Sozialhilfeträger verlangt werden könne. Es könne auch die Frage, ob eine Nachtwache bei der Klägerin medizinisch und pflegerisch geboten sei, oder ob andere Möglichkeiten der nächtlichen Sicherung bestünden, letztlich offenbleiben. Denn selbst wenn die Nachtwache erforderlich wäre, stünde einem entsprechenden Anspruch gegen den Beklagten entgegen, dass bei der Klägerin ein auf eine nächtliche Betreuung gerichteter Bedarf nicht offen sei. Ein solcher Bedarf werde vielmehr bereits durch die vom Beklagten gewährte Hilfe zur Pflege gedeckt. Die Klägerin habe gemäß § 61 SGB XII einen Anspruch auf Hilfe zur Pflege, der dabei die häusliche Pflege, Hilfsmittel, teilstationäre Pflege, Kurzzeitpflege und stationäre Pflege umfasse. Sie erhalte auch diese Leistungen der Hilfe zur Pflege gemäß den §§ 19 Abs. 3, 61 Abs. 1 SGB XII vom Beklagten. Ihr stehe auch ein Anspruch auf stationäre Heimunterbringung und die Bezahlung eines Barbetrags gemäß § 17 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu. Die in einer Einrichtung erbrachten Leistungen seien dem Sozialhilfeträger als Sachleistung in der Form der Sachleistungsverschaffung zuzurechnen. Entsprechende Leistungen würden der Klägerin von der Beigeladenen als Inhaberin einer Einrichtung im Sinne des § 71 SGB XI erbracht. Der Beklagte habe mit der Beigeladenen eine Vereinbarung im Sinne des § 72 SGB XI (Versorgungsvertrag) abgeschlossen. Der Beklagte sei daher gegenüber den Beigeladenen zur Übernahme der Vergütung verpflichtet. Im Gegenzug habe sich die Beigeladene mit dem Versorgungsvertrag gemäß § 72 SGB XI gegenüber der Klägerin verpflichtet, Leistungen zur Verfügung zu stellen, die aus besonderen medizinischen oder pflegerischen Gründen erforderlich seien. Im Versorgungsvertrag würden Art, Inhalt und Umfang der Pflegeleistungen festgelegt. Die von der Beigeladenen zu erbringenden Leistungen würden weiterhin im Rahmenvertrag für vollstationäre Pflege gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI für das Land Baden-Württemberg geregelt.
17 
Hieraus ergäbe sich, dass die begehrte Nachtwache von der Beigeladenen zu leisten sei. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Versorgungsvertrages nach § 72 SGB XI sei die Beigeladene verpflichtet, alle für die Versorgung Pflegebedürftiger erforderlichen Leistungen im Sinne des Rahmenvertrages nach § 75 SGB XI zu erbringen. Gemäß § 1 Abs. 1 des Rahmenvertrages zum Inhalt der Pflegeleistungen sei u.a. der besondere Pflege- und Betreuungsbedarf Pflegebedürftiger mit geistigen Behinderungen, psychischen Erkrankungen, demenzbedingten Fähigkeitsstörungen und anderen Leiden des Nervensystems zu beachten. Nach § 4 Abs. 3 Satz 3 des Rahmenvertrages habe die Beigeladene Beaufsichtigung und Anleitung insbesondere bei psychisch Kranken und geistig und seelisch Behinderten zu leisten. Hieraus folge, dass die Beigeladene der unter psychiatrischen, neurologischen und internistischen Einschränkungen leidenden Klägerin eine medizinisch und pflegerisch gebotene Nachtwache zu leisten habe.
18 
Eine entsprechende Verpflichtung der Beigeladenen bestehe auch im zivilrechtlichen Rechtsverhältnis zu der Klägerin. In § 6 des zwischen der Beigeladenen und der Klägerin vereinbarten Heimvertrages (in der vorgelegten Fassung vom 13. März 2009) habe sich die Beigeladene gegenüber der Klägerin verpflichtet, die im Einzelfall der Klägerin erforderlichen Hilfen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens mit dem Ziel einer selbstständigen Lebensführung anzubieten. Unter Abschnitt II des Heimvertrages werde schließlich das Pflege- und Betreuungskonzept der Beigeladenen beschrieben, das eine wertschätzende Beziehungspflege und Fachkompetenz über 24 Stunden am Tag beinhalte. Sofern bei der Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen eine nächtliche 1:1-Betreuung medizinisch und pflegerisch angezeigt sei, sei die Beigeladene vertraglich verpflichtet, eine entsprechende Leistung zu erbringen. Die Beigeladene könne sich ihrer vertraglichen Verpflichtungen nicht mit dem pauschalen Einwand entledigen, dass ihr mit der gegenwärtigen Personalausstattung die nächtliche Betreuung nicht möglich sei. Sie müsse vielmehr die zur Erbringung der geschuldeten Leistungen erforderlichen sächlichen und personellen Mittel bereithalten oder sich verschaffen. Eine weitergehende Leistungspflicht des Beklagten bestehe dagegen nicht.
19 
Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten am 11. März 2013 zugestellte Urteil am 28. März 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, zum ersten sei bereits festzustellen, dass die Klägerin in einer reinen Pflegeeinrichtung, die mit Mitteln der Pflegeversicherung grundpflegerische Bedarfe nach dem SGB XI zu decken beauftragt sei, nicht richtig untergebracht sei. Es gebe in ganz Baden-Württemberg keine geeigneten Einrichtungen der Eingliederungshilfe für psychisch kranke Personen, die aufgrund einer schwerwiegenden chronischen Psychose nicht in einer eigenen Wohnung wohnen könnten.
20 
Bei der streitgegenständlichen Leistung gehe es nicht um einen grundpflegerischen Bedarf (§ 14 Abs. 4 SGB XI) und daher auch keine Leistung der Hilfe zur Pflege. Die Klägerin bedürfe vielmehr einer Leistung zum Ausgleich der Folgen ihrer seelischen Erkrankung, eine Teilhabeleistung, die im Rahmen der Eingliederungshilfe zu erbringen sei. Das Pflegeheim habe allerdings keine Verträge über Leistungen der Eingliederungshilfe geschlossen. Es sei aus den einschlägigen Verträgen auch nicht zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe verpflichtet. Es bestehe lediglich ein Versorgungsvertrag für Pflegeleistungen, der über § 75 Abs. 5 SGB XII auch für Pflegeleistungen nach dem SGB XII anzuwenden sei. Dieser Vertrag umfasse aber nächtliche Assistenz oder andere Leistungen zur Teilhabe nicht. Selbst dann, wenn die Einrichtung eine Einrichtung der Eingliederungshilfe sei, habe das LSG Nordrhein-Westfalen am 20. Dezember 2012 (L 9 SO 607/10) jedoch entschieden, dass solche Leistungen nicht von den vertraglichen Verpflichtungen umfasst seien.
21 
In den vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sei dahingestellt geblieben, wie die Abgrenzung zwischen Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe vorzunehmen sei. Selbst dann jedoch, wenn man die streitgegenständliche Leistung als Hilfe zur Pflege verstehen wolle, obgleich sie nicht unter die Katalogverrichtungen des § 14 SGB XI, 61 Abs. 5 SGB XII subsummiert werden könne, ändere das nichts daran, dass nicht der Beigeladene, sondern der Beklagte zur Leistungserbringung verpflichtet sei. Denn § 75 Abs. 5 Satz 1 SGB XII regele, dass „andere Verrichtungen“ im Sinne von § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, die eben nicht unter die §§ 61 Abs. 5 SGB XII und 14 SGB XI fielen, auch nicht von den vertraglichen Verpflichtungen aus dem Versorgungsvertrag erfasst seien („... soweit nicht nach § 61 weitergehende Leistungen zu erbringen sind.“).
22 
Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege seien Leistungen, die ohne Weiteres nebeneinander erbracht werden könnten. Wie bereits ausgeführt, seien Einrichtungen, deren Konzeption darauf gerichtet wäre, den psychosebedingten Bedarf der Klägerin zu decken, in Baden-Württemberg nicht bekannt. Die Einrichtung, in der die Klägerin lebe, verfolge eine andere Konzeption, nämlich die eines typischen Pflegeheimes.
23 
Zusammenfassend sei festzustellen, dass die streitgegenständliche Leistung von den vertraglichen Verpflichtungen des Beigeladenen gegenüber der Klägerin nicht erfasst sei. Damit aber müsse sie zusätzlich zum Heimentgelt vergütet werden.
24 
Die Klägerin beantragt,
25 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Februar 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 1. Januar 2012 Leistungen der Eingliederungshilfe - hilfsweise ergänzende Leistungen der Hilfe zur Pflege - in Form der Kostenübernahme für nächtliche Assistenz von 19.00 Uhr abends bis 07.00 Uhr morgens in Höhe von monatlich 6.166 EUR zu gewähren.
26 
Der Beklagte beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Der Beklagte macht geltend, es werde nicht bestritten, dass neben Leistungen zur Deckung des grundpflegerischen Bedarfs auch Leistungen der Eingliederungshilfe bei der Klägerin in Betracht kommen könnten. Dies bedeute aber nicht automatisch, dass die hier streitgegenständliche Nachtwache eine Leistung der Eingliederungshilfe darstelle. Die im Einzelfall schwierige Zuordnung einer konkreten Maßnahme zu einer der genannten Hilfearten habe nämlich danach zu erfolgen, welchem Ziel die konkrete Hilfe diene. Nur dann, wenn vornehmlich oder ausschließlich die Förderung der Teilnahme des Behinderten am Leben in der Gemeinschaft im Vordergrund stehe, kämen Hilfen in Form der Eingliederungshilfe in Betracht. Diene die Maßnahme - wie hier - hingegen vornehmlich dem Zweck der Sicherung der Existenz durch regelmäßig wiederkehrende notwendige Hilfen, handele es sich um Leistungen in Form der Hilfe zur Pflege. Während die Eingliederungshilfe auf eine Minimierung der Auswirkungen der Behinderung gerichtet sei, habe die Hilfe zur Pflege mehr einen bewahrenden Charakter im Sinne von Hilfestellungen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens.
29 
Vorliegend solle mit der Nachtwache in erster Linie der Abbau und Verlust von weiteren Fähigkeiten sowie eigen- und fremdgefährdendes Verhalten der Klägerin verhindert werden. Die Maßnahme diene nicht der sozialen Integration der Klägerin. Seien wie hier die Ziele der Eingliederungshilfe nicht mehr erreichbar, würden Leistungen der Eingliederungshilfe von vornherein ausscheiden. Nach § 4 Abs. 3 Satz 3 des Rahmenvertrages nach § 75 SGB XI habe die Beigeladene die Beaufsichtigung und Anleitung insbesondere bei psychisch Kranken und geistig und seelisch Behinderten zu leisten. Hieraus folge, dass die Beigeladene der unter psychiatrischen, neurologischen und internistischen Einschränkungen leidenden Klägerin eine medizinisch und pflegerisch gebotene nächtliche Betreuung zu gewährleisten habe.
30 
Gegen die von der Klägerin im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgebrachten Argumente spreche bereits der Umstand, dass der Betreuungsbedarf der Klägerin in einem für die Pflege von schwerstpflegebedürftigen Bewohnern speziell ausgestatteten Heim ohne die nun beanspruchte Nachtwache gedeckt werden könne.
31 
Die Beigeladene trägt vor, sie schließe sich der Auffassung der Klägerin an und entgegen der Ansicht des SG sei die Beigeladene keineswegs verpflichtet, die zusätzlich von der Klägerin benötigten Leistungen für die Nachtbereitschaft zu erbringen. Entgegen dem SG sei die Beigeladene weder aufgrund des Rahmenvertrages noch aufgrund der Leistungsvereinbarung bzw. der Leistungs- und Qualitätsvereinbarung noch aufgrund des Heimvertrages mit der Klägerin verpflichtet, Eingliederungshilfeleistungen zu erbringen. Dass in vollstationären Pflegeeinrichtungen nicht sämtliche Bedarfe, unabhängig von ihrem Ursprung und ihrer sozialleistungsrechtlichen Zuordnung, zu decken seien, zeige sich beispielsweise auch über den Anspruch gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V auf Behandlungspflege für Versicherte in vollstationären Pflegeeinrichtungen, sofern ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege bestehe. Auch aus der Systematik des SGB XI und des SGB XII ergebe sich eindeutig, dass zwischen den gemäß § 82 SGB XI in vollstationären Pflegeeinrichtungen zu erbringenden Leistungen und gegebenenfalls zusätzlich zu erbringenden Leistungen der Eingliederungshilfe zu differenzieren sei, vgl. §§ 43, 43a SGB XI; § 55 SGB XII (im Umkehrschluss), §§ 53 f. und 61 f. SGB XII.
32 
Im Einzelnen ergebe sich aus dem Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI lediglich eine Nachtwachenbesetzung für die gesamte Bewohnerschaft. In der Einrichtung der Beigeladenen stünden Plätze für maximal 25 Bewohner zur Verfügung. Der Nachtwachenschlüssel belaufe sich aktuell auch auf 1:25. Mit dieser Nachtwachenbesetzung könne die für das gesamte Haus und die gesamte Bewohnerschaft sicherzustellende Nachtbereitschaft inklusive Rundgängen und Erfüllung der individuellen Pflegeplanung sichergestellt werden, nicht aber die ständige Präsenz bei der Klägerin.
33 
Auch aus dem Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI ergebe sich keine Verpflichtung zur Vorhaltung einer Nachtwache und einer 1:1-Betreuung für die Klägerin. Auch wenn es rechtlich möglich wäre, eine solche Betreuung im Vorsorgevertrag niederzulegen, sei dies nicht geschehen.
34 
Eine Fixierung der Klägerin scheide aus der fachlichen und rechtlichen Einschätzung der Beigeladenen aus. Eine Fixierung sei nur zum Wohl der Betroffenen zulässig. Das Amtsgericht Frankfurt habe unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wiederholt entschieden, dass eine Fixierung unter Kostengesichtspunkten unzulässig sei. Die Einrichtung würde sich strafbar machen, die Genehmigung einer Fixierung über den rechtlichen Betreuer zu veranlassen, die fachlich und rechtlich nicht geboten sei, wenn andere Möglichkeiten einer angemessenen Betreuung zu Gebote stünden. Dies sei vorliegend der Fall. Die Klägerin könne durch eine entsprechende nächtliche Assistenz in einer Weise begleitet werden, dass auf Fixierung verzichtet werden könne.
35 
Die Beigeladene legt in dem Zusammenhang noch eine Übersicht über schon in der Vergangenheit versuchsweise genützte Hilfsmittel und Maßnahmen zur Verminderung des Assistenzaufwandes bei der Klägerin vor, die allerdings allesamt scheiterten (Bl. 80/82 Senatsakte).
36 
Der Senat hat bei der Hochschule E., Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege Prof. Dr. Annette R. das Gutachten vom 10. April 2014 zur Frage des Pflegebedarfs bzw. Betreuungsbedarfs der Klägerin im „Haus P.“ eingeholt. Die Gutachterin Prof. Dr. R. hat u.a. darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin ein hoher - vielfach nicht zielgerichteter - Bewegungs- und Beschäftigungsdrang besteht, die Gefahr und Selbstgefährdung, wovon sie sich selbst während des Frühstücks der Klägerin einen Eindruck verschaffen konnte, nämlich im Zusammenhang mit einer hohen Aspirations- und Erstickungsgefahr, da die Klägerin ohne Beaufsichtigung z.B. Brot einfach herunterschlingt ohne zu kauen, ferner bestehe eine Kleptomanie bzw. der Wunsch, fremde Dinge sich zu eigen zu machen, sowie auf der anderen Seite eine durchaus zielgerichtete Interaktion der Klägerin mit den anwesenden Bewohnern im Speisesaal und eine angemessene Kommunikation sowohl mit dem Pflegepersonal wie auch mit der Gutachterin selbst. Im Weiteren hat die Gutachterin darauf verwiesen, dass bei der Klägerin paradoxe, diametrale Reaktionen und ein herausforderndes Verhalten vielfach daraus resultierten, dass sich die Klägerin den Anweisungen/der erfolgten Anleitung direkt widersetze oder diesen etwas entgegensetzen wolle. Das bedeute, dass trotz der vorhandenen Ressourcen nach Anleitung Maßnahmen eigenständig durchzuführen, die Klägerin bei allen einstufungsrelevanten Verrichtungen der Anleitung, auf alle Fälle aber der Beobachtung bedarf. Dies um nämlich im Bedarfsfall rechtzeitig intervenieren zu können und demzufolge Gefahren für die Klägerin abwenden zu können. Die Pflegestufe III sei bei der Klägerin demzufolge angemessen und adäquat.
37 
Ergänzend zu den einstufungsrelevanten Verrichtungen habe die Klägerin auch einen Bedarf in Bezug auf ihre tagesstrukturierende (Aus-)Gestaltung. Sie benötige Anregung, Unterhaltung und Aufmerksamkeit, um zu verhindern, dass sie aus eigener Initiative heraus beginne, eigene oder fremde Gegenstände zu zerlegen, zu zerstören. Auch sei die Beaufsichtigung in der Begegnung und Interaktion mit Bewohnern im Speisesaal erforderlich. Obgleich die Bewohner die Eigenheiten und Reaktionsformen der Klägerin kennen würden, komme es immer wieder zu Konflikten, die einer Intervention bedürften. Da die Klägerin auch sehr flink sei, genau beobachte und stets auf der Suche nach Objekten und Essbarem sei, bedürfe es der direkten Beobachtung, der Nachverfolgung, wo sich die Klägerin aktuell im Haus befinde bzw. auf welchem Stock und in welchem Zimmer sie sich aufhalte. Letztlich sollte die Klägerin rund um die Uhr im Blick behalten werden, möglichst kontinuierlich für Beschäftigungsimpulse und beschäftigende Ablenkung gesorgt werden, um Gefahrensituationen und Konfliktpotentiale zu reduzieren.Hinzu komme die nächtliche Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Hier habe sich die 1:1-Betreuung bewährt. Dies manifestiere sich insbesondere in dem erlangten Tag-Nacht-Rhythmus der Klägerin sowie in der Reduktion der Stürze und der Selbstgefährdung (wie sie der aktuellen Dokumentation der Pflegenden zu entnehmen sei). Besonders beachtlich sei die aktuell stabile Situation der Klägerin vor dem Hintergrund, dass Dr. N. in ihrem Gutachten vom 18. Januar 2013 eine zeitweise Fixierung der Klägerin mit Tischbrett zur Abwendung der Gefahren als unumgänglich angesehen hatte und aus ihrer Sicht eine Betreuung der Klägerin auch in einem psychiatrischen Pflegeheim ohne eine 1:1-Betreuung nicht ohne die Anwendung von Zwangsmaßnahmen erfolgen könne.
38 
Hinsichtlich der vom Beklagten vorgeschlagenen Unterbringung im Haus K. verweist die Gutachterin darauf, dass ihres Erachtens die Verhaltensformen und Reaktionen der Klägerin weniger dem Milieu geschuldet seien und auch nicht der fehlenden Angebote an Teilhabe, Betreuung und Tagesstruktur, als den jeweiligen (Alltags-)Situationen, die die herausfordernden Verhaltensformen provozierten (z.B. konfliktreiche Interaktionen, für die Klägerin situativ unangemessene Forderungen, die zum Urinieren an inadäquaten Plätzen führten) oder eröffneten (unbewachter Kuchen, der sofort verschlungen werde). Diese zwischenmenschlichen Provokationen und Alltagssituationen ließen sich nach Auffassung der Gutachterin auch in einer anderen Einrichtung nicht gänzlich vermeiden. Da die Selbstgefährdung vornehmlich in der Nacht bestehe, müsse auch eine andere Einrichtung in der Nacht die 1:1-Betreuung bei der Klägerin letztlich sicherstellen.
39 
Mögliche Alternativmaßnahmen, wie spezifische Kleidung, Sensormatte, Niedrigbett oder Hüftprotektoren erscheinen aus Sicht der Gutachterin vor dem Hintergrund auch der Persönlichkeit der Klägerin nicht geeignet als Alternativen zu einer 1:1-Betreuung.
40 
In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 20. August 2040 hat Prof. Dr. R. im Hinblick auf Einwendungen des Beklagten ihre Einschätzung nochmals bekräftigt und darauf verwiesen, dass der von ihr anlässlich des Besuches gewonnene Eindruck von der Klägerin sich im Zusammenspiel mit den Angaben der Pflegekräfte bestätigt hat und sie nach wie vor der Auffassung ist, dass die hier gewährte nächtliche 1:1-Betreuung das notwendige und richtige Mittel darstellt.
41 
Der Senat hat im Weiteren den Leiter Altenhilfe des gerontopsychiatrischen Pflegeheims K., T. St. schriftlich als Zeugen zur Frage einer möglichen Unterbringung im Pflegeheim K. und speziell zum notwendigen Umfang der Betreuung angehört.
42 
Der Zeuge hat in seiner schriftlichen Zeugenauskunft vom 31. März 2015 hierbei angegeben, dass grundsätzlich eine Aufnahme und fachgerechte Versorgung der Klägerin in ihrem Haus möglich sei. Allerdings bedürften die bei der Klägerin bestehenden Verhaltensauffälligkeiten besonderer Rahmenbedingungen, wie Einzelzimmer, angepasste Milieugestaltung, gezielte Pflege- und Betreuungsplanung und deren Sicherstellung. Hinsichtlich der besonderen Auffälligkeiten der Klägerin bei Nacht stelle sich die Frage nach der Personalpräsenz im Nachtdienst. Man habe mit den Pflegekassen weder einen speziellen Pflegesatz noch einen höheren Personalschlüssel vereinbaren können, so dass im Nachtdienst nur der Schlüssel 1:50 gegenfinanziert sei. Das bedeute, dass keine nächtliche Betreuungs- oder zusätzliche pflegerische Angebote möglich seien.
43 
Eine Fixierung – die von der bisher versorgenden Einrichtung als notwendig erachtet worden sei – könne man daher nicht ausschließen, und erscheine auch eher wahrscheinlich, wenn die bisherige 1:1-Betreuung wegfalle. Dies werde allerdings vom gesetzlichen Betreuer abgelehnt. Somit würde ein Wechsel in das Haus K. hinsichtlich Sachlage und Kosten der Unterbringung nichts ändern, wohl aber der Umzug und die Rahmenbedingungen für die Klägerin mit nicht abschätzbaren Folgen für die psychische Stabilität (Bl. 224/225 Senatsakte).
44 
Ferner hat der Senat noch eine Auskunft der Fachärztin für Neurologie Dr. N. vom 19. März 2015 eingeholt. Sie hat mitgeteilt, dass eine Beurteilung der unmittelbaren Veränderungen durch die Aufnahme ins ZfP sie nicht liefern könne, allerdings ließen sich im Verlauf des Aufenthaltes der Klägerin vom 31. Dezember 2015 (gemeint 2013) bis 20. Februar 2015 (gemeint 2014) eine deutliche Reduktion der psychomotorische Unruhe und der Verhaltensauffälligkeiten verzeichnen. Eine 1:1-Betreuung sei trotz der Schweregradreduktion der Zielsymptome bis zuletzt erforderlich gewesen (Bl. 208 Senatsakte).
45 
Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 1. Juni und 5. Juni 2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
46 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten, die Akten des SG (S 4 SO 245/12), die Senatsakten sowie die Akten der Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (L 2 SO 498/13 ER-B, L 7 SO 3498/12 ER-B, L 2 SO 72/12 ER-B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
47 
Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
48 
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.
49 
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 3. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012, mit denen der Beklagte die Übernahme von zusätzlichen Kosten für eine Nachtwache von 19.00 Uhr abends bis 07.00 Uhr morgens für die Zeit ab 1. Januar 2012 während des Aufenthaltes im „Haus P.“ abgelehnt hat.
II.
50 
Die Berufung der Klägerin ist auch im Sinne des Hilfsantrages begründet. Entgegen der Auffassung des SG hat die Klägerin zusätzlich zu den ihr bereits vom Beklagten gewährten Leistungen der Hilfe zur Pflege einen Anspruch auf Übernahme auch der Kosten in Höhe von zuletzt 6.166,-EUR monatlich für die nächtliche 1:1-Betreuung im Pflegeheim der Beigeladenen.
1.
a.)
51 
Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die nächtliche 1:1-Betreuung besteht allerdings nicht aufgrund der Regelungen zur Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53, 54 SGB XII.
52 
Gemäß § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 des Neunten Buches wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Für die Leistungen zur Teilhabe gelten gemäß § 53 Abs. 4 S. 1 SGB XII die Vorschriften des Neunten Buches, soweit sich aus diesem Buch und den aufgrund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt.
53 
Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe zählen gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 zunächst die Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX, als das wären, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen und Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sind gemäß § 55 Abs. 2 insbesondere Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (Nr. 3), Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt (Nr. 4), Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten (Nr. 6) wie auch Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (Nr. 7).
54 
Ebenso wie der Beklagte meint, fällt auch nach Überzeugung des Senates die hier streitige nächtliche 1:1-Betreuung nicht unter die Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII. Denn die hier notwendige nächtliche 1:1-Betreuung dient erkennbar nicht der Ermöglichung einer Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, sie dient auch nicht der Förderung der Verständigung mit der Umwelt oder einem selbstbestimmten Leben im betreuten Wohnmöglichkeiten, noch generell zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben. Zweck dieser Maßnahme ist es allein, die Klägerin durch Beaufsichtigung ihrer besonderen Verhaltensweisen letztlich vor der Gefährdung anderer und auch ihrer selbst zu schützen.
b.)
55 
Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung dieser Kosten ergibt sich auch nicht aus den Regelungen zur häuslichen Krankenpflege gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 37 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V).
56 
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach Satz 2 unter anderem häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe (Nr. 4). Häusliche Krankenpflege erhalten nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB V Versicherte in ihrem Haushalt, Ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen…, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. Der Anspruch besteht gemäß Satz 4 bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der medizinische Dienst festgestellt hat, dass dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist (Satz 5).
57 
Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V kann häusliche Krankenpflege auch als Behandlungspflege gewährt werden, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist.
58 
Ganz abgesehen davon, dass häusliche Krankenpflege bzw. Behandlungspflege ohnehin nur zeitlich begrenzt zu gewähren sind, scheitert ein Anspruch auf dieser Rechtsgrundlage jedoch schon daran, dass die hier streitige 1:1-Betreuung in keiner Weise dazu dient eine ärztliche Behandlung zu ermöglichen bzw. zu sichern, sondern wie bereits oben unter Buchstabe a ausgeführt nur dazu dient, letztlich die Klägerin in erster Linie vor sich selbst, Selbstgefährdung, zu bewahren.
2.
59 
Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten ergibt sich vielmehr aus § 61 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 SGB XII.
60 
Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten. Hilfe zur Pflege ist auch kranken und behinderten Menschen zu leisten, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Bedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Abs. 5 bedürfen; für Leistungen für eine stationäre oder teilstationäre Einrichtung gilt dies nur, wenn es nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, insbesondere ambulante oder teilstationäre Leistungen nicht zumutbar sind oder nicht ausreichen (Satz 2).
61 
Die Hilfe zur Pflege umfasst gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII häusliche Pflege, Hilfsmittel, teilstationäre Pflege, Kurzzeitpflege und stationäre Pflege. Der Inhalt der Leistungen nach Satz 1 bestimmt sich nach den Regelungen der Pflegeversicherung in § 28 Abs. 1 Nr. 1, 5 bis 8 des Elften Buches aufgeführten Leistungen; § 28 Abs. 4 des Elften Buches gilt entsprechend (Satz 2).
a.)
62 
Die Klägerin gehört unstreitig zum Kreis der Leistungsberechtigten für Leistungen der Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege gemäß den §§ 19 Abs. 3, 61 Abs. 1 SGB XII und erhält diese Leistungen auch insoweit vom Beklagten. Der Klägerin steht auch aufgrund ihrer Erkrankung und der durch die Pflegeversicherung anerkannten Pflegestufe III ein Anspruch auf stationäre Heimunterbringung einschließlich der Bezahlung eines Barbetrags gemäß § 17 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu. Der insoweit gegen den Beklagten bestehende Anspruch betrifft die durch eigenes Einkommen (hier Rente) und die Leistungen der Pflegeversicherung, die den Fürsorgeleistungen zur Pflege nach dem Zwölften Buch gemäß § 2 SGB XII i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI vorgehen, nicht gedeckten Kosten im Sinne einer Sachleistungsverschaffung (vgl. BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 - B 8 SO 20/08 R -).
b.)
63 
Die in einer Einrichtung erbrachten Leistungen sind dem Sozialhilfeträger als Sachleistung in der Form der Sachleistungsverschaffung zuzurechnen. Die entsprechenden Leistungen werden der Klägerin von der Beigeladenen als Inhaberin einer Einrichtung im Sinne des § 71 SGB XI auch erbracht. Der Beklagte hat mit der Beigeladenen des Weiteren eine Vereinbarung im Sinne des § 72 SGB XI, nämlich einen Versorgungsvertrag, abgeschlossen. Aufgrund dessen ist der Beklagte auch gegenüber der Beigeladenen zur Übernahme der danach fälligen Vergütung verpflichtet. Im Gegenzug verpflichtete sich die Beigeladene mit dem Versorgungsvertrag gemäß § 72 SGB XI gegenüber der Klägerin, Leistungen zur Verfügung zu stellen, die aus besonderen medizinischen oder pflegerischen Gründen erforderlich sind. Im Versorgungsvertrag werden Art, Inhalt und Umfang der Pflegeleistungen festgelegt. Die von der Beigeladenen zu erbringenden Leistungen werden darüber hinaus im Rahmenvertrag für vollstationäre Pflege gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI für das Land Baden-Württemberg geregelt.
64 
Entgegen der Auffassung des SG ergibt sich allerdings auf der Grundlage dieser Regelungen (Versorgungsvertrag und Rahmenvertrag) keineswegs, dass die begehrte Nachtwache vom Beigeladenen ohne zusätzliche Kostenerstattung zu leisten ist. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Versorgungsvertrages und § 72 SGB XI ist zwar die Beigeladene verpflichtet, alle für die Versorgung Pflegebedürftiger erforderlichen Leistungen im Sinne des Rahmenvertrages nach § 75 SGB XI zu erbringen. Nach § 1 Abs. 1 des Rahmenvertrages sind Inhalt der Pflegeleistungen die im Einzelfall erforderliche Hilfe zur Unterstützung, zur teilweisen oder zur vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder zur Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen. Die Hilfen sollen auch die Maßnahmen enthalten, die Pflegebedürftigkeit mindern sowie einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit und der Entstehung von Sekundärerkrankungen vorbeugen. Dabei ist der besondere Pflege- und Betreuungsbedarf Pflegebedürftiger mit geistigen Behinderungen, psychischen Erkrankungen, demenzbedingten Fähigkeitsstörungen und anderen Leiden des Nervensystems zu beachten. Nach § 4 Abs. 3 Satz 3 des Rahmenvertrages hat die Beigeladene Beaufsichtigung und Anleitung insbesondere bei psychisch Kranken und geistig und seelisch Behinderten zu leisten. Hieraus folgt jedoch entgegen der Auffassung des SG zur Überzeugung des Senates keineswegs, dass damit die Beigeladene auch hinsichtlich der hier notwendigen 1:1-Nachtwache diese aufgrund des Versorgungsvertrages i.V.m. dem Rahmenvertrag und der bereits geleisteten Vergütung zu erbringen hat. Denn diese über das normale übliche Maß deutlich hinausgehenden ergänzenden notwendigen Maßnahmen sind von dieser Regelung nicht mitumfasst. Denn die in § 4 Abs. 3 Satz 3 des Rahmenvertrages geforderte Beaufsichtigung und Anleitung insbesondere bei psychisch Kranken und geistig und seelisch Behinderten erfasst nach Überzeugung des Senates die hier notwendige aber völlig außerhalb des Normalen stehende 1:1-Betreuung während der Nacht in keiner Weise. Vielmehr ist mit dieser Formulierung ganz offensichtlich die der Klägerin im Übrigen auch tagsüber durch das Pflegepersonal angedeihte Beaufsichtigung und Anleitung gemeint, wie sie auch im Gutachten von Prof. Dr. R. beschrieben ist. Denn die Vertragsparteien sind ganz offensichtlich bei diesen Regelungen im Rahmenvertrag bzw. Versorgungsvertrag von den üblichen Anforderungen und Bedürfnissen ausgegangen, nicht aber von einer so außergewöhnlichen Konstellation und so besonders aufwendig zu betreuenden Pflegebedürftigen, wie dies bei der Klägerin der Fall ist.
65 
Außerdem ergibt sich aus dem Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI lediglich eine Nachtwa-chenbesetzung für die gesamte Bewohnerschaft. In der Einrichtung der Beigeladenen stehen Plätze für maximal 25 Bewohner zur Verfügung. Der Nachtwachenschlüssel beläuft sich aktuell auch auf 1:25. Mit dieser Nachtwachenbesetzung kann die für das gesamte Haus und die ge-samte Bewohnerschaft sicherzustellende Nachtbereitschaft inklusive Rundgängen und Erfüllung der individuellen Pflegeplanung sichergestellt werden, nicht aber die ständige Präsenz bei der Klägerin.
66 
Dass in vollstationären Pflegeeinrichtungen nicht sämtliche Bedarfe, unabhängig von ihrem Ursprung und ihrer sozialleistungsrechtlichen Zuordnung, zu decken sind, zeigt sich beispielsweise auch über den Anspruch gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V auf Behandlungspflege für Versicherte in vollstationären Pflegeeinrichtungen, sofern ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege besteht (siehe hierzu auch die Ausführungen unter 1 b).
3.
67 
Entgegen der Auffassung des SG ergibt sich auch nichts anderes aus dem Heimvertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen. In § 6 Abs. 1 ist lediglich die Rede davon, dass dem Bewohner des Heimes die im Einzelfall erforderlichen Hilfen bei den Verrichtungendes täglichen Lebens mit dem Ziel einer selbstständigen Lebensführung angeboten werden (Satz 1). Diese Hilfen können Anleitung, Unterstützung, Beaufsichtigung und teilweise oder vollständige Übernahme der Verrichtungen sein (Satz 2). Zu den Leistungen der Pflege gehören Hilfen bei der Körperpflege, Hilfe bei der Ernährung und Hilfen bei der Mobilität (Satz 3). Im Übrigen verweist der Heimvertrag in § 6 Abs. 2 hinsichtlich Art und Inhalt der Leistung auf die leistungsbezogenen Regelungen des jeweils gültigen Landesrahmenvertrages gemäß § 75 SGB XI. Wie der Senat bereits oben unter Ziff. 2 ausgeführt hat, kann entgegen der Auffassung des SG § 4 Abs. 3 Satz 3 des Rahmenvertrages keineswegs eine Verpflichtung zu einer nächtlichen 1:1-Betreuung entnommen werden und damit auch nicht aus dem Heimvertrag unter Bezugnahme auf diese Verweisung in § 6 Abs. 2. Den in § 6 Abs. 1 des Heimvertrages beschriebenen Leistungen kann ebenso wenig entnommen werden, dass dort die gerade nicht das Übliche darstellende nächtliche 1:1-Betreuung mit erfasst ist. Auch hier ist offensichtlich der übliche Pflegebedarf beschrieben, was sich im Übrigen gerade auch wiederum aus dem Verweis auf den Landesrahmenvertrag nach § 75 SGB XI ergibt, zugrunde gelegt.
68 
Hierbei ist auch noch festzuhalten, dass ausdrücklich in der Anlage Nr. 4 zu § 13 Abs. 1 des Heimvertrages vom 10. November 2009 (Bl. 159/160 SG-Akte) eine Vereinbarung über den Ausschluss einer Anpassungsverpflichtung bei veränderten Pflege- oder Betreuungsbedarf mit dem Inhalt geschlossen wurde, dass sich (Abs. 1) sofern der Pflege- oder Betreuungsbedarf des Bewohners sich ändern sollte, die Einrichtung entsprechend an diesen veränderten Bedarf angepasste Leistungen anbietet. Allerdings könne die Einrichtung in den folgenden Fällen die notwendigen Leistungen nicht anbieten, weshalb eine Anpassung ausgeschlossen werde, so unter anderem (Buchstabe a) bei der Versorgung von Wachkomapatienten, Patienten mit apallischem Syndrom und von beatmungspflichtigen Patienten sowie von Patienten mit Krankheiten oder Behinderungen, die eine ununterbrochene Beaufsichtigung und die Möglichkeit der jederzeitigen Intervention erforderlich machen. Die Einrichtung sei ihrer Konzeption nach für eine intensivmedizinische Versorgung personell, baulich und apparativ nicht ausgestattet.
69 
D.h. mit anderen Worten, dass – wenngleich hier offenkundig in erster Linie an eine intensivmedizinische Versorgung gedacht ist – auch eine Verpflichtung der Beigeladenen, die hier notwendige nächtliche 1:1-Betreuung, die durchaus der dort beschriebenen Versorgung jedenfalls vom personellen Bedarf her entspricht, aufgrund des Heimvertrages zu erbringen (unabhängig von der Frage der Kostendeckung) gerade nicht besteht.
4.
70 
Vielmehr handelt es sich zur Überzeugung des Senates bei der hier streitigen nächtlichen 1:1-Betreuung um „andere Verrichtungen“ im Sinne von § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Danach ist nämlich - wie bereits oben zitiert - Hilfe zur Pflege auch kranken und behinderten Menschen zu leisten, die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Abs. 5 bedürfen. In § 61 Abs. 5 sind als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Sinne des Abs. 1 aufgeführt:
71 
1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- und Blasenentleerung,
72 
2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung,
73 
3. im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung,
74 
4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung und das Beheizen.
75 
Mit dieser Regelung in § 61 Abs. 1 Satz 2 3. Alternative werden die Sozialhilfeträger im Wege der Ausweitung des sozialhilferechtlichen Pflegebegriffs verpflichtet, auch diejenigen Leistungen bereitzustellen, die von der Pflegeversicherung infolge deren Einschränkung des Pflegebegriffs auf körperbezogene und hauswirtschaftliche Verrichtungshilfen (§ 14 Abs. 4 SGB XI) nicht gedeckt werden. Zum erweiterten Pflegebegriff gehören z.B. allgemeine Anleitung und Beaufsichtigung, die Orientierung im häuslichen wie außerhäuslichen Bereich, die Strukturierung des Tagesablaufs mit seinen unterschiedlichen körperlichen, geistigen und seelischen Bedürfnissen, der Schutz vor Selbst- und Fremdgefährdung sowie die Herstellung von Beziehungen zur Umwelt, schließlich auch der Zeitaufwand, der zur Beruhigung eines Pflegebedürftigen gebraucht wird (so Krahmer/Sommer in LPK SGB XII § 61 Rdnr. 7 mit Hinweis auf Klie in Hauck/Nofz § 61 Rdnr. 5). Auch die Tages- oder Nachtbereitschaft bei nicht planbarem Pflegebedarf ist als Teil der „anderen Verrichtungen“ anzuerkennen (so Krahmer/Sommer a.a.O.; siehe auch H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm § 61 Rdnr. 35).
76 
Diesen weitergehenden Pflegebedarf hat Prof. Dr. R. in ihrem Gutachten auch nochmals ausdrücklich beschrieben und bestätigt. So den hohen Bewegungs- und Beschäftigungsdrang, die Gefahr der Selbstgefährdung, insbesondere auch die paradoxen und diametralen Reaktionen der Klägerin bei Anweisung und erfolgter Anleitung, sodass die Klägerin bei allen einstufungsrelevanten Verrichtungen der Anleitung, auf alle Fälle aber der Beobachtung bedarf, um im Bedarfsfall rechtzeitig intervenieren zu können und Gefahren für sie abwenden zu können.
77 
Dieser pflegerische (weitergehende) Bedarf kann auch nachts nur durch eine 1:1-Betreuung gewährleistet werden. Insbesondere scheiden die in der Vergangenheit bereits angesprochenen und auch vom Beigeladenen ausprobierten Alternativen (wie eine entsprechende spezifische Kleidung, eine Sensormatte, Niedrigbett oder Hüftprotektoren) aus. So hat Prof. Dr. R. auch darauf hingewiesen - wie im Übrigen auch die Beigeladene bereits in ihrer Stellungnahme -, dass aufgrund der Mobilitätsressourcen und der kognitiven Ressourcen der Klägerin diese sehr schnell einen Weg findet, auch eine solche Kleidung in einem unbeobachteten Moment zu öffnen, zu zerstören und zu entfernen. Da das Urinieren auf die Treppe vornehmlich dann erfolgt, wenn die Klägerin ihren Willen nicht durchsetzen kann - weniger aufgrund ihrer kognitiven Situation oder Inkontinenz - wären auch entsprechende Inkontinenzmaterialien nach Auffassung von Prof. Dr. R. nicht hilfreich bzw. könnten die Verhaltensformen nicht verhindern. Bei der Sensormatte ist zu berücksichtigen, dass diese zwar anzeigt, wenn die Bewohnerin aufsteht. Wenn aber das nächtliche Aufstehen die beschriebene Sturzgefahr bzw. Selbstgefährdung birgt, müsste an sich gleichzeitig permanent sichergestellt werden, dass sich im Moment des Alarms auch sofort jemand zur Klägerin begibt. Dies kann allerdings von einer normalen Nachtwache, wie sie auch etwa bei der Beigeladenen ausgerichtet ist, nämlich eine Person für 25 Bewohner, nicht geleistet werden. Nicht anders stellt sich die Situation bei einem Niedrigbett dar oder auch bei den Hüftprotektoren.
78 
Das heißt weiter, dass auch bei einer Unterbringung der Klägerin in einer anderen Einrichtung (hier das zuletzt vom Beklagten vorgeschlagene Haus K.) eine nächtliche 1:1-Betreuung ebenfalls notwendig wäre. Auch das Haus K. kann dies ohne zusätzliche Personal für die Klägerin nicht leisten, weil auch dort, selbst wenn bei der Gerontopsychiatrischen Abteilung ein höherer Personalschlüssel besteht, jedenfalls eine nächtliche 1:1-Betreuung für die Klägerin ohne zusätzliches Personal ebenfalls nicht möglich wäre.
79 
Darüber hinaus besteht auch die bereits von Dr. N., Dr. St. und auch nochmals von Prof. Dr. R. angesprochenen erheblichen Probleme bei einem Wechsel der vertrauten Umgebung. Während im „Haus P.“ das Personal zwischenzeitlich offensichtlich nach den Feststellungen der behandelnden Ärztin Dr. N. in E. als auch den von Prof. Dr. R. zur Klägerin ein vertrauensvolles Verhältnis hat aufbauen können, was gerade die Grundlage dafür ist, dass die Klägerin einigermaßen geführt werden kann. Dies alles müsste bei einem Wechsel in eine andere Einrichtung wieder neu aufgebaut werden. Dieser Prozess aber würde neue Herausforderungen provozieren und auch neue Gefahren für die Klägerin verursachen. Die Klägerin würde zunächst wiederum versuchen, ihre Grenzen auszuloten, ihren Platz zu finden und intensiv abwägen, bei welchem Mitarbeiter/welcher Mitarbeiterin sie welche Forderungen in welcher Form und mit welcher Verhaltensweise durchsetzen kann. Diesen Prozess der Annäherung und des Vertrauensaufbaus zu den Pflegenden, den in der Einrichtung lebenden Bewohnern und auch zum behandelnden Arzt, würde eine erhebliche Anstrengung seitens aller Beteiligten einfordern und für die Klägerin zunächst wiederum Raum für Selbst-und Fremdgefährdung eröffnen.
80 
Soweit der Beklagte gegen die gutachterliche Einschätzung von Prof. Dr. R. eingewandt hat, die Gutachterin habe die Klägerin nur tagsüber im "Haus P." erlebt, sich jedoch nicht selbst einen Eindruck von dem nächtlichen Betreuungsbedarf gemacht, greift dies nicht durch. Die Gutachterin hat vielmehr überzeugend darauf verwiesen, dass die Beobachtung an während einer einzelnen willkürlich herausgegriffenen Nacht keine abschließende Beurteilung zulässt, sondern auch in diesem Falle sie – wie von ihr ohnehin vorgenommen – darauf angewiesen wäre, die Dokumentationen einerseits und die Angaben der Betreuungspersonen bzw. Pflegefachkräfte andererseits auszuwerten und abschließend zu beurteilen.
III.
81 
Entgegen der Auffassung des Beklagten findet sich auch keine alternative Einrichtung, in der die Klägerin mit einem geringeren personellen und damit finanziellen Aufwand nachts betreut werden kann, ohne dass es zu Selbst- oder Fremdgefährdungen durch die Klägerin kommt. So hat der Zeuge S, Leiter Altenhilfe, Gerontopsychiatrisches Pflegeheim K. in seiner schriftlichen Auskunft vom 31. März 2015 ausdrücklich darauf verwiesen, dass im Nachtdienst nur ein Personalschlüssel 1:50 gegenfinanziert sei. Das bedeute, dass keine nächtliche Betreuungs- oder zusätzliche pflegerische Angebote möglich seien.
82 
Eine Fixierung – die von der bisher versorgenden Einrichtung als notwendig erachtet worden sei – könne man daher nicht ausschließen, und erscheine auch eher wahrscheinlich, wenn die bishe-rige 1:1-Betreuung wegfalle. Dies werde allerdings vom gesetzlichen Betreuer abgelehnt. Somit würde ein Wechsel in das Haus K. hinsichtlich Sachlage und Kosten der Unterbringung nichts ändern, wohl aber der Umzug und die Rahmenbedingungen für die Klägerin mit nicht abschätzbaren Folgen für die psychische Stabilität (Bl. 224/225 Senatsakte).
83 
Aus diesen Gründen war auch der Anregung des Beklagten anhand der noch vorgelegten Liste (Aktenvermerk) vom 25. März 2015 (Bl. 211 ff. Senatsakte) mit verschiedenen Einrichtungen (unter anderem ZfP R. Gerontopsychiatrisches Pflegeheim; R., psychiatrischer Pflegebereich für chronisch psychisch kranke Menschen;) bei diesen Einrichtungen noch Anfragen zu den Möglichkeiten einer Betreuung zu veranlassen, nicht mehr nachzugehen. Abgesehen davon, dass ausweislich des vom Beklagten selbst vorgelegten Aktenvermerkes all die dort benannten Häuser eine Aufnahme der Klägerin ablehnten, sofern eine 1:1-Betreuung erbracht werden müsse, kommt hinzu, dass diese Häuser in der Regel noch mehr Bewohner haben, als die Beigeladene mit der Folge, dass dort sogar der Betreuungsschlüssel nachts nicht nur 1:25 wie bei der Beigeladenen sondern 1:50 beträgt, damit aber die Notwendigkeit einer 1:1-Betreuung bei der Klägerin im Hinblick auf ihre besonderen Verhaltensauffälligkeiten noch offenkundiger ist.
84 
Aus diesen Gründen ist das Urteil des SG aufzuheben und der Beklagte gem. dem Hilfsantrag zu verurteilen, über die bereits gewährten Leistungen der Hilfe zur Pflege hinaus auch die weiteren zusätzlichen Kosten für die nächtliche 1:1-Betreuung der Klägerin im „Haus P.“ in Höhe von 6.166,-EUR zu übernehmen. Soweit die Klägerin im Hauptantrag die streitigen (zusätzlichen) Leistungen als Leistung der Eingliederungshilfe geltend gemacht hat, war insoweit die Berufung zurückzuweisen.
IV.
85 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
86 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
I.
47 
Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
48 
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.
49 
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 3. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012, mit denen der Beklagte die Übernahme von zusätzlichen Kosten für eine Nachtwache von 19.00 Uhr abends bis 07.00 Uhr morgens für die Zeit ab 1. Januar 2012 während des Aufenthaltes im „Haus P.“ abgelehnt hat.
II.
50 
Die Berufung der Klägerin ist auch im Sinne des Hilfsantrages begründet. Entgegen der Auffassung des SG hat die Klägerin zusätzlich zu den ihr bereits vom Beklagten gewährten Leistungen der Hilfe zur Pflege einen Anspruch auf Übernahme auch der Kosten in Höhe von zuletzt 6.166,-EUR monatlich für die nächtliche 1:1-Betreuung im Pflegeheim der Beigeladenen.
1.
a.)
51 
Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die nächtliche 1:1-Betreuung besteht allerdings nicht aufgrund der Regelungen zur Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53, 54 SGB XII.
52 
Gemäß § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 des Neunten Buches wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Für die Leistungen zur Teilhabe gelten gemäß § 53 Abs. 4 S. 1 SGB XII die Vorschriften des Neunten Buches, soweit sich aus diesem Buch und den aufgrund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt.
53 
Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe zählen gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 zunächst die Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX, als das wären, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen und Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sind gemäß § 55 Abs. 2 insbesondere Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (Nr. 3), Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt (Nr. 4), Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten (Nr. 6) wie auch Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (Nr. 7).
54 
Ebenso wie der Beklagte meint, fällt auch nach Überzeugung des Senates die hier streitige nächtliche 1:1-Betreuung nicht unter die Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII. Denn die hier notwendige nächtliche 1:1-Betreuung dient erkennbar nicht der Ermöglichung einer Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, sie dient auch nicht der Förderung der Verständigung mit der Umwelt oder einem selbstbestimmten Leben im betreuten Wohnmöglichkeiten, noch generell zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben. Zweck dieser Maßnahme ist es allein, die Klägerin durch Beaufsichtigung ihrer besonderen Verhaltensweisen letztlich vor der Gefährdung anderer und auch ihrer selbst zu schützen.
b.)
55 
Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung dieser Kosten ergibt sich auch nicht aus den Regelungen zur häuslichen Krankenpflege gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 37 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V).
56 
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach Satz 2 unter anderem häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe (Nr. 4). Häusliche Krankenpflege erhalten nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB V Versicherte in ihrem Haushalt, Ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen…, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. Der Anspruch besteht gemäß Satz 4 bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der medizinische Dienst festgestellt hat, dass dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist (Satz 5).
57 
Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V kann häusliche Krankenpflege auch als Behandlungspflege gewährt werden, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist.
58 
Ganz abgesehen davon, dass häusliche Krankenpflege bzw. Behandlungspflege ohnehin nur zeitlich begrenzt zu gewähren sind, scheitert ein Anspruch auf dieser Rechtsgrundlage jedoch schon daran, dass die hier streitige 1:1-Betreuung in keiner Weise dazu dient eine ärztliche Behandlung zu ermöglichen bzw. zu sichern, sondern wie bereits oben unter Buchstabe a ausgeführt nur dazu dient, letztlich die Klägerin in erster Linie vor sich selbst, Selbstgefährdung, zu bewahren.
2.
59 
Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten ergibt sich vielmehr aus § 61 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 SGB XII.
60 
Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten. Hilfe zur Pflege ist auch kranken und behinderten Menschen zu leisten, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Bedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Abs. 5 bedürfen; für Leistungen für eine stationäre oder teilstationäre Einrichtung gilt dies nur, wenn es nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, insbesondere ambulante oder teilstationäre Leistungen nicht zumutbar sind oder nicht ausreichen (Satz 2).
61 
Die Hilfe zur Pflege umfasst gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII häusliche Pflege, Hilfsmittel, teilstationäre Pflege, Kurzzeitpflege und stationäre Pflege. Der Inhalt der Leistungen nach Satz 1 bestimmt sich nach den Regelungen der Pflegeversicherung in § 28 Abs. 1 Nr. 1, 5 bis 8 des Elften Buches aufgeführten Leistungen; § 28 Abs. 4 des Elften Buches gilt entsprechend (Satz 2).
a.)
62 
Die Klägerin gehört unstreitig zum Kreis der Leistungsberechtigten für Leistungen der Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege gemäß den §§ 19 Abs. 3, 61 Abs. 1 SGB XII und erhält diese Leistungen auch insoweit vom Beklagten. Der Klägerin steht auch aufgrund ihrer Erkrankung und der durch die Pflegeversicherung anerkannten Pflegestufe III ein Anspruch auf stationäre Heimunterbringung einschließlich der Bezahlung eines Barbetrags gemäß § 17 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu. Der insoweit gegen den Beklagten bestehende Anspruch betrifft die durch eigenes Einkommen (hier Rente) und die Leistungen der Pflegeversicherung, die den Fürsorgeleistungen zur Pflege nach dem Zwölften Buch gemäß § 2 SGB XII i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 SGB XI vorgehen, nicht gedeckten Kosten im Sinne einer Sachleistungsverschaffung (vgl. BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 - B 8 SO 20/08 R -).
b.)
63 
Die in einer Einrichtung erbrachten Leistungen sind dem Sozialhilfeträger als Sachleistung in der Form der Sachleistungsverschaffung zuzurechnen. Die entsprechenden Leistungen werden der Klägerin von der Beigeladenen als Inhaberin einer Einrichtung im Sinne des § 71 SGB XI auch erbracht. Der Beklagte hat mit der Beigeladenen des Weiteren eine Vereinbarung im Sinne des § 72 SGB XI, nämlich einen Versorgungsvertrag, abgeschlossen. Aufgrund dessen ist der Beklagte auch gegenüber der Beigeladenen zur Übernahme der danach fälligen Vergütung verpflichtet. Im Gegenzug verpflichtete sich die Beigeladene mit dem Versorgungsvertrag gemäß § 72 SGB XI gegenüber der Klägerin, Leistungen zur Verfügung zu stellen, die aus besonderen medizinischen oder pflegerischen Gründen erforderlich sind. Im Versorgungsvertrag werden Art, Inhalt und Umfang der Pflegeleistungen festgelegt. Die von der Beigeladenen zu erbringenden Leistungen werden darüber hinaus im Rahmenvertrag für vollstationäre Pflege gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI für das Land Baden-Württemberg geregelt.
64 
Entgegen der Auffassung des SG ergibt sich allerdings auf der Grundlage dieser Regelungen (Versorgungsvertrag und Rahmenvertrag) keineswegs, dass die begehrte Nachtwache vom Beigeladenen ohne zusätzliche Kostenerstattung zu leisten ist. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Versorgungsvertrages und § 72 SGB XI ist zwar die Beigeladene verpflichtet, alle für die Versorgung Pflegebedürftiger erforderlichen Leistungen im Sinne des Rahmenvertrages nach § 75 SGB XI zu erbringen. Nach § 1 Abs. 1 des Rahmenvertrages sind Inhalt der Pflegeleistungen die im Einzelfall erforderliche Hilfe zur Unterstützung, zur teilweisen oder zur vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder zur Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen. Die Hilfen sollen auch die Maßnahmen enthalten, die Pflegebedürftigkeit mindern sowie einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit und der Entstehung von Sekundärerkrankungen vorbeugen. Dabei ist der besondere Pflege- und Betreuungsbedarf Pflegebedürftiger mit geistigen Behinderungen, psychischen Erkrankungen, demenzbedingten Fähigkeitsstörungen und anderen Leiden des Nervensystems zu beachten. Nach § 4 Abs. 3 Satz 3 des Rahmenvertrages hat die Beigeladene Beaufsichtigung und Anleitung insbesondere bei psychisch Kranken und geistig und seelisch Behinderten zu leisten. Hieraus folgt jedoch entgegen der Auffassung des SG zur Überzeugung des Senates keineswegs, dass damit die Beigeladene auch hinsichtlich der hier notwendigen 1:1-Nachtwache diese aufgrund des Versorgungsvertrages i.V.m. dem Rahmenvertrag und der bereits geleisteten Vergütung zu erbringen hat. Denn diese über das normale übliche Maß deutlich hinausgehenden ergänzenden notwendigen Maßnahmen sind von dieser Regelung nicht mitumfasst. Denn die in § 4 Abs. 3 Satz 3 des Rahmenvertrages geforderte Beaufsichtigung und Anleitung insbesondere bei psychisch Kranken und geistig und seelisch Behinderten erfasst nach Überzeugung des Senates die hier notwendige aber völlig außerhalb des Normalen stehende 1:1-Betreuung während der Nacht in keiner Weise. Vielmehr ist mit dieser Formulierung ganz offensichtlich die der Klägerin im Übrigen auch tagsüber durch das Pflegepersonal angedeihte Beaufsichtigung und Anleitung gemeint, wie sie auch im Gutachten von Prof. Dr. R. beschrieben ist. Denn die Vertragsparteien sind ganz offensichtlich bei diesen Regelungen im Rahmenvertrag bzw. Versorgungsvertrag von den üblichen Anforderungen und Bedürfnissen ausgegangen, nicht aber von einer so außergewöhnlichen Konstellation und so besonders aufwendig zu betreuenden Pflegebedürftigen, wie dies bei der Klägerin der Fall ist.
65 
Außerdem ergibt sich aus dem Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI lediglich eine Nachtwa-chenbesetzung für die gesamte Bewohnerschaft. In der Einrichtung der Beigeladenen stehen Plätze für maximal 25 Bewohner zur Verfügung. Der Nachtwachenschlüssel beläuft sich aktuell auch auf 1:25. Mit dieser Nachtwachenbesetzung kann die für das gesamte Haus und die ge-samte Bewohnerschaft sicherzustellende Nachtbereitschaft inklusive Rundgängen und Erfüllung der individuellen Pflegeplanung sichergestellt werden, nicht aber die ständige Präsenz bei der Klägerin.
66 
Dass in vollstationären Pflegeeinrichtungen nicht sämtliche Bedarfe, unabhängig von ihrem Ursprung und ihrer sozialleistungsrechtlichen Zuordnung, zu decken sind, zeigt sich beispielsweise auch über den Anspruch gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V auf Behandlungspflege für Versicherte in vollstationären Pflegeeinrichtungen, sofern ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege besteht (siehe hierzu auch die Ausführungen unter 1 b).
3.
67 
Entgegen der Auffassung des SG ergibt sich auch nichts anderes aus dem Heimvertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen. In § 6 Abs. 1 ist lediglich die Rede davon, dass dem Bewohner des Heimes die im Einzelfall erforderlichen Hilfen bei den Verrichtungendes täglichen Lebens mit dem Ziel einer selbstständigen Lebensführung angeboten werden (Satz 1). Diese Hilfen können Anleitung, Unterstützung, Beaufsichtigung und teilweise oder vollständige Übernahme der Verrichtungen sein (Satz 2). Zu den Leistungen der Pflege gehören Hilfen bei der Körperpflege, Hilfe bei der Ernährung und Hilfen bei der Mobilität (Satz 3). Im Übrigen verweist der Heimvertrag in § 6 Abs. 2 hinsichtlich Art und Inhalt der Leistung auf die leistungsbezogenen Regelungen des jeweils gültigen Landesrahmenvertrages gemäß § 75 SGB XI. Wie der Senat bereits oben unter Ziff. 2 ausgeführt hat, kann entgegen der Auffassung des SG § 4 Abs. 3 Satz 3 des Rahmenvertrages keineswegs eine Verpflichtung zu einer nächtlichen 1:1-Betreuung entnommen werden und damit auch nicht aus dem Heimvertrag unter Bezugnahme auf diese Verweisung in § 6 Abs. 2. Den in § 6 Abs. 1 des Heimvertrages beschriebenen Leistungen kann ebenso wenig entnommen werden, dass dort die gerade nicht das Übliche darstellende nächtliche 1:1-Betreuung mit erfasst ist. Auch hier ist offensichtlich der übliche Pflegebedarf beschrieben, was sich im Übrigen gerade auch wiederum aus dem Verweis auf den Landesrahmenvertrag nach § 75 SGB XI ergibt, zugrunde gelegt.
68 
Hierbei ist auch noch festzuhalten, dass ausdrücklich in der Anlage Nr. 4 zu § 13 Abs. 1 des Heimvertrages vom 10. November 2009 (Bl. 159/160 SG-Akte) eine Vereinbarung über den Ausschluss einer Anpassungsverpflichtung bei veränderten Pflege- oder Betreuungsbedarf mit dem Inhalt geschlossen wurde, dass sich (Abs. 1) sofern der Pflege- oder Betreuungsbedarf des Bewohners sich ändern sollte, die Einrichtung entsprechend an diesen veränderten Bedarf angepasste Leistungen anbietet. Allerdings könne die Einrichtung in den folgenden Fällen die notwendigen Leistungen nicht anbieten, weshalb eine Anpassung ausgeschlossen werde, so unter anderem (Buchstabe a) bei der Versorgung von Wachkomapatienten, Patienten mit apallischem Syndrom und von beatmungspflichtigen Patienten sowie von Patienten mit Krankheiten oder Behinderungen, die eine ununterbrochene Beaufsichtigung und die Möglichkeit der jederzeitigen Intervention erforderlich machen. Die Einrichtung sei ihrer Konzeption nach für eine intensivmedizinische Versorgung personell, baulich und apparativ nicht ausgestattet.
69 
D.h. mit anderen Worten, dass – wenngleich hier offenkundig in erster Linie an eine intensivmedizinische Versorgung gedacht ist – auch eine Verpflichtung der Beigeladenen, die hier notwendige nächtliche 1:1-Betreuung, die durchaus der dort beschriebenen Versorgung jedenfalls vom personellen Bedarf her entspricht, aufgrund des Heimvertrages zu erbringen (unabhängig von der Frage der Kostendeckung) gerade nicht besteht.
4.
70 
Vielmehr handelt es sich zur Überzeugung des Senates bei der hier streitigen nächtlichen 1:1-Betreuung um „andere Verrichtungen“ im Sinne von § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Danach ist nämlich - wie bereits oben zitiert - Hilfe zur Pflege auch kranken und behinderten Menschen zu leisten, die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Abs. 5 bedürfen. In § 61 Abs. 5 sind als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Sinne des Abs. 1 aufgeführt:
71 
1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- und Blasenentleerung,
72 
2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung,
73 
3. im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung,
74 
4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung und das Beheizen.
75 
Mit dieser Regelung in § 61 Abs. 1 Satz 2 3. Alternative werden die Sozialhilfeträger im Wege der Ausweitung des sozialhilferechtlichen Pflegebegriffs verpflichtet, auch diejenigen Leistungen bereitzustellen, die von der Pflegeversicherung infolge deren Einschränkung des Pflegebegriffs auf körperbezogene und hauswirtschaftliche Verrichtungshilfen (§ 14 Abs. 4 SGB XI) nicht gedeckt werden. Zum erweiterten Pflegebegriff gehören z.B. allgemeine Anleitung und Beaufsichtigung, die Orientierung im häuslichen wie außerhäuslichen Bereich, die Strukturierung des Tagesablaufs mit seinen unterschiedlichen körperlichen, geistigen und seelischen Bedürfnissen, der Schutz vor Selbst- und Fremdgefährdung sowie die Herstellung von Beziehungen zur Umwelt, schließlich auch der Zeitaufwand, der zur Beruhigung eines Pflegebedürftigen gebraucht wird (so Krahmer/Sommer in LPK SGB XII § 61 Rdnr. 7 mit Hinweis auf Klie in Hauck/Nofz § 61 Rdnr. 5). Auch die Tages- oder Nachtbereitschaft bei nicht planbarem Pflegebedarf ist als Teil der „anderen Verrichtungen“ anzuerkennen (so Krahmer/Sommer a.a.O.; siehe auch H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm § 61 Rdnr. 35).
76 
Diesen weitergehenden Pflegebedarf hat Prof. Dr. R. in ihrem Gutachten auch nochmals ausdrücklich beschrieben und bestätigt. So den hohen Bewegungs- und Beschäftigungsdrang, die Gefahr der Selbstgefährdung, insbesondere auch die paradoxen und diametralen Reaktionen der Klägerin bei Anweisung und erfolgter Anleitung, sodass die Klägerin bei allen einstufungsrelevanten Verrichtungen der Anleitung, auf alle Fälle aber der Beobachtung bedarf, um im Bedarfsfall rechtzeitig intervenieren zu können und Gefahren für sie abwenden zu können.
77 
Dieser pflegerische (weitergehende) Bedarf kann auch nachts nur durch eine 1:1-Betreuung gewährleistet werden. Insbesondere scheiden die in der Vergangenheit bereits angesprochenen und auch vom Beigeladenen ausprobierten Alternativen (wie eine entsprechende spezifische Kleidung, eine Sensormatte, Niedrigbett oder Hüftprotektoren) aus. So hat Prof. Dr. R. auch darauf hingewiesen - wie im Übrigen auch die Beigeladene bereits in ihrer Stellungnahme -, dass aufgrund der Mobilitätsressourcen und der kognitiven Ressourcen der Klägerin diese sehr schnell einen Weg findet, auch eine solche Kleidung in einem unbeobachteten Moment zu öffnen, zu zerstören und zu entfernen. Da das Urinieren auf die Treppe vornehmlich dann erfolgt, wenn die Klägerin ihren Willen nicht durchsetzen kann - weniger aufgrund ihrer kognitiven Situation oder Inkontinenz - wären auch entsprechende Inkontinenzmaterialien nach Auffassung von Prof. Dr. R. nicht hilfreich bzw. könnten die Verhaltensformen nicht verhindern. Bei der Sensormatte ist zu berücksichtigen, dass diese zwar anzeigt, wenn die Bewohnerin aufsteht. Wenn aber das nächtliche Aufstehen die beschriebene Sturzgefahr bzw. Selbstgefährdung birgt, müsste an sich gleichzeitig permanent sichergestellt werden, dass sich im Moment des Alarms auch sofort jemand zur Klägerin begibt. Dies kann allerdings von einer normalen Nachtwache, wie sie auch etwa bei der Beigeladenen ausgerichtet ist, nämlich eine Person für 25 Bewohner, nicht geleistet werden. Nicht anders stellt sich die Situation bei einem Niedrigbett dar oder auch bei den Hüftprotektoren.
78 
Das heißt weiter, dass auch bei einer Unterbringung der Klägerin in einer anderen Einrichtung (hier das zuletzt vom Beklagten vorgeschlagene Haus K.) eine nächtliche 1:1-Betreuung ebenfalls notwendig wäre. Auch das Haus K. kann dies ohne zusätzliche Personal für die Klägerin nicht leisten, weil auch dort, selbst wenn bei der Gerontopsychiatrischen Abteilung ein höherer Personalschlüssel besteht, jedenfalls eine nächtliche 1:1-Betreuung für die Klägerin ohne zusätzliches Personal ebenfalls nicht möglich wäre.
79 
Darüber hinaus besteht auch die bereits von Dr. N., Dr. St. und auch nochmals von Prof. Dr. R. angesprochenen erheblichen Probleme bei einem Wechsel der vertrauten Umgebung. Während im „Haus P.“ das Personal zwischenzeitlich offensichtlich nach den Feststellungen der behandelnden Ärztin Dr. N. in E. als auch den von Prof. Dr. R. zur Klägerin ein vertrauensvolles Verhältnis hat aufbauen können, was gerade die Grundlage dafür ist, dass die Klägerin einigermaßen geführt werden kann. Dies alles müsste bei einem Wechsel in eine andere Einrichtung wieder neu aufgebaut werden. Dieser Prozess aber würde neue Herausforderungen provozieren und auch neue Gefahren für die Klägerin verursachen. Die Klägerin würde zunächst wiederum versuchen, ihre Grenzen auszuloten, ihren Platz zu finden und intensiv abwägen, bei welchem Mitarbeiter/welcher Mitarbeiterin sie welche Forderungen in welcher Form und mit welcher Verhaltensweise durchsetzen kann. Diesen Prozess der Annäherung und des Vertrauensaufbaus zu den Pflegenden, den in der Einrichtung lebenden Bewohnern und auch zum behandelnden Arzt, würde eine erhebliche Anstrengung seitens aller Beteiligten einfordern und für die Klägerin zunächst wiederum Raum für Selbst-und Fremdgefährdung eröffnen.
80 
Soweit der Beklagte gegen die gutachterliche Einschätzung von Prof. Dr. R. eingewandt hat, die Gutachterin habe die Klägerin nur tagsüber im "Haus P." erlebt, sich jedoch nicht selbst einen Eindruck von dem nächtlichen Betreuungsbedarf gemacht, greift dies nicht durch. Die Gutachterin hat vielmehr überzeugend darauf verwiesen, dass die Beobachtung an während einer einzelnen willkürlich herausgegriffenen Nacht keine abschließende Beurteilung zulässt, sondern auch in diesem Falle sie – wie von ihr ohnehin vorgenommen – darauf angewiesen wäre, die Dokumentationen einerseits und die Angaben der Betreuungspersonen bzw. Pflegefachkräfte andererseits auszuwerten und abschließend zu beurteilen.
III.
81 
Entgegen der Auffassung des Beklagten findet sich auch keine alternative Einrichtung, in der die Klägerin mit einem geringeren personellen und damit finanziellen Aufwand nachts betreut werden kann, ohne dass es zu Selbst- oder Fremdgefährdungen durch die Klägerin kommt. So hat der Zeuge S, Leiter Altenhilfe, Gerontopsychiatrisches Pflegeheim K. in seiner schriftlichen Auskunft vom 31. März 2015 ausdrücklich darauf verwiesen, dass im Nachtdienst nur ein Personalschlüssel 1:50 gegenfinanziert sei. Das bedeute, dass keine nächtliche Betreuungs- oder zusätzliche pflegerische Angebote möglich seien.
82 
Eine Fixierung – die von der bisher versorgenden Einrichtung als notwendig erachtet worden sei – könne man daher nicht ausschließen, und erscheine auch eher wahrscheinlich, wenn die bishe-rige 1:1-Betreuung wegfalle. Dies werde allerdings vom gesetzlichen Betreuer abgelehnt. Somit würde ein Wechsel in das Haus K. hinsichtlich Sachlage und Kosten der Unterbringung nichts ändern, wohl aber der Umzug und die Rahmenbedingungen für die Klägerin mit nicht abschätzbaren Folgen für die psychische Stabilität (Bl. 224/225 Senatsakte).
83 
Aus diesen Gründen war auch der Anregung des Beklagten anhand der noch vorgelegten Liste (Aktenvermerk) vom 25. März 2015 (Bl. 211 ff. Senatsakte) mit verschiedenen Einrichtungen (unter anderem ZfP R. Gerontopsychiatrisches Pflegeheim; R., psychiatrischer Pflegebereich für chronisch psychisch kranke Menschen;) bei diesen Einrichtungen noch Anfragen zu den Möglichkeiten einer Betreuung zu veranlassen, nicht mehr nachzugehen. Abgesehen davon, dass ausweislich des vom Beklagten selbst vorgelegten Aktenvermerkes all die dort benannten Häuser eine Aufnahme der Klägerin ablehnten, sofern eine 1:1-Betreuung erbracht werden müsse, kommt hinzu, dass diese Häuser in der Regel noch mehr Bewohner haben, als die Beigeladene mit der Folge, dass dort sogar der Betreuungsschlüssel nachts nicht nur 1:25 wie bei der Beigeladenen sondern 1:50 beträgt, damit aber die Notwendigkeit einer 1:1-Betreuung bei der Klägerin im Hinblick auf ihre besonderen Verhaltensauffälligkeiten noch offenkundiger ist.
84 
Aus diesen Gründen ist das Urteil des SG aufzuheben und der Beklagte gem. dem Hilfsantrag zu verurteilen, über die bereits gewährten Leistungen der Hilfe zur Pflege hinaus auch die weiteren zusätzlichen Kosten für die nächtliche 1:1-Betreuung der Klägerin im „Haus P.“ in Höhe von 6.166,-EUR zu übernehmen. Soweit die Klägerin im Hauptantrag die streitigen (zusätzlichen) Leistungen als Leistung der Eingliederungshilfe geltend gemacht hat, war insoweit die Berufung zurückzuweisen.
IV.
85 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
86 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.

(1) Die Leistungen müssen wirksam und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht übersteigen. Leistungen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, können Pflegebedürftige nicht beanspruchen, dürfen die Pflegekassen nicht bewilligen und dürfen die Leistungserbringer nicht zu Lasten der sozialen Pflegeversicherung bewirken.

(2) Leistungen dürfen nur bei Leistungserbringern in Anspruch genommen werden, mit denen die Pflegekassen oder die für sie tätigen Verbände Verträge abgeschlossen haben.

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Dezember 2014 und des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. März 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 29 660,61 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Im Streit ist (noch) die Erstattung von Kosten in Höhe von 24 660,61 Euro, die der Kläger für die Hilfeempfängerin (H) im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.4.2009 bis 31.10.2010 erbracht hat.

2

Die 1940 geborene H lebte von 1973 bis 27.2.2005 im Stadtgebiet der Beklagten und wurde dort bereits seit 1999 ambulant bzw stationär gepflegt, ohne Sozialhilfeleistungen erhalten zu haben. Sie leidet an der Alzheimer-Krankheit und ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100); sie erhielt und erhält Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung (Pflegestufe III). Am 27.2.2005 zog sie in eine Wohngemeinschaft für (insgesamt sechs) demenzerkrankte Menschen nach Neuruppin (Kreisgebiet des Klägers) und schloss mit der V. einen Pflegevertrag, auf dessen Grundlage sie in der Folgezeit gepflegt wurde.

3

Nachdem der Kläger, der H bereits vor dem streitbefangenen Zeitraum Hilfe zur Pflege bewilligt und gezahlt hatte, erfolglos die Beklagte zur Kostenerstattung aufgefordert hatte, gewährte er vom 1.4.2009 bis 31.10.2010 entsprechende Leistungen (in Höhe von insgesamt 24 660,61 Euro) nur noch vorläufig bis zur Klärung der endgültigen Zuständigkeit (Bescheide aus dem Jahre 2009).

4

Die im Dezember 2010 erhobene Klage - ursprünglich nebst zweier Feststellungsanträge noch gerichtet auf Erstattung von 56 623,09 Euro - hatte Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 27.3.2013). Nachdem der Kläger im Berufungsverfahren seine Erstattungsforderung auf 24 660,61 Euro beschränkt und einen der Feststellungsanträge zurückgenommen hatte, hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg das Urteil des SG auf die Berufung der Beklagten geändert und die Beklagte (nur noch) verurteilt, an den Kläger 24 660,61 Euro zu zahlen; gleichzeitig hat es festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, "den Leistungsfall der H in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen" (Urteil vom 11.12.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte aus § 43 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) iVm § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Er habe im streitbefangenen Zeitraum nur vorläufig geleistet, weil die Zuständigkeit zwischen den Beteiligten streitig gewesen sei. Die Beklagte sei aber als zuletzt vor Beginn der ambulanten Betreuung Zuständige auch der zuständige Leistungsträger nach § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII. Es liege nämlich eine Leistungsgewährung in einer "ambulant betreuten Wohnform" vor. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei hierfür ausreichend, dass H in einer Wohnform gelebt habe, in deren institutionellem Rahmen Leistungen nach § 55 Abs 2 Nr 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) angeboten würden. Dies sei der Fall; denn nach der Konzeption des Maßnahmeträgers handele es sich um eine Wohngemeinschaft, die solche Leistungen institutionell anbiete. Auf die Frage, ob vorliegend Hilfe zur Pflege oder Eingliederungsleistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Vordergrund gestanden hätten, komme es deshalb nicht an.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII. H habe keine Leistungen "in Form ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" erhalten. Der Art nach sei H ganz überwiegend entsprechend der Leistungsbewilligung pflegerisch betreut worden; in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen ihr und dem Leistungserbringer sei auf die weitergehende Konzeption des ambulanten Dienstes als solchem auch nicht Bezug genommen worden.

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt, nachdem er den vom LSG noch beschiedenen Feststellungsantrag zurückgenommen hat,

die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, die vom SG durchgeführte Beweisaufnahme habe zudem bestätigt, dass bei Hs Betreuung der Aspekt der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben überwogen habe, sodass auch deshalb ein "Ambulant-betreutes-Wohnen" zu bejahen sei.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtgesetz). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten (24 660,61 Euro), weil er selbst der für die erbrachte Leistung zuständige Leistungsträger und die Beklagte damit nicht passivlegitimiert war.

10

Verfahrensrechtlich bedurfte es keiner Nachholung der Beiladung von H (§ 75 Abs 2 SGG); auch unter Berücksichtigung des § 107 SGB X wird die Position der H weder verfahrens- noch materiellrechtlich beeinträchtigt(vgl dazu allgemein BSG, Urteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - RdNr 10 mwN).

11

Ohne Bedeutung ist, dass das LSG zu Recht § 102 SGB X iVm § 43 SGB I, nicht § 104 SGB X iVm § 14 SGB IX seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, weil der Kläger jedenfalls keine Eingliederungshilfeleistungen, sondern Pflegehilfeleistungen bewilligt hat. Selbst wenn man § 104 SGB X iVm § 14 SGB IX anwenden wollte, weil der Kläger zu Unrecht (nur) Pflegehilfe statt (evtl ergänzender) Eingliederungshilfe bewilligt und gezahlt haben sollte, würde sich am Ergebnis nichts ändern. Der Kläger selbst war nach § 97 SGB XII iVm § 2 des Brandenburgischen Ausführungsgesetzes zum SGB XII als örtlicher Sozialhilfeträger sachlich und nach § 98 Abs 5 Satz 2 SGB XII iVm § 97 Abs 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) auch örtlich für die Erbringung all dieser Leistungen zuständig. Insoweit kann dahinstehen, ob eine Heranziehung von Ämtern oder amtsfreien Gemeinden nach § 3 des Ausführungsgesetzes vorgenommen worden ist; an der Zuständigkeit selbst würde sich hierdurch nichts ändern, weil eine Heranziehung nur zur Wahrnehmungszuständigkeit der anderen Behörde führt (BSG SozR 4-3500 § 106 Nr 1 RdNr 16).

12

Nach § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII(hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) ist für Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten wird zwar im Gesetz nicht näher definiert; nach der Gesetzesbegründung zur ursprünglichen Normfassung orientiert er sich jedoch an § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX(BT-Drucks 15/1514, S 67 zu § 93). Soweit der Senat im Hinblick hierauf ausgeführt hat, der Art nach dürfe es sich bei der erforderlichen Betreuung ua nicht um eine solche pflegerischer Art handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistung (für die Annahme einer Eingliederungsleistung) müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSGE 109, 56 ff RdNr 15 mwN = SozR 4-3500 § 98 Nr 1), modifiziert er diese Aussage, die in der zitierten Entscheidung für die Anwendung des § 98 Abs 5 SGB XII ohnedies nicht tragend war, sondern nur der Unterscheidung der Leistungsarten diente.

13

Mit der zum 7.12.2006 vorgenommenen Änderung im Wortlaut der Vorschrift (zuvor nur: "Leistungen an Personen, die Leistungen in Form ambulant betreuter Wohnmöglichkeit erhalten haben"), macht das Gesetz deutlich, dass sämtliche Leistungen der ambulanten Betreuung nach dem Sechsten bis Achten Kapitel - aber auch nur solche, also nicht etwa Leistungen der Altenhilfe - mit der Zielrichtung der Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich (zur Zielrichtung bereits BSG, aaO) gleichgestellt sind. Neben den Leistungen zur Teilhabe kann nach dem ausdrücklichen und unzweideutigen Willen des Gesetzgebers auch die Gewährung von ambulanten Leistungen der Hilfe zur Pflege einen Leistungsfall des "Betreuten-Wohnens" im Sinne des § 98 Abs 5 SGB XII darstellen, weil die Sicherung der Selbstbestimmung im eigenen Wohn- und Lebensbereich damit einhergeht. Unter Berücksichtigung dieses Wortlauts ist es systematisch ausgeschlossen, die Norm nur für Eingliederungshilfeleistungen des betreuten Wohnens anzuwenden. Der Gesetzgeber versteht vielmehr im Rahmen einer funktionsdifferenten Auslegung auch Leistungen der Hilfe zur Pflege normativ als ambulante Betreuung iS des § 98 Abs 5 SGB XII, hat dabei also ein weites Begriffsverständnis zugrunde gelegt; auf die für die Leistungsansprüche erforderliche Unterscheidung zwischen Eingliederungshilfe und Pflegehilfe kann es deshalb nicht ankommen, weil ansonsten § 98 Abs 5 SGB XII für Leistungen der Hilfe zur Pflege(7. Kap des SGB XII) bedeutungslos wäre: Ihr Ziel ist immer die pflegerische Unterstützung, nicht die Eingliederung bzw Teilhabe (vgl näher nur Meßling in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 61 SGB XII RdNr 16 ff mwN zur Rspr). Ob ausnahmsweise für die Anwendung des § 98 Abs 5 SGB XII etwas anderes gilt, wenn die Hilfe zur Pflege qualitativ eine Intensitätsstufe unterschreitet(etwa sog Pflegestufe Null; s dazu Meßling, aaO, RdNr 82 ff mwN) oder keine kontinuierliche, sondern nur punktuelle pflegerische Betreuung gewährt wird (s zu diesem Gedanken für die Abgrenzung zwischen Hilfe und Pflege und Eingliederungshilfe BSGE 109, 56 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1), bedarf keiner Entscheidung; keine dieser denkbaren Ausnahmen liegt hier vor.

14

Die Zuständigkeitsregelung beruht auf dem gesetzgeberischen Ziel, Einrichtungsorte nur in bestimmten Fällen zu schützen (vgl dazu BSGE 109, 56 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1), und ist insoweit einer Prüfung auf Sinnhaftigkeit nicht zugänglich. Diesem normativen Bestreben, die Verbreitung aller ambulanten Betreuungsformen, die der Verwirklichung eines selbstbestimmten Lebens in Würde dienen, zu unterstützen, liefe es jedenfalls zuwider, wollte man entgegen dem Gesetzeswortlaut eine Abgrenzung nur nach der Art der Leistung vornehmen. Gerade die Fälle der Demenzerkrankung, die - wie bei H - meist über Jahre progredient verlaufen, bestätigen den Gesetzgeber. Die pflegerische Versorgung wird nämlich typischerweise im Verlaufe der Erkrankung in den Vordergrund rücken, hat aber wie die Eingliederungshilfe eine möglichst selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung zum Ziel (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung -); die Stärkung der häuslichen Pflege vor der stationären ist auch hier wesentlicher Gesichtspunkt (vgl § 3 Satz 1 SGB XI). Allerdings ist - entgegen der Auffassung des LSG - die Entscheidung, ob ein "Ambulant-betreutes-Wohnen" vorliegt, anhand dieses normativ bestimmten Ziels zu treffen. § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII erfasst gerade nicht eine durch allgemeine Gegebenheiten definierte "Wohnform", sondern eine Form der Betreuungsleistung. Es kommt - wie der Senat bereits ausgeführt hat - damit nicht auf die institutionelle Verknüpfung von Betreuung und Wohnen an (BSG, aaO, RdNr 15), sodass auch eine allgemeine Konzeption des Angebots durch den ambulanten Leistungserbringer nicht entscheidend sein kann.

15

Gleichwohl findet vorliegend § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII im Hinblick auf die Übergangsregelung des Satzes 2 keine Anwendung, weil die Hilfeempfängerin H durchgehend seit 1999 ambulant bzw stationär gepflegt worden ist und damit ein sog Altfall iS der Rechtsprechung des Senats(BSGE 109, 56 ff RdNr 18 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1; BSG, Urteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - RdNr 16) vorliegt, der zur Anwendung des § 97 BSHG zwingt(BSG, aaO). Dies hat die Zuständigkeit des Klägers zur Folge, weil es vor Inkrafttreten des SGB XII eine § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII entsprechende Zuständigkeitsregelung nicht gab. Vielmehr wurde nach § 97 Abs 1 BSHG für nichtstationäre (gemeint ist: stationär = vollstationär) Leistungen, damit auch für Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens, die örtliche Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers begründet, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger tatsächlich aufhielt. Durch Hs Umzug nach Neuruppin ist der Kläger auf diese Weise selbst zuständig geworden und blieb es danach mangels Wechsels eines tatsächlichen Aufenthalts.

16

Der Annahme eines Altfalls steht nicht entgegen, dass sich die Hilfeempfängerin in der Zeit vor dem 1.1.2005 offenbar in stationärer Pflege befand, die von der Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs 5 SGB XII gerade nicht erfasst wird. Wenn der Gesetzgeber ambulante Pflegehilfe iS des § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII als Form des Betreuten-Wohnens verstanden wissen will, dann muss diese Wertung für die Anwendung des § 98 Abs 5 Satz 2 SGB XII denknotwendig bei der Beurteilung des Bedarfsfalls des Betreuten-Wohnens als solchem übernommen werden. Mit anderen Worten: Bei der Entscheidung darüber, ob ein Alt- oder Neufall vorliegt, muss die ambulante (betreute) Pflege und stationäre (betreute) Pflege als einheitlicher Bedarfsfall der Betreuung angesehen werden. Für die Anwendung der Übergangsvorschrift ist ohne Bedeutung, ob entsprechende Sozialhilfeleistungen bewilligt und gezahlt worden sind (BSGE 109, 56 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1).

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 154 Abs 1, 155 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs 3 und Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei waren der Streitwert der Leistungs- und Feststellungsklage zusammenzurechnen (§ 39 Abs 1 GKG). Der Streitwert der Leistungsklage entspricht dem vom LSG zugesprochenen Betrag und dem zu Beginn des Revisionsverfahrens (§ 40 GKG) noch streitbefangenen Feststellungsantrag (§§ 47 Abs 1 und 2, 52Abs 2 und 3 GKG). Für die Feststellungsklage war mangels hinreichender Anhaltspunkte für deren Wert der Auffangstreitwert von 5000 Euro anzusetzen.

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

Tenor

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. Juli 2014, S 51 SO 617/11, wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Sozialhilfeleistungen in Höhe von 32.750,18 EUR streitig, die der Kläger für den Leistungsberechtigten B. (Lb) in der Zeit von 17.06.2010 bis 13.03.2011 aufgewandt hat.

Der 1949 geborene, amerikanische Staatsangehörige Lb litt ab 2006 an einer atypischen Parkinson-Erkrankung mit kortikobasaler Degenration. Seit November 2009 bestand für ihn eine umfassende gesetzliche Betreuung. Bis Mai 2010 wohnte er in einer eigenen Wohnung im Stadtgebiet der Beklagten. Nach einem Sturz musste er zunächst stationär in einem Krankenhaus in A-Stadt behandelt werden; unmittelbar anschließend an den Krankenhausaufenthalt wurde er am 15.06.2010 zunächst vorläufig bis 13.07.2010 in die A. in A-Stadt aufgenommen. An diesem Tag meldete er sich in der Gemeinde A-Stadt im Landkreis M. an.

Bei der D. e.V. werden die Bewohner durch externe Ärzte und ambulante Pflegedienste palliativmedizinisch und pflegerisch versorgt und palliativ spirituell begleitet. Nach dem Mietvertrag vom 15.06.2010 handelt es sich um ein Pilotprojekt im Rahmen des betreuten Wohnens und nicht um ein Heim i. S. des Heimgesetzes. Die monatliche Miete für das vom Lb genutzte Zimmer betrug 431,04 EUR zuzüglich einer Betriebskostenpauschale von 349,63 EUR (gesamt 780,67 EUR). Nach Ziffer 11 des Mietvertrages war dieser nur gültig im Zusammenhang mit einem Betreuungsvertrag. Auch diesen schloss die Betreuerin am 15.06.2010 für den Lb, wobei der Vertrag aus den drei Bestandteilen Betreuungsvertrag für betreutes Wohnen (= Bestandteil des Mietvertrages, Pauschale 156,13 EUR), Betreuungsvertrag (330 EUR monatlich) und Wahlleistungen (bei Inanspruchnahme, z. B. Essen, Wäsche waschen etc.) bestand. Nach dem Betreuungsvertrag hatte jeder Bewohner das Recht, seine Betreuung nach freier Wahl zu gestalten, es bestand keinerlei Verpflichtung des Bewohners, Dienstleistungen vom Betreuungsträger abzurufen. Die zuständige Krankenkasse (Barmer EK) gewährte dem LB ambulante Pflegeleistungen nach der Pflegestufe III in Höhe von 1.510 EUR monatlich und teilte der Betreuerin mit, dass keine Verträge für die Hospizbehandlung bestünden. Ausweislich eines MDK Gutachtens vom 28.09.2010 bestand beim Lb eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz bei Pflegestufe III, allerdings keine Erforderlichkeit einer stationären Pflege.

Die gesetzliche Betreuerin des Lb beantragte am 17.06.2010 beim Kläger (Bezirk Oberbayern) Leistungen der Sozialhilfe (Grundsicherung und Pflege) für ihren Betreuten. Mit Schreiben vom 24.06.2010 teilte der Kläger der Betreuerin mit, dass die Kosten nicht übernommen werden könnten und der Lb sich an die Beklagte wenden solle. Es bestehe keine Pflegesatzvereinbarung zwischen dem Bezirk und dem Haus D ... Eine Weiterleitung des Antrages an einen anderen Sozialhilfeträger nach § 14 SGB IX oder § 16 Abs. 2 SGB I erfolgte nicht.

Die Betreuerin beantragte daraufhin am 25.06.2010 bei der Beklagten (LHM) Leistungen der Grundsicherung und Pflege und mit einem weiteren Antrag vom 13.08.2010 Hilfe zum Lebensunterhalt und Leistungen nach den 5. - 9. Kapiteln. Die Beklagte leitete den Antrag auf Grundsicherung und Hilfe zur Pflege am 26.08.2010 an den aus ihrer Sicht nach § 98 Abs. 1 Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zuständigen Beigeladenen (LK M.) nach § 16 Abs. 2 SGB I weiter. Der Beigeladene lehnte gegenüber der Betreuerin den Antrag 16.09.2010 ohne Begründung ab und leitete der Betreuerin die von der Beklagten erhaltenen Unterlagen zurück.

Die Betreuerin wandte sich am 22.09.2010 erneut an die Beklagte und wies auf die dringliche Leistungserbringung hin. Die Beklagte wandte sich am 29.09.2010 an den Kläger und forderte diesen zur vorläufigen Leistungserbringung nach § 43 SGB I unter gleichzeitiger Übersendung der Unterlagen auf.

Der Kläger lehnte gegenüber der Beklagten am 15.10.2010 (ambulant betreute Wohnform mit Zuständigkeit der Beklagten) seine Zuständigkeit ab und bat die Beklagte um Bearbeitung. Die Beklagte lehnte dies am 28.10.2010 gegenüber der Betreuerin und dem Kläger ab, weil es sich nicht um eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit handele und der Beigeladene als örtlicher Träger zuständig sei.

Die Betreuerin beantragte am 19.10.2010 beim Kläger vorläufige Leistungen nach § 43 SGB I und kündigte einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an. Der zwischenzeitlich bevollmächtigte Rechtsanwalt des Lb beantragte am 10.11.2010 beim Sozialgericht München (SG) gegen den Kläger und die Beklagte einstweiligen Rechtsschutz (S 19 SO 538/10 ER). Das SG lud den Landkreis M. bei. Der Kläger erklärte sich am 25.11.2010 gegenüber dem SG bereit, die nicht gedeckten Kosten der Unterbringung (Grundsicherung und Pflege) vorläufig nach § 43 SGB I zu übernehmen. Mit Bescheid vom 07.02.2011 gewährte der Kläger für die Zeit von 17.06.2010 bis zunächst 30.04.2011 die in der „Einrichtung“ A. notwendigen Sozialhilfeleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als Grundsicherung, Hilfe zur Pflege und Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, soweit sie nicht durch Leistungen der Pflegeversicherung und Eigenbeteiligungen gedeckt seien. Der Kläger sei für die Leistungserbringung nur vorläufig zuständig, seine sachliche und örtliche Zuständigkeit sei nicht gegeben. Ebenfalls am 07.02.2011 meldete der Kläger einen Erstattungsanspruch bei der nach seiner Ansicht über § 98 Abs. 5 SGB XII zuständigen Beklagten an; außerdem meldete der Kläger am 08.02.2011 einen Kostenerstattungsanspruch beim nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständigen Beigeladenen an. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 24.02.2011 mit, dass sie den Erstattungsanspruch nicht anerkenne. Es handle sich bei der A. nicht um eine ambulant betreute Wohnform i. S. des Gesetzes. Nach Auffassung der Beklagten sei der Beigeladene der zuständige örtliche Sozialhilfeträger.

Der Kläger änderte die Bewilligung der Leistungen gegenüber dem Lb mit Bescheid vom 14.03.2011, wobei er die zwischenzeitlich bewilligte Erwerbsminderungsrente als Einkommen anrechnete. Die Betreuerin teilte dem Kläger am 17.03.2011 mit, dass der Kläger am 13.03.2011 verstorben war und ihre Betreuung damit ende. Das Nachlassgericht teilte dem Kläger mit, dass keine Erbenermittlung von Amts wegen erfolge.

Der Beigeladene lehnte seine Zuständigkeit nach der erneuten Anmeldung eines Erstattungsanspruches mit Schreiben des Klägers vom 07.08.2011 am 22.08.2011 ab. Zuständig sei die Beklagte. Es handle sich bei der nicht um eine stationäre Einrichtung, sondern um eine ambulant betreute Wohngemeinschaft. Örtlich zuständig sei damit der Träger der Sozialhilfe, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt örtlich zuständig war oder gewesen wäre. Der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Lb sei in der Landeshauptstadt A-Stadt gewesen.

Der Kläger hat am 15.11.2011 beim SG Leistungsklage gegen die Beklagte erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die für den Leistungsberechtigten B. in der Zeit von 17.06.2010 bis 13.03.2011 erbrachten Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 32.750,18 EUR zu erstatten. Bei der D. handle es sich um eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit i. S. des § 98 Abs. 5 SGB XII. Leistungen der Eingliederungshilfe seien neben den Pflegeleistungen nicht erbracht worden. Daher sei die Beklagte für die Leistungserbringung örtlich und sachlich zuständig.

Nach Auffassung der Beklagten sei schon fraglich, ob Leistungen in einem Hospiz überhaupt als ambulant betreutes Wohnen bezeichnet werden könnten, weil es sich ja um den Rückzug aus der Gesellschaft und gerade nicht um Betreuungsleistungen i. S. v.§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft handele. Der Kläger habe nachzuweisen, dass es sich um eine Teilhabeleistung handele und sei dieser Darlegungspflicht nicht nachgekommen. Der Kläger habe überhaupt keine Eingliederungsleistungen für den Lb erbracht. Auch spreche die Leistungserbringung durch eine große Anzahl an Laienhelfern deutlich dagegen, dass es sich um eine qualifizierte Betreuung im Sinne eines ambulant betreuten Wohnens gehandelt habe. Sollte man dennoch von ambulanten Leistungen der Hilfe zur Pflege ausgehen, handle es sich jedenfalls nicht um eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit i. S. des § 98 Abs. 5 SGB XII. Der Kläger habe auch übersehen, dass Art. 82 Abs. 2 BayAGSG seine sachliche Zuständigkeit begründe, falls es sich um eine Form des ambulant betreuten Wohnens handele.

Mit Beschluss vom 26.11.2012 hat das SG den Landkreis M. zum Verfahren beigeladen.

Das SG hat mit Urteil vom 9. Juli 2014 die Beklagte verurteilt, dem Kläger die für den Lb in der Zeit von 17.06.2010 bis 13.03.2011 erbrachten Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 32.750,18 EUR zu erstatten. Dem Kläger stehe ein Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X gegen die Beklagte zu. Der Kläger habe die streitigen Leistungen für den Lb als erstangegangener Träger gemäß § 43 SGB I vorläufig erbracht. Der Kläger gewährte mit Bescheid vom 07.02.2011 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Die sachliche Zuständigkeit des örtlichen Sozialhilfeträgers folge aus § 97 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 SGB XII i. V. m. Art. 82 Abs. 1 AGSG. Bei der A. handele es sich zur Überzeugung des SG nicht um eine stationäre oder teilstationäre Einrichtung, sondern um eine ambulant betreute Wohnform. Nach § 13 Abs. 2 SGB XII seien (teilstationäre oder stationäre) Einrichtungen alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dienten. Erforderlich sei im Gegensatz zur ambulanten Leitungserbringung ein Teil- oder Vollaufenthalt des Leistungsberechtigten und die geeignete sozialhilferechtliche Betreuung, zusammengefasst in einer besonderen Organisationsform von personellen und tatsächlichen Mitteln (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 13 Rn. 28 m. w. N.). Hinzukomme eine Mindestgröße, die auf einen größeren wechselnden Personenkreis zugeschnitten sei, und eine gewisse Dauer. Im Gegensatz dazu würden ambulante Leistungen außerhalb von Einrichtungen im Wohnumfeld des Leistungsempfängers erbracht. Es erfolge keine formelle Aufnahme des Leistungsempfängers in eine Institution, so dass die Unterbringung grundsätzlich nicht Teil der Leistungserbringung sei (Waldhorst-Kahnau in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 13 Rn. 25). Entscheidend sei, ob bei einer Gesamtbetrachtung der erbrachten Leistungen von einer Vollversorgung im Rahmen einer Einrichtungsgesamtheit auszugehen sei (Waldhorst-Kahnau, a. a. O.., § 13 Rn. 27).

Vorliegend habe der Lb mit dem Verein A. einen Mietvertrag über ein seinen Bedürfnissen entsprechendes behindertengerechtes Zimmer im Anwesen A-Straße in A-Stadt geschlossen. Daneben habe er einen Betreuungsvertrag mit dem Verein abgeschlossen. Nach der Konzeption des Vereins habe jeder Bewohner das Recht, seine Betreuung nach freier Wahl zu gestalten. Es bestehe keinerlei rechtliche oder anderweitige Verpflichtung seitens des Bewohners, Dienstleistungen vom Betreuungsträger abzurufen. Hätte der Lb einen externen Pflegedienst beauftragt, hätte dieser unstreitig ambulante Leistungen der Hilfe zur Pflege erbracht. Nichts anderes könne gelten, wenn der Lb auf die Vermittlung des Vereins zurückgreife und den von diesem vermittelten Pflegedienst beauftrage.

Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten folge damit aus § 98 Abs. 5 SGB XII. Der Lb habe zur Überzeugung des SG Leistungen in einer ambulant betreuten Wohnmöglichkeit erhalten. Die örtliche Zuständigkeit für die Gewährung von Sozialhilfeleistungen knüpfe damit nicht an den tatsächlichen oder gewöhnlichen Aufenthalt an, sondern perpetuiere die örtliche Zuständigkeit des zuletzt zuständigen (örtlichen oder überörtlichen) Trägers. Damit bleibe die Beklagte für den Lb örtlich zuständig. Der Begriff der „ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit“ sei eine gesetzliche Neuschöpfung; eine Legaldefinition finde sich weder im SGB XII noch anderswo. Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen habe anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim betreuten Wohnen sei nicht allein die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich (Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 44; Lachwitz in Lachwitz/Schellhorn/Welti, Handkommentar zum SGB IX, 3. Aufl., § 55 Rn. 65a) in Form einer kontinuierlichen Betreuung (Josef/Wenzel, NDV 2007, 85, 89). Als ambulant betreute Wohnmöglichkeiten ausschließlich betreute Wohnmöglichkeiten nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (vgl. BT-Drucks 15/1514, S 67 zu § 93) anzusehen, werde dem Wortlaut des § 98 Abs. 5 SGB XII nicht gerecht. Dieser erfasse nämlich neben den Leistungen der Eingliederungshilfe auch Leistungen der Hilfe zur Pflege und Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, die in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erbracht würden.

Gegen das am 03.09.2014 zugestellte Urteil des SG vom 09. Juli 2014 hat die Beklagte am 09.09.2014 (Eingang beim LSG) Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Der Kläger selbst sei nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG sachlich zuständig, weil der Lb in der betreuten Wohnform tatsächlich Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten habe, auch wenn diese nicht vom Kläger ausdrücklich bewilligt worden seien. Auch wenn die Hilfen in der betreuten Wohnform zu einem Großteil durch ehrenamtliche Helfer erbracht worden seien, habe es sich um eine Form des betreuten Wohnens gehandelt. Der Kläger habe es unterlassen, diesbezüglich weitere Ermittlungen anzustellen und seiner Darlegungs- und Beweislast nachzukommen. Im Übrigen habe das SG entgegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25.08.2011, B 8 SO 7/10 R) nicht auf die Hauptzielrichtung der Leistung als Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft abgestellt.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. Juli 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Nach Auffassung des Klägers habe dieser einen Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X gegen die Beklagte. Bei dem Angebot des A. habe es sich um ein ambulantes Angebot gehandelt, das aus einem Mietvertrag und einem davon unabhängigen Vertrag für die pflegerische und medizinische Versorgung der Bewohner bestand. Es habe eine Wahlfreiheit hinsichtlich der Betreuungsleistungen bestanden. Die Hospizgemeinschaft habe nicht die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung der Bewohner übernommen, so dass von einer ambulanten Betreuungsform auszugehen sei. Für diese sei die Beklagte nach § 98 Abs. 5 SGB XII örtlich zuständig, weil es sich um eine ambulant betreute Wohnform handele. Eine solche liege selbst dann vor, wenn dem Bewohner tatsächlich keinerlei Teilhabeleistungen der Eingliederungshilfe erbracht würden, weil der Wortlaut des § 98 Abs. 5 SGB XII auch Personen einschließe, die Hilfen nach den 6. - 8. Kapitel des SGB XII erhielten. Art 82 Abs. 2 BayAGSG sei nicht einschlägig, weil der Lb keinerlei Eingliederungshilfemaßnahmen beantragt und erhalten habe, so dass die Anwendung von Art. 82 Abs. 2 BayAGSG ausscheide.

Nach Auffassung des Beigeladenen handelt es sich um eine Einrichtung des ambulant betreuten Wohnens, für die die Beklagte nach § 98 Abs. 5 SGB XII örtlich zuständig ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beteiligten und den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

A. Gegen die Entscheidung des SG vom 9. Juli 2014 ist die Berufung zulässig, insbesondere ist der für die Statthaftigkeit bei Erstattungsstreitigkeiten erforderliche Beschwerdewert von 10.000 EUR überschritten, § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG. Die Berufung ist zulässig und form- und fristgemäß eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG).

1. Es handelt sich um eine echte Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG. Diese erfordert keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

2. Es bedurfte keiner Beiladung des Hilfebedürftigen nach § 75 Abs. 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung) oder des Leistungserbringers A ... Der Lb selbst ist am 13.03.2011 verstorben. Es kann daher dahinstehen, ob die Rechtsprechung zur Erstattung von Leistungen nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX (keine Beiladung des Leitungsempfängers, weil die Anspruchsnorm des § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen den Sozialhilfeträgern betrifft vgl. BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - Rn. 10 m. w. N., zuletzt BSG, Urteil vom 23.7.2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 Rn. 9) auf Erstattungsansprüche nach § 102 SGB X zu übertragen ist, oder dies wegen der Wirkung der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X hier anders zu beurteilen ist.

Der Leistungserbringer war nicht beizuladen, weil dessen finanzielle Forderungen hinsichtlich der Kosten des Lebensunterhaltes und der Pflege des Lb in der Zeit vom 17.06.2010 bis 13.03.2011 durch den Kläger beglichen wurden und er somit kein berechtigtes Interesse i. S. § 75 SGG hat, das durch die Entscheidung berührt werden kann. Soweit der Leistungserbringer noch offene Forderungen hinsichtlich der Betreuung für betreutes Wohnen, Betreuung durch die und Wahlleistungen hat (vgl. Anlage zum Schreiben vom 22.03.2011, Bl. 375 Akte der Klägerin), liegt ebenfalls kein berechtigtes Interesse vor, weil es sich bei dem D. e.V. nicht um einen nach § 75 ff SGB XII zugelassenen Leistungserbringer handelt (siehe dazu unten), zu dessen zivilrechlicher Forderung der zuständige Sozialhilfeträger einen Schuldbeitritt erklären könnte. Eine Beiladung des Leistungserbringers ist nach der Rechtsprechung nur im Rechtsstreit zwischen dem Sozialhilfeempfänger und dem Sozialhilfeträger erforderlich, nicht aber im Erstattungsstreit (Leitherer in Meyer/Ladewig, SGG Kommentar, 11. Auflage, § 75, Rn. 10 k).

B. Die Berufung ist unbegründet, weil der Kläger einen Erstattungsanspruch nach § 102 Abs. 1 SGB X gegen die Beklagte hat (siehe 1. - 5), dieser nicht nach § 14 Abs. 4 S. 3 SGB IX ausgeschlossen ist (siehe dazu 6., 7.) und sich zutreffend gegen die Beklagte richtet (siehe dazu 8 ff.).

1. Der Kläger kann seinen Erstattungsanspruch auf § 102 SGB X stützen. Er ist als vorläufig leistender Sozialhilfeträger Erstattungsberechtigter (siehe dazu 3) und damit aktivlegitimiert und richtet den Anspruch gegen die Beklagte als eigentlich sachlich und örtlich zuständigen Sozialhilfeträger (siehe dazu 8.). Nach § 102 SGB X ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein anderer Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften (§ 102 Abs. 2 SGB X).

Der Kläger hat dem Lb mit Bescheid vom 07.02.2011 für die Zeit von 17.06.2010 bis zunächst 30.04.2011 die in der Einrichtung A. notwendigen Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII als Grundsicherung, Hilfe zur Pflege und Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge erbracht, soweit sie nicht durch Leistungen der Pflegeversicherung und Eigenbeteiligungen gedeckt waren. Der Kläger war für die Leistungserbringung nur vorläufig zuständig, seine sachliche und örtliche Zuständigkeit war nicht gegeben. Der Kläger änderte die Bewilligung der Leistungen gegenüber dem Lb mit Bescheid vom 14.03.2011, wobei er die zwischenzeitlich bewilligte Erwerbsminderungsrente als Einkommen anrechnete. (Der Lb war bereits am 13.03.2011 verstorben).

2. Der Kläger hat seinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte rechtzeitig am 07.02.2011 geltend gemacht, als er diesen dem Grunde nach angemeldet hat. Nach § 111 SGB X ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Der Kläger hat hier letztmals für den Todestag des Lb (13.03.2011) Leistungen erbracht und dann zeitnah am 07.08.2011 den Erstattungsanspruch beziffert und bei der Beklagten und dem Beigeladenen erneut geltend gemacht. Damit kann sich die Beklagte auch nicht auf eine Verjährung nach § 113 SGB X berufen. Im Übrigen erfolgte die Klageerhebung zum SG bereits am 15.11.2011.

3. Der Kläger ist Erstattungsberechtigter nach § 102 Abs. 1 SGB X, weil er vorläufig Leistungen nach § 43 SGB I erbracht hat, ohne selbst zuständiger Sozialhilfeträger zu sein (siehe dazu unten). Er richtet den Erstattungsanspruch gegen die Beklagte, die sachlich und örtlich zuständige Sozialhilfeträgerin ist. Der Kläger hat dem Lb mit den Bescheiden vom 07.02.2011 und 14.03.2011 vorläufig Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfen zur ambulanten Pflege und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gewährt. Bei der Leistungsbewilligung hat der Kläger hinreichend deutlich gemacht, dass er nur nach § 43 SGB I vorläufig leiste und nicht zuständiger Sozialhilfeträger sei. Die nach § 102 SGB X erforderliche Unsicherheit über die Zuständigkeit (Roos in von Wulffen, SGB X Kommentar, 7. Auflage, § 102 Rn. 6) bestand für alle beteiligten Sozialhilfeträger, die jeweils in Kenntnis der ablehnenden Entscheidungen der anderen Träger gleichwohl ihre Leistungspflicht gegenüber dem Lb ablehnten. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG (S 19 SO 538/10 ER), an dem auch der Beigeladene Beteiligter war, gab der Kläger am 25.11.2010 gegenüber dem SG die Erklärung ab, dass er nur vorläufige Leistungen der Hilfen zur Pflege und Grundsicherung erbringen werde, weil er weder sachlich noch örtlich für die Leistungserbringung zuständig sei.

4. Bei den dem Lb gewährten Leistungen handelte es sich nicht um Leistungen der Sozialhilfe, die in stationären oder teilstationären Einrichtungen i. S. § 13 Abs. 1 SGB XII erbracht wurden. Der Kläger war daher nicht nach § 97 Abs. Abs. 2 SGB XII i. V. m. Art 82 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1 S. 2 BayAGSG als überörtlicher Träger sachlich zuständig, sondern erbrachte die Leistungen als unzuständiger Träger vorläufig nach § 43 SGB I. In Übereinstimmung mit dem SG handelte es sich bei der Versorgung des Lb durch den A. um eine ambulante, und nicht um eine stationäre (oder teilstationäre) Leistung nach § 13 Abs. 1 SGB XII. Bei der D. in A-Stadt handelt es um keine stationäre Einrichtung, so dass jedenfalls eine Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers nach Art 82 Abs. 1 Nr. 2 BayAGSG ausscheidet.

a. Von einer vollstationären Einrichtung im Sinne von § 13 SGB XII und damit auch im Sinne von Art 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayAGSG kann nur dann gesprochen werden, wenn der gesamte Bedarf des Hilfebedürftigen nach § 9 Abs. 1 SGB XII in der Einrichtung in einrichtungsspezifischer Weise befriedigt wird. Eine stationäre Einrichtung übernimmt für den Hilfebedürftigen - von dessen Aufnahme bis zur Entlassung - die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung (vgl. Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand November 2014, K § 13 RdNr. 58, 59 m. w. N.). Das BSG betont in ständiger Rechtsprechung, dass es bei der Abgrenzung von stationären zu ambulanten Angeboten für die rechtliche Qualifikation der Leistung ohne Belang ist, ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet und es ebenso wenig von Belang ist, wie die Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen bezeichnet werden (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 19, 20). Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (ständige Rechtsprechung des BVerwGE zuletzt mit Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; sowie des BSG, BSGE 106, 264 ff Rn. 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr. 2 undUrteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 18) und der der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dient (vgl. § 13 Abs. 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr. 1 Rn. 15).

b. Hier übernahm kein Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Lb. Die D. in A-Stadt bietet betreutes Wohnen in familiärer Atmosphäre und ländlicher Umgebung im Rahmen eines Pilotprojektes an, bei dem es sich (nach der Vorbemerkung des Mietvertrages) nicht um ein Heim i. S. des Heimgesetzes handele. Unklar bleibt, ob mit dieser Formulierung auf die bundesrechtliche Regelung des WBVG vom 29.07.2009 oder auf die Bestimmungen des BayPflWoqG vom 8.07.2008 Bezug genommen wurde. Die Bewohner sind Mieter und haben das Hausrecht. Die Zimmer werden von Bewohnerseite selbst möbliert und die Bewohnergemeinschaft (Angehörige und gesetzliche Vertreter) regelt gemeinschaftlich die Nutzung und Gestaltung der Gemeinschaftsräume sowie von Garten- und Freiflächen.

Der Lb hatte mit dem Verein A. einen Mietvertrag i. S.v. § 535 BGB über ein seinen Bedürfnissen entsprechendes behindertengerechtes Zimmer im Anwesen A-Straße in A-Stadt geschlossen. Allerdings enthielt Ziffer 11 des Mietvertrages die Klausel, dass der Mietvertrag nur gültig im Zusammenhang mit dem Betreuungsvertrag sein sollte. Deswegen hat der LB einen Betreuungsvertrag mit dem Verein abgeschlossen, wobei der Vertrag aus den drei Bestandteilen Betreuungsvertrag für betreutes Wohnen (= Bestandteil des Mietvertrages, Pauschale 156,13 EUR), Betreuungsvertrag (330 EUR monatlich) und Wahlleistungen (bei Inanspruchnahme, z. B. Essen, Wäsche waschen etc.) bestand. Nach dem Betreuungsvertrag hat jeder Bewohner das Recht, seine Betreuung nach freier Wahl zu gestalten, es besteht keinerlei Verpflichtung des Bewohners, Dienstleistungen vom Betreuungsträger abzurufen. Allerdings fielen z. B. die Pauschalen für betreutes Wohnen und die hospizbedingten Grundleistungen auch dann an, wenn die Leistungen nicht in Anspruch genommen wurden. Nach der Konzeption des Vereins hatte jeder Bewohner das Recht, seine Betreuung nach freier Wahl zu gestalten. Die half im Rahmen des Betreuungsvertrages bei der Vermittlung an die notwendigen Stellen und Dienste. Es bestand keinerlei rechtliche oder anderweitige Verpflichtung seitens des Bewohners, Dienstleistungen vom Betreuungsträger abzurufen. Der Bewohner konnte und musste also seine notwendige Pflege und ggf. erforderliche Teilhabeleistungen neben dem Grundangebot des Vereins selbst organisieren. Hätte der Lb einen externen Pflegedienst beauftragt, hätte dieser unstreitig ambulante Leistungen der Hilfe zur Pflege erbracht. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nichts anderes dann gilt, wenn der Lb auf die Vermittlung des Vereins zurückgreift und den von diesem vermittelten Pflegedienst beauftragt. Die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung der Bewohner sollte, entsprechend dem Konzept (kranke und sterbende Menschen sollten dort weitgehend selbstständig wohnen) bei den Lb selbst bzw. bei ihren Betreuern liegen. Damit lag keine stationäre Leistung vor.

c. Für das Vorliegen einer ambulanten Leistung spricht auch das Fehlen von Verträgen nach §§ 75 ff SGB XII über stationäre Leistungen und die Einschätzung des MDK in dem Pflegegutachten vom 28.09.2010, wonach keine vollstationäre Pflege erforderlich war, weil die häusliche Pflege sichergestellt war (Pflegestufe III mit eingeschränkter Alltagskompetenz). Gegen die Annahme einer stationären Leistungen spricht auch die Praxis mit der Pflegekasse, die für häusliche Pflege als Sachleistung im Sinne von § 36 SGB XI erfolgte und nicht als Pflege in voll stationären Einrichtungen (§ 43 SGB XI).

d. Es lag auch keine teilstationäre Leistung vor. Der Lb lebte am Ort der Hilfeerbringung und suchte das D. nicht nur für einen Teil des Tages auf. Im Übrigen hat das BSG erhebliche Zweifel daran geäußert, ob ein betreutes Wohnen überhaupt in teilstationärer Form erbracht werden kann (BSG Urteil vom 23.07.2015, B 8 SO 7/14 R, Rn. 18 ff.).

e. § 1 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) enthält demgegenüber kein verlässliches Abgrenzungskriterium. Während früher der Anwendungsbereich des HeimG an eine institutionelle Form des Wohnens oder Betreut-Werdens anknüpfte und sich beschränkte auf die herkömmlichen Formen stationärer Pflege, stellt das WBVG dagegen auf eine Verbindung von Verträgen zur Überlassung von Wohnraum mit Pflege- und Betreuungsleistungen für ältere sowie pflegebedürftige oder behinderte volljährige Personen ab. Damit erstreckt sich sein Anwendungsbereich auch auf neue Betreuungs- und Wohnformen.

5. Der Kläger war nicht nach § 97 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 SGB XII i. V. m. Art 82 Abs. 2 BayAGSG i. V.m § 97 Abs. 4 SGB XII als überörtlicher Träger sachlich zuständig, weil er nicht Eingliederungshilfe an den Lb durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder im betreuten Einzelwohnen erbracht hat.

a. Art. 82 Abs. 1 S. 1 BayAGSG (neu gef. m.W.v. 1.1.2008 durch G v. 20.12.2007 GVBl S. 979) bestimmt: „Die überörtlichen Träger der Sozialhilfe sind sachlich zuständig 1. für alle Leistungen der Sozialhilfe nach dem Sechsten Kapitel SGB XII, 2. alle übrigen Leistungen der Sozialhilfe, die in stationären oder teilstationären Einrichtungen gewährt werden, 3. die Leistungen der Blindenhilfe nach § 72 SGB XII“. Art. 82 Abs. 2 BayAGSG besagt: „§ 97 Abs. 4 SGB XII gilt entsprechend, wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird.“

Der Senat hat bereits entschieden, dass der Begriff des betreuten Wohnens nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG anders auszulegen ist, als der Begriff des betreuten Wohnens in § 98 Abs. 5 SGB XII (Urteil des Senatsvom 16. Januar 2016, L 8 SO 235/14, Rn.57). In Art. 82 Abs. 2 BayAGSG wird „Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen“ gefordert und Ziel der Vorschrift ist, im Interesse des Leistungsempfängers entsprechend dem Gesamtfallgrundsatz die Leistung aus einer Hand zu erbringen. § 98 SGB XII hat keine Auswirkungen auf die Frage der sachlichen Zuständigkeit (BT-Drs. 16/2711, S. 11). Ist für die betreute Wohnmöglichkeit (etwa eines behinderten Menschen) der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig, geht eine für die vorherige Hilfeleistung bestehende Zuständigkeit des örtlichen Trägers daher auf ihn über (Adolph in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 45. UPD 11/2015, § 98 Örtliche Zuständigkeit, Rn. 74).

Der Wille des Landesgesetzgebers zeigt sich hier insbesondere in der Entstehungsgeschichte, die den Schluss auf eine weit gezogene Auslegung im Sinne des Gesamtfallgrundsatzes erlaubt. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens (Änderungsantrag vom 8.12.2007, Drucksache 15/9458 des Bayer. Landtags) sind zuvor vorgesehene einschränkende Tatbestandsmerkmale gestrichen worden. Zuvor hieß es noch im Entwurf zu Art. 82 Abs. 2 AGSG: „wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer therapeutischen Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht wird.“ Dann wurden unter Nummer 4 b) der Gesetzesbegründung (Drucksache 15/8865, Gliederungspunkt 1.3, S. 10 vom 4.12.2007 des bayerischen Landtags betreffend Art. 82 Abs. 2 BayAGSG) die Zusätze „therapeutisches bzw. vergleichbar intensives“ bei „in einer betreuten Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht“ gestrichen. Dies bedeutete damals, dass die Bezirke, die zusätzlich zu ihrer Zuständigkeit für die teilstationäre und stationäre auch die Zuständigkeit für die gesamte ambulante Eingliederungshilfe erhalten haben, für die übrigen Leistungen (z. B. Pflege) auch zuständig werden sollten, wenn in der Form einer betreuten Wohngemeinschaft auch Eingliederungshilfe geleistet wurde. Der Rechtsprechung des 18. Senats des Bayer. LSG (Urteil vom 21.2.2013, Az.: L 18 SO 85/10) ist daher beizupflichten. Der 18. Senat sieht den Gesetzeszweck infrage gestellt, wenn es darauf ankäme, in welchem Umfang Leistungen der Eingliederungshilfe, der Hilfe zur Pflege, der sozialen Pflegeversicherung und gegebenenfalls der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, um zu bestimmen, welcher Sozialhilfeträger für die Erbringung von Leistungen nach dem SGB XII zuständig ist, zumal der anteilige Bedarf in Folge von Änderungen im Gesundheitszustand des Hilfebedürftigen zeitlich variieren könne. Diesem Gedanken hat sich der erkennende Senat angeschlossen. Auch auf die Auslegung durch den Verband der Bezirke kommt es nicht an, wonach der überörtliche Träger nur leisten solle, wenn der Anteil der Eingliederungshilfe in der gesamten Hilfe mehr als unerheblich ist und ein Ausmaß von 2 Stunden erreicht (Ergebnisprotokoll einer Sitzung des Fachausschusses für Soziales des Verbandes der bayerischen Bezirke in Füssen im April 2010). Dabei ist ausgeführt, dass es insbesondere notwendig sei, dass die Eingliederungshilfeleistungen regelmäßig und kontinuierlich erbracht würden, einen Betreuungsschlüssel von mindestens 1 zu 12 bzw. mindestens zwei Fachleistungsstunden direkte Klientenleistung pro Woche umfassten und diese Betreuungsleistungen dem Zweck dienten, die eigenbestimmte Lebensführung durch Unterstützung in der täglichen Lebenswirklichkeit zu verbessern und damit die Fähigkeit im häuslichen nicht stationären Leben zu sichern (Seite 4 des Protokolls).

b. Der Kläger hat hier mit Bescheid vom 07.02.2011 dem Lb Sozialhilfeleistungen in Form der Grundsicherung und ambulanten Hilfen zur Pflege erbracht. Eingliederungshilfen waren weder beim Kläger beantragt (s.u.), noch hat er solche tatsächlich an den Lb erbracht, so dass eine Anwendbarkeit des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG ausscheidet. Es braucht daher auch hier nicht entschieden zu werden, ob Art. 82 Abs. 2 BayAGSG „Eingliederungshilfe...erbracht „ neben der tatsächlichen Gewährung von Eingliederungshilfen auch voraussetzt, dass die vom Dienst erbrachte Hilfe ihrer Art nach als Eingliederungshilfe qualifiziert werden kann (vgl. Urteil des SG München 20.005.2016, S 22 SO 186/15, anhängig unter L 8 SO 155/16). Ohne dass es hier darauf ankäme, spricht gegen eine solche Auslegung der Wortlaut des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG („Eingliederungshilfe an Behinderte... durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird.“ Dieser Wortlaut unterscheidet sich von dem in der bundesgesetzlichen Regelung verwendeten Begriff in § 97 Abs. 4 SGB XII, dessen entsprechende Anwendung Art. 82 Abs. 2 BayAGSG anordnet. In § 97 Abs. 4 SGB XII heißt es: „Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind,...“. Zutreffend hat der Kläger darauf hingewiesen, dass er keinerlei Eingliederungshilfeleistungen nach dem 6. Kapitel des SGB XII an den Lb erbracht und mit Bescheid vom 07.02.2011 bewilligt hat, so dass eine Anwendung von Art. 82 Abs. 2 BayAGSG ausscheidet. Soweit man mit der Beklagten darauf abstellen will, dass es für die Anwendbarkeit des Art. 82 Abs. 2 BayAGSG ausreiche, dass die von einem ambulanten Dienst erbrachte Hilfe ihrer Art nach Eingliederungshilfe sein könnte und der Lb einen Anspruch auf die Eingliederungshilfe gehabt hätte, führt auch das hier nicht zu einer All-Zuständigkeit des Klägers nach Art. 82 Abs. 2 BayAGSG: Denn unabhängig von der tatsächlichen Nicht- Bewilligung von Eingliederungshilfeleistungen durch den Kläger im Sozialrechtsverhältnis zum Lb (vgl. Bescheide vom 07.02.2011 und 14.03.20119, hätte der Kläger auch keine Leistungen der Eingliederungshilfe an den Lb durch den Dienst A. erbringen dürfen. Es fehlte nämlich an einer nach § 75 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 SGB XII erforderlichen Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung über die Leistungen, die in dem Betreuungsvertrag vom 15.06.2010 als „Betreuungsvertrag für betreutes Wohnen“ und „Betreuungsvertrag „ Gegenstand waren. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte sind nach § 75 Abs. 3 SGB XII zur Übernahme der Vergütung im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis nur verpflichtet, wenn entsprechende Vereinbarungen mit dem Leistungserbringer vorliegen. Daran fehlte es hier, weil das A. keinerlei Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossen und auch kein §§ 76, 75 Abs. 4 S. 2 SGB XII entsprechendes Leistungsangebot abgegeben hatte. Es bestand lediglich zwischen dem ambulanten Pflegedienst des D.s und dem Spitzenverband der Pflegekassen eine Vereinbarung nach dem 8. Kapitel des SGB XI für die Abrechnung der ambulanten Pflegeleistungen, die auch für die Sozialhilfeträger wirkte (§ 75 Abs. 5 SGB XII). Der Kläger hätte also gar nicht Eingliederungshilfe erbringen dürfen und hat dies, ausweislich der Abrechnungen, auch nicht getan.

Mangels einer Leistungsvereinbarung oder eines Leistungsangebotes über die Betreuungs- oder Hospizleistungen mit der D. war demnach ausgeschlossen, dass der Lb einen Anspruch auf Eingliederungshilfe für die konkrete Leistung durch den die D. hatte.

6. Der Erstattungsanspruch des Klägers ist nicht nach § 14 Abs. 4 S. 3 SGB IX ausgeschlossen. Der Kläger kann sich generell als „erstangegangener“ Träger nicht auf § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX berufen. Der Kläger kann seinen Anspruch gegen die Beklagte schon nicht auf § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX stützen, weil dieser nicht anwendbar ist.

a. Zum einen hat die damalige Betreuerin des LB am 17.06.2010 beim Kläger Leistungen der Grundsicherung und Hilfe zur Pflege und damit ausdrücklich keine Eingliederungshilfeleistungen beantragt. Das BSG hat zuletzt offengelassen, ob für Leistungen nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII überhaupt der Anwendungsbereich des SGB IX eröffnet ist, weil es sich nicht um Teilhabeleistungen handelt (BSG Urteil vom 25.04.2013, B 8 SO 6/12 R, Rn. 12). Jedenfalls ist der Kläger als Träger der Sozialhilfe nur für Leistungen nach § 5 Nrn. 1, 2 und 4 SGB IX Rehabilitationsträger i. S. § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX. Bei den ausdrücklich von der Betreuerin am 17.06.2010 beantragten Leistungen zur Grundsicherung und Hilfe zur Pflege handelte es nach der vom Senat vorgenommenen Auslegung sich nicht um Leistungen der medizinischen Rehabilitation, Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben und Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Die Betreuerin hatte beim Kläger am 17.06.2010, anders als im späteren Antrag vom 13.08.2010 an die Beklagte (, wo auch ausdrücklich Leistungen nach dem 6. Kapitel beantragt wurden), ausdrücklich „Sozialhilfe, bzw. falls zutreffend Grundsicherung, bzw. falls zutreffend Hilfe zur Pflege“ beantragt. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine Betreuerin vom Betreuungsverein der inneren Mission e.V. eine genaue Vorstellung von der Art der zu erbringende und beantragten Leistungen hat und diese bewusst als Grundsicherung und Hilfe zur Pflege bezeichnet hat. Letztlich kann aber dahinstehen, ob mit der Formulierung „Sozialhilfe, bzw. falls zutreffend Grundsicherung, bzw. falls zutreffend Hilfe zur Pflege“ auch Eingliederungsleistungen mit beantragt waren, denn die Anwendung des § 14 Abs. 1 SGB IX scheitert ohnehin.

b. Sofern man nämlich auf die generelle Zuständigkeit des Klägers für Teilhabeleistungen am Leben in der Gemeinschaft abstellt (§ 97 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII, Art. 82 Abs. 1 Nr. 1 AGSG Bayern, § 98 Abs. 1 SGB XII), ist der Kläger Reha-Träger nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX. Er war damit für die am 17.06.2010 beantragten Leistungen, die möglicherweise auch Eingliederungshilfemaßnahmen erfasst haben (siehe oben 6 a), „erstangegangener“ Träger i. S. § 14 Abs. 1 SGB IX. Entgegen seiner Verpflichtung aus § 14 Abs. 1 SGB IX hat der Kläger den Antrag nicht innerhalb von zwei Wochen an die nach seiner Auffassung zuständige Beklagte weitergeleitet, sondern hat den Antrag mit Schreiben vom 24.06.2010 gegenüber der Betreuerin aus sachlichen Gründen abgelehnt, weil keine Pflegesatzvereinbarung bestand. Bei dem Antrag der Betreuerin an die Beklagte vom 25.06.2010 und dem weiteren Antrag vom 13.08.2010 handelte es sich somit um den Antrag an den „zweitangegangenen“ Träger nach § 14 Abs. 2 SGB IX, den diese am 26.08.2010 nach § 16 Abs. 2 SGB I an die Beigeladene (drittangegangener Träger) weiterleitete. Dieser wiederum lehnte gegenüber der Betreuerin den Antrag am 16.09.2010 ab und sandte sämtliche Unterlagen an die Betreuerin zurück.

Unabhängig davon, dass sich sämtliche Träger nicht an das in § 14 SGB IX vorgesehene Verfahren gehalten haben, scheidet ein Erstattungsanspruch des Klägers nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX aus, weil es sich dabei um den Anspruch des Trägers, an den weitergeleitet worden ist (§ 14 Abs. 1 S. 2 bis 4 SGB IX, „zweit-“ angegangenen Träger) handelt und der Kläger aber der erstangegangene Träger war. Der Kläger hat den Erstantrag des Lb vom 17.06.2010 entgegen § 14 Abs. 1 SGB IX ohne Weiterleitung an die Beklagte am 24.06.2010 abgelehnt, so dass der Kläger aus § 14 Abs. 1 SGB IX zuständig geworden ist. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in der Entscheidung vom 20.04.2016, B 8 SO 8/14 R unter Rn. 9 zu einer vergleichbaren Konstellation Folgendes ausgeführt:

„Nach Aktenlage jedenfalls hat das LSG seiner Entscheidung zu Unrecht § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX zugrunde gelegt, der nur eingreift, wenn der (Erst-) Rehabilitationsantrag vom sog erstangegangenen Rehabilitationsträger fristgerecht (zwei Wochen nach Antragseingang) an einen anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet worden ist. Aus der Leistungsakte ergibt sich jedoch, dass der Beklagte bereits am 15.2.2006 einen Antrag auf Leistungen in der Wohngemeinschaft der „h gGmbH“ nach Entlassung aus dem Maßregelvollzug abgelehnt hatte, mithin über denselben Leistungsanspruch bereits entschieden hat, ohne den Antrag weitergeleitet zu haben (vgl. zur Anwendung des § 14 SGB IX bei einem Antrag auf „künftige“ Leistungen BSG, Urteil vom 24.2.2016 - B 8 SO 18/14 R - Rn. 16 f). Unter diesen Voraussetzungen wäre der Beklagte selbst nach § 14 Abs. 1 SGB IX auch bei eigentlicher Unzuständigkeit bereits vor der auf einen erneuten Antrag des D ergangenen Bewilligungsentscheidung der Klägerin (vom 26.10.2006) zuständig geworden; an dieser Zuständigkeit hätte sich nichts durch den erneuten Rehabilitationsantrag, der an die Klägerin weitergeleitet worden war, geändert.“

Der Kläger kann seinen Erstattungsanspruch daher nicht auf § 14 Abs. 4 SGB IX stützen, weil er dazu nicht aktivlegitimiert ist.

7. Der Erstattungsanspruch des Klägers aus § 102 SGB X ist nicht nach § 14 Abs. 4 S. 3 SGB IX ausgeschlossen. Aus der Tatsache, dass der Kläger als erstangegangener Träger wegen der Missachtung des § 14 Abs. 1 SGB IX ggfs. zuständig geworden ist (vgl. BSG Urteil vom 20.04.2016, B 8 SO 8/14 R, Rn. 10), kann hier nicht geschlossen werden, dass sein Erstattungsanspruch ausgeschlossen ist. Denn der Kläger war wegen des Kompetenzkonflikts und des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz vor dem SG (S 19 SO 538/10 ER) einem Leistungszwang ausgesetzt, der dem eines zweitangegangenen Trägers vergleichbar war, bei dem keine Weiterleitung mehr nach § 14 Abs. 1 SGB IX erlaubt ist (BSG Urteil vom 20.10.2009, B 5 R 44/08 R, vgl. auch Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 14 SGB IX, Rn. 132). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 21.01.2016 (L 8 SO 235/14, Rn. 35) einen Ausnahmefall angenommen, der in dem dort zu entscheidenden Fall auf einer abweichenden Vereinbarung der dortigen Träger nach § 14 Abs. 4 S. 3, 2. HS SGB IX beruhte. Hier hat der Kläger als erstangegangener Träger seine Zuständigkeit ausdrücklich verneint, sich aber aufgrund des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem SG und dem Drängen der Beklagten (Schriftsätze vom 29.09.2010 und 28.10.2010) am 25.11.2010 in einer Erklärung gegenüber dem SG verpflichtet, vorläufig nach § 43 SGB I Leistungen der Grundsicherung und der Hilfe zur Pflege zu erbringen (Bescheid vom 07.02.2011). Damit hat der Kläger zugunsten der Beklagten und aufgrund des Antrages des Lb nach § 43 Abs. 2 SGB I zwingend nur vorläufig als unzuständiger Träger Leistungen erbracht.

8. Der Erstattungsanspruch nach § 102 Abs. 1 SGB X des Klägers (= des vorläufig leistenden überörtlichen Trägers der Sozialhilfe) richtet sich gegen die Beklagte als zuständige örtliche Trägerin der Sozialhilfe, die sachlich nach § 97 Abs. 1 SGB XII, Art. 81 BayAGSG und nach § 98 Abs. 5 SGB XII örtlich zuständige Trägerin der Sozialhilfe für die ambulante Leistung in Form der ambulant betreuten Wohnmöglichkeit ist.

9. Es handelt sich um eine ambulante Leistung der Sozialhilfe (s.o.), für die sachlich der örtliche Träger der Sozialhilfe zuständig ist (§ 97 Abs. 1 SGB XII), weil der überörtliche Träger (Kläger) nicht sachlich zuständig ist (s.o.).

10. Die Beklagte war nach § 98 Abs. 5 SGB XII örtlich zuständiger (örtlicher) Sozialhilfeträger, weil der Lb vor der Aufnahme in das Hospiz zuletzt im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten wohnte und Leistungen nach dem 6. bis 8. Kapitel in Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten erhielt.

Bei den Leistungen des A. handelt es sich um ein betreutes Wohnen im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII. Dem Wortlaut nach wird die Erbringung von Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel „in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten“ vorausgesetzt (§ 98 SGB XII in der Fassung vom 20.12.2012).

Nach der Gesetzesbegründung (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/1514, Seite 67 zum § 93, später § 98 SGB XII) stellt der „neue“ Absatz 5 die Zuständigkeit desjenigen Trägers der Sozialhilfe sicher, der vor Eintritt der Person in Formen betreuter ambulanter Wohnmöglichkeiten zuletzt zuständig war. Der Begriff „betreute Wohnmöglichkeiten“ orientiere sich an dem des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. § 98 SGB XII hat keine Auswirkungen auf die Frage der sachlichen Zuständigkeit (BT-Drs. 16/2711, S. 11). Ist für die betreute Wohnmöglichkeit (etwa eines behinderten Menschen) der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig, geht eine für die vorherige Hilfeleistung bestehende Zuständigkeit des örtlichen Trägers daher auf ihn über (Adolph in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 45. UPD 11/2015, § 98 Örtliche Zuständigkeit, Rn. 74). § 98 Abs. 5 SGB XII zielt auf den Schutz des Einrichtungsortes ab und verlangt eine Maßnahme des betreuten Wohnens. So führt auch das BSG mit Urteil vom 25.08.2011 (B 8 SO 7/10 R Rn. 15) an: „Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten wird im Gesetz nicht näher definiert, hat sich allerdings über den Verweis in § 54 Abs. 1 SGB XII an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu orientieren (BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93). Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen hat deshalb in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim betreuten Wohnen ist aber nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung aber nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein“

In der D. liegt eine Form des ambulant betreuten Wohnens i. S. § 98 Abs. 5 SGB XII vor und damit eine örtliche Zuständigkeit der Beklagten. Der Lb lebte vor dem stationären Krankenhausaufenthalt im I.-Klinikum, der nach § 109 SGB XII keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründete, im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten und wurde unmittelbar aus dem Krankenhaus in die D. nach A-Stadt verlegt.

Bei den vom D. angebotenen Leistungen handelt es sich um solche des ambulant betreuten Wohnens i. S. einer wohnbezogenen Betreuung. Der Lb sollte nach dem Konzept der weitgehend befähigt werden, die Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig durchzuführen und sich in seinem Wohnumfeld zu orientieren. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 98 Abs. 5 SGB XII setzt eine ambulant betreute Wohnform nicht ambulante Teilhabeleistungen nach §§ 54 SGB XII, § 55 SGB IX voraus, sondern kann auch vorliegen, wenn einem Lb ausschließlich Leistungen der Hilfen zur Pflege erbracht werden. Ein „Orientieren“ an dem Begriff des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (BT Ds 15/1514, S 67) ist nicht gleichzusetzen mit dem Erbringen behinderungsbedingter Teilhabeleistungen nach § 54 ff SGB XII.

Soweit auch das BSG in seiner oben zitierten Entscheidung vom 25.08.2011, B 8 SO 7/10 R) auf das Erbringen von Teilhabeleistungen abstellte, ergab sich dies daraus, dass diese in dem vom BSG entschiedenen Fall tatsächlich auch erbracht wurden und insoweit keine Aussage darüber zu treffen war, ob ein ambulant betreutes Wohnen auch dann vorliegt, wenn, wie hier, nur Pflegeleistungen erbracht werden. Dies hat das BSG in seiner jüngsten Entscheidung zum ambulant betreuten Wohnen vom 30.06.2016, B 8 SO 6/15 R, Rn.12, 13 auch klargestellt. Das BSG hat dort Folgendes ausgeführt: „Nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII (hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) ist für Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten wird zwar im Gesetz nicht näher definiert; nach der Gesetzesbegründung zur ursprünglichen Normfassung orientiert er sich jedoch an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (BT-Drucks 15/1514, S 67 zu § 93). Soweit der Senat im Hinblick hierauf ausgeführt hat, der Art nach dürfe es sich bei der erforderlichen Betreuung ua nicht um eine solche pflegerischer Art handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistung (für die Annahme einer Eingliederungsleistung) müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSGE 109, 56 ff RdNr. 15 m. w. N. = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1), modifiziert er diese Aussage, die in der zitierten Entscheidung für die Anwendung des § 98 Abs. 5 SGB XII ohnedies nicht tragend war, sondern nur der Unterscheidung der Leistungsarten diente.

13 Mit der zum 7.12.2006 vorgenommenen Änderung im Wortlaut der Vorschrift (zuvor nur: „Leistungen an Personen, die Leistungen in Form ambulant betreuter Wohnmöglichkeit erhalten haben“), macht das Gesetz deutlich, dass sämtliche Leistungen der ambulanten Betreuung nach dem Sechsten bis Achten Kapitel - aber auch nur solche, also nicht etwa Leistungen der Altenhilfe - mit der Zielrichtung der Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich (zur Zielrichtung bereits BSG, a. a. O.) gleichgestellt sind. Neben den Leistungen zur Teilhabe kann nach dem ausdrücklichen und unzweideutigen Willen des Gesetzgebers auch die Gewährung von ambulanten Leistungen der Hilfe zur Pflege einen Leistungsfall des „Betreuten-Wohnens“ im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII darstellen, weil die Sicherung der Selbstbestimmung im eigenen Wohn- und Lebensbereich damit einhergeht. Unter Berücksichtigung dieses Wortlauts ist es systematisch ausgeschlossen, die Norm nur für Eingliederungshilfeleistungen des betreuten Wohnens anzuwenden. Der Gesetzgeber versteht vielmehr im Rahmen einer funktionsdifferenten Auslegung auch Leistungen der Hilfe zur Pflege normativ als ambulante Betreuung iS des § 98 Abs. 5 SGB XII, hat dabei also ein weites Begriffsverständnis zugrunde gelegt; auf die für die Leistungsansprüche erforderliche Unterscheidung zwischen Eingliederungshilfe und Pflegehilfe kann es deshalb nicht ankommen, weil ansonsten § 98 Abs. 5 SGB XII für Leistungen der Hilfe zur Pflege (7. Kap des SGB XII) bedeutungslos wäre: Ihr Ziel ist immer die pflegerische Unterstützung, nicht die Eingliederung bzw. Teilhabe (vgl. näher nur Meßling in juris PraxisKommentar (jurisPK) SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 61 SGB XII RdNr. 16 ff m. w. N. zur Rspr). Ob ausnahmsweise für die Anwendung des § 98 Abs. 5 SGB XII etwas anderes gilt, wenn die Hilfe zur Pflege qualitativ eine Intensitätsstufe unterschreitet (etwa sog Pflegestufe Null; s dazu Meßling, a. a. O., RdNr. 82 ff m. w. N.) oder keine kontinuierliche, sondern nur punktuelle pflegerische Betreuung gewährt wird (s zu diesem Gedanken für die Abgrenzung zwischen Hilfe und Pflege und Eingliederungshilfe BSGE 109, 56 ff RdNr. 15 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1), bedarf keiner Entscheidung; keine dieser denkbaren Ausnahmen liegt hier vor.

14 Die Zuständigkeitsregelung beruht auf dem gesetzgeberischen Ziel, Einrichtungsorte nur in bestimmten Fällen zu schützen (vgl. dazu BSGE 109, 56 ff RdNr. 17 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1), und ist insoweit einer Prüfung auf Sinnhaftigkeit nicht zugänglich. Diesem normativen Bestreben, die Verbreitung aller ambulanten Betreuungsformen, die der Verwirklichung eines selbstbestimmten Lebens in Würde dienen, zu unterstützen, liefe es jedenfalls zuwider, wollte man entgegen dem Gesetzeswortlaut eine Abgrenzung nur nach der Art der Leistung vornehmen.“

Das BSG hält an anderer Stelle die Vorschrift des § 98 Abs. 5 SGB XII für wenig durchdacht und inkonsistent und regt eine gesetzliche Neuregelung an (BSG Urteil vom 20.04.2016, B 8 SO 8/14 R, Rn. 11). Gleichwohl ist die Vorschrift geltendes Recht und anzuwenden, wobei entscheidend auf das Ziel der Hilfe abzustellen ist, wie das BSG im Urteil vom Urteil vom 30. Juni 2016 - B 8 SO 7/15 R -, Rn. 19, juris erneut betont hat: „Entscheidend ist das Ziel der Hilfe (vgl: BSGE 109, 56 ff RdNr. 15 f = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1; BSGE 103, 171 ff RdNr. 17 = SozR 4-3500 § 54 Nr. 5; für die Abgrenzung von Leistungen im Bereich der Jugendhilfe ebenso BVerwGE 144, 364 ff RdNr. 17), das beim Ambulant-betreuten-Wohnen umfassend in der Verselbstständigung der Lebensführung des behinderten Menschen in seinem eigenen Wohn- und Lebensumfeld zu sehen ist. Dieses (weite) Verständnis betonen ausdrücklich der ursprünglich vorgesehene Normtext des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX im Entwurf des SGB IX (vgl. BT-Drucks 14/5074, S 22: „Hilfen zur Verselbstständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten“) und die dazu gegebene Begründung: Die bisher für solche Hilfen herangezogene Rechtsgrundlage des § 40 Abs. 1 Nr. 8 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) („Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft“) i. V. m. § 19 Eingliederungshilfe-Verordnung sollte nur konkretisiert und verallgemeinert werden (BT-Drucks 14/5074, S 111). Die letztlich Gesetz gewordene Formulierung geht auf eine Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zurück, die der Klarstellung dienen sollte (vgl. BT-Drucks 14/5786, S 48 und BT-Drucks 14/5800, S 29). Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens können somit nicht auf unmittelbar wohnungsbezogene Hilfen, z. B. die Hilfe zum Sauberhalten der Wohnung, beschränkt werden. Der behinderte Mensch soll vielmehr dazu befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohn- und Lebensbereich möglichst selbstständig vorzunehmen (Luthe in juris PraxisKommentar SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 55 RdNr. 44; im Ergebnis Scheider in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 54 SGB XII RdNr. 69). Es genügt mithin, ist aber auch erforderlich, dass durch die geleistete Hilfe das selbstständige Leben und Wohnen ermöglicht werden soll, indem z. B. einer Isolation bzw. Verwahrlosung, einer relevanten psychischen Beeinträchtigung oder einer stationären Unterbringung entgegengewirkt wird, die mit einer Übernahme der Gesamtverantwortung für die gesamte Lebensführung des behinderten Menschen durch die Einrichtung (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BSG SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 RdNr. 18) einhergeht, damit der behinderte Mensch durch den Verbleib in der eigenen Wohnung einen Freiraum für die individuelle Gestaltung seiner Lebensführung erhält.“

Nach dem Konzept des Hospizvereins war hier die Begleitung kranker und sterbender Menschen in familiärer Atmosphäre auf ihrem Weg Ziel der Hilfe. Es ging um die Unterstützung der selbstständigen Lebensführung bis zum Schluss. Kranke und sterbende Menschen sollten bis zum Lebensende weitgehend selbstständig wohnen, auf Wunsch sollte ihnen aber durch niedergelassene Ärzte und ambulante Pflegedienste die individuell notwendige Betreuung zur Verfügung stehen. Die geschuldeten Leistungen zum betreuten Wohnen bestanden in den Grundleistungen (24- Notruf, Bereitstellung täglich erreichbarer Kontaktpersonen, Vermittlung von Kontakten und Hilfen im hauswirtschaftlichen Bereich, Vermittlung qualifizierter Fachberatung, Vermittlung von ambulanten Diensten usw.). Für diese Grundleistungen des Betreuten Wohnens wurde die Grundpauschale von 156, 13 EUR monatlich erhoben.

Daneben gab es Betreuungsleistungen der Hospizgemeinschaft, die mit monatlich 330 EUR vergütet wurden. Diese umfassten u. a. den spirituellen, seelischen und psychologischen Beistand für den Lb und deren Angehörigen (der Lb hatte solche aber nicht), im Fall des Todes zusätzlich anfallende Aufgaben.

Unerheblich ist, dass gerade die hier ausschlaggebenden Betreuungsleistungen nach den Ziffern 1 und 2 des Betreuungsvertrages vom 15.06.2010 nicht als Eingliederungshilfeleistungen vergütet werden konnten, weil es an einer Leistungsvereinbarung oder einem Leistungsangebot fehlte (vgl. oben unter 9 b.). Diese Betreuungsleistungen wurden vom Kläger ausdrücklich auch nicht bezahlt, so dass diese Leistungen im Umfang von 13.092,57 EUR offen blieben (vgl. Anlage zu Schreiben D. an den Kläger vom 22.03.2011, Schreiben des Beigeladenen an den Senat vom 18.11.2016). Gleichwohl begründen diese Leistungen die Zielrichtung der Hilfe für den Lb.

Nach dem Ziel der Hilfe war hier sehr wohl die Verselbstständigung bzw. der Erhalt der Selbstständigkeit der Lebensführung des sterbenden Menschen in seinem eigenen Wohn- und Lebensumfeld Ziel der Maßnahme. Der Argumentation der Beklagten, wonach es in einem Hospiz gerade nicht um die Eingliederung in Gemeinschaft, sondern um eine Form der Ausgliederung aus dieser geht, kann nicht gefolgt werden, weil auch einem sterbenden Menschen nicht das Recht auf selbstbestimmte Lebensführung im Rahmen der ihm verbliebenen Restmöglichkeiten abgesprochen werden kann.

11. Der Umstand, dass es sich bei den dem Lb gewährten Hilfen zwar um Leistungen des ambulant betreuten Wohnens handelt, aber tatsächlich Pflegeleistungen im Vordergrund standen (vgl. auch Bayer LSG Urteil vom 21.Januar 2016, L 8 SO 235/14) führt hier nicht zu einem anderen Ergebnis: Anders als in dem vom Senat bereits entschiedenen Fall lag beim Lb neben dem allgemeinen Pflegebedarf nach dem SGB XI auch eine eingeschränkte Alltagskompetenz nach § 45 a ff SGB XI vor (MDK Gutachten vom 28.09.2010). Daneben lagen auch die Voraussetzungen für ambulante Leistungen der Krankenversicherung nach § 37 b SGB V vor (spezialisierte ambulante Palliativversorgung, §§ 132 d, 132 f SGB V). Leistungen nach § 38 a SGB XI (Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen) wurden nicht gewährt, weil diese Vorschrift zum streitgegenständlichen Zeitraum noch nicht in Kraft war.) Bei beiden Leistungen kann man aber nicht unterstellen, dass die Pflege und die Palliativbetreuung den mit den Grundleistungen zum betreuten Wohnen umfassten Bedarf des Lb mitabdecken, weil es sich zum einen um den Ausgleich der Bedarfe bei den eingeschränkten Alltagskompetenzen und zum anderen um die besonderen Bedarfe der ambulanten Palliativbehandlung handelt. Nachdem hier auch keine Eingliederungshilfeleistungen an den Lb „erbracht“ wurden (s.o.), sind die für das ambulant betreute Wohnen von der D. erbrachten Betreuungsleistungen nach dem weiten Begriff des § 98 Abs. 5 SGB XII zu würdigen. Die Leistungen, die als Grundleistungen betreutes Wohnen im Betreuungsvertrag vom 15.06.2010 beschrieben wurden, decken sich nicht mit den Leistungen, die im Rahmen der Pflege und der ambulanten Palliativversorgung zu erbringen waren.

Damit ist der Anwendungsbereich des § 98 Abs. 5 SGB XII eröffnet, von dessen Wortlaut ein ambulant betreutes Wohnen auch dann vorliegt, wenn ausschließlich Leistungen nach dem 7. Kapitel (Pflege) erbracht werden.

12. Der Erstattungsanspruch ist auch in der geltend gemachten Höhe von 32.750,18 EUR begründet. Der Kläger hat entsprechend der Bewilligung der vorläufigen Leistungen in dem Bescheid vom 07.02.2011 an den Lb Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung, Hilfe zur Pflege und Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge erbracht, wobei er die Ewerbsminderungsrente als Einkommen angerechnet und die Leistungen der Pflegeversicherung in Abzug gebracht hat. In der Anlage zur Klageschrift zum SG vom 11.11.2011 hat der Kläger die für den Lb bewilligten und gezahlten Leistungen aufgelistet und nach Regelleistungen, Kosten der Unterkunft und Heizung, Pflegeleistungen und Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen jeweils für den Zeitraum vom 17.06.2009 bis 13.03.2010 aufgelistet. Anhaltspunkte dafür, die Höhe der Erstattungsforderung in Zweifel zu ziehen, liegen nicht vor.

Das Urteil des SG erging zu Recht. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

13. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Die Beklagte hat die gesamten Kosten zu tragen. Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 3 VwGO.

14. Die Revision wird nicht zugelassen. Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.

(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.

(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.

(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.

(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.

(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.

(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.

Als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des Zwölften Kapitels und des Dreizehnten Kapitels, Zweiter Abschnitt, gelten nicht der Aufenthalt in einer Einrichtung im Sinne von § 98 Abs. 2 und der auf richterlich angeordneter Freiheitsentziehung beruhende Aufenthalt in einer Vollzugsanstalt.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 4. März 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Klägerin und Beschwerdeführerin wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau, das ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein erstinstanzlich betriebenes Klageverfahren abgelehnt hat. In der Sache begehrt sie die Übernahme von Miet- und Energieschulden für vier Monate sowie die Kosten der Wohnungsberäumung.

2

Für die am ... 1978 geborene Klägerin ist mit Bestellungsurkunde vom 24. April 2006 des Amtsgerichts Bitterfeld die Berufsbetreuerin S. St. für die Aufgabenkreise Einwilligung in ärztliche Heilmaßnahmen, Vermögenssorge sowie Regelung von Behörden- und Gerichtsangelegenheiten - ohne Einwilligungsvorbehalt - bestimmt worden. Die Klägerin bezog bis zum 31. Oktober 2007 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie bewohnte ab dem 16. Januar 1997 eine 38,45 m² große Wohnung in B.-W., für die zuletzt eine Gesamtmiete von 242,44 €/Monat und ein Abschlag für die Stromversorgung i.H.v. 26,00 €/Monat zu entrichten waren. Die Klägerin trat am 15. Oktober 2007 eine Haftstrafe an, die bis zum 14. Oktober 2009 dauern sollte. Die Betreuerin der Klägerin kündigte daraufhin unter dem 20. November 2007 das Mietverhältnis zum 29. Februar 2008.

3

Am 15. November 2007 beantragte die Betreuerin der Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Mietkosten sowie der Energiekosten bis zur Kündigung der Wohnung. Des Weiteren machte sie auch Beräumungskosten geltend, welche sie bislang nicht beziffert hat. Zur Begründung gab sie an, die bis zur wirksamen Kündigung des Mietvertrags entstandenen Mietschulden stünden der späteren Wiederbeschaffung einer Wohnung entgegen. Es bestehe daher ein Anspruch auf Leistungen zur Überwindung von sozialen Schwierigkeiten nach § 67, 68 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII).

4

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14. Januar 2008 ab. Ein Anspruch auf Hilfen zum Erhalt der Wohnung gemäß § 68 SGB XII bestehe, wenn dies wirtschaftlich sinnvoll und vertretbar sei. Dies sei bei einer Haftdauer von bis zu sechs Monaten anzunehmen. Hier lägen keine Hinweise auf eine Verkürzung der auf zwei Jahre angesetzten Haftzeit vor. Mit der Kündigung sei die Notwendigkeit der Sicherung des Wohnraums entfallen. Die begehrte Übernahme von Energieschulden sei schon deshalb ausgeschlossen, da diese nicht zu den Unterkunftskosten gehörten.

5

Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Widerspruch ein. Die beantragte Hilfe richte sich auf die Überwindung einer sozialen Schwierigkeit infolge der rechtmäßigen Wohnungsauflösung. Sie könne aus eigenen Mitteln die Mietschulden nicht übernehmen. Die Wiedereingliederung nach der Haftentlassung wäre sehr erschwert.

6

Nachdem sich die Klägerin vom 27. Februar bis 15. April 2008 in stationärer Behandlung befunden hatte, wurde wegen Haftunfähigkeit der Vollzug der Freiheitsstrafe gemäß § 455 Abs. 4 Strafprozessordnung (StPO) bis zum 8. September 2008 unterbrochen (Schreiben der Staatsanwaltschaft D. –R. vom 10. März und 16. April 2008). Daraufhin wurde die Klägerin ab dem 17. April 2008 in eine Notunterkunft der Stadt B.-W. eingewiesen. Sie erhielt ab dem 25. April 2008 - nach einem vorangegangenen Zuständigkeitsstreit - Leistungen nach dem SGB II. Nach Mitteilung der Beklagten hat ein Feststellungsverfahren nach § 44a SGB II das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit ergeben.

7

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2008 als unbegründet zurück. Ziel von § 67 SGB XII sei die Überwindung sozialer Schwierigkeiten und nicht die Schuldentilgung. Der Einsatz von Sozialhilfe zur Schuldenvermeidung durch die Regulierung der Verbindlichkeiten widerspreche den Strukturprinzipien des Sozialhilferechts. Sozialhilfe werde nur für aktuelle Bedarfslagen erbracht. Die Beklagte habe bei Ihrer Entscheidung kein Ermessen gehabt, da der geltend gemachte Anspruch schon am Fehlen einer Rechtsgrundlage scheitere.

8

Dagegen hat die Klägerin am 24. Juli 2008 Klage vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben. Sie ist der Auffassung, Ansprüche nach § 67 SGB XII seien auch präventiv zu gewähren. Jeder Vermieter prüfe das Bestehen alter Mietschulden und verweigere dann einen Vertragsabschluss. Derzeit seien allerdings auch andere Gründe für die Nichtanmietung einer Wohnung mitursächlich; die Haftverschonung werde nur auf Zeit gewährt. Nach der Entlassung aus der Strafhaft werde aber die gleiche Situation vorliegen. Im weiteren Verlauf hat die Klägerin vorgetragen, sie habe die Mietschulden nicht verursacht, da sie die Wohnung wegen des Haftantritts habe kündigen müssen. Die Betreuerin habe auch nicht früher kündigen können, da dies der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedurft habe. Die Zinsansprüche aus den Mietschulden erhöhten sich ständig. Ziel der begehrten Schuldenübernahme sei die Vermeidung künftiger Obdachlosigkeit.

9

Unter dem 25. Juli 2008 hat die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Vorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt.

10

Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, die begehrte Schuldenregulierung verstoße gegen das Gegenwärtigkeitsprinzip. Nach der Haftentlassung werde - bei bestehender Hilfebedürftigkeit - ein Anspruch auf Beschaffung einer Wohnung nach dem SGB II oder dem SGB XII bestehen. Hier gehe es auch nicht um den Erhalt einer vorhandenen Wohnung. Es sei nicht glaubhaft, dass alle Vermieter den Abschluss eines Mietvertrags wegen alter Mietschulden verweigerten. Eine Schuldenübernahme nach § 34 SGB XII scheide aus, da diese nur zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit gewährt werden könne. Die Schulden seien teilweise selbst verursacht, da die Kündigung zu spät erfolgt sei.

11

Das Sozialgericht hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 4. März 2009 mangels Erfolgsaussicht abgelehnt und zunächst auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides verwiesen. Ferner hat es ausgeführt, die Klägerin gehöre grundsätzlich zum Personenkreis nach § 67 SGB XII. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass eine Übernahme der Miet- und Energieschulden notwendig oder auch nur geeignet sei, um die Schwierigkeiten zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Es sei schon ungewiss, wann die Klägerin wieder eine eigene Wohnung beziehen werde. Zwar könnten Leistungen nach den §§ 67, 68 SGB XII grundsätzlich präventiv erbracht werden. Dies gelte aber nur, wenn es zur Abwendung von Schwierigkeiten im Vorfeld notwendig sei; etwa wenn die Maßnahmen der Erhaltung der Wohnung dienten. Die Klägerin habe aber keine zu erhaltende Wohnung und es sei auch nicht ersichtlich, dass sie sich derzeit um die Beschaffung einer neuen Wohnung bemühe. Sollten nach der endgültigen Haftentlassung Schwierigkeiten bei der Beschaffung einer neuen Wohnung auftreten, wäre dem zeitnah durch Übernahme der Energie- und Mietschulden zu begegnen. Allerdings seien mietschuldenbedingte besondere soziale Schwierigkeiten beim Bezug von Leistungen nach dem SGB XII oder dem SGB II nicht zu erwarten, wenn die Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung der Unterkunft und Heizung gegen den Leistungsträger an den Vermieter abgetreten würden.

12

Gegen den ihr am 11. März 2009 zugegangenen Beschluss hat die Klägerin am 14. April 2009, dem Tag nach Ostermontag, Beschwerde beim Sozialgericht Dessau-Roßlau eingelegt. Sie macht ergänzend zum bisherigen Vorbringen geltend, alle Vermieter forderten heute Auskünfte über die Bonität und das Vorliegen von Mietschulden. Üblicherweise erhielten Interessierte keine neue Wohnung, wenn Miet- oder Energieschulden aus der Vergangenheit bestünden. Im Übrigen widerriefen Leistungsbezieher häufig nach kurzer Zeit die Abtretungserklärungen, was den Vermietern bekannt sei. Das Sozialgericht sei nicht sachverständig für die These, dass Mieter jedenfalls dann eine Wohnung erhielten, wenn sie die Leistungen dafür abträten. Insoweit müsse Beweis durch Zeugenvernehmung von verschiedenen Geschäftsführern/Vorständen von Wohnungsbaugenossenschaften sowie durch Einholung eines marktanalytischen Sachverständigengutachtens erhoben werden.

13

Die Klägerin beantragt,

14

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 4. März 2009 aufzuheben, ihr für die Durchführung des Klageverfahrens S 10 SO 37/08 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung zu bewilligen und Rechtsanwalt B. aus B. zur Vertretung im Verfahren beizuordnen.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Beschwerde zurückzuweisen.

17

Sie führt aus, in der Vergangenheit vielfach Leistungsberechtigten trotz Mietschulden zum Abschluss eines neuen Mietvertrags verholfen zu haben. Besonders kommunale Wohnungsgesellschaften seien bereit, in diesen Fällen nach einer Lösung zu suchen. Günstig wirkten sich direkte Mietzahlungen durch den Leistungsträger an den Vermieter aus. Es widerspreche den Strukturprinzipien des Sozialhilferechts, Sozialhilfe ohne gegenwärtigen sozialhilferechtlichen Hintergrund zum Zwecke der Schuldenregulierung zu gewähren. Außerdem existierten zwei gemeinnützige Organisationen in B., welche die Klägerin bei der Wiederherstellung der Mietfähigkeit unterstützen könnten.

18

Daraufhin hat die Klägerin erwidert, maßgeblich seien nicht Betrachtungen in der Vergangenheit. Vielmehr müssten die Geschäftsführer der Wohnungsunternehmen zu ihrer aktuellen Geschäftspolitik angehört werden. Die genannten gemeinnützigen Organisationen hätten nicht die Aufgabe, Personen mit Mietschulden finanzierbare Wohnungsmöglichkeiten zu suchen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des bisherigen Gerichtsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen hat und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist, verwiesen.

II.

1.a.

20

Die Beschwerde der Klägerin ist form- und fristgerecht erhoben gemäß § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Insbesondere ist die Monatsfrist gewahrt. Der angefochtene Beschluss ist der Klägerin am 11. März 2009 zugegangen. Fristablauf wäre gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG der 11. April 2009 gewesen. Da dies jedoch ein Samstag war, endete die Beschwerdefrist gemäß § 64 Abs. 3 SGG am 14. April 2009, dem Tag nach Ostermontag.

b.

21

Die Beschwerde ist auch statthaft. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Beschwerde gegen die Ablehnung von Anträgen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe richtet sich nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO); die Regelungen sind durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom 1. April 2008 durch Einfügung von § 172 Abs. 3 Ziffer 2 SGG modifiziert worden. Seitdem ist die Beschwerde bei einem Wert des Beschwerdegegenstandes über 750,00 € nur noch zulässig, wenn Prozesskostenhilfe (auch) wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt worden ist. Dies folgt aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz ZPO. Das Gleiche gilt, wenn wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG im Streit sind. Die Beschwerde ist hingegen ausgeschlossen, wenn das Gericht in diesen Fällen ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint (vgl. zur zutreffenden Begründung ausführlich den Beschluss des 5 Senats vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS und L 5 B 304/08 AS).

22

Hier ist der Antrag auf Prozesskostenhilfe wegen des Fehlens der hinreichenden Aussicht der Klage auf Erfolg abgelehnt worden. Der Beschwerdewert beträgt auch mehr als 750,00 €. Nach der Berechnung der Beklagten handelt es sich bei der geforderten Schuldenübernahme für Mietschulden sowie der Stromabschlagszahlungen in der Zeit von November 2007 bis Februar 2008 um einen Betrag von 1.073,76 €. Der Senat kann daher offen lassen, welcher wirtschaftliche Wert den - bislang nicht bezifferten - Räumungskosten zukommt.

2.

23

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, da das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg der Klage abgelehnt hat.

24

Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist.

25

Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990 - 1 BvR 94/88 -, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht , Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 R -, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).

26

Hier hat die Verfolgung des Klageverfahrens nach der im Beschwerdeverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im oben genannten Sinne. Nach Auffassung des Senats steht der Klägerin unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt die begehrte Übernahme der zwischen November 2007 und Februar 2008 angefallenen Miet- und Energiekosten sowie die Kosten der Beräumung der bis zum Haftantritt bewohnten Wohnung zu.

a.

27

Ein Anspruch auf Übernahme der Miet- und Energieschulden ergibt sich nicht aus § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Danach umfasst der notwendige Lebensunterhalt u.a. die Unterkunft.

28

Die Klägerin befand sich jedoch ab dem 15. Oktober 2007 in Haft beziehungsweise ab dem 27. Februar 2008 in stationärer Krankenhausbehandlung. In diesem Zeitraum war ihr tatsächlicher Unterkunftsbedarf gedeckt, da sie eine Unterkunft hatte. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine zusätzliche Unterkunft ergibt sich aus § 27 Abs. 1 SGB XII nicht (vgl. zu § 12 Abs. 1 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz: Verwaltungsgericht Frankfurt, Urteil vom 20.1.2003, 7 E 6044/00 m.w.H. zur Rechtsprechung, juris). Im Übrigen ist Voraussetzung für eine Leistungsgewährung nach den §§ 27, 29 SGB XII die tatsächliche Nutzung einer Unterkunft. Zwar sind zeitlich überschaubare Abwesenheitszeiten wie Urlaub oder Krankenhausaufenthalte unschädlich. Ist aber - wie hier - der Unterkunftsbedarf nicht nur kurzfristig anderweitig gedeckt, etwa durch die Verbüßung einer Freiheitsstrafe oder längerfristige stationäre Unterbringung, besteht kein Anspruch auf Leistungen nach § 29 SGB XII (vgl. Berlit in: LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2007, § 29 RN 16).

b.

29

Ein Anspruch auf Übernahme der Miet- und Energieschulden kann auch nicht aus § 34 Abs. 1 SGB XII abgeleitet werden. Danach können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.

30

Es geht hier nicht um die Sicherung der Wohnung für eine nicht nur vorübergehende Zeit. Der Anwendungsbereich der Norm ist nicht eröffnet. Die Klägerin hat im streitigen Zeitraum die Wohnung nicht als Unterkunft genutzt; das Mietverhältnis war gekündigt. Sinn der Mietschuldenübernahme ist nicht die Befreiung des Hilfesuchenden von Forderungen Dritter (Landessozialgericht für das Land Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 30.6.2005, L 20 B 2/05 SO ER, juris).

c.

31

Die geltend gemachte Kostenübernahme der Miet- und Energieschulden sowie der Beräumungskosten ergibt sich auch nicht aus einem Anspruch auf Hilfe zur Überwindung sozialer Schwierigkeiten gemäß §§ 67, 68 SGB XII. Danach sind Leistungen zu erbringen für Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, wenn sie aus eigener Kraft nicht zu deren Überwindung fähig sind. Die Leistungen umfassen alle Maßnahmen, die notwendig sind, um die Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere Beratung und persönliche Betreuung für die Leistungsberechtigten sowie Maßnahmen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung.

a.a.

32

Hier liegen - im Bezug auf die streitbefangenen Miet- und Energieschulden sowie Beräumungskosten - schon keine besonderen Lebensverhältnisse verbunden mit sozialen Schwierigkeiten i.S.v. § 67 Satz 1 SGB XII vor.

33

Aus dem in § 5 Abs. 1, § 18 SGB XII normierten Gegenwärtigkeitsprinzip ergibt sich, dass die Sozialhilfe (erst) dann einzusetzen hat, wenn es um die Abwendung einer gegenwärtigen Notlage geht. Die Bewilligung von Sozialhilfe ist grundsätzlich von einem aktuellen Hilfebedarf abhängig (vgl. BSG, Urteil vom 29. 9. 2009, B 8 SO 16/08 R, Rn.13). Erforderlich ist also für den geltend gemachten Hilfeanspruch, dass soziale Schwierigkeiten schon vorliegen oder aber deren Eintritt unmittelbar droht. Dem entsprechend setzt ein Leistungsanspruch nach § 67 SGB XII einen Hilfebedarf zum Zeitpunkt der Antragstellung voraus. Aktuell muss sich aus dem Zusammenwirken von sozialer Lage und individueller Schwierigkeit ein konkreter Hilfebedarf ergeben (vgl. Roscher in: LPK-SGB XII, a.a.O., RN 7).

34

Für den streitgegenständlichen Zeitraum seit November 2007 kann ein derartiger Hilfebedarf nicht festgestellt werden. Die Klägerin befand sich zunächst in Haft; für ihre Unterkunft war gesorgt. Während der Haftunterbrechung ist sie in einer Notunterkunft untergebracht. Nach deren Ende wird sie die Haftstrafe fortsetzen.

35

Soziale Schwierigkeiten aufgrund besonderer Lebensverhältnisse sind für diesen Zeitraum nicht erkennbar. Nach § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besondere sozialer Schwierigkeiten i.d.F. vom 27. 12. 2003 (BGBl. I, S. 179) (im Folgenden: Verordnung) bestehen besondere Lebensverhältnisse u.a. bei Fehlen oder Nichtausreichen der Wohnung oder bei Entlassung aus einer geschlossenen Einrichtung.

36

Der Senat kann offen lassen, ob die Haftunterbrechung mit vorläufiger Unterbringung in einer Notunterkunft einer Wohnungslosigkeit bzw. Entlassung aus einer geschlossenen Einrichtung i.S.d. Verordnung gleichsteht. Jedenfalls begründen diese Umstände erst dann eine Situation, in der eine Leistungsgewährung nach § 67 SGB XII möglich ist, wenn die Klägerin sich um die Anmietung einer Wohnung bemüht, ihr dies jedoch aus eigener Kraft wegen der bestehenden Schulden nicht möglich ist. Auch für die Zeit ab April 2008 ist eine soziale Schwierigkeit, welche mit der begehrten Schuldenübernahme beseitigt werden müsste, nicht dargelegt worden. Der Umstand, dass die Klägerin bei dem ehemaligen Vermieter verschuldet ist, hat keine Auswirkungen auf ihre derzeitige Lebens- und finanzielle Situation. Soweit sie in der Klageschrift angedeutet hat, sie habe aktuell keine Möglichkeit einer Wohnungsanmietung, folgt daraus für den Senat kein abweichendes Ergebnis. Denn sie selbst hat eingeräumt, die derzeitige vorübergehende Haftverschonung auf Zeit hinderte sie an einer Wohnungssuche. Sie hat nicht einmal behauptet, bei einer Wohnungssuche aufgrund ihrer Schulden erfolglos gewesen zu sein. Deshalb sind die bestehenden Verbindlichkeiten nicht ursächlich für die unterbliebene Anmietung einer Wohnung für die Zeit der Haftunterbrechung. Die begehrte Schuldenübernahme ist demnach kein Mittel zur Beseitigung eines aktuellen Hilfebedarfs.

37

Soweit die Klägerin die Schuldenübernahme im Hinblick auf ihre zeitlich noch nicht bestimmbare Entlassung aus der Haft begehrt, kann ein Hilfebedarf erst ab dem Zeitpunkt der Haftentlassung bei Fehlen einer Wohnung - auch aus ihrer Sicht - zu sozialhilferechtlich relevanten besonderen Lebensverhältnissen führen.

38

Zwar kann nach der Rechtsprechung ausnahmsweise eine Hilfe nach § 67 SGB XII nicht nur nachgehend, sondern auch präventiv gewährt werden, wenn sie schon während der Haftzeit erforderlich wird. Dies betrifft jedoch Fälle einer kurzfristigen Haftstrafe, wenn die Übernahme der Miete zum Erhalt der bislang bewohnten Unterkunft erforderlich ist (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. 5. 2005, L 9 B 9/05 SO ER; Beschluss vom 30. 6. 2005, L 20 B 2/05 SO ER). Hier liegt der Fall jedoch anders, da die Klägerin ihre Wohnung fristgerecht gekündigt hat. Die Übernahme ihrer Schulden hätte keinen Einfluss auf das schon beendete Mietvertragsverhältnis. Ein Verlust der Wohnung aufgrund der unterbleibenden Mietzahlungen während der Haftzeit kann hier nicht eintreten.

39

Für die von der Klägerin geforderte präventive Übernahme von Mietschulden im Hinblick auf eine - derzeit noch nicht konkretisierte - drohende Obdachlosigkeit besteht hingegen kein Raum. Insoweit fehlt es an einer bereits gegenwärtigen bzw. unmittelbar drohenden sozialen Schwierigkeit. Deren Eintritt nach der Entlassung aus der Haft hängt von verschiedensten, derzeit nicht beurteilbaren Voraussetzungen ab (z.B. Umzug in eine andere Stadt, Wegfall der Hilfebedürftigkeit, Einzug in die Wohnung eines Dritten). Anders als bei innegehaltener Wohnung und kurzer Haftdauer ist demnach derzeit nicht feststellbar, ob eine besondere soziale Schwierigkeit unmittelbar droht, und ob die verlangten Hilfen zu deren Überwindung erforderlich sind.

b.b.

40

Darüber hinaus würde sich - eine unmittelbar drohende soziale Schwierigkeit unterstellt - aus den geltend gemachten Hilfeleistungen nach §§ 67, 68 SGB XII die Erforderlichkeit der begehrten Schuldenübernahme nicht ergeben.

41

Welche Hilfen im Einzelnen zur Überwindung der besonderen sozialen Schwierigkeiten erforderlich sind, regelt die o.g. Verordnung. Nach § 4 Abs. 1 der Verordnung sind als Maßnahmen zur Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung vorrangig die erforderliche Beratung und persönliche Unterstützung. Lediglich gemäß § 4 Abs. 2 der Verordnung kann die Hilfe auch sonstige Leistungen zur Erhaltung und Beschaffung der Wohnung nach dem 3. Kapitel des SGB XII, insbesondere nach § 34, umfassen, soweit es Maßnahmen nach Abs. 1 erfordern.

42

Der Senat kann hier offen lassen, ob es sich dabei um eine Rechtsgrund- oder -folgenverweisung handelt (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 17. 9. 2009, L 18 SO 111/09 B ER; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. 6. 2005, L 20 B 2/05 SO ER). Denn es ist nicht ersichtlich, dass Leistungen der Schuldenübernahme erforderlich wären.

43

Zur Unterstützung der Selbsthilfe gehört zunächst, auf Leistungen anderer Stellen, die im Sinne dieser Verordnung geeignet sind, hinzuwirken (§ 2 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung). Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist die Klägerin erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II. Für den Fall der Entlassung aus der Haft wird - bei Vorliegen von Hilfebedürftigkeit - ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestehen. In diesem Rahmen können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (§ 22 Abs. 5 SGB II). Sollte die Klägerin also ohne eine Schuldenübernahme keine Wohnung erhalten können, wäre wegen des Grundsatzes des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II vorrangig. Der Anspruch gegenüber der Beklagten erschöpfte sich deshalb auf Beratung und persönlicher Unterstützung bei der Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II.

3.

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.

45

Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).


(1) Die Krankenkasse kann für Arbeits- und Erwerbslose, die nicht gesetzlich gegen Krankheit versichert sind, für andere Hilfeempfänger sowie für die vom Bundesministerium für Gesundheit bezeichneten Personenkreise die Krankenbehandlung übernehmen, sofern der Krankenkasse Ersatz der vollen Aufwendungen für den Einzelfall sowie eines angemessenen Teils ihrer Verwaltungskosten gewährleistet wird. Die Krankenkasse ist zur Übernahme der Krankenbehandlung nach Satz 1 für Empfänger von Gesundheitsleistungen nach den §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes verpflichtet, wenn sie durch die Landesregierung oder die von der Landesregierung beauftragte oberste Landesbehörde dazu aufgefordert wird und mit ihr eine entsprechende Vereinbarung mindestens auf Ebene der Landkreise oder kreisfreien Städte geschlossen wird. Die Vereinbarung über die Übernahme der Krankenbehandlung nach Satz 1 für den in Satz 2 genannten Personenkreis hat insbesondere Regelungen zur Erbringung der Leistungen sowie zum Ersatz der Aufwendungen und Verwaltungskosten nach Satz 1 zu enthalten; die Ausgabe einer elektronischen Gesundheitskarte kann vereinbart werden. Wird von der Landesregierung oder der von ihr beauftragten obersten Landesbehörde eine Rahmenvereinbarung auf Landesebene zur Übernahme der Krankenbehandlung für den in Satz 2 genannten Personenkreis gefordert, sind die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung verpflichtet. Zudem vereinbart der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den auf Bundesebene bestehenden Spitzenorganisationen der nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuständigen Behörden Rahmenempfehlungen zur Übernahme der Krankenbehandlung für den in Satz 2 genannten Personenkreis. Die Rahmenempfehlungen nach Satz 5, die von den zuständigen Behörden nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und den Krankenkassen nach den Sätzen 1 bis 3 sowie von den Vertragspartnern auf Landesebene nach Satz 4 übernommen werden sollen, regeln insbesondere die Umsetzung der leistungsrechtlichen Regelungen nach den §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes, die Abrechnung und die Abrechnungsprüfung der Leistungen sowie den Ersatz der Aufwendungen und der Verwaltungskosten der Krankenkassen nach Satz 1.

(2) Die Krankenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des Zwölften Buches, nach dem Teil 2 des Neunten Buches, von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes und von Empfängern von Krankenhilfeleistungen nach dem Achten Buch, die nicht versichert sind, wird von der Krankenkasse übernommen. Satz 1 gilt nicht für Empfänger, die voraussichtlich nicht mindestens einen Monat ununterbrochen Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, für Personen, die ausschließlich Leistungen nach § 11 Abs. 5 Satz 3 und § 33 des Zwölften Buches beziehen sowie für die in § 24 des Zwölften Buches genannten Personen.

(3) Die in Absatz 2 Satz 1 genannten Empfänger haben unverzüglich eine Krankenkasse im Bereich des für die Hilfe zuständigen Trägers der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe zu wählen, die ihre Krankenbehandlung übernimmt. Leben mehrere Empfänger in häuslicher Gemeinschaft, wird das Wahlrecht vom Haushaltsvorstand für sich und für die Familienangehörigen ausgeübt, die bei Versicherungspflicht des Haushaltsvorstands nach § 10 versichert wären. Wird das Wahlrecht nach den Sätzen 1 und 2 nicht ausgeübt, gelten § 28i des Vierten Buches und § 175 Abs. 3 Satz 2 entsprechend.

(4) Für die in Absatz 2 Satz 1 genannten Empfänger gelten § 11 Abs. 1 sowie die §§ 61 und 62 entsprechend. Sie erhalten eine elektronische Gesundheitskarte nach § 291. Als Versichertenstatus nach § 291a Absatz 2 Nummer 7 gilt für Empfänger bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres die Statusbezeichnung "Mitglied", für Empfänger nach Vollendung des 65. Lebensjahres die Statusbezeichnung "Rentner". Empfänger, die das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in häuslicher Gemeinschaft leben und nicht Haushaltsvorstand sind, erhalten die Statusbezeichnung "Familienversicherte".

(5) Wenn Empfänger nicht mehr bedürftig im Sinne des Zwölften Buches oder des Achten Buches sind, meldet der Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe diese bei der jeweiligen Krankenkasse ab. Bei der Abmeldung hat der Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe die elektronische Gesundheitskarte vom Empfänger einzuziehen und an die Krankenkasse zu übermitteln. Aufwendungen, die der Krankenkasse nach Abmeldung durch eine missbräuchliche Verwendung der Karte entstehen, hat der Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe zu erstatten. Satz 3 gilt nicht in den Fällen, in denen die Krankenkasse auf Grund gesetzlicher Vorschriften oder vertraglicher Vereinbarungen verpflichtet ist, ihre Leistungspflicht vor der Inanspruchnahme der Leistung zu prüfen.

(6) Bei der Bemessung der Vergütungen nach § 85 oder § 87a ist die vertragsärztliche Versorgung der Empfänger zu berücksichtigen. Werden die Gesamtvergütungen nach § 85 nach Kopfpauschalen berechnet, gelten die Empfänger als Mitglieder. Leben mehrere Empfänger in häuslicher Gemeinschaft, gilt abweichend von Satz 2 nur der Haushaltsvorstand nach Absatz 3 als Mitglied; die vertragsärztliche Versorgung der Familienangehörigen, die nach § 10 versichert wären, wird durch die für den Haushaltsvorstand zu zahlende Kopfpauschale vergütet.

(7) Die Aufwendungen, die den Krankenkassen durch die Übernahme der Krankenbehandlung nach den Absätzen 2 bis 6 entstehen, werden ihnen von den für die Hilfe zuständigen Trägern der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe vierteljährlich erstattet. Als angemessene Verwaltungskosten einschließlich Personalaufwand für den Personenkreis nach Absatz 2 werden bis zu 5 vom Hundert der abgerechneten Leistungsaufwendungen festgelegt. Wenn Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Leistungserbringung oder -gewährung vorliegen, kann der zuständige Träger der Sozialhilfe oder der öffentlichen Jugendhilfe von der jeweiligen Krankenkasse verlangen, die Angemessenheit der Aufwendungen zu prüfen und nachzuweisen.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(1) Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt. Er hat Leistungen nach Satz 1 zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt; die vorläufigen Leistungen beginnen spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.

(2) Für die Leistungen nach Absatz 1 gilt § 42 Abs. 2 und 3 entsprechend. Ein Erstattungsanspruch gegen den Empfänger steht nur dem zur Leistung verpflichteten Leistungsträger zu.

(3) (weggefallen)

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Erstattungsansprüche verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Rückerstattungsansprüche verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erstattung zu Unrecht erfolgt ist.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.