Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 16. Juli 2015 - W 5 K 14.694

bei uns veröffentlicht am16.07.2015

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg

Aktenzeichen: W 5 K 14.694

Im Namen des Volkes

Urteil

16. Juli 2015

5. Kammer

gez.: Gemeinhardt, Angestellte als stellv. Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Sachgebiets-Nr: 510

Hauptpunkte: Rechtsmissbräuchliche Prozessführung; Platzverweis; Sicherstellung; Unmittelbarer Zwang; Straßenbahn; Fußgängerzone; Höchstgeschwindigkeit; straßenverkehrsrechtliches Rücksichtnahmegebot; unzulässige Rechtsausübung;

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: ...

gegen

Freistaat Bayern,

vertreten durch: Polizeipräsidium Unterfranken, Frankfurter Str. 79, 97082 Würzburg,

- Beklagter -

wegen Sicherstellung u. a.

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg, 5. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Gehrsitz, die Richterin am Verwaltungsgericht Horas, den Richter Kohlhaupt, die ehrenamtliche Richterin Huth, die ehrenamtliche Richterin Kinzinger aufgrund mündlicher Verhandlung am 16. Juli 2015 folgendes

Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen polizeiliche Maßnahmen, die ihm gegenüber am 25. August 2011 gegen 18.15 Uhr in der Kaiserstraße in W. ergriffen wurden.

1. Mit Urteil des Amtsgerichts - Strafrichter - W. vom 19. August 2009 (Nr. 161 Ds 962 Js 19306/08) wurde der Kläger wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem wurde sein Fahrrad als Tatmittel eingezogen. Das Urteil beruhte auf der Beschädigung einer Straßenbahn in der S-straße in W., auf die der Kläger zugelaufen war, bis diese stehen blieb, und die er anschließend beschädigte.

Mit Beschluss vom 13. Oktober 2009 (Nr. 3 Ns 161 Ds 962 Js 19306/2008) wurde die Einziehung des Fahrrads vom Landgericht W. aufrechterhalten. Mit Urteil des Landgerichts vom 2. August 2010 (Nr. 3 Ns 161 Ds 962 Js 19306/2008) wurde der Kläger unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen. Die Verwirklichung des objektiven sowie des subjektiven Tatbestandes des § 304 Abs. 1 StGB wurde festgestellt. Von der fehlenden Schuldfähigkeit des Klägers ging das Landgericht in Folge eines weiteren, umfassenden Sachverständigengutachtens aus. Abgestellt wurde auf eine wahnhafte Störung des Klägers, die sich aus einer querulatorischen Verhaltensweise entwickelt habe. Aufgrund dieser Störung suche der Kläger seit dem Jahr 2003 immer wieder die Konfrontation mit Straßenbahnfahrern und Straßenbahnen. Er versuche, unter selbstgefährdendem Verhalten diesen das Anhalten bzw. Schrittgeschwindigkeit aufzuzwingen. Der Kläger fühle sich von den Straßenbahnfahrern verfolgt. Die Diskrepanz zwischen der subjektiven Wahrnehmung des Klägers und der sich aufgrund der Beweislage objektiv ergebenden Situation stelle sich als wahnhaftes Erleben dar. Dieses habe sich im Zusammenhang mit juristischen Belangen sowie mit Straßenbahnen verfestigt. Aufgrund von Vorfällen im Jahr 1996 sowie 1999 liege eine posttraumatische Belastungsstörung vor.

Die Revision des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 30. November 2010 (Nr. 3 Ss 118/2010 3 Ns 962 Js 19306/08) als unzulässig verworfen.

Mit Verfügungen vom 11. Januar 2011 wurden die Ermittlungsverfahren Nr. 962 Js 24222/08, Nr. 962 Js 18262/09 sowie Nr. 962 Js 10725/10 wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr am 13. September 2008, 11. September 2009 und 14. April 2010 jeweils durch grundloses Abbremsen von Straßenbahnen in W. wegen der gerichtlich festgestellten Schuldunfähigkeit des Klägers eingestellt.

Auf die Gründe der Entscheidungen wird Bezug genommen.

Am 23. August 2011 wies der Kläger die Regierung von Mittelfranken auf eine am selben Tag von ihm festgestellte Verengung der Fußgängerzone im Bereich der K-straße durch einen Bauzaun sowie auf eine rücksichtslose Fahrweise der Straßenbahnführer hin.

Am 25. August 2011 gegen 18.15 Uhr wurde der Kläger mit seinem Fahrrad von zwei Polizeibeamten auf Streifenfahrt in der K-straße in W. angetroffen, als eine aus Richtung J-promenade kommende Straßenbahn seinetwegen zum Stillstand abbremsen musste. Im weiteren Verlauf wurde der Kläger mit seinem Fahrrad von den Polizeibeamten vom Gleiskörper verbracht. Das Fahrrad des Klägers wurde sichergestellt.

Am 27. August 2011 wurde dem Kläger sein Fahrrad wieder ausgehändigt.

Mit Verfügungen vom 14. Oktober 2011 wurde das Ermittlungsverfahren Nr. 962 Js 17383/11 wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr am 23. August 2011 um 15.20 Uhr sowie am 25. August 2011 um 18.17 Uhr und um 18.35 Uhr jeweils durch grundloses Ausbremsen von Straßenbahnen in W. wegen der gerichtlich festgestellten Schuldunfähigkeit des Klägers eingestellt.

2. Am 20. September 2011 erhob der Kläger bei Gericht Klage. Zuletzt ließ er beantragen:

1. Es wird festgestellt, dass der Platzverweis des Klägers durch die Polizei am 25. August 2014 (wohl richtig: 2011) rechtswidrig war.

2. Es wird festgestellt, dass die Sicherstellung des Fahrrads des Klägers durch die Polizei am 25. August 2014 (wohl richtig: 2011) rechtswidrig war.

3. Es wird festgestellt, dass die der Sicherstellung des Fahrrads des Klägers vorangegangene Anordnung durch die Polizei am 25. August 2014 (wohl richtig: 2011) rechtswidrig war.

4. Es wird festgestellt, dass die Androhung und Anwendung von unmittelbarem Zwang zu der Durchsetzung der polizeilichen Verfügungen rechtswidrig waren.

Zur Begründung wurde ausgeführt, am 25. August 2011 gegen 18.00 Uhr habe eine Polizeistreife den Kläger in rechtswidriger Weise des Platzes verwiesen, ihn von den Schienen gezerrt und sein Fahrrad weggenommen. Es werde bestritten, dass der Kläger einen „Privatkrieg“ gegen die Straßenbahnen führe. Weder pervertiere der Kläger die Rechtsordnung noch nehme er für sich Narrenfreiheit in Anspruch. Der Kläger mache lediglich von seinem Recht nach Art. 2 Abs. 1 GG Gebrauch. In Übereinstimmung mit der Entscheidung der Bundesverfassungsgerichts „Reiten im Walde“ sei grundsätzlich alles erlaubt, was nicht verboten sei. Die Beamten müssten auch nicht „sehenden Auges“ zusehen, wie der Kläger von Straßenbahnen zu Tode gefahren werde. Vielmehr müssten sie gegen die zu schnell fahrenden Straßenbahnen vorgehen.

Aus vorherigen Vorfällen im Zusammenhang mit Straßenbahnen sei dem Kläger kein Vorwurf zu machen: Am 24. September 2003 habe er in Folge eines parkenden LKW nicht mit Schädigungsabsicht gehandelt. Am 22. März 2004 sei die Nötigung nicht von ihm ausgegangen. Die Straßenbahn sei zu schnell gefahren, er habe sich bedrängt gefühlt und habe angehalten. Am 23. September 2004 habe er die Straßenbahn nicht sehen können und ohne Schädigungsabsicht gehandelt. Am 27. November 2004 sei die Straßenbahn zu schnell gewesen. Der Kläger habe von seinem Recht sich in der Fußgängerzone frei zu bewegen Gebrauch gemacht. Am 11. April 2004 (wohl richtig: 2007) sei er mit vorgeschriebener Schrittgeschwindigkeit vor der Straßenbahn gefahren und entsprechend dem Einfahrtsverbotsschild in der K-straße abgestiegen, um sein Rad vor der Straßenbahn herzuschieben. Am 13. April 2007 habe der Kläger ohne Schädigungsabsicht gehandelt. Er habe die Straßenbahn nicht bemerkt und sich auch frei bewegen dürfen. Am 25. Juli 2007 sei der Kläger mit fünf bis sechs km/h vor der Straßenbahn gefahren, da in der restlichen Fußgängerzone kein Platz gewesen sei. Den Bremsvorgang am 21. August 2008 habe der Kläger nicht zu verantworten. Die Straßenbahn habe beschleunigt, während er sich an einer durch eine Baustelle bedingten Engstelle befunden habe. Am 13. September 2008 habe den Kläger keine Verantwortung getroffen. Der Straßenbahnführer sei abgelenkt gewesen als der Kläger aus einer Menschentraube herausgetreten sei. Am 11. August 2009 sei eine Anzeige durch den Kläger erforderlich gewesen. Die Straßenbahnen hätten ausweislich des klägerischen Filmmaterials einen Bauzaun zu nahe und zu schnell passiert. Der Vorfall vom 11. September 2009 sei wegen diskriminierender Schuldunfähigkeit eingestellt worden. Am 14. April 2010 sei dem Kläger der Bremsvorgang nicht zuzurechnen. Der Straßenbahnführer habe ihn gesehen und beschleunigt. Am 2. Dezember 2010 sei die Aggression vom Straßenbahnführer ausgegangen. Dieser habe angehalten, um den Kläger auszubremsen. Am 25. August 2011 habe der Kläger sein Fahrrad in die K-straße geschoben, da dort die Einfahrt verboten sei. Am 28. August 2011 habe der Kläger keine Schädigungsabsicht gehabt, als er aus dem Schatten getreten sei, der Straßenbahnführer erschrocken sei und die Bahnklingel betätigt habe. Am 8. September 2012 sei die Aggression von der Straßenbahn ausgegangen. Diese sei zu dicht aufgefahren und habe den Kläger mittels Klingeln genötigt. Am 24. September 2012 habe der Kläger von seinem guten Recht Gebrauch gemacht, sich überall in der Fußgängerzone frei zu bewegen. Am 7. Dezember 2003 (wohl richtig: 2013) habe der Kläger sein Rad nicht vor eine Verkehrsteilnehmerin gelegt, um sie an der Weiterfahrt zu hindern. Diese habe ihn (vermutlich alkoholisiert) umgefahren. Das Urteil des Landgerichts W. vom 2. August 2010 habe mit dem streitgegenständlichen Vorfall nichts zu tun.

Der Kläger habe weder beim Verlassen des Geschäfts W. noch im Verlauf des Schiebens seines Fahrrads, bei dessen Beginn er sich noch umgedreht habe, eine Straßenbahn bemerkt. Sein Fahrrad habe er auf den Straßenbahngleisen in der K-straße, einer Fußgängerzone, in Richtung Bahnhof geschoben. Die Bereiche auf beiden Seiten der Gleiskörper seien durch Menschentrauben von Arbeitspendlern besetzt gewesen. Auf Höhe des Geschäfts W. haben sich ein Baucontainer sowie ein Bauzaun befunden. Zwischen dem Losschieben und der Vollbremsung der Straßenbahn seien ca. 30 Sekunden verstrichen. In Folge der Anfahrt des Streifenwagens der Polizeibeamten habe er auf die rechten Straßenbahngleise wechseln müssen. Dabei habe er sich nicht erneut umgesehen. Wahrer Verursacher einer Gefahr seien die Straßenbahnen. Der Kläger sei durch die Straßenbahn gefährdet gewesen. Die Straßenbahn sei mit horrend überhöhter Geschwindigkeit von 20 km/h, ohne Warnsignal und ohne die Fahrt zu drosseln herangefahren. Eine Gefahrenbremsung sei nicht erforderlich gewesen. Der Straßenbahnführer sei unaufmerksam gewesen. Der Vorfall sei nicht der erste dieser Art. Der Polizeibeamte habe den Kläger und sein Rad nach der Aufforderung „Gehen Sie da rüber“ ohne weitere Äußerungen gepackt und gewaltsam von den Schienen gezogen. Der Sicherstellung habe es bis zum 21. Oktober 2011 an einer Begründung gefehlt. Die Vorgangsakte der Polizei sei gezielt manipuliert worden.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig. Eine Feststellung der Unrechtmäßigkeit des Tuns der Polizeibeamten sei dringend geboten. Es bestehe Wiederholungsgefahr. Der Kläger sei bereits in Vorfälle mit Straßenbahnen in W. verwickelt gewesen. Künftiges polizeiliches Vorgehen sei zu erwarten. Die Reputation des Klägers sei wiederherzustellen. Jeder Mensch gelte als unschuldig, solange seine Schuld nicht durch ein Urteil rechtskräftig festgestellt sei.

Die Klage sei begründet. Der Kläger sei in Art. 2 Abs. 2, Art. 14 sowie Art. 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt. Die Voraussetzungen des Art. 16 Satz 1 PAG haben nicht vorgelegen. Eine entsprechende Gefahr, auch eine Anscheinsgefahr, habe nicht vorgelegen. Für die einzig in Betracht kommende Strafbarkeit des Klägers nach § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB fehle es am erforderlichen Vorsatz des Klägers. Eine Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 StVO habe der Kläger ebenfalls nicht begangen. Er habe sich nicht verkehrswidrig verhalten, sondern der Straßenbahnführer. Nach § 41 Abs. 1 StVO a. F. i. V. m. Anlage 2 Nr. 21 Spalte 3 Nr. 2, §§ 55 Abs. 1 Satz 1, 50 Abs. 3 BOStrab bzw. dem Gedanken des § 1 Abs. 2 StVO dürften Straßenbahnen im Fußgängerbereich nur Schrittgeschwindigkeit fahren, müssten auf Fußgänger Rücksicht nehmen und ihre Geschwindigkeit diesen anpassen. Die Sondererlaubnis der Stadt W. zur Höchstgeschwindigkeit der Straßenbahnen in der Fußgängerzone verstoße gegen die BOStrab sowie die StVO. Auf Fußwegen gebe es gemäß § 25 StVO keine Verhaltensvorschriften für Fußgänger. Vorgelegen habe eine bloße Putativgefahr. Es sei eine falsche Störerauswahl getroffen worden. An der erforderlichen, vorherigen Androhung der Anwendung von unmittelbarem Zwang fehle es. Die Sicherstellung des Fahrrads sei rechtswidrig gewesen. Eine Androhung im Sinn des Art. 64 Abs. 1 Satz 2 PAG sei nicht erfolgt. Eine konkrete, gegenwärtige Gefahr i. S. des Art. 25 Nr. 1 PAG sei von dem geschobenen Fahrrad nicht ausgegangen. Das Fahrrad sei nicht als Tatmittel zu betrachten. Der Kläger habe weder wörtlich noch sinngemäß gedroht, weitere Straßenbahnen anzuhalten. Die Sicherstellung sei unverhältnismäßig gewesen. Das Fahrrad sei das Hauptfortbewegungsmittel des Klägers. Die Maßnahme sei aus Sicht der Polizei ungeeignet gewesen, um zu verhindern, dass der Kläger vor einer Straßenbahn herlief. Sie sei bewusst als vorweggenommene Bestrafung eingesetzt worden.

3. Demgegenüber beantragte das Polizeipräsidium Unterfranken als Vertreter des Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrags wurde dargelegt, die Polizeibeamten hätten rechtmäßig gehandelt, der Kläger sei nicht in seinen Rechten verletzt.

Die Ausführungen des Klägers seien teilweise unzutreffend bzw. ergänzungsbedürftig: Der Kläger führe einen „Privatkrieg“ gegen die Straßenbahnen in der Fußgängerzone der Stadt W.. Zahlreiche Ermittlungsverfahren mit jeweils ähnlichem Verhalten des Klägers seien seit dem Jahr 2003 in diesem Zusammenhang gegen diesen geführt worden. Dabei sei er vor Straßenbahnen hergelaufen bzw. mit dem Fahrrad in Schrittgeschwindigkeit gefahren, habe sein Fahrrad vor der Straßenbahn geschoben oder habe sein Fahrrad quer zur Straßenbahn gestellt. Teils habe er vorgegeben, von Straßenbahnen angefahren worden zu sein. Dies sei immer von Zeugen widerlegt worden. Der Kläger sei auch gegen Straßenbahnen gerannt und habe vorsätzlich Unfälle verursachen wollen. Durch plötzliches Betreten der Gleise habe er immer wieder Vollbremsungen von Straßenbahnen erzwungen. Im Kontakt mit Polizeibeamten habe der Kläger regelmäßig uneinsichtig auf seinem Vorrecht als Fußgänger beharrt und geschrien.

Am 25. August 2011 hätten zwei Polizeibeamte im Rahmen einer Streifenfahrt vom Hauptbahnhof durch die K-straße in Richtung J-promenade den Kläger angetroffen. Als die Beamten noch ca. 50 - 70 m von dem Kaufhaus „W.“ entfernt gewesen seien, habe der Kläger sich mit seinem Fahrrad vor die aus der J-promenade in die K-straße abbiegende Straßenbahn begeben. Der Kläger sei vorsätzlich und ohne sich hinsichtlich nahender Straßenbahnen zu vergewissern auf die Gleise getreten. Ein solches Verhalten entspreche der „Art“ des Klägers, wie er es auch kurz zuvor am 23. August 2011 an den Tag gelegt habe. Der Bürgersteig sei frei von „Menschentrauben“ und benutzbar gewesen. Die Straßenbahn habe scharf bis zum Stillstand abbremsen müssen, um den Kläger nicht anzufahren. Der Kläger habe sich trotz der Belehrung der Polizeibeamten und der Androhung unmittelbaren Zwangs uneinsichtig gezeigt und die Gleise nicht verlassen. Ein Polizeibeamter habe ihn und sein Fahrrad auf den Gehweg gezogen. Der Kläger habe im weiteren Verlauf des Gesprächs mit den Polizeibeamten angekündigt, er werde der Aufforderung nicht nachkommen, sein Fahrrad jenseits der Gleise weiter zu schieben. Er habe angedroht noch weitere Straßenbahnzüge „anzuhalten“. Das Fahrrad sei gegen Sicherstellungsbescheinigung zur Verhütung weiterer Straftaten sichergestellt worden. Im Jahr 2008 habe die Sicherstellung des klägerischen Fahrrads bewirkt, dass im weiteren Verlauf dieses Tages keine weiteren Straftaten mehr begangen worden seien.

Die Klage sei zumindest unbegründet. Der Platzverweis sei zu Recht auf Grundlage von Art. 16 Satz 1 PAG erteilt worden. Eine entsprechende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehend vom Kläger habe vorgelegen. Der Kläger provoziere ganz bewusst (Beinahe-) Kollisionen mit Straßenbahnen durch verkehrsfremdes Verhalten, um seine Rechtsauffassung durchzusetzen. Er sei vorsätzlich vor der Straßenbahn auf die Gleise getreten, um diese anzuhalten. Seine Aussage, er habe die Straßenbahn nicht wahrgenommen, stelle sich bei der Vorgeschichte des Klägers und seinem weiteren Verhalten im Verlauf desselben Tages als bloße Schutzbehauptung dar. Der Umstand, dass die Strafverfolgungsbehörden von der Schuldunfähigkeit des Klägers ausgingen, rechtfertige keine andere Bewertung. Eine polizeiliche Verantwortlichkeit und Inanspruchnahme sei nicht ausgeschlossen. Andernfalls könnten polizeiliche Maßnahmen gegen den Kläger überhaupt nicht mehr ergriffen werden. Die Polizeibeamten wären andernfalls gezwungen „sehenden Auges“ danebenzustehen, wenn der Kläger verletzt oder totgefahren werde bzw. wenn er durch sein Handeln die Gesundheit und das Leben der Fahrgäste der Straßenbahnen gefährde, die er plötzlich anhalte. Dass derartige Schäden noch nicht aktenkundig geworden seien, sei nur dem Zufall und dem umsichtigen Verhalten der Straßenbahnführer geschuldet. Die Polizeibeamten hätten von ihrem Ermessen auch fehlerfrei und verhältnismäßig Gebrauch gemacht. Selbst eine Ingewahrsamnahme des Klägers wäre vorliegend rechtmäßig gewesen. Der Kläger sei auch richtiger Adressat des polizeilichen Handelns gewesen. Der Straßenbahnführer habe keine Gefahr verursacht und sei nicht als Störer in Anspruch zu nehmen gewesen. Er habe sorgfältig gehandelt und sei angesichts der zu passierenden Engstelle mit einer auf 15 bis 18 km/h angemessen reduzierten Geschwindigkeit herangefahren. Ob die Straßenbahnfahrer - wie der Kläger meint - schneller fahren als erlaubt, ändere nichts an dem Umstand, dass der Kläger durch sein Verhalten eine Gefahr verursacht habe. Jedenfalls sei der Kläger zumindest ebenfalls Störer gewesen. Laut Auskunft der W.er Straßenbahn GmbH sei beim streitgegenständlichen Vorfall der elektronische Datenspeicher der Straßenbahn nicht ausgelesen worden. Der Fahrtenschreiber in Papierform sei nicht innerhalb der Aufbewahrungsfrist sichergestellt worden. Er existiere nicht mehr.

Die polizeiliche Sicherstellung des Fahrrads sei rechtmäßig gewesen. Sie sei angedroht worden. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Einschreitens habe der Polizeibeamte von einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit i. S. des Art. 25 Nr. 1 PAG durch die (erneut) drohende Verwirklichung eines Straftatbestands ausgehen dürfen. Eine andere rechtliche Bewertung ergebe sich auch nicht aus dem vom Kläger zitierten Urteil des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Januar 2009 (Nr. 10 BV 08.1422). Eine entsprechende Prognoseentscheidung sei angesichts von Erfahrungen aus zahlreichen Ermittlungsverfahren, der Unbelehrbarkeit des Klägers und dessen Ankündigung, weitere Straßenbahnen anzuhalten, jedenfalls ausnahmsweise zu treffen gewesen. Die Maßnahme sei unter Berücksichtigung von Erfahrungen aus dem Jahr 2008 auch als mildestes, erfolgversprechendes Mittel verhältnismäßig gewesen. Für die zutreffende exante-Beurteilung sei unerheblich, dass der Kläger sich in unmittelbarem Anschluss vor zwei weitere Straßenbahnen geworfen habe. Zahlreiche Ermittlungsvorgänge belegten, dass der Kläger sein Fahrrad sowohl vor als auch nach dem streitgegenständlichen Vorfall als Tatmittel eingesetzt habe.

4. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 bewilligte das Verwaltungsgericht W. dem Kläger für das streitgegenständliche Verfahren in Teilen Prozesskostenhilfe. Mit Beschluss vom 18. Juni 2014 gewährte der Bayer. Verwaltungsgerichtshof im Verfahren 10 CS 12.132 Prozesskostenhilfe in weiteren Punkten.

Mit Beschluss vom 24. Oktober 2012 lehnte das Verwaltungsgericht W. im Verfahren W 5 X 12.826 den Antrag des Klägers auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens hinsichtlich eines anderen Vorfalls am 8. September 2012 ab, bei dem der Kläger u. a. trotz Belehrungen durch Polizeibeamte vor Straßenbahnen herlief. Mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 lehnte das Verwaltungsgericht W. im Verfahren W 5 K 12.825 den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinsichtlich dieses Vorfalls ab. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren (Nr. 962 Js 17648/12) wurde von der Staatsanwaltschaft W. mit Verfügung vom 2. Oktober 2012 eingestellt. Mit Beschluss vom 2. Juli 2014 wies der Bayer. Verwaltungsgerichtshof im Verfahren 10 CS 12.2728 die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss vom 4. Dezember 2012 zurück.

Auf die Gründe der Beschlüsse wird Bezug genommen.

5. In der mündlichen Verhandlung wiederholten der Klägerbevollmächtigte und der Beklagtenvertreter die bereits schriftsätzlich gestellten Anträge.

Bezüglich des weiteren Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

6. Hinsichtlich des weiteren, umfangreichen Vortrags der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Behörden- und Strafakten verwiesen. Die Verfahrensakten W 5 K 04.1569, W 5 K 12.825 sowie W 5 X 12.826 wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe:

I.

1. Die Klage ist bereits unzulässig.

Zwar könnte sie grundsätzlich als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog statthaft sein, es fehlt ihr jedoch am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Die Prozessführung des Klägers ist rechtsmissbräuchlich. Die Unzulässigkeit einer Rechtsausübung ist ein von Amts wegen zu berücksichtigender Umstand (vgl. BVerwG, U.v. 9.10.2014 - 5 C 26.13 - juris; vgl. zum allgemeinen Verbot eines Rechtsmissbrauchs als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Inanspruchnahme des Gerichts: Eyermann, VwGO, Vor §§ 40-53 Rn. 11, 21). Von einer rechtsmissbräuchlichen Prozessführung ist unter anderem auszugehen, wenn Eigentum nicht erworben worden ist, um die mit ihm verbundenen Gebrauchsmöglichkeiten auszuüben, sondern nur als Mittel dafür, die formalen Voraussetzungen für eine andernfalls nicht mögliche Prozessführung zu schaffen (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - juris). Auch klägerisches Verhalten im Sinn des „nemo auditur propriam turpitudinem allegans“ führt zur Rechtsmissbräuchlichkeit der Prozessführung. Niemand wird vor Gericht damit gehört, dass er die für ihn günstigen Folgen eigenen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens für sich in Anspruch nehmen will (vgl. BVerwG, U.v. 19.11.2013 - 10 C 27/12 - juris). Vorliegend stellt sich die Prozessführung des Klägers als rechtsmissbräuchlich dar. Sie fußt alleine auf einer Situation, die der Kläger gezielt künstlich und allein als Mittel dafür geschaffen hat, die formalen Voraussetzungen für eine andernfalls nicht mögliche Prozessführung zu schaffen. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Kläger mit seinem Vorgehen nichts anderes bezweckt, als sich die formalen Voraussetzungen für eine andernfalls nicht mögliche Prozessführung zu schaffen, indem er entsprechende Umstände konstruiert und seine strafrechtlich festgestellte Schuldunfähigkeit unter Missachtung der rechtsstaatlichen Ordnung ausnutzt.

2. Die Klage ist - unbeschadet der festgestellten Unzulässigkeit - jedenfalls unbegründet.

a) Der gegenüber dem Kläger am 25. August 2011 durch die Polizeibeamten ausgesprochene Platzverweis ist rechtmäßig. Der Kläger ist nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 VwGO).

Die Polizeibeamten konnten den streitgegenständlichen Platzverweis nach Art. 16 Satz 1 PAG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 PAG rechtmäßig erteilen.

Nach Art. 16 Satz 1 PAG kann die Polizei zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten. Art. 16 Satz 1 PAG befugt die Polizei zur Erteilung eines Platzverweis insbesondere zur Verhinderung und Unterbindung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, aber auch zur Gefahrenabwehr ansonsten. Eine konkrete Gefahr besteht, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 3.7.2002 - 6 CN 8/01 - juris). Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. VGH BW, U.v. 15.5.2014 - 1 S 815/13 - juris m. w. N.). Eine Platzverweisung kann unabhängig davon erteilt werden, wovon die Gefahr ausgeht bzw. wofür die Gefahr besteht, solange es sich um ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung handelt (Schmidbauer/Steiner, BayPAG, Art. 16 Rn. 14).

Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit lag vor. Die öffentliche Sicherheit im Sinn des Art. 2 Abs. 1 PAG umfasst die Unversehrtheit des Lebens, der Gesundheit, Ehre, Freiheit und des Vermögens, der Rechtsordnung und der Einrichtungen des Staates und sonstiger Träger von Hoheitsgewalt einschließlich der ungehinderten Ausübung der Hoheitsgewalt. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit besteht immer dann, wenn die Gefahr einer Normverletzung vorliegt (vgl. Berner/Köhler/Käß, PAG, Art. 2 Rn. 6).

Eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen polizeilichen Handelns in der W.er K-straße. Die handelnden Polizeibeamten konnten im konkreten Fall davon ausgehen, dass ohne ihr Einschreiten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit verletzt werden. Im Raum standen insbesondere die Verletzung der Rechtsordnung durch den Kläger in Form der Verwirklichung von § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB und § 49 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 Abs. 2 und 11 Abs. 3 StVO sowie die Verletzung der Unversehrtheit des Lebens und der Gesundheit von Straßenbahninsassen oder des Klägers.

Im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Eingreifens der Polizei hatte der Kläger bereits den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB sowie des § 49 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 Abs. 2 und 11 Abs. 3 StVO verwirklicht, indem er absichtlich unvermittelt vor die vom Zeugen L... geführte Straßenbahn getreten war und diese so gezielt gezwungen hatte, zum Stillstand abzubremsen. Die von den Strafgerichten festgestellte Schuldunfähigkeit des Klägers ist insoweit irrelevant (vgl. Berner/Köhler, PAG, Art. 11 PAG Rn. 6). Erneute Verstöße waren aus der maßgeblichen exante-Sicht hinreichend wahrscheinlich.

Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger entgegen seiner Einlassung absichtlich unvermittelt vor die vom Zeugen L... geführte Straßenbahn getreten ist und diese dadurch gezielt gezwungen hat bis zum Stillstand abzubremsen. Dies ergibt sich so zunächst aus den glaubhaften Aussagen der drei Zeugen, die einvernehmlich einen plötzlichen Richtungswechsel des Klägers vom stadteinwärts führenden Gleis auf das stadtauswärts führende Gleis unmittelbar vor die Straßenbahn des Zeugen L... geschildert haben. Von der Zielgerichtetheit des klägerischen Handelns wird darüber hinaus auch ausgegangen in Folge des unstreitigen, weiteren Verhaltens des Klägers nach dem Betreten des Gleises vor der Straßenbahn. Der Kläger hat nach dem Einscheren vor die Straßenbahn unstreitig keinerlei Reaktion gezeigt und ist weiter vor der Straßenbahn auf dem Gleiskörper hergelaufen. Dies tat er, obwohl es unmittelbar hinter ihm zu nicht unerheblichen Geräuschen der Straßenbahn kam, als diese unvermittelt abbremste und mehrfach die Klingel betätigt wurde, um die Polizeibeamten auf den Vorgang aufmerksam zu machen. Die klägerische Darstellung, er habe zunächst die Straßenbahn überhaupt nicht wahrgenommen, erscheint gerade mit Blick auf diese fehlende Reaktion hinsichtlich der nicht unerheblichen Geräusche der Straßenbahn lebensfremd. Spätestens im Augenblick einer solchen Geräuschentwicklung hätte jede ahnungslose Person, die sich auf (insbesondere auch dem Kläger) bekannt stark ausgelasteten Straßenbahnschienen bewegt, eine Reaktion gezeigt, statt gleichmütig weiter auf den Schienen zu laufen. Auch die zahlreichen, polizeibekannten Erkenntnisse zu vergleichbaren Vorfällen zwischen dem Kläger und Straßenbahnen in der W.er Fußgängerzone sowie die weiteren erst in der mündlichen Verhandlung bekanntgewordenen und klägerseits nicht bestrittenen wöchentlichen Vorfälle weisen deutlich auf ein zielgerichtetes Verhalten des Klägers hin. Darüber hinaus ist auch die Schilderung des Klägers in mehrfacher Hinsicht unglaubhaft. Nicht nachvollziehbar ist die Aussage, er habe sich nur 30 Sekunden vor dem Vorfall, vor dem W. stehend, vergewissert, dass keine Straßenbahn komme, und dann beim Gleiswechsel eine entsprechende Vergewisserung unterlassen. In aller Regel ist vom klägerseits angeführten Eingang des W. aus die Straßenbahnhaltestelle J-promenade einsehbar. An dieser halten alle Straßenbahnen vor der Weiterfahrt zum Hauptbahnhof. Es erscheint daher ausgeschlossen, dass die Straßenbahn des Zeugen L... 30 Sekunden vor dem Vorfall, als sich der Kläger nach seiner Darstellung vergewisserte, dass keine Straßenbahn in der Nähe sei, nicht schon an der Haltestelle stand und für den Kläger einsehbar war, zumal nach den glaubhaften Angaben der Polizeibeamten die Verkehrslage auch überschaubar war. Weiterhin erscheint es lebensfremd, dass sich der Kläger jedenfalls beim Gleiswechsel nicht besonders versichert hat, dass keine Straßenbahn anfährt. Denn der Kläger ging selbst davon aus, dass gerade zum streitgegenständlichen Zeitpunkt und an der streitgegenständlichen Stelle ein besonderes Gefahrenpotential wegen einer vorübergehenden Verengung der K-straße bestand, wie seiner Mail an die Regierung von Mittelfranken vom 23. August 2011 zu entnehmen ist und wie auch seine Beteiligung an einem weiteren Vorfall mit einer Straßenbahn am 23. August 2011 zeigt. Angesichts dieser Einschätzung und der Erfahrung des Klägers hätte aber nichts ferner gelegen, als ein unbeabsichtigter, abrupter Gleiswechsel des Klägers ohne vorheriges Umsehen, der ihn zudem rein zufällig unmittelbar vor eine auf ihn zufahrende Straßenbahn brachte und vor der er weiterhin rein zufällig einschwenkte, um, ohne sie wahrzunehmen, im Schritttempo vor ihr entlang zu laufen. Zudem erscheint fraglich, ob bei dem Abbiegen auf das andere Gleis in einem 90 Grad-Winkel nicht zumindest aus den Augenwinkeln eine nur wenige Meter entfernte Straßenbahn bemerkt worden sein müsste. Das anschließende Beharren des Klägers auf seinem Vorrecht als Fußgänger in der Fußgängerzone und sein bewusstes weiteres Verbleiben auf den Gleisen legt zudem den Schluss nahe, dass er auch zuvor ganz bewusst ein Hindernis schaffen wollte und geschaffen hat. Schließlich verfängt auch der Einwand des Klägers nicht, der Gleiswechsel sei dem anfahrenden Streifenwagen geschuldet gewesen. Der anfahrende Streifenwagen kommt als Grund für den Gleiswechsel nach den schlüssigen und übereinstimmenden Angaben der Zeugen Kopp und Steidl gerade mit Blick auf die Entfernung von mindestens 50 Metern nicht in Betracht. In Folge der Verengung der K-straße hätte dieser Wechsel auch nicht ausreichend Platz für eine ungefährdete Vorbeifahrt des Polizeiwagens geschaffen. Näher hätte vielmehr ein Wechsel über den Gleiskörper hinweg auf den ehemaligen Fußgängerweg gelegen, der auch entgegen dem klägerischen Vorbringen hinreichend freien Platz aufwies. Jedenfalls aber wäre vor dem Wechsel dennoch die Vergewisserung erforderlich gewesen, dass sich keine Straßenbahn nähert, zumal sich die langsam näher kommende Streife noch in mindestens 50 Metern Entfernung befand. Das klägerseits geschilderte Verhalten wäre zudem zumindest als grob fahrlässig im Sinn des § 49 Abs. 1 StVO anzusehen, da er sich beim Gleiswechsel eben nicht versichert haben will, ob eine Straßenbahn kommt.

Das Gericht geht auch davon aus, das das Verhalten des Klägers als grob vorschriftswidriges, „pervertierendes“ Verhalten anzusehen ist, das gezielt dazu eingesetzt wurde, mittels des eigenen Körpers und des geschobenen Fahrrads die Straßenbahn zum sofortigen Abbremsen zu zwingen und damit auf die Sicherheit des Straßenverkehrs im Sinn des § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB einzuwirken. Insbesondere verfängt die Argumentation des Klägers nicht, er habe sich vorschriftsgemäß verhalten, ihm stehe als Fußgänger in der Fußgängerzone ein absolutes Vorrecht zu und die Straßenbahn dürfe nicht schneller als Schrittgeschwindigkeit fahren.

Selbst ein entsprechendes Vorrecht des Klägers unterstellt, hätte er vorliegend dennoch zurückstehen müssen. Ein absolutes Vorrecht eines Verkehrsteilnehmers kennt die StVO nämlich nicht. Unter anderem § 1 Abs. 1 StVO lässt erkennen, dass die StVO vorrangig auf dem Gedanken der Wahrung der Sicherheit im Verkehr basiert. Eine starre Regelanwendung sowie jegliche „Rechthaberei“ im Straßenverkehr ist ihr daher fremd; selbst bei einer erkennbaren Rechtsverletzung muss der Berechtigte also zurückstehen, wenn sonst eine Gefahr entstünde (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 1 StVO Rn. 7 m. w. N.). Die Pflicht sich sinnvoll in die Verkehrslage einzufügen besteht auch jederzeit für Fußgänger (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 1 StVO Rn. 10). Der Kläger hätte also, auch wenn die Straßenbahn zu schnell gefahren wäre, dennoch grob verkehrswidrig gehandelt, als er diese gezielt zum Abbremsen zwang. Er durfte gerade nicht „zu erzieherischen Zwecken“ oder aus „Rechthaberei“ auf seinem Vorrang beharren und sich und andere in die Gefahr einer Verletzung der Unversehrtheit des Lebens und der Gesundheit bringen. Der Gedanke der allgemeinen Rücksichtnahme ergibt sich vorliegend aus § 1 StVO. Die Maßgabe, nicht auf seinem Vorrecht beharren zu dürfen, ergibt sich auch aus § 11 Abs. 3 StVO. Zu berücksichtigen ist auch die Wertung des § 2 Abs. 3 StVO, für schwere, schienengebundene Beförderer des öffentlichen Nahverkehrs mit langem Bremsweg und fehlender Möglichkeit auszuweichen, einen gewissen Vorrang im Straßenverkehr anzunehmen. Es kann vor dem Hintergrund dieser grundlegenden Ausrichtung der StVO auf die vorrangige Vermeidung von Gefahren durch ein sinnvolles Einfügen aller Verkehrsteilnehmer in den Verkehr nicht angenommen werden, dass die Pflicht zu einem solchen Einfügen in die Verkehrslage für Fußgänger in einer Fußgängerzone vollumfänglich durch die Regelung des § 41 Abs. 1 StVO a. F. in Verbindung mit Anlage 2 lfd. Nr. 21 Spalte 3 verdrängt sein soll (so auch für eine Beachtung des § 1 Abs. 2 StVO im Rahmen der Spezialvorschriften Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, § 1 Rn. 3). Andernfalls würde der Telos der StVO, die Sicherheit im Verkehr jenseits jeglicher „Rechthaberei“ zu wahren, massiv konterkariert. Im Einklang mit diesem Ergebnis ist es allgemeine Ansicht, dass Fußgänger entgegen der grundsätzlichen Regelung der StVO auch beispielsweise an Zebrastreifen gegenüber Schienenfahrzeugen keinen Vorrang genießen (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 26 StVO Rn. 13, 22 m. w. N.) oder in der Fußgängerzone gegenüber Anlieger- oder Lieferverkehr Rücksicht zu nehmen haben (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage § 2 StVO Rn. 30).

Zudem fuhr die Straßenbahn vorliegend entgegen der Ansicht des Klägers mit einer zulässigen und hinreichend angepassten Geschwindigkeit von jedenfalls unter 20 km/h. Für Straßenbahnen gilt unter anderem in der K-straße in Folge der wirksam erteilten Ausnahmegenehmigung der Stadt W. vom 18. Januar 1993 abweichend von der allgemeinen Regelung der §§ 55 Abs. 1 Satz 1, 50 Abs. 3 BOStrab i. V. m. § 41 Abs. 1 StVO, Anlage 2 lfd. Nr. 21 Spalte 3 Nr. 1 zu § 41 Abs. 1 StVO (je a. F.) grundsätzlich eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h. Diese Ausnahmegenehmigung konnte die Stadt W. auch als zuständige Straßenverkehrsbehörde im Sinn der §§ 44 Abs. 1 Satz 1, 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11, 47 Abs. 2 Nr. 7 StVO, Art. 58 Abs. 2 Nr. 3 BayStrWG, gestützt auf § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO, wirksam erteilen. Insbesondere wird die Möglichkeit der Erteilung einer solchen Ausnahmegenehmigung nicht durch die Möglichkeit der Genehmigung einer Ausnahme durch die Technische Aufsichtsbehörde im Sinn der §§ 5, 6 BOStrab verdrängt. Die BOStrab verweist unter anderem auf die nach den Vorschriften der StVO vorgeschriebene Geschwindigkeit. Sie schließt daher den Verweis auf eine nach § 46 StVO gesondert vorgeschriebene Geschwindigkeit und damit die Möglichkeit einer entsprechenden Sonderregelung nicht aus. Die Ausnahmegenehmigung hält sich auch im Rahmen der Rechtsgrundlage. Sie ist verhältnismäßig. Die vorgenommene Abweichung von der typisierenden Betrachtung der grundsätzlichen Regelung der StVO, die für sämtliche Verkehrsteilnehmer in Fußgängerzonen gilt, ist vorliegend angemessen angepasst an die besonderen Umstände der W.er Fußgängerzone, die speziellen Verkehrsteilnehmer des öffentlichen Nahverkehrs und berücksichtigt hinreichend entsprechende Rücksichtnahmepflichten hinsichtlich der Fußgänger. In der Fußgängerzone muss eine Straßenbahn gerade mit Blick auf die grundsätzlich Vorrang genießenden Fußgänger mit angepasster Geschwindigkeit fahren. Diese Pflicht, die sich bereits aus der StVO ergibt, stellt auch die erteilte Ausnahmegenehmigung deklaratorisch klar. Vorliegend ergibt sich in der W.er Fußgängerzone bei Beteiligung von Straßenbahnen, die ausnahmsweise die übliche Geschwindigkeit in einer Fußgängerzone überschreiten dürfen, allerdings ein Spannungsverhältnis mit Blick auf die grundsätzlich in besonderem Umfang bestehende Rücksichtnahmepflicht gegenüber Fußgängern im Sinn der Anlage 2 der StVO lfd. Nr. 18 Spalte 3 Nr. 2 i.Vm. lfd Nr. 21, § 41 Abs. 1 StVO a. F. Denn aus § 2 Abs. 3 StVO ergibt sich wiederum grundsätzlich der Gedanke eines Vorrangs von Straßenbahnen gegenüber Verkehrsteilnehmern, die die Fahrspur von Straßenbahnen längs queren. Es kann offen bleiben, ob diese Vorschrift in einer Fußgängerzone unmittelbar Anwendung finden kann. Jedenfalls ist sie ihrem Gedanken nach auch vorliegend mit einzubeziehen. Denn Hintergrund dieser Regelung ist der besondere Charakter der Straßenbahn als schweres, schienengebundenes Fahrzeug des öffentlichen Nahverkehrs mit langem Bremsweg. Ein solches Fahrzeug kann im Gegensatz zu anderen Verkehrsteilnehmern in einer Gefahrensituation nicht ausweichen. Ebenfalls benötigt es einen deutlich längeren Bremsweg als andere Verkehrsteilnehmer. Und schließlich dient es als Transportmittel des öffentlichen Nahverkehrs auch einem Zweck des Gemeinwohls und muss zu dessen Erfüllung in die Lage versetzt sein, einen Fahrplan einzuhalten. Diese Aspekte gelten auch bei der Fortbewegung entsprechender Fahrzeuge in einer Fußgängerzone fort. Dabei ist andererseits aber die grundsätzliche Rücksichtnahmepflicht aller anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber Fußgängern in der Fußgängerzone zu berücksichtigen. Diese Interessen an der Ausnutzung der innerhalb eines gewissen Rahmens zulässig erhöhten Geschwindigkeit der Straßenbahnen sowie der angemessenen Berücksichtigung der Fußgänger werden durch entsprechende, wechselseitige Rücksichtnahmepflichten im Sinne der StVO in Einklang gebracht. So dürfen die Straßenbahnen einerseits nicht auf ihrer zulässigen Höchstgeschwindigkeit beharren, sondern müssen sich dem Fußgängeraufkommen angemessen fortbewegen, um die Intention der Anlage 2 der StVO lfd. Nr. 18 Spalte 3 Nr. 2 i. V. m. lfd Nr. 21, § 41 Abs. 1 StVO a. F. zu wahren. Andererseits haben die Fußgänger dem Gedanken der §§ 1, 2 Abs. 3 und 11 Abs. 3 StVO Folge zu leisten, da andernfalls ein erhebliches Gefahrenpotential entstünde, weil die Straßenbahnen den Fußgängern eben nicht ausweichen können und gleichzeitig einen relativ langen Bremsweg benötigen. Deshalb können die Straßenbahnführer gerade auch auf geraden Strecken grundsätzlich und ohne zuvor konkret erfolgte Verständigung mit den einzelnen Fußgängern solange darauf vertrauen, dass die Fußgänger ihnen Vorrang einräumen, wie sich die Gefahr einer Kollision nicht unmittelbar aufdrängt und die rechtzeitige Räumung des Gleisbereichs unwahrscheinlich ist; die Fußgänger dürfen insoweit ihren Vorrang nicht erzwingen (vgl. insoweit unmittelbar zu § 2 Abs. 3 StVO: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, § 2 Rn. 50f. m. w. N.). Vorliegend wurden klägerseits keine Umstände vorgetragen, die dazu hätten führen können, dass der Zeuge L... nicht darauf vertrauen konnte, dass ihm ein entsprechender Vorrang eingeräumt würde. Weiterhin war seine Geschwindigkeit in Folge der unmittelbar zuvor durchfahrenen 90-Grad-Kurve zwangsläufig noch relativ gering. Zudem erwies sich die gewählte Geschwindigkeit in der konkreten Situation eines unvermittelt auftretenden Hindernisses in Form des Klägers und seines Fahrrads als geeignet, um rechtzeitig in den Stillstand abzubremsen, ohne den Kläger und sein Fahrrad zu erfassen. Folglich war die vom Straßenbahnführer gewählte Geschwindigkeit als angemessen zu betrachten.

Die dazu bedingt gestellten Beweisanträge des Klägers waren abzulehnen. Es ist schon fraglich, ob es sich insoweit nicht nur um bloße Anregungen zur Beweiserhebung handelt. Jedenfalls sind die Anträge unbehelflich. Sie stellen Rechtsfragen zum Beweis. Die Beantwortung von Rechtsfragen ist der Beweiserhebung nicht zugänglich. Die Beweisanträge sind unsubstantiiert. Zudem sind sie auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet. Nach den polizeilichen Ermittlungen existieren keine elektronischen Aufzeichnungen zu dem streitgegenständlichen Vorfall mehr. Das gleiche gilt für die seinerzeit verwendete Tachoscheibe. Angesichts der seither vergangenen Zeit liegt das auch auf der Hand. Anhaltspunkte, dass dem nicht so wäre, wurden nicht vorgebracht. Solche sind auch nicht ersichtlich. Die beantragte Einvernahme des Geschäftsführers der W.er Straßenbahn GmbH ist zudem zur beantragten Beweiserhebung ungeeignet. Auch hinsichtlich des Beweisantrags zur Einvernahme des ermittelnden Sachbearbeiters der Polizei ist die beantragte Einvernahme ungeeignet, die behauptete „Tatsache“ zu beweisen. Aus den Ermittlungen des Beamten zur (nicht mehr gegebenen) Existenz von Fahrtenschreiber und elektronischen Speicherdaten bzw. einer entsprechenden Einvernahme des Geschäftsführers ist ein Schluss auf ein verkehrswidrig zu schnelles Fahren der Straßenbahn nicht möglich.

Zudem beharrte der Kläger auch während des Gesprächs mit den Beamten darauf, weiterhin auf den Schienen zu verbleiben. Ein solches Verhalten machte es aber der Straßenbahn unmöglich, weiter zu fahren, geschweige denn, die ihr sonst mögliche, zulässige Geschwindigkeit zu fahren. Das Verhalten des Klägers verstieß daher gegen § 1 Abs. 2 bzw. § 11 Abs. 3 StVO. Jedenfalls insoweit liegt daher eine vorsätzliche Ordnungswidrigkeit im Sinn des § 49 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 Abs. 2 und 11 Abs. 3 StVO vor.

Weiterhin stellte das vom Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu befürchtende weitere Verhalten aus der maßgeblichen exante-Sicht auch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Auf der Grundlage der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten war die Gefahrenprognose der Beamten hinsichtlich weiterer möglicher Verwirklichungen von § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB sowie § 49 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 Abs. 2 und 11 Abs. 3 StVO sowie der Verletzung der Unversehrtheit des Lebens und der Gesundheit von Straßenbahninsassen und auch des Klägers zutreffend. Aus Sicht der Beamten bestand die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger (jedenfalls) in unmittelbarer Zukunft § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB sowie § 49 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 Abs. 2 und 11 Abs. 3 StVO verwirklichen und dabei unter Umständen Straßenbahninsassen oder andere Beteiligte an Leben und Gesundheit schädigen könnte. Diese Gefahrenprognose konnten die Polizeibeamten stellen in Folge der Aussage des Klägers, er werde weitere Straßenbahnen anhalten, sowie der polizeibekannten knapp 20 weiteren, ähnlich gelagerten Fälle in der Vergangenheit. Die entsprechende Äußerung des Klägers steht aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen K... zur Überzeugung des Gerichts fest. Dieser schilderte auch den Rahmen zu dieser Äußerung des Klägers überzeugend. Der Kläger selbst wandte sich in der mündlichen Verhandlung im Gegensatz zu anderen Aussagen der Zeugen nicht gegen diese Aussage des Zeugen. Darüber hinaus decken sich die Äußerung sowie der geschilderte Rahmen des Anführens von möglichen Rechten und Paragraphen durch den Kläger mit weiteren aktenkundigen Vorfällen des Klägers in Verbindung mit Straßenbahnen. Es lag nahe, dass bei weiterem „Anhalten“ von Straßenbahnen ein unvermitteltes Abbremsen in den Stand und ggf. auch Gefahrenbremsungen veranlasst würden. Damit drohte hinreichend konkret zum einen die (weitere) Verwirklichung von § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB sowie § 49 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 Abs. 2 und 11 Abs. 3 StVO. Zum anderen bestand die konkrete Gefahr der Verletzung der Unversehrtheit des Lebens und der Gesundheit von Straßenbahninsassen und auch des Klägers. Gerade bei diesen besonders hochwertigen Rechtsgütern ist dabei schon die entfernte Wahrscheinlichkeit der Verletzung dieser Rechtsgüter ausreichend (vgl. VGH BW, U. v. 15.5.2014 - 1 S 815/13 - juris m. w. N.). Bei Gefahrenbremsungen handelt es sich dabei keineswegs nur um eine entfernte, sondern sogar um eine sehr nahe liegende Gefahr.

Die von den Polizeibeamten getroffene Störerauswahl ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Polizeibeamten konnten nach den vor Ort getroffenen Feststellungen und vor dem Hintergrund der bekannten Vorgeschichte des Klägers davon ausgehen, dass von dem Kläger als Verhaltensverantwortlichem eine Gefahr im Sinn des Art. 7 Abs. 1 PAG für die öffentliche Sicherheit ausging. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht fest, dass der Kläger entgegen seiner Einlassung absichtlich unvermittelt vor die vom Zeugen L... geführte Straßenbahn getreten ist und diese so gezielt gezwungen hat zum Stillstand abzubremsen, während der Zeuge L... seine Straßenbahn verkehrsgerecht mit angemessener Geschwindigkeit führte.

Der Platzverweis war als vorübergehende Maßnahme auch verhältnismäßig (Art. 4 PAG). Er war ohne weiteres geeignet und erforderlich, die durch das Verhalten des Klägers geschaffene Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Er war auch angemessen.

b) Die angeordnete Sicherstellung erweist sich ebenfalls als rechtmäßig.

Nach Art. 25 Nr. 1 PAG kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Die Sicherstellung einer Sache ist unter anderem dann möglich, wenn diese Sache Gegenstand eines die Gefahr begründenden Verhaltens des Besitzers ist (vgl. BayVGH, B.v. 7.12.2009 - 10 ZB 09.1354 - juris; vgl. auch Nr. 25.3 der Vollz. B.ek. zum PAG vom 28.8.1978 MABl S. 629). Sachen sind dabei alle körperlichen Gegenstände im Sinne des § 90 BGB (Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Rn. E 671). Liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die Sache zur Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verwendet werden soll oder sie Straftaten vorbereiten oder fördern soll, kann sie sichergestellt werden (Schmidbauer/Steiner, BayPAG, Art. 25 Rn. 12).

Voraussetzung für ein präventives Eingreifen ist das Vorliegen einer konkreten und gegenwärtigen Gefahr. Eine konkrete Gefahr ist gegeben, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in der nächsten Zeit eine Störung der öffentlichen Sicherheit zu erwarten ist (BayVGH, U. v. 26.1.2009 - 10 BV 08.1422 - juris). Die Gefahr ist gegenwärtig, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht (Schmidbauer/Steiner, BayPAG, Art. 11 Rn. 21 ff, 42). Eine bereits eingetretene, in ihrer Wirkung noch andauernde Störung ist immer eine gegenwärtige Gefahr. In den Fällen, in denen der Schaden noch nicht eingetreten ist, bedarf es zur Feststellung einer gegenwärtigen Gefahr einer Wahrscheinlichkeitsprognose, der das Tatsachenwissen, das der Verwaltungsbehörde zum Zeitpunkt ihres Einschreitens bekannt war, zugrunde zu legen ist. Anhand dieses Tatsachenwissens muss aus Sicht eines objektiven, besonnenen Amtswalters das Vorliegen einer Gefahr bejaht werden können (OVG Lüneburg, U.v. 2.7.2009 - 11 LC 4/08 - juris). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Der Gefahrenprognose müssen dabei konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte zugrunde liegen; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus (VG München, U.v. 14.8.2013 - M 7 K 13.672 - juris m. w. N.).

Die Polizeibeamten durften zu Recht annehmen, dass die Sicherstellung des Fahrrads zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr erforderlich gewesen ist, um die Verwendung des Fahrrads zur Begehung einer weiteren Straftat nach § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB sowie einer Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 Abs. 2 und 11 Abs. 3 StVO und eine hinreichend wahrscheinliche Verletzung der Unversehrtheit des Lebens und der Gesundheit von Straßenbahninsassen und auch des Klägers zu verhindern.

Der Kläger nutzt sein Fahrrad inzwischen als Argument dafür, dass er nicht auf „Bordsteinen/Gehwegen“, d. h. seitlich der Gleise, in der Fußgängerzone gehen kann, weil er dort Fußgänger behindere. Darüber hinaus nutzt er das Fahrrad zur Verbreiterung des von ihm jeweils geschaffenen Hindernisses. In der Vergangenheit hat er sein Fahrrad auch als Werkzeug, wenn nicht als Waffe, eingesetzt. Dies ergibt sich unter anderem aus den Feststellungen des Amtsgerichts - Strafrichter - W. vom 19. August 2009 sowie des Landgerichts W. vom 13. Oktober 2009. Die Sicherstellung des Fahrrads beendete die von diesem ausgehende, konkrete Gefahr weiteren Einwirkens auf Straßenbahnen. Ging die erkennende Kammer in ihrem Beschluss vom 22. Dezember 2011 noch von der Singularität des dort streitgegenständlichen Handelns des Klägers aus, so ergab sich im Verlauf des weiteren Verfahrens ein auf zahlreichen gleich oder ähnlich gelagerten Vorfällen fußendes Bild. Dies lässt die polizeiliche Entscheidung als ohne weiteres nachvollziehbar und grundsätzlich richtig erscheinen. Zudem hatte der Kläger gegenüber den Polizeibeamten angekündigt, weitere Straßenbahnen anhalten zu wollen. Aufgrund des vorangegangenen Verhaltens konnte und musste die Polizei davon ausgehen, dass sich der Kläger dazu wieder seines Fahrrads als Hilfsmittel, Werkzeug oder Waffe bedienen würde.

Die Sicherstellung war aus der maßgeblichen exante-Sicht auch verhältnismäßig im Sinn des Art. 4 PAG. Ihr Ermessen übten die Polizeibeamten angemessen aus im Sinn des Art. 5 PAG. Die Sicherstellung war geeignet, die entsprechende Gefahr für die Rechtsordnung sowie die Unversehrtheit des Lebens und der Gesundheit von Straßenbahninsassen und des Klägers abzuwehren. Angesichts der exante-Sicht hat grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, dass der Kläger am selben Tag weitere Straßenbahnen „angehalten“ hat. Gerade mit Blick auf die frühere Erfahrung des Zeugen K... auf eine Sicherstellung seines Fahrrads im Jahr 2008, in Folge derer der Kläger ein weiteres „Anhalten“ von Straßenbahnen am selben Tag unterlassen hatte, konnte er auch vorliegend davon ausgehen, dass mit der Sicherstellung die Gefahrenlage entschärft werden würde. Die Gefahr, dass der Kläger (nunmehr ohne sein Fahrrad) weitere Straßenbahnen anhalten würde, wurde reduziert. Die Sicherstellung war zur Gefahrenabwehr auch erforderlich, da kein milderes, ebenso effektives Mittel zur Abwehr der Gefahr ersichtlich war. Sie war auch angemessen. Insbesondere wurde der Zeitraum der Sicherstellung auf das für die Entschärfung der Situation erforderliche absolute Minimum begrenzt. Das Gericht geht davon aus, dass von vornherein klargestellt worden war, dass das Rad vom Kläger zeitnah wieder auf der Dienststelle abgeholt werden konnte.

c) Auch die Androhung und Anwendung des unmittelbaren Zwangs durch die handelnden Polizeibeamten begegnet keinen Bedenken. Insbesondere steht nach der Zeugeneinvernahme fest, dass der unmittelbare Zwang deutlich angedroht wurde. Die Anforderungen von Art. 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Nr. 3, 58 Abs. 1, 61, 64 PAG wurden gewahrt. Insbesondere ließen andere Zwangsmittel vorliegend keinen zweckentsprechenden, rechtzeitigen Erfolg erwarten.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht W., Hausanschrift:Burkarderstraße 26, 97082 W., oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 W., schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1 und Abs. 3, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Der Regelstreitwert erscheint vorliegend angemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht W., Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 W., oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 W., schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

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(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen. (2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeich

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(1) Zuständig zur Ausführung dieser Verordnung sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Straßenverkehrsbehörden. Nach Maßgabe des Landesrechts kann die Zuständigkeit der obersten Landesbehörden und der höheren Verwaltungsbehörden im Einzelfall o

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 11 Besondere Verkehrslagen


(1) Stockt der Verkehr, darf trotz Vorfahrt oder grünem Lichtzeichen nicht in die Kreuzung oder Einmündung eingefahren werden, wenn auf ihr gewartet werden müsste. (2) Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fa

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 26 Fußgängerüberwege


(1) An Fußgängerüberwegen haben Fahrzeuge mit Ausnahme von Schienenfahrzeugen den zu Fuß Gehenden sowie Fahrenden von Krankenfahrstühlen oder Rollstühlen, welche den Überweg erkennbar benutzen wollen, das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Dann

Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen


Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung - BOStrab

Strafgesetzbuch - StGB | § 304 Gemeinschädliche Sachbeschädigung


(1) Wer rechtswidrig Gegenstände der Verehrung einer im Staat bestehenden Religionsgesellschaft oder Sachen, die dem Gottesdienst gewidmet sind, oder Grabmäler, öffentliche Denkmäler, Naturdenkmäler, Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder des G

Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung - StrabBO 1987 | § 55 Teilnahme am Straßenverkehr


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(1) Die Technische Aufsichtsbehörde nach § 54 Abs. 1 Satz 3 des Personenbeförderungsgesetzes überwacht die Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung. Sie führt in Erfüllung dieser Aufgabe insbesondere die erforderlichen Prüfungen durch und trifft

Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung - StrabBO 1987 | § 6 Ausnahmen


Die Technische Aufsichtsbehörde kann von den Vorschriften dieser Verordnung in Einzelfällen Ausnahmen genehmigen.

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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 16. Juli 2015 - W 5 K 14.694 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 16. Juli 2015 - W 5 K 14.694

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1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 16. Juli 2015 - W 5 K 14.694.

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Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg Aktenzeichen: W 5 K 14.694 Im Namen des Volkes Urteil 16. Juli 2015 5. Kammer gez.: Gemeinhardt, Angestellte als stellv. Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Sa

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(1) Wer rechtswidrig Gegenstände der Verehrung einer im Staat bestehenden Religionsgesellschaft oder Sachen, die dem Gottesdienst gewidmet sind, oder Grabmäler, öffentliche Denkmäler, Naturdenkmäler, Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder des Gewerbes, welche in öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden oder öffentlich aufgestellt sind, oder Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen oder zur Verschönerung öffentlicher Wege, Plätze oder Anlagen dienen, beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer in Absatz 1 bezeichneten Sache oder eines dort bezeichneten Gegenstandes nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.

(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Auf straßenbündigem Bahnkörper nehmen die Züge am Straßenverkehr teil. Dabei müssen die Fahrzeugführer die sie betreffenden Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung beachten.

(2) Züge, die am Straßenverkehr teilnehmen, dürfen nicht länger als 75 m sein und müssen für andere Verkehrsteilnehmer in ausreichendem Maß erkennbar sein.

(3) Auf besonderen und unabhängigen Bahnkörpern einschließlich der Bahnübergänge im Sinne des § 16 Absatz 4 Satz 4 und 6 nehmen die Züge nicht am Straßenverkehr teil.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Wer zu Fuß geht, muss die Gehwege benutzen. Auf der Fahrbahn darf nur gegangen werden, wenn die Straße weder einen Gehweg noch einen Seitenstreifen hat. Wird die Fahrbahn benutzt, muss innerhalb geschlossener Ortschaften am rechten oder linken Fahrbahnrand gegangen werden; außerhalb geschlossener Ortschaften muss am linken Fahrbahnrand gegangen werden, wenn das zumutbar ist. Bei Dunkelheit, bei schlechter Sicht oder wenn die Verkehrslage es erfordert, muss einzeln hintereinander gegangen werden.

(2) Wer zu Fuß geht und Fahrzeuge oder sperrige Gegenstände mitführt, muss die Fahrbahn benutzen, wenn auf dem Gehweg oder auf dem Seitenstreifen andere zu Fuß Gehende erheblich behindert würden. Benutzen zu Fuß Gehende, die Fahrzeuge mitführen, die Fahrbahn, müssen sie am rechten Fahrbahnrand gehen; vor dem Abbiegen nach links dürfen sie sich nicht links einordnen.

(3) Wer zu Fuß geht, hat Fahrbahnen unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten. Wenn die Verkehrsdichte, Fahrgeschwindigkeit, Sichtverhältnisse oder der Verkehrsablauf es erfordern, ist eine Fahrbahn nur an Kreuzungen oder Einmündungen, an Lichtzeichenanlagen innerhalb von Markierungen, an Fußgängerquerungshilfen oder auf Fußgängerüberwegen (Zeichen 293) zu überschreiten. Wird die Fahrbahn an Kreuzungen oder Einmündungen überschritten, sind dort vorhandene Fußgängerüberwege oder Markierungen an Lichtzeichenanlagen stets zu benutzen.

(4) Wer zu Fuß geht, darf Absperrungen, wie Stangen- oder Kettengeländer, nicht überschreiten. Absperrschranken (Zeichen 600) verbieten das Betreten der abgesperrten Straßenfläche.

(5) Gleisanlagen, die nicht zugleich dem sonstigen öffentlichen Straßenverkehr dienen, dürfen nur an den dafür vorgesehenen Stellen betreten werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die 1969, 1995 und 1996 geborenen Kläger reisten 1998 nach Deutschland ein und stellten Asylanträge. Zur Begründung gaben sie an, sie seien türkische Kurden syrisch-orthodoxer Religionszugehörigkeit. Die Beklagte lehnte die Anträge ab. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren trug die Klägerin zu 1 weiter vor, sie sei in der Türkei vergewaltigt worden, weil sich ihr Ehemann geweigert habe, Dorfschützer zu werden. Das Verwaltungsgericht ließ die Frage einer Gruppenverfolgung syrisch-orthodoxer Christen in der Türkei offen und verpflichtete die Beklagte durch Urteil vom 9. August 1999 im Hinblick auf das individuelle Verfolgungsschicksal der Kläger zur Feststellung der Voraussetzungen der §§ 51 und 53 AuslG. Die Beklagte sprach diese Feststellungen durch Bescheid vom 7. Oktober 1999 aus.

2

Nachdem sich im Juli 2009 herausgestellt hatte, dass die Kläger keine türkischen, sondern armenische Staatsangehörige sind, nie in der Türkei gelebt haben und weder dort noch in Armenien verfolgt worden sind, hob das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die im Bescheid vom 7. Oktober 1999 getroffenen Feststellungen durch Bescheid vom 2. November 2010 auf und stellte fest, dass weder eine Flüchtlingsanerkennung aus anderen Gründen noch Abschiebungshindernisse hinsichtlich Armeniens in Betracht kämen. Die Begründung des Bescheids bezog sich sowohl auf den im Tenor erklärten Widerruf als auch auf die Rücknahme jenes Bescheids.

3

Das Verwaltungsgericht wies die Klage gegen den Bescheid vom 2. November 2010 und auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Armeniens ab. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Entscheidung durch Urteil vom 9. Februar 2012 geändert und den Bescheid aufgehoben: Ein Widerruf der Flüchtlingsanerkennung komme nicht in Betracht, weil sich die Sach- und Rechtslage nachträglich nicht geändert habe. Einer Rücknahme stehe die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils entgegen; diese könne nur im Verfahren nach § 153 VwGO beseitigt werden. Ein Restitutionsverfahren sei jedoch wegen Zeitablaufs nicht mehr möglich.

4

Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, der Widerruf der Flüchtlingsanerkennung sei möglich, weil sich die Situation der syrisch-orthodoxen Christen in der Türkei inzwischen durchgreifend verbessert habe. Auch eine Rücknahme der Entscheidung von 1999 sei möglich. Die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 9. August 1999 stehe nicht entgegen, da ein Fall des sittenwidrigen Urteilsmissbrauchs vorliege. In die Ermessensentscheidung über die Aufhebung der Flüchtlingsanerkennung seien auch alle relevanten Umstände des Einzelfalles einbezogen worden.

5

Die Kläger verteidigen das Berufungsurteil. Der Vertreter des Bundesinteresses hält einen Widerruf der Flüchtlingsanerkennung ebenfalls für zulässig und schließt sich im Übrigen der Argumentation der Beklagten an.

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage gegen die Aufhebung der Flüchtlingsanerkennung und der Feststellung von Abschiebungshindernissen hinsichtlich der Türkei sowie die Klage auf Verpflichtung zur Feststellung von Abschiebungsverboten hinsichtlich Armeniens zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 7. Oktober 1999 durfte zwar nicht widerrufen (dazu 3.), wohl aber mit Wirkung ex nunc zurückgenommen werden. Die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 9. August 1999 steht der Rücknahme nicht entgegen, weil ein Fall des sittenwidrigen Urteilsmissbrauchs vorliegt. Demgegenüber hat das Berufungsgericht unter Verstoß gegen revisibles Recht angenommen, dass die Rechtskraft einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausschließlich im Wege der Restitutionsklage (§ 153 VwGO, § 580 ZPO) überwunden werden könne (dazu 4.).

7

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 2. November 2010 zur Aufhebung des Bescheids vom 7. Oktober 1999 über die Flüchtlingsanerkennung und die Feststellung von Abschiebungshindernissen hinsichtlich der Türkei (Ziffer 1 des Bescheids). Auch der Hilfsantrag der Kläger auf Feststellung von Abschiebungsverboten hinsichtlich Armeniens nach nationalem Recht (Ziffer 3 des Bescheids) ist in der Revisionsinstanz angefallen. Weitergehende Begehren sind jedenfalls nicht mehr in der Revisionsinstanz anhängig geworden.

8

2. Die Revision ist allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon deshalb begründet, weil die Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis hätten. Zwar sind die Verfahrensbeteiligten bzw. Adressaten sowohl im verwaltungsgerichtlichen Urteil vom 9. August 1999 als auch im Bescheid vom 7. Oktober 1999 mit den damals von den Klägern geführten Aliasnamen bezeichnet. Diese fehlerhafte Bezeichnung, die einer jederzeitigen Berichtigung von Amts wegen zugänglich wäre (§ 118 VwGO, § 42 VwVfG), lässt die Flüchtlingsanerkennung nicht ins Leere laufen. Denn sie ändert nichts daran, dass sich die personale Rechtskraft des Urteils und die Rechtswirkung des nachfolgenden Verwaltungsakts auf die Kläger als reale Personen beziehen, so dass diese ein rechtliches Interesse daran haben, den Wegfall der durch das Urteil bzw. den Verwaltungsakt ausgesprochenen Begünstigung gerichtlich überprüfen zu lassen.

9

3. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Bescheid vom 7. Oktober 1999 über die Feststellung der Voraussetzungen der §§ 51 und 53 Abs. 1 und 4 AuslG durch Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 2. November 2010 nicht widerrufen werden durfte.

10

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist § 73 AsylVfG in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - am 28. August 2007 geltenden Fassung (Bekanntmachung der Neufassung des Asylverfahrensgesetzes vom 2. September 2008, BGBl I S. 1798, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011, BGBl I S. 2258); die zum 1. Dezember 2013 in Kraft getretenen Änderungen des Asylverfahrensgesetzes durch Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474), die im Übrigen die hier maßgeblichen Vorschriften im entscheidungserheblichen Gehalt unverändert gelassen haben, sind noch nicht anzuwenden.

11

Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG muss die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist nach Satz 2 der Vorschrift insbesondere der Fall, wenn der Ausländer es nach Wegfall der Umstände, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, nicht mehr ablehnen kann, den Schutz seines Heimatstaates in Anspruch zu nehmen. Ein rechtskräftiges Gerichtsurteil, das zu der Flüchtlingsanerkennung geführt hat, steht dem Widerruf nicht entgegen, wenn nach dem für das Urteil relevanten Zeitpunkt neue erhebliche Tatsachen eingetreten sind, die sich so wesentlich von den früher maßgeblichen Umständen unterscheiden, dass auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Rechtskraft eine erneute Sachentscheidung durch die Verwaltung oder ein Gericht gerechtfertigt ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtmäßig oder rechtswidrig war, weil Anknüpfungspunkt für den Widerruf eine Veränderung der tatsächlichen Situation, nicht aber die rechtliche Bewertung der ursprünglichen Zuerkennung des Flüchtlingsstatus ist (Urteile vom 22. November 2011 - BVerwG 10 C 29.10 - BVerwGE 141, 161 = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 42 jeweils Rn. 16 und vom 18. September 2001 - BVerwG 1 C 7.01 - BVerwGE 115, 118 = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 8). Ob eine relevante Veränderung in dem vorerwähnten Sinn stattgefunden hat, bestimmt sich nach den in dem rechtskräftigen Verpflichtungsurteil zu Grunde gelegten Tatsachen, denen die Lage im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung über den Widerruf entgegenzustellen ist. Maßgeblich sind dabei die konkreten Umstände des Einzelfalls. Ob die tatsächlichen Annahmen des Verwaltungsgerichts zutreffend waren, spielt für diese erste Stufe der Widerrufsprüfung keine Rolle (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 18 f.). Haben sich die bei der Anerkennung - gegebenenfalls auch fehlerhaft - zu Grunde gelegten Verhältnisse in diesem Sinne grundlegend und dauerhaft geändert, ist in einer zweiten Stufe zu prüfen, ob nicht anderweitige Gründe für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen. Hierfür ist dann auf die Sach- und Erkenntnislage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf abzustellen. Aus Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG des Rates (Qualifikationsrichtlinie, ebenso Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011) ergibt sich hierzu nichts Abweichendes.

12

Nach diesen Grundsätzen ist bei dem Vergleich zwischen der vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 9. August 1999 angenommenen Sachlage und der Situation im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf davon auszugehen, dass den Klägern die Flüchtlingseigenschaft als türkischen Staatsangehörigen und im Hinblick auf ein von der Klägerin zu 1 behauptetes individuelles Vorverfolgungsschicksal zuerkannt worden ist. Eine im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf vorliegende wesentliche Veränderung der auf diese Umstände bezogenen Gefährdungslage hat weder die Beklagte noch das Berufungsgericht festgestellt, so dass auf der Grundlage des bislang festgestellten Sachverhalts ein Widerruf der Flüchtlingsanerkennung nach § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht in Betracht kommt. Einer Zurückverweisung der Sache zur weiteren Tatsachenaufklärung bedarf es im vorliegenden Fall dennoch nicht, weil die Rücknahme des Bescheids vom 7. Oktober 1999 rechtlichen Bedenken nicht begegnet, so dass es auf die Zulässigkeit eines Widerrufs nicht mehr ankommt (dazu 4.). Abweichend von der Annahme der Beklagten und des Vertreters des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht kommt es hingegen nicht auf die Frage an, ob sich die Lage der syrisch-orthodoxen Christen in der Türkei seit 1999 geändert hat. Denn dieser Gesichtspunkt hat für das rechtskräftige Verpflichtungsurteil vom 9. August 1999 keine entscheidungstragende Rolle gespielt.

13

4. Der Bescheid vom 2. November 2010 umfasst indes auch eine ex nunc-Rücknahme des Bescheids vom 7. Oktober 1999 (4.1), die sich auf § 73 Abs. 2 AsylVfG stützen kann (4.2) und der angesichts der Besonderheiten des Einzelfalles die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht entgegensteht (4.3); die Beklagte hat auch ein ihr etwa eingeräumtes Ermessen fehlerfrei betätigt (4.4). Offenbleiben kann daher, ob eine Rücknahme hier unionsrechtlich nicht nur möglich, sondern geboten gewesen wäre (4.5).

14

4.1 Der Bescheid vom 2. November 2010 lässt zwar nicht im Tenor, wohl aber in seiner Begründung mit der erforderlichen Bestimmtheit erkennen, dass mit Wirkung für die Zukunft neben dem auf einer Ermessensentscheidung gründenden Widerruf hilfsweise eine Rücknahme des Anerkennungsbescheids vom 7. Oktober 1999 ausgesprochen worden ist; die Beklagte hat im Verfahren klargestellt, dass auch insoweit die Aufhebung nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgt ist.

15

4.2 Nach § 73 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AsylVfG ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zurückzunehmen, wenn sie auf Grund unrichtiger Angaben oder infolge Verschweigens wesentlicher Tatsachen ausgesprochen worden ist und wenn der Ausländer auch aus anderen Gründen nicht anerkannt werden könnte. Der Einhaltung einer Rücknahmefrist bedarf es nicht. In § 73 AsylVfG ist eine derartige Frist nicht geregelt, und jedenfalls seit Einführung der Dreijahresfrist in § 73 Abs. 2a AsylVfG ist auch hinsichtlich der Rücknahme nach § 73 Abs. 2 AsylVfG kein Raum für die Anwendung der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG neben § 73 AsylVfG (ebenso für den Widerruf bereits Urteil vom 5. Juni 2012 - BVerwG 10 C 4.11 - BVerwGE 143, 183 = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 45 jeweils Rn. 17 f.).

16

Diese Voraussetzungen für die Rücknahme der Flüchtlingsanerkennung liegen vor. Die Angaben der Klägerin zu 1 zu ihrem angeblichen Verfolgungsschicksal waren, wie sie selbst eingeräumt hat, in allen wesentlichen Punkten unzutreffend; zudem hat die Klägerin zu 1 ihre armenische Staatsangehörigkeit verschwiegen. Eine Zuerkennung des Flüchtlingsstatus aus anderen Gründen ist nach ihren eigenen Angaben ausgeschlossen. Auch soweit die Kläger eine Rückkehr nach Armenien für rechtlich unzulässig halten, beziehen sie dies lediglich auf möglicherweise vorliegende Abschiebungsverbote, nicht aber auf behauptete Gründe für die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus.

17

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 AsylVfG liegen auch hinsichtlich der Kläger zu 2 und 3 vor. Denn eine Rücknahme der Flüchtlingsanerkennung ist nicht davon abhängig, dass der betroffene Ausländer selbst unrichtige Angaben gemacht oder wesentliche Tatsachen verschwiegen hat; erst recht ist keine subjektive Täuschungs- oder Unterdrückungsabsicht erforderlich. Hier reicht aus, dass den im Zeitpunkt der Anerkennung asylverfahrensrechtlich nicht handlungsfähigen Klägern zu 2 und 3 die unrichtigen Angaben oder das Verschweigen wesentlicher Tatsachen, die zu einer objektiv fehlerhaften tatsächlichen Grundlage für ihre Flüchtlingsanerkennung geführt haben, zuzurechnen waren; dies ist hier der Fall.

18

4.3 Die Beklagte war zur Rücknahme des Bescheids vom 7. Oktober 1999 ausnahmsweise auch unter Durchbrechung der Rechtskraft des Urteils vom 9. August 1999 berechtigt, weil eine Berufung der Kläger auf das Urteil einen Urteilsmissbrauch bedeutete.

19

Zwar schließt die Rechtskraft eines zur Flüchtlingsanerkennung verpflichtenden Urteils die Rücknahme des zuerkannten Status grundsätzlich aus, wenn das Urteil - wie hier - einer Korrektur im Wege der Restitutionsklage (§ 153 VwGO, § 580 ZPO) nicht mehr zugänglich ist. Denn regelmäßig überwiegt in einem solchen Fall das Interesse an der Beibehaltung des durch das Urteil bewirkten Rechtszustands gegenüber dem Interesse an dem nachträglichen Entzug einer auf fehlerhafter Tatsachengrundlage beruhenden Begünstigung: Die Rechtskraft soll zum Schutz von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden gerade auch fehlerhaft entschiedene Fälle weiterem Streit entziehen (zum umgekehrten Fall der zu Gunsten des Betroffen ausnahmsweise erforderlichen Korrektur einer rechtskräftigen fehlerhaften Entscheidung entsprechend § 51 Abs. 5 VwVfG: Urteil vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121 = Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 55 jeweils Rn. 24 ff., 30 ff.).

20

Die Rücknahme einer Flüchtlingsanerkennung trotz rechtskräftiger Verpflichtung zur Zuerkennung dieses Status kann jedoch bereits nach nationalem Recht in Ausnahmefällen dann geboten sein, wenn das zu Grunde liegende Urteil unrichtig ist, wenn die Unrichtigkeit den von dem Urteil Begünstigten bekannt ist und wenn besondere Umstände hinzutreten, die die Ausnutzung des Urteils als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche Umstände liegen bei der auf einem Urteil beruhenden Flüchtlingsanerkennung jedenfalls dann vor, wenn das Gericht über den Kern des Verfolgungsschicksals gezielt getäuscht wurde, insbesondere über die Identität und die Staatsangehörigkeit der Asylbewerber sowie die Akteure, von denen Verfolgung droht. Eine lediglich objektiv falsche Tatsachengrundlage des Verpflichtungsurteils reicht hier - anders als bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 73 Abs. 2 AsylVfG - nicht aus. Auf der anderen Seite führt nicht jede - auch gezielte - Täuschung über untergeordnete, weniger gewichtige oder gar nicht ergebnisrelevante Umstände des asylbegründenden Vortrags bereits dazu, dem Flüchtling die Berufung auf die Rechtskraft eines Verpflichtungsurteils zu verwehren, denn eine nicht auf Ausnahmefälle beschränkte Korrektur inhaltlich falscher Gerichtsentscheidungen würde das Institut der Rechtskraft entwerten. Die eine Berufung auf die Rechtskraft ausschließende Schwelle des sittenwidrigen Urteilsmissbrauchs ist vielmehr erst überschritten, wenn sich die Täuschung auf wesentliche Umstände bezogen hat, ohne die eine positive Entscheidung über eine Asylanerkennung oder die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz nicht möglich gewesen wäre.

21

Die nach Art. 20 Abs. 3 GG für jede Einschränkung der nach § 121 VwGO mit der Rechtskraft verbundenen Wirkungen erforderliche gesetzliche Grundlage (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 26.08 - BVerwGE 135, 137 = Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 54 jeweils Rn. 14) ist mit § 826 BGB gegeben. Die im Verwaltungsrecht entsprechend anwendbare Vorschrift ist neben ihrer Funktion als Rechtsgrundlage für Schadensersatzansprüche zugleich gesetzlicher Ausdruck des Verbots der unzulässigen Rechtsausübung und wird als positivrechtliche Grundlage für den Einwand des sittenwidrigen Urteilsmissbrauchs - beschränkt auf besonders gewichtige Fälle - von der höchstrichterlichen Rechtsprechung herangezogen (Urteil vom 28. März 1963 - BVerwG 2 C 98.60 - BVerwGE 16, 36 = Buchholz 232 § 151 BBG Nr. 1; vgl. auch RG, Urteile vom 9. Februar 1911 - IV 119/10 - RGZ 75, 213 und vom 3. Mai 1937 - VI 333/36 - RGZ 155, 55; BGH, Urteile vom 21. Juni 1951 - III ZR 210/50 - NJW 1951, 759 und vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 54/86 - NJW-RR 1987, 1032; BSG, Urteil vom 26. September 1986 - 2 RU 45/85 - BSGE 60, 251; BAG, Urteil vom 14. Oktober 1960 - 1 AZR 233/58 - BAGE 10, 88). Insoweit erfasst die Vorschrift mit dem Verbot rechtsmissbräuchlichen Verhaltens zugleich auch den hier auf die sittenwidrige Ausnutzung inhaltlich falscher rechtskräftiger Entscheidungen bezogenen Einwand des nemo auditur propriam turpitudinem allegans: Niemand wird vor Gericht damit gehört, dass er die für ihn günstigen Folgen eigenen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens für sich in Anspruch nehmen will, unabhängig davon, ob bereits die Erwirkung oder erst die Ausnutzung eines inhaltlich falschen Titels betroffen ist. In einem solchen Fall müssen die Rechtswirkungen der Rechtskraft ausnahmsweise jedenfalls dann zurücktreten, wenn die dauerhaft wirkende Entscheidung (Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung bzw. subsidiärer Schutz) auf einem begünstigenden rechtswidrigen Urteil gründet, das durch eine gezielte grobe Täuschung auf sittenwidrige Weise erwirkt worden ist. Die Restitutionsklage (§ 153 VwGO i.V.m. § 580 ZPO) schließt jedenfalls in Fällen der Fortwirkung des durch das sittenwidrig erwirkte Urteil bewirkten Rechtsvorteils den Grundsatz des Verbots des Rechtsmissbrauchs nicht aus. Sie erfasst nur bestimmte, vor allem an der Entscheidungsfindung im Zivilprozess ausgerichtete Formen der gezielten Erwirkung eines grob fehlerhaften Urteils, ist zudem nur innerhalb bestimmter Fristen eröffnet (§ 586 ZPO) und bildet daher eine gewichtige Konkretisierung der Möglichkeiten zur Beseitigung der Rechtskraft, enthält aber keine abschließende Regelung, um in Anwendung des Verbots des Rechtsmissbrauchs zwingenden Gerechtigkeitsanforderungen Geltung zu verschaffen.

22

Nach diesen Grundsätzen ist den Klägern die Berufung auf die rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 9. August 1999 verwehrt. Dass diese Entscheidung inhaltlich falsch ist, räumen die Kläger ein, ebenso den Umstand, dass dies jedenfalls der Klägerin zu 1 von Anfang an bekannt war und den Klägern zu 2 und zu 3 bekannt ist. Denn das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung des Flüchtlingsstatus und zur Feststellung von Abschiebungshindernissen mit dem Vortrag der Klägerin zu 1 zu ihrem angeblichen individuellen Verfolgungsschicksal begründet, ausgehend von der Annahme, es handle sich um Personen türkischer Staatsangehöriger und syrisch-orthodoxen Glaubens. Auch die Schwelle des sittenwidrigen Urteilsmissbrauchs ist im vorliegenden Fall überschritten, da die Klägerin zu 1 das rechtskräftige Urteil durch Falschangaben zu ihrer Identität, ihrer Staatsangehörigkeit und zur gesamten für das Gericht maßgeblichen Verfolgungsgeschichte erwirkt hat. Nach ihren späteren Angaben ist sie armenische Staatsangehörige und hat keinerlei Bezüge zur Türkei; die von ihr vorgetragenen Behauptungen über eine Vergewaltigung als Reaktion auf eine Weigerung ihres Ehemannes zur Kooperation mit den Sicherheitskräften sind ausnahmslos falsch, während sie Verfolgung in ihrem Heimatland Armenien zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht hat. Diese Täuschung beschränkt sich mithin nicht auf Umstände, die für das Verwaltungsgericht von geringem Gewicht oder gar unerheblich waren, sondern erfasst den gesamten Vortrag zu ihrem angeblichen Vorfluchtschicksal und ist damit von ausschlaggebender Bedeutung für das zu Gunsten der Kläger gefällte Verpflichtungsurteil.

23

Auch die Kläger zu 2 und 3 können sich auf die für sie günstige rechtskräftige Entscheidung vom 9. August 1999 nicht berufen. Dabei kommt es nicht auf die Frage an, ob ihnen bereits die Täuschungshandlung der Klägerin zu 1 in dem jener Entscheidung vorausgegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Hinblick auf ihr damaliges Alter zurechenbar war. Denn mit der Ausnutzung des durch diese qualifizierte Täuschung erwirkten inhaltlich falschen rechtskräftigen Urteils im Wissen um sein Zustandekommen überschreiten sie in gleicher Weise die Schwelle des sittenwidrigen Urteilsmissbrauchs wie die Klägerin zu 1.

24

4.4 Offenbleiben kann die Frage, ob der Beklagten bei der streitgegenständlichen Entscheidung ein Ermessen eingeräumt war oder ob sie trotz des Wortlauts des § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG aus unionsrechtlichen Gründen zur Rücknahme der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus verpflichtet war. Denn im vorliegenden Fall hat die Beklagte ein im Hinblick auf die nach § 73 Abs. 2a Satz 1 i.V.m. Abs. 7 AsylVfG durchgeführte Prüfung etwa bestehendes Ermessen jedenfalls sachgerecht dahin ausgeübt, dass eine Rücknahme angesichts der Umstände des Falles ausgesprochen werden durfte. Auch wenn die Begründung des angegriffenen Bescheids zur Rücknahme der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus keine gesonderten Ermessenserwägungen enthält, lässt sich jedenfalls der Begründung der Widerrufsentscheidung zweifelsfrei entnehmen, dass die dort angeführten Ermessenserwägungen auch für die hilfsweise ausgesprochene Rücknahmeentscheidung gelten sollen. Es muss daher nicht geklärt werden, ob Art. 14 Abs. 3 der Qualifikationsrichtlinie - wofür allerdings vieles spricht - nach seinem Wortlaut und Regelungszweck dahin auszulegen ist, dass der zuständigen Behörde ein Ermessen bei der Entscheidung über den Widerruf bzw. die Rücknahme einer Asyl- bzw. Flüchtlingsanerkennung entgegen § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG nicht eingeräumt sein darf und daher jedenfalls im Regelfall von einer unionsrechtskonformen Reduzierung des vom Gesetz eingeräumten Ermessens auf Null auszugehen sein könnte.

25

4.5 Offenbleiben kann, ob das hier anzuwendende Unionsrecht (4.5.1), das der nach Vorstehendem jedenfalls möglichen Rücknahme in Anwendung nationalen Rechts jedenfalls nicht entgegensteht (4.5.3), die Rücknahme einer durch Täuschung erwirkten Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung unabhängig vom Vorliegen eines rechtskräftigen Verpflichtungsurteils fordert (4.5.2).

26

4.5.1 Unionsrechtlich findet sowohl die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 als auch die während des Revisionsverfahrens in Kraft getretene Neufassung durch die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 Anwendung. Für die in der Neufassung inhaltlich geänderten Bestimmungen wurde den Mitgliedstaaten eine Umsetzungsfrist bis zum 21. Dezember 2013 eingeräumt, und es bleibt bis zum Ablauf dieser Frist bei der Anwendung der Richtlinie 2004/83/EG (Art. 39 Abs. 1, Art. 41 Abs. 2 i.V.m. Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU). Hinsichtlich der unverändert übernommenen Bestimmungen gilt die Neufassung hingegen schon jetzt (vgl. Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU). Eine Einschränkung ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf Schutzbegehren, die nach dem Inkrafttreten der Qualifikationsrichtlinie gestellt worden sind, weist die Vorschrift - anders als Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie (vgl. dazu aber Beschluss vom 7. Februar 2008 - BVerwG 10 C 33.07 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- und Asylrecht Nr. 19 Rn. 9 f.) - nicht auf, so dass jedenfalls die Prüfung am Maßstab der Richtlinie erforderlich ist.

27

4.5.2 Es kann offenbleiben, ob Unionsrecht die Rücknahme einer Flüchtlingsanerkennung in Fällen der durch falsche Angaben erwirkten Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung auch bei Vorliegen eines rechtskräftigen Verpflichtungsurteils stets und unabhängig davon fordert, ob auch ein Fall des Urteilsmissbrauchs vorliegt.

28

Nach Art. 14 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen die Flüchtlingseigenschaft u.a. dann ab, wenn festgestellt wird, dass eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen durch den Drittstaatsangehörigen, einschließlich der Verwendung falscher oder gefälschter Dokumente, für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausschlaggebend war. Im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 und 4, die das Erlöschen des Schutzstatus ausdrücklich auf eine dem Drittstaatsangehörigen von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde erteilte Rechtsstellung beziehen, enthält der im vorliegenden Fall allein einschlägige Absatz 3 Buchst. b der Richtlinie keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass auch ein gerichtlich zuerkannter Schutzstatus zurückgenommen werden kann.

29

Ob auch Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie gegebenenfalls zu einer Durchbrechung rechtskräftiger Entscheidungen ermächtigt oder gar verpflichtet, ist hier nicht zu vertiefen. Hierfür mag allerdings nicht nur die undifferenzierte Fassung des Art. 37 der Richtlinie 2005/85/EG (Verfahrensrichtlinie) sondern auch der Umstand sprechen, dass die geltende Fassung von Art. 14 Abs. 1 und 4 der Richtlinie einerseits und Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie andererseits durch eine bloße Umstellung des Entwurfstextes während der Erarbeitung der Richtlinie entstanden sein dürfte und damit möglicherweise auf einem Redaktionsversehen beruht (vgl. Protokolle des Rates der Europäischen Union zum Kommissionsvorschlag 13620/01 ASILE 52 - KOM(2001) 510 endg., Beratungsergebnisse der Gruppe "Asyl", Protokolle Nr. 12199/02 vom 25. September 2002 , Nr. 14083/02 vom 12. November 2002 und Nr. 14643/02 vom 22. November 2002 ).

30

4.5.3 Art. 14 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie steht der Rücknahme unter Rückgriff auf § 826 BGB jedenfalls nicht entgegen. Nach dem Konzept der Qualifikations- und der Verfahrensrichtlinie muss eine Prüfung des Flüchtlingsstatus eingeleitet werden, wenn Anhaltspunkte auftreten, die die Rechtmäßigkeit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Zweifel ziehen (Art. 38 Verfahrensrichtlinie). Dies ist durch § 73 AsylVfG sichergestellt. Für ein Verbot der Rücknahme trotz einer entgegenstehenden rechtskräftigen Entscheidung lässt sich der Richtlinie offenkundig nichts entnehmen.

31

5. Die Revision ist auch begründet, soweit der streitgegenständliche Bescheid die Feststellung von Abschiebungshindernissen hinsichtlich der Türkei zurückgenommen hat. Das Berufungsgericht hat diese Rücknahme unter Verstoß gegen revisibles Recht für rechtswidrig gehalten. Aus den bereits ausgeführten Gründen ergibt sich vielmehr, dass das Urteil vom 9. August 1999 auch insoweit inhaltlich falsch ist, als es die Beklagte verpflichtet hat, zugunsten der Kläger das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 AuslG festzustellen. Den Klägern ist diese Unrichtigkeit bekannt, und sie können der Rücknahmeentscheidung die Rechtskraft des Urteils aus den bereits genannten Gründen nicht entgegenhalten.

32

6. Der Hilfsantrag der Kläger auf Feststellung von Abschiebungsschutz nach nationalem Recht ist nicht begründet. Es sind weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren Anhaltspunkte vorgetragen worden oder sonst ersichtlich, aus denen sich ergeben könnte, dass die Kläger in Armenien mit Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG zu rechnen hätten. Zu den tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, auf die das Verwaltungsgericht die Ablehnung des auf Vorliegen eines Abschiebungsverbots im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG gerichteten Hilfsantrags gestützt hat, haben die Kläger ebenfalls im Berufungs- oder Revisionsverfahren nichts vorgetragen; ihr Vorbringen zur Verwurzelung im Bundesgebiet ist offenkundig nicht geeignet, das Vorliegen zielstaatsbezogener Gefahren zu begründen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde. Es wird festgestellt, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des verdeckten Einsatzes technischer Mittel nach § 22 PolG.
Der am xx.xx.1958 geborene Kläger, ein ehemaliger Polizeibeamter im Dienste des Beklagten, wurde mit Urteil des Landgerichts xxx vom 05.11.1990 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit homosexuellen Handlungen, sowie homosexueller Handlungen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen lernte der Kläger seine Opfer überwiegend über seine ehrenamtliche Tätigkeit für die xxx kennen, für die er u.a. als Betreuer Freizeiten für Kinder und Jugendliche durchführte. Kinder und Jugendliche, die ihn sexuell interessierten, veranlasste er, ihn in seiner Wohnung zu besuchen. Dort zeigte er ihnen zunächst regelmäßig harmlose Videofilme, und ging bei Folgebesuchen dazu über, Pornofilme zu zeigen, um eine sexuelle Stimulanz herbeizuführen. An einem Jugendlichen vollzog der Kläger den Analverkehr, die übrigen Kinder bzw. Jugendlichen veranlasste er zu wechselseitigem Onanieren und/oder Oralverkehr. Von einigen der Opfer fertigte der Kläger Nacktaufnahmen. Die Strafkammer ging aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten von einer verminderten Schuldfähigkeit des Klägers aus und berücksichtigte bei der Strafzumessung sein umfassendes Geständnis. Zu seinen Gunsten wurde auch die freiwillig aufgenommene psychotherapeutische Behandlung sowie der Umstand berücksichtigt, dass die Kinder die sexuellen Handlungen freiwillig mitgemacht und keine psychischen Folgeschäden erlitten hätten. Die Vollstreckung der Reststrafe wurde nach Verbüßung der Halbstrafe zum 16.03.1992 zur Bewährung ausgesetzt. Der Arzt und Psychotherapeut W. R. bestätigte mit Schreiben vom 01.02.1993 den erfolgreichen Abschluss der Psychotherapie. Mit Beschluss vom 03.05.1994 verkürzte die Strafvollstreckungskammer die ursprünglich auf drei Jahre festgesetzte Bewährungszeit um zehn Monate. Die Reststrafe wurde mit Wirkung vom 26.05.1994 erlassen.
Seit 1996 ermittelte die Staatsanwaltschaft xxx wiederholt gegen den Kläger wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Ermittlungsverfahren wurden jeweils gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, in einem Fall wurde bereits das strafrechtliche Ermittlungsverfahren mangels eines Anfangsverdachts im Sinn des § 152 Abs. 2 StPO nicht eingeleitet.
Im März 2007 gab ein damals 22jähriger Beschuldigter einer Raubstraftat im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung an, er sei im Alter von 13 oder 14 Jahren von dem Kläger viermal zum Oral- und Analverkehr gezwungen worden. In dieser Sache verurteilte das Landgericht xxx den Kläger mit Urteil vom 10.03.2010 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs in vier Fällen eines zur Tatzeit 1995/1996 11jährigen Jungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Die Verurteilung erfolgte nach einer Verständigung gemäß § 257 c StPO.
Der Kläger ist 1. Vorsitzender des Wassersportvereins IG xxx, der mit dem Yachtclub xxx eine gemeinsame Bootsanlegestelle in xxx xx xxx unterhält. Von dieser Anlegestelle aus unternimmt der Kläger mit seinem Kajütboot Ausfahrten auf dem Rhein. Immer wieder nimmt er dabei auch männliche Kinder und Jugendliche mit, mit denen zusammen er auch auf dem Boot übernachtet. Vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Vorgeschichte des Klägers war dieses Verhalten Gegenstand einer gemeinsamen Vorstandssitzung beider Vereine am 15.11.2005. Der Kläger erklärte damals, sein Fehlverhalten liege mittlerweile 16 Jahre zurück und sei bei der Aufnahme in den Verein bekannt gewesen. Schon aus Eigeninteresse nehme er nur Kinder und Jugendliche auf das Boot mit, mit deren Eltern er gut bekannt sei.
Ein Beamter der Kantonspolizei xxx, der Mitglied des YC xxx ist, teilte am 11.03.2010 einem Kollegen von der Kriminalpolizei xxx mit, dass im YC xxx in den letzten Jahren immer wieder beobachtet worden sei, wie der Kläger mit männlichen Kindern und Jugendlichen mit seinem Boot auf dem Rhein unterwegs sei und auch übernachte. Darauf angesprochen, habe er erklärt, dass alles mit den Eltern abgesprochen und auch sonst in Ordnung sei.
Am 19.04.2010 ordnete das Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion -, gestützt auf § 22 PolG, für die Zeit bis zum 19.07.2010 die längerfristige Observation, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung und den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger gegen dem Kläger an. In der Antragsschrift des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität des Regierungspräsidiums vom 14.04.2010 hieß es, der homosexuell orientierte Kläger, der - wie das Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahr 1990 ergeben habe - zudem an einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung leide, habe über viele Jahre hinweg Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gesucht, sie in seiner Wohnung, in seinem Bett und auf seinem Boot übernachten lassen. Diese Situationen habe er zur Begehung von Sexualstraftaten genutzt, und zwar auch, als im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahre 1990 der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt gewesen sei bzw. als Freigänger während der Verbüßung der anschließenden Strafhaft. Wie die weiteren strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in den 90er Jahren gezeigt hätten, habe durch die Vernehmung der geschädigten Jungen kein Tatnachweis geführt werden können, weil diese wegen ihrer Scham- und Schuldgefühle keine belastenden Aussagen gemacht hätten. Im Jahre 1989 seien bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers viele Lichtbilder von den nackt fotografierten Jungen gefunden worden. Daraufhin seien die Geschädigten eher bereit gewesen, belastende Angaben zu den sexuellen Handlungen zu machen. Dass der Kläger nun wiederum 10- bis 16jährige Jungen in der Regel mit Einverständnis der Eltern in seiner Wohnung und auf seinem Boot übernachten lasse, begründe zwar nicht den Anfangsverdacht einer Straftat, weshalb strafprozessuale Maßnahmen nicht in Betracht kämen. Die verdeckten Observationsmaßnahmen dienten aber dazu, festzustellen, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme und mit ihnen dort nächtige, um so potentiell Geschädigte zu erkennen und zu identifizieren, damit bevorstehende Straftaten erkannt und ggf. ein Strafverfahren eingeleitet werden könne. Die verdeckten Observationen seien geeignet und erforderlich, weil durch Maßnahmen mit geringerer Eingriffstiefe die vollzugspolizeiliche Aufgabe der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nicht erfüllt werden könne.
Am 12.07.2010 wurde die Anordnung der verdeckten Observationsmaßnahmen bis zum 19.10.2010 verlängert. In der Antragsschrift vom 09.07.2010 führte das Dezernat Sonderfälle/Organisierte Kriminalität u.a. aus, durch die bislang durchgeführten Maßnahmen sei festgestellt worden, dass der Kläger sowohl in seiner alten als auch in der neuen Wohnung tagsüber wiederholt Besuch von Jugendlichen gehabt habe. Der am 24.01.1994 geborene xxx-xxx sei insgesamt fünfmal zu Besuch in den Wohnungen gewesen, an sechs weiteren Tagen habe der Kläger ihn im Auto mitgenommen und an zehn Tagen sei er zusammen mit ihm meistens für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen. Nach einem gemeinsamen Tag auf dem Boot habe er in einer Art und Weise, die einen sexuellen Bezug vermuten lasse, gesagt, „geil, geiler, geiler, am geilsten“, und kurz darauf noch einmal, „es war so geil“. Zu dem am 03.08.1995 geborenen, allerdings noch sehr kindlich aussehenden xxx habe der Kläger einen noch engeren Kontakt gehabt. Er sei dreimal mit ihm für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen und sei oft zusammen mit ihm Auto gefahren. Wiederholt habe ihn der Jugendliche auch in seiner Wohnung besucht und fünfmal dort übernachtet. Zweimal hätten sie sich zusammen auf einem Gartengelände mit einer Hütte aufgehalten. Bereits zuvor sei das Kraftfahrzeug des Klägers insgesamt 24mal in der Nähe des Gartengrundstücks festgestellt worden, und zwar teilweise für mehr als zwei Stunden. Durch die polizeirechtlichen Maßnahmen hätten zwar noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Die Verhaltensweisen des Klägers bezüglich sexuell motivierter Kontakte zu männlichen Kindern und Jugendlichen hätten sich über die Jahre hinweg jedoch nicht verändert. Der Kläger suche über die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses u.a. mit den Eltern Kontakt zu den Jungen und verbringe mit ihnen seine Freizeit. Insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx begründeten den Verdacht eines sexuellen Verhältnisses. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft bestehe derzeit jedoch noch kein Anfangsverdacht einer Straftat.
Im Zuge der weiteren Observationen wurde im August 2010 festgestellt, dass der Kläger mit einem 12jährigen Jungen im Einverständnis mit dessen Eltern einen zweiwöchigen Urlaub auf dem Kajütboot machen wollte. Bereits die Nacht vom 19. auf den 20.08.2010 verbrachte der Kläger zusammen mit diesem Jungen und xxx in seinem Kajütboot auf dem Rhein, bevor sie am 20.08.2010 rheinabwärts nach xxx fuhren, wo das Boot für mehrere Tage anlegte. Am 24.08.2010 leitete die Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts von Straftaten gemäß §§ 176, 176 a und 182 StGB ein. Der Verdacht konnte jedoch durch die - richterlich angeordnete - Durchsuchung der Person, der Wohnung, des Arbeitsplatzes und des Kajütbootes des Klägers am 26.08.2010 nicht erhärtet werden. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen wurden daraufhin beendet.
10 
In dem Abschlussbericht des Regierungspräsidiums Freiburg - Landespolizeidirektion - vom 28.06.2011 hieß es, es bestehe die begründete Vermutung, dass durch die am 26.08.2010 durchgeführte Durchsuchung ein unmittelbar bevorstehender sexueller Missbrauch des damals 12jährigen xxx auf dem Kajütboot habe verhindert werden können. Es sei zu scheinbar unauffälligen körperlichen Annäherungsversuchen des Klägers mit einer von dem Jungen nicht erkannten sexuellen Motivation gekommen.
11 
Mit Verfügung vom 15.07.2011 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Dem Kläger könnten keine sexuellen Kontakte zu Kindern im Sinn des § 176 StGB oder ein sexueller Missbrauch von Jugendlichen nachgewiesen werden. Die als Zeugen vernommenen Kinder und Jugendlichen, die sich u.a. auf dem Boot des Klägers aufgehalten hätten und als Tatopfer in Betracht kämen, hätten in Abrede gestellt, dass sie jemals Sexualverkehr mit dem Kläger gehabt hätten oder dass er versucht habe, sexuelle Handlungen an ihnen vorzunehmen. Auch die weiteren vernommenen Zeugen, insbesondere die Eltern bzw. Angehörigen der Jungen, hätten angegeben, keine Wahrnehmungen über einen Missbrauch gemacht zu haben. Die molekulargenetische Untersuchung von Spermaspuren an dem auf dem Boot sichergestellten Bettzeug und der Abgleich mit den DNA-Mustern der als Tatopfer in Betracht kommenden Zeugen habe nicht zu Ergebnissen geführt, die geeignet seien, diese Angaben zu widerlegen. Die Durchsuchung der Wohnung und des Bootes des Klägers sowie die Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger hätten ebenfalls keine Tatnachweise erbracht.
12 
Am 19.08.2011 erhob der Kläger Feststellungsklage zum Verwaltungsgericht Freiburg, zu deren Begründung er vortrug: Auch nach Beendigung der auf § 22 PolG gestützten Maßnahmen dauere der Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fort. Ungeachtet der Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens behaupte das Regierungspräsidium Freiburg weiterhin, dass gegen ihn ein Tatverdacht bestehe. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung aus dem tiefen Eingriff in seine Grundrechtspositionen. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen seien auch in der Sache rechtswidrig. Den Polizeibehörden sei seit Jahren bekannt gewesen, dass der Kläger seine Freizeit mit Kindern und Jugendlichen auf dem Kajütboot verbringe, ohne dass es zu Straftaten gegen deren sexuelle Selbstbestimmung gekommen sei. Irgendwelche Besonderheiten, die eine andere Beurteilung hätten rechtfertigen können, habe es nicht gegeben. Stattdessen seien kriminalistische Bauchgefühle für das Vorgehen des Beklagten ausschlaggebend gewesen. Die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung wäre ohne die verdeckten Maßnahmen auch weder gefährdet noch beeinträchtigt worden. Denn der Beklagte hätte als mildere Ermittlungsmaßnahme etwa die Kinder und Jugendlichen bzw. deren Eltern zu etwaigen sexuellen Übergriffen seitens des Klägers befragen oder das Kajütboot auf molekulargenetische Spuren sexueller Handlungen hin untersuchen können. Das habe umso näher gelegen, als ohnehin höchstens ein Gefahrenverdacht bestanden habe. Zudem sei das Ziel des Beklagten nicht die präventive Datenerhebung zur Verhinderung von Straftaten gewesen. Vielmehr sei es darum gegangen, unabhängig von einem konkreten Anfangsverdacht Beweise für ein zukünftiges Strafverfahren zu beschaffen. Dies sei jedoch unzulässig, weil der Bundesgesetzgeber die Strafverfolgungsvorsorge im Rahmen seiner Zuständigkeit für das gerichtliche Verfahren mit den §§ 100 c, 100 d, 163 f und 100 h StPO abschließend geregelt habe.
13 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Er führte aus, es habe sich bei den angeordneten Maßnahmen um solche der Gefahrenabwehr gehandelt, weshalb es nicht auf einen strafrechtlichen Anfangsverdacht ankomme. Durch die strafprozessuale Durchsuchung habe auch tatsächlich eine schwere Straftat i.S. des § 176 a StGB verhindert werden können. Dem Behördenleitervorbehalt aus § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG sei Rechnung getragen und der Kläger sei entsprechend § 22 Abs. 8 PolG nachträglich über die verdeckten Maßnahmen unterrichtet worden. Die materiellen Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 PolG hätten ebenfalls vorgelegen. Es habe konkrete, objektiv nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger ein Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Form des (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern, der sexuellen Nötigung oder der Vergewaltigung begehen könne. Der Kläger habe weiterhin Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gepflegt, was für einen Mann seines Alters und mit seiner Vorgeschichte großen Bedenken begegne. Die vom Kläger an den Tag gelegten Verhaltensweisen, die in seiner Persönlichkeit gründeten und ein gewisses Schema erkennen ließen, begründeten die Vermutung, er werde auch zukünftig sexuell motivierte Straftaten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen begehen. Alle von ihm ausgewählten Kinder stammten aus sozial schwachen Familien. Durch das Anbieten und Gewähren von Vergünstigungen in Form von Nachhilfe, Freizeitaktivitäten, Bootsaufenthalten, Liebesbekundungen per SMS, Massagen und Geschenken habe der Kläger immer wieder ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern geschaffen. Angesichts seiner rechtskräftigen Verurteilungen könne daraus auf den Hang zur Begehung erheblicher Straftaten geschlossen werden. Mildere Mittel hätten nicht zur Verfügung gestanden. Eine zeitliche und räumliche Rundumüberwachung habe nicht stattgefunden. Dem Kernbereich privater Lebensgestaltung des Klägers sei dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, dass sein Wohnbereich weder durch Videoaufzeichnungen noch akustisch überwacht worden sei.
14 
Mit Urteil vom 27.11.2012 (- 3 K 1607/11 - juris) hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene längerfristige Observation sowie der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung rechtswidrig waren, weil der Beklagte die formellen Anforderungen des in § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG geregelten Behördenleitervorbehalts nicht beachtet habe.
15 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die weiteren besonderen Mittel der Datenerhebung, deren Einsatz angeordnet worden sei, unterlägen weder dem Behördenleitervorbehalt gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG noch einem Richtervorbehalt. Auch in der Sache sei der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung rechtmäßig erfolgt. Die vom Beklagten getroffenen Maßnahmen hätten der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung gedient. Es hätten tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger künftig solche Straftaten begehen werde. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die besonderen Mittel der Datenerhebung zur Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung und nicht zur Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten eingesetzt worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung besonderer Mittel der Datenerhebung seien in § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG auch hinreichend bestimmt bezeichnet. Die für eine ausreichende Bestimmtheit erforderliche tatbestandseinengende Funktion werde durch die Beschränkung der Datenerhebung auf den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 PolG genannten Personenkreis erreicht. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dürften nur Daten über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen bzw. über Kontakt- und Begleitpersonen solcher Personen erhoben werden. Bloße Vermutungen oder allgemeine Erfahrungssätze reichten grundsätzlich nicht aus, um das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zu begründen, der Betroffene werde zukünftig Straftaten begehen. Es müssten vielmehr Tatsachen festgestellt werden, die eine solche Gefahrenprognose tragen. Hier hätten während des gesamten Zeitraums des Einsatzes der besonderen Mittel der Datenerhebung tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, der Kläger werde erneut eine Straftat des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern begehen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Insbesondere habe die Landespolizeidirektion ihre Entscheidung nicht auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt. Die vom Kläger gegen die Erforderlichkeit der Maßnahmen vorgebrachten Einwände griffen ebenfalls nicht durch. Die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung sei schließlich nicht wegen einer Verletzung des Kernbereichs der persönlichen Lebensführung des Klägers rechtswidrig gewesen.
16 
Der Kläger trägt zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung ergänzend und vertiefend im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die angeordneten Maßnahmen insgesamt materiell rechtswidrig. Die Maßnahmen seien bereits deshalb nicht von § 22 PolG gedeckt, weil sie zu repressiven Zwecken angeordnet worden seien. Sie hätten die Einleitung und erfolgreiche Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollen. Unabhängig davon hätten die Voraussetzungen einer Gefahr im präventiv-polizeilichen Sinne nicht vorgelegen. Die letzte Vortat habe zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahmen über 15 Jahre zurückgelegen. Der Kläger habe im Anschluss an die erste Verurteilung eine Psychotherapie durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen. Neben den Vorstrafen habe allein der Umstand vorgelegen, dass sich (auch) männliche Kinder und Jugendliche auf dem Boot des Klägers aufhielten. Dies reiche nicht aus, um eine auf Tatsachen gestützte Gefahr zu begründen. Die kumulative Anordnung nahezu sämtlicher nach § 22 PolG möglicher Maßnahmen sei auch unverhältnismäßig. Deutlich mildere Maßnahmen, die zumindest in gleicher Weise geeignet seien, präventive Wirkung zu entfalten, lägen auf der Hand. Besonders nahe liege die zeugenschaftliche Befragung der Jugendlichen und ihrer Eltern sowie die Anordnung eines behördlichen Umgangsverbots. Schließlich sei § 22 PolG insbesondere im Fall der vorliegenden Kumulation der Maßnahmen bis hin zur vorgenommenen „polizeilichen Totalüberwachung“ und den damit verbundenen (letztlich irreversiblen) Grundrechtseingriffen ohne Richtervorbehalt mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - zu ändern, soweit das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, und festzustellen, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.
19 
Der Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Mit Blick auf die Eingriffsintensität der besonderen Datenerhebung nach § 22 PolG bestehe nicht das Erfordernis eines Richtervorbehalts. Der Gesetzgeber habe sich bei der Änderung des Polizeigesetzes über die Intensität des Grundrechtseingriffs Gedanken gemacht und die Eingriffstiefe typischerweise nicht dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zugeordnet, sondern die Erweiterung der technischen Observationsmöglichkeiten je nach Einsatzart als gegenüber herkömmlichen Überwachungsmethoden milderes Mittel eingestuft. Dies gelte auch für die vorliegende Konstellation, in der für die konkrete Straftatenvorbeugung ein passgenauer Überwachungsrahmen an Maßnahmen geschnürt worden sei. Der Einsatz von GPS, eines Abhörgeräts im Auto, Observierung und Videoüberwachung seien spezifisch auf den Gefahrenkontext des Klägers zugeschnitten gewesen und hätten seinen persönlichen Rückzugsraum an Privatheit geachtet. Bis zur Türschwelle seien jedoch Erkenntnisse gesammelt und polizeiliche Ressourcen bereitgehalten worden, um im nach Lage der Dinge hinreichend wahrscheinlichen Ernstfall unverzüglich einschreiten zu können. Der Umstand, dass von mehreren polizeilichen Mitteln Gebrauch gemacht worden sei, führe nicht automatisch zu einer Vertiefung der grundrechtsrelevanten Eingriffsschwelle. Die Überwachungstätigkeit sei jeweils an die konkrete Erkenntnislage angepasst worden. Begonnen habe man mit der Überwachung per Videoaufzeichnung vom Boot, dem verdächtigsten Rückzugsraum des Klägers. Auf der Grundlage der weiteren Beobachtung sei die Überwachung nach und nach auf die GPS-Überwachung und die Verwanzung des Autos ausgeweitet worden, bevor letztlich der Hauseingang überwacht worden sei. Dies sei situationsangemessen aufgrund der tatsächlichen Entwicklung und der daran jeweils orientierten Gefahrenprognose sowie der aktualisierten taktischen Lage erfolgt. Die Überwachung sei im Rahmen der originär polizeilichen Aufgabe der Gefahrenabwehr erfolgt. Die Maßnahmen seien klar auf den Schutz gefährdeter Kinder ausgerichtet gewesen. Es handele sich um eine geradezu typische Konstellation der Verhinderungsvorsorge, in welcher der Grad des strafprozessualen Anfangsverdachts verneint worden sei, der Polizei jedoch genügend Prognoseeckpunkte vorgelegen hätten, um berechtigterweise von einer Gefährdung besonders schutzbedürftiger Personen ausgehen zu dürfen. Durch die Sammlung von Daten sei die Polizei ihrem Auftrag zur Gefahrenabwehr vor sexuellem Missbrauch von Kindern in konkret-effizienter Art und Weise nachgekommen. Durch die Erhebung der Kontakte zu potentiellen Opfern, deren Häufigkeit, Ausprägung und Umfeld habe die Polizei diese Erkenntnisse mit bekannten Mustern des Klägers und kriminalistischem Erfahrungswissen abgleichen können, um so den Zeitpunkt eines ernsthaft zu befürchtenden Umschlagens der Gefahr zur Tat eruieren und absichern zu können. Das planvolle Vorgehen des Klägers bei der Annäherung an knabenhafte Jungen und der gemeinsame Aufenthalt an privaten Orten (Boot, Wohnung, Auto) habe den Verhaltensmustern der Vortaten entsprochen. Bei dem Kläger handele es sich um einen einschlägigen Wiederholungstäter, dessen Sexualtrieb mit Hang zu männlichen Kindern und Jugendlichen sich trotz einer Therapie nach der ersten Verurteilung nicht verändert habe. Das planmäßige Vorgehen unter Aufbau eines freundschaftlichen Verhältnisses mit dem Potential zum Antesten sexueller Grenzen habe der kriminellen Energie der Vortaten entsprochen. Das „Wann“ eines manifesten Einsatzes obliege gewissen polizeitaktischen Erwägungen. Ein Abwarten signalisiere hier keineswegs ein Zuwarten auf strafrechtliche Erkenntnisse. Vielmehr sei es den konkreten Umständen des Einzelfalls geschuldet, wann eine Gefahr unmittelbar in die Tat umzuschlagen drohe. So könne sich etwa bei jugendlichen Begleitern über 14 Jahren ein anderer Bewertungsmaßstab ergeben als bei Kindern unter 14 Jahren, wo es von vornherein nicht auf die Freiwilligkeit der sexuellen Handlung ankomme. Die unmittelbare Gefahr sei hier anhand der Erkenntnisse über einen bevorstehenden Bootsurlaub mit einer möglichen, kindlichen Zielperson für sexuelle Übergriffe eingetreten. Die beabsichtigte gemeinsame Reise auf dem Boot samt der langen Zeitspanne des Beisammenseins auf engstem Raum hätte den Überwachungsradius überfordert und dem Kläger ein optimales Umfeld des sexuellen Zugriffs geboten. Dieses Risiko habe man nicht eingehen können. Deshalb seien die Durchsuchung angeordnet und die präventiven Maßnahmen gestoppt worden.
22 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts, die Akten der Strafverfahren vor dem Landgericht xxx (xxx zzgl. Sonderbände und Bewährungsheft sowie xxx), die Akten der Staatsanwaltschaft xxx zum Ermittlungsverfahren xxx, drei Bände Akten mit Fotokopien aus polizeilichen Ermittlungsverfahren sowie die Akten des Regierungspräsidiums Freiburg, soweit deren Vorlage nicht gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vom Innenministerium verweigert worden ist, vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift über

1.
das allgemeine Verhalten im Straßenverkehr nach § 1 Absatz 2,
2.
die Straßenbenutzung durch Fahrzeuge nach § 2 Absatz 1 bis 3a, Absatz 4 Satz 1, 4, 5 oder 6 oder Absatz 5,
3.
die Geschwindigkeit nach § 3,
4.
den Abstand nach § 4,
5.
das Überholen nach § 5 Absatz 1 oder 2, Absatz 3 Nummer 1, Absatz 3a bis 4a, Absatz 5 Satz 2, Absatz 6 oder 7,
6.
das Vorbeifahren nach § 6,
7.
das Benutzen linker Fahrstreifen nach § 7 Absatz 3a Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, Absatz 3b, Absatz 3c Satz 3 oder den Fahrstreifenwechsel nach § 7 Absatz 5,
7a.
das Verhalten auf Ausfädelungsstreifen nach § 7a Absatz 3,
8.
die Vorfahrt nach § 8,
9.
das Abbiegen, Wenden oder Rückwärtsfahren nach § 9 Absatz 1, Absatz 2 Satz 2 oder 3, Absatz 3 bis 6,
10.
das Einfahren oder Anfahren nach § 10 Satz 1 oder Satz 2,
11.
das Verhalten bei besonderen Verkehrslagen nach § 11 Absatz 1 oder 2,
12.
das Halten oder Parken nach § 12 Absatz 1, 3, 3a Satz 1, Absatz 3b Satz 1, Absatz 4 Satz 1, 2 zweiter Halbsatz, Satz 3 oder 5 oder Absatz 4a bis 6,
13.
Parkuhren, Parkscheine oder Parkscheiben nach § 13 Absatz 1 oder 2,
14.
die Sorgfaltspflichten beim Ein- oder Aussteigen nach § 14,
15.
das Liegenbleiben von Fahrzeugen nach § 15,
15a.
das Abschleppen nach § 15a,
16.
die Abgabe von Warnzeichen nach § 16,
17.
die Beleuchtung und das Stehenlassen unbeleuchteter Fahrzeuge nach § 17 Absatz 1 bis 4, Absatz 4a Satz 1, Absatz 5 oder 6,
18.
die Benutzung von Autobahnen und Kraftfahrstraßen nach § 18 Absatz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 2 oder Absatz 6 bis 11,
19.
das Verhalten
a)
an Bahnübergängen nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3, Satz 2, Satz 3 oder Absatz 2 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2 oder Absatz 3 bis 6 oder
b)
an und vor Haltestellen von öffentlichen Verkehrsmitteln und Schulbussen nach § 20,
20.
die Personenbeförderung nach § 21 Absatz 1 Satz 1 oder 4, Absatz 1a Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2 Nummer 2, Absatz 2 Satz 1, 4 oder 6 oder Absatz 3 Satz 1 bis 3,
20a.
das Anlegen von Sicherheitsgurten, Rollstuhl-Rückhaltesystemen oder Rollstuhlnutzer-Rückhaltesystemen nach § 21a Absatz 1 Satz 1 oder das Tragen von Schutzhelmen nach § 21a Absatz 2 Satz 1,
21.
die Ladung nach § 22,
22.
sonstige Pflichten des Fahrzeugführers nach § 23 Absatz 1, Absatz 1a Satz 1, auch in Verbindung mit den Sätzen 2 bis 4, Absatz 1c, Absatz 2 erster Halbsatz, Absatz 3 oder Absatz 4 Satz 1,
23.
das Fahren mit Krankenfahrstühlen oder anderen als in § 24 Absatz 1 genannten Rollstühlen nach § 24 Absatz 2,
24.
das Verhalten
a)
als zu Fuß Gehender nach § 25 Absatz 1 bis 4,
b)
an Fußgängerüberwegen nach § 26 oder
c)
auf Brücken nach § 27 Absatz 6,
25.
den Umweltschutz nach § 30 Absatz 1 oder 2 oder das Sonn- und Feiertagsfahrverbot nach § 30 Absatz 3 Satz 1 oder 2 Nummer 7 Satz 2,
26.
das Sporttreiben oder Spielen nach § 31 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 3,
27.
das Bereiten, Beseitigen oder Kenntlichmachen von verkehrswidrigen Zuständen oder die wirksame Verkleidung gefährlicher Geräte nach § 32,
28.
Verkehrsbeeinträchtigungen nach § 33 Absatz 1 oder 2 oder
29.
das Verhalten nach einem Verkehrsunfall nach § 34 Absatz 1 Nummer 1, Nummer 2, Nummer 5 oder Nummer 6 Buchstabe b – sofern in diesem letzten Fall zwar eine nach den Umständen angemessene Frist gewartet, aber nicht Name und Anschrift am Unfallort hinterlassen wird – oder nach § 34 Absatz 3,
verstößt.

(2) Ordnungswidrig im Sinne des § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes handelt auch, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
als Führer eines geschlossenen Verbandes entgegen § 27 Absatz 5 nicht dafür sorgt, dass die für geschlossene Verbände geltenden Vorschriften befolgt werden,
1a.
entgegen § 27 Absatz 2 einen geschlossenen Verband unterbricht,
2.
als Führer einer Kinder- oder Jugendgruppe entgegen § 27 Absatz 1 Satz 4 diese nicht den Gehweg benutzen lässt,
3.
als Tierhalter oder sonst für die Tiere Verantwortlicher einer Vorschrift nach § 28 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 2 zuwiderhandelt,
4.
als Reiter, Führer von Pferden, Treiber oder Führer von Vieh entgegen § 28 Absatz 2 einer für den gesamten Fahrverkehr einheitlich bestehenden Verkehrsregel oder Anordnung zuwiderhandelt,
5.
(weggefallen)
6.
entgegen § 29 Absatz 2 Satz 1 eine Veranstaltung durchführt oder als Veranstaltender entgegen § 29 Absatz 2 Satz 3 nicht dafür sorgt, dass die in Betracht kommenden Verkehrsvorschriften oder Auflagen befolgt werden, oder
7.
entgegen § 29 Absatz 3 ein dort genanntes Fahrzeug oder einen Zug führt.

(3) Ordnungswidrig im Sinne des § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes handelt ferner, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3 oder Absatz 4, oder entgegen § 36 Absatz 5 Satz 4 oder § 36a Satz 1 ein Zeichen, eine Weisung oder eine Anweisung nicht befolgt,
2.
einer Vorschrift des § 37 über das Verhalten an Wechsellichtzeichen, Dauerlichtzeichen oder beim Rechtsabbiegen mit Grünpfeil zuwiderhandelt,
3.
entgegen § 38 Absatz 1, 2 oder 3 Satz 3 blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn oder allein oder gelbes Blinklicht verwendet oder entgegen § 38 Absatz 1 Satz 2 nicht sofort freie Bahn schafft,
4.
entgegen § 41 Absatz 1 ein durch Vorschriftzeichen angeordnetes Ge- oder Verbot der Anlage 2 Spalte 3 nicht befolgt,
5.
entgegen § 42 Absatz 2 ein durch Richtzeichen angeordnetes Ge- oder Verbot der Anlage 3 Spalte 3 nicht befolgt,
6.
entgegen § 43 Absatz 3 Satz 2 eine abgesperrte Straßenfläche befährt oder
7.
einer den Verkehr verbietenden oder beschränkenden Anordnung, die nach § 45 Absatz 4 zweiter Halbsatz bekannt gegeben worden ist, zuwiderhandelt.

(4) Ordnungswidrig im Sinne des § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes handelt schließlich, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
dem Verbot des § 35 Absatz 6 Satz 1, 2 oder 3 über die Reinigung von Gehwegen zuwiderhandelt,
1a.
entgegen § 35 Absatz 6 Satz 4 keine auffällige Warnkleidung trägt,
2.
entgegen § 35 Absatz 8 Sonderrechte ausübt, ohne die öffentliche Sicherheit und Ordnung gebührend zu berücksichtigen,
3.
entgegen § 45 Absatz 6 mit Arbeiten beginnt, ohne zuvor Anordnungen eingeholt zu haben, diese Anordnungen nicht befolgt oder Lichtzeichenanlagen nicht bedient,
4.
entgegen § 46 Absatz 3 Satz 1 eine vollziehbare Auflage der Ausnahmegenehmigung oder Erlaubnis nicht befolgt,
5.
entgegen § 46 Absatz 3 Satz 3, auch in Verbindung mit Satz 4, die Bescheide, Ausdrucke oder deren digitalisierte Form nicht mitführt oder auf Verlangen nicht aushändigt oder sichtbar macht,
6.
entgegen § 48 einer Vorladung zum Verkehrsunterricht nicht folgt oder
7.
entgegen § 50 auf der Insel Helgoland ein Kraftfahrzeug führt oder mit einem Fahrrad fährt.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Stockt der Verkehr, darf trotz Vorfahrt oder grünem Lichtzeichen nicht in die Kreuzung oder Einmündung eingefahren werden, wenn auf ihr gewartet werden müsste.

(2) Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.

(3) Auch wer sonst nach den Verkehrsregeln weiterfahren darf oder anderweitig Vorrang hat, muss darauf verzichten, wenn die Verkehrslage es erfordert; auf einen Verzicht darf man nur vertrauen, wenn man sich mit dem oder der Verzichtenden verständigt hat.

(1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.

(2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.

(3) Fahrzeuge, die in der Längsrichtung einer Schienenbahn verkehren, müssen diese, soweit möglich, durchfahren lassen.

(3a) Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Satz 1 gilt nicht für

1.
Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft,
2.
einspurige Kraftfahrzeuge,
3.
Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung,
4.
motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 der Fahrzeug- Zulassungsverordnung,
5.
Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen und
6.
Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind.
Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2, N3 dürfen bei solchen Wetterbedingungen auch gefahren werden, wenn mindestens die Räder
1.
der permanent angetriebenen Achsen und
2.
der vorderen Lenkachsen
mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Soweit ein Kraftfahrzeug während einer der in Satz 1 bezeichneten Witterungslagen ohne eine den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügende Bereifung geführt werden darf, hat der Führer des Kraftfahrzeuges über seine allgemeinen Verpflichtungen hinaus
1.
vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist,
2.
während der Fahrt
a)
einen Abstand in Metern zu einem vorausfahrenden Fahrzeug von mindestens der Hälfte des auf dem Geschwindigkeitsmesser inkm/hangezeigten Zahlenwertes der gefahrenen Geschwindigkeit einzuhalten,
b)
nicht schneller als 50 km/h zu fahren, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.
Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern führt, muss bei einer Sichtweite unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung Anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.

(4) Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden. Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist. Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man mit Mofas und E-Bikes Radwege benutzen.

(5) Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden. Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen.

(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.

(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) An Fußgängerüberwegen haben Fahrzeuge mit Ausnahme von Schienenfahrzeugen den zu Fuß Gehenden sowie Fahrenden von Krankenfahrstühlen oder Rollstühlen, welche den Überweg erkennbar benutzen wollen, das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Dann dürfen sie nur mit mäßiger Geschwindigkeit heranfahren; wenn nötig, müssen sie warten.

(2) Stockt der Verkehr, dürfen Fahrzeuge nicht auf den Überweg fahren, wenn sie auf ihm warten müssten.

(3) An Überwegen darf nicht überholt werden.

(4) Führt die Markierung über einen Radweg oder einen anderen Straßenteil, gelten diese Vorschriften entsprechend.

(1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.

(2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.

(3) Fahrzeuge, die in der Längsrichtung einer Schienenbahn verkehren, müssen diese, soweit möglich, durchfahren lassen.

(3a) Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Satz 1 gilt nicht für

1.
Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft,
2.
einspurige Kraftfahrzeuge,
3.
Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung,
4.
motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 der Fahrzeug- Zulassungsverordnung,
5.
Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen und
6.
Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind.
Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2, N3 dürfen bei solchen Wetterbedingungen auch gefahren werden, wenn mindestens die Räder
1.
der permanent angetriebenen Achsen und
2.
der vorderen Lenkachsen
mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Soweit ein Kraftfahrzeug während einer der in Satz 1 bezeichneten Witterungslagen ohne eine den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügende Bereifung geführt werden darf, hat der Führer des Kraftfahrzeuges über seine allgemeinen Verpflichtungen hinaus
1.
vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist,
2.
während der Fahrt
a)
einen Abstand in Metern zu einem vorausfahrenden Fahrzeug von mindestens der Hälfte des auf dem Geschwindigkeitsmesser inkm/hangezeigten Zahlenwertes der gefahrenen Geschwindigkeit einzuhalten,
b)
nicht schneller als 50 km/h zu fahren, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.
Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern führt, muss bei einer Sichtweite unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung Anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.

(4) Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden. Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist. Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man mit Mofas und E-Bikes Radwege benutzen.

(5) Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden. Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen.

(1) Auf straßenbündigem Bahnkörper nehmen die Züge am Straßenverkehr teil. Dabei müssen die Fahrzeugführer die sie betreffenden Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung beachten.

(2) Züge, die am Straßenverkehr teilnehmen, dürfen nicht länger als 75 m sein und müssen für andere Verkehrsteilnehmer in ausreichendem Maß erkennbar sein.

(3) Auf besonderen und unabhängigen Bahnkörpern einschließlich der Bahnübergänge im Sinne des § 16 Absatz 4 Satz 4 und 6 nehmen die Züge nicht am Straßenverkehr teil.

(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.

(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Zuständig zur Ausführung dieser Verordnung sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Straßenverkehrsbehörden. Nach Maßgabe des Landesrechts kann die Zuständigkeit der obersten Landesbehörden und der höheren Verwaltungsbehörden im Einzelfall oder allgemein auf eine andere Stelle übertragen werden.

(2) Die Polizei ist befugt, den Verkehr durch Zeichen und Weisungen (§ 36) und durch Bedienung von Lichtzeichenanlagen zu regeln. Bei Gefahr im Verzug kann zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs die Polizei an Stelle der an sich zuständigen Behörden tätig werden und vorläufige Maßnahmen treffen; sie bestimmt dann die Mittel zur Sicherung und Lenkung des Verkehrs.

(2a) Transportbegleiter nach § 1 Nummer 6 der Straßenverkehr-Transportbegleitungsverordnung sind befugt, den Verkehr nach Maßgabe des § 3 der Straßenverkehr-Transportbegleitungsverordnung zu regeln.

(3) Die Erlaubnis nach § 29 Absatz 2 und nach § 30 Absatz 2 erteilt die Straßenverkehrsbehörde, dagegen die höhere Verwaltungsbehörde, wenn die Veranstaltung über den Bezirk einer Straßenverkehrsbehörde hinausgeht, und die oberste Landesbehörde, wenn die Veranstaltung sich über den Verwaltungsbezirk einer höheren Verwaltungsbehörde hinaus erstreckt. Berührt die Veranstaltung mehrere Länder, ist diejenige oberste Landesbehörde zuständig, in deren Land die Veranstaltung beginnt. Nach Maßgabe des Landesrechts kann die Zuständigkeit der obersten Landesbehörden und der höheren Verwaltungsbehörden im Einzelfall oder allgemein auf eine andere Stelle übertragen werden.

(3a) Die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 erteilt die Straßenverkehrsbehörde, dagegen die höhere Verwaltungsbehörde, welche Abweichungen von den Abmessungen, den Achslasten, den zulässigen Gesamtmassen und dem Sichtfeld des Fahrzeugs über eine Ausnahme zulässt, sofern kein Anhörverfahren stattfindet; sie ist dann auch zuständig für Ausnahmen nach § 46 Absatz 1 Nummer 2 und 5 im Rahmen einer solchen Erlaubnis. Dasselbe gilt, wenn eine andere Behörde diese Aufgaben der höheren Verwaltungsbehörde wahrnimmt.

(4) Vereinbarungen über die Benutzung von Straßen durch den Militärverkehr werden von der Bundeswehr oder den Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgenommen Deutschland mit der obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle abgeschlossen.

(5) Soweit keine Vereinbarungen oder keine Sonderregelungen für ausländische Streitkräfte bestehen, erteilen die höheren Verwaltungsbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen die Erlaubnis für übermäßige Benutzung der Straße durch die Bundeswehr oder durch die Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgenommen Deutschland; sie erteilen auch die Erlaubnis für die übermäßige Benutzung der Straße durch die Bundespolizei, die Polizei und den Katastrophenschutz.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

(1) Die Technische Aufsichtsbehörde nach § 54 Abs. 1 Satz 3 des Personenbeförderungsgesetzes überwacht die Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung. Sie führt in Erfüllung dieser Aufgabe insbesondere die erforderlichen Prüfungen durch und trifft die notwendigen Anordnungen. Entscheidungen anderer Behörden mit Ausnahme der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde, die die Sicherheit und Ordnung des Straßenbahnbetriebes betreffen können, dürfen nur im Einvernehmen mit der Technischen Aufsichtsbehörde getroffen werden; dies gilt nicht, soweit es sich um Behörden des Bundes handelt.

(2) Die Technische Aufsichtsbehörde kann sich bei der Ausübung der technischen Aufsicht sachkundiger Personen oder Stellen bedienen. Dazu gehört der Betriebsleiter nach § 8. Andere sachkundige Personen oder Stellen müssen rechtlich und wirtschaftlich unabhängig von dem Unternehmer und dem Vorhabenträger nach § 7 Absatz 7 sein.

(3) Erfordert die ordnungsgemäße Herstellung von Betriebsanlagen, Fahrzeugen oder Bauteilen in besonderem Maße die Sachkunde und Erfahrung der damit betrauten Personen oder eine Ausstattung mit besonderen Einrichtungen, kann die Technische Aufsichtsbehörde vom Unternehmer den Nachweis verlangen, daß er oder der beauftragte Hersteller über solche Fachkräfte oder Einrichtungen verfügt und sie bei der Herstellung einsetzt.

(4) Bestehen Zweifel, daß Betriebsanlagen, Fahrzeuge oder die Betriebsdurchführung den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen, kann die Technische Aufsichtsbehörde vom Unternehmer die Vorlage besonderer Nachweise oder Gutachten verlangen.

(5) Stellt die Technische Aufsichtsbehörde fest, daß der Unternehmer seinen Pflichten nach § 7 nicht nachkommt, trifft sie die erforderlichen Maßnahmen. Insbesondere kann sie

1.
ihm für die Beseitigung von Mängeln eine angemessene Frist setzen,
2.
bei unzureichender Sicherheit die Unterbrechung oder Einstellung von Bauarbeiten anordnen oder die Benutzung bestimmter Betriebsanlagen und Fahrzeuge beschränken oder untersagen.

Die Technische Aufsichtsbehörde kann von den Vorschriften dieser Verordnung in Einzelfällen Ausnahmen genehmigen.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.

(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.

(2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.

(3) Fahrzeuge, die in der Längsrichtung einer Schienenbahn verkehren, müssen diese, soweit möglich, durchfahren lassen.

(3a) Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Satz 1 gilt nicht für

1.
Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft,
2.
einspurige Kraftfahrzeuge,
3.
Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung,
4.
motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 der Fahrzeug- Zulassungsverordnung,
5.
Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen und
6.
Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind.
Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2, N3 dürfen bei solchen Wetterbedingungen auch gefahren werden, wenn mindestens die Räder
1.
der permanent angetriebenen Achsen und
2.
der vorderen Lenkachsen
mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Soweit ein Kraftfahrzeug während einer der in Satz 1 bezeichneten Witterungslagen ohne eine den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügende Bereifung geführt werden darf, hat der Führer des Kraftfahrzeuges über seine allgemeinen Verpflichtungen hinaus
1.
vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist,
2.
während der Fahrt
a)
einen Abstand in Metern zu einem vorausfahrenden Fahrzeug von mindestens der Hälfte des auf dem Geschwindigkeitsmesser inkm/hangezeigten Zahlenwertes der gefahrenen Geschwindigkeit einzuhalten,
b)
nicht schneller als 50 km/h zu fahren, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.
Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern führt, muss bei einer Sichtweite unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung Anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.

(4) Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden. Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist. Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man mit Mofas und E-Bikes Radwege benutzen.

(5) Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden. Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen.

(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.

(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.

(2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.

(3) Fahrzeuge, die in der Längsrichtung einer Schienenbahn verkehren, müssen diese, soweit möglich, durchfahren lassen.

(3a) Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Satz 1 gilt nicht für

1.
Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft,
2.
einspurige Kraftfahrzeuge,
3.
Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung,
4.
motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 der Fahrzeug- Zulassungsverordnung,
5.
Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen und
6.
Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind.
Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2, N3 dürfen bei solchen Wetterbedingungen auch gefahren werden, wenn mindestens die Räder
1.
der permanent angetriebenen Achsen und
2.
der vorderen Lenkachsen
mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Soweit ein Kraftfahrzeug während einer der in Satz 1 bezeichneten Witterungslagen ohne eine den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügende Bereifung geführt werden darf, hat der Führer des Kraftfahrzeuges über seine allgemeinen Verpflichtungen hinaus
1.
vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist,
2.
während der Fahrt
a)
einen Abstand in Metern zu einem vorausfahrenden Fahrzeug von mindestens der Hälfte des auf dem Geschwindigkeitsmesser inkm/hangezeigten Zahlenwertes der gefahrenen Geschwindigkeit einzuhalten,
b)
nicht schneller als 50 km/h zu fahren, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.
Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern führt, muss bei einer Sichtweite unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung Anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.

(4) Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden. Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist. Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man mit Mofas und E-Bikes Radwege benutzen.

(5) Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden. Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen.

(1) Stockt der Verkehr, darf trotz Vorfahrt oder grünem Lichtzeichen nicht in die Kreuzung oder Einmündung eingefahren werden, wenn auf ihr gewartet werden müsste.

(2) Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.

(3) Auch wer sonst nach den Verkehrsregeln weiterfahren darf oder anderweitig Vorrang hat, muss darauf verzichten, wenn die Verkehrslage es erfordert; auf einen Verzicht darf man nur vertrauen, wenn man sich mit dem oder der Verzichtenden verständigt hat.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde. Es wird festgestellt, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des verdeckten Einsatzes technischer Mittel nach § 22 PolG.
Der am xx.xx.1958 geborene Kläger, ein ehemaliger Polizeibeamter im Dienste des Beklagten, wurde mit Urteil des Landgerichts xxx vom 05.11.1990 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit homosexuellen Handlungen, sowie homosexueller Handlungen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen lernte der Kläger seine Opfer überwiegend über seine ehrenamtliche Tätigkeit für die xxx kennen, für die er u.a. als Betreuer Freizeiten für Kinder und Jugendliche durchführte. Kinder und Jugendliche, die ihn sexuell interessierten, veranlasste er, ihn in seiner Wohnung zu besuchen. Dort zeigte er ihnen zunächst regelmäßig harmlose Videofilme, und ging bei Folgebesuchen dazu über, Pornofilme zu zeigen, um eine sexuelle Stimulanz herbeizuführen. An einem Jugendlichen vollzog der Kläger den Analverkehr, die übrigen Kinder bzw. Jugendlichen veranlasste er zu wechselseitigem Onanieren und/oder Oralverkehr. Von einigen der Opfer fertigte der Kläger Nacktaufnahmen. Die Strafkammer ging aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten von einer verminderten Schuldfähigkeit des Klägers aus und berücksichtigte bei der Strafzumessung sein umfassendes Geständnis. Zu seinen Gunsten wurde auch die freiwillig aufgenommene psychotherapeutische Behandlung sowie der Umstand berücksichtigt, dass die Kinder die sexuellen Handlungen freiwillig mitgemacht und keine psychischen Folgeschäden erlitten hätten. Die Vollstreckung der Reststrafe wurde nach Verbüßung der Halbstrafe zum 16.03.1992 zur Bewährung ausgesetzt. Der Arzt und Psychotherapeut W. R. bestätigte mit Schreiben vom 01.02.1993 den erfolgreichen Abschluss der Psychotherapie. Mit Beschluss vom 03.05.1994 verkürzte die Strafvollstreckungskammer die ursprünglich auf drei Jahre festgesetzte Bewährungszeit um zehn Monate. Die Reststrafe wurde mit Wirkung vom 26.05.1994 erlassen.
Seit 1996 ermittelte die Staatsanwaltschaft xxx wiederholt gegen den Kläger wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Ermittlungsverfahren wurden jeweils gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, in einem Fall wurde bereits das strafrechtliche Ermittlungsverfahren mangels eines Anfangsverdachts im Sinn des § 152 Abs. 2 StPO nicht eingeleitet.
Im März 2007 gab ein damals 22jähriger Beschuldigter einer Raubstraftat im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung an, er sei im Alter von 13 oder 14 Jahren von dem Kläger viermal zum Oral- und Analverkehr gezwungen worden. In dieser Sache verurteilte das Landgericht xxx den Kläger mit Urteil vom 10.03.2010 - xxx - wegen sexuellen Missbrauchs in vier Fällen eines zur Tatzeit 1995/1996 11jährigen Jungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Die Verurteilung erfolgte nach einer Verständigung gemäß § 257 c StPO.
Der Kläger ist 1. Vorsitzender des Wassersportvereins IG xxx, der mit dem Yachtclub xxx eine gemeinsame Bootsanlegestelle in xxx xx xxx unterhält. Von dieser Anlegestelle aus unternimmt der Kläger mit seinem Kajütboot Ausfahrten auf dem Rhein. Immer wieder nimmt er dabei auch männliche Kinder und Jugendliche mit, mit denen zusammen er auch auf dem Boot übernachtet. Vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Vorgeschichte des Klägers war dieses Verhalten Gegenstand einer gemeinsamen Vorstandssitzung beider Vereine am 15.11.2005. Der Kläger erklärte damals, sein Fehlverhalten liege mittlerweile 16 Jahre zurück und sei bei der Aufnahme in den Verein bekannt gewesen. Schon aus Eigeninteresse nehme er nur Kinder und Jugendliche auf das Boot mit, mit deren Eltern er gut bekannt sei.
Ein Beamter der Kantonspolizei xxx, der Mitglied des YC xxx ist, teilte am 11.03.2010 einem Kollegen von der Kriminalpolizei xxx mit, dass im YC xxx in den letzten Jahren immer wieder beobachtet worden sei, wie der Kläger mit männlichen Kindern und Jugendlichen mit seinem Boot auf dem Rhein unterwegs sei und auch übernachte. Darauf angesprochen, habe er erklärt, dass alles mit den Eltern abgesprochen und auch sonst in Ordnung sei.
Am 19.04.2010 ordnete das Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion -, gestützt auf § 22 PolG, für die Zeit bis zum 19.07.2010 die längerfristige Observation, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung, den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung und den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger gegen dem Kläger an. In der Antragsschrift des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität des Regierungspräsidiums vom 14.04.2010 hieß es, der homosexuell orientierte Kläger, der - wie das Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahr 1990 ergeben habe - zudem an einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung leide, habe über viele Jahre hinweg Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gesucht, sie in seiner Wohnung, in seinem Bett und auf seinem Boot übernachten lassen. Diese Situationen habe er zur Begehung von Sexualstraftaten genutzt, und zwar auch, als im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Landgericht xxx im Jahre 1990 der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt gewesen sei bzw. als Freigänger während der Verbüßung der anschließenden Strafhaft. Wie die weiteren strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in den 90er Jahren gezeigt hätten, habe durch die Vernehmung der geschädigten Jungen kein Tatnachweis geführt werden können, weil diese wegen ihrer Scham- und Schuldgefühle keine belastenden Aussagen gemacht hätten. Im Jahre 1989 seien bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers viele Lichtbilder von den nackt fotografierten Jungen gefunden worden. Daraufhin seien die Geschädigten eher bereit gewesen, belastende Angaben zu den sexuellen Handlungen zu machen. Dass der Kläger nun wiederum 10- bis 16jährige Jungen in der Regel mit Einverständnis der Eltern in seiner Wohnung und auf seinem Boot übernachten lasse, begründe zwar nicht den Anfangsverdacht einer Straftat, weshalb strafprozessuale Maßnahmen nicht in Betracht kämen. Die verdeckten Observationsmaßnahmen dienten aber dazu, festzustellen, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme und mit ihnen dort nächtige, um so potentiell Geschädigte zu erkennen und zu identifizieren, damit bevorstehende Straftaten erkannt und ggf. ein Strafverfahren eingeleitet werden könne. Die verdeckten Observationen seien geeignet und erforderlich, weil durch Maßnahmen mit geringerer Eingriffstiefe die vollzugspolizeiliche Aufgabe der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nicht erfüllt werden könne.
Am 12.07.2010 wurde die Anordnung der verdeckten Observationsmaßnahmen bis zum 19.10.2010 verlängert. In der Antragsschrift vom 09.07.2010 führte das Dezernat Sonderfälle/Organisierte Kriminalität u.a. aus, durch die bislang durchgeführten Maßnahmen sei festgestellt worden, dass der Kläger sowohl in seiner alten als auch in der neuen Wohnung tagsüber wiederholt Besuch von Jugendlichen gehabt habe. Der am 24.01.1994 geborene xxx-xxx sei insgesamt fünfmal zu Besuch in den Wohnungen gewesen, an sechs weiteren Tagen habe der Kläger ihn im Auto mitgenommen und an zehn Tagen sei er zusammen mit ihm meistens für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen. Nach einem gemeinsamen Tag auf dem Boot habe er in einer Art und Weise, die einen sexuellen Bezug vermuten lasse, gesagt, „geil, geiler, geiler, am geilsten“, und kurz darauf noch einmal, „es war so geil“. Zu dem am 03.08.1995 geborenen, allerdings noch sehr kindlich aussehenden xxx habe der Kläger einen noch engeren Kontakt gehabt. Er sei dreimal mit ihm für mehrere Stunden auf dem Kajütboot gewesen und sei oft zusammen mit ihm Auto gefahren. Wiederholt habe ihn der Jugendliche auch in seiner Wohnung besucht und fünfmal dort übernachtet. Zweimal hätten sie sich zusammen auf einem Gartengelände mit einer Hütte aufgehalten. Bereits zuvor sei das Kraftfahrzeug des Klägers insgesamt 24mal in der Nähe des Gartengrundstücks festgestellt worden, und zwar teilweise für mehr als zwei Stunden. Durch die polizeirechtlichen Maßnahmen hätten zwar noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Die Verhaltensweisen des Klägers bezüglich sexuell motivierter Kontakte zu männlichen Kindern und Jugendlichen hätten sich über die Jahre hinweg jedoch nicht verändert. Der Kläger suche über die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses u.a. mit den Eltern Kontakt zu den Jungen und verbringe mit ihnen seine Freizeit. Insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx begründeten den Verdacht eines sexuellen Verhältnisses. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft bestehe derzeit jedoch noch kein Anfangsverdacht einer Straftat.
Im Zuge der weiteren Observationen wurde im August 2010 festgestellt, dass der Kläger mit einem 12jährigen Jungen im Einverständnis mit dessen Eltern einen zweiwöchigen Urlaub auf dem Kajütboot machen wollte. Bereits die Nacht vom 19. auf den 20.08.2010 verbrachte der Kläger zusammen mit diesem Jungen und xxx in seinem Kajütboot auf dem Rhein, bevor sie am 20.08.2010 rheinabwärts nach xxx fuhren, wo das Boot für mehrere Tage anlegte. Am 24.08.2010 leitete die Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts von Straftaten gemäß §§ 176, 176 a und 182 StGB ein. Der Verdacht konnte jedoch durch die - richterlich angeordnete - Durchsuchung der Person, der Wohnung, des Arbeitsplatzes und des Kajütbootes des Klägers am 26.08.2010 nicht erhärtet werden. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen wurden daraufhin beendet.
10 
In dem Abschlussbericht des Regierungspräsidiums Freiburg - Landespolizeidirektion - vom 28.06.2011 hieß es, es bestehe die begründete Vermutung, dass durch die am 26.08.2010 durchgeführte Durchsuchung ein unmittelbar bevorstehender sexueller Missbrauch des damals 12jährigen xxx auf dem Kajütboot habe verhindert werden können. Es sei zu scheinbar unauffälligen körperlichen Annäherungsversuchen des Klägers mit einer von dem Jungen nicht erkannten sexuellen Motivation gekommen.
11 
Mit Verfügung vom 15.07.2011 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Dem Kläger könnten keine sexuellen Kontakte zu Kindern im Sinn des § 176 StGB oder ein sexueller Missbrauch von Jugendlichen nachgewiesen werden. Die als Zeugen vernommenen Kinder und Jugendlichen, die sich u.a. auf dem Boot des Klägers aufgehalten hätten und als Tatopfer in Betracht kämen, hätten in Abrede gestellt, dass sie jemals Sexualverkehr mit dem Kläger gehabt hätten oder dass er versucht habe, sexuelle Handlungen an ihnen vorzunehmen. Auch die weiteren vernommenen Zeugen, insbesondere die Eltern bzw. Angehörigen der Jungen, hätten angegeben, keine Wahrnehmungen über einen Missbrauch gemacht zu haben. Die molekulargenetische Untersuchung von Spermaspuren an dem auf dem Boot sichergestellten Bettzeug und der Abgleich mit den DNA-Mustern der als Tatopfer in Betracht kommenden Zeugen habe nicht zu Ergebnissen geführt, die geeignet seien, diese Angaben zu widerlegen. Die Durchsuchung der Wohnung und des Bootes des Klägers sowie die Auswertung der bei ihm sichergestellten Datenträger hätten ebenfalls keine Tatnachweise erbracht.
12 
Am 19.08.2011 erhob der Kläger Feststellungsklage zum Verwaltungsgericht Freiburg, zu deren Begründung er vortrug: Auch nach Beendigung der auf § 22 PolG gestützten Maßnahmen dauere der Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fort. Ungeachtet der Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens behaupte das Regierungspräsidium Freiburg weiterhin, dass gegen ihn ein Tatverdacht bestehe. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung aus dem tiefen Eingriff in seine Grundrechtspositionen. Die verdeckten polizeilichen Maßnahmen seien auch in der Sache rechtswidrig. Den Polizeibehörden sei seit Jahren bekannt gewesen, dass der Kläger seine Freizeit mit Kindern und Jugendlichen auf dem Kajütboot verbringe, ohne dass es zu Straftaten gegen deren sexuelle Selbstbestimmung gekommen sei. Irgendwelche Besonderheiten, die eine andere Beurteilung hätten rechtfertigen können, habe es nicht gegeben. Stattdessen seien kriminalistische Bauchgefühle für das Vorgehen des Beklagten ausschlaggebend gewesen. Die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung wäre ohne die verdeckten Maßnahmen auch weder gefährdet noch beeinträchtigt worden. Denn der Beklagte hätte als mildere Ermittlungsmaßnahme etwa die Kinder und Jugendlichen bzw. deren Eltern zu etwaigen sexuellen Übergriffen seitens des Klägers befragen oder das Kajütboot auf molekulargenetische Spuren sexueller Handlungen hin untersuchen können. Das habe umso näher gelegen, als ohnehin höchstens ein Gefahrenverdacht bestanden habe. Zudem sei das Ziel des Beklagten nicht die präventive Datenerhebung zur Verhinderung von Straftaten gewesen. Vielmehr sei es darum gegangen, unabhängig von einem konkreten Anfangsverdacht Beweise für ein zukünftiges Strafverfahren zu beschaffen. Dies sei jedoch unzulässig, weil der Bundesgesetzgeber die Strafverfolgungsvorsorge im Rahmen seiner Zuständigkeit für das gerichtliche Verfahren mit den §§ 100 c, 100 d, 163 f und 100 h StPO abschließend geregelt habe.
13 
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Er führte aus, es habe sich bei den angeordneten Maßnahmen um solche der Gefahrenabwehr gehandelt, weshalb es nicht auf einen strafrechtlichen Anfangsverdacht ankomme. Durch die strafprozessuale Durchsuchung habe auch tatsächlich eine schwere Straftat i.S. des § 176 a StGB verhindert werden können. Dem Behördenleitervorbehalt aus § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG sei Rechnung getragen und der Kläger sei entsprechend § 22 Abs. 8 PolG nachträglich über die verdeckten Maßnahmen unterrichtet worden. Die materiellen Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 PolG hätten ebenfalls vorgelegen. Es habe konkrete, objektiv nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger ein Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Form des (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern, der sexuellen Nötigung oder der Vergewaltigung begehen könne. Der Kläger habe weiterhin Kontakt zu männlichen Kindern und Jugendlichen gepflegt, was für einen Mann seines Alters und mit seiner Vorgeschichte großen Bedenken begegne. Die vom Kläger an den Tag gelegten Verhaltensweisen, die in seiner Persönlichkeit gründeten und ein gewisses Schema erkennen ließen, begründeten die Vermutung, er werde auch zukünftig sexuell motivierte Straftaten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen begehen. Alle von ihm ausgewählten Kinder stammten aus sozial schwachen Familien. Durch das Anbieten und Gewähren von Vergünstigungen in Form von Nachhilfe, Freizeitaktivitäten, Bootsaufenthalten, Liebesbekundungen per SMS, Massagen und Geschenken habe der Kläger immer wieder ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern geschaffen. Angesichts seiner rechtskräftigen Verurteilungen könne daraus auf den Hang zur Begehung erheblicher Straftaten geschlossen werden. Mildere Mittel hätten nicht zur Verfügung gestanden. Eine zeitliche und räumliche Rundumüberwachung habe nicht stattgefunden. Dem Kernbereich privater Lebensgestaltung des Klägers sei dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, dass sein Wohnbereich weder durch Videoaufzeichnungen noch akustisch überwacht worden sei.
14 
Mit Urteil vom 27.11.2012 (- 3 K 1607/11 - juris) hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene längerfristige Observation sowie der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung rechtswidrig waren, weil der Beklagte die formellen Anforderungen des in § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG geregelten Behördenleitervorbehalts nicht beachtet habe.
15 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die weiteren besonderen Mittel der Datenerhebung, deren Einsatz angeordnet worden sei, unterlägen weder dem Behördenleitervorbehalt gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 PolG noch einem Richtervorbehalt. Auch in der Sache sei der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung rechtmäßig erfolgt. Die vom Beklagten getroffenen Maßnahmen hätten der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung gedient. Es hätten tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Kläger künftig solche Straftaten begehen werde. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die besonderen Mittel der Datenerhebung zur Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung und nicht zur Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten eingesetzt worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung besonderer Mittel der Datenerhebung seien in § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG auch hinreichend bestimmt bezeichnet. Die für eine ausreichende Bestimmtheit erforderliche tatbestandseinengende Funktion werde durch die Beschränkung der Datenerhebung auf den in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 PolG genannten Personenkreis erreicht. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dürften nur Daten über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen bzw. über Kontakt- und Begleitpersonen solcher Personen erhoben werden. Bloße Vermutungen oder allgemeine Erfahrungssätze reichten grundsätzlich nicht aus, um das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte zu begründen, der Betroffene werde zukünftig Straftaten begehen. Es müssten vielmehr Tatsachen festgestellt werden, die eine solche Gefahrenprognose tragen. Hier hätten während des gesamten Zeitraums des Einsatzes der besonderen Mittel der Datenerhebung tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, der Kläger werde erneut eine Straftat des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern begehen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Insbesondere habe die Landespolizeidirektion ihre Entscheidung nicht auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt. Die vom Kläger gegen die Erforderlichkeit der Maßnahmen vorgebrachten Einwände griffen ebenfalls nicht durch. Die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung sei schließlich nicht wegen einer Verletzung des Kernbereichs der persönlichen Lebensführung des Klägers rechtswidrig gewesen.
16 
Der Kläger trägt zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung ergänzend und vertiefend im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die angeordneten Maßnahmen insgesamt materiell rechtswidrig. Die Maßnahmen seien bereits deshalb nicht von § 22 PolG gedeckt, weil sie zu repressiven Zwecken angeordnet worden seien. Sie hätten die Einleitung und erfolgreiche Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollen. Unabhängig davon hätten die Voraussetzungen einer Gefahr im präventiv-polizeilichen Sinne nicht vorgelegen. Die letzte Vortat habe zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahmen über 15 Jahre zurückgelegen. Der Kläger habe im Anschluss an die erste Verurteilung eine Psychotherapie durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen. Neben den Vorstrafen habe allein der Umstand vorgelegen, dass sich (auch) männliche Kinder und Jugendliche auf dem Boot des Klägers aufhielten. Dies reiche nicht aus, um eine auf Tatsachen gestützte Gefahr zu begründen. Die kumulative Anordnung nahezu sämtlicher nach § 22 PolG möglicher Maßnahmen sei auch unverhältnismäßig. Deutlich mildere Maßnahmen, die zumindest in gleicher Weise geeignet seien, präventive Wirkung zu entfalten, lägen auf der Hand. Besonders nahe liege die zeugenschaftliche Befragung der Jugendlichen und ihrer Eltern sowie die Anordnung eines behördlichen Umgangsverbots. Schließlich sei § 22 PolG insbesondere im Fall der vorliegenden Kumulation der Maßnahmen bis hin zur vorgenommenen „polizeilichen Totalüberwachung“ und den damit verbundenen (letztlich irreversiblen) Grundrechtseingriffen ohne Richtervorbehalt mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 27. November 2012 - 3 K 1607/11 - zu ändern, soweit das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, und festzustellen, dass auch der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - gegenüber dem Kläger ab dem 19.04.2010 vorgenommene verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger rechtswidrig waren.
19 
Der Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Mit Blick auf die Eingriffsintensität der besonderen Datenerhebung nach § 22 PolG bestehe nicht das Erfordernis eines Richtervorbehalts. Der Gesetzgeber habe sich bei der Änderung des Polizeigesetzes über die Intensität des Grundrechtseingriffs Gedanken gemacht und die Eingriffstiefe typischerweise nicht dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zugeordnet, sondern die Erweiterung der technischen Observationsmöglichkeiten je nach Einsatzart als gegenüber herkömmlichen Überwachungsmethoden milderes Mittel eingestuft. Dies gelte auch für die vorliegende Konstellation, in der für die konkrete Straftatenvorbeugung ein passgenauer Überwachungsrahmen an Maßnahmen geschnürt worden sei. Der Einsatz von GPS, eines Abhörgeräts im Auto, Observierung und Videoüberwachung seien spezifisch auf den Gefahrenkontext des Klägers zugeschnitten gewesen und hätten seinen persönlichen Rückzugsraum an Privatheit geachtet. Bis zur Türschwelle seien jedoch Erkenntnisse gesammelt und polizeiliche Ressourcen bereitgehalten worden, um im nach Lage der Dinge hinreichend wahrscheinlichen Ernstfall unverzüglich einschreiten zu können. Der Umstand, dass von mehreren polizeilichen Mitteln Gebrauch gemacht worden sei, führe nicht automatisch zu einer Vertiefung der grundrechtsrelevanten Eingriffsschwelle. Die Überwachungstätigkeit sei jeweils an die konkrete Erkenntnislage angepasst worden. Begonnen habe man mit der Überwachung per Videoaufzeichnung vom Boot, dem verdächtigsten Rückzugsraum des Klägers. Auf der Grundlage der weiteren Beobachtung sei die Überwachung nach und nach auf die GPS-Überwachung und die Verwanzung des Autos ausgeweitet worden, bevor letztlich der Hauseingang überwacht worden sei. Dies sei situationsangemessen aufgrund der tatsächlichen Entwicklung und der daran jeweils orientierten Gefahrenprognose sowie der aktualisierten taktischen Lage erfolgt. Die Überwachung sei im Rahmen der originär polizeilichen Aufgabe der Gefahrenabwehr erfolgt. Die Maßnahmen seien klar auf den Schutz gefährdeter Kinder ausgerichtet gewesen. Es handele sich um eine geradezu typische Konstellation der Verhinderungsvorsorge, in welcher der Grad des strafprozessualen Anfangsverdachts verneint worden sei, der Polizei jedoch genügend Prognoseeckpunkte vorgelegen hätten, um berechtigterweise von einer Gefährdung besonders schutzbedürftiger Personen ausgehen zu dürfen. Durch die Sammlung von Daten sei die Polizei ihrem Auftrag zur Gefahrenabwehr vor sexuellem Missbrauch von Kindern in konkret-effizienter Art und Weise nachgekommen. Durch die Erhebung der Kontakte zu potentiellen Opfern, deren Häufigkeit, Ausprägung und Umfeld habe die Polizei diese Erkenntnisse mit bekannten Mustern des Klägers und kriminalistischem Erfahrungswissen abgleichen können, um so den Zeitpunkt eines ernsthaft zu befürchtenden Umschlagens der Gefahr zur Tat eruieren und absichern zu können. Das planvolle Vorgehen des Klägers bei der Annäherung an knabenhafte Jungen und der gemeinsame Aufenthalt an privaten Orten (Boot, Wohnung, Auto) habe den Verhaltensmustern der Vortaten entsprochen. Bei dem Kläger handele es sich um einen einschlägigen Wiederholungstäter, dessen Sexualtrieb mit Hang zu männlichen Kindern und Jugendlichen sich trotz einer Therapie nach der ersten Verurteilung nicht verändert habe. Das planmäßige Vorgehen unter Aufbau eines freundschaftlichen Verhältnisses mit dem Potential zum Antesten sexueller Grenzen habe der kriminellen Energie der Vortaten entsprochen. Das „Wann“ eines manifesten Einsatzes obliege gewissen polizeitaktischen Erwägungen. Ein Abwarten signalisiere hier keineswegs ein Zuwarten auf strafrechtliche Erkenntnisse. Vielmehr sei es den konkreten Umständen des Einzelfalls geschuldet, wann eine Gefahr unmittelbar in die Tat umzuschlagen drohe. So könne sich etwa bei jugendlichen Begleitern über 14 Jahren ein anderer Bewertungsmaßstab ergeben als bei Kindern unter 14 Jahren, wo es von vornherein nicht auf die Freiwilligkeit der sexuellen Handlung ankomme. Die unmittelbare Gefahr sei hier anhand der Erkenntnisse über einen bevorstehenden Bootsurlaub mit einer möglichen, kindlichen Zielperson für sexuelle Übergriffe eingetreten. Die beabsichtigte gemeinsame Reise auf dem Boot samt der langen Zeitspanne des Beisammenseins auf engstem Raum hätte den Überwachungsradius überfordert und dem Kläger ein optimales Umfeld des sexuellen Zugriffs geboten. Dieses Risiko habe man nicht eingehen können. Deshalb seien die Durchsuchung angeordnet und die präventiven Maßnahmen gestoppt worden.
22 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts, die Akten der Strafverfahren vor dem Landgericht xxx (xxx zzgl. Sonderbände und Bewährungsheft sowie xxx), die Akten der Staatsanwaltschaft xxx zum Ermittlungsverfahren xxx, drei Bände Akten mit Fotokopien aus polizeilichen Ermittlungsverfahren sowie die Akten des Regierungspräsidiums Freiburg, soweit deren Vorlage nicht gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vom Innenministerium verweigert worden ist, vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
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cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

23 
I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
24 
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Der vom Regierungspräsidium Freiburg - Landespolizeidirektion - angeordnete Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung war insgesamt materiell rechtswidrig.
25 
1. Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
26 
a) Der Kläger konnte seine Rechte nicht durch eine Gestaltungsklage in Form der Anfechtungsklage verfolgen, so dass die Feststellungsklage nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen ist. Es fehlt an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Die Datenerhebung durch Anwendung der in § 22 PolG genannten besonderen Mittel erfolgt in der Form des Realakts. Die Anordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010 haben rein innerdienstlichen Charakter und sind nicht im Sinn des § 35 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, was bereits daraus zu ersehen ist, dass die Maßnahmen verdeckt und damit ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen werden sollten und auch vorgenommen wurden (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 06.07.2005 - 1 K 439/03 - VBlBW 2006, 152; Beschl. v. 29.12.2010 - 4 K 2629/10 - VBlBW 2011, 239; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 7. Aufl., § 22 Rn. 71).
27 
b) Durch den verdeckten Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung nach § 22 PolG ist zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Rechtsbeziehung entstanden, die ein konkretes und streitiges (vergangenes) Rechtsverhältnis im Sinn des § 43 VwGO darstellt.
28 
c) Das berechtigte Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem tiefen Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus dem Gebot auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Die Grundrechte schützen den Bürger vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch vor solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt) (BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <332 Rn. 22>). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch die angegriffene Maßnahme nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urt. v. 16.05.2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 < 311 f. Rn. 32>; Senatsurt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 <469> [juris Rn. 23]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar geht es - anders als etwa im Versammlungsrecht - nicht um Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, doch steht vorliegend der verdeckte Charakter der Maßnahmen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor Beendigung des Einsatzes entgegen. Denn nach § 22 Abs. 8 Satz 1 PolG wird der Betroffene von den verdeckt durchgeführten Maßnahmen erst nach deren Abschluss unterrichtet.
29 
2. Die Klage ist auch begründet. Bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, bestehen gewisse Bedenken, wobei offen bleiben kann, ob diese letztlich durchgreifen (a). Die Maßnahmen erweisen sich jedenfalls als materiell rechtswidrig, weil sie - was nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG gedeckt ist - zum Zweck der Strafverfolgungsvorsorge eingesetzt wurden (b). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob § 22 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen (c).
30 
Bei der Prüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verwaltungshandelns, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, abzustellen. Maßstab ist daher § 22 PolG in der vom 22.11.2008 bis zum 28.11.2012 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390). Die nachfolgenden Änderungen der Vorschrift durch die Gesetze vom 20.11.2012 (GBl. S. 625) und vom 23.07.2013 (GBl. S. 233) bleiben außer Betracht.
31 
a) aa) Die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Maßnahmen des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufnahmen, des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung und des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger unterliegen anders als die längerfristige Observation und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Standortbestimmung nicht dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG.
32 
bb) Die Maßnahmen unterliegen auch keinem Richtervorbehalt. Ein Richtervorbehalt ist im Grundgesetz für die Durchsuchung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 2 GG), für die Überwachung von Wohnungen (Art. 13 Abs. 3 und 4 GG) und für die Freiheitsentziehung (Art. 104 Abs. 2 GG) vorgesehen. Wie von Art. 13 Abs. 4 GG gefordert stellt § 23 Abs. 2 PolG die Datenerhebung in oder aus Wohnungen (durch verdeckten Einsatz technischer Mittel, also insbesondere durch sog. Wanzen oder Richtmikrofone) ausdrücklich unter Richtervorbehalt. Für die hier angeordneten Maßnahmen nach § 22 PolG lässt sich ein Richtervorbehalt nicht aus dem Grundgesetz herleiten. Was Art. 13 Abs. 2 - 4 und Art. 104 Abs. 2 GG für Eingriffe in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und für die Freiheitsentziehung vorschreiben, ist grundsätzlich nicht auf andere Grundrechtseingriffe übertragbar (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 577). Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, durch welche organisatorischen und verfahrensrechtlichen Vorkehrungen er der Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegenwirkt. Dafür stehen ihm neben dem Richtervorbehalt auch sog. Behördenleitervorbehalte, Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betroffenen u.ä. zur Verfügung. Nur bei besonders gravierenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann ein Richtervorbehalt von Verfassungs wegen geboten sein (BVerfG, Urt. v. 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 [Online-Durchsuchung]). Nach dieser Entscheidung ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen, weil sie den Zugang zu einem Datenbestand eröffnet, der herkömmliche Informationsquellen an Umfang und Vielfältigkeit bei weitem übertreffen kann. Solche informationstechnischen Systeme würden nach den gegenwärtigen Nutzungsgepflogenheiten typischerweise bewusst zum Speichern auch persönlicher Daten von gesteigerter Sensibilität - etwa in Form privater Text-, Bild- oder Tondateien - genutzt. Der verfügbare Datenbestand könne detaillierte Informationen über die persönlichen Verhältnisse und die Lebensführung des Betroffenen, die über die verschiedene Kommunikationswege geführte private und geschäftliche Korrespondenz oder auch tagebuchartige persönliche Aufzeichnungen umfassen (BVerfG, a.a.O. S. 305, 323 [juris Rn. 213, 239]). Bei einem Grundrechtseingriff von derart hohem Gewicht wie dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System reduziere sich der Spielraum des Gesetzgebers dahingehend, dass die Maßnahme grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen sei (BVerfG, a.a.O. S. 231 [juris Rn. 241]). Für die längerfristige GPS-Observation in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die ursprünglich nicht unter Richtervorbehalt stand, hat das BVerfG demgegenüber nicht zwingend einen solchen verlangt (BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <318>).
33 
Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der gegen den Kläger angeordnete verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung gravierende Eingriffe in den Bereich der persönlichen Lebensführung bewirken, so bleiben sie doch in ihrer Intensität hinter den von Verfassungs wegen unter einem Richtervorbehalt stehenden Maßnahmen deutlich zurück. Maßgeblich ist hier vor allem, dass die gegen den Kläger eingesetzten besonderen Mittel der Datenerhebung sich auf Vorgänge beziehen, die zur Wahrnehmung durch Dritte zwar häufig nicht bestimmt sind, der Kläger aber auch - etwa im Unterschied zu den Gegebenheiten bei einem informationstechnischen System - nicht darauf vertrauen konnte, dass sie Dritten grundsätzlich verborgen bleiben, zumal sie sich letztlich in der Öffentlichkeit abspielten und der Kläger schon deshalb damit rechnen musste, dass Dritte davon Kenntnis erlangen.
34 
cc) Schwerer wiegt der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 PolG), der hier durch Abhören und Aufzeichnen der vom Kläger in seinem Kraftfahrzeug geführten Gespräche durchgeführt wurde. Zwar ist das Kraftfahrzeug nicht in gleicher Weise ein privater Rückzugsraum wie die Wohnung, doch können die Inhalte eines in einem Kraftfahrzeug geführten Gesprächs im Regelfall nicht von Dritten wahrgenommen werden. Die Gesprächspartner werden daher regelmäßig darauf vertrauen, dass ihr Gespräch nicht von Dritten mitgehört wird. Daher erscheint es bedenklich, dass der Landesgesetzgeber insoweit keinerlei verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen hat. Weder hat er einen Richtervorbehalt angeordnet, wie dies der Bundesgesetzgeber für die vergleichbaren strafprozessualen Maßnahmen getan hat (§ 100 f Abs. 4 i.V.m. § 100 b Abs. 1 StPO), noch hat er diese Maßnahme dem Behördenleitervorbehalt des § 22 Abs. 6 PolG unterworfen. Einzige verfahrensrechtliche Vorkehrung ist die Unterrichtungspflicht nach Beendigung der Maßnahme (§ 22 Abs. 8 PolG), die jedoch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht zu verhindern vermag, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet, im Wege einer Feststellungsklage nachträglichen Rechtsschutz zu erlangen. Ob dies verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, erscheint fraglich, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil die Maßnahme sich unabhängig von der Frage, ob § 22 PolG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als materiell rechtswidrig erweist (unten b).
35 
dd) Anders als viele andere Polizeigesetze (vgl. etwa Art. 33 Abs. 5 Satz 4 BayPAG; § 30 BremPolG; weitere Nachweise bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E 315 f.) verlangt § 22 PolG weder eine schriftliche Anordnung der Maßnahmen noch eine Begründung. Auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Polizeigesetzes (VwV PolG) vom 18.07.1997 (GABl. 1997, 406) enthält derartige Regelungen nur für die besonderen Mittel der Datenerhebung, die dem Behördenleitervorbehalt nach § 22 Abs. 6 PolG unterliegen (vgl. Nr. 1 der Regelung zu § 22 Abs. 6 PolG). Weil ohne eine behördliche Dokumentation gerichtlicher Rechtsschutz kaum möglich ist, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung jedoch aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rachor, a.a.O. E 318; BVerfG, Urt. v. 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <159 f.> zur behördlichen Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Dokumentation heimlicher Ermittlungsmaßnahmen eine aus dem betroffenen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitete Notwendigkeit (Rachor, ebd.; BVerfG, Urt. v. 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 - BVerfGE 112, 304 <320> zur GPS-Observation). Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie sie etwa in § 25 Abs. 2 Satz 2 PolG für die Ausschreibung von Personen und Kraftfahrzeugen vorgesehen ist, muss die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung daher schriftlich erfolgen sowie begründet und befristet werden.
36 
Diesen Anforderungen genügen die schriftlichen Einsatzanordnungen vom 19.04.2010 und vom 12.07.2010. Sie enthalten selbst zwar keine Begründung. Die Formulierung „aus vorstehenden Gründen angeordnet“ lässt jedoch erkennen, dass sie jeweils auf die unmittelbar davor in den Akten abgehefteten Anträge des Dezernats Sonderfälle/Organisierte Kriminalität vom 14.04.2010 bzw. vom 09.07.2010 Bezug nehmen, in denen jeweils ausführlich dargelegt wurde, auf welcher Tatsachengrundlage die Anwendung der besonderen Mittel der Datenerhebung zu welchem Zweck („Ziele der polizeirechtlichen Maßnahmen“) in Abgrenzung zu mangels hinreichendem Tatverdacht noch nicht möglichen strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen aus polizeilicher Sicht erforderlich ist.
37 
b) Die Maßnahmen erweisen sich jedoch als materiell rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, was bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 22 Abs. 2 und 3 PolG nicht von dieser Norm gedeckt ist.
38 
aa) Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, der sich auch in anderen Vorschriften des Polizeigesetzes findet (vgl. § 20 Abs. 3, § 22 a Abs. 1 Satz 1, § 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 2 und § 38), wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die §§ 19 bis 25 wurden als Vorschriften für Maßnahmen der Erhebung personenbezogener Daten mit dem Änderungsgesetz vom 22.10.1991 in das Polizeigesetz aufgenommen, nachdem man erkannt hatte, dass die Polizei hierfür verfassungsgemäße Eingriffsermächtigungen benötigt. Die damalige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.1987 - 1 S 487/87 - NJW 1987, 3022; BVerwG, Urt. v. 20.02.1990 - 1 C 29.86 - NJW 1990, 2765 <2767> [juris Rn. 22 f.]), auf die der Gesetzgeber Bezug nahm (Begr. der LReg. zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes vom 07.05.1991, LT-Drs. 10/5230 S. 34), verstand die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten als einen Unterfall der Gefahrenabwehr. Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sollte sowohl die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) als auch die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten (Strafverfolgungsvorsorge) umfassen (LT-Drs. 10/5230 S. 38; Belz/Mußmann, a.a.O. § 20 Rn. 42; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 20 Rn. 20).
39 
bb) Einer solchen Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Telekommunikationsüberwachung nach dem NdsSOG (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348) die Grundlage entzogen. § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und 3 NdsSOG a.F. ermächtigten die Polizei dazu, personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erheben. Das BVerfG hat diese Regelung für nichtig erklärt. Das Land Niedersachsen habe die Gesetzgebungskompetenz nur für die Verhütung von Straftaten, nicht aber für die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten. Die Verhinderung von Straftaten erfasse Maßnahmen, die drohende Rechtsverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollten, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist. Die Verhinderung einer Straftat liege daher in der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Gefahrenabwehr nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Vorsorge für die spätere Verfolgung von Straftaten (repressive Zielrichtung der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten) sei dagegen dem „gerichtlichen Verfahren“ und damit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen (so jetzt auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 <336 f. Rn. 33>). Der Bundesgesetzgeber habe die Überwachung der Telekommunikation zu Zwecken der Strafverfolgung in den §§ 100 a, 110 b, 100 g und 100 i StPO umfassend geregelt. Dabei könne aus dem Umstand, dass die genannten Vorschriften an eine konkret begangene oder konkret vorbereitete Tat anknüpfen, also gerade keine Datenermittlung im Vorfeld der Begehung einer Straftat betreffen, nicht geschlossen werden, der Bundesgesetzgeber habe Raum für weitere landesgesetzliche Eingriffsnormen belassen wollen. Der Bundesgesetzgeber sei sich - wie die bestehenden Vorschriften in anderen Bereichen zeigten (etwa die §§ 81 b, 81 g StPO) - durchaus der kompetenzrechtlichen Möglichkeit bewusst gewesen, im Bereich der Strafverfolgung auch präventive Regelungen zu treffen (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005, a.a.O. S. 372 f. [juris Rn. 109]). Der Verzicht des Bundesgesetzgebers darauf, die Telekommunikationsüberwachung im Vorfeldbereich noch weiter auszudehnen, sei eine bewusste Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, seien nicht erkennbar (BVerfG, a.a.O. S. 373 [juris Rn. 110]).
40 
cc) Diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze sind auf die Befugnisse der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG zu übertragen (1). Diese Vorschriften können daher nur Bestand haben, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten dahingehend möglich ist, dass er nur die Verhütung von Straftaten (Verhinderungsvorsorge) umfasst (2).
41 
(1) Auch die hier streitgegenständlichen Maßnahmen sind in der StPO umfassend geregelt (§ 100 f StPO: Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes; § 100 h StPO: Herstellung von Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen und Verwendung sonstiger besonderer für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel). Anhaltspunkte dafür, dass der Bundesgesetzgeber insofern Parallelregelungen durch die Länder und damit Überschneidungen hätte in Kauf nehmen wollen, sind ebenfalls nicht erkennbar (ebenso Trurnit, VBlBW 2011, 458 <461>). Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weist in diese Richtung. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 25.01.2012 - 6 C 9.11 - a.a.O.) die Vorschrift des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG, der die offene Videoüberwachung von Schwerpunkten der Straßenkriminalität zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ermöglicht, als von der Kompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt und nicht durch abschließende Regelungen der StPO gesperrt angesehen, es hat dabei jedoch explizit darauf abgestellt, dass sich die offene Beobachtung von Kriminalitätsschwerpunkten mittels Bildübertragung und -aufzeichnung im Hinblick auf ihr äußeres Gepräge, ihren Einsatzzweck und die grundrechtliche Betroffenheit der observierten Person deutlich von verdeckten, auf eine Zielperson fokussierten Ermittlungsmaßnahmen, wie sie in § 100 h und § 163 f StPO geregelt seien, unterscheide. Auch aus dem Regelungsinhalt des § 81 b 2. Alt. StPO, der die Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für Zwecke künftiger Strafverfolgung ermögliche, trete kein Wille des Bundesgesetzgebers hervor, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, die nach dem Muster des § 8 Abs. 3 HmbPolDVG gestaltet sind (BVerwG, a.a.O. S. 339 ff. Rn. 37).
42 
(2) Anders als im NdsSOG ist in § 22 PolG nicht ausdrücklich von der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten die Rede. Der Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten lässt sich, auch wenn er nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die Strafverfolgungsvorsorge umfassen sollte, einschränkend verfassungskonform dahingehend auslegen, dass er nur die Verhütung von Straftaten umfasst (in diesem Sinne wohl auch Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Aufl., Rn. 573; anders noch Trurnit, a.a.O. S. 461: Verfassungswidrigkeit der Vorschrift).
43 
dd) Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Begriff der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten in dem dargestellten eingeschränkten Sinne verstanden hat und der Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung primär der Verhütung von Straftaten dienen sollte.
44 
Die Verhütung von Straftaten erfasst nur Maßnahmen, die drohende Rechtsgutverletzungen von vornherein und in einem Stadium verhindern sollen, in dem es noch nicht zu strafwürdigem Unrecht gekommen ist (BVerfG, Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 369 [juris Rn. 98]). Hauptzweck ist nicht das Sammeln von Beweismitteln für ein mögliches, künftiges Strafverfahren, sondern das Verhindern der Straftat zu einem Zeitpunkt, zu dem die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschritten ist, in der Regel also im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
45 
Sowohl die schriftlichen Begründungen der Anträge auf Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung als auch die tatsächliche Durchführung des Einsatzes lassen vorliegend erkennen, dass Hauptziel der Maßnahmen die Strafverfolgungsvorsorge war. In den Antragsschriften vom 14.04.2010 und vom 09.07.2010 hieß es unter der Überschrift „Ziele der polizeilichen Maßnahmen“ jeweils, es sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, ob der Kläger weiterhin Kinder und Jugendliche in seinen Wohnbereich aufnehme bzw. mit ihnen dort nächtige. Dabei sollten die potentiell Geschädigten erkannt und identifiziert werden. Durch den Einbau von GPS-Satellitenortungssystemen und technischer Mittel außerhalb von Wohnungen zum Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlichen Wortes sollten Informationen gesammelt werden, die bevorstehende Straftaten erkennen ließen und ggf. die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens ermöglichen sollten. Im Rahmen der Observation wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger engen Kontakt zu einem Jungen mit sehr kindlichem Aussehen unterhielt, von dem zunächst nur der Vorname „xxx“ bekannt war. Nach den getroffenen Feststellungen hatte sich der Junge nicht nur mehrmals auf dem Kajütboot des Klägers aufgehalten, sondern auch bereits mindestens fünfmal in der Wohnung des Klägers übernachtet (28.05., 29.05., 30.05., 31.05. und 01.06.2010), ohne dass zum Zweck der Verhinderung etwaiger Straftaten eingeschritten wurde. Erst am 16.06.2010 gelang es mit den Mitteln der verdeckten Ermittlung, den Jungen zu identifizieren und sein Geburtsdatum zu ermitteln (03.08.1995). Bis zu diesem Zeitpunkt ging die Polizei davon aus, dass es sich bei dem Jungen möglicherweise um ein Kind unter 14 Jahren handele. Zur strafrechtlichen Bewertung der Erkenntnisse aus den bis dahin durchgeführten verdeckten Datenerhebungen hieß es in der Antragsschrift vom 09.07.2010, es hätten noch keine konkreten sexuellen Handlungen zwischen dem Kläger und den bisher identifizierten Jugendlichen beweissicher festgestellt werden können. Jedoch begründeten insbesondere die Übernachtungen des 14jährigen xxx den Verdacht eines sexuellen Hintergrunds des Verhältnisses zu den Jugendlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert sei, sei jedoch noch kein Anfangsverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens erfüllt. Auch im August 2010 wurde nicht zum Zweck der Verhinderung befürchteter Straftaten eingeschritten, als festgestellt wurde, dass der Kläger beabsichtigte, mit einem 12jährigen Jungen einen zweiwöchigen Urlaub auf seinem Kajütboot zu verbringen. Aufgrund der akustischen Überwachung war am 19.08.2010 ermittelt worden, dass der Kläger den Jungen bei seinen Eltern abgeholt hatte, die diesem seine Krankenkassenkarte, seinen Kinderausweis und 15 EUR Taschengeld mitgegeben hatten. Weiter war ermittelt worden, dass der Kläger mit dem Jungen und mit dem 16jährigen xxx zu dem Boot fuhr, das mit den Einkäufen beladen wurde und auf dem die drei Personen zusammen übernachteten. Auch als das Boot am Morgen des 20.08.2010 den Liegeplatz verließ und rheinabwärts nach xxx fuhr, wurde nicht präventivpolizeilich eingeschritten. Vielmehr wurde erst am 24.08.2010 - das Boot befand sich immer noch auf einem Gästeliegeplatz des Motorboot & Yachtclubs xxx - ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zugleich mit der Einleitung des Verfahrens beim Amtsgericht xxx ein Durchsuchungsbeschluss für die Person, die Wohnung, die Geschäftsräume, die Fahrzeuge und das Kajütboot des Klägers erwirkt. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist die Einlassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht informatorisch befragten Polizeibeamten xxx, man sei zunächst nicht eingeschritten, weil man keine Kenntnis gehabt habe, ob der Junge tatsächlich mit auf das Boot gehen würde, nicht nachvollziehbar. Soweit der Polizeibeamte auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten, warum nach dem Beladen des Bootes nicht eingeschritten worden sei, antwortete, es sei eine Frage der Taktik gewesen, zu diesem Zeitpunkt habe noch keine Straftat festgestellt werden können, belegt dies gerade, dass Zweck der Maßnahmen nicht in erster Linie die Verhütung von Straftaten, sondern die Strafverfolgungsvorsorge war. Nur mittelbar sollten die Maßnahmen, die darauf zielten, Beweismittel zu sammeln, um irgendwann ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können und den Kläger der Strafverfolgung zuzuführen, auch der Verhütung weiterer Straftaten dienen.
46 
Gegen die Annahme, die Maßnahmen hätten der Verhütung von Straftaten gedient, spricht auch, dass sie hierzu objektiv nicht geeignet waren. Bezüglich etwaiger Sexualdelikte zum Nachteil der Jugendlichen, die in der Wohnung des Klägers übernachteten, war die Möglichkeit zu einem präventiven Einschreiten vor einer Verletzung des Rechtsguts der sexuellen Selbstbestimmung der Betroffenen schon deshalb nicht gegeben, weil die verdeckten Maßnahmen sich nicht auf die Wohnung selbst erstreckten und daher keine Erkenntnisse darüber gewonnen werden konnten, ob und wann es zu der befürchteten Rechtsgutsverletzung kommt.
47 
Vor diesem Hintergrund lässt sich die präventive Zielrichtung der Maßnahmen auch nicht mit der abstrakten Erwägung begründen, dass im Konflikt zwischen präventivem und repressivem Tätigwerden für die Polizei der Rechtsgüterschutz stets Vorrang haben müsse (so das Verwaltungsgericht, a.a.O. Rn. 56).
48 
Keiner Entscheidung bedarf es, ob in Fällen, in denen der verdeckte Einsatz technischer Mittel sowohl nach der Begründung der zugrunde liegenden Anordnung als auch nach der tatsächlichen Durchführung auf die Verhütung von Straftaten ausgerichtet ist, Fehleinschätzungen und -entscheidungen einzelner Polizeibeamter, die nicht an diesem Zweck ausgerichtet sind, die Rechtmäßigkeit des Einsatzes in Frage stellen. Denn das Nichteinschreiten bei befürchteten Straftaten zum Nachteil des xxx und das sehr späte Einschreiten - durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und gerade nicht durch präventivpolizeiliches Handeln - im Zusammenhang mit dem Bootsurlaub mit einem 12jährigen Jungen im August 2010 stellen sich nicht als Fehlentscheidungen einzelner Beamter dar, sie fügen sich vielmehr nahtlos in das mit den Maßnahmen verfolgte Konzept ein.
49 
ee) Auf das Vorliegen einer erheblichen Gefahr (§ 22 Abs. 2 1. Alt. PolG) oder einer Gefahr für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 PolG) wurden die Anordnungen zu Recht nicht gestützt.
50 
Eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne hat nämlich nicht bestanden. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Senatsurteile vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 - VBlBW 2008, 134, vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und vom 25.10.2012 - 1 S 1401/11 - VBlBW 2013, 178).
51 
Anknüpfungspunkt für eine Gefahr kann vorliegend nur sein, dass der Kläger trotz der von ihm in der Vergangenheit begangenen Sexualstraftaten wieder ständig Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht und diese u. a. auf sein Kajütboot mitgenommen hat. Es erscheint indessen zweifelhaft, ob tatsächlich bei jeder dieser Kontaktaufnahmen alsbald mit der Begehung eines Sexualdelikts nach §§ 176 ff. StGB zu rechnen war. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit wiederholt solche Sexualdelikte begangen hat, so ist doch nichts dafür ersichtlich, dass quasi bei jeder Kontaktaufnahme mit einem minderjährigen Jungen alsbald mit der Vornahme strafbarer sexueller Handlungen gerechnet werden musste. Dies gilt umso mehr, als die letzte Tat bei Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung bereits 15 Jahre zurücklag, seither einige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden und der Kläger zuletzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Der Kläger hat zudem bei den von ihm begangenen Sexualstraftaten keine Gewalt angewendet, vielmehr ist es ihm immer gelungen, die Kinder soweit zu bringen, dass sie die Vornahme der sexuellen Handlungen „freiwillig“ über sich ergehen ließen. Dafür wird regelmäßig eine gewisse Zeitdauer des Kontakts erforderlich sein. Auch dürfte bei dieser „konsensualen“ Form der Tatbegehung nur ein Schaden für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung der betroffenen Kinder gedroht haben, nicht aber für ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit. Da das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung in § 22 Abs. 3 PolG nicht aufgeführt ist, kommt insoweit die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur selbsttätigen Bildaufzeichnung sowie des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes auf Tonträger nicht in Betracht. Auch die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen scheidet aus, weil es insoweit nach § 22 Abs. 2 PolG einer erheblichen Gefahr für das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung bedürfte. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirklichung eines Straftatbestandes unmittelbar bevorsteht (vgl. Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 22 Rn. 13 und § 28 Rn. 14).
52 
c) Erweisen sich danach die streitgegenständlichen Maßnahmen insgesamt als rechtswidrig, weil sie nicht primär auf die Verhütung von Straftaten, sondern auf die Strafverfolgungsvorsorge ausgerichtet waren, kann der Senat offen lassen, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch aus anderen Gründen in Betracht gekommen wäre.
53 
Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob § 20 Abs. 2 und 3 PolG i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG, soweit sie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (mit erheblicher Bedeutung) die Datenerhebung durch den Einsatz besonderer Mittel ermöglichen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen, den Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat genügen.
54 
Nach § 22 Abs. 2 und 3 PolG können die besonderen Mittel der Datenerhebung eingesetzt werden zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (Abs. 2) bzw. von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Abs. 3), wobei der Begriff der Straftaten mit erheblicher Bedeutung in Abs. 5 legal definiert wird. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 3 Nr. 1 PolG ergibt sich, dass die Daten erhoben werden dürfen über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie künftig Straftaten begehen.
55 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen gleichen damit denen des § 33 a Abs. 1 Nr. 2 NdsSOG, den das Bundesverfassungsgericht u.a. mangels hinreichender Bestimmtheit für nichtig erklärt hat. Nach dieser Vorschrift durften Daten erhoben werden über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (Urt. v. 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 - a.a.O. S. 377 ff. [juris Rn. 122 ff.]), dass bei polizeilichen Maßnahmen im Vorfeld der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung die Bestimmtheitsanforderungen spezifisch an dieser Vorfeldsituation ausgerichtet werden müssten. Die Situation der Vorfeldermittlung sei durch eine hohe Ambivalenz der potenziellen Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt. Die Indizien oder einzelne beobachtete Tätigkeiten könnten in harmlosen, strafrechtlich unerheblichen Zusammenhängen verbleiben; sie könnten aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat führt. Sehe der Gesetzgeber in solchen Situationen Grundrechtseingriffe vor, so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Es seien vielfältige Anknüpfungen denkbar, die nach hypothetischem Kausalverlauf in der Straftatenbegehung eines potenziellen Täters münden könnten. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sehe das Gesetz Beschränkungen vor. Die im Vorfeld künftiger Straftaten bestehenden Schwierigkeiten der Abgrenzung eines harmlosen von dem in eine Straftatenbegehung mündenden Verhaltens würden in der Ermächtigung nicht durch einschränkende Tatbestandsmerkmale bewältigt. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliege vielmehr der Polizei. Sie entscheide ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und müsse sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Sie werde insoweit gewissermaßen tatbestandsergänzend tätig. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe sei aber Aufgabe des Gesetzgebers. Die Unbestimmtheit und das damit einhergehende Risiko der Fehlprognose würden nicht durch die Ausrichtung auf "Straftaten von erheblicher Bedeutung" vermindert. Dieses Tatbestandsmerkmal biete keine Anhaltspunkte dafür, wann ein Verhalten auf die künftige Begehung solcher Straftaten hindeute.
56 
Überträgt man diese - sehr hohen - Anforderungen an die Bestimmtheit polizeilicher Ermächtigungsgrundlagen im Vorfeld einer Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat auf die hier herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG, wird man ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der Norm ausgehen müssen. Zwar betraf die angeführte Entscheidung Eingriffe in Art. 10 GG, doch ist die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts nicht spezifisch auf Art. 10 GG zugeschnitten. Es spricht daher vieles dafür, dass die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze auch für andere verdeckte Ermittlungsmethoden gelten, sofern sie zu vergleichbar intensiven Grundrechtseingriffen führen (vgl. Rachor, a.a.O., E 288 Fn. 347; Trurnit; VBlBW 2011, 458 <463>).
57 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
59 
Beschluss
vom 15. Mai 2014
60 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.