Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 22. Nov. 2017 - 6 A 133/14

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2017:1122.6A133.14.00
bei uns veröffentlicht am22.11.2017

Tenor

Der Bescheid vom 14.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2014 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Vorbescheides unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ab dem 01.10.2018 neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides beschränkt auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Windkraftanlage vom Typ Senvion MM 82 mit einer Gesamthöhe von 100 m am Standort Flurstück XXX, Flur XXX, Gemarkung Rantrum im Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 1).

2

Am 12. März 2014 beantragte die Klägerin insgesamt drei solcher Vorbescheide für unterschiedliche Windkraftanlagen auf Außenbereichsgrundstücken im Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 1). Die beantragten Standorte waren durch den seinerzeit gültigen Rahmenregionalplan vom 11. Oktober 2002 in der Fassung der Teilfortschreibung von 2012 als Windeignungsflächen ausgewiesen und entsprachen insoweit den Zielen der Raumordnung gemäß § 35 Abs. 3 BauGB. Allerdings lagen die Standorte außerhalb der im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) ausgewiesenen Windkonzentrationszonen. Aus diesem Grund versagte die Beigeladene zu 1) ihr gemeindliches Einvernehmen zu den Vorhaben.

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Mit Bescheiden vom 14. Juli 2014 lehnte der Beklagte daraufhin die beantragte Erteilung der Vorbescheide ab.

4

Die Widersprüche der Klägerin wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheide vom 25. September 2014 zurück mit der Begründung, die Vorhaben lägen außerhalb der im gültigen F-Plan der Beigeladenen zu 1) dargestellten Windeignungsfläche (Flächennutzungsplan von 1998 sowie die dazugehörige 3., 8. und 14. Änderung) und unterlägen damit der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB. Zwar sei die im geltenden Flächennutzungsplan dargestellte Fläche für die Errichtung von Windkraftanlagen nicht vollständig mit der Windeignungsfläche des maßgebenden Regionalplanes für den Planungsraum V in Übereinstimmung. Daraus ergäbe sich jedoch nicht die Unwirksamkeit des F-Planes mit der Folge, dass die vorgenannte Konzentrations- und Ausschlusswirkung der gemeindlichen Planung für die Errichtung raumbedeutsamer Windkraftanlagen nicht eingreife.

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Die Klägerin hat am 10. Oktober 2014 Verpflichtungsklage vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht erhoben.

6

Im Verlaufe des Klagverfahrens verfügte der Ministerpräsident – Landesplanungsbehörde – mit Runderlass vom 23. Juni 2015, dass wegen der zeitgleich eingeleiteten sachlichen Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplanes Schleswig-Holstein 2010 zum Sachthema Windenergie die diesbezüglichen Bestimmungen u.a. des Regionalplanes für den vorliegend maßgebenden Planungsraum V nicht mehr angewendet werden (vgl. Amtsbl. SH S. 772). Darüber hinaus trat am 22. Mai 2015 das Windenergieplanungssicherungsgesetz des Landes Schleswig-Holstein (GVOBl. 2015 S. 132) in Kraft, mit dem u.a. in Art. 1 das Landesplanungsgesetz durch die Einfügung des § 18 a geändert wurde. Danach waren gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG zur Sicherung der einzuleitenden Raumordnungsplanung zum Sachthema Wind bis zum 5. Juni 2017 raumbedeutsame Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet vorläufig unzulässig. Nach § 18 a Abs. 2 LaplaG kann die Landesplanungsbehörde Ausnahmen von der Unzulässigkeit nach Abs. 1 zulassen, wenn und soweit raumbedeutsame Windkraftanlagen nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung nicht befürchten lassen, dass sie die Verwirklichung dieser Ziele unmöglich machen oder wesentlich erschweren (vgl. GVOBl. 2015 S. 132).

7

Im Verlaufe des Jahres 2016 hat die Landesplanungsbehörde nach Abschluss des Ausnahmeprüfungsverfahrens für zwei der drei beantragten Windkraftanlagen landesplanerische Ausnahmen nach § 18 a Abs. 2 LaplaG erteilt und die Gemeindevertretung der Beigeladenen zu 1) für alle drei Vorhabenanträge mit Beschluss vom 2. Mai 2016 ihre ursprüngliche Einvernehmensversagung aufgehoben und das gemeindliche Einvernehmen zu den Vorhaben erteilt.

8

Der Beklagte hat daraufhin im Dezember 2016 für diese beiden Anlagen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen erteilt, so dass die Beteiligten das Klagverfahren insoweit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Im Streit geblieben ist die Vorbescheidserteilung für die dritte Anlage mit einer Gesamthöhe von 100 m. Das Wohnhaus des Eigentümers des Baugrundstückes und Mitgesellschafters der Klägerin, welches von ihm aus selbst bewohnt wird, liegt ausweislich des den Antragsunterlagen beigefügten Lageplans zur Erschließung 380 m von dem Vorhabenstandort in nordnordwestlicher Richtung entfernt.

9

Für diese Anlage hat die Landesplanungsbehörde eine Ausnahme gemäß § 18 a Abs. 2 LaplaG nicht erteilt, weil die Windkraftanlage innerhalb des weichen Tabukriteriums „Abstandspuffer von 400 m um Einzelhäuser und Splittersiedlungen im Außenbereich sowie um Gewerbegebiete“ (Ziffer II.2 des Planungserlasses vom 23. Juni 2015) liege. Für Vorhaben, die in eine weiche Tabuzone fallen, würden gemäß Ziff. IV.2. des Planungserlasses vom 23. Juni 2015 Ausnahmen nicht zugelassen werden. Eine ausnahmsweise Zulassung des Vorhabens trotz des entgegenstehenden weichen Tabukriteriums komme vorliegend nicht in Betracht, da die Steuerungswirkung der entstehenden Planung für die Windkraftnutzung dadurch nicht unberührt bliebe.

10

Mit Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzes vom 5. April 2017 (GVOBl. 2017 S. 222) wurde § 18 a LaplaG in Abs. 1 Satz 1 dahingehend geändert, dass die Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen zur Sicherung der Planung von ursprünglich dem 5. Juni 2017 verlängert wurde auf den 30. September 2018. In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, eine Verlängerung des Moratoriums bis zum 30. September 2018 sichere den Fortgang des Planungsprozesses in bewährter Weise ab. Damit seien zum einen Verwaltungsakte im Einzelfall zur Untersagung raumbedeutsamer Windkraftanlagen entbehrlich und zum anderen mit den gesetzgeberischen Ausnahmetatbeständen in der Vergangenheit die Erteilung von 270 Ausnahmen vom landesplanerischen Moratorium möglich gewesen, so dass die Regelung insgesamt nicht zu einem Stopp des Windkraftausbaus führe.

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Die Klägerin macht jetzt noch geltend, dem zur Vorbescheidung gestellten Vorhaben stehe das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB nicht entgegen, weil der Abstand des nächstgelegenen Wohngebäudes mit ca. 380 m zu der streitbefangenen Anlage deren dreifache Anlagenhöhe von 100 m weit überschreite, so dass ihre bauplanungsrechtliche Privilegierung den Vorrang vor der Einzelsiedlung im Außenbereich genieße. Weiterhin könne auch der im Planungserlass vom 23. Juni 2015 als weiches Tabukriterium für die Fortschreibung der Regionalplanung aufgestellte Mindestabstand von 400 m zwischen Einzelhäusern und Windkraftanlagen dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden, weil der Planungserlass keine rechtsverbindliche Vorgabe enthalte sondern lediglich eine allgemeine Planungsabsicht zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplans 2010 zum Sachthema Windenergie sei. Dem Planungserlass mangele es insoweit an verbindlicher Rechtswirkung.

12

Da diese Abstandsregelung, die nur im Erlass, aber nicht gesetzlich normiert sei, die grundsätzliche Privilegierung von Windkraftanlagen im Außenbereich unterlaufe, kollidiere die Planungsabsicht des Landes mit § 35 BauGB und sei deswegen unwirksam gemäß Art. 31 GG. Das als weiches Tabukriterium formulierte Abstandsmaß von 400 m sei darüber hinaus auch immissionsschutzrechtlich überzogen, weil die Bewohner von Einzelhäusern im Außenbereich einen so weitreichenden Schutz vor Umweltwirkungen auf ihr Grundstück nicht beanspruchen könnten.

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Auch im Zusammenhang mit § 18 a LaplaG, nach dessen Absatz 2 die Tabukriterien allenfalls maßgebend sein könnten, komme den Tabukriterien keine Verbindlichkeit zu, weil § 18 a LaplaG verfassungswidrig und deshalb unwirksam sei.

14

§ 18 a LaplaG sei schon formell verfassungswidrig, da mit dieser Vorschrift eine Bodenordnungsregelung getroffen worden sei, gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG, für die dem Land keine Kompetenz zur Abweichungsgesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 3 GG zustehe. § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG greife in die bundesrechtliche Privilegierung für Windkraftanlagen ein und regele deshalb Bodenrecht im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG. Ein raumordnerisches Sicherungsinstrument, das wie hier spezielle Planungsverfahrenssicherheit hinsichtlich einzelner Grundflächen regele, sei nicht rechtmäßig.

15

Selbst wenn das landesplanerische Moratorium des § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG als vorübergehende Suspendierung des Windkraftausbaus bis zum Juni 2017 rechtmäßig gewesen sein sollte, gelte dieses jedenfalls für die Verlängerung des Moratoriums bis zum 30. September 2018 in der Fassung des Änderungsgesetzes vom Mai 2017 nicht mehr. Zunächst habe die Ursprungsfassung des Gesetzes nur die Möglichkeit eröffnet, die Untersagung um ein Jahr zu verlängern. Für die jetzt erfolgte Verlängerung um ca. 16 Monate gebe es keine gesetzliche Grundlage. Weiterhin sei § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG als Veränderungssperre zu beurteilen, die nicht lediglich vorübergehend einen Genehmigungsanspruch suspendiere, sondern vielmehr anspruchsvernichtende Wirkung habe, wenn auch nach Ablauf der Geltungsdauer der Veränderungssperre ein neuer Genehmigungsanspruch entstehen könne. Diese Regelungswirkung entspreche auch der vom Landesgesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung in den Blick genommenen Wirkung der Parallelvorschrift des § 14 BauGB. Als anspruchsvernichtende Norm verletze § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG aber den Grundeigentümer in seinem Eigentumsgrundrecht, weil Voraussetzung für eine verfassungsgemäße Veränderungssperre als Eigentumsbeschränkung sei, dass ein Mindestmaß an Planungskonkretisierung vorliege, das die Beschränkung der privatnützigen Verfügungsbefugnis rechtfertigen könne. Vorliegend seien solche sicherungsfähigen Planungsabsichten aber nicht gegeben.

16

Dieses gelte umso mehr als seit dem Regierungswechsel im Sommer 2017 nach dem Koalitionsvertrag der jetzigen „Jamaikaregierung“ in Schleswig-Holstein auf unabsehbare Zeit unklar bleibe, was mit der Sperre aus Art. 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG erreicht werden solle. Die Überarbeitung der Abstandsflächenregelungen für die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplanes und der Teilaufstellung der Regionalpläne zum Sachthema Windenergie sei so grundsätzlich, dass nach Berücksichtigung aller Abwägungskriterien keine nennenswerte Landesfläche für Windenergienutzung mehr übrig bleibe. Es werde damit nur die weitere Windenergienutzung verhindert, ohne dieses durch positive Planungsvorstellungen zu unterlegen. Auch könne mit dem Moratorium nicht eine Vielzahl einzelner Untersagungen von Windkraftvorhaben nach § 14 Abs. 2 ROG vorweggenommen werden, weil auch dafür mindestens ein Planentwurf erforderlich sei. Dem genügten die Planungsabsichten des Runderlasses vom 23. Juni 2015 bei weitem nicht. Ebenso sei auch der Eingriff in die Berufsfreiheit der Gesellschafter der Klägerin durch § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG mangels hinreichend konkretisierter Planung nicht zu rechtfertigen, zumal eine legitime Zweckverfolgung durch § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG im Hinblick auf die Fortschreibung der Landesplanung zum Sachthema Windenergie nicht ersichtlich sei. Schließlich verstoße das weiche Tabukriterium mit der generellen Abstandsregelung von 400 m zwischen Windkraftvorhaben und Einzelhäusern gegen das allgemeine Gleichheitsgebot des Art. 3 GG.

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Die Klägerin beantragt,

18

der Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 14. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2014 zu verpflichten, ihr den beantragten Vorbescheid nach § 9 BImSchG für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage des Typs Senvion MM 82 mit einer Nabenhöhe von 59 m und einem Rotordurchmesser von 82 m am Standort Flurstück XXX, Flur XXX, Gemarkung Rantrum zu erteilen,

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hilfsweise der Beklagte unter Aufhebung des vorgenannten Bescheides in Gestalt des Widerspruchsbescheides zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Vorbescheides nach § 9 BImSchG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

22

Der Beklagte macht jetzt noch geltend, dass er an der antragsgemäßen Vorbescheidserteilung gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG gehindert sei, weil die insoweit zuständige Landesplanungsbehörde für die noch streitbefangene Windkraftanlage keine Ausnahme von der Unzulässigkeit nach § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG zugelassen habe. An diese gesetzliche Regelung sei er als Verwaltungsbehörde gebunden, zumal Zweifel an der Wirksamkeit dieser gesetzlichen Bestimmung nicht angezeigt seien. Die Vorschrift verfolge vielmehr den legitimen Zweck das Planungsverfahren zu sichern und müsse deshalb bis zum Abschluss der Planung reichen. Diese generell abstrakte Regelung des Gesetzes schaffe insoweit die notwendige Voraussetzung für einen geordneten Planungsprozess und zugleich eine gleichmäßige und klare Rechtslage für bauwillige Vorhabenträgen, deren Interessen durch Ausnahmeregelungen im Einzelfall hinreichend gewahrt seien. Einzelfallregelungen zur Unzulässigkeit von einzelnen Vorhaben könnten demgegenüber jeweils nur den Status quo betrachten ohne in gleicher Weise in ein gesamträumliches Planungskonzept eingebunden zu sein.

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Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Sachantrag. Sie unterstützt die Argumentation des Beklagten.

24

Der Beigeladene zu 2) stellt ebenfalls keinen Sachantrag. Er ist der Ansicht, dass die Klage mit ihrem Hilfsantrag Erfolg haben könne, weil der seiner Ansicht nach hier dem Vorhaben allein entgegenstehende § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG ein vorübergehendes Anspruchshindernis und keine dauerhafte Anspruchsvernichtung normiert, so dass nach Ablauf der gesetzlichen Frist zur Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen das Begehren der Klägerin neu zu bescheiden sei. Er hält § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG sowohl formell als auch materiell für verfassungskonform. Dem Land komme für diese Regelung eine Gesetzgebungskompetenz zu, und die in Rede stehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen seien jeweils zum Zwecke der Planungsverfahrenssicherung gerechtfertigt. Das Projekt Landesplanung Wind sei seit Februar 2015 und insbesondere seit Veröffentlichung der Planungsabsichten und des Kriterienkataloges zu den Abwägungskriterien und der Abwägungsbelange durch Runderlass vom 23. Juni 2015 intensiv betrieben worden. Planungsabsicht sei unverändert der Ausbau der Windenergienutzung. Das Energieziel sei insoweit 10 Gigawatt Windstromerzeugung onshore. Die Tabukriterien und die Abwägungskriterien seien im weiteren Planungsprozess, auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung, zu überarbeiten. Gleichwohl werde an der Zielsetzung einer Konzentrationsplanung festgehalten. Für den Planungsprozess habe die Rechtssicherheit weiterhin hohe Priorität. Der Beigeladene zu 2) legt dazu die von ihm gefertigte Chronologie zum bisherigen Verfahrensablauf zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplans und der Teilaufstellung der Regionalpläne zum Sachthema Windenergie vom 9. November 2017 vor und vertritt dazu die Ansicht, dass dieser bisherige Verfahrensablauf und die Fortführung des Planungsverfahrens eine hinreichende Rechtfertigung für die vorläufige Unzulässigkeit von neuen raumbedeutsamen Windkraftanlagen sei. Dieser gesetzliche Schutzschirm sei weiterhin erforderlich, um die in Aufstellung befindlichen Windenergieregionalpläne nicht zu gefährden. Dieses gelte umso mehr, als sich die gesetzliche Kombination aus Moratorium und Ausnahmesteuerung bewährt habe. Das Ausnahmeverfahren nach § 18 a LaplaG werde zwar restriktiver fortgeführt. Die Restriktionen aufgrund des Koalitionsvertrages würden aber spätestens mit Veröffentlichung eines novellierten Planungserlasses auf das sich daraus ergebende Maß zurückgenommen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist mit ihrem Hauptantrag gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO unbegründet, weil die Klägerin gegenwärtig keinen Anspruch auf den begehrten immissionsrechtlichen Vorbescheid hat. Unabhängig vom Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen für einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid gemäß § 9 iVm § 6 Abs. 1 BImSchG steht der Erteilung des streitbefangenen Vorbescheides gegenwärtig schon das landesplanerische Sicherungsmoratorium aus § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes vom 5. April 2017 (GVOBl. 2017 S. 222) entgegen. Nach dieser Vorschrift sind nämlich auch im Falle ihrer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsfähigkeit bis zum 30. September 2018 zur Sicherung des Planungsverfahrens zur Neuaufstellung oder zur Fortschreibung bestehender Raumordnungspläne raumbedeutsame Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet vorläufig unzulässig. Mithin kann die Klägerin schon deshalb unabhängig von der Genehmigung ihres Vorhabens im Übrigen vorläufig bis zum 30. September 2018 den begehrten Vorbescheid nicht beanspruchen.

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Die Voraussetzungen des Sicherungsmoratoriums aus § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG sind vorliegend erfüllt, weil die streitbefangene Windkraftanlage raumbedeutsam iSd § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG ist, da sie schon wegen ihrer Größe weithin sichtbar sein und damit einen erheblichen Einfluss auf das Landschaftsbild in der flachen Landschaft um Rantrum haben wird, so dass eine erhebliche Auswirkung auf den Raum und dessen Funktion vorliegt (vgl. Schl.-Holst. OVG, Urt. v. 29. März 2017, Az.: 1 LB 2/15 m.w.N.). Darüber hinaus ist auch die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG erfüllt, da die Landesplanungsbehörde ein Verfahren zur Neuaufstellung bzw. Fortschreibung von Raumordnungsplänen in Bezug auf Windenergieanlagen mit Runderlass vom 23. Juni 2015 (Amtsblatt SH, S. 772) idF vom 14.12.2016 (Amtsblatt SH, S. 1853) eingeleitet hat. Schließlich hat die Landesplanungsbehörde eine Ausnahme von der Unzulässigkeit gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG gemäß § 18 a Abs. 2 LaplaG nicht zugelassen, so dass das landungsplanerische Sicherungsmoratorium vorliegend eingreift.

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Entgegen der Ansicht der Klägerin ist § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG auch in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 5. April 2017 wirksam und begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zunächst steht dem Land Schleswig-Holstein gemäß Art. 72 Abs. 3 Nr. 4 GG die Gesetzgebungsbefugnis für die streitbefangene Regelung zu, weil die Landesplanung das Recht der Raumordnung iSd Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zum Gesetzgebungsgegenstand hat und nicht, wie die Klägerin meint, das Städtebaurecht als Teil des Bodenrechts iSd des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG betrifft. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, die Normierung der vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG beinhalte in Wirklichkeit eine städtebauliche Regelung, für die dem Land keine Kompetenz zur Abweichungsgesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 3 GG zustehe. Vielmehr gilt, dass Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG insbesondere die städtebauliche Planung umfasst, während Raumordnung im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG in Abgrenzung hierzu als übergeordnete zusammenfassende Gesamtplanung auf Landesebene zu definieren ist (vgl. Beschl. d. erkennenden Kammer vom 10. September 2015, Az. 6 A 190/13 mwN). Indem § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG nur zur Sicherung der Raumordnungsplanung raumbedeutsame Windkraftanlagen für vorläufig unzulässig erklärt, betrifft diese Vorschrift ausschließlich das Genehmigungsverfahren und regelt nicht die planungsrechtliche Zulässigkeit von Windkraftanlagen, trifft mithin also keine bauplanungsrechtliche Entscheidung (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 29. März 2017, Az.: 1 LB 2/15 mwN). Die nach § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG geltende zeitlich begrenzte raumordnerische Unzulässigkeit hält die Frage der endgültigen raumordnerischen Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Anlage „offen“, ihre Antwort ergibt sich erst aus den schlussabgewogenen Raumordnungsinstrumenten der Landesplanung (vgl. LVerfG SH, Beschl. v. 17. Juni 2016, Az.: LVerfG 3/15; NVwZ-RR 2016, 801). Mithin entfaltet das landesplanerische Sicherungsmoratorium ausschließlich raumordnungsrechtliche Wirkung.

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Das nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zur konkurrierenden Gesetzgebung gehörende Raumordnungsrecht eröffnet dem Landesgesetzgeber eine Gesetzgebungskompetenz, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat; Art. 72 Abs. 1 GG. Vorliegend hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz insoweit Gebraucht gemacht, als er in § 14 Abs. 2 ROG eine sogenannte „Sicherungsuntersagung“ vorgesehen hat, die der Raumordnungsbehörde für den Fall, dass sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet, die Möglichkeit zu einer bis auf zwei Jahre befristeten Untersagung von raumbedeutsamen Maßnahmen gibt. Von dieser raumordnungsrechtlichen Regelung kann das Land jedoch gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG durch eigenes Gesetz abweichen. Im Fall einer Abweichung geht dann im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG das jeweils spätere Gesetz vor. Das ist vorliegend § 18 a LaplaG. Die Kompetenz des Landes von dem 2008 erlassenen Raumordnungsgesetz des Bundes abzuweichen ist durch Art. 125 b Abs. 1 GG eröffnet und durch das Grundgesetz nicht weiter eingeschränkt. Für den Bereich der Raumordnung gibt es keinen verfassungsrechtlich bestimmten abweichungsfesten Kern. Die Abweichungskompetenz des Landes umfasst mithin auch Instrumente zur Sicherung der Landesraumordnungsplanung. Die in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG getroffene landesrechtliche Regelung ist eine solche echte Abweichung von § 14 Abs. 2 ROG und nicht etwa nur eine Wiederholung der bundesrechtlichen Regelung. § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG trifft nämlich eine nach Tatbestand und Rechtsfolge inhaltlich andere Regelung als § 14 Abs. 2 ROG, da sie abweichend von § 14 Abs. 2 ROG in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG durch Gesetz generell und nicht lediglich durch Verwaltungsakt im Einzelfall eine befristete – vorläufige – Unzulässigkeit vorsieht (vgl. Schl.-Holst. OVG, Urt. v. 29. März 2017, Az.: 1 LB 2/15 mwN).

30

Wegen dieser echten Abweichungskompetenz des Landesgesetzgebers ist auch die Regelung im Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzes vom 5. April 2017 im Hinblick auf § 14 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ROG kompetenzrechtlich nicht zu beanstanden. Mit der Regelung des Bundesgesetzgebers, dass die Einzelfalluntersagung der Raumordnungsbehörde zwei Jahre dauert und um ein Jahr verlängert werden kann, ist nicht zugleich bundesrechtlich abweichungsfest vorgegeben, dass der Landesgesetzgeber in seinem Regelungskontext gleichfalls allenfalls das landesrechtliche Sicherungsmoratorium um längstenfalls ein Jahr verlängern dürfte. Vielmehr steht die Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 3 ROG der landesrechtlichen Kompetenz, für das vom Land neu kreierte Sicherungsmoratorium eine eigene Verlängerungsregelung zu treffen, nicht entgegen. Mithin war der Landesgesetzgeber nicht gehindert, das Moratorium durch Gesetz vom 5. April 2017 um ca. 16 Monate zu verlängern. Ebenso ergibt sich auch keine Selbstbeschränkung des Landesgesetzgebers aus der ursprünglichen Regelung des Sicherungsmoratoriums durch Gesetz vom 22. Mai 2015 (GVOBl. 2015, S. 132), wonach in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG aF die Möglichkeit zur Verlängerung des Sicherungsmoratoriums um ein Jahr eröffnet war. Der Landesgesetzgeber ist nicht gehindert in Ausnutzung seiner Gesetzgebungskompetenz eine abweichende Regelung zu treffen.

31

Die Vorschrift zur vorläufigen Planungssicherung in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG idF des Gesetzes vom 5. April 2017 begegnet auch in materieller Hinsicht keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Sicherungsmoratorium nach dem Landesplanungsgesetz verletzt die Klägerin auch in der aktuellen Fassung mit einer Laufzeit bis zum 30. September 2018 nicht in ihren Grundrechten.

32

Die Klägerin ist zunächst in ihrem Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG betroffen, das sie über den Wortlaut des Art. 19 Abs. 3 GG hinaus auch als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geltend machen kann (vgl. Sachs, Grundgesetz Art. 19 Rn 64). Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass der Begriff der „juristischen Person“ in Art. 19 Abs. 3 GG nicht im technischen Sinne des Zivilrechts zu verstehen ist. Vielmehr können auch organisierte Personenmehrheiten Grundrechte geltend machen, wenn dies nach dem Charakter dieser Rechte möglich ist. Deshalb umfasst der Begriff der juristischen Personen nicht nur Personenzusammenschlüsse mit Rechtsfähigkeit sondern auch nicht rechtsfähige Verbindungen wie die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Ausweislich des Gesellschaftsvertrages der Klägerin ist diese gerade zur Verfolgung des gemeinsamen Zweckes der Planung für den Bau und den Betrieb u.a. der streitbefangenen Windkraftanlage errichtet worden.

33

Zu der Grundrechtsbetroffenheit von Vorhabenträgern für raumbedeutsame Windkraftanlagen durch das Sicherungsmoratorium hat die erkennende Kammer bereits mit Beschluss vom 10. September 2015 in der Sache 6 A 190/13 zur Ursprungsfassung des Gesetzes wie folgt ausgeführt:

34

„Wegen der vorübergehenden Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen in ganz Schleswig-Holstein kann die auf Dauer angelegte und auf Einkommenserzielung gerichtete Tätigkeit des Windkraftanlagenbetreibens mit noch zu errichtenden Anlagen in Bordelum und in ganz Schleswig-Holstein gegenwärtig von der Klägerin nicht ausgeübt werden. Darin liegt zwar keine subjektive oder objektive Berufszugangsvoraussetzung, weil der Zugang zum Beruf des Windkraftanlagenbetreibers nicht beschränkt wird, sondern lediglich dieser Beruf vorübergehend mit Neuanlagen nicht ausgeübt werden kann.

35

Die Freiheit der Berufsausübung unterliegt gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG Schranken, die einer Verhältnismäßigkeitsprüfung genügen müssen. Die Schwere des Grundrechtseingriffes muss durch gewichtige Gründe gerechtfertigt sein und darf das Übermaßverbot nicht verletzen. Die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen zur Sicherung der Landesplanung gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG ist verhältnismäßig. Der damit verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist relativ gering, weil nämlich nur vorübergehend in Schleswig-Holstein keine neuen Windkraftanlagen betrieben werden können, während das Recht Altanlagen in Schleswig-Holstein oder Anlagen außerhalb von Schleswig-Holstein zu betreiben unberührt bleibt. Demgegenüber ist das öffentliche Interesse an Planung und Steuerung der Windkraftnutzung von erheblichem Gewicht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002, Az. 4 C 15.01; BVerwGE 117, 287).

36

Die beabsichtigte und zu sichernde Planung begegnet im gegenwärtigen Planungsstand keinen rechtlichen Bedenken. Die Festlegung von Zielen und Grundsätzen der Raumordnung zur Steuerung raumbedeutsamer Windenergieanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 LaplaG ist nach dem ROG grundsätzlich ein geeigneter Gegenstand der Raumordnungsplanung und wird von § 35 Abs. 3 BauGB zur Steuerung der Windkraftprivilegierung ausdrücklich vorgesehen. Die Festlegung von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 ROG zur Steuerung der Windenergienutzung ist diesbezüglich ein zulässiges Ziel der Raumordnung (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 20. Januar 2015, Az. 1 KN 6/13). Das vom Ministerpräsidenten als Landesplanungsbehörde im Runderlass vom 23. Juni 2015 gewählte Planungsverfahren ist sachgerecht, um die aktuellen Grundsätze der Rechtsprechung zur Steuerung von Windenergieanlagen umzusetzen. Diesen Grundsätzen entspricht es, zum Zwecke der Festlegung von Zielen der Raumordnung zunächst harte Tabukriterien zu ermitteln und weiche Tabukriterien zu bestimmen, um sodann die verbliebenen Potentialflächen anhand weiterer Abwägungskriterien zu überplanen.

37

Die weichen Tabukriterien, sowie die Kriterien für den weiteren Abwägungsprozess sind ausweislich des Planungserlasses des Ministerpräsidenten ausdrücklich vorläufig, die endgültige Festlegung der Ziele der Raumordnung bleibt vielmehr einer abschließenden Abwägung der beteiligten Belange gemäß § 7 Abs. 2 ROG vorbehalten. Mithin ist der Kriterienkatalog der Landesplanungsbehörde für das nun begonnene Planungsverfahren nicht abschließend zu überprüfen. Für den jetzigen, sehr frühen, Planungsstand reicht es zur Begründung eines Sicherungsmoratoriums vielmehr aus, dass die Planungskriterien eine abwägungsfehlerfreie Festlegung der Ziele der Raumordnung möglich erscheinen lassen, also nicht willkürlich oder unerheblich sind.

38

Diesen vorgenannten, im Vergleich zu einer raumordnungsrechtlichen Zielbestimmung erheblich verminderten Wirksamkeits- und Bestimmtheitsvoraussetzungen genügen die Kriterien der Landesplanungsbehörde zur Ermittlung geeigneter bzw. ausgeschlossener Flächen für raumbedeutsame Windenergieanlagen auf Regionalplanebene, wie sie nach dem Runderlass des Ministerpräsidenten vom 23. Juni 2015 zur Anwendung kommen sollen. Insbesondere reicht der Detailierungsgrad der Kriterien für dieses frühe Planungsstadium. Auch die bislang relativ offen formulierten Abwägungskriterien „charakteristische Landschaftsräume“ und „Hauptachsen des überregionalen Vogelzuges“ sind für den weiteren Planungsvorgang erheblich und willkürfrei formuliert. Ausweislich der Begründung zu dem Kriterium „charakteristische Landschaftsräume“ soll im Rahmen der Abwägung die Möglichkeit eröffnet werden, solche Areale großräumig von Windkraftanlagen frei zu halten, für die im Rahmen eines noch zu erstellenden Gutachtens diesbezüglich eine sachlich fachliche Begründung gegeben ist. Damit setzt der Erlass den Zweck der Windenergieanlagensteuerung, nämlich auch im erheblichen Anteil unverbaute Landesfläche zu erhalten mit der Möglichkeit eine Freiraumkonzeption zu entwickeln um.

39

Das Abwägungskriterium „Hauptachsen des überregionalen Vogelzuges“ ist für dieses frühe Planungsstadium unter dem Aspekt des vorsorgenden Artenschutzes gerechtfertigt, da die Landesplanungsbehörde weiteren Prüfbedarf sieht, um das Kollisionsrisiko der Zugvögel mit Windenergieanlagen im Höhenbereich der Rotoren zu vermeiden.

40

Ebenso begegnet auch das Abwägungskriterium „Netzkapazität“ gegenwärtig keinen Bedenken. Es erscheint vielmehr sachgerecht, dass der Regionalplangeber prüfen muss, ob die regionale Netzkapazität zur Aufnahme der gesamten in der Region vorgesehenen Leistung ausreicht. Privilegiert sind gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nämlich lediglich Vorhaben zur Nutzung der Windenergie und nicht Vorhaben, die mangels hinreichender Netzkapazitäten lediglich Entschädigungstatbestände nach dem Erneuerbaren Energiegesetz realisieren können.“

41

Auch das vorliegend betroffene weiche Tabukriterium „Abstandspuffer von 400 m um Einzelhäuser und Splittersiedlungen im Außenbereich sowie um Gewerbegebiete“ ist mindestens abwägungsrelevant für den gerechten Ausgleich der betroffenen öffentlichen und privaten Belange, damit nicht einzelne Wohngrundstücke durch Windkraftanlagen in unzumutbarer Weise belastet und entwertet werden. Die Verhinderung solcher Beeinträchtigungen kann erforderlich sein, um die Interessen der Bevölkerung an Wohn- und Lebensqualität zu wahren. Es kommt auch ernsthaft in Betracht, dass sich der planerische Abstandspuffer im Ergebnis im Planungsverfahren durchsetzt. Die Landesplanung muss nämlich nicht möglichst viele Windenergieanlagen zulassen. Sie hat lediglich der privilegierten Windenergienutzung substantiell Raum zu verschaffen, andererseits die Windenergienutzung aber zu kanalisieren und Fehlentwicklungen entgegenzusteuern (vgl. BVerwG, Urt. v. 27. Januar 2005, Az. 4 C 5/04 mwN zitiert nach juris). An der Relevanz dieses weichen Tabukriteriums ändert sich vorliegend auch nichts dadurch, dass der Mitgesellschafter XXX derzeit Eigentümer des zu schützenden Wohngebäudes ist und dieses selbst bewohnt. Die Regionalplanung ist vielmehr dauerhaft an objektiven Verhältnissen zu orientieren und hat nicht gegenwärtige Eigentümersituationen zugrunde zu legen. Hinsichtlich der sonstigen Planungskriterien sind Einwände nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden.

42

Die Verhältnismäßigkeit des von dem Sicherungsmoratorium verursachten Grundrechtseingriff in Art. 12 Abs. 1 GG der Klägerin ist im Hinblick auf die zwischenzeitliche Verlängerung des Sicherungsmoratoriums bis zum 30. September 2018 durch Änderungsgesetz vom 5. April 2017 nicht anders zu beurteilen. Zwar verlängert sich der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin, allerdings nur noch bezogen auf die hier streitbefangene Anlage, nachdem die beiden anderen größeren Windkraftanlagen, die ursprünglich auch im Streit standen, mittlerweile nach Zulassung einer Ausnahme vom Moratorium genehmigt worden sind. Dieser Grundrechtseingriff ist vertretbar, weil das Planungsverfahren zur Fortschreibung der Regionalpläne zum Sachthema Wind nach wie vor schutzwürdig und schutzbedürftig ist. Zur Ursprungsfassung des Gesetzes hat die erkennende Kammer bereits in dem Beschluss vom 10. September 2015 zum Aktenzeichen 6 A 190/13 wie folgt ausgeführt:

43

„Zur Sicherung des eingeleiteten Planungsverfahrens nach den zugrundezulegenden Planungskriterien ist die vorläufige Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 Landesplanungsgesetz geeignet, da Planverfahren und Abwägung nicht unterlaufen werden können.

44

Sie ist auch erforderlich, weil nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand während der Verfahrensdauer für die im Juni aufgelegte Neufestlegung der Ziele- und Grundsätze der Raumordnung nicht nur einzelne Vorhaben zur Errichtung von Windenergieanlagen von Betreibern verwirklicht werden sollen. Der gegenwärtig sehr frühere Planungsstand, in dem bislang lediglich Planungsabsichten formuliert sind, wäre durch den raumordnerisch ungesteuerten Ausbau der Windkraft erheblich beeinträchtigt, weil die landesplanerischen Optionen zur Wahrung anderer Belange mit fortschreitendem Windkraftanlagenausbau immer weiter eingeengt würden. Der Ausbau während des laufenden Verfahrens zur Landesplanung wäre lediglich bauplanungsrechtlich zu beurteilen, eine das Landesgebiet betreffende gesamträumliche Planung wäre wegen fortwährender Veränderung der Planungsgrundlagen erschwert, wenn nicht gar unmöglich. Wegen der Vielzahl anhängiger Genehmigungsanträge für raumbedeutsame Windenergieanlagen bei dem Beklagten und der aufgrund der hohen Renditeerwartung solcher Anlagen fortdauernden Windparkkonzeptionierungen steht zu erwarten, dass einer geordneten Raumplanung nicht nur weitere Einzelvorhaben im Wege stünden, sondern eine Vielzahl von neuerschlossenen Windenergieanlagenstandorten immer wieder in das Verfahren zur Landesplanung einzubeziehen wären. Die über das Bundesrecht gemäß § 14 Abs. 2 ROG hinausgehende generelle vorübergehende Unzulässigkeit ist die einzige Möglichkeit, um erheblichen Verwaltungsaufwand für die Raumordnungsbehörde zu vermindern. Für das einzelne Investitionsvorhaben ist es hingegen ohne Belang, ob es individuell vorläufig gemäß § 14 Abs. 2 ROG untersagt wird, oder im Gleichklang mit einer Vielzahl anderer Vorhaben im Land generell unzulässig ist und mithin lediglich die bundesrechtlich ohnehin mögliche Einzelfalluntersagung entbehrlich wird.

45

Schließlich ist das Sicherungsmoratorium verhältnismäßig im engeren Sinne und beeinträchtigt das Übermaßverbot für eine Berufsausübungsbeschränkung nicht, weil es zeitlich befristet ist und nur raumbedeutsame Windenergieanlagen betrifft. Vorhaben dieser Art, die nicht planungsrelevant sind, können darüber hinaus ausnahmsweise nach § 18 a Abs. 2 LaplaG nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung zugelassen werden. Durch diese Ausnahmeregelung ist gewährleistet, dass eine Einzelfallprüfung der Vorhaben auf ihre Planungsverfahrensverträglichkeit erfolgt und die vorläufige Unzulässigkeit des Vorhabens endet, sobald es die weitere Planung nicht mehr wesentlich erschwert.

46

Die Klägerin kann jedoch keine Ausnahme gemäß § 18 a Abs. 2 LaplaG von der vorläufigen Unzulässigkeit ihrer Windenergieanlagen beanspruchen. Nach der vorbezeichneten Vorschrift können Ausnahmen zugelassen werden, wenn und soweit raumbedeutsame Windkraftanlagen nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung nicht befürchten lassen, dass sie die Verwirklichung dieser Ziele unmöglich machen oder wesentlich erschweren.“

47

In diesem Planungsstand zur Aufstellung der Ziele der Raumordnung lässt die streitbefangene Windkraftanlage jedoch befürchten, dass sie die Verwirklichung des Ziels, einen Abstandspuffer u.a. um Einzelhäuser zu gewährleisten, wesentlich erschwert, weil dieses weiche Tabukriterium wegen des Vordringens von Windenergieanlagenstandorte in solche Nahbereiche betroffen ist. Mithin kommt in Betracht, dass für diesen Teil des Außenbereichs im Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 1) die effektive Freihaltung von Windenergieanlagen nicht mehr als Planungsoption besteht. Darüber hinaus droht auch eine negative Vorbildwirkung für den weiteren Planungsprozess, wenn ohne stichhaltige Begründung bereits in diesem Stand des Planungsverfahrens weiche Tabukriterien aufgegeben würden. Die weitere räumliche Ausdehnung bestehender Windparks in Schleswig-Holstein könnte dann nicht mehr effektiv in jedem Einzelfall auf ihre Raumverträglichkeit geprüft werden. Diese umfassende Prüfung soll aber gerade erst das Planaufstellungsverfahren ermöglichen, so dass gegenwärtig noch nicht feststehen kann, ob eine Ausnahmezulassung nach § 18 a Abs. 2 LaplaG möglich ist.

48

Insbesondere macht die Klägerin ohne Erfolg gegen die Änderungsfassung des Landesplanungsgesetzes mit der damit verbundenen Verlängerung des Sicherungsmoratoriums geltend, dass für die Verlängerung ein hinreichend konkretes Planungsziel fehle, weil nicht jedenfalls ein Mindestmaß dessen erkennbar sei, was Inhalt des zukünftigen Planes sein solle und deswegen für die Klägerin nicht erkennbar sei, was mit dem Sicherungsmoratorium bezogen auf das streitbefangene Vorhaben erreicht werden solle. Dabei verkennt die Klägerin, dass der legitime Zweck für ihre Grundrechtsbeeinträchtigung bereits in der Sicherung der Raumordnungsplanung einschließlich des zugehörigen Planungsprozesses besteht. Zu dieser Sicherung liegen genügend „sicherungsfähige Grundlagen“ vor (vgl. OVG Schl.-Holst. Urt. v. 27. März 2017, Az. 1 LB 2/15). Es steht nämlich fest, dass eine neue Regionalplanung zum speziellen Sachbereich der Windenergie erfolgen wird. Nachdem die Landesplanungsbehörde ihre Planungsabsicht bekanntgegeben und zugleich angekündigt hat, die Kriterien zur Ermittlung geeigneter bzw. ausgeschlossener Flächen auf Regionalplanebene zu überarbeiten, ist dem auch im Hinblick auf den Grundrechtsschutz der Klägerin bestehenden Erfordernis einer hinreichend konkreten Angabe von Planungszielen Genüge getan (vgl. Schl.-Holst. OVG, Urt. v. 29. März 2017, Az. 1 LB 2/15 mwN). Für die Angabe eines Mindestmaßes an Planungszielen kann nicht bereits ein Entwurf eines Raumordnungsplanes verlangt werden, wenn – wie hier – die Fläche eines großen Teilraumes des Landes betroffen ist und zudem die raumplanerische Entscheidung der Landesplanungsbehörde über die Festlegung von Vorrang-, Vorbehalts- oder Eignungsgebieten insbesondere im Bereich sogenannter weicher Tabuzonen aus einem gesamträumlichen Planungskonzept und einer Abwägung gemäß § 7 Abs. 7 ROG iVm § 7 Abs. 2 ROG abgeleitet werden muss. Die Beigeladene zu 2) hat auch ausweislich der von ihr in der mündlichen Verhandlung überreichten Chronologie des Planungsverfahrens nicht nur im Juni 2015 einen Runderlass zur Windenergieplanung veröffentlicht, sondern diesen Planungsprozess auch fortlaufend unter Einbeziehung der Öffentlichkeit vorangetrieben. Das Planungsverfahren wurde nicht etwa zögerlich oder ohne Ergebnisorientierung bearbeitet, sondern anhand der maßgeblichen Abwägungskriterien und unter aufwendiger Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse für den Abwägungsvorgang bearbeitet. Zwar macht die Klägerin zu Recht geltend, dass nach dem Koalitionsvertrag für die jetzt regierende „Jamaikaregierung“ vom Sommer 2017 einzelne Abwägungskriterien, wie z.B. Abstandspuffer verändert werden sollen. Damit ist aber der bisherige Planungsprozess nicht etwa hinfällig oder überflüssig geworden. Vielmehr kann diese Veränderung einzelner Abwägungskriterien in den bisherigen Planungsprozess eingebaut und auf der Grundlage der bisherigen Vorarbeiten fortgeführt werden, so dass nach wie vor eine hinreichend ernsthaft und aussichtsreiche Raumordnungsplanung den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin rechtfertigt.

49

Gegenwärtig nicht zu beurteilen hat die Kammer, dass die Landesregierung bereits jetzt presseöffentlich verlautbart, die Fortschreibung der Regionalpläne bis zum 30. September 2018 wohl immer noch nicht abgeschlossen zu haben. Es bleibt vielmehr ggfs. gerichtlicher Überprüfung nach dem 1. Oktober vorbehalten, ob ein laufender Planungsprozess dann noch schutzwürdig ist. Für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in dieser Sache gibt es hingegen keinerlei Hinweise darauf, dass das zu schützende Planverfahren erfolglos bleiben oder gar aufgegeben wird.

50

Der Schutzbereich des Eigentumsgrundrechtes der Klägerin aus Art. 14 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht betroffen, weil sie weder Eigentümerin des zur Bebauung in Aussicht genommenen Grundstückes ist, noch über einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb „XXX“ oder ähnliches als wertprägende Sach- und Rechtsgesamtheit eines wirtschaftlichen Unternehmens zur Windenergienutzung durch Stromerzeugung unter Einbeziehung des streitbefangenen Grundstücks verfügt. Bislang beschränkt sich der Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ausweislich des Gesellschaftsvertrages auf die Planung für den Bau und Betrieb von Windkraftanlagen in der Gemeinde Rantrum. Die Klägerin kann auch nicht irgendwelche Rechte aus dem Eigentumsschutz zu Gunsten ihres Mitgesellschafters Herrn XXX aus Art. 14 Abs. 1 GG geltend machen. Lediglich zur Klarstellung sei deshalb darauf hingewiesen, dass auch der Grundstückseigentümer den durch § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG nF verursachten Eingriff in seine Eigentümerbefugnisse hinnehmen muss, weil seine grundgesetzliche Eigentumsfreiheit zur Errichtung von Windkraftanlagen ohnehin unter Planungsvorbehalt steht und kein uneingeschränktes Baurecht gibt. Auch folgt aus dem Eigentumsgrundrecht kein Anspruch des Eigentümers auf Baureifmachung seiner Grundstücke. Vielmehr liegt in der Planunterworfenheit von Grundstücken eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. Schl.-Holst. OVG, Urt. v. 29. März 2017, Az. 1 LB 2/15 mwN).

51

Die Klage hat mit ihrem Hilfsantrag gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO teilweise Erfolg, weil die Ablehnung des begehrten Vorbescheides rechtswidrig ist und die Klägerin dadurch in eigenen Rechten verletzt wird. Mangels Spruchreife der Sache kommt jedoch nur eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung nach Ablauf des Moratoriums am 30. September 2018 in Betracht.

52

Die Ablehnung des streitbefangenen Vorbescheides ist gemäß § 9 iVm § 6 Abs. 1 BImSchG rechtswidrig, weil Gründe für eine dauerhafte Versagung des Vorbescheides nicht vorliegen. Nach den vorbezeichneten Vorschriften könnte der Vorbescheid gegenwärtig allenfalls gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG wegen entgegenstehender anderer öffentlich rechtlicher Vorschriften abgelehnt werden. Indessen liegen solche entgegenstehenden Vorschriften für den hier auf das Bauplanungsrecht und die Ziele der Raumordnung und Landesplanung sowie Darstellungen des Flächennutzungsplanes beschränkten Vorbescheidsantrages nicht vor.

53

Zunächst kann dem streitbefangenen Vorhaben das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht entgegengehalten werden. Vielmehr ist nach ständiger Rechtsprechung der Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichtsbarkeit diesem Gebot genüge getan, wenn der Abstand zwischen Windkraftanlage und nächstgelegener Wohnbebauung größer als die dreifache Anlagenhöhe ist. Vorliegend beträgt dieser Abstand ca. 380 m mithin also das 3,8fache der Anlagenhöhe von 100 m. Weiterhin kann dem Vorhaben auch nicht ein etwa entgegenstehender Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) mit einer Windkraftanlagenkonzentrationszonenausweisung anderenorts entgegengehalten werden. Dabei kann es dahinstehen, ob die Beigeladene zu 1) eine solche Konzentrationszonenplanung wirksam aufgestellt hat, weil die Konzentrationszonenplanung des Flächennutzungsplans im Hinblick auf die streitbefangene Windkraftanlage jedenfalls durch die zwischenzeitlich erfolgte Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens durch die Klägerin obsolet geworden ist (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB § 5 Rdnr. 1).

54

Auch kann der Beklagte dem Vorhaben nicht entgegenhalten, der Abstand zwischen der streitbefangenen Windkraftanlage und dem nordwestlich gelegenen Waldstück sei zu gering. Abgesehen davon, dass der Vorbescheid ausdrücklich die forstrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nicht umfassen soll, findet der von dem Beklagten geforderte Waldabstand im Landeswaldgesetz keine Stütze, weil gemäß § 24 LWaldG insoweit ein Waldabstand von 30 m ausreicht. Der in dem Runderlass vom 23. Juni 2015 als Abwägungskriterium aufgeführte Abstandspuffer von 100 m um Wälder für Windkraftanlagen ist lediglich ein Kriterium für den weiteren Abwägungsprozess zur Teilaufstellung der Regionalpläne zum Sachthema Windenergie ohne Rechtsverbindlichkeit (vgl. Schl.-Holst. LVerfG, Beschl. v. 17. Juni 2016, Az. LVerfG 3/15). Mithin können die Abwägungskriterien im Planaufstellungsverfahren auch keine entgegenstehende öffentlich rechtliche Vorschrift iSd § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sein.

55

Schließlich steht auch das gegenwärtig geltende Sicherungsmoratorium gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG nicht als anderweitig öffentlich rechtliche Vorschrift iSd § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG dem Vorhaben der Klägerin entgegen. Die Rechtswirkung des § 18 a Abs. 1 Satz 2 LapaG geht nämlich nicht auf Vernichtung etwaiger Genehmigungsansprüche. Die vorläufige Unzulässigkeit des streitbefangenen Vorhabens gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG lässt den Genehmigungsanspruch nicht untergehen, sondern suspendiert diesen lediglich vorübergehend (vgl. Beschluss der erkennenden Kammer vom 10. September 2015 zum Az. 6 A 190/13 mwN). Dieses wird schon aus dem Wortlaut der Norm deutlich, die ausdrücklich die „vorübergehende Unzulässigkeit“ regelt. Darüber hinaus heißt es auch in der Gesetzesbegründung zur Ursprungsfassung des Gesetzes vom 21. Mai 2015 (Landtagsdrucksache 18/2983 (neu)), dass das Gesetz keine Regelung über einzelne Windkraftanlagen treffe, sondern nur deren zeitlich begrenzte, raumordnerische Unzulässigkeit normiere. Das Moratorium wirkt sich zwar auf die gegenwärtige Durchsetzbarkeit eines etwaigen Genehmigungsanspruches aus und betrifft insofern den Fortgang des Genehmigungsverfahrens, untersagt ein Vorhaben aber nicht dauerhaft sondern lediglich temporär (Schl.-Holst. LVerfG, Beschl. v. 17.06.2016, Az. LVerfG 3/15). Dementsprechend behandelt auch das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht das landesplanerische Sicherungsmoratorium gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG nicht als andere entgegenstehende öffentlich rechtliche Vorschrift iSd § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, sondern als eigenständiges vorübergehendes Hindernis zur Genehmigungserteilung (Urteil vom 29. März 2017 zum Aktenzeichen 1 LB 2/15).

56

Zur Verwirklichung der bezweckten Sicherung der Raumplanung ist es auch nicht erforderlich, dass ein etwaiger Genehmigungsanspruch endgültig erlischt. Eine solche Interpretation des Gesetzes wäre vielmehr ein unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff, weil bereits die vorübergehende Suspendierung des Genehmigungsanspruches zur Zweckerreichung genügt. Dementsprechend ist das Sicherungsmoratorium gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG im systematischen Zusammenhang mit den Bestimmungen zur Landesplanung und nicht etwa zum Landesbaurecht geregelt. Die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG ist deshalb keine dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehende öffentlich rechtliche Vorschrift iSv § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG (vgl. Beschluss der erkennenden Kammer v. 10.September 2015, Az.: 6 A 190/13).

57

Demgegenüber macht die Klägerin zu Unrecht geltend, das landesplanerische Sicherungsmoratorium wirke wie eine bauplanungsrechtliche Veränderungssperre gemäß § 14 BauGB endgültig anspruchsvernichtend. Dem ist bereits entgegen zu halten, dass auch nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich ausgeführt wird, die Wirkung des landesplanerischen Sicherungsmoratoriums sei zwar an diejenige einer baurechtlichen Veränderungssperre angelehnt, sie treffe jedoch keine Aussage über die endgültige raumordnerische Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Anlage. Diese Aussage bleibe vielmehr den schlussabgewogenen Raumordnungsinstrumenten der Landesplanung vorbehalten.

58

Darüber hinaus lässt sich aus der Anlehnung des landesplanerischen Sicherungsmoratoriums an die baurechtliche Veränderungssperre nicht ableiten, dass dem Moratorium eine vergleichbare anspruchsvernichtende Wirkung während der Geltungsdauer des Moratoriums zukommt. Vielmehr unterscheidet sich das Moratorium sowohl in seinen Tatbestandsvoraussetzungen als auch in seiner Rechtsfolge deutlich von der Veränderungssperre. Während die Veränderungssperre unter bestimmten Voraussetzungen eine bauaufsichtliche Entscheidung durch Verwaltungsakt zulässt, ergibt sich das planungsrechtliche Sicherungsmoratorium unmittelbar aus Gesetz. Die Rechtsfolge der Veränderungssperre ist auf Anspruchsvernichtung gerichtet mit der Folge, dass ggfs. nach Ablauf der Geltungsdauer der Veränderungssperre ein neuer Bauantrag zu stellen ist (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB § 14 Rdnr. 16). Demgegenüber geht die Rechtsfolge des planungsrechtlichen Sicherungsmoratoriums, wie oben ausgeführt, gerade nicht auf Anspruchsvernichtung, sondern lediglich auf vorübergehende Aussetzung des Genehmigungsverfahrens. Der Landesgesetzgeber hat mithin mit § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaplaG ein völlig neues Steuerungs- und Sicherungsinstrument für die Landesplanung geschaffen, das bislang ohne Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland geblieben ist.

59

Dass aber grundsätzlich eine Verfahrensaussetzung zur Sicherung der Landesraumordnungsplanung ausreicht und nicht in jedem Fall zwingend eine Genehmigungsanspruchsvernichtung erforderlich ist, zeigt ein Vergleich mit § 11 Abs. 2 LaplaG Sachsen-Anhalts. Auch für diese Vorschrift, die eine behördliche Entscheidung zur befristeten landesplanerischen Untersagung eines immissionsschutzrechtlichen Vorhabens vorsieht, ist anerkannt, dass eine solche Untersagung nicht zum Erlöschen eines bis dahin bestehenden Genehmigungsanspruchs führt, so dass der Genehmigungsantrag abgelehnt werden müsse, sondern lediglich das Verwaltungsverfahren auszusetzen ist (vgl. OVG Magdeburg, Urt. v. 06. August 2012, Az.: 2 L 6/10 zitiert nach juris mwN).

60

Da nach alledem gegenwärtig dem Vorhaben der Klägerin keine öffentlich rechtlichen Vorschriften iSd § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen, ist der Ablehnungsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides rechtswidrig. Indessen kann die Klägerin gegenwärtig nicht mehr als die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung ab dem 1. Oktober 2018 erhalten, weil ihr Genehmigungsbegehren gegenwärtig schon wegen des laufenden Sicherungsmoratoriums bis zum 30. September 2018 in Ermangelung einer schlussabgewogenen Fortschreibung der Regionalpläne zum Sachthema Wind nicht spruchreif ist.

61

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, weil die Beigeladenen sich nicht mit einem eigenen Sachantrag am Kostenrisiko des Prozesses beteiligt haben.

62

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil diese Rechtssache im Hinblick auf eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle im Lande Schleswig-Holstein grundsätzliche Bedeutung hat.


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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 22. Nov. 2017 - 6 A 133/14 zitiert 25 §§.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Zur Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen oder von sonstigen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sollen die Träger der Landes- und Regionalplanung mit den hierfür maßgeblichen öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts einschließlich Nichtregierungsorganisationen und der Wirtschaft zusammenarbeiten oder auf die Zusammenarbeit dieser Stellen und Personen hinwirken. Die Zusammenarbeit nach Satz 1 kann sowohl zur Entwicklung einer Region als auch im Hinblick auf regionen- oder grenzübergreifende Belange erfolgen; die Zusammenarbeit von Gemeinden zur Stärkung teilräumlicher Entwicklungen (interkommunale Zusammenarbeit) ist zu unterstützen.

(2) Formelle und informelle Arten der Zusammenarbeit nach Absatz 1 können insbesondere sein:

1.
Vertragliche Vereinbarungen, insbesondere zur Koordinierung oder Verwirklichung von raumordnerischen Entwicklungskonzepten und zur Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen,
2.
Maßnahmen wie regionale Entwicklungskonzepte, überregionale, regionale und interkommunale Netzwerke und Kooperationsstrukturen, regionale Foren und Aktionsprogramme zu aktuellen Handlungsanforderungen,
3.
Durchführung einer Raumbeobachtung und Bereitstellung der Ergebnisse für regionale und kommunale Träger sowie für Träger der Fachplanung im Hinblick auf raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, sowie Beratung dieser Träger.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 1 kann Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung auch die Übernahme von Kosten sein, die dem Träger der Landes- oder Regionalplanung bei der im Interesse des Vertragspartners liegenden Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen entstehen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht.

(2) Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antrag bis auf vier Jahre verlängert werden.

(3) Die Vorschriften der §§ 6 und 21 gelten sinngemäß.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht.

(2) Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antrag bis auf vier Jahre verlängert werden.

(3) Die Vorschriften der §§ 6 und 21 gelten sinngemäß.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemeinde A-Stadt. Die vorgesehene Anlage (Typ Enercon E70/E4) mit einer Nennleistung von 2.300 kW soll eine Nabenhöhe von 64 m, einen Rotordurchmesser von 71 m und eine Gesamthöhe von 99,5 m aufweisen.

2

Der Kläger ist Landwirt und betreibt auf 150 ha Fläche einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Mais- und Getreideanbau sowie Milchviehhaltung und Rindermast. Das für die Versorgung der Tiere benötigte Futter erzeugt er selbst.

3

Die Hofstelle des Klägers liegt am Südrand der Gemeinde A-Stadt. An der Straße „To Osten“ befinden sich Wohn-, Wirtschafts- und Stallgebäude des Klägers sowie Hofflächen. In gut 350 m Entfernung liegt – südöstlich der Hofstelle, im E... Feld – die für eine Aquakulturanlage vorgesehene Halle, die bisher u. a. zur Strohlagerung genutzt wurde. Er beabsichtigt dort den Neubau einer Aquakulturanlage mit Zucht- und Produktionswasserbecken, welche zum Teil innerhalb der bestehenden Halle und zum Teil unter freiem Himmel vor der Halle errichtet werden soll. Zur Energieversorgung der Anlage beantragte er einen Vorbescheid für eine Windkraftanlage (330 kW, Gesamthöhe unter 50 m), der ihm unter dem 03.04.2009 erteilt wurde.

4

Am 19. September 2011 genehmigte der Kreis Dithmarschen den Bau der Aquakulturanlage auf der Grundlage des § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB.

5

Am 23. Juli 2010beantragte der Kläger eine Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer 99,5 m hohen Windenergieanlage mit einer Nennleistung 2,3 kW in der Nähe der Halle. Der erzeugte Strom soll unter anderem zum Betrieb der Aquakulturanlage verwendet werden.

6

Das dem Antrag beigefügte Konzept zur Energieversorgung legte die Fischproduktion von Garnelen und Barramundi-Barschen zugrunde und berechnete den Gesamtenergiebedarf dafür auf 2,5 Mio. kWh pro Jahr. Die Jahresproduktion der Windenergieanlage wurde auf 3,5 bis 4 Mio. kWh pro Jahr geschätzt. Nach dem „Energiekonzept“ des Klägers ergab sich eine Eigenverbrauchsrate von 62 %, wobei von einer - durch Strom aufzuheizenden - Wassertemperatur in den (Fisch-)Becken von 26° C ausgegangen wurde. In dem „Energiekonzept“ heißt es u. a.:

7

„Die Entscheidung über die zu produzierende Fischart hat direkten Einfluss auf die bereitzustellende Wassertemperatur … und den dafür notwendigen Energiebedarf … Die nachfolgenden Berechnungen basieren auf … dem angestrebten Mindestproduktionsvolumen von 250 t Speisefisch pro Jahr. …“ (S. 11)

8

Im Genehmigungsverfahren führte der Fachdienst Naturschutz aus, der Errichtung und dem Betrieb der Windenergieanlage stehe § 44 BNatSchG entgegen, da die Windenergieanlage ein zusätzliches Risiko und erhebliche Störungen streng geschützter Arten bewirke. Zudem werde das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt.

9

Der Beklagte lehnte den Genehmigungsantrag - nach Anhörung des Klägers - mit Bescheid vom 23. Januar 2013 u. a. mit der Begründung ab, die Anlage widerspreche Zielen der Raumordnung und sei auch nicht als Nebenanlage zu einem im Außenbereich privilegierten Betrieb gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB einzuordnen. Die geplante Fischzuchtanlage sei keine berufsmäßige Binnenfischerei und kein landwirtschaftlicher Betrieb in Form einer Hofstelle, da der Hauptbetrieb sich in 350 m Entfernung befinde. Die Windenergieanlage sei in unmittelbarer Nähe zu den Zuchtbecken geplant; sie sei deshalb dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht zu- oder untergeordnet.

10

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das beklagte Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2013 als unbegründet zurück. Dabei erfolgte der Hinweis, dass sich Barramundi und Garnelen nicht von Pflanzen ernährten.

11

Zur Begründung seiner am 4. Juni 2013 erhobenen Klage hat der Kläger die Ansicht vertreten, die Fisch- und Krustentierzucht in künstlichen Becken sei, solange die Tiere auf eigener Futtergrundlage ernährt würden, der Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB zuzuordnen. Die Fische würden mittels eigener Getreide- und Maisanbauflächen gefüttert werden. Diese Flächen dienten auch der Entsorgung der Fischgülle. Es sei i. Ü. nicht mehr die Zucht von Barramundi-Barschen beabsichtigt, sondern von Jadebarschen. Diese Fische seien „Allesfresser“ und könnten auch pflanzlich ernährt werden. Eine Zufütterung von Fischmehl werde nicht, schon gar nicht überwiegend erfolgen. Für das Wasser werde eine Temperatur von 25° bis 28°C benötigt. In der Aquakultur werde es durch Rapsschrot substituiert. Die Aquakulturanlage selbst sei privilegiert zulässig, da sie einem landwirtschaftlichen Betrieb diene.

12

Zudem befinde sich der landwirtschaftliche Betrieb nicht in einer Entfernung von 350 m zur Aquakulturanlage. Die Rinder würden direkt neben der Anlage aufgestallt.

13

Der Kläger hat beantragt,

14

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 22. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2013 zu verpflichten, ihm die beantragte Genehmigung zum Betrieb und zur Errichtung einer Windenergieanlage auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemarkung A-Stadt zu erteilen,

15

hilfsweise,

16

den Beklagten zu verpflichten, seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

17

Das beklagte Landesamt hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Es hat die Ansicht vertreten, § 201 BauGB sei eine Spezialregelung für den Bereich des Fischfanges und der Fischzucht. Die Haltung von Fischen sei nicht unter den allgemeinen Begriff der Tierhaltung zu subsumieren. Indem sich der Kläger nicht auf eine Fischart festlege, könne er keinen Nachweis über die Fütterung der Tiere mit eigenerzeugtem Getreide führen. Überdies müssten bei einer Änderung der zu züchtenden Fischart auch die Genehmigungsunterlagen geändert werden. Unabhängig davon könne die Aquakulturanlage allenfalls als mitgezogene Nutzung zu einem privilegierten Landwirtschaftsbetrieb angesehen werden. Die Windenergieanlage wäre dann eine Nebenanlage zur Nebenanlage und damit nicht privilegiert.

20

Das Verwaltungsgericht hat am 18. November 2014 eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Der Kläger hat dort erklärt, er könne sich nicht genau festlegen, welche Tiere in der Aquakultur gezüchtet werden sollen. Je nach Fischart komme die Fütterung mit Roggen, Raps, Weizen oder Soja in Betracht. Zur Produktion von jährlich 250 t Speisefisch seien ca. 250 t Futter erforderlich, für deren Erzeugung voraussichtlich 25 ha Ackerflächen benötigt würden. Der Futterbedarf werde zu ca. 10 % durch Zukauf (z. B. Fischöl, Fischmehl) gedeckt.

21

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil am 4. Dezember 2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der geplante Standort sei im Regionalplan nicht als Windeignungsfläche ausgewiesen. Auch stehe nicht fest, dass die geplante Anlage einem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Zwar könne eine Aquakulturanlage grundsätzlich ein landwirtschaftlicher Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB sein. Dieser Einordnung stehe auch nicht entgegen, dass die Baugenehmigung vom 19. September 2011 für die Halle nach § 35 Abs. 2 und 4 BauGB erteilt worden sei, da die Begründung der Genehmigung nicht von ihrer Regelungswirkung umfasst sei. Allerdings sei im konkreten Fall nicht festzustellen, dass die Aquakultur Landwirtschaft sei, denn der Kläger lege sich nicht fest, welche Tiere er züchten wolle. Die Benennung der zu züchtenden Fischart sei aber essentiell, denn es gebe Fische, deren Proteinbedarf ausschließlich durch unbehandelte Getreide- oder Hülsenfrüchte gedeckt werden könne und andere Fischarten, die einen höheren Bedarf hätten. Ohne Angabe der Fischart sei es nahezu unmöglich festzustellen, wie viel Ertrag und wie viel Fläche zur Futtererzeugung benötigt werde und ob die klägerischen Flächen ausreichten. Überdies könne mangels Benennung der Fischart auch keine Wirtschaftlichkeitsprognose gestellt werden. Die Gewinnerzielungsabsicht sei aber ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 201 BauGB. Es fehle somit am Nachweis der Dauerhaftigkeit und der Nachhaltigkeit der Aquakulturanlage. Überdies sei das Energiekonzept unschlüssig, da lediglich die theoretischen Jahresverbrauchswerte den Jahresertragswerten gegenüber gestellt würden, ohne die für die Windenergieanlagen typischen Schwankungen der Energieerzeugung, z.B. in Form von Sicherheitszu- oder -abschlägen, zu berücksichtigen.

22

Vor dem Hintergrund der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs seien an die Erfordernisse der ausnahmsweise zulässigen Vorhaben strenge Anforderungen zu stellen. Die pauschalen Berechnungen und Vorhabenbeschreibungen des Klägers genügten diesen Anforderungen nicht. Da die Aquakulturanlage noch nicht errichtet worden sei, seien erhöhte Anforderungen an den Nachweis der Dauerhaftigkeit und der Ernsthaftigkeit des zu errichtenden Betriebes zu stellen, die nur durch präzise Konzepte erfüllt werden könnten. Aufgrund des unpräzisen Gesamtkonzepts könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die geplante Windenergieanlage der Aquakultur i. S. d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB diene. Das „Dienen“ erfordere, dass die Windenergieanlage dem landwirtschaftlichen Betrieb zu- und untergeordnet und bodenrechtliche Nebensache sei. Die Windenergieanlage habe eine Entfernung von 50 m zu der geplanten Aquakultur. Auf die 350 m Entfernung zum übrigen Hof komme es nicht an, denn diesem solle die Windenergieanlage nicht dienen. Vorliegend scheitere das „Dienen“ daran, dass nicht sicher feststehe, dass der überwiegende Teil der erzeugten Energie in den Betrieb der Aquakulturanlage fließe. Das sei auch für eine „mitgezogene“ Nutzung zu fordern.

23

Dem Vorhaben stünden schließlich öffentliche Belange entgegen, denn es widerspreche den Zielen der Raumordnung. Ein Widerspruch bestehe zur Ziffer 3.5.2 Nr. 5 des Landesentwicklungsplanes (LEP), wo festgelegt sei, dass Windenergieanlagen als Nebenanlagen i.S.d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB i.d.R. nicht höher als 70 m sein dürften. Dieses Ziel sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG verbindlich. Die geplante Anlage überschreite die festgesetzte Gesamthöhe mit 99,5 m deutlich.

24

Gegen das ihm am 30. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Januar 2015 die Zulassung der Berufung beantragt.

25

Im Zulassungsverfahren hat der Kläger eine neue „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ – Stand Februar 2015 – eingereicht. Danach sollen 201 – 250 t Karpfen produziert und zum größten Teil als Setzkarpfen für die Weitermast in Teichanlagen verkauft werden. Die Fütterung soll durch pflanzlich basierte Futtermischungen und einen „geringen Anteil von Zukaufkomponenten“ erfolgen. Vom Gesamt-Futterbedarf (320 t) könnten „gut 175 t“ selbst erzeugt werden. Für eine Temperatur im Gebäude von 20°C und in den Wasserbecken von 26°C entstehe ein Energiebedarf von 2,44 Mio kWh pro Jahr, der Eigenverbrauch des von der Windenergieanlage erzeugten Stroms für die Aquakultur und den Hof liege bei 56,69 %.

26

Der Senat hat dem Zulassungsantrag mit Beschluss vom 25. März 2015 stattgegeben.

27

Der Kläger ist der Ansicht, auf eine landwirtschaftliche Privilegierung der Windenergieanlage komme es mangels Wirksamkeit des Regionalplans IV nicht an. Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BauGB zulässig, denn weder die Darstellungen eines Flächennutzungsplanes noch die eines Regionalplanes stünden dem Vorhaben gemäß § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB entgegen. Auch § 18a Landesplanungsgesetz könne dem klägerischen Vorhaben nicht entgegengehalten werden, denn die Norm sei verfassungswidrig. Die Ungültigkeitsgründe, die das Gericht zu den Regionalplänen für die Planungsräume I und III gefunden habe, seien auch auf den Regionalplan IV zu übertragen. Daher könne auch der LEP nicht mehr herangezogen werden. Im Übrigen folge aus der Formulierung „in der Regel“ in Nr. 3.5.2 Nr. 5 LEP, dass die Genehmigung einem Abwägungsvorgang zugänglich sein müsse. Der Begriff der Landwirtschaft in § 201 BauGB könne nicht über die Raumordnung definiert werden. Maßgeblich sei alleine die Frage, ob das Bauvorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb diene und nicht wie hoch es sei.

28

Privilegierte Stromerzeugungsanlagen i. S. d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB dürften auch Strom in das öffentliche Netz einspeisen, ohne ihre Privilegierung zu verlieren. Die Feststellung einer deutlich überwiegenden Eigennutzung könne nicht in Zweifel gezogen werden, wenn zu bestimmten Zeiten und unter bestimmten Umständen ein höherer Anteil in das öffentliche Netz eingespeist werde. Theoretisch sei eine Stromerzeugung von 4,6 Mio kWh pro Jahr möglich, davon werde auf dem Hof und in der Aquakultur ein Anteil von 2.443.992 kWh pro Jahr verbraucht. Vor dem Hintergrund des Wertes der Vergütung von Strom (4,95 Ct/kWh) bestehe kein Interesse daran, die Menge der in das öffentliche Netz einzuspeisenden Energie künstlich zu erhöhen. Der maximal anzulegende Wert in den ersten fünf Jahren liege bei 8,9 Ct/kWh Strom, während der Bezug von Strom aus dem öffentlichen Netz ca. 24 Ct/kWh koste. In seinem Konzept zur Energieversorgung sei nachvollziehbar dargelegt worden, für die Fischzuchtanlage 62% des erzeugten Stromes zu benötigen. Aus seiner Faktensammlung aus März 2016, in der er den Eigenverbrauch der letzten drei Jahre berechnet habe, ergebe sich aufgrund der Trafo-Aussteuerung („Abregelung“) im Jahr 2014 ein Eigenverbrauch von 79,0 % und im Jahr 2015 von 119,8 %.

29

Der Kläger beantragt,

30

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Mai 2013 zu verpflichten, ihm die beantragte Genehmigung zum Betrieb und zur Errichtung seiner Windenergieanlage Enercon E70 E4, Rotordurchmesser 71 m, Nabenhöhe 64 m, Gesamthöhe 99,5 m auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemarkung A-Stadt zu erteilen,

31

hilfsweise,

32

den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts zu verpflichten, seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

33

Das beklagte Landesamt beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Es hält an seiner Ansicht fest, die Anlage könne weder nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 noch nach Nr. 5BauGB genehmigt werden. Eine Genehmigung nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB entfalle, weil die Fischzucht kein landwirtschaftlicher Betrieb sei. Die Windenergieanlage „diene“ einem solchen Betrieb auch nicht. Es fehle an ausreichenden Belegen für einen dauerhaft geplanten und wirtschaftlichen Betrieb, weil sich der Kläger nicht endgültig auf ein bestimmtes Zuchttier habe festlegen wollen. Er lege seiner Wirtschaftlichkeitsanalyse nunmehr den Einsatz von Karpfen zugrunde. Sein ständig wechselnder Vortrag begründe Zweifel an einer ernsthaft geplanten und langfristigen Betriebsführung. Die Ernsthaftigkeit des klägerischen Vorhabens sei auch deshalb zweifelhaft, weil die mit der Nutzungsänderung der Halle genehmigten Maßnahmen nach vier Jahren - bis heute - noch nicht abgeschlossen seien. Hinsichtlich des vorgelegten (neuen) Konzepts zur Energieversorgung bestünden Zweifel an dessen Plausibilität, zumal dessen Verfasser nicht erkennbar sei.

36

Eine Wirtschaftlichkeit der nunmehr geplanten Karpfenzucht könne nicht angenommen werden. Alle Ergebnisse bisher betriebener Warmwasser-Aquakulturanlagen hätten keine Wirtschaftlichkeit zeigen können. Bisher würden in Europa Karpfen ausschließlich in Teichen kommerziell gemästet. Für die vom Kläger geplanten Produktionsmengen fehle ein Absatzmarkt. Eine Weitermast von K3-Karpfen in Teichen sei ökonomisch unsinnig.

37

Selbst wenn die Aquakulturanlage als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB eingeordnet werde, „diene“ die geplante Windenergieanlage diesem nicht. Ausgehend von der zweitinstanzlich eingereichten (neuen) Wirtschaftlichkeitsanalyse betrage der Eigenverbrauch des erzeugten Stromes 56,69 %. Dieser Prozentsatz belege keine deutlich überwiegende Eigennutzung. Eine Grenze für einen deutlich überwiegenden Eigenverbrauch dürfe nicht unterhalb von 2/3 gezogen werden. Auf die Frage, inwieweit „überschüssiger“ Strom in das Netz eingespeist werde, komme es nicht an, zumal der künftige Umfang sog. Abregelungen keinesfalls sicher sei.

38

Einer Genehmigung nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BauGB stehe § 18a Landesplanungsgesetz entgegen. Diese Vorschrift sei wirksam; eine Ausnahmegenehmigung nach dessen Abs. 2 liege nicht vor und könne auch nicht erteilt werden, da sich die Windkraftanlage innerhalb eines „weichen Tabukriteriums“ der in Aufstellung befindlichen Regionalplanung befinde und den Abstand von 800 m zu Siedlungsbereichen unterschreite.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des beklagten Landesamtes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

40

Die zugelassene Berufung hat keinen Erfolg. Der Kläger hat die Berufung nach der Zulassung innerhalb der Frist gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO bis zum 1. Juni 2015 begründet. Die am 26. Februar 2016 erfolgte weitere Begründung ergänzt lediglich die fristgerecht vorgetragenen Berufungsgründe.

41

1. Der Kläger hat erstmals im Berufungsverfahren auch die Verpflichtung des Beklagten zur Genehmigung einer „selbständig“ privilegierten Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB erstrebt.

42

Zuvor war - mit Antrag vom 23. Juni 2006 - die Genehmigung einer „betriebseigenen“ Windkraftanlage für die Stromversorgung einer Aquakulturanlage beantragt worden (vgl. auch das szt. vorgelegte „Energiekonzept“ zur Begründung der „Privilegierung der Windkraftanlage“ [Beiakte A, Bl. 29 ff.]). Auf den Genehmigungsantrag hatte der Kläger erstinstanzlich mit seinem Verpflichtungsantrag und in seiner Klagebegründung sowie in dem (schriftsätzlich) angekündigten Berufungsantrag Bezug genommen.

43

Es kann offen bleiben, ob darin eine Klageänderung i.S.d. § 91 VwGO liegt, nachdem sich das beklagte Amt darauf - ohne Widerspruch - sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Berufungsverhandlung eingelassen hat. Es hat in seiner Berufungserwiderung vom 24. Februar 2016 (Bl. 201/203 d. A.) zu der nach seiner Ansicht fehlenden Genehmigungsfähigkeit der Windkraftanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB Stellung genommen. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung hat das beklagte Amt einer Klageänderung nicht widersprochen. Sie wäre damit zulässig, ohne dass es noch auf die Frage ankommt, ob sie auch „sachdienlich“ ist (§ 91 Abs. 2 VwGO).

44

2. Der Kläger kann weder eine Genehmigung der Windkraftanlage noch – im Sinne seines Hilfsantrages – eine neue „Verbescheidung“ seines Genehmigungsantrages beanspruchen. Rechtsgrundlage für die begehrte Genehmigungserteilung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage ist § 6 Abs. 1 i.V.m. § 4 BImSchG und Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zur 4. BImSchV. Danach kommt es für den Genehmigungsanspruch darauf an, ob der Errichtung und dem Betrieb der geplanten Anlage öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen.

45

Hier stehen der Genehmigung Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen: Die Windenergieanlage ist weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB (unten 2.1) noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (unten 2.2) zulässig; auch als „sonstiges Vorhaben“ i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB ist die Anlage nicht genehmigungsfähig (unten 2.3).

46

2.1 Der Kläger weist – im Ausgangspunkt – zutreffend darauf hin, dass eine Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig ist.

47

2.1.1 Der Zulässigkeit kann – derzeit – die Vorschrift in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht entgegengehalten werden. Zwar sah der – hier maßgebliche - Regionalplan für den Planungsraum IV (Schleswig-Holstein Süd-West: Kreise Dithmarschen und Steinburg; Teilfortschreibug zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung vom 06.11.2012 [Amtsbl. SH S. 1336]) für Windkraftanlagen eine „Ausweisung an anderer Stelle“ vor. Diese regionalplanerische Grundlage ist jedoch unwirksam. Der Senat hat durch Urteile vom 20.01.2015 – 1 KN 6/13 u.a. (NordÖR 2015, 261 ff.) – die Teilfortschreibungen des Regionalplans für die Planungsräume I und III für unwirksam erklärt. Die dazu festgestellten formellen und materiellen Unwirksamkeitsgründe, insbesondere die nicht ordnungsgemäß erfolge Differenzierung zwischen harten und weichen Tabukriterien, die fehlerhafte Abwägung zu Mindestabstandsregelungen und die Ausklammerung potenzieller Eignungsflächen nur wegen eines entgegenstehenden Gemeindewillens, gelten auch in Bezug auf die hier maßgebliche Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum IV. Dem entsprechend ist die Unwirksamkeit dieser Teilfortschreibung hier inzident festzustellen. Die Frage, ob der im Erlasswege erfolgten Erklärung der Landesplanungsbehörde zur Nichtanwendung der Teilfortschreibung des Regionalplans IV (s. Erlass vom 23.06.2015, zu III. [Amtsbl. SH S. 772]) verbindliche Rechtswirkung zukommt, kann danach offen bleiben.

48

2.1.2 Dem auf § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gestützten Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsanspruch des Klägers steht aber die - genehmigungsrechtliche - Vorschrift des § 18a Abs. 1 Satz 2 LPLaG SH entgegen. Danach sind zur Sicherung der Raumordnungsplanung bis zum 05.06.2017 (maßgebliche Gesetzesfassung vom 22.05.2015 [GVOBl. S. 132] zur Zeit der mündlichen Verhandlung) raumbedeutsame Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet unzulässig, nachdem Verfahren zur Neuaufstellung von Raumordnungsplänen oder zur Fortschreibung bestehender Raumordnungsplänen eingeleitet worden sind.

49

2.1.2.1 Die hier zu beurteilende Windkraftanlage ist „raumbedeutsam“ i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG. Insofern sind in erster Linie die Dimension (Höhe, Rotordurchmesser), der Standort und die Auswirkungen auf die Raumordnung maßgeblich; diese bestimmen im Einzelfall die Wirkungen der Anlage auf das Landschaftsbild. Bei einer Anlage, die – wie hier – mit 64 m Nabenhöhe und einer Gesamthöhe von 99,5 m in der flachen Marschenlandschaft weithin sichtbar ist, liegt eine erhebliche Auswirkung auf den Raum und dessen Funktionen vor (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.08.2002, 4 B 26.02, BauR 2003, 837 [bei Juris Rn. 6], OVG Magdeburg, Urt. v. 20.04.2007, 2 L 110/04, ZNER 2007, 234 [bei Juris Rn. 29]; OVG Koblenz, Urt. v. 20.02.2003, 1 A 11406/01, NVwZ-RR 2003, 619; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2004, 1 LB 28/04, BauR 2004, 1579; vgl. auch Runkel DVBl. 997, 275/278 [zu 3.3.1])

50

2.1.2.2 Das Land hat auch Verfahren zur Neuaufstellung bzw. Fortschreibung von Raumordnungsplänen in Bezug auf Windenergieanlagen eingeleitet (Runderlass der Landesplanungsbehörde vom 23.06.2015 [Amtsbl. SH S. 772], i.d.F. vom 14.12.2016 [Amtsbl. SH S. 1853]).

51

2.1.2.3 Eine Ausnahme von der Unzulässigkeit nach § 18a Abs. 1 LaPlaG hat die Landesplanungsbehörde vorliegend nicht zugelassen. Sie kommt, wie sich aus dem Schriftsatz des beklagten Landesamtes vom 27.03.2017 (S. 2) ergibt, auch nicht in Betracht, weil die Windkraftanlage in einem Bereich errichtet werden soll, der einem „weichen Tabukriterium“ des in Aufstellung befindlichen (neuen) Regionalplans unterfällt und – zudem – den vorgesehenen sog. Siedlungsabstand von 800 m deutlich unterschreitet.

52

2.1.2.4 Der Ansicht des Klägers, § 18a Abs. 1 LaPlaG stehe seinem Vorhaben nicht entgegen, weil diese (Landes-)Norm verfassungswidrig sei, ist nicht zu folgen. Der Senat sieht keine Veranlassung, das Verfahren insoweit auszusetzen und die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts einzuholen, da die genannte Vorschrift mit der Landesverfassung vereinbar ist (§ 44 LVerfGG). Ebenso besteht kein Grund, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, weil § 18a LaPlaG auch mit übergeordneten Normen des Bundesrechts, insbesondere des Grundgesetzes, vereinbar ist (§ 13 Nr. 11, § 80 BVerfGG).

53

Die Zweifel des Klägers an der Gesetzgebungskompetenz des Landes zum Erlass des § 18a LaPlaG sind unbegründet.

54

Das Raumordnungsrecht gehört nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zur konkurrierenden Gesetzgebung, also zur Landeskompetenz, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Vorliegend hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht, indem er in § 14 Abs. 2 ROG eine sog. „Sicherungsuntersagung“ vorgesehen hat, die der Raumordnungsbehörde für den Fall, dass sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet, die Möglichkeit zu einer - auf bis zu zwei Jahre befristeten - Untersagung von raumbedeutsamen Maßnahmen gibt. Allerdings darf das Land nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG von dieser Regelung durch Gesetz abweichen; im Falle einer Abweichung geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor (Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG). Das ist vorliegend § 18a LaPlaG. Die Kompetenz des Landes, von dem 2008 erlassenen (neuen) Raumordnungsgesetz des Bundes abzuweichen, ist durch Art. 125 b Abs. 1 GG eröffnet. Sie ist durch das Grundgesetz nicht eingeschränkt; anders, als es etwa für das Naturschutz- oder Wasserhaushaltsrecht der Fall ist (vgl. Art. 72 Abs. 3 Nr. 2, 5 GG), gibt es für den Bereich der Raumordnung keinen verfassungsrechtlich bestimmten „abweichungsfesten Kern“ (vgl. BT-Drs. 17/813, S. 11 [zu b]; Hoppe, DVBl. 2007, 144). Die Abweichungskompetenz umfasst auch Instrumente zur Sicherung der (Landes-)Raumordnungsplanung. Die in § 18a LaPlaG getroffene landesrechtliche Regelung ist auch eine „echte“ Abweichung von § 14 Abs. 2 ROG und nicht etwa (nur) eine Wiederholung der bundesrechtlichen Reglung. § 18a Abs. 2 LaPlaG trifft eine inhaltlich weitergehende Regelung als § 14 Abs. 2 ROG, da sie abweichend von § 14 Abs. 2 ROG in § 18a Abs. 2 LaPlaG - befristet - die generelle, vorläufige Unzulässigkeit vorsieht (vgl. LT-Drs. 18/2983, S. 6, IV.).

55

Die in § 18a LaPlaG getroffene Regelung steht auch nicht im Konflikt mit dem Kompetenztitel in Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG („Bodenrecht“). Der dazu von Bringewat (NordÖR 2016, 240/245) vertretenen - gegenteiligen - Ansicht folgt der Senat nicht. Die boden- bzw. bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung von Windkraftanlagen sind in § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB geregelt. Soweit es nach § 35 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BauGB auf raumordnungsrechtliche Ziele ankommt, „öffnet“ sich das Bauplanungsrecht für – weitere – raumordnungsrechtliche Regelungen und damit auch für die Raumordnungsplanung des Landes. Damit bleibt auch die Möglichkeit des Landesgesetzgebers erhalten, die (Neu-)Aufstellung von Raumordnungsplänen zu sichern. Genau diesem Zweck dient § 18a LaPlaG, indem - nur - zur Sicherung der Raumordnungsplanung raumbedeutsame Windkraftanlagen für vorläufig unzulässig erklärt werden. Damit betrifft § 18a LaPlaG ausschließlich Genehmigungsverfahren, regelt also nicht die planungsrechtliche (Un-)Zulässigkeit von Windkraftanlagen. Die nach § 18a LaPlaG geltende zeitlich begrenzte raumordnerische Unzulässigkeit hält die Frage der endgültigen raumordnerischen Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Anlage „offen“; ihre Antwort ergibt sich (erst) aus den schlussabgewogenen Raumordnungsinstrumenten der Landesplanung (vgl. LVerfG SH, Beschl. vom 17.06.2016, LVerfG 3/15, NVwZ-RR 2016, 801 [Rn. 33, 34, 36]).

56

Die in § 18a LaPlaG getroffene Regelung begegnet auch keinen materiell-rechtlichen Einwänden des Verfassungsrechts.

57

Das Landesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass die Vorschrift die gemeindliche Planungshoheit (Art. 54 Abs. 1 LVerf SH) nicht verletzt; die gemeindliche Planungshoheit wird durch die Norm nicht betroffen (LVerfG, Beschl. v. 17.06.2016, a.a.O., Rn. 32 f.). Der Senat folgt dieser Beurteilung.

58

Darüber hinaus verletzt § 18a LaPlaG auch keine Grundrechte des Klägers.

59

Die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Baufreiheit wird nicht verletzt. Zwar wird der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG durch die nach § 18a LaPlaG geltende zeitlich begrenzte, raumordnerische Unzulässigkeit der Windkraftanlage betroffen. Doch liegt darin - ebenso wie im Fall einer baurechtlichen Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 BauGB) – eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Die Regelung in § 18a LaPlaG ist eine notwendige Ergänzung der auf Landesebene erfolgenden Raumordnungsplanung. Sie wahrt und sichert den planerischen „Spielraum“ des Landes und trägt damit gleichzeitig dazu bei, die (raum-)planerische Abwägung möglichst frei von „Fakten“ vornehmen zu können, die während des Planungsprozesses (gänzlich) unbeeinflusst von raumplanerischen Regelungen geschaffen worden sind. Im Interesse einer sachgerechten Raumordnungsplanung bestehen keine Bedenken, den Eigentümern diese Wirkungen für einen zeitlich begrenzten Zeitraum entschädigungslos aufzuerlegen (vgl. - zum Baurecht - Stock in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017 § 14 BauGB, Rn. 143 m. w. N.). Durch die nach § 18a Abs. 2 LaPlaG bestehenden Entscheidungsbefugnisse der Landesplanungsbehörde kann – bei sachgerechter Handhabung – erreicht werden, dass Ausnahmen von der Unzulässigkeit nach § 18a Abs. 1 LaPlaG zugelassen werden, wenn (sobald) die Raumordnungsplanung fortgeschritten ist und die Verwirklichung ihrer Ziele nicht oder nur unwesentlich erschwert wird. Diese Vorschrift sowie die befristete Geltung des § 18a Abs. 1 LaPlaG tragen zur Verhältnismäßigkeit der Inhalts- und Schrankenbestimmung bei.

60

Soweit demgegenüber eingewandt wird, der Gesetzgeber habe in § 18a Abs. 1 LaPlaG eine Plansicherung eingeführt, ohne den Willen, ein „relevantes Ziel aufzustellen, hinreichend manifestiert zu haben“ und ohne dass eine „sicherungsfähige Regionalplanung … (nicht einmal) in Grundzügen“ vorgelegen habe (Bringewat, a.a.O., S. 244), vermag dies die Verfassungsmäßigkeit der Norm nicht in Frage zu stellen. Es trifft zwar zu, dass bei (Verabschiedung und) Inkrafttreten des § 18a LaPlaG am 05.06.2015 (GVOBl. SH S. 132) noch kein „Entwurf des zu sichernden Raumordnungsplans“ vorlag, sondern zunächst nur die allgemeine Planungsabsicht zur Teilaufstellung der Regionalpläne (Sachthema Windenergie) für die Planungsräume I bis III bekannt gemacht worden ist (Runderlass vom 23.06.2015, Amtsbl. SH S. 772). Damit stand aber fest, dass eine neue Regionalplanung zum (speziellen) Sachbereich der Windenergie erfolgen wird. Dem – aus der Bauleitplanung bekannten – Erfordernis einer „sicherungsfähigen“ Planung, die ein Mindestmaß des Inhalts der beabsichtigten Planung erkennen lässt, wird im Allgemeinen (schon) genügt, wenn die Ziele und Zwecke der Planung bekannt sind, aber noch (verschiedene) Planungsalternativen bestehen (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 2017, § 14 BauGB Rn. 43). Die Anforderungen sind im Einzelfall vom jeweiligen Planungsraum abhängig. Wenn - wie hier - die Fläche eines großen Teilraums des Landes betroffen ist und - zudem - die raumplanerische Entscheidung der Landesplanungsbehörde über die Festlegung von Vorrang-, Vorbehalts- oder Eignungsgebieten (§ 7 Abs. 4 ROG) insbesondere im Bereich sog. „weicher Tabuzonen“ (vgl. zum Begriff: BVerwG, Urt. v. 13.12.2012, 4 CN 1.11, BVerwGE 145, 231) aus einem gesamträumlichen Planungskonzept und einer Abwägung (§ 7 Abs. 7 ROG) abgeleitet werden muss, kann für die Angabe eines „Mindestmaßes“ an Planungszielen nicht – wie vertreten wird (Bringewat, a.a.O., S. 244) – bereits ein Entwurf eines Raumordnungsplans verlangt werden. Nachdem die Landesplanungsbehörde ihre Planungsabsicht bekannt gegeben und zugleich angekündigt hat, die Kriterien zur Ermittlung geeigneter bzw. ausgeschlossener Flächen auf Regionalplanebene zu überarbeiten, ist dem – auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG bestehenden – Erfordernis einer hinreichend konkreten Angabe von Planungszielen Genüge getan. Der Umstand, dass die Überarbeitung der „Kriterien“ erst mit Erlass vom 29.04.2016 (Amtsbl. SH S. 424), also ca. 10 Monate nach Inkrafttreten des § 18a LaPlaG, erfolgt ist, ist unschädlich; auch die Entscheidung über diese Kriterien ist Teil des – zu sichernden – Planungsprozesses. Die Bekanntgabe der Planungsabsicht für eine (neue) Regionalplanung zur Windenergie und die – bald darauf – erfolgte Angabe von diesbezüglichen „Kriterien“ genügen gem. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des § 18a LaPlaG.

61

Die Verfassungsmäßigkeit des § 18a LaPlaG ist auch im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG nicht in Frage zu stellen. Der Senat folgt insoweit der rechtlichen Beurteilung, die das Verwaltungsgericht seinem Beschluss vom 10.09.2015 (6 A 190/13; NVwZ-RR 2016, 212/213) zugrunde gelegt hat. Der Kritik von Bringewat (a.a.O., S. 247) – auch daran – ist nicht zu folgen; sie wiederholt den bereits zu Art. 14 GG angeführten Einwand, es fehle an einer „ausreichend konkretisierten überörtlichen Planung“, weshalb ein legitimer Zweck zur Einschränkung der Berufsfreiheit fehle. Damit wird übersehen, dass der legitime Zweck bereits in der Sicherung der Raumordnungsplanung einschließlich des zugehörigen Planungsprozesses besteht; zu dieser Sicherung liegen genügend „sicherungsfähige“ Grundlagen vor.

62

2.2 Dem Genehmigungsanspruch nach § 6 Abs. 1 BImSchG steht § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entgegen.

63

Die vom Kläger geplante Windkraftanlage ist nicht Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs (2.2.1). Sie „dient“ einem solchen auch nicht (2.2.2) und kann auch nicht als eine sog. „mitgezogene Nutzung“ zugelassen werden (2.2.3).

64

2.2.1 Der Kläger ist unzweifelhaft Landwirt, soweit er (auf seiner „Hofstelle“) Milchviehhaltung und Rindermast auf einer Flächengrundlage von 150 ha betreibt und Mais bzw. Getreide anbaut. Die streitige Windenergieanlage will er für seinen (künftigen) Betriebsteil „Aquakultur“ einsetzen. Von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB wäre dies abgedeckt, wenn die „Aquakultur“ als Landwirtschaft i. S. der Legaldefinition des § 201 BauGB anerkannt werden könnte. Insoweit sind die für den zu „gründenden“ (neuen) Betriebsteil relevanten Umstände Grundlage der rechtlichen Beurteilung (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017, § 35 BauGB Rn. 34).

65

Die Genehmigung zur Nutzungsänderung der Halle und zur Errichtung der Aquakulturanlage ist im Bescheid vom 19.09.2011 (Bl. 173 der Beiakte A) nicht auf der Grundlage des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, sondern nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB erteilt worden. Damit geht von dem genannten Bescheid schon im Ansatz keine Tatbestandswirkung für das Vorliegen einer Landwirtschaft i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB aus.

66

Die Aquakultur des Klägers ist nicht als Landwirtschaft anzuerkennen.

67

2.2.1.1 Zur Landwirtschaft i. S. d. § 201 BauGB gehört bei Tierhaltungsbetrieben die überwiegende Erzeugung des Futters auf zum Betrieb gehörenden Flächen (unmittelbare Bodenertragsnutzung; vgl. BVerwG, Urt. v. 14.05.1969, 4 C 19.68, BVerwGE 34, 1 ff.; Urt. v. 13.12.1974, 4 C 22.73, BauR 1975, 104). Auch Fischzuchtanlagen können danach Landwirtschaft sein, wenn deren überwiegende Futtergrundlage aus dem Ackerbau, der Wiesen- und Weidewirtschaft stammt bzw. stammen kann. Die in Betracht kommenden Tierarten sind nicht auf traditionell in der Landwirtschaft gehaltene Tiere begrenzt. Allein entscheidend ist, ob das Futter (für die Fische) überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann; auch dann liegt eine unmittelbare Bodenertragsnutzung (Urproduktion) vor. Eine Einschränkung auf bestimmte Tierarten ist daraus indes nicht abzuleiten, zumal die Inanspruchnahme von Flächen durch traditionell „landwirtschaftliche“ Tierarten gleich oder gar intensiver sein kann als bei neu eingesetzten Tierarten. Nach der Novellierung des BauGB durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau) vom 23.09.2004 (BGBl I, S. 2414) sollte der „Strukturwandel in der Landwirtschaft“ gefördert werden (vgl. BT-Drs. 15/2250, S. 33), was auch die Nutzung neuer Produktionsmöglichkeiten – bei unmittelbarer Bodenertragsnutzung – einschließen sollte (VG Hamburg, Urt. v. 28.11.2012, 7 K 656/12, NVwZ-RR 2013, m. w. N.; vgl. auch VG Darmstadt, Urt. v. 19.03.2015, 7 K 923/12.DA, Juris). Soweit das OVG Lüneburg (Urt. v. 27.02.1984, 1 A 103/82, BRS 42 Nr. 88) eine Fischproduktion in Mastbehältern aus Stahl nicht als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB anerkannt hat, ist dies im Hinblick auf den (in § 201 BauGB genannten) Begriff der „Binnenfischerei“ erfolgt, die keine Aquakultur in künstlichen „Hälterbecken“ umfasse. Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Ebenso, wie es (auch) bei der „terrestrischen“ Produktion von Tieren keinen Unterschied macht, ob diese in „künstlichen“ Vorrichtungen oder in der „Natur“ erfolgt, ist dies auch bei Fischen der Fall; maßgebliches Kriterium bleibt – wie oben ausgeführt – die unmittelbare Nutzung des Bodenertrags für die Tierproduktion. Soweit das OVG Lüneburg (a.a.O.) für eine Fischproduktion in „Hälterbecken“ das Vorliegen eines „ortsgebundenen“ Betriebs verneint hat, bezieht sich dies auf § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, hat also keine Relevanz für die Zuordnung der Aquakultur zur Landwirtschaft.

68

2.2.1.2 Die Aquakultur wäre – danach – als „Landwirtschaft“ anzuerkennen, wenn der Kläger das für die Fische erforderliche Futter – bei Fortführung der anderen Betriebszweige (Milchviehhaltung, Rindermast) – überwiegend auf eigener Flächen-/Futtergrundlage erzeugen kann; die eigene Futtergrundlage muss überwiegen, d.h. mehr als 50 % abdecken (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017, § 201 BauGB, Rdnr. 17). Dies nachzuweisen, obliegt dem Kläger.

69

Dazu hat der Kläger im Laufe des Verfahrens (höchst) unterschiedliche Zahlen „geliefert“, die sich (womöglich) auf die wechselnden Zuchtfische (zuerst Garnelen und Barramundi-Barsche, sodann Jadebarsche, schließlich Karpfen) bezogen. Der Senat legt seiner Entscheidung – im Hinblick darauf, dass eine Verpflichtung des beklagten Amtes begehrt wird, so dass es auf die Sach- und Rechtslage zur Zeit der Berufungsverhandlung ankommt – die Bedürfnisse für eine Karpfenzucht bzw. -produktion zugrunde.

70

Für eine Produktionsmenge von 250 t Karpfen werden – den Angaben des Klägers zufolge - 320 t Futter benötigt, wovon 175 t auf eigenen landwirtschaftlichen Flächen erzeugt werden sollen (entsprechend 54,68 %). Diese Angabe erscheint – zunächst – plausibel:

71

Für die Futtererzeugung der (z. Zt.) 70 Milchkühe und 469 Mastrinder gibt der Kläger einen Flächenbedarf von 108 ha an (s. „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ vom Februar 2015, S. 4). Ausgehend von 150 ha Gesamtagrarfläche verbleiben [150 - 108 =] 42 ha einschließlich Grünland. Vor dem Hintergrund des spezifischen Futterbedarfs kann das Grünland der Fischproduktion nicht zugeordnet werden. Wenn für die Fütterung der Karpfen mithin Getreide (Weizen, Gerste) verwendet werden soll, müsste auf der - nach den Angaben des Klägers - für „Marktfrucht“ verbleibenden Fläche von 28,96 ha (s. „Wirtschaftlichkeitsanalyse“, S. 12 [Bl. 173 d. A.]), die nicht für die Milchvieh- bzw. Rinderhaltung benötigt wird, ein Ertrag von [175/28,9 =] ca. 6 t pro Hektar erreichbar sein, um die für das Produktionsziel von 250 t Karpfen erforderliche Futtermenge von 175 t p.a. zu erreichen. Das ist für Getreide erreichbar.

72

Allerdings lässt der Kläger bei der Ermittlung des Futterbedarfs für die Karpfen unberücksichtigt, dass ernährungsphysiologisch nicht der gesamte Futterbedarf mit Getreidefutter bzw. aus Pflanzen gefertigten Pellets gedeckt werden kann.

73

Karpfen benötigen außer pflanzlichen Futtermitteln auch tierische Eiweiße und Fette oder „aufkonzentrierte pflanzliche Proteinprodukte“ (vgl. Stellungnahme „Rohstoffeinsatz in der Fischernährung“, CAU: Prof. Dr. Schulz, Anlage K 4, S. 2). Allein aus pflanzlicher Erzeugung kann der Eiweißbedarf von Karpfen nicht gedeckt werden (vgl. Füllner u. a., Karpfenteichwirtschaft, Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft, 2007, S. 23 [zu 5.1.3] sowie S. 61 [zu 9.9.2]). Karpfen benötigen zum Wachstum natürliches Protein, welches sie in einem Teich in Form von Wasserflöhen, Insektenlarven, Muscheln, Würmern oder Schnecken aufnehmen. Durch tierisches Eiweiß entsteht die Grundlage des Wachstums der Fische (Aufbau des Fischfleisches). Eine alleinige Fütterung mit Getreide in Beckenanlagen – ohne Naturnahrung – würde zu akuten Stoffwechselstörungen bis hin zum Tod der Karpfen führen. Karpfen können in Aquakulturen ihren Eiweißbedarf nicht allein durch pflanzlich erzeugtes Futter decken; sie sind auf zugekaufte Fischfutterprodukte angewiesen, die tierische Proteine und Fette enthalten. Dem wird in der Praxis durch zugekauftes spezielles Futter bzw. Fischmehl, Fischöl oder (sog.) Mischfutter Rechnung getragen; Getreide bzw. Futter auf pflanzlicher Basis wird (nur) als „Ergänzungsfuttermittel“ oder „Beifutter“ bezeichnet, das „als Energielieferant für den Stoffwechsel … den Luxusverbrauch von Nährtiereiweiß zur Energiegewinnung auf ein physiologisch mögliches Minimum“ reduziert; Getreide ist somit kein Ersatz für fehlende (tierische) Naturnahrung (Füllner, a.a.O., S. 61, 63 [zu 7.9.2]).

74

Nach der Konzeption des Klägers sollen die zu produzierenden Karpfen in den (vorgesehenen) 1.800 m³-Becken in der Halle aufgezogen werden. Die Karpfen sind deshalb auf Futtermittel aus tierischen Proteinen und Fetten angewiesen. Diese können nicht auf eigener Futtergrundlage produziert werden. In der vom Kläger vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung für die Aquakulturanlage werden Futterkosten von 236.522 € ansetzt (Bl. 168 d. A.); es ist nicht ersichtlich, dass dieser Betrag nur „eigenerzeugtes“ Futter betrifft. Der auf pflanzliches (Zusatz- oder Bei-) Futter entfallende Futteranteil liegt bei artgerechter Tierhaltung in der Teichwirtschaft bei 5 – 10 %, nur im Sommer kann er mehr als 25 % erreichen; der Großteil des Futters muss also tierische Proteine und Fette anbieten (vgl. Schlott u. a., Bedarfsorientierte Fütterung in der Karpfenteichwirtschaft, Wien 2011, S. 12 ff., S. 14 [Tab. 3.1]). Bei einer Beckenaufzucht, die kein natürliches Angebot tierischer Proteine und Fette ermöglicht, muss somit die überwiegende Futtergrundlage tierische Proteine und Fette anbieten; der „pflanzliche“ Anteil des Futters wird jedenfalls nicht höher ausfallen können, als es in Teichwirtschaften der Fall ist.

75

Damit bestehen Zweifel, ob die Produktion der Karpfen – in der vorgesehenen Menge von 250 t – überwiegend auf eigener Boden-/Flächengrundlage erfolgen kann.

76

Diese Zweifel gehen zu Lasten des Klägers. Es obliegt ihm, die Voraussetzungen einer Privilegierung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 und des § 201 BauGB darzulegen und durch ein schlüssiges Konzept zu belegen. Er hätte dazu im Hinblick auf die im erstinstanzlichen Urteil und in den vom beklagten Amt angeführten Zweifel Anlass zu konkrete(re)n Angaben gehabt. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung sind dazu schlüssige Angaben ausgeblieben. Der Senat konnte sich damit keine Überzeugung darüber bilden, dass die Aquakultur überwiegend auf einer eigenen Futtergrundlage aufbaut und damit als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anerkannt werden kann.

77

2.2.1.3 Abgesehen vom Erfordernis einer eigenen, überwiegenden Futtergrundlage ist für einen „landwirtschaftlichen Betrieb“ – auch – zu fordern, dass dieser ein Betriebskonzept und eine betriebliche Organisation aufweist, die bei objektiver Betrachtung auf eine nachhaltige Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Auch das ist vorliegend nicht festzustellen.

78

Ein „landwirtschaftlicher“ Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB muss auf Dauer angelegt und zur Gewinnerzielung geeignet sein. Der zu schonende Außenbereich darf in der Regel nur für eine langfristig ausgerichtete und gewinnversprechende landwirtschaftlichen Betätigung in Anspruch genommen werden (BVerwG, Urt. v. 19.04.1985, 4 C 13.82, NVwZ 1986, 201 [bei Juris Rn. 14] sowie Urt. v. 11.10.2012, 4 C 9.11, NVwZ 2013, 155; Urt. des Senats v. 27.04.1994, 1 L 141/92, Juris [Rn. 30, 32]).

79

Der Senat hat insoweit – einerseits – zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass die Eröffnung eines neuen „Betriebszweigs“ mit mehr oder weniger großen Ungewissheiten und Risiken behaftet sein kann, die nicht von vorneherein als gewinnschädlich bewertet werden dürfen. Dazu gehört auch die Berücksichtigung einer gewissen „Durststrecke“ in der Gründungs- bzw. Startphase. Dem gegenüber ist nicht zu übersehen, dass das vom Kläger entworfene Projekt „Aquakultur + Windenergie“ in beträchtlichem Umfang die Möglichkeit eröffnet, landwirtschaftsfremde Erträge aus der Einspeisung von Strom in das öffentliche Netz zu erwirtschaften. Um solchen - nicht durch die Privilegierung der Landwirtschaft nach § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201 BauGB gerechtfertigten – Effekten entgegenzuwirken, ist ein strenger Maßstab an die Nachhaltigkeits- und Wirtschaftlichkeitsprüfung anzulegen.

80

Weder die vom Kläger vorgelegten Konzepte („Konzept zur Energieversorgung“, Februar 2010 [Beiakte A, Bl. 33 ff.]; „Wirtschaftlichkeitsanalyse“, Februar 2015 [Anlage BK 1, Bl. 162 ff. d. A.]; „Wind- und Ertragsabschätzung“ vom 14. März 2016 [Anlage BK 2, Bl. 208 ff. d. A.]) noch die dazu in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgetragenen mündlichen Erläuterungen vermochten den Senat davon zu überzeugen, dass die geplante Aquakultur nachhaltig auf eine solide - positive - Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist.

81

Das im Februar 2010 vorgelegte Konzept betrachtet (noch) eine „Produktionsausrichtung“ auf Garnelen und Barramundis, ohne (dazu) Rentabilitätsprognosen zu geben; für die – jetzt – geplante Karpfenzucht ist das Konzept unergiebig.

82

Das Gleiche gilt für die (zuletzt) vorgelegte „Wind- und Ertragsabschätzung“ vom 14. März 2016 (Bl. 208 ff. d. A.). Daraus ist nur der Energieertrag der Windenergieanlage zu entnehmen, die lediglich eine „Hilfsfunktion“ für die Karpfenzucht haben soll. Ob die Windenergieanlage – für sich betrachtet Gewinne erwarten lässt, ist unerheblich, weil sie - allein – keine „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB ist.

83

Für die – unterstellte – landwirtschaftliche Aquakultur bzw. Karpfenproduktion, deren Wirtschaftlichkeit und die daraus resultierende Gewinnerwartung liefert allein die vom Kläger vorgelegten „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ (Bl. 162 ff. d. A.) Datengrundlagen. Der Kläger erwartet danach, dass die Karpfenzucht bei anteiliger Energieversorgung aus der eigenen Windkraftanlage zu einer nachhaltigen Gewinnerzielung führen wird; er beziffert diese auf ein positives Betriebsergebnis von jährlich 89.728 €, wohingegen das Betriebsergebnis bei einem Strombezug aus „fremden“ Quellen negativ ausfalle.

84

Die Berechnung des Klägers ist allerdings erheblichen Einwänden ausgesetzt, die – auch – in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht ausgeräumt werden konnten:

85

Die schon im erstinstanzlichen Urteil angesprochenen Zweifel daran, dass die Aquakultur eine - nachhaltige - Gewinnerwartung begründet, hat der Kläger nicht ausräumen können. Soweit die „Neugründung“ eines Betriebszweiges mit Anlaufschwierigkeiten verbunden ist, kann diesen sowohl auf der Kosten- als auch auf der Erlösseite durch seriöse Ansätze für Risiken und Wagnisse Rechnung getragen werden. Solche Ansätze sind der vorliegenden Gewinn- und Verlustrechnung (S. 7 der „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ [Bl.- 168 d. A.]) nicht zu entnehmen.

86

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht fällt auf, dass der Kläger auf der Kostenseite keine „Abschreibungen“ für Gebäude ansetzt, da diese „bereits vorhanden“ seien. Damit werden für den Wertverzehr der Gebäude einschließlich evtl. Instandhaltungen keine Rückstellungen gebildet. Kapitaldienst und Zinsen werden nur für die Aquakulturanlage angesetzt (18.800 € pro Jahr), nicht aber für die Windkraftanlage; ob und ggf. inwieweit in den „variablen“ Kosten für Strom aus der eigenen Windkraftanlage (135.715 € pro Jahr) Anteile für Kapitaldienst und Zinsen der Windkraftanlage, die ca. 2,3 Mio. Euro kostet, enthalten sind, ist unklar.

87

Ebenso unklar bleibt, ob Arbeitskosten ausreichend berücksichtigt worden sind. Da der Kläger auch Milch produziert und Rinder mästet, was - gerichtsbekannt - sehr zeitintensiv ist, hätte erläutert werden müssen, ob der Zeit- und Arbeitskräftebedarf für die Aquakultur durch zusätzlichen Arbeitskrafteinsatz abgedeckt werden muss. Bei der Beurteilung einer nachhaltigen Gewinnerwartung der Aquakultur sind die dafür anfallenden Kosten zu berücksichtigen.

88

Die „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ erwartet einen jährlichen Gesamterlös für Zuchtkarpfen in Höhe von 738.137,-- Euro. Auch insoweit fehlt in der Berechnung ein Ansatz für (anfangstypische) Risiken und Wagnisse (Rückstellungen). Dazu gehören - zum einen - Anlaufprobleme, insbesondere in Bezug auf die Verfahrens- und Anlagetechnik und die Wasserqualität (O2-, CO2-, NO2- und NH4-Konzentration, Schlammablagerungen), und - zum anderen - Risiken, wie Wachstumsdepressionen, Fischseuchen oder andere Tierkrankheiten (Parasitosen, Bakteriosen, Gasblasen u. a.).

89

Unabhängig davon fehlen zur Absatzerwartung in Bezug auf eine Produktionsmenge von 250 t jährlich nachvollziehbare Grundlagen. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung konnte der Kläger dazu keine schlüssige Erklärung geben.

90

Vor dem Hintergrund einer wechselhaften Entwicklung der Erzeugung von Karpfen in Aquakulturanlagen (inkl. Teichanlagen; vgl. Pressemitteilung Nr. 183 des Statistischen Bundesamtes vom 02.06.2016), den Import-/Exportzahlen und der Entwicklung der Erzeugerpreise für Karpfen (vgl. dazu: Brämick, Jahresbericht zur Deutschen Binnenfischerei und Binnenaquakultur, 2015, Seite 29, Abb. 7 sowie Seite 42, Tab. 11) kann eine Prognose der aus einer Karpfenproduktion von - hier - jährlich 250 t realistisch erreichbaren Erlöse nur auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts für den Absatz der produzierten Karpfen erfolgen. Dazu bzw. zu möglichen Vermarktungswegen findet sich in der vom Kläger vorgelegten Wirtschaftlichkeitsanalyse nichts. In der mündlichen Berufungsverhandlung hat der Kläger lediglich mitgeteilt, die Fische sollten über Dänemark bzw. nach China verkauft werden. Verträge, Vorverträge o. ä. konnte er weder benennen noch vorlegen, ebenso keine inländischen Absatzkonzepte. In Anbetracht der für die Aquakultur und die – zur Genehmigung beantragte – Windkraftanlage aufzuwendenden erheblichen Investitionssumme ist ein plausibles Absatzkonzept auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht zu fordern, um die Prognose einer dauerhaften (unterstellt) landwirtschaftlichen Betätigung zu stützen und damit – zugleich – zu belegen, dass die Windkraftanlage gerade wegen ihrer Zuordnung zur Aquakultur – und nicht etwa als (nicht privilegierte) eigene Einnahmequelle geplant wird. Das gilt umso mehr, als der Kläger in seinem (ersten) „Energiekonzept“ (S. 10 [Bl. 42 der Beiakte A]) selbst davon ausgegangen ist, dass das Marktpotenzial für heimische Süßwasserfische – wozu auch Karpfen gehören – „zu ca. 85 % ausgeschöpft“ ist und „bestehende Produktionen … neben den Importen die Nachfrage auf den hiesigen Märkten überwiegend abdecken“ können.

91

Die Last, das Gericht von einer nachhaltigen Gewinnerwartung - und damit zugleich - von der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der geplanten Aquakultur zu überzeugen, obliegt dem Kläger. Er hat dazu ausreichende und schlüssige Angaben zu „liefern“ und trägt insoweit die Beweislast (Urt. des Senats v. 27.04.1994, 1 L 141/92, Juris [Rn. 32]; vgl. auch VGH München, Beschl. v. 18.02.2013, 1 ZB 11.1389, Juris [Rn. 15] sowie VGH Mannheim, Urt. v. 07.08.1991, 3 S 1075/90, BauR 1992, 208). Das gilt insbesondere in einem Fall - wie hier - , in dem mit der Aquakultur zugleich eine Windkraftanlage realisiert werden soll, so dass die landwirtschaftlich erwarteten Erlöse aus dem Absatz von Fischen und die landwirtschaftsfremde „Rendite“ der Windkraftanlage strikt unterschieden werden müssen.

92

Für die Aquakultur ist nach alledem kein schlüssiges Betriebskonzept festzustellen, das objektiv auf Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Damit kann die vom Kläger geplante, mit einer Windkraftanlage „beheizte“ Aquakultur nicht als nachhaltige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anerkannt werden.

93

2.2.2 Selbst wenn die Aquakultur des Klägers - unbeschadet der vorstehenden Gründe - als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anzusehen wäre, müsste – weiter – festzustellen sein, dass die zur Genehmigung beantragte Windenergieanlage dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers i.S.d § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB „dient“. Eine solche Feststellung ist nicht möglich.

94

2.2.2.1 Das „Dienen“ i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfordert eine bestimmte äußerlich erkennbare funktionale Beziehung der Windkraftanlage zum Betrieb und einen sachlichen Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Tätigkeit. Die „dienende“ Zweckbestimmung muss objektiv gegeben sein. Als „dienend“ können - im Grundsatz - auch Energieerzeugungsanlagen anerkannt werden, sofern die erzeugte Energie von dem landwirtschaftlichen Betrieb abgenommen und tatsächlich überwiegend in dem Betrieb verwendet wird (Söfker, in: Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 2017, § 35 BauGB Rn. 34c).

95

2.2.2.2 Das beklagte Landesamt meint, bereits wegen der Entfernung der Windkraftanlage zur „Hofstelle“ fehle es an einer (prägenden) Beziehung zum landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Dem ist nicht zu folgen:

96

Eine räumliche Nähe zum „Schwerpunkt des Betriebes“ (Söfker, a.a.O., § 35 BauGB, Rn. 35) wird zwar in der Regel eine „dienende Funktion des Vorhabens indizieren, doch schließt dies nicht aus, dass ein Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb auch dann dient, wenn es – wie hier – einem Betriebsteil „abseits“ der traditionellen Hofstelle zugeordnet ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.1985, 4 C 71.82, NVwZ 1986, 644 [bei Juris Rn. 16, a. E.]). Dabei kann es keine Rolle (mehr) spielen, ob der „abseits“ gelegene Betriebsteil – hier die auf dem Flurstück .../2 gelegene Halle des Klägers – unter Vernachlässigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs genehmigt worden ist. Wenn dort eine – unterstellt – landwirtschaftliche Aquakultur betrieben werden soll, ist die in 50 m Entfernung dazu vorgesehene Windkraftanlage diesem Betriebsteil auch - untergeordnet - räumlich-funktional zugeordnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, 4 B 44.08, BauR 2009, 473 [bei Juris Rn. 8]; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.10.2015, 12 LC 73/15, NordÖR 2016, 75 [bei Juris Rn. 24 f.]). Insofern unterscheidet sich die vorliegende Sachlage von dem Fall, der der Entscheidung des Senats vom 07.03.1995 (1 L 191/94, Juris) zugrunde lag; in jenem Fall sollte die Windkraftanlage 320 m entfernt von den betrieblichen Stromabnahmestellen errichtet werden. Einer „dienenden“ Funktion steht auch nicht entgegen, dass der von der Windkraftanlage erzeugte Strom zu einem geringen Teil (lt. Berechnung des Klägers: 0,95 %) auch zur Deckung des Strombedarfs der Wohn- und Wirtschaftsgebäude der 350 m entfernten Hofstelle eingesetzt werden soll. Die übrige Stromproduktion soll für die Bewirtschaftung der Fischzucht genutzt oder in das öffentliche Netz eingespeist werden. Auf die Entfernung von 350 m zum Wohnhaus und den in dessen Nähe gelegenen anderen landwirtschaftlichen Gebäuden kommt es somit entscheidend nicht an.

97

2.2.2.3 Der Annahme einer „dienenden“ Funktion der knapp 100 m hohen Windkraftanlage steht auch ihre (äußere) Größe nicht entgegen. Es mag sein, dass zur Deckung des Strombedarfs der geplanten Aquakultur auch eine „kleinere“ Anlage hätte ausreichen können (vgl. das gerichtliche Schreiben vom 03.02.2016, Bl. 199 d. A.). Für die Beurteilung der „dienenden“ Funktion kommt es aber nicht auf die „metrische“ Größe der Windkraftanlage oder ihr Verhältnis zu benachbarten Gebäuden an. Maßgeblich ist vielmehr, in welchem Umfang der erzeugte Strom dem landwirtschaftlichen Betrieb zugeführt wird. Auch bei einer (äußerlich) „großen“ Anlage kann dieser Umfang überwiegen, so dass (dann) auch eine „dienende“ Funktion gegeben ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2008, 12 LB 48/07, BauR 2008, 1858 [bei Juris Rn.40-41]).

98

2.2.2.4 Entscheidend ist, dass eine „dienende“ Funktion der zur Genehmigung beantragten Windkraftanlage für die – unterstellt – landwirtschaftliche Aquakultur des Klägers nur anerkannt werden kann, wenn der betriebsbezogene Anteil der Energieerzeugung gemessen an der Gesamtkapazität der Anlage erheblich ins Gewicht fällt (BVerwG, Urt. v. 16.06.1994, 4 C 20.93, BVerwGE 96, 95). Wenn dies der Fall ist, steht es einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht entgegen, wenn der „überschüssige“ (geringere) Teil des erzeugten Stroms an das öffentliche Netz oder an Dritte abgegeben wird.

99

2.2.2.4.1 Eine der Aquakultur „dienende“ Funktion erfordert, dass der betriebsbezogene Anteil der Stromproduktion der Windkraftanlage den zur Einspeisung in das öffentliche Netz oder zur Abgabe an Dritte verbleibenden Anteil deutlich überwiegt (BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, a.a.O., Rn. 8 [betrieblicher Anteil: 2/3]; ebenso: OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2008, a.a.O., Rn.34, 38 [„ganz überwiegend“] sowie Urt. v. 29.10.2015, a.a.O. [betrieblicher Anteil: 2/3]). Es genügt nicht, wenn die erzeugte Energie nur gut zur Hälfte, also zu 51 % bis etwa 60 %, im landwirtschaftlichen Betrieb genutzt wird (vgl. Söfker, a.a.O., § 35 BauGB, Rn. 34c).

100

Damit ist eine betriebliche Verwendung von mindestens 65 % der Stromerzeugung erforderlich. Ein solcher Eigenanteil ist signifikant höher, als die Stromabgabe an Dritte oder an das öffentliche Netz. Er liegt auf der „sicheren Seite“ und gewährleistet damit ein deutliches Überwiegen der landwirtschaftlichen Energienutzung. Für eine „Schwelle“ von 65 % der Stromproduktion spricht auch die Erwägung, dass damit Anlagenkonzeptionen mit einer Stromerzeugung entgegengewirkt wird, die den Energiebedarf für den landwirtschaftlichen Betrieb von vornherein – erheblich – übersteigen, um dadurch die für eine Einspeisung ins Netz mögliche „Spitze“ zu vergrößern. Umgekehrt hat es der Bauherr einer „dienenden“ Windkraftanlage in der Hand, durch eine betriebsangemessene Dimensionierung der Anlage eine deutlich überwiegende betriebliche Verwendung der Stromproduktion sicherzustellen.

101

2.2.2.4.2 Aus dem Konzept des Klägers bzw. der „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ müsste sich – hinreichend überzeugend - entnehmen lassen, welchen Strombedarf die geplante Aquakultur auslöst und wie sich dieser zur Gesamtkapazität der Windkraftanlage verhält. Nach den Angaben des Klägers ergibt sich danach, dass der betriebliche Stromverbrauch die für eine Einspeisung in das öffentliche Netz bzw. eine Abgabe an Dritte zur Verfügung stehende Strommenge nicht – i.S.d. Ausführungen zu 2.2.2.4.1 – „deutlich“ überwiegt.

102

In seinem (ersten), mit Schriftsatz vom 16. April 2015 vorgelegten „Energiekonzept“ geht der Kläger (noch) von einem Eigenverbrauchsanteil von 62 % aus. Dieses Konzept bezog sich allerdings noch auf die Produktion von Garnelen und Barramundi-Barschen, die – jetzt – nicht mehr geplant ist. In der – später vorgelegten – sog. „Faktensammlung WKA E70/E4 und Stellungnahme Eigenverbrauch“ (Anlage BK 3 [Bl. 215 – 220 d. A.]) berechnet der Kläger den Eigenverbrauchsanteil auf der Grundlage einer Jahresleistung der Winderzeugung von 4.058.150 kWh und eines jährlichen Eigenverbrauchs in der Aquakulturanlage von 2.443.992 kWh; das ergäbe ca. 60,2 % (der Kläger gibt nur 55,74 % an). In seinem Schriftsatz vom 27. April 2016 wird – auf der Basis 4,6 Mio. kWh pro Jahr Windkraftstrom und 2.552.992 kWh pro Jahr Strombedarf für die Aquakultur – der Eigenverbrauchsanteil mit 55,5 % angegeben. In seiner „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ (Anlage B 1 [Bl. 162 ff. d. A.]) – dort Anhang 5 - errechnet der Kläger - bei einer Jahresstromerzeugung der Windkraftanlage von 4,6 Mio kWh pro Jahr und einem betrieblichen Verbrauch der Aquakultur zur Produktion von Karpfen von 2.443.992 kWh pro Jahr - eine Eigenverbrauchsquote von 55,74 % ab (rechnerisch ergäben sich 53,13 %); unter Berücksichtigung eines - weiteren - Eigenverbrauchs für den (übrigen) landwirtschaftlichen Betrieb gibt er die (Gesamt-)Eigenverbrauchsquote mit 56,69 % an (Bl. 176 d. A.).

103

Die Quoten des Eigenverbrauchs für die Aquakultur und den Gesamtbetrieb bleiben damit nach allen Berechnungen - erheblich - unterhalb der Grenze, von der ab - nach den o. g. (2.2.2.4.1) Maßstäben - ein „deutliches“ Überwiegen des betrieblichen Verbrauchs der Stromproduktion anzunehmen ist.

104

2.2.2.4.3 Unabhängig davon bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Ansätze für den der Aquakultur zugeordneten Stromverbrauch zu hoch sind, so dass sich auch eine überhöhte Eigenverbrauchsquote errechnet. Der vom Kläger insoweit angesetzte Energiebedarf hält einer kritischen Überprüfung nicht stand.

105

Der Kläger geht – im Ausgangspunkt zutreffend – davon aus, dass für den betrieblichen Energiebedarf der Aquakultur die für die Karpfen bereitzustellende Wassertemperatur den entscheidenden Faktor darstellt (s. S. 11 des „Energiekonzepts“ [Bl. 43 der Beiakte A]). Dann aber bedarf die „geplante“ Wassertemperatur einer fachlich nachvollziehbaren Begründung. Diese fehlt.

106

Der Kläger legt seinen Energiebedarfsberechnungen eine Wassertemperatur von 26° C in den (Indoor-)Becken und eine Lufttemperatur in der Halle von 20° C zugrunde (Bl. 166 d. A.). Für die früher geplante Zucht von Garnelen und Barramundi-Barschen, die Temperaturbereiche von 25-32 °C bzw. 25-30° C erfordern, ist dies – fachlich – begründet worden (s. 10, 12 des „Energiekonzepts“ [Bl. 42, 44 der Beiakte A]). Eine entsprechende Begründung für die für Karpfen erforderliche Wassertemperatur fehlt.

107

Den vorgelegten Berechnungen des Klägers ist auch nicht zu entnehmen, dass der (höchst) unterschiedliche Energiebedarf während der Sommer- bzw. der Winterzeit berücksichtigt worden ist. Unberücksichtigt bleibt auch, ob und ggf. inwieweit sich der Energiebedarf durch Wärmeisolierung reduzieren lässt. Dadurch kann der Strombedarf - insbesondere in der Sommerzeit - erheblich sinken.

108

Gründe dafür, dass eine (ganzjährige) Beheizung des Wassers auf 26°C für die Karpfenproduktion in einer Aquakultur erforderlich ist, sind auch nicht ersichtlich. Aus allgemein zugänglichen Quellen (z. B. fischerzeugerring-niederbayern.de) ist zu entnehmen, dass die „Vorzugstemperatur“ bei Karpfen zwischen 19 und 24°C liegt; der (ganzjährige) „Optimalbereich“ wird beginnend mit 23°C angegeben (vgl. Rümmler u.a., Kombinierte Satzkarpfen-Edelfischaufzucht in geschlossenen Kreislaufanlagen, Schriftenreihe 13/2006 der Sächs. Landesanstalt für Landwirtschaft, S. 15; Rümmler u. a., Warmwasseraufzucht von Karpfen …, in: Fischer & Teichwirt 2011, 170 [zu 2.]).

109

Die für die Karpfenproduktion „optimale“ Wassertemperatur ist i.Ü. nicht nur eine (fisch-)biologische Größe, sondern - vor allem - ein ökonomischer Faktor. Die Wassertemperatur hat für die Fischvermehrung eine größere Bedeutung als für die Fischmast, für letztere trägt sie zu einer schnelleren Gewichtszunahme der Fische bei. Dem entsprechend ist – ökonomisch – der „Gewinn“ einer schnelleren Gewichtszunahme der Fische mit den Kosten für den erhöhten Energieeinsatz für Beheizung und Aufbereitung des Wassers zu vergleichen. Erst daraus ergibt sich ein – betriebswirtschaftliches – Optimum.

110

Den Berechnungen des Klägers bzw. der diesen zugrundliegenden Konzeption sind zu (allen) diesen Fragen keinerlei Angaben oder Erläuterungen zu entnehmen. Dabei sind die Auswirkungen der („Soll“-) Temperatur von 26°C auf den Energieverbrauch keineswegs zu vernachlässigen, da für die Wassererwärmung und -warmhaltung ein deutlich geringerer Energieeinsatz anzusetzen wäre, wenn die Anlage auf eine (mittlere) Temperatur von 23°C (oder weniger) ausgelegt würde. Das ergibt sich – deutlich – aus dem „Energiekonzept“ (a.a.O., S. 18, 21 [Beiakte A, Bl. 50, 53]) und den dort angegebenen Werten für den Energieeinsatz in Abhängigkeit von der „konstanten Beckentemperatur“ von 18, 20, 22, 24, 26°C und mehr: Bei 2°C „weniger“ Beckentemperatur sinkt der Energieverbrauch um ca. 10, 9 %; bei 4 °C weniger um ca. 21,8 %. Entsprechend ergäbe sich bei einer konstanten Beckentemperatur von (statt 26°C) 24°C und einem dafür erforderlichen Energiebedarf von 2.181.691 kWh pro Jahr auf der Basis von 4,6 Mio. kWh pro Jahr Windkraftstrom eine Eigenverbrauchsquote von ca. 47 %, die nach den o. g. (2.2.2.4.1) Maßstäben – sicher – nicht mehr als „deutlich überwiegend“ anzuerkennen ist.

111

Das Gleiche wäre der Fall, wenn der Kläger - zumindest einen Teil der Fische - in den Außenbecken hält, was – jedenfalls in der wärmeren Jahreszeit – möglich ist und insoweit den Bedarf für eine (elektrische) Wassererwärmung und die Wasseraufbereitung in den („Indoor“-)Wasserbecken weiter reduziert.

112

Was die im Konzept des Klägers vorgesehene Lufttemperatur in der Halle (20°C) anbetrifft, wird der Stromenergiebedarf insoweit nicht gesondert angegeben. Dieser – wie auch der Strombedarf für die in der Halle geplante Kreislaufanlage (z. B. für Pumpen, Sauerstoffzufuhr etc.) - kann indes vernachlässigt werden, weil er nur einen relativ geringen Teil des gesamten betrieblichen Energiebedarfs ausmacht. Die Lufttemperatur in der Halle wird in der „warmen“ Jahreszeit ohne weiteres erreicht werden können; in der „kalten“ Jahreszeit wird sie sich einstellen, wenn das Wasser in den Becken auf (23°C oder) 26°C aufgeheizt wird.

113

2.2.2.4.4 Auf die hypothetischen Berechnungen des Klägers zum Einfluss des sog. „Trafo-Abschlags“ (genauer: der Abregelung der Stromeinspeisung in das Stromnetz z. B. in Fällen einer Netzüberlastung) auf die für die Jahre 2013 – 2015 anzusetzenden Eigenverbrauchswerte kommt es schon im Ansatz nicht an. Maßgeblich für eine überwiegende Nutzung des in der Windkraftanlage erzeugten Stroms zur landwirtschaftlichen Betriebsführung ist der Anteil des Eigenverbrauchs an der Jahreserzeugung. In welchem Ausmaß der nicht betrieblich benötigte Strom im Rahmen eines sog. „Einspeisemanagements“ nicht in das öffentliche Netz eingespeist (und vergütet) wird, ist für die Frage, inwieweit die Windkraftanlage dem Betreibsteil „Karpfenzucht“ dient, unerheblich. Dem beklagten Landesamt ist darin zu folgen, dass es allein auf einen Vergleich der betrieblich benötigten und einsetzbaren Strommenge mit der Gesamt-Strommenge ankommt, die von der Windkraftanlage erzeugt wird. Die vom Kläger für die Jahre 2013 – 2015 errechneten hypothetischen Eigenverbrauchsquoten von 60,3 %, 79 % bzw. 119,8 % (GA 206, 217 [Tabelle, rechte Spalte]) sind damit nicht maßgeblich.

114

2.2.2.4.5 Insgesamt genügen – somit – die Angaben des Klägers nicht für die Annahme, dass die Stromerzeugung der geplanten Windkraftanlage „deutlich“ überwiegend für den betrieblich veranlassten Energiebedarf der Aquakultur bzw. des übrigen landwirtschaftlichen Betriebes eingesetzt werden wird.

115

2.2.3 Die Windenergieanlage kann – schließlich – auch nicht als eine sog. „mitgezogene Nutzung“ zugelassen werden.

116

2.2.3.1 Als „mitgezogene Nutzungen“ können Vorhaben an der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB auch dann teilnehmen, wenn sie – für sich betrachtet – nicht-landwirtschaftlicher Art sind. Dazu müssten sie als „bodenrechtliche Nebensache“ wie ein „Anhängsel“ dem landwirtschaftlichen Betrieb zu- und untergeordnet sein (BVerwG, Beschl. v. 28.08.1998, 4 B 66.98, NVwZ-RR 1999, 106 sowie Urt. v. 30.11.1984, 4 C 27.81, NVwZ 1986, 203). Die Landwirtschaft muss nach Umfang und Bedeutung für den Gesamtbetrieb deutlich überwiegen. Eine „bodenrechtliche Nebensache“ ist nicht (mehr) anzunehmen, wenn das Vorhaben nach seiner Zweckbestimmung nicht überwiegend im Rahmen der landwirtschaftlichen Betriebsführung genutzt werden soll. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bietet keine Handhabe dafür, einen landwirtschaftlichen Betrieb unter erleichterten Voraussetzungen um einen von der landwirtschaftlichen Nutzung unabhängigen gewerblich-kaufmännischen Betriebsteil zu erweitern (BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, 4 B 44.08, a.a.O. [bei Juris Rn. 7 ff.]; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 29.10.2015, a.a.O. [bei Juris Rn. 21]).

117

2.2.3.2 Die vom Kläger geplante Windkraftanlage käme – danach – als „mitgezogene Nutzung“ im o. g. Sinne in Betracht, wenn die Aquakultur als Landwirtschaft i. S. d. § 201 BauGB anerkannt werden könnte. Das ist – wie ausgeführt – nicht der Fall.

118

Als ein nicht landwirtschaftliches Vorhaben ist die Aquakultur nicht mehr untergeordnete „Nebensache“ des landwirtschaftlichen Betriebs anzusehen. Da die Karpfenproduktion – wie ausgeführt – nicht mehr überwiegend auf eigener Futtergrundlage erfolgen kann, stellt sie einen gewerblichen Betriebsteil dar, der nicht als „mitgezogene“ Nutzung zugelassen werden kann. Der Betriebsteil ist i. Ü. auch nicht als solche zugelassen worden, sondern nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, wie sich aus dem Bescheid des Kreises vom 19.09.2011 (Bl. 173 der Beiakte A) ergibt. Der Versuch der Klägers, eine Genehmigung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu erlangen, ist erfolglos geblieben (Urteil des VG Schleswig vom 04.06.2013, 2 A 29/12, NordÖR 2014, 29; Beschluss des Senats vom 12.08.2013, 1 LA 53/13).

119

Unter Zugrundelegung eines nicht landwirtschaftlichen Betriebsteils ist dem beklagten Landesamt (Schriftsatz vom 01.07.2013, S. 2) darin zu folgen, dass zur Deckung der dafür benötigten Energie nicht eine weitere Nebenanlage im Außenbereich zugelassen werden kann.

120

2.2.3.3 Mangels Zulässigkeit der zur Genehmigung gestellten Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB kommt es auf Nr. 3.5.2. Nr. 5 (Z) des am 13. Juli 2010 veröffentlichen Landesentwicklungsplans nicht mehr an. Nach der genannten Bestimmung ist die Errichtung von Windkraftanlagen außerhalb festgelegter Eignungsgebiete ausgeschlossen, ausgenommen solche, die „einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 BauGB dienen, mit in der Regel einer Gesamthöhe bis zu 70 m.“ Da die Anlage des Klägers – wie ausgeführt – keine „dienende“ Anlage ist (s.o. 2.2.2), erübrigen sich weitere Ausführungen zu dieser raumordnungsrechtlichen Aussage.

121

2.2.3.4 Eine Zulassung der Windkraftanlage des Klägers nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB kommt nach alledem nicht in Betracht. Ebenso scheidet ihre Zulassung nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB aus; diese Vorschrift wird hier durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB verdrängt, die – wie ausgeführt (oben 2.1) – keinen Genehmigungsanspruch vermittelt.

122

2.3 Die Windenergieanlage ist auch als „sonstiges Vorhaben“ i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB nicht genehmigungsfähig. Sie ist – wie ausgeführt (oben 2.1.2.1) – ein raumbedeutsames Vorhaben. Damit ergibt sich ihre Unzulässigkeit aus § 18a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG.

123

3. Der Hilfsantrag des Klägers ist ebenfalls unbegründet. Er hat aus den oben genannten Gründen keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Landesamt seinen Antrag neu bescheidet. Die Ablehnung der begehrten Genehmigung ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).

124

4. Die Berufung ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

125

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO.i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

126

Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

127

BESCHLUSS

128

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 218.00,00 Euro festgesetzt.


(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tenor

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auf 900.000,-- € festgesetzt.

Gründe

1

Die Hauptbeteiligten des Prozesses haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, so dass gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen durch Beschluss zu entscheiden ist.

2

Danach sind die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben, weil sowohl die Klägerin, als auch der Beklagte im Falle der Verfahrensfortführung und streitiger Entscheidung durch das Gericht wohl nur teilweise erfolgreich gewesen wären. Nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand geht das Gericht davon aus, dass dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin zur Neubescheidung ihrer Genehmigungsanträge für drei Windenergieanlagen zwar nicht stattzugeben wäre. Auf ihren Anfechtungsantrag wären die streitbefangenen Ablehnungsbescheide, sowie die dazu ergangenen Widerspruchsbescheide aber wohl aufzuheben.

3

Dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin steht die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 des Landesplanungsgesetzes (LaPlaG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes - Windenergieplanungssicherstellungsgesetz (WEPSG) vom 22. Mai 2015 (GVOBl. SH 2015, S. 132) entgegen. Nach dieser Vorschrift sind zur Sicherung der Raumordnungsplanung, mit denen Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur räumlichen Steuerung der Errichtung von raumbedeutsamen Windkraftanlagen aufgestellt werden, solche Anlagen vorläufig bis zum 05. Juni 2017 im gesamten Landesgebiet unzulässig. Die streitbefangenen Windkraftanlagen sind raumbedeutsam im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG, weil sie schon wegen ihrer Größe weithin sichtbar sein und damit einen erheblichen Einfluss auf das Landschaftsbild haben werden.

4

§ 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG in der Fassung vom 22. Mai 2015 ist wirksam und begegnet entgegen der Ansicht der Klägerin keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zunächst steht dem Land Schleswig-Holstein gemäß Art. 72 Abs. 3 Nr. 4 GG die Gesetzgebungsbefugnis für die streitbefangene Regelung zu, weil die Landesplanung das Recht der Raumordnung im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zum Gesetzgebungsgegenstand hat und nicht das Städtebaurecht als Teil des Bodenrechts im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG betrifft. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, die Normierung der vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG beinhalte in Wirklichkeit eine städtebauliche Regelung, für die dem Land keine Kompetenz zur Abweichungsgesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 3 GG zustehe. Während Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG insbesondere die städtebauliche Planung umfasst, ist Raumordnung im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG in Abgrenzung hierzu zu definieren als übergeordnete zusammenfassende Gesamtplanung auf Landesebene (vgl. Sachs, Grundgesetz, Art. 74 Rn. 78 mwN.).

5

Die Vorschrift zur vorläufigen Planungssicherung in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG begegnet auch in materieller Hinsicht keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zunächst steht diese Vorschrift entgegen der Ansicht der Klägerin nicht im Widerspruch zu den bundesrechtlichen Bestimmungen der § 35 und § 249 Abs. 3 BauGB, so dass sie nicht gemäß Art. 31 GG wegen einer Kollision mit dem Bundesrecht nichtig ist. Art. 31 GG kommt zur Anwendung, wenn dieselbe Rechtsfrage sowohl durch Bundes- als auch durch Landesrecht geregelt ist und zwischen beiden Normen eine Kollision in der Weise besteht, dass die Anwendung der Normen auf dasselbe konkrete Rechtsverhältnis zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen würde (vgl. Sachs, Grundgesetz, Art. 31 Rn. 18 mwN.). Vorliegend normieren Bundes- und Landesrecht aber unterschiedliche Rechtsfolgen. Das landesplanungsrechtliche Sicherungsmoratorium aus § 18 a Abs. 2 LaPlaG lässt den Genehmigungsanspruch gem. § 6 Abs. 1 BImSchG unberührt. Die vorläufige Unzulässigkeit des streitbefangenen Vorhabens gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG lässt den Genehmigungsanspruch nicht untergehen, sondern suspendiert ihn lediglich vorübergehend (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 05. März 2015, Az. 4 K 374/13 mwN.; Spannowsky-Runkel- Goppel, ROG § 14 Rn. 18 ff. mwN.). Dieses wird schon aus dem Wortlaut der Norm deutlich, die ausdrücklich die „vorübergehende Unzulässigkeit“ regelt. Darüber hinaus heißt es auch in der Gesetzesbegründung vom 21. Mai 2015 (LT-Drucksache 18/2983 (neu)), dass das Gesetz keine Regelung über das Genehmigungsverfahren einzelner Windkraftanlagen trifft, sondern nur deren zeitlich begrenzte, raumordnerische Unzulässigkeit normiere.

6

Zur Verwirklichung der bezweckten Sicherung der Raumplanung ist es auch nicht erforderlich, dass ein etwaiger Genehmigungsanspruch endgültig erlischt. Das wäre vielmehr unverhältnismäßig, weil bereits die Suspendierung zur Zweckerreichung genügt. Dementsprechend ist das Sicherungsmoratorium gem. § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG im systematischen Zusammenhang mit den Bestimmungen zur Landesplanung und nicht etwa zum Landesbaurecht geregelt. Die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG ist deshalb keine dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschrift im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG.

7

Demgegenüber betreffen die bauplanungsrechtliche Privilegierungsnorm des § 35 Abs. 1 Nr. 5 und die Konzentrationszonenplanung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitbefangenen Vorhabens und sind essentielle Voraussetzung für den Genehmigungsanspruch aus § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Ebenso betrifft § 249 Abs. 3 BauGB den Genehmigungsanspruch, weil diese Vorschrift die bauplanungsrechtliche Privilegierung für Windkraftanlagen aus § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB modifiziert. Auch diese Vorschrift lässt einen etwaigen Genehmigungsanspruch der Klägerin nicht unberührt, sondern gestaltet die bauplanungsrechtliche Privilegierung inhaltlich aus. Keine der von der Klägerin in Bezug genommenen baurechtlichen Vorschriften enthält eine Regelung zur vorübergehenden Planungssicherung. Mithin fügt sich die hier entscheidungserhebliche landesrechtliche Regelung widerspruchsfrei in das Bauplanungsrecht des Bundes ein.

8

Schließlich verletzt das Sicherungsmoratorium nach dem LaPlaG die Klägerin auch nicht in ihren Grundrechten.

9

Der Schutzbereich ihres Eigentumsgrundrechtes aus Art. 14 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht betroffen, weil sie weder Eigentümerin der zur Bebauung in Aussicht genommenen Grundstücke ist, noch über einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb „Windpark Bordelumer Koog" als wertprägende Sach- und Rechtsgesamtheit eines wirtschaftlichen Unternehmens der Windenergienutzung durch Stromerzeugung verfügt. Falls sie über eine schuldrechtliche Befugnis verfügen sollte, das Grundstück zukünftig zu nutzen, so ist dieses Schuldrecht von Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt (vgl. Sachs, Grundgesetz Art. 14, Rdnr. 44 ff.).

10

Betroffen ist die Klägerin allerdings in ihrem Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, das gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch für Kommanditgesellschaften gilt (vgl. Sachs, GG, Art. 19 Rn. 64 mwN.). Wegen der vorübergehenden Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen in ganz Schleswig-Holstein kann die auf Dauer angelegte und auf Einkommenserzielung gerichtete Tätigkeit des Windkraftanlagenbetreibens mit noch zu errichtenden Anlagen in A-Stadt und in ganz Schleswig-Holstein gegenwärtig von der Klägerin nicht ausgeübt werden. Darin liegt zwar keine subjektive oder objektive Berufszugangsvoraussetzung, weil der Zugang zum Beruf des Windkraftanlagenbetreibers nicht beschränkt wird, sondern lediglich dieser Beruf vorübergehend mit Neuanlagen nicht ausgeübt werden kann.

11

Die Freiheit der Berufsausübung unterliegt gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG Schranken, die einer Verhältnismäßigkeitsprüfung genügen müssen. Die Schwere des Grundrechtseingriffes muss durch gewichtige Gründe gerechtfertigt sein und darf das Übermaßverbot nicht verletzen. Die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen zur Sicherung der Landesplanung gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG ist verhältnismäßig. Der damit verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist relativ gering, weil nämlich nur vorübergehend in Schleswig-Holstein keine neuen Windkraftanlagen betrieben werden können, während das Recht Altanlagen in Schleswig-Holstein oder Anlagen außerhalb von Schleswig-Holstein zu betreiben unberührt bleibt. Demgegenüber ist das öffentliche Interesse an Planung und Steuerung der Windkraftnutzung von erheblichem Gewicht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002, Az. 4 C 15.01; BVerwGE 117, 287).

12

Die beabsichtigte und zu sichernde Planung begegnet im gegenwärtigen Planungsstand keinen rechtlichen Bedenken. Die Festlegung von Zielen und Grundsätzen der Raumordnung zur Steuerung raumbedeutsamer Windenergieanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 LaPlaG ist nach dem ROG grundsätzlich ein geeigneter Gegenstand der Raumordnungsplanung und wird von § 35 Abs. 3 BauGB zur Steuerung der Windkraftprivilegierung ausdrücklich vorgesehen. Die Festlegung von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 ROG zur Steuerung der Windenergienutzung ist diesbezüglich ein zulässiges Ziel der Raumordnung (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 20. Januar 2015, Az. 1 KN 6/13). Das vom Ministerpräsidenten als Landesplanungsbehörde im Runderlass vom 23. Juni 2015 gewählte Planungsverfahren ist sachgerecht, um die aktuellen Grundsätze der Rechtsprechung zur Steuerung von Windenergieanlagen umzusetzen. Diesen Grundsätzen entspricht es, zum Zwecke der Festlegung von Zielen der Raumordnung zunächst harte Tabukriterien zu ermitteln und weiche Tabukriterien zu bestimmen, um sodann die verbliebenen Potentialflächen anhand weiterer Abwägungskriterien zu überplanen.

13

Die weichen Tabukriterien, sowie die Kriterien für den weiteren Abwägungsprozess sind ausweislich des Planungserlasses des Ministerpräsidenten ausdrücklich vorläufig, die endgültige Festlegung der Ziele der Raumordnung bleibt vielmehr einer abschließenden Abwägung der beteiligten Belange gemäß § 7 Abs. 2 ROG vorbehalten. Mithin ist der Kriterienkatalog der Landesplanungsbehörde für das nun begonnene Planungsverfahren nicht abschließend zu überprüfen. Für den jetzigen, sehr frühen, Planungsstand reicht es zur Begründung eines Sicherungsmoratoriums vielmehr aus, dass die Planungskriterien eine abwägungsfehlerfreie Festlegung der Ziele der Raumordnung möglich erscheinen lassen, also nicht willkürlich oder unerheblich sind.

14

Diesen vorgenannten, im Vergleich zu einer raumordnungsrechtlichen Zielbestimmung erheblich verminderten Wirksamkeits- und Bestimmtheitsvoraussetzungen genügen die Kriterien der Landesplanungsbehörde zur Ermittlung geeigneter bzw. ausgeschlossener Flächen für raumbedeutsame Windenergieanlagen auf Regionalplanebene, wie sie nach dem Runderlass des Ministerpräsidenten vom 23. Juni 2015 zur Anwendung kommen sollen. Insbesondere reicht der Detailierungsgrad der Kriterien für dieses frühe Planungsstadium. Auch die bislang relativ offen formulierten Abwägungskriterien „charakteristische Landschaftsräume“ und „Hauptachsen des überregionalen Vogelzuges“ sind für den weiteren Planungsvorgang erheblich und willkürfrei formuliert. Ausweislich der Begründung zu dem Kriterium „charakteristische Landschaftsräume“ soll im Rahmen der Abwägung die Möglichkeit eröffnet werden, solche Areale großräumig von Windkraftanlagen frei zu halten, für die im Rahmen eines noch zu erstellenden Gutachtens diesbezüglich eine sachlich fachliche Begründung gegeben ist. Damit setzt der Erlass den Zweck der Windenergieanlagensteuerung, nämlich auch im erheblichen Anteil unverbaute Landesfläche zu erhalten mit der Möglichkeit eine Freiraumkonzeption zu entwickeln um.

15

Das Abwägungskriterium „Hauptachsen des überregionalen Vogelzuges“ ist für dieses frühe Planungsstadium unter dem Aspekt des vorsorgenden Artenschutzes gerechtfertigt, da die Landesplanungsbehörde weiteren Prüfbedarf sieht, um das Kollisionsrisiko der Zugvögel mit Windenergieanlagen im Höhenbereich der Rotoren zu vermeiden.

16

Ebenso begegnet auch das Abwägungskriterium „Netzkapazität“ gegenwärtig keinen Bedenken. Es erscheint vielmehr sachgerecht, dass der Regionalplangeber prüfen muss, ob die regionale Netzkapazität zur Aufnahme der gesamten in der Region vorgesehenen Leistung ausreicht. Privilegiert sind gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nämlich lediglich Vorhaben zur Nutzung der Windenergie und nicht Vorhaben, die mangels hinreichender Netzkapazitäten lediglich Entschädigungstatbestände nach dem Erneuerbaren Energiegesetz realisieren können.

17

Auch das vorliegend betroffene Abwägungskriterium „Umzingelungswirkung, Riegelbildung“ ist mindestens abwägungsrelevant für den gerechten Ausgleich der betroffenen öffentlichen und privaten Belange, damit nicht einzelne Ortslagen in unzumutbarer Weise von Windenergieanlagen umstellt sind. Die Verhinderung solcher Umzingelungswirkung kann erforderlich sein, um die Interessen der Bevölkerung und der betroffenen Gemeinde an Wohn- und Lebensqualität zu wahren. Es ist deshalb sachgerecht für die Abwägung dieses Belanges gutachterliche Vorarbeiten heranzuziehen. Es kommt auch ernsthaft in Betracht, dass sich die Vermeidung einer Umzingelungswirkung und Riegelbildung im Ergebnis im Planungsverfahren durchsetzt. Die Landesplanung muss nämlich nicht möglichst viele Windenergieanlagen zulassen. Sie hat lediglich der privilegierten Windenergienutzung substantiell Raum zu verschaffen, andererseits die Windenergienutzung aber zu kanalisieren und Fehlentwicklungen gegenzusteuern (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2005, Az. 4 C 5/04 mwN; zitiert nach Juris).

18

Hinsichtlich der sonstigen Planungskriterien sind Einwände nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden.

19

Zur Sicherung des eingeleiteten Planungsverfahrens nach den zugrundezulegenden Planungskriterien ist die vorläufige Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 Landesplanungsgesetz geeignet, da Planverfahren und Abwägung nicht unterlaufen werden können.

20

Sie ist auch erforderlich, weil nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand während der Verfahrensdauer für die im Juni aufgelegte Neufestlegung der Ziele- und Grundsätze der Raumordnung nicht nur einzelne Vorhaben zur Errichtung von Windenergieanlagen von Betreibern verwirklicht werden sollen. Der gegenwärtig sehr frühere Planungsstand, in dem bislang lediglich Planungsabsichten formuliert sind, wäre durch den raumordnerisch ungesteuerten Ausbau der Windkraft erheblich beeinträchtigt, weil die landesplanerischen Optionen zur Wahrung anderer Belange mit fortschreitendem Windkraftanlagenausbau immer weiter eingeengt würden. Der Ausbau während des laufenden Verfahrens zur Landesplanung wäre lediglich bauplanungsrechtlich zu beurteilen, eine das Landesgebiet betreffende gesamträumliche Planung wäre wegen fortwährender Veränderung der Planungsgrundlagen erschwert, wenn nicht gar unmöglich. Wegen der Vielzahl anhängiger Genehmigungsanträge für raumbedeutsame Windenergieanlagen bei dem Beklagten und der aufgrund der hohen Renditeerwartung solcher Anlagen fortdauernden Windparkkonzeptionierungen steht zu erwarten, dass einer geordneten Raumplanung nicht nur weitere Einzelvorhaben im Wege stünden, sondern eine Vielzahl von neuerschlossenen Windenergieanlagenstandorten immer wieder in das Verfahren zur Landesplanung einzubeziehen wären. Die über das Bundesrecht gemäß § 14 Abs. 2 ROG hinausgehende generelle vorübergehende Unzulässigkeit ist die einzige Möglichkeit, um erheblichen Verwaltungsaufwand für die Raumordnungsbehörde zu vermindern. Für das einzelne Investitionsvorhaben ist es hingegen ohne Belang, ob es individuell vorläufig gemäß § 14 Abs. 2 ROG untersagt wird, oder im Gleichklang mit einer Vielzahl anderer Vorhaben im Land generell unzulässig ist und mithin lediglich die bundesrechtlich ohnehin mögliche Einzelfalluntersagung entbehrlich wird.

21

Schließlich ist das Sicherungsmoratorium verhältnismäßig im engeren Sinne und beeinträchtigt das Übermaßverbot für eine Berufsausübungsbeschränkung nicht, weil es zeitlich befristet ist und nur raumbedeutsame Windenergieanlagen betrifft. Vorhaben dieser Art, die nicht planungsrelevant sind, können darüber hinaus ausnahmsweise nach § 18 a Abs. 2 LaPlaG nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung zugelassen werden. Durch diese Ausnahmeregelung ist gewährleistet, dass eine Einzelfallprüfung der Vorhaben auf ihre Planungsverfahrensverträglichkeit erfolgt und die vorläufige Unzulässigkeit des Vorhabens endet, sobald es die weitere Planung nicht mehr wesentlich erschwert.

22

Die Klägerin kann jedoch keine Ausnahme gemäß § 18 a Abs. 2 LaPlaG von der vorläufigen Unzulässigkeit ihrer Windenergieanlagen beanspruchen. Nach der vorbezeichneten Vorschrift können Ausnahmen zugelassen werden, wenn und soweit raumbedeutsame Windkraftanlagen nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung nicht befürchten lassen, dass sie die Verwirklichung dieser Ziele unmöglich machen oder wesentlich erschweren.

23

In diesem frühen Planungsstand zur Aufstellung der Ziele der Raumordnung lassen die streitbefangenen Windkraftanlagen jedoch befürchten, dass sie die Verwirklichung des Ziels, außerhalb der Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten die Errichtung von Windenergieanlagen auszuschließen, wesentlich erschwerten, weil das Abwägungskriterium Umzingelungswirkung/Riegelbildung wegen des Vordringens von Windenergieanlagenstandorten in bisher unbebaute Gebiete betroffen ist. Mithin kommt in Betracht, dass für diesen Teil des Gemeindegebiets der Beigeladenen zu 1. die effektive Freihaltung von Windenergieanlagen nicht mehr als Planungsoption besteht. Darüber hinaus könnte im Falle einer Ausnahmeerteilung auch eine etwaige Umzingelung der Hofstelle Hohlstill raumplanerisch nicht mehr verhindert werden. Die weitere räumliche Ausdehnung der bereits bestehenden Windparks im größten zusammenhängenden Windkraftgebiet Schleswig-Holsteins im Bereich A-Stadt/B. könnte dann nicht mehr auf ihre Raumverträglichkeit geprüft werden. Diese umfassende Prüfung soll aber gerade erst das Planaufstellungsverfahren ermöglich, so dass gegenwärtig noch nicht feststehen kann, ob eine Ausnahmezulassung nach § 18 a Abs. 2 LaPlaG möglich ist.

24

Nach alledem bot das Verpflichtungsbegehren der Klägerin vor der übereinstimmenden Erklärung zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg, so dass die Klägerin an der Kostentragung zu beteiligen ist.

25

Mit ihrem Anfechtungsantrag wäre die Klägerin hingegen voraussichtlich im Falle einer streitigen Entscheidung des Rechtsstreits erfolgreich gewesen. Nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand scheint ihre Anfechtungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO begründet, da die angefochtenen Ablehnungsbescheide rechtswidrig sind und die Klägerin in eigenen Rechten verletzen.

26

Maßgebend ist insoweit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, weil für die Entscheidung eines Gerichts die Rechtsvorschriften maßgeblich sind, die sich im Zeitpunkt der Entscheidung für die Beurteilung des Klagbegehrens Geltung beimessen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03. November 1994, Az. 3 C 17.92; BVerwGE in 97, 79). Hier ist das Klagbegehren nicht auf die isolierte Anfechtung der Ablehnungsbescheide, sondern auf die Erlangung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen gerichtet. Dieses Klagbegehren ist insgesamt an der aktuellen Rechtslage zu messen.

27

Danach sind die Ablehnungsbescheide aufzuheben, weil gegenwärtig dem Genehmigungsanspruch der Klägerin zu Unrecht öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegengehalten werden.

28

§ 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG mit der darin normierten vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen ist keine dem Vorhaben entgegenstehende Vorschrift im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, weil, wie oben ausgeführt, die vorläufige Unzulässigkeit den Genehmigungsanspruch nicht untergehen lässt, sondern diesen lediglich vorübergehend suspendiert. Auch steht § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB iVm einer Konzentrationszonenplanung für Windkraftanlagen als Ziel der Raumordnung nicht entgegen, weil die insoweit allein in Betracht kommende Teilfortschreibung zum Regionalplan 2012 für den Planungsraum 5 und die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplans 2010 in Ziffer 3.5.2 gem. Planungserlass des Ministerpräsidenten vom 23. Juni 2015 nicht mehr angewendet werden sollen. Mithin gibt es gegenwärtig kein gültiges Ziel der Raumordnung zur Steuerung von Windkraftanlagen.

29

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB iVm dem Flächennutzungsplan der Beigeladenen, in der die streitbefangene Baufläche betreffenden Änderungsfassung, steht dem Genehmigungsanspruch der Klägerin nicht entgegen, weil unabhängig von der Frage, ob dieser F-Plan gemäß § 5 Abs. 2 BauGB wirksam ist, der Beklagte diese F-Planung jedenfalls gemäß § 4 Abs. 1 LaPlaG nicht verwirklichen darf, da sie mit der geltenden Raumordnungsplanung des Landes nicht in Einklang steht. Eine Flächennutzungsplanung, die die Regionalplanung ausnutzen und umsetzen will, kann nicht wirksam bleiben, wenn die Teilfortschreibung zur Regionalplanung nicht mehr angewendet werden soll. Im Übrigen gibt es gegenwärtig auch keinen Steuerungsbedarf zur Windkraftnutzung durch die Beigeladene zu 1., weil raumbedeutsame Windkraftanlagen generell vorübergehend unzulässig sind, so dass es kein gemeindliches Planungserfordernis zur Konzentrationszonenausweisung für die Gemeinden gibt. Schließlich gibt es wegen dieser generellen vorübergehenden Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG auch keine Steuerungsmöglichkeit für die Gemeinden durch F-Planung.

30

Die Beigeladene zu 1. ist gemäß § 4 Abs. 1 BauGB vielmehr gehalten, ihren F-Plan an die zukünftigen Ziele der Raumordnung, wie sie zur Zeit von der Landesplanungsbehörde entwickelt werden entsprechend anzupassen (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 04. April 2013, Az. 1 LB 7/12 mwN.).

31

Da die Klägerin mit ihrem Klagbegehren mithin insoweit erfolgreich ist, als ihrem Genehmigungsanspruch jedenfalls nicht ehemaliges Planungsrecht entgegengehalten werden kann, ist auch der Beklagte an der Kostentragung zu beteiligen.

32

Die steckengebliebenen Genehmigungsverfahren für die streitbefangenen Windkraftanlagen sind fortzuführen, sobald die Landesplanungsbehörde entsprechend dem Planungsstand zur Aufstellung der Raumordnungsziele eine Ausnahme von der vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 2 LaPlaG erteilt, oder aber die geplanten zukünftigen Ziele der Raumordnung Geltung erlangen. Die Klägerin muss dann keine neuen Genehmigungsanträge stellen. Vielmehr sind ihre bereits anhängigen Genehmigungsanträge zu bescheiden, sobald die vorläufige Unzulässigkeit gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG ihren etwaigen Genehmigungsanspruch für die streitbefangenen Vorhaben nicht mehr suspendiert. Dementsprechend braucht die Klägerin gegenwärtig auch keine Verwaltungsgebühren für die Ablehnung ihrer Anträge zu bezahlen, weil ihre Genehmigungsverfahren nach wie vor offen sind und eine Verfahrensgebühr erst nach Abschluss je nach Ausgang des Verfahrens nach dem Verwaltungskostengesetz festzusetzen ist.

33

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären.

34

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.


(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Zur Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen oder von sonstigen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sollen die Träger der Landes- und Regionalplanung mit den hierfür maßgeblichen öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts einschließlich Nichtregierungsorganisationen und der Wirtschaft zusammenarbeiten oder auf die Zusammenarbeit dieser Stellen und Personen hinwirken. Die Zusammenarbeit nach Satz 1 kann sowohl zur Entwicklung einer Region als auch im Hinblick auf regionen- oder grenzübergreifende Belange erfolgen; die Zusammenarbeit von Gemeinden zur Stärkung teilräumlicher Entwicklungen (interkommunale Zusammenarbeit) ist zu unterstützen.

(2) Formelle und informelle Arten der Zusammenarbeit nach Absatz 1 können insbesondere sein:

1.
Vertragliche Vereinbarungen, insbesondere zur Koordinierung oder Verwirklichung von raumordnerischen Entwicklungskonzepten und zur Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen,
2.
Maßnahmen wie regionale Entwicklungskonzepte, überregionale, regionale und interkommunale Netzwerke und Kooperationsstrukturen, regionale Foren und Aktionsprogramme zu aktuellen Handlungsanforderungen,
3.
Durchführung einer Raumbeobachtung und Bereitstellung der Ergebnisse für regionale und kommunale Träger sowie für Träger der Fachplanung im Hinblick auf raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, sowie Beratung dieser Träger.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 1 kann Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung auch die Übernahme von Kosten sein, die dem Träger der Landes- oder Regionalplanung bei der im Interesse des Vertragspartners liegenden Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen entstehen.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Zur Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen oder von sonstigen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sollen die Träger der Landes- und Regionalplanung mit den hierfür maßgeblichen öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts einschließlich Nichtregierungsorganisationen und der Wirtschaft zusammenarbeiten oder auf die Zusammenarbeit dieser Stellen und Personen hinwirken. Die Zusammenarbeit nach Satz 1 kann sowohl zur Entwicklung einer Region als auch im Hinblick auf regionen- oder grenzübergreifende Belange erfolgen; die Zusammenarbeit von Gemeinden zur Stärkung teilräumlicher Entwicklungen (interkommunale Zusammenarbeit) ist zu unterstützen.

(2) Formelle und informelle Arten der Zusammenarbeit nach Absatz 1 können insbesondere sein:

1.
Vertragliche Vereinbarungen, insbesondere zur Koordinierung oder Verwirklichung von raumordnerischen Entwicklungskonzepten und zur Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen,
2.
Maßnahmen wie regionale Entwicklungskonzepte, überregionale, regionale und interkommunale Netzwerke und Kooperationsstrukturen, regionale Foren und Aktionsprogramme zu aktuellen Handlungsanforderungen,
3.
Durchführung einer Raumbeobachtung und Bereitstellung der Ergebnisse für regionale und kommunale Träger sowie für Träger der Fachplanung im Hinblick auf raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, sowie Beratung dieser Träger.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 1 kann Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung auch die Übernahme von Kosten sein, die dem Träger der Landes- oder Regionalplanung bei der im Interesse des Vertragspartners liegenden Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen entstehen.

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemeinde A-Stadt. Die vorgesehene Anlage (Typ Enercon E70/E4) mit einer Nennleistung von 2.300 kW soll eine Nabenhöhe von 64 m, einen Rotordurchmesser von 71 m und eine Gesamthöhe von 99,5 m aufweisen.

2

Der Kläger ist Landwirt und betreibt auf 150 ha Fläche einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Mais- und Getreideanbau sowie Milchviehhaltung und Rindermast. Das für die Versorgung der Tiere benötigte Futter erzeugt er selbst.

3

Die Hofstelle des Klägers liegt am Südrand der Gemeinde A-Stadt. An der Straße „To Osten“ befinden sich Wohn-, Wirtschafts- und Stallgebäude des Klägers sowie Hofflächen. In gut 350 m Entfernung liegt – südöstlich der Hofstelle, im E... Feld – die für eine Aquakulturanlage vorgesehene Halle, die bisher u. a. zur Strohlagerung genutzt wurde. Er beabsichtigt dort den Neubau einer Aquakulturanlage mit Zucht- und Produktionswasserbecken, welche zum Teil innerhalb der bestehenden Halle und zum Teil unter freiem Himmel vor der Halle errichtet werden soll. Zur Energieversorgung der Anlage beantragte er einen Vorbescheid für eine Windkraftanlage (330 kW, Gesamthöhe unter 50 m), der ihm unter dem 03.04.2009 erteilt wurde.

4

Am 19. September 2011 genehmigte der Kreis Dithmarschen den Bau der Aquakulturanlage auf der Grundlage des § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB.

5

Am 23. Juli 2010beantragte der Kläger eine Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer 99,5 m hohen Windenergieanlage mit einer Nennleistung 2,3 kW in der Nähe der Halle. Der erzeugte Strom soll unter anderem zum Betrieb der Aquakulturanlage verwendet werden.

6

Das dem Antrag beigefügte Konzept zur Energieversorgung legte die Fischproduktion von Garnelen und Barramundi-Barschen zugrunde und berechnete den Gesamtenergiebedarf dafür auf 2,5 Mio. kWh pro Jahr. Die Jahresproduktion der Windenergieanlage wurde auf 3,5 bis 4 Mio. kWh pro Jahr geschätzt. Nach dem „Energiekonzept“ des Klägers ergab sich eine Eigenverbrauchsrate von 62 %, wobei von einer - durch Strom aufzuheizenden - Wassertemperatur in den (Fisch-)Becken von 26° C ausgegangen wurde. In dem „Energiekonzept“ heißt es u. a.:

7

„Die Entscheidung über die zu produzierende Fischart hat direkten Einfluss auf die bereitzustellende Wassertemperatur … und den dafür notwendigen Energiebedarf … Die nachfolgenden Berechnungen basieren auf … dem angestrebten Mindestproduktionsvolumen von 250 t Speisefisch pro Jahr. …“ (S. 11)

8

Im Genehmigungsverfahren führte der Fachdienst Naturschutz aus, der Errichtung und dem Betrieb der Windenergieanlage stehe § 44 BNatSchG entgegen, da die Windenergieanlage ein zusätzliches Risiko und erhebliche Störungen streng geschützter Arten bewirke. Zudem werde das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt.

9

Der Beklagte lehnte den Genehmigungsantrag - nach Anhörung des Klägers - mit Bescheid vom 23. Januar 2013 u. a. mit der Begründung ab, die Anlage widerspreche Zielen der Raumordnung und sei auch nicht als Nebenanlage zu einem im Außenbereich privilegierten Betrieb gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB einzuordnen. Die geplante Fischzuchtanlage sei keine berufsmäßige Binnenfischerei und kein landwirtschaftlicher Betrieb in Form einer Hofstelle, da der Hauptbetrieb sich in 350 m Entfernung befinde. Die Windenergieanlage sei in unmittelbarer Nähe zu den Zuchtbecken geplant; sie sei deshalb dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht zu- oder untergeordnet.

10

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das beklagte Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2013 als unbegründet zurück. Dabei erfolgte der Hinweis, dass sich Barramundi und Garnelen nicht von Pflanzen ernährten.

11

Zur Begründung seiner am 4. Juni 2013 erhobenen Klage hat der Kläger die Ansicht vertreten, die Fisch- und Krustentierzucht in künstlichen Becken sei, solange die Tiere auf eigener Futtergrundlage ernährt würden, der Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB zuzuordnen. Die Fische würden mittels eigener Getreide- und Maisanbauflächen gefüttert werden. Diese Flächen dienten auch der Entsorgung der Fischgülle. Es sei i. Ü. nicht mehr die Zucht von Barramundi-Barschen beabsichtigt, sondern von Jadebarschen. Diese Fische seien „Allesfresser“ und könnten auch pflanzlich ernährt werden. Eine Zufütterung von Fischmehl werde nicht, schon gar nicht überwiegend erfolgen. Für das Wasser werde eine Temperatur von 25° bis 28°C benötigt. In der Aquakultur werde es durch Rapsschrot substituiert. Die Aquakulturanlage selbst sei privilegiert zulässig, da sie einem landwirtschaftlichen Betrieb diene.

12

Zudem befinde sich der landwirtschaftliche Betrieb nicht in einer Entfernung von 350 m zur Aquakulturanlage. Die Rinder würden direkt neben der Anlage aufgestallt.

13

Der Kläger hat beantragt,

14

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 22. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2013 zu verpflichten, ihm die beantragte Genehmigung zum Betrieb und zur Errichtung einer Windenergieanlage auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemarkung A-Stadt zu erteilen,

15

hilfsweise,

16

den Beklagten zu verpflichten, seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

17

Das beklagte Landesamt hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Es hat die Ansicht vertreten, § 201 BauGB sei eine Spezialregelung für den Bereich des Fischfanges und der Fischzucht. Die Haltung von Fischen sei nicht unter den allgemeinen Begriff der Tierhaltung zu subsumieren. Indem sich der Kläger nicht auf eine Fischart festlege, könne er keinen Nachweis über die Fütterung der Tiere mit eigenerzeugtem Getreide führen. Überdies müssten bei einer Änderung der zu züchtenden Fischart auch die Genehmigungsunterlagen geändert werden. Unabhängig davon könne die Aquakulturanlage allenfalls als mitgezogene Nutzung zu einem privilegierten Landwirtschaftsbetrieb angesehen werden. Die Windenergieanlage wäre dann eine Nebenanlage zur Nebenanlage und damit nicht privilegiert.

20

Das Verwaltungsgericht hat am 18. November 2014 eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Der Kläger hat dort erklärt, er könne sich nicht genau festlegen, welche Tiere in der Aquakultur gezüchtet werden sollen. Je nach Fischart komme die Fütterung mit Roggen, Raps, Weizen oder Soja in Betracht. Zur Produktion von jährlich 250 t Speisefisch seien ca. 250 t Futter erforderlich, für deren Erzeugung voraussichtlich 25 ha Ackerflächen benötigt würden. Der Futterbedarf werde zu ca. 10 % durch Zukauf (z. B. Fischöl, Fischmehl) gedeckt.

21

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil am 4. Dezember 2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der geplante Standort sei im Regionalplan nicht als Windeignungsfläche ausgewiesen. Auch stehe nicht fest, dass die geplante Anlage einem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Zwar könne eine Aquakulturanlage grundsätzlich ein landwirtschaftlicher Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB sein. Dieser Einordnung stehe auch nicht entgegen, dass die Baugenehmigung vom 19. September 2011 für die Halle nach § 35 Abs. 2 und 4 BauGB erteilt worden sei, da die Begründung der Genehmigung nicht von ihrer Regelungswirkung umfasst sei. Allerdings sei im konkreten Fall nicht festzustellen, dass die Aquakultur Landwirtschaft sei, denn der Kläger lege sich nicht fest, welche Tiere er züchten wolle. Die Benennung der zu züchtenden Fischart sei aber essentiell, denn es gebe Fische, deren Proteinbedarf ausschließlich durch unbehandelte Getreide- oder Hülsenfrüchte gedeckt werden könne und andere Fischarten, die einen höheren Bedarf hätten. Ohne Angabe der Fischart sei es nahezu unmöglich festzustellen, wie viel Ertrag und wie viel Fläche zur Futtererzeugung benötigt werde und ob die klägerischen Flächen ausreichten. Überdies könne mangels Benennung der Fischart auch keine Wirtschaftlichkeitsprognose gestellt werden. Die Gewinnerzielungsabsicht sei aber ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 201 BauGB. Es fehle somit am Nachweis der Dauerhaftigkeit und der Nachhaltigkeit der Aquakulturanlage. Überdies sei das Energiekonzept unschlüssig, da lediglich die theoretischen Jahresverbrauchswerte den Jahresertragswerten gegenüber gestellt würden, ohne die für die Windenergieanlagen typischen Schwankungen der Energieerzeugung, z.B. in Form von Sicherheitszu- oder -abschlägen, zu berücksichtigen.

22

Vor dem Hintergrund der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs seien an die Erfordernisse der ausnahmsweise zulässigen Vorhaben strenge Anforderungen zu stellen. Die pauschalen Berechnungen und Vorhabenbeschreibungen des Klägers genügten diesen Anforderungen nicht. Da die Aquakulturanlage noch nicht errichtet worden sei, seien erhöhte Anforderungen an den Nachweis der Dauerhaftigkeit und der Ernsthaftigkeit des zu errichtenden Betriebes zu stellen, die nur durch präzise Konzepte erfüllt werden könnten. Aufgrund des unpräzisen Gesamtkonzepts könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die geplante Windenergieanlage der Aquakultur i. S. d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB diene. Das „Dienen“ erfordere, dass die Windenergieanlage dem landwirtschaftlichen Betrieb zu- und untergeordnet und bodenrechtliche Nebensache sei. Die Windenergieanlage habe eine Entfernung von 50 m zu der geplanten Aquakultur. Auf die 350 m Entfernung zum übrigen Hof komme es nicht an, denn diesem solle die Windenergieanlage nicht dienen. Vorliegend scheitere das „Dienen“ daran, dass nicht sicher feststehe, dass der überwiegende Teil der erzeugten Energie in den Betrieb der Aquakulturanlage fließe. Das sei auch für eine „mitgezogene“ Nutzung zu fordern.

23

Dem Vorhaben stünden schließlich öffentliche Belange entgegen, denn es widerspreche den Zielen der Raumordnung. Ein Widerspruch bestehe zur Ziffer 3.5.2 Nr. 5 des Landesentwicklungsplanes (LEP), wo festgelegt sei, dass Windenergieanlagen als Nebenanlagen i.S.d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB i.d.R. nicht höher als 70 m sein dürften. Dieses Ziel sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG verbindlich. Die geplante Anlage überschreite die festgesetzte Gesamthöhe mit 99,5 m deutlich.

24

Gegen das ihm am 30. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Januar 2015 die Zulassung der Berufung beantragt.

25

Im Zulassungsverfahren hat der Kläger eine neue „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ – Stand Februar 2015 – eingereicht. Danach sollen 201 – 250 t Karpfen produziert und zum größten Teil als Setzkarpfen für die Weitermast in Teichanlagen verkauft werden. Die Fütterung soll durch pflanzlich basierte Futtermischungen und einen „geringen Anteil von Zukaufkomponenten“ erfolgen. Vom Gesamt-Futterbedarf (320 t) könnten „gut 175 t“ selbst erzeugt werden. Für eine Temperatur im Gebäude von 20°C und in den Wasserbecken von 26°C entstehe ein Energiebedarf von 2,44 Mio kWh pro Jahr, der Eigenverbrauch des von der Windenergieanlage erzeugten Stroms für die Aquakultur und den Hof liege bei 56,69 %.

26

Der Senat hat dem Zulassungsantrag mit Beschluss vom 25. März 2015 stattgegeben.

27

Der Kläger ist der Ansicht, auf eine landwirtschaftliche Privilegierung der Windenergieanlage komme es mangels Wirksamkeit des Regionalplans IV nicht an. Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BauGB zulässig, denn weder die Darstellungen eines Flächennutzungsplanes noch die eines Regionalplanes stünden dem Vorhaben gemäß § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB entgegen. Auch § 18a Landesplanungsgesetz könne dem klägerischen Vorhaben nicht entgegengehalten werden, denn die Norm sei verfassungswidrig. Die Ungültigkeitsgründe, die das Gericht zu den Regionalplänen für die Planungsräume I und III gefunden habe, seien auch auf den Regionalplan IV zu übertragen. Daher könne auch der LEP nicht mehr herangezogen werden. Im Übrigen folge aus der Formulierung „in der Regel“ in Nr. 3.5.2 Nr. 5 LEP, dass die Genehmigung einem Abwägungsvorgang zugänglich sein müsse. Der Begriff der Landwirtschaft in § 201 BauGB könne nicht über die Raumordnung definiert werden. Maßgeblich sei alleine die Frage, ob das Bauvorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb diene und nicht wie hoch es sei.

28

Privilegierte Stromerzeugungsanlagen i. S. d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB dürften auch Strom in das öffentliche Netz einspeisen, ohne ihre Privilegierung zu verlieren. Die Feststellung einer deutlich überwiegenden Eigennutzung könne nicht in Zweifel gezogen werden, wenn zu bestimmten Zeiten und unter bestimmten Umständen ein höherer Anteil in das öffentliche Netz eingespeist werde. Theoretisch sei eine Stromerzeugung von 4,6 Mio kWh pro Jahr möglich, davon werde auf dem Hof und in der Aquakultur ein Anteil von 2.443.992 kWh pro Jahr verbraucht. Vor dem Hintergrund des Wertes der Vergütung von Strom (4,95 Ct/kWh) bestehe kein Interesse daran, die Menge der in das öffentliche Netz einzuspeisenden Energie künstlich zu erhöhen. Der maximal anzulegende Wert in den ersten fünf Jahren liege bei 8,9 Ct/kWh Strom, während der Bezug von Strom aus dem öffentlichen Netz ca. 24 Ct/kWh koste. In seinem Konzept zur Energieversorgung sei nachvollziehbar dargelegt worden, für die Fischzuchtanlage 62% des erzeugten Stromes zu benötigen. Aus seiner Faktensammlung aus März 2016, in der er den Eigenverbrauch der letzten drei Jahre berechnet habe, ergebe sich aufgrund der Trafo-Aussteuerung („Abregelung“) im Jahr 2014 ein Eigenverbrauch von 79,0 % und im Jahr 2015 von 119,8 %.

29

Der Kläger beantragt,

30

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Mai 2013 zu verpflichten, ihm die beantragte Genehmigung zum Betrieb und zur Errichtung seiner Windenergieanlage Enercon E70 E4, Rotordurchmesser 71 m, Nabenhöhe 64 m, Gesamthöhe 99,5 m auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemarkung A-Stadt zu erteilen,

31

hilfsweise,

32

den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts zu verpflichten, seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

33

Das beklagte Landesamt beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Es hält an seiner Ansicht fest, die Anlage könne weder nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 noch nach Nr. 5BauGB genehmigt werden. Eine Genehmigung nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB entfalle, weil die Fischzucht kein landwirtschaftlicher Betrieb sei. Die Windenergieanlage „diene“ einem solchen Betrieb auch nicht. Es fehle an ausreichenden Belegen für einen dauerhaft geplanten und wirtschaftlichen Betrieb, weil sich der Kläger nicht endgültig auf ein bestimmtes Zuchttier habe festlegen wollen. Er lege seiner Wirtschaftlichkeitsanalyse nunmehr den Einsatz von Karpfen zugrunde. Sein ständig wechselnder Vortrag begründe Zweifel an einer ernsthaft geplanten und langfristigen Betriebsführung. Die Ernsthaftigkeit des klägerischen Vorhabens sei auch deshalb zweifelhaft, weil die mit der Nutzungsänderung der Halle genehmigten Maßnahmen nach vier Jahren - bis heute - noch nicht abgeschlossen seien. Hinsichtlich des vorgelegten (neuen) Konzepts zur Energieversorgung bestünden Zweifel an dessen Plausibilität, zumal dessen Verfasser nicht erkennbar sei.

36

Eine Wirtschaftlichkeit der nunmehr geplanten Karpfenzucht könne nicht angenommen werden. Alle Ergebnisse bisher betriebener Warmwasser-Aquakulturanlagen hätten keine Wirtschaftlichkeit zeigen können. Bisher würden in Europa Karpfen ausschließlich in Teichen kommerziell gemästet. Für die vom Kläger geplanten Produktionsmengen fehle ein Absatzmarkt. Eine Weitermast von K3-Karpfen in Teichen sei ökonomisch unsinnig.

37

Selbst wenn die Aquakulturanlage als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB eingeordnet werde, „diene“ die geplante Windenergieanlage diesem nicht. Ausgehend von der zweitinstanzlich eingereichten (neuen) Wirtschaftlichkeitsanalyse betrage der Eigenverbrauch des erzeugten Stromes 56,69 %. Dieser Prozentsatz belege keine deutlich überwiegende Eigennutzung. Eine Grenze für einen deutlich überwiegenden Eigenverbrauch dürfe nicht unterhalb von 2/3 gezogen werden. Auf die Frage, inwieweit „überschüssiger“ Strom in das Netz eingespeist werde, komme es nicht an, zumal der künftige Umfang sog. Abregelungen keinesfalls sicher sei.

38

Einer Genehmigung nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BauGB stehe § 18a Landesplanungsgesetz entgegen. Diese Vorschrift sei wirksam; eine Ausnahmegenehmigung nach dessen Abs. 2 liege nicht vor und könne auch nicht erteilt werden, da sich die Windkraftanlage innerhalb eines „weichen Tabukriteriums“ der in Aufstellung befindlichen Regionalplanung befinde und den Abstand von 800 m zu Siedlungsbereichen unterschreite.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des beklagten Landesamtes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

40

Die zugelassene Berufung hat keinen Erfolg. Der Kläger hat die Berufung nach der Zulassung innerhalb der Frist gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO bis zum 1. Juni 2015 begründet. Die am 26. Februar 2016 erfolgte weitere Begründung ergänzt lediglich die fristgerecht vorgetragenen Berufungsgründe.

41

1. Der Kläger hat erstmals im Berufungsverfahren auch die Verpflichtung des Beklagten zur Genehmigung einer „selbständig“ privilegierten Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB erstrebt.

42

Zuvor war - mit Antrag vom 23. Juni 2006 - die Genehmigung einer „betriebseigenen“ Windkraftanlage für die Stromversorgung einer Aquakulturanlage beantragt worden (vgl. auch das szt. vorgelegte „Energiekonzept“ zur Begründung der „Privilegierung der Windkraftanlage“ [Beiakte A, Bl. 29 ff.]). Auf den Genehmigungsantrag hatte der Kläger erstinstanzlich mit seinem Verpflichtungsantrag und in seiner Klagebegründung sowie in dem (schriftsätzlich) angekündigten Berufungsantrag Bezug genommen.

43

Es kann offen bleiben, ob darin eine Klageänderung i.S.d. § 91 VwGO liegt, nachdem sich das beklagte Amt darauf - ohne Widerspruch - sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Berufungsverhandlung eingelassen hat. Es hat in seiner Berufungserwiderung vom 24. Februar 2016 (Bl. 201/203 d. A.) zu der nach seiner Ansicht fehlenden Genehmigungsfähigkeit der Windkraftanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB Stellung genommen. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung hat das beklagte Amt einer Klageänderung nicht widersprochen. Sie wäre damit zulässig, ohne dass es noch auf die Frage ankommt, ob sie auch „sachdienlich“ ist (§ 91 Abs. 2 VwGO).

44

2. Der Kläger kann weder eine Genehmigung der Windkraftanlage noch – im Sinne seines Hilfsantrages – eine neue „Verbescheidung“ seines Genehmigungsantrages beanspruchen. Rechtsgrundlage für die begehrte Genehmigungserteilung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage ist § 6 Abs. 1 i.V.m. § 4 BImSchG und Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zur 4. BImSchV. Danach kommt es für den Genehmigungsanspruch darauf an, ob der Errichtung und dem Betrieb der geplanten Anlage öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen.

45

Hier stehen der Genehmigung Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen: Die Windenergieanlage ist weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB (unten 2.1) noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (unten 2.2) zulässig; auch als „sonstiges Vorhaben“ i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB ist die Anlage nicht genehmigungsfähig (unten 2.3).

46

2.1 Der Kläger weist – im Ausgangspunkt – zutreffend darauf hin, dass eine Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig ist.

47

2.1.1 Der Zulässigkeit kann – derzeit – die Vorschrift in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht entgegengehalten werden. Zwar sah der – hier maßgebliche - Regionalplan für den Planungsraum IV (Schleswig-Holstein Süd-West: Kreise Dithmarschen und Steinburg; Teilfortschreibug zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung vom 06.11.2012 [Amtsbl. SH S. 1336]) für Windkraftanlagen eine „Ausweisung an anderer Stelle“ vor. Diese regionalplanerische Grundlage ist jedoch unwirksam. Der Senat hat durch Urteile vom 20.01.2015 – 1 KN 6/13 u.a. (NordÖR 2015, 261 ff.) – die Teilfortschreibungen des Regionalplans für die Planungsräume I und III für unwirksam erklärt. Die dazu festgestellten formellen und materiellen Unwirksamkeitsgründe, insbesondere die nicht ordnungsgemäß erfolge Differenzierung zwischen harten und weichen Tabukriterien, die fehlerhafte Abwägung zu Mindestabstandsregelungen und die Ausklammerung potenzieller Eignungsflächen nur wegen eines entgegenstehenden Gemeindewillens, gelten auch in Bezug auf die hier maßgebliche Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum IV. Dem entsprechend ist die Unwirksamkeit dieser Teilfortschreibung hier inzident festzustellen. Die Frage, ob der im Erlasswege erfolgten Erklärung der Landesplanungsbehörde zur Nichtanwendung der Teilfortschreibung des Regionalplans IV (s. Erlass vom 23.06.2015, zu III. [Amtsbl. SH S. 772]) verbindliche Rechtswirkung zukommt, kann danach offen bleiben.

48

2.1.2 Dem auf § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gestützten Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsanspruch des Klägers steht aber die - genehmigungsrechtliche - Vorschrift des § 18a Abs. 1 Satz 2 LPLaG SH entgegen. Danach sind zur Sicherung der Raumordnungsplanung bis zum 05.06.2017 (maßgebliche Gesetzesfassung vom 22.05.2015 [GVOBl. S. 132] zur Zeit der mündlichen Verhandlung) raumbedeutsame Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet unzulässig, nachdem Verfahren zur Neuaufstellung von Raumordnungsplänen oder zur Fortschreibung bestehender Raumordnungsplänen eingeleitet worden sind.

49

2.1.2.1 Die hier zu beurteilende Windkraftanlage ist „raumbedeutsam“ i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG. Insofern sind in erster Linie die Dimension (Höhe, Rotordurchmesser), der Standort und die Auswirkungen auf die Raumordnung maßgeblich; diese bestimmen im Einzelfall die Wirkungen der Anlage auf das Landschaftsbild. Bei einer Anlage, die – wie hier – mit 64 m Nabenhöhe und einer Gesamthöhe von 99,5 m in der flachen Marschenlandschaft weithin sichtbar ist, liegt eine erhebliche Auswirkung auf den Raum und dessen Funktionen vor (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.08.2002, 4 B 26.02, BauR 2003, 837 [bei Juris Rn. 6], OVG Magdeburg, Urt. v. 20.04.2007, 2 L 110/04, ZNER 2007, 234 [bei Juris Rn. 29]; OVG Koblenz, Urt. v. 20.02.2003, 1 A 11406/01, NVwZ-RR 2003, 619; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2004, 1 LB 28/04, BauR 2004, 1579; vgl. auch Runkel DVBl. 997, 275/278 [zu 3.3.1])

50

2.1.2.2 Das Land hat auch Verfahren zur Neuaufstellung bzw. Fortschreibung von Raumordnungsplänen in Bezug auf Windenergieanlagen eingeleitet (Runderlass der Landesplanungsbehörde vom 23.06.2015 [Amtsbl. SH S. 772], i.d.F. vom 14.12.2016 [Amtsbl. SH S. 1853]).

51

2.1.2.3 Eine Ausnahme von der Unzulässigkeit nach § 18a Abs. 1 LaPlaG hat die Landesplanungsbehörde vorliegend nicht zugelassen. Sie kommt, wie sich aus dem Schriftsatz des beklagten Landesamtes vom 27.03.2017 (S. 2) ergibt, auch nicht in Betracht, weil die Windkraftanlage in einem Bereich errichtet werden soll, der einem „weichen Tabukriterium“ des in Aufstellung befindlichen (neuen) Regionalplans unterfällt und – zudem – den vorgesehenen sog. Siedlungsabstand von 800 m deutlich unterschreitet.

52

2.1.2.4 Der Ansicht des Klägers, § 18a Abs. 1 LaPlaG stehe seinem Vorhaben nicht entgegen, weil diese (Landes-)Norm verfassungswidrig sei, ist nicht zu folgen. Der Senat sieht keine Veranlassung, das Verfahren insoweit auszusetzen und die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts einzuholen, da die genannte Vorschrift mit der Landesverfassung vereinbar ist (§ 44 LVerfGG). Ebenso besteht kein Grund, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, weil § 18a LaPlaG auch mit übergeordneten Normen des Bundesrechts, insbesondere des Grundgesetzes, vereinbar ist (§ 13 Nr. 11, § 80 BVerfGG).

53

Die Zweifel des Klägers an der Gesetzgebungskompetenz des Landes zum Erlass des § 18a LaPlaG sind unbegründet.

54

Das Raumordnungsrecht gehört nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zur konkurrierenden Gesetzgebung, also zur Landeskompetenz, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Vorliegend hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht, indem er in § 14 Abs. 2 ROG eine sog. „Sicherungsuntersagung“ vorgesehen hat, die der Raumordnungsbehörde für den Fall, dass sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet, die Möglichkeit zu einer - auf bis zu zwei Jahre befristeten - Untersagung von raumbedeutsamen Maßnahmen gibt. Allerdings darf das Land nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG von dieser Regelung durch Gesetz abweichen; im Falle einer Abweichung geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor (Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG). Das ist vorliegend § 18a LaPlaG. Die Kompetenz des Landes, von dem 2008 erlassenen (neuen) Raumordnungsgesetz des Bundes abzuweichen, ist durch Art. 125 b Abs. 1 GG eröffnet. Sie ist durch das Grundgesetz nicht eingeschränkt; anders, als es etwa für das Naturschutz- oder Wasserhaushaltsrecht der Fall ist (vgl. Art. 72 Abs. 3 Nr. 2, 5 GG), gibt es für den Bereich der Raumordnung keinen verfassungsrechtlich bestimmten „abweichungsfesten Kern“ (vgl. BT-Drs. 17/813, S. 11 [zu b]; Hoppe, DVBl. 2007, 144). Die Abweichungskompetenz umfasst auch Instrumente zur Sicherung der (Landes-)Raumordnungsplanung. Die in § 18a LaPlaG getroffene landesrechtliche Regelung ist auch eine „echte“ Abweichung von § 14 Abs. 2 ROG und nicht etwa (nur) eine Wiederholung der bundesrechtlichen Reglung. § 18a Abs. 2 LaPlaG trifft eine inhaltlich weitergehende Regelung als § 14 Abs. 2 ROG, da sie abweichend von § 14 Abs. 2 ROG in § 18a Abs. 2 LaPlaG - befristet - die generelle, vorläufige Unzulässigkeit vorsieht (vgl. LT-Drs. 18/2983, S. 6, IV.).

55

Die in § 18a LaPlaG getroffene Regelung steht auch nicht im Konflikt mit dem Kompetenztitel in Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG („Bodenrecht“). Der dazu von Bringewat (NordÖR 2016, 240/245) vertretenen - gegenteiligen - Ansicht folgt der Senat nicht. Die boden- bzw. bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung von Windkraftanlagen sind in § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB geregelt. Soweit es nach § 35 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BauGB auf raumordnungsrechtliche Ziele ankommt, „öffnet“ sich das Bauplanungsrecht für – weitere – raumordnungsrechtliche Regelungen und damit auch für die Raumordnungsplanung des Landes. Damit bleibt auch die Möglichkeit des Landesgesetzgebers erhalten, die (Neu-)Aufstellung von Raumordnungsplänen zu sichern. Genau diesem Zweck dient § 18a LaPlaG, indem - nur - zur Sicherung der Raumordnungsplanung raumbedeutsame Windkraftanlagen für vorläufig unzulässig erklärt werden. Damit betrifft § 18a LaPlaG ausschließlich Genehmigungsverfahren, regelt also nicht die planungsrechtliche (Un-)Zulässigkeit von Windkraftanlagen. Die nach § 18a LaPlaG geltende zeitlich begrenzte raumordnerische Unzulässigkeit hält die Frage der endgültigen raumordnerischen Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Anlage „offen“; ihre Antwort ergibt sich (erst) aus den schlussabgewogenen Raumordnungsinstrumenten der Landesplanung (vgl. LVerfG SH, Beschl. vom 17.06.2016, LVerfG 3/15, NVwZ-RR 2016, 801 [Rn. 33, 34, 36]).

56

Die in § 18a LaPlaG getroffene Regelung begegnet auch keinen materiell-rechtlichen Einwänden des Verfassungsrechts.

57

Das Landesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass die Vorschrift die gemeindliche Planungshoheit (Art. 54 Abs. 1 LVerf SH) nicht verletzt; die gemeindliche Planungshoheit wird durch die Norm nicht betroffen (LVerfG, Beschl. v. 17.06.2016, a.a.O., Rn. 32 f.). Der Senat folgt dieser Beurteilung.

58

Darüber hinaus verletzt § 18a LaPlaG auch keine Grundrechte des Klägers.

59

Die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Baufreiheit wird nicht verletzt. Zwar wird der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG durch die nach § 18a LaPlaG geltende zeitlich begrenzte, raumordnerische Unzulässigkeit der Windkraftanlage betroffen. Doch liegt darin - ebenso wie im Fall einer baurechtlichen Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 BauGB) – eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Die Regelung in § 18a LaPlaG ist eine notwendige Ergänzung der auf Landesebene erfolgenden Raumordnungsplanung. Sie wahrt und sichert den planerischen „Spielraum“ des Landes und trägt damit gleichzeitig dazu bei, die (raum-)planerische Abwägung möglichst frei von „Fakten“ vornehmen zu können, die während des Planungsprozesses (gänzlich) unbeeinflusst von raumplanerischen Regelungen geschaffen worden sind. Im Interesse einer sachgerechten Raumordnungsplanung bestehen keine Bedenken, den Eigentümern diese Wirkungen für einen zeitlich begrenzten Zeitraum entschädigungslos aufzuerlegen (vgl. - zum Baurecht - Stock in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017 § 14 BauGB, Rn. 143 m. w. N.). Durch die nach § 18a Abs. 2 LaPlaG bestehenden Entscheidungsbefugnisse der Landesplanungsbehörde kann – bei sachgerechter Handhabung – erreicht werden, dass Ausnahmen von der Unzulässigkeit nach § 18a Abs. 1 LaPlaG zugelassen werden, wenn (sobald) die Raumordnungsplanung fortgeschritten ist und die Verwirklichung ihrer Ziele nicht oder nur unwesentlich erschwert wird. Diese Vorschrift sowie die befristete Geltung des § 18a Abs. 1 LaPlaG tragen zur Verhältnismäßigkeit der Inhalts- und Schrankenbestimmung bei.

60

Soweit demgegenüber eingewandt wird, der Gesetzgeber habe in § 18a Abs. 1 LaPlaG eine Plansicherung eingeführt, ohne den Willen, ein „relevantes Ziel aufzustellen, hinreichend manifestiert zu haben“ und ohne dass eine „sicherungsfähige Regionalplanung … (nicht einmal) in Grundzügen“ vorgelegen habe (Bringewat, a.a.O., S. 244), vermag dies die Verfassungsmäßigkeit der Norm nicht in Frage zu stellen. Es trifft zwar zu, dass bei (Verabschiedung und) Inkrafttreten des § 18a LaPlaG am 05.06.2015 (GVOBl. SH S. 132) noch kein „Entwurf des zu sichernden Raumordnungsplans“ vorlag, sondern zunächst nur die allgemeine Planungsabsicht zur Teilaufstellung der Regionalpläne (Sachthema Windenergie) für die Planungsräume I bis III bekannt gemacht worden ist (Runderlass vom 23.06.2015, Amtsbl. SH S. 772). Damit stand aber fest, dass eine neue Regionalplanung zum (speziellen) Sachbereich der Windenergie erfolgen wird. Dem – aus der Bauleitplanung bekannten – Erfordernis einer „sicherungsfähigen“ Planung, die ein Mindestmaß des Inhalts der beabsichtigten Planung erkennen lässt, wird im Allgemeinen (schon) genügt, wenn die Ziele und Zwecke der Planung bekannt sind, aber noch (verschiedene) Planungsalternativen bestehen (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 2017, § 14 BauGB Rn. 43). Die Anforderungen sind im Einzelfall vom jeweiligen Planungsraum abhängig. Wenn - wie hier - die Fläche eines großen Teilraums des Landes betroffen ist und - zudem - die raumplanerische Entscheidung der Landesplanungsbehörde über die Festlegung von Vorrang-, Vorbehalts- oder Eignungsgebieten (§ 7 Abs. 4 ROG) insbesondere im Bereich sog. „weicher Tabuzonen“ (vgl. zum Begriff: BVerwG, Urt. v. 13.12.2012, 4 CN 1.11, BVerwGE 145, 231) aus einem gesamträumlichen Planungskonzept und einer Abwägung (§ 7 Abs. 7 ROG) abgeleitet werden muss, kann für die Angabe eines „Mindestmaßes“ an Planungszielen nicht – wie vertreten wird (Bringewat, a.a.O., S. 244) – bereits ein Entwurf eines Raumordnungsplans verlangt werden. Nachdem die Landesplanungsbehörde ihre Planungsabsicht bekannt gegeben und zugleich angekündigt hat, die Kriterien zur Ermittlung geeigneter bzw. ausgeschlossener Flächen auf Regionalplanebene zu überarbeiten, ist dem – auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG bestehenden – Erfordernis einer hinreichend konkreten Angabe von Planungszielen Genüge getan. Der Umstand, dass die Überarbeitung der „Kriterien“ erst mit Erlass vom 29.04.2016 (Amtsbl. SH S. 424), also ca. 10 Monate nach Inkrafttreten des § 18a LaPlaG, erfolgt ist, ist unschädlich; auch die Entscheidung über diese Kriterien ist Teil des – zu sichernden – Planungsprozesses. Die Bekanntgabe der Planungsabsicht für eine (neue) Regionalplanung zur Windenergie und die – bald darauf – erfolgte Angabe von diesbezüglichen „Kriterien“ genügen gem. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des § 18a LaPlaG.

61

Die Verfassungsmäßigkeit des § 18a LaPlaG ist auch im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG nicht in Frage zu stellen. Der Senat folgt insoweit der rechtlichen Beurteilung, die das Verwaltungsgericht seinem Beschluss vom 10.09.2015 (6 A 190/13; NVwZ-RR 2016, 212/213) zugrunde gelegt hat. Der Kritik von Bringewat (a.a.O., S. 247) – auch daran – ist nicht zu folgen; sie wiederholt den bereits zu Art. 14 GG angeführten Einwand, es fehle an einer „ausreichend konkretisierten überörtlichen Planung“, weshalb ein legitimer Zweck zur Einschränkung der Berufsfreiheit fehle. Damit wird übersehen, dass der legitime Zweck bereits in der Sicherung der Raumordnungsplanung einschließlich des zugehörigen Planungsprozesses besteht; zu dieser Sicherung liegen genügend „sicherungsfähige“ Grundlagen vor.

62

2.2 Dem Genehmigungsanspruch nach § 6 Abs. 1 BImSchG steht § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entgegen.

63

Die vom Kläger geplante Windkraftanlage ist nicht Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs (2.2.1). Sie „dient“ einem solchen auch nicht (2.2.2) und kann auch nicht als eine sog. „mitgezogene Nutzung“ zugelassen werden (2.2.3).

64

2.2.1 Der Kläger ist unzweifelhaft Landwirt, soweit er (auf seiner „Hofstelle“) Milchviehhaltung und Rindermast auf einer Flächengrundlage von 150 ha betreibt und Mais bzw. Getreide anbaut. Die streitige Windenergieanlage will er für seinen (künftigen) Betriebsteil „Aquakultur“ einsetzen. Von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB wäre dies abgedeckt, wenn die „Aquakultur“ als Landwirtschaft i. S. der Legaldefinition des § 201 BauGB anerkannt werden könnte. Insoweit sind die für den zu „gründenden“ (neuen) Betriebsteil relevanten Umstände Grundlage der rechtlichen Beurteilung (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017, § 35 BauGB Rn. 34).

65

Die Genehmigung zur Nutzungsänderung der Halle und zur Errichtung der Aquakulturanlage ist im Bescheid vom 19.09.2011 (Bl. 173 der Beiakte A) nicht auf der Grundlage des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, sondern nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB erteilt worden. Damit geht von dem genannten Bescheid schon im Ansatz keine Tatbestandswirkung für das Vorliegen einer Landwirtschaft i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB aus.

66

Die Aquakultur des Klägers ist nicht als Landwirtschaft anzuerkennen.

67

2.2.1.1 Zur Landwirtschaft i. S. d. § 201 BauGB gehört bei Tierhaltungsbetrieben die überwiegende Erzeugung des Futters auf zum Betrieb gehörenden Flächen (unmittelbare Bodenertragsnutzung; vgl. BVerwG, Urt. v. 14.05.1969, 4 C 19.68, BVerwGE 34, 1 ff.; Urt. v. 13.12.1974, 4 C 22.73, BauR 1975, 104). Auch Fischzuchtanlagen können danach Landwirtschaft sein, wenn deren überwiegende Futtergrundlage aus dem Ackerbau, der Wiesen- und Weidewirtschaft stammt bzw. stammen kann. Die in Betracht kommenden Tierarten sind nicht auf traditionell in der Landwirtschaft gehaltene Tiere begrenzt. Allein entscheidend ist, ob das Futter (für die Fische) überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann; auch dann liegt eine unmittelbare Bodenertragsnutzung (Urproduktion) vor. Eine Einschränkung auf bestimmte Tierarten ist daraus indes nicht abzuleiten, zumal die Inanspruchnahme von Flächen durch traditionell „landwirtschaftliche“ Tierarten gleich oder gar intensiver sein kann als bei neu eingesetzten Tierarten. Nach der Novellierung des BauGB durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau) vom 23.09.2004 (BGBl I, S. 2414) sollte der „Strukturwandel in der Landwirtschaft“ gefördert werden (vgl. BT-Drs. 15/2250, S. 33), was auch die Nutzung neuer Produktionsmöglichkeiten – bei unmittelbarer Bodenertragsnutzung – einschließen sollte (VG Hamburg, Urt. v. 28.11.2012, 7 K 656/12, NVwZ-RR 2013, m. w. N.; vgl. auch VG Darmstadt, Urt. v. 19.03.2015, 7 K 923/12.DA, Juris). Soweit das OVG Lüneburg (Urt. v. 27.02.1984, 1 A 103/82, BRS 42 Nr. 88) eine Fischproduktion in Mastbehältern aus Stahl nicht als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB anerkannt hat, ist dies im Hinblick auf den (in § 201 BauGB genannten) Begriff der „Binnenfischerei“ erfolgt, die keine Aquakultur in künstlichen „Hälterbecken“ umfasse. Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Ebenso, wie es (auch) bei der „terrestrischen“ Produktion von Tieren keinen Unterschied macht, ob diese in „künstlichen“ Vorrichtungen oder in der „Natur“ erfolgt, ist dies auch bei Fischen der Fall; maßgebliches Kriterium bleibt – wie oben ausgeführt – die unmittelbare Nutzung des Bodenertrags für die Tierproduktion. Soweit das OVG Lüneburg (a.a.O.) für eine Fischproduktion in „Hälterbecken“ das Vorliegen eines „ortsgebundenen“ Betriebs verneint hat, bezieht sich dies auf § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, hat also keine Relevanz für die Zuordnung der Aquakultur zur Landwirtschaft.

68

2.2.1.2 Die Aquakultur wäre – danach – als „Landwirtschaft“ anzuerkennen, wenn der Kläger das für die Fische erforderliche Futter – bei Fortführung der anderen Betriebszweige (Milchviehhaltung, Rindermast) – überwiegend auf eigener Flächen-/Futtergrundlage erzeugen kann; die eigene Futtergrundlage muss überwiegen, d.h. mehr als 50 % abdecken (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017, § 201 BauGB, Rdnr. 17). Dies nachzuweisen, obliegt dem Kläger.

69

Dazu hat der Kläger im Laufe des Verfahrens (höchst) unterschiedliche Zahlen „geliefert“, die sich (womöglich) auf die wechselnden Zuchtfische (zuerst Garnelen und Barramundi-Barsche, sodann Jadebarsche, schließlich Karpfen) bezogen. Der Senat legt seiner Entscheidung – im Hinblick darauf, dass eine Verpflichtung des beklagten Amtes begehrt wird, so dass es auf die Sach- und Rechtslage zur Zeit der Berufungsverhandlung ankommt – die Bedürfnisse für eine Karpfenzucht bzw. -produktion zugrunde.

70

Für eine Produktionsmenge von 250 t Karpfen werden – den Angaben des Klägers zufolge - 320 t Futter benötigt, wovon 175 t auf eigenen landwirtschaftlichen Flächen erzeugt werden sollen (entsprechend 54,68 %). Diese Angabe erscheint – zunächst – plausibel:

71

Für die Futtererzeugung der (z. Zt.) 70 Milchkühe und 469 Mastrinder gibt der Kläger einen Flächenbedarf von 108 ha an (s. „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ vom Februar 2015, S. 4). Ausgehend von 150 ha Gesamtagrarfläche verbleiben [150 - 108 =] 42 ha einschließlich Grünland. Vor dem Hintergrund des spezifischen Futterbedarfs kann das Grünland der Fischproduktion nicht zugeordnet werden. Wenn für die Fütterung der Karpfen mithin Getreide (Weizen, Gerste) verwendet werden soll, müsste auf der - nach den Angaben des Klägers - für „Marktfrucht“ verbleibenden Fläche von 28,96 ha (s. „Wirtschaftlichkeitsanalyse“, S. 12 [Bl. 173 d. A.]), die nicht für die Milchvieh- bzw. Rinderhaltung benötigt wird, ein Ertrag von [175/28,9 =] ca. 6 t pro Hektar erreichbar sein, um die für das Produktionsziel von 250 t Karpfen erforderliche Futtermenge von 175 t p.a. zu erreichen. Das ist für Getreide erreichbar.

72

Allerdings lässt der Kläger bei der Ermittlung des Futterbedarfs für die Karpfen unberücksichtigt, dass ernährungsphysiologisch nicht der gesamte Futterbedarf mit Getreidefutter bzw. aus Pflanzen gefertigten Pellets gedeckt werden kann.

73

Karpfen benötigen außer pflanzlichen Futtermitteln auch tierische Eiweiße und Fette oder „aufkonzentrierte pflanzliche Proteinprodukte“ (vgl. Stellungnahme „Rohstoffeinsatz in der Fischernährung“, CAU: Prof. Dr. Schulz, Anlage K 4, S. 2). Allein aus pflanzlicher Erzeugung kann der Eiweißbedarf von Karpfen nicht gedeckt werden (vgl. Füllner u. a., Karpfenteichwirtschaft, Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft, 2007, S. 23 [zu 5.1.3] sowie S. 61 [zu 9.9.2]). Karpfen benötigen zum Wachstum natürliches Protein, welches sie in einem Teich in Form von Wasserflöhen, Insektenlarven, Muscheln, Würmern oder Schnecken aufnehmen. Durch tierisches Eiweiß entsteht die Grundlage des Wachstums der Fische (Aufbau des Fischfleisches). Eine alleinige Fütterung mit Getreide in Beckenanlagen – ohne Naturnahrung – würde zu akuten Stoffwechselstörungen bis hin zum Tod der Karpfen führen. Karpfen können in Aquakulturen ihren Eiweißbedarf nicht allein durch pflanzlich erzeugtes Futter decken; sie sind auf zugekaufte Fischfutterprodukte angewiesen, die tierische Proteine und Fette enthalten. Dem wird in der Praxis durch zugekauftes spezielles Futter bzw. Fischmehl, Fischöl oder (sog.) Mischfutter Rechnung getragen; Getreide bzw. Futter auf pflanzlicher Basis wird (nur) als „Ergänzungsfuttermittel“ oder „Beifutter“ bezeichnet, das „als Energielieferant für den Stoffwechsel … den Luxusverbrauch von Nährtiereiweiß zur Energiegewinnung auf ein physiologisch mögliches Minimum“ reduziert; Getreide ist somit kein Ersatz für fehlende (tierische) Naturnahrung (Füllner, a.a.O., S. 61, 63 [zu 7.9.2]).

74

Nach der Konzeption des Klägers sollen die zu produzierenden Karpfen in den (vorgesehenen) 1.800 m³-Becken in der Halle aufgezogen werden. Die Karpfen sind deshalb auf Futtermittel aus tierischen Proteinen und Fetten angewiesen. Diese können nicht auf eigener Futtergrundlage produziert werden. In der vom Kläger vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung für die Aquakulturanlage werden Futterkosten von 236.522 € ansetzt (Bl. 168 d. A.); es ist nicht ersichtlich, dass dieser Betrag nur „eigenerzeugtes“ Futter betrifft. Der auf pflanzliches (Zusatz- oder Bei-) Futter entfallende Futteranteil liegt bei artgerechter Tierhaltung in der Teichwirtschaft bei 5 – 10 %, nur im Sommer kann er mehr als 25 % erreichen; der Großteil des Futters muss also tierische Proteine und Fette anbieten (vgl. Schlott u. a., Bedarfsorientierte Fütterung in der Karpfenteichwirtschaft, Wien 2011, S. 12 ff., S. 14 [Tab. 3.1]). Bei einer Beckenaufzucht, die kein natürliches Angebot tierischer Proteine und Fette ermöglicht, muss somit die überwiegende Futtergrundlage tierische Proteine und Fette anbieten; der „pflanzliche“ Anteil des Futters wird jedenfalls nicht höher ausfallen können, als es in Teichwirtschaften der Fall ist.

75

Damit bestehen Zweifel, ob die Produktion der Karpfen – in der vorgesehenen Menge von 250 t – überwiegend auf eigener Boden-/Flächengrundlage erfolgen kann.

76

Diese Zweifel gehen zu Lasten des Klägers. Es obliegt ihm, die Voraussetzungen einer Privilegierung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 und des § 201 BauGB darzulegen und durch ein schlüssiges Konzept zu belegen. Er hätte dazu im Hinblick auf die im erstinstanzlichen Urteil und in den vom beklagten Amt angeführten Zweifel Anlass zu konkrete(re)n Angaben gehabt. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung sind dazu schlüssige Angaben ausgeblieben. Der Senat konnte sich damit keine Überzeugung darüber bilden, dass die Aquakultur überwiegend auf einer eigenen Futtergrundlage aufbaut und damit als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anerkannt werden kann.

77

2.2.1.3 Abgesehen vom Erfordernis einer eigenen, überwiegenden Futtergrundlage ist für einen „landwirtschaftlichen Betrieb“ – auch – zu fordern, dass dieser ein Betriebskonzept und eine betriebliche Organisation aufweist, die bei objektiver Betrachtung auf eine nachhaltige Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Auch das ist vorliegend nicht festzustellen.

78

Ein „landwirtschaftlicher“ Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB muss auf Dauer angelegt und zur Gewinnerzielung geeignet sein. Der zu schonende Außenbereich darf in der Regel nur für eine langfristig ausgerichtete und gewinnversprechende landwirtschaftlichen Betätigung in Anspruch genommen werden (BVerwG, Urt. v. 19.04.1985, 4 C 13.82, NVwZ 1986, 201 [bei Juris Rn. 14] sowie Urt. v. 11.10.2012, 4 C 9.11, NVwZ 2013, 155; Urt. des Senats v. 27.04.1994, 1 L 141/92, Juris [Rn. 30, 32]).

79

Der Senat hat insoweit – einerseits – zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass die Eröffnung eines neuen „Betriebszweigs“ mit mehr oder weniger großen Ungewissheiten und Risiken behaftet sein kann, die nicht von vorneherein als gewinnschädlich bewertet werden dürfen. Dazu gehört auch die Berücksichtigung einer gewissen „Durststrecke“ in der Gründungs- bzw. Startphase. Dem gegenüber ist nicht zu übersehen, dass das vom Kläger entworfene Projekt „Aquakultur + Windenergie“ in beträchtlichem Umfang die Möglichkeit eröffnet, landwirtschaftsfremde Erträge aus der Einspeisung von Strom in das öffentliche Netz zu erwirtschaften. Um solchen - nicht durch die Privilegierung der Landwirtschaft nach § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201 BauGB gerechtfertigten – Effekten entgegenzuwirken, ist ein strenger Maßstab an die Nachhaltigkeits- und Wirtschaftlichkeitsprüfung anzulegen.

80

Weder die vom Kläger vorgelegten Konzepte („Konzept zur Energieversorgung“, Februar 2010 [Beiakte A, Bl. 33 ff.]; „Wirtschaftlichkeitsanalyse“, Februar 2015 [Anlage BK 1, Bl. 162 ff. d. A.]; „Wind- und Ertragsabschätzung“ vom 14. März 2016 [Anlage BK 2, Bl. 208 ff. d. A.]) noch die dazu in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgetragenen mündlichen Erläuterungen vermochten den Senat davon zu überzeugen, dass die geplante Aquakultur nachhaltig auf eine solide - positive - Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist.

81

Das im Februar 2010 vorgelegte Konzept betrachtet (noch) eine „Produktionsausrichtung“ auf Garnelen und Barramundis, ohne (dazu) Rentabilitätsprognosen zu geben; für die – jetzt – geplante Karpfenzucht ist das Konzept unergiebig.

82

Das Gleiche gilt für die (zuletzt) vorgelegte „Wind- und Ertragsabschätzung“ vom 14. März 2016 (Bl. 208 ff. d. A.). Daraus ist nur der Energieertrag der Windenergieanlage zu entnehmen, die lediglich eine „Hilfsfunktion“ für die Karpfenzucht haben soll. Ob die Windenergieanlage – für sich betrachtet Gewinne erwarten lässt, ist unerheblich, weil sie - allein – keine „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB ist.

83

Für die – unterstellte – landwirtschaftliche Aquakultur bzw. Karpfenproduktion, deren Wirtschaftlichkeit und die daraus resultierende Gewinnerwartung liefert allein die vom Kläger vorgelegten „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ (Bl. 162 ff. d. A.) Datengrundlagen. Der Kläger erwartet danach, dass die Karpfenzucht bei anteiliger Energieversorgung aus der eigenen Windkraftanlage zu einer nachhaltigen Gewinnerzielung führen wird; er beziffert diese auf ein positives Betriebsergebnis von jährlich 89.728 €, wohingegen das Betriebsergebnis bei einem Strombezug aus „fremden“ Quellen negativ ausfalle.

84

Die Berechnung des Klägers ist allerdings erheblichen Einwänden ausgesetzt, die – auch – in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht ausgeräumt werden konnten:

85

Die schon im erstinstanzlichen Urteil angesprochenen Zweifel daran, dass die Aquakultur eine - nachhaltige - Gewinnerwartung begründet, hat der Kläger nicht ausräumen können. Soweit die „Neugründung“ eines Betriebszweiges mit Anlaufschwierigkeiten verbunden ist, kann diesen sowohl auf der Kosten- als auch auf der Erlösseite durch seriöse Ansätze für Risiken und Wagnisse Rechnung getragen werden. Solche Ansätze sind der vorliegenden Gewinn- und Verlustrechnung (S. 7 der „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ [Bl.- 168 d. A.]) nicht zu entnehmen.

86

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht fällt auf, dass der Kläger auf der Kostenseite keine „Abschreibungen“ für Gebäude ansetzt, da diese „bereits vorhanden“ seien. Damit werden für den Wertverzehr der Gebäude einschließlich evtl. Instandhaltungen keine Rückstellungen gebildet. Kapitaldienst und Zinsen werden nur für die Aquakulturanlage angesetzt (18.800 € pro Jahr), nicht aber für die Windkraftanlage; ob und ggf. inwieweit in den „variablen“ Kosten für Strom aus der eigenen Windkraftanlage (135.715 € pro Jahr) Anteile für Kapitaldienst und Zinsen der Windkraftanlage, die ca. 2,3 Mio. Euro kostet, enthalten sind, ist unklar.

87

Ebenso unklar bleibt, ob Arbeitskosten ausreichend berücksichtigt worden sind. Da der Kläger auch Milch produziert und Rinder mästet, was - gerichtsbekannt - sehr zeitintensiv ist, hätte erläutert werden müssen, ob der Zeit- und Arbeitskräftebedarf für die Aquakultur durch zusätzlichen Arbeitskrafteinsatz abgedeckt werden muss. Bei der Beurteilung einer nachhaltigen Gewinnerwartung der Aquakultur sind die dafür anfallenden Kosten zu berücksichtigen.

88

Die „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ erwartet einen jährlichen Gesamterlös für Zuchtkarpfen in Höhe von 738.137,-- Euro. Auch insoweit fehlt in der Berechnung ein Ansatz für (anfangstypische) Risiken und Wagnisse (Rückstellungen). Dazu gehören - zum einen - Anlaufprobleme, insbesondere in Bezug auf die Verfahrens- und Anlagetechnik und die Wasserqualität (O2-, CO2-, NO2- und NH4-Konzentration, Schlammablagerungen), und - zum anderen - Risiken, wie Wachstumsdepressionen, Fischseuchen oder andere Tierkrankheiten (Parasitosen, Bakteriosen, Gasblasen u. a.).

89

Unabhängig davon fehlen zur Absatzerwartung in Bezug auf eine Produktionsmenge von 250 t jährlich nachvollziehbare Grundlagen. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung konnte der Kläger dazu keine schlüssige Erklärung geben.

90

Vor dem Hintergrund einer wechselhaften Entwicklung der Erzeugung von Karpfen in Aquakulturanlagen (inkl. Teichanlagen; vgl. Pressemitteilung Nr. 183 des Statistischen Bundesamtes vom 02.06.2016), den Import-/Exportzahlen und der Entwicklung der Erzeugerpreise für Karpfen (vgl. dazu: Brämick, Jahresbericht zur Deutschen Binnenfischerei und Binnenaquakultur, 2015, Seite 29, Abb. 7 sowie Seite 42, Tab. 11) kann eine Prognose der aus einer Karpfenproduktion von - hier - jährlich 250 t realistisch erreichbaren Erlöse nur auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts für den Absatz der produzierten Karpfen erfolgen. Dazu bzw. zu möglichen Vermarktungswegen findet sich in der vom Kläger vorgelegten Wirtschaftlichkeitsanalyse nichts. In der mündlichen Berufungsverhandlung hat der Kläger lediglich mitgeteilt, die Fische sollten über Dänemark bzw. nach China verkauft werden. Verträge, Vorverträge o. ä. konnte er weder benennen noch vorlegen, ebenso keine inländischen Absatzkonzepte. In Anbetracht der für die Aquakultur und die – zur Genehmigung beantragte – Windkraftanlage aufzuwendenden erheblichen Investitionssumme ist ein plausibles Absatzkonzept auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht zu fordern, um die Prognose einer dauerhaften (unterstellt) landwirtschaftlichen Betätigung zu stützen und damit – zugleich – zu belegen, dass die Windkraftanlage gerade wegen ihrer Zuordnung zur Aquakultur – und nicht etwa als (nicht privilegierte) eigene Einnahmequelle geplant wird. Das gilt umso mehr, als der Kläger in seinem (ersten) „Energiekonzept“ (S. 10 [Bl. 42 der Beiakte A]) selbst davon ausgegangen ist, dass das Marktpotenzial für heimische Süßwasserfische – wozu auch Karpfen gehören – „zu ca. 85 % ausgeschöpft“ ist und „bestehende Produktionen … neben den Importen die Nachfrage auf den hiesigen Märkten überwiegend abdecken“ können.

91

Die Last, das Gericht von einer nachhaltigen Gewinnerwartung - und damit zugleich - von der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der geplanten Aquakultur zu überzeugen, obliegt dem Kläger. Er hat dazu ausreichende und schlüssige Angaben zu „liefern“ und trägt insoweit die Beweislast (Urt. des Senats v. 27.04.1994, 1 L 141/92, Juris [Rn. 32]; vgl. auch VGH München, Beschl. v. 18.02.2013, 1 ZB 11.1389, Juris [Rn. 15] sowie VGH Mannheim, Urt. v. 07.08.1991, 3 S 1075/90, BauR 1992, 208). Das gilt insbesondere in einem Fall - wie hier - , in dem mit der Aquakultur zugleich eine Windkraftanlage realisiert werden soll, so dass die landwirtschaftlich erwarteten Erlöse aus dem Absatz von Fischen und die landwirtschaftsfremde „Rendite“ der Windkraftanlage strikt unterschieden werden müssen.

92

Für die Aquakultur ist nach alledem kein schlüssiges Betriebskonzept festzustellen, das objektiv auf Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Damit kann die vom Kläger geplante, mit einer Windkraftanlage „beheizte“ Aquakultur nicht als nachhaltige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anerkannt werden.

93

2.2.2 Selbst wenn die Aquakultur des Klägers - unbeschadet der vorstehenden Gründe - als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anzusehen wäre, müsste – weiter – festzustellen sein, dass die zur Genehmigung beantragte Windenergieanlage dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers i.S.d § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB „dient“. Eine solche Feststellung ist nicht möglich.

94

2.2.2.1 Das „Dienen“ i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfordert eine bestimmte äußerlich erkennbare funktionale Beziehung der Windkraftanlage zum Betrieb und einen sachlichen Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Tätigkeit. Die „dienende“ Zweckbestimmung muss objektiv gegeben sein. Als „dienend“ können - im Grundsatz - auch Energieerzeugungsanlagen anerkannt werden, sofern die erzeugte Energie von dem landwirtschaftlichen Betrieb abgenommen und tatsächlich überwiegend in dem Betrieb verwendet wird (Söfker, in: Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 2017, § 35 BauGB Rn. 34c).

95

2.2.2.2 Das beklagte Landesamt meint, bereits wegen der Entfernung der Windkraftanlage zur „Hofstelle“ fehle es an einer (prägenden) Beziehung zum landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Dem ist nicht zu folgen:

96

Eine räumliche Nähe zum „Schwerpunkt des Betriebes“ (Söfker, a.a.O., § 35 BauGB, Rn. 35) wird zwar in der Regel eine „dienende Funktion des Vorhabens indizieren, doch schließt dies nicht aus, dass ein Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb auch dann dient, wenn es – wie hier – einem Betriebsteil „abseits“ der traditionellen Hofstelle zugeordnet ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.1985, 4 C 71.82, NVwZ 1986, 644 [bei Juris Rn. 16, a. E.]). Dabei kann es keine Rolle (mehr) spielen, ob der „abseits“ gelegene Betriebsteil – hier die auf dem Flurstück .../2 gelegene Halle des Klägers – unter Vernachlässigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs genehmigt worden ist. Wenn dort eine – unterstellt – landwirtschaftliche Aquakultur betrieben werden soll, ist die in 50 m Entfernung dazu vorgesehene Windkraftanlage diesem Betriebsteil auch - untergeordnet - räumlich-funktional zugeordnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, 4 B 44.08, BauR 2009, 473 [bei Juris Rn. 8]; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.10.2015, 12 LC 73/15, NordÖR 2016, 75 [bei Juris Rn. 24 f.]). Insofern unterscheidet sich die vorliegende Sachlage von dem Fall, der der Entscheidung des Senats vom 07.03.1995 (1 L 191/94, Juris) zugrunde lag; in jenem Fall sollte die Windkraftanlage 320 m entfernt von den betrieblichen Stromabnahmestellen errichtet werden. Einer „dienenden“ Funktion steht auch nicht entgegen, dass der von der Windkraftanlage erzeugte Strom zu einem geringen Teil (lt. Berechnung des Klägers: 0,95 %) auch zur Deckung des Strombedarfs der Wohn- und Wirtschaftsgebäude der 350 m entfernten Hofstelle eingesetzt werden soll. Die übrige Stromproduktion soll für die Bewirtschaftung der Fischzucht genutzt oder in das öffentliche Netz eingespeist werden. Auf die Entfernung von 350 m zum Wohnhaus und den in dessen Nähe gelegenen anderen landwirtschaftlichen Gebäuden kommt es somit entscheidend nicht an.

97

2.2.2.3 Der Annahme einer „dienenden“ Funktion der knapp 100 m hohen Windkraftanlage steht auch ihre (äußere) Größe nicht entgegen. Es mag sein, dass zur Deckung des Strombedarfs der geplanten Aquakultur auch eine „kleinere“ Anlage hätte ausreichen können (vgl. das gerichtliche Schreiben vom 03.02.2016, Bl. 199 d. A.). Für die Beurteilung der „dienenden“ Funktion kommt es aber nicht auf die „metrische“ Größe der Windkraftanlage oder ihr Verhältnis zu benachbarten Gebäuden an. Maßgeblich ist vielmehr, in welchem Umfang der erzeugte Strom dem landwirtschaftlichen Betrieb zugeführt wird. Auch bei einer (äußerlich) „großen“ Anlage kann dieser Umfang überwiegen, so dass (dann) auch eine „dienende“ Funktion gegeben ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2008, 12 LB 48/07, BauR 2008, 1858 [bei Juris Rn.40-41]).

98

2.2.2.4 Entscheidend ist, dass eine „dienende“ Funktion der zur Genehmigung beantragten Windkraftanlage für die – unterstellt – landwirtschaftliche Aquakultur des Klägers nur anerkannt werden kann, wenn der betriebsbezogene Anteil der Energieerzeugung gemessen an der Gesamtkapazität der Anlage erheblich ins Gewicht fällt (BVerwG, Urt. v. 16.06.1994, 4 C 20.93, BVerwGE 96, 95). Wenn dies der Fall ist, steht es einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht entgegen, wenn der „überschüssige“ (geringere) Teil des erzeugten Stroms an das öffentliche Netz oder an Dritte abgegeben wird.

99

2.2.2.4.1 Eine der Aquakultur „dienende“ Funktion erfordert, dass der betriebsbezogene Anteil der Stromproduktion der Windkraftanlage den zur Einspeisung in das öffentliche Netz oder zur Abgabe an Dritte verbleibenden Anteil deutlich überwiegt (BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, a.a.O., Rn. 8 [betrieblicher Anteil: 2/3]; ebenso: OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2008, a.a.O., Rn.34, 38 [„ganz überwiegend“] sowie Urt. v. 29.10.2015, a.a.O. [betrieblicher Anteil: 2/3]). Es genügt nicht, wenn die erzeugte Energie nur gut zur Hälfte, also zu 51 % bis etwa 60 %, im landwirtschaftlichen Betrieb genutzt wird (vgl. Söfker, a.a.O., § 35 BauGB, Rn. 34c).

100

Damit ist eine betriebliche Verwendung von mindestens 65 % der Stromerzeugung erforderlich. Ein solcher Eigenanteil ist signifikant höher, als die Stromabgabe an Dritte oder an das öffentliche Netz. Er liegt auf der „sicheren Seite“ und gewährleistet damit ein deutliches Überwiegen der landwirtschaftlichen Energienutzung. Für eine „Schwelle“ von 65 % der Stromproduktion spricht auch die Erwägung, dass damit Anlagenkonzeptionen mit einer Stromerzeugung entgegengewirkt wird, die den Energiebedarf für den landwirtschaftlichen Betrieb von vornherein – erheblich – übersteigen, um dadurch die für eine Einspeisung ins Netz mögliche „Spitze“ zu vergrößern. Umgekehrt hat es der Bauherr einer „dienenden“ Windkraftanlage in der Hand, durch eine betriebsangemessene Dimensionierung der Anlage eine deutlich überwiegende betriebliche Verwendung der Stromproduktion sicherzustellen.

101

2.2.2.4.2 Aus dem Konzept des Klägers bzw. der „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ müsste sich – hinreichend überzeugend - entnehmen lassen, welchen Strombedarf die geplante Aquakultur auslöst und wie sich dieser zur Gesamtkapazität der Windkraftanlage verhält. Nach den Angaben des Klägers ergibt sich danach, dass der betriebliche Stromverbrauch die für eine Einspeisung in das öffentliche Netz bzw. eine Abgabe an Dritte zur Verfügung stehende Strommenge nicht – i.S.d. Ausführungen zu 2.2.2.4.1 – „deutlich“ überwiegt.

102

In seinem (ersten), mit Schriftsatz vom 16. April 2015 vorgelegten „Energiekonzept“ geht der Kläger (noch) von einem Eigenverbrauchsanteil von 62 % aus. Dieses Konzept bezog sich allerdings noch auf die Produktion von Garnelen und Barramundi-Barschen, die – jetzt – nicht mehr geplant ist. In der – später vorgelegten – sog. „Faktensammlung WKA E70/E4 und Stellungnahme Eigenverbrauch“ (Anlage BK 3 [Bl. 215 – 220 d. A.]) berechnet der Kläger den Eigenverbrauchsanteil auf der Grundlage einer Jahresleistung der Winderzeugung von 4.058.150 kWh und eines jährlichen Eigenverbrauchs in der Aquakulturanlage von 2.443.992 kWh; das ergäbe ca. 60,2 % (der Kläger gibt nur 55,74 % an). In seinem Schriftsatz vom 27. April 2016 wird – auf der Basis 4,6 Mio. kWh pro Jahr Windkraftstrom und 2.552.992 kWh pro Jahr Strombedarf für die Aquakultur – der Eigenverbrauchsanteil mit 55,5 % angegeben. In seiner „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ (Anlage B 1 [Bl. 162 ff. d. A.]) – dort Anhang 5 - errechnet der Kläger - bei einer Jahresstromerzeugung der Windkraftanlage von 4,6 Mio kWh pro Jahr und einem betrieblichen Verbrauch der Aquakultur zur Produktion von Karpfen von 2.443.992 kWh pro Jahr - eine Eigenverbrauchsquote von 55,74 % ab (rechnerisch ergäben sich 53,13 %); unter Berücksichtigung eines - weiteren - Eigenverbrauchs für den (übrigen) landwirtschaftlichen Betrieb gibt er die (Gesamt-)Eigenverbrauchsquote mit 56,69 % an (Bl. 176 d. A.).

103

Die Quoten des Eigenverbrauchs für die Aquakultur und den Gesamtbetrieb bleiben damit nach allen Berechnungen - erheblich - unterhalb der Grenze, von der ab - nach den o. g. (2.2.2.4.1) Maßstäben - ein „deutliches“ Überwiegen des betrieblichen Verbrauchs der Stromproduktion anzunehmen ist.

104

2.2.2.4.3 Unabhängig davon bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Ansätze für den der Aquakultur zugeordneten Stromverbrauch zu hoch sind, so dass sich auch eine überhöhte Eigenverbrauchsquote errechnet. Der vom Kläger insoweit angesetzte Energiebedarf hält einer kritischen Überprüfung nicht stand.

105

Der Kläger geht – im Ausgangspunkt zutreffend – davon aus, dass für den betrieblichen Energiebedarf der Aquakultur die für die Karpfen bereitzustellende Wassertemperatur den entscheidenden Faktor darstellt (s. S. 11 des „Energiekonzepts“ [Bl. 43 der Beiakte A]). Dann aber bedarf die „geplante“ Wassertemperatur einer fachlich nachvollziehbaren Begründung. Diese fehlt.

106

Der Kläger legt seinen Energiebedarfsberechnungen eine Wassertemperatur von 26° C in den (Indoor-)Becken und eine Lufttemperatur in der Halle von 20° C zugrunde (Bl. 166 d. A.). Für die früher geplante Zucht von Garnelen und Barramundi-Barschen, die Temperaturbereiche von 25-32 °C bzw. 25-30° C erfordern, ist dies – fachlich – begründet worden (s. 10, 12 des „Energiekonzepts“ [Bl. 42, 44 der Beiakte A]). Eine entsprechende Begründung für die für Karpfen erforderliche Wassertemperatur fehlt.

107

Den vorgelegten Berechnungen des Klägers ist auch nicht zu entnehmen, dass der (höchst) unterschiedliche Energiebedarf während der Sommer- bzw. der Winterzeit berücksichtigt worden ist. Unberücksichtigt bleibt auch, ob und ggf. inwieweit sich der Energiebedarf durch Wärmeisolierung reduzieren lässt. Dadurch kann der Strombedarf - insbesondere in der Sommerzeit - erheblich sinken.

108

Gründe dafür, dass eine (ganzjährige) Beheizung des Wassers auf 26°C für die Karpfenproduktion in einer Aquakultur erforderlich ist, sind auch nicht ersichtlich. Aus allgemein zugänglichen Quellen (z. B. fischerzeugerring-niederbayern.de) ist zu entnehmen, dass die „Vorzugstemperatur“ bei Karpfen zwischen 19 und 24°C liegt; der (ganzjährige) „Optimalbereich“ wird beginnend mit 23°C angegeben (vgl. Rümmler u.a., Kombinierte Satzkarpfen-Edelfischaufzucht in geschlossenen Kreislaufanlagen, Schriftenreihe 13/2006 der Sächs. Landesanstalt für Landwirtschaft, S. 15; Rümmler u. a., Warmwasseraufzucht von Karpfen …, in: Fischer & Teichwirt 2011, 170 [zu 2.]).

109

Die für die Karpfenproduktion „optimale“ Wassertemperatur ist i.Ü. nicht nur eine (fisch-)biologische Größe, sondern - vor allem - ein ökonomischer Faktor. Die Wassertemperatur hat für die Fischvermehrung eine größere Bedeutung als für die Fischmast, für letztere trägt sie zu einer schnelleren Gewichtszunahme der Fische bei. Dem entsprechend ist – ökonomisch – der „Gewinn“ einer schnelleren Gewichtszunahme der Fische mit den Kosten für den erhöhten Energieeinsatz für Beheizung und Aufbereitung des Wassers zu vergleichen. Erst daraus ergibt sich ein – betriebswirtschaftliches – Optimum.

110

Den Berechnungen des Klägers bzw. der diesen zugrundliegenden Konzeption sind zu (allen) diesen Fragen keinerlei Angaben oder Erläuterungen zu entnehmen. Dabei sind die Auswirkungen der („Soll“-) Temperatur von 26°C auf den Energieverbrauch keineswegs zu vernachlässigen, da für die Wassererwärmung und -warmhaltung ein deutlich geringerer Energieeinsatz anzusetzen wäre, wenn die Anlage auf eine (mittlere) Temperatur von 23°C (oder weniger) ausgelegt würde. Das ergibt sich – deutlich – aus dem „Energiekonzept“ (a.a.O., S. 18, 21 [Beiakte A, Bl. 50, 53]) und den dort angegebenen Werten für den Energieeinsatz in Abhängigkeit von der „konstanten Beckentemperatur“ von 18, 20, 22, 24, 26°C und mehr: Bei 2°C „weniger“ Beckentemperatur sinkt der Energieverbrauch um ca. 10, 9 %; bei 4 °C weniger um ca. 21,8 %. Entsprechend ergäbe sich bei einer konstanten Beckentemperatur von (statt 26°C) 24°C und einem dafür erforderlichen Energiebedarf von 2.181.691 kWh pro Jahr auf der Basis von 4,6 Mio. kWh pro Jahr Windkraftstrom eine Eigenverbrauchsquote von ca. 47 %, die nach den o. g. (2.2.2.4.1) Maßstäben – sicher – nicht mehr als „deutlich überwiegend“ anzuerkennen ist.

111

Das Gleiche wäre der Fall, wenn der Kläger - zumindest einen Teil der Fische - in den Außenbecken hält, was – jedenfalls in der wärmeren Jahreszeit – möglich ist und insoweit den Bedarf für eine (elektrische) Wassererwärmung und die Wasseraufbereitung in den („Indoor“-)Wasserbecken weiter reduziert.

112

Was die im Konzept des Klägers vorgesehene Lufttemperatur in der Halle (20°C) anbetrifft, wird der Stromenergiebedarf insoweit nicht gesondert angegeben. Dieser – wie auch der Strombedarf für die in der Halle geplante Kreislaufanlage (z. B. für Pumpen, Sauerstoffzufuhr etc.) - kann indes vernachlässigt werden, weil er nur einen relativ geringen Teil des gesamten betrieblichen Energiebedarfs ausmacht. Die Lufttemperatur in der Halle wird in der „warmen“ Jahreszeit ohne weiteres erreicht werden können; in der „kalten“ Jahreszeit wird sie sich einstellen, wenn das Wasser in den Becken auf (23°C oder) 26°C aufgeheizt wird.

113

2.2.2.4.4 Auf die hypothetischen Berechnungen des Klägers zum Einfluss des sog. „Trafo-Abschlags“ (genauer: der Abregelung der Stromeinspeisung in das Stromnetz z. B. in Fällen einer Netzüberlastung) auf die für die Jahre 2013 – 2015 anzusetzenden Eigenverbrauchswerte kommt es schon im Ansatz nicht an. Maßgeblich für eine überwiegende Nutzung des in der Windkraftanlage erzeugten Stroms zur landwirtschaftlichen Betriebsführung ist der Anteil des Eigenverbrauchs an der Jahreserzeugung. In welchem Ausmaß der nicht betrieblich benötigte Strom im Rahmen eines sog. „Einspeisemanagements“ nicht in das öffentliche Netz eingespeist (und vergütet) wird, ist für die Frage, inwieweit die Windkraftanlage dem Betreibsteil „Karpfenzucht“ dient, unerheblich. Dem beklagten Landesamt ist darin zu folgen, dass es allein auf einen Vergleich der betrieblich benötigten und einsetzbaren Strommenge mit der Gesamt-Strommenge ankommt, die von der Windkraftanlage erzeugt wird. Die vom Kläger für die Jahre 2013 – 2015 errechneten hypothetischen Eigenverbrauchsquoten von 60,3 %, 79 % bzw. 119,8 % (GA 206, 217 [Tabelle, rechte Spalte]) sind damit nicht maßgeblich.

114

2.2.2.4.5 Insgesamt genügen – somit – die Angaben des Klägers nicht für die Annahme, dass die Stromerzeugung der geplanten Windkraftanlage „deutlich“ überwiegend für den betrieblich veranlassten Energiebedarf der Aquakultur bzw. des übrigen landwirtschaftlichen Betriebes eingesetzt werden wird.

115

2.2.3 Die Windenergieanlage kann – schließlich – auch nicht als eine sog. „mitgezogene Nutzung“ zugelassen werden.

116

2.2.3.1 Als „mitgezogene Nutzungen“ können Vorhaben an der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB auch dann teilnehmen, wenn sie – für sich betrachtet – nicht-landwirtschaftlicher Art sind. Dazu müssten sie als „bodenrechtliche Nebensache“ wie ein „Anhängsel“ dem landwirtschaftlichen Betrieb zu- und untergeordnet sein (BVerwG, Beschl. v. 28.08.1998, 4 B 66.98, NVwZ-RR 1999, 106 sowie Urt. v. 30.11.1984, 4 C 27.81, NVwZ 1986, 203). Die Landwirtschaft muss nach Umfang und Bedeutung für den Gesamtbetrieb deutlich überwiegen. Eine „bodenrechtliche Nebensache“ ist nicht (mehr) anzunehmen, wenn das Vorhaben nach seiner Zweckbestimmung nicht überwiegend im Rahmen der landwirtschaftlichen Betriebsführung genutzt werden soll. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bietet keine Handhabe dafür, einen landwirtschaftlichen Betrieb unter erleichterten Voraussetzungen um einen von der landwirtschaftlichen Nutzung unabhängigen gewerblich-kaufmännischen Betriebsteil zu erweitern (BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, 4 B 44.08, a.a.O. [bei Juris Rn. 7 ff.]; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 29.10.2015, a.a.O. [bei Juris Rn. 21]).

117

2.2.3.2 Die vom Kläger geplante Windkraftanlage käme – danach – als „mitgezogene Nutzung“ im o. g. Sinne in Betracht, wenn die Aquakultur als Landwirtschaft i. S. d. § 201 BauGB anerkannt werden könnte. Das ist – wie ausgeführt – nicht der Fall.

118

Als ein nicht landwirtschaftliches Vorhaben ist die Aquakultur nicht mehr untergeordnete „Nebensache“ des landwirtschaftlichen Betriebs anzusehen. Da die Karpfenproduktion – wie ausgeführt – nicht mehr überwiegend auf eigener Futtergrundlage erfolgen kann, stellt sie einen gewerblichen Betriebsteil dar, der nicht als „mitgezogene“ Nutzung zugelassen werden kann. Der Betriebsteil ist i. Ü. auch nicht als solche zugelassen worden, sondern nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, wie sich aus dem Bescheid des Kreises vom 19.09.2011 (Bl. 173 der Beiakte A) ergibt. Der Versuch der Klägers, eine Genehmigung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu erlangen, ist erfolglos geblieben (Urteil des VG Schleswig vom 04.06.2013, 2 A 29/12, NordÖR 2014, 29; Beschluss des Senats vom 12.08.2013, 1 LA 53/13).

119

Unter Zugrundelegung eines nicht landwirtschaftlichen Betriebsteils ist dem beklagten Landesamt (Schriftsatz vom 01.07.2013, S. 2) darin zu folgen, dass zur Deckung der dafür benötigten Energie nicht eine weitere Nebenanlage im Außenbereich zugelassen werden kann.

120

2.2.3.3 Mangels Zulässigkeit der zur Genehmigung gestellten Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB kommt es auf Nr. 3.5.2. Nr. 5 (Z) des am 13. Juli 2010 veröffentlichen Landesentwicklungsplans nicht mehr an. Nach der genannten Bestimmung ist die Errichtung von Windkraftanlagen außerhalb festgelegter Eignungsgebiete ausgeschlossen, ausgenommen solche, die „einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 BauGB dienen, mit in der Regel einer Gesamthöhe bis zu 70 m.“ Da die Anlage des Klägers – wie ausgeführt – keine „dienende“ Anlage ist (s.o. 2.2.2), erübrigen sich weitere Ausführungen zu dieser raumordnungsrechtlichen Aussage.

121

2.2.3.4 Eine Zulassung der Windkraftanlage des Klägers nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB kommt nach alledem nicht in Betracht. Ebenso scheidet ihre Zulassung nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB aus; diese Vorschrift wird hier durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB verdrängt, die – wie ausgeführt (oben 2.1) – keinen Genehmigungsanspruch vermittelt.

122

2.3 Die Windenergieanlage ist auch als „sonstiges Vorhaben“ i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB nicht genehmigungsfähig. Sie ist – wie ausgeführt (oben 2.1.2.1) – ein raumbedeutsames Vorhaben. Damit ergibt sich ihre Unzulässigkeit aus § 18a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG.

123

3. Der Hilfsantrag des Klägers ist ebenfalls unbegründet. Er hat aus den oben genannten Gründen keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Landesamt seinen Antrag neu bescheidet. Die Ablehnung der begehrten Genehmigung ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).

124

4. Die Berufung ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

125

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO.i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

126

Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

127

BESCHLUSS

128

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 218.00,00 Euro festgesetzt.


(1) Zur Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen oder von sonstigen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sollen die Träger der Landes- und Regionalplanung mit den hierfür maßgeblichen öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts einschließlich Nichtregierungsorganisationen und der Wirtschaft zusammenarbeiten oder auf die Zusammenarbeit dieser Stellen und Personen hinwirken. Die Zusammenarbeit nach Satz 1 kann sowohl zur Entwicklung einer Region als auch im Hinblick auf regionen- oder grenzübergreifende Belange erfolgen; die Zusammenarbeit von Gemeinden zur Stärkung teilräumlicher Entwicklungen (interkommunale Zusammenarbeit) ist zu unterstützen.

(2) Formelle und informelle Arten der Zusammenarbeit nach Absatz 1 können insbesondere sein:

1.
Vertragliche Vereinbarungen, insbesondere zur Koordinierung oder Verwirklichung von raumordnerischen Entwicklungskonzepten und zur Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen,
2.
Maßnahmen wie regionale Entwicklungskonzepte, überregionale, regionale und interkommunale Netzwerke und Kooperationsstrukturen, regionale Foren und Aktionsprogramme zu aktuellen Handlungsanforderungen,
3.
Durchführung einer Raumbeobachtung und Bereitstellung der Ergebnisse für regionale und kommunale Träger sowie für Träger der Fachplanung im Hinblick auf raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, sowie Beratung dieser Träger.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 1 kann Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung auch die Übernahme von Kosten sein, die dem Träger der Landes- oder Regionalplanung bei der im Interesse des Vertragspartners liegenden Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen entstehen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans auf

1.
Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
2.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
3.
Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
4.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern
zu ermitteln und in einem Umweltbericht frühzeitig zu beschreiben und zu bewerten sind; der Umweltbericht enthält die Angaben nach der Anlage 1. Der Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung einschließlich des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrads des Umweltberichts ist festzulegen; die öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, sind hierbei zu beteiligen. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Raumordnungsplans angemessenerweise verlangt werden kann.

(2) Bei geringfügigen Änderungen von Raumordnungsplänen kann von einer Umweltprüfung abgesehen werden, wenn durch eine überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 genannten Kriterien festgestellt wurde, dass sie voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen haben werden. Diese Prüfung ist unter Beteiligung der öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, durchzuführen. Sofern festgestellt wurde, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, sind die zu diesem Ergebnis führenden Erwägungen in die Begründung des Plans aufzunehmen.

(3) Die Umweltprüfung soll bei der Aufstellung eines Raumordnungsplans auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden, wenn in anderen das Plangebiet ganz oder teilweise umfassenden Plänen oder Programmen bereits eine Umweltprüfung nach Absatz 1 durchgeführt wurde. Die Umweltprüfung kann mit anderen Prüfungen zur Ermittlung oder Bewertung von Umweltauswirkungen verbunden werden.

(4) Die erheblichen Auswirkungen der Durchführung der Raumordnungspläne auf die Umwelt sind auf Grundlage der in der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 genannten Überwachungsmaßnahmen von der in den Landesplanungsgesetzen genannten Stelle, oder, sofern Landesplanungsgesetze keine Regelung treffen, von der für den Raumordnungsplan zuständigen oder der im Raumordnungsplan bezeichneten öffentlichen Stelle zu überwachen, um insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln und um in der Lage zu sein, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen. Die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen unterrichten die öffentliche Stelle nach Satz 1, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Raumordnungsplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(5) Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorgaben zu erlassen zur Berücksichtigung von artenschutzrechtlichen Belangen im Rahmen der Umweltprüfung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen. Sofern dabei auch Fragen der Windenergie an Land berührt sind, sind die Vorgaben auch im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu erlassen.

Tenor

Die Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum I zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Antragsgegner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abzuwenden, wenn nicht die Antragstellerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum I zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung. Gleichzeitig mit dieser Teilfortschreibung erfolgten auch die Teilfortschreibungen des Regionalplans 2012 für die übrigen Planungsräume (Planungsräume II bis V). Ziel dieser Teilfortschreibung ist es einerseits, zu den aufgrund früherer Planung bereits bestehenden Windeignungsflächen weitere Windeignungsflächen hinzuzufügen, so dass insgesamt ca. 1,5 % der Landesfläche als Windeignungsflächen ausgewiesen werden. Andererseits soll die Windenergienutzung auf diese Eignungsflächen konzentriert werden. Die Antragstellerin fühlt sich durch diese Planung beeinträchtigt, weil sie außerhalb der Windeignungsflächen Windenergieanlagen errichten und betreiben möchte. Sie hat für die dafür vorgesehenen Flächen langfristige Nutzungsverträge mit den Grundeigentümern geschlossen.

2

Grundlage der Teilfortschreibung ist der am 13. Juli 2010 veröffentlichte (Amtsbl. S. 719) Landesentwicklungsplan 2010 (LEP). In Ziffer 3.5.2 sind dort die Grundsätze und Ziele der Raumordnung in Bezug auf die Windenergie geregelt. Darin ist die Zielbestimmung getroffen, dass ca. 1,5 % der Landesfläche in den Regionalplänen als Eignungsgebiete für die Windenergienutzung festzulegen sind (Ziffer 3.5.2 Abs. 3). Ferner sind dort unter anderem folgende Regelungen als Ziele der Raumordnung festgesetzt:

3

„6 Bei der Festlegung von Eignungsgebieten für Windenergie gelten die Empfehlungen der entsprechenden Runderlasse zur Planung von Windenergieanlagen in der jeweils aktuellen Fassung.

4

5

8 Die Festlegung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung gemäß Ziffer 3.5.2 Absatz 3 ist in folgenden Gebieten nicht zulässig (Ausschlussgebiete):

6
- im Gebiet des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer sowie in der Nordsee bis zur Hoheitsgrenze;
7
- auf den Nordfriesischen Inseln und Halligen;
8
- in der Ostsee bis zur Hoheitsgrenze;
9
- in der Elbe bis zur Hoheitsgrenze sowie auf sonstigen Wasserflächen (Seen und Flüsse);
10
- innerhalb der in den Regionalplänen festgelegten Siedlungsachsen und Besonderen Siedlungsräumen;
11
- auf Vordeichflächen aller Art;
12
- in bestehenden Naturschutzgebieten sowie in Gebieten, die die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung nach § 23 LNatSchG in Verbindung mit § 13 LNatSchG erfüllen, für die ein Verfahren nach § 22 Absatz 2 Satz 1 BNatSchG in Verbindung mit § 19 LNatSchG eingeleitet ist oder die nach § 22 BNatSchG in Verbindung mit § 12 LNatSchG einstweilig sichergestellt sind;
13
- in gesetzlich geschützten Biotopen, europäischen Vogelschutzgebieten und FFH-Gebieten;
14
- in Wäldern;
15
- auf größeren, regelmäßig aufgesuchten bevorzugten Nahrungs- und Rastflächen sowie im Bereich zugeordneter Vogelflugfelder.“

16

Absatz 9 benennt als Ziel der Raumordnung bestimmte Gebietstypen, in denen die Festlegung von Windenergieeignungsgebieten nur zulässig ist, wenn dies im Einzelfall mit dem Schutz- und Nutzungszweck dieser Gebiete vereinbar ist (Ausschlussgebiete mit der Möglichkeit der Feinsteuerung auf der Regionalplanebene). Als Grundsatz der Raumordnung räumt Absatz 10 der Regionalplanung die Befugnis ein, für bestimmte charakteristische Landschaftsräume Ausschlussgebiete festzusetzen.

17

Mit der angefochtenen Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum I, die die Ziffer 6.4.2 des Regionalplans für den Planungsraum I, Fortschreibung 1998, vom 16. Juli 1998 (Amtsblatt S. 751) ersetzt, und den entsprechenden Regelungen für die vier weiteren Planungsräume setzte der Antragsgegner die Regelungen des LEP wie folgt um:

18

In allen fünf Teilgebieten wurden insgesamt 13.300 ha Eignungsflächen neu ausgewiesen, so dass nach der Teilfortschreibung aller Planungsräume insgesamt ca. 1,7 Prozent der Landesfläche als Windeignungsgebiete festgesetzt sind. Die Eignungsgebiete sind für jedes Teilgebiet jeweils in einer Karte zeichnerisch dargestellt. Für die jeweiligen Teilgebiete sind die Grundsätze und Ziele der Raumordnung im Einzelnen textlich dargelegt. Für das Teilgebiet I ist in Ziffer 6.4.2.1 Abs. 3 die Geltung der „Empfehlungen des entsprechenden Runderlasses zur Planung von Windenergieanlagen in der jeweils geltenden Fassung“ als Ziel der Raumordnung bestimmt. Als Ziel der Raumordnung ist in Ziffer 6.4.2.1 Abs. 4 ferner geregelt:

19

„Innerhalb der in der Karte ausgewiesenen Eignungsgebiete stimmt die Errichtung von Windenergieanlagen mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung überein. Sofern und soweit die Windenergienutzung in einem Eignungsgebiet kleinräumig gesteuert oder darüber hinaus in ihrem flächenmäßigen Umfang eingeschränkt werden soll oder artenschutzrechtliche Belange dies erfordern, ist ein Flächennutzungsplanverfahren (§ 35 Absatz 3 Satz 3 gegebenenfalls in Verbindung mit § 5 Absatz 2 b BauGB) erforderlich. Eine flächenmäßige Einschränkung ist zu begründen und muss beachten, dass das landesplanerische Ziel der Windenergienutzung erhalten bleibt. Dieses Ziel wird durch eine angemessene begrenzte Einschränkung der Eignungsgebiete im Wege der Flächennutzungsplanung der einzelnen Gemeinden nicht in Frage gestellt. Inhalte der Landschaftsplanung, Lärmauswirkungen auf bewohnte Gebiete, die Rücksichtnahme auf die Planung benachbarter Gemeinden sowie weitere städtebauliche, landschaftspflegerische oder sonstige öffentliche und private Belange können im Wege der Abwägung eine Reduzierung der Eignungsgebiete rechtfertigen.“

20

Als Grundsatz der Raumordnung heißt es in Ziffer 6.4.2.4, dass sich die Eignungsgebiete in einigen Gemeinden mit Gebieten mit besonderer Bedeutung für den Vogelschutz beziehungsweise mit potenziellen Beeinträchtigungsbereichen empfindlicher und geschützter Vogelarten überschnitten. Weiterhin lägen die Eignungsgebiete einiger Gemeinden in unmittelbarer Nachbarschaft zu Kompensationsflächen von Straßenbauprojekten, die artenschutzrechtliche Entwicklungsziele hätten. Der Antragsgegner wies ferner als Grundsatz der Raumordnung in Ziffer 6.4.2.5 darauf hin, dass sich in verschiedenen Eignungsgebieten sowie in der Nähe verschiedener Eignungsgebiete eingetragene Kulturdenkmale befänden. Ziffer 6.4.2.4 und 6.4.2.5 sehen für die betroffenen Gebiete arten- und denkmalschutzrechtliche Vorbehalte vor. Vergleichbare artenschutzrechtliche und denkmalschutzrechtliche Vorbehalte gibt es auch für zahlreiche Eignungsgebiete in den übrigen Planungsräumen.

21

Die Teilfortschreibungen des Regionalplans wurden - parallel mit der Aufstellung des Landesentwicklungsplans und der Änderung der Runderlasse zur Planung von Windenergieanlagen - seit 2009 vorbereitet. Der Antragsgegner bat die Kreise, sogenannte Kreiskonzepte zu erstellen. Dabei sollten die Kreise die Ziffer 7.5.2 Abs. 8 bis 10 des damaligen Entwurfs des LEP 2010, die weitgehend den Absätzen 8 bis 10 der Ziffer 3.5.2 des geltenden LEP entsprechen, sowie die im damals noch geltenden gemeinsamen Runderlass verschiedener Ministerien vom 04. Juli 1995 geregelten Abstände zu schutzwürdigen Nutzungen (Bl. 102 der Verfahrensakte) zu Grunde legen. Unabhängig von der fachlichen Eignung sollten keine Flächen aus Gemeinden in die Eignungsflächen einbezogen werden, die die Errichtung von Windkraftanlagen ablehnen; demgemäß wurde verfahren. Parallel zur Erstellung der Kreiskonzepte ermittelte die Landesplanung ohne Berücksichtigung des Gemeindewillens allein nach fachlichen Gesichtspunkten Potenzialflächen. Bei einem Vergleich der Kreiskonzepte mit den Potenzialflächen der Landesplanung stellte sich heraus, dass sowohl die von den Kreisen gemeldeten Potenzialflächen als auch die Potenzialflächen der Landesplanung für sich genommen mehr als ausreichend für die erforderlichen Neuausweisungen (11.300 ha = 0,72 %) zur Erreichung des im LEP genannten Ziels (23.600 ha = 1,5 % der Landesfläche) gewesen wären. Eine Verschneidung der Flächen ergab allerdings, dass lediglich 3.452 ha = 0,22 % der Landesfläche deckungsgleich waren. Ein wesentlicher Grund hierfür war, dass die Kreise wegen negativer Voten der Gemeinden viele von der Landesplanung benannte Potenzialflächen nicht gemeldet hatten (Bl. 6094 der Planungsvorgänge). Daraufhin wurden sämtliche von den Kreisen und Gemeinden benannten Flächen überprüft. Ergebnis der Überprüfung war ein erster Vorentwurf der Landesplanung, der nochmals mit den Kreisen und verschiedenen Landesbehörden abgestimmt wurde.

22

Das Verfahren zur Teilfortschreibung der Regionalpläne wurde förmlich durch Runderlass des Innenministeriums vom 19. Juli 2011 eingeleitet (Amtsblatt, S. 458). Gleichzeitig wurde das Verfahren zur Anhörung der Öffentlichkeit bekannt gemacht (Amtsblatt, S. 461); die Planentwürfe wurden anschließend öffentlich ausgelegt.

23

Nach Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen überarbeitete und änderte der Antragsgegner die Planentwürfe; er strich verschiedene zunächst ausgewiesene Eignungsräume in Gemeinden, die sich zwischenzeitlich gegen eine Windkraftnutzung ausgesprochen hatten. Anregungen, weitere Eignungsräume auszuweisen, wurden abgelehnt, wenn die betroffenen Gemeinden damit nicht einverstanden waren. Der Antragsgegner legte die geänderten Pläne erneut aus. Nach Durchführung der 2. Öffentlichkeitsbeteiligung änderte der Antragsgegner die Pläne nochmals. Im Planungsraum I wurden die Gebiete 248 und 308 aufgrund nachträglicher ablehnender Gemeindevoten gestrichen; für das Gebiet 204 wurde die Abgrenzung geändert.

24

Die Feststellung der Teilfortschreibung wurde am 17. Dezember 2012 im Amtsblatt öffentlich bekannt gemacht (für den Planungsraum I S. 1318).

25

Die Antragstellerin hat am 18. Februar 2013 gegen die Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum I einen Normenkontrollantrag gestellt. Sie macht unter anderem geltend:

26

Die Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum I leide an mehreren beachtlichen formellen Fehlern. Sie sei auch materiell mangelhaft. Die Planung entspreche nicht den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an ein schlüssiges gesamträumliches Plankonzept. Den in dieser Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Potenzialflächenfindung werde der Antragsgegner aus mehreren Gründen nicht gerecht. Zum einen unterscheide er nicht zwischen harten und weichen Tabuzonen, sondern behandele alle Ausschluss- und Abstandsflächen als harte Tabuzonen, weil er sich fälschlicher Weise an die Vorgaben des Landesentwicklungsplans (LEP) gebunden sehe. Eine Bindung an die Ziffern 3.5.2 Abs. 6 und Abs. 8 LEP habe aber nicht bestanden, denn es handele sich hierbei - trotz ihrer Bezeichnung als Ziele der Raumordnung - nur um Grundsätze der Raumordnung. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels habe, hänge nicht von der Bezeichnung, sondern dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst ab. Die Rechtsqualität eines Zieles erlange eine als solche gekennzeichnete Planaussage nur, wenn die sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG ergebenden Voraussetzungen eines Ziels der Raumordnung erfüllt seien. Anderenfalls handele es sich nur um einen planerischen Grundsatz. Ziffer 3.5.2 Abs. 6 LEP erfülle die Voraussetzungen eines Ziels der Raumordnung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG nicht, weil diese Vorschrift eine dynamische Verweisung enthalte. Zum Zeitpunkt der Abwägung sei für den Plangeber nicht erkennbar gewesen, welche Ausschlussgebiete und welche Abstände von schutzwürdigen Nutzungen festgelegt würden. Tatsächlich hätten sich auch die Abstände zur Wohnbebauung im Runderlass vom 22. März 2011 gegenüber dem Runderlass vom 04. Juli 1995, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der Abwägung über den LEP in Kraft gewesen sei, nicht unerheblich ausgeweitet. So sei der Abstand zu Einzelhäusern von 300 auf 400 m und der Abstand zu ländlichen Siedlungen von 500 auf 800 m erhöht worden. Grundsätze der Raumordnung hätten aber keine Bindungswirkung, sondern seien lediglich Vorgaben für die nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidung. Selbst wenn Ziffer 3.5.2 Abs.6 LEP gleichwohl als Ziel der Raumordnung angesehen werde, entfalte dieses Ziel keine Bindungswirkung für den Regionalplan. Weil dem Plangeber im Zeitpunkt der Abwägung nicht bekannt gewesen sei, über welche Ausschlussgebiete und Abstandskriterien er letztlich eine Entscheidung treffe, sei diese Zielbestimmung rechtswidrig. Bindungswirkung könnten aber nur rechtmäßige Ziele der Raumordnung entfalten.

27

Die in Ziffer 3.5.2 Abs. 8 LEP aufgezählten Ausschlussgebiete habe der Antragsgegner zu Unrecht als harte Tabuzonen eingeordnet. Tatsächlich handele es sich dabei aber überwiegend um sogenannte weiche Tabuzonen, die der Abwägung zugänglich seien.

28

Die Regionalplanung stelle auch nicht sicher, dass der Windenergienutzung in substantieller Weise Raum verschafft werde. Ob dies der Fall sei, hänge nicht allein von quantitativen Kriterien ab, sondern auch von den bauplanungsrechtlichen Vorgaben und qualitativen Kriterien. Hier sei zu beanstanden, dass der Antragsgegner lediglich Eignungsgebiete gemäß § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG, nicht aber zugleich auch Vorranggebiete gemäß § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 ROG ausgewiesen habe. Die Ausweisung eines Eignungsgebiets als Ziel der Raumordnung führe aber nicht dazu, dass die genannten Nutzungen sich gegen innergebietliche konkurrierende Nutzungen durchsetzen könnten. Innergebietlich bleibe die Bindungswirkung noch hinter derjenigen eines Vorbehaltsgebietes gemäß § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 ROG zurück. Es fehle damit an einer schlussabgewogenen Verplanung der Fläche des Eignungsgebiets für die gesteuerte Nutzung.

29

Selbst wenn Eignungsgebiete innergebietlich als Ziel der Raumordnung wirken könnten, fehle eine durch raumordnerische Abwägung gesicherte positive Nutzungszuweisung, die im Rahmen der gemeindlichen Bauleitplanung nicht mehr zur Disposition stehe und durch die der Planvorbehalt gemäß § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ausgefüllt werden könne. Schon anhand des Wortlauts der Regelungen zur Windenergienutzung im angefochtenen Plan zeige sich, dass die Abwägung des Antragsgegners bei der Festsetzung der Eignungsgebiete nicht die nötige Dichte habe, um eine innergebietliche Schlussabgewogenheit zu erzeugen. Aus Ziffer 6.4.2.1 Abs. 4 für den Planungsraum I ergebe sich lediglich, dass innerhalb der ausgewiesenen Eignungsgebiete die Errichtung der Windenergieanlagen mit den Zielen der Raumordnung und der Landesplanung übereinstimme. Eine Regelung zum Konflikt mit anderen Nutzungen fehle. Auch die dynamischen Verweisungen auf die Runderlasse und die vollständige Offenheit der Einschränkungsmöglichkeiten der Windenergienutzung durch die Gemeinden zeigten, dass es an der erforderlichen Schlussabgewogenheit fehle. Hinzu kämen noch die weiteren Spielräume für die nachfolgenden Planungs- und Genehmigungsbehörden durch die Vorbehalte für den Artenschutz und den Denkmalschutz. Diese generellen Vorbehalte seien unzulässig. Eventuelle Konflikte mit dem Denkmalschutz und dem Artenschutz müssten auf der Ebene der Regionalplanung abgewogen werden und dürften nicht auf das Genehmigungsverfahren oder auf die kommunale Ebene verlagert werden.

30

Die Abwägung sei auch deshalb rechtswidrig, weil der Antragsgegner die Ausweisung von Windeignungsgebieten von dem politischen Willen der betroffenen Gemeinden abhängig gemacht habe. Dies sei unzulässig. Es sei bereits fraglich, ob das Einvernehmen einer Gemeinde überhaupt ein Auswahlkriterium bilden könne. Zweifelsfrei könne der Wunsch der Gemeinden aber nicht vorrangiges oder ausschlaggebendes Kriterium für oder gegen die Ausweisung einer Fläche sein. So sei hier jedoch verfahren worden. Gegen ein negatives Gemeindevotum hätten sich andere abwägungsrelevante Belange nicht durchsetzen können.

31

Die Antragstellerin beantragt,

32

die Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum I zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung für unwirksam zu erklären.

33

Der Antragsgegner beantragt,

34

den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.

35

Der Antragsgegner hält den Normenkontrollantrag für unzulässig. Der Antragstellerin fehle das Rechtsschutzbedürfnis, denn bei Feststellung der Unwirksamkeit des angefochtenen Regionalplans seien die Regelungen des Regionalplans in der bisherigen Fassung anzuwenden. Dieser habe ebenfalls die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB.

36

Der Normenkontrollantrag sei auch unbegründet.

37

Die geltend gemachten formellen Fehler lägen nicht vor. Die in der öffentlichen Bekanntmachung im Amtsblatt enthaltenen Hinweise zum ersten Planentwurf seien nicht zu beanstanden. Diese Hinweise seien mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu vereinbaren, denn sie seien nicht geeignet, interessierte Bürger an der Erhebung von Stellungnahmen abzuhalten. Er - der Antragsgegner - sei damit lediglich seiner Verpflichtung nachgekommen, auf das Substantiierungserfordernis und eine ordnungsgemäße Durchführung des Beteiligungsverfahrens hinzuwirken. Er sei auch nicht verpflichtet gewesen, eine dritte Anhörung gemäß § 10 Abs. 1 ROG durchzuführen, denn die nach der zweiten Anhörung erfolgten Änderungen berührten die Grundzüge der Planung nicht. Die mit Kabinettsbeschluss verabschiedete Teilfortschreibung sei eine Zusammenführung von Flächen, wie sie im ersten und zweiten Planentwurf dargestellt worden seien. Die Größe und Lage der Flächen variiere zwar vom ersten zum zweiten Planentwurf an einigen Stellen. Die Teilfortschreibung enthalte aber keine Flächen, die nicht entweder im ersten oder zweiten Planentwurf enthalten gewesen bzw. dort Gegenstand von Prüfungen oder Abwägungen gewesen seien. Erster und zweiter Entwurf und die in beiden Anhörungen erlangten Abwägungsmaterialien bildeten in der Gesamtschau eine lückenlose Sammlung. Daraus folge, dass für die Öffentlichkeit und die in ihren Belangen berührten Träger öffentlicher Belange die Gelegenheit bestanden habe, zu allen in der Teilfortschreibung getroffenen Entscheidungen ihre sich aus § 10 Abs. 1 S. 4 ROG ergebenden Beteiligungsrechte wahrzunehmen.

38

Die Regionalpläne seien auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

39

Die Festlegung von Windeignungsgebieten entfalte die in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB normierte Ausschlusswirkung. Den Teilfortschreibungen des Regionalplans lasse sich entnehmen, dass mit den Eignungsgebieten Ziele der Raumordnung festgelegt werden sollten. Die außergebietliche Ausschlusswirkung ergebe sich aus § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG. Innergebietlich träfen die Eignungsgebiete eine Eignungsaussage für bestimmte raumbedeutsame Nutzungen. Sie erklärten einen bestimmten Standort für grundsätzlich unbedenklich für eine definierte Nutzung. Hierin lägen die landesplanerische Letztentscheidung und damit auch eine Zielsetzung. Eine auf der Gemeindeebene erfolgende Planung könne die Eignung eines Gebietes nicht mehr gänzlich zur Disposition stellen. Nur die inner- gebietliche Ausgestaltung im Detail bleibe der nachfolgenden Planungsebene überlassen.

40

Für die Konzentrationsflächenplanung in Schleswig-Holstein sei zu beachten, dass sich bereits im Landesentwicklungsplan 2010 strenge Vorgaben für die Ausweisung von Eignungsgebieten befänden. Diese Vorgaben seien bei der Aufstellung der Teilfortschreibung für die Landesplanungsbehörde bindend gewesen. Mit den Angriffen gegen die Ausweisungskriterien greife die Antragstellerin inzident die Ziele der Raumordnung aus dem LEP an. Dies sei nicht berechtigt, denn die Ziele des LEP seien rechtmäßig. Die Ansicht, dem LEP liege kein schlüssiges räumliches Gesamtkonzept zugrunde, sei falsch. Die in Ziffer 3.5.2 LEP formulierten Ziele, zu denen insbesondere ein Katalog von harten und weichen Ausschlusskriterien gehöre, seien eine Weiterentwicklung der bisherigen Regionalpläne, in denen bis dahin in einer sehr ähnlichen Systematik diese Ausschlussgebiete formuliert gewesen seien.

41

Im Landesentwicklungsplan werde in rechtlich zulässiger Weise nach harten und weichen Tabukriterien unterschieden. Bei den in Ziffer 3.5.2 Abs. 8 LEP genannten Ausschlussgebieten handele es sich um harte Tabuzonen, in denen entweder arten- und naturschutzrechtliche Belange oder andere nicht mit der Windenergienutzung vereinbare Ziele der Raumordnung der Windenergienutzung faktisch oder aus begründeten planerischen Vorsorgeerwägungen heraus entgegenstünden. Die in Ziffer 3.5.2 Abs. 9 LEP genannten Ausschlussgebiete seien weiche Tabuzonen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Dokumentation hinsichtlich der Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen sei auf der Ebene des LEP erfolgt. Dass der LEP und die Teilfortschreibung des Regionalplans die Begriffe „weiche" und „harte" Tabuzonen nicht ausdrücklich benennen, sei ohne Bedeutung. Entscheidend sei, dass der Antragsgegner sich bei der Planerstellung an den von der Rechtsprechung erstellten Kriterien orientiert habe.

42

Bei der Aufstellung des LEP seien Flächen ermittelt worden, auf denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen sei. In einem zweiten Schritt seien im LEP diejenigen Flächen benannt worden, auf denen nach städtebaulichen bzw. raumordnerischen Vorstellungen Windkraftanlagen in der Regel nicht gebaut werden sollten. Die Runderlasse, auf die Ziffer 3.5.2 Abs. 6 LEP verweise, seien harte Tabukriterien, denn die Erlasse seien für die Landesplanungsbehörde als staatliche Behörde bindend. Sie dürfe davon nicht abweichen. FFH-Gebiete seien in Nr. 3.5.2 Abs. 8 LEP zu Recht als harte Tabuzonen eingeordnet worden. Windkraftanlagen seien dort zwar nicht zwingend ausgeschlossen. Bei Berücksichtigung der konkreten Planungssituation und der vorliegenden Zusammenhänge könne es aber gerechtfertigt sein, die genannten Schutzgebiete den Flächen zuzuordnen, auf denen Windenergieanlagen tatsächlich oder rechtlich ausgeschlossen seien. Die Landesplanung habe sich hier von dem Gedanken der Vorsorgeplanung leiten lassen und die raumplanerische Prämisse zugrunde gelegt, dass Schutzgebiete grundsätzlich wertvolle Naturräume seien, die von technischen Eingriffen unberührt bleiben sollten. Nur so könnten sie auch den allgemeineren, für alle naturschutzfachlichen Schutzgebiete geltenden Funktionen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie dem Erholungswert von Natur und Landschaft gerecht werden. Diese Funktionen würden durch die Windkraftanlagen, die mit ihrer Gesamthöhe von bis zu 200 m und ihrer Rotorbewegung für ein Element der Unruhe in der Landschaft sorgten, gefährdet werden. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass eine jeweils gebietsbezogene Einzelfallprüfung zu der Frage erforderlich wäre, ob die Errichtung von Windkraftanlagen mit den Erhaltungszielen des Gebiets vereinbar sei und ob sie zu einer Verschlechterung der zu schützenden Lebensraumtypen und -arten führen werde. Eine solche Verträglichkeitsprüfung könne nicht auf der Ebene der Regionalplanung durchgeführt werden. Möglicherweise hätte dieser Weg gleichwohl beschritten werden müssen, wenn im Laufe des Planungsprozesses festgestellt werde, dass bei einem vorsorgenden Pauschalausschluss aller Natura-2000 Gebiete nicht genug Raum für die Windenergienutzung verbleibe. Diese Gefahr habe aber in Schleswig-Holstein von vornherein nicht bestanden. Im Landesentwicklungsplan 2010 - Ziffer 5.2.1 Abs. 1 - komme das Ziel der Freihaltung auch dadurch zum Ausdruck, dass die Gebiete des Netzes Natura 2000 als Vorranggebiete für den Naturschutz darzustellen seien. Im Sinne einer schlüssigen Gesamtsystematik des LEP sei es nur folgerichtig, die FFH-Gebiete als Ausschlussgebiete für die Errichtung von Windkraftanlagen zu definieren, da nur so der Vorrang „Schutz der Natur“ umsetzbar sei. Insgesamt habe die Landesplanung damit plausibel begründet, weshalb sie aus übergeordneten raumplanerischen Gesichtspunkten die FFH-Gebiete als harte Tabukriterien festgelegt habe.

43

Die Berücksichtigung des Gemeindewillens sei nicht zu beanstanden. Der Ausschluss von Gebieten wegen des Gemeindewillens sei lediglich aufgrund eines Überangebotes an geeigneten Flächen erfolgt. Übergeordnetes Ziel der Planung sei es gewesen, der Windkraft zur Erfüllung des raumordnerischen Zieles (ca. 1,5 % der Landesfläche) in substantieller Weise Raum zu schaffen. Bei der Festlegung von Eignungsgebieten für Windkraftanlagen hätten die Wünsche der Gemeinden keinen pauschalen Vorrang gehabt. Die Landesplanung habe diesen Aspekt aber gleichwohl möglichst weitgehend im Planungsprozess verankern wollen, um am Ende einen auf breiter Basis akzeptierten Plan zu haben und um sicherzustellen, dass auf den ausgewiesenen Flächen der Windenergienutzung auf der Ebene der kommunalen Bauleitplanung möglichst weitgehend Raum verschafft werde. Die Landesplanung halte es für zulässig, die Gemeindebeschlüsse in der vorgenommenen Weise in die Abwägung einzubeziehen. In den Gemeindebeschlüssen drücke sich die bürgerschaftlich getragene Selbstbestimmung zur Regelung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nach Art. 28 Abs. 2 GG aus. Die Landesplanung halte es dabei auch für gerechtfertigt, in geringem Umfang potenziell gut geeignete Flächen allein aufgrund des ablehnenden Gemeindevotums zu verwerfen, dafür aber Flächen mit artenschutzrechtlichen oder denkmalschutzrechtlichen Vorbehalten aufzunehmen. An dieser Stelle fließe das Kriterium der Akzeptanz in der Bevölkerung für das gesamträumliche Konzept mit in die Planung ein. Die Akzeptanz bei den von den Planungszielen betroffenen Menschen stelle dabei einen Wert dar, der für die Umsetzungsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit des Planes eine den klassischen Schutzgütern vergleichbare Bedeutung habe. Wenn es um die Einbeziehung von basisdemokratischen Entscheidungen gehe (bei denen Gemeindebeschlüsse und Bürgerentscheide kommunalrechtlich gleichwertig seien), so handele es sich hierbei um eine politische Willensbildung, die gerade auf dieser Planungsebene sinnvoll berücksichtigt werden könne, da es hier um eine gesamträumliche Betrachtung in größerem, regionalem Maßstab gehe. Das gewählte Beschlussgremium der Gemeinde habe bei seinen Entscheidungen immer das Gemeinwohl im Blick (§ 1 Abs. 1 GO). Dies werde auch dadurch sichergestellt, dass Vorteilsnahme nach § 22 Abs. 1 GO ausgeschlossen werde. Insofern könne die Landesplanung davon ausgehen, dass Gemeindebeschlüsse das abgewogene Ergebnis einer nicht von Einzelinteressen geprägten Entscheidungsfindung seien.

44

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verfahrensakten zur Aufstellung des Landesentwicklungsplans 2010 sowie der Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für alle Planungsräume, die der Senat beigezogen hat, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

45

1) Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

46

Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft, denn die angefochtene Teilfortschreibung des Regionalplans weist Windeignungsgebiete aus, die Ziele der Raumordnung im Sinne von § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG darstellen. Derartige Regelungen sind auch dann gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO mit der prinzipalen Normenkontrolle anfechtbar, wenn sie nicht förmlich als Rechtsvorschrift ergangen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, DVBl. 2004, 629).

47

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO antragsbefugt, denn der Antragsgegner bezweckt mit der Teilfortschreibung des Regionalplans eine Konzentration von Windkraftanlagen auf die Eignungsgebiete. Angesichts der Privilegierung von Windkraftanlagen gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB würde dieser Zweck allein durch eine planerische Bindung der Gemeinden gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 ROG nicht zuverlässig erreicht. Eine effektive Konzentrationswirkung ist nur gemäß § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB möglich. Diese Wirkung sollte durch die angefochtene Planung erzielt werden. Dies hat der Antragsgegner im Normenkontrollverfahren schriftsätzlich und nochmals in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Da die Antragstellerin außerhalb der Windeignungsflächen Windkraftanlagen errichten möchte und dazu zivilrechtlich befugt ist, wird sie durch die beabsichtigte Ausschlusswirkung unmittelbar in ihren Rechten betroffen.

48

Die Antragstellerin hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag. Bei Feststellung der Unwirksamkeit der angefochtenen Teilfortschreibung des Regionalplans ersetzt dieser zwar nicht mehr die Ziffer 6.4.2 des Regionalplans für den Planungsraum I, Fortschreibung 1998, vom 16. Juli 1998 (Amtsbl. 751). Diese Regelung, die ebenfalls eine Konzentrationswirkung bezweckt (vgl. Ziffer 6.4.2 Abs. 2 der alten Fassung), gilt dann fort (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.08.1990 - 4 C 3/90 - BVerwGE 85, 289 - Juris Rn. 21; 23.04.2002 - 4 CN 3/01 - NVwZ 2002, 1126 - Juris Rn. 9 - beide zur Fortwirkung früherer Bebauungspläne; Sächs. OVG, Urt. v. 25.03. 2014 - 1 C 4/11 - Juris Rn. 37 zur Fortwirkung eines früheren Regionalplans). Dieser Zusammenhang lässt aber das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag nur dann fehlt, wenn der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung der beanstandeten Rechtsnorm seine Rechtsstellung nicht verbessern kann. Steht die angefochtene Rechtsnorm der baulichen Nutzung eines Grundstücks entgegen, so fehlt das Rechtsschutzbedürfnis nur dann, wenn unzweifelhaft ist, dass der Antragsteller seinem Ziel durch die Feststellung der Unwirksamkeit der Norm nicht näher kommt. Dem Zulässigkeitserfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses ist bereits dann genügt, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden gegebenenfalls von Nutzen sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.03.1998 - 4 CN 6/97 - NVwZ 1998, 732 zur Anfechtung eines Bebauungsplans; Beschl. v. 25.05.1993 - 4 NB 50/92 - NVwZ 1994, 268, 269 für den Fall einer Fortgeltung eines durch den angefochtenen Bebauungsplan ersetzten Bebauungsplans). Der Vorteil einer stattgebenden Sachentscheidung des Senats für die Antragstellerin liegt hier zum einen darin, dass die Urteilsgründe ihr möglicherweise die inzidente Überprüfung der Wirksamkeit und der Wirkung (Konzentrationswirkung) der bisherigen Regelungen erleichtern. Zum anderen erhält die Antragstellerin nach Feststellung der Unwirksamkeit der angefochtenen Teilfortschreibung die Chance, dass der Antragsgegner die Flächen der Antragstellerin bei einer erneuten Planung in ein Windeignungs- und / oder Vorranggebiet einbezieht (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Beschl. v. 25.05.1993 aaO; Urt. v. 23.04.2002 - 4 CN 3/01 - NVwZ 2002, 1126).

49

2) Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

50

a) Die angefochtene Teilfortschreibung des Regionalplans leidet an zwei erheblichen Verfahrensfehlern.

51

Die Bedenken der Antragstellerin gegen die Wirksamkeit der Bekanntmachung der Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 teilt der Senat zwar nicht. Die Teilfortschreibung wurde im Amtsblatt wirksam bekanntgemacht (für den Planungsraum I im Amtsblatt 2012, 1318). Dies gilt auch für die Planzeichnung, die dem Amtsblatt als Anlage beigefügt und damit Bestandteil des Amtsblatts geworden ist. Auf die Anlage wurde auch in der Bekanntmachung hingewiesen. Einer Ersatzbekanntmachung der Karte bedurfte es deshalb nicht.

52

Die Antragstellerin rügt aber zu Recht Verfahrensfehler, die die Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 Abs. 1 ROG betreffen und deshalb gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 1. Hs. ROG beachtlich sind. Da bei Inkraftsetzung der Fortschreibung des Regionalplans nicht gemäß § 12 Abs. 5 S. 2 ROG auf die Jahresfrist des § 12 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 ROG hingewiesen worden ist, kommt es nicht darauf an, ob die Rüge fristgemäß erhoben worden ist.

53

Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des ersten Planentwurfs im Amtsblatt vom 01. August 2011 (S. 461) enthält den Zusatz, dass die Stellungnahmen sich nur auf den Zielteil des Entwurfs, nicht aber auf den Begründungsteil beziehen sollen. Der Antragsgegner hat damit die Öffentlichkeit beeinflusst, keine Stellungnahmen zur Begründung der planerischen Festsetzungen abzugeben. Die Begründung ist aber der zentrale Anknüpfungspunkt für die Beurteilung planerischer Festsetzungen und muss deshalb Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung sein. § 10 Abs. 1 S. 1 2. Hs. ROG sieht dies auch ausdrücklich vor. Der Zusatz ist dazu geeignet, die gesetzlich vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung zu beschränken und führt deshalb zur Unwirksamkeit der angefochtenen Fortschreibung des Regionalplans (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.04.1978 - 4 B 37.78 - Juris zu § 3 BauGB). Dieser Fehler wird nicht durch die zweite Öffentlichkeitsbeteiligung, deren Bekanntmachung (Amtsbl. v. 21. Mai 2012, S. 471) den einschränkenden Zusatz nicht enthält, geheilt. Eine Heilung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben, auf die im zweiten Entwurf getroffenen Änderungen beschränkt worden ist.

54

Nach Durchführung der zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung wäre eine weitere Beteiligung der Öffentlichkeit erforderlich gewesen, denn der Planentwurf wurde durch die nachträgliche Streichung der Gebiete 248 und 308 und die Änderung der Abgrenzung des Gebiets 204 nochmals geändert. Die Auffassung des Antragsgegners, dass eine weitere Öffentlichkeitsbeteiligung nicht erforderlich gewesen sei, weil sämtliche Eignungsflächen Gegenstand der bisherigen Auslegungen gewesen seien, überzeugt nicht. Die maßgebliche Änderung liegt in der Streichung von Eignungsflächen, von der die Öffentlichkeit nicht unterrichtet worden ist. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine Klarstellung ohne materiellen Regelungsgehalt, sondern um erhebliche Änderungen mit nachteiligen Wirkungen für die betroffenen Grundstückseigentümer. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine beschränkte Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 Abs. 1 S. 4 ROG zulässig gewesen wäre. Ein vollständiger Verzicht ist im Gesetz nicht vorgesehen und deshalb unzulässig (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Kommentar, Loseblatt, Stand Oktober2014, §4 a Rn. 20 zur ähnlich geregelten Öffentlichkeitsbeteiligung bei Bauleitplänen).

55

Im Hinblick auf die oben festgestellten Mängel der Öffentlichkeitsbeteiligung, die jeweils für sich die Unwirksamkeit des angefochtenen Plans zur Folge haben, sieht der Senat davon ab, den weiteren, die Öffentlichkeitsbeteiligung betreffenden Rügen der Antragstellerin nachzugehen.

56

b) Die angefochtene Teilfortschreibung des Regionalplans ist auch aus materiellen Gründen unwirksam, denn der Antragsgegner hat die öffentlichen und privaten Belange nicht gerecht abgewogen, wie dies gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 ROG erforderlich gewesen wäre. Es handelt sich dabei um erhebliche Mängel im Abwägungsvorgang gemäß § 12 Abs. 3 S. 2 ROG. Ob die Mängel gemäß § 12 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 ROG innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung gerügt worden sind, ist unerheblich, weil der Antragsgegner bei der Inkraftsetzung der Teilfortschreibung nicht gemäß § 12 Abs. 5 S. 2 ROG auf die Frist hingewiesen hat (s.o.).

57

aa) Die Abwägung ist fehlerhaft, weil die planerischen Festsetzungen nicht geeignet sind, das mit der Planung bezweckte Ziel, die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB herbeizuführen, zu erreichen. Will der Plangeber die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erzielen, so muss er die der Ausschlusswirkung unterliegenden raumbedeutsamen Vorhaben (hier der Windenergieanlagen) an anderer Stelle als Ziele der Raumordnung ausweisen. Eine solche innergebietliche Zielbestimmung zugunsten der Windenergie setzt voraus, dass der Träger der Raumordnung in Bezug darauf verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, abschließend abgewogenen Festlegungen vornimmt (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG). Er muss die auf seiner Ebene erkennbaren öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander abschließend abwägen (§ 7 Abs. 2 S. 2. Hs. ROG). Durch diese Vorgaben muss sichergestellt sein, dass sich die privilegierte Nutzung an den ihr zugewiesenen Standorten gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.20034 C 3/02 - NVwZ 2003, 1261 - Juris Rn. 20; BVerwG, Urt. v. 20.05.2010 - 4 C 7/09 - BVerwGE 137, 74 - Juris Rn. 46 zu Flächennutzungsplänen). Eine derartige innergebietliche Zielbestimmung zugunsten der Windenergie ist in der angefochtenen Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum I nicht enthalten.

58

Dagegen spricht bereits, dass der Antragsgegner keine Vorranggebiete im Sinne von § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 ROG, sondern lediglich Eignungsgebiete ausgewiesen hat. Ziel eines Eignungsgebiets gemäß § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG ist aber nur die außergebietliche Ausschlusswirkung. Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut der Vorschrift, sondern auch aus dem in § 8 Abs. 7 S. 1 ROG statuierten Rangverhältnis zwischen Vorranggebieten (Nr. 1), Vorbehaltsgebieten (Nr. 2) und Eignungsgebieten (Nr. 3): In Vorranggebieten sind andere raumbedeutsame Nutzungen als die als vorrangig bestimmten Nutzungen und Funktionen ausgeschlossen, soweit diese anderen Nutzungen mit den vorrangigen Nutzungen und Funktionen nicht vereinbar sind. In Vorbehaltsgebieten ist den vorbehaltenen raumbedeutsamen Nutzungen und Funktionen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen - immerhin - ein besonderes Gewicht beizumessen. Dagegen beinhaltet die Ausweisung als Eignungsgebiet nur die Feststellung, dass das Gebiet für bestimmte raumbedeutsame, nach § 35 BauGB zu beurteilende Maßnahmen oder Nutzungen geeignet ist und diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind. Aus diesem Rangverhältnis folgt, dass in einem Eignungsgebiet auch andere raumbedeutsame Maßnahmen oder Nutzungen zugelassen werden können, wenn nur - keine besondere, sondern nur "einfache" - Rücksicht auf die für dieses Gebiet bestimmte Eignung genommen wird (Senat, Urteil vom 01.07.2011 - 1 KS 20/10 - Juris Rn. 23 - allerdings mit missverständlichem Hinweis auf § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB im Rahmen eines obiter dictums; so ebenfalls: OVG Sachsen-Anhalt Urt. v. 11.11.2004 - 2 K 144/01 - Juris Rn. 56; mit ausführlichen Begründungen: Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2. Aufl 2013 Rn. 155 ff; Wetzel, Rechtsfragen einer projektbezogenen Raumordnung, Diss. 2010, S. 174 ff). Ob Eignungsgebieten, die nicht zugleich ausdrücklich gemäß § 8 Abs. 7 S. 2 ROG als Vorranggebiet ausgewiesen werden, gleichwohl die gemäß § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erforderliche innergebietliche Zielwirkung beigemessen werden kann (so OVG NRW, Urt. v. 06.09.2007- 8 A 4566/04 - Juris Rn. 124; OVG Lüneburg, Urt. v. 28.01.2010 - 12 KN 65/07 - Juris Rn. 34; offengelassen vom BVerwG, Beschl. v. 23.07.2008 - 4 B 20/08 - Juris Rn. 3), kann dahingestellt bleiben. Diese Wirkung kann allenfalls dann eintreten, wenn die sachlichen Regelungen des Regionalplans für das Eignungsgebiet inhaltlich den Vorrang der Windenergienutzung mit der von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG geforderten Verbindlichkeit festsetzen und die für den Plangeber erkennbaren Belange gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 2. Hs. ROG abschließend abgewogen worden sind. Diesen Anforderungen wird der Inhalt der angefochtenen Teilfortschreibung offensichtlich nicht gerecht.

59

Die planerischen Festsetzungen beinhalten die von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG für eine inner- gebietliche Zielbestimmung geforderten verbindlichen Vorgaben zugunsten der Windenergienutzung nicht. Der Plangeber weist in Ziffer 6.4.2.1 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen der Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum I lediglich darauf hin, dass die Errichtung von Windenergieanlagen innerhalb der in der Karte ausgewiesenen Eignungsgebiete mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung unter verschiedenen Vorbehalten (vgl. 6.4.2.1 Abs. 6; 6.4.2.4; 6.4.2.5 der textlichen Festsetzungen) übereinstimme und bestätigt in der Planbegründung das sich bereits aus der Festsetzung eines Eignungsgebiets ergebende Ziel des außergebietlichen Ausschlusses (§ 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG). Die planerischen Festsetzungen bestimmen aber nicht, dass die Windeignungsgebiete verbindlich für die Errichtung von Windenergieanlagen vorgesehen sein sollen und dass sich die Windenergienutzung dort gegenüber anderen Nutzungen, die mit der Windenergienutzung konfligieren, durchsetzen kann und soll. Im Gegenteil: Die sachlich gar nicht und räumlich nur unbestimmt (Erhaltung des landesplanerischen Ziels der Windenergienutzung) begrenzten Einschränkungsmöglichkeiten offenbaren, dass die Eignungsgebiete nicht verbindlich der Windenergienutzung zugewiesen worden sind. Der Antragsgegner hat die kleinräumige Steuerung in vollem Umfang den Gemeinden überlassen. Gründe für die Einschränkung können „Inhalte der Landschaftsplanung, Lärmauswirkungen auf bewohnte Gebiete, die Rücksichtnahme auf die Planung benachbarter Gemeinden sowie weitere städtebauliche, landschaftspflegerische oder sonstige öffentliche und private Belange“ sein. Anhaltspunkte, weshalb diese Belange auf der Ebene der Regionalplanung nicht erkennbar gewesen sein sollten, hat der Antragsgegner nicht dargelegt; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Antragsgegner hat sich damit der eigenen Abwägung von Belangen, die bereits auf der Ebene der Regionalplanung erkennbar waren, enthalten und die Konfliktbewältigung vollständig auf die kommunale Bauleitplanung und die Genehmigungsbehörden verlagert (vgl. zu ähnlichen planerischen Festsetzungen OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.09.2010 - 2 A 5.10 - Juris Rn. 35). Dies ist mit einer Zielbestimmung gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 2 S. 1 2. Hs. ROG nicht vereinbar.

60

bb) Die angefochtene Fortschreibung des Regionalplans erfüllt auch sonst nicht die Voraussetzungen, die an eine planerische Entscheidung zur Herbeiführung der Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zu stellen sind. Dafür bedarf es eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts (BVerwG, Urt. v. 13.03.2003 - 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261). Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie folgt vorzugehen (BVerwG, Urt. v. 11.04.2013 - 4 CN 2/12 - NVwZ 2013, 1017):

61

„Um den Anforderungen gerecht zu werden, die an den Abwägungsvorgang zu stellen sind, muss das Konzept nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch die Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums von Windenergieanlagen aufzeigen. Nach der Rechtsprechung des Senats ... vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise (vgl. Beschluss vom 15. September 2009 - BVerwG 4 BN 25.09 - BRS 74 Nr. 112): In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als "Tabuzonen" zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in "harte" und "weiche" untergliedern (Beschluss vom 15. September 2009 a.a.O.). Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung "schlechthin" ungeeignet sind (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117,287 <295, 299>), mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen "von vornherein" ausgeschlossen werden "soll" (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <112>). Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird.
... Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 4 CN 1.11 - NVwZ 2013, 519; zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen), muss sich der Plangeber zur Vermeidung eines Fehlers im Abwägungsvorgang den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen. Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, auf denen die Windenergienutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Sie sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass raumplanerische Gesichtspunkte hier nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft (vgl. Urteil vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560>). Seine Entscheidung für weiche Tabuzonen muss der Plangeber rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d.h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen.“

62

Diesen Anforderungen wird die angefochtene Teilfortschreibung des Regionalplans insbesondere deshalb nicht gerecht, weil die Landesplanungsbehörde der Fortschreibung des Regionalplans die in Ziffer 3.5.2 LEP Abs. 6 und 8 geregelten Ausschlussgebiete ohne Weiteres zu Grunde gelegt hat. Die Regelungen der Ziffer 3.5.2 Abs. 8 LEP stellen aber der Sache nach Tabuzonen für das gesamte Land im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dar. Dasselbe gilt für die in den Erlassen vorgeschriebenen Abstände der Windeignungsgebiete zu anderen baulichen Nutzungen, auf die Ziffer 3.5.2 Abs. 6 LEP verbindlich Bezug nimmt.

63

Der Antragsgegner räumt ein, dass er bei der Aufstellung der Teilfortschreibung des Regionalplans den vom Bundesverwaltungsgericht gestellten Anforderungen nicht gerecht geworden sei. Er hält dies allerdings für unbedenklich, weil die Ausschlussgründe bereits durch den LEP als Ziele der Raumordnung festgeschrieben worden seien und die Regionalplanung daran gebunden gewesen sei. Diese Auffassung ist zwar im Grundsatz nicht zu beanstanden, denn Regionalpläne sind gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 ROG aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet zu entwickeln. Die Regionalplanung darf die im LEP als Ziele der Raumordnung festgesetzten Ausschlussgründe (Tabukriterien) aber nur dann zu Grunde legen, wenn es sich bei den oben genannten Vorschriften des LEP um rechtmäßig festgesetzte Ziele der Raumordnung handelt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.06.2007 - 4 BN 17.07 - Juris Rn. 9 zu § 1 Abs. 4 BauGB). Maßgeblich ist vor allem, dass die Landesplanungsbehörde bei der Festlegung von Tabuzonen, die nicht bereits zwingend aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen folgen, die gemäß § 7 Abs. 2 ROG erforderliche Abwägung durchgeführt hat. Wenn für das gesamte Land Tabukriterien als Ziele der Raumplanung festgeschrieben werden, die für die Regionalplanung verbindlich sein sollen, müssen auf dieser Ebene (LEP) die vom Bundesverwaltungsgericht für die Flächennutzungsplanung und die Regionalplanung benannten Grundsätze (s.o) angewendet werden, denn für den Landesraumordnungsplan gilt das Abwägungsgebot ebenso wie für Regionalpläne. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners betreffen diese Grundsätze nicht nur Planungen von Kollegialgremien, sondern auch solche, die - wie bei der Regionalplanung in Schleswig-Holstein - unmittelbar von staatlichen Behörden vorgenommen werden. Der Grund für die Trennung und Dokumentierung der harten von den weichen Tabukriterien gilt gleichermaßen für staatliche Behörden. Auch diese müssen sich bei der Regelung von - hier landesweiten - Ausschlussgebieten Klarheit darüber verschaffen, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen die Ausschlüsse vorgenommen werden und - bei nicht zwingenden (weichen) Ausschlussgründen - die für einen generellen Ausschluss sprechenden Gründe gegen das Interesse, dort Windenergie zu erzeugen, abwägen. Diesen Anforderungen ist die Landesplanung bei der Aufstellung des LEP nicht gerecht geworden. Die bei der Aufstellung des LEP entstandenen Abwägungsfehler sind beachtlich, obwohl die Mängel nicht gemäß § 12 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 ROG innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung gerügt worden sind. Der Antragsgegner hat bei der Inkraftsetzung des LEP nämlich nicht gemäß § 12 Abs. 5 S. 2 ROG auf diese Frist hingewiesen.

64

Die Landesplanung hat bei Regelung der Ausschlussgebiete gemäß Ziffer 3.5.2 Abs. 8 LEP sowie der Anordnung der Anwendbarkeit der Runderlasse zur Planung von Windenergieanlagen in Ziffer 3.5.2 Abs. 6 LEP, die wegen der darin enthaltenen Abstandsregeln ebenfalls Tabuzonen festsetzen, die oben genannten Grundsätze nicht beachtet. Sie hat hierbei nicht nach harten und weichen Tabukriterien differenziert. Weder die Planbegründung noch der Umweltbericht oder sonstige Planungsvorgänge weisen auf eine solche Differenzierung hin. Es hat auch keine, jedenfalls keine dokumentierte, für den Senat nachvollziehbare Abwägung stattgefunden. Diese Verfahrensweise wäre nur dann unbedenklich, wenn, wie der Antragsgegner meint, die festgelegten Ausschlussgebiete ausschließlich auf harten Tabukriterien beruhen würden. Dies trifft jedoch nicht zu.

65

So beruhen die im Erlass vom 04. Juli 1995 (Amtsblatt S. 893) vorgesehenen Abstandsregelungen, die bei der Entscheidung über den LEP noch anwendbar waren, nicht auf harten Tabukriterien. Dasselbe gilt für die durch Erlass vom 22. März 2011 (Amtsblatt S. 196) geänderten Abstandsregelungen, die aufgrund der in Ziffer 3.5.2 Abs. 6 LEP erfolgten dynamischen Verweisung bei der Entscheidung über die Teilfortschreibung des Regionalplans zu Grunde gelegt wurden. Diese Abstände gehen über das rechtlich zwingend Notwendige (z.B. das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot) hinaus und werden im Erlass vom 22. März 2011 auch als Vorsorgeabstände bezeichnet. Die landeseinheitliche Regelung derartiger Abstandsvorschriften mag zwar sinnvoll sein. Da ihre Festsetzung nicht auf zwingendem Recht beruht, hätte die Landesplanungsbehörde aber unter Berücksichtigung aller Belange die Entscheidung über das Ob und das Ausmaß derartiger einheitlicher Mindestabstandsregelungen abwägen müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.04.2013 - 4 CN 2/12 - NVwZ 2013, 1017 - Juris Rn. 8). Dies ist nicht geschehen. Der LEP hat die im Erlass vorgesehenen Abstände vielmehr ohne weiteres übernommen. Die Auffassung des Antragsgegners, die aus den Runderlassen folgenden Abstandsvorschriften seien harte Tabukriterien, weil die Landesplanung innerbehördlich an diese Erlasse gebunden sei, ist nicht richtig. Sofern eine innerbehördliche Bindungswirkung besteht, ist sie rechtswidrig und im Außenrechtsverhältnis nicht maßgeblich. Eine solche Bindungswirkung würde nämlich das Abwägungserfordernis des § 7 Abs. 2 S. 1 ROG vollständig unterlaufen (vgl. dazu auch Thür. OVG, Urt. v. 08.04.2014 - 1 N 676/12 - Juris Rn. 84 a.E.; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11.11.2004 - 2 K 144/01 - Juris Rn. 54). Eine rechtmäßige Übernahme derartiger Abstandsregelungen anderer Behörden setzt voraus, dass die Landesplanungsbehörde zuvor eine Abwägung der widerstreitenden Belange vornimmt. Dies ist bereits deshalb nicht geschehen, weil die Landesplanungsbehörde von einer strikten Verbindlichkeit dieser Abstandsregelungen für die Landesplanung ausgegangen ist. Selbst wenn die Landesplanungsbehörde bei der Entscheidung über den LEP die damals nach dem Erlass vom 04. Juli 1995 maßgeblichen Abstände (zu Einzelhäusern und Siedlungssplittern 300 m, zu ländlichen Siedlungen 500 m, zu städtischen Siedlungen und Ferienhausgebieten u.ä. 1.000 m) ordnungsgemäß abgewogen hätte, so führt jedenfalls die in Ziffer 3.5.2 Abs. 6 LEP erfolgte dynamische Verweisung zu einer rechtswidrigen Regionalplanung. Mit der angeordneten Dynamik hat sie sich von vornherein der Abwägung begeben und ihre planerische Entscheidung in die Hände anderer Behörden gegeben. Durch die in Ziffer 3.5.2. Abs. 6 LEP erfolgte Bindung der Regionalplanung an die zukünftigen Erlasse und die Anwendung des nach Inkrafttreten des LEP geänderten Erlasses vom 22. März 2011 im Regionalplanverfahren ist die gebotene Abwägung vollständig ausgeblieben.

66

Auch die Auffassung des Antragsgegners, dass die in Ziffer 3.5.2 Abs. 8 LEP geregelten Ausschlussgebiete ausnahmslos auf harten Tabukriterien im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beruhten, so dass eine Differenzierung nach harten und weichen Tabugründen, eine Dokumentation und Abwägung nicht erforderlich gewesen seien, ist nicht richtig. Der Antragsgegner hat weder bei der Aufstellung des LEP noch bei der Fortschreibung des Regionalplans zwingende tatsächliche oder rechtliche Gründe für die jeweiligen Ausschlussgründe dargelegt. Tatsächlich handelt es sich bei vielen Gebieten, die in Ziffer 3.5.2 Abs. 8 LEP geregelt sind, um Bereiche, in denen die Belange des Natur-, Arten- oder Landschaftsschutzes zwar häufig mit der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen konfligieren, ihnen aber nicht zwangsläufig entgegenstehen und deshalb nicht ohne Abwägung generell aus der Windenergienutzung ausgeschlossen werden dürfen. Dies gilt zum Beispiel für die Nordfriesischen Inseln, denn es gibt keine tatsächlichen oder rechtlichen Gründe, die der Windenergienutzung in diesem Bereich schlechthin entgegenstehen. Auch die Antragserwiderung legt solche Gründe weder für diese Bereiche noch für die übrigen Ausschlussgebiete dar. Die Ausführungen des Antragsgegners, mit denen er beispielhaft auf die mit der Errichtung von Windkraftanlagen zu befürchtenden Konflikte mit Natura-2000 Gebieten eingeht, stützen im Übrigen seine Annahme, dass es sich hierbei um harte Tabuzonen handele, nicht, sondern weisen auf ihre Abwägungsbedürftigkeit hin. So zeigt der Antragsgegner - zu Recht - auf, dass Windkraftanlagen dort nicht generell, sondern nur dann unzulässig sind, wenn sie zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können (§ 34 Abs. 2 BNatSchG; vgl. dazu auch Thür. OVG, Urt. v. 08.04.2014 - 1 N 676/12 - Juris Rn. 78 ff; Gatz, aaO, S. 41). Auch der Hinweis darauf, dass die Landesplanung Windkraftanlagen aus Gründen der Vorsorge in Natura-2000 Gebieten schlechthin ausgeschlossen habe, macht deutlich, dass der Antragsgegner dort den generellen Ausschluss von Windkraftanlagen selbst nicht als zwingend ansieht.

67

Ein Verzicht auf die oben genannten Anforderungen, insbesondere auf die Durchführung einer Abwägung bei der Entscheidung über weiche Tabuzonen, lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass die meisten Tabuzonen bereits in den vorherigen Fassungen der Regionalpläne vorgesehen waren. Unabhängig davon, ob die bisher ausgewiesenen weichen Tabuzonen jemals ordnungsgemäß abgewogen worden sind, war eine neue Abwägung jedenfalls deshalb geboten, weil die bisherigen regionalplanerischen Regelungen für alle Planungsräume ersetzt und die für die Windenergienutzung vorgesehenen Flächen nahezu verdoppelt werden sollten. Dies erfordert ein vollständig neues gesamträumliches Konzept, das auch die Überprüfung der bisherigen Tabuzonen notwendig macht.

68

cc) Die Abwägung leidet schließlich auch auf der letzten Stufe an einem erheblichen Fehler. Der vom Antragsgegner angeführte Gesichtspunkt des Überangebots - gemeint ist offenbar, dass nach Abzug der Ausschlussflächen mehr als 1,5 % potentielle Eignungsflächen ermittelt wurden - rechtfertigt es nicht, bei der weiteren Auswahl auf eine Abwägung zu verzichten und potenzielle Eignungsflächen nur wegen eines entgegenstehenden Gemeindewillens auszuklammern. Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig blieben, hätten in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung gesetzt werden müssen (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 11.04.2013 - 4 CN 2/12 aaO). Dies ist hier jedenfalls in Bezug auf die zahlreichen Gemeinden, die sich gegen eine Windkraftnutzung ausgesprochen haben, nicht geschehen.

69

Die Landesplanungsbehörde hat während des gesamten Planungsverfahrens zum Ausdruck gebracht, dass gegen den Gemeindewillen keine Windeignungsflächen ausgewiesen werden. Bereits im Rahmen der Erstellung der Kreiskonzepte wurde deutlich gemacht, dass die Kreise keine Windeignungsflächen aus Gemeinden aufnehmen sollten, die damit nicht einverstanden seien. Danach wurde während der gesamten Planung strikt verfahren. So wurden im Abwägungsverfahren Flächen nachträglich gestrichen, wenn Gemeinden erstmals auf Grund nachträglicher Meinungsänderung ihre ablehnende Haltung im Beteiligungsverfahren kundgetan hatten. Dieses Prinzip wurde nach Inkrafttreten der Teilfortschreibung von der Landesplanung als gelungener Prozess der Bürgerbeteiligung bezeichnet. Gemeinden, die mit einer Windkraftnutzung nicht einverstanden waren, wurden wie Tabuzonen behandelt. Eine Abwägung von Belangen im Sinne von § 7 Abs. 2 S. 1 ROG blieb somit vollständig aus.

70

Dabei sei zur Klarstellung darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse von schlichten Mehrheitsentscheidungen einer Gemeindevertretung oder eines Bürgerentscheids keine maßgeblichen Belange für eine durch Abwägung gesteuerte Planung sind. Das Abwägungserfordernis ist Ausfluss des Rechtsstaatsgebots gemäß Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Ernst-Zinkahn-Bielenberg- Krautzberger, aaO, § 1 Rn. 179 mit zahlreichen Nachweisen). Deshalb müssen alle planerischen Festsetzungen auf nachvollziehbaren sachlichen Gründen beruhen. Erst Recht darf der bloße Gemeindewille nicht das allein maßgebliche Kriterium einer Abwägungsentscheidung über einen Regionalplan mit der Wirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB sein, denn die damit verbundene Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG bedarf ebenfalls zwingend einer sachlichen Rechtfertigung. Abwägungserhebliche Belange können deshalb nur nachvollziehbare private oder öffentliche Interessen sein, wie sie zum Beispiel in § 2 Abs. 2 ROG als Grundsätze der Raumordnung oder in § 1 Abs. 6 BauGB als Planungsleitsätze für eine Bauleitplanung dargestellt sind. Nach § 7 Abs. 1 S. 3 LaPlaG in der bei Erlass des Regionalplans noch geltenden Fassung vom 10. Februar 1996 hätten die Gemeinden derartige Belange in die Planung einbringen können, die dann gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 ROG von der für die Abwägung allein zuständigen Landesplanungsbehörde mit allen anderen Belangen in die Abwägung einzustellen gewesen wären. So ist sie aber nicht verfahren. Sie hat lediglich auf das von den Gemeinden mitgeteilte Ergebnis abgestellt, ohne auch nur ansatzweise zu erforschen, ob es von raumordnungsrechtlich erheblichen Belangen getragen wird. Dadurch wurden alle für und gegen die Windenergienutzung sprechenden Belange vollständig ignoriert (vgl. zur Unzulässigkeit dieser Verfahrensweise: OVG Lüneburg, Beschl. v. 20.12.2001 - 1 MA 3579/01 - Juris Rn. 5; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.02.2003 - 1 A 11406/01- Juris Rn. 105 ff; Thüringer OVG, Urt. v. 19.03.2008 - 1 KO 304/06 - Juris Rn. 95; OVG Lüneburg, Urt. v. 28.01.2010 - 12 KN 65/07 Rn. 43; sinngemäß auch BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 4/02 - Juris Rn. 38 f).

71

Diese Verfahrensweise widerspricht auch der Funktion der Regionalplanung. Aufgabe der Regionalplanung ist es, eine übergeordnete, zusammenfassende Planung für Teilräume des Landes vorzunehmen (vgl. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 LaPLaG in der bei Erlass des Regionalplans noch maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 10.02.1996). Diese Funktion wird konterkariert, wenn die Singularinteressen einzelner Gemeinden, die die Windkraftnutzung in ihrem Gebiet ablehnen, alle anderen Aspekte überlagern.

72

Der Abwägungsausfall verletzt nicht nur das den Eigentümern und sonstigen Berechtigten zustehende Recht auf gerechte Abwägung ihres privaten Belangs, Windkraftanlagen gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zu errichten. Sie wird auch den öffentlichen Belangen, die auf der Ebene des LEP keineswegs abschließend abgearbeitet, sondern bei der Regionalplanung untereinander abzuwägen sind, nicht gerecht. Dass eine solche Abwägung hier nicht nur erforderlich war, um abstrakten rechtlichen Anforderungen zu genügen, sondern aus sachlichen Gründen dringend notwendig gewesen wäre, ergibt sich insbesondere daraus, dass sich im Planungsverfahren tatsächlich kein Überangebot an fachlich geeigneten Flächen abgezeichnet hat. Die Landesplanung hatte bei Anlegung ihrer planerischen Grundsätze durchaus Schwierigkeiten, die nach dem LEP vorgesehene Gesamtfläche von 23.600 ha (1,5 % der Landesfläche) zu ermitteln. Zu den 12.300 ha (0,78 % der Landesfläche) der bisher vorhandenen Eignungsflächen sollten 11.300 ha (0,72 % der Landesfläche) zusätzlich ausgewiesen werden. Aus den von der Landesplanung ermittelten 19.800 ha (1,26 % der Landesfläche) Potenzialflächen und den unter Berücksichtigung des Gemeindewillens ermittelten 18.428 ha (1,17 % der Landesfläche) Potenzialflächen der Kreise ergab sich aber lediglich eine Schnittmenge von 3.452 ha (0,22 % der Landesfläche). Ein wesentlicher Grund hierfür war, dass viele von der Landesplanung ermittelte Potenzialflächen nicht mit den Wünschen der Gemeinden übereinstimmten (vgl. Zusammenfassung der Landesplanung v. 13.07.2010, Bl. 6094 d.A.). Nach ausführlichen Erörterungen mit den Kreisen kam es schließlich zu den veröffentlichten ersten Entwürfen für die fünf Teilgebiete, die insgesamt das im LEP vorgesehene Soll (ca. 1,5 % der Landesfläche) erfüllten. Da in allen Planungsräumen zahlreiche Eignungsflächen mit artenschutzrechtlichen und denkmalschutzrechtlichen Vorbehalten aufgenommen worden sind, wird deutlich, dass diese Gebiete aus der Sicht der Landesplanungsbehörde jedenfalls nicht vorbehaltlos für die Windenergiegewinnung geeignet sind. Aus fachlichen Gründen musste es sich in dieser Situation aufdrängen, zu prüfen, ob in denjenigen Gemeinden, die die Windkraftgewinnung schlechthin abgelehnt haben, Flächen vorhanden sind, die besser - vorbehaltlos - für die Windenergiegewinnung geeignet sind.

73

dd) Die Mängel im Abwägungsvorgang sind nach § 12 Abs. 3 Satz 2 ROG erheblich, denn sie sind offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen.

74

Die Offensichtlichkeit ergibt sich daraus, dass die Mängel ohne weiteres nach Aktenlage ohne Ausforschung der Entscheidungsträger über deren Planungsvorstellungen für den Senat erkennbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 <38>).

75

Die Mängel hatten auch Einfluss auf das Abwägungsergebnis, denn es besteht die konkrete Möglichkeit, dass die Planung bei Vermeidung der Abwägungsfehler anders ausgefallen wäre (BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - 4 BN 47.03 - BauR 2004, 1130).

76

Dies gilt insbesondere für die Konkretisierung der innergebietlichen Zielbestimmung der Eignungsgebiete. Da der Antragsgegner durch die Planung die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erreichen wollte, spricht alles dafür, dass er bei richtiger Beurteilung der Anforderungen dieser Vorschrift gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 2 S. 1 2. Hs. ROG abschließend abgewogen verbindlich einen Vorrang zu Gunsten der Windenergie für die zu dieser Nutzung vorgesehenen Gebiete geregelt hätte.

77

Ebenso eindeutig ist die Ergebnisrelevanz des Abwägungsfehlers auf der letzten Stufe der Abwägung. Dies folgt schon daraus, dass nach der Beurteilung des Antragsgegners viele ausgewiesene Eignungsgebiete nicht vorbehaltlos für die Windenergie genutzt werden können und andererseits viele Potenzialflächen der Landesplanung nur wegen der ablehnenden Stellungnahmen der Gemeinden nicht berücksichtigt wurden. Danach besteht die konkrete Möglichkeit, dass die Landesplanung eine andere Flächenauswahl getroffen hätte, wenn sie ihre Entscheidung ausschließlich auf raumordnungsrechtlich erhebliche Belange gestützt hätte.

78

Nicht so eindeutig ist die Erheblichkeit des Abwägungsausfalls bei der Festsetzung der Tabuzonen, denn es spricht einiges dafür, dass der Träger der Regionalplanung bei ordnungsgemäßer Differenzierung der Tabuzonen die weichen Ausschlussgebiete gleichwohl - im Wege der Abwägung - festgesetzt hätte. Andererseits erscheint es durchaus möglich, dass das im LEP festgesetzte Ziel (ca. 1,5 Prozent der Landesfläche Windeignungsflächen) bei Berücksichtigung aller Ausschlussgebiete und der gebotenen abschließenden innergebietlichen Abwägungen (s.o.), insbesondere bei Berücksichtigung der vielfältigen denkmal- und artenschutzrechtlichen Vorbehalte, nicht erreichbar gewesen wäre. Dies hätte die Landesplanungsbehörde möglicherweise veranlasst, Ausschlussgebiete restriktiver festzusetzen. Danach besteht auch insoweit die konkrete Möglichkeit, dass die Landesplanung die Tabuzonen bei ordnungsgemäßer Differenzierung und Abwägung anders festgesetzt und im Ergebnis eine andere Flächenauswahl getroffen hätte.

79

3) Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

80

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

81

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.


(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.

(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.

(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,

1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete),
2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete),
3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete),
4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.

(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.

(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auf 900.000,-- € festgesetzt.

Gründe

1

Die Hauptbeteiligten des Prozesses haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, so dass gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen durch Beschluss zu entscheiden ist.

2

Danach sind die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben, weil sowohl die Klägerin, als auch der Beklagte im Falle der Verfahrensfortführung und streitiger Entscheidung durch das Gericht wohl nur teilweise erfolgreich gewesen wären. Nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand geht das Gericht davon aus, dass dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin zur Neubescheidung ihrer Genehmigungsanträge für drei Windenergieanlagen zwar nicht stattzugeben wäre. Auf ihren Anfechtungsantrag wären die streitbefangenen Ablehnungsbescheide, sowie die dazu ergangenen Widerspruchsbescheide aber wohl aufzuheben.

3

Dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin steht die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 des Landesplanungsgesetzes (LaPlaG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes - Windenergieplanungssicherstellungsgesetz (WEPSG) vom 22. Mai 2015 (GVOBl. SH 2015, S. 132) entgegen. Nach dieser Vorschrift sind zur Sicherung der Raumordnungsplanung, mit denen Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur räumlichen Steuerung der Errichtung von raumbedeutsamen Windkraftanlagen aufgestellt werden, solche Anlagen vorläufig bis zum 05. Juni 2017 im gesamten Landesgebiet unzulässig. Die streitbefangenen Windkraftanlagen sind raumbedeutsam im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG, weil sie schon wegen ihrer Größe weithin sichtbar sein und damit einen erheblichen Einfluss auf das Landschaftsbild haben werden.

4

§ 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG in der Fassung vom 22. Mai 2015 ist wirksam und begegnet entgegen der Ansicht der Klägerin keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zunächst steht dem Land Schleswig-Holstein gemäß Art. 72 Abs. 3 Nr. 4 GG die Gesetzgebungsbefugnis für die streitbefangene Regelung zu, weil die Landesplanung das Recht der Raumordnung im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zum Gesetzgebungsgegenstand hat und nicht das Städtebaurecht als Teil des Bodenrechts im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG betrifft. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, die Normierung der vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG beinhalte in Wirklichkeit eine städtebauliche Regelung, für die dem Land keine Kompetenz zur Abweichungsgesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 3 GG zustehe. Während Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG insbesondere die städtebauliche Planung umfasst, ist Raumordnung im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG in Abgrenzung hierzu zu definieren als übergeordnete zusammenfassende Gesamtplanung auf Landesebene (vgl. Sachs, Grundgesetz, Art. 74 Rn. 78 mwN.).

5

Die Vorschrift zur vorläufigen Planungssicherung in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG begegnet auch in materieller Hinsicht keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zunächst steht diese Vorschrift entgegen der Ansicht der Klägerin nicht im Widerspruch zu den bundesrechtlichen Bestimmungen der § 35 und § 249 Abs. 3 BauGB, so dass sie nicht gemäß Art. 31 GG wegen einer Kollision mit dem Bundesrecht nichtig ist. Art. 31 GG kommt zur Anwendung, wenn dieselbe Rechtsfrage sowohl durch Bundes- als auch durch Landesrecht geregelt ist und zwischen beiden Normen eine Kollision in der Weise besteht, dass die Anwendung der Normen auf dasselbe konkrete Rechtsverhältnis zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen würde (vgl. Sachs, Grundgesetz, Art. 31 Rn. 18 mwN.). Vorliegend normieren Bundes- und Landesrecht aber unterschiedliche Rechtsfolgen. Das landesplanungsrechtliche Sicherungsmoratorium aus § 18 a Abs. 2 LaPlaG lässt den Genehmigungsanspruch gem. § 6 Abs. 1 BImSchG unberührt. Die vorläufige Unzulässigkeit des streitbefangenen Vorhabens gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG lässt den Genehmigungsanspruch nicht untergehen, sondern suspendiert ihn lediglich vorübergehend (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 05. März 2015, Az. 4 K 374/13 mwN.; Spannowsky-Runkel- Goppel, ROG § 14 Rn. 18 ff. mwN.). Dieses wird schon aus dem Wortlaut der Norm deutlich, die ausdrücklich die „vorübergehende Unzulässigkeit“ regelt. Darüber hinaus heißt es auch in der Gesetzesbegründung vom 21. Mai 2015 (LT-Drucksache 18/2983 (neu)), dass das Gesetz keine Regelung über das Genehmigungsverfahren einzelner Windkraftanlagen trifft, sondern nur deren zeitlich begrenzte, raumordnerische Unzulässigkeit normiere.

6

Zur Verwirklichung der bezweckten Sicherung der Raumplanung ist es auch nicht erforderlich, dass ein etwaiger Genehmigungsanspruch endgültig erlischt. Das wäre vielmehr unverhältnismäßig, weil bereits die Suspendierung zur Zweckerreichung genügt. Dementsprechend ist das Sicherungsmoratorium gem. § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG im systematischen Zusammenhang mit den Bestimmungen zur Landesplanung und nicht etwa zum Landesbaurecht geregelt. Die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG ist deshalb keine dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschrift im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG.

7

Demgegenüber betreffen die bauplanungsrechtliche Privilegierungsnorm des § 35 Abs. 1 Nr. 5 und die Konzentrationszonenplanung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitbefangenen Vorhabens und sind essentielle Voraussetzung für den Genehmigungsanspruch aus § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Ebenso betrifft § 249 Abs. 3 BauGB den Genehmigungsanspruch, weil diese Vorschrift die bauplanungsrechtliche Privilegierung für Windkraftanlagen aus § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB modifiziert. Auch diese Vorschrift lässt einen etwaigen Genehmigungsanspruch der Klägerin nicht unberührt, sondern gestaltet die bauplanungsrechtliche Privilegierung inhaltlich aus. Keine der von der Klägerin in Bezug genommenen baurechtlichen Vorschriften enthält eine Regelung zur vorübergehenden Planungssicherung. Mithin fügt sich die hier entscheidungserhebliche landesrechtliche Regelung widerspruchsfrei in das Bauplanungsrecht des Bundes ein.

8

Schließlich verletzt das Sicherungsmoratorium nach dem LaPlaG die Klägerin auch nicht in ihren Grundrechten.

9

Der Schutzbereich ihres Eigentumsgrundrechtes aus Art. 14 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht betroffen, weil sie weder Eigentümerin der zur Bebauung in Aussicht genommenen Grundstücke ist, noch über einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb „Windpark Bordelumer Koog" als wertprägende Sach- und Rechtsgesamtheit eines wirtschaftlichen Unternehmens der Windenergienutzung durch Stromerzeugung verfügt. Falls sie über eine schuldrechtliche Befugnis verfügen sollte, das Grundstück zukünftig zu nutzen, so ist dieses Schuldrecht von Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt (vgl. Sachs, Grundgesetz Art. 14, Rdnr. 44 ff.).

10

Betroffen ist die Klägerin allerdings in ihrem Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, das gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch für Kommanditgesellschaften gilt (vgl. Sachs, GG, Art. 19 Rn. 64 mwN.). Wegen der vorübergehenden Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen in ganz Schleswig-Holstein kann die auf Dauer angelegte und auf Einkommenserzielung gerichtete Tätigkeit des Windkraftanlagenbetreibens mit noch zu errichtenden Anlagen in A-Stadt und in ganz Schleswig-Holstein gegenwärtig von der Klägerin nicht ausgeübt werden. Darin liegt zwar keine subjektive oder objektive Berufszugangsvoraussetzung, weil der Zugang zum Beruf des Windkraftanlagenbetreibers nicht beschränkt wird, sondern lediglich dieser Beruf vorübergehend mit Neuanlagen nicht ausgeübt werden kann.

11

Die Freiheit der Berufsausübung unterliegt gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG Schranken, die einer Verhältnismäßigkeitsprüfung genügen müssen. Die Schwere des Grundrechtseingriffes muss durch gewichtige Gründe gerechtfertigt sein und darf das Übermaßverbot nicht verletzen. Die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen zur Sicherung der Landesplanung gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG ist verhältnismäßig. Der damit verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist relativ gering, weil nämlich nur vorübergehend in Schleswig-Holstein keine neuen Windkraftanlagen betrieben werden können, während das Recht Altanlagen in Schleswig-Holstein oder Anlagen außerhalb von Schleswig-Holstein zu betreiben unberührt bleibt. Demgegenüber ist das öffentliche Interesse an Planung und Steuerung der Windkraftnutzung von erheblichem Gewicht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002, Az. 4 C 15.01; BVerwGE 117, 287).

12

Die beabsichtigte und zu sichernde Planung begegnet im gegenwärtigen Planungsstand keinen rechtlichen Bedenken. Die Festlegung von Zielen und Grundsätzen der Raumordnung zur Steuerung raumbedeutsamer Windenergieanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 LaPlaG ist nach dem ROG grundsätzlich ein geeigneter Gegenstand der Raumordnungsplanung und wird von § 35 Abs. 3 BauGB zur Steuerung der Windkraftprivilegierung ausdrücklich vorgesehen. Die Festlegung von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 ROG zur Steuerung der Windenergienutzung ist diesbezüglich ein zulässiges Ziel der Raumordnung (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 20. Januar 2015, Az. 1 KN 6/13). Das vom Ministerpräsidenten als Landesplanungsbehörde im Runderlass vom 23. Juni 2015 gewählte Planungsverfahren ist sachgerecht, um die aktuellen Grundsätze der Rechtsprechung zur Steuerung von Windenergieanlagen umzusetzen. Diesen Grundsätzen entspricht es, zum Zwecke der Festlegung von Zielen der Raumordnung zunächst harte Tabukriterien zu ermitteln und weiche Tabukriterien zu bestimmen, um sodann die verbliebenen Potentialflächen anhand weiterer Abwägungskriterien zu überplanen.

13

Die weichen Tabukriterien, sowie die Kriterien für den weiteren Abwägungsprozess sind ausweislich des Planungserlasses des Ministerpräsidenten ausdrücklich vorläufig, die endgültige Festlegung der Ziele der Raumordnung bleibt vielmehr einer abschließenden Abwägung der beteiligten Belange gemäß § 7 Abs. 2 ROG vorbehalten. Mithin ist der Kriterienkatalog der Landesplanungsbehörde für das nun begonnene Planungsverfahren nicht abschließend zu überprüfen. Für den jetzigen, sehr frühen, Planungsstand reicht es zur Begründung eines Sicherungsmoratoriums vielmehr aus, dass die Planungskriterien eine abwägungsfehlerfreie Festlegung der Ziele der Raumordnung möglich erscheinen lassen, also nicht willkürlich oder unerheblich sind.

14

Diesen vorgenannten, im Vergleich zu einer raumordnungsrechtlichen Zielbestimmung erheblich verminderten Wirksamkeits- und Bestimmtheitsvoraussetzungen genügen die Kriterien der Landesplanungsbehörde zur Ermittlung geeigneter bzw. ausgeschlossener Flächen für raumbedeutsame Windenergieanlagen auf Regionalplanebene, wie sie nach dem Runderlass des Ministerpräsidenten vom 23. Juni 2015 zur Anwendung kommen sollen. Insbesondere reicht der Detailierungsgrad der Kriterien für dieses frühe Planungsstadium. Auch die bislang relativ offen formulierten Abwägungskriterien „charakteristische Landschaftsräume“ und „Hauptachsen des überregionalen Vogelzuges“ sind für den weiteren Planungsvorgang erheblich und willkürfrei formuliert. Ausweislich der Begründung zu dem Kriterium „charakteristische Landschaftsräume“ soll im Rahmen der Abwägung die Möglichkeit eröffnet werden, solche Areale großräumig von Windkraftanlagen frei zu halten, für die im Rahmen eines noch zu erstellenden Gutachtens diesbezüglich eine sachlich fachliche Begründung gegeben ist. Damit setzt der Erlass den Zweck der Windenergieanlagensteuerung, nämlich auch im erheblichen Anteil unverbaute Landesfläche zu erhalten mit der Möglichkeit eine Freiraumkonzeption zu entwickeln um.

15

Das Abwägungskriterium „Hauptachsen des überregionalen Vogelzuges“ ist für dieses frühe Planungsstadium unter dem Aspekt des vorsorgenden Artenschutzes gerechtfertigt, da die Landesplanungsbehörde weiteren Prüfbedarf sieht, um das Kollisionsrisiko der Zugvögel mit Windenergieanlagen im Höhenbereich der Rotoren zu vermeiden.

16

Ebenso begegnet auch das Abwägungskriterium „Netzkapazität“ gegenwärtig keinen Bedenken. Es erscheint vielmehr sachgerecht, dass der Regionalplangeber prüfen muss, ob die regionale Netzkapazität zur Aufnahme der gesamten in der Region vorgesehenen Leistung ausreicht. Privilegiert sind gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nämlich lediglich Vorhaben zur Nutzung der Windenergie und nicht Vorhaben, die mangels hinreichender Netzkapazitäten lediglich Entschädigungstatbestände nach dem Erneuerbaren Energiegesetz realisieren können.

17

Auch das vorliegend betroffene Abwägungskriterium „Umzingelungswirkung, Riegelbildung“ ist mindestens abwägungsrelevant für den gerechten Ausgleich der betroffenen öffentlichen und privaten Belange, damit nicht einzelne Ortslagen in unzumutbarer Weise von Windenergieanlagen umstellt sind. Die Verhinderung solcher Umzingelungswirkung kann erforderlich sein, um die Interessen der Bevölkerung und der betroffenen Gemeinde an Wohn- und Lebensqualität zu wahren. Es ist deshalb sachgerecht für die Abwägung dieses Belanges gutachterliche Vorarbeiten heranzuziehen. Es kommt auch ernsthaft in Betracht, dass sich die Vermeidung einer Umzingelungswirkung und Riegelbildung im Ergebnis im Planungsverfahren durchsetzt. Die Landesplanung muss nämlich nicht möglichst viele Windenergieanlagen zulassen. Sie hat lediglich der privilegierten Windenergienutzung substantiell Raum zu verschaffen, andererseits die Windenergienutzung aber zu kanalisieren und Fehlentwicklungen gegenzusteuern (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2005, Az. 4 C 5/04 mwN; zitiert nach Juris).

18

Hinsichtlich der sonstigen Planungskriterien sind Einwände nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden.

19

Zur Sicherung des eingeleiteten Planungsverfahrens nach den zugrundezulegenden Planungskriterien ist die vorläufige Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 Landesplanungsgesetz geeignet, da Planverfahren und Abwägung nicht unterlaufen werden können.

20

Sie ist auch erforderlich, weil nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand während der Verfahrensdauer für die im Juni aufgelegte Neufestlegung der Ziele- und Grundsätze der Raumordnung nicht nur einzelne Vorhaben zur Errichtung von Windenergieanlagen von Betreibern verwirklicht werden sollen. Der gegenwärtig sehr frühere Planungsstand, in dem bislang lediglich Planungsabsichten formuliert sind, wäre durch den raumordnerisch ungesteuerten Ausbau der Windkraft erheblich beeinträchtigt, weil die landesplanerischen Optionen zur Wahrung anderer Belange mit fortschreitendem Windkraftanlagenausbau immer weiter eingeengt würden. Der Ausbau während des laufenden Verfahrens zur Landesplanung wäre lediglich bauplanungsrechtlich zu beurteilen, eine das Landesgebiet betreffende gesamträumliche Planung wäre wegen fortwährender Veränderung der Planungsgrundlagen erschwert, wenn nicht gar unmöglich. Wegen der Vielzahl anhängiger Genehmigungsanträge für raumbedeutsame Windenergieanlagen bei dem Beklagten und der aufgrund der hohen Renditeerwartung solcher Anlagen fortdauernden Windparkkonzeptionierungen steht zu erwarten, dass einer geordneten Raumplanung nicht nur weitere Einzelvorhaben im Wege stünden, sondern eine Vielzahl von neuerschlossenen Windenergieanlagenstandorten immer wieder in das Verfahren zur Landesplanung einzubeziehen wären. Die über das Bundesrecht gemäß § 14 Abs. 2 ROG hinausgehende generelle vorübergehende Unzulässigkeit ist die einzige Möglichkeit, um erheblichen Verwaltungsaufwand für die Raumordnungsbehörde zu vermindern. Für das einzelne Investitionsvorhaben ist es hingegen ohne Belang, ob es individuell vorläufig gemäß § 14 Abs. 2 ROG untersagt wird, oder im Gleichklang mit einer Vielzahl anderer Vorhaben im Land generell unzulässig ist und mithin lediglich die bundesrechtlich ohnehin mögliche Einzelfalluntersagung entbehrlich wird.

21

Schließlich ist das Sicherungsmoratorium verhältnismäßig im engeren Sinne und beeinträchtigt das Übermaßverbot für eine Berufsausübungsbeschränkung nicht, weil es zeitlich befristet ist und nur raumbedeutsame Windenergieanlagen betrifft. Vorhaben dieser Art, die nicht planungsrelevant sind, können darüber hinaus ausnahmsweise nach § 18 a Abs. 2 LaPlaG nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung zugelassen werden. Durch diese Ausnahmeregelung ist gewährleistet, dass eine Einzelfallprüfung der Vorhaben auf ihre Planungsverfahrensverträglichkeit erfolgt und die vorläufige Unzulässigkeit des Vorhabens endet, sobald es die weitere Planung nicht mehr wesentlich erschwert.

22

Die Klägerin kann jedoch keine Ausnahme gemäß § 18 a Abs. 2 LaPlaG von der vorläufigen Unzulässigkeit ihrer Windenergieanlagen beanspruchen. Nach der vorbezeichneten Vorschrift können Ausnahmen zugelassen werden, wenn und soweit raumbedeutsame Windkraftanlagen nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung nicht befürchten lassen, dass sie die Verwirklichung dieser Ziele unmöglich machen oder wesentlich erschweren.

23

In diesem frühen Planungsstand zur Aufstellung der Ziele der Raumordnung lassen die streitbefangenen Windkraftanlagen jedoch befürchten, dass sie die Verwirklichung des Ziels, außerhalb der Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten die Errichtung von Windenergieanlagen auszuschließen, wesentlich erschwerten, weil das Abwägungskriterium Umzingelungswirkung/Riegelbildung wegen des Vordringens von Windenergieanlagenstandorten in bisher unbebaute Gebiete betroffen ist. Mithin kommt in Betracht, dass für diesen Teil des Gemeindegebiets der Beigeladenen zu 1. die effektive Freihaltung von Windenergieanlagen nicht mehr als Planungsoption besteht. Darüber hinaus könnte im Falle einer Ausnahmeerteilung auch eine etwaige Umzingelung der Hofstelle Hohlstill raumplanerisch nicht mehr verhindert werden. Die weitere räumliche Ausdehnung der bereits bestehenden Windparks im größten zusammenhängenden Windkraftgebiet Schleswig-Holsteins im Bereich A-Stadt/B. könnte dann nicht mehr auf ihre Raumverträglichkeit geprüft werden. Diese umfassende Prüfung soll aber gerade erst das Planaufstellungsverfahren ermöglich, so dass gegenwärtig noch nicht feststehen kann, ob eine Ausnahmezulassung nach § 18 a Abs. 2 LaPlaG möglich ist.

24

Nach alledem bot das Verpflichtungsbegehren der Klägerin vor der übereinstimmenden Erklärung zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg, so dass die Klägerin an der Kostentragung zu beteiligen ist.

25

Mit ihrem Anfechtungsantrag wäre die Klägerin hingegen voraussichtlich im Falle einer streitigen Entscheidung des Rechtsstreits erfolgreich gewesen. Nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand scheint ihre Anfechtungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO begründet, da die angefochtenen Ablehnungsbescheide rechtswidrig sind und die Klägerin in eigenen Rechten verletzen.

26

Maßgebend ist insoweit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, weil für die Entscheidung eines Gerichts die Rechtsvorschriften maßgeblich sind, die sich im Zeitpunkt der Entscheidung für die Beurteilung des Klagbegehrens Geltung beimessen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03. November 1994, Az. 3 C 17.92; BVerwGE in 97, 79). Hier ist das Klagbegehren nicht auf die isolierte Anfechtung der Ablehnungsbescheide, sondern auf die Erlangung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen gerichtet. Dieses Klagbegehren ist insgesamt an der aktuellen Rechtslage zu messen.

27

Danach sind die Ablehnungsbescheide aufzuheben, weil gegenwärtig dem Genehmigungsanspruch der Klägerin zu Unrecht öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegengehalten werden.

28

§ 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG mit der darin normierten vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen ist keine dem Vorhaben entgegenstehende Vorschrift im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, weil, wie oben ausgeführt, die vorläufige Unzulässigkeit den Genehmigungsanspruch nicht untergehen lässt, sondern diesen lediglich vorübergehend suspendiert. Auch steht § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB iVm einer Konzentrationszonenplanung für Windkraftanlagen als Ziel der Raumordnung nicht entgegen, weil die insoweit allein in Betracht kommende Teilfortschreibung zum Regionalplan 2012 für den Planungsraum 5 und die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplans 2010 in Ziffer 3.5.2 gem. Planungserlass des Ministerpräsidenten vom 23. Juni 2015 nicht mehr angewendet werden sollen. Mithin gibt es gegenwärtig kein gültiges Ziel der Raumordnung zur Steuerung von Windkraftanlagen.

29

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB iVm dem Flächennutzungsplan der Beigeladenen, in der die streitbefangene Baufläche betreffenden Änderungsfassung, steht dem Genehmigungsanspruch der Klägerin nicht entgegen, weil unabhängig von der Frage, ob dieser F-Plan gemäß § 5 Abs. 2 BauGB wirksam ist, der Beklagte diese F-Planung jedenfalls gemäß § 4 Abs. 1 LaPlaG nicht verwirklichen darf, da sie mit der geltenden Raumordnungsplanung des Landes nicht in Einklang steht. Eine Flächennutzungsplanung, die die Regionalplanung ausnutzen und umsetzen will, kann nicht wirksam bleiben, wenn die Teilfortschreibung zur Regionalplanung nicht mehr angewendet werden soll. Im Übrigen gibt es gegenwärtig auch keinen Steuerungsbedarf zur Windkraftnutzung durch die Beigeladene zu 1., weil raumbedeutsame Windkraftanlagen generell vorübergehend unzulässig sind, so dass es kein gemeindliches Planungserfordernis zur Konzentrationszonenausweisung für die Gemeinden gibt. Schließlich gibt es wegen dieser generellen vorübergehenden Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG auch keine Steuerungsmöglichkeit für die Gemeinden durch F-Planung.

30

Die Beigeladene zu 1. ist gemäß § 4 Abs. 1 BauGB vielmehr gehalten, ihren F-Plan an die zukünftigen Ziele der Raumordnung, wie sie zur Zeit von der Landesplanungsbehörde entwickelt werden entsprechend anzupassen (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 04. April 2013, Az. 1 LB 7/12 mwN.).

31

Da die Klägerin mit ihrem Klagbegehren mithin insoweit erfolgreich ist, als ihrem Genehmigungsanspruch jedenfalls nicht ehemaliges Planungsrecht entgegengehalten werden kann, ist auch der Beklagte an der Kostentragung zu beteiligen.

32

Die steckengebliebenen Genehmigungsverfahren für die streitbefangenen Windkraftanlagen sind fortzuführen, sobald die Landesplanungsbehörde entsprechend dem Planungsstand zur Aufstellung der Raumordnungsziele eine Ausnahme von der vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 2 LaPlaG erteilt, oder aber die geplanten zukünftigen Ziele der Raumordnung Geltung erlangen. Die Klägerin muss dann keine neuen Genehmigungsanträge stellen. Vielmehr sind ihre bereits anhängigen Genehmigungsanträge zu bescheiden, sobald die vorläufige Unzulässigkeit gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG ihren etwaigen Genehmigungsanspruch für die streitbefangenen Vorhaben nicht mehr suspendiert. Dementsprechend braucht die Klägerin gegenwärtig auch keine Verwaltungsgebühren für die Ablehnung ihrer Anträge zu bezahlen, weil ihre Genehmigungsverfahren nach wie vor offen sind und eine Verfahrensgebühr erst nach Abschluss je nach Ausgang des Verfahrens nach dem Verwaltungskostengesetz festzusetzen ist.

33

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären.

34

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.


(1) Zur Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen oder von sonstigen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sollen die Träger der Landes- und Regionalplanung mit den hierfür maßgeblichen öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts einschließlich Nichtregierungsorganisationen und der Wirtschaft zusammenarbeiten oder auf die Zusammenarbeit dieser Stellen und Personen hinwirken. Die Zusammenarbeit nach Satz 1 kann sowohl zur Entwicklung einer Region als auch im Hinblick auf regionen- oder grenzübergreifende Belange erfolgen; die Zusammenarbeit von Gemeinden zur Stärkung teilräumlicher Entwicklungen (interkommunale Zusammenarbeit) ist zu unterstützen.

(2) Formelle und informelle Arten der Zusammenarbeit nach Absatz 1 können insbesondere sein:

1.
Vertragliche Vereinbarungen, insbesondere zur Koordinierung oder Verwirklichung von raumordnerischen Entwicklungskonzepten und zur Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen,
2.
Maßnahmen wie regionale Entwicklungskonzepte, überregionale, regionale und interkommunale Netzwerke und Kooperationsstrukturen, regionale Foren und Aktionsprogramme zu aktuellen Handlungsanforderungen,
3.
Durchführung einer Raumbeobachtung und Bereitstellung der Ergebnisse für regionale und kommunale Träger sowie für Träger der Fachplanung im Hinblick auf raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, sowie Beratung dieser Träger.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 1 kann Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung auch die Übernahme von Kosten sein, die dem Träger der Landes- oder Regionalplanung bei der im Interesse des Vertragspartners liegenden Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen entstehen.

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemeinde A-Stadt. Die vorgesehene Anlage (Typ Enercon E70/E4) mit einer Nennleistung von 2.300 kW soll eine Nabenhöhe von 64 m, einen Rotordurchmesser von 71 m und eine Gesamthöhe von 99,5 m aufweisen.

2

Der Kläger ist Landwirt und betreibt auf 150 ha Fläche einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Mais- und Getreideanbau sowie Milchviehhaltung und Rindermast. Das für die Versorgung der Tiere benötigte Futter erzeugt er selbst.

3

Die Hofstelle des Klägers liegt am Südrand der Gemeinde A-Stadt. An der Straße „To Osten“ befinden sich Wohn-, Wirtschafts- und Stallgebäude des Klägers sowie Hofflächen. In gut 350 m Entfernung liegt – südöstlich der Hofstelle, im E... Feld – die für eine Aquakulturanlage vorgesehene Halle, die bisher u. a. zur Strohlagerung genutzt wurde. Er beabsichtigt dort den Neubau einer Aquakulturanlage mit Zucht- und Produktionswasserbecken, welche zum Teil innerhalb der bestehenden Halle und zum Teil unter freiem Himmel vor der Halle errichtet werden soll. Zur Energieversorgung der Anlage beantragte er einen Vorbescheid für eine Windkraftanlage (330 kW, Gesamthöhe unter 50 m), der ihm unter dem 03.04.2009 erteilt wurde.

4

Am 19. September 2011 genehmigte der Kreis Dithmarschen den Bau der Aquakulturanlage auf der Grundlage des § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB.

5

Am 23. Juli 2010beantragte der Kläger eine Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer 99,5 m hohen Windenergieanlage mit einer Nennleistung 2,3 kW in der Nähe der Halle. Der erzeugte Strom soll unter anderem zum Betrieb der Aquakulturanlage verwendet werden.

6

Das dem Antrag beigefügte Konzept zur Energieversorgung legte die Fischproduktion von Garnelen und Barramundi-Barschen zugrunde und berechnete den Gesamtenergiebedarf dafür auf 2,5 Mio. kWh pro Jahr. Die Jahresproduktion der Windenergieanlage wurde auf 3,5 bis 4 Mio. kWh pro Jahr geschätzt. Nach dem „Energiekonzept“ des Klägers ergab sich eine Eigenverbrauchsrate von 62 %, wobei von einer - durch Strom aufzuheizenden - Wassertemperatur in den (Fisch-)Becken von 26° C ausgegangen wurde. In dem „Energiekonzept“ heißt es u. a.:

7

„Die Entscheidung über die zu produzierende Fischart hat direkten Einfluss auf die bereitzustellende Wassertemperatur … und den dafür notwendigen Energiebedarf … Die nachfolgenden Berechnungen basieren auf … dem angestrebten Mindestproduktionsvolumen von 250 t Speisefisch pro Jahr. …“ (S. 11)

8

Im Genehmigungsverfahren führte der Fachdienst Naturschutz aus, der Errichtung und dem Betrieb der Windenergieanlage stehe § 44 BNatSchG entgegen, da die Windenergieanlage ein zusätzliches Risiko und erhebliche Störungen streng geschützter Arten bewirke. Zudem werde das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt.

9

Der Beklagte lehnte den Genehmigungsantrag - nach Anhörung des Klägers - mit Bescheid vom 23. Januar 2013 u. a. mit der Begründung ab, die Anlage widerspreche Zielen der Raumordnung und sei auch nicht als Nebenanlage zu einem im Außenbereich privilegierten Betrieb gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB einzuordnen. Die geplante Fischzuchtanlage sei keine berufsmäßige Binnenfischerei und kein landwirtschaftlicher Betrieb in Form einer Hofstelle, da der Hauptbetrieb sich in 350 m Entfernung befinde. Die Windenergieanlage sei in unmittelbarer Nähe zu den Zuchtbecken geplant; sie sei deshalb dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht zu- oder untergeordnet.

10

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das beklagte Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2013 als unbegründet zurück. Dabei erfolgte der Hinweis, dass sich Barramundi und Garnelen nicht von Pflanzen ernährten.

11

Zur Begründung seiner am 4. Juni 2013 erhobenen Klage hat der Kläger die Ansicht vertreten, die Fisch- und Krustentierzucht in künstlichen Becken sei, solange die Tiere auf eigener Futtergrundlage ernährt würden, der Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB zuzuordnen. Die Fische würden mittels eigener Getreide- und Maisanbauflächen gefüttert werden. Diese Flächen dienten auch der Entsorgung der Fischgülle. Es sei i. Ü. nicht mehr die Zucht von Barramundi-Barschen beabsichtigt, sondern von Jadebarschen. Diese Fische seien „Allesfresser“ und könnten auch pflanzlich ernährt werden. Eine Zufütterung von Fischmehl werde nicht, schon gar nicht überwiegend erfolgen. Für das Wasser werde eine Temperatur von 25° bis 28°C benötigt. In der Aquakultur werde es durch Rapsschrot substituiert. Die Aquakulturanlage selbst sei privilegiert zulässig, da sie einem landwirtschaftlichen Betrieb diene.

12

Zudem befinde sich der landwirtschaftliche Betrieb nicht in einer Entfernung von 350 m zur Aquakulturanlage. Die Rinder würden direkt neben der Anlage aufgestallt.

13

Der Kläger hat beantragt,

14

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 22. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2013 zu verpflichten, ihm die beantragte Genehmigung zum Betrieb und zur Errichtung einer Windenergieanlage auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemarkung A-Stadt zu erteilen,

15

hilfsweise,

16

den Beklagten zu verpflichten, seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

17

Das beklagte Landesamt hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Es hat die Ansicht vertreten, § 201 BauGB sei eine Spezialregelung für den Bereich des Fischfanges und der Fischzucht. Die Haltung von Fischen sei nicht unter den allgemeinen Begriff der Tierhaltung zu subsumieren. Indem sich der Kläger nicht auf eine Fischart festlege, könne er keinen Nachweis über die Fütterung der Tiere mit eigenerzeugtem Getreide führen. Überdies müssten bei einer Änderung der zu züchtenden Fischart auch die Genehmigungsunterlagen geändert werden. Unabhängig davon könne die Aquakulturanlage allenfalls als mitgezogene Nutzung zu einem privilegierten Landwirtschaftsbetrieb angesehen werden. Die Windenergieanlage wäre dann eine Nebenanlage zur Nebenanlage und damit nicht privilegiert.

20

Das Verwaltungsgericht hat am 18. November 2014 eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Der Kläger hat dort erklärt, er könne sich nicht genau festlegen, welche Tiere in der Aquakultur gezüchtet werden sollen. Je nach Fischart komme die Fütterung mit Roggen, Raps, Weizen oder Soja in Betracht. Zur Produktion von jährlich 250 t Speisefisch seien ca. 250 t Futter erforderlich, für deren Erzeugung voraussichtlich 25 ha Ackerflächen benötigt würden. Der Futterbedarf werde zu ca. 10 % durch Zukauf (z. B. Fischöl, Fischmehl) gedeckt.

21

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil am 4. Dezember 2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der geplante Standort sei im Regionalplan nicht als Windeignungsfläche ausgewiesen. Auch stehe nicht fest, dass die geplante Anlage einem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Zwar könne eine Aquakulturanlage grundsätzlich ein landwirtschaftlicher Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB sein. Dieser Einordnung stehe auch nicht entgegen, dass die Baugenehmigung vom 19. September 2011 für die Halle nach § 35 Abs. 2 und 4 BauGB erteilt worden sei, da die Begründung der Genehmigung nicht von ihrer Regelungswirkung umfasst sei. Allerdings sei im konkreten Fall nicht festzustellen, dass die Aquakultur Landwirtschaft sei, denn der Kläger lege sich nicht fest, welche Tiere er züchten wolle. Die Benennung der zu züchtenden Fischart sei aber essentiell, denn es gebe Fische, deren Proteinbedarf ausschließlich durch unbehandelte Getreide- oder Hülsenfrüchte gedeckt werden könne und andere Fischarten, die einen höheren Bedarf hätten. Ohne Angabe der Fischart sei es nahezu unmöglich festzustellen, wie viel Ertrag und wie viel Fläche zur Futtererzeugung benötigt werde und ob die klägerischen Flächen ausreichten. Überdies könne mangels Benennung der Fischart auch keine Wirtschaftlichkeitsprognose gestellt werden. Die Gewinnerzielungsabsicht sei aber ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 201 BauGB. Es fehle somit am Nachweis der Dauerhaftigkeit und der Nachhaltigkeit der Aquakulturanlage. Überdies sei das Energiekonzept unschlüssig, da lediglich die theoretischen Jahresverbrauchswerte den Jahresertragswerten gegenüber gestellt würden, ohne die für die Windenergieanlagen typischen Schwankungen der Energieerzeugung, z.B. in Form von Sicherheitszu- oder -abschlägen, zu berücksichtigen.

22

Vor dem Hintergrund der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs seien an die Erfordernisse der ausnahmsweise zulässigen Vorhaben strenge Anforderungen zu stellen. Die pauschalen Berechnungen und Vorhabenbeschreibungen des Klägers genügten diesen Anforderungen nicht. Da die Aquakulturanlage noch nicht errichtet worden sei, seien erhöhte Anforderungen an den Nachweis der Dauerhaftigkeit und der Ernsthaftigkeit des zu errichtenden Betriebes zu stellen, die nur durch präzise Konzepte erfüllt werden könnten. Aufgrund des unpräzisen Gesamtkonzepts könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die geplante Windenergieanlage der Aquakultur i. S. d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB diene. Das „Dienen“ erfordere, dass die Windenergieanlage dem landwirtschaftlichen Betrieb zu- und untergeordnet und bodenrechtliche Nebensache sei. Die Windenergieanlage habe eine Entfernung von 50 m zu der geplanten Aquakultur. Auf die 350 m Entfernung zum übrigen Hof komme es nicht an, denn diesem solle die Windenergieanlage nicht dienen. Vorliegend scheitere das „Dienen“ daran, dass nicht sicher feststehe, dass der überwiegende Teil der erzeugten Energie in den Betrieb der Aquakulturanlage fließe. Das sei auch für eine „mitgezogene“ Nutzung zu fordern.

23

Dem Vorhaben stünden schließlich öffentliche Belange entgegen, denn es widerspreche den Zielen der Raumordnung. Ein Widerspruch bestehe zur Ziffer 3.5.2 Nr. 5 des Landesentwicklungsplanes (LEP), wo festgelegt sei, dass Windenergieanlagen als Nebenanlagen i.S.d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB i.d.R. nicht höher als 70 m sein dürften. Dieses Ziel sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG verbindlich. Die geplante Anlage überschreite die festgesetzte Gesamthöhe mit 99,5 m deutlich.

24

Gegen das ihm am 30. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Januar 2015 die Zulassung der Berufung beantragt.

25

Im Zulassungsverfahren hat der Kläger eine neue „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ – Stand Februar 2015 – eingereicht. Danach sollen 201 – 250 t Karpfen produziert und zum größten Teil als Setzkarpfen für die Weitermast in Teichanlagen verkauft werden. Die Fütterung soll durch pflanzlich basierte Futtermischungen und einen „geringen Anteil von Zukaufkomponenten“ erfolgen. Vom Gesamt-Futterbedarf (320 t) könnten „gut 175 t“ selbst erzeugt werden. Für eine Temperatur im Gebäude von 20°C und in den Wasserbecken von 26°C entstehe ein Energiebedarf von 2,44 Mio kWh pro Jahr, der Eigenverbrauch des von der Windenergieanlage erzeugten Stroms für die Aquakultur und den Hof liege bei 56,69 %.

26

Der Senat hat dem Zulassungsantrag mit Beschluss vom 25. März 2015 stattgegeben.

27

Der Kläger ist der Ansicht, auf eine landwirtschaftliche Privilegierung der Windenergieanlage komme es mangels Wirksamkeit des Regionalplans IV nicht an. Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BauGB zulässig, denn weder die Darstellungen eines Flächennutzungsplanes noch die eines Regionalplanes stünden dem Vorhaben gemäß § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB entgegen. Auch § 18a Landesplanungsgesetz könne dem klägerischen Vorhaben nicht entgegengehalten werden, denn die Norm sei verfassungswidrig. Die Ungültigkeitsgründe, die das Gericht zu den Regionalplänen für die Planungsräume I und III gefunden habe, seien auch auf den Regionalplan IV zu übertragen. Daher könne auch der LEP nicht mehr herangezogen werden. Im Übrigen folge aus der Formulierung „in der Regel“ in Nr. 3.5.2 Nr. 5 LEP, dass die Genehmigung einem Abwägungsvorgang zugänglich sein müsse. Der Begriff der Landwirtschaft in § 201 BauGB könne nicht über die Raumordnung definiert werden. Maßgeblich sei alleine die Frage, ob das Bauvorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb diene und nicht wie hoch es sei.

28

Privilegierte Stromerzeugungsanlagen i. S. d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB dürften auch Strom in das öffentliche Netz einspeisen, ohne ihre Privilegierung zu verlieren. Die Feststellung einer deutlich überwiegenden Eigennutzung könne nicht in Zweifel gezogen werden, wenn zu bestimmten Zeiten und unter bestimmten Umständen ein höherer Anteil in das öffentliche Netz eingespeist werde. Theoretisch sei eine Stromerzeugung von 4,6 Mio kWh pro Jahr möglich, davon werde auf dem Hof und in der Aquakultur ein Anteil von 2.443.992 kWh pro Jahr verbraucht. Vor dem Hintergrund des Wertes der Vergütung von Strom (4,95 Ct/kWh) bestehe kein Interesse daran, die Menge der in das öffentliche Netz einzuspeisenden Energie künstlich zu erhöhen. Der maximal anzulegende Wert in den ersten fünf Jahren liege bei 8,9 Ct/kWh Strom, während der Bezug von Strom aus dem öffentlichen Netz ca. 24 Ct/kWh koste. In seinem Konzept zur Energieversorgung sei nachvollziehbar dargelegt worden, für die Fischzuchtanlage 62% des erzeugten Stromes zu benötigen. Aus seiner Faktensammlung aus März 2016, in der er den Eigenverbrauch der letzten drei Jahre berechnet habe, ergebe sich aufgrund der Trafo-Aussteuerung („Abregelung“) im Jahr 2014 ein Eigenverbrauch von 79,0 % und im Jahr 2015 von 119,8 %.

29

Der Kläger beantragt,

30

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Mai 2013 zu verpflichten, ihm die beantragte Genehmigung zum Betrieb und zur Errichtung seiner Windenergieanlage Enercon E70 E4, Rotordurchmesser 71 m, Nabenhöhe 64 m, Gesamthöhe 99,5 m auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemarkung A-Stadt zu erteilen,

31

hilfsweise,

32

den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts zu verpflichten, seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

33

Das beklagte Landesamt beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Es hält an seiner Ansicht fest, die Anlage könne weder nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 noch nach Nr. 5BauGB genehmigt werden. Eine Genehmigung nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB entfalle, weil die Fischzucht kein landwirtschaftlicher Betrieb sei. Die Windenergieanlage „diene“ einem solchen Betrieb auch nicht. Es fehle an ausreichenden Belegen für einen dauerhaft geplanten und wirtschaftlichen Betrieb, weil sich der Kläger nicht endgültig auf ein bestimmtes Zuchttier habe festlegen wollen. Er lege seiner Wirtschaftlichkeitsanalyse nunmehr den Einsatz von Karpfen zugrunde. Sein ständig wechselnder Vortrag begründe Zweifel an einer ernsthaft geplanten und langfristigen Betriebsführung. Die Ernsthaftigkeit des klägerischen Vorhabens sei auch deshalb zweifelhaft, weil die mit der Nutzungsänderung der Halle genehmigten Maßnahmen nach vier Jahren - bis heute - noch nicht abgeschlossen seien. Hinsichtlich des vorgelegten (neuen) Konzepts zur Energieversorgung bestünden Zweifel an dessen Plausibilität, zumal dessen Verfasser nicht erkennbar sei.

36

Eine Wirtschaftlichkeit der nunmehr geplanten Karpfenzucht könne nicht angenommen werden. Alle Ergebnisse bisher betriebener Warmwasser-Aquakulturanlagen hätten keine Wirtschaftlichkeit zeigen können. Bisher würden in Europa Karpfen ausschließlich in Teichen kommerziell gemästet. Für die vom Kläger geplanten Produktionsmengen fehle ein Absatzmarkt. Eine Weitermast von K3-Karpfen in Teichen sei ökonomisch unsinnig.

37

Selbst wenn die Aquakulturanlage als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB eingeordnet werde, „diene“ die geplante Windenergieanlage diesem nicht. Ausgehend von der zweitinstanzlich eingereichten (neuen) Wirtschaftlichkeitsanalyse betrage der Eigenverbrauch des erzeugten Stromes 56,69 %. Dieser Prozentsatz belege keine deutlich überwiegende Eigennutzung. Eine Grenze für einen deutlich überwiegenden Eigenverbrauch dürfe nicht unterhalb von 2/3 gezogen werden. Auf die Frage, inwieweit „überschüssiger“ Strom in das Netz eingespeist werde, komme es nicht an, zumal der künftige Umfang sog. Abregelungen keinesfalls sicher sei.

38

Einer Genehmigung nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BauGB stehe § 18a Landesplanungsgesetz entgegen. Diese Vorschrift sei wirksam; eine Ausnahmegenehmigung nach dessen Abs. 2 liege nicht vor und könne auch nicht erteilt werden, da sich die Windkraftanlage innerhalb eines „weichen Tabukriteriums“ der in Aufstellung befindlichen Regionalplanung befinde und den Abstand von 800 m zu Siedlungsbereichen unterschreite.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des beklagten Landesamtes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

40

Die zugelassene Berufung hat keinen Erfolg. Der Kläger hat die Berufung nach der Zulassung innerhalb der Frist gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO bis zum 1. Juni 2015 begründet. Die am 26. Februar 2016 erfolgte weitere Begründung ergänzt lediglich die fristgerecht vorgetragenen Berufungsgründe.

41

1. Der Kläger hat erstmals im Berufungsverfahren auch die Verpflichtung des Beklagten zur Genehmigung einer „selbständig“ privilegierten Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB erstrebt.

42

Zuvor war - mit Antrag vom 23. Juni 2006 - die Genehmigung einer „betriebseigenen“ Windkraftanlage für die Stromversorgung einer Aquakulturanlage beantragt worden (vgl. auch das szt. vorgelegte „Energiekonzept“ zur Begründung der „Privilegierung der Windkraftanlage“ [Beiakte A, Bl. 29 ff.]). Auf den Genehmigungsantrag hatte der Kläger erstinstanzlich mit seinem Verpflichtungsantrag und in seiner Klagebegründung sowie in dem (schriftsätzlich) angekündigten Berufungsantrag Bezug genommen.

43

Es kann offen bleiben, ob darin eine Klageänderung i.S.d. § 91 VwGO liegt, nachdem sich das beklagte Amt darauf - ohne Widerspruch - sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Berufungsverhandlung eingelassen hat. Es hat in seiner Berufungserwiderung vom 24. Februar 2016 (Bl. 201/203 d. A.) zu der nach seiner Ansicht fehlenden Genehmigungsfähigkeit der Windkraftanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB Stellung genommen. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung hat das beklagte Amt einer Klageänderung nicht widersprochen. Sie wäre damit zulässig, ohne dass es noch auf die Frage ankommt, ob sie auch „sachdienlich“ ist (§ 91 Abs. 2 VwGO).

44

2. Der Kläger kann weder eine Genehmigung der Windkraftanlage noch – im Sinne seines Hilfsantrages – eine neue „Verbescheidung“ seines Genehmigungsantrages beanspruchen. Rechtsgrundlage für die begehrte Genehmigungserteilung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage ist § 6 Abs. 1 i.V.m. § 4 BImSchG und Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zur 4. BImSchV. Danach kommt es für den Genehmigungsanspruch darauf an, ob der Errichtung und dem Betrieb der geplanten Anlage öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen.

45

Hier stehen der Genehmigung Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen: Die Windenergieanlage ist weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB (unten 2.1) noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (unten 2.2) zulässig; auch als „sonstiges Vorhaben“ i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB ist die Anlage nicht genehmigungsfähig (unten 2.3).

46

2.1 Der Kläger weist – im Ausgangspunkt – zutreffend darauf hin, dass eine Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig ist.

47

2.1.1 Der Zulässigkeit kann – derzeit – die Vorschrift in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht entgegengehalten werden. Zwar sah der – hier maßgebliche - Regionalplan für den Planungsraum IV (Schleswig-Holstein Süd-West: Kreise Dithmarschen und Steinburg; Teilfortschreibug zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung vom 06.11.2012 [Amtsbl. SH S. 1336]) für Windkraftanlagen eine „Ausweisung an anderer Stelle“ vor. Diese regionalplanerische Grundlage ist jedoch unwirksam. Der Senat hat durch Urteile vom 20.01.2015 – 1 KN 6/13 u.a. (NordÖR 2015, 261 ff.) – die Teilfortschreibungen des Regionalplans für die Planungsräume I und III für unwirksam erklärt. Die dazu festgestellten formellen und materiellen Unwirksamkeitsgründe, insbesondere die nicht ordnungsgemäß erfolge Differenzierung zwischen harten und weichen Tabukriterien, die fehlerhafte Abwägung zu Mindestabstandsregelungen und die Ausklammerung potenzieller Eignungsflächen nur wegen eines entgegenstehenden Gemeindewillens, gelten auch in Bezug auf die hier maßgebliche Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum IV. Dem entsprechend ist die Unwirksamkeit dieser Teilfortschreibung hier inzident festzustellen. Die Frage, ob der im Erlasswege erfolgten Erklärung der Landesplanungsbehörde zur Nichtanwendung der Teilfortschreibung des Regionalplans IV (s. Erlass vom 23.06.2015, zu III. [Amtsbl. SH S. 772]) verbindliche Rechtswirkung zukommt, kann danach offen bleiben.

48

2.1.2 Dem auf § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gestützten Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsanspruch des Klägers steht aber die - genehmigungsrechtliche - Vorschrift des § 18a Abs. 1 Satz 2 LPLaG SH entgegen. Danach sind zur Sicherung der Raumordnungsplanung bis zum 05.06.2017 (maßgebliche Gesetzesfassung vom 22.05.2015 [GVOBl. S. 132] zur Zeit der mündlichen Verhandlung) raumbedeutsame Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet unzulässig, nachdem Verfahren zur Neuaufstellung von Raumordnungsplänen oder zur Fortschreibung bestehender Raumordnungsplänen eingeleitet worden sind.

49

2.1.2.1 Die hier zu beurteilende Windkraftanlage ist „raumbedeutsam“ i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG. Insofern sind in erster Linie die Dimension (Höhe, Rotordurchmesser), der Standort und die Auswirkungen auf die Raumordnung maßgeblich; diese bestimmen im Einzelfall die Wirkungen der Anlage auf das Landschaftsbild. Bei einer Anlage, die – wie hier – mit 64 m Nabenhöhe und einer Gesamthöhe von 99,5 m in der flachen Marschenlandschaft weithin sichtbar ist, liegt eine erhebliche Auswirkung auf den Raum und dessen Funktionen vor (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.08.2002, 4 B 26.02, BauR 2003, 837 [bei Juris Rn. 6], OVG Magdeburg, Urt. v. 20.04.2007, 2 L 110/04, ZNER 2007, 234 [bei Juris Rn. 29]; OVG Koblenz, Urt. v. 20.02.2003, 1 A 11406/01, NVwZ-RR 2003, 619; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2004, 1 LB 28/04, BauR 2004, 1579; vgl. auch Runkel DVBl. 997, 275/278 [zu 3.3.1])

50

2.1.2.2 Das Land hat auch Verfahren zur Neuaufstellung bzw. Fortschreibung von Raumordnungsplänen in Bezug auf Windenergieanlagen eingeleitet (Runderlass der Landesplanungsbehörde vom 23.06.2015 [Amtsbl. SH S. 772], i.d.F. vom 14.12.2016 [Amtsbl. SH S. 1853]).

51

2.1.2.3 Eine Ausnahme von der Unzulässigkeit nach § 18a Abs. 1 LaPlaG hat die Landesplanungsbehörde vorliegend nicht zugelassen. Sie kommt, wie sich aus dem Schriftsatz des beklagten Landesamtes vom 27.03.2017 (S. 2) ergibt, auch nicht in Betracht, weil die Windkraftanlage in einem Bereich errichtet werden soll, der einem „weichen Tabukriterium“ des in Aufstellung befindlichen (neuen) Regionalplans unterfällt und – zudem – den vorgesehenen sog. Siedlungsabstand von 800 m deutlich unterschreitet.

52

2.1.2.4 Der Ansicht des Klägers, § 18a Abs. 1 LaPlaG stehe seinem Vorhaben nicht entgegen, weil diese (Landes-)Norm verfassungswidrig sei, ist nicht zu folgen. Der Senat sieht keine Veranlassung, das Verfahren insoweit auszusetzen und die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts einzuholen, da die genannte Vorschrift mit der Landesverfassung vereinbar ist (§ 44 LVerfGG). Ebenso besteht kein Grund, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, weil § 18a LaPlaG auch mit übergeordneten Normen des Bundesrechts, insbesondere des Grundgesetzes, vereinbar ist (§ 13 Nr. 11, § 80 BVerfGG).

53

Die Zweifel des Klägers an der Gesetzgebungskompetenz des Landes zum Erlass des § 18a LaPlaG sind unbegründet.

54

Das Raumordnungsrecht gehört nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zur konkurrierenden Gesetzgebung, also zur Landeskompetenz, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Vorliegend hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht, indem er in § 14 Abs. 2 ROG eine sog. „Sicherungsuntersagung“ vorgesehen hat, die der Raumordnungsbehörde für den Fall, dass sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet, die Möglichkeit zu einer - auf bis zu zwei Jahre befristeten - Untersagung von raumbedeutsamen Maßnahmen gibt. Allerdings darf das Land nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG von dieser Regelung durch Gesetz abweichen; im Falle einer Abweichung geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor (Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG). Das ist vorliegend § 18a LaPlaG. Die Kompetenz des Landes, von dem 2008 erlassenen (neuen) Raumordnungsgesetz des Bundes abzuweichen, ist durch Art. 125 b Abs. 1 GG eröffnet. Sie ist durch das Grundgesetz nicht eingeschränkt; anders, als es etwa für das Naturschutz- oder Wasserhaushaltsrecht der Fall ist (vgl. Art. 72 Abs. 3 Nr. 2, 5 GG), gibt es für den Bereich der Raumordnung keinen verfassungsrechtlich bestimmten „abweichungsfesten Kern“ (vgl. BT-Drs. 17/813, S. 11 [zu b]; Hoppe, DVBl. 2007, 144). Die Abweichungskompetenz umfasst auch Instrumente zur Sicherung der (Landes-)Raumordnungsplanung. Die in § 18a LaPlaG getroffene landesrechtliche Regelung ist auch eine „echte“ Abweichung von § 14 Abs. 2 ROG und nicht etwa (nur) eine Wiederholung der bundesrechtlichen Reglung. § 18a Abs. 2 LaPlaG trifft eine inhaltlich weitergehende Regelung als § 14 Abs. 2 ROG, da sie abweichend von § 14 Abs. 2 ROG in § 18a Abs. 2 LaPlaG - befristet - die generelle, vorläufige Unzulässigkeit vorsieht (vgl. LT-Drs. 18/2983, S. 6, IV.).

55

Die in § 18a LaPlaG getroffene Regelung steht auch nicht im Konflikt mit dem Kompetenztitel in Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG („Bodenrecht“). Der dazu von Bringewat (NordÖR 2016, 240/245) vertretenen - gegenteiligen - Ansicht folgt der Senat nicht. Die boden- bzw. bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung von Windkraftanlagen sind in § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB geregelt. Soweit es nach § 35 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BauGB auf raumordnungsrechtliche Ziele ankommt, „öffnet“ sich das Bauplanungsrecht für – weitere – raumordnungsrechtliche Regelungen und damit auch für die Raumordnungsplanung des Landes. Damit bleibt auch die Möglichkeit des Landesgesetzgebers erhalten, die (Neu-)Aufstellung von Raumordnungsplänen zu sichern. Genau diesem Zweck dient § 18a LaPlaG, indem - nur - zur Sicherung der Raumordnungsplanung raumbedeutsame Windkraftanlagen für vorläufig unzulässig erklärt werden. Damit betrifft § 18a LaPlaG ausschließlich Genehmigungsverfahren, regelt also nicht die planungsrechtliche (Un-)Zulässigkeit von Windkraftanlagen. Die nach § 18a LaPlaG geltende zeitlich begrenzte raumordnerische Unzulässigkeit hält die Frage der endgültigen raumordnerischen Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Anlage „offen“; ihre Antwort ergibt sich (erst) aus den schlussabgewogenen Raumordnungsinstrumenten der Landesplanung (vgl. LVerfG SH, Beschl. vom 17.06.2016, LVerfG 3/15, NVwZ-RR 2016, 801 [Rn. 33, 34, 36]).

56

Die in § 18a LaPlaG getroffene Regelung begegnet auch keinen materiell-rechtlichen Einwänden des Verfassungsrechts.

57

Das Landesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass die Vorschrift die gemeindliche Planungshoheit (Art. 54 Abs. 1 LVerf SH) nicht verletzt; die gemeindliche Planungshoheit wird durch die Norm nicht betroffen (LVerfG, Beschl. v. 17.06.2016, a.a.O., Rn. 32 f.). Der Senat folgt dieser Beurteilung.

58

Darüber hinaus verletzt § 18a LaPlaG auch keine Grundrechte des Klägers.

59

Die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Baufreiheit wird nicht verletzt. Zwar wird der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG durch die nach § 18a LaPlaG geltende zeitlich begrenzte, raumordnerische Unzulässigkeit der Windkraftanlage betroffen. Doch liegt darin - ebenso wie im Fall einer baurechtlichen Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 BauGB) – eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Die Regelung in § 18a LaPlaG ist eine notwendige Ergänzung der auf Landesebene erfolgenden Raumordnungsplanung. Sie wahrt und sichert den planerischen „Spielraum“ des Landes und trägt damit gleichzeitig dazu bei, die (raum-)planerische Abwägung möglichst frei von „Fakten“ vornehmen zu können, die während des Planungsprozesses (gänzlich) unbeeinflusst von raumplanerischen Regelungen geschaffen worden sind. Im Interesse einer sachgerechten Raumordnungsplanung bestehen keine Bedenken, den Eigentümern diese Wirkungen für einen zeitlich begrenzten Zeitraum entschädigungslos aufzuerlegen (vgl. - zum Baurecht - Stock in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017 § 14 BauGB, Rn. 143 m. w. N.). Durch die nach § 18a Abs. 2 LaPlaG bestehenden Entscheidungsbefugnisse der Landesplanungsbehörde kann – bei sachgerechter Handhabung – erreicht werden, dass Ausnahmen von der Unzulässigkeit nach § 18a Abs. 1 LaPlaG zugelassen werden, wenn (sobald) die Raumordnungsplanung fortgeschritten ist und die Verwirklichung ihrer Ziele nicht oder nur unwesentlich erschwert wird. Diese Vorschrift sowie die befristete Geltung des § 18a Abs. 1 LaPlaG tragen zur Verhältnismäßigkeit der Inhalts- und Schrankenbestimmung bei.

60

Soweit demgegenüber eingewandt wird, der Gesetzgeber habe in § 18a Abs. 1 LaPlaG eine Plansicherung eingeführt, ohne den Willen, ein „relevantes Ziel aufzustellen, hinreichend manifestiert zu haben“ und ohne dass eine „sicherungsfähige Regionalplanung … (nicht einmal) in Grundzügen“ vorgelegen habe (Bringewat, a.a.O., S. 244), vermag dies die Verfassungsmäßigkeit der Norm nicht in Frage zu stellen. Es trifft zwar zu, dass bei (Verabschiedung und) Inkrafttreten des § 18a LaPlaG am 05.06.2015 (GVOBl. SH S. 132) noch kein „Entwurf des zu sichernden Raumordnungsplans“ vorlag, sondern zunächst nur die allgemeine Planungsabsicht zur Teilaufstellung der Regionalpläne (Sachthema Windenergie) für die Planungsräume I bis III bekannt gemacht worden ist (Runderlass vom 23.06.2015, Amtsbl. SH S. 772). Damit stand aber fest, dass eine neue Regionalplanung zum (speziellen) Sachbereich der Windenergie erfolgen wird. Dem – aus der Bauleitplanung bekannten – Erfordernis einer „sicherungsfähigen“ Planung, die ein Mindestmaß des Inhalts der beabsichtigten Planung erkennen lässt, wird im Allgemeinen (schon) genügt, wenn die Ziele und Zwecke der Planung bekannt sind, aber noch (verschiedene) Planungsalternativen bestehen (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 2017, § 14 BauGB Rn. 43). Die Anforderungen sind im Einzelfall vom jeweiligen Planungsraum abhängig. Wenn - wie hier - die Fläche eines großen Teilraums des Landes betroffen ist und - zudem - die raumplanerische Entscheidung der Landesplanungsbehörde über die Festlegung von Vorrang-, Vorbehalts- oder Eignungsgebieten (§ 7 Abs. 4 ROG) insbesondere im Bereich sog. „weicher Tabuzonen“ (vgl. zum Begriff: BVerwG, Urt. v. 13.12.2012, 4 CN 1.11, BVerwGE 145, 231) aus einem gesamträumlichen Planungskonzept und einer Abwägung (§ 7 Abs. 7 ROG) abgeleitet werden muss, kann für die Angabe eines „Mindestmaßes“ an Planungszielen nicht – wie vertreten wird (Bringewat, a.a.O., S. 244) – bereits ein Entwurf eines Raumordnungsplans verlangt werden. Nachdem die Landesplanungsbehörde ihre Planungsabsicht bekannt gegeben und zugleich angekündigt hat, die Kriterien zur Ermittlung geeigneter bzw. ausgeschlossener Flächen auf Regionalplanebene zu überarbeiten, ist dem – auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG bestehenden – Erfordernis einer hinreichend konkreten Angabe von Planungszielen Genüge getan. Der Umstand, dass die Überarbeitung der „Kriterien“ erst mit Erlass vom 29.04.2016 (Amtsbl. SH S. 424), also ca. 10 Monate nach Inkrafttreten des § 18a LaPlaG, erfolgt ist, ist unschädlich; auch die Entscheidung über diese Kriterien ist Teil des – zu sichernden – Planungsprozesses. Die Bekanntgabe der Planungsabsicht für eine (neue) Regionalplanung zur Windenergie und die – bald darauf – erfolgte Angabe von diesbezüglichen „Kriterien“ genügen gem. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des § 18a LaPlaG.

61

Die Verfassungsmäßigkeit des § 18a LaPlaG ist auch im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG nicht in Frage zu stellen. Der Senat folgt insoweit der rechtlichen Beurteilung, die das Verwaltungsgericht seinem Beschluss vom 10.09.2015 (6 A 190/13; NVwZ-RR 2016, 212/213) zugrunde gelegt hat. Der Kritik von Bringewat (a.a.O., S. 247) – auch daran – ist nicht zu folgen; sie wiederholt den bereits zu Art. 14 GG angeführten Einwand, es fehle an einer „ausreichend konkretisierten überörtlichen Planung“, weshalb ein legitimer Zweck zur Einschränkung der Berufsfreiheit fehle. Damit wird übersehen, dass der legitime Zweck bereits in der Sicherung der Raumordnungsplanung einschließlich des zugehörigen Planungsprozesses besteht; zu dieser Sicherung liegen genügend „sicherungsfähige“ Grundlagen vor.

62

2.2 Dem Genehmigungsanspruch nach § 6 Abs. 1 BImSchG steht § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entgegen.

63

Die vom Kläger geplante Windkraftanlage ist nicht Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs (2.2.1). Sie „dient“ einem solchen auch nicht (2.2.2) und kann auch nicht als eine sog. „mitgezogene Nutzung“ zugelassen werden (2.2.3).

64

2.2.1 Der Kläger ist unzweifelhaft Landwirt, soweit er (auf seiner „Hofstelle“) Milchviehhaltung und Rindermast auf einer Flächengrundlage von 150 ha betreibt und Mais bzw. Getreide anbaut. Die streitige Windenergieanlage will er für seinen (künftigen) Betriebsteil „Aquakultur“ einsetzen. Von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB wäre dies abgedeckt, wenn die „Aquakultur“ als Landwirtschaft i. S. der Legaldefinition des § 201 BauGB anerkannt werden könnte. Insoweit sind die für den zu „gründenden“ (neuen) Betriebsteil relevanten Umstände Grundlage der rechtlichen Beurteilung (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017, § 35 BauGB Rn. 34).

65

Die Genehmigung zur Nutzungsänderung der Halle und zur Errichtung der Aquakulturanlage ist im Bescheid vom 19.09.2011 (Bl. 173 der Beiakte A) nicht auf der Grundlage des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, sondern nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB erteilt worden. Damit geht von dem genannten Bescheid schon im Ansatz keine Tatbestandswirkung für das Vorliegen einer Landwirtschaft i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB aus.

66

Die Aquakultur des Klägers ist nicht als Landwirtschaft anzuerkennen.

67

2.2.1.1 Zur Landwirtschaft i. S. d. § 201 BauGB gehört bei Tierhaltungsbetrieben die überwiegende Erzeugung des Futters auf zum Betrieb gehörenden Flächen (unmittelbare Bodenertragsnutzung; vgl. BVerwG, Urt. v. 14.05.1969, 4 C 19.68, BVerwGE 34, 1 ff.; Urt. v. 13.12.1974, 4 C 22.73, BauR 1975, 104). Auch Fischzuchtanlagen können danach Landwirtschaft sein, wenn deren überwiegende Futtergrundlage aus dem Ackerbau, der Wiesen- und Weidewirtschaft stammt bzw. stammen kann. Die in Betracht kommenden Tierarten sind nicht auf traditionell in der Landwirtschaft gehaltene Tiere begrenzt. Allein entscheidend ist, ob das Futter (für die Fische) überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann; auch dann liegt eine unmittelbare Bodenertragsnutzung (Urproduktion) vor. Eine Einschränkung auf bestimmte Tierarten ist daraus indes nicht abzuleiten, zumal die Inanspruchnahme von Flächen durch traditionell „landwirtschaftliche“ Tierarten gleich oder gar intensiver sein kann als bei neu eingesetzten Tierarten. Nach der Novellierung des BauGB durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau) vom 23.09.2004 (BGBl I, S. 2414) sollte der „Strukturwandel in der Landwirtschaft“ gefördert werden (vgl. BT-Drs. 15/2250, S. 33), was auch die Nutzung neuer Produktionsmöglichkeiten – bei unmittelbarer Bodenertragsnutzung – einschließen sollte (VG Hamburg, Urt. v. 28.11.2012, 7 K 656/12, NVwZ-RR 2013, m. w. N.; vgl. auch VG Darmstadt, Urt. v. 19.03.2015, 7 K 923/12.DA, Juris). Soweit das OVG Lüneburg (Urt. v. 27.02.1984, 1 A 103/82, BRS 42 Nr. 88) eine Fischproduktion in Mastbehältern aus Stahl nicht als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB anerkannt hat, ist dies im Hinblick auf den (in § 201 BauGB genannten) Begriff der „Binnenfischerei“ erfolgt, die keine Aquakultur in künstlichen „Hälterbecken“ umfasse. Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Ebenso, wie es (auch) bei der „terrestrischen“ Produktion von Tieren keinen Unterschied macht, ob diese in „künstlichen“ Vorrichtungen oder in der „Natur“ erfolgt, ist dies auch bei Fischen der Fall; maßgebliches Kriterium bleibt – wie oben ausgeführt – die unmittelbare Nutzung des Bodenertrags für die Tierproduktion. Soweit das OVG Lüneburg (a.a.O.) für eine Fischproduktion in „Hälterbecken“ das Vorliegen eines „ortsgebundenen“ Betriebs verneint hat, bezieht sich dies auf § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, hat also keine Relevanz für die Zuordnung der Aquakultur zur Landwirtschaft.

68

2.2.1.2 Die Aquakultur wäre – danach – als „Landwirtschaft“ anzuerkennen, wenn der Kläger das für die Fische erforderliche Futter – bei Fortführung der anderen Betriebszweige (Milchviehhaltung, Rindermast) – überwiegend auf eigener Flächen-/Futtergrundlage erzeugen kann; die eigene Futtergrundlage muss überwiegen, d.h. mehr als 50 % abdecken (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017, § 201 BauGB, Rdnr. 17). Dies nachzuweisen, obliegt dem Kläger.

69

Dazu hat der Kläger im Laufe des Verfahrens (höchst) unterschiedliche Zahlen „geliefert“, die sich (womöglich) auf die wechselnden Zuchtfische (zuerst Garnelen und Barramundi-Barsche, sodann Jadebarsche, schließlich Karpfen) bezogen. Der Senat legt seiner Entscheidung – im Hinblick darauf, dass eine Verpflichtung des beklagten Amtes begehrt wird, so dass es auf die Sach- und Rechtslage zur Zeit der Berufungsverhandlung ankommt – die Bedürfnisse für eine Karpfenzucht bzw. -produktion zugrunde.

70

Für eine Produktionsmenge von 250 t Karpfen werden – den Angaben des Klägers zufolge - 320 t Futter benötigt, wovon 175 t auf eigenen landwirtschaftlichen Flächen erzeugt werden sollen (entsprechend 54,68 %). Diese Angabe erscheint – zunächst – plausibel:

71

Für die Futtererzeugung der (z. Zt.) 70 Milchkühe und 469 Mastrinder gibt der Kläger einen Flächenbedarf von 108 ha an (s. „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ vom Februar 2015, S. 4). Ausgehend von 150 ha Gesamtagrarfläche verbleiben [150 - 108 =] 42 ha einschließlich Grünland. Vor dem Hintergrund des spezifischen Futterbedarfs kann das Grünland der Fischproduktion nicht zugeordnet werden. Wenn für die Fütterung der Karpfen mithin Getreide (Weizen, Gerste) verwendet werden soll, müsste auf der - nach den Angaben des Klägers - für „Marktfrucht“ verbleibenden Fläche von 28,96 ha (s. „Wirtschaftlichkeitsanalyse“, S. 12 [Bl. 173 d. A.]), die nicht für die Milchvieh- bzw. Rinderhaltung benötigt wird, ein Ertrag von [175/28,9 =] ca. 6 t pro Hektar erreichbar sein, um die für das Produktionsziel von 250 t Karpfen erforderliche Futtermenge von 175 t p.a. zu erreichen. Das ist für Getreide erreichbar.

72

Allerdings lässt der Kläger bei der Ermittlung des Futterbedarfs für die Karpfen unberücksichtigt, dass ernährungsphysiologisch nicht der gesamte Futterbedarf mit Getreidefutter bzw. aus Pflanzen gefertigten Pellets gedeckt werden kann.

73

Karpfen benötigen außer pflanzlichen Futtermitteln auch tierische Eiweiße und Fette oder „aufkonzentrierte pflanzliche Proteinprodukte“ (vgl. Stellungnahme „Rohstoffeinsatz in der Fischernährung“, CAU: Prof. Dr. Schulz, Anlage K 4, S. 2). Allein aus pflanzlicher Erzeugung kann der Eiweißbedarf von Karpfen nicht gedeckt werden (vgl. Füllner u. a., Karpfenteichwirtschaft, Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft, 2007, S. 23 [zu 5.1.3] sowie S. 61 [zu 9.9.2]). Karpfen benötigen zum Wachstum natürliches Protein, welches sie in einem Teich in Form von Wasserflöhen, Insektenlarven, Muscheln, Würmern oder Schnecken aufnehmen. Durch tierisches Eiweiß entsteht die Grundlage des Wachstums der Fische (Aufbau des Fischfleisches). Eine alleinige Fütterung mit Getreide in Beckenanlagen – ohne Naturnahrung – würde zu akuten Stoffwechselstörungen bis hin zum Tod der Karpfen führen. Karpfen können in Aquakulturen ihren Eiweißbedarf nicht allein durch pflanzlich erzeugtes Futter decken; sie sind auf zugekaufte Fischfutterprodukte angewiesen, die tierische Proteine und Fette enthalten. Dem wird in der Praxis durch zugekauftes spezielles Futter bzw. Fischmehl, Fischöl oder (sog.) Mischfutter Rechnung getragen; Getreide bzw. Futter auf pflanzlicher Basis wird (nur) als „Ergänzungsfuttermittel“ oder „Beifutter“ bezeichnet, das „als Energielieferant für den Stoffwechsel … den Luxusverbrauch von Nährtiereiweiß zur Energiegewinnung auf ein physiologisch mögliches Minimum“ reduziert; Getreide ist somit kein Ersatz für fehlende (tierische) Naturnahrung (Füllner, a.a.O., S. 61, 63 [zu 7.9.2]).

74

Nach der Konzeption des Klägers sollen die zu produzierenden Karpfen in den (vorgesehenen) 1.800 m³-Becken in der Halle aufgezogen werden. Die Karpfen sind deshalb auf Futtermittel aus tierischen Proteinen und Fetten angewiesen. Diese können nicht auf eigener Futtergrundlage produziert werden. In der vom Kläger vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung für die Aquakulturanlage werden Futterkosten von 236.522 € ansetzt (Bl. 168 d. A.); es ist nicht ersichtlich, dass dieser Betrag nur „eigenerzeugtes“ Futter betrifft. Der auf pflanzliches (Zusatz- oder Bei-) Futter entfallende Futteranteil liegt bei artgerechter Tierhaltung in der Teichwirtschaft bei 5 – 10 %, nur im Sommer kann er mehr als 25 % erreichen; der Großteil des Futters muss also tierische Proteine und Fette anbieten (vgl. Schlott u. a., Bedarfsorientierte Fütterung in der Karpfenteichwirtschaft, Wien 2011, S. 12 ff., S. 14 [Tab. 3.1]). Bei einer Beckenaufzucht, die kein natürliches Angebot tierischer Proteine und Fette ermöglicht, muss somit die überwiegende Futtergrundlage tierische Proteine und Fette anbieten; der „pflanzliche“ Anteil des Futters wird jedenfalls nicht höher ausfallen können, als es in Teichwirtschaften der Fall ist.

75

Damit bestehen Zweifel, ob die Produktion der Karpfen – in der vorgesehenen Menge von 250 t – überwiegend auf eigener Boden-/Flächengrundlage erfolgen kann.

76

Diese Zweifel gehen zu Lasten des Klägers. Es obliegt ihm, die Voraussetzungen einer Privilegierung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 und des § 201 BauGB darzulegen und durch ein schlüssiges Konzept zu belegen. Er hätte dazu im Hinblick auf die im erstinstanzlichen Urteil und in den vom beklagten Amt angeführten Zweifel Anlass zu konkrete(re)n Angaben gehabt. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung sind dazu schlüssige Angaben ausgeblieben. Der Senat konnte sich damit keine Überzeugung darüber bilden, dass die Aquakultur überwiegend auf einer eigenen Futtergrundlage aufbaut und damit als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anerkannt werden kann.

77

2.2.1.3 Abgesehen vom Erfordernis einer eigenen, überwiegenden Futtergrundlage ist für einen „landwirtschaftlichen Betrieb“ – auch – zu fordern, dass dieser ein Betriebskonzept und eine betriebliche Organisation aufweist, die bei objektiver Betrachtung auf eine nachhaltige Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Auch das ist vorliegend nicht festzustellen.

78

Ein „landwirtschaftlicher“ Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB muss auf Dauer angelegt und zur Gewinnerzielung geeignet sein. Der zu schonende Außenbereich darf in der Regel nur für eine langfristig ausgerichtete und gewinnversprechende landwirtschaftlichen Betätigung in Anspruch genommen werden (BVerwG, Urt. v. 19.04.1985, 4 C 13.82, NVwZ 1986, 201 [bei Juris Rn. 14] sowie Urt. v. 11.10.2012, 4 C 9.11, NVwZ 2013, 155; Urt. des Senats v. 27.04.1994, 1 L 141/92, Juris [Rn. 30, 32]).

79

Der Senat hat insoweit – einerseits – zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass die Eröffnung eines neuen „Betriebszweigs“ mit mehr oder weniger großen Ungewissheiten und Risiken behaftet sein kann, die nicht von vorneherein als gewinnschädlich bewertet werden dürfen. Dazu gehört auch die Berücksichtigung einer gewissen „Durststrecke“ in der Gründungs- bzw. Startphase. Dem gegenüber ist nicht zu übersehen, dass das vom Kläger entworfene Projekt „Aquakultur + Windenergie“ in beträchtlichem Umfang die Möglichkeit eröffnet, landwirtschaftsfremde Erträge aus der Einspeisung von Strom in das öffentliche Netz zu erwirtschaften. Um solchen - nicht durch die Privilegierung der Landwirtschaft nach § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201 BauGB gerechtfertigten – Effekten entgegenzuwirken, ist ein strenger Maßstab an die Nachhaltigkeits- und Wirtschaftlichkeitsprüfung anzulegen.

80

Weder die vom Kläger vorgelegten Konzepte („Konzept zur Energieversorgung“, Februar 2010 [Beiakte A, Bl. 33 ff.]; „Wirtschaftlichkeitsanalyse“, Februar 2015 [Anlage BK 1, Bl. 162 ff. d. A.]; „Wind- und Ertragsabschätzung“ vom 14. März 2016 [Anlage BK 2, Bl. 208 ff. d. A.]) noch die dazu in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgetragenen mündlichen Erläuterungen vermochten den Senat davon zu überzeugen, dass die geplante Aquakultur nachhaltig auf eine solide - positive - Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist.

81

Das im Februar 2010 vorgelegte Konzept betrachtet (noch) eine „Produktionsausrichtung“ auf Garnelen und Barramundis, ohne (dazu) Rentabilitätsprognosen zu geben; für die – jetzt – geplante Karpfenzucht ist das Konzept unergiebig.

82

Das Gleiche gilt für die (zuletzt) vorgelegte „Wind- und Ertragsabschätzung“ vom 14. März 2016 (Bl. 208 ff. d. A.). Daraus ist nur der Energieertrag der Windenergieanlage zu entnehmen, die lediglich eine „Hilfsfunktion“ für die Karpfenzucht haben soll. Ob die Windenergieanlage – für sich betrachtet Gewinne erwarten lässt, ist unerheblich, weil sie - allein – keine „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB ist.

83

Für die – unterstellte – landwirtschaftliche Aquakultur bzw. Karpfenproduktion, deren Wirtschaftlichkeit und die daraus resultierende Gewinnerwartung liefert allein die vom Kläger vorgelegten „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ (Bl. 162 ff. d. A.) Datengrundlagen. Der Kläger erwartet danach, dass die Karpfenzucht bei anteiliger Energieversorgung aus der eigenen Windkraftanlage zu einer nachhaltigen Gewinnerzielung führen wird; er beziffert diese auf ein positives Betriebsergebnis von jährlich 89.728 €, wohingegen das Betriebsergebnis bei einem Strombezug aus „fremden“ Quellen negativ ausfalle.

84

Die Berechnung des Klägers ist allerdings erheblichen Einwänden ausgesetzt, die – auch – in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht ausgeräumt werden konnten:

85

Die schon im erstinstanzlichen Urteil angesprochenen Zweifel daran, dass die Aquakultur eine - nachhaltige - Gewinnerwartung begründet, hat der Kläger nicht ausräumen können. Soweit die „Neugründung“ eines Betriebszweiges mit Anlaufschwierigkeiten verbunden ist, kann diesen sowohl auf der Kosten- als auch auf der Erlösseite durch seriöse Ansätze für Risiken und Wagnisse Rechnung getragen werden. Solche Ansätze sind der vorliegenden Gewinn- und Verlustrechnung (S. 7 der „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ [Bl.- 168 d. A.]) nicht zu entnehmen.

86

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht fällt auf, dass der Kläger auf der Kostenseite keine „Abschreibungen“ für Gebäude ansetzt, da diese „bereits vorhanden“ seien. Damit werden für den Wertverzehr der Gebäude einschließlich evtl. Instandhaltungen keine Rückstellungen gebildet. Kapitaldienst und Zinsen werden nur für die Aquakulturanlage angesetzt (18.800 € pro Jahr), nicht aber für die Windkraftanlage; ob und ggf. inwieweit in den „variablen“ Kosten für Strom aus der eigenen Windkraftanlage (135.715 € pro Jahr) Anteile für Kapitaldienst und Zinsen der Windkraftanlage, die ca. 2,3 Mio. Euro kostet, enthalten sind, ist unklar.

87

Ebenso unklar bleibt, ob Arbeitskosten ausreichend berücksichtigt worden sind. Da der Kläger auch Milch produziert und Rinder mästet, was - gerichtsbekannt - sehr zeitintensiv ist, hätte erläutert werden müssen, ob der Zeit- und Arbeitskräftebedarf für die Aquakultur durch zusätzlichen Arbeitskrafteinsatz abgedeckt werden muss. Bei der Beurteilung einer nachhaltigen Gewinnerwartung der Aquakultur sind die dafür anfallenden Kosten zu berücksichtigen.

88

Die „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ erwartet einen jährlichen Gesamterlös für Zuchtkarpfen in Höhe von 738.137,-- Euro. Auch insoweit fehlt in der Berechnung ein Ansatz für (anfangstypische) Risiken und Wagnisse (Rückstellungen). Dazu gehören - zum einen - Anlaufprobleme, insbesondere in Bezug auf die Verfahrens- und Anlagetechnik und die Wasserqualität (O2-, CO2-, NO2- und NH4-Konzentration, Schlammablagerungen), und - zum anderen - Risiken, wie Wachstumsdepressionen, Fischseuchen oder andere Tierkrankheiten (Parasitosen, Bakteriosen, Gasblasen u. a.).

89

Unabhängig davon fehlen zur Absatzerwartung in Bezug auf eine Produktionsmenge von 250 t jährlich nachvollziehbare Grundlagen. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung konnte der Kläger dazu keine schlüssige Erklärung geben.

90

Vor dem Hintergrund einer wechselhaften Entwicklung der Erzeugung von Karpfen in Aquakulturanlagen (inkl. Teichanlagen; vgl. Pressemitteilung Nr. 183 des Statistischen Bundesamtes vom 02.06.2016), den Import-/Exportzahlen und der Entwicklung der Erzeugerpreise für Karpfen (vgl. dazu: Brämick, Jahresbericht zur Deutschen Binnenfischerei und Binnenaquakultur, 2015, Seite 29, Abb. 7 sowie Seite 42, Tab. 11) kann eine Prognose der aus einer Karpfenproduktion von - hier - jährlich 250 t realistisch erreichbaren Erlöse nur auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts für den Absatz der produzierten Karpfen erfolgen. Dazu bzw. zu möglichen Vermarktungswegen findet sich in der vom Kläger vorgelegten Wirtschaftlichkeitsanalyse nichts. In der mündlichen Berufungsverhandlung hat der Kläger lediglich mitgeteilt, die Fische sollten über Dänemark bzw. nach China verkauft werden. Verträge, Vorverträge o. ä. konnte er weder benennen noch vorlegen, ebenso keine inländischen Absatzkonzepte. In Anbetracht der für die Aquakultur und die – zur Genehmigung beantragte – Windkraftanlage aufzuwendenden erheblichen Investitionssumme ist ein plausibles Absatzkonzept auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht zu fordern, um die Prognose einer dauerhaften (unterstellt) landwirtschaftlichen Betätigung zu stützen und damit – zugleich – zu belegen, dass die Windkraftanlage gerade wegen ihrer Zuordnung zur Aquakultur – und nicht etwa als (nicht privilegierte) eigene Einnahmequelle geplant wird. Das gilt umso mehr, als der Kläger in seinem (ersten) „Energiekonzept“ (S. 10 [Bl. 42 der Beiakte A]) selbst davon ausgegangen ist, dass das Marktpotenzial für heimische Süßwasserfische – wozu auch Karpfen gehören – „zu ca. 85 % ausgeschöpft“ ist und „bestehende Produktionen … neben den Importen die Nachfrage auf den hiesigen Märkten überwiegend abdecken“ können.

91

Die Last, das Gericht von einer nachhaltigen Gewinnerwartung - und damit zugleich - von der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der geplanten Aquakultur zu überzeugen, obliegt dem Kläger. Er hat dazu ausreichende und schlüssige Angaben zu „liefern“ und trägt insoweit die Beweislast (Urt. des Senats v. 27.04.1994, 1 L 141/92, Juris [Rn. 32]; vgl. auch VGH München, Beschl. v. 18.02.2013, 1 ZB 11.1389, Juris [Rn. 15] sowie VGH Mannheim, Urt. v. 07.08.1991, 3 S 1075/90, BauR 1992, 208). Das gilt insbesondere in einem Fall - wie hier - , in dem mit der Aquakultur zugleich eine Windkraftanlage realisiert werden soll, so dass die landwirtschaftlich erwarteten Erlöse aus dem Absatz von Fischen und die landwirtschaftsfremde „Rendite“ der Windkraftanlage strikt unterschieden werden müssen.

92

Für die Aquakultur ist nach alledem kein schlüssiges Betriebskonzept festzustellen, das objektiv auf Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Damit kann die vom Kläger geplante, mit einer Windkraftanlage „beheizte“ Aquakultur nicht als nachhaltige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anerkannt werden.

93

2.2.2 Selbst wenn die Aquakultur des Klägers - unbeschadet der vorstehenden Gründe - als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anzusehen wäre, müsste – weiter – festzustellen sein, dass die zur Genehmigung beantragte Windenergieanlage dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers i.S.d § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB „dient“. Eine solche Feststellung ist nicht möglich.

94

2.2.2.1 Das „Dienen“ i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfordert eine bestimmte äußerlich erkennbare funktionale Beziehung der Windkraftanlage zum Betrieb und einen sachlichen Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Tätigkeit. Die „dienende“ Zweckbestimmung muss objektiv gegeben sein. Als „dienend“ können - im Grundsatz - auch Energieerzeugungsanlagen anerkannt werden, sofern die erzeugte Energie von dem landwirtschaftlichen Betrieb abgenommen und tatsächlich überwiegend in dem Betrieb verwendet wird (Söfker, in: Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 2017, § 35 BauGB Rn. 34c).

95

2.2.2.2 Das beklagte Landesamt meint, bereits wegen der Entfernung der Windkraftanlage zur „Hofstelle“ fehle es an einer (prägenden) Beziehung zum landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Dem ist nicht zu folgen:

96

Eine räumliche Nähe zum „Schwerpunkt des Betriebes“ (Söfker, a.a.O., § 35 BauGB, Rn. 35) wird zwar in der Regel eine „dienende Funktion des Vorhabens indizieren, doch schließt dies nicht aus, dass ein Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb auch dann dient, wenn es – wie hier – einem Betriebsteil „abseits“ der traditionellen Hofstelle zugeordnet ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.1985, 4 C 71.82, NVwZ 1986, 644 [bei Juris Rn. 16, a. E.]). Dabei kann es keine Rolle (mehr) spielen, ob der „abseits“ gelegene Betriebsteil – hier die auf dem Flurstück .../2 gelegene Halle des Klägers – unter Vernachlässigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs genehmigt worden ist. Wenn dort eine – unterstellt – landwirtschaftliche Aquakultur betrieben werden soll, ist die in 50 m Entfernung dazu vorgesehene Windkraftanlage diesem Betriebsteil auch - untergeordnet - räumlich-funktional zugeordnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, 4 B 44.08, BauR 2009, 473 [bei Juris Rn. 8]; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.10.2015, 12 LC 73/15, NordÖR 2016, 75 [bei Juris Rn. 24 f.]). Insofern unterscheidet sich die vorliegende Sachlage von dem Fall, der der Entscheidung des Senats vom 07.03.1995 (1 L 191/94, Juris) zugrunde lag; in jenem Fall sollte die Windkraftanlage 320 m entfernt von den betrieblichen Stromabnahmestellen errichtet werden. Einer „dienenden“ Funktion steht auch nicht entgegen, dass der von der Windkraftanlage erzeugte Strom zu einem geringen Teil (lt. Berechnung des Klägers: 0,95 %) auch zur Deckung des Strombedarfs der Wohn- und Wirtschaftsgebäude der 350 m entfernten Hofstelle eingesetzt werden soll. Die übrige Stromproduktion soll für die Bewirtschaftung der Fischzucht genutzt oder in das öffentliche Netz eingespeist werden. Auf die Entfernung von 350 m zum Wohnhaus und den in dessen Nähe gelegenen anderen landwirtschaftlichen Gebäuden kommt es somit entscheidend nicht an.

97

2.2.2.3 Der Annahme einer „dienenden“ Funktion der knapp 100 m hohen Windkraftanlage steht auch ihre (äußere) Größe nicht entgegen. Es mag sein, dass zur Deckung des Strombedarfs der geplanten Aquakultur auch eine „kleinere“ Anlage hätte ausreichen können (vgl. das gerichtliche Schreiben vom 03.02.2016, Bl. 199 d. A.). Für die Beurteilung der „dienenden“ Funktion kommt es aber nicht auf die „metrische“ Größe der Windkraftanlage oder ihr Verhältnis zu benachbarten Gebäuden an. Maßgeblich ist vielmehr, in welchem Umfang der erzeugte Strom dem landwirtschaftlichen Betrieb zugeführt wird. Auch bei einer (äußerlich) „großen“ Anlage kann dieser Umfang überwiegen, so dass (dann) auch eine „dienende“ Funktion gegeben ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2008, 12 LB 48/07, BauR 2008, 1858 [bei Juris Rn.40-41]).

98

2.2.2.4 Entscheidend ist, dass eine „dienende“ Funktion der zur Genehmigung beantragten Windkraftanlage für die – unterstellt – landwirtschaftliche Aquakultur des Klägers nur anerkannt werden kann, wenn der betriebsbezogene Anteil der Energieerzeugung gemessen an der Gesamtkapazität der Anlage erheblich ins Gewicht fällt (BVerwG, Urt. v. 16.06.1994, 4 C 20.93, BVerwGE 96, 95). Wenn dies der Fall ist, steht es einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht entgegen, wenn der „überschüssige“ (geringere) Teil des erzeugten Stroms an das öffentliche Netz oder an Dritte abgegeben wird.

99

2.2.2.4.1 Eine der Aquakultur „dienende“ Funktion erfordert, dass der betriebsbezogene Anteil der Stromproduktion der Windkraftanlage den zur Einspeisung in das öffentliche Netz oder zur Abgabe an Dritte verbleibenden Anteil deutlich überwiegt (BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, a.a.O., Rn. 8 [betrieblicher Anteil: 2/3]; ebenso: OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2008, a.a.O., Rn.34, 38 [„ganz überwiegend“] sowie Urt. v. 29.10.2015, a.a.O. [betrieblicher Anteil: 2/3]). Es genügt nicht, wenn die erzeugte Energie nur gut zur Hälfte, also zu 51 % bis etwa 60 %, im landwirtschaftlichen Betrieb genutzt wird (vgl. Söfker, a.a.O., § 35 BauGB, Rn. 34c).

100

Damit ist eine betriebliche Verwendung von mindestens 65 % der Stromerzeugung erforderlich. Ein solcher Eigenanteil ist signifikant höher, als die Stromabgabe an Dritte oder an das öffentliche Netz. Er liegt auf der „sicheren Seite“ und gewährleistet damit ein deutliches Überwiegen der landwirtschaftlichen Energienutzung. Für eine „Schwelle“ von 65 % der Stromproduktion spricht auch die Erwägung, dass damit Anlagenkonzeptionen mit einer Stromerzeugung entgegengewirkt wird, die den Energiebedarf für den landwirtschaftlichen Betrieb von vornherein – erheblich – übersteigen, um dadurch die für eine Einspeisung ins Netz mögliche „Spitze“ zu vergrößern. Umgekehrt hat es der Bauherr einer „dienenden“ Windkraftanlage in der Hand, durch eine betriebsangemessene Dimensionierung der Anlage eine deutlich überwiegende betriebliche Verwendung der Stromproduktion sicherzustellen.

101

2.2.2.4.2 Aus dem Konzept des Klägers bzw. der „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ müsste sich – hinreichend überzeugend - entnehmen lassen, welchen Strombedarf die geplante Aquakultur auslöst und wie sich dieser zur Gesamtkapazität der Windkraftanlage verhält. Nach den Angaben des Klägers ergibt sich danach, dass der betriebliche Stromverbrauch die für eine Einspeisung in das öffentliche Netz bzw. eine Abgabe an Dritte zur Verfügung stehende Strommenge nicht – i.S.d. Ausführungen zu 2.2.2.4.1 – „deutlich“ überwiegt.

102

In seinem (ersten), mit Schriftsatz vom 16. April 2015 vorgelegten „Energiekonzept“ geht der Kläger (noch) von einem Eigenverbrauchsanteil von 62 % aus. Dieses Konzept bezog sich allerdings noch auf die Produktion von Garnelen und Barramundi-Barschen, die – jetzt – nicht mehr geplant ist. In der – später vorgelegten – sog. „Faktensammlung WKA E70/E4 und Stellungnahme Eigenverbrauch“ (Anlage BK 3 [Bl. 215 – 220 d. A.]) berechnet der Kläger den Eigenverbrauchsanteil auf der Grundlage einer Jahresleistung der Winderzeugung von 4.058.150 kWh und eines jährlichen Eigenverbrauchs in der Aquakulturanlage von 2.443.992 kWh; das ergäbe ca. 60,2 % (der Kläger gibt nur 55,74 % an). In seinem Schriftsatz vom 27. April 2016 wird – auf der Basis 4,6 Mio. kWh pro Jahr Windkraftstrom und 2.552.992 kWh pro Jahr Strombedarf für die Aquakultur – der Eigenverbrauchsanteil mit 55,5 % angegeben. In seiner „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ (Anlage B 1 [Bl. 162 ff. d. A.]) – dort Anhang 5 - errechnet der Kläger - bei einer Jahresstromerzeugung der Windkraftanlage von 4,6 Mio kWh pro Jahr und einem betrieblichen Verbrauch der Aquakultur zur Produktion von Karpfen von 2.443.992 kWh pro Jahr - eine Eigenverbrauchsquote von 55,74 % ab (rechnerisch ergäben sich 53,13 %); unter Berücksichtigung eines - weiteren - Eigenverbrauchs für den (übrigen) landwirtschaftlichen Betrieb gibt er die (Gesamt-)Eigenverbrauchsquote mit 56,69 % an (Bl. 176 d. A.).

103

Die Quoten des Eigenverbrauchs für die Aquakultur und den Gesamtbetrieb bleiben damit nach allen Berechnungen - erheblich - unterhalb der Grenze, von der ab - nach den o. g. (2.2.2.4.1) Maßstäben - ein „deutliches“ Überwiegen des betrieblichen Verbrauchs der Stromproduktion anzunehmen ist.

104

2.2.2.4.3 Unabhängig davon bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Ansätze für den der Aquakultur zugeordneten Stromverbrauch zu hoch sind, so dass sich auch eine überhöhte Eigenverbrauchsquote errechnet. Der vom Kläger insoweit angesetzte Energiebedarf hält einer kritischen Überprüfung nicht stand.

105

Der Kläger geht – im Ausgangspunkt zutreffend – davon aus, dass für den betrieblichen Energiebedarf der Aquakultur die für die Karpfen bereitzustellende Wassertemperatur den entscheidenden Faktor darstellt (s. S. 11 des „Energiekonzepts“ [Bl. 43 der Beiakte A]). Dann aber bedarf die „geplante“ Wassertemperatur einer fachlich nachvollziehbaren Begründung. Diese fehlt.

106

Der Kläger legt seinen Energiebedarfsberechnungen eine Wassertemperatur von 26° C in den (Indoor-)Becken und eine Lufttemperatur in der Halle von 20° C zugrunde (Bl. 166 d. A.). Für die früher geplante Zucht von Garnelen und Barramundi-Barschen, die Temperaturbereiche von 25-32 °C bzw. 25-30° C erfordern, ist dies – fachlich – begründet worden (s. 10, 12 des „Energiekonzepts“ [Bl. 42, 44 der Beiakte A]). Eine entsprechende Begründung für die für Karpfen erforderliche Wassertemperatur fehlt.

107

Den vorgelegten Berechnungen des Klägers ist auch nicht zu entnehmen, dass der (höchst) unterschiedliche Energiebedarf während der Sommer- bzw. der Winterzeit berücksichtigt worden ist. Unberücksichtigt bleibt auch, ob und ggf. inwieweit sich der Energiebedarf durch Wärmeisolierung reduzieren lässt. Dadurch kann der Strombedarf - insbesondere in der Sommerzeit - erheblich sinken.

108

Gründe dafür, dass eine (ganzjährige) Beheizung des Wassers auf 26°C für die Karpfenproduktion in einer Aquakultur erforderlich ist, sind auch nicht ersichtlich. Aus allgemein zugänglichen Quellen (z. B. fischerzeugerring-niederbayern.de) ist zu entnehmen, dass die „Vorzugstemperatur“ bei Karpfen zwischen 19 und 24°C liegt; der (ganzjährige) „Optimalbereich“ wird beginnend mit 23°C angegeben (vgl. Rümmler u.a., Kombinierte Satzkarpfen-Edelfischaufzucht in geschlossenen Kreislaufanlagen, Schriftenreihe 13/2006 der Sächs. Landesanstalt für Landwirtschaft, S. 15; Rümmler u. a., Warmwasseraufzucht von Karpfen …, in: Fischer & Teichwirt 2011, 170 [zu 2.]).

109

Die für die Karpfenproduktion „optimale“ Wassertemperatur ist i.Ü. nicht nur eine (fisch-)biologische Größe, sondern - vor allem - ein ökonomischer Faktor. Die Wassertemperatur hat für die Fischvermehrung eine größere Bedeutung als für die Fischmast, für letztere trägt sie zu einer schnelleren Gewichtszunahme der Fische bei. Dem entsprechend ist – ökonomisch – der „Gewinn“ einer schnelleren Gewichtszunahme der Fische mit den Kosten für den erhöhten Energieeinsatz für Beheizung und Aufbereitung des Wassers zu vergleichen. Erst daraus ergibt sich ein – betriebswirtschaftliches – Optimum.

110

Den Berechnungen des Klägers bzw. der diesen zugrundliegenden Konzeption sind zu (allen) diesen Fragen keinerlei Angaben oder Erläuterungen zu entnehmen. Dabei sind die Auswirkungen der („Soll“-) Temperatur von 26°C auf den Energieverbrauch keineswegs zu vernachlässigen, da für die Wassererwärmung und -warmhaltung ein deutlich geringerer Energieeinsatz anzusetzen wäre, wenn die Anlage auf eine (mittlere) Temperatur von 23°C (oder weniger) ausgelegt würde. Das ergibt sich – deutlich – aus dem „Energiekonzept“ (a.a.O., S. 18, 21 [Beiakte A, Bl. 50, 53]) und den dort angegebenen Werten für den Energieeinsatz in Abhängigkeit von der „konstanten Beckentemperatur“ von 18, 20, 22, 24, 26°C und mehr: Bei 2°C „weniger“ Beckentemperatur sinkt der Energieverbrauch um ca. 10, 9 %; bei 4 °C weniger um ca. 21,8 %. Entsprechend ergäbe sich bei einer konstanten Beckentemperatur von (statt 26°C) 24°C und einem dafür erforderlichen Energiebedarf von 2.181.691 kWh pro Jahr auf der Basis von 4,6 Mio. kWh pro Jahr Windkraftstrom eine Eigenverbrauchsquote von ca. 47 %, die nach den o. g. (2.2.2.4.1) Maßstäben – sicher – nicht mehr als „deutlich überwiegend“ anzuerkennen ist.

111

Das Gleiche wäre der Fall, wenn der Kläger - zumindest einen Teil der Fische - in den Außenbecken hält, was – jedenfalls in der wärmeren Jahreszeit – möglich ist und insoweit den Bedarf für eine (elektrische) Wassererwärmung und die Wasseraufbereitung in den („Indoor“-)Wasserbecken weiter reduziert.

112

Was die im Konzept des Klägers vorgesehene Lufttemperatur in der Halle (20°C) anbetrifft, wird der Stromenergiebedarf insoweit nicht gesondert angegeben. Dieser – wie auch der Strombedarf für die in der Halle geplante Kreislaufanlage (z. B. für Pumpen, Sauerstoffzufuhr etc.) - kann indes vernachlässigt werden, weil er nur einen relativ geringen Teil des gesamten betrieblichen Energiebedarfs ausmacht. Die Lufttemperatur in der Halle wird in der „warmen“ Jahreszeit ohne weiteres erreicht werden können; in der „kalten“ Jahreszeit wird sie sich einstellen, wenn das Wasser in den Becken auf (23°C oder) 26°C aufgeheizt wird.

113

2.2.2.4.4 Auf die hypothetischen Berechnungen des Klägers zum Einfluss des sog. „Trafo-Abschlags“ (genauer: der Abregelung der Stromeinspeisung in das Stromnetz z. B. in Fällen einer Netzüberlastung) auf die für die Jahre 2013 – 2015 anzusetzenden Eigenverbrauchswerte kommt es schon im Ansatz nicht an. Maßgeblich für eine überwiegende Nutzung des in der Windkraftanlage erzeugten Stroms zur landwirtschaftlichen Betriebsführung ist der Anteil des Eigenverbrauchs an der Jahreserzeugung. In welchem Ausmaß der nicht betrieblich benötigte Strom im Rahmen eines sog. „Einspeisemanagements“ nicht in das öffentliche Netz eingespeist (und vergütet) wird, ist für die Frage, inwieweit die Windkraftanlage dem Betreibsteil „Karpfenzucht“ dient, unerheblich. Dem beklagten Landesamt ist darin zu folgen, dass es allein auf einen Vergleich der betrieblich benötigten und einsetzbaren Strommenge mit der Gesamt-Strommenge ankommt, die von der Windkraftanlage erzeugt wird. Die vom Kläger für die Jahre 2013 – 2015 errechneten hypothetischen Eigenverbrauchsquoten von 60,3 %, 79 % bzw. 119,8 % (GA 206, 217 [Tabelle, rechte Spalte]) sind damit nicht maßgeblich.

114

2.2.2.4.5 Insgesamt genügen – somit – die Angaben des Klägers nicht für die Annahme, dass die Stromerzeugung der geplanten Windkraftanlage „deutlich“ überwiegend für den betrieblich veranlassten Energiebedarf der Aquakultur bzw. des übrigen landwirtschaftlichen Betriebes eingesetzt werden wird.

115

2.2.3 Die Windenergieanlage kann – schließlich – auch nicht als eine sog. „mitgezogene Nutzung“ zugelassen werden.

116

2.2.3.1 Als „mitgezogene Nutzungen“ können Vorhaben an der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB auch dann teilnehmen, wenn sie – für sich betrachtet – nicht-landwirtschaftlicher Art sind. Dazu müssten sie als „bodenrechtliche Nebensache“ wie ein „Anhängsel“ dem landwirtschaftlichen Betrieb zu- und untergeordnet sein (BVerwG, Beschl. v. 28.08.1998, 4 B 66.98, NVwZ-RR 1999, 106 sowie Urt. v. 30.11.1984, 4 C 27.81, NVwZ 1986, 203). Die Landwirtschaft muss nach Umfang und Bedeutung für den Gesamtbetrieb deutlich überwiegen. Eine „bodenrechtliche Nebensache“ ist nicht (mehr) anzunehmen, wenn das Vorhaben nach seiner Zweckbestimmung nicht überwiegend im Rahmen der landwirtschaftlichen Betriebsführung genutzt werden soll. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bietet keine Handhabe dafür, einen landwirtschaftlichen Betrieb unter erleichterten Voraussetzungen um einen von der landwirtschaftlichen Nutzung unabhängigen gewerblich-kaufmännischen Betriebsteil zu erweitern (BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, 4 B 44.08, a.a.O. [bei Juris Rn. 7 ff.]; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 29.10.2015, a.a.O. [bei Juris Rn. 21]).

117

2.2.3.2 Die vom Kläger geplante Windkraftanlage käme – danach – als „mitgezogene Nutzung“ im o. g. Sinne in Betracht, wenn die Aquakultur als Landwirtschaft i. S. d. § 201 BauGB anerkannt werden könnte. Das ist – wie ausgeführt – nicht der Fall.

118

Als ein nicht landwirtschaftliches Vorhaben ist die Aquakultur nicht mehr untergeordnete „Nebensache“ des landwirtschaftlichen Betriebs anzusehen. Da die Karpfenproduktion – wie ausgeführt – nicht mehr überwiegend auf eigener Futtergrundlage erfolgen kann, stellt sie einen gewerblichen Betriebsteil dar, der nicht als „mitgezogene“ Nutzung zugelassen werden kann. Der Betriebsteil ist i. Ü. auch nicht als solche zugelassen worden, sondern nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, wie sich aus dem Bescheid des Kreises vom 19.09.2011 (Bl. 173 der Beiakte A) ergibt. Der Versuch der Klägers, eine Genehmigung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu erlangen, ist erfolglos geblieben (Urteil des VG Schleswig vom 04.06.2013, 2 A 29/12, NordÖR 2014, 29; Beschluss des Senats vom 12.08.2013, 1 LA 53/13).

119

Unter Zugrundelegung eines nicht landwirtschaftlichen Betriebsteils ist dem beklagten Landesamt (Schriftsatz vom 01.07.2013, S. 2) darin zu folgen, dass zur Deckung der dafür benötigten Energie nicht eine weitere Nebenanlage im Außenbereich zugelassen werden kann.

120

2.2.3.3 Mangels Zulässigkeit der zur Genehmigung gestellten Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB kommt es auf Nr. 3.5.2. Nr. 5 (Z) des am 13. Juli 2010 veröffentlichen Landesentwicklungsplans nicht mehr an. Nach der genannten Bestimmung ist die Errichtung von Windkraftanlagen außerhalb festgelegter Eignungsgebiete ausgeschlossen, ausgenommen solche, die „einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 BauGB dienen, mit in der Regel einer Gesamthöhe bis zu 70 m.“ Da die Anlage des Klägers – wie ausgeführt – keine „dienende“ Anlage ist (s.o. 2.2.2), erübrigen sich weitere Ausführungen zu dieser raumordnungsrechtlichen Aussage.

121

2.2.3.4 Eine Zulassung der Windkraftanlage des Klägers nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB kommt nach alledem nicht in Betracht. Ebenso scheidet ihre Zulassung nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB aus; diese Vorschrift wird hier durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB verdrängt, die – wie ausgeführt (oben 2.1) – keinen Genehmigungsanspruch vermittelt.

122

2.3 Die Windenergieanlage ist auch als „sonstiges Vorhaben“ i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB nicht genehmigungsfähig. Sie ist – wie ausgeführt (oben 2.1.2.1) – ein raumbedeutsames Vorhaben. Damit ergibt sich ihre Unzulässigkeit aus § 18a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG.

123

3. Der Hilfsantrag des Klägers ist ebenfalls unbegründet. Er hat aus den oben genannten Gründen keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Landesamt seinen Antrag neu bescheidet. Die Ablehnung der begehrten Genehmigung ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).

124

4. Die Berufung ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

125

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO.i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

126

Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

127

BESCHLUSS

128

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 218.00,00 Euro festgesetzt.


(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.

(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.

(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,

1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete),
2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete),
3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete),
4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.

(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.

(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemeinde A-Stadt. Die vorgesehene Anlage (Typ Enercon E70/E4) mit einer Nennleistung von 2.300 kW soll eine Nabenhöhe von 64 m, einen Rotordurchmesser von 71 m und eine Gesamthöhe von 99,5 m aufweisen.

2

Der Kläger ist Landwirt und betreibt auf 150 ha Fläche einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Mais- und Getreideanbau sowie Milchviehhaltung und Rindermast. Das für die Versorgung der Tiere benötigte Futter erzeugt er selbst.

3

Die Hofstelle des Klägers liegt am Südrand der Gemeinde A-Stadt. An der Straße „To Osten“ befinden sich Wohn-, Wirtschafts- und Stallgebäude des Klägers sowie Hofflächen. In gut 350 m Entfernung liegt – südöstlich der Hofstelle, im E... Feld – die für eine Aquakulturanlage vorgesehene Halle, die bisher u. a. zur Strohlagerung genutzt wurde. Er beabsichtigt dort den Neubau einer Aquakulturanlage mit Zucht- und Produktionswasserbecken, welche zum Teil innerhalb der bestehenden Halle und zum Teil unter freiem Himmel vor der Halle errichtet werden soll. Zur Energieversorgung der Anlage beantragte er einen Vorbescheid für eine Windkraftanlage (330 kW, Gesamthöhe unter 50 m), der ihm unter dem 03.04.2009 erteilt wurde.

4

Am 19. September 2011 genehmigte der Kreis Dithmarschen den Bau der Aquakulturanlage auf der Grundlage des § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB.

5

Am 23. Juli 2010beantragte der Kläger eine Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer 99,5 m hohen Windenergieanlage mit einer Nennleistung 2,3 kW in der Nähe der Halle. Der erzeugte Strom soll unter anderem zum Betrieb der Aquakulturanlage verwendet werden.

6

Das dem Antrag beigefügte Konzept zur Energieversorgung legte die Fischproduktion von Garnelen und Barramundi-Barschen zugrunde und berechnete den Gesamtenergiebedarf dafür auf 2,5 Mio. kWh pro Jahr. Die Jahresproduktion der Windenergieanlage wurde auf 3,5 bis 4 Mio. kWh pro Jahr geschätzt. Nach dem „Energiekonzept“ des Klägers ergab sich eine Eigenverbrauchsrate von 62 %, wobei von einer - durch Strom aufzuheizenden - Wassertemperatur in den (Fisch-)Becken von 26° C ausgegangen wurde. In dem „Energiekonzept“ heißt es u. a.:

7

„Die Entscheidung über die zu produzierende Fischart hat direkten Einfluss auf die bereitzustellende Wassertemperatur … und den dafür notwendigen Energiebedarf … Die nachfolgenden Berechnungen basieren auf … dem angestrebten Mindestproduktionsvolumen von 250 t Speisefisch pro Jahr. …“ (S. 11)

8

Im Genehmigungsverfahren führte der Fachdienst Naturschutz aus, der Errichtung und dem Betrieb der Windenergieanlage stehe § 44 BNatSchG entgegen, da die Windenergieanlage ein zusätzliches Risiko und erhebliche Störungen streng geschützter Arten bewirke. Zudem werde das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt.

9

Der Beklagte lehnte den Genehmigungsantrag - nach Anhörung des Klägers - mit Bescheid vom 23. Januar 2013 u. a. mit der Begründung ab, die Anlage widerspreche Zielen der Raumordnung und sei auch nicht als Nebenanlage zu einem im Außenbereich privilegierten Betrieb gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB einzuordnen. Die geplante Fischzuchtanlage sei keine berufsmäßige Binnenfischerei und kein landwirtschaftlicher Betrieb in Form einer Hofstelle, da der Hauptbetrieb sich in 350 m Entfernung befinde. Die Windenergieanlage sei in unmittelbarer Nähe zu den Zuchtbecken geplant; sie sei deshalb dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht zu- oder untergeordnet.

10

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das beklagte Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2013 als unbegründet zurück. Dabei erfolgte der Hinweis, dass sich Barramundi und Garnelen nicht von Pflanzen ernährten.

11

Zur Begründung seiner am 4. Juni 2013 erhobenen Klage hat der Kläger die Ansicht vertreten, die Fisch- und Krustentierzucht in künstlichen Becken sei, solange die Tiere auf eigener Futtergrundlage ernährt würden, der Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB zuzuordnen. Die Fische würden mittels eigener Getreide- und Maisanbauflächen gefüttert werden. Diese Flächen dienten auch der Entsorgung der Fischgülle. Es sei i. Ü. nicht mehr die Zucht von Barramundi-Barschen beabsichtigt, sondern von Jadebarschen. Diese Fische seien „Allesfresser“ und könnten auch pflanzlich ernährt werden. Eine Zufütterung von Fischmehl werde nicht, schon gar nicht überwiegend erfolgen. Für das Wasser werde eine Temperatur von 25° bis 28°C benötigt. In der Aquakultur werde es durch Rapsschrot substituiert. Die Aquakulturanlage selbst sei privilegiert zulässig, da sie einem landwirtschaftlichen Betrieb diene.

12

Zudem befinde sich der landwirtschaftliche Betrieb nicht in einer Entfernung von 350 m zur Aquakulturanlage. Die Rinder würden direkt neben der Anlage aufgestallt.

13

Der Kläger hat beantragt,

14

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 22. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2013 zu verpflichten, ihm die beantragte Genehmigung zum Betrieb und zur Errichtung einer Windenergieanlage auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemarkung A-Stadt zu erteilen,

15

hilfsweise,

16

den Beklagten zu verpflichten, seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

17

Das beklagte Landesamt hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Es hat die Ansicht vertreten, § 201 BauGB sei eine Spezialregelung für den Bereich des Fischfanges und der Fischzucht. Die Haltung von Fischen sei nicht unter den allgemeinen Begriff der Tierhaltung zu subsumieren. Indem sich der Kläger nicht auf eine Fischart festlege, könne er keinen Nachweis über die Fütterung der Tiere mit eigenerzeugtem Getreide führen. Überdies müssten bei einer Änderung der zu züchtenden Fischart auch die Genehmigungsunterlagen geändert werden. Unabhängig davon könne die Aquakulturanlage allenfalls als mitgezogene Nutzung zu einem privilegierten Landwirtschaftsbetrieb angesehen werden. Die Windenergieanlage wäre dann eine Nebenanlage zur Nebenanlage und damit nicht privilegiert.

20

Das Verwaltungsgericht hat am 18. November 2014 eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Der Kläger hat dort erklärt, er könne sich nicht genau festlegen, welche Tiere in der Aquakultur gezüchtet werden sollen. Je nach Fischart komme die Fütterung mit Roggen, Raps, Weizen oder Soja in Betracht. Zur Produktion von jährlich 250 t Speisefisch seien ca. 250 t Futter erforderlich, für deren Erzeugung voraussichtlich 25 ha Ackerflächen benötigt würden. Der Futterbedarf werde zu ca. 10 % durch Zukauf (z. B. Fischöl, Fischmehl) gedeckt.

21

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil am 4. Dezember 2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der geplante Standort sei im Regionalplan nicht als Windeignungsfläche ausgewiesen. Auch stehe nicht fest, dass die geplante Anlage einem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Zwar könne eine Aquakulturanlage grundsätzlich ein landwirtschaftlicher Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB sein. Dieser Einordnung stehe auch nicht entgegen, dass die Baugenehmigung vom 19. September 2011 für die Halle nach § 35 Abs. 2 und 4 BauGB erteilt worden sei, da die Begründung der Genehmigung nicht von ihrer Regelungswirkung umfasst sei. Allerdings sei im konkreten Fall nicht festzustellen, dass die Aquakultur Landwirtschaft sei, denn der Kläger lege sich nicht fest, welche Tiere er züchten wolle. Die Benennung der zu züchtenden Fischart sei aber essentiell, denn es gebe Fische, deren Proteinbedarf ausschließlich durch unbehandelte Getreide- oder Hülsenfrüchte gedeckt werden könne und andere Fischarten, die einen höheren Bedarf hätten. Ohne Angabe der Fischart sei es nahezu unmöglich festzustellen, wie viel Ertrag und wie viel Fläche zur Futtererzeugung benötigt werde und ob die klägerischen Flächen ausreichten. Überdies könne mangels Benennung der Fischart auch keine Wirtschaftlichkeitsprognose gestellt werden. Die Gewinnerzielungsabsicht sei aber ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 201 BauGB. Es fehle somit am Nachweis der Dauerhaftigkeit und der Nachhaltigkeit der Aquakulturanlage. Überdies sei das Energiekonzept unschlüssig, da lediglich die theoretischen Jahresverbrauchswerte den Jahresertragswerten gegenüber gestellt würden, ohne die für die Windenergieanlagen typischen Schwankungen der Energieerzeugung, z.B. in Form von Sicherheitszu- oder -abschlägen, zu berücksichtigen.

22

Vor dem Hintergrund der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs seien an die Erfordernisse der ausnahmsweise zulässigen Vorhaben strenge Anforderungen zu stellen. Die pauschalen Berechnungen und Vorhabenbeschreibungen des Klägers genügten diesen Anforderungen nicht. Da die Aquakulturanlage noch nicht errichtet worden sei, seien erhöhte Anforderungen an den Nachweis der Dauerhaftigkeit und der Ernsthaftigkeit des zu errichtenden Betriebes zu stellen, die nur durch präzise Konzepte erfüllt werden könnten. Aufgrund des unpräzisen Gesamtkonzepts könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die geplante Windenergieanlage der Aquakultur i. S. d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB diene. Das „Dienen“ erfordere, dass die Windenergieanlage dem landwirtschaftlichen Betrieb zu- und untergeordnet und bodenrechtliche Nebensache sei. Die Windenergieanlage habe eine Entfernung von 50 m zu der geplanten Aquakultur. Auf die 350 m Entfernung zum übrigen Hof komme es nicht an, denn diesem solle die Windenergieanlage nicht dienen. Vorliegend scheitere das „Dienen“ daran, dass nicht sicher feststehe, dass der überwiegende Teil der erzeugten Energie in den Betrieb der Aquakulturanlage fließe. Das sei auch für eine „mitgezogene“ Nutzung zu fordern.

23

Dem Vorhaben stünden schließlich öffentliche Belange entgegen, denn es widerspreche den Zielen der Raumordnung. Ein Widerspruch bestehe zur Ziffer 3.5.2 Nr. 5 des Landesentwicklungsplanes (LEP), wo festgelegt sei, dass Windenergieanlagen als Nebenanlagen i.S.d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB i.d.R. nicht höher als 70 m sein dürften. Dieses Ziel sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG verbindlich. Die geplante Anlage überschreite die festgesetzte Gesamthöhe mit 99,5 m deutlich.

24

Gegen das ihm am 30. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Januar 2015 die Zulassung der Berufung beantragt.

25

Im Zulassungsverfahren hat der Kläger eine neue „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ – Stand Februar 2015 – eingereicht. Danach sollen 201 – 250 t Karpfen produziert und zum größten Teil als Setzkarpfen für die Weitermast in Teichanlagen verkauft werden. Die Fütterung soll durch pflanzlich basierte Futtermischungen und einen „geringen Anteil von Zukaufkomponenten“ erfolgen. Vom Gesamt-Futterbedarf (320 t) könnten „gut 175 t“ selbst erzeugt werden. Für eine Temperatur im Gebäude von 20°C und in den Wasserbecken von 26°C entstehe ein Energiebedarf von 2,44 Mio kWh pro Jahr, der Eigenverbrauch des von der Windenergieanlage erzeugten Stroms für die Aquakultur und den Hof liege bei 56,69 %.

26

Der Senat hat dem Zulassungsantrag mit Beschluss vom 25. März 2015 stattgegeben.

27

Der Kläger ist der Ansicht, auf eine landwirtschaftliche Privilegierung der Windenergieanlage komme es mangels Wirksamkeit des Regionalplans IV nicht an. Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BauGB zulässig, denn weder die Darstellungen eines Flächennutzungsplanes noch die eines Regionalplanes stünden dem Vorhaben gemäß § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB entgegen. Auch § 18a Landesplanungsgesetz könne dem klägerischen Vorhaben nicht entgegengehalten werden, denn die Norm sei verfassungswidrig. Die Ungültigkeitsgründe, die das Gericht zu den Regionalplänen für die Planungsräume I und III gefunden habe, seien auch auf den Regionalplan IV zu übertragen. Daher könne auch der LEP nicht mehr herangezogen werden. Im Übrigen folge aus der Formulierung „in der Regel“ in Nr. 3.5.2 Nr. 5 LEP, dass die Genehmigung einem Abwägungsvorgang zugänglich sein müsse. Der Begriff der Landwirtschaft in § 201 BauGB könne nicht über die Raumordnung definiert werden. Maßgeblich sei alleine die Frage, ob das Bauvorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb diene und nicht wie hoch es sei.

28

Privilegierte Stromerzeugungsanlagen i. S. d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB dürften auch Strom in das öffentliche Netz einspeisen, ohne ihre Privilegierung zu verlieren. Die Feststellung einer deutlich überwiegenden Eigennutzung könne nicht in Zweifel gezogen werden, wenn zu bestimmten Zeiten und unter bestimmten Umständen ein höherer Anteil in das öffentliche Netz eingespeist werde. Theoretisch sei eine Stromerzeugung von 4,6 Mio kWh pro Jahr möglich, davon werde auf dem Hof und in der Aquakultur ein Anteil von 2.443.992 kWh pro Jahr verbraucht. Vor dem Hintergrund des Wertes der Vergütung von Strom (4,95 Ct/kWh) bestehe kein Interesse daran, die Menge der in das öffentliche Netz einzuspeisenden Energie künstlich zu erhöhen. Der maximal anzulegende Wert in den ersten fünf Jahren liege bei 8,9 Ct/kWh Strom, während der Bezug von Strom aus dem öffentlichen Netz ca. 24 Ct/kWh koste. In seinem Konzept zur Energieversorgung sei nachvollziehbar dargelegt worden, für die Fischzuchtanlage 62% des erzeugten Stromes zu benötigen. Aus seiner Faktensammlung aus März 2016, in der er den Eigenverbrauch der letzten drei Jahre berechnet habe, ergebe sich aufgrund der Trafo-Aussteuerung („Abregelung“) im Jahr 2014 ein Eigenverbrauch von 79,0 % und im Jahr 2015 von 119,8 %.

29

Der Kläger beantragt,

30

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Mai 2013 zu verpflichten, ihm die beantragte Genehmigung zum Betrieb und zur Errichtung seiner Windenergieanlage Enercon E70 E4, Rotordurchmesser 71 m, Nabenhöhe 64 m, Gesamthöhe 99,5 m auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemarkung A-Stadt zu erteilen,

31

hilfsweise,

32

den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts zu verpflichten, seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

33

Das beklagte Landesamt beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Es hält an seiner Ansicht fest, die Anlage könne weder nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 noch nach Nr. 5BauGB genehmigt werden. Eine Genehmigung nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB entfalle, weil die Fischzucht kein landwirtschaftlicher Betrieb sei. Die Windenergieanlage „diene“ einem solchen Betrieb auch nicht. Es fehle an ausreichenden Belegen für einen dauerhaft geplanten und wirtschaftlichen Betrieb, weil sich der Kläger nicht endgültig auf ein bestimmtes Zuchttier habe festlegen wollen. Er lege seiner Wirtschaftlichkeitsanalyse nunmehr den Einsatz von Karpfen zugrunde. Sein ständig wechselnder Vortrag begründe Zweifel an einer ernsthaft geplanten und langfristigen Betriebsführung. Die Ernsthaftigkeit des klägerischen Vorhabens sei auch deshalb zweifelhaft, weil die mit der Nutzungsänderung der Halle genehmigten Maßnahmen nach vier Jahren - bis heute - noch nicht abgeschlossen seien. Hinsichtlich des vorgelegten (neuen) Konzepts zur Energieversorgung bestünden Zweifel an dessen Plausibilität, zumal dessen Verfasser nicht erkennbar sei.

36

Eine Wirtschaftlichkeit der nunmehr geplanten Karpfenzucht könne nicht angenommen werden. Alle Ergebnisse bisher betriebener Warmwasser-Aquakulturanlagen hätten keine Wirtschaftlichkeit zeigen können. Bisher würden in Europa Karpfen ausschließlich in Teichen kommerziell gemästet. Für die vom Kläger geplanten Produktionsmengen fehle ein Absatzmarkt. Eine Weitermast von K3-Karpfen in Teichen sei ökonomisch unsinnig.

37

Selbst wenn die Aquakulturanlage als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB eingeordnet werde, „diene“ die geplante Windenergieanlage diesem nicht. Ausgehend von der zweitinstanzlich eingereichten (neuen) Wirtschaftlichkeitsanalyse betrage der Eigenverbrauch des erzeugten Stromes 56,69 %. Dieser Prozentsatz belege keine deutlich überwiegende Eigennutzung. Eine Grenze für einen deutlich überwiegenden Eigenverbrauch dürfe nicht unterhalb von 2/3 gezogen werden. Auf die Frage, inwieweit „überschüssiger“ Strom in das Netz eingespeist werde, komme es nicht an, zumal der künftige Umfang sog. Abregelungen keinesfalls sicher sei.

38

Einer Genehmigung nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BauGB stehe § 18a Landesplanungsgesetz entgegen. Diese Vorschrift sei wirksam; eine Ausnahmegenehmigung nach dessen Abs. 2 liege nicht vor und könne auch nicht erteilt werden, da sich die Windkraftanlage innerhalb eines „weichen Tabukriteriums“ der in Aufstellung befindlichen Regionalplanung befinde und den Abstand von 800 m zu Siedlungsbereichen unterschreite.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des beklagten Landesamtes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

40

Die zugelassene Berufung hat keinen Erfolg. Der Kläger hat die Berufung nach der Zulassung innerhalb der Frist gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO bis zum 1. Juni 2015 begründet. Die am 26. Februar 2016 erfolgte weitere Begründung ergänzt lediglich die fristgerecht vorgetragenen Berufungsgründe.

41

1. Der Kläger hat erstmals im Berufungsverfahren auch die Verpflichtung des Beklagten zur Genehmigung einer „selbständig“ privilegierten Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB erstrebt.

42

Zuvor war - mit Antrag vom 23. Juni 2006 - die Genehmigung einer „betriebseigenen“ Windkraftanlage für die Stromversorgung einer Aquakulturanlage beantragt worden (vgl. auch das szt. vorgelegte „Energiekonzept“ zur Begründung der „Privilegierung der Windkraftanlage“ [Beiakte A, Bl. 29 ff.]). Auf den Genehmigungsantrag hatte der Kläger erstinstanzlich mit seinem Verpflichtungsantrag und in seiner Klagebegründung sowie in dem (schriftsätzlich) angekündigten Berufungsantrag Bezug genommen.

43

Es kann offen bleiben, ob darin eine Klageänderung i.S.d. § 91 VwGO liegt, nachdem sich das beklagte Amt darauf - ohne Widerspruch - sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Berufungsverhandlung eingelassen hat. Es hat in seiner Berufungserwiderung vom 24. Februar 2016 (Bl. 201/203 d. A.) zu der nach seiner Ansicht fehlenden Genehmigungsfähigkeit der Windkraftanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB Stellung genommen. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung hat das beklagte Amt einer Klageänderung nicht widersprochen. Sie wäre damit zulässig, ohne dass es noch auf die Frage ankommt, ob sie auch „sachdienlich“ ist (§ 91 Abs. 2 VwGO).

44

2. Der Kläger kann weder eine Genehmigung der Windkraftanlage noch – im Sinne seines Hilfsantrages – eine neue „Verbescheidung“ seines Genehmigungsantrages beanspruchen. Rechtsgrundlage für die begehrte Genehmigungserteilung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage ist § 6 Abs. 1 i.V.m. § 4 BImSchG und Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zur 4. BImSchV. Danach kommt es für den Genehmigungsanspruch darauf an, ob der Errichtung und dem Betrieb der geplanten Anlage öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen.

45

Hier stehen der Genehmigung Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen: Die Windenergieanlage ist weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB (unten 2.1) noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (unten 2.2) zulässig; auch als „sonstiges Vorhaben“ i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB ist die Anlage nicht genehmigungsfähig (unten 2.3).

46

2.1 Der Kläger weist – im Ausgangspunkt – zutreffend darauf hin, dass eine Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig ist.

47

2.1.1 Der Zulässigkeit kann – derzeit – die Vorschrift in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht entgegengehalten werden. Zwar sah der – hier maßgebliche - Regionalplan für den Planungsraum IV (Schleswig-Holstein Süd-West: Kreise Dithmarschen und Steinburg; Teilfortschreibug zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung vom 06.11.2012 [Amtsbl. SH S. 1336]) für Windkraftanlagen eine „Ausweisung an anderer Stelle“ vor. Diese regionalplanerische Grundlage ist jedoch unwirksam. Der Senat hat durch Urteile vom 20.01.2015 – 1 KN 6/13 u.a. (NordÖR 2015, 261 ff.) – die Teilfortschreibungen des Regionalplans für die Planungsräume I und III für unwirksam erklärt. Die dazu festgestellten formellen und materiellen Unwirksamkeitsgründe, insbesondere die nicht ordnungsgemäß erfolge Differenzierung zwischen harten und weichen Tabukriterien, die fehlerhafte Abwägung zu Mindestabstandsregelungen und die Ausklammerung potenzieller Eignungsflächen nur wegen eines entgegenstehenden Gemeindewillens, gelten auch in Bezug auf die hier maßgebliche Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum IV. Dem entsprechend ist die Unwirksamkeit dieser Teilfortschreibung hier inzident festzustellen. Die Frage, ob der im Erlasswege erfolgten Erklärung der Landesplanungsbehörde zur Nichtanwendung der Teilfortschreibung des Regionalplans IV (s. Erlass vom 23.06.2015, zu III. [Amtsbl. SH S. 772]) verbindliche Rechtswirkung zukommt, kann danach offen bleiben.

48

2.1.2 Dem auf § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gestützten Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsanspruch des Klägers steht aber die - genehmigungsrechtliche - Vorschrift des § 18a Abs. 1 Satz 2 LPLaG SH entgegen. Danach sind zur Sicherung der Raumordnungsplanung bis zum 05.06.2017 (maßgebliche Gesetzesfassung vom 22.05.2015 [GVOBl. S. 132] zur Zeit der mündlichen Verhandlung) raumbedeutsame Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet unzulässig, nachdem Verfahren zur Neuaufstellung von Raumordnungsplänen oder zur Fortschreibung bestehender Raumordnungsplänen eingeleitet worden sind.

49

2.1.2.1 Die hier zu beurteilende Windkraftanlage ist „raumbedeutsam“ i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG. Insofern sind in erster Linie die Dimension (Höhe, Rotordurchmesser), der Standort und die Auswirkungen auf die Raumordnung maßgeblich; diese bestimmen im Einzelfall die Wirkungen der Anlage auf das Landschaftsbild. Bei einer Anlage, die – wie hier – mit 64 m Nabenhöhe und einer Gesamthöhe von 99,5 m in der flachen Marschenlandschaft weithin sichtbar ist, liegt eine erhebliche Auswirkung auf den Raum und dessen Funktionen vor (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.08.2002, 4 B 26.02, BauR 2003, 837 [bei Juris Rn. 6], OVG Magdeburg, Urt. v. 20.04.2007, 2 L 110/04, ZNER 2007, 234 [bei Juris Rn. 29]; OVG Koblenz, Urt. v. 20.02.2003, 1 A 11406/01, NVwZ-RR 2003, 619; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2004, 1 LB 28/04, BauR 2004, 1579; vgl. auch Runkel DVBl. 997, 275/278 [zu 3.3.1])

50

2.1.2.2 Das Land hat auch Verfahren zur Neuaufstellung bzw. Fortschreibung von Raumordnungsplänen in Bezug auf Windenergieanlagen eingeleitet (Runderlass der Landesplanungsbehörde vom 23.06.2015 [Amtsbl. SH S. 772], i.d.F. vom 14.12.2016 [Amtsbl. SH S. 1853]).

51

2.1.2.3 Eine Ausnahme von der Unzulässigkeit nach § 18a Abs. 1 LaPlaG hat die Landesplanungsbehörde vorliegend nicht zugelassen. Sie kommt, wie sich aus dem Schriftsatz des beklagten Landesamtes vom 27.03.2017 (S. 2) ergibt, auch nicht in Betracht, weil die Windkraftanlage in einem Bereich errichtet werden soll, der einem „weichen Tabukriterium“ des in Aufstellung befindlichen (neuen) Regionalplans unterfällt und – zudem – den vorgesehenen sog. Siedlungsabstand von 800 m deutlich unterschreitet.

52

2.1.2.4 Der Ansicht des Klägers, § 18a Abs. 1 LaPlaG stehe seinem Vorhaben nicht entgegen, weil diese (Landes-)Norm verfassungswidrig sei, ist nicht zu folgen. Der Senat sieht keine Veranlassung, das Verfahren insoweit auszusetzen und die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts einzuholen, da die genannte Vorschrift mit der Landesverfassung vereinbar ist (§ 44 LVerfGG). Ebenso besteht kein Grund, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, weil § 18a LaPlaG auch mit übergeordneten Normen des Bundesrechts, insbesondere des Grundgesetzes, vereinbar ist (§ 13 Nr. 11, § 80 BVerfGG).

53

Die Zweifel des Klägers an der Gesetzgebungskompetenz des Landes zum Erlass des § 18a LaPlaG sind unbegründet.

54

Das Raumordnungsrecht gehört nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zur konkurrierenden Gesetzgebung, also zur Landeskompetenz, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Vorliegend hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht, indem er in § 14 Abs. 2 ROG eine sog. „Sicherungsuntersagung“ vorgesehen hat, die der Raumordnungsbehörde für den Fall, dass sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet, die Möglichkeit zu einer - auf bis zu zwei Jahre befristeten - Untersagung von raumbedeutsamen Maßnahmen gibt. Allerdings darf das Land nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG von dieser Regelung durch Gesetz abweichen; im Falle einer Abweichung geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor (Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG). Das ist vorliegend § 18a LaPlaG. Die Kompetenz des Landes, von dem 2008 erlassenen (neuen) Raumordnungsgesetz des Bundes abzuweichen, ist durch Art. 125 b Abs. 1 GG eröffnet. Sie ist durch das Grundgesetz nicht eingeschränkt; anders, als es etwa für das Naturschutz- oder Wasserhaushaltsrecht der Fall ist (vgl. Art. 72 Abs. 3 Nr. 2, 5 GG), gibt es für den Bereich der Raumordnung keinen verfassungsrechtlich bestimmten „abweichungsfesten Kern“ (vgl. BT-Drs. 17/813, S. 11 [zu b]; Hoppe, DVBl. 2007, 144). Die Abweichungskompetenz umfasst auch Instrumente zur Sicherung der (Landes-)Raumordnungsplanung. Die in § 18a LaPlaG getroffene landesrechtliche Regelung ist auch eine „echte“ Abweichung von § 14 Abs. 2 ROG und nicht etwa (nur) eine Wiederholung der bundesrechtlichen Reglung. § 18a Abs. 2 LaPlaG trifft eine inhaltlich weitergehende Regelung als § 14 Abs. 2 ROG, da sie abweichend von § 14 Abs. 2 ROG in § 18a Abs. 2 LaPlaG - befristet - die generelle, vorläufige Unzulässigkeit vorsieht (vgl. LT-Drs. 18/2983, S. 6, IV.).

55

Die in § 18a LaPlaG getroffene Regelung steht auch nicht im Konflikt mit dem Kompetenztitel in Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG („Bodenrecht“). Der dazu von Bringewat (NordÖR 2016, 240/245) vertretenen - gegenteiligen - Ansicht folgt der Senat nicht. Die boden- bzw. bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung von Windkraftanlagen sind in § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB geregelt. Soweit es nach § 35 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BauGB auf raumordnungsrechtliche Ziele ankommt, „öffnet“ sich das Bauplanungsrecht für – weitere – raumordnungsrechtliche Regelungen und damit auch für die Raumordnungsplanung des Landes. Damit bleibt auch die Möglichkeit des Landesgesetzgebers erhalten, die (Neu-)Aufstellung von Raumordnungsplänen zu sichern. Genau diesem Zweck dient § 18a LaPlaG, indem - nur - zur Sicherung der Raumordnungsplanung raumbedeutsame Windkraftanlagen für vorläufig unzulässig erklärt werden. Damit betrifft § 18a LaPlaG ausschließlich Genehmigungsverfahren, regelt also nicht die planungsrechtliche (Un-)Zulässigkeit von Windkraftanlagen. Die nach § 18a LaPlaG geltende zeitlich begrenzte raumordnerische Unzulässigkeit hält die Frage der endgültigen raumordnerischen Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Anlage „offen“; ihre Antwort ergibt sich (erst) aus den schlussabgewogenen Raumordnungsinstrumenten der Landesplanung (vgl. LVerfG SH, Beschl. vom 17.06.2016, LVerfG 3/15, NVwZ-RR 2016, 801 [Rn. 33, 34, 36]).

56

Die in § 18a LaPlaG getroffene Regelung begegnet auch keinen materiell-rechtlichen Einwänden des Verfassungsrechts.

57

Das Landesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass die Vorschrift die gemeindliche Planungshoheit (Art. 54 Abs. 1 LVerf SH) nicht verletzt; die gemeindliche Planungshoheit wird durch die Norm nicht betroffen (LVerfG, Beschl. v. 17.06.2016, a.a.O., Rn. 32 f.). Der Senat folgt dieser Beurteilung.

58

Darüber hinaus verletzt § 18a LaPlaG auch keine Grundrechte des Klägers.

59

Die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Baufreiheit wird nicht verletzt. Zwar wird der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG durch die nach § 18a LaPlaG geltende zeitlich begrenzte, raumordnerische Unzulässigkeit der Windkraftanlage betroffen. Doch liegt darin - ebenso wie im Fall einer baurechtlichen Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 BauGB) – eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Die Regelung in § 18a LaPlaG ist eine notwendige Ergänzung der auf Landesebene erfolgenden Raumordnungsplanung. Sie wahrt und sichert den planerischen „Spielraum“ des Landes und trägt damit gleichzeitig dazu bei, die (raum-)planerische Abwägung möglichst frei von „Fakten“ vornehmen zu können, die während des Planungsprozesses (gänzlich) unbeeinflusst von raumplanerischen Regelungen geschaffen worden sind. Im Interesse einer sachgerechten Raumordnungsplanung bestehen keine Bedenken, den Eigentümern diese Wirkungen für einen zeitlich begrenzten Zeitraum entschädigungslos aufzuerlegen (vgl. - zum Baurecht - Stock in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017 § 14 BauGB, Rn. 143 m. w. N.). Durch die nach § 18a Abs. 2 LaPlaG bestehenden Entscheidungsbefugnisse der Landesplanungsbehörde kann – bei sachgerechter Handhabung – erreicht werden, dass Ausnahmen von der Unzulässigkeit nach § 18a Abs. 1 LaPlaG zugelassen werden, wenn (sobald) die Raumordnungsplanung fortgeschritten ist und die Verwirklichung ihrer Ziele nicht oder nur unwesentlich erschwert wird. Diese Vorschrift sowie die befristete Geltung des § 18a Abs. 1 LaPlaG tragen zur Verhältnismäßigkeit der Inhalts- und Schrankenbestimmung bei.

60

Soweit demgegenüber eingewandt wird, der Gesetzgeber habe in § 18a Abs. 1 LaPlaG eine Plansicherung eingeführt, ohne den Willen, ein „relevantes Ziel aufzustellen, hinreichend manifestiert zu haben“ und ohne dass eine „sicherungsfähige Regionalplanung … (nicht einmal) in Grundzügen“ vorgelegen habe (Bringewat, a.a.O., S. 244), vermag dies die Verfassungsmäßigkeit der Norm nicht in Frage zu stellen. Es trifft zwar zu, dass bei (Verabschiedung und) Inkrafttreten des § 18a LaPlaG am 05.06.2015 (GVOBl. SH S. 132) noch kein „Entwurf des zu sichernden Raumordnungsplans“ vorlag, sondern zunächst nur die allgemeine Planungsabsicht zur Teilaufstellung der Regionalpläne (Sachthema Windenergie) für die Planungsräume I bis III bekannt gemacht worden ist (Runderlass vom 23.06.2015, Amtsbl. SH S. 772). Damit stand aber fest, dass eine neue Regionalplanung zum (speziellen) Sachbereich der Windenergie erfolgen wird. Dem – aus der Bauleitplanung bekannten – Erfordernis einer „sicherungsfähigen“ Planung, die ein Mindestmaß des Inhalts der beabsichtigten Planung erkennen lässt, wird im Allgemeinen (schon) genügt, wenn die Ziele und Zwecke der Planung bekannt sind, aber noch (verschiedene) Planungsalternativen bestehen (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 2017, § 14 BauGB Rn. 43). Die Anforderungen sind im Einzelfall vom jeweiligen Planungsraum abhängig. Wenn - wie hier - die Fläche eines großen Teilraums des Landes betroffen ist und - zudem - die raumplanerische Entscheidung der Landesplanungsbehörde über die Festlegung von Vorrang-, Vorbehalts- oder Eignungsgebieten (§ 7 Abs. 4 ROG) insbesondere im Bereich sog. „weicher Tabuzonen“ (vgl. zum Begriff: BVerwG, Urt. v. 13.12.2012, 4 CN 1.11, BVerwGE 145, 231) aus einem gesamträumlichen Planungskonzept und einer Abwägung (§ 7 Abs. 7 ROG) abgeleitet werden muss, kann für die Angabe eines „Mindestmaßes“ an Planungszielen nicht – wie vertreten wird (Bringewat, a.a.O., S. 244) – bereits ein Entwurf eines Raumordnungsplans verlangt werden. Nachdem die Landesplanungsbehörde ihre Planungsabsicht bekannt gegeben und zugleich angekündigt hat, die Kriterien zur Ermittlung geeigneter bzw. ausgeschlossener Flächen auf Regionalplanebene zu überarbeiten, ist dem – auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG bestehenden – Erfordernis einer hinreichend konkreten Angabe von Planungszielen Genüge getan. Der Umstand, dass die Überarbeitung der „Kriterien“ erst mit Erlass vom 29.04.2016 (Amtsbl. SH S. 424), also ca. 10 Monate nach Inkrafttreten des § 18a LaPlaG, erfolgt ist, ist unschädlich; auch die Entscheidung über diese Kriterien ist Teil des – zu sichernden – Planungsprozesses. Die Bekanntgabe der Planungsabsicht für eine (neue) Regionalplanung zur Windenergie und die – bald darauf – erfolgte Angabe von diesbezüglichen „Kriterien“ genügen gem. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des § 18a LaPlaG.

61

Die Verfassungsmäßigkeit des § 18a LaPlaG ist auch im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG nicht in Frage zu stellen. Der Senat folgt insoweit der rechtlichen Beurteilung, die das Verwaltungsgericht seinem Beschluss vom 10.09.2015 (6 A 190/13; NVwZ-RR 2016, 212/213) zugrunde gelegt hat. Der Kritik von Bringewat (a.a.O., S. 247) – auch daran – ist nicht zu folgen; sie wiederholt den bereits zu Art. 14 GG angeführten Einwand, es fehle an einer „ausreichend konkretisierten überörtlichen Planung“, weshalb ein legitimer Zweck zur Einschränkung der Berufsfreiheit fehle. Damit wird übersehen, dass der legitime Zweck bereits in der Sicherung der Raumordnungsplanung einschließlich des zugehörigen Planungsprozesses besteht; zu dieser Sicherung liegen genügend „sicherungsfähige“ Grundlagen vor.

62

2.2 Dem Genehmigungsanspruch nach § 6 Abs. 1 BImSchG steht § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entgegen.

63

Die vom Kläger geplante Windkraftanlage ist nicht Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs (2.2.1). Sie „dient“ einem solchen auch nicht (2.2.2) und kann auch nicht als eine sog. „mitgezogene Nutzung“ zugelassen werden (2.2.3).

64

2.2.1 Der Kläger ist unzweifelhaft Landwirt, soweit er (auf seiner „Hofstelle“) Milchviehhaltung und Rindermast auf einer Flächengrundlage von 150 ha betreibt und Mais bzw. Getreide anbaut. Die streitige Windenergieanlage will er für seinen (künftigen) Betriebsteil „Aquakultur“ einsetzen. Von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB wäre dies abgedeckt, wenn die „Aquakultur“ als Landwirtschaft i. S. der Legaldefinition des § 201 BauGB anerkannt werden könnte. Insoweit sind die für den zu „gründenden“ (neuen) Betriebsteil relevanten Umstände Grundlage der rechtlichen Beurteilung (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017, § 35 BauGB Rn. 34).

65

Die Genehmigung zur Nutzungsänderung der Halle und zur Errichtung der Aquakulturanlage ist im Bescheid vom 19.09.2011 (Bl. 173 der Beiakte A) nicht auf der Grundlage des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, sondern nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB erteilt worden. Damit geht von dem genannten Bescheid schon im Ansatz keine Tatbestandswirkung für das Vorliegen einer Landwirtschaft i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB aus.

66

Die Aquakultur des Klägers ist nicht als Landwirtschaft anzuerkennen.

67

2.2.1.1 Zur Landwirtschaft i. S. d. § 201 BauGB gehört bei Tierhaltungsbetrieben die überwiegende Erzeugung des Futters auf zum Betrieb gehörenden Flächen (unmittelbare Bodenertragsnutzung; vgl. BVerwG, Urt. v. 14.05.1969, 4 C 19.68, BVerwGE 34, 1 ff.; Urt. v. 13.12.1974, 4 C 22.73, BauR 1975, 104). Auch Fischzuchtanlagen können danach Landwirtschaft sein, wenn deren überwiegende Futtergrundlage aus dem Ackerbau, der Wiesen- und Weidewirtschaft stammt bzw. stammen kann. Die in Betracht kommenden Tierarten sind nicht auf traditionell in der Landwirtschaft gehaltene Tiere begrenzt. Allein entscheidend ist, ob das Futter (für die Fische) überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann; auch dann liegt eine unmittelbare Bodenertragsnutzung (Urproduktion) vor. Eine Einschränkung auf bestimmte Tierarten ist daraus indes nicht abzuleiten, zumal die Inanspruchnahme von Flächen durch traditionell „landwirtschaftliche“ Tierarten gleich oder gar intensiver sein kann als bei neu eingesetzten Tierarten. Nach der Novellierung des BauGB durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau) vom 23.09.2004 (BGBl I, S. 2414) sollte der „Strukturwandel in der Landwirtschaft“ gefördert werden (vgl. BT-Drs. 15/2250, S. 33), was auch die Nutzung neuer Produktionsmöglichkeiten – bei unmittelbarer Bodenertragsnutzung – einschließen sollte (VG Hamburg, Urt. v. 28.11.2012, 7 K 656/12, NVwZ-RR 2013, m. w. N.; vgl. auch VG Darmstadt, Urt. v. 19.03.2015, 7 K 923/12.DA, Juris). Soweit das OVG Lüneburg (Urt. v. 27.02.1984, 1 A 103/82, BRS 42 Nr. 88) eine Fischproduktion in Mastbehältern aus Stahl nicht als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB anerkannt hat, ist dies im Hinblick auf den (in § 201 BauGB genannten) Begriff der „Binnenfischerei“ erfolgt, die keine Aquakultur in künstlichen „Hälterbecken“ umfasse. Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Ebenso, wie es (auch) bei der „terrestrischen“ Produktion von Tieren keinen Unterschied macht, ob diese in „künstlichen“ Vorrichtungen oder in der „Natur“ erfolgt, ist dies auch bei Fischen der Fall; maßgebliches Kriterium bleibt – wie oben ausgeführt – die unmittelbare Nutzung des Bodenertrags für die Tierproduktion. Soweit das OVG Lüneburg (a.a.O.) für eine Fischproduktion in „Hälterbecken“ das Vorliegen eines „ortsgebundenen“ Betriebs verneint hat, bezieht sich dies auf § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, hat also keine Relevanz für die Zuordnung der Aquakultur zur Landwirtschaft.

68

2.2.1.2 Die Aquakultur wäre – danach – als „Landwirtschaft“ anzuerkennen, wenn der Kläger das für die Fische erforderliche Futter – bei Fortführung der anderen Betriebszweige (Milchviehhaltung, Rindermast) – überwiegend auf eigener Flächen-/Futtergrundlage erzeugen kann; die eigene Futtergrundlage muss überwiegen, d.h. mehr als 50 % abdecken (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017, § 201 BauGB, Rdnr. 17). Dies nachzuweisen, obliegt dem Kläger.

69

Dazu hat der Kläger im Laufe des Verfahrens (höchst) unterschiedliche Zahlen „geliefert“, die sich (womöglich) auf die wechselnden Zuchtfische (zuerst Garnelen und Barramundi-Barsche, sodann Jadebarsche, schließlich Karpfen) bezogen. Der Senat legt seiner Entscheidung – im Hinblick darauf, dass eine Verpflichtung des beklagten Amtes begehrt wird, so dass es auf die Sach- und Rechtslage zur Zeit der Berufungsverhandlung ankommt – die Bedürfnisse für eine Karpfenzucht bzw. -produktion zugrunde.

70

Für eine Produktionsmenge von 250 t Karpfen werden – den Angaben des Klägers zufolge - 320 t Futter benötigt, wovon 175 t auf eigenen landwirtschaftlichen Flächen erzeugt werden sollen (entsprechend 54,68 %). Diese Angabe erscheint – zunächst – plausibel:

71

Für die Futtererzeugung der (z. Zt.) 70 Milchkühe und 469 Mastrinder gibt der Kläger einen Flächenbedarf von 108 ha an (s. „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ vom Februar 2015, S. 4). Ausgehend von 150 ha Gesamtagrarfläche verbleiben [150 - 108 =] 42 ha einschließlich Grünland. Vor dem Hintergrund des spezifischen Futterbedarfs kann das Grünland der Fischproduktion nicht zugeordnet werden. Wenn für die Fütterung der Karpfen mithin Getreide (Weizen, Gerste) verwendet werden soll, müsste auf der - nach den Angaben des Klägers - für „Marktfrucht“ verbleibenden Fläche von 28,96 ha (s. „Wirtschaftlichkeitsanalyse“, S. 12 [Bl. 173 d. A.]), die nicht für die Milchvieh- bzw. Rinderhaltung benötigt wird, ein Ertrag von [175/28,9 =] ca. 6 t pro Hektar erreichbar sein, um die für das Produktionsziel von 250 t Karpfen erforderliche Futtermenge von 175 t p.a. zu erreichen. Das ist für Getreide erreichbar.

72

Allerdings lässt der Kläger bei der Ermittlung des Futterbedarfs für die Karpfen unberücksichtigt, dass ernährungsphysiologisch nicht der gesamte Futterbedarf mit Getreidefutter bzw. aus Pflanzen gefertigten Pellets gedeckt werden kann.

73

Karpfen benötigen außer pflanzlichen Futtermitteln auch tierische Eiweiße und Fette oder „aufkonzentrierte pflanzliche Proteinprodukte“ (vgl. Stellungnahme „Rohstoffeinsatz in der Fischernährung“, CAU: Prof. Dr. Schulz, Anlage K 4, S. 2). Allein aus pflanzlicher Erzeugung kann der Eiweißbedarf von Karpfen nicht gedeckt werden (vgl. Füllner u. a., Karpfenteichwirtschaft, Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft, 2007, S. 23 [zu 5.1.3] sowie S. 61 [zu 9.9.2]). Karpfen benötigen zum Wachstum natürliches Protein, welches sie in einem Teich in Form von Wasserflöhen, Insektenlarven, Muscheln, Würmern oder Schnecken aufnehmen. Durch tierisches Eiweiß entsteht die Grundlage des Wachstums der Fische (Aufbau des Fischfleisches). Eine alleinige Fütterung mit Getreide in Beckenanlagen – ohne Naturnahrung – würde zu akuten Stoffwechselstörungen bis hin zum Tod der Karpfen führen. Karpfen können in Aquakulturen ihren Eiweißbedarf nicht allein durch pflanzlich erzeugtes Futter decken; sie sind auf zugekaufte Fischfutterprodukte angewiesen, die tierische Proteine und Fette enthalten. Dem wird in der Praxis durch zugekauftes spezielles Futter bzw. Fischmehl, Fischöl oder (sog.) Mischfutter Rechnung getragen; Getreide bzw. Futter auf pflanzlicher Basis wird (nur) als „Ergänzungsfuttermittel“ oder „Beifutter“ bezeichnet, das „als Energielieferant für den Stoffwechsel … den Luxusverbrauch von Nährtiereiweiß zur Energiegewinnung auf ein physiologisch mögliches Minimum“ reduziert; Getreide ist somit kein Ersatz für fehlende (tierische) Naturnahrung (Füllner, a.a.O., S. 61, 63 [zu 7.9.2]).

74

Nach der Konzeption des Klägers sollen die zu produzierenden Karpfen in den (vorgesehenen) 1.800 m³-Becken in der Halle aufgezogen werden. Die Karpfen sind deshalb auf Futtermittel aus tierischen Proteinen und Fetten angewiesen. Diese können nicht auf eigener Futtergrundlage produziert werden. In der vom Kläger vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung für die Aquakulturanlage werden Futterkosten von 236.522 € ansetzt (Bl. 168 d. A.); es ist nicht ersichtlich, dass dieser Betrag nur „eigenerzeugtes“ Futter betrifft. Der auf pflanzliches (Zusatz- oder Bei-) Futter entfallende Futteranteil liegt bei artgerechter Tierhaltung in der Teichwirtschaft bei 5 – 10 %, nur im Sommer kann er mehr als 25 % erreichen; der Großteil des Futters muss also tierische Proteine und Fette anbieten (vgl. Schlott u. a., Bedarfsorientierte Fütterung in der Karpfenteichwirtschaft, Wien 2011, S. 12 ff., S. 14 [Tab. 3.1]). Bei einer Beckenaufzucht, die kein natürliches Angebot tierischer Proteine und Fette ermöglicht, muss somit die überwiegende Futtergrundlage tierische Proteine und Fette anbieten; der „pflanzliche“ Anteil des Futters wird jedenfalls nicht höher ausfallen können, als es in Teichwirtschaften der Fall ist.

75

Damit bestehen Zweifel, ob die Produktion der Karpfen – in der vorgesehenen Menge von 250 t – überwiegend auf eigener Boden-/Flächengrundlage erfolgen kann.

76

Diese Zweifel gehen zu Lasten des Klägers. Es obliegt ihm, die Voraussetzungen einer Privilegierung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 und des § 201 BauGB darzulegen und durch ein schlüssiges Konzept zu belegen. Er hätte dazu im Hinblick auf die im erstinstanzlichen Urteil und in den vom beklagten Amt angeführten Zweifel Anlass zu konkrete(re)n Angaben gehabt. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung sind dazu schlüssige Angaben ausgeblieben. Der Senat konnte sich damit keine Überzeugung darüber bilden, dass die Aquakultur überwiegend auf einer eigenen Futtergrundlage aufbaut und damit als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anerkannt werden kann.

77

2.2.1.3 Abgesehen vom Erfordernis einer eigenen, überwiegenden Futtergrundlage ist für einen „landwirtschaftlichen Betrieb“ – auch – zu fordern, dass dieser ein Betriebskonzept und eine betriebliche Organisation aufweist, die bei objektiver Betrachtung auf eine nachhaltige Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Auch das ist vorliegend nicht festzustellen.

78

Ein „landwirtschaftlicher“ Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB muss auf Dauer angelegt und zur Gewinnerzielung geeignet sein. Der zu schonende Außenbereich darf in der Regel nur für eine langfristig ausgerichtete und gewinnversprechende landwirtschaftlichen Betätigung in Anspruch genommen werden (BVerwG, Urt. v. 19.04.1985, 4 C 13.82, NVwZ 1986, 201 [bei Juris Rn. 14] sowie Urt. v. 11.10.2012, 4 C 9.11, NVwZ 2013, 155; Urt. des Senats v. 27.04.1994, 1 L 141/92, Juris [Rn. 30, 32]).

79

Der Senat hat insoweit – einerseits – zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass die Eröffnung eines neuen „Betriebszweigs“ mit mehr oder weniger großen Ungewissheiten und Risiken behaftet sein kann, die nicht von vorneherein als gewinnschädlich bewertet werden dürfen. Dazu gehört auch die Berücksichtigung einer gewissen „Durststrecke“ in der Gründungs- bzw. Startphase. Dem gegenüber ist nicht zu übersehen, dass das vom Kläger entworfene Projekt „Aquakultur + Windenergie“ in beträchtlichem Umfang die Möglichkeit eröffnet, landwirtschaftsfremde Erträge aus der Einspeisung von Strom in das öffentliche Netz zu erwirtschaften. Um solchen - nicht durch die Privilegierung der Landwirtschaft nach § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201 BauGB gerechtfertigten – Effekten entgegenzuwirken, ist ein strenger Maßstab an die Nachhaltigkeits- und Wirtschaftlichkeitsprüfung anzulegen.

80

Weder die vom Kläger vorgelegten Konzepte („Konzept zur Energieversorgung“, Februar 2010 [Beiakte A, Bl. 33 ff.]; „Wirtschaftlichkeitsanalyse“, Februar 2015 [Anlage BK 1, Bl. 162 ff. d. A.]; „Wind- und Ertragsabschätzung“ vom 14. März 2016 [Anlage BK 2, Bl. 208 ff. d. A.]) noch die dazu in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgetragenen mündlichen Erläuterungen vermochten den Senat davon zu überzeugen, dass die geplante Aquakultur nachhaltig auf eine solide - positive - Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist.

81

Das im Februar 2010 vorgelegte Konzept betrachtet (noch) eine „Produktionsausrichtung“ auf Garnelen und Barramundis, ohne (dazu) Rentabilitätsprognosen zu geben; für die – jetzt – geplante Karpfenzucht ist das Konzept unergiebig.

82

Das Gleiche gilt für die (zuletzt) vorgelegte „Wind- und Ertragsabschätzung“ vom 14. März 2016 (Bl. 208 ff. d. A.). Daraus ist nur der Energieertrag der Windenergieanlage zu entnehmen, die lediglich eine „Hilfsfunktion“ für die Karpfenzucht haben soll. Ob die Windenergieanlage – für sich betrachtet Gewinne erwarten lässt, ist unerheblich, weil sie - allein – keine „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB ist.

83

Für die – unterstellte – landwirtschaftliche Aquakultur bzw. Karpfenproduktion, deren Wirtschaftlichkeit und die daraus resultierende Gewinnerwartung liefert allein die vom Kläger vorgelegten „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ (Bl. 162 ff. d. A.) Datengrundlagen. Der Kläger erwartet danach, dass die Karpfenzucht bei anteiliger Energieversorgung aus der eigenen Windkraftanlage zu einer nachhaltigen Gewinnerzielung führen wird; er beziffert diese auf ein positives Betriebsergebnis von jährlich 89.728 €, wohingegen das Betriebsergebnis bei einem Strombezug aus „fremden“ Quellen negativ ausfalle.

84

Die Berechnung des Klägers ist allerdings erheblichen Einwänden ausgesetzt, die – auch – in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht ausgeräumt werden konnten:

85

Die schon im erstinstanzlichen Urteil angesprochenen Zweifel daran, dass die Aquakultur eine - nachhaltige - Gewinnerwartung begründet, hat der Kläger nicht ausräumen können. Soweit die „Neugründung“ eines Betriebszweiges mit Anlaufschwierigkeiten verbunden ist, kann diesen sowohl auf der Kosten- als auch auf der Erlösseite durch seriöse Ansätze für Risiken und Wagnisse Rechnung getragen werden. Solche Ansätze sind der vorliegenden Gewinn- und Verlustrechnung (S. 7 der „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ [Bl.- 168 d. A.]) nicht zu entnehmen.

86

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht fällt auf, dass der Kläger auf der Kostenseite keine „Abschreibungen“ für Gebäude ansetzt, da diese „bereits vorhanden“ seien. Damit werden für den Wertverzehr der Gebäude einschließlich evtl. Instandhaltungen keine Rückstellungen gebildet. Kapitaldienst und Zinsen werden nur für die Aquakulturanlage angesetzt (18.800 € pro Jahr), nicht aber für die Windkraftanlage; ob und ggf. inwieweit in den „variablen“ Kosten für Strom aus der eigenen Windkraftanlage (135.715 € pro Jahr) Anteile für Kapitaldienst und Zinsen der Windkraftanlage, die ca. 2,3 Mio. Euro kostet, enthalten sind, ist unklar.

87

Ebenso unklar bleibt, ob Arbeitskosten ausreichend berücksichtigt worden sind. Da der Kläger auch Milch produziert und Rinder mästet, was - gerichtsbekannt - sehr zeitintensiv ist, hätte erläutert werden müssen, ob der Zeit- und Arbeitskräftebedarf für die Aquakultur durch zusätzlichen Arbeitskrafteinsatz abgedeckt werden muss. Bei der Beurteilung einer nachhaltigen Gewinnerwartung der Aquakultur sind die dafür anfallenden Kosten zu berücksichtigen.

88

Die „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ erwartet einen jährlichen Gesamterlös für Zuchtkarpfen in Höhe von 738.137,-- Euro. Auch insoweit fehlt in der Berechnung ein Ansatz für (anfangstypische) Risiken und Wagnisse (Rückstellungen). Dazu gehören - zum einen - Anlaufprobleme, insbesondere in Bezug auf die Verfahrens- und Anlagetechnik und die Wasserqualität (O2-, CO2-, NO2- und NH4-Konzentration, Schlammablagerungen), und - zum anderen - Risiken, wie Wachstumsdepressionen, Fischseuchen oder andere Tierkrankheiten (Parasitosen, Bakteriosen, Gasblasen u. a.).

89

Unabhängig davon fehlen zur Absatzerwartung in Bezug auf eine Produktionsmenge von 250 t jährlich nachvollziehbare Grundlagen. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung konnte der Kläger dazu keine schlüssige Erklärung geben.

90

Vor dem Hintergrund einer wechselhaften Entwicklung der Erzeugung von Karpfen in Aquakulturanlagen (inkl. Teichanlagen; vgl. Pressemitteilung Nr. 183 des Statistischen Bundesamtes vom 02.06.2016), den Import-/Exportzahlen und der Entwicklung der Erzeugerpreise für Karpfen (vgl. dazu: Brämick, Jahresbericht zur Deutschen Binnenfischerei und Binnenaquakultur, 2015, Seite 29, Abb. 7 sowie Seite 42, Tab. 11) kann eine Prognose der aus einer Karpfenproduktion von - hier - jährlich 250 t realistisch erreichbaren Erlöse nur auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts für den Absatz der produzierten Karpfen erfolgen. Dazu bzw. zu möglichen Vermarktungswegen findet sich in der vom Kläger vorgelegten Wirtschaftlichkeitsanalyse nichts. In der mündlichen Berufungsverhandlung hat der Kläger lediglich mitgeteilt, die Fische sollten über Dänemark bzw. nach China verkauft werden. Verträge, Vorverträge o. ä. konnte er weder benennen noch vorlegen, ebenso keine inländischen Absatzkonzepte. In Anbetracht der für die Aquakultur und die – zur Genehmigung beantragte – Windkraftanlage aufzuwendenden erheblichen Investitionssumme ist ein plausibles Absatzkonzept auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht zu fordern, um die Prognose einer dauerhaften (unterstellt) landwirtschaftlichen Betätigung zu stützen und damit – zugleich – zu belegen, dass die Windkraftanlage gerade wegen ihrer Zuordnung zur Aquakultur – und nicht etwa als (nicht privilegierte) eigene Einnahmequelle geplant wird. Das gilt umso mehr, als der Kläger in seinem (ersten) „Energiekonzept“ (S. 10 [Bl. 42 der Beiakte A]) selbst davon ausgegangen ist, dass das Marktpotenzial für heimische Süßwasserfische – wozu auch Karpfen gehören – „zu ca. 85 % ausgeschöpft“ ist und „bestehende Produktionen … neben den Importen die Nachfrage auf den hiesigen Märkten überwiegend abdecken“ können.

91

Die Last, das Gericht von einer nachhaltigen Gewinnerwartung - und damit zugleich - von der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der geplanten Aquakultur zu überzeugen, obliegt dem Kläger. Er hat dazu ausreichende und schlüssige Angaben zu „liefern“ und trägt insoweit die Beweislast (Urt. des Senats v. 27.04.1994, 1 L 141/92, Juris [Rn. 32]; vgl. auch VGH München, Beschl. v. 18.02.2013, 1 ZB 11.1389, Juris [Rn. 15] sowie VGH Mannheim, Urt. v. 07.08.1991, 3 S 1075/90, BauR 1992, 208). Das gilt insbesondere in einem Fall - wie hier - , in dem mit der Aquakultur zugleich eine Windkraftanlage realisiert werden soll, so dass die landwirtschaftlich erwarteten Erlöse aus dem Absatz von Fischen und die landwirtschaftsfremde „Rendite“ der Windkraftanlage strikt unterschieden werden müssen.

92

Für die Aquakultur ist nach alledem kein schlüssiges Betriebskonzept festzustellen, das objektiv auf Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Damit kann die vom Kläger geplante, mit einer Windkraftanlage „beheizte“ Aquakultur nicht als nachhaltige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anerkannt werden.

93

2.2.2 Selbst wenn die Aquakultur des Klägers - unbeschadet der vorstehenden Gründe - als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anzusehen wäre, müsste – weiter – festzustellen sein, dass die zur Genehmigung beantragte Windenergieanlage dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers i.S.d § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB „dient“. Eine solche Feststellung ist nicht möglich.

94

2.2.2.1 Das „Dienen“ i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfordert eine bestimmte äußerlich erkennbare funktionale Beziehung der Windkraftanlage zum Betrieb und einen sachlichen Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Tätigkeit. Die „dienende“ Zweckbestimmung muss objektiv gegeben sein. Als „dienend“ können - im Grundsatz - auch Energieerzeugungsanlagen anerkannt werden, sofern die erzeugte Energie von dem landwirtschaftlichen Betrieb abgenommen und tatsächlich überwiegend in dem Betrieb verwendet wird (Söfker, in: Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 2017, § 35 BauGB Rn. 34c).

95

2.2.2.2 Das beklagte Landesamt meint, bereits wegen der Entfernung der Windkraftanlage zur „Hofstelle“ fehle es an einer (prägenden) Beziehung zum landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Dem ist nicht zu folgen:

96

Eine räumliche Nähe zum „Schwerpunkt des Betriebes“ (Söfker, a.a.O., § 35 BauGB, Rn. 35) wird zwar in der Regel eine „dienende Funktion des Vorhabens indizieren, doch schließt dies nicht aus, dass ein Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb auch dann dient, wenn es – wie hier – einem Betriebsteil „abseits“ der traditionellen Hofstelle zugeordnet ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.1985, 4 C 71.82, NVwZ 1986, 644 [bei Juris Rn. 16, a. E.]). Dabei kann es keine Rolle (mehr) spielen, ob der „abseits“ gelegene Betriebsteil – hier die auf dem Flurstück .../2 gelegene Halle des Klägers – unter Vernachlässigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs genehmigt worden ist. Wenn dort eine – unterstellt – landwirtschaftliche Aquakultur betrieben werden soll, ist die in 50 m Entfernung dazu vorgesehene Windkraftanlage diesem Betriebsteil auch - untergeordnet - räumlich-funktional zugeordnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, 4 B 44.08, BauR 2009, 473 [bei Juris Rn. 8]; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.10.2015, 12 LC 73/15, NordÖR 2016, 75 [bei Juris Rn. 24 f.]). Insofern unterscheidet sich die vorliegende Sachlage von dem Fall, der der Entscheidung des Senats vom 07.03.1995 (1 L 191/94, Juris) zugrunde lag; in jenem Fall sollte die Windkraftanlage 320 m entfernt von den betrieblichen Stromabnahmestellen errichtet werden. Einer „dienenden“ Funktion steht auch nicht entgegen, dass der von der Windkraftanlage erzeugte Strom zu einem geringen Teil (lt. Berechnung des Klägers: 0,95 %) auch zur Deckung des Strombedarfs der Wohn- und Wirtschaftsgebäude der 350 m entfernten Hofstelle eingesetzt werden soll. Die übrige Stromproduktion soll für die Bewirtschaftung der Fischzucht genutzt oder in das öffentliche Netz eingespeist werden. Auf die Entfernung von 350 m zum Wohnhaus und den in dessen Nähe gelegenen anderen landwirtschaftlichen Gebäuden kommt es somit entscheidend nicht an.

97

2.2.2.3 Der Annahme einer „dienenden“ Funktion der knapp 100 m hohen Windkraftanlage steht auch ihre (äußere) Größe nicht entgegen. Es mag sein, dass zur Deckung des Strombedarfs der geplanten Aquakultur auch eine „kleinere“ Anlage hätte ausreichen können (vgl. das gerichtliche Schreiben vom 03.02.2016, Bl. 199 d. A.). Für die Beurteilung der „dienenden“ Funktion kommt es aber nicht auf die „metrische“ Größe der Windkraftanlage oder ihr Verhältnis zu benachbarten Gebäuden an. Maßgeblich ist vielmehr, in welchem Umfang der erzeugte Strom dem landwirtschaftlichen Betrieb zugeführt wird. Auch bei einer (äußerlich) „großen“ Anlage kann dieser Umfang überwiegen, so dass (dann) auch eine „dienende“ Funktion gegeben ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2008, 12 LB 48/07, BauR 2008, 1858 [bei Juris Rn.40-41]).

98

2.2.2.4 Entscheidend ist, dass eine „dienende“ Funktion der zur Genehmigung beantragten Windkraftanlage für die – unterstellt – landwirtschaftliche Aquakultur des Klägers nur anerkannt werden kann, wenn der betriebsbezogene Anteil der Energieerzeugung gemessen an der Gesamtkapazität der Anlage erheblich ins Gewicht fällt (BVerwG, Urt. v. 16.06.1994, 4 C 20.93, BVerwGE 96, 95). Wenn dies der Fall ist, steht es einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht entgegen, wenn der „überschüssige“ (geringere) Teil des erzeugten Stroms an das öffentliche Netz oder an Dritte abgegeben wird.

99

2.2.2.4.1 Eine der Aquakultur „dienende“ Funktion erfordert, dass der betriebsbezogene Anteil der Stromproduktion der Windkraftanlage den zur Einspeisung in das öffentliche Netz oder zur Abgabe an Dritte verbleibenden Anteil deutlich überwiegt (BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, a.a.O., Rn. 8 [betrieblicher Anteil: 2/3]; ebenso: OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2008, a.a.O., Rn.34, 38 [„ganz überwiegend“] sowie Urt. v. 29.10.2015, a.a.O. [betrieblicher Anteil: 2/3]). Es genügt nicht, wenn die erzeugte Energie nur gut zur Hälfte, also zu 51 % bis etwa 60 %, im landwirtschaftlichen Betrieb genutzt wird (vgl. Söfker, a.a.O., § 35 BauGB, Rn. 34c).

100

Damit ist eine betriebliche Verwendung von mindestens 65 % der Stromerzeugung erforderlich. Ein solcher Eigenanteil ist signifikant höher, als die Stromabgabe an Dritte oder an das öffentliche Netz. Er liegt auf der „sicheren Seite“ und gewährleistet damit ein deutliches Überwiegen der landwirtschaftlichen Energienutzung. Für eine „Schwelle“ von 65 % der Stromproduktion spricht auch die Erwägung, dass damit Anlagenkonzeptionen mit einer Stromerzeugung entgegengewirkt wird, die den Energiebedarf für den landwirtschaftlichen Betrieb von vornherein – erheblich – übersteigen, um dadurch die für eine Einspeisung ins Netz mögliche „Spitze“ zu vergrößern. Umgekehrt hat es der Bauherr einer „dienenden“ Windkraftanlage in der Hand, durch eine betriebsangemessene Dimensionierung der Anlage eine deutlich überwiegende betriebliche Verwendung der Stromproduktion sicherzustellen.

101

2.2.2.4.2 Aus dem Konzept des Klägers bzw. der „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ müsste sich – hinreichend überzeugend - entnehmen lassen, welchen Strombedarf die geplante Aquakultur auslöst und wie sich dieser zur Gesamtkapazität der Windkraftanlage verhält. Nach den Angaben des Klägers ergibt sich danach, dass der betriebliche Stromverbrauch die für eine Einspeisung in das öffentliche Netz bzw. eine Abgabe an Dritte zur Verfügung stehende Strommenge nicht – i.S.d. Ausführungen zu 2.2.2.4.1 – „deutlich“ überwiegt.

102

In seinem (ersten), mit Schriftsatz vom 16. April 2015 vorgelegten „Energiekonzept“ geht der Kläger (noch) von einem Eigenverbrauchsanteil von 62 % aus. Dieses Konzept bezog sich allerdings noch auf die Produktion von Garnelen und Barramundi-Barschen, die – jetzt – nicht mehr geplant ist. In der – später vorgelegten – sog. „Faktensammlung WKA E70/E4 und Stellungnahme Eigenverbrauch“ (Anlage BK 3 [Bl. 215 – 220 d. A.]) berechnet der Kläger den Eigenverbrauchsanteil auf der Grundlage einer Jahresleistung der Winderzeugung von 4.058.150 kWh und eines jährlichen Eigenverbrauchs in der Aquakulturanlage von 2.443.992 kWh; das ergäbe ca. 60,2 % (der Kläger gibt nur 55,74 % an). In seinem Schriftsatz vom 27. April 2016 wird – auf der Basis 4,6 Mio. kWh pro Jahr Windkraftstrom und 2.552.992 kWh pro Jahr Strombedarf für die Aquakultur – der Eigenverbrauchsanteil mit 55,5 % angegeben. In seiner „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ (Anlage B 1 [Bl. 162 ff. d. A.]) – dort Anhang 5 - errechnet der Kläger - bei einer Jahresstromerzeugung der Windkraftanlage von 4,6 Mio kWh pro Jahr und einem betrieblichen Verbrauch der Aquakultur zur Produktion von Karpfen von 2.443.992 kWh pro Jahr - eine Eigenverbrauchsquote von 55,74 % ab (rechnerisch ergäben sich 53,13 %); unter Berücksichtigung eines - weiteren - Eigenverbrauchs für den (übrigen) landwirtschaftlichen Betrieb gibt er die (Gesamt-)Eigenverbrauchsquote mit 56,69 % an (Bl. 176 d. A.).

103

Die Quoten des Eigenverbrauchs für die Aquakultur und den Gesamtbetrieb bleiben damit nach allen Berechnungen - erheblich - unterhalb der Grenze, von der ab - nach den o. g. (2.2.2.4.1) Maßstäben - ein „deutliches“ Überwiegen des betrieblichen Verbrauchs der Stromproduktion anzunehmen ist.

104

2.2.2.4.3 Unabhängig davon bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Ansätze für den der Aquakultur zugeordneten Stromverbrauch zu hoch sind, so dass sich auch eine überhöhte Eigenverbrauchsquote errechnet. Der vom Kläger insoweit angesetzte Energiebedarf hält einer kritischen Überprüfung nicht stand.

105

Der Kläger geht – im Ausgangspunkt zutreffend – davon aus, dass für den betrieblichen Energiebedarf der Aquakultur die für die Karpfen bereitzustellende Wassertemperatur den entscheidenden Faktor darstellt (s. S. 11 des „Energiekonzepts“ [Bl. 43 der Beiakte A]). Dann aber bedarf die „geplante“ Wassertemperatur einer fachlich nachvollziehbaren Begründung. Diese fehlt.

106

Der Kläger legt seinen Energiebedarfsberechnungen eine Wassertemperatur von 26° C in den (Indoor-)Becken und eine Lufttemperatur in der Halle von 20° C zugrunde (Bl. 166 d. A.). Für die früher geplante Zucht von Garnelen und Barramundi-Barschen, die Temperaturbereiche von 25-32 °C bzw. 25-30° C erfordern, ist dies – fachlich – begründet worden (s. 10, 12 des „Energiekonzepts“ [Bl. 42, 44 der Beiakte A]). Eine entsprechende Begründung für die für Karpfen erforderliche Wassertemperatur fehlt.

107

Den vorgelegten Berechnungen des Klägers ist auch nicht zu entnehmen, dass der (höchst) unterschiedliche Energiebedarf während der Sommer- bzw. der Winterzeit berücksichtigt worden ist. Unberücksichtigt bleibt auch, ob und ggf. inwieweit sich der Energiebedarf durch Wärmeisolierung reduzieren lässt. Dadurch kann der Strombedarf - insbesondere in der Sommerzeit - erheblich sinken.

108

Gründe dafür, dass eine (ganzjährige) Beheizung des Wassers auf 26°C für die Karpfenproduktion in einer Aquakultur erforderlich ist, sind auch nicht ersichtlich. Aus allgemein zugänglichen Quellen (z. B. fischerzeugerring-niederbayern.de) ist zu entnehmen, dass die „Vorzugstemperatur“ bei Karpfen zwischen 19 und 24°C liegt; der (ganzjährige) „Optimalbereich“ wird beginnend mit 23°C angegeben (vgl. Rümmler u.a., Kombinierte Satzkarpfen-Edelfischaufzucht in geschlossenen Kreislaufanlagen, Schriftenreihe 13/2006 der Sächs. Landesanstalt für Landwirtschaft, S. 15; Rümmler u. a., Warmwasseraufzucht von Karpfen …, in: Fischer & Teichwirt 2011, 170 [zu 2.]).

109

Die für die Karpfenproduktion „optimale“ Wassertemperatur ist i.Ü. nicht nur eine (fisch-)biologische Größe, sondern - vor allem - ein ökonomischer Faktor. Die Wassertemperatur hat für die Fischvermehrung eine größere Bedeutung als für die Fischmast, für letztere trägt sie zu einer schnelleren Gewichtszunahme der Fische bei. Dem entsprechend ist – ökonomisch – der „Gewinn“ einer schnelleren Gewichtszunahme der Fische mit den Kosten für den erhöhten Energieeinsatz für Beheizung und Aufbereitung des Wassers zu vergleichen. Erst daraus ergibt sich ein – betriebswirtschaftliches – Optimum.

110

Den Berechnungen des Klägers bzw. der diesen zugrundliegenden Konzeption sind zu (allen) diesen Fragen keinerlei Angaben oder Erläuterungen zu entnehmen. Dabei sind die Auswirkungen der („Soll“-) Temperatur von 26°C auf den Energieverbrauch keineswegs zu vernachlässigen, da für die Wassererwärmung und -warmhaltung ein deutlich geringerer Energieeinsatz anzusetzen wäre, wenn die Anlage auf eine (mittlere) Temperatur von 23°C (oder weniger) ausgelegt würde. Das ergibt sich – deutlich – aus dem „Energiekonzept“ (a.a.O., S. 18, 21 [Beiakte A, Bl. 50, 53]) und den dort angegebenen Werten für den Energieeinsatz in Abhängigkeit von der „konstanten Beckentemperatur“ von 18, 20, 22, 24, 26°C und mehr: Bei 2°C „weniger“ Beckentemperatur sinkt der Energieverbrauch um ca. 10, 9 %; bei 4 °C weniger um ca. 21,8 %. Entsprechend ergäbe sich bei einer konstanten Beckentemperatur von (statt 26°C) 24°C und einem dafür erforderlichen Energiebedarf von 2.181.691 kWh pro Jahr auf der Basis von 4,6 Mio. kWh pro Jahr Windkraftstrom eine Eigenverbrauchsquote von ca. 47 %, die nach den o. g. (2.2.2.4.1) Maßstäben – sicher – nicht mehr als „deutlich überwiegend“ anzuerkennen ist.

111

Das Gleiche wäre der Fall, wenn der Kläger - zumindest einen Teil der Fische - in den Außenbecken hält, was – jedenfalls in der wärmeren Jahreszeit – möglich ist und insoweit den Bedarf für eine (elektrische) Wassererwärmung und die Wasseraufbereitung in den („Indoor“-)Wasserbecken weiter reduziert.

112

Was die im Konzept des Klägers vorgesehene Lufttemperatur in der Halle (20°C) anbetrifft, wird der Stromenergiebedarf insoweit nicht gesondert angegeben. Dieser – wie auch der Strombedarf für die in der Halle geplante Kreislaufanlage (z. B. für Pumpen, Sauerstoffzufuhr etc.) - kann indes vernachlässigt werden, weil er nur einen relativ geringen Teil des gesamten betrieblichen Energiebedarfs ausmacht. Die Lufttemperatur in der Halle wird in der „warmen“ Jahreszeit ohne weiteres erreicht werden können; in der „kalten“ Jahreszeit wird sie sich einstellen, wenn das Wasser in den Becken auf (23°C oder) 26°C aufgeheizt wird.

113

2.2.2.4.4 Auf die hypothetischen Berechnungen des Klägers zum Einfluss des sog. „Trafo-Abschlags“ (genauer: der Abregelung der Stromeinspeisung in das Stromnetz z. B. in Fällen einer Netzüberlastung) auf die für die Jahre 2013 – 2015 anzusetzenden Eigenverbrauchswerte kommt es schon im Ansatz nicht an. Maßgeblich für eine überwiegende Nutzung des in der Windkraftanlage erzeugten Stroms zur landwirtschaftlichen Betriebsführung ist der Anteil des Eigenverbrauchs an der Jahreserzeugung. In welchem Ausmaß der nicht betrieblich benötigte Strom im Rahmen eines sog. „Einspeisemanagements“ nicht in das öffentliche Netz eingespeist (und vergütet) wird, ist für die Frage, inwieweit die Windkraftanlage dem Betreibsteil „Karpfenzucht“ dient, unerheblich. Dem beklagten Landesamt ist darin zu folgen, dass es allein auf einen Vergleich der betrieblich benötigten und einsetzbaren Strommenge mit der Gesamt-Strommenge ankommt, die von der Windkraftanlage erzeugt wird. Die vom Kläger für die Jahre 2013 – 2015 errechneten hypothetischen Eigenverbrauchsquoten von 60,3 %, 79 % bzw. 119,8 % (GA 206, 217 [Tabelle, rechte Spalte]) sind damit nicht maßgeblich.

114

2.2.2.4.5 Insgesamt genügen – somit – die Angaben des Klägers nicht für die Annahme, dass die Stromerzeugung der geplanten Windkraftanlage „deutlich“ überwiegend für den betrieblich veranlassten Energiebedarf der Aquakultur bzw. des übrigen landwirtschaftlichen Betriebes eingesetzt werden wird.

115

2.2.3 Die Windenergieanlage kann – schließlich – auch nicht als eine sog. „mitgezogene Nutzung“ zugelassen werden.

116

2.2.3.1 Als „mitgezogene Nutzungen“ können Vorhaben an der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB auch dann teilnehmen, wenn sie – für sich betrachtet – nicht-landwirtschaftlicher Art sind. Dazu müssten sie als „bodenrechtliche Nebensache“ wie ein „Anhängsel“ dem landwirtschaftlichen Betrieb zu- und untergeordnet sein (BVerwG, Beschl. v. 28.08.1998, 4 B 66.98, NVwZ-RR 1999, 106 sowie Urt. v. 30.11.1984, 4 C 27.81, NVwZ 1986, 203). Die Landwirtschaft muss nach Umfang und Bedeutung für den Gesamtbetrieb deutlich überwiegen. Eine „bodenrechtliche Nebensache“ ist nicht (mehr) anzunehmen, wenn das Vorhaben nach seiner Zweckbestimmung nicht überwiegend im Rahmen der landwirtschaftlichen Betriebsführung genutzt werden soll. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bietet keine Handhabe dafür, einen landwirtschaftlichen Betrieb unter erleichterten Voraussetzungen um einen von der landwirtschaftlichen Nutzung unabhängigen gewerblich-kaufmännischen Betriebsteil zu erweitern (BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, 4 B 44.08, a.a.O. [bei Juris Rn. 7 ff.]; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 29.10.2015, a.a.O. [bei Juris Rn. 21]).

117

2.2.3.2 Die vom Kläger geplante Windkraftanlage käme – danach – als „mitgezogene Nutzung“ im o. g. Sinne in Betracht, wenn die Aquakultur als Landwirtschaft i. S. d. § 201 BauGB anerkannt werden könnte. Das ist – wie ausgeführt – nicht der Fall.

118

Als ein nicht landwirtschaftliches Vorhaben ist die Aquakultur nicht mehr untergeordnete „Nebensache“ des landwirtschaftlichen Betriebs anzusehen. Da die Karpfenproduktion – wie ausgeführt – nicht mehr überwiegend auf eigener Futtergrundlage erfolgen kann, stellt sie einen gewerblichen Betriebsteil dar, der nicht als „mitgezogene“ Nutzung zugelassen werden kann. Der Betriebsteil ist i. Ü. auch nicht als solche zugelassen worden, sondern nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, wie sich aus dem Bescheid des Kreises vom 19.09.2011 (Bl. 173 der Beiakte A) ergibt. Der Versuch der Klägers, eine Genehmigung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu erlangen, ist erfolglos geblieben (Urteil des VG Schleswig vom 04.06.2013, 2 A 29/12, NordÖR 2014, 29; Beschluss des Senats vom 12.08.2013, 1 LA 53/13).

119

Unter Zugrundelegung eines nicht landwirtschaftlichen Betriebsteils ist dem beklagten Landesamt (Schriftsatz vom 01.07.2013, S. 2) darin zu folgen, dass zur Deckung der dafür benötigten Energie nicht eine weitere Nebenanlage im Außenbereich zugelassen werden kann.

120

2.2.3.3 Mangels Zulässigkeit der zur Genehmigung gestellten Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB kommt es auf Nr. 3.5.2. Nr. 5 (Z) des am 13. Juli 2010 veröffentlichen Landesentwicklungsplans nicht mehr an. Nach der genannten Bestimmung ist die Errichtung von Windkraftanlagen außerhalb festgelegter Eignungsgebiete ausgeschlossen, ausgenommen solche, die „einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 BauGB dienen, mit in der Regel einer Gesamthöhe bis zu 70 m.“ Da die Anlage des Klägers – wie ausgeführt – keine „dienende“ Anlage ist (s.o. 2.2.2), erübrigen sich weitere Ausführungen zu dieser raumordnungsrechtlichen Aussage.

121

2.2.3.4 Eine Zulassung der Windkraftanlage des Klägers nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB kommt nach alledem nicht in Betracht. Ebenso scheidet ihre Zulassung nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB aus; diese Vorschrift wird hier durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB verdrängt, die – wie ausgeführt (oben 2.1) – keinen Genehmigungsanspruch vermittelt.

122

2.3 Die Windenergieanlage ist auch als „sonstiges Vorhaben“ i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB nicht genehmigungsfähig. Sie ist – wie ausgeführt (oben 2.1.2.1) – ein raumbedeutsames Vorhaben. Damit ergibt sich ihre Unzulässigkeit aus § 18a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG.

123

3. Der Hilfsantrag des Klägers ist ebenfalls unbegründet. Er hat aus den oben genannten Gründen keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Landesamt seinen Antrag neu bescheidet. Die Ablehnung der begehrten Genehmigung ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).

124

4. Die Berufung ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

125

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO.i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

126

Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

127

BESCHLUSS

128

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 218.00,00 Euro festgesetzt.


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht.

(2) Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antrag bis auf vier Jahre verlängert werden.

(3) Die Vorschriften der §§ 6 und 21 gelten sinngemäß.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Im Flächennutzungsplan ist für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Aus dem Flächennutzungsplan können Flächen und sonstige Darstellungen ausgenommen werden, wenn dadurch die nach Satz 1 darzustellenden Grundzüge nicht berührt werden und die Gemeinde beabsichtigt, die Darstellung zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen; in der Begründung sind die Gründe hierfür darzulegen.

(2) Im Flächennutzungsplan können insbesondere dargestellt werden:

1.
die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen), nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) sowie nach dem allgemeinen Maß der baulichen Nutzung; Bauflächen, für die eine zentrale Abwasserbeseitigung nicht vorgesehen ist, sind zu kennzeichnen;
2.
die Ausstattung des Gemeindegebiets
a)
mit Anlagen und Einrichtungen zur Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des öffentlichen und privaten Bereichs, insbesondere mit der Allgemeinheit dienenden baulichen Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs, wie mit Schulen und Kirchen sowie mit sonstigen kirchlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Zwecken dienenden Gebäuden und Einrichtungen, sowie mit Flächen für Sport- und Spielanlagen,
b)
mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, insbesondere zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung,
c)
mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen,
d)
mit zentralen Versorgungsbereichen;
3.
die Flächen für den überörtlichen Verkehr und für die örtlichen Hauptverkehrszüge;
4.
die Flächen für Versorgungsanlagen, für die Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung, für Ablagerungen sowie für Hauptversorgungs- und Hauptabwasserleitungen;
5.
die Grünflächen, wie Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
6.
die Flächen für Nutzungsbeschränkungen oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes;
7.
die Wasserflächen, Häfen und die für die Wasserwirtschaft vorgesehenen Flächen sowie die Flächen, die im Interesse des Hochwasserschutzes und der Regelung des Wasserabflusses freizuhalten sind;
8.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
9.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
10.
die Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft.

(2a) Flächen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Abs. 3 im Geltungsbereich des Flächennutzungsplans können den Flächen, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden.

(2b) Für die Zwecke des § 35 Absatz 3 Satz 3 oder des § 249 Absatz 2 können sachliche Teilflächennutzungspläne aufgestellt werden; sie können auch für Teile des Gemeindegebiets aufgestellt werden.

(3) Im Flächennutzungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
für bauliche Nutzungen vorgesehene Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(4) Planungen und sonstige Nutzungsregelungen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften festgesetzt sind, sowie nach Landesrecht denkmalgeschützte Mehrheiten von baulichen Anlagen sollen nachrichtlich übernommen werden. Sind derartige Festsetzungen in Aussicht genommen, sollen sie im Flächennutzungsplan vermerkt werden.

(4a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Flächennutzungsplan vermerkt werden.

(5) Dem Flächennutzungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

Tenor

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auf 900.000,-- € festgesetzt.

Gründe

1

Die Hauptbeteiligten des Prozesses haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, so dass gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen durch Beschluss zu entscheiden ist.

2

Danach sind die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben, weil sowohl die Klägerin, als auch der Beklagte im Falle der Verfahrensfortführung und streitiger Entscheidung durch das Gericht wohl nur teilweise erfolgreich gewesen wären. Nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand geht das Gericht davon aus, dass dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin zur Neubescheidung ihrer Genehmigungsanträge für drei Windenergieanlagen zwar nicht stattzugeben wäre. Auf ihren Anfechtungsantrag wären die streitbefangenen Ablehnungsbescheide, sowie die dazu ergangenen Widerspruchsbescheide aber wohl aufzuheben.

3

Dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin steht die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 des Landesplanungsgesetzes (LaPlaG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes - Windenergieplanungssicherstellungsgesetz (WEPSG) vom 22. Mai 2015 (GVOBl. SH 2015, S. 132) entgegen. Nach dieser Vorschrift sind zur Sicherung der Raumordnungsplanung, mit denen Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur räumlichen Steuerung der Errichtung von raumbedeutsamen Windkraftanlagen aufgestellt werden, solche Anlagen vorläufig bis zum 05. Juni 2017 im gesamten Landesgebiet unzulässig. Die streitbefangenen Windkraftanlagen sind raumbedeutsam im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG, weil sie schon wegen ihrer Größe weithin sichtbar sein und damit einen erheblichen Einfluss auf das Landschaftsbild haben werden.

4

§ 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG in der Fassung vom 22. Mai 2015 ist wirksam und begegnet entgegen der Ansicht der Klägerin keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zunächst steht dem Land Schleswig-Holstein gemäß Art. 72 Abs. 3 Nr. 4 GG die Gesetzgebungsbefugnis für die streitbefangene Regelung zu, weil die Landesplanung das Recht der Raumordnung im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zum Gesetzgebungsgegenstand hat und nicht das Städtebaurecht als Teil des Bodenrechts im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG betrifft. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, die Normierung der vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG beinhalte in Wirklichkeit eine städtebauliche Regelung, für die dem Land keine Kompetenz zur Abweichungsgesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 3 GG zustehe. Während Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG insbesondere die städtebauliche Planung umfasst, ist Raumordnung im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG in Abgrenzung hierzu zu definieren als übergeordnete zusammenfassende Gesamtplanung auf Landesebene (vgl. Sachs, Grundgesetz, Art. 74 Rn. 78 mwN.).

5

Die Vorschrift zur vorläufigen Planungssicherung in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG begegnet auch in materieller Hinsicht keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zunächst steht diese Vorschrift entgegen der Ansicht der Klägerin nicht im Widerspruch zu den bundesrechtlichen Bestimmungen der § 35 und § 249 Abs. 3 BauGB, so dass sie nicht gemäß Art. 31 GG wegen einer Kollision mit dem Bundesrecht nichtig ist. Art. 31 GG kommt zur Anwendung, wenn dieselbe Rechtsfrage sowohl durch Bundes- als auch durch Landesrecht geregelt ist und zwischen beiden Normen eine Kollision in der Weise besteht, dass die Anwendung der Normen auf dasselbe konkrete Rechtsverhältnis zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen würde (vgl. Sachs, Grundgesetz, Art. 31 Rn. 18 mwN.). Vorliegend normieren Bundes- und Landesrecht aber unterschiedliche Rechtsfolgen. Das landesplanungsrechtliche Sicherungsmoratorium aus § 18 a Abs. 2 LaPlaG lässt den Genehmigungsanspruch gem. § 6 Abs. 1 BImSchG unberührt. Die vorläufige Unzulässigkeit des streitbefangenen Vorhabens gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG lässt den Genehmigungsanspruch nicht untergehen, sondern suspendiert ihn lediglich vorübergehend (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 05. März 2015, Az. 4 K 374/13 mwN.; Spannowsky-Runkel- Goppel, ROG § 14 Rn. 18 ff. mwN.). Dieses wird schon aus dem Wortlaut der Norm deutlich, die ausdrücklich die „vorübergehende Unzulässigkeit“ regelt. Darüber hinaus heißt es auch in der Gesetzesbegründung vom 21. Mai 2015 (LT-Drucksache 18/2983 (neu)), dass das Gesetz keine Regelung über das Genehmigungsverfahren einzelner Windkraftanlagen trifft, sondern nur deren zeitlich begrenzte, raumordnerische Unzulässigkeit normiere.

6

Zur Verwirklichung der bezweckten Sicherung der Raumplanung ist es auch nicht erforderlich, dass ein etwaiger Genehmigungsanspruch endgültig erlischt. Das wäre vielmehr unverhältnismäßig, weil bereits die Suspendierung zur Zweckerreichung genügt. Dementsprechend ist das Sicherungsmoratorium gem. § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG im systematischen Zusammenhang mit den Bestimmungen zur Landesplanung und nicht etwa zum Landesbaurecht geregelt. Die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG ist deshalb keine dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschrift im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG.

7

Demgegenüber betreffen die bauplanungsrechtliche Privilegierungsnorm des § 35 Abs. 1 Nr. 5 und die Konzentrationszonenplanung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitbefangenen Vorhabens und sind essentielle Voraussetzung für den Genehmigungsanspruch aus § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Ebenso betrifft § 249 Abs. 3 BauGB den Genehmigungsanspruch, weil diese Vorschrift die bauplanungsrechtliche Privilegierung für Windkraftanlagen aus § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB modifiziert. Auch diese Vorschrift lässt einen etwaigen Genehmigungsanspruch der Klägerin nicht unberührt, sondern gestaltet die bauplanungsrechtliche Privilegierung inhaltlich aus. Keine der von der Klägerin in Bezug genommenen baurechtlichen Vorschriften enthält eine Regelung zur vorübergehenden Planungssicherung. Mithin fügt sich die hier entscheidungserhebliche landesrechtliche Regelung widerspruchsfrei in das Bauplanungsrecht des Bundes ein.

8

Schließlich verletzt das Sicherungsmoratorium nach dem LaPlaG die Klägerin auch nicht in ihren Grundrechten.

9

Der Schutzbereich ihres Eigentumsgrundrechtes aus Art. 14 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht betroffen, weil sie weder Eigentümerin der zur Bebauung in Aussicht genommenen Grundstücke ist, noch über einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb „Windpark Bordelumer Koog" als wertprägende Sach- und Rechtsgesamtheit eines wirtschaftlichen Unternehmens der Windenergienutzung durch Stromerzeugung verfügt. Falls sie über eine schuldrechtliche Befugnis verfügen sollte, das Grundstück zukünftig zu nutzen, so ist dieses Schuldrecht von Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt (vgl. Sachs, Grundgesetz Art. 14, Rdnr. 44 ff.).

10

Betroffen ist die Klägerin allerdings in ihrem Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, das gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch für Kommanditgesellschaften gilt (vgl. Sachs, GG, Art. 19 Rn. 64 mwN.). Wegen der vorübergehenden Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen in ganz Schleswig-Holstein kann die auf Dauer angelegte und auf Einkommenserzielung gerichtete Tätigkeit des Windkraftanlagenbetreibens mit noch zu errichtenden Anlagen in A-Stadt und in ganz Schleswig-Holstein gegenwärtig von der Klägerin nicht ausgeübt werden. Darin liegt zwar keine subjektive oder objektive Berufszugangsvoraussetzung, weil der Zugang zum Beruf des Windkraftanlagenbetreibers nicht beschränkt wird, sondern lediglich dieser Beruf vorübergehend mit Neuanlagen nicht ausgeübt werden kann.

11

Die Freiheit der Berufsausübung unterliegt gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG Schranken, die einer Verhältnismäßigkeitsprüfung genügen müssen. Die Schwere des Grundrechtseingriffes muss durch gewichtige Gründe gerechtfertigt sein und darf das Übermaßverbot nicht verletzen. Die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen zur Sicherung der Landesplanung gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG ist verhältnismäßig. Der damit verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist relativ gering, weil nämlich nur vorübergehend in Schleswig-Holstein keine neuen Windkraftanlagen betrieben werden können, während das Recht Altanlagen in Schleswig-Holstein oder Anlagen außerhalb von Schleswig-Holstein zu betreiben unberührt bleibt. Demgegenüber ist das öffentliche Interesse an Planung und Steuerung der Windkraftnutzung von erheblichem Gewicht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002, Az. 4 C 15.01; BVerwGE 117, 287).

12

Die beabsichtigte und zu sichernde Planung begegnet im gegenwärtigen Planungsstand keinen rechtlichen Bedenken. Die Festlegung von Zielen und Grundsätzen der Raumordnung zur Steuerung raumbedeutsamer Windenergieanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 LaPlaG ist nach dem ROG grundsätzlich ein geeigneter Gegenstand der Raumordnungsplanung und wird von § 35 Abs. 3 BauGB zur Steuerung der Windkraftprivilegierung ausdrücklich vorgesehen. Die Festlegung von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 ROG zur Steuerung der Windenergienutzung ist diesbezüglich ein zulässiges Ziel der Raumordnung (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 20. Januar 2015, Az. 1 KN 6/13). Das vom Ministerpräsidenten als Landesplanungsbehörde im Runderlass vom 23. Juni 2015 gewählte Planungsverfahren ist sachgerecht, um die aktuellen Grundsätze der Rechtsprechung zur Steuerung von Windenergieanlagen umzusetzen. Diesen Grundsätzen entspricht es, zum Zwecke der Festlegung von Zielen der Raumordnung zunächst harte Tabukriterien zu ermitteln und weiche Tabukriterien zu bestimmen, um sodann die verbliebenen Potentialflächen anhand weiterer Abwägungskriterien zu überplanen.

13

Die weichen Tabukriterien, sowie die Kriterien für den weiteren Abwägungsprozess sind ausweislich des Planungserlasses des Ministerpräsidenten ausdrücklich vorläufig, die endgültige Festlegung der Ziele der Raumordnung bleibt vielmehr einer abschließenden Abwägung der beteiligten Belange gemäß § 7 Abs. 2 ROG vorbehalten. Mithin ist der Kriterienkatalog der Landesplanungsbehörde für das nun begonnene Planungsverfahren nicht abschließend zu überprüfen. Für den jetzigen, sehr frühen, Planungsstand reicht es zur Begründung eines Sicherungsmoratoriums vielmehr aus, dass die Planungskriterien eine abwägungsfehlerfreie Festlegung der Ziele der Raumordnung möglich erscheinen lassen, also nicht willkürlich oder unerheblich sind.

14

Diesen vorgenannten, im Vergleich zu einer raumordnungsrechtlichen Zielbestimmung erheblich verminderten Wirksamkeits- und Bestimmtheitsvoraussetzungen genügen die Kriterien der Landesplanungsbehörde zur Ermittlung geeigneter bzw. ausgeschlossener Flächen für raumbedeutsame Windenergieanlagen auf Regionalplanebene, wie sie nach dem Runderlass des Ministerpräsidenten vom 23. Juni 2015 zur Anwendung kommen sollen. Insbesondere reicht der Detailierungsgrad der Kriterien für dieses frühe Planungsstadium. Auch die bislang relativ offen formulierten Abwägungskriterien „charakteristische Landschaftsräume“ und „Hauptachsen des überregionalen Vogelzuges“ sind für den weiteren Planungsvorgang erheblich und willkürfrei formuliert. Ausweislich der Begründung zu dem Kriterium „charakteristische Landschaftsräume“ soll im Rahmen der Abwägung die Möglichkeit eröffnet werden, solche Areale großräumig von Windkraftanlagen frei zu halten, für die im Rahmen eines noch zu erstellenden Gutachtens diesbezüglich eine sachlich fachliche Begründung gegeben ist. Damit setzt der Erlass den Zweck der Windenergieanlagensteuerung, nämlich auch im erheblichen Anteil unverbaute Landesfläche zu erhalten mit der Möglichkeit eine Freiraumkonzeption zu entwickeln um.

15

Das Abwägungskriterium „Hauptachsen des überregionalen Vogelzuges“ ist für dieses frühe Planungsstadium unter dem Aspekt des vorsorgenden Artenschutzes gerechtfertigt, da die Landesplanungsbehörde weiteren Prüfbedarf sieht, um das Kollisionsrisiko der Zugvögel mit Windenergieanlagen im Höhenbereich der Rotoren zu vermeiden.

16

Ebenso begegnet auch das Abwägungskriterium „Netzkapazität“ gegenwärtig keinen Bedenken. Es erscheint vielmehr sachgerecht, dass der Regionalplangeber prüfen muss, ob die regionale Netzkapazität zur Aufnahme der gesamten in der Region vorgesehenen Leistung ausreicht. Privilegiert sind gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nämlich lediglich Vorhaben zur Nutzung der Windenergie und nicht Vorhaben, die mangels hinreichender Netzkapazitäten lediglich Entschädigungstatbestände nach dem Erneuerbaren Energiegesetz realisieren können.

17

Auch das vorliegend betroffene Abwägungskriterium „Umzingelungswirkung, Riegelbildung“ ist mindestens abwägungsrelevant für den gerechten Ausgleich der betroffenen öffentlichen und privaten Belange, damit nicht einzelne Ortslagen in unzumutbarer Weise von Windenergieanlagen umstellt sind. Die Verhinderung solcher Umzingelungswirkung kann erforderlich sein, um die Interessen der Bevölkerung und der betroffenen Gemeinde an Wohn- und Lebensqualität zu wahren. Es ist deshalb sachgerecht für die Abwägung dieses Belanges gutachterliche Vorarbeiten heranzuziehen. Es kommt auch ernsthaft in Betracht, dass sich die Vermeidung einer Umzingelungswirkung und Riegelbildung im Ergebnis im Planungsverfahren durchsetzt. Die Landesplanung muss nämlich nicht möglichst viele Windenergieanlagen zulassen. Sie hat lediglich der privilegierten Windenergienutzung substantiell Raum zu verschaffen, andererseits die Windenergienutzung aber zu kanalisieren und Fehlentwicklungen gegenzusteuern (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2005, Az. 4 C 5/04 mwN; zitiert nach Juris).

18

Hinsichtlich der sonstigen Planungskriterien sind Einwände nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden.

19

Zur Sicherung des eingeleiteten Planungsverfahrens nach den zugrundezulegenden Planungskriterien ist die vorläufige Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 Landesplanungsgesetz geeignet, da Planverfahren und Abwägung nicht unterlaufen werden können.

20

Sie ist auch erforderlich, weil nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand während der Verfahrensdauer für die im Juni aufgelegte Neufestlegung der Ziele- und Grundsätze der Raumordnung nicht nur einzelne Vorhaben zur Errichtung von Windenergieanlagen von Betreibern verwirklicht werden sollen. Der gegenwärtig sehr frühere Planungsstand, in dem bislang lediglich Planungsabsichten formuliert sind, wäre durch den raumordnerisch ungesteuerten Ausbau der Windkraft erheblich beeinträchtigt, weil die landesplanerischen Optionen zur Wahrung anderer Belange mit fortschreitendem Windkraftanlagenausbau immer weiter eingeengt würden. Der Ausbau während des laufenden Verfahrens zur Landesplanung wäre lediglich bauplanungsrechtlich zu beurteilen, eine das Landesgebiet betreffende gesamträumliche Planung wäre wegen fortwährender Veränderung der Planungsgrundlagen erschwert, wenn nicht gar unmöglich. Wegen der Vielzahl anhängiger Genehmigungsanträge für raumbedeutsame Windenergieanlagen bei dem Beklagten und der aufgrund der hohen Renditeerwartung solcher Anlagen fortdauernden Windparkkonzeptionierungen steht zu erwarten, dass einer geordneten Raumplanung nicht nur weitere Einzelvorhaben im Wege stünden, sondern eine Vielzahl von neuerschlossenen Windenergieanlagenstandorten immer wieder in das Verfahren zur Landesplanung einzubeziehen wären. Die über das Bundesrecht gemäß § 14 Abs. 2 ROG hinausgehende generelle vorübergehende Unzulässigkeit ist die einzige Möglichkeit, um erheblichen Verwaltungsaufwand für die Raumordnungsbehörde zu vermindern. Für das einzelne Investitionsvorhaben ist es hingegen ohne Belang, ob es individuell vorläufig gemäß § 14 Abs. 2 ROG untersagt wird, oder im Gleichklang mit einer Vielzahl anderer Vorhaben im Land generell unzulässig ist und mithin lediglich die bundesrechtlich ohnehin mögliche Einzelfalluntersagung entbehrlich wird.

21

Schließlich ist das Sicherungsmoratorium verhältnismäßig im engeren Sinne und beeinträchtigt das Übermaßverbot für eine Berufsausübungsbeschränkung nicht, weil es zeitlich befristet ist und nur raumbedeutsame Windenergieanlagen betrifft. Vorhaben dieser Art, die nicht planungsrelevant sind, können darüber hinaus ausnahmsweise nach § 18 a Abs. 2 LaPlaG nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung zugelassen werden. Durch diese Ausnahmeregelung ist gewährleistet, dass eine Einzelfallprüfung der Vorhaben auf ihre Planungsverfahrensverträglichkeit erfolgt und die vorläufige Unzulässigkeit des Vorhabens endet, sobald es die weitere Planung nicht mehr wesentlich erschwert.

22

Die Klägerin kann jedoch keine Ausnahme gemäß § 18 a Abs. 2 LaPlaG von der vorläufigen Unzulässigkeit ihrer Windenergieanlagen beanspruchen. Nach der vorbezeichneten Vorschrift können Ausnahmen zugelassen werden, wenn und soweit raumbedeutsame Windkraftanlagen nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung nicht befürchten lassen, dass sie die Verwirklichung dieser Ziele unmöglich machen oder wesentlich erschweren.

23

In diesem frühen Planungsstand zur Aufstellung der Ziele der Raumordnung lassen die streitbefangenen Windkraftanlagen jedoch befürchten, dass sie die Verwirklichung des Ziels, außerhalb der Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten die Errichtung von Windenergieanlagen auszuschließen, wesentlich erschwerten, weil das Abwägungskriterium Umzingelungswirkung/Riegelbildung wegen des Vordringens von Windenergieanlagenstandorten in bisher unbebaute Gebiete betroffen ist. Mithin kommt in Betracht, dass für diesen Teil des Gemeindegebiets der Beigeladenen zu 1. die effektive Freihaltung von Windenergieanlagen nicht mehr als Planungsoption besteht. Darüber hinaus könnte im Falle einer Ausnahmeerteilung auch eine etwaige Umzingelung der Hofstelle Hohlstill raumplanerisch nicht mehr verhindert werden. Die weitere räumliche Ausdehnung der bereits bestehenden Windparks im größten zusammenhängenden Windkraftgebiet Schleswig-Holsteins im Bereich A-Stadt/B. könnte dann nicht mehr auf ihre Raumverträglichkeit geprüft werden. Diese umfassende Prüfung soll aber gerade erst das Planaufstellungsverfahren ermöglich, so dass gegenwärtig noch nicht feststehen kann, ob eine Ausnahmezulassung nach § 18 a Abs. 2 LaPlaG möglich ist.

24

Nach alledem bot das Verpflichtungsbegehren der Klägerin vor der übereinstimmenden Erklärung zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg, so dass die Klägerin an der Kostentragung zu beteiligen ist.

25

Mit ihrem Anfechtungsantrag wäre die Klägerin hingegen voraussichtlich im Falle einer streitigen Entscheidung des Rechtsstreits erfolgreich gewesen. Nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand scheint ihre Anfechtungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO begründet, da die angefochtenen Ablehnungsbescheide rechtswidrig sind und die Klägerin in eigenen Rechten verletzen.

26

Maßgebend ist insoweit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, weil für die Entscheidung eines Gerichts die Rechtsvorschriften maßgeblich sind, die sich im Zeitpunkt der Entscheidung für die Beurteilung des Klagbegehrens Geltung beimessen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03. November 1994, Az. 3 C 17.92; BVerwGE in 97, 79). Hier ist das Klagbegehren nicht auf die isolierte Anfechtung der Ablehnungsbescheide, sondern auf die Erlangung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen gerichtet. Dieses Klagbegehren ist insgesamt an der aktuellen Rechtslage zu messen.

27

Danach sind die Ablehnungsbescheide aufzuheben, weil gegenwärtig dem Genehmigungsanspruch der Klägerin zu Unrecht öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegengehalten werden.

28

§ 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG mit der darin normierten vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen ist keine dem Vorhaben entgegenstehende Vorschrift im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, weil, wie oben ausgeführt, die vorläufige Unzulässigkeit den Genehmigungsanspruch nicht untergehen lässt, sondern diesen lediglich vorübergehend suspendiert. Auch steht § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB iVm einer Konzentrationszonenplanung für Windkraftanlagen als Ziel der Raumordnung nicht entgegen, weil die insoweit allein in Betracht kommende Teilfortschreibung zum Regionalplan 2012 für den Planungsraum 5 und die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplans 2010 in Ziffer 3.5.2 gem. Planungserlass des Ministerpräsidenten vom 23. Juni 2015 nicht mehr angewendet werden sollen. Mithin gibt es gegenwärtig kein gültiges Ziel der Raumordnung zur Steuerung von Windkraftanlagen.

29

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB iVm dem Flächennutzungsplan der Beigeladenen, in der die streitbefangene Baufläche betreffenden Änderungsfassung, steht dem Genehmigungsanspruch der Klägerin nicht entgegen, weil unabhängig von der Frage, ob dieser F-Plan gemäß § 5 Abs. 2 BauGB wirksam ist, der Beklagte diese F-Planung jedenfalls gemäß § 4 Abs. 1 LaPlaG nicht verwirklichen darf, da sie mit der geltenden Raumordnungsplanung des Landes nicht in Einklang steht. Eine Flächennutzungsplanung, die die Regionalplanung ausnutzen und umsetzen will, kann nicht wirksam bleiben, wenn die Teilfortschreibung zur Regionalplanung nicht mehr angewendet werden soll. Im Übrigen gibt es gegenwärtig auch keinen Steuerungsbedarf zur Windkraftnutzung durch die Beigeladene zu 1., weil raumbedeutsame Windkraftanlagen generell vorübergehend unzulässig sind, so dass es kein gemeindliches Planungserfordernis zur Konzentrationszonenausweisung für die Gemeinden gibt. Schließlich gibt es wegen dieser generellen vorübergehenden Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG auch keine Steuerungsmöglichkeit für die Gemeinden durch F-Planung.

30

Die Beigeladene zu 1. ist gemäß § 4 Abs. 1 BauGB vielmehr gehalten, ihren F-Plan an die zukünftigen Ziele der Raumordnung, wie sie zur Zeit von der Landesplanungsbehörde entwickelt werden entsprechend anzupassen (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 04. April 2013, Az. 1 LB 7/12 mwN.).

31

Da die Klägerin mit ihrem Klagbegehren mithin insoweit erfolgreich ist, als ihrem Genehmigungsanspruch jedenfalls nicht ehemaliges Planungsrecht entgegengehalten werden kann, ist auch der Beklagte an der Kostentragung zu beteiligen.

32

Die steckengebliebenen Genehmigungsverfahren für die streitbefangenen Windkraftanlagen sind fortzuführen, sobald die Landesplanungsbehörde entsprechend dem Planungsstand zur Aufstellung der Raumordnungsziele eine Ausnahme von der vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 2 LaPlaG erteilt, oder aber die geplanten zukünftigen Ziele der Raumordnung Geltung erlangen. Die Klägerin muss dann keine neuen Genehmigungsanträge stellen. Vielmehr sind ihre bereits anhängigen Genehmigungsanträge zu bescheiden, sobald die vorläufige Unzulässigkeit gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG ihren etwaigen Genehmigungsanspruch für die streitbefangenen Vorhaben nicht mehr suspendiert. Dementsprechend braucht die Klägerin gegenwärtig auch keine Verwaltungsgebühren für die Ablehnung ihrer Anträge zu bezahlen, weil ihre Genehmigungsverfahren nach wie vor offen sind und eine Verfahrensgebühr erst nach Abschluss je nach Ausgang des Verfahrens nach dem Verwaltungskostengesetz festzusetzen ist.

33

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären.

34

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemeinde A-Stadt. Die vorgesehene Anlage (Typ Enercon E70/E4) mit einer Nennleistung von 2.300 kW soll eine Nabenhöhe von 64 m, einen Rotordurchmesser von 71 m und eine Gesamthöhe von 99,5 m aufweisen.

2

Der Kläger ist Landwirt und betreibt auf 150 ha Fläche einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Mais- und Getreideanbau sowie Milchviehhaltung und Rindermast. Das für die Versorgung der Tiere benötigte Futter erzeugt er selbst.

3

Die Hofstelle des Klägers liegt am Südrand der Gemeinde A-Stadt. An der Straße „To Osten“ befinden sich Wohn-, Wirtschafts- und Stallgebäude des Klägers sowie Hofflächen. In gut 350 m Entfernung liegt – südöstlich der Hofstelle, im E... Feld – die für eine Aquakulturanlage vorgesehene Halle, die bisher u. a. zur Strohlagerung genutzt wurde. Er beabsichtigt dort den Neubau einer Aquakulturanlage mit Zucht- und Produktionswasserbecken, welche zum Teil innerhalb der bestehenden Halle und zum Teil unter freiem Himmel vor der Halle errichtet werden soll. Zur Energieversorgung der Anlage beantragte er einen Vorbescheid für eine Windkraftanlage (330 kW, Gesamthöhe unter 50 m), der ihm unter dem 03.04.2009 erteilt wurde.

4

Am 19. September 2011 genehmigte der Kreis Dithmarschen den Bau der Aquakulturanlage auf der Grundlage des § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB.

5

Am 23. Juli 2010beantragte der Kläger eine Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer 99,5 m hohen Windenergieanlage mit einer Nennleistung 2,3 kW in der Nähe der Halle. Der erzeugte Strom soll unter anderem zum Betrieb der Aquakulturanlage verwendet werden.

6

Das dem Antrag beigefügte Konzept zur Energieversorgung legte die Fischproduktion von Garnelen und Barramundi-Barschen zugrunde und berechnete den Gesamtenergiebedarf dafür auf 2,5 Mio. kWh pro Jahr. Die Jahresproduktion der Windenergieanlage wurde auf 3,5 bis 4 Mio. kWh pro Jahr geschätzt. Nach dem „Energiekonzept“ des Klägers ergab sich eine Eigenverbrauchsrate von 62 %, wobei von einer - durch Strom aufzuheizenden - Wassertemperatur in den (Fisch-)Becken von 26° C ausgegangen wurde. In dem „Energiekonzept“ heißt es u. a.:

7

„Die Entscheidung über die zu produzierende Fischart hat direkten Einfluss auf die bereitzustellende Wassertemperatur … und den dafür notwendigen Energiebedarf … Die nachfolgenden Berechnungen basieren auf … dem angestrebten Mindestproduktionsvolumen von 250 t Speisefisch pro Jahr. …“ (S. 11)

8

Im Genehmigungsverfahren führte der Fachdienst Naturschutz aus, der Errichtung und dem Betrieb der Windenergieanlage stehe § 44 BNatSchG entgegen, da die Windenergieanlage ein zusätzliches Risiko und erhebliche Störungen streng geschützter Arten bewirke. Zudem werde das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt.

9

Der Beklagte lehnte den Genehmigungsantrag - nach Anhörung des Klägers - mit Bescheid vom 23. Januar 2013 u. a. mit der Begründung ab, die Anlage widerspreche Zielen der Raumordnung und sei auch nicht als Nebenanlage zu einem im Außenbereich privilegierten Betrieb gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB einzuordnen. Die geplante Fischzuchtanlage sei keine berufsmäßige Binnenfischerei und kein landwirtschaftlicher Betrieb in Form einer Hofstelle, da der Hauptbetrieb sich in 350 m Entfernung befinde. Die Windenergieanlage sei in unmittelbarer Nähe zu den Zuchtbecken geplant; sie sei deshalb dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht zu- oder untergeordnet.

10

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das beklagte Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2013 als unbegründet zurück. Dabei erfolgte der Hinweis, dass sich Barramundi und Garnelen nicht von Pflanzen ernährten.

11

Zur Begründung seiner am 4. Juni 2013 erhobenen Klage hat der Kläger die Ansicht vertreten, die Fisch- und Krustentierzucht in künstlichen Becken sei, solange die Tiere auf eigener Futtergrundlage ernährt würden, der Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB zuzuordnen. Die Fische würden mittels eigener Getreide- und Maisanbauflächen gefüttert werden. Diese Flächen dienten auch der Entsorgung der Fischgülle. Es sei i. Ü. nicht mehr die Zucht von Barramundi-Barschen beabsichtigt, sondern von Jadebarschen. Diese Fische seien „Allesfresser“ und könnten auch pflanzlich ernährt werden. Eine Zufütterung von Fischmehl werde nicht, schon gar nicht überwiegend erfolgen. Für das Wasser werde eine Temperatur von 25° bis 28°C benötigt. In der Aquakultur werde es durch Rapsschrot substituiert. Die Aquakulturanlage selbst sei privilegiert zulässig, da sie einem landwirtschaftlichen Betrieb diene.

12

Zudem befinde sich der landwirtschaftliche Betrieb nicht in einer Entfernung von 350 m zur Aquakulturanlage. Die Rinder würden direkt neben der Anlage aufgestallt.

13

Der Kläger hat beantragt,

14

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 22. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2013 zu verpflichten, ihm die beantragte Genehmigung zum Betrieb und zur Errichtung einer Windenergieanlage auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemarkung A-Stadt zu erteilen,

15

hilfsweise,

16

den Beklagten zu verpflichten, seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

17

Das beklagte Landesamt hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Es hat die Ansicht vertreten, § 201 BauGB sei eine Spezialregelung für den Bereich des Fischfanges und der Fischzucht. Die Haltung von Fischen sei nicht unter den allgemeinen Begriff der Tierhaltung zu subsumieren. Indem sich der Kläger nicht auf eine Fischart festlege, könne er keinen Nachweis über die Fütterung der Tiere mit eigenerzeugtem Getreide führen. Überdies müssten bei einer Änderung der zu züchtenden Fischart auch die Genehmigungsunterlagen geändert werden. Unabhängig davon könne die Aquakulturanlage allenfalls als mitgezogene Nutzung zu einem privilegierten Landwirtschaftsbetrieb angesehen werden. Die Windenergieanlage wäre dann eine Nebenanlage zur Nebenanlage und damit nicht privilegiert.

20

Das Verwaltungsgericht hat am 18. November 2014 eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Der Kläger hat dort erklärt, er könne sich nicht genau festlegen, welche Tiere in der Aquakultur gezüchtet werden sollen. Je nach Fischart komme die Fütterung mit Roggen, Raps, Weizen oder Soja in Betracht. Zur Produktion von jährlich 250 t Speisefisch seien ca. 250 t Futter erforderlich, für deren Erzeugung voraussichtlich 25 ha Ackerflächen benötigt würden. Der Futterbedarf werde zu ca. 10 % durch Zukauf (z. B. Fischöl, Fischmehl) gedeckt.

21

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil am 4. Dezember 2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der geplante Standort sei im Regionalplan nicht als Windeignungsfläche ausgewiesen. Auch stehe nicht fest, dass die geplante Anlage einem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Zwar könne eine Aquakulturanlage grundsätzlich ein landwirtschaftlicher Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB sein. Dieser Einordnung stehe auch nicht entgegen, dass die Baugenehmigung vom 19. September 2011 für die Halle nach § 35 Abs. 2 und 4 BauGB erteilt worden sei, da die Begründung der Genehmigung nicht von ihrer Regelungswirkung umfasst sei. Allerdings sei im konkreten Fall nicht festzustellen, dass die Aquakultur Landwirtschaft sei, denn der Kläger lege sich nicht fest, welche Tiere er züchten wolle. Die Benennung der zu züchtenden Fischart sei aber essentiell, denn es gebe Fische, deren Proteinbedarf ausschließlich durch unbehandelte Getreide- oder Hülsenfrüchte gedeckt werden könne und andere Fischarten, die einen höheren Bedarf hätten. Ohne Angabe der Fischart sei es nahezu unmöglich festzustellen, wie viel Ertrag und wie viel Fläche zur Futtererzeugung benötigt werde und ob die klägerischen Flächen ausreichten. Überdies könne mangels Benennung der Fischart auch keine Wirtschaftlichkeitsprognose gestellt werden. Die Gewinnerzielungsabsicht sei aber ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 201 BauGB. Es fehle somit am Nachweis der Dauerhaftigkeit und der Nachhaltigkeit der Aquakulturanlage. Überdies sei das Energiekonzept unschlüssig, da lediglich die theoretischen Jahresverbrauchswerte den Jahresertragswerten gegenüber gestellt würden, ohne die für die Windenergieanlagen typischen Schwankungen der Energieerzeugung, z.B. in Form von Sicherheitszu- oder -abschlägen, zu berücksichtigen.

22

Vor dem Hintergrund der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs seien an die Erfordernisse der ausnahmsweise zulässigen Vorhaben strenge Anforderungen zu stellen. Die pauschalen Berechnungen und Vorhabenbeschreibungen des Klägers genügten diesen Anforderungen nicht. Da die Aquakulturanlage noch nicht errichtet worden sei, seien erhöhte Anforderungen an den Nachweis der Dauerhaftigkeit und der Ernsthaftigkeit des zu errichtenden Betriebes zu stellen, die nur durch präzise Konzepte erfüllt werden könnten. Aufgrund des unpräzisen Gesamtkonzepts könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die geplante Windenergieanlage der Aquakultur i. S. d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB diene. Das „Dienen“ erfordere, dass die Windenergieanlage dem landwirtschaftlichen Betrieb zu- und untergeordnet und bodenrechtliche Nebensache sei. Die Windenergieanlage habe eine Entfernung von 50 m zu der geplanten Aquakultur. Auf die 350 m Entfernung zum übrigen Hof komme es nicht an, denn diesem solle die Windenergieanlage nicht dienen. Vorliegend scheitere das „Dienen“ daran, dass nicht sicher feststehe, dass der überwiegende Teil der erzeugten Energie in den Betrieb der Aquakulturanlage fließe. Das sei auch für eine „mitgezogene“ Nutzung zu fordern.

23

Dem Vorhaben stünden schließlich öffentliche Belange entgegen, denn es widerspreche den Zielen der Raumordnung. Ein Widerspruch bestehe zur Ziffer 3.5.2 Nr. 5 des Landesentwicklungsplanes (LEP), wo festgelegt sei, dass Windenergieanlagen als Nebenanlagen i.S.d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB i.d.R. nicht höher als 70 m sein dürften. Dieses Ziel sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG verbindlich. Die geplante Anlage überschreite die festgesetzte Gesamthöhe mit 99,5 m deutlich.

24

Gegen das ihm am 30. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Januar 2015 die Zulassung der Berufung beantragt.

25

Im Zulassungsverfahren hat der Kläger eine neue „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ – Stand Februar 2015 – eingereicht. Danach sollen 201 – 250 t Karpfen produziert und zum größten Teil als Setzkarpfen für die Weitermast in Teichanlagen verkauft werden. Die Fütterung soll durch pflanzlich basierte Futtermischungen und einen „geringen Anteil von Zukaufkomponenten“ erfolgen. Vom Gesamt-Futterbedarf (320 t) könnten „gut 175 t“ selbst erzeugt werden. Für eine Temperatur im Gebäude von 20°C und in den Wasserbecken von 26°C entstehe ein Energiebedarf von 2,44 Mio kWh pro Jahr, der Eigenverbrauch des von der Windenergieanlage erzeugten Stroms für die Aquakultur und den Hof liege bei 56,69 %.

26

Der Senat hat dem Zulassungsantrag mit Beschluss vom 25. März 2015 stattgegeben.

27

Der Kläger ist der Ansicht, auf eine landwirtschaftliche Privilegierung der Windenergieanlage komme es mangels Wirksamkeit des Regionalplans IV nicht an. Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BauGB zulässig, denn weder die Darstellungen eines Flächennutzungsplanes noch die eines Regionalplanes stünden dem Vorhaben gemäß § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB entgegen. Auch § 18a Landesplanungsgesetz könne dem klägerischen Vorhaben nicht entgegengehalten werden, denn die Norm sei verfassungswidrig. Die Ungültigkeitsgründe, die das Gericht zu den Regionalplänen für die Planungsräume I und III gefunden habe, seien auch auf den Regionalplan IV zu übertragen. Daher könne auch der LEP nicht mehr herangezogen werden. Im Übrigen folge aus der Formulierung „in der Regel“ in Nr. 3.5.2 Nr. 5 LEP, dass die Genehmigung einem Abwägungsvorgang zugänglich sein müsse. Der Begriff der Landwirtschaft in § 201 BauGB könne nicht über die Raumordnung definiert werden. Maßgeblich sei alleine die Frage, ob das Bauvorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb diene und nicht wie hoch es sei.

28

Privilegierte Stromerzeugungsanlagen i. S. d. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB dürften auch Strom in das öffentliche Netz einspeisen, ohne ihre Privilegierung zu verlieren. Die Feststellung einer deutlich überwiegenden Eigennutzung könne nicht in Zweifel gezogen werden, wenn zu bestimmten Zeiten und unter bestimmten Umständen ein höherer Anteil in das öffentliche Netz eingespeist werde. Theoretisch sei eine Stromerzeugung von 4,6 Mio kWh pro Jahr möglich, davon werde auf dem Hof und in der Aquakultur ein Anteil von 2.443.992 kWh pro Jahr verbraucht. Vor dem Hintergrund des Wertes der Vergütung von Strom (4,95 Ct/kWh) bestehe kein Interesse daran, die Menge der in das öffentliche Netz einzuspeisenden Energie künstlich zu erhöhen. Der maximal anzulegende Wert in den ersten fünf Jahren liege bei 8,9 Ct/kWh Strom, während der Bezug von Strom aus dem öffentlichen Netz ca. 24 Ct/kWh koste. In seinem Konzept zur Energieversorgung sei nachvollziehbar dargelegt worden, für die Fischzuchtanlage 62% des erzeugten Stromes zu benötigen. Aus seiner Faktensammlung aus März 2016, in der er den Eigenverbrauch der letzten drei Jahre berechnet habe, ergebe sich aufgrund der Trafo-Aussteuerung („Abregelung“) im Jahr 2014 ein Eigenverbrauch von 79,0 % und im Jahr 2015 von 119,8 %.

29

Der Kläger beantragt,

30

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Mai 2013 zu verpflichten, ihm die beantragte Genehmigung zum Betrieb und zur Errichtung seiner Windenergieanlage Enercon E70 E4, Rotordurchmesser 71 m, Nabenhöhe 64 m, Gesamthöhe 99,5 m auf dem Flurstück .../2 der Flur 6 der Gemarkung A-Stadt zu erteilen,

31

hilfsweise,

32

den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts zu verpflichten, seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

33

Das beklagte Landesamt beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Es hält an seiner Ansicht fest, die Anlage könne weder nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 noch nach Nr. 5BauGB genehmigt werden. Eine Genehmigung nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB entfalle, weil die Fischzucht kein landwirtschaftlicher Betrieb sei. Die Windenergieanlage „diene“ einem solchen Betrieb auch nicht. Es fehle an ausreichenden Belegen für einen dauerhaft geplanten und wirtschaftlichen Betrieb, weil sich der Kläger nicht endgültig auf ein bestimmtes Zuchttier habe festlegen wollen. Er lege seiner Wirtschaftlichkeitsanalyse nunmehr den Einsatz von Karpfen zugrunde. Sein ständig wechselnder Vortrag begründe Zweifel an einer ernsthaft geplanten und langfristigen Betriebsführung. Die Ernsthaftigkeit des klägerischen Vorhabens sei auch deshalb zweifelhaft, weil die mit der Nutzungsänderung der Halle genehmigten Maßnahmen nach vier Jahren - bis heute - noch nicht abgeschlossen seien. Hinsichtlich des vorgelegten (neuen) Konzepts zur Energieversorgung bestünden Zweifel an dessen Plausibilität, zumal dessen Verfasser nicht erkennbar sei.

36

Eine Wirtschaftlichkeit der nunmehr geplanten Karpfenzucht könne nicht angenommen werden. Alle Ergebnisse bisher betriebener Warmwasser-Aquakulturanlagen hätten keine Wirtschaftlichkeit zeigen können. Bisher würden in Europa Karpfen ausschließlich in Teichen kommerziell gemästet. Für die vom Kläger geplanten Produktionsmengen fehle ein Absatzmarkt. Eine Weitermast von K3-Karpfen in Teichen sei ökonomisch unsinnig.

37

Selbst wenn die Aquakulturanlage als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB eingeordnet werde, „diene“ die geplante Windenergieanlage diesem nicht. Ausgehend von der zweitinstanzlich eingereichten (neuen) Wirtschaftlichkeitsanalyse betrage der Eigenverbrauch des erzeugten Stromes 56,69 %. Dieser Prozentsatz belege keine deutlich überwiegende Eigennutzung. Eine Grenze für einen deutlich überwiegenden Eigenverbrauch dürfe nicht unterhalb von 2/3 gezogen werden. Auf die Frage, inwieweit „überschüssiger“ Strom in das Netz eingespeist werde, komme es nicht an, zumal der künftige Umfang sog. Abregelungen keinesfalls sicher sei.

38

Einer Genehmigung nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BauGB stehe § 18a Landesplanungsgesetz entgegen. Diese Vorschrift sei wirksam; eine Ausnahmegenehmigung nach dessen Abs. 2 liege nicht vor und könne auch nicht erteilt werden, da sich die Windkraftanlage innerhalb eines „weichen Tabukriteriums“ der in Aufstellung befindlichen Regionalplanung befinde und den Abstand von 800 m zu Siedlungsbereichen unterschreite.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des beklagten Landesamtes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

40

Die zugelassene Berufung hat keinen Erfolg. Der Kläger hat die Berufung nach der Zulassung innerhalb der Frist gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO bis zum 1. Juni 2015 begründet. Die am 26. Februar 2016 erfolgte weitere Begründung ergänzt lediglich die fristgerecht vorgetragenen Berufungsgründe.

41

1. Der Kläger hat erstmals im Berufungsverfahren auch die Verpflichtung des Beklagten zur Genehmigung einer „selbständig“ privilegierten Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB erstrebt.

42

Zuvor war - mit Antrag vom 23. Juni 2006 - die Genehmigung einer „betriebseigenen“ Windkraftanlage für die Stromversorgung einer Aquakulturanlage beantragt worden (vgl. auch das szt. vorgelegte „Energiekonzept“ zur Begründung der „Privilegierung der Windkraftanlage“ [Beiakte A, Bl. 29 ff.]). Auf den Genehmigungsantrag hatte der Kläger erstinstanzlich mit seinem Verpflichtungsantrag und in seiner Klagebegründung sowie in dem (schriftsätzlich) angekündigten Berufungsantrag Bezug genommen.

43

Es kann offen bleiben, ob darin eine Klageänderung i.S.d. § 91 VwGO liegt, nachdem sich das beklagte Amt darauf - ohne Widerspruch - sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Berufungsverhandlung eingelassen hat. Es hat in seiner Berufungserwiderung vom 24. Februar 2016 (Bl. 201/203 d. A.) zu der nach seiner Ansicht fehlenden Genehmigungsfähigkeit der Windkraftanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB Stellung genommen. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung hat das beklagte Amt einer Klageänderung nicht widersprochen. Sie wäre damit zulässig, ohne dass es noch auf die Frage ankommt, ob sie auch „sachdienlich“ ist (§ 91 Abs. 2 VwGO).

44

2. Der Kläger kann weder eine Genehmigung der Windkraftanlage noch – im Sinne seines Hilfsantrages – eine neue „Verbescheidung“ seines Genehmigungsantrages beanspruchen. Rechtsgrundlage für die begehrte Genehmigungserteilung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage ist § 6 Abs. 1 i.V.m. § 4 BImSchG und Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zur 4. BImSchV. Danach kommt es für den Genehmigungsanspruch darauf an, ob der Errichtung und dem Betrieb der geplanten Anlage öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen.

45

Hier stehen der Genehmigung Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen: Die Windenergieanlage ist weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB (unten 2.1) noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (unten 2.2) zulässig; auch als „sonstiges Vorhaben“ i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB ist die Anlage nicht genehmigungsfähig (unten 2.3).

46

2.1 Der Kläger weist – im Ausgangspunkt – zutreffend darauf hin, dass eine Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig ist.

47

2.1.1 Der Zulässigkeit kann – derzeit – die Vorschrift in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht entgegengehalten werden. Zwar sah der – hier maßgebliche - Regionalplan für den Planungsraum IV (Schleswig-Holstein Süd-West: Kreise Dithmarschen und Steinburg; Teilfortschreibug zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung vom 06.11.2012 [Amtsbl. SH S. 1336]) für Windkraftanlagen eine „Ausweisung an anderer Stelle“ vor. Diese regionalplanerische Grundlage ist jedoch unwirksam. Der Senat hat durch Urteile vom 20.01.2015 – 1 KN 6/13 u.a. (NordÖR 2015, 261 ff.) – die Teilfortschreibungen des Regionalplans für die Planungsräume I und III für unwirksam erklärt. Die dazu festgestellten formellen und materiellen Unwirksamkeitsgründe, insbesondere die nicht ordnungsgemäß erfolge Differenzierung zwischen harten und weichen Tabukriterien, die fehlerhafte Abwägung zu Mindestabstandsregelungen und die Ausklammerung potenzieller Eignungsflächen nur wegen eines entgegenstehenden Gemeindewillens, gelten auch in Bezug auf die hier maßgebliche Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum IV. Dem entsprechend ist die Unwirksamkeit dieser Teilfortschreibung hier inzident festzustellen. Die Frage, ob der im Erlasswege erfolgten Erklärung der Landesplanungsbehörde zur Nichtanwendung der Teilfortschreibung des Regionalplans IV (s. Erlass vom 23.06.2015, zu III. [Amtsbl. SH S. 772]) verbindliche Rechtswirkung zukommt, kann danach offen bleiben.

48

2.1.2 Dem auf § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gestützten Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsanspruch des Klägers steht aber die - genehmigungsrechtliche - Vorschrift des § 18a Abs. 1 Satz 2 LPLaG SH entgegen. Danach sind zur Sicherung der Raumordnungsplanung bis zum 05.06.2017 (maßgebliche Gesetzesfassung vom 22.05.2015 [GVOBl. S. 132] zur Zeit der mündlichen Verhandlung) raumbedeutsame Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet unzulässig, nachdem Verfahren zur Neuaufstellung von Raumordnungsplänen oder zur Fortschreibung bestehender Raumordnungsplänen eingeleitet worden sind.

49

2.1.2.1 Die hier zu beurteilende Windkraftanlage ist „raumbedeutsam“ i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG. Insofern sind in erster Linie die Dimension (Höhe, Rotordurchmesser), der Standort und die Auswirkungen auf die Raumordnung maßgeblich; diese bestimmen im Einzelfall die Wirkungen der Anlage auf das Landschaftsbild. Bei einer Anlage, die – wie hier – mit 64 m Nabenhöhe und einer Gesamthöhe von 99,5 m in der flachen Marschenlandschaft weithin sichtbar ist, liegt eine erhebliche Auswirkung auf den Raum und dessen Funktionen vor (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.08.2002, 4 B 26.02, BauR 2003, 837 [bei Juris Rn. 6], OVG Magdeburg, Urt. v. 20.04.2007, 2 L 110/04, ZNER 2007, 234 [bei Juris Rn. 29]; OVG Koblenz, Urt. v. 20.02.2003, 1 A 11406/01, NVwZ-RR 2003, 619; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2004, 1 LB 28/04, BauR 2004, 1579; vgl. auch Runkel DVBl. 997, 275/278 [zu 3.3.1])

50

2.1.2.2 Das Land hat auch Verfahren zur Neuaufstellung bzw. Fortschreibung von Raumordnungsplänen in Bezug auf Windenergieanlagen eingeleitet (Runderlass der Landesplanungsbehörde vom 23.06.2015 [Amtsbl. SH S. 772], i.d.F. vom 14.12.2016 [Amtsbl. SH S. 1853]).

51

2.1.2.3 Eine Ausnahme von der Unzulässigkeit nach § 18a Abs. 1 LaPlaG hat die Landesplanungsbehörde vorliegend nicht zugelassen. Sie kommt, wie sich aus dem Schriftsatz des beklagten Landesamtes vom 27.03.2017 (S. 2) ergibt, auch nicht in Betracht, weil die Windkraftanlage in einem Bereich errichtet werden soll, der einem „weichen Tabukriterium“ des in Aufstellung befindlichen (neuen) Regionalplans unterfällt und – zudem – den vorgesehenen sog. Siedlungsabstand von 800 m deutlich unterschreitet.

52

2.1.2.4 Der Ansicht des Klägers, § 18a Abs. 1 LaPlaG stehe seinem Vorhaben nicht entgegen, weil diese (Landes-)Norm verfassungswidrig sei, ist nicht zu folgen. Der Senat sieht keine Veranlassung, das Verfahren insoweit auszusetzen und die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts einzuholen, da die genannte Vorschrift mit der Landesverfassung vereinbar ist (§ 44 LVerfGG). Ebenso besteht kein Grund, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, weil § 18a LaPlaG auch mit übergeordneten Normen des Bundesrechts, insbesondere des Grundgesetzes, vereinbar ist (§ 13 Nr. 11, § 80 BVerfGG).

53

Die Zweifel des Klägers an der Gesetzgebungskompetenz des Landes zum Erlass des § 18a LaPlaG sind unbegründet.

54

Das Raumordnungsrecht gehört nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zur konkurrierenden Gesetzgebung, also zur Landeskompetenz, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Vorliegend hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht, indem er in § 14 Abs. 2 ROG eine sog. „Sicherungsuntersagung“ vorgesehen hat, die der Raumordnungsbehörde für den Fall, dass sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet, die Möglichkeit zu einer - auf bis zu zwei Jahre befristeten - Untersagung von raumbedeutsamen Maßnahmen gibt. Allerdings darf das Land nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG von dieser Regelung durch Gesetz abweichen; im Falle einer Abweichung geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor (Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG). Das ist vorliegend § 18a LaPlaG. Die Kompetenz des Landes, von dem 2008 erlassenen (neuen) Raumordnungsgesetz des Bundes abzuweichen, ist durch Art. 125 b Abs. 1 GG eröffnet. Sie ist durch das Grundgesetz nicht eingeschränkt; anders, als es etwa für das Naturschutz- oder Wasserhaushaltsrecht der Fall ist (vgl. Art. 72 Abs. 3 Nr. 2, 5 GG), gibt es für den Bereich der Raumordnung keinen verfassungsrechtlich bestimmten „abweichungsfesten Kern“ (vgl. BT-Drs. 17/813, S. 11 [zu b]; Hoppe, DVBl. 2007, 144). Die Abweichungskompetenz umfasst auch Instrumente zur Sicherung der (Landes-)Raumordnungsplanung. Die in § 18a LaPlaG getroffene landesrechtliche Regelung ist auch eine „echte“ Abweichung von § 14 Abs. 2 ROG und nicht etwa (nur) eine Wiederholung der bundesrechtlichen Reglung. § 18a Abs. 2 LaPlaG trifft eine inhaltlich weitergehende Regelung als § 14 Abs. 2 ROG, da sie abweichend von § 14 Abs. 2 ROG in § 18a Abs. 2 LaPlaG - befristet - die generelle, vorläufige Unzulässigkeit vorsieht (vgl. LT-Drs. 18/2983, S. 6, IV.).

55

Die in § 18a LaPlaG getroffene Regelung steht auch nicht im Konflikt mit dem Kompetenztitel in Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG („Bodenrecht“). Der dazu von Bringewat (NordÖR 2016, 240/245) vertretenen - gegenteiligen - Ansicht folgt der Senat nicht. Die boden- bzw. bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung von Windkraftanlagen sind in § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB geregelt. Soweit es nach § 35 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BauGB auf raumordnungsrechtliche Ziele ankommt, „öffnet“ sich das Bauplanungsrecht für – weitere – raumordnungsrechtliche Regelungen und damit auch für die Raumordnungsplanung des Landes. Damit bleibt auch die Möglichkeit des Landesgesetzgebers erhalten, die (Neu-)Aufstellung von Raumordnungsplänen zu sichern. Genau diesem Zweck dient § 18a LaPlaG, indem - nur - zur Sicherung der Raumordnungsplanung raumbedeutsame Windkraftanlagen für vorläufig unzulässig erklärt werden. Damit betrifft § 18a LaPlaG ausschließlich Genehmigungsverfahren, regelt also nicht die planungsrechtliche (Un-)Zulässigkeit von Windkraftanlagen. Die nach § 18a LaPlaG geltende zeitlich begrenzte raumordnerische Unzulässigkeit hält die Frage der endgültigen raumordnerischen Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Anlage „offen“; ihre Antwort ergibt sich (erst) aus den schlussabgewogenen Raumordnungsinstrumenten der Landesplanung (vgl. LVerfG SH, Beschl. vom 17.06.2016, LVerfG 3/15, NVwZ-RR 2016, 801 [Rn. 33, 34, 36]).

56

Die in § 18a LaPlaG getroffene Regelung begegnet auch keinen materiell-rechtlichen Einwänden des Verfassungsrechts.

57

Das Landesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass die Vorschrift die gemeindliche Planungshoheit (Art. 54 Abs. 1 LVerf SH) nicht verletzt; die gemeindliche Planungshoheit wird durch die Norm nicht betroffen (LVerfG, Beschl. v. 17.06.2016, a.a.O., Rn. 32 f.). Der Senat folgt dieser Beurteilung.

58

Darüber hinaus verletzt § 18a LaPlaG auch keine Grundrechte des Klägers.

59

Die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Baufreiheit wird nicht verletzt. Zwar wird der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG durch die nach § 18a LaPlaG geltende zeitlich begrenzte, raumordnerische Unzulässigkeit der Windkraftanlage betroffen. Doch liegt darin - ebenso wie im Fall einer baurechtlichen Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 BauGB) – eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Die Regelung in § 18a LaPlaG ist eine notwendige Ergänzung der auf Landesebene erfolgenden Raumordnungsplanung. Sie wahrt und sichert den planerischen „Spielraum“ des Landes und trägt damit gleichzeitig dazu bei, die (raum-)planerische Abwägung möglichst frei von „Fakten“ vornehmen zu können, die während des Planungsprozesses (gänzlich) unbeeinflusst von raumplanerischen Regelungen geschaffen worden sind. Im Interesse einer sachgerechten Raumordnungsplanung bestehen keine Bedenken, den Eigentümern diese Wirkungen für einen zeitlich begrenzten Zeitraum entschädigungslos aufzuerlegen (vgl. - zum Baurecht - Stock in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017 § 14 BauGB, Rn. 143 m. w. N.). Durch die nach § 18a Abs. 2 LaPlaG bestehenden Entscheidungsbefugnisse der Landesplanungsbehörde kann – bei sachgerechter Handhabung – erreicht werden, dass Ausnahmen von der Unzulässigkeit nach § 18a Abs. 1 LaPlaG zugelassen werden, wenn (sobald) die Raumordnungsplanung fortgeschritten ist und die Verwirklichung ihrer Ziele nicht oder nur unwesentlich erschwert wird. Diese Vorschrift sowie die befristete Geltung des § 18a Abs. 1 LaPlaG tragen zur Verhältnismäßigkeit der Inhalts- und Schrankenbestimmung bei.

60

Soweit demgegenüber eingewandt wird, der Gesetzgeber habe in § 18a Abs. 1 LaPlaG eine Plansicherung eingeführt, ohne den Willen, ein „relevantes Ziel aufzustellen, hinreichend manifestiert zu haben“ und ohne dass eine „sicherungsfähige Regionalplanung … (nicht einmal) in Grundzügen“ vorgelegen habe (Bringewat, a.a.O., S. 244), vermag dies die Verfassungsmäßigkeit der Norm nicht in Frage zu stellen. Es trifft zwar zu, dass bei (Verabschiedung und) Inkrafttreten des § 18a LaPlaG am 05.06.2015 (GVOBl. SH S. 132) noch kein „Entwurf des zu sichernden Raumordnungsplans“ vorlag, sondern zunächst nur die allgemeine Planungsabsicht zur Teilaufstellung der Regionalpläne (Sachthema Windenergie) für die Planungsräume I bis III bekannt gemacht worden ist (Runderlass vom 23.06.2015, Amtsbl. SH S. 772). Damit stand aber fest, dass eine neue Regionalplanung zum (speziellen) Sachbereich der Windenergie erfolgen wird. Dem – aus der Bauleitplanung bekannten – Erfordernis einer „sicherungsfähigen“ Planung, die ein Mindestmaß des Inhalts der beabsichtigten Planung erkennen lässt, wird im Allgemeinen (schon) genügt, wenn die Ziele und Zwecke der Planung bekannt sind, aber noch (verschiedene) Planungsalternativen bestehen (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 2017, § 14 BauGB Rn. 43). Die Anforderungen sind im Einzelfall vom jeweiligen Planungsraum abhängig. Wenn - wie hier - die Fläche eines großen Teilraums des Landes betroffen ist und - zudem - die raumplanerische Entscheidung der Landesplanungsbehörde über die Festlegung von Vorrang-, Vorbehalts- oder Eignungsgebieten (§ 7 Abs. 4 ROG) insbesondere im Bereich sog. „weicher Tabuzonen“ (vgl. zum Begriff: BVerwG, Urt. v. 13.12.2012, 4 CN 1.11, BVerwGE 145, 231) aus einem gesamträumlichen Planungskonzept und einer Abwägung (§ 7 Abs. 7 ROG) abgeleitet werden muss, kann für die Angabe eines „Mindestmaßes“ an Planungszielen nicht – wie vertreten wird (Bringewat, a.a.O., S. 244) – bereits ein Entwurf eines Raumordnungsplans verlangt werden. Nachdem die Landesplanungsbehörde ihre Planungsabsicht bekannt gegeben und zugleich angekündigt hat, die Kriterien zur Ermittlung geeigneter bzw. ausgeschlossener Flächen auf Regionalplanebene zu überarbeiten, ist dem – auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG bestehenden – Erfordernis einer hinreichend konkreten Angabe von Planungszielen Genüge getan. Der Umstand, dass die Überarbeitung der „Kriterien“ erst mit Erlass vom 29.04.2016 (Amtsbl. SH S. 424), also ca. 10 Monate nach Inkrafttreten des § 18a LaPlaG, erfolgt ist, ist unschädlich; auch die Entscheidung über diese Kriterien ist Teil des – zu sichernden – Planungsprozesses. Die Bekanntgabe der Planungsabsicht für eine (neue) Regionalplanung zur Windenergie und die – bald darauf – erfolgte Angabe von diesbezüglichen „Kriterien“ genügen gem. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des § 18a LaPlaG.

61

Die Verfassungsmäßigkeit des § 18a LaPlaG ist auch im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG nicht in Frage zu stellen. Der Senat folgt insoweit der rechtlichen Beurteilung, die das Verwaltungsgericht seinem Beschluss vom 10.09.2015 (6 A 190/13; NVwZ-RR 2016, 212/213) zugrunde gelegt hat. Der Kritik von Bringewat (a.a.O., S. 247) – auch daran – ist nicht zu folgen; sie wiederholt den bereits zu Art. 14 GG angeführten Einwand, es fehle an einer „ausreichend konkretisierten überörtlichen Planung“, weshalb ein legitimer Zweck zur Einschränkung der Berufsfreiheit fehle. Damit wird übersehen, dass der legitime Zweck bereits in der Sicherung der Raumordnungsplanung einschließlich des zugehörigen Planungsprozesses besteht; zu dieser Sicherung liegen genügend „sicherungsfähige“ Grundlagen vor.

62

2.2 Dem Genehmigungsanspruch nach § 6 Abs. 1 BImSchG steht § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entgegen.

63

Die vom Kläger geplante Windkraftanlage ist nicht Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs (2.2.1). Sie „dient“ einem solchen auch nicht (2.2.2) und kann auch nicht als eine sog. „mitgezogene Nutzung“ zugelassen werden (2.2.3).

64

2.2.1 Der Kläger ist unzweifelhaft Landwirt, soweit er (auf seiner „Hofstelle“) Milchviehhaltung und Rindermast auf einer Flächengrundlage von 150 ha betreibt und Mais bzw. Getreide anbaut. Die streitige Windenergieanlage will er für seinen (künftigen) Betriebsteil „Aquakultur“ einsetzen. Von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB wäre dies abgedeckt, wenn die „Aquakultur“ als Landwirtschaft i. S. der Legaldefinition des § 201 BauGB anerkannt werden könnte. Insoweit sind die für den zu „gründenden“ (neuen) Betriebsteil relevanten Umstände Grundlage der rechtlichen Beurteilung (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017, § 35 BauGB Rn. 34).

65

Die Genehmigung zur Nutzungsänderung der Halle und zur Errichtung der Aquakulturanlage ist im Bescheid vom 19.09.2011 (Bl. 173 der Beiakte A) nicht auf der Grundlage des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, sondern nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB erteilt worden. Damit geht von dem genannten Bescheid schon im Ansatz keine Tatbestandswirkung für das Vorliegen einer Landwirtschaft i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB aus.

66

Die Aquakultur des Klägers ist nicht als Landwirtschaft anzuerkennen.

67

2.2.1.1 Zur Landwirtschaft i. S. d. § 201 BauGB gehört bei Tierhaltungsbetrieben die überwiegende Erzeugung des Futters auf zum Betrieb gehörenden Flächen (unmittelbare Bodenertragsnutzung; vgl. BVerwG, Urt. v. 14.05.1969, 4 C 19.68, BVerwGE 34, 1 ff.; Urt. v. 13.12.1974, 4 C 22.73, BauR 1975, 104). Auch Fischzuchtanlagen können danach Landwirtschaft sein, wenn deren überwiegende Futtergrundlage aus dem Ackerbau, der Wiesen- und Weidewirtschaft stammt bzw. stammen kann. Die in Betracht kommenden Tierarten sind nicht auf traditionell in der Landwirtschaft gehaltene Tiere begrenzt. Allein entscheidend ist, ob das Futter (für die Fische) überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann; auch dann liegt eine unmittelbare Bodenertragsnutzung (Urproduktion) vor. Eine Einschränkung auf bestimmte Tierarten ist daraus indes nicht abzuleiten, zumal die Inanspruchnahme von Flächen durch traditionell „landwirtschaftliche“ Tierarten gleich oder gar intensiver sein kann als bei neu eingesetzten Tierarten. Nach der Novellierung des BauGB durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau) vom 23.09.2004 (BGBl I, S. 2414) sollte der „Strukturwandel in der Landwirtschaft“ gefördert werden (vgl. BT-Drs. 15/2250, S. 33), was auch die Nutzung neuer Produktionsmöglichkeiten – bei unmittelbarer Bodenertragsnutzung – einschließen sollte (VG Hamburg, Urt. v. 28.11.2012, 7 K 656/12, NVwZ-RR 2013, m. w. N.; vgl. auch VG Darmstadt, Urt. v. 19.03.2015, 7 K 923/12.DA, Juris). Soweit das OVG Lüneburg (Urt. v. 27.02.1984, 1 A 103/82, BRS 42 Nr. 88) eine Fischproduktion in Mastbehältern aus Stahl nicht als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB anerkannt hat, ist dies im Hinblick auf den (in § 201 BauGB genannten) Begriff der „Binnenfischerei“ erfolgt, die keine Aquakultur in künstlichen „Hälterbecken“ umfasse. Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Ebenso, wie es (auch) bei der „terrestrischen“ Produktion von Tieren keinen Unterschied macht, ob diese in „künstlichen“ Vorrichtungen oder in der „Natur“ erfolgt, ist dies auch bei Fischen der Fall; maßgebliches Kriterium bleibt – wie oben ausgeführt – die unmittelbare Nutzung des Bodenertrags für die Tierproduktion. Soweit das OVG Lüneburg (a.a.O.) für eine Fischproduktion in „Hälterbecken“ das Vorliegen eines „ortsgebundenen“ Betriebs verneint hat, bezieht sich dies auf § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, hat also keine Relevanz für die Zuordnung der Aquakultur zur Landwirtschaft.

68

2.2.1.2 Die Aquakultur wäre – danach – als „Landwirtschaft“ anzuerkennen, wenn der Kläger das für die Fische erforderliche Futter – bei Fortführung der anderen Betriebszweige (Milchviehhaltung, Rindermast) – überwiegend auf eigener Flächen-/Futtergrundlage erzeugen kann; die eigene Futtergrundlage muss überwiegen, d.h. mehr als 50 % abdecken (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2017, § 201 BauGB, Rdnr. 17). Dies nachzuweisen, obliegt dem Kläger.

69

Dazu hat der Kläger im Laufe des Verfahrens (höchst) unterschiedliche Zahlen „geliefert“, die sich (womöglich) auf die wechselnden Zuchtfische (zuerst Garnelen und Barramundi-Barsche, sodann Jadebarsche, schließlich Karpfen) bezogen. Der Senat legt seiner Entscheidung – im Hinblick darauf, dass eine Verpflichtung des beklagten Amtes begehrt wird, so dass es auf die Sach- und Rechtslage zur Zeit der Berufungsverhandlung ankommt – die Bedürfnisse für eine Karpfenzucht bzw. -produktion zugrunde.

70

Für eine Produktionsmenge von 250 t Karpfen werden – den Angaben des Klägers zufolge - 320 t Futter benötigt, wovon 175 t auf eigenen landwirtschaftlichen Flächen erzeugt werden sollen (entsprechend 54,68 %). Diese Angabe erscheint – zunächst – plausibel:

71

Für die Futtererzeugung der (z. Zt.) 70 Milchkühe und 469 Mastrinder gibt der Kläger einen Flächenbedarf von 108 ha an (s. „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ vom Februar 2015, S. 4). Ausgehend von 150 ha Gesamtagrarfläche verbleiben [150 - 108 =] 42 ha einschließlich Grünland. Vor dem Hintergrund des spezifischen Futterbedarfs kann das Grünland der Fischproduktion nicht zugeordnet werden. Wenn für die Fütterung der Karpfen mithin Getreide (Weizen, Gerste) verwendet werden soll, müsste auf der - nach den Angaben des Klägers - für „Marktfrucht“ verbleibenden Fläche von 28,96 ha (s. „Wirtschaftlichkeitsanalyse“, S. 12 [Bl. 173 d. A.]), die nicht für die Milchvieh- bzw. Rinderhaltung benötigt wird, ein Ertrag von [175/28,9 =] ca. 6 t pro Hektar erreichbar sein, um die für das Produktionsziel von 250 t Karpfen erforderliche Futtermenge von 175 t p.a. zu erreichen. Das ist für Getreide erreichbar.

72

Allerdings lässt der Kläger bei der Ermittlung des Futterbedarfs für die Karpfen unberücksichtigt, dass ernährungsphysiologisch nicht der gesamte Futterbedarf mit Getreidefutter bzw. aus Pflanzen gefertigten Pellets gedeckt werden kann.

73

Karpfen benötigen außer pflanzlichen Futtermitteln auch tierische Eiweiße und Fette oder „aufkonzentrierte pflanzliche Proteinprodukte“ (vgl. Stellungnahme „Rohstoffeinsatz in der Fischernährung“, CAU: Prof. Dr. Schulz, Anlage K 4, S. 2). Allein aus pflanzlicher Erzeugung kann der Eiweißbedarf von Karpfen nicht gedeckt werden (vgl. Füllner u. a., Karpfenteichwirtschaft, Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft, 2007, S. 23 [zu 5.1.3] sowie S. 61 [zu 9.9.2]). Karpfen benötigen zum Wachstum natürliches Protein, welches sie in einem Teich in Form von Wasserflöhen, Insektenlarven, Muscheln, Würmern oder Schnecken aufnehmen. Durch tierisches Eiweiß entsteht die Grundlage des Wachstums der Fische (Aufbau des Fischfleisches). Eine alleinige Fütterung mit Getreide in Beckenanlagen – ohne Naturnahrung – würde zu akuten Stoffwechselstörungen bis hin zum Tod der Karpfen führen. Karpfen können in Aquakulturen ihren Eiweißbedarf nicht allein durch pflanzlich erzeugtes Futter decken; sie sind auf zugekaufte Fischfutterprodukte angewiesen, die tierische Proteine und Fette enthalten. Dem wird in der Praxis durch zugekauftes spezielles Futter bzw. Fischmehl, Fischöl oder (sog.) Mischfutter Rechnung getragen; Getreide bzw. Futter auf pflanzlicher Basis wird (nur) als „Ergänzungsfuttermittel“ oder „Beifutter“ bezeichnet, das „als Energielieferant für den Stoffwechsel … den Luxusverbrauch von Nährtiereiweiß zur Energiegewinnung auf ein physiologisch mögliches Minimum“ reduziert; Getreide ist somit kein Ersatz für fehlende (tierische) Naturnahrung (Füllner, a.a.O., S. 61, 63 [zu 7.9.2]).

74

Nach der Konzeption des Klägers sollen die zu produzierenden Karpfen in den (vorgesehenen) 1.800 m³-Becken in der Halle aufgezogen werden. Die Karpfen sind deshalb auf Futtermittel aus tierischen Proteinen und Fetten angewiesen. Diese können nicht auf eigener Futtergrundlage produziert werden. In der vom Kläger vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung für die Aquakulturanlage werden Futterkosten von 236.522 € ansetzt (Bl. 168 d. A.); es ist nicht ersichtlich, dass dieser Betrag nur „eigenerzeugtes“ Futter betrifft. Der auf pflanzliches (Zusatz- oder Bei-) Futter entfallende Futteranteil liegt bei artgerechter Tierhaltung in der Teichwirtschaft bei 5 – 10 %, nur im Sommer kann er mehr als 25 % erreichen; der Großteil des Futters muss also tierische Proteine und Fette anbieten (vgl. Schlott u. a., Bedarfsorientierte Fütterung in der Karpfenteichwirtschaft, Wien 2011, S. 12 ff., S. 14 [Tab. 3.1]). Bei einer Beckenaufzucht, die kein natürliches Angebot tierischer Proteine und Fette ermöglicht, muss somit die überwiegende Futtergrundlage tierische Proteine und Fette anbieten; der „pflanzliche“ Anteil des Futters wird jedenfalls nicht höher ausfallen können, als es in Teichwirtschaften der Fall ist.

75

Damit bestehen Zweifel, ob die Produktion der Karpfen – in der vorgesehenen Menge von 250 t – überwiegend auf eigener Boden-/Flächengrundlage erfolgen kann.

76

Diese Zweifel gehen zu Lasten des Klägers. Es obliegt ihm, die Voraussetzungen einer Privilegierung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 und des § 201 BauGB darzulegen und durch ein schlüssiges Konzept zu belegen. Er hätte dazu im Hinblick auf die im erstinstanzlichen Urteil und in den vom beklagten Amt angeführten Zweifel Anlass zu konkrete(re)n Angaben gehabt. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung sind dazu schlüssige Angaben ausgeblieben. Der Senat konnte sich damit keine Überzeugung darüber bilden, dass die Aquakultur überwiegend auf einer eigenen Futtergrundlage aufbaut und damit als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anerkannt werden kann.

77

2.2.1.3 Abgesehen vom Erfordernis einer eigenen, überwiegenden Futtergrundlage ist für einen „landwirtschaftlichen Betrieb“ – auch – zu fordern, dass dieser ein Betriebskonzept und eine betriebliche Organisation aufweist, die bei objektiver Betrachtung auf eine nachhaltige Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Auch das ist vorliegend nicht festzustellen.

78

Ein „landwirtschaftlicher“ Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB muss auf Dauer angelegt und zur Gewinnerzielung geeignet sein. Der zu schonende Außenbereich darf in der Regel nur für eine langfristig ausgerichtete und gewinnversprechende landwirtschaftlichen Betätigung in Anspruch genommen werden (BVerwG, Urt. v. 19.04.1985, 4 C 13.82, NVwZ 1986, 201 [bei Juris Rn. 14] sowie Urt. v. 11.10.2012, 4 C 9.11, NVwZ 2013, 155; Urt. des Senats v. 27.04.1994, 1 L 141/92, Juris [Rn. 30, 32]).

79

Der Senat hat insoweit – einerseits – zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass die Eröffnung eines neuen „Betriebszweigs“ mit mehr oder weniger großen Ungewissheiten und Risiken behaftet sein kann, die nicht von vorneherein als gewinnschädlich bewertet werden dürfen. Dazu gehört auch die Berücksichtigung einer gewissen „Durststrecke“ in der Gründungs- bzw. Startphase. Dem gegenüber ist nicht zu übersehen, dass das vom Kläger entworfene Projekt „Aquakultur + Windenergie“ in beträchtlichem Umfang die Möglichkeit eröffnet, landwirtschaftsfremde Erträge aus der Einspeisung von Strom in das öffentliche Netz zu erwirtschaften. Um solchen - nicht durch die Privilegierung der Landwirtschaft nach § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201 BauGB gerechtfertigten – Effekten entgegenzuwirken, ist ein strenger Maßstab an die Nachhaltigkeits- und Wirtschaftlichkeitsprüfung anzulegen.

80

Weder die vom Kläger vorgelegten Konzepte („Konzept zur Energieversorgung“, Februar 2010 [Beiakte A, Bl. 33 ff.]; „Wirtschaftlichkeitsanalyse“, Februar 2015 [Anlage BK 1, Bl. 162 ff. d. A.]; „Wind- und Ertragsabschätzung“ vom 14. März 2016 [Anlage BK 2, Bl. 208 ff. d. A.]) noch die dazu in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgetragenen mündlichen Erläuterungen vermochten den Senat davon zu überzeugen, dass die geplante Aquakultur nachhaltig auf eine solide - positive - Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist.

81

Das im Februar 2010 vorgelegte Konzept betrachtet (noch) eine „Produktionsausrichtung“ auf Garnelen und Barramundis, ohne (dazu) Rentabilitätsprognosen zu geben; für die – jetzt – geplante Karpfenzucht ist das Konzept unergiebig.

82

Das Gleiche gilt für die (zuletzt) vorgelegte „Wind- und Ertragsabschätzung“ vom 14. März 2016 (Bl. 208 ff. d. A.). Daraus ist nur der Energieertrag der Windenergieanlage zu entnehmen, die lediglich eine „Hilfsfunktion“ für die Karpfenzucht haben soll. Ob die Windenergieanlage – für sich betrachtet Gewinne erwarten lässt, ist unerheblich, weil sie - allein – keine „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB ist.

83

Für die – unterstellte – landwirtschaftliche Aquakultur bzw. Karpfenproduktion, deren Wirtschaftlichkeit und die daraus resultierende Gewinnerwartung liefert allein die vom Kläger vorgelegten „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ (Bl. 162 ff. d. A.) Datengrundlagen. Der Kläger erwartet danach, dass die Karpfenzucht bei anteiliger Energieversorgung aus der eigenen Windkraftanlage zu einer nachhaltigen Gewinnerzielung führen wird; er beziffert diese auf ein positives Betriebsergebnis von jährlich 89.728 €, wohingegen das Betriebsergebnis bei einem Strombezug aus „fremden“ Quellen negativ ausfalle.

84

Die Berechnung des Klägers ist allerdings erheblichen Einwänden ausgesetzt, die – auch – in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht ausgeräumt werden konnten:

85

Die schon im erstinstanzlichen Urteil angesprochenen Zweifel daran, dass die Aquakultur eine - nachhaltige - Gewinnerwartung begründet, hat der Kläger nicht ausräumen können. Soweit die „Neugründung“ eines Betriebszweiges mit Anlaufschwierigkeiten verbunden ist, kann diesen sowohl auf der Kosten- als auch auf der Erlösseite durch seriöse Ansätze für Risiken und Wagnisse Rechnung getragen werden. Solche Ansätze sind der vorliegenden Gewinn- und Verlustrechnung (S. 7 der „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ [Bl.- 168 d. A.]) nicht zu entnehmen.

86

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht fällt auf, dass der Kläger auf der Kostenseite keine „Abschreibungen“ für Gebäude ansetzt, da diese „bereits vorhanden“ seien. Damit werden für den Wertverzehr der Gebäude einschließlich evtl. Instandhaltungen keine Rückstellungen gebildet. Kapitaldienst und Zinsen werden nur für die Aquakulturanlage angesetzt (18.800 € pro Jahr), nicht aber für die Windkraftanlage; ob und ggf. inwieweit in den „variablen“ Kosten für Strom aus der eigenen Windkraftanlage (135.715 € pro Jahr) Anteile für Kapitaldienst und Zinsen der Windkraftanlage, die ca. 2,3 Mio. Euro kostet, enthalten sind, ist unklar.

87

Ebenso unklar bleibt, ob Arbeitskosten ausreichend berücksichtigt worden sind. Da der Kläger auch Milch produziert und Rinder mästet, was - gerichtsbekannt - sehr zeitintensiv ist, hätte erläutert werden müssen, ob der Zeit- und Arbeitskräftebedarf für die Aquakultur durch zusätzlichen Arbeitskrafteinsatz abgedeckt werden muss. Bei der Beurteilung einer nachhaltigen Gewinnerwartung der Aquakultur sind die dafür anfallenden Kosten zu berücksichtigen.

88

Die „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ erwartet einen jährlichen Gesamterlös für Zuchtkarpfen in Höhe von 738.137,-- Euro. Auch insoweit fehlt in der Berechnung ein Ansatz für (anfangstypische) Risiken und Wagnisse (Rückstellungen). Dazu gehören - zum einen - Anlaufprobleme, insbesondere in Bezug auf die Verfahrens- und Anlagetechnik und die Wasserqualität (O2-, CO2-, NO2- und NH4-Konzentration, Schlammablagerungen), und - zum anderen - Risiken, wie Wachstumsdepressionen, Fischseuchen oder andere Tierkrankheiten (Parasitosen, Bakteriosen, Gasblasen u. a.).

89

Unabhängig davon fehlen zur Absatzerwartung in Bezug auf eine Produktionsmenge von 250 t jährlich nachvollziehbare Grundlagen. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung konnte der Kläger dazu keine schlüssige Erklärung geben.

90

Vor dem Hintergrund einer wechselhaften Entwicklung der Erzeugung von Karpfen in Aquakulturanlagen (inkl. Teichanlagen; vgl. Pressemitteilung Nr. 183 des Statistischen Bundesamtes vom 02.06.2016), den Import-/Exportzahlen und der Entwicklung der Erzeugerpreise für Karpfen (vgl. dazu: Brämick, Jahresbericht zur Deutschen Binnenfischerei und Binnenaquakultur, 2015, Seite 29, Abb. 7 sowie Seite 42, Tab. 11) kann eine Prognose der aus einer Karpfenproduktion von - hier - jährlich 250 t realistisch erreichbaren Erlöse nur auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts für den Absatz der produzierten Karpfen erfolgen. Dazu bzw. zu möglichen Vermarktungswegen findet sich in der vom Kläger vorgelegten Wirtschaftlichkeitsanalyse nichts. In der mündlichen Berufungsverhandlung hat der Kläger lediglich mitgeteilt, die Fische sollten über Dänemark bzw. nach China verkauft werden. Verträge, Vorverträge o. ä. konnte er weder benennen noch vorlegen, ebenso keine inländischen Absatzkonzepte. In Anbetracht der für die Aquakultur und die – zur Genehmigung beantragte – Windkraftanlage aufzuwendenden erheblichen Investitionssumme ist ein plausibles Absatzkonzept auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht zu fordern, um die Prognose einer dauerhaften (unterstellt) landwirtschaftlichen Betätigung zu stützen und damit – zugleich – zu belegen, dass die Windkraftanlage gerade wegen ihrer Zuordnung zur Aquakultur – und nicht etwa als (nicht privilegierte) eigene Einnahmequelle geplant wird. Das gilt umso mehr, als der Kläger in seinem (ersten) „Energiekonzept“ (S. 10 [Bl. 42 der Beiakte A]) selbst davon ausgegangen ist, dass das Marktpotenzial für heimische Süßwasserfische – wozu auch Karpfen gehören – „zu ca. 85 % ausgeschöpft“ ist und „bestehende Produktionen … neben den Importen die Nachfrage auf den hiesigen Märkten überwiegend abdecken“ können.

91

Die Last, das Gericht von einer nachhaltigen Gewinnerwartung - und damit zugleich - von der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der geplanten Aquakultur zu überzeugen, obliegt dem Kläger. Er hat dazu ausreichende und schlüssige Angaben zu „liefern“ und trägt insoweit die Beweislast (Urt. des Senats v. 27.04.1994, 1 L 141/92, Juris [Rn. 32]; vgl. auch VGH München, Beschl. v. 18.02.2013, 1 ZB 11.1389, Juris [Rn. 15] sowie VGH Mannheim, Urt. v. 07.08.1991, 3 S 1075/90, BauR 1992, 208). Das gilt insbesondere in einem Fall - wie hier - , in dem mit der Aquakultur zugleich eine Windkraftanlage realisiert werden soll, so dass die landwirtschaftlich erwarteten Erlöse aus dem Absatz von Fischen und die landwirtschaftsfremde „Rendite“ der Windkraftanlage strikt unterschieden werden müssen.

92

Für die Aquakultur ist nach alledem kein schlüssiges Betriebskonzept festzustellen, das objektiv auf Ertrags- und Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Damit kann die vom Kläger geplante, mit einer Windkraftanlage „beheizte“ Aquakultur nicht als nachhaltige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anerkannt werden.

93

2.2.2 Selbst wenn die Aquakultur des Klägers - unbeschadet der vorstehenden Gründe - als „Landwirtschaft“ i.S.d. § 201 BauGB anzusehen wäre, müsste – weiter – festzustellen sein, dass die zur Genehmigung beantragte Windenergieanlage dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers i.S.d § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB „dient“. Eine solche Feststellung ist nicht möglich.

94

2.2.2.1 Das „Dienen“ i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfordert eine bestimmte äußerlich erkennbare funktionale Beziehung der Windkraftanlage zum Betrieb und einen sachlichen Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Tätigkeit. Die „dienende“ Zweckbestimmung muss objektiv gegeben sein. Als „dienend“ können - im Grundsatz - auch Energieerzeugungsanlagen anerkannt werden, sofern die erzeugte Energie von dem landwirtschaftlichen Betrieb abgenommen und tatsächlich überwiegend in dem Betrieb verwendet wird (Söfker, in: Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 2017, § 35 BauGB Rn. 34c).

95

2.2.2.2 Das beklagte Landesamt meint, bereits wegen der Entfernung der Windkraftanlage zur „Hofstelle“ fehle es an einer (prägenden) Beziehung zum landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Dem ist nicht zu folgen:

96

Eine räumliche Nähe zum „Schwerpunkt des Betriebes“ (Söfker, a.a.O., § 35 BauGB, Rn. 35) wird zwar in der Regel eine „dienende Funktion des Vorhabens indizieren, doch schließt dies nicht aus, dass ein Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb auch dann dient, wenn es – wie hier – einem Betriebsteil „abseits“ der traditionellen Hofstelle zugeordnet ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.1985, 4 C 71.82, NVwZ 1986, 644 [bei Juris Rn. 16, a. E.]). Dabei kann es keine Rolle (mehr) spielen, ob der „abseits“ gelegene Betriebsteil – hier die auf dem Flurstück .../2 gelegene Halle des Klägers – unter Vernachlässigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs genehmigt worden ist. Wenn dort eine – unterstellt – landwirtschaftliche Aquakultur betrieben werden soll, ist die in 50 m Entfernung dazu vorgesehene Windkraftanlage diesem Betriebsteil auch - untergeordnet - räumlich-funktional zugeordnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, 4 B 44.08, BauR 2009, 473 [bei Juris Rn. 8]; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.10.2015, 12 LC 73/15, NordÖR 2016, 75 [bei Juris Rn. 24 f.]). Insofern unterscheidet sich die vorliegende Sachlage von dem Fall, der der Entscheidung des Senats vom 07.03.1995 (1 L 191/94, Juris) zugrunde lag; in jenem Fall sollte die Windkraftanlage 320 m entfernt von den betrieblichen Stromabnahmestellen errichtet werden. Einer „dienenden“ Funktion steht auch nicht entgegen, dass der von der Windkraftanlage erzeugte Strom zu einem geringen Teil (lt. Berechnung des Klägers: 0,95 %) auch zur Deckung des Strombedarfs der Wohn- und Wirtschaftsgebäude der 350 m entfernten Hofstelle eingesetzt werden soll. Die übrige Stromproduktion soll für die Bewirtschaftung der Fischzucht genutzt oder in das öffentliche Netz eingespeist werden. Auf die Entfernung von 350 m zum Wohnhaus und den in dessen Nähe gelegenen anderen landwirtschaftlichen Gebäuden kommt es somit entscheidend nicht an.

97

2.2.2.3 Der Annahme einer „dienenden“ Funktion der knapp 100 m hohen Windkraftanlage steht auch ihre (äußere) Größe nicht entgegen. Es mag sein, dass zur Deckung des Strombedarfs der geplanten Aquakultur auch eine „kleinere“ Anlage hätte ausreichen können (vgl. das gerichtliche Schreiben vom 03.02.2016, Bl. 199 d. A.). Für die Beurteilung der „dienenden“ Funktion kommt es aber nicht auf die „metrische“ Größe der Windkraftanlage oder ihr Verhältnis zu benachbarten Gebäuden an. Maßgeblich ist vielmehr, in welchem Umfang der erzeugte Strom dem landwirtschaftlichen Betrieb zugeführt wird. Auch bei einer (äußerlich) „großen“ Anlage kann dieser Umfang überwiegen, so dass (dann) auch eine „dienende“ Funktion gegeben ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2008, 12 LB 48/07, BauR 2008, 1858 [bei Juris Rn.40-41]).

98

2.2.2.4 Entscheidend ist, dass eine „dienende“ Funktion der zur Genehmigung beantragten Windkraftanlage für die – unterstellt – landwirtschaftliche Aquakultur des Klägers nur anerkannt werden kann, wenn der betriebsbezogene Anteil der Energieerzeugung gemessen an der Gesamtkapazität der Anlage erheblich ins Gewicht fällt (BVerwG, Urt. v. 16.06.1994, 4 C 20.93, BVerwGE 96, 95). Wenn dies der Fall ist, steht es einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht entgegen, wenn der „überschüssige“ (geringere) Teil des erzeugten Stroms an das öffentliche Netz oder an Dritte abgegeben wird.

99

2.2.2.4.1 Eine der Aquakultur „dienende“ Funktion erfordert, dass der betriebsbezogene Anteil der Stromproduktion der Windkraftanlage den zur Einspeisung in das öffentliche Netz oder zur Abgabe an Dritte verbleibenden Anteil deutlich überwiegt (BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, a.a.O., Rn. 8 [betrieblicher Anteil: 2/3]; ebenso: OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.2008, a.a.O., Rn.34, 38 [„ganz überwiegend“] sowie Urt. v. 29.10.2015, a.a.O. [betrieblicher Anteil: 2/3]). Es genügt nicht, wenn die erzeugte Energie nur gut zur Hälfte, also zu 51 % bis etwa 60 %, im landwirtschaftlichen Betrieb genutzt wird (vgl. Söfker, a.a.O., § 35 BauGB, Rn. 34c).

100

Damit ist eine betriebliche Verwendung von mindestens 65 % der Stromerzeugung erforderlich. Ein solcher Eigenanteil ist signifikant höher, als die Stromabgabe an Dritte oder an das öffentliche Netz. Er liegt auf der „sicheren Seite“ und gewährleistet damit ein deutliches Überwiegen der landwirtschaftlichen Energienutzung. Für eine „Schwelle“ von 65 % der Stromproduktion spricht auch die Erwägung, dass damit Anlagenkonzeptionen mit einer Stromerzeugung entgegengewirkt wird, die den Energiebedarf für den landwirtschaftlichen Betrieb von vornherein – erheblich – übersteigen, um dadurch die für eine Einspeisung ins Netz mögliche „Spitze“ zu vergrößern. Umgekehrt hat es der Bauherr einer „dienenden“ Windkraftanlage in der Hand, durch eine betriebsangemessene Dimensionierung der Anlage eine deutlich überwiegende betriebliche Verwendung der Stromproduktion sicherzustellen.

101

2.2.2.4.2 Aus dem Konzept des Klägers bzw. der „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ müsste sich – hinreichend überzeugend - entnehmen lassen, welchen Strombedarf die geplante Aquakultur auslöst und wie sich dieser zur Gesamtkapazität der Windkraftanlage verhält. Nach den Angaben des Klägers ergibt sich danach, dass der betriebliche Stromverbrauch die für eine Einspeisung in das öffentliche Netz bzw. eine Abgabe an Dritte zur Verfügung stehende Strommenge nicht – i.S.d. Ausführungen zu 2.2.2.4.1 – „deutlich“ überwiegt.

102

In seinem (ersten), mit Schriftsatz vom 16. April 2015 vorgelegten „Energiekonzept“ geht der Kläger (noch) von einem Eigenverbrauchsanteil von 62 % aus. Dieses Konzept bezog sich allerdings noch auf die Produktion von Garnelen und Barramundi-Barschen, die – jetzt – nicht mehr geplant ist. In der – später vorgelegten – sog. „Faktensammlung WKA E70/E4 und Stellungnahme Eigenverbrauch“ (Anlage BK 3 [Bl. 215 – 220 d. A.]) berechnet der Kläger den Eigenverbrauchsanteil auf der Grundlage einer Jahresleistung der Winderzeugung von 4.058.150 kWh und eines jährlichen Eigenverbrauchs in der Aquakulturanlage von 2.443.992 kWh; das ergäbe ca. 60,2 % (der Kläger gibt nur 55,74 % an). In seinem Schriftsatz vom 27. April 2016 wird – auf der Basis 4,6 Mio. kWh pro Jahr Windkraftstrom und 2.552.992 kWh pro Jahr Strombedarf für die Aquakultur – der Eigenverbrauchsanteil mit 55,5 % angegeben. In seiner „Wirtschaftlichkeitsanalyse“ (Anlage B 1 [Bl. 162 ff. d. A.]) – dort Anhang 5 - errechnet der Kläger - bei einer Jahresstromerzeugung der Windkraftanlage von 4,6 Mio kWh pro Jahr und einem betrieblichen Verbrauch der Aquakultur zur Produktion von Karpfen von 2.443.992 kWh pro Jahr - eine Eigenverbrauchsquote von 55,74 % ab (rechnerisch ergäben sich 53,13 %); unter Berücksichtigung eines - weiteren - Eigenverbrauchs für den (übrigen) landwirtschaftlichen Betrieb gibt er die (Gesamt-)Eigenverbrauchsquote mit 56,69 % an (Bl. 176 d. A.).

103

Die Quoten des Eigenverbrauchs für die Aquakultur und den Gesamtbetrieb bleiben damit nach allen Berechnungen - erheblich - unterhalb der Grenze, von der ab - nach den o. g. (2.2.2.4.1) Maßstäben - ein „deutliches“ Überwiegen des betrieblichen Verbrauchs der Stromproduktion anzunehmen ist.

104

2.2.2.4.3 Unabhängig davon bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Ansätze für den der Aquakultur zugeordneten Stromverbrauch zu hoch sind, so dass sich auch eine überhöhte Eigenverbrauchsquote errechnet. Der vom Kläger insoweit angesetzte Energiebedarf hält einer kritischen Überprüfung nicht stand.

105

Der Kläger geht – im Ausgangspunkt zutreffend – davon aus, dass für den betrieblichen Energiebedarf der Aquakultur die für die Karpfen bereitzustellende Wassertemperatur den entscheidenden Faktor darstellt (s. S. 11 des „Energiekonzepts“ [Bl. 43 der Beiakte A]). Dann aber bedarf die „geplante“ Wassertemperatur einer fachlich nachvollziehbaren Begründung. Diese fehlt.

106

Der Kläger legt seinen Energiebedarfsberechnungen eine Wassertemperatur von 26° C in den (Indoor-)Becken und eine Lufttemperatur in der Halle von 20° C zugrunde (Bl. 166 d. A.). Für die früher geplante Zucht von Garnelen und Barramundi-Barschen, die Temperaturbereiche von 25-32 °C bzw. 25-30° C erfordern, ist dies – fachlich – begründet worden (s. 10, 12 des „Energiekonzepts“ [Bl. 42, 44 der Beiakte A]). Eine entsprechende Begründung für die für Karpfen erforderliche Wassertemperatur fehlt.

107

Den vorgelegten Berechnungen des Klägers ist auch nicht zu entnehmen, dass der (höchst) unterschiedliche Energiebedarf während der Sommer- bzw. der Winterzeit berücksichtigt worden ist. Unberücksichtigt bleibt auch, ob und ggf. inwieweit sich der Energiebedarf durch Wärmeisolierung reduzieren lässt. Dadurch kann der Strombedarf - insbesondere in der Sommerzeit - erheblich sinken.

108

Gründe dafür, dass eine (ganzjährige) Beheizung des Wassers auf 26°C für die Karpfenproduktion in einer Aquakultur erforderlich ist, sind auch nicht ersichtlich. Aus allgemein zugänglichen Quellen (z. B. fischerzeugerring-niederbayern.de) ist zu entnehmen, dass die „Vorzugstemperatur“ bei Karpfen zwischen 19 und 24°C liegt; der (ganzjährige) „Optimalbereich“ wird beginnend mit 23°C angegeben (vgl. Rümmler u.a., Kombinierte Satzkarpfen-Edelfischaufzucht in geschlossenen Kreislaufanlagen, Schriftenreihe 13/2006 der Sächs. Landesanstalt für Landwirtschaft, S. 15; Rümmler u. a., Warmwasseraufzucht von Karpfen …, in: Fischer & Teichwirt 2011, 170 [zu 2.]).

109

Die für die Karpfenproduktion „optimale“ Wassertemperatur ist i.Ü. nicht nur eine (fisch-)biologische Größe, sondern - vor allem - ein ökonomischer Faktor. Die Wassertemperatur hat für die Fischvermehrung eine größere Bedeutung als für die Fischmast, für letztere trägt sie zu einer schnelleren Gewichtszunahme der Fische bei. Dem entsprechend ist – ökonomisch – der „Gewinn“ einer schnelleren Gewichtszunahme der Fische mit den Kosten für den erhöhten Energieeinsatz für Beheizung und Aufbereitung des Wassers zu vergleichen. Erst daraus ergibt sich ein – betriebswirtschaftliches – Optimum.

110

Den Berechnungen des Klägers bzw. der diesen zugrundliegenden Konzeption sind zu (allen) diesen Fragen keinerlei Angaben oder Erläuterungen zu entnehmen. Dabei sind die Auswirkungen der („Soll“-) Temperatur von 26°C auf den Energieverbrauch keineswegs zu vernachlässigen, da für die Wassererwärmung und -warmhaltung ein deutlich geringerer Energieeinsatz anzusetzen wäre, wenn die Anlage auf eine (mittlere) Temperatur von 23°C (oder weniger) ausgelegt würde. Das ergibt sich – deutlich – aus dem „Energiekonzept“ (a.a.O., S. 18, 21 [Beiakte A, Bl. 50, 53]) und den dort angegebenen Werten für den Energieeinsatz in Abhängigkeit von der „konstanten Beckentemperatur“ von 18, 20, 22, 24, 26°C und mehr: Bei 2°C „weniger“ Beckentemperatur sinkt der Energieverbrauch um ca. 10, 9 %; bei 4 °C weniger um ca. 21,8 %. Entsprechend ergäbe sich bei einer konstanten Beckentemperatur von (statt 26°C) 24°C und einem dafür erforderlichen Energiebedarf von 2.181.691 kWh pro Jahr auf der Basis von 4,6 Mio. kWh pro Jahr Windkraftstrom eine Eigenverbrauchsquote von ca. 47 %, die nach den o. g. (2.2.2.4.1) Maßstäben – sicher – nicht mehr als „deutlich überwiegend“ anzuerkennen ist.

111

Das Gleiche wäre der Fall, wenn der Kläger - zumindest einen Teil der Fische - in den Außenbecken hält, was – jedenfalls in der wärmeren Jahreszeit – möglich ist und insoweit den Bedarf für eine (elektrische) Wassererwärmung und die Wasseraufbereitung in den („Indoor“-)Wasserbecken weiter reduziert.

112

Was die im Konzept des Klägers vorgesehene Lufttemperatur in der Halle (20°C) anbetrifft, wird der Stromenergiebedarf insoweit nicht gesondert angegeben. Dieser – wie auch der Strombedarf für die in der Halle geplante Kreislaufanlage (z. B. für Pumpen, Sauerstoffzufuhr etc.) - kann indes vernachlässigt werden, weil er nur einen relativ geringen Teil des gesamten betrieblichen Energiebedarfs ausmacht. Die Lufttemperatur in der Halle wird in der „warmen“ Jahreszeit ohne weiteres erreicht werden können; in der „kalten“ Jahreszeit wird sie sich einstellen, wenn das Wasser in den Becken auf (23°C oder) 26°C aufgeheizt wird.

113

2.2.2.4.4 Auf die hypothetischen Berechnungen des Klägers zum Einfluss des sog. „Trafo-Abschlags“ (genauer: der Abregelung der Stromeinspeisung in das Stromnetz z. B. in Fällen einer Netzüberlastung) auf die für die Jahre 2013 – 2015 anzusetzenden Eigenverbrauchswerte kommt es schon im Ansatz nicht an. Maßgeblich für eine überwiegende Nutzung des in der Windkraftanlage erzeugten Stroms zur landwirtschaftlichen Betriebsführung ist der Anteil des Eigenverbrauchs an der Jahreserzeugung. In welchem Ausmaß der nicht betrieblich benötigte Strom im Rahmen eines sog. „Einspeisemanagements“ nicht in das öffentliche Netz eingespeist (und vergütet) wird, ist für die Frage, inwieweit die Windkraftanlage dem Betreibsteil „Karpfenzucht“ dient, unerheblich. Dem beklagten Landesamt ist darin zu folgen, dass es allein auf einen Vergleich der betrieblich benötigten und einsetzbaren Strommenge mit der Gesamt-Strommenge ankommt, die von der Windkraftanlage erzeugt wird. Die vom Kläger für die Jahre 2013 – 2015 errechneten hypothetischen Eigenverbrauchsquoten von 60,3 %, 79 % bzw. 119,8 % (GA 206, 217 [Tabelle, rechte Spalte]) sind damit nicht maßgeblich.

114

2.2.2.4.5 Insgesamt genügen – somit – die Angaben des Klägers nicht für die Annahme, dass die Stromerzeugung der geplanten Windkraftanlage „deutlich“ überwiegend für den betrieblich veranlassten Energiebedarf der Aquakultur bzw. des übrigen landwirtschaftlichen Betriebes eingesetzt werden wird.

115

2.2.3 Die Windenergieanlage kann – schließlich – auch nicht als eine sog. „mitgezogene Nutzung“ zugelassen werden.

116

2.2.3.1 Als „mitgezogene Nutzungen“ können Vorhaben an der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB auch dann teilnehmen, wenn sie – für sich betrachtet – nicht-landwirtschaftlicher Art sind. Dazu müssten sie als „bodenrechtliche Nebensache“ wie ein „Anhängsel“ dem landwirtschaftlichen Betrieb zu- und untergeordnet sein (BVerwG, Beschl. v. 28.08.1998, 4 B 66.98, NVwZ-RR 1999, 106 sowie Urt. v. 30.11.1984, 4 C 27.81, NVwZ 1986, 203). Die Landwirtschaft muss nach Umfang und Bedeutung für den Gesamtbetrieb deutlich überwiegen. Eine „bodenrechtliche Nebensache“ ist nicht (mehr) anzunehmen, wenn das Vorhaben nach seiner Zweckbestimmung nicht überwiegend im Rahmen der landwirtschaftlichen Betriebsführung genutzt werden soll. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bietet keine Handhabe dafür, einen landwirtschaftlichen Betrieb unter erleichterten Voraussetzungen um einen von der landwirtschaftlichen Nutzung unabhängigen gewerblich-kaufmännischen Betriebsteil zu erweitern (BVerwG, Beschl. v. 04.11.2008, 4 B 44.08, a.a.O. [bei Juris Rn. 7 ff.]; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 29.10.2015, a.a.O. [bei Juris Rn. 21]).

117

2.2.3.2 Die vom Kläger geplante Windkraftanlage käme – danach – als „mitgezogene Nutzung“ im o. g. Sinne in Betracht, wenn die Aquakultur als Landwirtschaft i. S. d. § 201 BauGB anerkannt werden könnte. Das ist – wie ausgeführt – nicht der Fall.

118

Als ein nicht landwirtschaftliches Vorhaben ist die Aquakultur nicht mehr untergeordnete „Nebensache“ des landwirtschaftlichen Betriebs anzusehen. Da die Karpfenproduktion – wie ausgeführt – nicht mehr überwiegend auf eigener Futtergrundlage erfolgen kann, stellt sie einen gewerblichen Betriebsteil dar, der nicht als „mitgezogene“ Nutzung zugelassen werden kann. Der Betriebsteil ist i. Ü. auch nicht als solche zugelassen worden, sondern nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, wie sich aus dem Bescheid des Kreises vom 19.09.2011 (Bl. 173 der Beiakte A) ergibt. Der Versuch der Klägers, eine Genehmigung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu erlangen, ist erfolglos geblieben (Urteil des VG Schleswig vom 04.06.2013, 2 A 29/12, NordÖR 2014, 29; Beschluss des Senats vom 12.08.2013, 1 LA 53/13).

119

Unter Zugrundelegung eines nicht landwirtschaftlichen Betriebsteils ist dem beklagten Landesamt (Schriftsatz vom 01.07.2013, S. 2) darin zu folgen, dass zur Deckung der dafür benötigten Energie nicht eine weitere Nebenanlage im Außenbereich zugelassen werden kann.

120

2.2.3.3 Mangels Zulässigkeit der zur Genehmigung gestellten Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB kommt es auf Nr. 3.5.2. Nr. 5 (Z) des am 13. Juli 2010 veröffentlichen Landesentwicklungsplans nicht mehr an. Nach der genannten Bestimmung ist die Errichtung von Windkraftanlagen außerhalb festgelegter Eignungsgebiete ausgeschlossen, ausgenommen solche, die „einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 BauGB dienen, mit in der Regel einer Gesamthöhe bis zu 70 m.“ Da die Anlage des Klägers – wie ausgeführt – keine „dienende“ Anlage ist (s.o. 2.2.2), erübrigen sich weitere Ausführungen zu dieser raumordnungsrechtlichen Aussage.

121

2.2.3.4 Eine Zulassung der Windkraftanlage des Klägers nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB kommt nach alledem nicht in Betracht. Ebenso scheidet ihre Zulassung nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB aus; diese Vorschrift wird hier durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB verdrängt, die – wie ausgeführt (oben 2.1) – keinen Genehmigungsanspruch vermittelt.

122

2.3 Die Windenergieanlage ist auch als „sonstiges Vorhaben“ i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB nicht genehmigungsfähig. Sie ist – wie ausgeführt (oben 2.1.2.1) – ein raumbedeutsames Vorhaben. Damit ergibt sich ihre Unzulässigkeit aus § 18a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG.

123

3. Der Hilfsantrag des Klägers ist ebenfalls unbegründet. Er hat aus den oben genannten Gründen keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Landesamt seinen Antrag neu bescheidet. Die Ablehnung der begehrten Genehmigung ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).

124

4. Die Berufung ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

125

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO.i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

126

Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

127

BESCHLUSS

128

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 218.00,00 Euro festgesetzt.


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

Tenor

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auf 900.000,-- € festgesetzt.

Gründe

1

Die Hauptbeteiligten des Prozesses haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, so dass gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen durch Beschluss zu entscheiden ist.

2

Danach sind die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben, weil sowohl die Klägerin, als auch der Beklagte im Falle der Verfahrensfortführung und streitiger Entscheidung durch das Gericht wohl nur teilweise erfolgreich gewesen wären. Nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand geht das Gericht davon aus, dass dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin zur Neubescheidung ihrer Genehmigungsanträge für drei Windenergieanlagen zwar nicht stattzugeben wäre. Auf ihren Anfechtungsantrag wären die streitbefangenen Ablehnungsbescheide, sowie die dazu ergangenen Widerspruchsbescheide aber wohl aufzuheben.

3

Dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin steht die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 des Landesplanungsgesetzes (LaPlaG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes - Windenergieplanungssicherstellungsgesetz (WEPSG) vom 22. Mai 2015 (GVOBl. SH 2015, S. 132) entgegen. Nach dieser Vorschrift sind zur Sicherung der Raumordnungsplanung, mit denen Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur räumlichen Steuerung der Errichtung von raumbedeutsamen Windkraftanlagen aufgestellt werden, solche Anlagen vorläufig bis zum 05. Juni 2017 im gesamten Landesgebiet unzulässig. Die streitbefangenen Windkraftanlagen sind raumbedeutsam im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG, weil sie schon wegen ihrer Größe weithin sichtbar sein und damit einen erheblichen Einfluss auf das Landschaftsbild haben werden.

4

§ 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG in der Fassung vom 22. Mai 2015 ist wirksam und begegnet entgegen der Ansicht der Klägerin keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zunächst steht dem Land Schleswig-Holstein gemäß Art. 72 Abs. 3 Nr. 4 GG die Gesetzgebungsbefugnis für die streitbefangene Regelung zu, weil die Landesplanung das Recht der Raumordnung im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zum Gesetzgebungsgegenstand hat und nicht das Städtebaurecht als Teil des Bodenrechts im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG betrifft. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, die Normierung der vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG beinhalte in Wirklichkeit eine städtebauliche Regelung, für die dem Land keine Kompetenz zur Abweichungsgesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 3 GG zustehe. Während Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG insbesondere die städtebauliche Planung umfasst, ist Raumordnung im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG in Abgrenzung hierzu zu definieren als übergeordnete zusammenfassende Gesamtplanung auf Landesebene (vgl. Sachs, Grundgesetz, Art. 74 Rn. 78 mwN.).

5

Die Vorschrift zur vorläufigen Planungssicherung in § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG begegnet auch in materieller Hinsicht keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zunächst steht diese Vorschrift entgegen der Ansicht der Klägerin nicht im Widerspruch zu den bundesrechtlichen Bestimmungen der § 35 und § 249 Abs. 3 BauGB, so dass sie nicht gemäß Art. 31 GG wegen einer Kollision mit dem Bundesrecht nichtig ist. Art. 31 GG kommt zur Anwendung, wenn dieselbe Rechtsfrage sowohl durch Bundes- als auch durch Landesrecht geregelt ist und zwischen beiden Normen eine Kollision in der Weise besteht, dass die Anwendung der Normen auf dasselbe konkrete Rechtsverhältnis zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen würde (vgl. Sachs, Grundgesetz, Art. 31 Rn. 18 mwN.). Vorliegend normieren Bundes- und Landesrecht aber unterschiedliche Rechtsfolgen. Das landesplanungsrechtliche Sicherungsmoratorium aus § 18 a Abs. 2 LaPlaG lässt den Genehmigungsanspruch gem. § 6 Abs. 1 BImSchG unberührt. Die vorläufige Unzulässigkeit des streitbefangenen Vorhabens gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG lässt den Genehmigungsanspruch nicht untergehen, sondern suspendiert ihn lediglich vorübergehend (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 05. März 2015, Az. 4 K 374/13 mwN.; Spannowsky-Runkel- Goppel, ROG § 14 Rn. 18 ff. mwN.). Dieses wird schon aus dem Wortlaut der Norm deutlich, die ausdrücklich die „vorübergehende Unzulässigkeit“ regelt. Darüber hinaus heißt es auch in der Gesetzesbegründung vom 21. Mai 2015 (LT-Drucksache 18/2983 (neu)), dass das Gesetz keine Regelung über das Genehmigungsverfahren einzelner Windkraftanlagen trifft, sondern nur deren zeitlich begrenzte, raumordnerische Unzulässigkeit normiere.

6

Zur Verwirklichung der bezweckten Sicherung der Raumplanung ist es auch nicht erforderlich, dass ein etwaiger Genehmigungsanspruch endgültig erlischt. Das wäre vielmehr unverhältnismäßig, weil bereits die Suspendierung zur Zweckerreichung genügt. Dementsprechend ist das Sicherungsmoratorium gem. § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG im systematischen Zusammenhang mit den Bestimmungen zur Landesplanung und nicht etwa zum Landesbaurecht geregelt. Die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG ist deshalb keine dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschrift im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG.

7

Demgegenüber betreffen die bauplanungsrechtliche Privilegierungsnorm des § 35 Abs. 1 Nr. 5 und die Konzentrationszonenplanung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitbefangenen Vorhabens und sind essentielle Voraussetzung für den Genehmigungsanspruch aus § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Ebenso betrifft § 249 Abs. 3 BauGB den Genehmigungsanspruch, weil diese Vorschrift die bauplanungsrechtliche Privilegierung für Windkraftanlagen aus § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB modifiziert. Auch diese Vorschrift lässt einen etwaigen Genehmigungsanspruch der Klägerin nicht unberührt, sondern gestaltet die bauplanungsrechtliche Privilegierung inhaltlich aus. Keine der von der Klägerin in Bezug genommenen baurechtlichen Vorschriften enthält eine Regelung zur vorübergehenden Planungssicherung. Mithin fügt sich die hier entscheidungserhebliche landesrechtliche Regelung widerspruchsfrei in das Bauplanungsrecht des Bundes ein.

8

Schließlich verletzt das Sicherungsmoratorium nach dem LaPlaG die Klägerin auch nicht in ihren Grundrechten.

9

Der Schutzbereich ihres Eigentumsgrundrechtes aus Art. 14 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht betroffen, weil sie weder Eigentümerin der zur Bebauung in Aussicht genommenen Grundstücke ist, noch über einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb „Windpark Bordelumer Koog" als wertprägende Sach- und Rechtsgesamtheit eines wirtschaftlichen Unternehmens der Windenergienutzung durch Stromerzeugung verfügt. Falls sie über eine schuldrechtliche Befugnis verfügen sollte, das Grundstück zukünftig zu nutzen, so ist dieses Schuldrecht von Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt (vgl. Sachs, Grundgesetz Art. 14, Rdnr. 44 ff.).

10

Betroffen ist die Klägerin allerdings in ihrem Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, das gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch für Kommanditgesellschaften gilt (vgl. Sachs, GG, Art. 19 Rn. 64 mwN.). Wegen der vorübergehenden Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen in ganz Schleswig-Holstein kann die auf Dauer angelegte und auf Einkommenserzielung gerichtete Tätigkeit des Windkraftanlagenbetreibens mit noch zu errichtenden Anlagen in A-Stadt und in ganz Schleswig-Holstein gegenwärtig von der Klägerin nicht ausgeübt werden. Darin liegt zwar keine subjektive oder objektive Berufszugangsvoraussetzung, weil der Zugang zum Beruf des Windkraftanlagenbetreibers nicht beschränkt wird, sondern lediglich dieser Beruf vorübergehend mit Neuanlagen nicht ausgeübt werden kann.

11

Die Freiheit der Berufsausübung unterliegt gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG Schranken, die einer Verhältnismäßigkeitsprüfung genügen müssen. Die Schwere des Grundrechtseingriffes muss durch gewichtige Gründe gerechtfertigt sein und darf das Übermaßverbot nicht verletzen. Die vorübergehende Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen zur Sicherung der Landesplanung gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG ist verhältnismäßig. Der damit verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist relativ gering, weil nämlich nur vorübergehend in Schleswig-Holstein keine neuen Windkraftanlagen betrieben werden können, während das Recht Altanlagen in Schleswig-Holstein oder Anlagen außerhalb von Schleswig-Holstein zu betreiben unberührt bleibt. Demgegenüber ist das öffentliche Interesse an Planung und Steuerung der Windkraftnutzung von erheblichem Gewicht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002, Az. 4 C 15.01; BVerwGE 117, 287).

12

Die beabsichtigte und zu sichernde Planung begegnet im gegenwärtigen Planungsstand keinen rechtlichen Bedenken. Die Festlegung von Zielen und Grundsätzen der Raumordnung zur Steuerung raumbedeutsamer Windenergieanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 LaPlaG ist nach dem ROG grundsätzlich ein geeigneter Gegenstand der Raumordnungsplanung und wird von § 35 Abs. 3 BauGB zur Steuerung der Windkraftprivilegierung ausdrücklich vorgesehen. Die Festlegung von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 ROG zur Steuerung der Windenergienutzung ist diesbezüglich ein zulässiges Ziel der Raumordnung (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 20. Januar 2015, Az. 1 KN 6/13). Das vom Ministerpräsidenten als Landesplanungsbehörde im Runderlass vom 23. Juni 2015 gewählte Planungsverfahren ist sachgerecht, um die aktuellen Grundsätze der Rechtsprechung zur Steuerung von Windenergieanlagen umzusetzen. Diesen Grundsätzen entspricht es, zum Zwecke der Festlegung von Zielen der Raumordnung zunächst harte Tabukriterien zu ermitteln und weiche Tabukriterien zu bestimmen, um sodann die verbliebenen Potentialflächen anhand weiterer Abwägungskriterien zu überplanen.

13

Die weichen Tabukriterien, sowie die Kriterien für den weiteren Abwägungsprozess sind ausweislich des Planungserlasses des Ministerpräsidenten ausdrücklich vorläufig, die endgültige Festlegung der Ziele der Raumordnung bleibt vielmehr einer abschließenden Abwägung der beteiligten Belange gemäß § 7 Abs. 2 ROG vorbehalten. Mithin ist der Kriterienkatalog der Landesplanungsbehörde für das nun begonnene Planungsverfahren nicht abschließend zu überprüfen. Für den jetzigen, sehr frühen, Planungsstand reicht es zur Begründung eines Sicherungsmoratoriums vielmehr aus, dass die Planungskriterien eine abwägungsfehlerfreie Festlegung der Ziele der Raumordnung möglich erscheinen lassen, also nicht willkürlich oder unerheblich sind.

14

Diesen vorgenannten, im Vergleich zu einer raumordnungsrechtlichen Zielbestimmung erheblich verminderten Wirksamkeits- und Bestimmtheitsvoraussetzungen genügen die Kriterien der Landesplanungsbehörde zur Ermittlung geeigneter bzw. ausgeschlossener Flächen für raumbedeutsame Windenergieanlagen auf Regionalplanebene, wie sie nach dem Runderlass des Ministerpräsidenten vom 23. Juni 2015 zur Anwendung kommen sollen. Insbesondere reicht der Detailierungsgrad der Kriterien für dieses frühe Planungsstadium. Auch die bislang relativ offen formulierten Abwägungskriterien „charakteristische Landschaftsräume“ und „Hauptachsen des überregionalen Vogelzuges“ sind für den weiteren Planungsvorgang erheblich und willkürfrei formuliert. Ausweislich der Begründung zu dem Kriterium „charakteristische Landschaftsräume“ soll im Rahmen der Abwägung die Möglichkeit eröffnet werden, solche Areale großräumig von Windkraftanlagen frei zu halten, für die im Rahmen eines noch zu erstellenden Gutachtens diesbezüglich eine sachlich fachliche Begründung gegeben ist. Damit setzt der Erlass den Zweck der Windenergieanlagensteuerung, nämlich auch im erheblichen Anteil unverbaute Landesfläche zu erhalten mit der Möglichkeit eine Freiraumkonzeption zu entwickeln um.

15

Das Abwägungskriterium „Hauptachsen des überregionalen Vogelzuges“ ist für dieses frühe Planungsstadium unter dem Aspekt des vorsorgenden Artenschutzes gerechtfertigt, da die Landesplanungsbehörde weiteren Prüfbedarf sieht, um das Kollisionsrisiko der Zugvögel mit Windenergieanlagen im Höhenbereich der Rotoren zu vermeiden.

16

Ebenso begegnet auch das Abwägungskriterium „Netzkapazität“ gegenwärtig keinen Bedenken. Es erscheint vielmehr sachgerecht, dass der Regionalplangeber prüfen muss, ob die regionale Netzkapazität zur Aufnahme der gesamten in der Region vorgesehenen Leistung ausreicht. Privilegiert sind gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nämlich lediglich Vorhaben zur Nutzung der Windenergie und nicht Vorhaben, die mangels hinreichender Netzkapazitäten lediglich Entschädigungstatbestände nach dem Erneuerbaren Energiegesetz realisieren können.

17

Auch das vorliegend betroffene Abwägungskriterium „Umzingelungswirkung, Riegelbildung“ ist mindestens abwägungsrelevant für den gerechten Ausgleich der betroffenen öffentlichen und privaten Belange, damit nicht einzelne Ortslagen in unzumutbarer Weise von Windenergieanlagen umstellt sind. Die Verhinderung solcher Umzingelungswirkung kann erforderlich sein, um die Interessen der Bevölkerung und der betroffenen Gemeinde an Wohn- und Lebensqualität zu wahren. Es ist deshalb sachgerecht für die Abwägung dieses Belanges gutachterliche Vorarbeiten heranzuziehen. Es kommt auch ernsthaft in Betracht, dass sich die Vermeidung einer Umzingelungswirkung und Riegelbildung im Ergebnis im Planungsverfahren durchsetzt. Die Landesplanung muss nämlich nicht möglichst viele Windenergieanlagen zulassen. Sie hat lediglich der privilegierten Windenergienutzung substantiell Raum zu verschaffen, andererseits die Windenergienutzung aber zu kanalisieren und Fehlentwicklungen gegenzusteuern (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2005, Az. 4 C 5/04 mwN; zitiert nach Juris).

18

Hinsichtlich der sonstigen Planungskriterien sind Einwände nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden.

19

Zur Sicherung des eingeleiteten Planungsverfahrens nach den zugrundezulegenden Planungskriterien ist die vorläufige Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 Landesplanungsgesetz geeignet, da Planverfahren und Abwägung nicht unterlaufen werden können.

20

Sie ist auch erforderlich, weil nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand während der Verfahrensdauer für die im Juni aufgelegte Neufestlegung der Ziele- und Grundsätze der Raumordnung nicht nur einzelne Vorhaben zur Errichtung von Windenergieanlagen von Betreibern verwirklicht werden sollen. Der gegenwärtig sehr frühere Planungsstand, in dem bislang lediglich Planungsabsichten formuliert sind, wäre durch den raumordnerisch ungesteuerten Ausbau der Windkraft erheblich beeinträchtigt, weil die landesplanerischen Optionen zur Wahrung anderer Belange mit fortschreitendem Windkraftanlagenausbau immer weiter eingeengt würden. Der Ausbau während des laufenden Verfahrens zur Landesplanung wäre lediglich bauplanungsrechtlich zu beurteilen, eine das Landesgebiet betreffende gesamträumliche Planung wäre wegen fortwährender Veränderung der Planungsgrundlagen erschwert, wenn nicht gar unmöglich. Wegen der Vielzahl anhängiger Genehmigungsanträge für raumbedeutsame Windenergieanlagen bei dem Beklagten und der aufgrund der hohen Renditeerwartung solcher Anlagen fortdauernden Windparkkonzeptionierungen steht zu erwarten, dass einer geordneten Raumplanung nicht nur weitere Einzelvorhaben im Wege stünden, sondern eine Vielzahl von neuerschlossenen Windenergieanlagenstandorten immer wieder in das Verfahren zur Landesplanung einzubeziehen wären. Die über das Bundesrecht gemäß § 14 Abs. 2 ROG hinausgehende generelle vorübergehende Unzulässigkeit ist die einzige Möglichkeit, um erheblichen Verwaltungsaufwand für die Raumordnungsbehörde zu vermindern. Für das einzelne Investitionsvorhaben ist es hingegen ohne Belang, ob es individuell vorläufig gemäß § 14 Abs. 2 ROG untersagt wird, oder im Gleichklang mit einer Vielzahl anderer Vorhaben im Land generell unzulässig ist und mithin lediglich die bundesrechtlich ohnehin mögliche Einzelfalluntersagung entbehrlich wird.

21

Schließlich ist das Sicherungsmoratorium verhältnismäßig im engeren Sinne und beeinträchtigt das Übermaßverbot für eine Berufsausübungsbeschränkung nicht, weil es zeitlich befristet ist und nur raumbedeutsame Windenergieanlagen betrifft. Vorhaben dieser Art, die nicht planungsrelevant sind, können darüber hinaus ausnahmsweise nach § 18 a Abs. 2 LaPlaG nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung zugelassen werden. Durch diese Ausnahmeregelung ist gewährleistet, dass eine Einzelfallprüfung der Vorhaben auf ihre Planungsverfahrensverträglichkeit erfolgt und die vorläufige Unzulässigkeit des Vorhabens endet, sobald es die weitere Planung nicht mehr wesentlich erschwert.

22

Die Klägerin kann jedoch keine Ausnahme gemäß § 18 a Abs. 2 LaPlaG von der vorläufigen Unzulässigkeit ihrer Windenergieanlagen beanspruchen. Nach der vorbezeichneten Vorschrift können Ausnahmen zugelassen werden, wenn und soweit raumbedeutsame Windkraftanlagen nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung nicht befürchten lassen, dass sie die Verwirklichung dieser Ziele unmöglich machen oder wesentlich erschweren.

23

In diesem frühen Planungsstand zur Aufstellung der Ziele der Raumordnung lassen die streitbefangenen Windkraftanlagen jedoch befürchten, dass sie die Verwirklichung des Ziels, außerhalb der Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten die Errichtung von Windenergieanlagen auszuschließen, wesentlich erschwerten, weil das Abwägungskriterium Umzingelungswirkung/Riegelbildung wegen des Vordringens von Windenergieanlagenstandorten in bisher unbebaute Gebiete betroffen ist. Mithin kommt in Betracht, dass für diesen Teil des Gemeindegebiets der Beigeladenen zu 1. die effektive Freihaltung von Windenergieanlagen nicht mehr als Planungsoption besteht. Darüber hinaus könnte im Falle einer Ausnahmeerteilung auch eine etwaige Umzingelung der Hofstelle Hohlstill raumplanerisch nicht mehr verhindert werden. Die weitere räumliche Ausdehnung der bereits bestehenden Windparks im größten zusammenhängenden Windkraftgebiet Schleswig-Holsteins im Bereich A-Stadt/B. könnte dann nicht mehr auf ihre Raumverträglichkeit geprüft werden. Diese umfassende Prüfung soll aber gerade erst das Planaufstellungsverfahren ermöglich, so dass gegenwärtig noch nicht feststehen kann, ob eine Ausnahmezulassung nach § 18 a Abs. 2 LaPlaG möglich ist.

24

Nach alledem bot das Verpflichtungsbegehren der Klägerin vor der übereinstimmenden Erklärung zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg, so dass die Klägerin an der Kostentragung zu beteiligen ist.

25

Mit ihrem Anfechtungsantrag wäre die Klägerin hingegen voraussichtlich im Falle einer streitigen Entscheidung des Rechtsstreits erfolgreich gewesen. Nach gegenwärtig überschaubarem Sachstand scheint ihre Anfechtungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO begründet, da die angefochtenen Ablehnungsbescheide rechtswidrig sind und die Klägerin in eigenen Rechten verletzen.

26

Maßgebend ist insoweit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, weil für die Entscheidung eines Gerichts die Rechtsvorschriften maßgeblich sind, die sich im Zeitpunkt der Entscheidung für die Beurteilung des Klagbegehrens Geltung beimessen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03. November 1994, Az. 3 C 17.92; BVerwGE in 97, 79). Hier ist das Klagbegehren nicht auf die isolierte Anfechtung der Ablehnungsbescheide, sondern auf die Erlangung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen gerichtet. Dieses Klagbegehren ist insgesamt an der aktuellen Rechtslage zu messen.

27

Danach sind die Ablehnungsbescheide aufzuheben, weil gegenwärtig dem Genehmigungsanspruch der Klägerin zu Unrecht öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegengehalten werden.

28

§ 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG mit der darin normierten vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen ist keine dem Vorhaben entgegenstehende Vorschrift im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, weil, wie oben ausgeführt, die vorläufige Unzulässigkeit den Genehmigungsanspruch nicht untergehen lässt, sondern diesen lediglich vorübergehend suspendiert. Auch steht § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB iVm einer Konzentrationszonenplanung für Windkraftanlagen als Ziel der Raumordnung nicht entgegen, weil die insoweit allein in Betracht kommende Teilfortschreibung zum Regionalplan 2012 für den Planungsraum 5 und die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplans 2010 in Ziffer 3.5.2 gem. Planungserlass des Ministerpräsidenten vom 23. Juni 2015 nicht mehr angewendet werden sollen. Mithin gibt es gegenwärtig kein gültiges Ziel der Raumordnung zur Steuerung von Windkraftanlagen.

29

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB iVm dem Flächennutzungsplan der Beigeladenen, in der die streitbefangene Baufläche betreffenden Änderungsfassung, steht dem Genehmigungsanspruch der Klägerin nicht entgegen, weil unabhängig von der Frage, ob dieser F-Plan gemäß § 5 Abs. 2 BauGB wirksam ist, der Beklagte diese F-Planung jedenfalls gemäß § 4 Abs. 1 LaPlaG nicht verwirklichen darf, da sie mit der geltenden Raumordnungsplanung des Landes nicht in Einklang steht. Eine Flächennutzungsplanung, die die Regionalplanung ausnutzen und umsetzen will, kann nicht wirksam bleiben, wenn die Teilfortschreibung zur Regionalplanung nicht mehr angewendet werden soll. Im Übrigen gibt es gegenwärtig auch keinen Steuerungsbedarf zur Windkraftnutzung durch die Beigeladene zu 1., weil raumbedeutsame Windkraftanlagen generell vorübergehend unzulässig sind, so dass es kein gemeindliches Planungserfordernis zur Konzentrationszonenausweisung für die Gemeinden gibt. Schließlich gibt es wegen dieser generellen vorübergehenden Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG auch keine Steuerungsmöglichkeit für die Gemeinden durch F-Planung.

30

Die Beigeladene zu 1. ist gemäß § 4 Abs. 1 BauGB vielmehr gehalten, ihren F-Plan an die zukünftigen Ziele der Raumordnung, wie sie zur Zeit von der Landesplanungsbehörde entwickelt werden entsprechend anzupassen (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 04. April 2013, Az. 1 LB 7/12 mwN.).

31

Da die Klägerin mit ihrem Klagbegehren mithin insoweit erfolgreich ist, als ihrem Genehmigungsanspruch jedenfalls nicht ehemaliges Planungsrecht entgegengehalten werden kann, ist auch der Beklagte an der Kostentragung zu beteiligen.

32

Die steckengebliebenen Genehmigungsverfahren für die streitbefangenen Windkraftanlagen sind fortzuführen, sobald die Landesplanungsbehörde entsprechend dem Planungsstand zur Aufstellung der Raumordnungsziele eine Ausnahme von der vorläufigen Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windkraftanlagen gemäß § 18 a Abs. 2 LaPlaG erteilt, oder aber die geplanten zukünftigen Ziele der Raumordnung Geltung erlangen. Die Klägerin muss dann keine neuen Genehmigungsanträge stellen. Vielmehr sind ihre bereits anhängigen Genehmigungsanträge zu bescheiden, sobald die vorläufige Unzulässigkeit gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 LaPlaG ihren etwaigen Genehmigungsanspruch für die streitbefangenen Vorhaben nicht mehr suspendiert. Dementsprechend braucht die Klägerin gegenwärtig auch keine Verwaltungsgebühren für die Ablehnung ihrer Anträge zu bezahlen, weil ihre Genehmigungsverfahren nach wie vor offen sind und eine Verfahrensgebühr erst nach Abschluss je nach Ausgang des Verfahrens nach dem Verwaltungskostengesetz festzusetzen ist.

33

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären.

34

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.


(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt (noch) die Feststellung, dass die Versagung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von vier Windenergieanlagen aus denkmalschutzrechtlichen Gründen rechtswidrig gewesen ist.

2

Am 17.11.2006 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Erteilung einer solchen Genehmigung für vier Anlagen des Typs Enercon E-82/E4 mit einer Leistung von 2 MW und einer Narbenhöhe von 98,3 m sowie einem Rotordurchmesser von 82 m in der Gemarkung T., Flur A, Flurstücke 247/131, 128/1 und 202/137. Der dafür vorgesehene Aufstellungsort befindet sich südlich der Bundesautobahn A 9 unmittelbar östlich der Landstraße L 184, etwa 1,5 km nördlich der Ortslage Lützen. Etwa 1,5 km südöstlich befindet sich die Gustav-Adolf-Gedenkstätte, die dem König Gustav II. Adolf von Schweden gewidmet ist, der im Dreißigjährigen Krieg bei der Schlacht von Lützen am 16.11.1632 getötet wurde. Der vorgesehene Standort des Vorhabens liegt in einem Gebiet, das in dem am 29.06.2007 öffentlich bekannt gemachten Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1 als Sondergebiet für die Nutzung von Windenergie ausgewiesen wurde.

3

Mit Bescheid vom 18.12.2007 lehnte der Beklagte die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ab. Zur Begründung gab er an, dem privilegierten Vorhaben der Klägerin stünden Belange des Denkmalschutzes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen.

4

Die optische Wirkung der Windkraftanlagen werde durch ihre Höhendominanz von 139 m sowie durch die Drehbewegung ihrer Rotoren bestimmt, die sie weit in die Landschaft ausstrahlen lasse. Dies beeinträchtige die Ortssilhouette von Lützen, die geprägt sei von der im Denkmalverzeichnis so bezeichneten „Stadtkrone Lützen“, die aus drei denkmalgeschützten Türmen – ergänzt vom Dachreiter des Rathauses – bestehe. Bei den drei Türmen handele es sich um den Wasserturm, den Turm der Stadtkirche sowie den Schlossturm. Im Denkmalverzeichnis seien der Wasserturm als eigenständiges Baudenkmal und die beiden anderen Türme als wesentliche Bestandteile der Baudenkmale Stadtkirche „St. Viti“ und „Schloss“ eingetragen. Auch Teile der Altstadt seien als Denkmalbereiche eingetragen. Gerade die Türme, die in der sonst verhältnismäßig flachen Landschaft und der nur mäßig hohen Wohnbebauung als vertikale Akzente hervorstünden, wirkten wie eine verbindende Klammer über der kleinen Stadt. Der Blick auf Lützens unverwechselbare Kulisse, die als Landmarke angesprochen werden könne, werde durch das beantragte Vorhaben erheblich beeinträchtigt. Die Beeinträchtigung werde hierbei nicht nur ausschließlich für anreisende Kraftfahrer erkennbar sein, sondern auch für Radfahrer und Wanderer. Zwar verdeckten die in Rede stehenden Anlagen nicht die Ansicht auf die Einzeldenkmale. Durch die Errichtung der technischen Monumentalbauten in nur ca. 1,5 km Entfernung von der geschützten Ortsteilsilhouette trete aber hinsichtlich der denkmalgeschützten Bauten ein Maßstabsverlust ein. Die Windkraftanlagen gerieten durch ihre Größe und die Rotation in unverhältnismäßiger Weise in den Blickfang und wandelten das Erscheinungsbild. Anstelle einer stillen gekrönten Stadt sehe der Betrachter nunmehr eine Stadt mit Türmen und Windkraftanlagen.

5

Die Anlagen beeinträchtigten zudem den Umgebungsschutz der Gustaf-Adolf-Gedenkstätte erheblich. Diesem Baudenkmal komme eine besondere kulturell-künstlerische Bedeutung zu. Laut Denkmalverzeichnis bestehe die Gedenkstätte aus einer einschiffigen geweihten Gedächtniskapelle (als Buckelquaderbau), die über ein Giebeltürmchen und einen innen offenen Dachstuhl mit Schnitzereien verfüge. Diese Kapelle sei 1907 von Lars Wahlmann aus Stockholm errichtet worden. Ebenfalls zur Gedenkstätte gehörten der in einem kurzen Abstand dazu befindliche neugotische Baldachin aus Gusseisen nach einem Entwurf von Friedrich Schinkel, zwei schwedische Blockhäuser mit musealer Einrichtung, die Einfriedung, bestehend aus Natursteinpfeiler mit gusseisernen Gittern im Jugendstil und die Grünanlagen mit dem dazugehörigen Baumbestand. An diese Gedenkstätte grenze südwestlich der Martzschpark, der ein Gartendenkmal darstelle und mit der Gedenkstätte in einem engen Zusammenhang stehe. Der Park sei zum Zeitpunkt der Errichtung des Baldachins im Jahre 1837 angelegt worden, um dem historischen Ort einen würdigen Rahmen zu verleihen, und erstmals im Jahr 1889 um umfangreiche Gehölzanpflanzungen erweitert worden. Schließlich habe die Stadt Lützen den Park 1903 gemeinsam mit einer privaten Stiftung auf 45 ha vergrößern können. Von entscheidender Bedeutung für die Gedenkstätte sei der Blick auf die weitgehend ungestörte, dem historischen Geschehen noch angemessene, weitläufige Umgebung des Schauplatzes einer entscheidenden Schlacht des 30-jährigen Krieges, bei der der Schwedenkönig Gustav Adolf am 16.11.1662 den Tod gefunden habe. In der Geschichte des Deutschen Protestantismus sei er als Vorkämpfer für die Evangelische Sache stilisiert worden. Es handele sich bei der Gedenkstätte um einen bedeutenden Erinnerungsort der deutschen und der schwedischen Geschichte, dessen besondere Wirkung sich erst in seinem historisch-assoziativen Bezug zur bisher verhältnismäßig ungestörten Umgebung voll erschließen könne. Wegen seiner überregionalen Bedeutung habe das Kulturdenkmal auch eine entscheidende Bedeutung für den Tourismus in der Region, an dessen Erhalt und Ausbau ein erhebliches öffentliches Interesse bestehe. Der Schutzbereich eines Denkmals erstrecke sich auf die gesamte Substanz einschließlich seiner Umgebung, soweit diese für seine Wirkung von Bedeutung sei. Die Veränderung der Umgebung sei hier deshalb nicht hinzunehmen, weil die Sichtachse, die entstehe, wenn man aus der Kapelle trete, durch den Schinkelbaldachin schaue und den Blick auf die weite Fläche schweifen lasse, die weitgehend von modernen Hochbauten freigehalten sei, für die assoziative Bedeutung des Erinnerungsorts von erheblicher Bedeutung sei. Die Autobahn und die Gewerbebauten würden das Schlachtfeld lediglich einfassen und dem Betrachter weiterhin den Blick auf die ausgeräumte Ackerfläche belassen. Die beantragten Windkraftanlagen befänden sich unmittelbar auf dem historischen Schlachtfeld in lediglich 1,5 km Entfernung der Gedenkstätte. Besonders zu berücksichtigen sei, dass sich in der näheren Umgebung der Gedenkstätte keine Vorbelastungen befänden. Zwar seien bereits in einer Entfernung von 4,5 km von der Gedenkstätte mehrere Windkraftanlagen innerhalb eines bei Großlehna in Sachsen gelegenen Windparks vorhanden. Diese stellten sich allerdings lediglich im äußersten östlichen Rand des Schlachtfelds dar und befänden sich derart im Hintergrund, dass sie dem Schlachtfeld – anders als die in Rede stehenden Windkraftanlagen – keine neue Dimension begründeten. Gerade das nordöstlich und östlich des historischen Stadtkerns von Lützen liegende Areal des Schlachtfelds – also auch der Aufstellungsort – sei als archäologisches Flächendenkmal ausgewiesen, dessen in jüngster Zeit erfolgte systematische Untersuchung archäologische Funde und Befunde in großer Dichte erbracht habe. Neben den im Erdreich enthaltenen Relikten des Schlachtgeschehens seien auch die Geländeoberfläche und die vorhandene Kulturlandschaft Teil des historischen Bestandes.

6

Zudem seien die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nicht geeignet nachzuweisen, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die in § 2 Abs. 1 UVPG und § 1 a der 9. BImSchVO genannten Schutzgüter durch die Errichtung und den Betrieb der beantragten Windkraftanlagen vermieden werden könnten oder dass die durch die Windkraftanlagen verursachten unvermeidbaren, erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1 a der 9. BImSchVO genannten Schutzgüter ausgeglichen oder gemindert werden könnten. So fehle eine Charakterisierung des Untersuchungsrahmens zur Bewertung des Schutzgutes Flora in einem Radius von 1.000 m. Auch sei die Biotop- und Nutzungstypenkartierung nicht entsprechend der Vorgaben des Landes Sachsen-Anhalt erfolgt. In der Umgebung des Standortes sei mit dem Vorkommen der Wachtel als Brutvogel sowie des Kiebitz und des Goldregenpfeifers als streng geschützte Arten zu rechnen, die den Standort regelmäßig als Rastplatz aufsuchten. Außerdem sei der Standort ein Nahrungshabitat für rastende Nordische Gänse. Auch sei dort mit dem Vorkommen der streng geschützten Arten Rotmilan und Mäusebussard zu rechnen, gegebenenfalls auch mit Feldhamstern. Da einer Zulassung des Vorhabens aber bereits der öffentliche Belang des Denkmalschutzes entgegen stehe, sei es unverhältnismäßig, von der Klägerin weitere umfangreiche Untersuchungen der Flora und Fauna sowie einer Umweltverträglichkeitsstudie zu fordern.

7

Am 26.05.2009 beschlossen die Regionalversammlung der Beigeladenen zu 2 einen neuen Entwurf des Regionalen Entwicklungsplans sowie die öffentliche Auslegung des Entwurfs. Mit Bescheid vom 20.08.2009 untersagte die Beigeladene zu 2 dem Beklagten daraufhin die Erteilung der von der Klägerin begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bis zum In-Kraft-Treten des in Neuaufstellung befindlichen Regionalen Entwicklungsplans für die Planungsregion Halle, jedoch längstens für die Dauer von zwei Jahren. Zur Begründung hieß es, der Bereich, in dem die Anlagen errichtet werden sollen, liege außerhalb der Flächen, die als Eignungs- oder Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie vorgesehen seien.

8

Bereits am 19.01.2008 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt:

9

Sie habe einen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, da ihrem Vorhaben denkmalrechtliche Belange nicht entgegenstünden. Im Rahmen einer Abwägung dürfe der Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1 nicht außer Acht bleiben, auch wenn diesem keine die Zulässigkeit von Vorhaben begründende Wirkung zukomme. Mit der positiven Darstellung als Sonderbaufläche für Windenergieanlagen habe die Gemeinde eine konkrete Standortzuweisung vorgenommen. Die Konzentrationswirkung entfalte eine positive Wirkung, indem sie die Durchschlagskraft der öffentlichen – auch denkmalschutzrechtlichen – Belange weiter verringere. Die Silhouette der Stadt Lützen werde durch die zu errichtenden Windkraftanlagen nicht beeinträchtigt, da die Anlagen allenfalls Fernwirkung auf das Stadtbild entfalten könnten. Gleichzeitig sei aber die Fernwirkung der geschützten Türme, die keine beachtlichen Höhen aufwiesen, gering. Die Türme der Stadt Lützen würden sich über die heute vorhandene Bebauung nur knapp erheben, insbesondere seien die Ortsränder mit ihren Gewerbebauten für den Betrachter sichtbar, was die Wirkung der Ortssilhouette schmälere. Auch der Wasserturm, der nunmehr als Denkmal angesehen werde, sei seinerzeit eine technische Einrichtung gewesen. Dieser sei auf der Homepage der Stadt Lützen nicht einmal als Sehenswürdigkeit genannt. Auch habe das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in seiner Stellungnahme vom 16.02.2007 eingeräumt, dass lediglich die Ansicht der Stadt von Norden aus kommend unter den Windkraftanlagen leiden könne. Bei der Nutzung anderer Anfahrtswege finde demnach keine Beeinträchtigung statt. Die Windkraftanlagen könnten den Fernblick auf die einzelnen Denkmale gar nicht verstellen, weil die Türme aus der Ferne mangels Höhe gar nicht zu betrachten seien. Da die Stadtkrone als solche also erst in kürzerer Entfernung wahrgenommen werden könne, sei eine erst in diesem Zeitpunkt allenfalls in dem Blick des Betrachters geratene Rotationsbewegung der in Rede stehenden Anlagen hinnehmbar.

10

Ebenso wenig ergebe sich eine Beeinträchtigung der Gustav-Adolf-Gedenkstätte. Der Betrachter, der sich in der freien Landschaft befinde und seinen Blick über die Umgebung schweifen lasse, setze die streitigen Anlagen gar nicht in Beziehung zum Kulturdenkmal. Zudem fehle der Gedenkstätte jegliche landschaftsprägende Wirkung. Sie stehe nicht in besonders exponierter Stellung im Gelände, sondern sei innerhalb eines Parks mit höherem Baumbestand angelegt worden. Außerdem sei eine Beeinträchtigung der Blickbeziehung auf die freie Fläche vom Denkmal aus so gering, dass sich ein vom Gesetzgeber privilegiertes Vorhaben hiergegen durchzusetzen vermöge. Ein Wirkungszusammenhang zwischen der Gedenkstätte und dem einsehbaren offenen Feld sei nicht gegeben. Allenfalls der geschichtlich versierte Besucher könne einen Zusammenhang zwischen der besichtigten Kapelle und dem freien Feld herzustellen. Die zwischen der Gedenkstätte und dem offenen Feld verlaufende Bundesstraße wirke wie eine Trennlinie für eine hier möglicherweise gewollte räumliche Verknüpfung. Auch sei der vom Beklagten gerühmte Blickbezug zum Schlachtfeld massiv durch Profanbauten wie etwa das Toilettenhäuschen auf dem unmittelbar benachbarten Parkplatz und Hinweisschilder gestört. Die archäologische Bedeutung des Standortes könne durch Nebenbestimmungen zu der Genehmigung abgesichert werden. Auch sei zu berücksichtigen, dass sich der Aufstellungsort lediglich am äußeren Nordwestrand der als ehemaliges Schlachtfeld ausgewiesenen Fläche befinde. Hinzuweisen sei auch darauf, dass der Beigeladenen zu 1 am geplanten Standort eine Bergbauberechtigung erteilt worden sei, so dass auch mit einer bergbaurechtlichen Inanspruchnahme der vermeintlich geschützten Fläche gerechnet werden müsse.

11

Die Untersagungsverfügung der Beigeladenen zu 2 könne ihrem Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung nicht entgegen gehalten werden. Es handele sich lediglich um ein Verwaltungsinternum, das zur Umsetzung einer Aussetzungsentscheidung der Genehmigungsbehörde bedürfe. Außerdem werde das landesrechtliche Planungsrecht und damit auch die auf § 11 LPlG LSA gestützte Untersagungsverfügung durch die Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG verdrängt.

12

Die Klägerin hat beantragt,

13

den Bescheid des Beklagten vom 18.12.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag vom 17.11.2006 auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und für den Betrieb von vier Windkraftanlagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

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hilfsweise,

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festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 18.12.2007 rechtswidrig war und der Beklagte bis zum Erlass der Untersagungsverfügung der Beigeladenen zu 2 vom 20.08.2009 verpflichtet war, über ihren Antrag vom 17.11.2006 auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und für den Betrieb von vier Windkraftanlagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

16

Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen

18

und ergänzend auf die Stellungnahme eines Mitarbeiters des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie des Landes Sachsen-Anhalt in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen, wonach das Schlachtfeld (auch) als Baudenkmal in das Denkmalverzeichnis eingetragen sei und die assoziative Bedeutung der Gustav-Adolf- Gedenkstätte als Erinnerungsort hervorzuheben sei.

19

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

20

Mit dem angefochtenen Urteil vom 24.11.2009 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 18.12.2007 rechtswidrig war und der Beklagte bis zum Erlass der Untersagungsverfügung der Beigeladenen zu 2 vom 20.08.2009 verpflichtet war, über den Genehmigungsantrag vom 17.11.2006 erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

21

Dem Anspruch der Klägerin auf Erteilung der beantragten Genehmigung stehe nunmehr die Untersagungsverfügung der Beigeladenen zu 2 vom 20.08.2009 entgegen, die sich der Beklagte zu eigen gemacht habe.

22

Die Klage habe aber mit ihrem Hilfsantrag Erfolg. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig. Die ursprüngliche Verpflichtungsklage sei zulässig gewesen, und ein erledigendes Ereignis sei eingetreten. Die Klägerin habe auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Der beabsichtigte zivilgerichtliche Haftungsprozess sei nicht offensichtlich aussichtslos. Zwar bestünden Bedenken an der Kausalität einer unterstellten Amtspflichtverletzung wegen falscher Begründung des Ablehnungsbescheids und einem unterstellten Schaden; denn die Klägerin habe mit ihrem Verpflichtungsbegehren lediglich die Neubescheidung ihres immissionsschutzrechtlichen Antrages begehrt, weil die Frage, ob ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung bestehe, derzeit nicht (abschließend) geprüft werden könne. Es fehlten Unterlagen für die Beurteilung der Frage, ob dem Vorhaben Belange des Naturschutzes entgegen stehen und die Anforderungen des UVP-Gesetzes eingehalten seien. Dies seien indes Fragen, die das Zivilgericht, nicht aber das erkennende Gericht zu entscheiden habe.

23

Die Fortsetzungsfeststellungsklage habe auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin habe vor Eintritt des erledigenden Ereignisses, dem Erlass der Untersagungsverfügung vom 20.08.2009, einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags vom 17.11.2006 gehabt. Der Beklagte habe die Genehmigung zu Unrecht wegen entgegenstehender Belange des Denkmalschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB versagt. Zwar stehe der öffentliche Belang „Denkmalschutz“ einem privilegierten Außenbereichsvorhaben nicht erst dann entgegen, wenn es das Denkmal geradezu zerstöre, sondern schon dann, wenn es den landschaftsprägenden Eindruck eines benachbarten Baudenkmals störe. Nach dem Eindruck, den die Kammer bei dem durchgeführten Ortstermin gewonnen habe, sei dies hier aber nicht der Fall.

24

Es möge allenfalls eine gewisse „Beeinträchtigung“ der Ortssilhouette der Stadt Lützen durch die Errichtung der vier in Rede stehenden Windkraftanlagen vorliegen. Dies „stehe“ der Errichtung der Windkraftanlagen aber nicht „entgegen“. Da die drei in der „Ortssilhouette“ sichtbaren Türme – jedenfalls von Nordwesten her betrachtet – sehr weit auseinander stünden, sei bereits zweifelhaft, ob man überhaupt von einer Ortssilhouette im engeren Sinne sprechen könne. Man müsse sich sehr weit entfernt vom Ortsrand befinden, um alle drei Türme überhaupt in den Blick zu bekommen. Aus dieser Sicht werde indessen kaum eine Silhouette wahrgenommen, weil die Bauwerke keine 100 m hoch und deshalb nicht geeignet seien, den Ort oder gar die weitere Landschaft zu prägen.

25

Auch die Gustav-Adolf-Gedenkstätte sei nicht landschaftsprägend. Sie sei von hohen Bäumen umfasst und erst dann vom menschlichen Auge wahrnehmbar, wenn man sich unmittelbar davor befinde. Der historisch interessierte Betrachter, der aus der Kapelle hinaustrete und durch den Baldachin schaue, vermöge sich zwar durch den Blick in die freie Landschaft eine Vorstellung von dem historischen Schlachtgeschehen zu bilden. Dieser freie Blick sei aber nicht in einem solchen Maß schützenswert, dass er einem im Außenbereich privilegierten Vorhaben entgegen gehalten werden könne. Der dem Denkmalschutz aufgeschlossene Betrachter könne seine Augen nicht davor verschließen, dass die gesellschaftliche Entwicklung die Aufnahme technischer Anlagen erfordere, die in einem gewissen Kontrast zur Landschaft stünden. Der vom Beklagten für die assoziative Wirkung des Denkmals hervorgehobene Blick durch den Baldachin in die freie Landschaft werde zwar gestört. Dieser Aspekt sei aber in Bezug auf das Schutzziel des Denkmals und in Ansehung der Vorbelastungen (Hochsilo, Autobahn, Industrieschornsteine) von geringem Gewicht und könne sich gegenüber dem privilegierten Vorhaben nicht durchsetzen. Insbesondere könne das Denkmal weiterhin seine Funktion als Ort des Erinnerns erfüllen. Die freie Sicht bleibe erhalten, denn die Fläche des Schlachtfeldes werde nicht mit Gebäuden überbaut, die die Sicht versperren. Die Fläche des Schlachtfelds stelle mit ihrer archäologischen Bedeutung für die historische Schlacht im 30jährigen Krieg auch keinen dem privilegierten Vorhaben der Klägerin entgegenstehenden öffentlichen Belang des Denkmalschutzes dar; denn der streitige Standort befinde sich am äußersten Randbereich der historisch bedeutsamen Fläche, also in dem Dreieck zwischen Landesstraße und Autobahn, was den Eingriff in das großflächige, archäologisch bedeutsame ehemalige Schlachtfeld als hinnehmbar erscheinen lasse; zumal Teile des Schlachtfeldes bereits durch neuzeitliche bauliche Anlagen wie den Parkplatz der Gedenkstätte und dessen Nebenanlagen überbaut seien. Im Übrigen ließen sich die Auskunfts- und Duldungspflichten nach § 16 DenkmSchG LSA zur Sicherung der archäologischen Funde durch Nebenbestimmungen zur Genehmigung regeln. Zusätzlich sei zu Lasten des Schutzziels zu berücksichtigen, dass die Fläche als abbauwürdige Braunkohlelagerstätte geführt werde und das Land Sachsen-Anhalt die Absicht habe, diesen Bereich entsprechend zu entwickeln, wie dies aus der Untersagungsverfügung der Beigeladenen zu 2 vom 20.08.2009 hervorgehe. Dies gelte unabhängig davon, dass derzeit nicht absehbar sei, ob von der Abbaumöglichkeit auch Gebrauch gemacht werde.

26

Sowohl die Klägerin als auch der Beklagte haben gegen die Entscheidung die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung am 14.01.2010 bzw. 15.01.2010 eingelegt.

27

Am 27.05.2010 und 26.10.2010 hat die Beigeladene zu 2 den Regionalem Entwicklungsplan für die Planungsregion Halle (nachfolgend: REP Halle) beschlossen, der mit Bescheiden des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt vom 20.07.2010, 04.10.2010 und 18.11.2010 genehmigt und u. a. in den Amtsblättern des Beklagten, der Stadt Halle (Saale) sowie der Landkreise Burgenlandkreis, Mansfeld-Südharz und Saalekreis bekannt gemacht worden ist. Daraufhin haben die Beteiligten das Berufungsverfahren hinsichtlich des von der Klägerin weiterverfolgten Hauptantrages übereinstimmend für erledigt erklärt.

28

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte vor:

29

Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts sei nicht zwingend in allen Fällen gegeben, in denen ein Kläger von einer ihm nachteiligen Änderung der Sach- oder Rechtslage betroffen werde und Schadensersatzansprüche geltend machen wolle. Daran fehle es insbesondere dann, wenn – wie hier – der Grundsatz der Prozessökonomie eine Fortführung des ursprünglichen Begehrens im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage nicht gebiete. Das Verwaltungsgericht hätte für die mit dem Hilfsantrag angestrebte Klärung, ob das Verpflichtungsbegehren vor Erlass der Untersagungsverfügung Erfolg gehabt hätte, durch umfangreiche Beweiserhebungen eine weitere Sachverhaltsaufklärung und -bewertung vornehmen müssen, und zwar hinsichtlich aller Belange, die bislang im Genehmigungsverfahren noch nicht geprüft worden seien. Dies gelte etwa für die Fragen des Natur-, Landschafts- und Artenschutzes, die alle noch völlig offen seien. Ferner habe die erforderliche UVP-Prüfung noch gefehlt. Das Verwaltungsgericht hätte insoweit Spruchreife herbeiführen müssen. Die „Früchte des Prozesses“, um die ein Kläger nach einer eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht gebracht werden wolle, seien beim jetzigen Sach- und Streitstand im Wesentlichen noch gar nicht vorhanden. So hätte der festgestellte Anspruch auf Neubescheidung einen für die Klägerin positiven Ausgang des Verfahrens (vor der Untersagungsverfügung) nicht impliziert. Die von der Klägerin begehrte Feststellung sei nur erheblich, wenn mit ihr eine Amtspflichtverletzung festgestellt werden solle, die für den Schaden kausal sein könne. Dies sei hier aber nicht der Fall. Zudem sei die Klägerin auch ohne die Feststellungsentscheidung des Verwaltungsgerichts nicht gehindert, eine zivilrechtliche Schadensersatzklage zu erheben, in deren Rahmen alle dem Zivilgericht bedeutsam erscheinenden Sach- und Rechtsfragen geprüft und entschieden werden könnten. Zu berücksichtigen sei auch, dass das Zivilgericht die Frage einer etwaigen Amtspflichtverletzung, die das Verwaltungsgericht einfach unterstellt habe, nicht zwingend als für sich entscheidend ansehen müsse. Es spreche nämlich Vieles dafür, dass eine zivilrechtliche Klage schon wegen des Fehlens eines Verschuldens der maßgeblichen Amtswalter abgewiesen werden könnte, insbesondere der Umstand, dass der von der Genehmigungsbehörde angenommene Rechtsstandpunkt zur Denkmalschutzproblematik letztlich in der Auffassung der unteren Denkmalschutzbehörden der beiden beteiligten Landkreise sowie des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie seine Grundlage gefunden habe. Eine zivilrechtliche Klage sei offensichtlich aussichtslos.

30

Ferner treffe es nicht zu, dass in der Konstellation der bloßen Bescheidungsklage auch die Möglichkeit bestehe, die von der Klägerin beantragte Feststellung auszutenorieren. Fraglich sei insbesondere, ob die Untersagungsverfügung der Beigeladenen zu 2 wirklich ein erledigendes Ereignis dargestellt habe.

31

Der Beklagte beantragt,

32

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage hinsichtlich des Hilfsantrags abzuweisen.

33

Die Klägerin beantragt,

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die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

35

Sie trägt vor: Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse liege vor. Ihr sei wegen der rechtswidrigen Ablehnung ihres Genehmigungsantrags ein erheblicher Schaden entstanden. Zwischen Erlass des Ablehnungsbescheids und der Untersagungsverfügung habe ein erheblicher Zeitraum gelegen, innerhalb dessen die Beklagte verpflichtet gewesen sei, eine Genehmigung zu erteilen. Im Vertrauen darauf, dass der Standort im am 29.07.2007 öffentlich bekannten Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1 als Sondergebiet für die Nutzung der Windenergie dargestellt worden sei und die vom Beklagten angeführten denkmalschutzrechtlichen Ablehnungsgründe ersichtlich nicht vorgelegen hätten, habe sie in die Planung und Realisierung des Vorhabens erheblichen finanziellen und personellen Aufwand gesteckt, den sie wegen der rechtswidrigen Entscheidung des Beklagten nicht durch schon gesicherte vertragliche Ansprüche decken könne. Wie aus den Genehmigungsunterlagen hervorgehe, habe sie weiträumig Unterlagen zum Nachweis der Zulässigkeit des streitigen Projekts, insbesondere zur Umweltverträglichkeit und zum Naturschutz erstellt bzw. erstellen lassen. Gleichzeitig habe sie als Planungsbüro die Begleitung des Genehmigungsverfahrens übernommen und an Besprechungen zum Vorhaben teilgenommen. Dieser Aufwand sei entwertet worden; jedenfalls diese Schäden wolle sie ersetzt bekommen. Sie habe für die Finanzierung des Genehmigungsverfahrens mit der wpd project develpoment GmbH & Co. KG einen Kooperationsvertrag abgeschlossen. Für die Entwicklung des baureifen Standortes hätte sie einen Betrag von 150.000,00 € für drei der vier Anlagen erhalten. Da sie wegen der nicht vorliegenden Genehmigung diese Leistung nicht habe erbringen können, sei ihr ein Schaden in dieser Höhe entstanden; zumindest insoweit sei von der Erhebung einer Schadensersatzklage auszugehen. Weitere Schäden, die ihr durch den Nichtbetrieb der vierten Anlage entstanden seien, blieben zunächst außer Betracht. Für die beabsichtigte Schadensersatzklage sei die vom Verwaltungsgericht getroffene Feststellung auch präjudiziell und auch nicht offensichtlich aussichtslos. Selbst wenn ein im vorliegenden Verfahren (nur) erreichbares positives Bescheidungsurteil das Zivilgericht lediglich hinsichtlich der das Bescheidungsurteil tragenden Gründe binde und der Beklagte nicht gehindert sei, andere der Genehmigung entgegen stehende Gründe geltend zu machen, sei die von ihr begehrte Feststellung geeignet, ihre Position zu verbessern.

36

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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I. Soweit die Hauptbeteiligten das Berufungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Berufungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Lediglich auf die Erledigung eines Rechtsmittelverfahrens bezogene Erklärungen sind in entsprechender Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO in gleicher Weise rechtlich zulässig wie die dort geregelte Erledigung des Rechtsstreits in seiner Gesamtheit (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.04.1994 – 9 C 456.93 –, DVBl 1994, 1244, m.w.N.).

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II. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18.12.2007 rechtswidrig und der Beklagte bis zum Erlass der Untersagungsverfügung des Beigeladenen zu 2 vom 20.08.2009 verpflichtet gewesen ist, über den Genehmigungsantrag der Klägerin vom 17.11.2006 erneut zu entscheiden.

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1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig. Hat sich ein Verwaltungsakt erledigt, so spricht das Gericht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Diese auf Anfechtungsklagen zugeschnittene Bestimmung ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf Verpflichtungsklagen entsprechend anwendbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.2011 – 4 C 10.10 –, NVwZ 2012, 51, m.w.N.). Danach ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, wenn (erstens) die ursprüngliche Verpflichtungsklage zulässig gewesen ist, (zweitens) ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, (drittens) ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und (viertens) ein Feststellungsinteresse vorliegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.03.1998 – 4 C 14.96 –, BVerwGE 106, 295 [296 f.], RdNr. 14).

40

1.1. Die in der Form der Bescheidungsklage erhobene Verpflichtungsklage ist zulässig gewesen.

41

Die Klägerin durfte ihren Antrag auf eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung beschränken. Mit dem Bescheidungsantrag hat sie dem Umstand Rechnung getragen, dass der Beklagte den Genehmigungsantrag wegen aus seiner Sicht entgegenstehender Belange des Denkmalschutzes versagt und insbesondere die nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) i.V.m. Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG erforderliche standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 2 UVPG noch nicht vorgenommen hatte. Es wäre dem Verwaltungsgericht bei dieser Sachlage nicht verwehrt gewesen, die Verpflichtung zur Neubescheidung auszusprechen. Steht der Erlass des beantragten Verwaltungsakts – wie bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung – nicht im Ermessen der Behörde, so ist das Gericht zwar grundsätzlich verpflichtet, selbst die Sache spruchreif zu machen, und nur in Ausnahmefällen, etwa bei komplexen technischen Sachverhalten, befugt, von der Herstellung der Spruchreife abzusehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.06.2003 – 4 B 14.03 –, BauR 2003, 1704, m.w.N.). Hat die Genehmigungsbehörde bei einem Vorhaben, für das nach dem UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung durchzuführen ist, noch keine Prüfung in dieser Hinsicht unternommen, insbesondere weil die für eine solche Prüfung erforderlichen Unterlagen noch nicht vollständig waren, ist das Gericht zur Herstellung der Spruchreife nicht verpflichtet. Die Verpflichtung des Gerichts, die Spruchreife herzustellen, entfällt u. a. in den Fällen eines sogenannten „steckengebliebenen" Genehmigungsverfahrens, wenn ansonsten im Verwaltungsverfahren noch nicht behandelte komplexe Fragen erstmals im gerichtlichen Verfahren geprüft werden müssten (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1989 – 4 C 52.87 –, NVwZ 1990, 257). Dies ist u. a. dann der Fall, wenn eine erforderlich Vorprüfung nach dem UVPG noch nicht durchgeführt wurde (Urt. d. Senats v. 01.12.2011 – 2 L 171/09 –, ZNER 2012, 97). Die Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung als Ergebnis einer standortbezogenen Vorprüfung durchzuführen ist, kann regelmäßig nicht vom Gericht getroffen werden, weil der Genehmigungsbehörde im Rahmen der Vorprüfung ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.2006 – 4 C 16.04 –, BVerwGE 127, 208 [228], RdNr. 48; Urt. d. Senats v. 01.12.2011, a.a.O.).Dem trägt nunmehr die durch das Gesetz über die Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz) vom 09.12.2006 (BGBl I S. 2819) eingefügte Vorschrift des § 3a Satz 4 UVPG Rechnung, nach der die auf einer Vorprüfung des Einzelfalls beruhende Einschätzung der zuständigen Behörde, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.2006, a.a.O.). Auch für den Fall, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung als erforderlich erweist, aber noch nicht durchgeführt wurde, ist das Gericht (ausnahmsweise) an der Herstellung der Spruchreife gehindert (vgl. Urt. d. Senats v. 01.12.2011, a.a.O.). Zwar ist die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG nur ein unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren. Auch wenn sie keine neuen materiell-rechtlichen Anforderungen an die Zulassung eines Vorhabens begründet, kommt ihr dennoch im Rahmen der Entscheidung der Behörde über das (voraussichtliche) Vorliegen der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen Bedeutung zu. Die Umweltverträglichkeitsprüfung stellt nämlich im Rahmen des Genehmigungsverfahrens sicher, dass der Genehmigungsbehörde frühzeitig und vollständig dasjenige Tatsachenmaterial vorab in gebündelter Form zur Verfügung steht, das alle (umwelt-)relevanten Auswirkungen der genehmigungsbedürftigen Anlage in ihrer Gesamtheit aufzeigt. Dazu werden die Auswirkungen des Vorhabens auf die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG genannten Schutzgüter im Vorfeld der Sachentscheidung gesondert ermittelt, beschrieben und bewertet. Die Bewertung der Umweltauswirkungen ist gemäß § 12 UVPG bei der Genehmigungserteilung nach Maßgabe des Fachrechts zu berücksichtigen. Das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren erhält auf diese Weise beim Vorliegen einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung eine methodische Struktur, die zu einer erhöhten Richtigkeitsgewähr der materiellen Entscheidung beizutragen vermag (vgl. Urt. d. Senats v. 01.12.2011, a.a.O., m.w.N.).

42

1.2. Das Verpflichtungsbegehren der Klägerin hat sich auch erledigt, und zwar durch das Inkrafttreten des Regionalen Entwicklungsplans für die Planungsregion Halle mit der letzten öffentlichen Bekanntmachung im Amtsblatt des Landkreises Saalekreis am 21.12.2010. Dem Vorhaben stehen nunmehr deshalb öffentliche Belange entgegen, weil für die von der Klägerin geplanten Windenergieanlagen im Regionalen Entwicklungsplan als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB).

43

Der Erlass der Untersagungsverfügung der Beigeladenen zu 2 gegenüber dem Beklagten vom 20.08.2009 ist für die Erledigung des Verpflichtungsbegehrens hingegen ohne Bedeutung.

44

Ein Verpflichtungsbegehren ist erledigt, wenn es nach Klageerhebung aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen unzulässig oder unbegründet wurde, wenn also das Rechtsschutzziel aus Gründen, die nicht in der Einflusssphäre des Klägers liegen, nicht mehr zu erlangen ist, weil es entweder außerhalb des Prozesses erreicht wurde oder überhaupt nicht mehr erreicht werden kann (BVerwG, Urt. v. 30.06.2011, a.a.O., m.w.N.).

45

So erlischt etwa durch die Zurückstellung des Bauantrags nach § 15 BauGB ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung nicht. Die Zurückstellung ist ein Institut des formellen Baurechts, das es ermöglicht, ein Baugenehmigungsverfahren für einen Zeitraum bis zu 12 Monaten auszusetzen und damit vorübergehend offen zu halten, wenn eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB nicht beschlossen worden ist, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder wenn eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten ist und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Anders als eine in Kraft befindliche Veränderungssperre berechtigt die Zurückstellung die Baugenehmigungsbehörde nicht zur Ablehnung eines Bauantrags, sondern nur dazu, die Entscheidung über den Antrag zeitlich befristet aufzuschieben. Solange die Pflicht der Baugenehmigungsbehörde zur Bearbeitung des Bauantrags ausgesetzt ist, ist die Feststellung, dass das Klageziel überhaupt nicht mehr erreicht werden kann, nicht möglich. Sie lässt sich erst treffen, wenn die bauplanungsrechtlichen Grundlagen des fraglichen Vorhabens in einer Weise geändert worden sind, die zur Unzulässigkeit des Vorhabens führen. In diesem Fall ist der Zurückstellungsbescheid durch einen Versagungsbescheid zu ersetzen. Im Fall der Untätigkeitsklage des Bauherrn ist das Klageverfahren gemäß § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen, wenn der Zurückstellungsbescheid bestandskräftig geworden ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 30.06.2011, a.a.O.). Dem gegenüber werden mit dem Erlass einer Veränderungssperre nach § 14 BauGB die rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit eines Vorhabens geändert mit der Folge, dass sich ein Verpflichtungsbegehren auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheids erledigt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.10.1998 – 4 B 72.98 –, NVwZ 1999, 523).

46

In gleicher Weise stand die von der Beigeladenen zu 2 im Lauf des gerichtlichen Verfahrens ausgesprochene Untersagung nach § 11 Abs. 2 LPlG LSA einem möglichen Anspruch der Klägerin auf Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht (endgültig) entgegen. Der Erlass einer befristeten Untersagung nach § 11 Abs. 2 LPlG LSA, deren Höchstdauer zwei Jahre nicht überschreiten darf (vgl.
§ 11 Abs. 1 Nr. 2 LPlG LSA) führt nicht zum Erlöschen eines bis dahin bestehenden Genehmigungsanspruchs des Bauherrn. Sie ist zwar in ihren Wirkungen der Zurückstellung nach § 15 BauGB und der Veränderungssperre nach § 14 BauGB vergleichbar mit der Folge, dass ein ansonsten zulässiges Vorhaben einer Privatperson nicht mehr zugelassen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.2005 – 4 C 5.04 –, BVerwGE 122, 364 [370]). Dies bedeutet aber nicht, dass der Genehmigungsantrag abgelehnt werden oder eine auf Erteilung der Genehmigung oder – wie hier – Neubescheidung gerichtete Klage abgewiesen werden darf.

47

Bei der nach § 11 Abs. 2 LPlG LSA gegenüber der Genehmigungsbehörde ausgesprochenen Untersagung handelt es sich um ein Verwaltungsinternum ohne Außenwirkung gegenüber dem Bauherrn (vgl. Beschl. d. Senats v. 13.07.2004 – 2 M 336/04 –, ZNER 2004, 376; auch SächsOVG, Urt. v. 20.06.2007 – 1 B 14/07 –; ZNER 2007, 351; BGH, Urt. v. 30.06.1983 – III ZR 73/82 –, BGHZ 88, 51). Als lediglich verwaltungsinterne Maßnahme ist eine auf § 11 Abs. 2 LPlG LSA gestützte und an die Genehmigungsbehörde gerichtete Untersagung nicht geeignet, den Rechtsanspruch des Bauherrn auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu beschneiden. Sie lässt den Genehmigungsanspruch aus § 6 BImSchG nicht untergehen; denn sie stellt keine dem Vorhaben entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschrift im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG dar (vgl. SächsOVG, Urt. v. 20.06.2007, a.a.O., BGH. Urt. v. 30.06.1983, a.a.O.; Reidt, ZfBR 2004, 430 [438]). Durch sie tritt – etwa im Gegensatz zur Veränderungssperre – keine Änderung der Rechtslage ein. Vielmehr wird – wie bei der Zurückstellung – durch einen Verwaltungsakt die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens lediglich aufgeschoben.

48

Zwar enthält § 11 LPlG LSA – anders als § 15 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 BauGB und etwa § 36 Abs. 2 LPlG NW – keine Reglung des Inhalts, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens bis zum Ablauf der in der Untersagung festgelegten Frist ausgesetzt werden muss oder kann. Das bedeutet aber nicht, dass die Genehmigungsbehörde zu einer solchen Aussetzungsentscheidung nicht befugt wäre (so aber Reidt, a.a.O.; wohl auch SächsOVG, Urt. v. 20.06.2007, a.a.O.).

49

Allgemein kann ein Verwaltungsverfahren ausgesetzt werden. Die Aussetzung hat ihre Rechtsgrundlage im Verfahrensermessen der Behörde in Verbindung mit dem Grundsatz der einfachen und zweckmäßigen Verfahrensgestaltung nach § 10 Satz 2 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA) (Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 9 RdNr. 203; Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 9 RdNr. 57). Sie stellt ihrer Rechtsnatur nach einen verfahrensrechtlichen Verwaltungsakt dar, der wegen § 44a Satz 1 VwGO nicht unmittelbar angefochten werden kann (vgl. Obermayer, a.a.O., NdsOVG, Beschl. v. 17.06.2009 – 5 LA 102/07 –, Juris), und unterliegt nur mittelbar dadurch einer verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung, dass der Betroffene mit einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO eine Verzögerung zu verhindern sucht (Obermayer, a.a.O.). Soweit keine Grundsätze des rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens und keine landesrechtlichen Rechtsvorschriften gelten, kann die Verwaltungsbehörde das Verfahren nach Zweckmäßigkeit gestalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.03.1966 – I C 19.65 –, BVerwGE 24, 23 [27]). Dem entsprechend darf die (Genehmigungs-)Behörde das Verfahren nicht ohne sachlichen Grund aussetzen.

50

Rechtsstaatliche Gründe stehen einer Aussetzung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens bei Vorliegen einer rechtmäßigen Untersagung nach § 11 LPlG LSA aber nicht entgegen. Wie die Zurückstellung (vgl. hierzu OVG NW, Beschl. v. 04.02.2010 – 8 B 1652/09 –, NVwZ-RR 2010, 475) stellt sich auch die Aussetzung eines Genehmigungsverfahrens gegenüber dem Antragsteller als (verfahrensrechtlicher) Eingriffsverwaltungsakt dar, dessen belastende Wirkung für den Betroffenen darin liegt, dass die Genehmigungsbehörde während des Aussetzungszeitraums von der Pflicht zur Bescheidung des eingereichten Antrags unabhängig von dessen materiellen Erfolgsaussichten befreit und das Genehmigungsverfahren verzögert wird. Dies stellt eine eigenständige Rechtsbeeinträchtigung des jeweiligen Antragstellers dar, der regelmäßig ein Interesse an einer zeitnahen sachlichen Bearbeitung und Entscheidung über seinen Genehmigungsantrag hat. Gegenüber der Ablehnung des Genehmigungsantrags, die bei Ergehen einer Untersagungsverfügung nach § 11 Abs. 2 LPlG LSA aus den bereits dargelegten Gründen nicht in Betracht kommt, stellt die Aussetzung indes das mildere Mittel dar. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Untersagung nach dem Willen des Gesetzgebers – auch verfahrensrechtlich – keinen Einfluss auf die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens haben soll. Eine solche Annahme verbietet sich aber. Der Zweck der befristeten Untersagung nach § 11 Abs. 2 LPlG LSA als Sicherungsmittel, mit dessen Hilfe verhindern werden kann, dass die Verwirklichung künftiger Ziele der Raumordnung bereits im Vorfeld der Planung vereitelt oder wesentlich erschwert wird, würde völlig verfehlt, wenn die Genehmigungsbehörde verpflichtet wäre, das Vorhaben trotz Vorliegens einer rechtmäßigen Untersagungsverfügung zu genehmigen. Dem entsprechend geht auch das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ein ansonsten zulässiges Vorhaben einer Privatperson bei Vorliegen einer Untersagungsverfügung nicht mehr zugelassen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.2005, a.a.O.).

51

Der Bauherr wird durch eine Aussetzung des Genehmigungsverfahrens auf Grund einer Untersagungsverfügung nach § 11 Abs. 2 LPlG LSA nicht rechtsschutzlos gestellt. Setzt die Genehmigungsbehörde das Genehmigungsverfahren für den Zeitraum der Geltungsdauer der Untersagung aus, hat er die Möglichkeit, gemäß § 75 VwGO Untätigkeitsklage zu erheben. Ergibt die verwaltungsgerichtliche Prüfung, dass die Untersagung rechtmäßig ist, liegt ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung des Genehmigungsantrags vor, so dass das verwaltungsgerichtliche Verfahren – wie bei einer Zurückstellung nach § 15 BauGB (vgl. hierzu nochmals BVerwG, Urt. v. 30.06.2011, a.a.O.) – gemäß § 75 Satz 3 VwGO bis zum Ablauf der in der Untersagungsanordnung festgelegten Frist auszusetzen ist. Hält das Gericht die Untersagung hingegen für rechtswidrig, stellt sie keinen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung dar mit der Folge, dass der Genehmigungsanspruch von ihr unberührt bleibt und die Behörde zur Erteilung der Genehmigung zu verpflichten ist, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.

52

Auch die Interessen der Genehmigungsbehörde, insbesondere ihr Interesse, sich keinen Schadensersatzansprüchen des Bauherrn auszusetzen, bleiben gewahrt. Zwar erscheint zweifelhaft, ob die Genehmigungsbehörde geltend machen kann, durch die Untersagung nach § 11 Abs. 2 LPlG LSA in eigenen Rechten verletzt zu sein, und sie Widerspruch und Anfechtungsklage erheben sowie um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen kann, wenn sie die Untersagung für rechtswidrig hält. Besteht eine solche Widerspruchs- und Klagebefugnis nicht, hat sie jedenfalls die Möglichkeit, die oberste Landesplanungsbehörde, das für Raumordnung und Landesplanung zuständige Ministerium (§ 16 Abs. 1 Satz 1 LPlG LSA), darum zu ersuchen, im Wege der diesem zustehenden Rechtsaufsicht über die Regionalen Planungsgemeinschaften (§ 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 LPlG LSA) die Regionale Planungsgemeinschaft anzuweisen, eine aus ihrer Sicht rechtswidrige Untersagungsverfügung aufzuheben.

53

Wurde – wie hier – die Erteilung der Genehmigung aus anderen Gründen bereits abgelehnt, und hat der Bauherr dagegen Klage erhoben, ist eine Aussetzung des Genehmigungsverfahrens im gerichtlichen Verfahren zwar nicht mehr möglich (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 20.06.2007, a.a.O.). Auch kann das Gericht das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht aussetzen. Eine Aussetzungspflicht des Gerichts sieht die VwGO nur gemäß § 75 Satz 3 VwGO im Fall der Erhebung einer Untätigkeitsklage vor. Auch eine Aussetzung nach § 94 VwGO kommt nicht in Betracht; denn mit der Untersagung der Genehmigung entsteht kein Rechtsverhältnis, das Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Aufgrund der befristeten Untersagungsverfügung ist die Sache aber nicht Spruchreif im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, wenn sich die Untersagungsverfügung als rechtmäßig erweist. In diesem Fall hebt das Verwaltungsgericht lediglich den Ablehnungsbescheid auf mit der Maßgabe, den Bauherrn nach der Rechtsauffassung des Gerichts – nach Ablauf der Geltungsdauer der Untersagung – neu zu bescheiden. Ergibt die gerichtliche Prüfung hingegen, dass die Untersagungsverfügung rechtswidrig ist, ist die Ablehnungsentscheidung aufzuheben und die Genehmigungsbehörde zu verpflichten, die Genehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen stehen. In einem „steckengebliebenen“ Genehmigungsverfahren, in dem sich die Versagungsentscheidung nicht auf die von der Genehmigungsbehörde angeführten Ablehnungsgründe stützen lässt und das Gericht nicht zur Herstellung der Spruchreife verpflichtet ist, ist die Ablehnungsentscheidung aufzuheben und die Behörde zur Neubescheidung zu verpflichten.

54

1.3. Die Frage, ob die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Genehmigungsantrags gehabt hat, ist auch ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis.

55

1.4. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht aus den vom Beklagten angeführten Gründen abgelehnt werden durfte.

56

Für ein Feststellungsinteresse genügt jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art (BVerwG, Urt. v. 12.10.1982 – I C 57.76 –, Buchholz 402.24 § 7 AuslG Nr. 20). Es kommt u. a. dann in Betracht, wenn die Feststellung für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Amtshaftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB oder von sonstigen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen erheblich ist, ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist und nicht offenbar aussichtslos erscheint (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 113 RdNr. 136, m.w.N.).

57

1.4.1. Zur Beurteilung der Frage, ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Maßnahme für einen in Erwägung gezogenen Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch überhaupt von Bedeutung sein kann, muss erkennbar sein, welche Ansprüche konkret aus dem angeblich rechtswidrigen Verhalten der Behörde hergeleitet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.03.1988 – 1 WB 105.87 –, Juris; OVG MV, Beschl. v. 27.05.2010 – 2 L 329/06 –, ZfB 2010, 142; NdsOVG, Urt. v. 24.01.2008 – 12 LB 44/07 –, Juris, RdNr. 79; Beschl. v. 29.08.2007 – 10 LA 31/06 –, NdsVBl 2008, 80; ThürOVG, Urt. v. 30.10.2003 – 1 KO 433/00 –, Juris, RdNr. 62, m.w.N.; OVG NW, Beschl. v. 30.01.2003 – 13 A 4859/00 –, NVwZ-Rr 2003, 696; VGH BW, Urt. v. 21.01.1997 – 5 S 3206/95 –, NVwZ-RR 1998, 549). Die von der Klägerin hierzu im Berufungsverfahren nachgereichten Angaben (vgl. Schriftsatz vom 31.05.2012) genügen diesen Anforderungen.

58

1.4.2. Der von der Klägerin angekündigte Schadensersatzprozess ist auch nicht offensichtlich aussichtslos. Von offensichtlicher Aussichtslosigkeit eines angekündigten Amtshaftungs- bzw. Schadensersatzprozesses vor den Zivilgerichten ist (nur) auszugehen, wenn ohne ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete zivilrechtliche Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.12.2010 – 7 C 23.09 –, Buchholz 406.253 § 20 ZuG Nr. 1, S. 12, RdNr. 50, m.w.N.; Urt. v. 29.04.1992 – 4 C 29.90 –, NVwZ 1992, 1092). Bei der Prüfung der „offensichtlichen Aussichtslosigkeit" der beabsichtigten Klage vor dem Zivilgericht kann es nicht darum gehen, dass die Erfolgsaussichten des Haftungsprozesses schlechthin geprüft werden und somit der vor den Zivilgerichten zu führende Prozess auch in den von der Feststellung der Rechtswidrigkeit unabhängigen Teilen gleichsam vorweggenommen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1992, a.a.O.). An das Vorliegen der Offensichtlichkeit sind strenge Anforderungen zu stellen, die bloße Wahrscheinlichkeit eines Misserfolges genügt also nicht (BVerwG, Urt. v. 14.01.1980 – 7 C 92.79 –, NJW 1980, 225; Urt. v. 27.03.1998 – 4 C 14.96 –, BVerwGE 106, 295).

59

Gemessen daran vermag der Senat nicht festzustellen, dass der von der Klägerin angekündigte Zivilprozess offensichtlich aussichtslos wäre. Eine offensichtliche Aussichtslosigkeit lässt sich insbesondere nicht damit begründen, gegen ein Verschulden der maßgeblichen Amtswalter spreche der Umstand, dass der vom Beklagten angenommene Standpunkt zu den (dem Vorhaben entgegen stehenden) Belangen des Denkmalschutzes auf den Einschätzungen der unteren Denkmalschutzbehörden der beiden beteiligten Landkreise sowie des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt beruhe. Von offensichtlicher Aussichtslosigkeit ist zwar – bezogen auf Amtshaftungsklagen – grundsätzlich dann auszugehen, wenn ein Kollegialgericht das Verhalten eines Beamten als rechtmäßig gewertet hat und deshalb diesem gegenüber nicht der Vorwurf erhoben werden kann, er habe offensichtlich fehlsam gehandelt und damit schuldhaft eine ihm obliegende Amtspflicht verletzt (BVerwG, Urt. v. 21.12.2010, a.a.O., RdNr. 50). Hingegen entfällt ein solcher Verschuldensvorwurf nicht von vorn herein deshalb, weil sich der Amtswalter bei seiner Entscheidung auf die fachlichen Bewertungen anderer Behörden gestützt hat.

60

Dem Beklagten ist einzuräumen, dass nicht jeder objektive Rechtsirrtum ohne weiteres einen Schuldvorwurf begründet; wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar angesehen werden kann; dann kann aus der Missbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (BGH, Urt. v. 10.02.2011 – III ZR 310/09 –, NZS 2012, 35). So kann etwa bei rechtswidriger Versagung einer Genehmigung aus Gründen des Denkmalschutzes ein Verschulden des zuständigen Beamten entfallen, wenn dessen Entscheidung vertretbar war, weil er insoweit dem Standpunkt des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie gefolgt ist, und auch das Gericht bei Feststellung der Rechtswidrigkeit der Versagung der Genehmigung die denkmalrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens als rechtlich schwierige Frage eingestuft hat (vgl. OLG München, Beschl. v. 07.11.2011 – 1 U 2597/11 –, Juris). Die denkmalfachliche Bewertung eines Vorhabens durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie entbindet die Genehmigungsbehörde aber – ebenso wie die Gerichte – nicht von der Prüfung, ob die Bewertung der Denkmalfachbehörde nachvollziehbar ist und es rechtfertigt, die Genehmigung eines im Außenbereich privilegierten Vorhabens aus Gründen des Denkmalschutzes zu versagen. Die abschließende Bewertung, ob die Versagung vertretbar gewesen ist, obliegt indes grundsätzlich dem Zivilgericht. So hat auch der BayVGH in dem der genannten Entscheidung des OLG München vorausgegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage eine offensichtliche Aussichtslosigkeit des beabsichtigten Zivilprozesses verneint (vgl. BayVGH, Urt. v. 28.05.2009 – 2 B 08.1971 –, NVwZ-RR 2009, 793, RdNr. 29 in Juris).

61

Eine offensichtliche Aussichtslosigkeit eines Amtshaftungsprozesses lässt sich auch nicht damit begründen, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren fehle in Bezug auf den Genehmigungsanspruch auch deshalb die Spruchreife, weil der Beklagte hinsichtlich der Frage, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt ist und eine Genehmigung u. U. nur nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erteilt werden können (s.o.). Es ist nicht von vorn herein ausgeschlossen, dass das Zivilgericht auch bei Fehlen einer Vorprüfung und Umweltverträglichkeitsprüfung die Feststellung trifft, dass die Klägerin einen Genehmigungsanspruch hatte. Zivilrechtliche Entscheidungen, die eine Kausalität zwischen rechtswidrig abgelehnter Genehmigung und geltend gemachtem Schaden im Falle nicht durchgeführter UVP-(Vor-)Prüfung verneinen, liegen – soweit ersichtlich – nicht vor. Wie oben (1.1.) dargelegt, ist die Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG nur ein unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren und begründet keine neuen materiell-rechtlichen Anforderungen an die Zulassung eines Vorhabens. Kann eine ggf. erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wegen Erledigung des Verfahrens nicht mehr durchgeführt werden, entfällt zwar möglicherweise die mit der Umweltverträglichkeitsprüfung bezweckte methodische Struktur, die zu einer erhöhten Richtigkeitsgewähr der materiellen Entscheidung hätte beitragen können. Das bedeutet aber nicht, dass es dem Zivilgericht bei Fehlen einer Vorprüfung oder Umweltverträglichkeitsprüfung von vorn herein untersagt wäre, die Feststellung zu treffen, dass sämtliche materiell-rechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen vorlagen. Bloße Zweifel an der fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Antrags, etwa wegen Unvollständigkeit der Antragsunterlagen im Hinblick auf eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung erlauben (noch) nicht den Schluss, ohne eine ins einzelne gehende Prüfung sei bereits offensichtlich, dass der behauptete Schadensersatzanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann (vgl. OVG MV, Urt. v. 30.01.2008 – 3 K 32/03 –, Juris, RdNr. 49 f.).

62

1.5. Der Beklagte vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren seien „Früchte des Prozesses“, um die ein Kläger nach einer eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht gebracht werden wolle, im Wesentlichen noch gar nicht vorhanden gewesen, insbesondere sei noch völlig offen, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gehabt hätte, wenn ihrem Vorhaben denkmalrechtliche Belange nicht entgegenstehen.

63

Für die Schutzwürdigkeit des Interesses an einer Fortsetzungsfeststellungsklage kennzeichnend ist zwar, dass eine Partei nicht ohne Not um die Früchte des bisherigen Prozesses gebracht werden darf, wenn das Verfahren unter entsprechendem Aufwand einen bestimmten Stand erreicht hat und sich mit der Erledigung des ursprünglichen Antrages die Frage stellt, ob dieser Aufwand nutzlos gewesen sein soll und der Kläger der (häufig nicht auf sein Verhalten zurückgehenden) Erledigung wegen in diesem Verfahren leer ausgehen muss. Der Gedanke der „Fruchterhaltung" ist aber keine normative Voraussetzung für ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Maßgeblich für die Frage, ob im Hinblick auf einen beabsichtigten Zivilprozess ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes besteht, ist vielmehr, ob der Kläger sofort und unmittelbar vor dem Zivilgericht Klage erheben konnte, oder ob er gezwungen war, zunächst eine verwaltungsgerichtliche Klage zu erheben. Hat sich der Verwaltungsakt schon vor Klageerhebung erledigt, so bedarf es keines Rechtsschutzes durch die Verwaltungsgerichte; denn der Betroffene kann wegen eines von ihm erstrebten Schadensersatzes sogleich das zuständige Zivilgericht anrufen, das auch für die Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen zuständig ist. Deshalb fehlt es in einem solchen Fall an einem schutzwürdigen Interesse für eine verwaltungsgerichtliche Klage. Hatte sich der Verwaltungsakt dagegen noch nicht erledigt, so war der von ihm Betroffene – auch im Sinne des Primärrechtsschutzes – gezwungen, zunächst vor dem Verwaltungsgericht zu klagen, um den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern. In einem solchen Fall wäre es unangemessen, die Fortsetzungsfeststellungsklage nur dann zuzulassen, wenn das bisherige Verfahren bereits Erkenntnisse erbracht hat, die für einen Amtshaftungsprozess bedeutsam sind. Abgesehen davon, dass kaum bestimmt werden könnte, wie viele „Früchte" erforderlich sein müssten, um einen Anspruch auf Fortführung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu begründen, besteht der Sinn der Fortsetzungsfeststellungsklage gerade darin, den Übergang zur Feststellungsklage zu erleichtern. Der bereits getätigte Aufwand – auch an Kosten und Zeit – soll dem Kläger erhalten bleiben, wenn und solange die begehrte Entscheidung für ihn einen Nutzen haben kann. Jedenfalls in Fällen der nicht vom Kläger herbeigeführten Erledigung kommt es bei der Prüfung des berechtigten Fortsetzungsfeststellungsinteresses nicht darauf an, ob die bisherige Prozessführung schon „Früchte" erbracht hat (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 27.03.1998, a.a.O.).

64

1.6. Dem Beklagten ist insbesondere auch nicht darin zu folgen, dass das Verwaltungsgericht für die mit dem Hilfsantrag angestrebte Klärung, ob das Verpflichtungsbegehren vor Erlass der Untersagungsverfügung Erfolg gehabt hätte, durch umfangreiche Beweiserhebungen eine weitere Sachverhaltsaufklärung und -bewertung hinsichtlich aller Belange, die bislang im Genehmigungsverfahren noch nicht geprüft wurden, hätte vornehmen müssen. Dem Beklagten ist zwar darin beizupflichten, dass es bei ungewisser Entscheidungserheblichkeit einer (Vor-)Frage prozessökonomisch unvertretbar sein kann, schwierige tatsächliche oder rechtliche Probleme mit hohem Aufwand zu klären, obwohl es in dem (angekündigten) Folgeprozess gar nicht mehr darauf ankommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.1990 – 3 C 49.87 –, NVwZ 1991, 570 [571]). Die Klägerin hat erstinstanzlich aber nicht die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beantragt, sondern nur die Verpflichtung zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Dies ist – wie bereits dargelegt – zulässig gewesen. Rechtliche Interessen sind nicht nur dann schutzwürdig, wenn die beantragte Feststellung Präjudizwirkung für ein anderes Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren hat, sondern es ist insoweit ausreichend, dass sich ein obsiegendes Urteil aus sonstigen Gründen von Nutzen für den Kläger erweisen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.09.1993 – 1 B 73.93 –, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 261). Schutzwürdig sind diese Interessen demnach schon dann, wenn sich die begehrte Feststellung ggf. auch ohne Präjudizwirkung für ein anderes Verfahren als nützlich erweisen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.05.1996 – 4 B 55.96 –, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 286). Auch wenn ein nur erreichbares positives Bescheidungsurteil die Gerichte der Zivilgerichtsbarkeit lediglich hinsichtlich der das Bescheidungsurteil tragenden Gründe bindet und die Behörde möglicherweise nicht gehindert gewesen wäre, den begehrten Verwaltungsakt aus anderen als den im Ablehnungsbescheid genannten Gründen zu versagen, besteht ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung, dass ein Anspruch auf Neubescheidung bestanden hat; denn diese Feststellung ist geeignet, die Position des Klägers zu verbessern (vgl. NdsOVG, Urt. v. 21.04.2010 – 12 LC 9/07 –, Juris, RdNr. 72). Jedenfalls hinsichtlich der zur Prüfung gestellten Belange des Denkmalschutzes kann die Klägerin in den Entscheidungsgründen die von ihr erstrebten – das Zivilgericht bindenden – Feststellungen erhalten und würde dadurch ihre Position in einem sich anschließenden Schadensersatzprozess verbessern.

65

1.7. Der Klageantrag ist ferner zulässig, soweit er nicht nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheids vom 18.12.2007 sondern auch die Feststellung umfasst, dass bis zum Erlass der Untersagungsverfügung der Beigeladenen zu 2 vom 20.08.2009 ein Anspruch auf Neubescheidung bestanden hat. Mit der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann die Feststellung begehrt werden, dass die Genehmigungsbehörde verpflichtet war, vor Inkrafttreten einer Rechtsänderung die beantragte Genehmigung zu erteilen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.10.1998 – 4 B 72.98 –, NVwZ 1999, 108). Die Klage kann aber auch auf die Feststellung gerichtet werden, dass dem Bauherrn während eines bestimmten Zeitraums ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zustand (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1999 – 4 C 4.98 –, BVerwGE 109, 74 [78]; Beschl. v. 21.10.2004 – 4 B 76.04 –, BRS 67 Nr. 124). Wurde der Verpflichtungsantrag – wie hier – zulässigerweise auf eine Neubescheidung beschränkt, kann dem entsprechend die Feststellung begehrt werden, dass vor der Rechtsänderung oder innerhalb eines Zeitraums davor ein Anspruch auf Neubescheidung bestanden hat.

66

2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Der Beklagte war nach Ablehnung des Genehmigungsantrags bis zum Erlass der Untersagungsverfügung der Beigeladenen zu 2 vom 20.08.2009 (allein diesen Zeitraum hat die Klägerin zum Gegenstand ihrer Klage gemacht) verpflichtet, den Genehmigungsantrag der Klägerin neu zu bescheiden. Die Ablehnung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aus den im Bescheid vom 18.12.2007 genannten Gründen war rechtswidrig. Dem Vorhaben standen Belange des Denkmalschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegen.

67

§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gewährleistet nur ein Mindestmaß an Schutz an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlicher Regelung unabhängigem Denkmalschutz; die Vorschrift hat im Verhältnis zu den denkmalrechtlichen Vorschriften, die nach § 29 Abs. 2 BauGB unberührt bleiben, lediglich eine Auffangfunktion (BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 – 4 C 3.08 –, BVerwGE 133, 347 [356], RdNr. 21). Die Belange des Denkmalschutzes werden in der Regel – positiv wie negativ – durch das Landesdenkmalrecht konkretisiert, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB greift unmittelbar selbst ein, wo grobe Verstöße in Frage stehen (vgl. NdsOVG, Urt. v. 21.04.2010 – 12 LB 44/09 –, BauR 2010, 1550). Die Prüfung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB erfordert im Genehmigungsverfahren eine nachvollziehende Abwägung, bei der die Schutzwürdigkeit des jeweils betroffenen Belangs sowie die Intensität und die Auswirkungen des Eingriffs dem Interesse an der Realisierung des privilegierten Vorhabens gegenüberzustellen sind. Das Gewicht, das der Gesetzgeber der Privilegierung des Vorhabens im Außenbereich beimisst, ist dabei besonders in Rechnung zu stellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2001 – 4 C 3.01 –, BauR 2002, 751). Der öffentliche Belang „Denkmalschutz“ steht einem privilegierten Vorhaben etwa dann entgegen, wenn das privilegierte Außenbereichsvorhaben den landschaftsprägenden Eindruck eines benachbarten Baudenkmals stört; weil die besondere künstlerische, geschichtliche oder städtebauliche Bedeutung des Denkmals durch das Vorhaben geschmälert wird (Urt. d. Senats v. 16.06.2005 – 2 L 533/02 – JMBl LSA 2006, 117, m.w.N.). Dies lässt sich hier aber nicht feststellen.

68

2.1. Als entgegenstehender denkmalrechtlicher Belang kommt insbesondere nicht die Beeinträchtigung der im Denkmalverzeichnis so bezeichnete „Stadtkrone Lützen“ in Betracht.

69

2.1.1. Zwar können auch Stadt- und Ortsbilder sowie -silhouetten als Mehrheiten baulicher Anlagen (Denkmalbereiche) gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Denkmalschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 21.10.1991 (GVBl S. 368), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2005 (GVBl S. 769) – DenkmSchG LSA – Kulturdenkmale im Sinne dieses Gesetzes sein. Bei einem Denkmalbereich soll das Erscheinungsbild geschützt werden; dem entsprechend ist bei mehreren zusammengehörenden baulichen Anlagen die Eigenschaft als Denkmal erst dann anzunehmen, wenn die Anlagen in ihrer Zusammengehörigkeit gewürdigt werden (vgl. OVG NW, Urt. v. 17.12.1999 – 10 A 606/99 –, BRS 77 Nr. 58).

70

Es erscheint – worauf die Vorinstanz hingewiesen hat – bereits fraglich, ob man überhaupt von einer Ortssilhouette sprechen kann, die nach den Angaben des Beklagten und des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt vom Turm der Kirche St. Viti, dem Schlossturm und dem Wasserturm, ergänzt durch den Stadtreiter des Rathauses, gebildet werde. Einer dieser Türme steht in einem verhältnismäßig großen Abstand zu den beiden anderen; der Dachreiter des Rathauses ist aus größerer Distanz kaum zu erkennen.

71

Aber auch wenn diese Gebäude eine Ortssilhouette bilden sollten, würde dies allein nicht genügen, um der Silhouette Denkmalqualität beizumessen. Wie die anderen in
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 DenkmSchG LSA genannten Mehrheiten baulicher Anlagen muss auch eine Ortssilhouette, um Denkmaleigenschaft zu besitzen, die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 DenkmSchG LSA erfüllen (vgl. zu einer Wohnsiedlung: Urt. d. Senats v. 14.10.2004 – 2 L 454/00 –, BRS 77 Nr. 95). Die Eintragung in das Denkmalverzeichnis genügt nicht, da dieses in Sachsen-Anhalt gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 DenkmSchG LSA nur nachrichtlich ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 DenkmSchG LSA sind Kulturdenkmale im Sinne dieses Gesetzes gegenständliche Zeugnisse menschlichen Lebens aus vergangener Zeit, die im öffentlichen Interesse zu erhalten sind. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 DenkmSchG LSA besteht öffentliches Interesse, wenn diese von besonderer geschichtlicher, kulturell-künstlerischer, wissenschaftlicher, kultischer, technisch-wirtschaftlicher oder städtebaulicher Bedeutung sind. Die Eigenschaft einer Sache als Kulturdenkmal setzt mithin ihre Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit voraus. Denkmalfähig ist eine Sache, wenn einer der in § 2 Abs. 1 Satz 2 DenkmSchG LSA genannten Schutzgründe für ihre Erhaltung spricht; denkmalwürdig ist sie, wenn ein öffentliches Interesse besteht, das die auf einem gesetzlichen Schutzgrund beruhende Erhaltung der Sache rechtfertigt (Urt. d. Senats v. 14.10.2004, a.a.O.). Ein Denkmalbereich liegt vor, wenn es sich bei den baulichen Anlagen um eine historisch oder städtebaulich-gestalterisch gewachsene Einheit mit einem sich daraus ergebenden gesteigerten Zeugniswert für bestimmte geschichtliche Entwicklungen oder städtebauliche Gegebenheiten an einem Ort, wie etwa bei einem Stadtviertel, handelt (OVG BBg, Urt. v. 08.11.2006 – OVG 2 B 13.04 –, BauR 2007, 694, m.w.N.; vgl. auch zur besonderen geschichtlichen Bedeutung: Urt. d. Senats v. 14.10.2004, a.a.O.). Solche baulichen Anlagen können unabhängig voneinander entstanden sein, müssen aber verbindende, einheitsstiftende Merkmale hinsichtlich der Bauform oder bestimmter Gestaltungselemente aufweisen und insoweit als historisch überlieferter Bestand in städtebaulicher Hinsicht Lebensformen vergangener Zeitschnitte widerspiegeln; hierbei müssen die einheitsstiftenden Elemente einen „übersummativen“ Aussagewert für die städtebauliche Entwicklung an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit aufweisen (vgl. OVG BBg, Urt. v. 08.11.2006, a.a.O., m.w.N.).

72

Das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt hat in seiner Stellungnahme vom 26.04.2007 zur Schutzwürdigkeit der Ortssilhouette (aus der hier maßgeblichen nördlichen und nordwestlichen Blickrichtung) ausgeführt, aufgrund der flachen Landschaft und der nur mäßig hohen Wohnbebauung träten die Türme im Rahmen der breit gelagerten, durchaus harmonisch erscheinenden Schichtung von Landschaft und städtischer Bebauung als vertikale, geradezu wie Spitzen erscheinende Akzente hervor und prägten das Bild einer in sich ruhenden kleinen Stadt. Die unter Denkmalschutz stehenden Türme wirkten dabei als verbindende Klammer. Die Ansicht von außen entspreche somit dem im Inneren vermittelten Eindruck einer wohl erhaltenen, teilweise als Denkmalbereich eingetragenen Altstadt. Daraus ergibt sich allerdings nicht, dass diese Stadtansicht bzw. -silhouette einer der in § 2 Abs. 1 Satz 2 DenkmSchG LSA genannten Bedeutungskategorien unterfällt, sie also von besonderer geschichtlicher, kulturell-künstlerischer, wissenschaftlicher, kultischer, technisch-wirtschaftlicher oder städtebaulicher Bedeutung ist. Auch der Umstand, dass die drei die Silhouette bestimmenden Türme, die zu unterschiedlichen Zeiten errichtet wurden jeweils Einzeldenkmale sind, genügt nicht für die Annahme, die durch sie geprägte Stadtansicht habe besondere geschichtliche, kulturell-künstlerische, wissenschaftliche, kultische, technisch-wirtschaftliche oder städtebauliche Bedeutung.

73

2.1.2. Sollte die Ortssilhouette von Lützen gleichwohl ein Kulturdenkmal im Sinne von § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 DenkmSchG darstellen, würde jedenfalls ihre Schutzwürdigkeit der Errichtung von vier Windenergieanlagen an dem von der Klägerin vorgesehenen Standort nicht im Sinne von § 35 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstehen. Der Senat teilt die Auffassung der Vorinstanz, dass die im Wesentlichen aus drei Türmen bestehende Silhouette an den Standorten, an denen die Windkraftanlagen gemeinsam mit der Silhouette hätten wahrgenommen werden können, keine landschaftsprägende Wirkung (mehr) hat, die durch die Errichtung der Anlage gestört werden könnte. Der Senat konnte bei der von ihm durchgeführten Einnahme eines Augenscheins an der Einmündung des Feldweges, an dessen nördlicher Seite die Anlagen errichtet werden sollten, in die L 184 ca. 1,5 km nordwestlich der Ortslage Lützen zwar deutlich die drei die Türme der Stadt erkennen, einen landschaftsprägenden Eindruck einer Ortssilhouette dort aber nicht feststellen. Nördlich der BAB 9 sind die Türme nicht mehr (deutlich) zu erkennen. Deshalb ist auch der Bereich, in dem die Anlagen zusammen mit den Türmen wahrgenommen werden können, verhältnismäßig klein.

74

Insofern unterscheidet sich – worauf bereits das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat – der hier zu beurteilende Sachverhalt entscheidend von demjenigen, der dem Urteil des Senats vom 16.06.2005 (2 L 533/02 – JMBl LSA 2006, 117) zugrunde lag. In jener Entscheidung ging es um den Schutz eines die Landschaft prägenden Schlosses, das die Merkmale eines Baudenkmals erfüllt.

75

2.2. Dass in der Stadt Lützen vorhandene Einzeldenkmale, insbesondere die drei genannten Türmen, durch die Errichtung der ca. 1,5 km außerhalb der Ortslage geplanten Windkraftanlagen beeinträchtigt worden wären, hat auch der Beklagte nicht geltend gemacht.

76

2.3. Belange des Denkmalschutzes standen der Errichtung der vier Windenergieanlagen auch nicht deshalb entgegen, weil sie unweit der Gustav-Adolf-Gedenkstätte errichtet werden sollten.

77

2.3.1. Eine Beeinträchtigung der aus mehreren baulichen Anlagen bestehenden Gedenkstätte selbst, die ein Kulturdenkmal darstellt, ist nicht ersichtlich und auch vom Beklagten nicht geltend gemacht worden.

78

2.3.2. Ein das Gewicht der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB überragender Belang ist aber auch nicht darin zu erkennen, dass bei dem von der Gedenkstätte aus möglichen Blick nach Norden auf das historische Schlachtfeld die vier Windenergieanlagen hätten wahrgenommen werden können.

79

Zwar kann gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 DenkmSchG LSA zu den möglichen Denkmalbereichen auch die Umgebung von Gesamtanlagen und Einzelbauten zählen, wenn das Bauwerk zu ihr in einer besonderen historischen, funktionalen oder ästhetischen Beziehung steht. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 DenkmSchG erstreckt sich der Schutz eines Kulturdenkmals auch auf seine Umgebung, soweit diese für die Erhaltung, Wirkung, Erschließung und die wissenschaftliche Forschung von Bedeutung ist. Insofern mag das die Gedenkstätte umgebende Gelände des historischen Schlachtfelds zum Kulturdenkmal „Gustav-Adolf-Gedenkstätte“ gehören. Für die Frage, mit welcher Intensität im Außenbereich privilegierte Windenergieanlagen den (historischen) Aussagewert eines solchen die Umgebung miterfassenden Denkmals beeinträchtigen, können jedoch die vorhandenen Vorbelastungen nicht unberücksichtigt bleiben.

80

Das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie hat in seiner Stellungnahme vom 29.06.2007 erläutert, entscheidend für diesen Erinnerungsort der deutschen wie der schwedischen Geschichte sei die Erhaltung der (relativen) Ungestörtheit des in diesem Falle mit dem Kulturdenkmal verbundenen historisch-assoziativen Bezugs. Zur uneingeschränkten Empfindung dieses Kulturdenkmals von erheblicher Bedeutung gehöre nicht nur die unversehrte Erhaltung der eigentlichen Gedenkstätte, sondern auch der Blick aus dem Erinnerungsort hinaus in eine möglichst ungestörte und dem historischen Geschehen angemessene Umgebung. Im vorliegenden Falle treffe dies primär zu für den Blick nach Norden über das sinngebende Schlachtfeld hinweg. Dieses konstituiere in selten eindeutiger Weise den in § 1 Abs. 1 Satz 2 DenkmSchG LSA erwähnten und in diesem Falle zur Wirkung des Baudenkmals unabdingbaren Schutz von dessen Umgebung. Es sei nicht verschwiegen, dass das Auge beim Blick von der Gedenkstätte in Richtung Norden über eine ausgeräumte Agrarlandschaft streife, sich im weiteren Umfeld der Autobahnanschlussstelle D. störende Gewerbebauten ausbreiteten und direkt vor der Gedenkstätte eine Bundesstraße verlaufe. Dieses bereits gestörte Gleichgewicht zwischen der geschichtlichen Ausstrahlung der Gedenkstätte und dem Ausblick nach Norden dürfe daher durch weitere gewerbliche oder technisch geprägte Hinzufügungen nicht vollends aus der Balance gebracht werden. Die in der flachen Landschaft dominierend wirkenden Windkraftanlagen als eindeutig der heutigen Zeit entstammende technische Installationen ständen im schroffen Gegensatz zur geschichtlichen Bedeutung einer für ein historisches Ereignis von geradezu europäischer Bedeutung stehenden Gedenkstätte.

81

Die in dieser Stellungnahme angedeuteten Vorbelastungen haben indes eine solche Intensität, dass sie den im Außenbereich privilegierten Windenergieanlagen nicht hätten entgegen gehalten werden können. Bei der vom Senat durchgeführten Ortsbesichtigung war der Blick nach Norden auf das historische Schlachtfeld keineswegs durch eine (relative) Ungestörtheit geprägt, sondern von dem starken Verkehr auf der Bundesstraße B 87, die die Gedenkstätte von der im Norden liegenden, heute landwirtschaftlich genutzten Fläche des historischen Schlachtfeldes trennt. Bei dem zu diesem Zeitpunkt herrschenden hohen Verkehrsaufkommen – insbesondere auch mit LKW-Verkehr – fiel es dem Senat schwer, einen assoziativen Bezug zwischen Gedenkstätte und Schlachtfeld überhaupt herzustellen. Hinzu kommt, dass der Blick nach Norden bereits durch ein Hochsilo und die ca. 2,5 km entfernte Bundautobahn BAB 9 beeinträchtigt ist. Eine „uneingeschränkte Empfindung“ durch eine „möglichst ungestörte und dem historischen Geschehen angemessen Umgebung“ konnte der Senat jedenfalls nicht feststellen. Die Errichtung von vier Windenergieanlagen am vorgesehenen Standort mag zu einer zusätzlichen Beeinträchtigung des assoziativen Bezugs führen. Sie wäre aber angesichts der dargestellten Vorbelastungen nicht in einer Weise ins Gewicht gefallen, dass sie dem im Außenbereich privilegierten Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB entgegen standen.

82

2.3.3. Der Senat teilt schließlich auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Fläche des Schlachtfelds stelle mit ihrer archäologischen Bedeutung für die historische Schlacht im 30jährigen Krieg auch keinen dem privilegierten Vorhaben der Klägerin entgegenstehenden öffentlichen Belang des Denkmalschutzes dar. Insoweit kann auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden, die sich der Senat zu Eigen macht.

83

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, soweit die Berufung des Beklagten zurückgewiesen wird. Soweit die Beteiligten das Berufungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, folgt die Kostenentscheidung aus der entsprechenden Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO. Es entspricht insoweit billigem Ermessen, dem Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen; denn ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses, das Inkrafttreten des Regionalen Entwicklungsplans für die Planungsregion Halle am 21.12.2010, wäre die Berufung voraussichtlich begründet gewesen. Die (nur) auf Neubescheidung gerichtete Klage hätte voraussichtlich Erfolg gehabt. Aus den oben dargelegten Gründen konnten dem (möglichen) Genehmigungsanspruch der Klägerin weder die vom Beklagten angeführten Belange des Denkmalschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) noch die Untersagungsverfügung des Beigeladenen zu 2 vom 20.08.2009 entgegen gehalten werden. Der Neubescheidungsanspruch der Klägerin blieb – wie oben (1.2. a.E.) dargelegt – durch die Untersagungsverfügung unberührt. Da hinsichtlich des Hauptantrages nur das Berufungsverfahren, nicht aber auch das Verfahren erster Instanz für erledigt erklärt wurde, ist über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens nicht (mehr) zu befinden.

84

Es entspricht ferner der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, denn sie haben keine Sachanträge gestellt und sich so auch nicht dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt.

85

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

86

V. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.