Wirtschaftsstrafrecht: Zum absprachewidrigen Einsatz von Tankkarten
AoLs
Authors
Der Ansetzung einer Hauptverhandlung anstelle des Erlasses des beantragten Strafbefehls kommt nicht die Wirkung eines Eröffnungsbeschlusses zu.
Der Strafbefehlsantrag wird abgelehnt.
Die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe:
Dem Angeschuldigten liegt zur Last, entgegen der mit der L. AG getroffenen Vereinbarung die ihm überlassenen PIN-geschützten Tankkarten (Shell und UTA) nicht nur zum Betanken der ihm zur Ausführung seiner Tätigkeit als Vorarbeiter einer Montagegruppe überlassenen Fahrzeuge sondern auch zum Erwerb von Kraftstoff für sich selbst oder Dritte verwendet und die L. AG durch Vorlage von Tankbelegen hierüber getäuscht zu haben.
Der Strafbefehlsantrag war gem. § 408 Abs. 2 Satz 1 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts abzulehnen.
Der Angeschuldigte hat sich nicht wegen Betrugs gem. § 263 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Selbst wenn man den von der Staatsanwaltschaft angenommenen Sachverhalt als wahr unterstellt, liegt in der Vorlage der Tankbelege keine konkludente Täuschung. Der Angeschuldigte erfüllte damit lediglich seine Verpflichtung aus den Vereinbarungen über die Überlassung der Tankkarten. Eine darüber hinausgehen de Erklärung, die Karten auch nur in diesem Rahmen eingesetzt zu haben, wurde nicht abgegeben und kann auch nicht in diesen Realakt hineininterpretiert werden. In der Betankung an sich liegt ebenfalls kein Betrug, da der Tankstellenbetreiber, der sich über die Person des Erwerbers keine Gedanken macht, da die Bezahlung gesichert ist, nicht getäuscht wird und die L. AG unabhängig hiervon aufgrund ihrer im Außenverhältnis wirksamen Verpflichtung die Rechnung begleicht.
Die vom Gericht zeitweise erwogene Anwendung des § 266 Abs. 1 StGB scheitert im Ergebnis daran, dass den Angeschuldigten keine Vermögensbetreuungspflicht traf. Wie die Staatsanwaltschaft bereits in ihrer ursprünglichen Einstellungsverfügung vom 27. 3. 2007 ausgeführt hatte, geht die Annahme, mittels der Tankkarte könne der Angeschuldigte über wesentliche Bestandteile des Vermögens der L. AG verfügen, an der Lebenswirklichkeit vor bei. Tatsächlich unterscheidet sich seine Stellung nicht wesentlich von der einer Kassiererin gegenüber deren Arbeitgeber. Eine herausgehobene, selbstständige Position mit einem gewissen Entscheidungsspielraum hinsichtlich des Vermögens der L AG hatte der Angeschuldigte nicht. Die Vermögensbetreuungspflicht müsste sich nach Maßgabe des Innenverhältnisses als wesentliche Pflicht darstellen, der pflichtgemäße Gebrauch der Befugnis daher gerade auch als Instrument der Vermögenssorge erscheinen. Dies ist beim Vorarbeiter eines Bautrupps nicht der Fall. Das Gericht folgt insoweit auch nicht der Entscheidung des Landgerichts Dresden vom 21. 6. 2005. Aus den dortigen Urteilsgründen geht insbesondere nicht hervor, woraus sich dort die Annahme einer besonderen Vermögensbetreuungspflicht des Inhabers einer Tankkarte gegenüber dem Dienstherrn ergeben soll.
Die von der Generalstaatsanwaltschaft in ihrem Vermerk vom 5. 3. 2008 im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erwogene Strafbarkeit gem. § 266 b Abs. 1 StGB greift nach hiesiger Auffassung ebenfalls nicht ein, da die mutmaßlich geschädigte L. AG gerade nicht Aussteller der Euro- Shell- bzw. UTA-Tankkarten war.
Auch § 263 a Abs. 1 StGB ist nicht einschlägig. Denn der Angeschuldigte hatte die Tankkarten mit Einverständnis der L. AG in Besitz. Die abredewidrige Benutzung entspricht dem Missbrauch einer im Außenverhältnis wirksamen Bankvollmacht, weshalb es an der erforderlichen Täuschungsgleichheit fehlt.
Schließlich hat sich der Angeschuldigte auch nicht gem. §§ 242 Abs. 1 oder 246 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Der Einsatz der Tankkarten für die Freischaltung einer Zapfsäule oder Bezahlung einer Tankrechnung führte nicht dazu, dass der Kraftstoff in das Eigentum der L. AG überging. Dass der Angeschuldigte einen entsprechenden Willen gehabt hätte, ist nicht ersichtlich und auch eher fernliegend. Auch für den Tankstellenbetreiber kam es, wie bereits erwähnt, nur auf die Bezahlung an, die ja sichergestellt war. Fragen des Innenverhältnisses zwischen dem Angeschuldigten und der L. AG berührten den Verkäufer nicht.
Sonstige Strafvorschriften kommen nicht in Betracht. Vielmehr handelt es sich um eine rein zivilrechtliche Angelegenheit zwischen dem Angeschuldigten und der L. AG. Sofern derartige Konstellationen auch in strafrechtlicher Hinsicht als regelungsbedürftig empfunden werden sollten, wäre es Sache des Gesetzgebers, eine entsprechende Bestimmung zu schaffen oder die bestehenden Vorschriften anzupassen.
Der Ablehnung des Strafbefehlsantrags steht nicht entgegen, dass das Gericht zwischenzeitlich bereits gem. § 408 Abs. 3 Satz 2 StPO Termin zur Hauptverhandlung anberaumt hatte. Einer solchen Terminierung kommt, wie sich aus dem Fehlen einer entsprechenden Verweisung ergibt, nicht die Wirkung eines Eröffnungsbeschlusses zu.
Die Auslagenentscheidung beruht auf § 408 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 467 Abs. 1 StPO.
moreResultsText
Rechtsanwalt
moreResultsText
Annotations
(1) Hält der Vorsitzende des Schöffengerichts die Zuständigkeit des Strafrichters für begründet, so gibt er die Sache durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft an diesen ab; der Beschluß ist für den Strafrichter bindend, der Staatsanwaltschaft steht sofortige Beschwerde zu. Hält der Strafrichter die Zuständigkeit des Schöffengerichts für begründet, so legt er die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dessen Vorsitzenden zur Entscheidung vor.
(2) Erachtet der Richter den Angeschuldigten nicht für hinreichend verdächtig, so lehnt er den Erlaß eines Strafbefehls ab. Die Entscheidung steht dem Beschluß gleich, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden ist (§§ 204, 210 Abs. 2, § 211).
(3) Der Richter hat dem Antrag der Staatsanwaltschaft zu entsprechen, wenn dem Erlaß des Strafbefehls keine Bedenken entgegenstehen. Er beraumt Hauptverhandlung an, wenn er Bedenken hat, ohne eine solche zu entscheiden, oder wenn er von der rechtlichen Beurteilung im Strafbefehlsantrag abweichen oder eine andere als die beantragte Rechtsfolge festsetzen will und die Staatsanwaltschaft bei ihrem Antrag beharrt. Mit der Ladung ist dem Angeklagten eine Abschrift des Strafbefehlsantrags ohne die beantragte Rechtsfolge mitzuteilen.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.
(1) Hält der Vorsitzende des Schöffengerichts die Zuständigkeit des Strafrichters für begründet, so gibt er die Sache durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft an diesen ab; der Beschluß ist für den Strafrichter bindend, der Staatsanwaltschaft steht sofortige Beschwerde zu. Hält der Strafrichter die Zuständigkeit des Schöffengerichts für begründet, so legt er die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dessen Vorsitzenden zur Entscheidung vor.
(2) Erachtet der Richter den Angeschuldigten nicht für hinreichend verdächtig, so lehnt er den Erlaß eines Strafbefehls ab. Die Entscheidung steht dem Beschluß gleich, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden ist (§§ 204, 210 Abs. 2, § 211).
(3) Der Richter hat dem Antrag der Staatsanwaltschaft zu entsprechen, wenn dem Erlaß des Strafbefehls keine Bedenken entgegenstehen. Er beraumt Hauptverhandlung an, wenn er Bedenken hat, ohne eine solche zu entscheiden, oder wenn er von der rechtlichen Beurteilung im Strafbefehlsantrag abweichen oder eine andere als die beantragte Rechtsfolge festsetzen will und die Staatsanwaltschaft bei ihrem Antrag beharrt. Mit der Ladung ist dem Angeklagten eine Abschrift des Strafbefehlsantrags ohne die beantragte Rechtsfolge mitzuteilen.
(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
- 1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.