Urteils-Kommentar zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juni 2024 - VI ZR 64/23
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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juni 2024 - VI ZR 64/23
Bundesgerichtshof
Urteil vom 25. Juni 2024
Az.: VI ZR 64/23
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 31. Januar 2023 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 27. Juli 2022 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und 2.
Im Übrigen (Berufung der Beklagten zu 3) wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1. Die Klägerin zu 1 und die ehemalige Klägerin zu 2, die während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens auf die Klägerin zu 1 verschmolzen worden ist (im Folgenden: Klägerinnen), sind Medienunternehmen, die Zeitschriften herausgeben und vertreiben. Sie nehmen die Beklagten auf Unterlassung presserechtlicher Informationsschreiben in Anspruch.
Die Beklagte zu 1 betreibt eine presserechtlich tätige Rechtsanwaltskanzlei. Bei dem Beklagten zu 2 handelt es sich um einen Partner der Beklagten zu 1. Die Beklagten zu 1 und 2 versenden, wenn sie etwa aufgrund einer aktuellen Veröffentlichung einer Presseredaktion von einer Übernahme der Berichterstattung durch andere Presseredaktionen ausgehen, sogenannte presserechtliche Informationsschreiben, in denen sie für den Fall einer solchen Berichterstattung presserechtliche Rechtsbehelfe ankündigen.
Am 21. Oktober 2020 versandte die Beklagte zu 1 im Namen und im Auftrag der Beklagten zu 3, einer Nachrichtensprecherin, jeweils ein vom Beklagten zu 2 unterzeichnetes "presserechtliches Informationsschreiben" an die beiden Klägerinnen mit folgendem Inhalt:
"Presserechtliches Informationsschreiben
[...(Vor- und Nachname der Beklagten zu 3)]
Aus Anlass einer BUNTE-Berichterstattung, die auf einer Berichterstattung der BILD-Zeitung aufbaut, zeigen wir an, dass wir [Beklagte zu 3] in ihren presserechtlichen Angelegenheiten vertreten. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Berichterstattung verletzt die Berichterstattung über das private Beziehungsleben unserer Klientin ihre Persönlichkeitsrechte. Es ist rechtskräftig anerkannt, dass sie eine Berichterstattung über ihr Privatleben nicht hinnehmen muss. Vor diesem Hintergrund sind wir auch bereits erfolgreich gegen die BILD-Zeitung vorgegangen, die freiwillig eine Unterlassungsverpflichtungserklärung zu ihrer Berichterstattung vom letzten Wochenende abgegeben hat. Ebenso sind wir beauftragt, gegen die aktuelle BUNTE-Berichterstattung, die eine massive Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt, vorzugehen. Vor diesem Hintergrund weisen wir darauf hin, dass jegliche Übernahme einer Berichterstattung zu der Privatsphäre unserer Klientin rechtswidrig wäre und vor dem Hintergrund des nunmehr bekannten entgegenstehenden Willens unserer Klientin auch dazu führen würde, dass es sich um eine hartnäckige Rechtsverletzung handeln würde. Wir bitten daher um dringende Beachtung."
Die Abgabe einer von den Klägerinnen geforderten strafbewehrten Unterlassungserklärung lehnten die Beklagten zu 1 und 2 ab.
Das Landgericht hat der Beklagten zu 3 untersagt, den Klägerinnen sogenannte presserechtliche Informationsschreiben zuzusenden, wenn dies geschieht wie mit Schreiben der Beklagten zu 1 und 2 vom 21. Oktober 2020. Die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 hat es abgewiesen, weil diese keine Störer seien; sie hätten erkennbar nicht im eigenen Namen, sondern in rechtlicher Vertretung der Beklagten zu 3 gehandelt.
Auf die Berufung der Klägerinnen hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Beklagten zu 3 das Urteil des Landgerichts dahingehend abgeändert, dass es über die Beklagte zu 3 hinaus auch die Beklagten zu 1 und 2 verurteilt hat, die Zusendung presserechtlicher Informationsschreiben, wie geschehen mit Schreiben vom 21. Oktober 2020, zu unterlassen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten das Ziel der Klageabweisung weiter.
Gründe
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17 ausgeführt, die Beklagten zu 1 bis 2 hätten mit ihren beiden Schreiben vom 21. Oktober 2020 in das Recht der Klägerinnen am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen. Es liege keine lediglich sozial übliche Behinderung vor, da die Klägervertreter zuvor mit Schreiben vom 27. September 2018 namens und im Auftrag ihrer Mandantschaft gegenüber der Beklagten zu 1 erklärt hätten, keine Schreiben dieser Art mehr erhalten zu wollen. Dem hätten die Beklagten entnehmen können, dass das nicht nur für den damaligen Anlassfall, sondern allgemein für von den Klägervertretern betreute Rechtsangelegenheiten des B.-Konzerns gelten sollte. Der Eingriff sei rechtswidrig gewesen, da die Schreiben vom 21. Oktober 2020 von vornherein ungeeignet gewesen seien, präventiven Rechtsschutz zu bewirken; denn sie hätten keine Informationen enthalten, die den Klägerinnen die Beurteilung erlaubt hätten, ob Persönlichkeitsrechte der Beklagten zu 3 durch eine etwaige Berichterstattung verletzt würden. Den Schreiben lasse sich lediglich entnehmen, dass die Beklagte zu 3 keine Berichterstattung über ihre neue Beziehung wünsche und gegen derartige Berichte rechtlich vorgehe. Die Beklagten zu 1 und 2 seien Störer.
Der Unterlassungsanspruch bestehe auch gegenüber der Beklagten zu 3. Einer Opt-Out-Erklärung der Klägerinnen auch gegenüber der Beklagten zu 3 habe es nicht bedurft, um einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu begründen. Es genüge, dass das streitgegenständliche Schreiben darauf abziele, die redaktionelle Tätigkeit der Klägerinnen zu beeinflussen. Selbst wenn aber eine solche Erklärung Voraussetzung für den Eingriff wäre, läge diese vor, weil die anwaltlichen Vertreter der Beklagten zu 3 mit Schreiben vom 27. September 2018 darüber informiert worden seien, dass die Klägerinnen keine presserechtlichen Informationsschreiben mehr erhalten wollten.
II.
Die zulässige Revision der Beklagten zu 1 und 2 ist begründet und führt ihnen gegenüber zur Wiederherstellung des klageabweisenden Urteils des Landgerichts. Die Klägerinnen hatten schon deshalb keinen Anspruch auf Unterlassung der Zusendung presserechtlicher Informationsschreiben, wie geschehen mit Schreiben vom 21. Oktober 2020, gegen die Beklagten zu 1 und 2, da diese nicht Störer sind. Denn nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 314 ZPO) übersandten die Beklagten zu 1 und 2 die beiden Schreiben vom 21. Oktober 2020 an die Klägerinnen im Namen und im Auftrag der Beklagten zu 3, ihrer Mandantin. Die persönliche Verantwortung für das Schreiben übernahmen sie nicht.
1. Es ist Aufgabe des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig macht er sich Äußerungen im Namen und in Vollmacht seines Mandanten nicht als persönliche zu Eigen. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (vgl. Senatsurteile vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 28; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, NJW 2005, 279, 281, juris Rn. 20). Das gilt auch dann, wenn die Äußerung nicht nur die Wiedergabe eines Sachverhalts, sondern auch eine rechtliche Bewertung und die Aufforderung zur Unterlassung enthält (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 1. Dezember 2015 - X ZR 170/12, BGHZ 208, 119 Rn. 23 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung II).
Nur im Ausnahmefall kann die Berücksichtigung der Gesamtumstände eine persönliche Verantwortung des Rechtsanwalts nahelegen (Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 28; Versäumnisurteil vom 1. Dezember 2015 - X ZR 170/12, BGHZ 208, 119 Rn. 23 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung II; BVerfG [K], Beschluss vom 16. Juli 2003 - 1 BvR 801/03, BVerfGK 1, 235, 237, juris Rn. 12). Dies kommt etwa bei einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung zur Durchsetzung eines vermeintlichen Ausschließlichkeitsrechts in Betracht (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 1. Dezember 2015, aaO). Im Äußerungsrecht hat der Senat einen Ausnahmefall wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls in dem seinem Urteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17 (AfP 2019, 40) zugrunde liegenden Fall angenommen, in dem die dortige Beklagte zu 1 (identisch mit der hiesigen Beklagten zu 1) bereits im Vorfeld und unabhängig von der Vertretung eines bestimmten Mandanten für sich selbst in Anspruch genommen hatte, in der von der dortigen Klägerin beanstandeten Art und Weise vorgehen zu dürfen, nämlich an diese presserechtliche Informationsschreiben übersenden zu dürfen. Sie hatte dort sogar ausdrücklich angeregt, nicht einen konkreten Mandanten, sondern sie selbst zu verklagen. Damit hatte sie zum Ausdruck gebracht, für diese Vorgehensweise - bis zu der dann mit dem Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17 erfolgten gerichtlichen Klärung - die Verantwortung zu übernehmen (aaO Rn. 29).
2. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht vor.
a) Das Berufungsgericht stützt seine Ansicht zunächst darauf, dass sich die Klägervertreter mit ihrem Schreiben vom 27. September 2018 und mit der Aufforderung zur Abgabe strafbewehrter Unterlassungserklärungen an die Beklagte zu 1 und nicht an die Beklagte zu 3 gewandt hätten. Das belegt jedoch allenfalls, dass die Klägervertreter in der Beklagten zu 1 die Verantwortliche sahen, nicht aber, dass die Beklagte zu 1 rechtlich verantwortlich ist.
b) Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung weiter ausgeführt, es sei die Beklagte zu 1 gewesen, die in dem Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17 zugrunde liegenden Fall die dortige Klägerin explizit aufgefordert habe, sie selbst und nicht ihre Mandanten zu verklagen. Damit habe sie im dortigen Verfahren explizit die Verantwortung für weitere Informationsschreiben übernommen. Deshalb hätte es im hier zu entscheidenden Fall eines frühzeitigen und eindeutigen Hinweises bedurft, wenn die Beklagte zu 1 das streitgegenständliche Informationsschreiben nicht gegen sich gelten lassen wolle. Das überzeugt nicht. Die Klägerin in dem Verfahren VI ZR 506/17 war die F. GmbH und nicht eine der hiesigen Klägerinnen. Eine Aufforderung auch an die hiesigen Klägerinnen, die Beklagte zu 1 und nicht deren Mandanten zu verklagen, oder sonst ein Verhalten, das auf die Übernahme der persönlichen Verantwortung der Beklagten zu 1 (und 2) schließen ließe, ist nicht festgestellt. Es bedurfte deshalb auch keines Hinweises der Beklagten zu 1 und 2, dass sie das Schreiben vom 21. Oktober 2020, welches sie ausdrücklich in anwaltlicher Vertretung der Beklagten zu 3 verfassten, nicht gegen sich persönlich gelten lassen wollen. Hinzu kommt, dass zeitlich nach der Klärung durch das Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17 ohne eindeutige entgegenstehende Anhaltspunkte nicht mehr anzunehmen war, dass die Beklagte zu 1 ein weiteres Mal - nun gegenüber einem anderen Verlag - persönlich die Verantwortung für presserechtliche Informationsschreiben übernehmen werde. Soweit das Berufungsgericht in der Gesamtschau weiter darauf abstellt, dass die Beklagte zu 1 im einstweiligen Verfügungsverfahren inhaltlich zur Berechtigung des Schreibens vom 21. Oktober 2020 Stellung genommen habe, ohne sich auf ihre fehlende Passivlegitimation zu berufen, vermag dieses Verteidigungsverhalten im Prozess ihre Störereigenschaft nicht nachträglich zu begründen.
c) Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die presserechtlichen Informationsschreiben seien von vornherein ungeeignet gewesen, präventiven Rechtsschutz zu bewirken, übersieht sie, dass dieses Argument die Rechtswidrigkeit eines etwaigen Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb betrifft, nicht aber die davon zu trennende Frage, ob die Beklagten zu 1 und 2 bei einer Handlung, die sie in anwaltlicher Vertretung der Beklagten zu 3 vorgenommen haben, als Störer anzusehen sind. Ob ein Rechtsanwalt Störer ist, wenn er bei der Vertretung eines Mandanten seine Funktion als Organ der Rechtspflege missbräuchlich ausübt, kann dahinstehen. Denn von einem Missbrauch kann vorliegend bei der allein inmitten stehenden fehlerhaften Beurteilung der Rechtmäßigkeit des presserechtlichen Informationsschreibens nicht die Rede sein.
III.
Die zulässige Revision der Beklagten zu 3 ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Beklagten zu 3. Dieses ist zwar als "Anschlussberufung" bezeichnet, ist aber in eine (rechtzeitig eingelegte und begründete) Berufung nach § 511 ZPO umzudeuten. Eine Anschlussberufung wäre nicht zulässig, weil sie nur zwischen den Prozessbeteiligten des Berufungsverfahrens möglich ist; eine Partei, die nur im ersten Rechtszug beteiligt war, kann sich nicht durch eine Anschlussberufung Zugang zu dem nicht gegen sie gerichteten Rechtsmittelverfahren verschaffen (BGH, Beschluss vom 14. Mai 1991 - XI ZB 2/91, juris Rn. 6 mwN). Hier waren die Berufungen der Klägerinnen nur gegen die Beklagten zu 1 und 2 gerichtet, so dass sich die Beklagte zu 3 nur durch eine selbständige Berufung Zugang zum Rechtsmittelverfahren verschaffen konnte.
Auf die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lässt sich ein Anspruch gegen die Beklagte zu 3 aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB auf Unterlassung der Übermittlung von presserechtlichen Informationsschreiben, wie geschehen mit Schreiben vom 21. Oktober 2020, nicht stützen.
Die Beklagte zu 3 käme zwar als Störerin im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB in Betracht, weil sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Beklagte zu 1 beauftragte und bevollmächtigte, in ihrem Namen die Informationsschreiben vom 21. Oktober 2020 an die Klägerinnen zu richten (vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 26). Ein unmittelbarer Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch presserechtliche Informationsschreiben setzt jedoch ein sogenanntes Opt-Out des Gewerbetreibenden voraus (1). Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass mit dem Schreiben der Klägervertreter vom 27. September 2018 ein solches Opt-Out vorlag, beruht auf einer Verletzung des Anspruchs der Beklagten zu 3 auf Gewährung rechtlichen Gehörs (2).
1. Die Übersendung eines presserechtlichen Informationsschreibens an ein Presseunternehmen stellt grundsätzlich nur dann einen unmittelbaren Eingriff in dessen Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, wenn es zuvor durch ein sogenanntes Opt-Out zu verstehen gegeben hat, dass es die Zusendung solcher Schreiben nicht wünscht.
a) Der Schutz des § 823 Abs. 1 BGB wird gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährt, wenn die Störung einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben. Die Verletzungshandlung muss sich gerade gegen den Betrieb und seine Organisation oder gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und über eine bloße Belästigung oder eine sozial übliche Behinderung hinausgehen (vgl. Senatsurteile vom 14. Januar 2020 - VI ZR 496/18, NJW 2020, 1587 Rn. 35; vom 26. November 2019 - VI ZR 12/19, AfP 2020, 149 Rn. 47; vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 16; vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 317 f., juris Rn. 17; BGH, Urteile vom 6. Februar 2014 - I ZR 75/13, GRUR 2014, 904 Rn. 12 - Aufruf zur Kontokündigung; vom 28. Februar 2013 - I ZR 237/11, GRUR 2013, 917 Rn. 16 - Vorbeugende Unterwerfungserklärung). Bei Presseunternehmen sind dabei durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundrechtlich gewährte Rechtspositionen zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 16 mwN).
b) Die Übermittlung sogenannter presserechtlicher Informationsschreiben ist normalerweise betriebsbezogen, weil sie unmittelbar auf eine Beeinflussung der redaktionellen Tätigkeit des Presseunternehmens abzielt. Sie führt in der Regel auch nicht nur zu einer bloßen Belästigung, weil bereits die Sichtung des Schreibens unmittelbar nach dem Eingang und die Weiterleitung innerhalb des Verlags zusätzlichen Arbeitsaufwand verursachen kann und darüber hinaus nicht immer auf den ersten Blick erkennbar ist und daher der Prüfung bedarf, was Inhalt und Gegenstand des Schriftstücks ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 17). Für die Annahme eines unmittelbaren Eingriffs in den gewerblichen Tätigkeitskreis eines Presseunternehmens reicht dies jedoch nicht aus. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich zusätzlich, dass das Presseunternehmen zuvor erklärt hat, keine Schreiben dieser Art (mehr) erhalten zu wollen (sogenanntes Opt-Out), so dass die Behinderung auch keine sozial übliche mehr ist.
Dass nach den unter a) angeführten Maßstäben die Verletzungshandlung über eine bloße Belästigung "oder" eine sozial übliche Behinderung hinausgehen muss, ist nicht dahingehend zu verstehen, dass jedes über eine Belästigung hinausgehende Verhalten immer einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt. Vielmehr soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass das den Betriebsablauf störende Verhalten eine gewisse Intensität und Qualität erreichen muss, woran es bei sozialer Üblichkeit der Behinderung fehlen kann. Erforderlich ist eine Schadensgefahr, die geeignet ist, den Betrieb in empfindlicher Weise zu beeinträchtigen (vgl. Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 317 f., juris Rn. 17; vom 29. Januar 1985 - VI ZR 130/83, NJW 1985, 1620, 1621 juris Rn. 13). Bei der Beurteilung darf der Aufgabenbereich des jeweiligen Gewerbebetriebs nicht unberücksichtigt bleiben. Ein Presseunternehmen erhält Informationen und Meinungsbekundungen nicht nur auf gezielte Recherche, sondern auch ungefragt. Diese können sich sowohl auf eine bereits erfolgte als auch auf eine mögliche künftige Berichterstattung beziehen. Mit ihnen kann der Absender auch das Ziel verfolgen, auf den Inhalt einer Berichterstattung Einfluss zu nehmen. Zur typischen Tätigkeit eines Presseunternehmens gehört es, diese Zusendungen auszuwerten und solche, die aus seiner Sicht nutzlos sind, auszusortieren. Die ungefragte Übermittlung von Schreiben, die sich auf die Pressetätigkeit beziehen, stellt deshalb trotz des Aufwands, der mit ihrer Sichtung verbunden sein kann, für sich genommen grundsätzlich noch keinen unmittelbaren Eingriff in den Gewerbebetrieb dar. Erst wenn das Presseunternehmen durch ein Opt-Out dem Absender zu verstehen gegeben hat, dass es die Zusendung einer bestimmten Art von Schreiben - hier presserechtlicher Informationsschreiben - nicht wünscht, ist mit einer dennoch erfolgenden Zusendung die Schwelle zum Eingriff überschritten. Insofern stellt sich die Sach- und Rechtslage anders dar als bei unverlangt zugesandter E-Mail-Werbung an Gewerbetreibende (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2017 - VI ZR 721/15, BGHZ 214, 204 Rn. 15; BGH, Urteile vom 12. Januar 2023 - I ZR 49/22, NJW 2023, 2197 Rn. 14 - Unterwerfung durch PDF; vom 12. September 2013 - I ZR 208/12, VersR 2014, 1462 Rn. 15 - Empfehlungs-E-Mail), mit der der Werbende in die geschäftliche Sphäre des Gewerbetreibenden eindringt.
2. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 sei bereits mit Schreiben der Klägervertreter vom 27. September 2018 darüber informiert worden, dass die Klägerinnen keine sogenannten presserechtlichen Informationsschreiben mehr erhalten wollten, ist verfahrensfehlerhaft getroffen. Die diesbezügliche Gehörsrüge der Beklagten zu 3 hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
a) Bei dem im Berufungsurteil konkret in Bezug genommenen Schreiben vom 27. September 2018 handelt es sich um ein Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei S. an den bei der Beklagten zu 1 tätigen Rechtsanwalt B., wonach es die S. "namens und im Auftrag unserer Mandantschaft" untersagt, sogenannte presserechtliche Informationsschreiben "an unsere Mandantin" zu versenden.
b) Die Revision verweist darauf, dass die Beklagten in der Berufungserwiderung unter anderem geltend gemacht haben, es sei nicht erkennbar, wer die in dem Schreiben vom 27. September 2018 erwähnte Mandantschaft oder Mandantin sei. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass das Schreiben für sämtliche gegenwärtigen und künftigen Mandanten der Rechtsanwaltskanzlei S. Wirkung entfalten solle oder könne. Die Anlagen, die dem Schreiben "als aktuelle Beispiele" für presserechtliche Informationsschreiben angeblich beigefügt gewesen seien, stammten vom 1. Oktober 2018, seien also jünger als das Schreiben. Zudem seien sie nicht an die Klägerin zu 1 gerichtet gewesen. Schließlich trage das Schreiben vom 27. September 2018 einen Eingangsstempel der Beklagten zu 1 vom 20. Mai 2021 und könne deshalb hier nicht entscheidungserheblich sein.
c) Das Berufungsgericht hat sich in der angefochtenen Entscheidung auf den Satz beschränkt: "Dem Schreiben vom 27.09.2018 konnten die Beklagten zu 1) und 2) entnehmen, dass es nicht nur für den damaligen Anlassfall, sondern allgemein für von den Klägervertretern betreute Rechtsangelegenheiten des B[...]-Konzerns gelten sollte." Auf die wesentlichen Argumente der Beklagten in der Berufungserwiderung ist das Berufungsgericht damit verfahrensfehlerhaft nicht eingegangen, obwohl dies auch und gerade wegen des unbestimmten Inhalts des Schreibens vom 27. September 2018 veranlasst gewesen wäre.
3. Die Sache ist nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO zur Endentscheidung reif. Eine Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 3 lässt sich entgegen der Ansicht der Revision nicht auf die Erwägung stützen, dass bei Unterstellung eines Opt-Out der Klägerinnen der damit einhergehende Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb jedenfalls nicht rechtswidrig wäre.
a) Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben. Bei der Abwägung sind die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in den Schutzbereich ist nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 19 mwN).
b) Im Streitfall sind - bei Unterstellung eines Opt-Out und damit eines Eingriffs in das Recht der Klägerinnen am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - die oben (1.a) genannten Schutzinteressen der Klägerinnen mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG) der Beklagten zu 3, dem Recht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) der Beklagten zu 1 und 2 und - zu Gunsten der Beklagten unterstellt - deren Recht auf Verbreitung ihrer Meinung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) abzuwägen. Hier würde, ein Eingriff unterstellt, das Interesse der Klägerinnen die schutzwürdigen Belange der Beklagten überwiegen.
aa) Die Übermittlung presserechtlicher Informationsschreiben fällt sowohl in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beklagten zu 3 als auch in den der Berufsausübung der Beklagten zu 1 und 2. Derartige Schreiben zielen auf einen effektiven - möglichst bereits vor einer Verletzung wirksam werdenden - Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Sie dienen - vergleichbar einer Schutzschrift - dazu, dem von einer befürchteten Rechtsverletzung Betroffenen bereits im Vorfeld Gehör zu gewähren und dadurch persönlichkeitsrechtsverletzende Rechtsverstöße von vorneherein zu verhindern oder jedenfalls ihre Weiterverbreitung einzuschränken. Die Übermittlung presserechtlicher Informationsschreiben bereits im Vorfeld einer möglichen Presseberichterstattung kann für den Betroffenen von besonderer Bedeutung sein, da sich aufgrund der Schwierigkeit, die für einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch erforderliche Erstbegehungsgefahr konkret darzutun, auch durch eine einstweilige Verfügung in der Regel nur der weiteren Verbreitung einer bereits veröffentlichten persönlichkeitsrechtsverletzenden Berichterstattung entgegenwirken lässt. Je länger die Verbreitung angedauert hat, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalt bereits zur Kenntnis genommen und weiterverbreitet worden ist (Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 21 mwN). Dem Interesse der Beklagten zu 3 am Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts korrespondiert das von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Interesse der Beklagten zu 1 und 2, die Rechtsposition ihrer Mandantin in der Weise wahrzunehmen, die sie für richtig halten. Zu Gunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass die Übersendung presserechtlicher Informationsschreiben darüber hinaus in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fällt (Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 21 mwN).
bb) Hinter diesen schutzwürdigen Interessen hat das Interesse eines Presseunternehmens, presserechtliche Informationsschreiben nicht zu erhalten, in der Regel zurückzutreten. Zwar verursacht die Übersendung derartiger Schreiben auf Seiten des Empfängers einen gewissen Aufwand und Kosten. Der mit dem Empfang eines Informationsschreibens verbundene Aufwand wird sich jedoch regelmäßig auf dessen Sichtung und Zuordnung beschränken. Darüber hinaus hat es das betroffene Presseunternehmen selbst in der Hand, ob und inwieweit es sich weiter damit befasst. Auch etwaige Kosten halten sich in einem überschaubaren Rahmen. Abgesehen davon liegt die Übersendung derartiger Informationsschreiben auch im Interesse des Presseunternehmens, da sie es ihm aufgrund des mit einer Befassung mit dem Schreiben zu erwartenden Erkenntnisgewinns ermöglicht, Rechtsverletzungen zu vermeiden. Zwar mag die Übersendung eines Informationsschreibens dazu führen, dass das betroffene Presseunternehmen bei der Berichterstattung besondere Vorsicht walten lässt. Angesichts des Umstands, dass es zur Aufgabe der Presse gehört, beabsichtigte Berichterstattungen daraufhin zu überprüfen, ob sie Persönlichkeitsrechte davon Betroffener verletzen würden, kann hierin aber jedenfalls grundsätzlich nicht der Versuch einer unzulässigen Einflussnahme gesehen werden (Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 22; vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2013 - I ZR 237/11, GRUR 2013, 917 Rn. 21-23 - Vorbeugende Unterwerfungserklärung).
Eine andere Beurteilung ist allerdings dann geboten, wenn das übersandte Informationsschreiben von vorneherein ungeeignet ist, präventiven Rechtsschutz zu bewirken. Hiervon ist auszugehen, wenn es keine Informationen enthält, die dem Presseunternehmen die Beurteilung erlauben, ob Persönlichkeitsrechte durch eine etwaige Berichterstattung verletzt würden (Senatsurteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 23).
cc) So verhält es sich im Streitfall. Den Schreiben vom 21. Oktober 2020 lässt sich der Inhalt der von den Beklagten für rechtswidrig erachteten Vorberichterstattung nicht entnehmen, sondern lediglich, dass diese das "private Beziehungsleben" der Beklagten zu 3 zum Gegenstand hatte. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist eine Berichterstattung hierüber nicht per se rechtswidrig. Es bedarf vielmehr - falls es sich um eine Wortberichterstattung handelt, was das Informationsschreiben offenlässt - einer umfassenden Abwägung zwischen dem durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Interesse der Beklagten zu 3 am Schutz ihres Persönlichkeitsrechts mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Klägerinnen auf Meinungsfreiheit. Bei Tatsachenbehauptungen, die die Privatsphäre betreffen, ist - auch wenn sie wahr sind - von entscheidender Bedeutung, ob sie sich durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516 Rn. 23 mwN). Sollte es sich um eine Bildberichterstattung handeln, ist dessen Zulässigkeit nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen, wobei bei der Beurteilung, ob ein Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist, ebenfalls eine Abwägung zwischen den genannten Rechten vorzunehmen ist (vgl. dazu nur Senatsurteil vom 29. Mai 2018 - VI ZR 56/17, AfP 2018, 410 Rn. 9 ff. mwN). Konkrete Umstände, anhand derer sich hier eine Abwägung auch nur ansatzweise vornehmen ließe, enthalten die Schreiben nicht. Die Bezugnahme der Schreiben auf die nicht beigefügte "aktuelle BUNTE-Berichterstattung" vermag die notwendigen Angaben zum Gegenstand dieser Berichterstattung nicht zu ersetzen, auch wenn die BUNTE und die Klägerinnen zum selben Konzern gehören. Wie das Berufungsgericht zu Recht betont hat, handelte es sich bei den Klägerinnen um eigenständige juristische Personen. Dass sie von denselben Prozessbevollmächtigten vertreten wurden wie andere Gesellschaften des Konzerns, ändert daran nichts, zumal die Informationsschreiben nicht an die Prozessbevollmächtigen, sondern an die Klägerinnen gerichtet waren, um deren Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb es geht.
Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 3 müsste diese eine Selbstöffnung auch nicht allein dadurch befürchten, dass sie in einem presserechtlichen Informationsschreiben den Gegenstand einer Vorberichterstattung zu ihrem (angeblichen) Privatleben konkreter als geschehen benennt, und verbunden mit der Meinungsäußerung, dass eine solche Berichterstattung unzulässig sei, dazu auffordert, eine Verbreitung zu unterlassen. Denn damit würde der Themenbereich für eine öffentliche Diskussion nicht eröffnet (vgl. für die Richtigstellung einer falschen Presseberichterstattung Senatsurteil vom 14. März 2023 - VI ZR 338/21, AfP 2023, 241 Rn. 29).
Nach den insoweit von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts gab es im Zeitpunkt der Schreiben vom 21. Oktober 2020 auch keine gerichtliche Entscheidung in einem Rechtsstreit zwischen den hiesigen Parteien, die eine Berichterstattung mit demselben Gegenstand betraf und Rechtskraft gegenüber den hiesigen Klägerinnen entfalten konnte. Insofern ist der Hinweis in den Schreiben vom 21. Oktober 2020, es sei "rechtskräftig anerkannt", dass die Beklagte zu 3 eine Berichterstattung über ihr Privatleben nicht hinnehmen müsse, zumindest irreführend.
Sachverhalt
In dem Fall ging es um die unerwünschte Zusendung eines „presserechtlichen Informationsschreibens“ an zwei Medienunternehmen. Diese Schreiben wurden von einer Rechtsanwältin im Auftrag ihrer Mandantin, einer Nachrichtensprecherin, verschickt. Hintergrund der Schreiben war eine Berichterstattung über das Privatleben der Mandantin in der Zeitschrift Bunte, die auf einem Artikel in der Bild-Zeitung basierte. Die Rechtsanwältin wies in den Schreiben darauf hin, dass eine Übernahme dieser Berichterstattung die Persönlichkeitsrechte ihrer Mandantin verletzen würde, und kündigte rechtliche Schritte für den Fall einer Übernahme an. Die Medienunternehmen sahen in der Übersendung dieser Schreiben einen unzulässigen Eingriff in ihren gewerblichen Betrieb und klagten auf Unterlassung.
Während das Landgericht München die Klage gegen die Rechtsanwältin abwies, wurde sie vom Oberlandesgericht München im Berufungsverfahren als Störerin angesehen. Daraufhin legte die Rechtsanwältin Revision beim BGH ein, der das Urteil des Oberlandesgerichts aufhob und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwies.
Zentrale Aussagen des Urteils
1. Kein Eingriff ohne Opt-Out: Der BGH stellte fest, dass die Zusendung eines presserechtlichen Informationsschreibens an ein Presseunternehmen grundsätzlich keinen unmittelbaren Eingriff in dessen Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, es sei denn, das Unternehmen hat zuvor durch ein „Opt-Out“ klar gemacht, dass es solche Schreiben nicht erhalten möchte. Ein solches Opt-Out kann durch eine ausdrückliche Erklärung des Unternehmens erfolgen. Ohne eine solche Erklärung wird die Übersendung als sozial übliche Handlung betrachtet, die im Bereich der Pressearbeit zu erwarten ist und deshalb keinen rechtswidrigen Eingriff darstellt.
2. Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege: Der BGH stellte klar, dass Rechtsanwälte, die im Auftrag ihrer Mandanten tätig werden, nicht ohne Weiteres als Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB anzusehen sind. Sie handeln im Rahmen ihrer beruflichen Pflichten als Organe der Rechtspflege und vertreten die Interessen ihrer Mandanten. Solange ein Rechtsanwalt in dieser Funktion tätig wird und sich die Aussagen seines Mandanten nicht zu eigen macht, kann er nicht persönlich für etwaige Eingriffe haftbar gemacht werden. Diese Abgrenzung wurde bereits in einem früheren Urteil des BGH (VI ZR 506/17) hervorgehoben.
3. Unmittelbare Eingriffe und bloße Belästigungen: Der BGH verdeutlichte, dass ein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dann als rechtswidrig zu betrachten ist, wenn er über eine bloße Belästigung hinausgeht und die unternehmerische Tätigkeit ernsthaft beeinträchtigt. Die bloße Sichtung und Bearbeitung von presserechtlichen Informationsschreiben stellt in der Regel keinen solchen Eingriff dar. Ein Presseunternehmen muss regelmäßig mit derartigen Schreiben rechnen und ist verpflichtet, diese zu prüfen. Erst wenn ein Unternehmen explizit erklärt, solche Schreiben nicht mehr erhalten zu wollen, und dennoch weiterhin solche Schreiben zugesandt werden, kann von einem rechtswidrigen Eingriff ausgegangen werden.
4. Unangemessene Einflussnahme auf die Pressearbeit: In Fällen, in denen presserechtliche Informationsschreiben offensichtlich nur dazu dienen, unzulässig Einfluss auf die Berichterstattung eines Presseunternehmens zu nehmen, könnte ein Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitsbereich vorliegen. Ein solches Verhalten wäre dann als unzulässige Beeinflussung der redaktionellen Entscheidungsfreiheit zu werten. Im vorliegenden Fall stellte der BGH jedoch fest, dass die Schreiben der Rechtsanwältin inhaltlich keine solche unzulässige Einflussnahme darstellten, da sie lediglich darauf abzielten, die Persönlichkeitsrechte der Mandantin zu schützen.
Fazit
Das Urteil des BGH stärkt die Position von Rechtsanwälten, die im Auftrag ihrer Mandanten presserechtliche Informationsschreiben verschicken. Solche Schreiben gelten grundsätzlich nicht als Eingriff in den gewerblichen Betrieb eines Presseunternehmens, es sei denn, das Unternehmen hat zuvor ausdrücklich erklärt, keine solchen Schreiben mehr erhalten zu wollen. Darüber hinaus betont der BGH erneut die besondere Stellung von Rechtsanwälten als unabhängige Organe der Rechtspflege, die nicht persönlich für Handlungen ihrer Mandanten verantwortlich gemacht werden können, solange sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit handeln.
Für die Praxis bedeutet das Urteil, dass Presseunternehmen, die keine weiteren presserechtlichen Informationsschreiben erhalten möchten, klar und deutlich ein Opt-Out aussprechen müssen. Nur dann kann die Zusendung solcher Schreiben als unzulässiger Eingriff gewertet werden. Andernfalls bleibt die Zusendung solcher Schreiben eine sozial übliche Handlung, die im journalistischen Alltag hinzunehmen ist.
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Annotations
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
BUNDESGERICHTSHOF
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2018 durch die Richterin am Bundesgerichtshof von Pentz als Vorsitzende, den Richter Offenloch, die Richterinnen Dr. Oehler, Dr. Roloff und den Richter Dr. Allgayer
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin verlangt von den Beklagten, die Übermittlung eines "presserechtlichen Informationsschreibens" durch Telefax zu unterlassen.
- 2
- Der Verlag der Klägerin gibt eine Zeitung heraus, in der unter der Rubrik "Herzblatt-Geschichten" Veröffentlichungen der sogenannten Boulevard- oder Regenbogenpresse über Prominente aufgegriffen werden. Der Beklagte zu 2, ein bekannter Musiker, war wiederholt Gegenstand einer solchen Berichterstattung durch die Klägerin. Die Beklagte zu 1 betreibt eine presserechtlich tätige Rechtsanwaltskanzlei. Sie versendet an von ihr ausgewählte Verlage "presserechtliche Informationsschreiben".
- 3
- Im Oktober 2015 forderte die Klägerin die Beklagte zu 1 auf, sie aus dem Verteiler für den Versand von "presserechtlichen Informationsschreiben" oder "presserechtlichen Warnschreiben" zu nehmen. Sie wünsche diese Schreiben in Zukunft weder per Telefax noch per E-Mail oder per Post zu bekommen. Diese verursachten einen erheblichen Mehraufwand bei ihrer Rechtsabteilung, ohne dass dem ein Mehrwert an Information gegenüberstehe. Außerdem forderte die Klägerin die Beklagte zu 1 auf, den Beklagten zu 2 darauf hinzuweisen, dass sie zukünftig keine "presserechtlichen Informationsschreiben" oder "presserechtlichen Warnschreiben" per Telefax, E-Mail oder Post von ihm wünsche. Die Beklagte zu 1 teilte der Klägerin im Rahmen der nachfolgenden Korrespondenz durch Schreiben vom 22. Oktober 2015 und vom 28. Oktober 2015 Folgendes mit: "[…] ich bitte um Verständnis, dass ich nicht rechtsberatend für die […] tätig sein darf. Gehen Sie davon aus, dass diese Rechtsproblematik entschieden ist. Wir werden auch weiterhin presserechtliche Informationsschreiben an Sie senden. Es ist Ihnen anheimgestellt, uns bereits jetzt zu verklagen, ggf. Feststellungsklage zu erheben. Wir haben keinen Anlass, von unserer bisherigen Pra- xis Abstand zu nehmen, auch gegenüber der […] und der […]." "[…] es geht nicht darum meine Mandanten zu verklagen. Ich hatte angeregt, dass Sie unsere Kanzlei verklagen, weil wir Ihnen ja diese Briefe schicken. […] Es ist meine vornehmste Pflicht, für den Mandanten dafür zu sorgen, dass rechtswidrige Berichterstattung nicht übernommen wird und ich werde daran weiter festhalten. […]"
- 4
- Am 11. Mai 2016 übersandte die Beklagte zu 1 der Klägerin ein Telefax mit der Überschrift "Presserechtliches Informationsschreiben" und folgendem Inhalt: "Im Auftrag von [Beklagter zu 2] und seiner Lebensgefährtin weise ich namens und in Vollmacht meiner Klienten aus Anlass der aktuellen BUNTEBerichterstattung auf Folgendes hin: Ich werde gegen die aktuelle Berichterstattung in der `BUNTEN` rechtliche Schritte einleiten und sowohl die Wort- als auch die Bildberichterstattung verbieten. Die Berichterstattung greift massiv in die Privatsphäre meiner Klienten ein und ist gegen ihren Willen erfolgt. Zudem enthält der Artikel mannigfaltige Unwahrheiten bereits auf der Titelseite der `BUNTEN`. Die Paparazziabschüsse unserer Klienten stellen besonders schwere Eingriffe dar. Wir sind daher auch beauftragt, hier nicht nur sämtliche zivil- sondern auch strafrechtliche Schritte einzuleiten. Das Recht am eigenen Bild ist auch durch das Strafrecht geschützt und wurde hier vorsätzlich verletzt. Wir bitten daher von einer Übernahme der Berichterstattung vollständig und/oder in Teilen unbedingt Abstand zu nehmen. Wir sind beauftragt, gegen weitere Berichte unverzüglich dieselben Schritte einzuleiten. Wegen der Massivität der Rechtsverletzung werden wir auch Geldentschädigungsansprüche bei der `BUNTEN` anmelden. Dieses Schreiben ist ausschließlich zur presserechtlichen Information und nicht zur Veröffentlichung bestimmt."
- 5
- Daraufhin forderte die Klägerin die Beklagten auf, dies zu unterlassen.
- 6
- Das Landgericht (K&R 2017, 342 mAnm Hoene) hat die Beklagten nach teilweiser Klagerücknahme entsprechend dem von der Klägerin erstinstanzlich zuletzt gestellten Antrag verurteilt, es zu unterlassen, der Klägerin sogenannte presserechtliche Informationsschreiben, die ein rechtliches Vorgehen gegen eine etwaige Berichterstattung in Wort und/oder Bild über gewisse Ereignisse oder Umstände in Aussicht stellen, per Telefax zuzusenden, wenn dies geschieht wie mit dem Schreiben der Beklagten vom 11. Mai 2016. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, hilfsweise gemäß dem in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag, die Beklagte zu 1 zu verurteilen, es zu unterlassen, der Klägerin im Auftrag von Mandanten per Telefax "presserechtliche Informationsschreiben" zuzusenden, in welchen aus Anlass über eine Berichterstattung über einen Mandanten da- rauf hingewiesen wird, dass der Mandant diese Berichterstattung ganz oder teilweilweise für rechtswidrig erachte, und gebeten wird, von einer gänzlichen oder teilweisen Übernahme der Berichterstattung Abstand zu nehmen, bezüglich des Beklagten zu 2 das Verbot auszusprechen, solche Schreiben zuzusenden , die Berichterstattungen über ihn, den Beklagten zu 2, betreffen, wenn dies geschieht wie mit dem Schreiben der Beklagten vom 11. Mai 2016.
Entscheidungsgründe:
A.
- 7
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts (WRP 2018, 597) bestehen Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf eine mögliche Unbestimmtheit des Klageantrags zwar nach Stellung des Hilfsantrags nicht mehr. Die Klage sei jedoch - auch bezüglich des Hilfsantrags - unbegründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagten weder wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb noch wegen einer Verletzung des Unternehmerpersönlichkeitsrechts einen Unterlassungsanspruch. Zwar sei von der Betriebsbezogenheit des Eingriffs auszugehen, da die Informationsschreiben die Klägerin gegen ihren Willen unmittelbar erreichten. Allerdings führe die Interessen - und Güterabwägung zu einer Entscheidung zu Lasten der Klägerin.
B.
- 8
- Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagten haben, wie von der Klägerin mit dem Hauptantrag geltend gemacht, es zu unterlassen, der Klägerin "presserechtliche Informationsschreiben" per Telefax zu übermitteln, wenn dies geschieht wie mit dem Schreiben der Beklagten vom 11. Mai 2016.
I.
- 9
- 1. Das Berufungsurteil unterliegt nicht bereits deshalb der Aufhebung, weil der Umfang der Entscheidung des Berufungsgerichts unklar wäre. Das Berufungsurteil ist dahingehend auszulegen, dass das Berufungsgericht bereits den Hauptantrag für hinreichend bestimmt und damit zulässig, aber - ebenso wie den zulässigen Hilfsantrag - nicht für begründet gehalten hat.
- 10
- 2. Die Beurteilung, der Hauptantrag sei hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
- 11
- a) Die hinreichende Bestimmtheit eines Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 2018 - I ZR 136/17, juris Rn. 13 - Tork; vom 5. Oktober 2017 - I ZR 184/16, GRUR 2018, 203 Rn. 9 - Betriebspsychologe; vom 20. Februar 1997 - I ZR 13/95, BGHZ 135, 1, 6 - Betreibervergütung; vom 28. Januar 1994 - V ZR 90/92, BGHZ 125, 41, 44).
- 12
- b) Ein Klageantrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Dies ist der Fall, wenn die konkret angegriffene Verletzungsform antragsgegenständlich ist (vgl. BGH, Urteile vom 26. Juli 2018 - I ZR 226/14, GRUR 2018, 1246 Rn. 28 - Kraftfahrzeugfelgen II; vom 26. April 2018 - I ZR 121/17, juris Rn. 10 - Applikationsarzneimittel; vom 22. März 2018 - I ZR 118/16, GRUR 2018, 1161 Rn. 16 - Hohlfasermembranspinnanlage II; vom 16. Juli 2009 - I ZR 56/07, GRUR 2009, 1075 Rn. 10 - Betriebsbeobachtung; vom 21. Juni 2001 - I ZR 69/99, GRUR 2002, 75 unter II.1.a. - "SOOOO ... BILLIG!"?; vom 26. Oktober 2000 - I ZR 180/98, GRUR 2001, 453 unter III.1.a. - TCM-Zentrum).
- 13
- So verhält es sich im Streitfall. Die Klägerin wendet sich mit ihrem Hauptantrag ausschließlich gegen die konkrete Verletzungshandlung in Form der Übermittlung des Schreibens vom 11. Mai 2016 durch Telefax. Sie verlangt nicht, darüber hinausgehend die Übermittlung "presserechtlicher Informationsschreiben" allgemein und unabhängig vom konkreten Inhalt oder mit einem anderen Inhalt zu unterlassen.
II.
- 14
- Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB, es zu unterlassen, der Klägerin "presserechtliche Informationsschreiben" per Telefax zu übermitteln, wenn dies geschieht wie mit dem Schreiben der Beklagten vom 11. Mai 2016.
- 15
- 1. Durch die Übermittlung dieses Schreibens haben die Beklagten in das das durch Art. 12 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen.
- 16
- a) Der Schutz des § 823 Abs. 1 BGB wird gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährt, wenn die Störung einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben (vgl. Senat , Urteil vom 15. Mai 2012 - VI ZR 117/11, BGHZ 193, 227 Rn. 19, 21; BGH, Urteile vom 6. Februar 2014 - I ZR 75/13, GRUR 2014, 904 Rn. 12 - Aufruf zur Kontokündigung; vom 28. Februar 2013 - I ZR 237/11, GRUR 2013, 917 Rn. 16 - Vorbeugende Unterwerfungserklärung). Bei Presseunternehmen sind dabei durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundrechtlich gewährte Rechtspositionen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 1984 - 1 BvR 272/81 BVerfGE 66, 116, 132 f.; Hager, in: Staudinger, BGB [2017], § 823 Rn. D 2). Die Verletzungshandlung muss sich gerade gegen den Betrieb und seine Organisation oder gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und über eine bloße Belästigung oder eine sozial übliche Behinderung hinausgehen (vgl. Senat, Urteil vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 317; BGH, Urteil vom 28. Februar 2013 - I ZR 237/11, GRUR 2013, 917 Rn. 16 - Vorbeugende Unterwerfungserklärung).
- 17
- b) In diesen Schutzbereich wurde unmittelbar eingegriffen. Die Übermittlung des Schreibens zielte unmittelbar auf eine Beeinflussung der redaktionellen Tätigkeit der Klägerin als Presseunternehmen ab. Dies führte auch nicht zu einer bloßen Belästigung. Bereits die Sichtung des Schreibens unmittelbar nach dem Eingang und die Weiterleitung innerhalb des Verlags verursachten zusätzlichen Arbeitsaufwand. Darüber hinaus war ungeachtet der Überschrift "Presserechtliches Informationsschreiben" nicht auf den ersten Blick erkennbar und bedurfte daher der Prüfung, was Inhalt und Gegenstand des von einer Rechtsanwaltskanzlei stammenden Schriftstücks war. Dadurch erfolgte schließlich keine lediglich sozial übliche Behinderung, da die Klägerin zuvor erklärt hatte, keine Schreiben dieser Art (mehr) erhalten zu wollen.
- 18
- 2. Dieser Eingriff in das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb war rechtswidrig.
- 19
- a) Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben. Bei der Abwägung sind die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in den Schutzbereich ist nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senat, Urteile vom 10. April 2018 - VI ZR 396/16, NJW 2018, 2877 Rn. 19; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, NJW 2015, 773 Rn. 16; BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 - I ZR 75/13, GRUR 2014, 904 Rn. 15 - Aufruf zur Kontokündigung; jeweils mwN).
- 20
- b) Im Streitfall sind die oben (B.II.1.) genannten Schutzinteressen der Klägerin mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG) des Beklagten zu 2, dem Recht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) der Beklagten zu 1 und - zu Gunsten der Beklagten unterstellt - deren Recht auf Verbreitung ihrer Meinung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) abzuwägen. Hier überwiegt das Interesse der Klägerin die schutzwürdigen Belange der Beklagten.
- 21
- aa) Die Übermittlung presserechtlicher Informationsschreiben fällt sowohl in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beklagten zu 2 als auch in den der Berufsausübung der Beklagten zu 1. Derartige Schreiben zielen auf einen effektiven - möglichst bereits vor einer Verletzung wirksam werdenden - Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Sie dienen - vergleichbar einer Schutzschrift - dazu, dem von einer befürchteten Rechtsverletzung Betroffenen bereits im Vorfeld Gehör zu gewähren und dadurch persönlichkeitsrechtsverletzende Rechtsverstöße von vorneherein zu verhindern oder jedenfalls ihre Weiterverbreitung einzuschränken (vgl. Senat, Urteil vom 2. Mai
2017
- VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516 Rn. 33 ff.; OLG Köln, Urteil vom 12. April 2018 - 15 U 112/17, juris Rn. 1, 26 mAnm Wanckel, NJW 2018, 2741; Hoene, K&R 2017, 345). Die Übermittlung presserechtlicher Informationsschreiben bereits im Vorfeld einer möglichen Presseberichterstattung kann für den Betroffenen von besonderer Bedeutung sein, da sich aufgrund der Schwierigkeit, die für einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch erforderliche Erstbegehungsgefahr konkret darzutun (vgl. Senat, Urteile vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, BGHZ 206, 347 Rn. 36; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, NJW-RR 2009, 1413 Rn. 30), auch durch eine einstweilige Verfügung in der Regel nur der weiteren Verbreitung einer bereits veröffentlichten persönlichkeitsrechtsverletzenden Berichterstattung entgegen wirken lässt. Je länger die Verbreitung angedauert hat, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalt bereits zur Kenntnis genommen und weiterverbreitet worden ist. Dem Interesse des Beklagten zu 2 am Schutz seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts korrespondiert das von Art. 12 geschützte Interesse der Beklagten zu 1, die Rechtsposition ihres Mandanten in der Weise wahrzunehmen , die sie für richtig hält (vgl. BVerfG [K], Beschluss vom 16. Juli 2003 - 1 BvR 801/03, BVerfGK 1, 235, 237; Senat, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, NJW 2005, 279 unter II.1.b)). Zu Gunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass die Übersendung presserechtlicher Informationsschreiben darüber hinaus in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fällt (vgl. dazu BVerfG [K], Beschluss vom 1. August 2002 - 2 BvR 2135/01, NJW 2002, 2938; Heese, JZ 2012, 487, 493 f.; ders. JZ 2016, 529; Grabenwarter, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 84. EL August 2018, Art. 5 Abs. 1 Rn. 81, 87 mwN).- 22
- bb) Hinter diesen schutzwürdigen Interessen hat das Interesse eines Presseunternehmens, presserechtliche Informationsschreiben nicht zu erhalten, in der Regel zurückzutreten. Zwar verursacht die Übersendung derartiger Schreiben auf Seiten des Empfängers einen gewissen Aufwand und Kosten. Der mit dem Empfang eines Informationsschreibens verbundene Aufwand wird sich jedoch regelmäßig auf dessen Sichtung und Zuordnung beschränken. Darüber hinaus hat es das betroffene Presseunternehmen selbst in der Hand, ob und inwieweit es sich weiter damit befasst (vgl. zur vorbeugenden Rechtsverteidigung durch unaufgeforderte Übersendung einer mit einem Vertragsstrafeversprechen verbundenen Unterwerfungserklärung BGH, Urteil vom 28. Februar 2013 - I ZR 237/11, GRUR 2013, 917 Rn. 23 - Vorbeugende Unterwerfungserklärung ). Auch etwaige Kosten halten sich in einem überschaubaren Rahmen. Abgesehen davon liegt die Übersendung derartiger Informationsschreiben auch im Interesse des Presseunternehmens, da sie es ihm aufgrund des mit einer Befassung mit dem Schreiben zu erwartenden Erkenntnisgewinns ermöglicht, Rechtsverletzungen zu vermeiden. Zwar mag die Übersendung eines Informationsschreibens dazu führen, dass das betroffene Presseunternehmen bei der Berichterstattung besondere Vorsicht walten lässt. Angesichts des Umstands, dass es zur Aufgabe der Presse gehört, beabsichtigte Berichterstattungen daraufhin zu überprüfen, ob sie Persönlichkeitsrechte davon Betroffener verletzen würden, kann hierin aber jedenfalls grundsätzlich nicht der Versuch einer unzulässigen Einflussnahme gesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2013 - I ZR 237/11, GRUR 2013, 917 Rn. 21 f., 23 - Vorbeugende Unterwerfungserklärung
).
- 23
- Eine andere Beurteilung ist allerdings dann geboten, wenn das übersandte Informationsschreiben von vorneherein ungeeignet ist, präventiven Rechtsschutz zu bewirken. Hiervon ist auszugehen, wenn es keine Informationen enthält, die dem Presseunternehmen die Beurteilung erlauben, ob Persönlichkeitsrechte durch eine etwaige Berichterstattung verletzt würden.
- 24
- cc) So verhält es sich im Streitfall. Dem Schreiben lässt sich schon der Inhalt der von den Beklagten für rechtswidrig gehaltenen Vorberichterstattung nicht entnehmen. Es wird nicht aufgezeigt, welche Rechtsverletzungen der "BUNTEN" konkret vorgeworfen werden. Weder wird klar, welche unrichtigen Behauptungen konkret aufgestellt worden sein sollen, noch welche Fotos aus welchen Gründen in rechtswidriger Weise veröffentlicht worden sein sollen. Die Darstellung ist so allgemein gehalten, dass sie der Klägerin eine Prüfung und Beurteilung des Sachverhalts nicht ermöglicht.
- 25
- 3. Für die dargestellte Rechtsverletzung haften die Beklagten als Störer.
- 26
- a) Der Beklagte zu 2 ist Störer, da er die Beklagte zu 1 beauftragte und bevollmächtigte, in seinem Namen das Informationsschreiben vom 11. Mai 2016 an die Klägerin zu richten.
- 27
- b) Unter den besonderen Voraussetzungen des Streitfalls ist auch die Beklagte zu 1 als Störerin verantwortlich.
- 28
- aa) Zwar ist es Aufgabe des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig macht er sich Äußerungen im Namen und in Vollmacht seines Mandanten nicht als persönliche zu Eigen. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (vgl. Senat , Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, NJW 2005, 279 unter II.1.b.). Nur im Ausnahmefall kann die Berücksichtigung der Gesamtumstände eine persönliche Verantwortung des Rechtsanwalts nahelegen (vgl. BVerfG [K], Beschluss vom 16. Juli 2003 - 1 BvR 801/03, BVerfGK 1, 235, 237; BGH, Ver- säumnisurteil vom 1. Dezember 2015 - X ZR 170/12, BGHZ 208, 119 Rn. 23 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung II).
- 29
- bb) Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch vor. Die Beklagte zu 1 hat sich nicht auf die Vertretung des Beklagten zu 2 beschränkt. Vielmehr hat sie bereits im Vorfeld und unabhängig von einer Vertretung eines bestimmten Mandanten für sich selbst in Anspruch genommen, in der von der Klägerin beanstandeten Art und Weise vorgehen zu dürfen. Sie hat sogar ausdrücklich angeregt , nicht einen konkreten Mandanten, sondern sie selbst zu verklagen. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht, für diese Vorgehensweise - bis zur vorliegend erfolgten gerichtlichen Klärung - persönlich die Verantwortung zu übernehmen.
III.
- 30
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. von Pentz Offenloch Oehler Roloff Allgayer
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 02.03.2017 - 2-03 O 219/16 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 14.12.2017 - 16 U 60/17 -