Tenor

Auf die Beschwerde der Vollstreckungsgläubigerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. März 2015 - 1 K 943/15 - geändert.

Dem Vollstreckungsschuldner wird ein Zwangsgeld in Höhe von 200,-- Euro für den Fall angedroht, dass er weiterhin nur unzureichend seiner Verpflichtung aus Ziffer 1 Buchst. b) 2. Absatz der einstweiligen Anordnung vom 05.02.2015 (Senatsbeschuss vom 05.02.2015 - 10 S 2471/14 -) nachkommt, den Beigeladenen im Ausgangsverfahren die Vorlage eines Maßnahmekatalogs zur Reduzierung der Schallimmissionen auf die in der Verfügung des Landratsamts Böblingen vom 19.03.2014 festgesetzten Immissionsrichtwerte aufzugeben.

Der Vollstreckungsschuldner kann die Festsetzung des Zwangsgeldes abwenden, wenn er der einstweiligen Anordnung insoweit innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses nachkommt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Vollstreckungsgläubigerin 4/5 und der Vollstreckungsschuldner 1/5.

Gründe

 
Die Beschwerde der Vollstreckungsgläubigerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.03.2015 ist gemäß §§ 146, 147 VwGO zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Mit diesem Beschluss wurde der Antrag der Vollstreckungsgläubigerin abgelehnt, dem Vollstreckungsschuldner ein Zwangsgeld in Höhe bis zu 5.000 EUR für den Fall anzudrohen, dass er nicht binnen drei Werktagen seiner Verpflichtung aus Ziffer 1 des Tenors der Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 05.02.2015 - 10 S 2471/14 - nachkommt.
1. Der Antrag der Vollstreckungsgläubigerin nach § 172 VwGO ist statthaft und auch sonst zulässig. Kommt eine Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 VwGO der ihr im Urteil oder der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluss androhen. Die Vollstreckung richtet sich vorliegend nach dieser Vorschrift, weil die vom Senat mit Beschluss vom 05.02.2015 erlassene einstweilige Anordnung im Schwerpunkt auf das Ergehen von Verwaltungsakten gerichtet ist und damit im Zusammenhang mit einer Verpflichtungsklage steht (vgl. Senatsbeschluss vom 28.02.2013 - 10 S 81/13 - VBlBW 2013, 310). Die einstweilige Anordnung ist ein Vollstreckungstitel (§ 168 Abs. 1 Nr. 2 VwGO); eine Vollstreckungsklausel war vorliegend entbehrlich (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 28.04.2014 - 9 S 358/14 - VBlBW 2015, 210 m.w.N.). Auch die Monatsfrist des § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO ist gewahrt. Der Beschluss des Senats vom 05.02.2015 ist der Vollstreckungsgläubigerin am 10.02.2015 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden; der Antrag nach § 172 VwGO ging am 24.02.2015 beim Verwaltungsgericht ein.
2. Der Antrag hat aber nur in geringem Umfang Erfolg. Voraussetzung für die Androhung eines Zwangsgeldes ist die grundlose Säumnis des Vollstreckungsschuldners; denn die Androhung ist nur gerechtfertigt, wenn es dem Vollstreckungsschuldner billigerweise zugemutet werden konnte, in der seit der Zustellung des Titels verstrichenen Zeit die Verpflichtung zu erfüllen.
Mit Beschluss vom 05.02.015 - 10 S 2471/14 - hat der erkennende Senat dem Vollstreckungsschuldner unter Ziffer 1 im Wege einer einstweiligen Anordnung aufgegeben,
a) entweder die Beigeladenen zu 1 bis 3 zu verpflichten, an 14 (vierzehn) vom Landratsamt Böblingen festzusetzenden Werktagen für die Dauer des Baubetriebs Lärmmessungen (Tagesmessungen) durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen und das Messprotokoll dem Landratsamt Böblingen jeweils unverzüglich zu übermitteln
oder entsprechende eigene Messungen durchzuführen oder durchführen zu lassen;
Messungen sind mit dem Landratsamt Böblingen abzustimmen; das Messverfahren der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.08.1970 (AVV Baulärm) ist zu beachten.
b) die Beigeladenen zu 1 bis 3 vorläufig zu verpflichten, die Immissionsschutzbehörde ab sofort jeweils bis spätestens freitags für die Folgewoche über die Baumaßnahmen, die Dauer und die zu erwartenden Immissionsbeeinträchtigungen aus dem Baubetrieb umfassend zu informieren,
sowie
der Immissionsschutzbehörde eine Prognose über die zu erwartende Lärmbelastung und einen Maßnahmekatalog zur Reduzierung der Schallimmissionen auf die in der Verfügung des Landratsamt Böblingen vom 19.03.2014 festgesetzten Immissionsrichtwerte unter Berücksichtigung von Nr. 4.1 AVV Baulärm i.V.m. Anlage 5 vorzulegen; Prognose und Maßnahmekatalog sind durch einen qualifizierten Sachverständigen zu erstellen;
sind lärmintensive Bauarbeiten (Bauarbeiten, bei denen Überschreitungen der Richtwerte zu erwarten sind) geplant, ist dies der Antragstellerin mitzuteilen.
c) die Bauarbeiten auf den Grundstücken Johann-Schütte-Straße 12, Liesel-Bach-Straße 52, 54, 56 und 58 unverzüglich vorläufig einzustellen, sofern einzelne Tagesmessungen nach Buchstabe a) oder sonstige von der zuständigen Behörde angeordnete Lärmmessungen ergeben, dass hierdurch die Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags (7 bis 20 Uhr) und 45 dB(A) nachts (20 Uhr bis 7 Uhr) um mehr als 5 dB(A) überschritten werden oder die Lärmprognose nach Buchstabe b) eine entsprechende Überschreitung erwarten lässt;
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die Baueinstellung ist aufzuheben, wenn die Beigeladenen zu 1 bis 3 nachweisen, dass sie geeignete Maßnahmen zur Lärmreduzierung auf die vorgeschriebenen Immissionsrichtwerte durchführen, oder nachweisen, dass eine Lärmreduzierung auf die maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach dem Stand der Technik auch bei Ausschöpfung aller Maßnahmen nach Nr. 4.1 AVV Baulärm i.V.m. Anlage 5 nicht möglich ist (unvermeidbarer Baulärm).
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2.1 In Bezug auf Ziffer 1 Buchst. a) der einstweiligen Anordnung ist eine grundlose Säumnis nicht erkennbar. Das Landratsamt hat mittlerweile mit insgesamt sieben Verfügungen (vom 23.02., 03.03., 11.03., 23.03., 07.04., 17.04., 04.05.2015) gegenüber den Beigeladenen des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beigeladene) Schallmessungen jeweils für den Folgetag angeordnet. Die Anordnungen haben im Wesentlichen gleichlautend folgenden Wortlaut:
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„1. Für die Baustelle. Nord-Süd, Weitblick I, II und III, Johann-Schütte-Str. 12, Liesel-Bach-Str. 52, 54, 56 und 58, 71034 Böblingen, ist am (Folgetag) für die Dauer des Baubetriebs, spätestens jedoch ab 6:30 Uhr, eine Schallimmissionsmessung (Tagesmessung) durch eine nach §.29b BlmSchG bekannt gegebene Messstelle durchzuführen.
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2. Als maßgeblicher Immissionsort wird der Flur des 4. OG in der Liesel-Bach-Str. 31, 71034 Böblingen, festgelegt. Abweichend hiervon kann für die Messung nach Nr. 2 durch den Gutachter ein Ersatzmessort festgelegt werden, sollte dies z.B.. aus Gründen der Zugangsmöglichkeiten erforderlich sein.
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3. Die Schallimmissionsmessung hat nach den Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVV Baulärm) zu erfolgen.
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4. Das Ergebnis der Schallimmissionsmessung ist uns unmittelbar nach Erhalt, spätestens jedoch am nächsten Arbeitstag zur Prüfung vorzulegen.
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5. Die Bauarbeiten auf den Grundstücken Johann-Schütte-Str. 12, Liesel-Bach-Str. 52, 54, 56 und 58 sind unverzüglich vorläufig einzustellen, sofern einzelne Tagesmessungen nach Nr. 1 ergeben, dass hierdurch die lmmis-sionsrichtwerte von 60 dB(A) tags (7:00 bis 20:00 Uhr) und 45 dB(A) nachts (20:00 bis 7:00 Uhr) um mehr als 5 dB(A) überschritten werden. Die Baueinstellung kann aufgehoben werden, wenn nachgewiesen wird, dass geeignete Maßnahmen zur Lärmreduzierung auf die vorgeschriebenen lmmis-sionsrichtwerte durchgeführt werden oder wenn nachgewiesen wird, dass eine Lärmreduzierung auf die maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach dem Stand der Technik auch bei Ausschöpfung aller Maßnahmen nach Nr. 4.1 AVV Baulärm i.V.m. Anlage 5 nicht möglich ist (unvermeidbarer Baulärm). Dies ist gutachterlich darzulegen Das Weiterführen der Bauarbeiten darf erst nach Prüfung und Freigabe durch das Landratsamt erfolgen.
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6. Die sofortige. Vollziehung der Ziffern 1-5 dieser Entscheidung wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.
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7. Für den Fall der Nichtbefolgung der Ziffern 1 und 5 dieser Entscheidung, wird ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 2.000 EUR angedroht. Für den Fall der Nichtbefolgung der Ziffer 4 dieser Entscheidung wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500 EUR angedroht.“
19 
In der Verfügung vom 03.03.2015 wurde unter Ziffer 2 ferner eine Messung zur Nachtzeit angeordnet wie folgt:
20 
„Für die Baustelle Nord-Süd, Weitblick I, II und III, Johann-Schütte- Str. 12, Liesel-Bach-Str. 52, 54, 56 und 58, 71034 Böblingen, ist bis spätestens 11.03.2015 während der Nachtzeit (20:00 - 7:00 Uhr) eine mindestens einstündige Schallimmissionsmessung durch eine nach § 29b BlmSchG bekannt gegebene Messstelle durchzuführen.“
21 
Damit ist der Vollstreckungsschuldner der Verpflichtung aus Ziffer 1 Buchstabe a) erste Alternative der einstweiligen Anordnung ohne grundlose Säumnis nachgekommen. Das Landratsamt hat noch vor Eingang des Vollstreckungsantrags begonnen, die Beigeladenen zu Tagesmessungen durch einen qualifizierten Sachverständigen unter Beachtung der AVV Baulärm zu verpflichten und das Ergebnis dem Landratsamt unverzüglich vorzulegen. Es ist weder nach dem Tenor des Senatsbeschlusses vom 05.02.2015 noch nach den Gründen, die bei Unklarheiten zur Auslegung herangezogen werden können (vgl. Senatsbeschluss vom 28.02.2013 a.a.O.), erforderlich, die Messungen fortlaufend oder möglichst zügig durchführen zu lassen; vielmehr sind solche Tage zu wählen, an denen repräsentative Ergebnisse zu erwarten sind. Es entspricht daher der Zielrichtung des Senatsbeschusses vom 05.02.2015, die Messungen baubegleitend über einen längeren Zeitraum hin zu erstrecken. In dem Umstand, dass noch nicht alle angeordneten 14 Tagesmessungen verfügt worden sind, ist daher keine grundlose Säumnis zu sehen. Entgegen der Auffassung der Vollstreckungsgläubigerin war es auch nicht Inhalt der einstweiligen Anordnung, die Tagesmessungen auf die Nachtzeit zu erstrecken; der Begriff der Tagesmessung bezieht sich vielmehr schon nach dem Wortlaut des Beschlusstenors auf die Dauer des regulären Baubetriebs (vgl. Senatsbeschluss vom 19.03.2015 zur Ablehnung einer Berichtigung); der Senat hat es im Übrigen in das Ermessen des Landratsamtes gestellt, weitere Messungen durchführen zu lassen (vgl. Beschluss vom 05.02.2015, Abdruck S. 18). Dem hat das Landratsamt Rechnung getragen, in dem es in den genannten Verfügungen auch Messungen zur Nachtzeit angeordnet hat bzw. den Beginn der Tagesmessungen auf 6.30 Uhr (Beginn des Anlieferungsverkehrs) angesetzt hat.
22 
Das Landratsamt ist mit der Anordnung zur Beauftragung einer nach § 29b BImSchG bekanntgegebenen Messstelle auch der Verpflichtung nachgekommen, Messungen eines qualifizierten Sachverständigen zu fordern. Denn die Bekanntgabe nach § 29b BImSchG setzt voraus, dass die bekanntgegebene Stelle über eine ausreichende Fachkunde, persönliche Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Unabhängigkeit verfügt (vgl. im Einzelnen Pabst in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2013, Band III, BImSchG § 9b Rn. 10 ff.). Die Anordnungen sind auch mit der erforderlichen Effektivität getroffen worden. Sie sind für sofort vollziehbar erklärt und mit der Androhung eines Zwangsgeldes verbunden worden. Die Messungen werden nach Aktenlage fristgerecht durchgeführt. Die von den Beigeladenen beauftragte Messstelle DEKRA Automobil GmbH ist nach § 29b für Gruppe V - Ermittlung von Geräuschen - bekannt gegeben.
23 
2.2 Hinsichtlich Ziffer 1 Buchst. b) des Beschlusstenors hat der Vollstreckungsschuldner seine Handlungspflichten hinreichend erfüllt, soweit den Beigeladenen die Vorlage von Lärmprognosen aufgegeben wird. Mit Verfügung vom 16.02.2015, neu gefasst durch Verfügungen vom 18.02.2015 und vom 06.03.2015 hat das Landratsamt folgende Anordnung gegenüber den Beigeladenen getroffen:
24 
„1. Für die Baustelle Nord-Süd, Weitblick I, II und II), Johann-Schütte-Str.12, Liesel-Bach-Str. 52, 54, 56 und 58, 71034 Böblingen, sind dem Landratsamt, Bauen und Gewerbe, bis auf Weiteres bis jeweils donnerstags für die Folgewoche umfassende Angaben über die Baumaßnahmen, die Dauer und die zu erwartenden Immissionsbeeinträchtigungen aus dem Baubetrieb vorzulegen.
25 
2. Für die Baustelle Nord-Süd, Weitblick I, II und III, Johann-Schütte-Str,12, Liesel-Bach-Str. 52, 54, 56 und 58, 71034 Böblingen, ist bis auf Weiteres bis jeweils donnerstags für die Folgewoche von einer nach § 29b BlmSchG bekannt gegebenen Messstelle eine Prognose über die zu erwartende Lärmbelastung (Lärmprognose) und ein Maßnahmenkatalog zur Reduzierung der Schallimmissionen auf die in der Verfügung vom 19.03.2014 festgesetzten Immissionsrichtwerte unter Berücksichtigung von Nr. 4.1 AVV Baulärm i.V.m. Anlage 5 erstellen zu lassen und dem Landratsamt Böblingen, Bauen und Gewerbe, unverzüglich (bis jeweils donnerstags für die Folgewoche) vorzulegen.
26 
3. Die lärmtechnische Betrachtung hat nach den Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVV Baulärm) zu erfolgen.
27 
4. Als maßgeblicher Immissionsort wird der Flur des 4. OG in der Liesel-Bach-Str. 31, 71034 Böblingen, festgelegt.
28 
5. Die Bauarbeiten auf den Grundstücken Johann-Schütte-Str, 12, Liesel-Bach-Str. 52, 54, 56 und 58 sind unverzüglich vorläufig einzustellen, sofern eine Lärmprognose nach Nr. 2 ergibt, dass hierdurch die Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags (7:00 bis 20:00 Uhr) und 45 dB(A) nachts (20:00 bis 7:00 Uhr) um mehr als 5 dB(A) überschritten werden. Die Baueinstellung kann aufgehoben werden, wenn dem Landratsamt nachgewiesen wird, dass geeignete Maßnahmen zur Lärmreduzierung auf die vorgeschriebenen Immissionsrichtwerte durchgeführt werden, oder wenn nachgewiesen wird, dass eine Lärmreduzierung auf die maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach dem Stand der Technik auch bei Ausschöpfung aller Maßnahmen nach Nr. 4.1 AVV Baulärm i.V.m. Anlage 5 nicht möglich ist (unvermeidbarer Baulärm). Dies ist gutachterlich darzulegen. Das Weiterführen der Bauarbeiten darf erst nach Prüfung und Freigabe durch das Landratsamt erfolgen.“
29 
6. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1-5 dieser Entscheidung wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.
30 
7. Für den Fall der Nichtbefolgung der Ziffern 1, 2, 3 und 5 dieser Entscheidung, wird ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 3.000 EUR angedroht.
31 
8. Die sofortige Vollziehung dieser Entscheidung wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr.4 Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet.“
32 
Damit ist das Landratsamt Ziffer 1 Buchst. b) der einstweiligen Anordnung vom 05.02.2015 jedenfalls in Bezug auf die Verpflichtung der Beigeladenen zur Vorlage von Lärmprognosen hinreichend nachgekommen (zur Problematik des Maßnahmekatalogs siehe unten Nr. 2.5). Darauf, ob der Vollzug nur zögerlich oder mit mehreren Nachbesserungen erfolgte, wie in der Beschwerdebegründung geltend gemacht wird, kommt es nicht an. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Androhung eines Zwangsgeldes ausschließlich darauf gerichtet, ein künftiges Verhalten durchzusetzen, es ist ein in die Zukunft gerichtetes Willensbeugemittel. Sie dient dagegen nicht als Vergeltung für „verweigerten Gehorsam“ (vgl. Pietzner/ Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2014, § 172 Rn. 2, Rn. 50). Zweck des Zwangsgelds ist es vielmehr, den Schuldner zur Erfüllung seiner Verpflichtungen anzuhalten (vgl. Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 172 Rn. 13).
33 
Die Lärmprognosen werden nach Aktenlage wöchentlich vorgelegt. Das Landratsamt wird ferner entsprechend Ziffer 1 Buchst. b) 1. Absatz vorab über die geplanten Baumaßnahmen durch Vorlage von Tätigkeitslisten bzw. per E-Mail informiert. Darüber hinaus sind Informationen über die zu erwartende Bautätigkeit auch in den Lärmprognosen enthalten.
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2.3 Die Behörde ist bislang auch ihrer Verpflichtung aus Ziffer 1 Buchst. c) des Entscheidungstenors hinreichend nachgekommen. Die Verfügungen, mit denen Tagesmessungen angeordnet werden, sind jeweils mit der Anordnung verbunden, die Baustelle unverzüglich vorläufig stillzulegen, wenn einzelne Tagesmessungen eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte um mehr als 5 dB(A) ergeben. In Ziffer 5 der Verfügung vom 16.02.2015 i.d.F. vom 18.02./06.03.2015 ist eine entsprechende Anordnung, bezogen auf das Ergebnis der Lärmprognosen, enthalten. Damit hat das Landratsamt den Senatsbeschluss vom 05.02.2015 nahezu wortgleich umgesetzt. Bedenken könnten sich allenfalls daraus ergeben, dass die Baustilllegung im Fall der entsprechenden Überschreitungen von der Behörde nicht im Sinne einer Sanktion gesondert angeordnet, sondern der unmittelbaren Umsetzung durch die Beigeladenen überlassen wird. Dieses Vorgehen wird der mit der einstweiligen Anordnung verfolgten Zielsetzung, Verstöße gegen die zulässigen Immissionsrichtwerte effektiv zu unterbinden, nur dann gerecht, wenn die Behörde die Vollziehung der Anordnung sehr konsequent überwacht und vollstreckt. Dies würde allerdings in gleichem Maße für eine gesondert verfügte Baueinstellung gelten, die eventuell noch mit einer zusätzlichen zeitlichen Verzögerung verbunden wäre. Demgegenüber stellt der von der Behörde gewählte Weg, die Baueinstellung mit der Anordnung der Messung bzw. der Lärmprognose zu verbinden, eine zeitnahe und unverzügliche Umsetzung der einstweiligen Anordnung dar.
35 
Eine mangelhafte Umsetzung der einstweiligen Anordnung ist aber auch deshalb nicht festzustellen, weil nach den vorliegenden Lärmprognosen und Schallmessungen noch kein Anlass für einen Baustopp bestand. Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte wurden nach Aktenlage noch nicht um mehr als 5 dB(A) überschritten. Insbesondere wurde auch in der 10. KW keine Überschreitung von mehr als 5 dB(A) prognostiziert, wie es Nummer 4.1 AVV Baulärm und der hierauf bezogenen Tenor der einstweiligen Anordnung voraussetzen. Allerdings wurde in der Lärmprognose vom 26.02.2015 für die 10. KW (02.03.2015 - 08.03.2015) eine Überschreitung um (genau) 5 dB(A) prognostiziert und die Durchführung von Schallmessungen empfohlen. Die aufgrund der Anordnung vom 03.03.2015 am 04.03.2015 in der Zeit zwischen 6.22 Uhr und 18.10 Uhr durchgeführte Messung an dem der Wohnung der Vollstreckungsgläubigerin am nächsten gelegenen Immissionsort ergab jedoch nur einen Gesamtgeräuschpegel von 64 dB(A), wobei nach der gutachterlichen Stellungnahme der DEKRA Automobil GmbH vom 23.03.2014 die Fremdgeräusche, insbesondere durch den direkten Straßenverkehr und den Fernlärm der Autobahn, einen pegelbestimmenden Einfluss hatten. Soweit die Vollstreckungsgläubigerin darauf hinweist, dass in der Lärmprognose vom 26.02.2015 für ihre Wohnung von einem Beurteilungspegel von 65 dB(A) ausgegangen werde, wohingegen nach Seite 2 der Anlagen zu der Lärmprognose ein Wert von 65,2 dB(A) prognostiziert worden sei, verkennt sie, dass die AVV Baulärm eine Rundung der ermittelten Werte auf ganze Zahlen vorschreibt (Ziffer 6.5 Satz 2). Entsprechendes gilt für die Schallmessung vom 20.04.2015. Die Schallmessung am 08.04.2015 ergab zwar einen Pegel von 67,4 dB(A); darin war jedoch ein nicht von der Baustelle verursachtes Fremdgeräusch enthalten (Abrissbagger); ohne das Fremdgeräusch betrug der Pegel 64,8 dB(A). Im Übrigen wurde aufgrund einer Beschwerde der Vollstreckungsgläubigerin ein Baustopp auf der Baustelle für die lärmintensiven Arbeiten mit einem Meißelbagger verfügt (vgl. E-Mail des Landratsamt vom 07.04.2015). Dies zeigt ebenfalls, dass das Landratsamt der einstweiligen Anordnung nachkommt.
36 
Schließlich haben auch die Prognosen bzw. Messungen für die Nachtzeit weder eine Überschreitung des maßgeblichen Eingreifrichtwerts von 50 dB(A) noch eine Überschreitung des zulässigen Spitzenpegels von 65 dB(A) nach Nr. 3.1. Buchst. c), Nr. 3.1.3 AVV Baulärm ergeben (vgl. etwa Stellungnahmen der DEKRA Automobil GmbH vom 19.02.2015, vom 05.03.2015 und vom 23.03.2015). Es bestand mithin auch kein Anlass, aufgrund der in Ziffer 1 Buchst. c) des Tenors der einstweiligen Anordnung ebenfalls genannten sonstigen Messungen einen Baustopp anzuordnen, zumal in den Beurteilungspegeln ein nicht ausscheidbares erhebliches Fremdgeräusch (Straßenverkehrslärm) enthalten ist.
37 
2.4 Den umfangreichen Einwendungen der Vollstreckungsgläubigerin gegen die Richtigkeit der schalltechnischen Stellungnahmen muss im vorliegenden Verfahren nicht nachgegangen werden. Entgegen der Auffassung der Vollstreckungsgläubigerin stellen Fehler der Lärmprognosen und Schallmessungen grundsätzlich keine Säumnis bei der Umsetzung der einstweiligen Anordnung dar. Vielmehr handelt es sich - soweit die Rügen zutreffen sollten - um Defizite beim Vollzug der aufgrund der einstweiligen Anordnung ergangenen Verfügungen. Mit der Verpflichtung der Beigeladenen zur Beauftragung eines qualifizierten Sachverständigen und zur Beachtung der AVV Baulärm wird ohne weiteres vorausgesetzt, dass die Schallprognosen und Schallmessungen auch sorgfältig und gemäß den anerkannten wissenschaftlichen Regeln erstellt werden und die AVV Baulärm fehlerfrei umgesetzt wird. Die Behörde hat deshalb den ordnungsgemäßen Vollzug ihrer Anordnungen, insbesondere die Qualifikation der beauftragten Messstelle und die Richtigkeit vorgelegten Schallprognosen nachzuprüfen. Liegen offensichtliche Fehler der gutachterlichen Stellungnahmen vor, wird sie dem nachzugehen haben, ggf. sogar durch Beauftragung eines weiteren Sachverständigen. Insoweit steht jedoch nicht der Vollzug der einstweiligen Anordnung in Rede, deren vollstreckungsfähigen Inhalt die Behörde vollständig umgesetzt hat; vielmehr geht es grundsätzlich um den ordnungsgemäßen Vollzug der Verfügung vom 16.02.2015 i.d.F. vom 18.02./06.03.2015 bzw. der Anordnungen, mit denen die Beigeladenen zur Durchführung von Schallmessungen verpflichtet werden (ähnlich HessVGH, Beschluss vom 11.10.2013 - 9 B 189/13 - juris Rn. 24). Die Vollstreckungsgläubigerin verkennt, dass der Vollstreckungsschuldner der einstweiligen Anordnung zwar effektiv nachkommen muss, aber nicht den sofortigen Erfolg schuldet (vgl. Senatsbeschluss vom 28.02.2013 a.a.O.). Der Vollstreckungsschuldner ist nicht selbst zur Vorlage qualifizierter Lärmprognosen oder zur Durchführung von Schallmessungen verpflichtet, sondern nur dazu, den Beigeladenen die Vorlage solcher Prognosen bzw. die genannten Schallmessungen aufzugeben. Dies hat das Landratsamt getan; welche über die Entscheidung vom 16.02.2015 i.d.F. vom 18.02./06.03.2015 bzw. die Anordnung von Schallmessungen hinausgehenden Verfügungen das Landratsamt noch hätte treffen sollen, wird auch in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt.
38 
Die vom Senat erlassene einstweilige Anordnung wäre allerdings dann nicht vollständig umgesetzt, wenn ihr lediglich formal Folge geleistet worden wäre, den von der Behörde ergriffenen Maßnahmen aber von vorneherein jede Eignung im Hinblick auf den mit der einstweiligen Anordnung verfolgten Sinn und Zweck fehlte oder die Behörde erkennbar nicht auf ihre Vollziehung hinwirken würde. So liegt es hier aber nicht. Die genannten Verfügungen sind für sofort vollziehbar erklärt und mit Zwangsgeldandrohungen verbunden worden. Die Behörde führt nach Aktenlage auch regelmäßig Ortstermine durch, die allerdings naturgemäß nur eine Momentaufnahme darstellen. Die von der Behörde ergriffenen Maßnahmen sind aber auch in der Sache effektiv. Wie ausgeführt, werden die erforderlichen Informationen und die Lärmprognosen wöchentlich fristgerecht vorgelegt. Auch die angeordneten Schallmessungen werden in Absprache mit dem Landratsamt fristgerecht durchgeführt und der Behörde unverzüglich übermittelt, sobald sie den Beigeladenen vorliegen. Der Senat verkennt nicht die von der Vollstreckungsgläubigerin aufgezeigte Schwierigkeit, dass sich ihre Rügen oft durch Zeitablauf erledigen, weil auf einer Baustelle häufig wechselnde Betriebszustände herrschen; dies liegt aber in der Natur der Sache begründet und ist nicht Folge eines unzureichenden Vollzugs der einstweiligen Anordnung.
39 
Die Klärung der Frage, ob die Vorgaben der AVV Baulärm, etwa die Anwendung der Zeitkorrekturen nach Nr. 6.7 AVV Baulärm, in den vorgelegten Lärmprognosen und bei den durchgeführten Schallmessungen fehlerfrei umgesetzt werden, geht mithin über den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, das auf die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung vom 05.02.2015 beschränkt ist, hinaus. Selbst wenn aber der in der Beschwerdebegründung vertretenen Auffassung zu folgen wäre, dass bei erkennbarer Fehlerhaftigkeit der Lärmprognosen bzw. der Schallmessungen von einer Schlechterfüllung der einstweilige Anordnung auszugehen wäre (zur Schlechterfüllung vgl. etwa OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.09.2006 - 5 B 194/06 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.04.2015 - 1 I 1.14 - juris), so lassen sich derartige offensichtliche Mängel hier nicht erkennen. Die schalltechnischen Stellungnahmen sind weder in sich widersprüchlich noch sonst grob mangelhaft. Die von den Beigeladenen beauftragte Messstelle hat im Übrigen zu den Einwänden der Vollstreckungsgläubigerin gegen die Lärmprognosen und Schallmessungen, insbesondere auch zur Anwendung der Zeitkorrekturen, am 16.05.2015 im Einzelnen Stellung genommen, ihre Methodik erläutert, sich mit dem von der Vollstreckungsgläubigerin als Gegenbeispiel vorgelegten Gutachten auseinandergesetzt und die Kritikpunkte als fachlich unzutreffend zurückgewiesen. Dem ist im Einzelnen nicht weiter nachzugehen. Denn der Umstand, dass der Sachverständige auch nach nochmaliger Prüfung der Vorhalte der Vollstreckungsgläubigerin an seiner Methodik festhält, zeigt jedenfalls, dass von einer offensichtlichen und vom Landratsamt ohne weiteres erkennbaren Schlechterfüllung der in Umsetzung der einstweiligen Anordnung des Senats ergangenen Verfügungen des Landratsamts nicht ausgegangen werden kann. Es kann daher nicht angenommen werden, dass Sinn und Zweck der einstweiligen Anordnung von vorneherein verfehlt werden.
40 
2.5 Der Vollstreckungsschuldner hat die einstweilige Anordnung allerdings unzureichend erfüllt, soweit nach Ziffer 1 Buchst. b) 2. Absatz des Beschlusses vom 05.02.2015 die Beigeladenen zu verpflichten sind, einen Maßnahmekatalog zur Reduzierung der Schallimmissionen auf die in der Verfügung des Landratsamts vom 19.03.2014 festgesetzten Immissionsrichtwerte unter Berücksichtigung von Nr. 4.1 AVV Baulärm vorzulegen. Zwar hat das Landratsamt in der Verfügung vom 16.02.2015 i.d.F. 18.02./06.03.2015 auch insoweit den Wortlaut der einstweiligen Anordnung wiederholt. In den wöchentlichen Lärmprognosen ist zumindest ab der 12. Kalenderwoche auch ein Maßnahmekatalog enthalten. Die einstweilige Anordnung und die daraufhin erlassene Verfügung werden jedoch von dem Vollstreckungsschuldner und von der von den Beigeladenen beauftragten Messstelle im Hinblick auf die Erforderlichkeit von Maßnahmen zur Lärmminderung fehlerhaft ausgelegt. Mit Verfügung vom 19.03.2014 sind die Beigeladenen verpflichtet worden, die Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts einzuhalten, d.h. es darf von den Beigeladenen kein Zuschlag von 5 dB(A) gemacht werden. Zu Unrecht wird in den Lärmprognosen der DEKRA Automobil GmbH deshalb ausgeführt, dass Lärmminderungsmaßnahmen erst ab einer Immissionsrichtwertüberschreitung von 5 dB(A) erforderlich seien. Hieran ändert auch die Bezugnahme auf Nr. 4.1 AVV Baulärm im Beschlusstenor nichts. Nach 4.1 AVV-Baulärm sollen Maßnahmen zur Minderung der Geräusche angeordnet werden, wenn der Beurteilungspegel des von Baumaschinen hervorgerufenen Geräusches den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A) überschreitet; Regelbeispiele für derartige Maßnahmen werden in Buchst. a) bis e) der Vorschrift genannt. Diese Regelung legt also fest, dass erst bei Überschreitung der Richtwerte um 5 dB(A) von der zuständigen Behörde eingeschritten werden soll; bei dem Zuschlag von 5 dB(A) handelt es sich mithin um einen das Handlungsermessen der Behörde steuernden Eingreifrichtwert (BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 7 A 11/11 - juris Rn. 45). Dies ergibt sich auch aus Nr. 1 AVV Baulärm („Maßnahmen, die von den zuständigen Behörden bei Überschreiten der immissionsrichtwerte angeordnet werden sollen“) und der Einordnung unter Abschnitt Nr. 4 (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 a.a.O.). Nr. 4.1 AVV Baulärm entbindet den Betreiber einer Baustelle aber nicht von der Verpflichtung, die Einhaltung der Immissionsrichtwerte der Nr. 3.1.1 AVV Baulärm sicherzustellen. Die Regelung der Nr. 4.1 AVV Baulärm, wonach bei Überschreiten des Eingreifrichtwerts in der Regel eine Verpflichtung zum Einschreiten besteht, hindert die Behörde auch nicht, aufgrund der besonderen Umstände des Falles im Ermessenswege schon dann tätig zu werden, wenn der Eingreifrichtwert noch nicht erreicht ist. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Eingreifrichtwert - wie hier - bei einer Dauerbaustelle bereits im gesundheitsgefährdenden Bereich bewegt. Mit Verfügung vom 19.03.2014 hat das Landratsamt das ihm zustehende Ermessen bereits dahingehend ausgeübt, dass die Immissionsrichtwerte für die Beigeladenen bindend sind. Der Maßnahmekatalog zur Lärmreduzierung, dessen Verwirklichung von der Behörde auch zu überprüfen sein wird, muss deshalb darauf gerichtet sein, Überschreitungen der Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags bzw. 45 dB(A) nachts zu verhindern. Dementsprechend handelt es sich nach dem klaren Wortlaut der einstweiligen Anordnung schon dann um lärmintensive Maßnahmen, die der Vollstreckungsgläubigerin nach Nummer 1 Buchst. b) letzter Absatz mitzuteilen sind, wenn eine Überschreitung der Richtwerte zu erwarten ist. Dieser Zusammenhang ist bei den von der Messstelle vorgeschlagenen Maßnahmen nicht erkennbar. Es bleibt offen, ob die aufgeführten Maßnahmen lediglich dazu dienen, die Überschreitung des Eingreifrichtwertes sicher zu verhindern, oder ob sie zu einer weiteren Lärmreduzierung unter die Immissionsrichtwerte führen. Ebenso bleibt teilweise offen, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen zwingend durchzuführen sind oder ob es sich lediglich um ein freiwilliges Entgegenkommen handelt. Zu Recht rügt die Vollstreckungsgläubigerin insoweit ein Vollzugsdefizit nicht nur der Verfügung vom 16.02.2015 i.d.F. vom 18.02./06.03.215, sondern auch der einstweiligen Anordnung vom 05.02.2015, weil dieser nur im Wortlaut, nicht aber in ihrer Zielsetzung entsprochen wird. Der Sinn und Zweck der einstweiligen Anordnung, eine Überschreitung der von der Behörde für verbindlich erklärten Immissionsrichtwerte nach Nr. 3.1.1 AVV Baulärm effektiv zu unterbinden, wird bei der von dem Vollstreckungsschuldner vorgenommenen und von der Messstelle geteilten Auslegung des Beschlusstenors nicht erreicht. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Senat in Ziffer 1 Buchst. b) die Vorlage eines Maßnahmekatalogs „unter Berücksichtigung von Nr. 4.1 AVV Baulärm“ angeordnet hat. Dieser Zusatz bezieht sich erkennbar auf den Katalog der in Nr. 4.1 AVV Baulärm beispielhaft genannten Maßnahmen nach Buchst. a) bis e); hieraus lässt sich nicht entnehmen, dass die Beigeladenen entgegen der Rechtslage einen Zuschlag zu den in der Verfügung vom 19.03.2014 vorgeschriebenen Immissionsrichtwerten vornehmen dürfen. Dies wird auch aus einem Vergleich mit Ziffer 1 Buchst. c) des Beschlusstenors erkennbar, wo der Eingreifrichtwert nach Nr. 4.1 AVV Baulärm für den Fall des behördliche Einschreitens im Wege einer Baueinstellung ausdrücklich berücksichtigt wird. Im Übrigen setzt eine grundlose Säumnis im Sinne des § 172 VwGO kein Verschulden voraus (vgl. Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2014, § 172 Rn. 2). Selbst wenn die im Beschlusstenor gewählte Formulierung missverständlich sein sollte, würde dies mithin eine Zwangsgeldandrohung bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nicht hindern.
41 
Insoweit ist aber ausreichend, ein Zwangsgeld in einer verhältnismäßig geringen Höhe anzudrohen. Denn der unzureichende Vollzug betrifft nur einen Einzelpunkt der einstweiligen Anordnung und beruht ersichtlich nicht auf dem fehlenden Willen der Behörde, der einstweiligen Anordnung Folge zu leisten, sondern auf einem Missverständnis. Die dem Vollstreckungsschuldner gesetzte Frist zur Abwendung der Zwangsgeldfestsetzung erscheint angemessen, weil das Landratsamt die Festsetzung schon dadurch abwenden kann, dass sie die Beigeladenen und die von ihr beauftragte Messstelle auf die soeben dargestellte Rechtslage schriftlich hinweist und um zukünftige Beachtung ersucht.
42 
3. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Vollstreckungsgläubigerin, das Verwaltungsgericht habe ihr rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch verletzt, dass es ihren am 18.03.2015 eingegangenen Schriftsatz nicht mehr zu Kenntnis genommen habe. Mit Verfügung vom 18.03.2015 wurde der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 17.03.2015 der Geschäftsstelle zur Zustellung übergeben; die Verfügung trägt den Eingangsvermerk vom 19.03.2015. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Verfahrensweise des Verwaltungsgerichts rechtlich zu beanstanden ist. Denn ein etwaiger Gehörsverstoß wäre im Beschwerdeverfahren geheilt. Die Beschwerde kann nur dann Erfolg haben, wenn sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts inhaltlich als nicht richtig erweist (vgl. den Rechtsgedanken des § 144 Abs. 4 VwGO; Senatsbeschluss vom 28.02.2013 a.a.O.).
43 
4. Auch der Einwand der Vollstreckungsgläubigerin, die zuständigen Mitarbeiter des Landratsamts seien befangen, bleibt ohne Erfolg. Ungeachtet dessen, dass von der Behördenleitung mittlerweile festgestellt wurde, dass keine Befangenheit vorliegt, geht die Frage, ob die aufgrund der einstweiligen Anordnung erlassenen Verwaltungsakte aufgrund der Mitwirkung eines eventuell befangenen Sachbearbeiters möglicher Weise verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sind, über den Gegenstand des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens hinaus. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass sich eine eventuelle Befangenheit auf das Ergebnis des Verfahrens ausgewirkt haben könnte (zum Kausalitätserfordernis vgl. Kuntze in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 20 Rn. 144 ff., § 21 Rn. 59). Angesichts der oben dargelegten Maßnahmen des Landratsamts kann auch keine Rede davon sein, dass die zuständigen Sachbearbeiter aufgrund einer Voreingenommenheit untätig geblieben wären.
44 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Festsetzung eines Streitwerts ist entbehrlich, da eine streitwertunabhängige Festgebühr nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) anfällt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Mai 2015 - 10 S 835/15

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(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwa

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Abfallverzeichnis-Verordnung - AVV

Zivilprozessordnung - ZPO | § 929 Vollstreckungsklausel; Vollziehungsfrist


(1) Arrestbefehle bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollziehung für einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Schuldner erfolgen soll. (2) Die Vollziehung

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Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen

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Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 29b Bekanntgabe von Stellen und Sachverständigen


(1) Die Bekanntgabe von Stellen im Sinne von § 26, von Stellen im Sinne einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder von Sachverständigen im Sinne von § 29a durch die zuständige Behörde eines Landes berechtigt die bekannt gegebene

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 28. Apr. 2014 - 9 S 358/14

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Tenor Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 28.01.2014 - 7 K 1393/12 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung aufgehoben.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszüge

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Tenor Die Beschwerde des Vollstreckungsgläubigers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20. August 2012 - 4 K 1386/12 - wird zurückgewiesen.Der Vollstreckungsgläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe  1 Die Bes

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Tatbestand 1 Die Klägerinnen wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 21. Oktober 1999 für den Bau der U-Bahnlinie 5 im Bezirk Berlin-Mitte in

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Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. November 2014 - 1 K 4763/14 - geändert.

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben,

a) entweder die Beigeladenen zu 1 bis 3 zu verpflichten, an 14 (vierzehn) vom Landratsamt Böblingen festzusetzenden Werktagen für die Dauer des Baubetriebs Lärmmessungen (Tagesmessungen) durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen und das Messprotokoll dem Landratsamt Böblingen jeweils unverzüglich zu übermitteln

oder entsprechende eigene Messungen durchzuführen oder durchführen zu lassen;

Messungen sind mit dem Landratsamt Böblingen abzustimmen; das Messverfahren der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.08.1970 (AVV Baulärm) ist zu beachten.

b) die Beigeladenen zu 1 bis 3 vorläufig zu verpflichten, die Immissionsschutzbehörde ab sofort jeweils bis spätestens freitags für die Folgewoche über die Baumaßnahmen, die Dauer und die zu erwartenden Immissionsbeeinträchtigungen aus dem Baubetrieb umfassend zu informieren,

sowie

der Immissionsschutzbehörde eine Prognose über die zu erwartende Lärmbelastung und einen Maßnahmekatalog zur Reduzierung der Schallimmissionen auf die in der Verfügung des Landratsamt Böblingen vom 19.03.2014 festgesetzten Immissionsrichtwerte unter Berücksichtigung von Nr. 4.1 AAV Baulärm i.V.m. Anlage 5 vorzulegen; Prognose und Maßnahmekatalog sind durch einen qualifizierten Sachverständigen zu erstellen;

sind lärmintensive Bauarbeiten (Bauarbeiten, bei denen Überschreitungen der Richtwerte zu erwarten sind) geplant, ist dies der Antragstellerin mitzuteilen.

c) die Bauarbeiten auf den Grundstücken ...-Straße ..., ...-...-Straße ... und ... unverzüglich vorläufig einzustellen, sofern einzelne Tagesmessungen nach Buchstabe a) oder sonstige von der zuständigen Behörde angeordnete Lärmmessungen ergeben, dass hierdurch die Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags (7 bis 20 Uhr) und 45 dB(A) nachts (20 Uhr bis 7 Uhr) um mehr als 5 dB(A) überschritten werden oder die Lärmprognose nach Buchstabe b) eine entsprechende Überschreitung erwarten lässt;

die Baueinstellung ist aufzuheben, wenn die Beigeladenen zu 1 bis 3 nachweisen, dass sie geeignete Maßnahmen zur Lärmreduzierung auf die vorgeschriebenen Immissionsrichtwerte durchführen, oder nachweisen, dass eine Lärmreduzierung auf die maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach dem Stand der Technik auch bei Ausschöpfung aller Maßnahmen nach Nr. 4.1 AVV Baulärm i.V.m. Anlage 5 nicht möglich ist (unvermeidbarer Baulärm).

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2. Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen der Antragsgegner die Hälfte und die Beigeladenen zu 1 bis 3 jeweils 1/6.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin begehrt, im Wege einer einstweiligen Anordnung gegen Baustellenlärm einzuschreiten.
Die Antragstellerin ist Mieterin einer Wohnung im 4. Obergeschoss des Gebäudes ...Straße ... in ... Unter dem 20.06.2012/ 27.02.2013 erhielten die Beigeladenen zu 1 und 2 die Baugenehmigung zum Neubau von fünf Mehrfamilienwohnhäusern mit Gemeinschaftstiefgarage und oberirdischen Stellplätzen auf den Grundstücken ...-Straße ..., ...-Straße ... und ... (Böblinger Flugfeld). Die Beigeladenen sind nach ihrem Vortrag jeweils für die Ausführung verschiedener Bauabschnitte zuständig; es besteht eine gemeinsame Projektleitung und eine gemeinsame Bauleitung. Der Bauabschnitt I befindet sich unmittelbar auf der der Wohnung der Antragstellerin gegenüberliegenden Straßenseite. Nach Baubeginn im Jahre 2013 kam es wiederholt zu Beschwerden u.a. der Antragstellerin über unzumutbare Lärmimmissionen. Daraufhin erließ das Landratsamt mehrere jeweils auf §§ 22 Abs. 1, 24 Satz 1 BImSchG gestützte und vollziehbare Anordnungen zur Minderung des Baustellenlärms. Unter anderem ordnete das Landratsamt mit Entscheidung vom 19.03.2014 an, dass die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm für Mischgebiete von 60 dB(A) tags (7 bis 20 Uhr) und 45 dB(A) nachts (20 Uhr bis 7 Uhr) am Immissionsort ...-Straße ... einzuhalten sind, der Betrieb von Heizgeräten zur Nachtzeit unzulässig ist und die Einhaltung der Immissionsrichtwerte gutachtlich nachzuweisen ist. Mit Entscheidung vom 23.04.2014 ordnete das Landratsamt an, dass Anlieferungen auf der Baustelle auf die Tagzeit (7 Uhr bis 20 Uhr) beschränkt sind, der Betrieb der Estrichmaschine gegenüber dem Gebäude ...-Straße ... unzulässig ist und die Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte gutachterlich nachzuweisen ist. Mit Entscheidung vom 21.08.2014 wurde eine Schallimmissionsmessung angeordnet. Mit Entscheidung vom 10.09.2014 verfügte das Landratsamt, dass lärmintensive Tätigkeiten nicht bzw. nur unter bestimmten, beispielhaft genannten Lärmschutzmaßnahmen (Einsatz von mobilen Lärmschutzwänden u.ä.) durchgeführt werden dürfen. Für die Nichtbefolgung der Entscheidungen vom 19.03.2014, 23.04.2014 und vom 10.09.2014 wurden jeweils Zwangsgelder in Höhe von 1.000 oder 1.500 EUR angedroht.
Im Laufe des Verfahrens wurden mehrere Schallimmissionsmessungen durch sachverständige Stellen durchgeführt, die überwiegend erhebliche Überschreitungen der Immissionsrichtwerte der AVV Lärm ergaben. Mit Stellungnahmen vom 03.03.2014, vom 11.04.2014, vom 11.06.2014 und vom 10.07.2014 gelangte die Dekra Automobil GmbH zu dem Ergebnis, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Messtag jeweils um mehr als 5 dB(A) überschritten worden seien. Mit Stellungnahme vom 18.09.2014 teilte die Dekra mit, dass eine Messung am 28.08.2014 eine Überschreitung von 4 dB(A) ergeben habe; die Schallprognose für noch ausstehende lärmintensive Arbeiten, wie etwa den Abbruch von Betonfundamenten, lasse Überschreitungen um 7 dB(A) erwarten. Eine Schallmessung des TÜV Süd am 04.08.2014 ergab einen Mittelungspegel von 71,5 bzw. 77,7 dB(A) (Stellungnahme vom 25.09.2014). Entsprechende Ergebnisse zeigte eine Vielzahl im Auftrag der Antragstellerin durchgeführter Schallmessungen mit einem Handmessgerät.
Nachdem die Antragstellerin wiederholt Fotodokumentationen und Messprotokolle vorgelegt hatte, wonach lärmintensive Maßnahmen an der Südfassade des Bauabschnitts I ohne ausreichenden Lärmschutz durchgeführt worden waren, setzte das Landratsamt am 16.10.2014 das in der Verfügung vom 10.09.2014 angedrohte Zwangsgeld fest und drohte ein weiteres Zwangsgeld an.
In der Folgezeit legte die Antragstellerin weitere Fotodokumentationen und eidesstattliche Versicherungen über lärmintensive Tätigkeiten auf der Baustelle im November und Dezember 2014 sowie zahlreiche Messprotokolle über Lärmpegel von deutlich mehr als 70 dB(A) vor.
Am 28.10.2014 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
durch geeignete öffentlich-rechtliche Maßnahmen nach §§ 24, 26 BlmSchG zu verhindern, dass von der Großbaustelle auf den Grundstücken in der...-...Straße ... und ...Straße ..., Gemarkung Böblingen … Lärmimmissionen austreten, die zur Überschreitung der in der AVV Baulärm festgesetzten Immissionsrichtwerte von tagsüber (7 bis 20 Uhr) 60 dB(A) und nachts (20 bis 7 Uhr) 45 dB(A) 0,5 m vor einem geöffneten, von den Geräuschen betroffenen Fenster der Wohnung der Antragstellerin führen, und die Verfügungen vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 effektiv auszuführen und zu vollziehen, insbesondere durch folgende beispielhaft aufgeführte Maßnahmen:
a) sofortige vorläufige Stilllegung der Abbrucharbeiten der Kranfundamente im Bauabschnitt BA III …
b) sofortige Stilllegung lärmintensiver Arbeiten entlang der Südfassade (Bohr-, Schleif- und Sägearbeiten, Arbeiten mit Gasbrennern und Rührgeräten für Mörtel, Erdverdichtungen mit Rüttelplatten etc.) des Bauabschnitts BA I, solange bis ausreichende, dem Stand der Technik entsprechende Schallabschirmungen gemäß Anlage 5 der AVV-Baulärm angebracht sind;
10 
c) unverzüglich eigene Lärmermittlungen an 14 Werktagen am Immissionsort oder Lärmermittlungen durch geeignete Sachverständige durchführen zu lassen oder dem Betreiber der Baustelle aufzugeben, auf eigene Kosten Lärmermittlungen durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen (§ 26 BlmSchG) und deren Ergebnisse in den Behördenakten zu dokumentieren;
11 
d) eine Prognose über die zu erwartende Lärmbelastung auf der Grundlage eines Maßnahmenkatalogs vorzulegen und zwar immer freitags für die Folgewoche; der Maßnahmenkatalog und die Prognose sind durch einen qualifizierten Gutachter zu erstellen oder deren Erstellung ist der Betreiberin aufzugeben (§ 26 BlmSchG) und die Prognosen und Maßnahmenkataloge sind in den Behördenakten zu dokumentieren.
12 
Nach Abschluss der Abbrucharbeiten des Kranfundaments erklärte die Antragstellerin, ihr Antrag habe sich insoweit erledigt.
13 
Mit Beschluss vom 28.11.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Antrag als unzulässig abgelehnt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Antragstellerin fehle das Rechtsschutzinteresse, weil der Antragsgegner bereits geeignete Maßnahmen zum Schutz der Antragstellerin vor unzumutbarem Baulärm ergriffen habe und um deren Durchsetzung bemüht sei. Komme der Betreiber einer Anordnung nach § 24 Satz 1 BImSchG nicht nach, sei in der Regel Zwangsgeld festzusetzen. Einer Untersagung nach § 25 Abs. 1 BImSchG stehe der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entgegen. Es sei nicht dargelegt, dass die Beigeladenen nicht willens oder in der Lage seien, den Anordnungen nach § 24 Satz 1 BImSchG nachzukommen. § 26 BImSchG komme keine drittschützende Wirkung zu.
14 
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Sie führt aus, das Verwaltungsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es nicht zur Kenntnis genommen habe, dass sie erhebliche Überschreitungen der zulässigen Lärmrichtwerte und Verstöße gegen die Anordnungen des Landratsamts am 17. und 18.11.2014 sowie am 25., 26., 27. und 28.11.2014 detailliert glaubhaft gemacht habe. Das Landratsamt sei nur unzureichend oder zu spät tätig geworden; es bestünden erhebliche Überwachungs- und Vollzugsdefizite. Es stünden noch umfangreiche lärmintensive Arbeiten aus.
15 
Der Antragsgegner und die Beigeladenen sind der Beschwerde entgegengetreten. Der Antragsgegner macht im Wesentlichen geltend, er sei bereits umfangreich tätig geworden; eine lückenlose Überwachung der Baustelle sei nicht zu leisten. Die Beigeladenen tragen im Wesentlichen vor, die Beschwerde sei mangels hinreichender Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss bereits unzulässig. Die Arbeiten an der Südfassade des Bauabschnitts I seien weitgehend abgeschlossen.
16 
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden einschlägigen Akten des Antragsgegners und die Akten des Verwaltungsgerichts sowie die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
17 
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht und in einer den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise begründet worden. Sie ist in dem im Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
18 
1. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts besteht ein Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO. Ein solches allgemeines Rechtschutzbedürfnis kann nur ausnahmsweise verneint werden, etwa wenn die begehrte einstweilige Anordnung ins Leere geht, weil die Baumaßnahmen vollständig abgeschlossen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.01.1995 - 7 VR 16/94 - juris). So liegt es hier nicht. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass die Herstellung der Fassadenverkleidung entlang der Südfassade, des Vorgartenbereichs und der Eingangsbereiche sowie die Herrichtung der Ost- und Westfassade sowie die Fertigstellung der Gebäude in den Bauabschnitten II und III noch aussteht. Die Beigeladenen haben zwar geltend gemacht, dass die Arbeiten an der Südseite des Gebäudes im Bauabschnitt I weitgehend abgeschlossen seien, sind aber dem Vortrag der Antragstellerin im Hinblick auf das Ausstehen der übrigen Bauarbeiten nicht substantiiert entgegengetreten. Es kann bei der gebotenen summarischen Prüfung auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Baulärm der Bauabschnitte II und III die Antragstellerin von vornherein nicht berührt. Sie hat vielmehr geltend gemacht, dass insbesondere die Arbeiten an den oberen Stockwerken des 14stöckigen Gebäudes im Bauabschnitt III nicht durch das näher gelegene, tiefere Gebäude im Bauabschnitt I abgeschirmt werden. Im Übrigen haben nach Aktenlage in der Vergangenheit auch Arbeiten im entfernter gelegenen Bauabschnitt III - wie etwa der Abbruch der Kranfundamente - erhebliche Lärmbelästigungen der Antragstellerin hervorgerufen. Es ist auch glaubhaft gemacht, dass es nicht ausschließlich um Arbeiten im öffentlichen Straßenraum geht.
19 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann das Rechtsschutzinteresse auch nicht deshalb verneint werden, weil die zuständige Behörde dem Begehren der Antragstellerin im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in vollem Umfang entsprochen hätte (zu dieser Fallkonstellation Hessischer VGH, Beschluss vom 11.10.2013 - 9 B 1989/13 - juris). Vielmehr besteht ein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung, weil die zuständige Behörde zwar immissionsschutzrechtliche Anordnungen zur Reduzierung von Baustellenlärm getroffen hat, ihre Eignung zwischen den Beteiligten aber gerade umstritten ist. Ob dem Betroffenen noch ein (weiterer) sicherungsfähiger Anspruch auf Einschreiten der Behörde zusteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags (a.A. wohl Hessischer VGH, Beschluss vom 11.10.2013 - 9 B 1989/13 - a.a.O.). Die Verneinung eines allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses liegt aber auch deshalb fern, weil während des gerichtlichen Verfahrens noch fortlaufende Verstöße gegen die Anordnungen des Landratsamts vorgetragen wurden und die Antragstellerin ausdrücklich ein Vollzugsdefizit gerügt hat.
20 
2. Es kann dahinstehen, ob der angefochtene Beschluss an dem gerügten Verfahrensmangel leidet. Die von der Antragstellerin geltend gemachte Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) führt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weil sich der Betroffene im Beschwerdeverfahren umfassend äußern kann. Der Gehörsverstoß wird mithin geheilt und wirkt sich nicht mehr auf das Ergebnis der Entscheidung des Beschwerdegerichts aus.
21 
3. Der angefochtene Beschluss ist zu ändern, weil der Antragstellerin ein Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zusteht.
22 
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um u.a. wesentliche Nachteile abzuwehren. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich („glaubhaft“) sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird. Welche Anforderungen an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, weil sie faktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andernfalls schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existentielle Gefahren für Leben und Gesundheit drohen (vgl. zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.05.2009 - 10 S 494/09 -, m.w.N.). Das Gericht hat beim Erlass einer einstweiligen Anordnung einen weiten Ermessensspielraum (§ 123 Abs. 3 i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO) und ist an die Fassung des Antrags nicht gebunden (§ 88 VwGO entsprechend; vgl. Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/ von Albedyll, VwGO, Kommentar, 5. Auflage, § 123 Rn. 56).
23 
Nach diesem Maßstab liegen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vor. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache überwiegen (dazu 3.1.). Der Antragstellerin ist es nicht zuzumuten, den von der Baustelle ausgehenden Lärm bis zu einer eventuellen Hauptsacheentscheidung weiter zu dulden. Die der Antragstellerin drohenden irreversiblen Nachteile und Belästigungen rechtfertigen auch eine teilweise Vorwegnahme der Hauptsache (dazu 3.2.).
24 
3.1. Die Antragstellerin hat bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Betrachtung gemäß §§ 22, 24 Satz 1 BImSchG einen sicherungsfähigen Anspruch auf erneutes Einschreiten der Immissionsschutzbehörde gegen die beigeladenen Bauherrinnen. Es ist zudem überwiegend wahrscheinlich, dass ihr auch ein Rechtsanspruch auf einen vorläufigen Baustopp nach § 25 Abs. 1 BImSchG zusteht, sofern die angeordneten Maßnahmen zur Lärmermittlung eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben sollten.
25 
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind (Nr. 1) und unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden (Nr. 2). § 3 Abs. 1 BImSchG definiert schädliche Umwelteinwirkungen als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Nach § 24 Satz 1 BImSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 BImSchG erforderlichen Anordnungen treffen. Kommt ein Betreiber einer Anlage einer vollziehbaren behördlichen Anordnung nach § 24 nicht nach, so kann die zuständige Behörde nach § 25 Abs. 1 BImSchG den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen. Nach § 26 BImSchG kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Betreiber einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage u.a. die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine bekannt gegebene Stelle ermitteln lässt, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden (Satz 1). Die zuständige Behörde ist befugt, Einzelheiten über Art und Umfang der Ermittlungen sowie über die Vorlage des Ermittlungsergebnisses vorzuschreiben (Satz 2). § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG ist drittschützend; wird gegen die dort begründeten Pflichten verstoßen, haben Dritte daher einen Rechtsanspruch auf fehlerfreie Ausübung des der Behörde nach § 24 Satz 1 BImSchG bzw. nach § 25 Abs. 1 BImSchG zustehenden Ermessens (vgl. Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage, § 22 Rn. 65, § 24 Rn. 23, § 25 Rn. 9 m.w.N.). Beruft sich ein Nachbar auf eine erhebliche Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz seiner Rechte dienen, ist das Entschließungsermessen der Behörde regelmäßig auf Null reduziert. In der Regel steht der Behörde allerdings ein Auswahlermessen zu (vgl. Senatsurteil vom 04.11.2014 - 10 S 1663/11 - juris m.w.N.). Ob ein solcher Anspruch auch im Hinblick auf § 26 BImSchG besteht, ist umstritten (bejahend Jarass, a.a.O. § 26 Rn. 25, § 52 Rn. 25 ff.; ablehnend etwa Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Stand August 2014, § 26 BImSchG Rn. 37).
26 
Die Baumaschinen sowie die über mehrere Monate betriebene Baustelle als solche sind nach § 3 Abs. 5 Nr. 2 und 3 BImSchG nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 74, § 22 Rn. 11). Für Geräuschimmissionen von Baustellen konkretisiert die Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.08.1970 (AVV Baulärm) den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen; der AVV Baulärm kommt dabei eine normkonkretisierende Wirkung zu (vgl. § 66 Abs. 2 BImSchG; BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 7 A 11/11 - juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 - juris Rn. 131; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.12.2009 - 8 B 11243/09 - juris). Nr. 3.1.1 Buchst. c) AVV Baulärm setzt als Immissionsrichtwert für das hier in Rede stehende Mischgebiet tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) fest. Überschreitet der nach Nr. 6 AVV Baulärm ermittelte Beurteilungspegel des von Baumaschinen hervorgerufenen Geräusches den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A), sollen gemäß Nr. 4.1 AVV Baulärm Maßnahmen zur Minderung der Geräusche angeordnet werden (sog. Eingreifrichtwert).
27 
Danach hat die Antragstellerin voraussichtlich einen sicherungsfähigen Anspruch auf Anordnung geeigneter Maßnahmen zur Begrenzung des von der Baustelle der Beigeladenen verursachten Lärms an ihrer Wohnung auf die Immissionsrichtwerte von tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) zuzüglich eines Eingriffszuschlags von 5 dB(A) (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 11.10.2013 a.a.O.). Auch die Voraussetzungen für eine vorläufige Stilllegung der Baustelle dürften vorliegen. Dem steht nicht entgegen, dass das Landratsamt - wie der Senat nicht verkennt - im vorliegenden Fall bereits umfangreich im Interesse der Antragstellerin tätig geworden ist. Denn die durchgeführten Maßnahmen haben sich als unzureichend erwiesen.
28 
Durch zahlreiche schalltechnische Messungen ist nachgewiesen, dass die in der AVV Baulärm festgesetzten und in der Verfügung des Landratsamts vom 19.03.2014 nochmals konkretisierten Immissionsrichtwerte an der Wohnung der Antragstellerin im Laufe des Jahres 2014 vielfach beträchtlich, insbesondere über den Eingreifrichtwert nach Nr. 4.1 AVV Baulärm hinaus, überschritten wurden. Es ist ferner mit einer für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausreichenden Gewissheit glaubhaft gemacht, dass auch die auf § 24 Satz1 1 BImSchG gestützte Verfügung des Landratsamts vom 10.09.2014 nicht befolgt wurde. Die Antragstellerin hat umfangreiche Fotodokumentationen über lärmintensive Tätigkeiten an der Südfassade im Bauabschnitt I noch im November und Dezember 2014 sowie entsprechende Messprotokolle vorgelegt, die auf erhebliche Immissionsrichtwertüberschreitungen hinweisen, und entsprechende eidesstattliche Versicherungen u.a. ihres Architekten vorgelegt. Der Antragsgegner hat eingeräumt, dass auch in der Zeit zwischen dem 03.12. und dem 17.12.2014 wohl gegen die Anordnung vom 10.09.2014 verstoßen worden sei. Nach Aktenlage wurden auch zuvor im Oktober und November 2014 äußerst lärmintensive Tätigkeiten wie etwa der Abbruch von Betonfundamenten durchgeführt. Ungeachtet dessen, ob die Messungen der Antragstellerin in vollem Umfang dem Messverfahren der AVV Baulärm entsprechen, werden diese Messungen jedenfalls auch von dem Antragsgegner orientierend herangezogen und als hinreichend qualifiziert und valide angesehen, um die Festsetzung von Zwangsgeldern zu begründen. Den auf § 24 Satz 1 BImSchG gestützten und sofort vollziehbaren Verfügungen des Landratsamts vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 wurde mithin von den Beigeladenen nicht nachgekommen. Weder diese allgemein auf die Einhaltung der Immissionsrichtwerte gerichteten Anordnungen vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 noch die vom Landratsamt angeordneten tätigkeitsbezogenen Messungen, die Maßnahmen des Verwaltungszwangs oder der vom Landratsamt eingerichtete „Lärm-Jour-fixe“ haben zum Erfolg geführt. Lärmminderungsmaßnahmen werden von den Beigeladenen nicht, nur ungenügend oder nur zögerlich durchgeführt. Nach Aktenlage scheint es sich auch nicht nur um Fehler einzelner Mitarbeiter zu handeln, vielmehr spricht einiges dafür, dass eine unzureichende Überwachung etwa der beauftragten Subunternehmer vorliegt. Aufgrund der ständig wechselnden Gegebenheiten auf der Baustelle und des für Außenstehende nicht vorhersehbaren Bauablaufs sind lärmintensive Arbeiten oftmals bereits beendet, bevor die Behörde anlassbezogene Maßnahmen ergreifen kann, wie etwa der Vorfall vom 28.10.2014 zeigt. Der vom Antragsgegner verfolgte tätigkeitsbezogene Ansatz hat sich mithin als nicht hinreichend wirksam erwiesen. Es spricht daher vieles dafür, dass die Behörde noch nicht hinreichend geeignete und effektive Maßnahmen zum Schutz der Anwohner vor schädlichen Lärmimmissionen ergriffen hat; insbesondere dürfte es an Anordnungen fehlen, die ihr die Möglichkeit verschaffen tätig zu werden, bevor die Anwohner den schädlichen Umwelteinwirkungen irreversibel ausgesetzt werden. Daneben dürften auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen vorläufigen Baustopp vorliegen. Wie ausgeführt, wurde nach Aktenlage gegen die Verfügungen des Landratsamts vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 verstoßen. Hat ein Betreiber einer die Betriebsweise betreffenden Anordnung in der Vergangenheit wiederholt zuwider gehandelt, kann angenommen werden, dass er ihr auch künftig nicht nachkommt (vgl. Hansmann a.a.O. § 25 BImSchG Rn. 12, 15). Zumindest wenn die in Ziffer 1 Buchst. a) und b) des Tenors angeordneten Lärmmessungen bzw. Lärmprognosen oder sonstige sachverständige Messungen eine vermeidbare Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben, kann von einer Nichtbefolgung der Verfügung vom 19.03.204, je nach Sachlage auch der Verfügung vom 10.09.2014, ausgegangen werden.
29 
Schließlich liegen auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 BImSchG vor, weil nach den vorstehenden Ausführungen der begründete Verdacht besteht, dass auch derzeit noch schädliche Umwelteinwirkungen in Form von Lärm von der Baustelle ausgehen.
30 
Bei summarischer Prüfung neigt der Senat auch zu der Annahme, dass das Ermessen der Behörde im Hinblick auf ein weiteres Einschreiten nach §§ 24 Satz 1, 25 Abs. 1, 26 BImSchG auf Null reduziert ist. Im Hinblick auf die Hartnäckigkeit und Dauer der Verstöße gegen die festgesetzten Immissionsrichtwerte besteht die konkrete Gefahr, dass die Beigeladenen ihren Pflichten aus § 22 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BImSchG i.V.m. der AVV Baulärm weiterhin nicht nachkommen. Die Antragstellerin hat Lärmbelastungen über 70 dB(A) tags über längere Zeiträume geltend gemacht und diesbezüglich eigene Lärmmessungen vorgelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die durch die Grundrechtsordnung zum Schutze der Gesundheit und des Eigentums gezogenen Grenzen situationsbedingt bei Lärmwerten von mehr als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts überschritten sein, d.h. oberhalb dieser Werte ist der Staat regelmäßig zur Abwehr einer Gesundheitsgefährdung nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und einer Eigentumsverletzung nach Art. 14 Abs. 1 GG verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1997 - 11 A 17/96 - juris; Urteil vom 20.05.1998 - 11 C 3/97 - juris; Beschluss vom 26.01.2000 - 4 VR 19/99 - juris mit Nachweisen zur Rspr. des BGH; Urteil vom 10.11.2004 - 9 A 67/03 - juris; Beschluss vom 30.07.2013 - 7 B 40/12 -juris). Ob diese Werte bei Anwendung des Messverfahrens der AVV Baulärm, etwa der Zeitkorrekturen, tatsächlich erreicht werden, ist offen; auch die Dekra Automobil GmbH hat jedenfalls einzelne Maximalpegel über 70 dB(A) gemessen. Es spricht zudem vieles dafür, dass bereits eine dauerhafte mittlere Lärmbelastung oberhalb eines Schwellenwerts von 60 bis 65 dB(A) tags zu physiologischen Lärmwirkungen in Form einer Aktivierung der vegetativen Funktionen des Körpers führt, wodurch auf Dauer etwa das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck signifikant steigt (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 04.11.2014 - 10 S 1663/11 – a.a.O. m.w.N.). Diese Werte wurden nach den von der Dekra Automobil GmbH auf der Grundlage der AVV Baulärm ermittelten Beurteilungspegeln regelmäßig erreicht oder überschritten. Die Antragstellerin hat auch glaubhaft gemacht, mittlerweile an Bluthochdruck zu leiden; im Übrigen ist sie den Lärmbelastungen durch die Baustelle bereits ca. 1 1/2 Jahre ausgesetzt. Die hiermit im Zusammenhang stehende Frage, ob eine konkrete Gesundheitsgefahr im immissionsschutzrechtlichen Sinne vorliegt, die die Behörde bereits nach § 25 Abs. 2 BImSchG zum Einschreiten verpflichtet würde, kann allerdings im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden und vorliegend auch dahinstehen. Denn nach den vorliegenden Messungen der Dekra Automobil GmbH, des TÜV Süd und der Antragstellerin wird jedenfalls der Eingreifrichtwert nach Nr. 4.1 Satz 1 AVV Baulärm (Immissionsrichtwert zuzüglich 5 dB(A)) regelmäßig überschritten. Der Frage, ob wegen der aus den Akten ersichtlichen erheblichen Verkehrslärmbelastung nach Nr. 4.1. Satz 3 AVV Baulärm vom Maßnahmen zur Lärmminderung abgesehen kann, erscheint im Hinblick auf die Andersartigkeit der Geräusche zweifelhaft; die Klärung dieser Frage kann aber ebenfalls nicht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erfolgen. Bei der gegebenen Sachlage spricht jedenfalls vieles dafür, dass die Immissionsschutzbehörde rechtlich gehalten ist, weitere Maßnahmen zu einer effektiven Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin zu ergreifen.
31 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einer vorläufigen Stilllegung der Baustelle nach § 25 Abs. 1 BImSchG nicht entgegen. § 25 Abs. 1 BImSchG gibt der Behörde eine gegenüber dem Verwaltungszwang selbstständige und zusätzliche Sanktionsmöglichkeit, die vom Gesetzgeber nicht nachrangig ausgestaltet worden ist (vgl. Jarass a.a.O. § 25 Rn. 1, Hansmann a.a.O. § 25 Rn. 9). Zwar dürfte die Festsetzung der angedrohten Zwangsgelder die Beigeladenen weniger belasten als ein Baustopp. Gleichwohl gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht, als milderes Mittel zunächst die fraglichen Anordnungen zu vollstrecken. Ein milderes Mittel ist nur dann zu ergreifen, wenn es in gleicher Weise wie die schwerwiegendere Maßnahme zur Zweckerreichung geeignet ist. Die angedrohten und teilweise festgesetzten Maßnahmen des Verwaltungszwangs haben sich aber als unwirksam erwiesen. Das im Vergleich zum Bauvolumen zu vernachlässigende Zwangsgeld in Höhe von 1.000 bzw. 1.500 EUR ist - selbst wenn es mehrfach festgesetzt werden sollte - ersichtlich nicht geeignet, die Beigeladenen zu beeindrucken. Im Übrigen ist bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen, dass sich die Lärmimmissionen nach Ausmaß und Dauer jedenfalls im Randbereich der Gesundheitsgefährdung bewegen und die Antragstellerin den Lärmbelastungen irreversibel ausgesetzt ist. Demgegenüber kann eine vorübergehende Stilllegung ohne weiteres wieder aufgehoben werden. Die gesundheitlichen Interessen der Anwohner müssen auch nicht von vornherein gegenüber den bei einer Stilllegung beeinträchtigten wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen zurückstehen. Auch im Hinblick auf den erheblichen Zeitraum und die Hartnäckigkeit der Verstöße gegen die Anordnungen des Landratsamts kann ein weiteres Einschreiten voraussichtlich nicht ohne Rechtsfehler abgelehnt werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dürfte es allerdings gebieten, zunächst zu ermitteln, ob im Hinblick auf den Baufortschritt im Bauabschnitt I und die Bautätigkeit in den entfernter gelegenen Bauabschnitten II und III gegenwärtig noch Immissionsrichtwertüberschreitungen zu befürchten sind. Dem tragen die in Ziffer 1 Buchst. a) und b) des Tenors angeordneten Maßnahmen Rechnung.
32 
Die umstrittenen Fragen, ob Dritte einen Rechtsanspruch auf Überwachungsmaßnahmen nach §§ 52 Abs. 1, § 26 BImSchG haben können und ob die Befugnisnorm des § 26 BImSchG gegenüber der Regelung des § 24 Satz 1 BImSchG abschließend ist, können im vorliegenden Verfahren nicht geklärt werden. Es spricht aber vieles dafür, dass Dritte einen Anspruch auf Überwachungsmaßnahmen im Einzelfall haben, sofern ein begründeter Verdacht besteht, dass die Voraussetzungen einer auch ihrem Schutz dienenden Anordnung erfüllt sind (Jarass, a.a.O. § 52 Rn. 26, str.). Vorliegend ist die Ermittlung der gegenwärtigen Schallimmissionen im Einwirkungsbereich der Baustelle jedenfalls eine schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderliche Voraussetzung für die Anordnung von Maßnahmen nach § 24 Satz 1 und § 25 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der unstreitig drittschützenden Norm des § 22 Abs. 1 BImSchG. Es erscheint daher geboten, den Antragsgegner zunächst zur Klärung dieser Vorfrage zu verpflichten.
33 
3.2. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass auch ein Anordnungsgrund vorliegt. Der Antragstellerin ist es nicht zuzumuten, den von der Baustelle ausgehenden Lärm, der nach derzeitigem Erkenntnistand regelmäßig die Richtwerte der AVV Baulärm deutlich überschreitet, bis zu einer eventuellen Hauptsacheentscheidung zu dulden. Wie ausgeführt, bewegen sich die Lärmimmissionen zumindest an der Grenze zur Gesundheitsgefährdung, zumal bei einem Bauzeitraum von mehr als einem Jahr nicht von einer nur vorübergehenden Belästigung gesprochen werden kann. Letztlich kann aber offen bleiben, ob die Antragstellerin eine durch den Lärm verursachte konkrete Gesundheitsgefahr glaubhaft gemacht hat. Denn Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, hier durch Geräusche, ist nach § 22 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG nicht erst dann zu gewähren, wenn eine konkrete Gesundheitsgefahr eintritt, sondern schon dann, wenn erhebliche Belästigungen auftreten (vgl. Senatsurteil vom 04.11.2014 a.a.O.; Senatsbeschluss vom 31.01.2012 - 10 S 2361/11 -, Senatsbeschluss vom 23.02.2012 - 2428/11 -VBlBW 2012, 469). Zumindest letzteres ist aller Voraussicht nach hier der Fall. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin - wie ausgeführt - bei dem laufenden Baustellenbetrieb irreversible Nachteile erleidet, wohingegen die Anordnungen der Immissionsschutzbehörde im Grundsatz vorläufig ergehen können. Soweit die Hauptsache faktisch vorweggenommen wird, ist dies den Beigeladenen bei Abwägung der betroffenen gegenseitigen Interessen zumutbar.
34 
3.3. Bei Anwendung des dem Senat gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO eröffneten weiten Ermessens war deshalb die im Tenor ersichtliche einstweilige Regelung zu treffen. Der Senat verkennt nicht, dass der Behörde grundsätzlich ein Auswahlermessen hinsichtlich der durchzuführenden Maßnahmen zusteht. Bei der gegebenen Sachlage und der besonderen Eilbedürftigkeit des Falles gebietet es aber das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, unverzüglich konkrete und vollstreckbare Anordnungen zu treffen. Andernfalls würde der Streit zwischen den Beteiligten, welche Maßnahmen im Einzelnen zur Lärmminimierung geeignet und erforderlich sind, bis auf weiteres nicht beigelegt und die Antragstellerin weiterhin rechtsschutzlos gestellt. Der gerichtliche Rechtsschutz kann sich daher nicht darauf beschränken, dass Landratsamt lediglich zur Anordnung nicht näher spezifizierter geeigneter Maßnahmen zu verpflichten.
35 
Bei der Anordnung der in Ziffer 1 des Tenors genannten Maßnahmen hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:
36 
Da die derzeitige Lärmentwicklung auf der Baustelle zwischen den Beteiligten umstritten ist, erscheint es zunächst sachgerecht, Lärmmessungen über den gesamten Tageszeitraum in einer aussagekräftigen Zahl durchführen zu lassen, weil tätigkeitsbezogene punktuelle Lärmmessungen aufgrund der ständig wechselnden Bauabläufe - wie der Antragsgegner einräumt - ihren Zweck teilweise nicht erfüllt haben. Es trifft zwar zu, dass auch solche Messungen nur bedingt aussagekräftig sind, wie der Antragsgegner zu Recht einwendet. Gleichwohl erscheinen sie - zumal wenn eine Abstimmung der Messtage mit der Immissionsschutzbehörde erfolgt - repräsentativer als Einzelmessungen. Es bleibt der Behörde unbenommen, zusätzlich tätigkeitsbezogene Einzelmessungen anzuordnen oder selber durchzuführen sowie die erforderlichen Tagesmessungen über die angeordnete Anzahl hinaus fortführen zu lassen. Der Behörde dürfte allerdings ein Auswahlermessen insoweit zustehen, als sie entweder die Betreiber der Baustelle nach §§ 24 Satz 1, § 26 BImSchG zur Durchführung der erforderlichen Messungen verpflichten oder auf der Grundlage des § 52 Abs. 1 BImSchG eigene Überwachungsmaßnahmen durchführen kann (vgl. Jarass a.a.O. § 26 Rn. 3; Hansmann a.a.O. § 26 Rn. 37). Die Antragstellerin hat zu Recht auch nicht beantragt, dass die Behörde gerade nach § 26 BImSchG vorgeht.
37 
Weiter erscheint es sachgerecht, die Antragstellerin und die Immissionsschutzbehörde im Vorfeld über die zu erwartende Lärmentwicklung zu informieren und die Betreiberinnen eine Lärmprognose sowie einen Maßnahmekatalog zur Lärmminderung vorlegen zu lassen. Zwar wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass eine detaillierte Lärmprognose nicht verlangt werden könne (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 a.a.O. m.w.N.). Dies mag im Verfahren der Fachplanung gelten, nicht aber während des laufenden Baubetriebs. Der Senat verkennt nicht, dass auf einer Großbaustelle ständig wechselnde Betriebszustände bestehen. Gerade bei einer Großbaustelle sind aber die Baumaßnahmen, insbesondere der Einsatz von größeren Baumaschinen, schon aus Kostengründen detailliert zu planen, aufeinander abzustimmen und zu koordinieren; es erscheint daher bei allen Unwägbarkeiten im Bauablauf grundsätzlich zumutbar zu prognostizieren, ob und welche lärmintensiven Baumaßnahmen in der Folgewoche durchgeführt werden, und im Vorfeld entsprechende Lärmminderungsmaßnahmen sicherzustellen. Dies gibt der Antragstellerin Gelegenheit, sich auf die Lärmentwicklung im Vorfeld vorzubereiten und dem Landratsamt die Möglichkeit, sofern erforderlich, zeitnah entsprechende Anordnungen zu treffen und die Lärmentwicklung zu überwachen. Der vom Landratsamt eingerichtete Lärm-Jour-fixe mag zwar zur Lärmminderung beigetragen haben, gleichwohl ist es nach Aktenlage sowie nach den glaubhaften Darlegungen der Antragstellerin offenbar dennoch zu erheblichen Überschreitungen der maßgeblichen Immissionsrichtwerte gekommen.
38 
In Bezug auf die vorläufige Stilllegung der Baustelle bleibt der Senat hinter dem Antrag insoweit zurück, als die Antragstellerin voraussichtlich keinen entsprechenden Rechtsanspruch haben dürfte, solange die Eingreifrichtwerte nach Nr. 4.1 AVV Baulärm (Immissionsrichtwert zuzüglich 5 dB(A)) noch nicht erreicht sind. Bei (einfacher) Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 3.1.1 AVV Baulärm dürfte ihr voraussichtlich nur ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensausübung zustehen. Ferner dürfte es Bedenken im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begegnen, die unverzügliche Stilllegung der Bauarbeiten an der Südfassade unabhängig davon anzuordnen, ob nach dem Stand der Bauarbeiten noch Immissionsrichtwertüberschreitungen vorliegen oder konkret zu befürchten sind. Es erscheint daher sachgerecht, zunächst die derzeitige bzw. bevorstehende Immissionsbelastung abzuklären. Eine vorläufige Stilllegung dürfte allerdings abweichend von den von der Antragstellerin beispielhaft genannten Maßnahmen auch dann in Betracht kommen, wenn die Bautätigkeit in anderen Bauabschnitten zu unzumutbaren Immissionen führt.
39 
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es bei unvermeidbarem Baulärm üblich ist, den betroffenen Anwohnern für die Zeit unzumutbarer Lärmbelastungen einen angemessenen Ersatzwohnraum anzubieten.
40 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 155 Satz 3, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Da die Antragstellerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, sieht der Senat davon ab, sie an der Kostentragung zu beteiligen (§ 155 Satz 3 VwGO).
41 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2 und 3, § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Nrn. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (veröffentlicht u.a. als Sonderbeilage zur VBlBW Heft Januar 2014). Der Senat sieht davon ab, den für das Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwert von 15.000 Euro für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren, weil die Hauptsache voraussichtlich vorweggenommen wird (vgl. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs). Im Hinblick auf den Baufortschritt dürfte sich das Rechtschutzbegehren der Antragstellerin bis zu einer eventuellen Hauptsacheentscheidung erledigt haben.
42 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. November 2014 - 1 K 4763/14 - geändert.

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben,

a) entweder die Beigeladenen zu 1 bis 3 zu verpflichten, an 14 (vierzehn) vom Landratsamt Böblingen festzusetzenden Werktagen für die Dauer des Baubetriebs Lärmmessungen (Tagesmessungen) durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen und das Messprotokoll dem Landratsamt Böblingen jeweils unverzüglich zu übermitteln

oder entsprechende eigene Messungen durchzuführen oder durchführen zu lassen;

Messungen sind mit dem Landratsamt Böblingen abzustimmen; das Messverfahren der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.08.1970 (AVV Baulärm) ist zu beachten.

b) die Beigeladenen zu 1 bis 3 vorläufig zu verpflichten, die Immissionsschutzbehörde ab sofort jeweils bis spätestens freitags für die Folgewoche über die Baumaßnahmen, die Dauer und die zu erwartenden Immissionsbeeinträchtigungen aus dem Baubetrieb umfassend zu informieren,

sowie

der Immissionsschutzbehörde eine Prognose über die zu erwartende Lärmbelastung und einen Maßnahmekatalog zur Reduzierung der Schallimmissionen auf die in der Verfügung des Landratsamt Böblingen vom 19.03.2014 festgesetzten Immissionsrichtwerte unter Berücksichtigung von Nr. 4.1 AAV Baulärm i.V.m. Anlage 5 vorzulegen; Prognose und Maßnahmekatalog sind durch einen qualifizierten Sachverständigen zu erstellen;

sind lärmintensive Bauarbeiten (Bauarbeiten, bei denen Überschreitungen der Richtwerte zu erwarten sind) geplant, ist dies der Antragstellerin mitzuteilen.

c) die Bauarbeiten auf den Grundstücken ...-Straße ..., ...-...-Straße ... und ... unverzüglich vorläufig einzustellen, sofern einzelne Tagesmessungen nach Buchstabe a) oder sonstige von der zuständigen Behörde angeordnete Lärmmessungen ergeben, dass hierdurch die Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags (7 bis 20 Uhr) und 45 dB(A) nachts (20 Uhr bis 7 Uhr) um mehr als 5 dB(A) überschritten werden oder die Lärmprognose nach Buchstabe b) eine entsprechende Überschreitung erwarten lässt;

die Baueinstellung ist aufzuheben, wenn die Beigeladenen zu 1 bis 3 nachweisen, dass sie geeignete Maßnahmen zur Lärmreduzierung auf die vorgeschriebenen Immissionsrichtwerte durchführen, oder nachweisen, dass eine Lärmreduzierung auf die maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach dem Stand der Technik auch bei Ausschöpfung aller Maßnahmen nach Nr. 4.1 AVV Baulärm i.V.m. Anlage 5 nicht möglich ist (unvermeidbarer Baulärm).

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2. Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen der Antragsgegner die Hälfte und die Beigeladenen zu 1 bis 3 jeweils 1/6.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin begehrt, im Wege einer einstweiligen Anordnung gegen Baustellenlärm einzuschreiten.
Die Antragstellerin ist Mieterin einer Wohnung im 4. Obergeschoss des Gebäudes ...Straße ... in ... Unter dem 20.06.2012/ 27.02.2013 erhielten die Beigeladenen zu 1 und 2 die Baugenehmigung zum Neubau von fünf Mehrfamilienwohnhäusern mit Gemeinschaftstiefgarage und oberirdischen Stellplätzen auf den Grundstücken ...-Straße ..., ...-Straße ... und ... (Böblinger Flugfeld). Die Beigeladenen sind nach ihrem Vortrag jeweils für die Ausführung verschiedener Bauabschnitte zuständig; es besteht eine gemeinsame Projektleitung und eine gemeinsame Bauleitung. Der Bauabschnitt I befindet sich unmittelbar auf der der Wohnung der Antragstellerin gegenüberliegenden Straßenseite. Nach Baubeginn im Jahre 2013 kam es wiederholt zu Beschwerden u.a. der Antragstellerin über unzumutbare Lärmimmissionen. Daraufhin erließ das Landratsamt mehrere jeweils auf §§ 22 Abs. 1, 24 Satz 1 BImSchG gestützte und vollziehbare Anordnungen zur Minderung des Baustellenlärms. Unter anderem ordnete das Landratsamt mit Entscheidung vom 19.03.2014 an, dass die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm für Mischgebiete von 60 dB(A) tags (7 bis 20 Uhr) und 45 dB(A) nachts (20 Uhr bis 7 Uhr) am Immissionsort ...-Straße ... einzuhalten sind, der Betrieb von Heizgeräten zur Nachtzeit unzulässig ist und die Einhaltung der Immissionsrichtwerte gutachtlich nachzuweisen ist. Mit Entscheidung vom 23.04.2014 ordnete das Landratsamt an, dass Anlieferungen auf der Baustelle auf die Tagzeit (7 Uhr bis 20 Uhr) beschränkt sind, der Betrieb der Estrichmaschine gegenüber dem Gebäude ...-Straße ... unzulässig ist und die Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte gutachterlich nachzuweisen ist. Mit Entscheidung vom 21.08.2014 wurde eine Schallimmissionsmessung angeordnet. Mit Entscheidung vom 10.09.2014 verfügte das Landratsamt, dass lärmintensive Tätigkeiten nicht bzw. nur unter bestimmten, beispielhaft genannten Lärmschutzmaßnahmen (Einsatz von mobilen Lärmschutzwänden u.ä.) durchgeführt werden dürfen. Für die Nichtbefolgung der Entscheidungen vom 19.03.2014, 23.04.2014 und vom 10.09.2014 wurden jeweils Zwangsgelder in Höhe von 1.000 oder 1.500 EUR angedroht.
Im Laufe des Verfahrens wurden mehrere Schallimmissionsmessungen durch sachverständige Stellen durchgeführt, die überwiegend erhebliche Überschreitungen der Immissionsrichtwerte der AVV Lärm ergaben. Mit Stellungnahmen vom 03.03.2014, vom 11.04.2014, vom 11.06.2014 und vom 10.07.2014 gelangte die Dekra Automobil GmbH zu dem Ergebnis, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Messtag jeweils um mehr als 5 dB(A) überschritten worden seien. Mit Stellungnahme vom 18.09.2014 teilte die Dekra mit, dass eine Messung am 28.08.2014 eine Überschreitung von 4 dB(A) ergeben habe; die Schallprognose für noch ausstehende lärmintensive Arbeiten, wie etwa den Abbruch von Betonfundamenten, lasse Überschreitungen um 7 dB(A) erwarten. Eine Schallmessung des TÜV Süd am 04.08.2014 ergab einen Mittelungspegel von 71,5 bzw. 77,7 dB(A) (Stellungnahme vom 25.09.2014). Entsprechende Ergebnisse zeigte eine Vielzahl im Auftrag der Antragstellerin durchgeführter Schallmessungen mit einem Handmessgerät.
Nachdem die Antragstellerin wiederholt Fotodokumentationen und Messprotokolle vorgelegt hatte, wonach lärmintensive Maßnahmen an der Südfassade des Bauabschnitts I ohne ausreichenden Lärmschutz durchgeführt worden waren, setzte das Landratsamt am 16.10.2014 das in der Verfügung vom 10.09.2014 angedrohte Zwangsgeld fest und drohte ein weiteres Zwangsgeld an.
In der Folgezeit legte die Antragstellerin weitere Fotodokumentationen und eidesstattliche Versicherungen über lärmintensive Tätigkeiten auf der Baustelle im November und Dezember 2014 sowie zahlreiche Messprotokolle über Lärmpegel von deutlich mehr als 70 dB(A) vor.
Am 28.10.2014 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
durch geeignete öffentlich-rechtliche Maßnahmen nach §§ 24, 26 BlmSchG zu verhindern, dass von der Großbaustelle auf den Grundstücken in der...-...Straße ... und ...Straße ..., Gemarkung Böblingen … Lärmimmissionen austreten, die zur Überschreitung der in der AVV Baulärm festgesetzten Immissionsrichtwerte von tagsüber (7 bis 20 Uhr) 60 dB(A) und nachts (20 bis 7 Uhr) 45 dB(A) 0,5 m vor einem geöffneten, von den Geräuschen betroffenen Fenster der Wohnung der Antragstellerin führen, und die Verfügungen vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 effektiv auszuführen und zu vollziehen, insbesondere durch folgende beispielhaft aufgeführte Maßnahmen:
a) sofortige vorläufige Stilllegung der Abbrucharbeiten der Kranfundamente im Bauabschnitt BA III …
b) sofortige Stilllegung lärmintensiver Arbeiten entlang der Südfassade (Bohr-, Schleif- und Sägearbeiten, Arbeiten mit Gasbrennern und Rührgeräten für Mörtel, Erdverdichtungen mit Rüttelplatten etc.) des Bauabschnitts BA I, solange bis ausreichende, dem Stand der Technik entsprechende Schallabschirmungen gemäß Anlage 5 der AVV-Baulärm angebracht sind;
10 
c) unverzüglich eigene Lärmermittlungen an 14 Werktagen am Immissionsort oder Lärmermittlungen durch geeignete Sachverständige durchführen zu lassen oder dem Betreiber der Baustelle aufzugeben, auf eigene Kosten Lärmermittlungen durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen (§ 26 BlmSchG) und deren Ergebnisse in den Behördenakten zu dokumentieren;
11 
d) eine Prognose über die zu erwartende Lärmbelastung auf der Grundlage eines Maßnahmenkatalogs vorzulegen und zwar immer freitags für die Folgewoche; der Maßnahmenkatalog und die Prognose sind durch einen qualifizierten Gutachter zu erstellen oder deren Erstellung ist der Betreiberin aufzugeben (§ 26 BlmSchG) und die Prognosen und Maßnahmenkataloge sind in den Behördenakten zu dokumentieren.
12 
Nach Abschluss der Abbrucharbeiten des Kranfundaments erklärte die Antragstellerin, ihr Antrag habe sich insoweit erledigt.
13 
Mit Beschluss vom 28.11.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Antrag als unzulässig abgelehnt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Antragstellerin fehle das Rechtsschutzinteresse, weil der Antragsgegner bereits geeignete Maßnahmen zum Schutz der Antragstellerin vor unzumutbarem Baulärm ergriffen habe und um deren Durchsetzung bemüht sei. Komme der Betreiber einer Anordnung nach § 24 Satz 1 BImSchG nicht nach, sei in der Regel Zwangsgeld festzusetzen. Einer Untersagung nach § 25 Abs. 1 BImSchG stehe der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entgegen. Es sei nicht dargelegt, dass die Beigeladenen nicht willens oder in der Lage seien, den Anordnungen nach § 24 Satz 1 BImSchG nachzukommen. § 26 BImSchG komme keine drittschützende Wirkung zu.
14 
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Sie führt aus, das Verwaltungsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es nicht zur Kenntnis genommen habe, dass sie erhebliche Überschreitungen der zulässigen Lärmrichtwerte und Verstöße gegen die Anordnungen des Landratsamts am 17. und 18.11.2014 sowie am 25., 26., 27. und 28.11.2014 detailliert glaubhaft gemacht habe. Das Landratsamt sei nur unzureichend oder zu spät tätig geworden; es bestünden erhebliche Überwachungs- und Vollzugsdefizite. Es stünden noch umfangreiche lärmintensive Arbeiten aus.
15 
Der Antragsgegner und die Beigeladenen sind der Beschwerde entgegengetreten. Der Antragsgegner macht im Wesentlichen geltend, er sei bereits umfangreich tätig geworden; eine lückenlose Überwachung der Baustelle sei nicht zu leisten. Die Beigeladenen tragen im Wesentlichen vor, die Beschwerde sei mangels hinreichender Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss bereits unzulässig. Die Arbeiten an der Südfassade des Bauabschnitts I seien weitgehend abgeschlossen.
16 
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden einschlägigen Akten des Antragsgegners und die Akten des Verwaltungsgerichts sowie die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
17 
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht und in einer den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise begründet worden. Sie ist in dem im Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
18 
1. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts besteht ein Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO. Ein solches allgemeines Rechtschutzbedürfnis kann nur ausnahmsweise verneint werden, etwa wenn die begehrte einstweilige Anordnung ins Leere geht, weil die Baumaßnahmen vollständig abgeschlossen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.01.1995 - 7 VR 16/94 - juris). So liegt es hier nicht. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass die Herstellung der Fassadenverkleidung entlang der Südfassade, des Vorgartenbereichs und der Eingangsbereiche sowie die Herrichtung der Ost- und Westfassade sowie die Fertigstellung der Gebäude in den Bauabschnitten II und III noch aussteht. Die Beigeladenen haben zwar geltend gemacht, dass die Arbeiten an der Südseite des Gebäudes im Bauabschnitt I weitgehend abgeschlossen seien, sind aber dem Vortrag der Antragstellerin im Hinblick auf das Ausstehen der übrigen Bauarbeiten nicht substantiiert entgegengetreten. Es kann bei der gebotenen summarischen Prüfung auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Baulärm der Bauabschnitte II und III die Antragstellerin von vornherein nicht berührt. Sie hat vielmehr geltend gemacht, dass insbesondere die Arbeiten an den oberen Stockwerken des 14stöckigen Gebäudes im Bauabschnitt III nicht durch das näher gelegene, tiefere Gebäude im Bauabschnitt I abgeschirmt werden. Im Übrigen haben nach Aktenlage in der Vergangenheit auch Arbeiten im entfernter gelegenen Bauabschnitt III - wie etwa der Abbruch der Kranfundamente - erhebliche Lärmbelästigungen der Antragstellerin hervorgerufen. Es ist auch glaubhaft gemacht, dass es nicht ausschließlich um Arbeiten im öffentlichen Straßenraum geht.
19 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann das Rechtsschutzinteresse auch nicht deshalb verneint werden, weil die zuständige Behörde dem Begehren der Antragstellerin im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in vollem Umfang entsprochen hätte (zu dieser Fallkonstellation Hessischer VGH, Beschluss vom 11.10.2013 - 9 B 1989/13 - juris). Vielmehr besteht ein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung, weil die zuständige Behörde zwar immissionsschutzrechtliche Anordnungen zur Reduzierung von Baustellenlärm getroffen hat, ihre Eignung zwischen den Beteiligten aber gerade umstritten ist. Ob dem Betroffenen noch ein (weiterer) sicherungsfähiger Anspruch auf Einschreiten der Behörde zusteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags (a.A. wohl Hessischer VGH, Beschluss vom 11.10.2013 - 9 B 1989/13 - a.a.O.). Die Verneinung eines allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses liegt aber auch deshalb fern, weil während des gerichtlichen Verfahrens noch fortlaufende Verstöße gegen die Anordnungen des Landratsamts vorgetragen wurden und die Antragstellerin ausdrücklich ein Vollzugsdefizit gerügt hat.
20 
2. Es kann dahinstehen, ob der angefochtene Beschluss an dem gerügten Verfahrensmangel leidet. Die von der Antragstellerin geltend gemachte Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) führt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weil sich der Betroffene im Beschwerdeverfahren umfassend äußern kann. Der Gehörsverstoß wird mithin geheilt und wirkt sich nicht mehr auf das Ergebnis der Entscheidung des Beschwerdegerichts aus.
21 
3. Der angefochtene Beschluss ist zu ändern, weil der Antragstellerin ein Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zusteht.
22 
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um u.a. wesentliche Nachteile abzuwehren. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich („glaubhaft“) sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird. Welche Anforderungen an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, weil sie faktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andernfalls schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existentielle Gefahren für Leben und Gesundheit drohen (vgl. zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.05.2009 - 10 S 494/09 -, m.w.N.). Das Gericht hat beim Erlass einer einstweiligen Anordnung einen weiten Ermessensspielraum (§ 123 Abs. 3 i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO) und ist an die Fassung des Antrags nicht gebunden (§ 88 VwGO entsprechend; vgl. Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/ von Albedyll, VwGO, Kommentar, 5. Auflage, § 123 Rn. 56).
23 
Nach diesem Maßstab liegen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vor. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache überwiegen (dazu 3.1.). Der Antragstellerin ist es nicht zuzumuten, den von der Baustelle ausgehenden Lärm bis zu einer eventuellen Hauptsacheentscheidung weiter zu dulden. Die der Antragstellerin drohenden irreversiblen Nachteile und Belästigungen rechtfertigen auch eine teilweise Vorwegnahme der Hauptsache (dazu 3.2.).
24 
3.1. Die Antragstellerin hat bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Betrachtung gemäß §§ 22, 24 Satz 1 BImSchG einen sicherungsfähigen Anspruch auf erneutes Einschreiten der Immissionsschutzbehörde gegen die beigeladenen Bauherrinnen. Es ist zudem überwiegend wahrscheinlich, dass ihr auch ein Rechtsanspruch auf einen vorläufigen Baustopp nach § 25 Abs. 1 BImSchG zusteht, sofern die angeordneten Maßnahmen zur Lärmermittlung eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben sollten.
25 
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind (Nr. 1) und unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden (Nr. 2). § 3 Abs. 1 BImSchG definiert schädliche Umwelteinwirkungen als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Nach § 24 Satz 1 BImSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 BImSchG erforderlichen Anordnungen treffen. Kommt ein Betreiber einer Anlage einer vollziehbaren behördlichen Anordnung nach § 24 nicht nach, so kann die zuständige Behörde nach § 25 Abs. 1 BImSchG den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen. Nach § 26 BImSchG kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Betreiber einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage u.a. die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine bekannt gegebene Stelle ermitteln lässt, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden (Satz 1). Die zuständige Behörde ist befugt, Einzelheiten über Art und Umfang der Ermittlungen sowie über die Vorlage des Ermittlungsergebnisses vorzuschreiben (Satz 2). § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG ist drittschützend; wird gegen die dort begründeten Pflichten verstoßen, haben Dritte daher einen Rechtsanspruch auf fehlerfreie Ausübung des der Behörde nach § 24 Satz 1 BImSchG bzw. nach § 25 Abs. 1 BImSchG zustehenden Ermessens (vgl. Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage, § 22 Rn. 65, § 24 Rn. 23, § 25 Rn. 9 m.w.N.). Beruft sich ein Nachbar auf eine erhebliche Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz seiner Rechte dienen, ist das Entschließungsermessen der Behörde regelmäßig auf Null reduziert. In der Regel steht der Behörde allerdings ein Auswahlermessen zu (vgl. Senatsurteil vom 04.11.2014 - 10 S 1663/11 - juris m.w.N.). Ob ein solcher Anspruch auch im Hinblick auf § 26 BImSchG besteht, ist umstritten (bejahend Jarass, a.a.O. § 26 Rn. 25, § 52 Rn. 25 ff.; ablehnend etwa Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Stand August 2014, § 26 BImSchG Rn. 37).
26 
Die Baumaschinen sowie die über mehrere Monate betriebene Baustelle als solche sind nach § 3 Abs. 5 Nr. 2 und 3 BImSchG nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 74, § 22 Rn. 11). Für Geräuschimmissionen von Baustellen konkretisiert die Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.08.1970 (AVV Baulärm) den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen; der AVV Baulärm kommt dabei eine normkonkretisierende Wirkung zu (vgl. § 66 Abs. 2 BImSchG; BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 7 A 11/11 - juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 - juris Rn. 131; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.12.2009 - 8 B 11243/09 - juris). Nr. 3.1.1 Buchst. c) AVV Baulärm setzt als Immissionsrichtwert für das hier in Rede stehende Mischgebiet tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) fest. Überschreitet der nach Nr. 6 AVV Baulärm ermittelte Beurteilungspegel des von Baumaschinen hervorgerufenen Geräusches den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A), sollen gemäß Nr. 4.1 AVV Baulärm Maßnahmen zur Minderung der Geräusche angeordnet werden (sog. Eingreifrichtwert).
27 
Danach hat die Antragstellerin voraussichtlich einen sicherungsfähigen Anspruch auf Anordnung geeigneter Maßnahmen zur Begrenzung des von der Baustelle der Beigeladenen verursachten Lärms an ihrer Wohnung auf die Immissionsrichtwerte von tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) zuzüglich eines Eingriffszuschlags von 5 dB(A) (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 11.10.2013 a.a.O.). Auch die Voraussetzungen für eine vorläufige Stilllegung der Baustelle dürften vorliegen. Dem steht nicht entgegen, dass das Landratsamt - wie der Senat nicht verkennt - im vorliegenden Fall bereits umfangreich im Interesse der Antragstellerin tätig geworden ist. Denn die durchgeführten Maßnahmen haben sich als unzureichend erwiesen.
28 
Durch zahlreiche schalltechnische Messungen ist nachgewiesen, dass die in der AVV Baulärm festgesetzten und in der Verfügung des Landratsamts vom 19.03.2014 nochmals konkretisierten Immissionsrichtwerte an der Wohnung der Antragstellerin im Laufe des Jahres 2014 vielfach beträchtlich, insbesondere über den Eingreifrichtwert nach Nr. 4.1 AVV Baulärm hinaus, überschritten wurden. Es ist ferner mit einer für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausreichenden Gewissheit glaubhaft gemacht, dass auch die auf § 24 Satz1 1 BImSchG gestützte Verfügung des Landratsamts vom 10.09.2014 nicht befolgt wurde. Die Antragstellerin hat umfangreiche Fotodokumentationen über lärmintensive Tätigkeiten an der Südfassade im Bauabschnitt I noch im November und Dezember 2014 sowie entsprechende Messprotokolle vorgelegt, die auf erhebliche Immissionsrichtwertüberschreitungen hinweisen, und entsprechende eidesstattliche Versicherungen u.a. ihres Architekten vorgelegt. Der Antragsgegner hat eingeräumt, dass auch in der Zeit zwischen dem 03.12. und dem 17.12.2014 wohl gegen die Anordnung vom 10.09.2014 verstoßen worden sei. Nach Aktenlage wurden auch zuvor im Oktober und November 2014 äußerst lärmintensive Tätigkeiten wie etwa der Abbruch von Betonfundamenten durchgeführt. Ungeachtet dessen, ob die Messungen der Antragstellerin in vollem Umfang dem Messverfahren der AVV Baulärm entsprechen, werden diese Messungen jedenfalls auch von dem Antragsgegner orientierend herangezogen und als hinreichend qualifiziert und valide angesehen, um die Festsetzung von Zwangsgeldern zu begründen. Den auf § 24 Satz 1 BImSchG gestützten und sofort vollziehbaren Verfügungen des Landratsamts vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 wurde mithin von den Beigeladenen nicht nachgekommen. Weder diese allgemein auf die Einhaltung der Immissionsrichtwerte gerichteten Anordnungen vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 noch die vom Landratsamt angeordneten tätigkeitsbezogenen Messungen, die Maßnahmen des Verwaltungszwangs oder der vom Landratsamt eingerichtete „Lärm-Jour-fixe“ haben zum Erfolg geführt. Lärmminderungsmaßnahmen werden von den Beigeladenen nicht, nur ungenügend oder nur zögerlich durchgeführt. Nach Aktenlage scheint es sich auch nicht nur um Fehler einzelner Mitarbeiter zu handeln, vielmehr spricht einiges dafür, dass eine unzureichende Überwachung etwa der beauftragten Subunternehmer vorliegt. Aufgrund der ständig wechselnden Gegebenheiten auf der Baustelle und des für Außenstehende nicht vorhersehbaren Bauablaufs sind lärmintensive Arbeiten oftmals bereits beendet, bevor die Behörde anlassbezogene Maßnahmen ergreifen kann, wie etwa der Vorfall vom 28.10.2014 zeigt. Der vom Antragsgegner verfolgte tätigkeitsbezogene Ansatz hat sich mithin als nicht hinreichend wirksam erwiesen. Es spricht daher vieles dafür, dass die Behörde noch nicht hinreichend geeignete und effektive Maßnahmen zum Schutz der Anwohner vor schädlichen Lärmimmissionen ergriffen hat; insbesondere dürfte es an Anordnungen fehlen, die ihr die Möglichkeit verschaffen tätig zu werden, bevor die Anwohner den schädlichen Umwelteinwirkungen irreversibel ausgesetzt werden. Daneben dürften auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen vorläufigen Baustopp vorliegen. Wie ausgeführt, wurde nach Aktenlage gegen die Verfügungen des Landratsamts vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 verstoßen. Hat ein Betreiber einer die Betriebsweise betreffenden Anordnung in der Vergangenheit wiederholt zuwider gehandelt, kann angenommen werden, dass er ihr auch künftig nicht nachkommt (vgl. Hansmann a.a.O. § 25 BImSchG Rn. 12, 15). Zumindest wenn die in Ziffer 1 Buchst. a) und b) des Tenors angeordneten Lärmmessungen bzw. Lärmprognosen oder sonstige sachverständige Messungen eine vermeidbare Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben, kann von einer Nichtbefolgung der Verfügung vom 19.03.204, je nach Sachlage auch der Verfügung vom 10.09.2014, ausgegangen werden.
29 
Schließlich liegen auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 BImSchG vor, weil nach den vorstehenden Ausführungen der begründete Verdacht besteht, dass auch derzeit noch schädliche Umwelteinwirkungen in Form von Lärm von der Baustelle ausgehen.
30 
Bei summarischer Prüfung neigt der Senat auch zu der Annahme, dass das Ermessen der Behörde im Hinblick auf ein weiteres Einschreiten nach §§ 24 Satz 1, 25 Abs. 1, 26 BImSchG auf Null reduziert ist. Im Hinblick auf die Hartnäckigkeit und Dauer der Verstöße gegen die festgesetzten Immissionsrichtwerte besteht die konkrete Gefahr, dass die Beigeladenen ihren Pflichten aus § 22 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BImSchG i.V.m. der AVV Baulärm weiterhin nicht nachkommen. Die Antragstellerin hat Lärmbelastungen über 70 dB(A) tags über längere Zeiträume geltend gemacht und diesbezüglich eigene Lärmmessungen vorgelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die durch die Grundrechtsordnung zum Schutze der Gesundheit und des Eigentums gezogenen Grenzen situationsbedingt bei Lärmwerten von mehr als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts überschritten sein, d.h. oberhalb dieser Werte ist der Staat regelmäßig zur Abwehr einer Gesundheitsgefährdung nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und einer Eigentumsverletzung nach Art. 14 Abs. 1 GG verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1997 - 11 A 17/96 - juris; Urteil vom 20.05.1998 - 11 C 3/97 - juris; Beschluss vom 26.01.2000 - 4 VR 19/99 - juris mit Nachweisen zur Rspr. des BGH; Urteil vom 10.11.2004 - 9 A 67/03 - juris; Beschluss vom 30.07.2013 - 7 B 40/12 -juris). Ob diese Werte bei Anwendung des Messverfahrens der AVV Baulärm, etwa der Zeitkorrekturen, tatsächlich erreicht werden, ist offen; auch die Dekra Automobil GmbH hat jedenfalls einzelne Maximalpegel über 70 dB(A) gemessen. Es spricht zudem vieles dafür, dass bereits eine dauerhafte mittlere Lärmbelastung oberhalb eines Schwellenwerts von 60 bis 65 dB(A) tags zu physiologischen Lärmwirkungen in Form einer Aktivierung der vegetativen Funktionen des Körpers führt, wodurch auf Dauer etwa das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck signifikant steigt (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 04.11.2014 - 10 S 1663/11 – a.a.O. m.w.N.). Diese Werte wurden nach den von der Dekra Automobil GmbH auf der Grundlage der AVV Baulärm ermittelten Beurteilungspegeln regelmäßig erreicht oder überschritten. Die Antragstellerin hat auch glaubhaft gemacht, mittlerweile an Bluthochdruck zu leiden; im Übrigen ist sie den Lärmbelastungen durch die Baustelle bereits ca. 1 1/2 Jahre ausgesetzt. Die hiermit im Zusammenhang stehende Frage, ob eine konkrete Gesundheitsgefahr im immissionsschutzrechtlichen Sinne vorliegt, die die Behörde bereits nach § 25 Abs. 2 BImSchG zum Einschreiten verpflichtet würde, kann allerdings im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden und vorliegend auch dahinstehen. Denn nach den vorliegenden Messungen der Dekra Automobil GmbH, des TÜV Süd und der Antragstellerin wird jedenfalls der Eingreifrichtwert nach Nr. 4.1 Satz 1 AVV Baulärm (Immissionsrichtwert zuzüglich 5 dB(A)) regelmäßig überschritten. Der Frage, ob wegen der aus den Akten ersichtlichen erheblichen Verkehrslärmbelastung nach Nr. 4.1. Satz 3 AVV Baulärm vom Maßnahmen zur Lärmminderung abgesehen kann, erscheint im Hinblick auf die Andersartigkeit der Geräusche zweifelhaft; die Klärung dieser Frage kann aber ebenfalls nicht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erfolgen. Bei der gegebenen Sachlage spricht jedenfalls vieles dafür, dass die Immissionsschutzbehörde rechtlich gehalten ist, weitere Maßnahmen zu einer effektiven Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin zu ergreifen.
31 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einer vorläufigen Stilllegung der Baustelle nach § 25 Abs. 1 BImSchG nicht entgegen. § 25 Abs. 1 BImSchG gibt der Behörde eine gegenüber dem Verwaltungszwang selbstständige und zusätzliche Sanktionsmöglichkeit, die vom Gesetzgeber nicht nachrangig ausgestaltet worden ist (vgl. Jarass a.a.O. § 25 Rn. 1, Hansmann a.a.O. § 25 Rn. 9). Zwar dürfte die Festsetzung der angedrohten Zwangsgelder die Beigeladenen weniger belasten als ein Baustopp. Gleichwohl gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht, als milderes Mittel zunächst die fraglichen Anordnungen zu vollstrecken. Ein milderes Mittel ist nur dann zu ergreifen, wenn es in gleicher Weise wie die schwerwiegendere Maßnahme zur Zweckerreichung geeignet ist. Die angedrohten und teilweise festgesetzten Maßnahmen des Verwaltungszwangs haben sich aber als unwirksam erwiesen. Das im Vergleich zum Bauvolumen zu vernachlässigende Zwangsgeld in Höhe von 1.000 bzw. 1.500 EUR ist - selbst wenn es mehrfach festgesetzt werden sollte - ersichtlich nicht geeignet, die Beigeladenen zu beeindrucken. Im Übrigen ist bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen, dass sich die Lärmimmissionen nach Ausmaß und Dauer jedenfalls im Randbereich der Gesundheitsgefährdung bewegen und die Antragstellerin den Lärmbelastungen irreversibel ausgesetzt ist. Demgegenüber kann eine vorübergehende Stilllegung ohne weiteres wieder aufgehoben werden. Die gesundheitlichen Interessen der Anwohner müssen auch nicht von vornherein gegenüber den bei einer Stilllegung beeinträchtigten wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen zurückstehen. Auch im Hinblick auf den erheblichen Zeitraum und die Hartnäckigkeit der Verstöße gegen die Anordnungen des Landratsamts kann ein weiteres Einschreiten voraussichtlich nicht ohne Rechtsfehler abgelehnt werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dürfte es allerdings gebieten, zunächst zu ermitteln, ob im Hinblick auf den Baufortschritt im Bauabschnitt I und die Bautätigkeit in den entfernter gelegenen Bauabschnitten II und III gegenwärtig noch Immissionsrichtwertüberschreitungen zu befürchten sind. Dem tragen die in Ziffer 1 Buchst. a) und b) des Tenors angeordneten Maßnahmen Rechnung.
32 
Die umstrittenen Fragen, ob Dritte einen Rechtsanspruch auf Überwachungsmaßnahmen nach §§ 52 Abs. 1, § 26 BImSchG haben können und ob die Befugnisnorm des § 26 BImSchG gegenüber der Regelung des § 24 Satz 1 BImSchG abschließend ist, können im vorliegenden Verfahren nicht geklärt werden. Es spricht aber vieles dafür, dass Dritte einen Anspruch auf Überwachungsmaßnahmen im Einzelfall haben, sofern ein begründeter Verdacht besteht, dass die Voraussetzungen einer auch ihrem Schutz dienenden Anordnung erfüllt sind (Jarass, a.a.O. § 52 Rn. 26, str.). Vorliegend ist die Ermittlung der gegenwärtigen Schallimmissionen im Einwirkungsbereich der Baustelle jedenfalls eine schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderliche Voraussetzung für die Anordnung von Maßnahmen nach § 24 Satz 1 und § 25 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der unstreitig drittschützenden Norm des § 22 Abs. 1 BImSchG. Es erscheint daher geboten, den Antragsgegner zunächst zur Klärung dieser Vorfrage zu verpflichten.
33 
3.2. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass auch ein Anordnungsgrund vorliegt. Der Antragstellerin ist es nicht zuzumuten, den von der Baustelle ausgehenden Lärm, der nach derzeitigem Erkenntnistand regelmäßig die Richtwerte der AVV Baulärm deutlich überschreitet, bis zu einer eventuellen Hauptsacheentscheidung zu dulden. Wie ausgeführt, bewegen sich die Lärmimmissionen zumindest an der Grenze zur Gesundheitsgefährdung, zumal bei einem Bauzeitraum von mehr als einem Jahr nicht von einer nur vorübergehenden Belästigung gesprochen werden kann. Letztlich kann aber offen bleiben, ob die Antragstellerin eine durch den Lärm verursachte konkrete Gesundheitsgefahr glaubhaft gemacht hat. Denn Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, hier durch Geräusche, ist nach § 22 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG nicht erst dann zu gewähren, wenn eine konkrete Gesundheitsgefahr eintritt, sondern schon dann, wenn erhebliche Belästigungen auftreten (vgl. Senatsurteil vom 04.11.2014 a.a.O.; Senatsbeschluss vom 31.01.2012 - 10 S 2361/11 -, Senatsbeschluss vom 23.02.2012 - 2428/11 -VBlBW 2012, 469). Zumindest letzteres ist aller Voraussicht nach hier der Fall. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin - wie ausgeführt - bei dem laufenden Baustellenbetrieb irreversible Nachteile erleidet, wohingegen die Anordnungen der Immissionsschutzbehörde im Grundsatz vorläufig ergehen können. Soweit die Hauptsache faktisch vorweggenommen wird, ist dies den Beigeladenen bei Abwägung der betroffenen gegenseitigen Interessen zumutbar.
34 
3.3. Bei Anwendung des dem Senat gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO eröffneten weiten Ermessens war deshalb die im Tenor ersichtliche einstweilige Regelung zu treffen. Der Senat verkennt nicht, dass der Behörde grundsätzlich ein Auswahlermessen hinsichtlich der durchzuführenden Maßnahmen zusteht. Bei der gegebenen Sachlage und der besonderen Eilbedürftigkeit des Falles gebietet es aber das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, unverzüglich konkrete und vollstreckbare Anordnungen zu treffen. Andernfalls würde der Streit zwischen den Beteiligten, welche Maßnahmen im Einzelnen zur Lärmminimierung geeignet und erforderlich sind, bis auf weiteres nicht beigelegt und die Antragstellerin weiterhin rechtsschutzlos gestellt. Der gerichtliche Rechtsschutz kann sich daher nicht darauf beschränken, dass Landratsamt lediglich zur Anordnung nicht näher spezifizierter geeigneter Maßnahmen zu verpflichten.
35 
Bei der Anordnung der in Ziffer 1 des Tenors genannten Maßnahmen hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:
36 
Da die derzeitige Lärmentwicklung auf der Baustelle zwischen den Beteiligten umstritten ist, erscheint es zunächst sachgerecht, Lärmmessungen über den gesamten Tageszeitraum in einer aussagekräftigen Zahl durchführen zu lassen, weil tätigkeitsbezogene punktuelle Lärmmessungen aufgrund der ständig wechselnden Bauabläufe - wie der Antragsgegner einräumt - ihren Zweck teilweise nicht erfüllt haben. Es trifft zwar zu, dass auch solche Messungen nur bedingt aussagekräftig sind, wie der Antragsgegner zu Recht einwendet. Gleichwohl erscheinen sie - zumal wenn eine Abstimmung der Messtage mit der Immissionsschutzbehörde erfolgt - repräsentativer als Einzelmessungen. Es bleibt der Behörde unbenommen, zusätzlich tätigkeitsbezogene Einzelmessungen anzuordnen oder selber durchzuführen sowie die erforderlichen Tagesmessungen über die angeordnete Anzahl hinaus fortführen zu lassen. Der Behörde dürfte allerdings ein Auswahlermessen insoweit zustehen, als sie entweder die Betreiber der Baustelle nach §§ 24 Satz 1, § 26 BImSchG zur Durchführung der erforderlichen Messungen verpflichten oder auf der Grundlage des § 52 Abs. 1 BImSchG eigene Überwachungsmaßnahmen durchführen kann (vgl. Jarass a.a.O. § 26 Rn. 3; Hansmann a.a.O. § 26 Rn. 37). Die Antragstellerin hat zu Recht auch nicht beantragt, dass die Behörde gerade nach § 26 BImSchG vorgeht.
37 
Weiter erscheint es sachgerecht, die Antragstellerin und die Immissionsschutzbehörde im Vorfeld über die zu erwartende Lärmentwicklung zu informieren und die Betreiberinnen eine Lärmprognose sowie einen Maßnahmekatalog zur Lärmminderung vorlegen zu lassen. Zwar wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass eine detaillierte Lärmprognose nicht verlangt werden könne (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 a.a.O. m.w.N.). Dies mag im Verfahren der Fachplanung gelten, nicht aber während des laufenden Baubetriebs. Der Senat verkennt nicht, dass auf einer Großbaustelle ständig wechselnde Betriebszustände bestehen. Gerade bei einer Großbaustelle sind aber die Baumaßnahmen, insbesondere der Einsatz von größeren Baumaschinen, schon aus Kostengründen detailliert zu planen, aufeinander abzustimmen und zu koordinieren; es erscheint daher bei allen Unwägbarkeiten im Bauablauf grundsätzlich zumutbar zu prognostizieren, ob und welche lärmintensiven Baumaßnahmen in der Folgewoche durchgeführt werden, und im Vorfeld entsprechende Lärmminderungsmaßnahmen sicherzustellen. Dies gibt der Antragstellerin Gelegenheit, sich auf die Lärmentwicklung im Vorfeld vorzubereiten und dem Landratsamt die Möglichkeit, sofern erforderlich, zeitnah entsprechende Anordnungen zu treffen und die Lärmentwicklung zu überwachen. Der vom Landratsamt eingerichtete Lärm-Jour-fixe mag zwar zur Lärmminderung beigetragen haben, gleichwohl ist es nach Aktenlage sowie nach den glaubhaften Darlegungen der Antragstellerin offenbar dennoch zu erheblichen Überschreitungen der maßgeblichen Immissionsrichtwerte gekommen.
38 
In Bezug auf die vorläufige Stilllegung der Baustelle bleibt der Senat hinter dem Antrag insoweit zurück, als die Antragstellerin voraussichtlich keinen entsprechenden Rechtsanspruch haben dürfte, solange die Eingreifrichtwerte nach Nr. 4.1 AVV Baulärm (Immissionsrichtwert zuzüglich 5 dB(A)) noch nicht erreicht sind. Bei (einfacher) Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 3.1.1 AVV Baulärm dürfte ihr voraussichtlich nur ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensausübung zustehen. Ferner dürfte es Bedenken im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begegnen, die unverzügliche Stilllegung der Bauarbeiten an der Südfassade unabhängig davon anzuordnen, ob nach dem Stand der Bauarbeiten noch Immissionsrichtwertüberschreitungen vorliegen oder konkret zu befürchten sind. Es erscheint daher sachgerecht, zunächst die derzeitige bzw. bevorstehende Immissionsbelastung abzuklären. Eine vorläufige Stilllegung dürfte allerdings abweichend von den von der Antragstellerin beispielhaft genannten Maßnahmen auch dann in Betracht kommen, wenn die Bautätigkeit in anderen Bauabschnitten zu unzumutbaren Immissionen führt.
39 
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es bei unvermeidbarem Baulärm üblich ist, den betroffenen Anwohnern für die Zeit unzumutbarer Lärmbelastungen einen angemessenen Ersatzwohnraum anzubieten.
40 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 155 Satz 3, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Da die Antragstellerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, sieht der Senat davon ab, sie an der Kostentragung zu beteiligen (§ 155 Satz 3 VwGO).
41 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2 und 3, § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Nrn. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (veröffentlicht u.a. als Sonderbeilage zur VBlBW Heft Januar 2014). Der Senat sieht davon ab, den für das Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwert von 15.000 Euro für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren, weil die Hauptsache voraussichtlich vorweggenommen wird (vgl. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs). Im Hinblick auf den Baufortschritt dürfte sich das Rechtschutzbegehren der Antragstellerin bis zu einer eventuellen Hauptsacheentscheidung erledigt haben.
42 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

Die Beschwerde des Vollstreckungsgläubigers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20. August 2012 - 4 K 1386/12 - wird zurückgewiesen.

Der Vollstreckungsgläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Die Beschwerde des Vollstreckungsgläubigers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20.08.2012, durch den sein Antrag, der Vollstreckungsschuldnerin „zur Erzwingung der ihr nach dem Beschluss des Senats vom 06.03.2012 - 10 S 2428/11 - auferlegten unvertretbaren Handlung, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um die nicht bestimmungsgemäße Nutzung (Missbrauch) des Spielplatzes in der ... durch Jugendliche und Erwachsene zu unterbinden, ein Zwangsgeld bis zu 25.000,--EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Zwangshaft von bis zu 6 Monaten festzusetzen“, abgelehnt wurde, ist gemäß §§ 146, 147 VwGO zulässig; sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Vollstreckung der vom Senat mit Beschluss vom 06.03.2012 (10 S 2428/11 - VBlBW 2012, 469) erlassenen einstweiligen Anordnung auf Unterbindung der nicht bestimmungsgemäßen Nutzung des Spielplatzes durch Jugendliche und Erwachsene nach § 888 ZPO richtet (dazu unter 1.). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die einstweilige Anordnung nicht mangels Wahrung der einmonatigen Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO unwirksam geworden (dazu unter 2.). Dem Begehren des Vollstreckungsgläubigers steht jedoch entgegen, dass die Vollstreckungsschuldnerin die ihr im Erkenntnisverfahren auferlegten Verpflichtungen erfüllt hat (dazu unter 3.). Soweit der Vollstreckungsgläubiger einen Verstoß gegen Verfahrensrecht im erstinstanzlichen Vollstreckungsverfahren durch das Verwaltungsgericht rügt, dringt er damit nicht durch (dazu unter 4.).
1. Die vom Senat mit Beschluss vom 06.03.2012 im Beschwerdeverfahren erlassene einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO ist ein Vollstreckungstitel (§ 168 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) und vorläufig vollstreckbar. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass sich die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung, die - wie hier - eine nicht vertretbare Handlungspflicht auferlegt, nach § 167 VwGO i.V.m. § 888 ZPO und nicht nach § 172 VwGO richtet. Denn § 172 VwGO ist nicht für alle Fälle der Vollstreckung aus einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO als abschließende Sonderregelung heranzuziehen (so auch Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.01.2010 - 2 VO 327/08 - ThürVBl 2010, 230; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.06.2003 - 4 S 118/03 - NVwZ-RR 2004, 393; a.A. Hess.VGH, Beschluss vom 07.09.2004 - 10 TG 1498/04 -ESVGH 55, 122; Pietzner/Möller in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 21. Ergänzungslieferung Juni 2011, RdNr. 18 zu § 172 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Die Bestimmung gilt bereits nach ihrem Wortlaut nur in den Fällen des § 113 Abs. 1 und 5 VwGO sowie des § 123 VwGO, also nur hinsichtlich der Vollstreckung von Entscheidungen im Zusammenhang mit Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO, die das Ergehen eines Verwaltungsaktes voraussetzen. Die gleichzeitig genannten Fälle „des § 123“ sind dementsprechend nur Fälle einstweiliger Anordnungen, die auf eine bereits erhobene oder noch zu erhebende Verpflichtungsklage bezogen sind. Eine allgemeine Leistungsklage, mit der die hier in Rede stehenden Verhaltenspflichten im Hauptsacheverfahren zu verfolgen sind, wird von § 172 VwGO indes nicht erfasst. Für die Vollstreckung von Urteilen, die auf eine allgemeine Leistungsklage hin ergangen sind, gilt bei der gebotenen engen Auslegung des § 172 VwGO nicht diese Vorschrift, sondern gemäß der Verweisung in § 167 Abs. 1 VwGO das Vollstreckungsrecht der ZPO, für den hier in Rede stehenden Fall der Erzwingung einer unvertretbaren Handlung also die Vorschrift des § 888 ZPO. § 172 VwGO stellt gerade keine allgemeine Norm für die Erzwingung behördlichen Verhaltens, sondern lediglich eine Sonderregelung für die dort genannten Fälle dar, die ausdrücklich nur die Erzwingung oder Rückgängigmachung der Folgen von Verwaltungsakten zum Gegenstand haben. Da zudem § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO ein gerade für mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgende Verhaltenspflichten taugliches Vollstreckungsinstrumentarium zur Verfügung stellt, fehlt es auch an einer ausfüllungsfähigen und -bedürftigen Lücke, die durch eine entsprechende Anreicherung des Bedeutungsgehalts des § 172 VwGO zu schließen wäre (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 29.08.2012 - 10 S 1085/12 - DÖV 2013, 40 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Um einen aus systematischen und Rechtsschutzgründen gebotenen Gleichklang von Vollstreckungen in der Hauptsache und im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu gewährleisten, sind deshalb auch im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegebene nicht vertretbare Handlungspflichten nach der zivilprozessualen Vorschrift des § 888 ZPO zu vollstrecken (vgl. hierzu eingehend Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.01.2010 - 2 VO 327/08 - a.a.O.).
2. Zu Unrecht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Vollstreckungsgläubiger die Frist des § 929 Abs. 2 ZPO - diese Bestimmung gilt nach § 123 Abs. 3 VwGO für den Erlass einstweiliger Anordnungen entsprechend - habe verstreichen lassen. Danach ist die Vollziehung einer einstweiligen Anordnung unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem diese verkündet oder dem Vollstreckungsgläubiger zugestellt wurde, ein Monat verstrichen ist. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht freilich angenommen, dass die Vollziehungsfrist für die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung bei der gerichtlichen Verpflichtung zum aktiven Tun bereits mit Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Vollstreckungsgläubiger anläuft. Soweit teilweise vertreten wird, die Monatsfrist werde unter bestimmten Voraussetzungen erst später in Gang gesetzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.09.1983 - 9 S 1924/83 - VBlBW 1984, 150) ist dem angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 929 Abs. 2 ZPO nicht zu folgen (vgl. OVG Magdeburg, Beschluss vom 16.02.2009 - 4 M 463/08 - NVwZ 2009, 855; Hess.VGH, Beschluss vom 07.09.2004 - 10 TG 1498/04 - a.a.O; BayVGH, Beschluss vom 13.03.2003 - 4 C 03.640 - BayVBl 2004, 247).
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die mit der Zustellung des stattgebenden Beschlusses an den Vollstreckungsgläubiger am 08.03.2012 angelaufene Monatsfrist durch ausreichende Vollzugsmaßnahmen des Vollstreckungsgläubigers gewahrt worden. Zwar reichte dazu die von Amts wegen erfolgte Zustellung des Senatsbeschlusses an die Vollstreckungsschuldnerin nicht aus (vgl. hierzu näher Oberverwaltungsgericht Magdeburg, Beschluss vom 16.02.2009 - 4 M 463/08 - a.a.O.). Die Amtszustellung ist Wirksamkeitserfordernis der nicht verkündeten einstweiligen Anordnung und kann deshalb nicht zugleich deren Vollziehung dienen. Der Amtszustellung fehlt auch das „spezifisch vollstreckungsrechtliche Element“, dass der Gläubiger tätig wird und von dem Titel Gebrauch macht (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Urteil vom 22.10.1992 - IX ZR 36/92 - BGHZ 120, 73). Normzweck des § 929 Abs. 2 ZPO ist es - auch im Rahmen der entsprechenden Anwendung nach § 123 Abs. 3 VwGO -, den Vollstreckungsgläubiger anzuhalten, umgehend dem Schuldner Klarheit zu verschaffen, ob er von der Anordnung Gebrauch machen will. Außerdem soll eine Vollziehung verhindert werden, die zu einem späteren Zeitpunkt unter möglicherweise wesentlich veränderten Umständen erfolgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.04.1988 - 1 BvR 549/87 - NJW 1988, 3141). Schließlich muss es im Hinblick auf den durch § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 945 ZPO normierten Schadensersatzanspruch dem Gläubiger überlassen bleiben, ob die erwirkte Anordnung vollzogen werden soll oder nicht. Daher ist auf jeden Fall für den Vollzug bzw. den Beginn des Vollzugs eine Maßnahme des Gläubigers erforderlich, durch die er für den Schuldner erkennbar seinen Willen kund gibt, von dem Titel Gebrauch zu machen. Andernfalls würde der Vollstreckungsgläubiger von Amts wegen dem Schadensersatzrisiko des § 945 ZPO ausgesetzt und seine Verfahrensherrschaft missachtet.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stellt die von dem Vollstreckungsgläubiger am 13.03.2012 bewirkte Parteizustellung der einstweiligen Anordnung im Wege der Zustellung von Anwalt zu Anwalt einen ausreichenden Vollzugsakt dar. Soweit - wie hier - die einstweilige Anordnung in einem Gebot oder Verbot an den Vollstreckungsschuldner besteht, ist sie mit der auf Betreiben des Gläubigers erfolgten Parteizustellung an den Schuldner vollzogen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 14.01.1992 - 1 E 1474/91.PVL -juris; Pietzner/Möller, a.a.O., RdNr. 38 zu § 172; Grunsky in: Stein/Jonas, Zivilprozessordnung, 21. Aufl. 1996, RdNr. 30 zu § 938 ZPO). Eine solche Zustellung, gerade wenn sie keine notwendige Voraussetzung einer Vollstreckung darstellt, ist ein geeignetes Mittel zur Wahrung der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO. Der Vollstreckungsgläubiger hat mit diesem Akt hinreichend deutlich und in einem formalen Verfahren überprüfbar klargestellt, dass er von der einstweiligen Anordnung Gebrauch machen und sich dem Risiko der in § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 945 ZPO normierten verschuldensunabhängigen Schadensersatzpflicht aussetzen will. In einer derartigen Konstellation wäre es überflüssig, den Gläubiger zu weitergehenden Vollstreckungsmaßnahmen nach § 888 ZPO zu zwingen, nur um die Frist des § 929 Abs. 2 ZPO zu wahren. Nach alldem macht die Beschwerde zu Recht geltend, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hier die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO gewahrt ist.
Die von der Beschwerde hilfsweise begehrte Feststellung dieser Rechtslage im Entscheidungstenor kommt indes nicht in Betracht. Dieses Begehren ist auf die isolierte Feststellung einzelner Rechtsfragen gerichtet, für die regelmäßig kein Rechtsschutzinteresse besteht (vgl. hierzu Happ in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl. RdNr. 16 zu § 43 VwGO). Im Übrigen sind die wesentlichen Begründungselemente einer antragsabweisenden Entscheidung zur Auslegung des Entscheidungstenors heranzuziehen, so dass ein etwaiger zukünftiger Aufhebungsantrag der Vollstreckungsschuldnerin unter Hinweis auf § 929 Abs. 2 ZPO erfolglos bleiben dürfte.
3. Der Vollstreckungsantrag hat jedoch deshalb keinen Erfolg, weil die Vollstreckungsschuldnerin die ihr mit der einstweiligen Anordnung vom 06.03.2012 auferlegten Handlungspflichten vollständig erfüllt hat. Auch eine Zwangsvollstreckung nach § 167 VwGO i.V.m. § 888 ZPO setzt voraus, dass die Behörde der ihr im Vollstreckungstitel auferlegten Verpflichtung entweder überhaupt nicht nachgekommen ist oder sie die titulierte Pflicht nur unzureichend erfüllt hat. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist der Erfüllungseinwand auch in einem Vollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO zu berücksichtigen, wobei die Vollstreckungsschuldnerin nicht auf den Vortrag unstreitiger Tatsachen oder die Verwendung liquider Beweismittel beschränkt ist. Der Erfüllungseinwand des Schuldners ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 05.11.2004 - IXa - ZB 32/04 - BGHZ 161, 67) in auf die Vornahme von vertretbaren Handlungen gerichteten Vollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO zu berücksichtigen. Der Senat schließt sich der herrschenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte an, wonach die vom Bundesgerichtshof angestellten Erwägungen zur Berücksichtigungsfähigkeit des Erfüllungseinwandes auch auf das Verfahren nach § 888 ZPO zu übertragen sind (vgl. hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 07.06.2010 - 7 W 13/10 - juris).
Für diese Auffassung sprechen der Wortlaut von §§ 887 und 888 ZPO sowie Gründe der Prozessökonomie. Schon der Wortlaut des § 887 ZPO macht deutlich, dass die Nichterfüllung der geschuldeten Handlung eine tatbestandliche Voraussetzung für den Erlass des Ermächtigungsbeschlusses im Sinne dieser Vorschrift ist. Die anders lautende Formulierung des § 888 ZPO steht diesem Verständnis nicht entgegen. Im Zusammenhang mit § 887 ZPO gelesen, lässt sich die Vorschrift unschwer dahin verstehen, dass an das Merkmal der Nichterfüllung in § 887 ZPO angeknüpft und nur der unterschiedliche Anwendungsbereich deutlich hervorgehoben wird. Die Erheblichkeit des Erfüllungseinwands in Verfahren nach § 888 ZPO entspricht auch der Annahme des Gesetzgebers, der die Kostenvorschrift des § 891 Satz 3 ZPO mit der 2. Zwangsvollstreckungsnovelle vom 17.12.1997 (BGBl. I S. 3039) neu gefasst hat, „um der Möglichkeit Rechnung zu tragen, dass Vollstreckungsanträge des Gläubigers nur teilweise erfolgreich sind, z.B. wenn der Schuldner nachweist, dass er die vertretbare oder unvertretbare Handlung teilweise erfüllt hat ...“ (vgl. die Entwurfsbegründung in BT-Drs. 13/341 S. 41). Im Übrigen kann die Prüfung des Erfüllungseinwands im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO prozessökonomisch sinnvoll sein, da bei diesem Verständnis Vollstreckungsabwehrklagen gemäß § 767 ZPO bzw. Anträge auf Vollstreckungsaufschub nach § 769 ZPO vermieden werden. Gerade da hier das Verwaltungsgericht des ersten Rechtszugs Vollstreckungsorgan ist, führt die Berücksichtigung des Erfüllungseinwandes im Vollstreckungsverfahren zu einer prozessökonomisch sinnvollen endgültigen Klärung des Rechtsstreits.
10 
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Vollstreckungsschuldnerin der ihr mit Senatsbeschluss vom 06.03.2012 auferlegten Verpflichtungen hinreichend nachgekommen ist. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich in erster Linie nach dem Beschlusstenor, bei Unklarheiten sind zur Auslegung jedoch auch die Entscheidungsgründe heranzuziehen. Zwar ergibt sich die in Rechtskraft (§ 121 Nr. 1 VwGO) erwachsende Verpflichtung regelmäßig bereits aus der Entscheidungsformel eines zusprechenden Beschlusses. Reicht der Tenor jedoch allein nicht aus, die inhaltliche Reichweite des Beschlusses zu ermitteln, müssen zu seiner Auslegung die Entscheidungselemente (insbesondere Entscheidungsgründe und der dem Beschluss zugrunde liegende Antrag) herangezogen werden, auch wenn diese für sich gesehen nicht an der Rechtskraft teilnehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.08.2011 - 8 C 15.10 - LKV 2012, 34).
11 
Nach dem Beschlusstenor ist die Vollstreckungsschuldnerin gehalten, „die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um die nicht bestimmungsgemäße Nutzung (Missbrauch) des Spielplatzes in der ... gegenüber dem Anwesen des Antragstellers durch Jugendliche und Erwachsene zu unterbinden.“ Dieser Tenor ist bei der gebotenen objektiven Auslegung hinreichend bestimmt. Auch die Verwendung der Formulierung „notwendigen Vorkehrungen“ führt nicht zur Unbestimmtheit des Beschlusstenors. Diese Formulierung erklärt sich damit, dass die Entscheidung darüber, welche Maßnahmen die Vollstreckungsschuldnerin zur Erreichung der geforderten Ziele ergreift, in ihrem alleinigen Ermessen steht. Denn der öffentlich-rechtliche Abwehranspruch, den der Vollstreckungsgläubiger im Wege der einstweiligen Anordnung im Erkenntnisverfahren verfolgt hat, gewährt dem Störungsbetroffenen regelmäßig keinen Anspruch auf bestimmte Maßnahmen. Folglich können auch im Tenor keine bestimmten Maßnahmen aufgegeben werden (vgl. zu diesem Aspekt ausdrücklich S. 13 des Beschlussabdrucks 10 S 2428/11). Es reicht daher aus, wenn - wie hier - das mit den Maßnahmen zu verfolgende Ziel hinreichend bestimmt bzw. im Wege der Auslegung bestimmbar ist. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den im Erkenntnisverfahren erlassenen Beschluss des Senats vom 06.03.2012 auch dahingehend verstanden, dass die Vollstreckungsschuldnerin die missbräuchliche Benutzung des Spielplatzes lediglich insoweit zu unterbinden hat, als hiervon unzumutbare Lärmeinwirkungen gerade für den Vollstreckungsgläubiger ausgehen. Dies folgt bereits zwanglos daraus, dass der Senat ausweislich der Beschlussgründe die einstweilige Anordnung gerade dazu erlassen hat, um den Vollstreckungsgläubiger vor nicht zumutbaren schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 22 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG zu schützen (vgl. S. 12 des Beschlussabdrucks); nur in diesem Umfang besteht auch ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen Geräuschimmissionen.
12 
Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die von dem Vollstreckungsgläubiger geltend gemachten Verstöße nicht geeignet anzunehmen, die Vollstreckungsschuldnerin sei ihrer Verpflichtung aus dem Senatsbeschluss vom 06.03.2012 nicht hinreichend nachgekommen. Der Senat geht dabei zu Gunsten des Vollstreckungsgläubigers davon aus, dass die im Vollstreckungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht glaubhaft gemachten zehn Verstöße ganz überwiegend mit erheblichen und deshalb nicht mehr hinzunehmenden Geräuschimmissionen verbunden waren. Gleiches gilt für die von dem Vollstreckungsgläubiger im Beschwerdeverfahren vorgetragenen und mit einstweiligen Versicherungen belegten weiteren ca. 20 Verstöße, sofern der Antragsteller nicht (wie etwa bei den Verstößen am 03.08.2012 und 07.08.2012) selbst vorträgt, dass lediglich untergeordnete Geräuschimmissionen zu verzeichnen waren. Jedenfalls im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist den Einwendungen der Vollstreckungsschuldnerin, wonach sich die Verstöße nach den Beobachtungen des Nachbarn Dr. I. so nicht zugetragen haben können, nicht weiter nachzugehen.
13 
Denn auch wenn die von dem Vollstreckungsgläubiger geltend gemachten Verstöße zugrunde gelegt werden, hat die Vollstreckungsschuldnerin die ihr mit dem Senatsbeschluss auferlegten Verpflichtungen noch erfüllt. Zwar muss die im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtete Vollstreckungsschuldnerin ihren Verpflichtungen effektiv nachkommen, sie schuldet aber nicht den sofortigen Erfolg dieser Bemühungen. Da ihr von dem Senat keine bestimmten Maßnahmen auferlegt worden sind, steht es ihr frei, nach ihrem Ermessen darüber zu befinden, auf welche Weise sie den Verpflichtungen nachkommen will. Dieser Ermessensspielraum bedingt, dass sie zunächst bestimmte Maßnahmen ausprobieren und auf ihre Eignung und Effektivität überprüfen darf - sofern es sich nicht um ersichtlich ungeeignete Maßnahmen handelt -, um sodann nach Auswertung gegebenenfalls andere Maßnahmen zu ergreifen. In diesem Zusammenhang hat der Senat in dem zugrunde liegenden Beschluss ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vollstreckungsschuldnerin „zunächst versuchen dürfe, ob die derzeit nicht zumutbaren Missstände durch regelmäßige und engmaschige Kontrollen auch und gerade zur Abend- und Nachtzeit beseitigt werden können“ (vgl. S. 13 des Beschlussabdrucks 10 S 2428/11).
14 
Diesen Vorgaben ist die Vollstreckungsschuldnerin gerecht geworden. Aus den von ihr vorgelegten Aufzeichnungen ergibt sich, dass Bedienstete der Vollstreckungsschuldnerin regelmäßig - über weite Zeiträume fast täglich - den Spielplatz zu unterschiedlichen Tageszeiten kontrolliert haben; gerade in den Sommermonaten wurden Kontrollen auch in den späten Abend- bzw. Nachtstunden durchgeführt. Bei der weit überwiegenden Anzahl der Kontrollen wurden dabei keine, ansonsten allenfalls geringfügige Missbräuche des Spielplatzes durch Jugendliche bzw. Erwachsene festgestellt. Diese von der Vollstreckungsschuldnerin dokumentierten Kontrollen schließen naturgemäß nicht aus, das es zu den vom Vollstreckungsgläubiger geltend gemachten vereinzelten Missbrauchssituationen gekommen ist. Selbst bei Zugrundelegung des Sachvortrags des Vollstreckungsgläubigers kann derzeit jedoch keine Rede davon sein, dass sich die von der Vollstreckungsschuldnerin eingeleiteten Kontrollmaßnahmen als wirkungslos erwiesen haben. Deshalb ist die Vollstreckungsschuldnerin nach Maßgabe der Ausführungen auf S. 13 des Senatsbeschlusses vom 06.03.2012 noch nicht gehalten, über die Kontrollen hinausgehende zusätzliche Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Dabei ist insbesondere auch zu beachten, dass die Effektivität des von der Vollstreckungsschuldnerin eingeschlagenen Weges, Verstöße über engmaschige Kontrollen zu unterbinden, erst nach einem längeren Zeitraum überprüft werden kann. So werden vor allem die Jugendlichen, die den Spielplatz in den Abend- bzw. Nachstunden missbräuchlich nutzen, erst nach einer gewissen Zeit realisieren, dass sie mit Kontrollen und Verweisen vom Spielplatzgelände zu rechnen haben. Im Übrigen weist die Vollstreckungsschuldnerin zu Recht darauf hin, dass sich einzelne Verstöße mit zumutbaren Maßnahmen kaum verhindern lassen werden.
15 
4. Ohne Erfolg bleibt die Rüge des Vollstreckungsgläubigers, das Verwaltungsgericht habe sein rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch verletzt, dass es keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Schriftsatz der Vollstreckungsschuldnerin vom 14.08.2012 und der damit vorgelegten Aufzeichnungen des Nachbarn Dr. I. gewährt habe. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese Verfahrensweise des Verwaltungsgerichts rechtlich zu beanstanden ist. Unabhängig hiervon käme die Gewährung von Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren selbst bei einer Verletzung des grundrechtlich gewährleisteten rechtlichen Gehörs des Vollstreckungsgläubigers nicht in Betracht. Denn die Beschwerde hat in diesem Verfahren lediglich dann Erfolg, wenn sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts inhaltlich als nicht richtig erweist (vgl. den Rechtsgedanken des § 144 Abs. 4 VwGO). Ein etwaiger Gehörsverstoß wird daher im Beschwerdeverfahren geheilt.
16 
Im Übrigen macht die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im Wesentlichen geltend, das Verwaltungsgericht habe die Ausführungen des Vollstreckungsgläubigers fehlerhaft dahingehend gewürdigt, dass bei der überwiegenden Anzahl der geltend gemachten Verstöße keine erheblichen Geräuscheinwirkungen entstanden seien. Damit wird eine fehlerhafte Sachverhaltswürdigung bzw. Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht geltend gemacht. Das Prozessgrundrecht auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte nicht, dem zur Kenntnis genommenen tatsächlichen Vorbringen oder der Rechtsansicht eines Beteiligten auch in der Sache zu folgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.12.1994 - 2 BvR 894/94 - NJW 1995, 2839). Nach dem oben Gesagten geht der Senat im Gegensatz zu dem Verwaltungsgericht im Übrigen davon aus, dass jedenfalls bei der überwiegenden Anzahl der von dem Vollstreckungsgläubiger im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Verstöße erhebliche Geräuscheinwirkungen entstanden sind.
17 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
18 
Die Festsetzung eines Streitwerts ist entbehrlich, da eine streitwertunabhängige Festgebühr nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) anfällt.
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus gerichtlichen Vergleichen,
4.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen,
5.
aus den für vollstreckbar erklärten Schiedssprüchen öffentlich-rechtlicher Schiedsgerichte, sofern die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt ist.

(2) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 28.01.2014 - 7 K 1393/12 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung aufgehoben.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet.
1. Der Antragsteller ist Inhaber der Professur für Anatomie am Institut für Anatomie und Zellbiologie der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin und verlangt von dieser in der Hauptsache die Einhaltung von Berufungszusagen. Mit Urteil vom 30.10.2013 - 7 K 1099/12 - hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Hiergegen hat die Antragsgegnerin am 28.02.2014 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt (9 S 451/14). Mit Beschluss vom 28.01.2014 hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Vollzug der mit Schreiben vom 16.05.2012 gegenüber dem Antragsteller erfolgten Kündigung bzw. Anpassung der Berufungszusagen vom 18.08.2009, vom 11.11.2009 und vom 02.03.2010 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig rückgängig zu machen und auszusetzen. Ausweislich der - zur Ermittlung eines vollstreckungsfähigen Inhalts der Anordnung heranzuziehenden - Gründe ist davon (lediglich) die Ausstattung umfasst, die dem Antragsteller nach der Fakultätsvorstandssitzung vom 30.06.2010 und vor dem 01.07.2012 zur Verfügung stand. Dabei habe es sich nach Aktenlage um drei wissenschaftliche Stellen, insgesamt sieben TA-Stellen, ein jährliches Sachkostenaversum in Höhe von 105.500.- EUR sowie die dem Antragsteller bei Dienstantritt und vor Umsetzung der mit Schreiben vom 28.06.2012 mitgeteilten neuen Raumzuweisung zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten der Abteilung Neuroanatomie gehandelt.
2. Die vom Verwaltungsgericht erlassene einstweilige Anordnung ist aufzuheben, weil der Antragsteller nicht innerhalb der Monatsfrist nach § 123 Abs. 3, § 929 Abs. 2 ZPO mit der Vollziehung der einstweiligen Anordnung begonnen hat.
a) Nach § 929 Abs. 2 ZPO ist die Vollziehung des Arrestbefehls unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Nach fruchtlosem Ablauf dieser gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verfahren der einstweiligen Anordnung entsprechend geltenden Vollziehungsfrist ist die einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO endgültig unvollziehbar und damit gegenstandslos (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.1990 - IX ZR 211/89 -, BGHZ 122, 356; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.02.2009 - 4 M 463/08 -, NVwZ 2009, 855; BayVGH, Beschluss vom 03.05.2006 - 4 CE 06.637 -, Juris; HessVGH, Beschluss vom 07.09.2004 - 10 TG 1498/04 -, Juris). Geschieht dies - wie hier - während der Anhängigkeit des Beschwerdeverfahrens, hebt das Beschwerdegericht die einstweilige Anordnung - auch aus Gründen der Rechtsklarheit - auf (vgl. HessVGH, Beschluss vom 07.09.2004, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 13.06.2001 - 12 CE 01.140 -, Juris; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl. 2011, Rn. 524; Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 123 Rn. 80). Eines zusätzlich gestellten Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO bedarf es nicht.
Dass der auf die Gegenstandslosigkeit des Beschlusses gerichtete Einwand der Antragsgegnerin nicht zu den Gründen gehört, welche innerhalb der einmonatigen Frist für die Begründung der Beschwerde (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) vorgebracht worden sind und auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), steht einer Berücksichtigung im Beschwerdeverfahren nicht entgegen. Denn es handelt sich insoweit um eine Sachentscheidungsvoraussetzung des Rechtsmittelverfahrens und damit um einen von Amts wegen zu berücksichtigenden Umstand (vgl. BayVGH, Beschluss vom 03.05.2006, a.a.O.; HessVGH, Beschluss vom 07.09.2004, a.a.O.).
Trotz der Gegenstandslosigkeit der einstweiligen Anordnung kann der Antragsgegnerin ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung nicht abgesprochen werden (vgl.; BayVGH, Beschluss vom 03.05.2006, a.a.O.; Funke-Kaiser, a.a.O., § 123 Rn. 80).
b) Die einstweilige Anordnung ist nicht innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 VwGO vollzogen worden.
Die einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO ist gemäß § 168 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Vollstreckungstitel und vorläufig vollstreckbar. Eine Vollstreckungsklausel war entbehrlich, da es ihrer nur im Falle des § 929 Abs. 1 ZPO bedarf (vgl. Pietzner/Möller, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. Ergänzungslieferung 2013, § 172 Rn. 32; Bader, in: Bader u.a., a.a.O., § 168 Rn. 6).
aa) Der angefochtene Beschluss ist dem Antragsteller am 18.02.2014 zugestellt worden. Durch diese Zustellung ist die Vollziehungsfrist in Lauf gesetzt worden (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 522 m.w.N.). Soweit der Senat in seiner älteren Rechtsprechung - im Zusammenhang mit einer auf die Auslosung der Rangfolge der Hochschulzulassung gerichteten, rechtskräftigen einstweiligen Anordnung - die Auffassung vertreten hat, die Monatsfrist beginne im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Vollzugspflicht der durch die einstweilige Anordnung verpflichteten Behörde erst mit dem Zeitpunkt, zu dem der Vollstreckungsgläubiger Kenntnis von dem nach seiner Auffassung unzureichenden Vollzug der einstweiligen Anordnung erhält (Senatsbeschluss vom 14.09.1983 - 9 S 1924/83 -, VBlBW 1984, 150; vgl. auch Nieders. OVG, Beschluss vom 08.12.1987 - 6 B 90/87 -, Juris), hält der Senat daran nicht fest. Die in Rechtsprechung und Literatur geäußerte Kritik an dieser Auslegung überzeugt. Der eindeutige Wortlaut des in § 123 Abs. 3 VwGO in Bezug genommenen § 929 Abs. 2 ZPO spricht dafür, dass es der Gesetzgeber auch für den Verwaltungsprozess bei der förmlichen Bekanntmachung der einstweiligen Anordnung als maßgeblichen Bezugspunkt für den Fristbeginn belassen wollte (OVG NRW, Beschlüsse vom 08.07.1991 - 11 B 773/91 -, NVwZ-RR 1992, 388, und vom 14.01.1992 - 1 E 1474/91.PVL -, Juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.12.1999 - 7 S 2505/99 -, NVwZ 2000, 691; Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 123 Rn. 172; Pietzner/Möller, a.a.O., § 172 Rn. 36; Happ in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 123, Rn. 83; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 123 Rn. 40; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 521). Der Wortlaut bietet keinen Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber in der besonderen Interessenlage bei der Vollstreckung gegen eine - verfassungsgebundene - juristische Person des öffentlichen Rechts einen Grund für eine modifizierte Ausgestaltung der Vollziehungsfrist gesehen hat (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 521; OVG NRW, Beschluss vom 08.07.1991, a.a.O.). Darüber hinaus wird zu Recht darauf hingewiesen, dass ein späterer Fristbeginn schwerlich mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot vereinbar wäre, da nicht immer mit hinreichender Sicherheit feststellbar ist, ob und wann die Behörde zu erkennen gegeben hat, dass sie die ihr obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllen will (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 521; HessVGH, Beschluss vom 07.09.2004, a.a.O.). Dies würde auch nach Auffassung des Senats die Gefahr einer insbesondere dem Vollstreckungsrecht unzuträglichen Rechtsunsicherheit auslösen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 13.03.2003 - 4 C 03.640 -, NVwZ-RR 2003, 699). Auch wenn die Anwendung des § 929 Abs. 2 ZPO danach in Fällen der Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts mit gewissen Problemen gerade für den jeweiligen Antragsteller verbunden ist (vgl. Pietzner/Möller, a.a.O., § 172 Rn. 36 ff.), kann dem letztlich nur durch einen ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers abgeholfen werden.
10 
bb) Innerhalb der mithin am 18.03.2014 abgelaufenen Vollziehungsfrist ist die einstweilige Anordnung nicht im Sinne des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen worden.
11 
Unter „Vollziehung“ in diesem Sinne ist die Einleitung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Anordnung zu verstehen. Der Gläubiger muss innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO aktiv werden, indem er vom Titel Gebrauch macht. Die von Amts wegen erfolgte Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts an die Antragsgegnerin am 18.02.2014 genügt für die Vollziehung insoweit nicht. Die Amtszustellung ist Wirksamkeitserfordernis der nicht verkündeten einstweiligen Anordnung und kann deshalb nicht zugleich ihrer Vollziehung dienen. Ihr fehlt das „spezifisch vollstreckungsrechtliche Element“, dass der Gläubiger tätig wird und seinen Willen kundgibt, von dem Titel Gebrauch zu machen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.03.2013 - 4 S 226/13 -, NVwZ-RR 2013, 737; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.02.2009, a.a.O.; BGH, Urteil vom 22.10.1992 - IX ZR 36/92 -, GRUR 1993, 415 m.w.N.; BAG, Urteil vom 18.09.2007 - 9 AZR 672/06 -, BAGE 124, 80; Funke-Kaiser, a.a.O., § 123 Rn. 79 m.w.N.).
12 
Für eine Vollziehung bedarf es allerdings auch keiner Zustellung im Parteibetrieb. Die Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO hat insbesondere den Zweck, dass der Vollstreckungsschuldner nicht über Gebühr im Ungewissen gelassen wird, ob er noch aus dem Titel in Anspruch genommen wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.03.2013, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 13.03.2003, a.a.O.). Daneben soll eine Vollziehung verhindert werden, die zu einem späteren Zeitpunkt unter möglicherweise wesentlich veränderten Umständen erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.1990 - IX ZR 211/89 -, BGHZ 112, 356; Funke-Kaiser, a.a.O., § 123 Rn. 78). Vor diesem Hintergrund ist es für ein Gebrauchmachen im genannten Sinne ausreichend, aber auch erforderlich, dass der Gläubiger innerhalb der Frist beim zuständigen Vollstreckungsorgan eine bestimmte Vollziehungsmaßnahme beantragt, etwa den Erlass einer Vollstreckungsanordnung nach § 170 Abs. 1 Satz 1, § 172 Satz 1 VwGO, eine Zwangsgeldfestsetzung nach § 167 Abs. 1 VwGO, § 888 ZPO oder die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 167 Abs. 1 VwGO, § 890 ZPO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.03.2013, a.a.O.; Pietzner/Möller, a.a.O., § 172 Rn. 37; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 523; BGH, Urteil vom 13.04.1989 - IX ZR 148/88 -, WM 1989, 927; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl. 2013, § 929 Rn. 7; Drescher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2012, § 929 Rn. 9; Huber, in: Musielak, ZPO, 10. Aufl. 2013, § 929 Rn. 6). Denn damit bringt er unmissverständlich zum Ausdruck, dass er die erwirkte Maßnahme durchsetzen will.
13 
An diesem Maßstab gemessen hat der Antragsteller innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO keine Maßnahme vorgenommen, die als Vollziehung bzw. Beginn der Vollziehung der einstweiligen Anordnung angesehen werden könnte. Das an das Verwaltungsgericht gerichtete Schreiben vom 21.02.2014, mit dem „um Herreichung einer vollstreckbaren Ausfertigung des gerichtlichen Beschlusses vom 28.01.2014“ gebeten wird, erfüllt diese Voraussetzung nicht. Dies gilt unabhängig davon, dass die Antragsgegnerin nach Aktenlage erst am 26.03.2014 und damit nach der am 18.03.2014 abgelaufenen Vollziehungsfrist Kenntnis von diesem Schreiben erhalten hat, zumal der Antragsteller nicht damit rechnen konnte, dass das Schreiben vom 21.02.2014 überhaupt der Antragsgegnerin zugeleitet wird. Der Antragsteller hat weder dargetan noch ist sonst für den Senat ersichtlich, dass dieses Schreiben geeignet war, die Vollstreckung der gegenständlichen einstweiligen Anordnung einzuleiten.
14 
Dies gilt schon deshalb, weil es für die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung überhaupt nicht bedurfte (vgl. bereits oben unter b). Im Übrigen entspricht es allgemeiner Meinung, dass selbst in Fällen der Notwendigkeit einer Vollstreckungsklausel deren Erteilung nicht Teil des Vollstreckungsverfahren ist (vgl. Drescher, a.a.O., § 929 Rn. 9; Pietzner/Möller, a.a.O., § 168 Rn. 3 f.). Mithin hat der Antragsteller mit diesem Schreiben auch nicht hinreichend verlässlich den Willen zum Ausdruck gebracht, von dem Titel vollstreckungsrechtlich Gebrauch zu machen. Anders als der Antragsteller meint, kann Gegenteiliges auch nicht aus dem „nachfolgenden Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 149 VwGO“ abgeleitet werden. Denn dieser Antrag ist von der Antragsgegnerin bereits mit Schriftsatz vom 06.03.2014 am 10.03.2014 gestellt worden, zu einem Zeitpunkt also, zu dem diese von der Anforderung einer vollstreckbaren Ausfertigung durch den Antragsteller noch keine Kenntnis hatte.
15 
Welches die innerhalb der Frist beim zuständigen Vollstreckungsorgan zu beantragende bestimmte Vollziehungsmaßnahme ist, ergibt sich aus den einschlägigen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften. Der Senat geht davon aus, dass sich die Vollstreckung der hier durch die einstweilige Anordnung auferlegten Pflichten nicht nach § 172 VwGO, sondern nach § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit dem 8. Buch der ZPO richtet. § 172 VwGO ist nicht für alle Fälle der Vollstreckung aus einer einstweiligen Anordnung als abschließende Sonderregelung heranzuziehen. Die Bestimmung gilt vielmehr bereits nach ihrem Wortlaut nur in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 VwGO sowie des § 123 VwGO, also nur hinsichtlich der Vollstreckung von Entscheidungen im Zusammenhang mit Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO, die das Ergehen eines Verwaltungsakts voraussetzen. Die dort genannten Fälle „des § 123 VwGO“ sind dementsprechend nur Fälle einstweiliger Anordnungen, die auf eine bereits erhobene oder noch zu erhebende Verpflichtungsklage bezogen sind (vgl. nur Senatsbeschluss vom 24.07.2013 - 9 S 1170/13 -; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 28.02.2013 - 10 S 81/13 -, und vom 29.08.2012 - 10 S 1085/12 -, Juris; a.A. Pietzner/Möller, a.a.O., § 172 Rn. 18 ff.). Mithin sind sowohl in der Hauptsache mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgende Handlungspflichten wie auch Unterlassungsverpflichtungen nicht vom Anwendungsbereich des § 172 VwGO erfasst (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 172 Rn. 1). Die Vollstreckung einer derartige Pflichten begründenden einstweiligen Anordnung richtet sich daher nach § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit dem 8. Buch der ZPO.
16 
Das unter Nr. 1 des Beschlusses vom 28.01.2014 geregelte Gebot, den Vollzug der mit Schreiben vom 16.05.2012 erfolgten Kündigung bzw. Anpassung der Berufungszusagen vom 18.08.2009, vom 11.11.2009 und vom 02.03.2010 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig rückgängig zu machen und auszusetzen, begründet - nicht auf den Erlass von Verwaltungsakten gerichtete - Handlungspflichten der Antragsgegnerin, die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden können. Die Vollstreckung dieser unvertretbaren Handlungspflichten erfolgt auf der Grundlage des § 888 ZPO. Diese Bestimmung sieht als Zwangsmittel ausschließlich die Festsetzung von Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Zwangshaft vor (§ 888 Abs. 1 ZPO). Eine Androhung der Zwangsmittel findet gemäß § 888 Abs. 2 ZPO nicht statt. Unstreitig hat der Antragsteller den danach zur Durchsetzung der einstweiligen Anordnung gebotenen Antrag auf Festsetzung von Zwangsgeld nach § 888 Abs. 1 ZPO innerhalb der am 18.03.2014 abgelaufenen Monatsfrist nicht gestellt.
17 
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Antragsteller nach einer Mitteilung des Verwaltungsgerichts erst am 17.04.2014 einen Antrag auf Androhung eines Zwangsgelds gestellt hat. Die Vollziehungsfrist wäre deshalb auch dann nicht eingehalten, wenn von einem späteren, etwa erst durch die Einlegung der Beschwerde seitens der Antragsgegnerin am 18.02.2014 oder durch die Beschwerdebegründung einschließlich der Stellung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses nach § 149 VwGO am 10.03.2014 ausgelösten Fristbeginn ausgegangen würde.
18 
cc) Der Antragsteller kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Berufung der Antragsgegnerin auf den Ablauf der Vollziehungsfrist sei rechtsmissbräuchlich.
19 
Die Frist des § 929 Abs. 2 ZPO ist eine gesetzliche Frist und der Disposition der Beteiligten und des Gerichts entzogen. Auf ihre Einhaltung kann nicht verzichtet werden, auch eine Verlängerung ist nicht möglich (vgl. BGH, Urteil vom 22.10.1992 - IX ZR 36/92 -, BGHZ 120, 73; Drescher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, a.a.O., § 929 Rn. 8; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 522). Die Fristversäumung ist vom Gericht und von den Vollstreckungsorganen von Amts wegen zu beachten (vgl. Drescher, a.a.O., Rn. 8). Wegen dieser Besonderheiten ist eine Ungewissheit oder Unklarheit darüber, ob eine (fristgerechte) Vollziehung stattgefunden hat, tunlichst zu vermeiden. Es geht nicht an, die Beantwortung dieser Frage von den Umständen des Einzelfalls, einer Interessenabwägung oder einer Ermessensentscheidung abhängig zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 22.10.1992, a.a.O.). Ausgehend hiervon sind die Behauptung, die Antragsgegnerin habe im Rahmen von Vergleichsverhandlungen in einem Gespräch am 13.02.2014 mitgeteilt, sie werde der einstweiligen Anordnung nachkommen, und die in einem Schreiben vom 18.02.2014 geäußerte Bitte der Antragsgegnerin, von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen, auch aufgrund der Unbestimmtheit und Widersprüchlichkeit dieser Erklärungen nicht geeignet, den Lauf oder die Geltung der Monatsfrist ernsthaft in Frage zu stellen. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin jedenfalls auch durch die Einlegung der Beschwerde am 18.02.2014 und den am 10.03.2014 gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu erkennen gegeben, dass sie nicht gewillt ist, der einstweiligen Anordnung nachzukommen.
20 
dd) Schließlich kann dem Antragsteller wegen der Versäumung der Vollziehungsfrist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO gewährt werden (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 60 Abs. 1 VwGO vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 523 m.w.N.). Ein entsprechender Antrag ist nicht gestellt (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Im Übrigen sind Wiedereinsetzungsgründe weder glaubhaft gemacht worden (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO) noch sonst ersichtlich.
21 
3. Ein über die Aufhebung der einstweiligen Anordnung hinausgehendes Begehren hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Beschwerde nicht geltend gemacht (vgl. die Schriftsätze vom 06.03.2014 und vom 09.04.2014). Unabhängig davon bestünde für einen zusätzlichen Antrag, die vom Antragsteller beantragte einstweilige Anordnung abzulehnen, kein Rechtsschutzbedürfnis und wäre die Beschwerde insoweit unzulässig (vgl. BayVGH, Beschluss vom 03.05.2006, a.a.O.).
22 
4. Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der Antragsteller nicht gehindert ist, eine neue einstweilige Anordnung zu beantragen; über den Antrag ist dann nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu befinden.
23 
5. Durch die Entscheidung über die Beschwerde der Antragsgegnerin erledigt sich deren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 149 VwGO.
24 
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertentscheidung folgt unter Berücksichtigung der vom Antragsteller begehrten (teilweisen) Vorwegnahme der Hauptsache aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 in Verbindung mit den Empfehlungen aus Nrn. 1.5 und 18.11 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (VBlBW Heft 1 2014, Sonderbeilage).
25 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Arrestbefehle bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollziehung für einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Schuldner erfolgen soll.

(2) Die Vollziehung des Arrestbefehls ist unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Kann ein ausländischer Sicherungstitel im Inland ohne vorherige Vollstreckbarerklärung vollzogen werden, so beträgt die Frist nach Satz 1 zwei Monate.

(3) Die Vollziehung ist vor der Zustellung des Arrestbefehls an den Schuldner zulässig. Sie ist jedoch ohne Wirkung, wenn die Zustellung nicht innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und vor Ablauf der für diese im vorhergehenden Absatz bestimmten Frist erfolgt.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. November 2014 - 1 K 4763/14 - geändert.

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben,

a) entweder die Beigeladenen zu 1 bis 3 zu verpflichten, an 14 (vierzehn) vom Landratsamt Böblingen festzusetzenden Werktagen für die Dauer des Baubetriebs Lärmmessungen (Tagesmessungen) durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen und das Messprotokoll dem Landratsamt Böblingen jeweils unverzüglich zu übermitteln

oder entsprechende eigene Messungen durchzuführen oder durchführen zu lassen;

Messungen sind mit dem Landratsamt Böblingen abzustimmen; das Messverfahren der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.08.1970 (AVV Baulärm) ist zu beachten.

b) die Beigeladenen zu 1 bis 3 vorläufig zu verpflichten, die Immissionsschutzbehörde ab sofort jeweils bis spätestens freitags für die Folgewoche über die Baumaßnahmen, die Dauer und die zu erwartenden Immissionsbeeinträchtigungen aus dem Baubetrieb umfassend zu informieren,

sowie

der Immissionsschutzbehörde eine Prognose über die zu erwartende Lärmbelastung und einen Maßnahmekatalog zur Reduzierung der Schallimmissionen auf die in der Verfügung des Landratsamt Böblingen vom 19.03.2014 festgesetzten Immissionsrichtwerte unter Berücksichtigung von Nr. 4.1 AAV Baulärm i.V.m. Anlage 5 vorzulegen; Prognose und Maßnahmekatalog sind durch einen qualifizierten Sachverständigen zu erstellen;

sind lärmintensive Bauarbeiten (Bauarbeiten, bei denen Überschreitungen der Richtwerte zu erwarten sind) geplant, ist dies der Antragstellerin mitzuteilen.

c) die Bauarbeiten auf den Grundstücken ...-Straße ..., ...-...-Straße ... und ... unverzüglich vorläufig einzustellen, sofern einzelne Tagesmessungen nach Buchstabe a) oder sonstige von der zuständigen Behörde angeordnete Lärmmessungen ergeben, dass hierdurch die Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags (7 bis 20 Uhr) und 45 dB(A) nachts (20 Uhr bis 7 Uhr) um mehr als 5 dB(A) überschritten werden oder die Lärmprognose nach Buchstabe b) eine entsprechende Überschreitung erwarten lässt;

die Baueinstellung ist aufzuheben, wenn die Beigeladenen zu 1 bis 3 nachweisen, dass sie geeignete Maßnahmen zur Lärmreduzierung auf die vorgeschriebenen Immissionsrichtwerte durchführen, oder nachweisen, dass eine Lärmreduzierung auf die maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach dem Stand der Technik auch bei Ausschöpfung aller Maßnahmen nach Nr. 4.1 AVV Baulärm i.V.m. Anlage 5 nicht möglich ist (unvermeidbarer Baulärm).

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2. Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen der Antragsgegner die Hälfte und die Beigeladenen zu 1 bis 3 jeweils 1/6.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin begehrt, im Wege einer einstweiligen Anordnung gegen Baustellenlärm einzuschreiten.
Die Antragstellerin ist Mieterin einer Wohnung im 4. Obergeschoss des Gebäudes ...Straße ... in ... Unter dem 20.06.2012/ 27.02.2013 erhielten die Beigeladenen zu 1 und 2 die Baugenehmigung zum Neubau von fünf Mehrfamilienwohnhäusern mit Gemeinschaftstiefgarage und oberirdischen Stellplätzen auf den Grundstücken ...-Straße ..., ...-Straße ... und ... (Böblinger Flugfeld). Die Beigeladenen sind nach ihrem Vortrag jeweils für die Ausführung verschiedener Bauabschnitte zuständig; es besteht eine gemeinsame Projektleitung und eine gemeinsame Bauleitung. Der Bauabschnitt I befindet sich unmittelbar auf der der Wohnung der Antragstellerin gegenüberliegenden Straßenseite. Nach Baubeginn im Jahre 2013 kam es wiederholt zu Beschwerden u.a. der Antragstellerin über unzumutbare Lärmimmissionen. Daraufhin erließ das Landratsamt mehrere jeweils auf §§ 22 Abs. 1, 24 Satz 1 BImSchG gestützte und vollziehbare Anordnungen zur Minderung des Baustellenlärms. Unter anderem ordnete das Landratsamt mit Entscheidung vom 19.03.2014 an, dass die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm für Mischgebiete von 60 dB(A) tags (7 bis 20 Uhr) und 45 dB(A) nachts (20 Uhr bis 7 Uhr) am Immissionsort ...-Straße ... einzuhalten sind, der Betrieb von Heizgeräten zur Nachtzeit unzulässig ist und die Einhaltung der Immissionsrichtwerte gutachtlich nachzuweisen ist. Mit Entscheidung vom 23.04.2014 ordnete das Landratsamt an, dass Anlieferungen auf der Baustelle auf die Tagzeit (7 Uhr bis 20 Uhr) beschränkt sind, der Betrieb der Estrichmaschine gegenüber dem Gebäude ...-Straße ... unzulässig ist und die Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte gutachterlich nachzuweisen ist. Mit Entscheidung vom 21.08.2014 wurde eine Schallimmissionsmessung angeordnet. Mit Entscheidung vom 10.09.2014 verfügte das Landratsamt, dass lärmintensive Tätigkeiten nicht bzw. nur unter bestimmten, beispielhaft genannten Lärmschutzmaßnahmen (Einsatz von mobilen Lärmschutzwänden u.ä.) durchgeführt werden dürfen. Für die Nichtbefolgung der Entscheidungen vom 19.03.2014, 23.04.2014 und vom 10.09.2014 wurden jeweils Zwangsgelder in Höhe von 1.000 oder 1.500 EUR angedroht.
Im Laufe des Verfahrens wurden mehrere Schallimmissionsmessungen durch sachverständige Stellen durchgeführt, die überwiegend erhebliche Überschreitungen der Immissionsrichtwerte der AVV Lärm ergaben. Mit Stellungnahmen vom 03.03.2014, vom 11.04.2014, vom 11.06.2014 und vom 10.07.2014 gelangte die Dekra Automobil GmbH zu dem Ergebnis, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Messtag jeweils um mehr als 5 dB(A) überschritten worden seien. Mit Stellungnahme vom 18.09.2014 teilte die Dekra mit, dass eine Messung am 28.08.2014 eine Überschreitung von 4 dB(A) ergeben habe; die Schallprognose für noch ausstehende lärmintensive Arbeiten, wie etwa den Abbruch von Betonfundamenten, lasse Überschreitungen um 7 dB(A) erwarten. Eine Schallmessung des TÜV Süd am 04.08.2014 ergab einen Mittelungspegel von 71,5 bzw. 77,7 dB(A) (Stellungnahme vom 25.09.2014). Entsprechende Ergebnisse zeigte eine Vielzahl im Auftrag der Antragstellerin durchgeführter Schallmessungen mit einem Handmessgerät.
Nachdem die Antragstellerin wiederholt Fotodokumentationen und Messprotokolle vorgelegt hatte, wonach lärmintensive Maßnahmen an der Südfassade des Bauabschnitts I ohne ausreichenden Lärmschutz durchgeführt worden waren, setzte das Landratsamt am 16.10.2014 das in der Verfügung vom 10.09.2014 angedrohte Zwangsgeld fest und drohte ein weiteres Zwangsgeld an.
In der Folgezeit legte die Antragstellerin weitere Fotodokumentationen und eidesstattliche Versicherungen über lärmintensive Tätigkeiten auf der Baustelle im November und Dezember 2014 sowie zahlreiche Messprotokolle über Lärmpegel von deutlich mehr als 70 dB(A) vor.
Am 28.10.2014 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
durch geeignete öffentlich-rechtliche Maßnahmen nach §§ 24, 26 BlmSchG zu verhindern, dass von der Großbaustelle auf den Grundstücken in der...-...Straße ... und ...Straße ..., Gemarkung Böblingen … Lärmimmissionen austreten, die zur Überschreitung der in der AVV Baulärm festgesetzten Immissionsrichtwerte von tagsüber (7 bis 20 Uhr) 60 dB(A) und nachts (20 bis 7 Uhr) 45 dB(A) 0,5 m vor einem geöffneten, von den Geräuschen betroffenen Fenster der Wohnung der Antragstellerin führen, und die Verfügungen vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 effektiv auszuführen und zu vollziehen, insbesondere durch folgende beispielhaft aufgeführte Maßnahmen:
a) sofortige vorläufige Stilllegung der Abbrucharbeiten der Kranfundamente im Bauabschnitt BA III …
b) sofortige Stilllegung lärmintensiver Arbeiten entlang der Südfassade (Bohr-, Schleif- und Sägearbeiten, Arbeiten mit Gasbrennern und Rührgeräten für Mörtel, Erdverdichtungen mit Rüttelplatten etc.) des Bauabschnitts BA I, solange bis ausreichende, dem Stand der Technik entsprechende Schallabschirmungen gemäß Anlage 5 der AVV-Baulärm angebracht sind;
10 
c) unverzüglich eigene Lärmermittlungen an 14 Werktagen am Immissionsort oder Lärmermittlungen durch geeignete Sachverständige durchführen zu lassen oder dem Betreiber der Baustelle aufzugeben, auf eigene Kosten Lärmermittlungen durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen (§ 26 BlmSchG) und deren Ergebnisse in den Behördenakten zu dokumentieren;
11 
d) eine Prognose über die zu erwartende Lärmbelastung auf der Grundlage eines Maßnahmenkatalogs vorzulegen und zwar immer freitags für die Folgewoche; der Maßnahmenkatalog und die Prognose sind durch einen qualifizierten Gutachter zu erstellen oder deren Erstellung ist der Betreiberin aufzugeben (§ 26 BlmSchG) und die Prognosen und Maßnahmenkataloge sind in den Behördenakten zu dokumentieren.
12 
Nach Abschluss der Abbrucharbeiten des Kranfundaments erklärte die Antragstellerin, ihr Antrag habe sich insoweit erledigt.
13 
Mit Beschluss vom 28.11.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Antrag als unzulässig abgelehnt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Antragstellerin fehle das Rechtsschutzinteresse, weil der Antragsgegner bereits geeignete Maßnahmen zum Schutz der Antragstellerin vor unzumutbarem Baulärm ergriffen habe und um deren Durchsetzung bemüht sei. Komme der Betreiber einer Anordnung nach § 24 Satz 1 BImSchG nicht nach, sei in der Regel Zwangsgeld festzusetzen. Einer Untersagung nach § 25 Abs. 1 BImSchG stehe der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entgegen. Es sei nicht dargelegt, dass die Beigeladenen nicht willens oder in der Lage seien, den Anordnungen nach § 24 Satz 1 BImSchG nachzukommen. § 26 BImSchG komme keine drittschützende Wirkung zu.
14 
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Sie führt aus, das Verwaltungsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es nicht zur Kenntnis genommen habe, dass sie erhebliche Überschreitungen der zulässigen Lärmrichtwerte und Verstöße gegen die Anordnungen des Landratsamts am 17. und 18.11.2014 sowie am 25., 26., 27. und 28.11.2014 detailliert glaubhaft gemacht habe. Das Landratsamt sei nur unzureichend oder zu spät tätig geworden; es bestünden erhebliche Überwachungs- und Vollzugsdefizite. Es stünden noch umfangreiche lärmintensive Arbeiten aus.
15 
Der Antragsgegner und die Beigeladenen sind der Beschwerde entgegengetreten. Der Antragsgegner macht im Wesentlichen geltend, er sei bereits umfangreich tätig geworden; eine lückenlose Überwachung der Baustelle sei nicht zu leisten. Die Beigeladenen tragen im Wesentlichen vor, die Beschwerde sei mangels hinreichender Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss bereits unzulässig. Die Arbeiten an der Südfassade des Bauabschnitts I seien weitgehend abgeschlossen.
16 
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden einschlägigen Akten des Antragsgegners und die Akten des Verwaltungsgerichts sowie die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
17 
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht und in einer den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise begründet worden. Sie ist in dem im Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
18 
1. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts besteht ein Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO. Ein solches allgemeines Rechtschutzbedürfnis kann nur ausnahmsweise verneint werden, etwa wenn die begehrte einstweilige Anordnung ins Leere geht, weil die Baumaßnahmen vollständig abgeschlossen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.01.1995 - 7 VR 16/94 - juris). So liegt es hier nicht. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass die Herstellung der Fassadenverkleidung entlang der Südfassade, des Vorgartenbereichs und der Eingangsbereiche sowie die Herrichtung der Ost- und Westfassade sowie die Fertigstellung der Gebäude in den Bauabschnitten II und III noch aussteht. Die Beigeladenen haben zwar geltend gemacht, dass die Arbeiten an der Südseite des Gebäudes im Bauabschnitt I weitgehend abgeschlossen seien, sind aber dem Vortrag der Antragstellerin im Hinblick auf das Ausstehen der übrigen Bauarbeiten nicht substantiiert entgegengetreten. Es kann bei der gebotenen summarischen Prüfung auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Baulärm der Bauabschnitte II und III die Antragstellerin von vornherein nicht berührt. Sie hat vielmehr geltend gemacht, dass insbesondere die Arbeiten an den oberen Stockwerken des 14stöckigen Gebäudes im Bauabschnitt III nicht durch das näher gelegene, tiefere Gebäude im Bauabschnitt I abgeschirmt werden. Im Übrigen haben nach Aktenlage in der Vergangenheit auch Arbeiten im entfernter gelegenen Bauabschnitt III - wie etwa der Abbruch der Kranfundamente - erhebliche Lärmbelästigungen der Antragstellerin hervorgerufen. Es ist auch glaubhaft gemacht, dass es nicht ausschließlich um Arbeiten im öffentlichen Straßenraum geht.
19 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann das Rechtsschutzinteresse auch nicht deshalb verneint werden, weil die zuständige Behörde dem Begehren der Antragstellerin im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in vollem Umfang entsprochen hätte (zu dieser Fallkonstellation Hessischer VGH, Beschluss vom 11.10.2013 - 9 B 1989/13 - juris). Vielmehr besteht ein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung, weil die zuständige Behörde zwar immissionsschutzrechtliche Anordnungen zur Reduzierung von Baustellenlärm getroffen hat, ihre Eignung zwischen den Beteiligten aber gerade umstritten ist. Ob dem Betroffenen noch ein (weiterer) sicherungsfähiger Anspruch auf Einschreiten der Behörde zusteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags (a.A. wohl Hessischer VGH, Beschluss vom 11.10.2013 - 9 B 1989/13 - a.a.O.). Die Verneinung eines allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses liegt aber auch deshalb fern, weil während des gerichtlichen Verfahrens noch fortlaufende Verstöße gegen die Anordnungen des Landratsamts vorgetragen wurden und die Antragstellerin ausdrücklich ein Vollzugsdefizit gerügt hat.
20 
2. Es kann dahinstehen, ob der angefochtene Beschluss an dem gerügten Verfahrensmangel leidet. Die von der Antragstellerin geltend gemachte Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) führt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weil sich der Betroffene im Beschwerdeverfahren umfassend äußern kann. Der Gehörsverstoß wird mithin geheilt und wirkt sich nicht mehr auf das Ergebnis der Entscheidung des Beschwerdegerichts aus.
21 
3. Der angefochtene Beschluss ist zu ändern, weil der Antragstellerin ein Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zusteht.
22 
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um u.a. wesentliche Nachteile abzuwehren. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich („glaubhaft“) sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird. Welche Anforderungen an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, weil sie faktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andernfalls schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existentielle Gefahren für Leben und Gesundheit drohen (vgl. zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.05.2009 - 10 S 494/09 -, m.w.N.). Das Gericht hat beim Erlass einer einstweiligen Anordnung einen weiten Ermessensspielraum (§ 123 Abs. 3 i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO) und ist an die Fassung des Antrags nicht gebunden (§ 88 VwGO entsprechend; vgl. Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/ von Albedyll, VwGO, Kommentar, 5. Auflage, § 123 Rn. 56).
23 
Nach diesem Maßstab liegen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund vor. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache überwiegen (dazu 3.1.). Der Antragstellerin ist es nicht zuzumuten, den von der Baustelle ausgehenden Lärm bis zu einer eventuellen Hauptsacheentscheidung weiter zu dulden. Die der Antragstellerin drohenden irreversiblen Nachteile und Belästigungen rechtfertigen auch eine teilweise Vorwegnahme der Hauptsache (dazu 3.2.).
24 
3.1. Die Antragstellerin hat bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Betrachtung gemäß §§ 22, 24 Satz 1 BImSchG einen sicherungsfähigen Anspruch auf erneutes Einschreiten der Immissionsschutzbehörde gegen die beigeladenen Bauherrinnen. Es ist zudem überwiegend wahrscheinlich, dass ihr auch ein Rechtsanspruch auf einen vorläufigen Baustopp nach § 25 Abs. 1 BImSchG zusteht, sofern die angeordneten Maßnahmen zur Lärmermittlung eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben sollten.
25 
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind (Nr. 1) und unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden (Nr. 2). § 3 Abs. 1 BImSchG definiert schädliche Umwelteinwirkungen als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Nach § 24 Satz 1 BImSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 BImSchG erforderlichen Anordnungen treffen. Kommt ein Betreiber einer Anlage einer vollziehbaren behördlichen Anordnung nach § 24 nicht nach, so kann die zuständige Behörde nach § 25 Abs. 1 BImSchG den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen. Nach § 26 BImSchG kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Betreiber einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage u.a. die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine bekannt gegebene Stelle ermitteln lässt, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden (Satz 1). Die zuständige Behörde ist befugt, Einzelheiten über Art und Umfang der Ermittlungen sowie über die Vorlage des Ermittlungsergebnisses vorzuschreiben (Satz 2). § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG ist drittschützend; wird gegen die dort begründeten Pflichten verstoßen, haben Dritte daher einen Rechtsanspruch auf fehlerfreie Ausübung des der Behörde nach § 24 Satz 1 BImSchG bzw. nach § 25 Abs. 1 BImSchG zustehenden Ermessens (vgl. Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage, § 22 Rn. 65, § 24 Rn. 23, § 25 Rn. 9 m.w.N.). Beruft sich ein Nachbar auf eine erhebliche Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz seiner Rechte dienen, ist das Entschließungsermessen der Behörde regelmäßig auf Null reduziert. In der Regel steht der Behörde allerdings ein Auswahlermessen zu (vgl. Senatsurteil vom 04.11.2014 - 10 S 1663/11 - juris m.w.N.). Ob ein solcher Anspruch auch im Hinblick auf § 26 BImSchG besteht, ist umstritten (bejahend Jarass, a.a.O. § 26 Rn. 25, § 52 Rn. 25 ff.; ablehnend etwa Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Stand August 2014, § 26 BImSchG Rn. 37).
26 
Die Baumaschinen sowie die über mehrere Monate betriebene Baustelle als solche sind nach § 3 Abs. 5 Nr. 2 und 3 BImSchG nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 74, § 22 Rn. 11). Für Geräuschimmissionen von Baustellen konkretisiert die Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.08.1970 (AVV Baulärm) den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen; der AVV Baulärm kommt dabei eine normkonkretisierende Wirkung zu (vgl. § 66 Abs. 2 BImSchG; BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 7 A 11/11 - juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 - juris Rn. 131; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.12.2009 - 8 B 11243/09 - juris). Nr. 3.1.1 Buchst. c) AVV Baulärm setzt als Immissionsrichtwert für das hier in Rede stehende Mischgebiet tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) fest. Überschreitet der nach Nr. 6 AVV Baulärm ermittelte Beurteilungspegel des von Baumaschinen hervorgerufenen Geräusches den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A), sollen gemäß Nr. 4.1 AVV Baulärm Maßnahmen zur Minderung der Geräusche angeordnet werden (sog. Eingreifrichtwert).
27 
Danach hat die Antragstellerin voraussichtlich einen sicherungsfähigen Anspruch auf Anordnung geeigneter Maßnahmen zur Begrenzung des von der Baustelle der Beigeladenen verursachten Lärms an ihrer Wohnung auf die Immissionsrichtwerte von tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) zuzüglich eines Eingriffszuschlags von 5 dB(A) (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 11.10.2013 a.a.O.). Auch die Voraussetzungen für eine vorläufige Stilllegung der Baustelle dürften vorliegen. Dem steht nicht entgegen, dass das Landratsamt - wie der Senat nicht verkennt - im vorliegenden Fall bereits umfangreich im Interesse der Antragstellerin tätig geworden ist. Denn die durchgeführten Maßnahmen haben sich als unzureichend erwiesen.
28 
Durch zahlreiche schalltechnische Messungen ist nachgewiesen, dass die in der AVV Baulärm festgesetzten und in der Verfügung des Landratsamts vom 19.03.2014 nochmals konkretisierten Immissionsrichtwerte an der Wohnung der Antragstellerin im Laufe des Jahres 2014 vielfach beträchtlich, insbesondere über den Eingreifrichtwert nach Nr. 4.1 AVV Baulärm hinaus, überschritten wurden. Es ist ferner mit einer für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausreichenden Gewissheit glaubhaft gemacht, dass auch die auf § 24 Satz1 1 BImSchG gestützte Verfügung des Landratsamts vom 10.09.2014 nicht befolgt wurde. Die Antragstellerin hat umfangreiche Fotodokumentationen über lärmintensive Tätigkeiten an der Südfassade im Bauabschnitt I noch im November und Dezember 2014 sowie entsprechende Messprotokolle vorgelegt, die auf erhebliche Immissionsrichtwertüberschreitungen hinweisen, und entsprechende eidesstattliche Versicherungen u.a. ihres Architekten vorgelegt. Der Antragsgegner hat eingeräumt, dass auch in der Zeit zwischen dem 03.12. und dem 17.12.2014 wohl gegen die Anordnung vom 10.09.2014 verstoßen worden sei. Nach Aktenlage wurden auch zuvor im Oktober und November 2014 äußerst lärmintensive Tätigkeiten wie etwa der Abbruch von Betonfundamenten durchgeführt. Ungeachtet dessen, ob die Messungen der Antragstellerin in vollem Umfang dem Messverfahren der AVV Baulärm entsprechen, werden diese Messungen jedenfalls auch von dem Antragsgegner orientierend herangezogen und als hinreichend qualifiziert und valide angesehen, um die Festsetzung von Zwangsgeldern zu begründen. Den auf § 24 Satz 1 BImSchG gestützten und sofort vollziehbaren Verfügungen des Landratsamts vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 wurde mithin von den Beigeladenen nicht nachgekommen. Weder diese allgemein auf die Einhaltung der Immissionsrichtwerte gerichteten Anordnungen vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 noch die vom Landratsamt angeordneten tätigkeitsbezogenen Messungen, die Maßnahmen des Verwaltungszwangs oder der vom Landratsamt eingerichtete „Lärm-Jour-fixe“ haben zum Erfolg geführt. Lärmminderungsmaßnahmen werden von den Beigeladenen nicht, nur ungenügend oder nur zögerlich durchgeführt. Nach Aktenlage scheint es sich auch nicht nur um Fehler einzelner Mitarbeiter zu handeln, vielmehr spricht einiges dafür, dass eine unzureichende Überwachung etwa der beauftragten Subunternehmer vorliegt. Aufgrund der ständig wechselnden Gegebenheiten auf der Baustelle und des für Außenstehende nicht vorhersehbaren Bauablaufs sind lärmintensive Arbeiten oftmals bereits beendet, bevor die Behörde anlassbezogene Maßnahmen ergreifen kann, wie etwa der Vorfall vom 28.10.2014 zeigt. Der vom Antragsgegner verfolgte tätigkeitsbezogene Ansatz hat sich mithin als nicht hinreichend wirksam erwiesen. Es spricht daher vieles dafür, dass die Behörde noch nicht hinreichend geeignete und effektive Maßnahmen zum Schutz der Anwohner vor schädlichen Lärmimmissionen ergriffen hat; insbesondere dürfte es an Anordnungen fehlen, die ihr die Möglichkeit verschaffen tätig zu werden, bevor die Anwohner den schädlichen Umwelteinwirkungen irreversibel ausgesetzt werden. Daneben dürften auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen vorläufigen Baustopp vorliegen. Wie ausgeführt, wurde nach Aktenlage gegen die Verfügungen des Landratsamts vom 19.03.2014 und vom 10.09.2014 verstoßen. Hat ein Betreiber einer die Betriebsweise betreffenden Anordnung in der Vergangenheit wiederholt zuwider gehandelt, kann angenommen werden, dass er ihr auch künftig nicht nachkommt (vgl. Hansmann a.a.O. § 25 BImSchG Rn. 12, 15). Zumindest wenn die in Ziffer 1 Buchst. a) und b) des Tenors angeordneten Lärmmessungen bzw. Lärmprognosen oder sonstige sachverständige Messungen eine vermeidbare Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben, kann von einer Nichtbefolgung der Verfügung vom 19.03.204, je nach Sachlage auch der Verfügung vom 10.09.2014, ausgegangen werden.
29 
Schließlich liegen auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 BImSchG vor, weil nach den vorstehenden Ausführungen der begründete Verdacht besteht, dass auch derzeit noch schädliche Umwelteinwirkungen in Form von Lärm von der Baustelle ausgehen.
30 
Bei summarischer Prüfung neigt der Senat auch zu der Annahme, dass das Ermessen der Behörde im Hinblick auf ein weiteres Einschreiten nach §§ 24 Satz 1, 25 Abs. 1, 26 BImSchG auf Null reduziert ist. Im Hinblick auf die Hartnäckigkeit und Dauer der Verstöße gegen die festgesetzten Immissionsrichtwerte besteht die konkrete Gefahr, dass die Beigeladenen ihren Pflichten aus § 22 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BImSchG i.V.m. der AVV Baulärm weiterhin nicht nachkommen. Die Antragstellerin hat Lärmbelastungen über 70 dB(A) tags über längere Zeiträume geltend gemacht und diesbezüglich eigene Lärmmessungen vorgelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die durch die Grundrechtsordnung zum Schutze der Gesundheit und des Eigentums gezogenen Grenzen situationsbedingt bei Lärmwerten von mehr als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts überschritten sein, d.h. oberhalb dieser Werte ist der Staat regelmäßig zur Abwehr einer Gesundheitsgefährdung nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und einer Eigentumsverletzung nach Art. 14 Abs. 1 GG verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1997 - 11 A 17/96 - juris; Urteil vom 20.05.1998 - 11 C 3/97 - juris; Beschluss vom 26.01.2000 - 4 VR 19/99 - juris mit Nachweisen zur Rspr. des BGH; Urteil vom 10.11.2004 - 9 A 67/03 - juris; Beschluss vom 30.07.2013 - 7 B 40/12 -juris). Ob diese Werte bei Anwendung des Messverfahrens der AVV Baulärm, etwa der Zeitkorrekturen, tatsächlich erreicht werden, ist offen; auch die Dekra Automobil GmbH hat jedenfalls einzelne Maximalpegel über 70 dB(A) gemessen. Es spricht zudem vieles dafür, dass bereits eine dauerhafte mittlere Lärmbelastung oberhalb eines Schwellenwerts von 60 bis 65 dB(A) tags zu physiologischen Lärmwirkungen in Form einer Aktivierung der vegetativen Funktionen des Körpers führt, wodurch auf Dauer etwa das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck signifikant steigt (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 04.11.2014 - 10 S 1663/11 – a.a.O. m.w.N.). Diese Werte wurden nach den von der Dekra Automobil GmbH auf der Grundlage der AVV Baulärm ermittelten Beurteilungspegeln regelmäßig erreicht oder überschritten. Die Antragstellerin hat auch glaubhaft gemacht, mittlerweile an Bluthochdruck zu leiden; im Übrigen ist sie den Lärmbelastungen durch die Baustelle bereits ca. 1 1/2 Jahre ausgesetzt. Die hiermit im Zusammenhang stehende Frage, ob eine konkrete Gesundheitsgefahr im immissionsschutzrechtlichen Sinne vorliegt, die die Behörde bereits nach § 25 Abs. 2 BImSchG zum Einschreiten verpflichtet würde, kann allerdings im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden und vorliegend auch dahinstehen. Denn nach den vorliegenden Messungen der Dekra Automobil GmbH, des TÜV Süd und der Antragstellerin wird jedenfalls der Eingreifrichtwert nach Nr. 4.1 Satz 1 AVV Baulärm (Immissionsrichtwert zuzüglich 5 dB(A)) regelmäßig überschritten. Der Frage, ob wegen der aus den Akten ersichtlichen erheblichen Verkehrslärmbelastung nach Nr. 4.1. Satz 3 AVV Baulärm vom Maßnahmen zur Lärmminderung abgesehen kann, erscheint im Hinblick auf die Andersartigkeit der Geräusche zweifelhaft; die Klärung dieser Frage kann aber ebenfalls nicht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erfolgen. Bei der gegebenen Sachlage spricht jedenfalls vieles dafür, dass die Immissionsschutzbehörde rechtlich gehalten ist, weitere Maßnahmen zu einer effektiven Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin zu ergreifen.
31 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einer vorläufigen Stilllegung der Baustelle nach § 25 Abs. 1 BImSchG nicht entgegen. § 25 Abs. 1 BImSchG gibt der Behörde eine gegenüber dem Verwaltungszwang selbstständige und zusätzliche Sanktionsmöglichkeit, die vom Gesetzgeber nicht nachrangig ausgestaltet worden ist (vgl. Jarass a.a.O. § 25 Rn. 1, Hansmann a.a.O. § 25 Rn. 9). Zwar dürfte die Festsetzung der angedrohten Zwangsgelder die Beigeladenen weniger belasten als ein Baustopp. Gleichwohl gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht, als milderes Mittel zunächst die fraglichen Anordnungen zu vollstrecken. Ein milderes Mittel ist nur dann zu ergreifen, wenn es in gleicher Weise wie die schwerwiegendere Maßnahme zur Zweckerreichung geeignet ist. Die angedrohten und teilweise festgesetzten Maßnahmen des Verwaltungszwangs haben sich aber als unwirksam erwiesen. Das im Vergleich zum Bauvolumen zu vernachlässigende Zwangsgeld in Höhe von 1.000 bzw. 1.500 EUR ist - selbst wenn es mehrfach festgesetzt werden sollte - ersichtlich nicht geeignet, die Beigeladenen zu beeindrucken. Im Übrigen ist bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen, dass sich die Lärmimmissionen nach Ausmaß und Dauer jedenfalls im Randbereich der Gesundheitsgefährdung bewegen und die Antragstellerin den Lärmbelastungen irreversibel ausgesetzt ist. Demgegenüber kann eine vorübergehende Stilllegung ohne weiteres wieder aufgehoben werden. Die gesundheitlichen Interessen der Anwohner müssen auch nicht von vornherein gegenüber den bei einer Stilllegung beeinträchtigten wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen zurückstehen. Auch im Hinblick auf den erheblichen Zeitraum und die Hartnäckigkeit der Verstöße gegen die Anordnungen des Landratsamts kann ein weiteres Einschreiten voraussichtlich nicht ohne Rechtsfehler abgelehnt werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dürfte es allerdings gebieten, zunächst zu ermitteln, ob im Hinblick auf den Baufortschritt im Bauabschnitt I und die Bautätigkeit in den entfernter gelegenen Bauabschnitten II und III gegenwärtig noch Immissionsrichtwertüberschreitungen zu befürchten sind. Dem tragen die in Ziffer 1 Buchst. a) und b) des Tenors angeordneten Maßnahmen Rechnung.
32 
Die umstrittenen Fragen, ob Dritte einen Rechtsanspruch auf Überwachungsmaßnahmen nach §§ 52 Abs. 1, § 26 BImSchG haben können und ob die Befugnisnorm des § 26 BImSchG gegenüber der Regelung des § 24 Satz 1 BImSchG abschließend ist, können im vorliegenden Verfahren nicht geklärt werden. Es spricht aber vieles dafür, dass Dritte einen Anspruch auf Überwachungsmaßnahmen im Einzelfall haben, sofern ein begründeter Verdacht besteht, dass die Voraussetzungen einer auch ihrem Schutz dienenden Anordnung erfüllt sind (Jarass, a.a.O. § 52 Rn. 26, str.). Vorliegend ist die Ermittlung der gegenwärtigen Schallimmissionen im Einwirkungsbereich der Baustelle jedenfalls eine schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderliche Voraussetzung für die Anordnung von Maßnahmen nach § 24 Satz 1 und § 25 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der unstreitig drittschützenden Norm des § 22 Abs. 1 BImSchG. Es erscheint daher geboten, den Antragsgegner zunächst zur Klärung dieser Vorfrage zu verpflichten.
33 
3.2. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass auch ein Anordnungsgrund vorliegt. Der Antragstellerin ist es nicht zuzumuten, den von der Baustelle ausgehenden Lärm, der nach derzeitigem Erkenntnistand regelmäßig die Richtwerte der AVV Baulärm deutlich überschreitet, bis zu einer eventuellen Hauptsacheentscheidung zu dulden. Wie ausgeführt, bewegen sich die Lärmimmissionen zumindest an der Grenze zur Gesundheitsgefährdung, zumal bei einem Bauzeitraum von mehr als einem Jahr nicht von einer nur vorübergehenden Belästigung gesprochen werden kann. Letztlich kann aber offen bleiben, ob die Antragstellerin eine durch den Lärm verursachte konkrete Gesundheitsgefahr glaubhaft gemacht hat. Denn Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, hier durch Geräusche, ist nach § 22 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG nicht erst dann zu gewähren, wenn eine konkrete Gesundheitsgefahr eintritt, sondern schon dann, wenn erhebliche Belästigungen auftreten (vgl. Senatsurteil vom 04.11.2014 a.a.O.; Senatsbeschluss vom 31.01.2012 - 10 S 2361/11 -, Senatsbeschluss vom 23.02.2012 - 2428/11 -VBlBW 2012, 469). Zumindest letzteres ist aller Voraussicht nach hier der Fall. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin - wie ausgeführt - bei dem laufenden Baustellenbetrieb irreversible Nachteile erleidet, wohingegen die Anordnungen der Immissionsschutzbehörde im Grundsatz vorläufig ergehen können. Soweit die Hauptsache faktisch vorweggenommen wird, ist dies den Beigeladenen bei Abwägung der betroffenen gegenseitigen Interessen zumutbar.
34 
3.3. Bei Anwendung des dem Senat gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO eröffneten weiten Ermessens war deshalb die im Tenor ersichtliche einstweilige Regelung zu treffen. Der Senat verkennt nicht, dass der Behörde grundsätzlich ein Auswahlermessen hinsichtlich der durchzuführenden Maßnahmen zusteht. Bei der gegebenen Sachlage und der besonderen Eilbedürftigkeit des Falles gebietet es aber das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, unverzüglich konkrete und vollstreckbare Anordnungen zu treffen. Andernfalls würde der Streit zwischen den Beteiligten, welche Maßnahmen im Einzelnen zur Lärmminimierung geeignet und erforderlich sind, bis auf weiteres nicht beigelegt und die Antragstellerin weiterhin rechtsschutzlos gestellt. Der gerichtliche Rechtsschutz kann sich daher nicht darauf beschränken, dass Landratsamt lediglich zur Anordnung nicht näher spezifizierter geeigneter Maßnahmen zu verpflichten.
35 
Bei der Anordnung der in Ziffer 1 des Tenors genannten Maßnahmen hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:
36 
Da die derzeitige Lärmentwicklung auf der Baustelle zwischen den Beteiligten umstritten ist, erscheint es zunächst sachgerecht, Lärmmessungen über den gesamten Tageszeitraum in einer aussagekräftigen Zahl durchführen zu lassen, weil tätigkeitsbezogene punktuelle Lärmmessungen aufgrund der ständig wechselnden Bauabläufe - wie der Antragsgegner einräumt - ihren Zweck teilweise nicht erfüllt haben. Es trifft zwar zu, dass auch solche Messungen nur bedingt aussagekräftig sind, wie der Antragsgegner zu Recht einwendet. Gleichwohl erscheinen sie - zumal wenn eine Abstimmung der Messtage mit der Immissionsschutzbehörde erfolgt - repräsentativer als Einzelmessungen. Es bleibt der Behörde unbenommen, zusätzlich tätigkeitsbezogene Einzelmessungen anzuordnen oder selber durchzuführen sowie die erforderlichen Tagesmessungen über die angeordnete Anzahl hinaus fortführen zu lassen. Der Behörde dürfte allerdings ein Auswahlermessen insoweit zustehen, als sie entweder die Betreiber der Baustelle nach §§ 24 Satz 1, § 26 BImSchG zur Durchführung der erforderlichen Messungen verpflichten oder auf der Grundlage des § 52 Abs. 1 BImSchG eigene Überwachungsmaßnahmen durchführen kann (vgl. Jarass a.a.O. § 26 Rn. 3; Hansmann a.a.O. § 26 Rn. 37). Die Antragstellerin hat zu Recht auch nicht beantragt, dass die Behörde gerade nach § 26 BImSchG vorgeht.
37 
Weiter erscheint es sachgerecht, die Antragstellerin und die Immissionsschutzbehörde im Vorfeld über die zu erwartende Lärmentwicklung zu informieren und die Betreiberinnen eine Lärmprognose sowie einen Maßnahmekatalog zur Lärmminderung vorlegen zu lassen. Zwar wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass eine detaillierte Lärmprognose nicht verlangt werden könne (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 a.a.O. m.w.N.). Dies mag im Verfahren der Fachplanung gelten, nicht aber während des laufenden Baubetriebs. Der Senat verkennt nicht, dass auf einer Großbaustelle ständig wechselnde Betriebszustände bestehen. Gerade bei einer Großbaustelle sind aber die Baumaßnahmen, insbesondere der Einsatz von größeren Baumaschinen, schon aus Kostengründen detailliert zu planen, aufeinander abzustimmen und zu koordinieren; es erscheint daher bei allen Unwägbarkeiten im Bauablauf grundsätzlich zumutbar zu prognostizieren, ob und welche lärmintensiven Baumaßnahmen in der Folgewoche durchgeführt werden, und im Vorfeld entsprechende Lärmminderungsmaßnahmen sicherzustellen. Dies gibt der Antragstellerin Gelegenheit, sich auf die Lärmentwicklung im Vorfeld vorzubereiten und dem Landratsamt die Möglichkeit, sofern erforderlich, zeitnah entsprechende Anordnungen zu treffen und die Lärmentwicklung zu überwachen. Der vom Landratsamt eingerichtete Lärm-Jour-fixe mag zwar zur Lärmminderung beigetragen haben, gleichwohl ist es nach Aktenlage sowie nach den glaubhaften Darlegungen der Antragstellerin offenbar dennoch zu erheblichen Überschreitungen der maßgeblichen Immissionsrichtwerte gekommen.
38 
In Bezug auf die vorläufige Stilllegung der Baustelle bleibt der Senat hinter dem Antrag insoweit zurück, als die Antragstellerin voraussichtlich keinen entsprechenden Rechtsanspruch haben dürfte, solange die Eingreifrichtwerte nach Nr. 4.1 AVV Baulärm (Immissionsrichtwert zuzüglich 5 dB(A)) noch nicht erreicht sind. Bei (einfacher) Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 3.1.1 AVV Baulärm dürfte ihr voraussichtlich nur ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensausübung zustehen. Ferner dürfte es Bedenken im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begegnen, die unverzügliche Stilllegung der Bauarbeiten an der Südfassade unabhängig davon anzuordnen, ob nach dem Stand der Bauarbeiten noch Immissionsrichtwertüberschreitungen vorliegen oder konkret zu befürchten sind. Es erscheint daher sachgerecht, zunächst die derzeitige bzw. bevorstehende Immissionsbelastung abzuklären. Eine vorläufige Stilllegung dürfte allerdings abweichend von den von der Antragstellerin beispielhaft genannten Maßnahmen auch dann in Betracht kommen, wenn die Bautätigkeit in anderen Bauabschnitten zu unzumutbaren Immissionen führt.
39 
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es bei unvermeidbarem Baulärm üblich ist, den betroffenen Anwohnern für die Zeit unzumutbarer Lärmbelastungen einen angemessenen Ersatzwohnraum anzubieten.
40 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 155 Satz 3, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Da die Antragstellerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, sieht der Senat davon ab, sie an der Kostentragung zu beteiligen (§ 155 Satz 3 VwGO).
41 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2 und 3, § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Nrn. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (veröffentlicht u.a. als Sonderbeilage zur VBlBW Heft Januar 2014). Der Senat sieht davon ab, den für das Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwert von 15.000 Euro für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren, weil die Hauptsache voraussichtlich vorweggenommen wird (vgl. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs). Im Hinblick auf den Baufortschritt dürfte sich das Rechtschutzbegehren der Antragstellerin bis zu einer eventuellen Hauptsacheentscheidung erledigt haben.
42 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Bekanntgabe von Stellen im Sinne von § 26, von Stellen im Sinne einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder von Sachverständigen im Sinne von § 29a durch die zuständige Behörde eines Landes berechtigt die bekannt gegebenen Stellen und Sachverständigen, die in der Bekanntgabe festgelegten Ermittlungen oder Prüfungen auf Antrag eines Anlagenbetreibers durchzuführen.

(2) Die Bekanntgabe setzt einen Antrag bei der zuständigen Behörde des Landes voraus. Sie ist zu erteilen, wenn der Antragsteller oder die Antragstellerin über die erforderliche Fachkunde, Unabhängigkeit, Zuverlässigkeit und gerätetechnische Ausstattung verfügt sowie die für die Aufgabenerfüllung erforderlichen organisatorischen Anforderungen erfüllt. Sachverständige im Sinne von § 29a müssen über eine Haftpflichtversicherung verfügen.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Anforderungen an die Bekanntgabe von Stellen und Sachverständigen sowie an bekannt gegebene Stellen und Sachverständige zu regeln. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können insbesondere

1.
Anforderungen an die Gleichwertigkeit nicht inländischer Anerkennungen und Nachweise bestimmt werden,
2.
Anforderungen an das Verfahren der Bekanntgabe und ihrer Aufhebung bestimmt werden,
3.
Anforderungen an den Inhalt der Bekanntgabe bestimmt werden, insbesondere dass sie mit Nebenbestimmungen versehen und für das gesamte Bundesgebiet erteilt werden kann,
4.
Anforderungen an die Organisationsform der bekannt zu gebenden Stellen bestimmt werden,
5.
Anforderungen an die Struktur bestimmt werden, die die Sachverständigen der Erfüllung ihrer Aufgaben zugrunde legen,
6.
Anforderungen an die Fachkunde, Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit und gerätetechnische Ausstattung der bekannt zu gebenden Stellen und Sachverständigen bestimmt werden,
7.
Pflichten der bekannt gegebenen Stellen und Sachverständigen festgelegt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 21. Oktober 1999 für den Bau der U-Bahnlinie 5 im Bezirk Berlin-Mitte in der Fassung des 2. Änderungsbeschlusses vom 27. Juni 2011 (2. Bauabschnitt zwischen Alexanderplatz und U-Bahnhof Brandenburger Tor).

2

Der Planfeststellungsbeschluss von 1999 ist in wesentlichen Teilen bereits umgesetzt worden. Der Streckenteil zwischen dem Hauptbahnhof und dem U-Bahnhof Brandenburger Tor wurde 2008 fertig gestellt und in Betrieb genommen. Im November 2008 beantragte die Beigeladene die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens zur 2. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses. Die 2. Planänderung betrifft den Lückenschluss der U-Bahnlinie U5 zwischen den U-Bahnhöfen Brandenburger Tor und Alexanderplatz. Im Zuge dieser Baumaßnahme werden u.a. drei Bahnhöfe (Berliner Rathaus, Museumsinsel und Unter den Linden) errichtet. Die Gesamttunnellänge zwischen den U-Bahnhöfen Brandenburger Tor und Alexanderplatz beträgt circa 2,2 km.

3

Streitgegenständlich ist vorliegend allein die Errichtung des unterirdischen Bahnhofs Unter den Linden. Der Bahnhof wird als Kreuzungsbahnhof der U-Bahnlinien 5 und 6 gestaltet. Er befindet sich im Schnittpunkt des Boulevards Unter den Linden mit der Friedrichstraße. Im Vergleich zur Planung aus dem Jahr 1999 werden durch die 2. Planänderung der Bahnsteig der U5 nach Osten und der Bahnsteig der U6 einschließlich der südlichen Zugänge um circa 15 m nach Süden verschoben. Die Zugänge und Aufzüge im Kreuzungsbereich werden auf der Mittelpromenade Unter den Linden angeordnet; zudem wird das Bahnhofsbauwerk um einen neuen Ausgang zur Charlottenstraße erweitert. Im Gegensatz zur ursprünglichen Planung werden Baumaßnahmen auf der nördlichen Seite der Mittelpromenade Unter den Linden nicht mehr erforderlich, so dass der Verkehr während der Bauzeit über die Nordfahrbahn der Straße Unter den Linden geführt werden kann. Der Beklagte hat die Planänderung überdies zum Anlass genommen, die im Bereich der Bahnhofsbaustellen baubedingt auftretenden Beeinträchtigungen der Nachbarschaft neu zu bewerten.

4

Der Bahnhof Unter den Linden wird in vier Baufeldern teils in offener und teils in geschlossener Bauweise unterhalb der Deckelung errichtet. In der Friedrichstraße soll der Abschlussdeckel im Baufeld IV circa 10 Monate nach Baubeginn im April/Mai 2013 erstellt sein. In der Straße Unter den Linden soll der letzte Deckel im Baufeld II nach circa 15 Monaten im September 2013 verschlossen werden. Nach der Deckelung werden die Friedrichstraße und die südliche Fahrbahn der Straße Unter den Linden wieder für den Verkehr freigegeben. Die Gesamtdauer der Baumaßnahmen soll vier bis fünf Jahre betragen.

5

Die Klägerinnen sind Eigentümer bzw. Betreiber des im Kreuzungsbereich der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden mit der Friedrichstraße in unmittelbarer Nähe der Bahnhofsbaustelle gelegenen Hotels W.. Sie haben nach Auslegung der Planunterlagen fristgerecht Einwendungen erhoben. Das Hotel wurde 1985 bis 1987 errichtet, 2006 an die jetzige Eigentümerin verkauft und mit erheblichem finanziellen Aufwand modernisiert. Es verfügt über insgesamt 400 Zimmer, davon liegen 155 Zimmer zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße. Das Hotel ist nicht offiziell klassifiziert, weist aber nach den Angaben der Klägerinnen die Ausstattung eines Fünf-Sterne-Superior-Hotels auf.

6

Mit Beschluss vom 27. Juni 2011 stellte der Beklagte die Planänderung fest und wies die Einwendungen der Klägerinnen im Wesentlichen zurück. Nach der Begründung des Planänderungsbeschlusses werden sich beim Bau des Bahnhofs Unter den Linden wesentliche Beeinträchtigungen durch Baulärm ergeben, der vor allem durch den Abbruch der Fahrbahndecken, den Erdaushub, die Herstellung von Schlitzwänden und Dichtungssohlen sowie den Abbruch der Tunneldecke der U6 und die Wiederherstellung des Tunnelabschnitts im Baufeld IV verursacht wird. Die Friedrichstraße ist aufgrund der örtlichen Gegebenheiten besonders betroffen, weil der Abstand zwischen den Hausfassaden östlich und westlich der Friedrichstraße nur 22 m beträgt. Die Gesamtdauer der Phase mit den lärmrelevanten Tätigkeiten ist auf 305 Arbeitstage veranschlagt, für die Durchführung dieser Arbeiten ist ein Zeitraum von 12 Monaten vorgesehen.

7

Der Planänderungsbeschluss sieht in den Nebenbestimmungen eine Reihe von Vorkehrungen zum Immissionsschutz während der Bauarbeiten vor, u.a. den Einsatz lärmarmer Bauverfahren und Baugeräte, eine zeitliche Beschränkung der Bauarbeiten, die Verkleidung der Arkaden bis zur Deckelung der Baustelle bzw. auf Wunsch der Klägerinnen auch darüber hinaus bis zum vollständigen Abschluss der Bauarbeiten sowie ein umfassendes Monitoring zur Ermittlung und zur Dokumentation des durch die Bahnhofsbaustelle verursachten Lärms und der Erschütterungen. Ferner sind eine Beweissicherung und verschiedene sonstige Maßnahmen angeordnet worden, die die Staubentwicklung, den Spritzschutz, die Fassadenreinhaltung etc. betreffen.

8

Für gleichwohl verbleibende unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen während der Bauzeit ist den Klägerinnen im Planänderungsbeschluss ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zugesprochen worden. Für Außenwohnbereiche besteht der Entschädigungsanspruch bei einer Überschreitung von 68 dB(A), für Innenräume, sofern die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 für Innenschalldruckpegel von 40 dB(A) für Hotelzimmer und Vortragsräume sowie 50 dB(A) für Ladengeschäfte und Restaurants/Gaststätten überschritten werden.

9

Die Klägerinnen haben Ende Juli 2011 ein gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Oktober 1999 gerichtetes, ruhend gestelltes Klageverfahren wiederaufgerufen und den Planänderungsbeschluss einbezogen. Sie begehren zusätzliche aktive und passive Schallschutzmaßnahmen sowie ergänzende Regelungen zum Umfang und zu den Modalitäten der Entschädigung. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor:

10

Die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle sei im Planänderungsbeschluss fehlerhaft auf 68 dB(A) tags festgesetzt worden. Der Beklagte habe den Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße zu Unrecht als Gebiet mit vorwiegend gewerblichen Anlagen im Sinne von Nr. 3.1.1. Buchst. b) der AVV Baulärm eingestuft. Die gewerbliche Nutzung überwiege nicht, zumal die Hotelnutzung unter dem Gesichtspunkt Schutzbedürftigkeit als Wohnnutzung anzusehen sei. Der maßgebliche Immissionsrichtwert betrage daher nicht 65, sondern nur 60 dB(A) tags. Zudem sei rechtsfehlerhaft nicht der Immissionsrichtwert, sondern der um 5 dB(A) höhere sogenannte Eingreifwert nach Nr. 4.1. der AVV Baulärm als maßgeblich erachtet worden. Der Zuschlag in Nr. 4.1. sei der bei Erlass der AVV Baulärm im Jahre 1970 noch bestehenden Messungenauigkeit geschuldet und inzwischen obsolet.

11

Bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsschwelle sei zu Unrecht die Vorbelastung durch den Verkehrslärm einbezogen worden. Der Verkehrslärm dürfe nicht berücksichtigt werden, weil er die verfassungsrechtliche Grenze zur Gesundheitsgefährdung von 70 dB(A) tags überschreite. Zudem seien Verkehrslärm und Baulärm nicht vergleichbar. Der Informationsgehalt sei völlig verschieden, Verkehrslärm sei sozial akzeptierter. Abgesehen davon nehme die Vorbelastung durch Verkehrslärm in der Friedrichstraße zur Behrenstraße hin auf 66 dB(A) ab.

12

Die der Planfeststellung zugrunde liegende Lärmprognose sei fehlerhaft, weil darin nur auf den Baustellenlärm abgestellt und der Umgebungslärm nicht einbezogen werde. Das sei mit dem akzeptorbezogenen Ansatz des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht vereinbar. Die Maschinenlärmwerte seien zu Unrecht pauschal um 3 dB(A) gemindert worden. Der Lärmprognose liege ein idealisierter Bauablauf zugrunde, die Einsatzzeiten der Baugeräte seien zu optimistisch kalkuliert. Zudem seien keine Impulszuschläge berücksichtigt worden, so dass eigentlich um 3 bis 5 dB(A) höhere Geräuschimmissionen zu erwarten seien. Kurzzeitige Geräuschspitzen würden von der AVV Baulärm "weggemittelt", insoweit fehle es im Planänderungsbeschluss an einem Maximalpegelkriterium.

13

Die Entschädigung für unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen in Innenräumen dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, dass im Rauminneren die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 überschritten werden. Die VDI-Richtlinie 2719 sei auf temporäre Ereignisse wie Baustellen nicht zugeschnitten. Die allein maßgebliche AVV Baulärm hebe nur auf Außenpegel ab und sehe ein einheitliches Schutzniveau für die Außen- und Innenkontaktbereiche vor. Hinzu komme, dass die Innenschallpegel zurzeit deutlich unter 40 dB(A) lägen, der Ist-Zustand also weitaus besser sei als der für die Bauzeit als zumutbar festgelegte Zustand. Die Vorhabenträgerin dürfe nicht von einer vorhandenen besseren Schalldämmung profitieren, die die Betroffenen auf eigene Kosten vorgenommen hätten.

14

Der Planänderungsbeschluss sei schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte weitergehende Entschädigungsansprüche pauschal abgelehnt habe. Der Begriff der nachteiligen Wirkungen im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG müsse weit verstanden werden. Er umfasse auch Umsatzeinbußen, Mietausfälle und andere, nicht nur physisch, sondern auch psychisch vermittelte Auswirkungen wie etwa die gerechtfertigte Furcht vor unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen. Touristen würden das Hotel wegen der Baustelle meiden, Stammkunden gingen verloren. Die Entschädigung müsse daher auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller baustellenbedingten Auswirkungen auf den Hotelbetrieb bemessen werden.

15

Das Hotel habe einen Buchungsvorlauf von 18 Monaten und sei durchschnittlich zwischen 60 bis 80 % ausgelastet. Mangels detaillierter Lärmprognose könne nicht im Voraus steuernd auf die Hotelbelegung eingewirkt werden. Es bleibe nur die Möglichkeit, die lärmbetroffenen Zimmer an den Straßenfronten zur Baustelle nicht mehr anzubieten. Für die Dauer der Baustelle sei ein Umsatzrückgang von 35 bis 40 % zu erwarten, das Hotel gerate damit in die Verlustzone. Die baustellenbedingten Umsatzeinbußen könnten nicht durch organisatorische Maßnahmen kompensiert werden. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die Beeinträchtigungen erst mit dem Abschluss aller Bauarbeiten beendet seien und auch danach noch fortwirkten.

16

In der mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2012 hat der Beklagte den Planänderungsbeschluss teilweise berichtigt und ergänzt.

17

Die Klägerinnen beantragen,

den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Berlin vom 21. Oktober 1999 für den Bau der U-Bahnlinie 5 in der Fassung des 2. Änderungsbeschlusses vom 27. Juni 2011 in der Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen rechtzeitig vor Baubeginn wie folgt zu ändern:

1. Die Auflage A II.3.1.1. wird dahingehend präzisiert, dass nur Baumaschinen mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" oder entsprechender anderer Zertifizierungen eingesetzt werden dürfen.

2. Die Verkleidung zum Schutz der Arkaden muss gewährleisten, dass in den Arkadengängen der Immissionswert von 60 dB(A) nicht überschritten wird.

3. Der Außenbereich der Galerie und des Restaurants N. im Hotel W. zur Straße Unter den Linden ist durch Lärmschutzwände an der Baustelle so zu schützen, dass die Zumutbarkeitsgrenze auf dem Gehweg von 60 dB(A) nicht überschritten wird.

4. Die Baustelle in der Friedrichstraße ist nach Herstellung der Schlitzwände und vor weiterem Abtrag der Straßendecke einzuhausen mit einer Schalldämmung von mindestens 20 dB.

5. Die Beigeladene wird verpflichtet, der Klägerin zu 1 (G. GmbH) die Kosten für Schallschutzfenster an Hotelzimmern Unter den Linden sowie in der Friedrichstraße einschließlich Lobby, Frühstücks- und Hotelrestaurant zu erstatten, die erforderlich sind, um bei einem zulässigen Grenzwert von 60 dB(A), zulässigen Maximalpegeln von 70 dB(A) einen Innenraumpegel in den Hotelzimmern von 31 dB(A) zu gewährleisten.

6. Die Vorhabenträgerin wird verpflichtet, den Gehweg Unter den Linden vor dem Hotel während der gesamten Bauzeit täglich zu reinigen.

7. Die Auflage A II.3.1.8. wird wie folgt ergänzt: "Rechtzeitig vor Baubeginn ist die Beweissicherung gemäß Konzept der GuD vom 26. August 2010 mit den Maßnahmen S1 - S7 durchzuführen".

8. Die Beigeladene wird verpflichtet, eine Lärmprognose mit detailliertem Bauablauf für die Baufelder II - IV vorzulegen und anzugeben, wann der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) überschritten wird und welche Maximalpegel in den einzelnen Bauabschnitten täglich zu erwarten sind.

9.

a) Zugunsten der Klägerinnen sind die durch die Baustelle verursachten Ertragseinbußen zu entschädigen, die dadurch entstehen, dass die Zimmer an der Straße Unter den Linden und in der Friedrichstraße für die Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben nicht vermietet werden. Hilfsweise falls weitere aktive und passive Schallschutzmaßnahmen angeordnet werden: Zugunsten der Klägerinnen sind die verbleibenden Ertragseinbußen in der Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben zu entschädigen.

b) Die Ertragseinbußen bis zu zwei Jahre nach Abschluss der Deckelung sind zu entschädigen.

c) Die Ertragseinbußen sind zu ermitteln durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit Fachkunde des Enteignungs- und Entschädigungsrechts sowie des Hotelbetriebs, der mit Zustimmung der Klägerinnen ausgewählt wurde.

d) Die Ertragseinbußen sind nach Maßgabe der Erträge des Hotels 2011 bis Baubeginn zu ermitteln. Als durch die Baustelle verursacht gilt eine Minderung des RevPar des W. im Unterschied zum RevPar des Vergleichsmarktes der Fünf-Sterne Hotels in Berlin Mitte.

e) Die Entschädigungen sind innerhalb von zwei Wochen nach Abschluss eines Monats zu ermitteln und in der ersten Woche des Folgemonats auszugleichen.

10. Den Klägerinnen sind die durch die Baustelle verursachten Mietminderungen der Ladengeschäfte und des Restaurants N. zu entschädigen. Die Angemessenheit der Entschädigung ist durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen unter Berücksichtigung des Bauablaufes und vergleichbarer Mieten jeweils nach Ablauf eines Monats zu ermitteln.

18

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

19

Sie treten dem Vortrag der Klägerinnen im Einzelnen entgegen.

Entscheidungsgründe

20

Die nach der mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2012 gewechselten Schriftsätze geben dem Senat keine Veranlassung, nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die begehrten Planergänzungen. Das im Planänderungsbeschluss festgesetzte Schutz- und Entschädigungskonzept in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die Betroffenheit der Klägerinnen durch die Baustelle, namentlich den Baustellenlärm, fehlerfrei abgewogen und der beigeladenen Vorhabenträgerin die zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erforderlichen Schutzmaßnahmen auferlegt (1) bzw. ihnen eine Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG zugesprochen (2).

22

1. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Ergänzung des Planänderungsbeschlusses um weitere Schutzvorkehrungen gegen die von der Bahnhofsbaustelle Unter den Linden ausgehenden Beeinträchtigungen durch Lärm, Staub und Erschütterungen. Das planfestgestellte Schutzkonzept beruht weder auf einer rechtsfehlerhaft zu hoch festgesetzten fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle (a) noch auf einer mängelbehafteten Lärmprognose (b). Die Klageanträge Nr. 1 bis 8 können daher keinen Erfolg haben (c).

23

a) Die in den Auflagen A II.3.1.1. bis 3.2.3. festgesetzten Schutzmaßnahmen finden ihre rechtliche Grundlage in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Danach hat die Planfeststellungsbehörde dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind.

24

§ 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erfasst auch solche nachteiligen Wirkungen, die durch Lärm, Erschütterungen und Staub aufgrund der Bauarbeiten für das planfestgestellte Vorhaben entstehen (Beschluss vom 27. Januar 1988 - BVerwG 4 B 7.88 - Buchholz 442.01 § 29 PBefG Nr. 1 S. 1<2>). § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG differenziert nicht nach den einzelnen Abschnitten zur Realisierung des Vorhabens. Die durch den Planfeststellungsbeschluss begründete Duldungspflicht des Nachbarn umfasst daher auch die während der Bauphase entstehenden Immissionen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09 - MDR 2010, 142 Rn. 18).

25

aa) Ob nachteilige Wirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorliegen, beurteilt sich bei Baulärm nach § 22 Abs. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit der gemäß § 66 Abs. 2 BImSchG maßgeblichen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm - AVV Baulärm - vom 19. August 1970 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 160 vom 1. September 1970). Auf die TA Lärm kann selbst bei mehrjähriger Dauer einer Baustelle nicht zurückgegriffen werden; Baustellen sind vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausdrücklich ausgeschlossen (Nr. 1 Buchst. f) TA Lärm).

26

(1) Die AVV Baulärm konkretisiert für Geräuschimmissionen von Baustellen den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen. Die zur Annahme der normkonkretisierenden Wirkung einer Verwaltungsvorschrift erforderlichen formellen Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 8 C 16.96 - BVerwGE 107, 338 = Buchholz 401.64 § 4 AbwAG Nr. 6 S. 22<25 f.>) liegen vor. Ermächtigungsgrundlage für die AVV Baulärm war § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965 (BGBl I S. 1214, außer Kraft getreten zum 1. April 1974). Danach erlässt die Bundesregierung zur Durchführung des Absatzes 1 nach Anhörung des technischen Ausschusses (§ 8) mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über 1. Richtwerte für die von Baumaschinen bei bestimmten Betriebsvorgängen ausgehenden Geräusche, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist (Emissionsrichtwerte), 2. Richtwerte für die von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen, bei deren Überschreiten Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen der Allgemeinheit zu besorgen sind (Immissionsrichtwerte), und 3. das Verfahren für die Messung der Geräuschemissionen und der von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen. Der anzuhörende technische Ausschuss nach § 8 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm setzte sich aus Vertretern verschiedener Bundesministerien und Bundesanstalten, der Landesregierungen, der Gewerkschaften, der Technischen Überwachung sowie Vertretern aus Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen.

27

(2) Die AVV Baulärm konkretisiert das vom Normgeber für erforderlich gehaltene Schutzniveau in Nr. 3 differenzierend nach dem Gebietscharakter und nach Tages- und Nachtzeiten durch Festlegung bestimmter Immissionsrichtwerte. In Nr. 6 enthält sie Regelungen zur Ermittlung des Beurteilungspegels im Wege eines Messverfahrens. Dafür, dass die Regelungen zum Schutzniveau durch neue, gesicherte Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung überholt wären, ist nichts ersichtlich. Das gilt sowohl für die Gebietseinteilung der AVV Baulärm als auch für die festgelegten Immissionsrichtwerte. Zwar stimmt die Gebietszuordnung der AVV Baulärm noch mit derjenigen der Baunutzungsverordnung von 1968 überein, während neuere Regelwerke, etwa die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) und die TA Lärm die Gebietsbezeichnungen der Baunutzungsverordnung von 1990 verwenden. Allein daraus folgt aber nicht, dass die Gebietseinteilung der AVV Baulärm nicht mehr geeignet oder zweckmäßig ist. Denn anders als bei den vorgenannten Regelwerken geht es im Anwendungsbereich der AVV Baulärm nicht um eine dauerhafte Gebietsverträglichkeit der Lärmeinwirkungen, sondern um vorübergehende Lärmeinwirkungen durch eine Baustelle. Zu deren Bewältigung reicht der gröbere Differenzierungsgrad der Gebietseinteilung der AVV Baulärm aus. Zugleich rechtfertigt der Umstand, dass Baustellenlärm - auch bei mehrjährigen Baustellen - vorübergehend ist, es auch heute noch, Immissionsrichtwerte festzulegen, die über den in verschiedenen anderen Regelwerken zu dauerhaften Lärmeinwirkungen - etwa in § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV oder Nr. 6.1 der TA Lärm - vorgesehenen Werten liegen. Hinsichtlich der Regelungen zum Messverfahren fehlt es ebenfalls an Anhaltspunkten dafür, dass diese inzwischen derart veraltet sind, dass der Beurteilungspegel damit nicht mehr hinreichend verlässlich ermittelt werden kann. Dies gilt umso mehr, als die Bestimmungen der AVV Baulärm zum Messverfahren nicht so eng gefasst sind, dass sie etwa die Heranziehung modernerer Regelwerke (VDI-Richtlinien oder DIN-Vorschriften), die erst nach der AVV Baulärm erlassen worden sind, ausschließen.

28

Auch der Gesetzgeber ist offensichtlich davon ausgegangen, dass die AVV Baulärm trotz des seit ihrem Erlass eingetretenen Zeitablaufs nicht als überholt anzusehen ist. Der Umstand, dass er anlässlich der letzten Änderung des § 66 BImSchG durch das Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm vom 24. Juni 2005 (BGBl I S. 1794, in Kraft getreten mit Wirkung vom 30. Juni 2005; vgl. BTDrucks 15/3782 S. 10 und S. 37 f.) in § 66 Abs. 2 BImSchG bis zum Inkrafttreten von entsprechenden Rechtsverordnungen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz die Fortgeltung der AVV Baulärm vom 19. August 1970 angeordnet hat, zeigt, dass es nach der Vorstellung des Gesetzgebers für Baustellenlärm bei der Anwendbarkeit der im Vergleich zur TA Lärm zwar wesentlich älteren, aber sachnäheren AVV Baulärm bleiben sollte (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 8. Februar 2007 - 5 S 2257/05 - ZuR 2007, 427, Rn. 131; Dziallas/Kullick, NZBau 2011, 544).

29

Dafür, dass der Gesetzgeber die Fortgeltung der AVV Baulärm ausdrücklich in seinen Willen aufgenommen hat, spricht zudem, dass die bis zu diesem Zeitpunkt in § 66 Abs. 2 BImSchG a.F. neben der AVV Baulärm als maßgebend aufgeführten (acht) allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Schutz gegen Baulärm, die wie die AVV Baulärm auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm erlassen worden waren und das Emissionsmessverfahren sowie Emissionsrichtwerte für verschiedene Baugeräte/-maschinen bestimmten, gestrichen wurden.

30

(3) Die in der AVV Baulärm in Nr. 3.1.1. festgelegten Immissionsrichtwerte entfalten nur für den Regelfall Bindungswirkung. Die Bindungswirkung einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift wird durch ihren Anwendungsbereich bzw. ihren Aussagegehalt bestimmt. Dabei wird die Auslegung solcher Verwaltungsvorschriften in besonderer Weise durch die Entstehungsgeschichte beeinflusst (Urteil vom 20. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 15.98 - BVerwGE 110, 216 <219> = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 7 S. 2<4 f.>). Aus den Gesetzgebungsmaterialien zur Ermächtigungsgrundlage der AVV Baulärm in § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm ergibt sich, dass der Normgeber bewusst zwischen Richtwerten und Grenzwerten differenziert hat. So enthielt etwa der Entwurf des Gesetzes (BTDrucks IV/3142 S. 1) in § 2 Abs. 3 eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Bestimmung von Immissionsrichtwerten für die von Baustellen ausgehenden Geräusche, bei deren Überschreitung Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit zu besorgen sind, sowie das Verfahren für die Messung der Geräuschimmissionen. Ausweislich der Begründung zu § 2 Abs. 3 war es das Anliegen des Gesetzgebers, den Verwaltungsbehörden in der Form allgemeiner Verwaltungsvorschriften Immissionsrichtwerte an die Hand zu geben, bei deren Überschreitung der Lärm der Baumaschinen in der Regel als unzumutbar anzusehen ist (BTDrucks IV/3142 S. 5). Ergänzend dazu sah § 3 Abs. 1 des Entwurfs eine Ermächtigung vor, durch Rechtsverordnung Emissionsgrenzwerte festzusetzen, die beim Betrieb von Baumaschinen auf Baustellen nicht überschritten werden dürfen, und Vorschriften über das Verfahren für die Messung der Geräuschemissionen zu erlassen. Auf Vorschlag der Bundesregierung und des Ausschusses für Gesundheitswesen wurde der Gesetzentwurf in §§ 2 und 3 dahingehend geändert, dass nicht mehr zur Festlegung von Emissionsgrenzwerten und Immissionsrichtwerten, sondern in § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 zur Festlegung von Immissions- und Emissionsrichtwerten ermächtigt wurde. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Festsetzung von Emissionsgrenzwerten durch Rechtsverordnung nicht die Möglichkeit biete, die besonderen Verhältnisse, unter denen Baumaschinen eingesetzt werden, zu berücksichtigen. Der Ausschuss schlug deshalb die Festsetzung von Richtwerten durch allgemeine Verwaltungsvorschriften vor, die eine elastischere Handhabung ermöglichten. Dabei ging er davon aus, dass die zuständigen Verwaltungsbehörden bei Überschreiten der Immissions- und Emissionsrichtwerte grundsätzlich verpflichtet sind, die notwendigen Maßnahmen zur Lärmminderung anzuordnen (BTDrucks IV/3584 S. 2).

31

Der Begriff "Immissionsrichtwert" ist danach im Anwendungsbereich der AVV Baulärm weiter zu verstehen als etwa im Anwendungsbereich der TA Lärm, die diesen Begriff in Nr. 6 ebenfalls verwendet, Überschreitungen aber nur in ausdrücklich geregelten Fällen (vgl. z.B. Nr. 3.2.1 2. bis 6. Absatz sowie Nr. 3.2.2) zulässt und ansonsten von einer strikten Pflicht zur Einhaltung der Richtwerte ausgeht, die für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung keinen Raum lässt (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 Rn. 12; Beschluss vom 8. November 1994 - BVerwG 7 B 73.94 - Buchholz 406.25 § 3 BImSchG Nr. 10 S. 2<3>). Dabei ist das engere Begriffsverständnis der TA Lärm schon in der Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG angelegt, die auf "Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen", abhebt. In der Ermächtigungsgrundlage in § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm war dagegen - weniger strikt - von "Richtwerte(n) für die von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen, bei deren Überschreiten Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen der Allgemeinheit zu besorgen sind", die Rede.

32

Der Normzweck der AVV Baulärm, eine gleichmäßige Rechtsanwendung sicherzustellen und damit Rechtssicherheit zu schaffen, wird auch dann nicht in Frage gestellt, wenn die Immissionsrichtwerte nur für den Regelfall als bindend betrachtet werden. Der verbleibende Spielraum für Ausnahmen von der Bindungswirkung ist eng, namentlich ist Nr. 3.1. nicht dahingehend zu verstehen, dass der gemäß Gebietszuordnung maßgebliche Immissionsrichtwert nur als Orientierungswert betrachtet und ergänzend eine Einzelfallbetrachtung angestellt wird. Da die AVV Baulärm als Maßstab für die Zumutbarkeit von Baustellenlärm auf die abstrakt bestimmte Schutzwürdigkeit von Gebieten abhebt, kommen Abweichungen vom Immissionsrichtwert nach oben vielmehr nur dann in Frage, wenn die Schutzwürdigkeit des Einwirkungsbereichs der Baustelle im konkreten Fall ausnahmsweise geringer zu bemessen ist als in den gebietsbezogen festgelegten Immissionsrichtwerten. Dies entspricht auch dem Anliegen des Gesetzgebers, die besonderen Verhältnisse berücksichtigen zu können, unter denen Baumaschinen zum Einsatz kommen (vgl. BTDrucks IV/3584 S. 2). Eine Abweichung von den Immissionsrichtwerten kann danach etwa dann in Betracht kommen, wenn im Einwirkungsbereich der Baustelle eine tatsächliche Lärmvorbelastung vorhanden ist, die über dem maßgeblichen Richtwert der AVV Baulärm liegt. Dabei ist der Begriff Vorbelastung hier nicht einschränkend in dem Sinne zu verstehen, dass nur Vorbelastungen durch andere Baustellen erfasst werden (vgl. etwa die einschränkende Definition in Nr. 2.4 1. Absatz Satz 1 TA Lärm). Maßgeblich ist vielmehr die Vorbelastung im natürlichen Wortsinn. "Nachteilige Wirkungen" im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG gehen nur von solchen baustellenbedingten Geräuschimmissionen aus, die dem Einwirkungsbereich mit Rücksicht auf dessen durch die Gebietsart und die konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können. Für die Gebietsart ist dabei von der bebauungsrechtlich geprägten Situation der betroffenen Grundstücke (im Einwirkungsbereich) auszugehen, für die tatsächlichen Verhältnisse spielen insbesondere Geräuschvorbelastungen eine wesentliche Rolle (vgl. Urteil vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <131> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 2 S. 1<22>). Daraus folgt zugleich, dass eine verminderte Schutzwürdigkeit nicht schon dann angenommen werden kann, wenn es etwa um die Errichtung wichtiger Verkehrsinfrastrukturvorhaben im öffentlichen Interesse geht. Zwar mag es Planbetroffenen als Ausdruck der Sozialbindung zumutbar sein, mehr an Baulärm hinzunehmen, wenn ein Vorhaben dem allgemeinen Verkehr gewidmet ist und insofern dem Wohl der Allgemeinheit dient. Dies mit bindender Wirkung entsprechend zu regeln, muss aber dem Normgeber vorbehalten bleiben.

33

(4) Entgegen der Auffassung der Klägerinnen erstreckt sich der Anwendungsbereich der AVV Baulärm nicht auf den Schutz der Außenkontaktbereiche vor Ladengeschäften. Die AVV Baulärm zielt auf den Schutz der Nachbarschaft. Zwar war in §§ 2, 3 Abs. 2 Nr. 2 und § 5 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm, auf dessen Grundlage die AVV Baulärm erlassen worden ist, nur von Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen der Allgemeinheit die Rede. Aus den Materialien ergibt sich aber, dass die in der Nachbarschaft von Baustellen wohnenden oder arbeitenden Personen geschützt werden sollten (BTDrucks IV/3142 S. 5, linke Spalte und BTDrucks IV/3584 S. 1). Zur Nachbarschaft in diesem Sinne gehören nur diejenigen Personen, die sich dem Baulärm jedenfalls nicht nachhaltig entziehen können, weil sie nach ihren Lebensumständen, die durch den Wohnort, den Arbeitsplatz oder die Ausbildungsstätte vermittelt werden können, den Einwirkungen dauerhaft ausgesetzt und daher qualifiziert betroffen sind (vgl. Urteil vom 22. Oktober 1982 - BVerwG 7 C 50.78 - Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 6 S. 17<19 f.>). Hierzu gehören etwa die Eigentümer und Bewohner der im Einwirkungsbereich gelegenen Grundstücke und alle Personen, die im Einwirkungsbereich arbeiten. Keine Nachbarn sind dagegen Personen, die sich nur zufällig bzw. gelegentlich, d.h. ohne besondere persönliche oder sachliche Bindungen, etwa aufgrund von Ausflügen oder Reisen oder als Kunden, im Einwirkungsbereich aufhalten. Solche Personen sind als "Publikum" Teil der "Allgemeinheit" (Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 35 ff.; Kutscheidt in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Juli 2011, § 3 Rn. 6a f.).

34

Der Schutz der Nachbarschaft erfasst auch die zum Wohnen im Freien geeigneten und bestimmten unbebauten Flächen eines Wohngrundstücks. Der Schutzgegenstand des "Wohnens" kennzeichnet einen einheitlichen Lebensvorgang, der die Nutzung des Grundstücks insgesamt umfasst (Urteil vom 29. Januar 1991 - BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <387> = Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 7 S. 26<52 f.>). Voraussetzung für einen Anspruch auf Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG (bzw. einen Ausgleich in Geld nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG) ist insoweit, dass die gebietsspezifische Zumutbarkeitsgrenze für die Lärmimmissionen überschritten wird und die konkrete Fläche wegen ihrer besonderen Funktion und Lärmbetroffenheit schutzwürdig ist (Urteile vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 11.87 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 6 S. 7 und vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197 = Buchholz 406.25 § 22 BImSchG Nr. 6 S. 11).

35

Bei den Außenkontaktbereichen vor Ladengeschäften handelt es sich nicht um Flächen, die wegen ihrer besonderen Funktion und Lärmbetroffenheit schutzwürdig sind. Zwar gehört zu dem durch Art. 14 GG geschützten Bestand eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs auch die besondere Lage an der Straße (Kontakt nach außen), die dem Betrieb den Zugang zur Straße sowie die Zugänglichkeit von der Straße her gewährt und dem Inhaber die Einwirkung durch Werbung auf den fließenden Verkehr und damit das Gewinnen von Laufkundschaft ermöglicht (BGH, Urteil vom 7. Juli 1980 - III ZR 32/79 - NJW 1980, 2703, Rn. 17). Der Zugang zu Ladengeschäften wird aber nicht durch den Baulärm als solchen, sondern allenfalls durch bauliche Anlagen zu dessen Abschirmung beeinträchtigt. Abweichendes folgt nicht daraus, dass - wie die Klägerinnen meinen - die Möglichkeit zur Aufnahme von Außenkontakten durch Verweilen vor den Schaufenstern durch den Baulärm behindert wird. Passanten und Laufkundschaft werden vom Baulärm nicht qualifiziert betroffen, weil sie sich - auch beim Verweilen vor Schaufenstern - nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend im Einwirkungsbereich des Baulärms aufhalten. Anders verhält sich dies etwa bei den Freisitzen von Restaurants und Gaststätten, die grundsätzlich zu den schutzwürdigen Außenbereichen gehören können.

36

bb) Ausgehend von den vorgenannten Maßstäben hat der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG im Ergebnis zu Recht auf 68 dB(A) tags bestimmt. Die dagegen erhobenen Einwände der Klägerinnen greifen nicht durch.

37

(1) Der Beklagte hat das Gebiet um die Bahnhofsbaustelle Unter den Linden/Friedrichstraße zutreffend als "Gebiet, in dem vorwiegend gewerbliche Anlagen untergebracht sind" nach Nr. 3.1.1. Buchst. b) der AVV Baulärm eingestuft und demgemäß im Ausgangspunkt den Immissionsrichtwert von 65 dB(A) tags zugrunde gelegt. Für die Gebietszuordnung nach Nr. 3.1.1. der AVV Baulärm, die wie oben bereits ausgeführt nicht an die Gebietseinteilung der Baunutzungsverordnung 1990 angepasst werden muss, ist nicht auf den konkreten Immissionsort, sondern - wie sich aus Nr. 3.2.2. ergibt - auf den Einwirkungsbereich der Anlage abzustellen. Der Einwirkungsbereich der Bahnhofsbaustelle Unter den Linden ist in der richterlichen Aufklärungsverfügung vom 3. April 2012 dahingehend umrissen worden, dass er das Gebiet nördlich und südlich der Straße Unter den Linden vom Kreuzungsbereich Neustädtische Kirchstraße/Unter den Linden sowie Glinkastraße/Unter den Linden jeweils bis zur Kreuzung Unter den Linden/Charlottenstraße sowie beidseits der Friedrichstraße vom Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße bis zum Kreuzungsbereich Friedrichstraße/Behrenstraße (einschließlich der Gebäude Friedrichstraße 168-170 und Friedrichstraße 81-82) umfasst. Die Rüge der Klägerinnen, damit sei der Einwirkungsbereich zu eng gezogen, weil der Lärm auch in die Rosmarinstraße hineinwirke, greift schon deshalb nicht durch, weil die Rosmarinstraße zwischen dem Lindencorso und dem Rosmarin Karree verläuft und damit erfasst wird.

38

Der so bestimmte Einwirkungsbereich der Baustelle liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, so dass gemäß Nr. 3.2.3. der AVV Baulärm für die Gebietszuordnung die tatsächliche bauliche Nutzung zugrunde zu legen ist. Die tatsächliche bauliche Nutzung im Einwirkungsbereich der Baustelle ist in Anbetracht der vom Beklagten auf die Aufklärungsverfügung vom 3. April 2012 hin mit Schriftsatz vom 20. April 2012 vorgelegten Übersicht als vorwiegend gewerblich einzustufen. Die vorhandenen Gebäude werden weit überwiegend als Geschäfts- und Bürogebäude genutzt, der Anteil der Wohnnutzung ist - auch unter Berücksichtigung der im Rosmarin Karree vorhandenen Wohnungen und Apartments, die nicht zur Friedrichstraße hin gelegen sind - zahlenmäßig deutlich untergeordnet, er liegt bei maximal 20 %. Dabei ist eine Hotelnutzung entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht wie eine Wohnnutzung zu behandeln, sondern als gewerbliche Nutzung zu qualifizieren. Zwar mag eine Hotelnutzung im Hinblick auf Lärm schutzbedürftiger sein als andere gewerbliche Nutzungen. Gleichwohl unterscheiden sich Wohnnutzung und Beherbergungsbetrieb - wovon im Übrigen auch die von den Klägerinnen herangezogene Baunutzungsverordnung 1990 in § 3 Abs. 1 und 2 sowie § 3 Abs. 3 Nr. 1 ausgeht - grundlegend. So liegt ein Beherbergungsbetrieb in Abgrenzung zur Wohnnutzung nur dann vor, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können (Beschluss vom 8. Mai 1989 - BVerwG 4 B 78.89 - Buchholz 406.11 § 31 BBauG/BauGB Nr. 27 S. 1<2>). Insbesondere der Gesichtspunkt des nur vorübergehenden Aufenthalts rechtfertigt die Annahme einer im Vergleich zur Wohnnutzung geminderten Schutzwürdigkeit der Hotelnutzung.

39

(2) Der Beklagte durfte den danach maßgeblichen Immissionsrichtwert von 65 dB(A) wegen der im Einwirkungsbereich der Baustelle vorhandenen tatsächlichen Vorbelastung durch Verkehrslärm um 3 dB(A) auf 68 dB(A) erhöhen.

40

Nach der messtechnischen Bestandsaufnahme der B. GmbH zur Geräusch- und Erschütterungssituation in der Umgebung der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße vom 11. November 2009 treten im Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße im Bereich bis zur Traufhöhe (22 m) an Werktagen (Montag bis Samstag) während der Tageszeit gemäß AVV Baulärm (07:00 bis 20:00 Uhr) energieäquivalente Dauerschallpegel von circa 70 dB(A) auf. Dabei sind die Unterschiede zwischen den unteren und den oberen Stockwerken mit maximal 0,5 dB sehr gering. Südlich der Straße Unter den Linden nehmen die Geräuschimmissionen in der Friedrichstraße bis zur Behrenstraße hin auf 66 dB(A) ab. Die auftretenden Geräusche weisen von Tag zu Tag nur geringe Unterschiede auf, ein Einfluss der Ferienzeit auf die Messergebnisse ist nicht erkennbar. An Werktagen ist der energieäquivalente Dauerschallpegel während der Nachtzeit nur 4 dB geringer als während der Tageszeit. In den Nächten von Freitag auf Samstag sowie Samstag auf Sonntag ist ein deutliches Absinken des Geräuschniveaus erst ab circa 02.00 Uhr nachts zu beobachten. Maximalpegel von 80 dB(A) treten im Untersuchungsgebiet so häufig auf, dass sie als typische Alltagsgeräusche anzusehen sind. Auch Maximalpegel über 90 dB(A) treten im Untersuchungsgebiet an allen Tagen regelmäßig auf (S. 10).

41

Die Klägerinnen haben diese Befunde nicht in Abrede gestellt. Ihr Einwand, die Vorbelastung dürfe nicht berücksichtigt werden, weil sie wegen Überschreitung der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle von 70 dB(A) rechtswidrig sei und eine Verpflichtung zur Lärmsanierung begründe, greift nicht durch. Dass die Vorbelastung durch den Verkehrslärm sich im Bereich der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze von 70 dB(A) bewegt, hat - ungeachtet der Frage, ob diese Grenze auch für innerstädtische Lagen wie hier einschlägig ist - nicht zur Folge, dass die Vorbelastung keinerlei Berücksichtigung finden darf (vgl. Beschluss vom 23. Juni 1989 - BVerwG 4 B 100.89 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 8 S. 12<13>).

42

Die Vorbelastung durch den Verkehrslärm musste nicht deshalb außer Betracht bleiben, weil Verkehrslärm und Baulärm nicht von den gleichen Lärmquellen herrühren. Wie oben ausgeführt ist der Begriff der Vorbelastung im Anwendungsbereich der AVV Baulärm im natürlichen Wortsinn zu verstehen. Darauf, von welcher Lärmquelle die tatsächliche Vorbelastung verursacht wird, kommt es daher nicht an. Folglich stellt sich auch die Frage nach der Vergleichbarkeit von Verkehrs- und Baulärm nicht.

43

Selbst wenn man dies anders sehen wollte, könnten die Klägerinnen sich vorliegend auf die mangelnde Vergleichbarkeit nicht berufen. Die Frage, ob der Geräuschcharakter des vorhandenen Verkehrslärms und des zu erwartenden Baulärms vergleichbar sind, war Gegenstand gutachterlicher Untersuchungen. Nach den gutachterlichen Stellungnahmen der B. GmbH vom 22. Juli 2010 und vom 20. Oktober 2010 ist die Vergleichbarkeit nur an den Tagen nicht gegeben, an denen beim Abbruch der Fahrbahnen ein Fugenschneider mit einer Schallleistung von 115 dB(A) sowie beim Betonieren der Tunneldecke ein Verdichter (Rüttelflasche) zum Einsatz kommt, der ein stark tonhaltiges Geräusch erzeugt, das auch bei parallelem Betrieb mit Betonmischfahrzeugen und Autobetonpumpen jederzeit wahrgenommen werden kann. Diese Tage machen nur einen geringen Anteil an den Gesamtbautagen (305) aus. Für alle anderen Bauphasen - auch die besonders lärmintensiven Bauphasen "Erstellung der Schlitzwände und Erstellung der HDI-Sohlen" - gelangen die Gutachter dagegen zu dem Ergebnis, dass die Geräusche vergleichbar seien, weil in diesen Bauphasen die Baugeräusche durch die Geräusche der Antriebsmotoren der Baugeräte bestimmt würden. Die Klägerinnen haben diese gutachterlichen Stellungnahmen nicht substantiiert in Zweifel gezogen, sondern sich damit begnügt, die Vergleichbarkeit von Bau- und Verkehrslärm pauschal zu bestreiten.

44

Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle für die Baustelle Unter den Linden/Friedrichstraße einheitlich auf 68 dB(A) bestimmt hat, obwohl - was er ausweislich der Begründung des Planänderungsbeschlusses zur Kenntnis genommen hat (S. 34) - die Vorbelastung durch den Verkehrslärm zur Behrenstraße hin von circa 70 dB(A) auf circa 66 dB(A) abnimmt. Die Zumutbarkeitsschwelle muss, zumal bei Baustellen von räumlich begrenzter Ausdehnung, weder geschossbezogen noch für jedes einzelne Gebäude gesondert festgelegt werden. Vielmehr war es vorliegend sachgerecht, einen Mittelwert zu bilden.

45

(3) Dagegen darf der nach Nr. 3.1.1. der AVV Baulärm maßgebliche Immissionsrichtwert im Planfeststellungsverfahren nicht unter Rückgriff auf den sogenannten Eingreifwert nach Nr. 4.1. noch (um bis zu) 5 dB(A) erhöht werden. Nach Nr. 4.1. sollen Maßnahmen zur Minderung der Geräusche angeordnet werden, wenn der nach Nr. 6. ermittelte Beurteilungspegel des von Baumaschinen hervorgerufenen Geräusches den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A) überschreitet. Eine ähnliche Regelung findet sich etwa in Nr. 5.1 3. Absatz TA Lärm 1998. Diese Vorschrift befasst sich mit immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an bestehende Anlagen und legt fest, dass - neben weiteren Voraussetzungen - erst bei Überschreitung der Richtwerte um 5 dB(A) eingeschritten werden darf. Der Sache nach wirkt sich der Zuschlag in Nr. 4.1. der AVV Baulärm wie ein Messabschlag zugunsten des Bauunternehmers aus. Ein solcher Messabschlag, dort um jeweils 3 dB(A), ist auch in anderen Regelwerken anerkannt (vgl. etwa Anhang Nr. 1.6 Abs. 2 der 18. BImSchV und Nr. 6.9 TA Lärm 1998). Messabschläge sind wegen der Interdependenzen zwischen Immissionswerten und dem für ihre Ermittlung festgelegten Mess- und Beurteilungsverfahren untrennbarer Bestandteil dieser Verfahren. Sie sind trotz der Fortentwicklung der Messtechnik wegen verbleibender Unsicherheiten bei der messtechnischen Überprüfung der Einhaltung der Immissionswerte auch heute noch gerechtfertigt (vgl. Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 Rn. 18; Feldhaus/Tegeder, UPR 2005, 208 <209 f.>). Allerdings kommen Messabschläge bei prognostischen Einschätzungen in Genehmigungsverfahren nicht zum Tragen, weil dort nachzuweisen ist, dass die Zumutbarkeitskriterien eingehalten werden. Überträgt man diese Erwägungen auf den Eingreifwert nach Nr. 4.1. der AVV Baulärm, kann der Messabschlag bei der Bestimmung der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle im Planfeststellungsverfahren keine Anwendung finden. Nach dem Wortlaut der Nr. 4.1. und ihrer systematischen Stellung innerhalb der AVV Baulärm dürfte es sich dabei vielmehr um eine Regelung handeln, die das behördliche Handlungsermessen steuern soll. Dafür spricht u.a., dass sie sich nicht im Abschnitt Nr. 6. "Ermittlung des Beurteilungspegels", sondern im Abschnitt Nr. 4. "Maßnahmen zur Minderung des Baulärms" findet.

46

(4) Der Beklagte hat eine Entschädigung für unzumutbare Lärmeinwirkungen in Innenräumen zwar von der Überschreitung der oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 abhängig gemacht, was ausgehend von dem im Planänderungsbeschluss unterstellten Schalldämmmaß der Außenfassaden des Hotels (vorbehaltlich des Nachweises einer geringeren Schalldämmung) nur bei einem Außenpegel ab 71 dB(A) der Fall ist. Das führt aber nicht dazu, dass die auf einen Außenpegel von 68 dB(A) festgelegte Zumutbarkeitsschwelle damit faktisch auf 71 dB(A) erhöht wird. Der Außenpegel beschreibt den Wert, ab dem aktiver Schallschutz erforderlich wird. Hiervon ist erkennbar auch der Beklagte ausgegangen, indem er die der Beigeladenen aufgegebenen Vorkehrungen zum Schutz vor Baulärm auf diesen Wert hin ausgerichtet hat. Davon zu unterscheiden ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Entschädigung für baulärmbedingte Nutzungsbeeinträchtigungen in Innenräumen besteht.

47

b) Die dem planfestgestellten Schutzkonzept zugrunde liegende Lärmprognose leidet nicht an den von den Klägerinnen geltend gemachten Mängeln.

48

aa) Die Rügen der Klägerinnen, bei der Lärmprognose sei hinsichtlich der im Katalog der 32. BImSchV aufgeführten Baumaschinen pauschal ein Geräteabschlag von 3 dB vorgenommen worden, überdies seien keine Impulszuschläge berücksichtigt und sei ein idealisierter Bauablauf zugrunde gelegt worden, greifen nicht durch.

49

Nach dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010 haben die Gutachter - den Vorgaben in I. der Anlage 5 zur AVV Baulärm entsprechend - zunächst für jede der Bauphasen, die in allen Baufeldern durchlaufen werden (Baufeldfreimachung und Abbruch der vorhandenen Straße; Erdaushub und Erstellung der Führungen für den Schlitzwandgreifer, Erstellung der Schlitzwände, Erstellung der HDI-Sohlen, Abbruch des vorhandenen Tunnels , Betonieren der Tunneldecke, Bauarbeiten unter der Tunneldecke , Wiederherstellung des Straßenpflasters ), die maßgeblichen Eingangsdaten (Geräuschemissionen der eingesetzten Baugeräte bzw. Bauverfahren, tägliche Einsatzzeiten der verwendeten Baugeräte bzw. Bauverfahren, Dauer der Bauphase, geometrische Anordnung der Baugeräte während der Bauphase) ermittelt. Aufbauend auf diesen Angaben ist für jede Bauphase ein eigenes Berechnungsfile erstellt worden. Dabei ist im Sinne einer worst-case-Annahme unterstellt worden, dass die Bauarbeiten während der im Massenlogistikkonzept beschriebenen Zeitdauer permanent stattfinden; Einrichtungszeiten für die Baustelle sowie Abbauzeiten und eventuelle Stillstandzeiten, die als Pufferzeiten in die Bauzeit mit eingerechnet sind, wurden nicht berücksichtigt (S. 25/26).

50

Die für die Berechnungen verwendeten Geräuschemissionsansätze der Baugeräte (Schallleistungspegel) sind in der Tabelle 8 des Gutachtens vom 2. März 2010 (S. 28) angegeben. In der Tabelle findet sich auch eine Autobetonpumpe mit einer Antriebsleistung von 272 kW. Der Einwand der Klägerinnen, die Hochdruckpumpe sei nicht einbezogen worden, ist daher nicht begründet. Sofern die Geräuschemissionen der eingesetzten Baumaschinen impulshaltig und/oder tonhaltig sind, ist ein entsprechender Zuschlag in der Spalte KI (Impulszuschlag) bzw. KT (Tonzuschlag) vermerkt, so für den Einsatz des Radladers beim Aufheben des Asphalts wegen der Stoßgeräusche beim Aufnehmen und Abkippen in den LKW sowie für den Einsatz des Kettenbaggers beim Abbrechen der Tunneldecke wegen der Stoßgeräusche beim Abladen in den LKW (vgl. S. 28 Tabelle 8, Spalte Bemerkungen). Hinsichtlich der Geräuschemissionen der Baugeräte geht das Gutachten davon aus, dass die Baugeräte mindestens die derzeitigen Anforderungen an das Inverkehrbringen erfüllen. Für die in der 32. BImSchV aufgeführten Baugeräte sind dies die Anforderungen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG, Phase 2 (S. 26). Für die Baumaschinen, die im Katalog der 32. BImSchV aufgeführt sind, haben die Gutachter den Grenzwert für das Inverkehrbringen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG, Phase 2, abzüglich 3 dB angesetzt. Für Baugeräte, die im Katalog der 32. BImSchV nicht aufgeführt werden, wurde auf verschiedene Literaturquellen zurückgegriffen (S. 27).

51

Gegen diese Verfahrensweise ist nichts zu erinnern. Die Anforderungen der EU-Richtlinie 2000/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen (ABl EG Nr. L 162 S. 1), zu deren Umsetzung die 32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung) - 32. BImSchV - vom 29. August 2002 (BGBl I S. 3478, zuletzt geändert durch Verordnung zur Umsetzung der EG-Richtlinien 2002/44/EG und 2003/10/EG zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen vom 6. März 2007, BGBl I S. 261 <277>) dient, sind als garantierte Schallleistungspegel zu verstehen (vgl. Art. 3 Buchst. f der Richtlinie und § 2 Nr. 6 der 32. BImSchV). Der garantierte Schallleistungspegel liegt nach den Erläuterungen im Gutachten vom 2. März 2010 stets oberhalb des im Einsatz erzeugten Schallleistungspegels, weil er alle eventuellen Unsicherheiten (auch solche, die durch das Messverfahren bedingt sind) mit abdecken muss. Mit welchem Sicherheitszuschlag die einzelnen Hersteller rechnen, bleibe ihnen selbst überlassen. Zumindest müssten sie aber den offiziellen Wert für die Messunsicherheit des Verfahrens (3 dB) berücksichtigen. Den Messungen der Gutachter zufolge werden zum Teil wesentlich größere Unsicherheitsaufschläge bis zu 6 dB aufgeschlagen. Dies rechtfertigt es auch nach der Auffassung des Senats, von den Grenzwerten für das Inverkehrbringen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG für die im Katalog der 32. BImSchV aufgeführten Baumaschinen im Rahmen der Lärmprognose 3 dB abzuziehen.

52

Worauf die Klägerinnen ihre nicht näher begründete Behauptung stützen, dass der Lärmprognose ein idealisierter Bauablauf zugrunde liege, erschließt sich nicht. Die für die jeweiligen Bauphasen zugrunde gelegten Zeiträume und Einsatzzeiten der Baumaschinen können den Tabellen Nr. 9 bis 15 des Gutachtens (S. 30 bis 36) entnommen werden. Substantielle Einwände gegen die dort angesetzten Einsatzzeiten und Zeiträume haben die Klägerinnen nicht erhoben.

53

bb) Die Lärmprognose erweist sich auch nicht deshalb als unzulänglich, weil kein Summenpegel aus Verkehrslärm und Baustellenlärm gebildet worden ist. Die AVV Baulärm enthält keine Regelung zur Berücksichtigung bereits vorhandener Geräusche bei der Ermittlung der Gesamtbelastung. Das ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Zwar liegt dem Bundes-Immissionsschutzgesetz in § 3 Abs. 1 für die Definition der schädlichen Umwelteinwirkungen eine akzeptorbezogene Betrachtungsweise zugrunde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschimmissionen aber maßgeblich vom "Anlagenbezug" des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auszugehen, wie er auch in § 22 Abs. 1 BImSchG und den daran ausgerichteten, nach Anlagenarten differenzierenden Verordnungen und Regelwerken zum Ausdruck kommt. Gesamtbetrachtungen sind nur nach Maßgabe dessen erlaubt, was gesetzliche Vorgaben und die daran anknüpfenden Regelwerke zulassen. Selbst wenn man anerkennt, dass es für die Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen nach der Definition des § 3 Abs. 2 BImSchG nicht darauf ankommt, woher, insbesondere aus wie vielen Quellen, die zu beurteilende Beeinträchtigung stammt (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 9.95 - BVerwGE 101, 1 <7> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 12 S. 23<27>) und daher bei der immissionsschutzrechtlichen Beurteilung von Anlagen die vorhandene Geräuschvorbelastung grundsätzlich zu berücksichtigen ist, folgt daraus nicht, dass dem nur durch die Bildung eines alle Geräusche erfassenden Summenpegels Rechnung getragen werden kann. Das gilt selbst dann, wenn der Lärm einzelner Anlagen dominiert. Die Frage, wie der Lärmbeitrag anderer, insbesondere andersartiger Anlagen zu berücksichtigen ist, ist vielmehr vorrangig nach dem für die jeweilige Anlagenart einschlägigen Regelwerk zu beantworten. Die Bildung eines Summenpegels ist zulässig, wenn es sich um gleichartige, durch dasselbe Regelwerk erfasste Anlagen handelt (Urteil vom 16. Mai 2001 - BVerwG 7 C 16.00 - Buchholz 406.25 § 3 BImSchG Nr. 16 Rn. 12 und 16). Abweichendes gilt im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dann, wenn die Gesamtbelastung der Geräuschimmissionen aus verschiedenen Lärmquellen die Grenze zur Gesundheitsgefährdung übersteigt.

54

Dafür ist hier nichts ersichtlich. Der Verkehrslärm im Bereich der Baustelle Unter den Linden/Friedrichstraße wird aufgrund der Sperrung der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden sowie der Friedrichstraße von der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden bis zur Kreuzung mit der Behrenstraße während der offenen Bauphase weitgehend entfallen. Nach dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010 ist der Anteil der Verkehrsgeräusche während der Bauphase ermittelt und in Relation zu den durch den Baubetrieb erzeugten Geräuschimmissionen gestellt worden. Danach ist ein nennenswerter Einfluss der Verkehrsgeräusche nur für die - hier nicht relevanten - Bereiche nördlich der Straße Unter den Linden (Haus der Schweiz) zu erwarten. Auch dort würde aber ein Anteil von 5 % überdurchschnittlich lauter Tage während der Bauzeit selbst bei Berücksichtigung der Verkehrsgeräusche nicht überschritten werden (S. 45 bis 48). Für den Immissionspunkt H (Ecke Friedrichstraße/Behrenstraße, Rosmarin Karree) und die dem gegenüberliegende Fassade des Hotels ist für die Bauphase ein Verkehrslärm von circa 44 dB(A) ermittelt worden (S. 47, Tabelle 25 und Anhang, letztes Blatt). Ein gesundheitsgefährdender Summenpegel ist demnach nicht zu besorgen.

55

Der Einwand der Klägerinnen, die Verkehrsbelastung auf der Behrenstraße werde während der Bauzeit aufgrund der vorgesehenen Umleitungen erheblich steigen, greift nicht durch. Abgesehen davon, dass die Behrenstraße an den der Baustelle abgewandten Fassaden des Hotels entlang verläuft, ist schon nicht substantiiert dargetan, dass es auf der Behrenstraße tatsächlich zu einer Verkehrszunahme kommt. Nach dem von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 14. Juni 2012 vorgelegten aktuellen Verkehrsführungskonzept vom 25. Mai 2012 wird der Fahrzeugverkehr (Kfz-Verkehr, Radverkehr, ÖPNV) mithilfe eines komplexen Umleitungssystems an den Sperrungen im Bereich Unter den Linden/Friedrichstraße vorbeigeführt. Über die Behrenstraße wird lediglich der Verkehr in Richtung Süden geführt. Für eine wesentliche Erhöhung des Verkehrs auf der Behrenstraße ist danach nichts ersichtlich.

56

cc) Weitere substantielle Einwände gegen die Lärmprognose haben die Klägerinnen nicht erhoben. Ihre Rüge, es fehle im Planänderungsbeschluss an der Festlegung eines Maximalpegelkriteriums, greift nicht durch. Die AVV Baulärm stellt für die Tagzeit auf den gemittelten Pegel ab, die Zahl der Überschreitungen eines bestimmten Maximalpegels ist nicht entscheidend. Eine Art Maximalpegelregelung findet sich in Nr. 3.1.3. der AVV Baulärm nur für die Nachtzeit. Dagegen ist nichts zu erinnern, zumal auch der von einer über mehrere Jahre hinweg betriebenen Baustelle ausgehende Lärm im Gegensatz zu Gewerbe- und Verkehrslärm zeitlich begrenzt ist und jedem Grundstückseigentümer und erst recht dem Träger eines im öffentlichen Interesse stehenden (Groß-)Vorhabens die Möglichkeit zustehen muss, seine ansonsten zulässigen Vorhaben unter auch ihm zumutbaren Bedingungen zu verwirklichen (VGH Mannheim, Urteil vom 8. Februar 2007 - 5 S 2257/05 - ZUR 2007, 427 Rn. 131; vgl. zur Zulässigkeit des Dauerschallkriteriums für die Bewertung von Fluglärm während des Tags, BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2008 - BVerwG 4 B 50.07 - BauR 2008, 2030).

57

Im Übrigen ergibt sich aus dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010, dass die der Lärmprognose zugrunde liegenden Berechnungen mithilfe der Prognosesoftware CADNA/A, Version 3.7, durchgeführt wurden und der Beurteilungspegel gemäß DIN-Vorschrift 45645-2 ermittelt wurde (S. 37 f.). In die Berechnungen sind die Geräuschemissionen und Einsatzzeiten der Geräte sowie die veranschlagte Dauer der Bauphase eingegangen (S. 36). Zudem sind in die Lärmprognose sowohl der über die einzelnen Bauphasen bzw. über die gesamte Bauzeit prognostizierte und gemittelte Beurteilungspegel als auch die Anzahl der Tage eingestellt worden, an denen ein Beurteilungspegel von 72 dB(A) überschritten wird (S. 11). Maximalpegel über 72 dB(A) sind damit in der Lärmprognose berücksichtigt worden.

58

c) Die im Wesentlichen auf Ergänzung des Planänderungsbeschlusses um weitere Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes gerichteten Anträge Nr. 1 bis 8 haben keinen Erfolg.

59

aa) Der Antrag Nr. 1, die Auflage A II.3.1.1. dahingehend zu ergänzen, dass nur Baumaschinen mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" oder entsprechender anderer Zertifizierung eingesetzt werden dürfen, kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten und der Beigeladenen auf der Baustelle auch Baumaschinen zum Einsatz kommen, für die es solche Umweltzeichen nicht gibt. Vor diesem Hintergrund reicht es aus, dass der Beklagte der Beigeladenen in dieser Nebenbestimmung aufgegeben hat, sicherzustellen, dass ausschließlich Bauverfahren und Baugeräte eingesetzt werden, die hinsichtlich ihrer Schall- und Erschütterungsemissionen lärmarm arbeiten. Soweit die Klägerinnen darauf verweisen, dass das von der Beigeladenen ursprünglich vorgelegte Gutachten Nr. N454113h des Ing.-Büro Dr.-Ing. M. den Einsatz geräuscharmer Baugeräte mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" empfehle, weil damit eine Reduktion um 5 bis 10 dB(A) möglich sei, folgt daraus nichts anderes. Aus dem - knapp gehaltenen - Gutachten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gutachter sich mit dem Gesichtspunkt der Verfügbarkeit solcher Baumaschinen und -geräte überhaupt näher befasst hat.

60

bb) Eine Verkleidung, die sicherstellt, dass in den Arkaden ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nicht überschritten wird (Antrag Nr. 2), können die Klägerinnen - von allem anderen abgesehen - schon deshalb nicht beanspruchen, weil der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle zu Recht auf 68 dB(A) festgelegt hat.

61

cc) Der Antrag Nr. 3, den Außenbereich der Galerie und des Restaurants Nante-Eck zur Straße Unter den Linden durch Lärmschutzwände an der Baustelle so zu schützen, dass auf dem Gehweg ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nicht überschritten wird, bleibt ebenfalls erfolglos. Die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle ist zu Recht auf 68 dB(A) festgesetzt worden. Die Klägerinnen haben daher ungeachtet dessen, dass Außenkontaktbereiche vor Ladengeschäften dem Anwendungsbereich der AVV Baulärm ohnehin nicht unterfallen, keinen Anspruch auf Einhaltung eines Beurteilungspegels von 60 dB(A). Hinzu kommt, dass die Aufstellung von Fassadenschutzwänden im Planaufstellungsverfahren geprüft, aber wegen des geringen Nutzens und der weit überwiegenden Nachteile sowie technischer Schwierigkeiten verworfen worden ist (S. 36 PÄB). Diese Überlegungen betreffen zwar in erster Linie die Friedrichstraße, sind aber auf die Straße Unter den Linden weitgehend übertragbar. Die Beigeladene hat im gerichtlichen Verfahren zu diesem Thema ergänzend ausgeführt, dass die Wirkung einer solchen Abschirmwand aufgrund der Reflexionen der Gebäudefassaden stark reduziert wäre. Selbst bei einer sehr hohen Abschirmwand von 8 m sei eine Geräuschreduktion von mehr als 5 dB nicht zu erreichen. Zudem seien solche Lärmschutzwände technisch nicht verfügbar. Bei der Errichtung einer so hohen, freistehenden Abschirmwand bestünden wegen auftretender Windlasten konstruktive Schwierigkeiten. In jedem Fall müssten zunächst tiefe Fundamente im Straßengrund errichtet werden. Hierfür sei im Bereich zwischen der Baustelle und den Gehwegen kein Platz. Abgesehen davon sei die Errichtung solcher Abschirmwände mit erheblichen Geräuschemissionen verbunden, die angesichts der in diesem Bereich nur während eines vergleichsweise kurzen Zeitraums auftretenden Lärmbeeinträchtigungen nicht zu rechtfertigen wären. Hiergegen haben die Klägerinnen keine substantiellen Einwände erhoben. Sie verweisen zwar auf die Empfehlung des Ing.-Büros M. im Gutachten vom 15. August 2008, mobile Schallschutzwände einzusetzen. Dieses Gutachten verhält sich aber nicht dazu, inwieweit der Einsatz mobiler Schallschutzwände vorliegend technisch überhaupt möglich und unter Lärmschutzgesichtspunkten sinnvoll wäre.

62

dd) Es kann dahinstehen, ob der Antrag Nr. 4, die Baustelle in der Friedrichstraße nach Herstellung der Schlitzwände und vor weiterem Abtrag der Straßendecke mit einer Schalldämmung von 20 dB(A) einzuhausen, schon deshalb keinen Erfolg haben kann, weil die Klägerinnen dies im Einwendungsverfahren nicht gefordert haben. Sie können eine Einhausung der Baustelle auch deshalb nicht beanspruchen, weil diese Maßnahme - sofern überhaupt technisch realisierbar - nach den von den Klägerinnen nicht bestrittenen Darlegungen des Beklagten und der Beigeladenen unverhältnismäßig wäre. Nach dem Lärm- und Erschütterungsgutachten der BeSB GmbH vom 2. März 2010 treten am lautesten Immissionsort im Mittelbereich der Friedrichstraße an maximal 16 % aller Bautage Geräuschimmissionen auf, die das derzeitige Geräuschniveau deutlich übersteigen. Vor den Fassaden in der Straße Unter den Linden sowie im Südbereich der Friedrichstraße beträgt dieser Anteil maximal circa 5 % aller Bautage. Circa die Hälfte aller überdurchschnittlich lauten Tage tritt während der Phase der Schlitzwanderstellung auf (S. 5/6). Die Einhausung würde demnach weder die längsten noch die lautesten Bauphasen erfassen. Ausgenommen blieben insbesondere die Arbeiten zur Herstellung der Schlitzwände und der HDI-Sohlen. Die hierzu eingesetzten Bohrgeräte haben eine Höhe von über 15 m und lassen sich daher nicht einhausen. Lediglich für die Herstellung der neuen Tunneldecke und die Wiederherstellung der Oberfläche käme eine Einhausung jedenfalls theoretisch in Betracht. Um das von den Klägerinnen geforderte Schalldämmmaß von 20 dB zu erzielen, müsste eine feste Abdeckung errichtet werden, die zudem stützfrei ist, weil ansonsten die Bautätigkeit behindert würde. Die Einhausung müsste eine Höhe von mindestens 6 m über Straßenniveau aufweisen, um Hebezugarbeiten zu ermöglichen. Sie würde somit die Fensterfront des ersten Obergeschosses des Hotels verdecken bzw. einschließen. Zudem müsste die Konstruktion fest im Boden verankert werden. Die im Boden zu verankernden Stützen müssten zwischen der Schlitzwand und der Fassade in die Erde eingebracht werden. Auf dem dort ohnehin nur begrenzt zur Verfügung stehenden Raum befinden sich bereits die für die Bauzeit verlegten Leitungen der Versorgungsunternehmen. Zudem müsste die Einhausung zum Großteil direkt vor Ort gefertigt (zugesägt) und dann montiert werden. Hierdurch würden genau die Schlag- und Sägegeräusche auftreten, die durch die Einhausung gerade vermieden werden sollen. Die Anzahl besonders lauter Tage würde sich durch die Arbeiten zur Errichtung der Einhausung damit voraussichtlich erhöhen. In Anbetracht dieser Umstände durfte der Beklagte eine Einhausung zu Recht verwerfen.

63

ee) Der Antrag Nr. 5, der Beigeladenen aufzugeben, der Klägerin zu 1 die Kosten für Schallschutzfenster in den Hotelzimmern, im Frühstücks- und Hotelrestaurant sowie in der Lobby zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße zu erstatten, die erforderlich sind, um bei einem zulässigen Grenzwert von 60 dB(A) und zulässigen Maximalpegeln von 70 dB(A) einen Innenpegel von 31 dB(A) zu gewährleisten, bleibt ebenfalls erfolglos. Die Klägerin zu 1 hat schon keinen Anspruch darauf, dass die Schallschutzmaßnahmen an einem Außenpegel von 60 dB(A) und einem Innenpegel von 31 dB(A) ausgerichtet werden. Zudem hat der Beklagte den Einbau von Schallschutzfenstern, der nach einer von der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 27. August 2010 gemäß Kostenschätzung vom 18. Juni 2010 circa 1 200 000 € kosten würde, zu Recht mit der Erwägung als unverhältnismäßig verworfen, dass in den Nachtstunden keine Bautätigkeit stattfinden wird, in den Tagstunden wegen der Sperrung der Friedrichstraße die hohe Vorbelastung durch Verkehrslärm entfällt und die baubedingte Lärmbelastung sich an der Mehrzahl der Bautage wegen des bereits vorhandenen hochwertigen Schallschutzes sogar unterhalb des Niveaus der Vorbelastung durch den Verkehrslärm bewegen wird. Zudem würde der Einbau bzw. die Auswechselung von Schallschutzfenstern ebenfalls zu Beeinträchtigungen in der Nutzbarkeit der Objekte führen, die in Relation zu den erzielbaren Erfolgen gestellt werden müssten. So sei beim Hotel W. davon auszugehen, dass eine Auswechselung der Fenster zu Beeinträchtigungen führen würde, die nicht weniger schwer wögen als die verbleibenden Beeinträchtigungen ohne die Maßnahme (S. 36-38 PÄB). Diesen Erwägungen sind die Klägerinnen nicht entgegengetreten.

64

Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern folgt auch nicht daraus, dass nach der Stellungnahme der Akustik-Inge-nieurbüro M. GmbH vom 4. Mai 2010 der mittlere Innenpegel in den Hotelzimmern 31 dB(A) betragen soll, eine Erhöhung der Lautstärke um 3 dB(A) als wesentlich und somit störend wahrgenommen werde und ein Hotelbetrieb mit dem hier gebotenen hohen Komfort bei einem Innenpegel von mehr als 35 dB(A) nicht mehr möglich sei, zumal ein ungestörter Schlaf ein wichtiges Qualitätsmerkmal eines Hotels und lauter Baulärm zwischen 07:00 und 10:00 Uhr daher auch dann besonders störend sei, wenn der über den ganzen Tag gemittelte Beurteilungspegel von 35 dB(A) noch nicht überschritten werde. Setzt man die prognostizierte Zahl der Tage, an denen es durch den Baulärm außen vor der Fassade des Hotels lauter wird als durch den vorhandenen Verkehrslärm bzw. als 71 dB(A) (52 Tage) in Relation zu den Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern, die eine Beibehaltung des bisherigen Lärmniveaus in den Zimmern auch an diesen Tagen ermöglichen, erweist sich der Einbau als unverhältnismäßig. Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch die TA Lärm in Nr. 6.5 nur für Gebiete nach Nr. 6.1 Buchst. d bis f (allgemeine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, Kurgebiete sowie Krankenhäuser und Pflegeanstalten) Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit vorsieht (an Werktagen 06.00-07.00 Uhr und 20.00-22.00 Uhr), die in der Tagzeit der AVV Baulärm (07.00 bis 20.00 Uhr) bereits berücksichtigt sind.

65

Die Klägerin zu 1 kann auch nicht den Ersatz der Kosten verlangen, die bei der Sanierung 2006 bis 2008 für den Einbau von Schallschutzfenstern der Klasse 3 im Lindenflügel des Hotels aufgewandt wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Schallschutzfenster seinerzeit nicht zum Schutz der Hotelgäste vor Verkehrslärm, sondern zur Abwehr der Lärmeinwirkungen des streitgegenständlichen Bauvorhabens eingebaut worden sind, hat die Klägerin zu 1 nicht dargetan.

66

ff) Der Antrag Nr. 6, die Beigeladene zu verpflichten, den Gehweg Unter den Linden vor dem Hotel während der gesamten Bauzeit täglich zu reinigen, bleibt erfolglos. Die Straße Unter den Linden ist in der bei Erlass des Planänderungsbeschlusses geltenden Verordnung über die Straßenreinigungsverzeichnisse und die Einteilung in Reinigungsklassen vom 29. Oktober 2009 (GVOBl Bln S. 505 <545>) im Straßenreinigungsverzeichnis A, Reinigungsklasse 1 (= 7x/Woche), verzeichnet und wird demnach täglich gereinigt. Dass diese Reinigung, die auch den Gehweg umfasst, während der Bauarbeiten unterbleibt, haben die Klägerinnen nicht vorgetragen.

67

gg) Der Antrag Nr. 7, die Auflage A II.3.1.8. dahingehend zu ergänzen, dass die Beweissicherung gemäß dem Konzept der GuD vom 26. August 2010 rechtzeitig vor Baubeginn durchzuführen ist, hat keinen Erfolg. Das Beweissicherungskonzept der GuD ist nach der Regelung in A I. des Planänderungsbeschlusses als Anlage 5 vollumfänglich planfestgestellt worden. Wie Ziff. 4.9 (S. 8/9) des Konzepts entnommen werden kann, soll eine Erstbeweissicherung hinsichtlich der Beweissicherungsarten S1 bis S6 vor Beginn der Bauarbeiten erfolgen. Dass die Beweissicherungsart S7 (visuelle Beweissicherung durch einen Sachverständigen) insoweit ausgenommen ist, begegnet keinen Bedenken, weil sie nach den Erläuterungen auf S. 8 des Konzepts im Zuge der Baumaßnahme ggf. bei besonderen Bedingungen und Schadensfällen vorgenommen werden muss, wenn andere Arten der Beweissicherung nicht bzw. nicht mehr möglich sind und es in Anbetracht des Schadens besonderen Sachverstands bedarf.

68

hh) Schließlich ist auch dem Antrag Nr. 8, der Beigeladenen aufzugeben, eine Lärmprognose mit detailliertem Bauablauf für die Baufelder II - IV vorzulegen und anzugeben, wann der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) überschritten wird und welche Maximalpegel in den einzelnen Bauabschnitten täglich zu erwarten sind, nicht zu entsprechen. Die Klägerinnen können die Vorlage einer solchermaßen detaillierten Lärmprognose nicht verlangen. Der durch Bauarbeiten ausgelöste Lärm ist unregelmäßig und entzieht sich einer noch genaueren Prognose (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 111 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 215 S. 196; VGH Kassel, Urteil vom 17. November 2011 - 2 C 2165/09.T - juris Rn. 272). Soweit möglich hat der Beklagte dem Interesse der Klägerinnen an einer frühzeitigen Information über die zu erwartenden Bauarbeiten durch die Regelung in A II.3.2.1. des Planänderungsbeschlusses Rechnung getragen.

69

2. Die im Planänderungsbeschluss in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen getroffenen Festsetzungen zum Grund (a) und zu den Bemessungsgrundlagen (b) der Entschädigung sind nicht zu beanstanden. Die weitergehenden Klageanträge Nr. 9a) bis e) und 10 sind nicht begründet (c).

70

a) Rechtsgrundlage für Entschädigungsansprüche wegen unzumutbarer Beeinträchtigungen durch die Errichtung eines planfestgestellten Vorhabens ist § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG. Danach hat - sofern Vorkehrungen oder Anlagen zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind - der Betroffene einen Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Der Entschädigungsanspruch ist dem Grunde nach im Planfeststellungsbeschluss festzustellen, zudem sind die Bemessungsgrundlagen für die Höhe anzugeben (Urteile vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 11.87 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 6 S. 7<9> und vom 31. Januar 2001 - BVerwG 11 A 6.00 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 56 S. 20<32>).

71

aa) Der Ausgleichsanspruch nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG gewährt einen finanziellen Ausgleich für einen anderenfalls unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentum. Es handelt sich dabei nicht um eine Enteignungsentschädigung, sondern um einen Ausgleichsanspruch eigener Art. § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG bestimmen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums. Wird der Eigentümer in der Nutzung seines Grundstücks durch nachteilige Einwirkungen des Vorhabens unzumutbar gestört und können diese Störungen aus den Gründen des Satzes 3 nicht durch physisch-reale Schutzmaßnahmen ausgeglichen werden, muss der Eigentümer die Einwirkungen auf sein Eigentum trotz deren Unzumutbarkeit zwar hinnehmen, wenn in der Abwägung hinreichend gewichtige Belange des Allgemeinwohls für die Verwirklichung des Vorhabens sprechen. Die darin liegende Beschränkung seines Eigentums ist aber nur verhältnismäßig, wenn er finanziell entschädigt wird (Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 74 Rn. 195 m.w.N.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226 <245 f.>).

72

Entschädigungsansprüche aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff bestehen neben dem Entschädigungsanspruch aus § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht. Auch für einen Anspruch aus § 906 Abs. 2 BGB bleibt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs neben den im Planfeststellungsverfahren eröffneten Rechtsbehelfen grundsätzlich kein Raum (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09 - MDR 2010, 142 ).

73

bb) § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG hat Surrogatcharakter. Sein Anwendungsbereich reicht nicht weiter als die Primärregelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Greift § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, der den Anspruch auf Schutzvorkehrungen regelt, tatbestandlich nicht ein, so ist auch für die Anwendung von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG kein Raum (stRspr, vgl. Urteile vom 27. Juni 2007 - BVerwG 4 A 2004.05 - BVerwGE 129, 83 ff. = Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 71 Rn. 12 und vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 5.04 - BVerwGE 123, 23 = Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 18 S. 93 <103>; BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 - 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512 ). § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG eröffnet keinen Anspruch auf einen Ausgleich aller Nachteile, die ein Planvorhaben auslöst. Auszugleichen sind nur die Nachteile, die die Grenze des Zumutbaren überschreiten und nicht durch physisch-reale Maßnahmen abgewendet werden (Bonk/Neumann, a.a.O. § 74 Rn. 197).

74

Keine Schutzvorkehrungen und demgemäß auch keine Entschädigung können wegen einer Beeinträchtigung von rechtlich nicht geschützten wirtschaftlichen oder sonstigen Belangen verlangt werden, auch wenn diese bei der Abwägung grundsätzlich zu berücksichtigen sind. Derartige Belange können durch gegenläufige öffentliche Belange ohne finanziellen Ausgleich überwunden werden. Aus dem Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie lässt sich kein Recht auf bestmögliche Nutzung des Eigentums ableiten. Eine Minderung der Wirtschaftlichkeit ist grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie eine Verschlechterung der Verwertungsaussichten. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht bloße Umsatz- und Gewinnchancen und tatsächliche Gegebenheiten, auch wenn diese für das Unternehmen von erheblicher Bedeutung sind, weil sie nicht zum Bestand des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs gehören. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn sich eine Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten und der damit verbundene Verlust der Lagegunst auf den Bestand des Kundenkreises negativ auswirkt. Nicht geschützt ist insbesondere der Verlust an Stammkunden und die Erhaltung einer optisch ansprechenden Umgebungsbebauung, der über die einfachgesetzlich geregelten Rechte hinausgehende Anliegergebrauch, der Fortbestand einer bestimmten Anbindung an das öffentliche Wegesystem, wenn kein besonderer Vertrauensschutz besteht, und entstehende Lagenachteile, die zu einer Minderung des Grundstückswertes führen. Auch Ertragseinbußen, z.B. durch die Furcht der Kunden vor unzumutbarem Lärm, sind nicht nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ersatzfähig, denn § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG dient dem Schutz vor tatsächlichen und nicht vor vermeintlichen Lärmbelastungen (Urteile vom 27. Juni 2007 a.a.O. Rn. 12 ff. und vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <260> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23 S. 2<104>; Beschlüsse vom 21. Oktober 2003 - BVerwG 4 B 93.03 - juris und vom 8. September 2004 - BVerwG 4 B 42.04 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 66 S. 51<52 f.>).

75

cc) Bei Anlegung dieser Maßstäbe hat der Beklagte den Klägerinnen eine Entschädigung dem Grunde nach zu Recht nur für die verbleibenden unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Baulärm (und etwaige Erschütterungs- und Setzungsschäden, A II.3.1.8.), nicht aber für alle Auswirkungen der Baustelle auf den Hotelbetrieb zugesprochen. Die gegenteilige Auffassung der Klägerinnen, die Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG sei als "Ausgleich für das Ertragen einer Belastung zu Gunsten einer Baumaßnahme für den öffentlichen Personennahverkehr" zu sehen, geht am gestuften Regelungskonzept des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG vorbei. Da der Ausgleichsanspruch nur der Kompensation eines gleichheitswidrigen Sonderopfers dient, muss er grundsätzlich auch nur diejenige Belastung ausgleichen, die die von der Sozialgebundenheit gerechtfertigte Belastung des Eigentums übersteigt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 a.a.O. Rn. 43). Die Klägerinnen übersehen, dass der Beklagte der Beigeladenen zum Schutz der Baustellenanlieger vor Beeinträchtigungen durch Baulärm, Staub und Erschütterungen entsprechend der Vorrangregelung in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG eine Reihe von Schutzvorkehrungen auferlegt hat. Dazu gehören etwa die Auflagen, lärmarme Bauverfahren und Baugeräte einzusetzen (A II.3.1.1.), die zeitliche Beschränkung der Bauarbeiten auf die Zeit zwischen 07:00 und 20:00 Uhr (A II.3.1.2.), die Arkadenverkleidung (A II.3.2.3.), die Regelungen zum Einsatz von Schlitzwandbaggern (A II.3.1.4.) und zur Schlitzwanderstellung (A II.3.2.2.) sowie zur Einhaltung der Anhaltswerte der DIN-Vorschrift 4150-2 und 3 und der VDI-Richtlinie 2719 hinsichtlich Erschütterungen und sekundärem Luftschall (A II.3.1.5.). Zudem sind Auflagen im Hinblick auf die Staubentwicklung, die Verschmutzung bzw. Reinhaltung der Fassaden, zur Fußgängerquerung Unter den Linden und zum Erscheinungsbild der Baustelle erteilt worden (A II.3.2.7. bis 3.2.10.). Schließlich hat sich der Beklagte unter A II.3.2.6.2. die Anordnung weiterer Maßnahmen für den Fall vorbehalten, dass sich nach der konkretisierten Bauablaufplanung oder den Ergebnissen der angeordneten kontinuierlichen Kontrollmessungen abzeichnet, dass der Beurteilungspegel an mehr als den prognostizierten Tagen einen Wert von 68 dB(A) überschreitet oder sich die vorgesehene Gesamtbauzeit der lärmintensiven Arbeiten (12 Monate) um mehr als einen Monat erhöht. Gleiches gilt in Bezug auf Erschütterungen und sekundären Luftschall, falls sich herausstellt, dass entgegen der Prognose die vorgegebenen Anhaltswerte nicht eingehalten werden.

76

Unzumutbare, die Grenze der Sozialbindung übersteigende nachteilige Auswirkungen werden aufgrund der getroffenen Schutzvorkehrungen im Ergebnis nur (noch) durch den Baustellenlärm ausgelöst, weil weitere Schutzauflagen zu dessen Abwehr oder Reduzierung untunlich bzw. mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Dagegen kommt dem Umstand, dass - wie die Klägerinnen vortragen - Stammkunden und Touristen das Hotel unabhängig von der tatsächlichen Lärmbelastung durch die Baustelle schon deshalb meiden, weil es bis zur Deckelung im Umfeld einer Baustelle liegt, im Rahmen von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG keine Bedeutung zu. Dieser Effekt ließe sich durch keinerlei wie auch immer geartete Schutzmaßnahmen verhindern, namentlich stellt entgegen der Auffassung der Klägerinnen das "Unterlassen" der Baustelle keine Schutzvorkehrung im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG dar.

77

dd) Dass der Beklagte eine Entschädigung für die Beeinträchtigung von Innenräumen dem Grunde nach davon abhängig gemacht hat, dass die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 "Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen" für Innenschallpegel von 40 dB(A) für Hotelzimmer und Vortragsräume sowie 50 dB(A) für Restaurants/Gaststätten/Läden überschritten werden, ist nicht zu beanstanden. Abweichendes folgt nicht daraus, dass nach dem Inhalt eines in den Planunterlagen befindlichen Prüfberichts der Akustik-Ingenieurbüro M. GmbH vom 11. Dezember 2009 und einer ergänzenden Stellungnahme vom 4. Mai 2010 trotz der unterschiedlichen Fensterschalldämmungen in den Hotelzimmern (von FSSK 1 bis FSSK 3) in allen Zimmern ein Schalldruckpegel in der Größenordnung von circa 31 dB(A) gemessen worden ist.

78

Es spricht nichts dagegen, die Zumutbarkeitsgrenze für Innengeräuschpegel an den oberen Anhaltswerten der VDI-Richtlinie 2719 zu orientieren. Die VDI-Richtlinie 2719 gilt grundsätzlich nur für dauerhafte Lärmeinwirkungen, kann aber auch bei länger andauernden stationären Großbaustellen herangezogen werden. Dabei rechtfertigt es die begrenzte Dauer solcher Baustellen, sich an den oberen Anhaltswerten zu orientieren. Zwar mag der VDI-Richtlinie 2719 in Nr. 6.3 Tabelle 6 die Vorstellung zugrunde liegen, dass bei einem dauerhaften Schallschutz innerhalb der Anhaltswerte je nach Empfindlichkeit einzelner Nutzungsarten weiter differenziert werden soll. Im Hinblick auf die letztlich begrenzte Zeitdauer der sehr lauten Bauphasen konnte hier aber pauschalierend vorgegangen werden, zumal auch die Ausschöpfung der oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 für die Tagzeit nicht zu unzumutbaren Zuständen führt.

79

Innenschallpegel von 40 dB(A) in Hotelzimmern und Vortragsräumen und 50 dB(A) in Gaststätten/Restaurants/Läden stellen keine unzumutbare Belastung dar. Bei Wohnnutzungen ist Schutzziel für die - hier allein relevante - Tagzeit der AVV Baulärm (07.00-20.00 Uhr), unzumutbare Kommunikationsbeeinträchtigungen im Gebäudeinneren zu vermeiden. Nach dem Stand der aktuellen Lärmwirkungsforschung sind tagsüber zur Vermeidung von Kommunikationsstörungen in geschlossenen Wohnräumen Mittelungspegel von 45 dB(A) innen einzuhalten ("Sprachverständlichkeit"; Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116. = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Juli 2011, Vorbem. 18. BImSchV Rn. 14; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 15 Rn. 19.1). Für Räume, die als Gaststätte, Restaurant oder Ladengeschäft genutzt werden, und deren Schutzwürdigkeit gegenüber Wohnräumen, Tagungsräumen etc. daher gemindert ist, beträgt der obere Anhaltswert der VDI-Richtlinie 2719 50 dB(A).

80

Der Einwand der Klägerinnen, der Planänderungsbeschluss gehe von zu optimistischen Schalldämmmaßen der Außenfassaden des Hotels W. aus, ist angesichts der vorgetragenen aktuellen Innenschallpegel von circa 31 dB(A) und des vorhandenen Verkehrslärms kaum nachzuvollziehen. Ungeachtet dessen übersehen die Klägerinnen, dass der Planänderungsbeschluss auch den Fall, dass die Eigentümer ein geringeres Schalldämmmaß geltend machen und nachweisen, regelt. In A II.3.2.4. ist festgelegt, dass in einem solchen Fall die entsprechend geringeren Werte zugrunde zu legen sind. Die Kosten für den Nachweis und die Einzelfalluntersuchung trägt die Vorhabenträgerin (S. 10 PÄB). Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 6. Juli 2012 ausdrücklich und mit bindender Wirkung für ein etwaiges Entschädigungsverfahren klargestellt, dass diese Regelung ungeachtet der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Änderungen und Streichungen auf S. 42 des Planänderungsbeschlusses uneingeschränkt Anwendung findet.

81

b) Die zur Bemessung der Höhe der Entschädigung maßgeblichen Faktoren sind im Planänderungsbeschluss in Gestalt der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen in ausreichender Weise festgelegt.

82

aa) Nach der Grundregelung in A II.3.2.4. des Planänderungsbeschlusses ist die Entschädigung zu leisten für die Beeinträchtigung von Hotelzimmern, Tagungsräumen, Restaurants, Läden und Außenwohnbereichen bezogen auf die Tage, an denen die festgelegten Pegel (68 dB(A) für Außenwohnbereiche, 40 bzw. 50 dB(A) für Innenräume) überschritten werden. Die Höhe der Entschädigung für das Hotel richtet sich gemäß der ergänzenden Regelung auf S. 42 des Planänderungsbeschlusses nach dem Ertragsausfall zwischen Baubeginn und Deckelung der Baugruben in der Friedrichstraße und der Straße Unter den Linden, der darauf zurückzuführen ist, dass es in diesem Zeitraum vor den Fassaden zur Friedrichstraße und Unter den Linden zu Überschreitungen eines Beurteilungspegels von 71 dB(A) kommt. Für vermietete Restaurants und Ladengeschäfte richtet sich die Entschädigung nach dem Maß der zulässigen Mietminderung bezogen auf die Tage, an denen vor den Fassaden zur Friedrichstraße und zur Straße Unter den Linden ein Beurteilungspegel von 81 dB(A) überschritten wird. Für den Fall, dass geringere Schalldämmmaße nachgewiesen werden, sind die entsprechend niedrigeren Werte maßgeblich (A II.3.2.4. S. 10 PÄB).

83

bb) Diese Festlegungen begegnen keinen Bedenken. Bei nur vorübergehenden Beeinträchtigungen von Gewerbebetrieben bzw. gewerblich genutzten Grundstücken durch eine Baustelle kommt es in der Regel nicht zu dauerhaften Verkehrswertminderungen, sondern zu Ertragsverlusten. Diese sind auszugleichen, soweit sie auf dem Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle beruhen. Dabei dürfen keine Nachteile von der Entschädigungspflicht ausgeschlossen werden, deren Entschädigung für einen adäquaten Ausgleich erforderlich ist (Bonk/Neumann, a.a.O. § 74 Rn. 198). Hierauf zielt die in der mündlichen Verhandlung in A II.3.2.4. sowie in B IV.2.1.4.3. neu eingefügte Formulierung "bezogen auf die Tage", die weiter gefasst ist als die ursprüngliche Formulierung "an den Tagen". Sie soll sicherstellen, dass Bemessungsgrundlage für die Entschädigung nicht nur die konkreten Tage sind, an denen es zu Überschreitungen der maßgeblichen Pegel gekommen ist, sondern diese Tage zu übergeordneten Zeitabschnitten in Beziehung gesetzt werden.

84

Im Hinblick auf den Hotelbetrieb als solchen ist dieser übergeordnete Zeitabschnitt der Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung (S. 42 PÄB). Diese Festlegung trägt zum einen den Besonderheiten des Hotelbetriebs, insbesondere dem notwendigen Buchungsvorlauf in allen drei Marktsegmenten, und zum anderen dem Umstand Rechnung, dass die Tage mit unzumutbaren Lärmeinwirkungen nicht mit der für eine sinnvolle Belegungsplanung erforderlichen Präzision vorausgesagt werden können. Eine Regelung, die nur auf die konkreten Tage mit Überschreitungen des Beurteilungspegels abhebt, ist daher nicht sachgerecht. Ein Hotelbetrieb ist in besonderem Maße auf eine antizipierende Planung angewiesen, auf tagesaktuelle Entwicklungen und Ereignisse in seinem Umfeld kann er - wenn überhaupt - allenfalls bedingt reagieren. Es erscheint daher als durchaus denkbar, dass eine Gesamtschau der Ergebnisse des in A II.3.2.5. angeordneten Lärmmonitorings, der dem Hotelbetrieb gemäß A II.3.2.1. übermittelten Informationen über den Bauablauf und der Entwicklung der Ertragslage des Hotels im Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung zu dem Ergebnis führt, dass eine Vermietung von zur Friedrichstraße und zur Straße Unter den Linden hin gelegenen Hotelzimmern, Tagungsräumen etc. auch an den Tagen bzw. in den Zeiträumen ohne unzumutbarem Baulärm nicht sinnvoll möglich war und dies daher an mehr als den prognostizierten 52 Tagen mit einer Überschreitung der Zumutbarkeitsschwelle zu einer Unterauslastung des Hotels geführt hat.

85

Für die vermieteten Räume (Restaurants, Ladengeschäfte, Galerie) schließt die Formulierung "bezogen auf die Tage" aus, dass die nach Maßgabe der zivilgerichtlichen Rechtsprechung bei Baulärm je nach Art und Dauer der Beeinträchtigung angemessene Mietminderung, deren Bezugsgröße in der Regel die monatsweise zu entrichtende Miete ist, im Entschädigungsverfahren auf die Tage "heruntergerechnet" wird, an denen der Baulärm die Zumutbarkeitsschwelle überschritten hat.

86

Weitergehende Festsetzungen mussten im Planfeststellungsverfahren, das von seiner Aufgabenstellung und seiner herkömmlichen Gestaltung her nicht die Voraussetzungen für eine detaillierte Berechnung von Geldentschädigungen bietet, nicht getroffen werden (Urteil vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C 15.83 - BVerwGE 71, 166 <175> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 59 S. 59<67>). Es ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, im Planfeststellungsbeschluss Regelungen zum Ablauf des nachfolgenden Entschädigungsverfahrens oder zur methodischen Ermittlung der Entschädigungshöhe festzulegen. Das gilt umso mehr, wenn es - wie hier - um eine Entschädigung für vorübergehende Beeinträchtigungen geht. Die Angemessenheit der Entschädigung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dazu gehören bei vorübergehenden Beeinträchtigungen regelmäßig auch solche Umstände, die erst rückblickend nach Abschluss der Baumaßnahmen festgestellt werden können. Dies trifft vorliegend etwa auf die für die Bemessung der Entschädigung zwingend erforderliche Auswertung des Lärmmonitorings und der Entwicklung der Ertragslage des Hotels zu.

87

Die Rüge der Klägerinnen, auch mithilfe der vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen des Planänderungsbeschlusses werde das Problem, einen Kausalzusammenhang zwischen den unzumutbaren Lärmeinwirkungen und den Ertragseinbußen feststellen zu können, nicht gelöst, sondern in das Entschädigungsverfahren verlagert, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Frage, inwieweit Ertragseinbußen des Hotels auf unzumutbare Lärmeinwirkungen durch die Baustelle zurückzuführen sind, kann ungeachtet methodischer Einzelfragen schlechterdings nicht unabhängig von den Ergebnissen des Lärmmonitorings und der Ertragsentwicklung des Hotels beantwortet werden. Die Entscheidung darüber kann und muss daher - sofern die Beteiligten keine Einigung erzielen - dem Entschädigungsverfahren vorbehalten bleiben (vgl. A II.3.2.4. Satz 5). Den Klägerinnen werden dadurch keine Rechte abgeschnitten.

88

c) Die mit den weitergehenden Anträgen Nr. 9 und 10 begehrten Änderungen und Ergänzungen der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Festlegungen zu Grund und Bemessung der Entschädigung bleiben erfolglos.

89

aa) Einen Ausgleich derjenigen Ertragseinbußen, die dadurch entstehen, dass die zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße hin gelegenen Hotelzimmer für die Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben nicht vermietet werden (Antrag Nr. 9a, 1. Variante), können die Klägerinnen nicht beanspruchen. § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG gewährt einen Ausgleich nur für die Nachteile, die auf dem Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle beruhen.

90

Der Hilfsantrag Nr. 9a, 2. Variante, den Klägerinnen die nach Anordnung weiterer aktiver und passiver Schallschutzmaßnahmen im Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben verbleibenden Ertragseinbußen zu entschädigen, wird nicht relevant, weil die Klägerinnen weitere Schallschutzmaßnahmen nicht beanspruchen können (s.o. unter 1.c). Im Übrigen kann auf die Ausführungen unter aa) verwiesen werden.

91

Einen Anspruch auf Entschädigung der Ertragseinbußen bis zu zwei Jahre nach Abschluss der Deckelung (Antrag Nr. 9b) haben die Klägerinnen - von allem anderen abgesehen - schon deshalb nicht, weil das Hotel nach der Deckelung der Baugruben keinen unzumutbaren (Lärm)Beeinträchtigungen mehr ausgesetzt sein wird. Andere Nachteile werden über § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht ausgeglichen.

92

Die Klägerinnen können nicht verlangen, dass der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss dahingehend ergänzt, dass die Ertragseinbußen durch einen mit ihrem Einverständnis ausgewählten Sachverständigen ermittelt werden (Antrag Nr. 9c). Ob - wofür vorliegend Einiges spricht - zum Entschädigungsverfahren ein Sachverständiger beigezogen wird, hat nicht die Planfeststellungs-, sondern die Entschädigungsbehörde zu entscheiden.

93

Die Klägerinnen können auch keine Regelung des Inhalts beanspruchen, dass als durch die Baustelle verursacht eine Minderung des RevPar des W. im Unterschied zum RevPar des Vergleichsmarktes der Fünf-Sterne-Hotels in Berlin-Mitte gilt (Antrag Nr. 9d). Dieser Antrag zielt darauf, die Methode zur Ermittlung des Ertragsausfalls im Planfeststellungsbeschluss festzulegen. Das ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde.

94

Die Klägerinnen haben überdies keinen Anspruch darauf, dass im Planfeststellungsbeschluss geregelt wird, dass die Entschädigung monatlich ermittelt und ausgeglichen wird (Antrag Nr. 9e). Über die Modalitäten der Ermittlung, Festsetzung und der Auszahlung der Entschädigung hat nicht die Planfeststellungsbehörde zu entscheiden.

95

bb) Schließlich bleibt auch der Antrag Nr. 10, den Klägerinnen die durch die Baustelle verursachten Mietminderungen der Ladengeschäfte und des Restaurants N. zu entschädigen und die Angemessenheit der Entschädigung durch einen Sachverständigen unter Berücksichtigung des Bauablaufs und vergleichbarer Mieten jeweils nach Ablauf eines Monats zu ermitteln, erfolglos. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Ausgleich der baustellenbedingten Mietminderungen, sondern nur auf Ausgleich der aufgrund unzumutbarer Beeinträchtigungen durch Baulärm gerechtfertigten Mietminderungen. Auch insoweit ist es nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, Regelungen zum Verfahren zu treffen. Über das Maß der zulässigen Mietminderung hat zunächst die Entschädigungsbehörde zu entscheiden, die insoweit ggf. einen Sachverständigen zu Rate ziehen wird.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.