Verwaltungsgericht München Urteil, 10. März 2017 - M 7 K 15.3998

bei uns veröffentlicht am10.03.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Mit am 10. August 2015 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangenem Schreiben vom 25. Juli 2015 erhob der Kläger eine Feststellungsklage mit dem Antrag,

„Es soll durch das stattliche Gericht festgestellt werden, daß der geistig-lebendige Mensch J. von A. aus dem Hause …, lebendgeboren am ... 1960/23:55 Uhr auf A. im Ch., nicht die Person mit Namen  … geboren am … 00:55 Uhr in … ist.“

Dabei bezeichnete er sich unter dem im Rubrum aufgenommenen Namen „…“ und der im Rubrum aufgenommenen Anschrift als Gläubiger und unterschrieb mit dem Namen „J. von A.“. Außerdem wurde die Verletzung der Grundrechte aus Art. 103 Abs. 1, Art. 101 Abs. 1 Satz 2, Art. 19 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot gerügt und geltend gemacht, es bestehe ein rechtliches Interesse daran, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung unmittelbar festgestellt werde. Zudem solle festgestellt werden, dass die Beschlüsse und Urteile keine rechtliche Wirkung haben, da allesamt nur als Ausfertigungen zugestellt wurden, welche nach § 317 ZPO nicht beantragt wurden. Das Landgericht Traunstein sowie das Oberlandesgericht München seien mit Schreiben vom 27. April 2015 nochmals daran erinnert worden.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es eine Person namens …  nicht gebe. Hierauf seien die Richter am Amtsgericht und Landgericht Traunstein und Oberlandesgericht München immer wieder hingewiesen worden sowie darauf, dass es sich um den Menschen J. von A. handele. Zu keinem Zeitpunkt habe sich der Menschensohn J. von A. mit der Person …  identifiziert. Eine Verletzung des Willkürverbots liege vor, wenn die Entscheidung auf schweren Rechtsanwendungsfehlern, wie der Nichtberücksichtigung einer offensichtlich einschlägigen Norm oder der krassen Missdeutung einer Norm beruhe. Zudem liege ein offensichtlicher Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter vor, da keine Abgabe an die nach Geschäftsverteilungsplan zuständige WEG-Abteilung des Amtsgerichts erfolgt sei. Die Urteile und Beschlüsse verstießen gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, da das Amtsgericht bzw. Landgericht den Vortrag des Beschwerdeführers, mit dem dieser die Kostenhöhe bestritten habe, offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt habe.

Mit Beschluss vom 2. September 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht München verwiesen.

Mit Beschluss vom 13. Februar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

In der mündlichen Verhandlung am 10. März 2017 erschien der Kläger nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Nachdem der Kläger ausweislich des Ladungsschreibens vom 14. Februar 2017 und der Postzustellungsurkunde vom 17. Februar 2017 form- und fristgerecht unter Hinweis gem. § 102 Abs. 2 VwGO geladen worden ist, konnte über den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung am 10. März 2017 auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden.

Die Klage, mit der der Kläger die Feststellungen begehrt, dass „J. von A. aus dem Hause …“ nicht mit … identisch ist und dass zivil- und strafgerichtliche Entscheidungen anderer Gerichte keine Wirkungen haben, ist bereits unzulässig.

Da Klägerbezeichnung und Unterschrift auseinanderfallen, ist bereits zweifelhaft, ob die Klage wirksam erhoben ist. Denn die gem. § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO einzuhaltende Schriftform ist nur gewahrt, wenn die Klageschrift vom Kläger oder seinem Prozessbevollmächtigten handschriftlich unterzeichnet ist. Allerdings kann nach den verschiedenen Selbstbezeichnungen, den dazu gemachten Ausführungen und einigen Handschriftenproben wohl davon ausgegangen werden, dass die Klage vom Kläger herrührt.

Jedenfalls fehlt es an der Prozessvoraussetzung der Klagebefugnis gem. § 42 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift muss ein Kläger geltend machen können, durch den angefochtenen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines begehrten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend auf die hier in Betracht kommende Feststellungsklage anzuwenden (BVerwG, U. v. 19. November 2015 - 2 A 6/13 - juris Rn 30 u. U. v. 26. Januar 1996 - 8 C 19/94 - juris Rn 20 m.w.N.), so dass eine Klagebefugnis neben einem berechtigten Interesse an der begehrten Feststellung (§ 43 Abs. 1 VwGO) vorliegen muss. Denn ein Rechtsschutzbegehren ist ohne Rücksicht auf die Klageart nur dann zulässig, wenn es sich auf Rechte stützt, die gerade dem Kläger zustehen können (BVerwG, U. v. 26. Januar 1996 - 8 C 19/94 - juris Rn 20). In § 42 Abs. 2 VwGO kommt ein allgemeines Strukturprinzip des Verwaltungsrechtsschutzes zum Ausdruck. Vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG ist er, wenn auch nicht ausschließlich (vgl. § 42 Abs. 2 Hs. 1 VwGO), so doch in erster Linie, auf den Individualrechtsschutz ausgerichtet (BVerwG, U. v. 5. September 2013 - 7 C 21/12 - juris Rn 18). Eine Klagebefugnis ist gegeben, wenn unter Zugrundelegung des Klagevorbringens eine Verletzung des geltend gemachten Rechts möglich bzw. denkbar erscheint (BVerwG, U. v. 5. April 2016 - 1 C 3/15 - juris Rn 16 u. U. v. 19. November 2015 - 2 A 6/13 - juris Rn 15; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 31. Erg.lfg. Juni 2016, § 42 Rn 65 ff.). Dies ist nicht der Fall, wenn die vom Kläger geltend gemachte Rechtsposition offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihm zustehen kann (BVerwG, U. v. 19. November 2015 - 2 A 6/13 - juris Rn 15).

Der Kläger begehrt unter dem Phantasienamen „J. von A. aus dem Hause …“ die Feststellung, dass er nicht die von ihm - insoweit widersprüchlich - als Kläger bezeichnete Person „…“ ist und dass alle gegen letzteren ergangenen zivil- und strafgerichtlichen Entscheidungen keine Wirkung haben. Dass es sich augenfällig um einen Phantasienamen handelt, ergibt sich nicht nur aus der unüblichen Namensform und den wirren bzw. völlig abwegigen Ausführungen (vgl. selbst gefertigte Urkunde „(An-)Erkennung im Naturrecht …“), sondern auch daraus, dass sich der Kläger in seinem Klageschreiben und den beigefügten Unterlagen jeweils mit derselben Handschrift noch weitere erfundene Namen wie „J. von München“ und „T. von Siegerland“ zugelegt hat. Ein subjektiv-öffentliches Recht, aufgrund dessen die Feststellung beansprucht werden könnte, dass eine Person, die sich einen Phantasienamen und eine fiktive Existenz außerhalb des deutschen Staatswesens zugelegt hat, nicht mit sich selbst bzw. der Person identisch ist, die den staatlichen Behörden unter ihrem bürgerlich rechtlichen Namen bekannt und in staatlichen Ausweispapieren genannt ist, gibt es indes nicht (vgl. OVG NW, B. v. 22. November 2016 - 19 A 1456/16 - juris Rn 5 zum Anspruch auf Ausstellung eines frei erfundenen Ausweisdokuments auf der Grundlage einer ebenfalls frei erfundenen „Staatsbürgerschaft“).

Nach dem gestellten Antrag und dem Klagevorbringen lässt sich die Klage auch nicht zweckgerecht dahin auslegen (§ 88 VwGO), dass der Kläger eine Namensänderung begehrt. Denn er hat nicht beantragt, dass sein bisheriger Name in den Namen zu ändern sei, den er sich selbst beigelegt hat, sondern beansprucht anzuerkennen, dass ihm letzterer bereits zustehe. Im Übrigen wäre eine gem. § 3 NamÄndG auf die Änderung des Vor- und Familiennamens gerichtete Verpflichtungsklage deshalb unzulässig, weil sie in prozessualer Hinsicht voraussetzt, dass zuvor ohne Erfolg ein entsprechender Antrag bei der zuständigen Verwaltungsbehörde gestellt worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Vorbem. vor § 68 Rn 5a m.w.N.). Diese Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO („Antrag auf Vornahme“) und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden (BayVGH, B. v. 12. August 2016 - 15 ZB 15.696 - juris Rn 22 m.w.N.). An einem solchen Antrag fehlt es hier.

Ebenso wenig gibt es eine Rechtsgrundlage für eine verwaltungsgerichtliche Feststellung des Inhalts, dass Urteile anderer Rechtszweige wirkungslos sind oder dass das Gericht eines anderen Rechtszweigs den falschen Beklagten verurteilt hat, so dass auch bezüglich des zweiten Klageantrags eine Rechtsverletzung nicht möglich oder denkbar erscheint und eine Klagebefugnis fehlt. Gegen nichtige bzw. wirkungslose Urteile, die zwar nicht der materiellen, jedoch der formellen Rechtskraft fähig sind, ist der Kläger auf die statthaften Rechtsmittel der jeweiligen Gerichtsbarkeit zu verweisen (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 511 Rn 7 f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 10. März 2017 - M 7 K 15.3998

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 10. März 2017 - M 7 K 15.3998

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Urteil, 10. März 2017 - M 7 K 15.3998 zitiert 19 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 68


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 81


(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden. (2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 S

Namensänderungsgesetz - NamÄndG | § 3


(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. (2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 317 Urteilszustellung und -ausfertigung


(1) Die Urteile werden den Parteien, verkündete Versäumnisurteile nur der unterliegenden Partei in Abschrift zugestellt. Eine Zustellung nach § 310 Abs. 3 genügt. Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien kann der Vorsitzende die Zustellung verkündet

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Urteil, 10. März 2017 - M 7 K 15.3998 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 10. März 2017 - M 7 K 15.3998 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Aug. 2016 - 15 ZB 15.696

bei uns veröffentlicht am 12.08.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 05. Apr. 2016 - 1 C 3/15

bei uns veröffentlicht am 05.04.2016

Tatbestand 1 Der Kläger begehrt von der Beklagten die Überwachung bewaffneter Drohneneinsätze, die nach seinem Vorbringen von den US-Streitkräften unter Nutzung von Einr

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Nov. 2015 - 2 A 6/13

bei uns veröffentlicht am 19.11.2015

Tatbestand 1 Der Kläger beanstandet die Auswahlentscheidung der Beklagten für die ämtergleiche Besetzung eines Dienstpostens.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 05. Sept. 2013 - 7 C 21/12

bei uns veröffentlicht am 05.09.2013

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 16. August 2012 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Urteile werden den Parteien, verkündete Versäumnisurteile nur der unterliegenden Partei in Abschrift zugestellt. Eine Zustellung nach § 310 Abs. 3 genügt. Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien kann der Vorsitzende die Zustellung verkündeter Urteile bis zum Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung hinausschieben.

(2) Ausfertigungen werden nur auf Antrag und nur in Papierform erteilt. Solange das Urteil nicht verkündet und nicht unterschrieben ist, dürfen von ihm Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften nicht erteilt werden. Die von einer Partei beantragte Ausfertigung eines Urteils erfolgt ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe; dies gilt nicht, wenn die Partei eine vollständige Ausfertigung beantragt.

(3) Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften eines als elektronisches Dokument (§ 130b) vorliegenden Urteils können von einem Urteilsausdruck erteilt werden.

(4) Die Ausfertigung und Auszüge der Urteile sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen.

(5) Ist das Urteil nach § 313b Abs. 2 in abgekürzter Form hergestellt, so erfolgt die Ausfertigung in gleicher Weise unter Benutzung einer beglaubigten Abschrift der Klageschrift oder in der Weise, dass das Urteil durch Aufnahme der in § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Angaben vervollständigt wird. Die Abschrift der Klageschrift kann durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder durch den Rechtsanwalt des Klägers beglaubigt werden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.

(2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 Satz 3 Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tatbestand

1

Der Kläger beanstandet die Auswahlentscheidung der Beklagten für die ämtergleiche Besetzung eines Dienstpostens.

2

Der ... geborene Kläger steht als Regierungsdirektor (BesGr A 15 BBesO) im Dienst der Beklagten und ist beim Bundesnachrichtendienst (BND) tätig. Mit der Stellenausschreibung ... vom 10. April 2012 schrieb der BND den ebenfalls mit der Besoldungsgruppe A 15 und gleichrangigen Vergütungs-/Entgeltgruppen bewerteten Dienstposten des ... des BND in ... aus.

3

Die Ausschreibung enthielt ein Anforderungsprofil, in dem u.a. nach dem Standardisierten Leistungsprofil (SLP) bewertete Sprachkenntnisse gefordert wurden. In der Ausschreibung hieß es u.a., dass nur Bewerbungen von ämter- bzw. entgeltgruppengleichen Personen berücksichtigt würden, eine förderliche Umsetzung ins Ausland sei nicht vorgesehen; Sprachkenntnisse seien durch ein entsprechendes SLP oder einen Spracheinstufungstest nachzuweisen, eine Selbsteinschätzung könne nicht gewertet werden.

4

Der Kläger bewarb sich am 4. Oktober 2012 mit dem Hinweis auf Italienisch-Sprachkenntnisse, die er sich beim NATO-Defense College (NDC) in Rom 2011 angeeignet und die er durch Besuche in Volkshochschul-Fortgeschrittenenkursen ausgebaut habe.

5

In einer Entscheidungsvorlage vom 16. November 2012 wurden mehrere Bewerber aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden und die Auswahlentscheidung zwischen vier verbliebenen A 15-Bewerbern vorgeschlagen. In der Vorlage hieß es u.a., dass keiner der Bewerber ein geprüftes SLP in Italienisch besitze. Einer der Bewerber habe seine Sprachfertigkeiten im Jahr 1999 mit SLP 21212 lediglich selbst eingeschätzt; der Kläger habe nach eigenem Bekunden Italienischkenntnisse während seiner NDC-Teilnahme erworben und diese in VHS-Kursen fortgeführt. Im Ergebnis müssten alle Kandidaten durch Teilnahme an einem Sprachkurs auf das geforderte Sprachniveau geführt werden. Sodann votierte die Entscheidungsvorlage "letztendlich auch aus personalwirtschaftlichen Erwägungen" für eine Besetzung des Dienstpostens mit dem Beigeladenen. Dieser habe in den über 35 Jahren seiner Dienstzugehörigkeit fortlaufend Spitzenleistungen erbracht. Aufgrund seiner langen Verwendungszeit in einem Referat stehe er für einen Wechsel in ein neues Aufgabenfeld an. Die Leitung des BND entschied gemäß dem Vorschlag der Vorlage für den Beigeladenen. Unter dem 28. Januar 2013 wurde dies dem Kläger mitgeteilt.

6

Der Kläger legte unter dem 1. Februar 2013 Widerspruch ein und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass der Beigeladene nicht das geforderte Anforderungsmerkmal italienischer Sprachkenntnisse der Stufe SLP 2 besitze. Damit habe sich der BND von dem verbindlichen Anforderungsprofil gelöst, das nicht mehr zu seiner Disposition stehe.

7

Auf der Grundlage eines Prüfvermerks vom 16. Mai 2013 entschied der BND am Folgetag, die Stelle erneut auszuschreiben. Das Auswahlverfahren sei rechtsfehlerhaft gewesen; es sei versäumt worden, Nachweise zu den nach Aktenlage bei zwei Bewerbern (darunter beim Kläger) aufgezeigten Italienischkenntnissen einzufordern. Unter dem 4. Juni 2013 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Stellenausschreibung aus personalwirtschaftlichen Gründen aufgehoben worden sei, weil zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung keiner der Bewerber das Anforderungsprofil erfüllt habe; der Dienstposten werde in Kürze erneut zur Nachbesetzung ausgeschrieben.

8

Die neue Stellenausschreibung ... vom 6. Juni 2013 war mit der vorangegangenen Ausschreibung inhaltsgleich mit dem einzigen Unterschied, dass die geforderten Sprachkenntnisse erst bei Dienstantritt nachzuweisen seien. Der Kläger und der Beigeladene bewarben sich erneut. Unter dem 14. August 2013 entschied sich die Beklagte wieder dafür, den Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Der Dienstposten wurde ihm mit Wirkung vom 24. März 2014 übertragen.

9

Der Kläger hat bereits vor Aufhebung der ersten Stellenausschreibung Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das Vorgehen der Beklagten verletze ihn in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG, mindestens jedoch in seinem Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Der Abbruch des ursprünglichen Stellenbesetzungsverfahrens sei unbeachtlich, weil er nicht aus sachlichen Gründen erfolgt sei. Die tragende Begründung der Auswahlentscheidung, dass kein Bewerber das geforderte Anforderungsprofil erfülle, sei in Bezug auf seine Person unzutreffend. Er habe bereits seinerzeit über einsatzbereite Italienisch-Kenntnisse auf dem Niveau SLP 2 verfügt, worauf er in seiner Bewerbung hingewiesen habe (ergänzend verweist er auf eine vom 25. Juni 2013 - mithin nach Klageerhebung - datierende Bescheinigung der genannten Stelle). Diesem Hinweis hätte die Beklagte seinerzeit nachgehen müssen, sei es durch Einholung dienstlicher Erklärungen der für die Entsendung des Klägers an das NATO Defense College verantwortlichen Bediensteten, sei es durch Überprüfung seiner Italienisch-Kenntnisse durch einen aktuellen Sprachtest. Sowohl die Begründung für die Ablehnung seiner Bewerbung als auch die für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens seien lediglich vorgeschoben und dienten dazu, den Dienstposten einem Bewerber zu übertragen, der die Anforderungskriterien nicht erfülle. Dass der Beigeladene aufgrund der Teilnahme an einer mehrmonatigen Sprachausbildung inzwischen (wohl) ebenfalls über exzellente Sprachkenntnisse in Italienisch verfüge, dürfe weder zur Rechtfertigung des Abbruchs noch als entscheidungserheblicher Umstand für die neue Auswahlentscheidung berücksichtigt werden; eine solche "Nachqualifizierung" sei kein sachlicher Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens.

10

Für den Fall, dass in der Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen ein erledigendes Ereignis gesehen werde, sei hilfsweise die Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Bewerbung des Klägers und der Dienstpostenübertragung festzustellen. Das dafür erforderliche Interesse ergebe sich aus der Gefahr, dass die Beklagte auch künftig eine derartige fehlerhafte Entscheidung zu seinem Nachteil treffe, sowie aus seinem Interesse, die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits im Wege des Schadensersatzes erstattet zu bekommen.

11

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Februar 2013 zu verurteilen, über die Bewerbung des Klägers auf den Dienstposten des ... erneut und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden sowie die Besetzung des Dienstpostens rückgängig zu machen,

hilfsweise für den Fall, dass in der Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen ein erledigendes Ereignis gesehen wird,

festzustellen, dass die Ablehnung der Bewerbung und der Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens auf den Kläger zum Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses rechtswidrig gewesen ist.

12

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und verteidigt ihr Vorgehen: Das ursprüngliche Stellenausschreibungsverfahren sei aus sachlichem Grund abgebrochen worden, weil sie erkannt habe, dass die Auswahlentscheidung rechtsfehlerhaft zustande gekommen sei. Es sei versäumt worden, die (behaupteten) Italienisch-Kenntnisse der Bewerber durch einen entsprechenden Sprachtest überprüfen zu lassen. Ein rechtsfehlerfreier Vergleich der Bewerber sei daher nicht möglich gewesen. Sie habe des Weiteren erkannt, dass es für das ursprüngliche Anforderungsmerkmal, wonach die Sprachkenntnisse bereits zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung vorliegen müssten, keinen zwingenden Grund gegeben habe, da es ausreichend sei, wenn solche Sprachfertigkeiten noch bis zum geplanten Dienstantritt erlangt und nachgewiesen würden. Wegen dieser zu hohen Anforderung habe das ursprüngliche Anforderungsprofil möglicherweise Bewerbungen geeigneter Personen verhindert und den Kreis potentieller Bewerber zu sehr eingeengt.

13

Der Beigeladene hat sich zu der Klage nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag unzulässig. Dem Kläger fehlt die Klagebefugnis, also eine subjektive Rechtsposition, aufgrund der er eine erneute Entscheidung über die Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens (1.), hilfsweise die Feststellung begehren könnte, dass die Ablehnung seiner Bewerbung und der Übertragung des Dienstpostens auf ihn rechtswidrig gewesen seien (2.).

15

1. Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO muss ein Kläger geltend machen können, durch den angefochtenen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines begehrten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Dasselbe gilt bei einem mit einer Leistungsklage zu verfolgenden sonstigen Verwaltungshandeln (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 1970 - 6 C 48.68 - BVerwGE 36, 192 <199> und vom 17. Januar 1980 - 7 C 42.78 - BVerwGE 59, 319 <326> sowie Beschluss vom 5. Februar 1992 - 7 B 15.92 - NVwZ-RR 1992, 371), wie es hier mit der vom Kläger mit seinem Hauptantrag begehrten Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens in Rede steht. Diese sog. Klagebefugnis ist gegeben, wenn unter Zugrundelegung des Klagevorbringens eine Verletzung des geltend gemachten Rechts möglich erscheint. Daran fehlt es, wenn die vom Kläger geltend gemachte Rechtsposition offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihm zustehen kann (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 13. Juli 1973 - 7 C 6.72 - BVerwGE 44, 1 <3> und vom 28. Februar 1997 - 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115 <118>).

16

Eine derartige subjektive Rechtsposition auf Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens oder erneute Entscheidung hierüber steht dem Kläger im Streitfall nicht zu.

17

a) Der vom Kläger begehrte Dienstposten des ... des BND in ... ist - wie der derzeit vom Kläger innegehabte Dienstposten - nach der Besoldungsgruppe A 15 BBesO bewertet. Die Übertragung dieses ämtergleichen Dienstpostens erfolgt im Rahmen einer Umsetzung. Denn der BND stellt, auch wenn seine Dienststellen sich an verschiedenen Orten (insbesondere im Ausland) befinden, organisationsrechtlich eine (einzige) Behörde dar. Die Übertragung eines anderen Dienstpostens im Geschäftsbereich des BND ist daher dienstrechtlich eine Umsetzung innerhalb ein und derselben Behörde (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Februar 2008 - 2 A 1.07 - NVwZ-RR 2008, 547 Rn. 24, vom 26. Mai 2011 - 2 A 8.09 - Buchholz 232 § 55 BBG Nr. 16 Rn. 19 und vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 20).

18

Der Rechtscharakter einer - gesetzlich nicht geregelten - Umsetzung ist seit der Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1980 zur fehlenden Verwaltungsakt-Qualität dieser Maßnahme geklärt (BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 <146 ff.> = Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 20 S. 33 ff.). Hiernach ist eine Umsetzung die das Statusamt und das funktionelle Amt im abstrakten Sinne unberührt lassende Zuweisung eines anderen Dienstpostens (Amt im konkret-funktionellen Sinne) innerhalb einer Behörde. Sie ist eine innerorganisationsrechtliche Maßnahme, die die Individualsphäre des Beamten grundsätzlich nicht berührt. Sie kann auf jeden sachlichen organisations- oder personalwirtschaftlichen Grund gestützt werden (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2008 - 2 A 1.07 - NVwZ-RR 2008, 547 Rn. 25) und erfolgt allein im öffentlichen Interesse an einer möglichst optimalen Aufgabenerfüllung und Stellenbesetzung. Bei einer Klage   g e g e n   eine Umsetzung ("Weg-Umsetzung") kann die Ermessensausübung im allgemeinen nur darauf überprüft werden, ob sie durch einen Ermessensmissbrauch maßgebend geprägt ist; denkbar sind insoweit eine Verletzung der Fürsorgepflicht, die Nichteinhaltung einer Zusage oder - unter bestimmten Voraussetzungen - der Entzug von Leitungsaufgaben (BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 <152>; vgl. auch den Überblick bei Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl 2013, § 4 V, S. 101 ff. ).

19

b) Entgegen der Ansicht des Klägers kann dieser sich im vorliegenden Fall einer Auswahl unter Bewerbern um einen im Wege der ämtergleichen Umsetzung zu besetzenden Dienstposten (Umsetzungskonkurrenz) weder unmittelbar oder als Vorwirkung (aa) noch ausnahmsweise (bb) auf die Verfahrensgarantien eines Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG berufen.

20

aa) Eine Auswahlentscheidung unter den Bewerbern um eine ämtergleiche Umsetzung unterfällt mit Blick auf deren eingangs dargestellten Rechtscharakter grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG, da bei ihr nicht die Vergabe eines höherwertigen Statusamtes oder eine dies vorwegnehmende Entscheidung in Rede steht. Sie ist daher grundsätzlich nicht an die hierzu in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe gebunden.

21

bb) Die Beklagte hat sich auch nicht "freiwillig" den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe des Dienstpostens unterworfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 20). Eine solche - in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall ausnahmsweise gegebene - Sondersituation liegt hier nicht vor.

22

Der Inhalt einer Stellenausschreibung muss durch eine am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierte Auslegung ermittelt werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 32 und vom 8. Juli 2014 - 2 B 7.14 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 61 Rn. 8). Der Wortlaut der hier in Rede stehenden Stellenausschreibung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass der BND sich bei der vorliegenden Umsetzung ausnahmsweise den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG unterwerfen wollte. Vielmehr ist in der Ausschreibung der ausdrückliche Hinweis darauf enthalten, dass Bewerbungen nur ämter- bzw. entgeltgruppengleich berücksichtigt würden und eine förderliche Umsetzung nicht vorgesehen sei. Beförderungsbewerbungen waren damit ausdrücklich ausgeschlossen.

23

Ergänzend hat der BND im vorliegenden Verfahren - in ausdrücklicher Abgrenzung zu dem vorstehend angesprochenen Fall (BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1) - vorgetragen, dass er bei seinen Ausschreibungen inzwischen klar unterscheide und kenntlich mache, ob es um die (den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG unterliegende) Vergabe eines höherwertigen Amtes (bzw. eines denselben Vorgaben unterworfenen sog. Beförderungsdienstpostens) gehe oder (nur) um eine ämtergleiche ("nicht förderliche") Umsetzung. Dass auch Stellen der letztgenannten Kategorie ausgeschrieben würden, diene allein dem Ziel einer besseren Transparenz der Personalführung. Es entspreche seit langem der Verwaltungspraxis und dem aktuellen Personalkonzept der Beklagten, Auslandsdienstposten ausschließlich im Wege der ämtergleichen Ausschreibung zu besetzen. Diese Praxis sei allen Bediensteten hinlänglich bekannt. Im Interesse einer besseren Transparenz der Personalauswahl sei der BND kürzlich dazu übergegangen, diese "Ausschreibungen" nunmehr als "Interessenfeststellungen" zu bezeichnen, um den Unterschied zu förderlichen Ausschreibungen noch deutlicher hervorzuheben.

24

Dem entspricht auch das tatsächliche Vorgehen des BND, wie es in dessen Auswahlvermerk vom 16. November 2012 zum Ausdruck kommt. Danach hat der Personalbereich des BND einzelne Bewerber aus eindeutig nicht im Rahmen von Art. 33 Abs. 2 GG liegenden, offen so benannten personalwirtschaftlichen Erwägungen aus der engeren Betrachtung ausgeschieden.

25

c) Dass eine Auswahlentscheidung - wie im Falle einer Umsetzungskonkurrenz - außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 33 Abs. 2 GG liegt, bedeutet indes nicht, dass ein Beamter rechtsschutzlos gestellt wäre. Wie bei einer Klage   g e g e n   eine Umsetzung ("Weg-Umsetzung") sind der Ermessensentscheidung des Dienstherrn auch bei einer Klage, mit der eine Umsetzung a u f einen bestimmten Dienstposten begehrt wird ("Hin-Umsetzung"), vielmehr die oben dargestellten äußersten Grenzen gesetzt. Von diesen kommt hier allenfalls eine Verletzung der Fürsorgepflicht in Betracht:

26

Der Dienstherr ist aufgrund seiner Fürsorgepflicht gehalten, bei seinen Entscheidungen die wohlverstandenen Interessen des Beamten in gebührender Weise zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Mai 2005 - 2 BvR 583/05 - BVerfGK 5, 250 <252 f.> m.w.N.). Hieraus können sich "abwehrrechtliche" Gesichtspunkte gegen eine Umsetzung ergeben, etwa wenn mit einem Dienstposten verbundene Belastungen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beamten führen können (vgl. zu einer behaupteten gesundheitlichen Labilität: BVerwG, Urteil vom 7. März 1968 - 2 C 137.67 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 9 S. 50 f.). Eine Verdichtung der aus der Fürsorgepflicht folgenden Berücksichtigung privater Belange des Beamten dahingehend, dass sie auf die Vergabe eines konkreten Dienstpostens gerichtet sein könnte, ist aber allenfalls ausnahmsweise denkbar, etwa wenn der in Rede stehende Dienstposten der einzig gesundheitlich unbedenkliche für den Beamten wäre (vgl. zu einem angeblich "klimatisch und gesundheitlich" einzig tauglichen Dienstposten in der Oberpfalz: BVerwG, Urteil vom 13. Februar 1969 - 2 C 114.65 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 11 Leitsatz 2 und S. 4). Ein derartig konkretisierter Leistungsanspruch entspricht nicht der Struktur der Fürsorgepflicht; diese ist auf die Beseitigung eines bestehenden Missstands oder Mangels bezogen. Aus der Fürsorgepflicht kann sich daher ggf. - im Falle der Ermessenreduzierung auf Null - allenfalls ein Anspruch auf eine "Weg-Umsetzung" ergeben. Sie ist nach ihrem Inhalt und ihrer Struktur aber regelmäßig nicht geeignet, einen auf die Vergabe eines konkreten Dienstpostens gerichteten Anspruch (auf eine "Hin-Umsetzung") zu vermitteln. Dass dem Kläger eine dahingehende subjektive Rechtsposition zustehen könnte, ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt denkbar.

27

d) Entgegen der Ansicht des Klägers steht ihm - jenseits des Erörterten - auch kein (allgemeiner) Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung zu (vgl. § 40 VwVfG, § 114 VwGO). Ein solcher Anspruch besteht nicht losgelöst von einer subjektiven Rechtsposition quasi für sich selbst ("eo ipso"). Vielmehr setzt er eine derartige subjektive Rechtsposition voraus. Über eine solche Rechtsposition verfügt der Kläger im Falle einer bloßen Umsetzungskonkurrenz aber - wie dargestellt - gerade nicht. Die Rechtssphäre des nicht berücksichtigten Beamten ist von der Auswahlentscheidung über eine ämtergleiche Umsetzung unter Ausschluss von Beförderungsbewerbern nicht betroffen. Das gilt auch für den Abbruch eines solchen Auswahlverfahrens. Der nicht berücksichtigte Bewerber hat keinen Anspruch darauf, die behördliche Entscheidung auf Rechtsfehler zu überprüfen. Das wäre selbst dann der Fall, wenn diese auf Willkür beruhte (wofür im Streitfall nichts ersichtlich ist).

28

2. Der Hilfsantrag kann ebenfalls keinen Erfolg haben.

29

a) Es ist bereits zweifelhaft, ob der Hilfsantrag in statthafter Weise anhängig gemacht und angefallen ist. Denn er ist - auch nach Aufforderung des Senats um Klarstellung des mit der gewählten Formulierung Gemeinten - lediglich "für den Fall" gestellt, dass der Senat in der Übertragung des streitbefangenen Dienstpostens ein erledigendes Ereignis sehen sollte. Damit wird die Anhängigkeit des Hilfsantrags von einem innerprozessualen Umstand abhängig gemacht, nämlich davon, ob der Senat in einer bestimmten Frage eine bestimmte Rechtsansicht vertritt, nicht aber - wie für einen Hilfsantrag erforderlich - von der Erfolglosigkeit des Hauptantrags.

30

b) Ungeachtet dessen ist der Feststellungsantrag jedenfalls unzulässig, weil es dem Kläger - aus denselben Gründen wie hinsichtlich des Hauptantrags - an der erforderlichen Klagebefugnis fehlt, also an einer subjektiven Rechtsposition, deren Vorliegen auch bei einer Feststellungsklage Prozessvoraussetzung ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 - 8 C 19.94 - BVerwGE 100, 262 <271> m.w.N.); hierzu kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

31

c) Im Übrigen fehlt es auch an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.

32

aa) Der Kläger begründet sein Feststellungsinteresse zum einen mit einer Wiederholungsgefahr, nämlich damit, dass die Beklagte bei Bewerbungen um andere dienstliche Verwendungen, bei denen es möglicherweise ebenfalls auf die richtige Erfassung und Bewertung seiner Sprachkenntnisse und dienstlichen Tätigkeiten ankomme, erneut zu seinen Lasten entscheiden könnte, zumal die Beklagte sich keiner Versäumnisse bewusst sei. Damit ist die erforderliche hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, dass dem Kläger künftig eine vergleichbare Maßnahme durch die Beklagte droht, nicht dargetan (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 21 und vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 41 ff.). Im Übrigen ist es unzutreffend, dass - wie der Kläger behauptet - die Beklagte ihre Versäumnisse abstreitet; im Gegenteil hat sie ausdrücklich eingeräumt, dass die ursprüngliche Auswahlentscheidung fehlerhaft war.

33

bb) Zum anderen begründet der Kläger sein Feststellungsinteresse mit der beabsichtigten Geltendmachung eines Schadens- oder Amtshaftungsanspruchs: Er sei gehalten, die Vergütung des von ihm hinzugezogenen Rechtsanwalts gegenüber dem Beklagten geltend zu machen; da die Vergütungspauschale über die Gebührensätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes hinausgehe, sei hierfür ein zusätzliches Amtshaftungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten notwendig.

34

Ein Feststellungsinteresse wegen eines Schadensersatz- oder Amtshaftungsanspruchs kann indes nicht mit den Kosten des vorliegenden Streitverfahrens selbst begründet werden. Wäre nach Ansicht des Klägers eine Erledigung seines Rechtsschutzbegehrens eingetreten, hätte er das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklären können, ggf. unter ausdrücklicher Verwahrung gegen die Kostenlast oder mit dem Antrag, die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen. Diese Konsequenz hat der Kläger aber nicht gezogen, sondern er hat an seinem Standpunkt festgehalten, dass er einen Anspruch auf Fortführung des ursprünglichen Auswahlverfahrens aufgrund der ersten (aufgehobenen) Stellenausschreibung habe. Der geltend gemachte Schadensersatz- oder Amtshaftungsanspruch ist damit offensichtlich nicht gegeben.

35

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten des Beigeladenen für nicht erstattungsfähig zu erklären, weil dieser keinen Antrag gestellt und sich daher auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 16. August 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Der Kläger, eine bundesweit tätige, nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, begehrt die Änderung des Luftreinhalteplans für D.

2

Für den Ballungsraum des Rhein-Main-Gebietes besteht seit 2005 ein Luftreinhalteplan. Der Teilplan D. wurde im Februar 2011 fortgeschrieben. Im Luftreinhalteplan ist eine Reihe von lokalen Maßnahmen vorgesehen, mit denen die Schadstoffkonzentrationen für Feinstaub und Stickoxide (NOx) im Stadtgebiet von D. bis zum Zieljahr 2015 reduziert werden sollen. Die im Luftreinhalteplan aus dem Jahr 2005 enthaltenen Maßnahmen sollen aufrechterhalten bleiben. Dazu gehören insbesondere Durchfahrtsverbote für Lkw. Der Luftreinhalteplan geht davon aus, dass im Jahr 2015 die Immissionsgrenzwerte für Feinstaub an allen Straßenzügen in D. sicher eingehalten werden können, während dies für Stickstoffdioxid (NO2) nicht gilt. Nach der Prognose sollen allein aufgrund der fortschreitenden Euronormen für den Schadstoffausstoß bei Kraftfahrzeugen die Immissionen für NOx um 22,1 % und der direkte NO2-Ausstoß um knapp 9 % verringert werden. Aufgrund der Maßnahmen der Stadt D. zur Reduzierung des Verkehrsaufkommens wird ein weiterer Rückgang der Luftschadstoffimmissionen bei Stickoxiden um 11,6 % erwartet. Die Prognose kommt zum Ergebnis, dass bis zum Jahr 2015 die Immissionsgrenzwerte für NO2 zumindest an den drei am höchsten belasteten Straßenzügen in D. zwar nicht eingehalten werden, aber doch deutlich reduziert werden können.

3

Nachdem der Kläger beim Beklagten mit Schreiben vom 10. Januar 2012 eine Änderung des Luftreinhalteplans beantragt und zur Begründung darauf hingewiesen hatte, dass eine Umweltzone trotz der nicht garantierten Einhaltung des Grenzwerts bis zum Jahr 2015 nicht in Betracht gezogen worden sei, erhob er am 14. Februar 2012 Klage zum Verwaltungsgericht.

4

Mit Urteil vom 16. August 2012 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, den für D. geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/cbm im Stadtgebiet D. enthält. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das als allgemeine Leistungsklage erhobene Begehren sei als altruistische Verbandsklage zulässig. Dies folge aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 8. März 2011 im Verfahren C-240/09, wonach ein Gericht das nationale Verfahrensrecht so auslegen müsse, dass es einer nach § 3 UmwRG anerkannten Umweltschutzvereinigung ermöglicht werde, eine Entscheidung, die möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Europäischen Union stehe, vor einem Gericht anzufechten. Es sei unbeachtlich, dass diese Klagebefugnis im nationalen Verfahrensrecht (noch) nicht ausdrücklich vorgesehen sei. Die Klage sei auch begründet. Der Beklagte sei nach § 47 Abs. 1 BImSchG und § 27 Abs. 2 der 39. BImSchV verpflichtet, im Rahmen des Luftreinhalteplans für D. alle geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zeitraum der Überschreitung des einzuhaltenden Grenzwerts für NO2 so kurz wie möglich zu halten. Dem Beklagten stehe hinsichtlich des "Ob" der Aufstellung des Luftreinhalteplans Ermessen nicht zu, sondern nur hinsichtlich des "Wie" der Umsetzung der normativen Vorgaben. Er sei verpflichtet, einen Luftreinhalteplan mit dem Ziel der Einhaltung des Grenzwerts im Rahmen des tatsächlich Möglichen und rechtlich Verhältnismäßigen aufzustellen. Diesen Anforderungen werde der Luftreinhalteplan nicht gerecht, denn auch bei Durchführung aller darin vorgesehenen Maßnahmen würden die Grenzwerte für NO2 nicht eingehalten oder unterschritten. Angesichts der zwingenden, dem Gesundheitsschutz dienenden Grenzwerte müsste dies nur hingenommen werden, wenn alle geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen zur Verminderung der Stickstoffdioxidkonzentration in D. ausgeschöpft seien. Das sei schon deshalb nicht der Fall, weil eine Umweltzone, die zwischenzeitlich als durchaus gut geeignete Maßnahme anerkannt werde, nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen worden sei. Angesichts des Schutzguts der Grenzwerte für NO2 sei die Einführung einer Umweltzone ungeachtet möglicher finanzieller Belastungen von Bevölkerung und Wirtschaft auch nicht unverhältnismäßig. Ein Rechtsanspruch auf Festsetzung konkreter Maßnahmen bestehe bei der Luftreinhalteplanung zwar nicht. Der planerische Gestaltungsspielraum sei jedoch begrenzt durch die normativen Zielvorgaben; diesen werde nicht genügt, wenn sich aufdrängende Maßnahmen trotz fortdauernder Überschreitung des Grenzwerts nicht in den Plan aufgenommen würden.

5

Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen und mit Zustimmung des Klägers eingelegten Sprungrevision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter und trägt zur Begründung vor: Die Klage sei unzulässig. Dem Kläger fehle die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO, die auch für die allgemeine Leistungsklage erforderlich sei. Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 8. März 2011, das nicht überzeugen könne und eine andere Fallgestaltung betreffe, ergebe sich nichts anderes (siehe auch Schink, DÖV 2012, 622). Aus Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention (AK) sei eine Verbandsklage, gerichtet auf Einhaltung des europäischen Umweltrechts, nicht abzuleiten. Art. 9 Abs. 3 AK habe, anders als Art. 9 Abs. 2 AK, im Unionsrecht keine unmittelbare Wirkung. Jedenfalls fehle es an der in der EuGH-Entscheidung vorausgesetzten interpretationsfähigen Vorschrift des nationalen Rechts. Auch führe es hier nicht weiter, durchsetzbare individuelle Rechte, die das Unionsrecht gewähre, als subjektive Rechte im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO anzusehen. Denn Art. 9 Abs. 3 AK räume gerade keine vollzugsfähigen Rechte ein. Des Weiteren werde Art. 9 Abs. 3 AK durch die EU-Luftreinhalterichtlinie nicht umgesetzt. Darin sei in Art. 26 Abs. 1 lediglich die Unterrichtung der Öffentlichkeit vorgesehen; Mitwirkungsrechte von Verbänden, die - wenn überhaupt - Ansatzpunkt für eine Verbandsklage sein könnten, würden demgegenüber nicht normiert.

6

Der Klageantrag sei unbestimmt, nicht vollstreckungsfähig und deshalb unzulässig.

7

Die Klage sei auch nicht begründet. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans nicht zu. Der Beklagte sei zwar verpflichtet gewesen, einen Luftreinhalteplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Verminderung der Überschreitung des Immissionsgrenzwerts für NO2 schrittweise zu bewirken und den Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich zu halten. Dieser Verpflichtung sei der Beklagte aber bereits nachgekommen.

8

Das Verwaltungsgericht gewähre letztlich einen verkappten Anspruch auf Einführung einer Umweltzone, da weitere Maßnahmen nicht ersichtlich seien. Einzelne Maßnahmen der Luftreinhalteplanung könnten aber wegen des planerischen Gestaltungsspielraums des Beklagten nicht eingeklagt werden. Der Beklagte werde zu einer Luftreinhalteplanung verurteilt, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht wahre. Eine Umweltzone sei in D. wegen der Ausgestaltung der Plakettenregelung der 35. BImSchV keine geeignete Maßnahme zur Reduzierung der Grenzwertüberschreitung für Stickoxide; insoweit habe das Verwaltungsgericht den Vortrag des Beklagten nicht beachtet und gegen den Untersuchungsgrundsatz verstoßen. Die Auswertung von Umweltzonen in anderen Städten belege deren Geeignetheit zur NO2-Reduktion nicht. Die Einrichtung einer Umweltzone sei auch nicht erforderlich, weil der Anteil des Lkw-Durchgangsverkehrs aufgrund des bevorstehenden Abschlusses von Straßenbauarbeiten sich deutlich reduzieren werde. Schließlich sei die Einführung einer Umweltzone auch unverhältnismäßig im engeren Sinne.

9

Der Beklagte beantragt,

1. unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 16. August 2012 die Klage abzuweisen,

2. hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des EuGH gemäß Art. 267 AEUV zu folgenden Rechtsfragen einzuholen:

a) Ist Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH vom 8. März 2011 - C-240/09 - so zu interpretieren, dass eine nationale Rechtsvorschrift, die die Zulässigkeit einer Klage davon abhängig macht, dass der Kläger in seinen Rechten verletzt ist, so auszulegen, dass sie es einer Umweltschutzvereinigung, die die Förderung und Einhaltung des Umweltrechts der Europäischen Union zu ihrem Satzungszweck erklärt hat, ermöglicht, eine Entscheidung, die im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, vor einem Gericht anzufechten?

b) Gibt Art. 23 Abs. 1 der Luftqualitätsrichtlinie (RL 2008/50/EG vom 21. Mai 2008, ABl EG Nr. L 152 vom 11. Juni 2011, S. 1) Umweltverbänden einen Anspruch auf Einhaltung der Grenzwerte des Anhangs XI B und XIV D dieser Richtlinie für NO2?

c) Gibt Art. 23 der Luftqualitätsrichtlinie Umweltverbänden einen Rechtsanspruch auf Erlass eines Luftreinhalteplans, der bewirkt, dass die Grenzwerte der Luftqualitätsrichtlinie für NO2 schnellstmöglich eingehalten werden?

10

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen,

hilfsweise,

das Verfahren auszusetzen und die Vorabentscheidung des EuGH zu folgenden Rechtsfragen einzuholen:

1. Ist Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs vom 8. März 2011 - C-240/09 - so auszulegen,

dass die Vorschrift einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, die - soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist - die Zulässigkeit einer Klage davon abhängig macht, dass der Kläger geltend macht, durch die Unterlassung des staatlichen Handelns in seinen Rechten verletzt zu sein,

wenn Gegenstand des Rechtsstreits die Klage einer nach nationalem Recht anerkannten Umweltschutzvereinigung ist, die die Aufstellung eines der Richtlinie 2008/50/EG vom 21. Mai 2008 entsprechenden Luftqualitätsplans begehrt?

2. Ist Art. 23 der Richtlinie 2008/50/EG vom 21. Mai 2008 so zu interpretieren, dass Umweltschutzvereinigungen einen Rechtsanspruch auf Erlass eines Luftqualitätsplans geltend machen können, der Maßnahmen zum Inhalt hat, mit denen die Grenzwerte der Luftqualitätsrichtlinie für Stickstoffdioxid schnellstmöglich eingehalten werden?

11

Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt insbesondere vertiefend aus, dass er in unionsrechtskonformer Auslegung der § 42 Abs. 2 VwGO, § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. Art. 9 Abs. 3 AK klagebefugt sei (siehe auch Klinger, NVwZ 2013, 850; EurUP 2013, 95).

12

Der Vertreter des Bundesinteresses betont zur Frage der Ableitung einer Klagebefugnis aus Art. 9 Abs. 3 AK den Freiraum, den die Aarhus-Konvention den Vertragsstaaten einräume. Dieses Verständnis von Art. 9 Abs. 3 AK sei jedoch umstritten. Eine Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs ins deutsche Verwaltungsprozessrecht sei nicht möglich. Die in § 42 Abs. 2 VwGO vorgesehene Öffnung für andere gesetzliche Regelungen sei hier nicht einschlägig. Allerdings könne der Kreis rügefähiger subjektiv-öffentlicher Rechte in Auslegung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs weiter gezogen werden. Der Vertreter des Bundesinteresses regt eine Vorlage zum Europäischen Gerichtshof an. Er verteidigt die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Begründetheit der Klage.

Entscheidungsgründe

13

Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht und mit Zustimmung des Klägers erhobene Sprungrevision ist zulässig, aber nicht begründet und deshalb zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt zwar insoweit revisibles Recht, als es die Klagebefugnis des Klägers mit unzutreffenden Erwägungen bejaht (1.); die Entscheidung stellt sich insoweit aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO; 2.). Im Übrigen steht die Entscheidung mit Bundesrecht in Einklang (3.).

14

1. a) Die Überprüfung der Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Klagebefugnis des Klägers ist dem Senat nicht durch § 134 Abs. 4 VwGO verwehrt. Danach kann die Sprungrevision nicht auf Mängel des Verfahrens gestützt werden. Zwar handelt es sich bei § 42 Abs. 2 VwGO um eine Vorschrift des Prozessrechts. Bei der Prüfung der Klagebefugnis geht es jedoch nicht um die von § 134 Abs. 4 VwGO ausgeschlossene Kontrolle des Verfahrens der Vorinstanz. Die Beurteilung der Klagebefugnis verlangt vielmehr eine von § 134 Abs. 4 VwGO nicht erfasste Bewertung materiell-rechtlicher Vorfragen (vgl. Urteile vom 10. Oktober 2002 - BVerwG 6 C 8.01 - BVerwGE 117, 93 <95> = Buchholz 442.066 § 30 TKG Nr. 1 S. 2, vom 12. März 1998 - BVerwG 4 C 3.97 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 149 sowie vom 26. April 2006 - BVerwG 6 C 19.05 - juris Rn. 11 § 113 hwo nr. 6 nicht abgedruckt>; Pietzner, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 134 Rn. 77).

15

b) Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass für den im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend gemachten Anspruch auf Ergänzung des Luftreinhalteplans das Erfordernis der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO entsprechende Anwendung findet. Eigene Rechte mache der Kläger zwar nicht geltend. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. März 2011 in der Rechtssache C-240/09, Lesoochranárske zoskupenie VLK ("slowakischer Braunbär" - Slg. 2011, I-1255), die eine rechtsschutzfreundliche Auslegung des nationalen Verfahrensrechts fordere, sei der Kläger gleichwohl klagebefugt, auch wenn diese Klagebefugnis im nationalen Verfahrensrecht (noch) nicht ausdrücklich vorgesehen sei.

16

Aus diesen knappen Ausführungen, die ausdrücklich auf den vom Europäischen Gerichtshof erteilten Auslegungsauftrag verweisen, geht mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass das Verwaltungsgericht die Klagebefugnis des Klägers nicht unabhängig vom nationalen Recht unmittelbar aus unionsrechtlichen Vorgaben entnehmen will. Wenn das Verwaltungsgericht Unionsrecht heranzieht, um ungeachtet der verneinten Betroffenheit in eigenen Rechten eine Klagebefugnis im Sinne einer altruistischen Verbandsklage zu bejahen, die sich im nationalen Verfahrensrecht noch nicht finde, bezieht sich das auf die in § 42 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO normierte Öffnungsklausel, die unter Beachtung des Unionsrechts ausgefüllt werden soll.

17

Diese Rechtsauffassung verletzt revisibles Recht.

18

aa) Das Verwaltungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der geltend gemachte Anspruch auf Erlass eines Luftreinhalteplans, der seiner Rechtsnatur nach einer Verwaltungsvorschrift ähnlich ist (Beschlüsse vom 29. März 2007 - BVerwG 7 C 9.06 - BVerwGE 128, 278 = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 27 Rn. 27 und vom 11. Juli 2012 - BVerwG 3 B 78.11 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 49 Rn. 10; Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 47 Rn. 47), im Wege der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen ist. Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung (zuletzt etwa Urteil vom 15. Juni 2011 - BVerwG 9 C 4.10 - BVerwGE 140, 34 = Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 161) hat das Verwaltungsgericht die in § 42 Abs. 2 VwGO normierte Sachurteilsvoraussetzung der Klagebefugnis entsprechend auch auf die allgemeine Leistungsklage angewendet. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Denn in § 42 Abs. 2 VwGO kommt ein allgemeines Strukturprinzip des Verwaltungsrechtsschutzes zum Ausdruck. Vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG ist er, wenn auch nicht ausschließlich (siehe § 42 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO), so doch in erster Linie, auf den Individualrechtsschutz ausgerichtet (vgl. etwa Urteil vom 29. April 1993 - BVerwG 7 A 3.92 - BVerwGE 92, 263 <264> = Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 196 S. 46). Wollte man die allgemeine Leistungsklage - im Gegensatz zur Verpflichtungsklage als einer besonderen Leistungsklage - von dieser Grundentscheidung ausnehmen, käme es zu Wertungswidersprüchen, die in der Sache nicht gerechtfertigt werden könnten. Das im Verfahren aufgeworfene Sachproblem der Zulässigkeit einer Verbandsklage ist demnach ungeachtet der Rechtsnatur des erstrebten behördlichen Handelns und folglich der prozessualen Einordnung des Rechtsschutzbegehrens zu bewältigen.

19

bb) Bei der Prüfung, ob dem Kläger die Möglichkeit einer Verbandsklage eröffnet ist, hat das Verwaltungsgericht sich zu Recht an der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs orientiert.

20

Im Urteil vom 8. März 2011 hat sich der Europäische Gerichtshof zu den Rechtswirkungen des Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Übereinkommen ; Gesetz vom 9. Dezember 2006, BGBl II S. 1251) verhalten. Die Aarhus-Konvention ist nicht nur von allen Mitgliedstaaten der EU, sondern auch von der EU selbst ratifiziert worden (Beschluss des Rates vom 17. Februar 2005, ABl EU Nr. L 124 S. 1). Als sogenanntes gemischtes Abkommen ist sie Teil des Unionsrechts und als solcher war sie Gegenstand der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 8. März 2011 im Verfahren Rs. C-240/09.

21

Der Europäische Gerichtshof hat zunächst festgestellt, dass die EU und damit der Gerichtshof jedenfalls dann für die Umsetzung und Auslegung von Art. 9 Abs. 3 AK zuständig sind, wenn es um Fragen der Beteiligung und des Rechtsschutzes in Verfahren geht, die inhaltlich die Durchsetzung des EU-Umweltrechts zum Gegenstand haben. Sodann hat er ausgeführt, dass Art. 9 Abs. 3 AK wegen des darin enthaltenen Ausgestaltungsvorbehalts derzeit keine unmittelbare Wirkung zukommt. Die nationalen Gerichte sind aber gleichwohl verpflichtet, ihr nationales Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsprozessrecht soweit wie möglich im Einklang sowohl mit den Zielen von Art. 9 Abs. 3 AK als auch mit dem Ziel eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für die durch das Unionsrecht verliehenen Rechte auszulegen, um es einer Umweltschutzvereinigung zu ermöglichen, eine Entscheidung, die am Ende eines Verwaltungsverfahrens ergangen ist, das möglicherweise in Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, vor einem Gericht anzufechten.

22

(1) Die nationalen Gerichte sind gehalten, die Entscheidung als Teil des Unionsrechts bei ihren rechtlichen Erwägungen zu beachten (vgl. Karpenstein, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, AEUV Art. 267 Rn. 104). Die Kritik, der sich die Argumentation des Urteils ausgesetzt sieht, ändert daran nichts. Denn die Grenzen zum "ausbrechenden Rechtsakt", etwa wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 1 EUV, dessen Annahme im Übrigen die Pflicht zur "Remonstration" in Gestalt eines neuerlichen Vorabentscheidungsverfahrens nach sich zöge (BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 - BVerfGE 126, 286 <303 f.>), sind ersichtlich nicht überschritten (vgl. Berkemann, DVBl 2013, 1137 <1143 f.>).

23

(2) Die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellte Auslegungsleitlinie erfasst auch die vorliegende Fallkonstellation. Die Luftreinhalteplanung nach § 47 Abs. 1 BImSchG (i.d.F. des Achten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 31. Juli 2010, BGBl I S. 1059) dient der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl EU Nr. L 152 S. 1). Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten kommt es allein darauf an.

24

Das zutreffende Verständnis einer im Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Entscheidung (Auslegungsurteil) erschließt sich zwar vor dem Hintergrund des Streitgegenstands des Ausgangsverfahrens. Darin ging es um die verfahrensrechtliche Stellung der klagenden Vereinigung. Den Urteilsgründen ist indessen nichts zu entnehmen, was darauf schließen lassen könnte, dass sich die Verpflichtung der nationalen Gerichte, Auslegungsspielräume zugunsten von Klagerechten der Umweltverbände zu nutzen, allein auf Verfahrensrecht bezieht und lediglich bereits eingeräumte Mitwirkungsrechte prozessual verstärkt werden sollen (so auch Berkemann, a.a.O. S. 1145; Schlacke, ZUR 2011, 312 <315>).

25

cc) Der Europäische Gerichtshof gibt den Gerichten auf, nach Maßgabe interpretationsfähiger Vorschriften des nationalen Rechts auch Umweltverbänden einen möglichst weiten Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen, um so die Durchsetzung des Umweltrechts der Union zu gewährleisten. Zu Unrecht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass diesem Anliegen über die Vorschrift des § 42 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO Rechnung getragen werden kann.

26

Diese Regelungsalternative erlaubt Ausnahmen vom Erfordernis der Geltendmachung einer Verletzung in eigenen Rechten. Sie ist jedoch als solche keine im Sinne der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs interpretationsfähige Norm, sondern lediglich eine Vorbehalts- bzw. Öffnungsklausel, die durch eine Entscheidung des zuständigen Normgebers umgesetzt werden muss. § 42 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO selbst ist allerdings der Auslegung zugänglich, dass neben Bestimmungen des Bundes- und des Landesrechts auch Vorschriften des Unionsrechts als andere gesetzliche Regelung eigenständige, von materiellen Berechtigungen losgelöste Klagerechte vermitteln können. Erst auf der Grundlage einer solchen normativen Entscheidung stellt sich die Frage nach unionsrechtlich dirigierten Auslegungsspielräumen.

27

Eine die Vorbehalts- bzw. Öffnungsklausel ausfüllende Norm, die es vor dem Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs erweiternd auslegt, benennt das Verwaltungsgericht nicht. Eine einer solchen Auslegung zugängliche Vorschrift ist auch nicht vorhanden.

28

Eine besondere Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO, mit der eine objektive Rechtskontrolle ermöglicht wird, ist im nationalen Recht nur in eng begrenzten Bereichen normiert worden. Die vorhandenen, der Durchsetzung umweltrechtlicher Belange dienenden Bestimmungen sind nicht einschlägig.

29

(1) Der Anwendungsbereich der naturschutzrechtlichen Verbandsklage nach § 64 Abs. 1 BNatSchG ist nicht eröffnet. Gleiches gilt für § 1 UmwRG. Die einschränkenden tatbestandlichen Voraussetzungen von Absatz 1, der vermittelt über Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl Nr. L 175 S. 40) i.d.F. der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl EU Nr. L 156 S. 17) auch der Umsetzung von Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 AK dient (vgl. BTDrucks 16/2497 S. 42), sind nicht gegeben.

30

(2) Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes kann nicht im Wege der Analogie auf Art. 9 Abs. 3 AK erstreckt werden (so auch Schlacke, a.a.O. S. 316; unklar Kahl, JZ 2012, 667 <673>). Denn es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke.

31

Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz dient, wie sich bereits aus seiner amtlichen Bezeichnung (Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG) sowie der amtlichen Anmerkung zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorschriften ergibt, der Umsetzung von Art. 9 Abs. 2 AK. Demgegenüber hat der Gesetzgeber ausweislich der Denkschrift zur Ratifizierung der Aarhus-Konvention hinsichtlich der Verpflichtungen aus Art. 9 Abs. 3 AK keinen Änderungsbedarf im innerstaatlichen Recht gesehen (BTDrucks 16/2497 S. 42, 46). Insoweit hat sich das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz im Zeitpunkt seiner Verabschiedung als seinen Anwendungsbereich abschließend umschreibende Regelung verstanden. Daran hat sich auch mittlerweile nichts geändert. Ungeachtet der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 8. März 2011 hat der Gesetzgeber an der ausdrücklichen Beschränkung des Anwendungsbereichs auch im Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 95) festgehalten. Darin werden lediglich die durch die Entscheidung des Gerichtshofs vom 12. Mai 2011 (Rs. C-115/09, Trianel - Slg. 2011, I-3673) geforderten Änderungen mit dem Ziel einer "lückenlosen 1:1-Umsetzung" von Art. 10a UVP-RL sowie von Art. 9 Abs. 2 AK eingefügt (BTDrucks 17/10957 S. 11); eine Ausdehnung auf die von Art. 9 Abs. 3 AK erfassten Sachverhalte wird damit ausgeschlossen.

32

Eine planwidrige Regelungslücke kann auch nicht deswegen angenommen werden, weil vieles dafür spricht, dass die vom Gesetzgeber bei der Ratifizierung der Aarhus-Konvention vertretene Rechtsansicht zur fehlenden Notwendigkeit der Anpassung des innerstaatlichen Rechts unzutreffend ist. Sie steht mit dem sich auf internationaler Ebene herausbildenden Verständnis der Vertragspflichten nicht in Einklang.

33

Mit dem Compliance Committee haben die Vertragsparteien auf der Grundlage von Art. 15 AK ein Gremium errichtet, das über die Einhaltung des Abkommens wachen soll, ohne jedoch ein förmliches Streitschlichtungsverfahren nach Art. 16 AK zu präjudizieren (siehe zur Arbeitsweise des Compliance Committee The Aarhus Convention: An Implementation Guide, Second Edition, 2013, S. 234 ff.). Durch dessen Spruchpraxis soll das Abkommen für alle Vertragsparteien klare Konturen erhalten. Auch wenn sich das Compliance Committee mit Empfehlungen begnügt, kommt den darin geäußerten Rechtsansichten gleichwohl bedeutendes Gewicht zu; das folgt nicht zuletzt daraus, dass bislang alle Feststellungen des Compliance Committee über die Konventionswidrigkeit der Rechtslage in einem Vertragsstaat in den Zusammenkünften der Vertragparteien (Art. 10 AK) gebilligt worden sind (siehe Implementation Guide, S. 238).

34

Nach einer gefestigten Spruchpraxis zu Art. 9 Abs. 3 AK stellt sich die den Vertragsparteien nach dem Wortlaut der Bestimmung zugebilligte Gestaltungsfreiheit geringer dar, als insbesondere von Deutschland angenommen. In einer ganzen Reihe von Empfehlungen hat das Compliance Committee sein Verständnis der sogenannten dritten Säule der Aarhus-Konvention über den Zugang zu Gerichten nach Art. 9 Abs. 3 AK dargelegt (grundlegend ACCC/C/2005/11 vom 16. Juni 2006, Rn. 35 ff.; ACCC/C/2006/18 vom März 2008 Rn. 29 ff.; ACCC/C/2008/32 Part I vom 14. April 2011, Rn. 77 ff.; ACCC/C/2010/48 <Österreich> vom 16. Dezember 2011, Rn. 68 ff.; dazu auch Implementation Guide, S. 197 ff., 207 f.) . Dabei betont es zwar - auch im Anschluss an die während der Zusammenkunft der Vertragsparteien vom 25. bis 27. Mai 2005 angenommene Entscheidung II/2, die in Rn. 14 bis 16 ein ersichtlich rechtsschutzfreundliches Verständnis des Art. 9 Abs. 3 AK anmahnt (ECE/MP.PP/2005/2/Add.3 vom 8. Juni 2005) - zunächst die Ausgestaltungsfreiheit des nationalen Gesetzgebers und die Erforderlichkeit einer Gesamtbetrachtung des normativen Umfelds. Die folgenden Ausführungen lassen aber keinen Zweifel daran, dass nach Auffassung des Compliance Committee den Umweltverbänden grundsätzlich eine Möglichkeit eingeräumt werden muss, die Anwendung des Umweltrechts gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Vertragsparteien müssen zwar kein System der Popularklage einführen, so dass jedermann jegliche umweltbezogene Handlung anfechten kann. Die Formulierung "sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen" kann aber nach Auffassung des Compliance Committee die Einführung oder Beibehaltung solcher strikter Kriterien nicht rechtfertigen, die im Ergebnis alle oder fast alle Umweltverbände an der Anfechtung von Handlungen hindern, die im Widerspruch zum nationalen Umweltrecht stehen. Die Formulierung deutet nach Ansicht des Compliance Committee vielmehr auf die Selbstbeschränkung der Vertragsparteien, keine zu strengen Kriterien aufzustellen. Für den Zugang zu dem Überprüfungsverfahren soll eine Vermutung sprechen; er darf nicht die Ausnahme sein. Als Kriterien kommen die Betroffenheit oder ein Interesse in Betracht. Ausdrücklich als nicht ausreichend hat es das Compliance Committee im Verfahren gegen Österreich angesehen, dass im Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 2 AK eine Verbandsklage vorgesehen ist (ACCC/C/2010/48 Rn. 71 ff.).

35

Wenn danach das "Ob" einer umweltrechtlichen Verbandsklage durch das Abkommen entschieden ist, behalten die Vertragsstaaten gleichwohl einen Ausgestaltungsspielraum hinsichtlich des "Wie". Die hiernach ausstehende Umsetzung einer völkervertragsrechtlichen Verpflichtung durch den nationalen Gesetzgeber steht einer planwidrigen Regelungslücke nicht gleich.

36

Eine Auslegung contra legem - im Sinne einer methodisch unzulässigen richterlichen Rechtsfindung - fordert das Unionsrecht nicht (vgl. EuGH, Urteile vom 4. Juli 2006 - Rs. C-212/04, Adeneler - Slg. 2006, I-6057 Rn. 110 und vom 16. Juni 2005 - Rs. C-105/03, Pupino - Slg. 2005, I-5285 Rn. 44, 47). Zu Unrecht beruft sich der Kläger auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05 - (BGHZ 179, 27). Eine Pflicht zur richtlinienkonformen Rechtsfortbildung im Wege teleologischer Reduktion oder Extension einer Vorschrift des nationalen Rechts setzt jedenfalls eine hinreichend bestimmte, nämlich klare, genaue und unbedingte, im Grundsatz unmittelbar anwendbare unionsrechtliche Vorschrift voraus, an der es hier nach Scheitern des Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 24. Oktober 2003 - KOM(2003) 624 - endgültig mangels unionsrechtlicher Umsetzung von Art. 9 Abs. 3 AK (noch) fehlt.

37

(3) Hieraus ergibt sich zugleich, dass auch im Unionsrecht eine solche auslegungsfähige Norm nicht auszumachen ist. Das folgt bereits zwingend aus der Tatsache, dass Art. 9 Abs. 3 AK nicht unmittelbar anwendbar ist. Eine nicht unmittelbar anwendbare Bestimmung kann aber nicht Anknüpfungspunkt einer Auslegung sein, die diese Norm der Sache nach anwendbar macht. Eine solche Argumentation wäre zirkulär (vgl. Seibert, NVwZ 2013, 1040 <1042 f.>; ein gesetzgeberisches Handeln fordert wohl auch Epiney, EurUP 2012, 88 <89>; a.A. wohl Berkemann, a.a.O. S. 1147 f.).

38

2. Der festgestellte Rechtsverstoß ist indessen nicht erheblich. Das Verwaltungsgericht hat die Klagebefugnis des Klägers im Ergebnis zu Recht bejaht. Sie folgt aus § 42 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO. Der Kläger kann geltend machen, durch die Ablehnung der Aufstellung eines Luftreinhalteplans, der den Anforderungen des § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 27 der Neununddreißigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen - 39. BImSchV) vom 2. August 2010 (BGBl I S. 1065) genügt, in seinen Rechten verletzt zu sein. § 47 Abs. 1 BImSchG räumt nicht nur unmittelbar betroffenen natürlichen Personen, sondern auch nach § 3 UmwRG anerkannten Umweltverbänden das Recht ein, die Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans zu verlangen.

39

a) Nach § 47 Abs. 1 BImSchG hat die zuständige Behörde, wenn die durch eine Rechtsverordnung festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Entsprechendes gilt, soweit eine Rechtsverordnung die Aufstellung eines Luftreinhalteplans zur Einhaltung von Zielwerten regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

40

Mit dieser Vorschrift verfolgt das Luftqualitätsrecht zwei sich überschneidende Schutzzwecke: Mit der Umsetzung der festgelegten Luftqualitätsziele sollen schädliche Auswirkungen sowohl auf die menschliche Gesundheit als auch auf die Umwelt insgesamt vermieden, verhütet oder verringert werden (Art. 1 Nr. 1 RL 2008/50/EG).

41

aa) Aus dem vom Gesetz bezweckten Schutz der menschlichen Gesundheit folgt ein Klagerecht für die von den Immissionsgrenzwertüberschreitungen unmittelbar betroffenen natürlichen Personen. Das ist durch den Europäischen Gerichtshof geklärt. Seine zu den Aktionsplänen nach Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 96/62/EG des Rates vom 27. September 1996 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität (ABl EG Nr. L 296 S. 55) i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 (ABl EU Nr. L 284 S. 1), § 47 Abs. 2 BImSchG a.F. ergangene Rechtsprechung (EuGH, Urteil vom 25. Juli 2008 - Rs. C-237/07, Janecek - Slg. 2008, I-6221 Rn. 42) ist in dieser Hinsicht ohne Weiteres auch auf die Luftreinhaltepläne nach Art. 23 Abs. 1 RL 2008/50/EG, § 47 Abs. 1 BImSchG n.F. zu übertragen (vgl. Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BImSchG § 47 Rn. 29e; Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 47 Rn. 50 m.w.N.; Köck/Lehmann, ZUR 2013, 67 <72>).

42

Der Kläger kann als juristische Person in seiner Gesundheit nicht betroffen sein; die Verletzung eines aus der Gewährleistung der körperlichen Unversehrtheit folgenden subjektiven Rechts auf Einhaltung der Immissionsgrenzwerte kann er nicht geltend machen. Nach dem hergebrachten Begriffsverständnis des subjektiven Rechts würde Entsprechendes gelten, soweit das Luftqualitätsrecht dem Schutz der Umwelt als solcher und damit einem Allgemeininteresse dient.

43

bb) Das Unionsrecht gebietet indessen eine erweiternde Auslegung der aus dem Luftqualitätsrecht folgenden subjektiven Rechtspositionen.

44

Der Europäische Gerichtshof geht davon aus, dass unmittelbar betroffenen juristischen Personen in gleicher Weise wie natürlichen Personen ein Klagerecht zusteht (Urteil vom 25. Juli 2008 a.a.O. Rn. 39). Die Kriterien für die Betroffenheit als Anknüpfungspunkt für eine subjektive, klagefähige Rechtsposition hat er nicht näher erläutert. Die Erweiterung der Rechtsschutzmöglichkeiten über die Geltendmachung individueller Rechtspositionen hinaus ist darin indessen angelegt.

45

(1) Wird die Betroffenheit durch einen räumlichen Bezug zum Wirkungsbereich der Immissionen bestimmt (so den EuGH verstehend Ziekow, NVwZ 2010, 793 <794>), so folgt aus dieser Rechtsprechung gleichwohl, dass sich die juristische Person - gemessen an der in Rn. 38 des Urteils betonten Schutzrichtung der Vorschrift - ein fremdes Interesse, so etwa als dort ansässiges Unternehmen die Gesundheit seiner Mitarbeiter, zum eigenen Anliegen machen darf.

46

Die in dieser Weise vom Unionsrecht zugebilligte Rechtsmacht ist in unionsrechtskonformer Auslegung des § 42 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO im Interesse des aus Art. 4 Abs. 3 EUV folgenden Effektivitätsgebots als subjektives Recht anzuerkennen (vgl. etwa Gärditz, VwGO, 2013, § 42 Rn. 69 f. m.w.N.). Sie bestimmt zugleich das Verständnis der zur Umsetzung des Unionsrechts erlassenen mitgliedstaatlichen Vorschriften und hat eine Ausdehnung des Begriffs des subjektiven Rechts zur Folge. Allein ein solches Verständnis trägt der Entwicklung des Unionsrechts Rechnung. Es ist von Anfang an von der Tendenz geprägt gewesen, durch eine großzügige Anerkennung subjektiver Rechte den Bürger auch für die dezentrale Durchsetzung des Unionsrechts zu mobilisieren. Der Bürger hat damit zugleich - bezogen auf das objektive Interesse an einer Sicherung der praktischen Wirksamkeit und der Einheit des Unionsrechts - eine "prokuratorische" Rechtsstellung inne. Diese kann auch in den Vordergrund rücken (siehe hierzu - mit verschiedenen Akzentuierungen - etwa Masing, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, GVwR Bd. 1, 2. Aufl. 2012, § 7 Rn. 91 ff., 98 ff., 112 ff.; Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Einleitung Rn. 21a; Schmidt-Aßmann, in: Gedächtnisschrift Brugger, 2013, S. 411 ff.; Hong, JZ 2012, 380 <383 ff.>; Gärditz, EurUP 2010, 210 <219 ff.>).

47

(2) Zu den unmittelbar betroffenen juristischen Personen, denen durch § 47 Abs. 1 BImSchG ein Klagerecht eingeräumt ist, gehören auch die nach § 3 UmwRG anerkannten Umweltverbände.

48

Eine Auslegung des § 47 Abs. 1 BImSchG dahingehend, dass neben unmittelbar betroffenen natürlichen Personen auch Umweltverbände das Recht haben, die Einhaltung der zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts zu verlangen, ist durch Art. 23 RL 2008/50/EG und Art. 9 Abs. 3 AK geboten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 8. März 2011 in Bezug auf Sachverhalte, die - wie hier die Aufstellung von Luftreinhalteplänen - dem Unionsrecht unterliegen, für Umweltverbände einen weiten Zugang zu Gericht gefordert; er hat dies damit begründet, dass der "Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte" gewährleistet werden müsse (a.a.O. Rn. 48, 51). Ausgehend hiervon müssen sich die Klagerechte, die der Gerichtshof in seinem Urteil vom 25. Juli 2008 (a.a.O.) auf dem Gebiet der Luftreinhaltung anerkannt hat, auch auf Umweltverbände erstrecken. Eine grundsätzliche Verneinung derartiger Rechte von Umweltverbänden wäre zudem, wie oben dargelegt, unvereinbar mit der Spruchpraxis des Compliance Committee zu Art. 9 Abs. 3 AK.

49

Weder das Unionsrecht noch Art. 9 Abs. 3 AK verlangen jedoch, jedem Umweltverband ein Recht auf Einhaltung der zwingenden Vorschriften bei Aufstellung eines Luftreinhalteplans zu gewähren. Umweltverbände können - nicht anders als natürliche Personen - Träger von materiellen subjektiven Rechten nur sein, wenn sie Teil nicht nur der allgemeinen Öffentlichkeit, sondern der "betroffenen Öffentlichkeit" sind. Als "betroffene Öffentlichkeit" definieren Art. 2 Nr. 5 AK und - für die Umweltverträglichkeitsprüfung - inhaltlich entsprechend Art. 3 Nr. 1 RL 2003/35/EG die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben nichtstaatliche Organisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse (siehe auch Art. 2 Abs. 3 RL 2003/35/EG). Diese Vereinigungen sollen sich die öffentlichen Belange des Umweltschutzes zum eigenen Anliegen machen können.

50

Welche Voraussetzungen ein Umweltverband nach innerstaatlichem Recht erfüllen muss, um berechtigt zu sein, sich die Belange des Umweltschutzes bei Aufstellung eines Luftreinhalteplans zum eigenen Anliegen zu machen, ist nicht ausdrücklich geregelt. § 3 UmwRG regelt lediglich, welche Umweltverbände Rechtsbehelfe nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz einlegen können. Dieser Vorschrift ist jedoch die Grundentscheidung zu entnehmen, dass nur die nach dieser Vorschrift anerkannten Umweltverbände berechtigt sein sollen, vor Gericht geltend zu machen, dass dem Umweltschutz dienende Rechtsvorschriften verletzt worden seien. Auch die Mitwirkungsrechte und Rechtsbehelfsbefugnisse nach §§ 63, 64 BNatSchG sind an die Anerkennung nach § 3 UmwRG geknüpft. Ein normativer Anhaltspunkt dafür, dass bei Aufstellung von Luftreinhalteplänen das grundsätzlich auch Umweltverbänden eingeräumte Recht, die Einhaltung der zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts zu verlangen, an weitergehende Voraussetzungen geknüpft sein könnte, sind nicht ersichtlich.

51

3. Im Übrigen beruht das angegriffene Urteil nicht auf einer Verletzung revisiblen Rechts.

52

a) Zu Unrecht rügt der Beklagte eine unzulässige Antragstellung.

53

Auch dieser Rüge steht § 134 Abs. 4 VwGO nicht entgegen. Denn die Frage, ob der Antrag angesichts des Rechtsschutzbegehrens hinreichend bestimmt ist, kann nur vor dem Hintergrund des geltend gemachten materiellen Anspruchs beantwortet werden.

54

Das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags ist in § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO als bloße Sollvorschrift ausgestaltet; ihm muss aber mit der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung (§ 103 Abs. 3 VwGO) genügt werden. In einem bestimmten Antrag, der aus sich selbst heraus verständlich sein muss, sind Art und Umfang des begehrten Rechtsschutzes zu benennen. Damit wird der Streitgegenstand festgelegt und der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis abgesteckt sowie dem Beklagten eine präzise Verteidigung erlaubt. Schließlich soll aus einem dem Klageantrag stattgebenden Urteil eine Zwangsvollstreckung zu erwarten sein, die das Vollstreckungsverfahren nicht unter Fortsetzung des Streits mit Sachfragen überfrachtet (vgl. Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 82 Rn. 7 ff.; Foerste, in: Musielak, ZPO, 10. Aufl. 2013, § 253 Rn. 29, jeweils m.w.N.). Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen materiellen Rechts und von den Umständen des Einzelfalles ab.

55

Hiernach entspricht die Antragstellung dem Bestimmtheitserfordernis. Die vom Beklagten bemängelte Benennung allein des durch die Ergänzung des Luftreinhalteplans zu erreichenden Ziels spiegelt die planerische Gestaltungsfreiheit wider, die das Gesetz der Behörde einräumt (Beschlüsse vom 29. März 2007 - BVerwG 7 C 9.06 - BVerwGE 128, 278 Rn. 26 f. = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 27 und vom 11. Juli 2012 - BVerwG 3 B 78.11 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 49 Rn. 11). Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage nicht von sonstigen Fallkonstellationen, in denen nur ein Erfolg geschuldet wird, während die Wahl der geeigneten Maßnahmen Sache des Schuldners bleibt; auch dann genügt die Angabe dieses Erfolgs (vgl. Foerste, a.a.O. Rn. 32).

56

Der Vollstreckungsfähigkeit des stattgebenden Urteils wird dadurch Rechnung getragen, dass die Entscheidung hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen im Sinne eines Bescheidungsurteils verbindliche Vorgaben machen kann, die im Vollstreckungsverfahren zu beachten sind.

57

b) Ohne Rechtsverstoß hat das Verwaltungsgericht als Grundlage seines Entscheidungsausspruchs festgestellt, dass der Beklagte seinen Verpflichtungen aus § 47 Abs. 1 BImSchG, deren Erfüllung der Kläger einfordern kann, mit dem bestehenden Luftreinhalteplan noch nicht nachgekommen ist.

58

aa) Der in Anlage 11 Abschnitt B der 39. BImSchV genannte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid, der ab dem 1. Januar 2010 einzuhalten ist, wird an mehreren Orten im Stadtgebiet überschritten. Nach § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 27 der 39. BImSchV hat der Beklagte in dieser Situation einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung der Luftverunreinigungen festlegt. Diese Maßnahmen müssen nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

59

§ 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG normiert in Übereinstimmung mit Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 RL 2008/50/EG eine zeitliche Vorgabe für die Erreichung des in § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 BImSchG festgelegten Ziels der Einhaltung der Grenzwerte. Die Schadstoffbelastung der Luft soll im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes möglichst schnell auf das ausweislich des Immissionsgrenzwerts als noch zumutbar erachtete Ausmaß zurückgeführt werden. An diesem Minimierungsgebot muss sich die Entscheidung der Behörde ausrichten; es ist zugleich rechtlicher Maßstab für die angesichts der Gestaltungsspielräume der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Das Gebot, die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte möglichst schnell zu beenden, fordert eine Bewertung der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele. Daraus kann sich eine Einschränkung des planerischen Ermessens ergeben, wenn allein die Wahl einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lässt (vgl. Köck/Lehmann, a.a.O. S. 70 f.). Auch insoweit wird aber nicht vorausgesetzt, dass die zu ergreifenden Maßnahmen auf einen Schlag zur Zielerreichung führen; vielmehr kann auch hier - nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitgrundsatzes - ein Vorgehen in mehreren Stufen vorgesehen werden (Köck/Lehmann, a.a.O. S. 71). Dem trägt das Verwaltungsgericht dadurch Rechnung, dass es im Entscheidungsausspruch nicht zu einer sofortigen, sondern ausdrücklich nur zur schnellstmöglichen Zielerreichung verpflichtet.

60

bb) Der Beklagte kann sich zur Stützung seiner abweichenden Rechtsauffassung, wonach es schon ausreiche, dass ein Luftreinhalteplan die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte jedenfalls schrittweise anstrebe, auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 25. Juli 2008 in der Rechtssache C-237/07, nicht berufen. Denn diese Entscheidung ist zu einer insoweit anderen Rechtslage ergangen. Sie bezieht sich auf Aktionspläne nach Art. 7 Abs. 3 RL 96/62/EG. Abgesehen von der unterschiedlichen Zielsetzung von Luftreinhalteplänen und Aktionsplänen bzw. Plänen für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen ist in der genannten Vorschrift im Unterschied zu Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 RL 2008/50/EG der ausdrückliche Hinweis auf die Eignung der zu ergreifenden Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts nicht enthalten; die Maßnahmen sollen nach Art. 7 Abs. 3 RL 96/62/EG lediglich dazu dienen, die Gefahr der Überschreitung zu verringern und die Dauer der Überschreitung zu beschränken. Der Europäische Gerichtshof hat aus dem Aufbau der Richtlinie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten entnommen, Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Dauer der Überschreitung unter Berücksichtigung aller Umstände auf ein Minimum zu reduzieren (Urteil vom 25. Juli 2008 a.a.O. Rn. 45). Wenn hiernach auch insoweit ein Minimierungsgebot gilt, ist der Entscheidung nicht etwa zu entnehmen, dass die Möglichkeit zur schrittweisen Erreichung der Grenzwerte voraussetzungslos eingeräumt sein soll. Vielmehr muss sich die Maßnahme auch unter Berücksichtigung des zeitlichen Moments rechtfertigen lassen.

61

c) Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die Einrichtung einer Umweltzone als eine Maßnahme eingeordnet hat, die bei der Aufstellung des Luftreinhalteplans zu berücksichtigen ist.

62

Soweit sich der Beklagte gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Geeignetheit der Umweltzone zur Erreichung des Luftqualitätsziels einer Verminderung der NO2-Belastung wendet, richtet er sich letztlich gegen die tatrichterlichen Feststellungen und Annahmen, gegen die nach § 134 Abs. 4 VwGO wirksame Verfahrensrügen nicht erhoben werden können. Mängel der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, die als materiell-rechtliche Verstöße gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO einzuordnen wären, hat der Kläger nicht geltend gemacht.

63

Schließlich hat das Verwaltungsgericht bei der Prüfung, ob sich die Einrichtung einer Umweltzone als unverhältnismäßig im engeren Sinne darstellen könnte, keine unzutreffenden rechtlichen Maßstäbe angelegt. Es hat zu Recht die betroffenen rechtlich geschützten Interessen gegenübergestellt und abgewogen. Der Bewältigung besonderer Härten trägt die Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 2 der Fünfunddreißigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung - 35. BImSchV) vom 10. Oktober 2006 (BGBl I S. 2218) Rechnung.

64

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Überwachung bewaffneter Drohneneinsätze, die nach seinem Vorbringen von den US-Streitkräften unter Nutzung von Einrichtungen auf der Air Base in Ramstein (Rheinland-Pfalz) gesteuert werden. Für den Fall, dass die US-Regierung eine solche Überwachung verweigern sollte, erstrebt er die Untersagung der weiteren Nutzung der Air Base für die Steuerung derartiger Drohneneinsätze.

2

Der Kläger wohnt in Kaiserslautern 12 km vom Militärflughafen Ramstein entfernt. Der Flugplatz wird von den US-Streitkräften genutzt, die dort ihr europäisches Hauptquartier haben. Die Nutzung erfolgt auf der Grundlage des Vertrags vom 23. Oktober 1954 über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland (Aufenthaltsvertrag), des NATO-Truppenstatuts vom 19. Juni 1951 sowie des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut vom 3. August 1959.

3

Der Kläger hat von der Beklagten im März 2012 zunächst die Erteilung von Auskünften über die Nutzung der Air Base durch die US-Streitkräfte für Flugbewegungen im Rahmen verschiedener Militäroperationen verlangt sowie u.a. die Unterlassung etwaiger, hierauf bezogener Unterstützungsleistungen der Bundesrepublik. Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Anfrage des Klägers dahin beantwortet, dass es Auskunft über die Rechtsgrundlagen für die Genehmigung der Air Base gegeben, zugleich aber mitgeteilt hat, dass ihm keine Informationen über die Zahl der stattfindenden Einzelflüge vorlägen. Das Verwaltungsgericht Köln hat die auf Auskunft, Feststellung und Unterlassung gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen.

4

Im Berufungsverfahren hat der Kläger seine Klage im Wesentlichen auf seiner Ansicht nach völkerrechtswidrige Drohneneinsätze der Vereinigten Staaten in Afghanistan, Pakistan, Somalia und dem Jemen konzentriert und hierauf gerichtete neue Auskunfts- und Leistungsanträge formuliert; die bisherigen Anträge hat er entweder stillschweigend fallen gelassen oder ausdrücklich zurückgenommen. Zur Begründung der neu formulierten Anträge hat er ausgeführt, dass nach nunmehr verfügbaren Quellen ein sog. Air and Space Operations Center (AOC) auf der Air Base in Ramstein eine wichtige Rolle bei der Steuerung der bewaffneten Drohneneinsätze spiele und deshalb in die Klageanträge einbezogen werden müsse. Das Air and Space Operations Center diene bei der Drohnensteuerung als technisch notwendiges Bindeglied zwischen der Steuerungszentrale in Nevada (USA) und der jeweiligen Drohne. Wegen der Erdkrümmung sei es technisch nicht möglich, mithilfe eines einzigen Satelliten Daten vom Einsatzgebiet der Drohne etwa in Pakistan auf den amerikanischen Kontinent zu senden. Aus diesem Grunde erfolge die Datenübertragung zunächst über eine Glasfaserleitung zwischen der Air Base in Nevada und der Air Base in Ramstein, von wo aus der Kontakt zur Drohne dann per Satellit gehalten werde. Die Beklagte hat in der Einbeziehung des Air and Space Operations Center eine Klageänderung gesehen und dieser widersprochen.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil zurückgewiesen. Es hat eine Klagebefugnis des Klägers verneint. Eine mögliche individuelle Rechtsverletzung lasse sich weder aus dem völkerrechtlichen Gewaltverbot noch aus dem Verbot eines Angriffskrieges ableiten. Zwar erzeugten die allgemeinen Regeln des Völkerrechts, zu denen das völkerrechtliche Gewaltverbot und das Verbot eines Angriffskrieges gehörten, nach Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes. Der Kläger könne sich auf diese allgemeinen Regeln des Völkerrechts aber nur dann im Klageweg berufen, wenn er von deren Verletzung in einer im Vergleich zur Allgemeinheit besonderen Form betroffen sei. Das sei nicht der Fall. Die mögliche Völkerrechtswidrigkeit von Drohnenangriffen wirke sich nicht in Deutschland aus. Der Kläger sei auch nicht einer messbar gesteigerten Gefahr von terroristischen Anschlägen oder militärischen Vergeltungsschlägen ausgesetzt. Zudem seien denkbare terroristische Handlungen der Beklagten nicht zurechenbar.

6

Eine Klagebefugnis ergebe sich auch nicht aus grundrechtlichen Gewährleistungen. Weder das durch Art. 14 GG geschützte Eigentum noch das durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützte Leben des Klägers seien von der Datenverarbeitung für Drohnenangriffe und ihrer Mitsteuerung im AOC in Ramstein potentiell betroffen. Ein messbar erhöhtes Risiko für Terrorangriffe und Vergeltungsschläge sei hierdurch nicht festzustellen. Im Übrigen habe der Staat bei der Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen weiten Einschätzungsspielraum. Aus dem Vorbringen des Klägers ergebe sich nicht, dass dieser Spielraum sich auf die konkret vom Kläger begehrten Handlungen verengt habe.

7

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers. In seiner Revisionsbegründung hat er zunächst die auf Auskunft gerichteten Klageanträge zurückgenommen und die verbliebenen Klageanträge um die Erwähnung einer auf der Air Base angesiedelten sog. "SATCOM-Relaisstation" ergänzt. In der Sache vertieft der Kläger seinen Vortrag in den Vorinstanzen und macht geltend: Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstoße gegen das Gebot des gesetzlichen Richters, weil es keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 2 GG eingeholt habe. Diesem hätte die Frage vorgelegt werden müssen, ob das völkerrechtliche Gewaltverbot als allgemeine Regel des Völkerrechts allein staatengerichtet oder subjektivierbar sei. Tatsächlich sei offen, ob eine Verletzung des Gewaltverbots eine individualisierbare völker- oder bundesrechtliche Regel im Sinne des Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG darstelle.

8

Weiterhin verstoße das angefochtene Urteil in mehrfacher Hinsicht gegen Art. 25 Satz 2 GG. Die Vorinstanz hätte das Gewaltverbot als allgemeine Regel des Völkerrechts erkennen müssen. Außerdem hätte es in Anwendung der Inquisitionsmaxime ermitteln müssen, ob das Verhalten der US-Armee auf der im Bundesgebiet gelegenen Air Base Ramstein das Gewaltverbot verletzt. Im Ergebnis hätte auf eine Verletzung des Gewaltverbots erkannt werden müssen. Außerdem hätte im Rahmen der Prüfung der Betroffenheit des Klägers zunächst festgestellt werden müssen, dass sich dieser auf die Verletzung des Gewaltverbots berufen könne. Dann wäre festzustellen gewesen, dass sich die Verletzung des Gewaltverbots auch auf ihn auswirke, sei es durch Gefahrenzuwachs infolge permanenter rechtswidriger Flugbewegungen, sei es durch die Gefahr terroristischer Angriffe auf die Air Base Ramstein. Das Urteil verletze zudem das rechtliche Gehör des Klägers, weil das Oberverwaltungsgericht seinem Vortrag nicht nachgegangen sei, er sehe sich durch die Möglichkeit eines terroristischen Anschlags Gefahren für Leib und Leben sowie sein Eigentum ausgesetzt. Insoweit werde vorsorglich die Aufklärungsrüge erhoben.

9

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 4. November 2014, Aktenzeichen 4 A 1058/13 aufzuheben, (soweit es den nachfolgenden Begehren entgegensteht) und

1. die Beklagte zu verurteilen, die Benutzung des Air and Space Operations Center und der SATCOM-Relaisstation auf der Air Base Ramstein für die Steuerung bewaffneter Drohneneinsätze durch die Streitkräfte der Vereinigten Staaten oder ihre Geheimdienste zu überwachen und vor jedem dieser Einsätze durch eigenes geeignetes Personal, das insofern aufgrund der von diesem eingeholten Informationen eine eigene Bewertung zu treffen hat, sicherzustellen, dass der Waffeneinsatz sich ausschließlich gegen Zielpersonen richtet, die im Zeitpunkt des Angriffs als Kombattanten einzustufen sind und die Tötung und Verletzung einer unverhältnismäßigen Zahl von Zivilpersonen ausgeschlossen ist,

2. weiterhin die Beklagte für den Fall, dass die Regierung der Vereinigten Staaten und deren Dienststellen ihr die Überwachung und Kontrolle im Sinne des vorstehenden Revisionsantrages verweigern sollten, zu verurteilen, der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika und deren Dienststellen die weitere Nutzung der Air Base Ramstein, insbesondere des dort errichteten Air and Space Operations Centers und der SATCOM-Relaisstation, für die Steuerung bewaffneter Drohneneinsätze zu untersagen,

3. hilfsweise,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 4. November 2014 aufzuheben, (soweit es dem Begehren des Klägers entgegensteht), und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen,

4. höchsthilfsweise,

das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob das völkerrechtliche Gewaltverbot als allgemeine Regel des Völkerrechts allein staatengerichtet ist oder ob es - bei sich ergebender Verletzung - unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Art. 25 GG).

10

Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und ist der Auffassung, dass die Revision bereits unzulässig sei, weil die in der Revisionsbegründung formulierten Anträge zu unbestimmt und aufgrund ihres Abhängigkeitsverhältnisses untereinander als "Vorratsklagen" unzulässig seien. Im Übrigen sei die Revision auch unbegründet.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich an dem Verfahren nicht beteiligt.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

13

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist das Begehren des Klägers auf Überwachung bewaffneter Drohneneinsätze durch die Beklagte, die nach seinem Vorbringen von den US-Streitkräften und -Geheimdiensten unter Nutzung von Einrichtungen ihrer Air Base in Ramstein gesteuert werden. Soweit die Klage in Bezug auf weitere Klagebegehren im Berufungs- und Revisionsverfahren zurückgenommen wurde, ist das Verfahren nach Zustimmung der Beklagten zur Klagerücknahme einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 141 und § 125 Abs. 1 VwGO). Die Urteile des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts werden insoweit entsprechend § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO für unwirksam erklärt.

14

Die Ergänzung der in der Revisionsinstanz gestellten Anträge um die Erwähnung der SATCOM-Relaisstation stellt keine Antragserweiterung und damit keine unzulässige Klageänderung im Sinne von § 142 Abs. 1 VwGO dar. Es handelt sich vielmehr um eine zulässige Antragsmodifikation, die der präziseren Beschreibung der technischen Einrichtung auf der Air Base in Ramstein dient, die der Kläger als überwachungsbedürftig ansieht. Soweit darüber hinaus die Klage in der Berufungsinstanz durch Einbeziehung des Air and Space Operations Center (AOC) und durch Fokussierung auf die Drohneneinsätze geändert wurde, ist die Klageänderung sachdienlich (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1, § 91 Abs. 1 VwGO). Denn sie dient der endgültigen Beilegung des Streits zwischen den Parteien. Der Kläger möchte zur Zulässigkeit seiner Klage geklärt sehen, ob und inwieweit ihm als Anwohner der Air Base Ramstein ein gegenüber der Beklagten gerichtlich durchsetzbarer Rechtsanspruch darauf zusteht, dass die Air Base Ramstein durch die Vereinigten Staaten von Amerika ausschließlich für völkerrechtlich zulässige militärische Einsätze genutzt wird. Für diese Frage, die sich auch in künftigen Verfahren des Klägers stellen kann, ist die im Rahmen der Begründetheit zur prüfende Frage nachrangig, in Bezug auf welche militärischen Einsätze sich völkerrechtliche Bedenken ergeben. Hat das Berufungsgericht - wie hier - keine Entscheidung über die Sachdienlichkeit einer bei ihm erfolgten Klageänderung getroffen, kann diese durch das Revisionsgericht auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nachgeholt werden (BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 - 2 C 14.98 - Buchholz 237.2 § 12 BlnLBG Nr. 3 S. 4).

15

2. Die Revision ist zulässig. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten genügt die Revisionsbegründung den Mindestanforderungen aus § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO. Danach muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Dem hiernach bestehenden Antragserfordernis wird genügt, wenn das Vorbringen des Revisionsklägers erkennen lässt, welches Ziel er mit der Revision erreichen will. Soweit die Beklagte die Revision für unzulässig hält, stützt sie sich sinngemäß auf die Überlegung, dass die mit der Revision gestellten Anträge zu 1. und 2. mit Blick auf eine spätere Vollstreckung inhaltlich zu unbestimmt seien und in einem prozessual unzulässigen Abhängigkeitsverhältnis zu einander ("Vorratsklage") stünden. Diese Einwände betreffen jedoch nicht die Frage der Erkennbarkeit von Ziel und Umfang des Rechtsmittels, sondern sind im Rahmen der Begründetheit der Revision zu prüfen (dort bei der Zulässigkeit des Revisionsantrags Nr. 2, vgl. Rn. 52 am Ende des Urteils).

16

3. Die Revision ist jedoch nicht begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die auf Überwachung bewaffneter Drohneneinsätze gerichtete Klage im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgewiesen. Es hat dieses Begehren zutreffend als allgemeine Leistungsklage gewertet, für die der Kläger klagebefugt sein muss. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass § 42 Abs. 2 VwGO analog auch auf die hier erhobene, für das Begehren des Klägers allein statthafte allgemeine Leistungsklage anwendbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 18 m.w.N.). Denn in § 42 Abs. 2 VwGO kommt ein allgemeines Strukturprinzip des Verwaltungsrechtsschutzes zum Ausdruck, der vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG wenn auch nicht ausschließlich, so doch in erster Linie, auf den Individualrechtsschutz ausgerichtet ist. Auch Art. 25 Satz 2 GG vermag zwar eine zur Klagebefugnis führende Rechtsstellung vermitteln, gebietet aber nicht von Verfassungs wegen den Verzicht auf die Klagebefugnis selbst. Es bedeutete einen Wertungswiderspruch, die allgemeine Leistungsklage von dieser Grundentscheidung auszunehmen. Hiernach ist die Klage nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch ein Verwaltungshandeln oder dessen Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Erforderlich aber auch hinreichend ist, dass unter Zugrundelegung der Darlegungen des Klägers die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts möglich erscheint. Hieran fehlt es, denn es ist nichts dafür erkennbar, dass der Kläger durch die von der Beklagten verweigerte Überwachung bewaffneter Drohneneinsätze der US-Streitkräfte und -Geheimdienste in eigenen Rechten verletzt sein könnte.

17

a) Eine individuelle Rechtsposition kann der Kläger nicht aus einem grundrechtlichen Abwehranspruch ableiten. Denn von den bewaffneten Drohneneinsätzen, deren Überwachung der Kläger erstrebt, geht kein der Beklagten zurechenbarer Grundrechtseingriff zum Nachteil des Klägers aus.

18

Der Kläger sieht durch die streitgegenständlichen Drohneneinsätze - sofern sie völkerrechtswidrig sein sollten - eine gesteigerte Gefahr für sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) sowie sein Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG). Diese leitet er daraus ab, dass die Air Base Ramstein als Folge der von ihr technisch unterstützten völkerrechtswidrigen Drohneneinsätze Ziel eines terroristischen oder militärischen Gegenschlages werden könnte und er aufgrund der Nähe seines Wohnortes zur Air Base hiervon in seinen grundrechtlich geschützten Interessen betroffen wäre. Auf eine gesteigerte Gefahr der Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sowie Art. 14 Abs. 1 GG zielt auch das Vorbringen des Klägers, im Falle eines von der Air Base Ramstein aus durch die US-Streitkräfte geführten völkerrechtswidrigen bewaffneten Konflikts werde die Air Base selbst zu einem nach humanitärem Völkerrecht legitimen Kriegsziel im Sinne von Art. 52 Nr. 2 des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen zum humanitären Völkerrecht vom 8. Juni 1977, so dass seinem Eigentum wegen der Nähe zur Air Base ein rechtlicher Statuswechsel von einem "absolut geschützten Zivilobjekt" zu einem bloß "relativ geschützten Kollateralobjekt" widerfahre.

19

Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass die von ihm angeführten Beeinträchtigungen seiner grundrechtlich geschützten Rechtspositionen tatsächlich im Sinne einer relevanten Grundrechtsgefährdung bestünden, beruhten diese jedoch weder unmittelbar noch mittelbar auf Eingriffshandlungen der Beklagten. Ein unmittelbarer Eingriff der Beklagten scheidet aus, weil die unmittelbare Bedrohung nach dem durch den Kläger vorgetragenen Sachverhalt von Terroristen oder von dritten Staaten ausgeht. Als Anknüpfungspunkt für einen mittelbaren Eingriff kann zunächst nicht auf die behauptete Steuerung bewaffneter Drohneneinsätze über das Air and Space Operations Center und die SATCOM-Relaisstation abgestellt werden, weil diese nach dem Klagevorbringen allein durch Angehörige der US-Streitkräfte bzw. der US-Geheimdienste erfolgt. Selbst wenn Mitarbeiter der USA von Ramstein aus an völkerrechtswidrigen Handlungen mitwirken sollten, hat der Kläger nicht dargetan, dass die Beklagte einer solchen Nutzung zugestimmt hat. Unter dem Gesichtspunkt eines mittelbaren Eingriffs kommt als Eingriffshandlung damit allenfalls der Umstand in Betracht, dass die Beklagte den Vereinigten Staaten von Amerika durch die hierzu getroffenen völkerrechtlichen Vereinbarungen, namentlich den Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Oktober 1954 (Gesetz betreffend den Vertrag vom 23. Oktober 1954 über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland vom 24. März 1955 ), das Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut) vom 19. Juni 1951 und das hierzu abgeschlossene Zusatzabkommen vom 3. August 1959 (Gesetz zum NATO-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen vom 18. August 1961 teilw. geändert durch Abkommen vom 21. Oktober 1971 , 18. Mai 1981 und 18. März 1993 ) generell die militärische Nutzung der zum Bundesgebiet gehörenden streitbefangenen Liegenschaften gestattet. Die in den vorgenannten Vertragswerken erlaubte Nutzungsgestattung genügt für die Zurechnung einer spezifischen, von der Beklagten nicht gebilligten und von den Verträgen auch nicht gedeckten Nutzung nicht, erst recht nicht für die Zurechnung möglicher Reaktionen Dritter.

20

Die Gestattung der militärischen Nutzung durch die genannten Verträge schließt von vornherein nur solche Nutzungen ein, die nach der deutschen Rechtsordnung rechtmäßig sind. So wird die in Art. 53 Abs. 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut enthaltene Nutzungsermächtigung an ausländische Streitkräfte durch Art. 53 Abs. 1 Satz 2 insoweit beschränkt, als für die Benutzung solcher Liegenschaften das deutsche Recht gilt, soweit in diesem Abkommen und in anderen internationalen Übereinkünften nicht etwas anderes vorgesehen ist und sofern nicht die Organisation, die interne Funktionsweise und die Führung der Truppe und ihres zivilen Gefolges sowie andere interne Angelegenheiten, die keine vorhersehbaren Auswirkungen auf die Rechte Dritter oder auf umliegende Gemeinden und die Öffentlichkeit im allgemeinen haben, betroffen sind. Außerdem bestimmt Art. II Satz 1 des NATO-Truppenstatuts allgemein, dass die ausländischen Truppen und ihr ziviles Gefolge die Pflicht haben, das Recht der Bundesrepublik als Aufnahmestaat zu achten. Zu den damit auch durch die ausländischen Truppen zu beachtenden Rechtsvorschriften gehören im vorliegenden Zusammenhang namentlich das Verbot eines Angriffskrieges gemäß Art. 26 GG sowie völkerrechtliche Bestimmungen zu militärischer Gewaltanwendung, wenn und soweit diese nach näherer Maßgabe von Art. 25 GG oder Art. 59 Abs. 2 GG Bestandteil des innerstaatlichen Rechts sind.

21

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss zur Aufstellung von Pershing II-Raketen und Marschflugkörpern der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland entschieden, dass der deutschen Staatsgewalt die Folgen ihrer Zustimmung hierzu nicht zuzurechnen sind, wenn sie die Herrschaft über den Eintritt dieser Folgen nicht hat (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1983 - 2 BvR 1160, 1565, 1714/83 - BVerfGE 66, 39 <62>). Das Verfassungsgericht hat vielmehr den seinerzeit von den Beschwerdeführern befürchteten Entschluss der Sowjetunion, im Krisenfall einen auf die Standorte von Pershing II-Raketen und Marschflugkörpern zielenden nuklearen "Gegenschlag" zu führen, als die wirkungsmächtigste Ursache für die angenommene Gefährdung von Leib und Leben der Beschwerdeführer gewertet. Die Umstände, die danach als wesentliche Bedingung für das Eintreten dieser Gefahr erscheinen, sind einer bestimmenden Einflussnahme durch die Bundesrepublik Deutschland entzogen. Die wesentliche Ursache für die Grundrechtsgefährdung ist vielmehr ein eigenständiges Handeln eines fremden Staates, das die Bundesrepublik Deutschland aus rechtlichen wie tatsächlichen Gründen nicht steuern kann. Daraus resultierende Eingriffe in Leib oder Leben eines Einzelnen sind den deutschen Staatsorganen nicht zuzurechnen (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1983 - 2 BvR 1160, 1565, 1714/83 - BVerfGE 66, 39 <63>).

22

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist auf den vorliegenden Fall übertragbar und führt dazu, dass die vom Kläger befürchtete Gefährdung seines Lebens, seiner körperlichen Unversehrtheit und seines Eigentums nicht dem deutschen Staat als von ihm zu verantwortender Eingriff zugerechnet werden kann. Derartige Gefährdungen werden allein durch die Gestattung einer militärischen Nutzung der streitgegenständlichen Liegenschaften auf der Air Base Ramstein unabhängig von deren Völkerrechtskonformität weder bezweckt noch sonst billigend in Kauf genommen. Etwaige Terrorakte oder militärische Angriffe anderer Staaten auf die Air Base in Ramstein entziehen sich der grundrechtlichen Verantwortlichkeit der deutschen Hoheitsgewalt. Sie haben ihre Ursache vielmehr in einer durch die Bundesrepublik rechtlich wie tatsächlich nicht steuerbaren Reaktion Dritter auf ein rechtmäßiges politisches Handeln im Rahmen einer durch Art. 1 Abs. 2 und Art. 24 Abs. 2 GG geleiteten Außen- und Verteidigungspolitik (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1983 - 2 BvR 1160, 1565, 1714/83 - BVerfGE 66, 39 <60 f.>).

23

b) Die Möglichkeit einer Betroffenheit in eigenen Rechten kann der Kläger auch nicht aus einer grundrechtlichen Schutzpflicht ableiten, der die Beklagte nicht nachkommt. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eine Schutzpflicht des Staates und seiner Organe abzuleiten. Sie gebietet dem Staat, sich schützend und fördernd vor gefährdetes menschliches Leben zu stellen, es insbesondere vor rechtswidrigen Eingriffen Dritter zu bewahren (vgl. BVerfG, Urteil vom 25. Februar 1975 - 1 BvF 1/74 u.a. - BVerfGE 39, 1 <41>; Beschluss vom 20. Dezember 1979 - 1 BvR 385/77 - BVerfGE 53, 30 <57>). Eine Verletzung dieser Pflicht liegt aber nur dann vor, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die ergriffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14. Januar 1981 - 1 BvR 612/72 - BVerfGE 56, 54 <81> und vom 18. Februar 2010 - 2 BvR 2502/08 - NVwZ 2010, 702 <703 f.>). Dies muss der Kläger zur Begründung seiner Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO schlüssig darlegen. Ist die Klage - wie hier - zudem auf die Ergreifung ganz bestimmter, konkreter Maßnahmen gerichtet, bedarf es zusätzlich der Darlegung, dass allein die hier begehrte Überwachung des Drohneneinsatzes geeignet ist, der Schutzpflicht Genüge zu tun.

24

Diesem Maßstab wird das klägerische Vorbringen nicht gerecht. Der Kläger hat insbesondere nicht dargelegt, warum ein messbar erhöhtes Risiko für Terrorangriffe und militärische Vergeltungsschläge gerade aufgrund der von ihm behaupteten Völkerrechtswidrigkeit bestimmter Drohneneinsätze der Vereinigten Staaten von Amerika bestehe. Auch der von ihm in der Revisionsverhandlung herangezogene Terroranschlag auf den Brüsseler Flughafen im März 2016 spricht eher gegen eine solche Einschätzung. Außerdem ergibt sich aus seinem Vorbringen nicht, aus welchem Grund die zur Beachtung deutschen Rechts verpflichtenden Regelungen des NATO-Truppenstatuts und die vom Kläger selbst eingeräumten Konsultationen der zuständigen deutschen Stellen mit den US-Streitkräften in Ramstein ungeeignet sein sollen, die Völkerrechtskonformität des von der dortigen Air Base ausgehenden militärischen Handelns zu wahren. Schließlich steht einer Verpflichtung der Beklagten zu einer bestimmten Form des Tätigwerdens entgegen, dass die Bundesregierung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf dem Gebiet der Außen- und Verteidigungspolitik einen weiten Entscheidungsspielraum hat, wie sie ihrer grundrechtlichen Pflicht zum Schutz des Lebens nachkommen will (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1983 - 2 BvR 1160, 1565, 1714/83 - BVerfGE 66, 39 <61>). Der Kläger hat keine Gründe dafür dargelegt, warum dieser Entscheidungsspielraum hinsichtlich des von ihm für völkerrechtswidrig erachteten Drohneneinsatzes auf eine einzige Maßnahme beschränkt sein sollte. Zudem hat er nicht vorgetragen, dass die begehrte Überwachung der Steuerung bewaffneter Drohneneinsätze durch eigenes Personal nach dem NATO-Truppenstatut überhaupt verlangt werden kann.

25

c) Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ergibt sich keine weitergehende Verantwortung der Beklagten zur Abwehr von Grundrechtseingriffen oder zur Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten, die geeignet wäre, eine Klagebefugnis des Klägers zu begründen.

26

Der Gerichtshof hat in seinen Urteilen El Masri/Mazedonien (Große Kammer, Urteil vom 13. Dezember 2012 - Nr. 39630/09 - NVwZ 2013, 631), Al-Nashiri/Polen (Urteil vom 24. Juli 2014 - Nr. 28761/11 - NVwZ 2015, 955) und Nasr und Ghali/Italien (Urteil vom 23. Februar 2016 - Nr. 44883/09) Maßstäbe dafür entwickelt, unter welchen Voraussetzungen ein Staat nach Art. 1 EMRK für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist, die Amtsträger eines Drittstaates auf seinem Territorium begehen. Im Fall des deutschen Staatsangehörigen El Masri hat der EGMR die Verantwortlichkeit Mazedoniens für Foltermaßnahmen von CIA-Agenten auf mazedonischem Territorium (Flughafen Skopje) insbesondere daraus abgeleitet, dass die Handlungen auf mazedonischem Hoheitsgebiet in der Gegenwart von Amtsträgern Mazedoniens stattgefunden haben, die das Vorgehen der CIA gegenüber Herrn El Masri billigten und aktiv unterstützten (EGMR , Urteil vom 13. Dezember 2012 - Nr. 39630/09 - NVwZ 2013, 631 Rn. 206 und 211). Im Fall des saudischen Staatsangehörigen Al-Nashiri, der von der CIA auf polnischem Territorium gefoltert und inhaftiert wurde, hält der EGMR Polen für verantwortlich, weil polnische Amtsträger Art und Ziel der CIA-Aktivitäten auf polnischem Territorium kannten und bei der Vorbereitung und Durchführung der CIA-Überstellungen, geheimen Haft und Vernehmungen auf seinem Staatsgebiet kooperierten, u.a. durch Transport von CIA-Teams mit Gefangenen im Land und die Bereitstellung des Flughafens Stare Kiejkuty für geheime CIA-Festnahmen (EGMR, Urteil vom 24. Juli 2014 - Nr. 28761/11 - NVwZ 2015, 955 Rn. 442 und 452). Im Fall des ägyptischen Staatsangehörigen Nasr, der von der CIA aus Italien mit einer Zwischenlandung auf der Air Base in Ramstein nach Ägypten entführt und dort inhaftiert und gefoltert wurde, begründet der Gerichtshof die Verantwortlichkeit Italiens damit, dass die italienischen Amtsträger wussten, welchem Ziel die CIA-Operation diente und dabei aktiv mitwirkten (EGMR, Urteil vom 23. Februar 2016 - Nr. 44883/09).

27

Der EGMR hält einen Staat danach nur dann für mitverantwortlich für Menschenrechtsverletzungen, die Vertreter eines Drittstaats auf seinem Territorium begehen, wenn die Verletzungshandlungen mit dessen stillschweigender oder ausdrücklicher Billigung durchgeführt werden. Dabei stellt er auf die Kenntnis des Staates von der Gefahr von Menschenrechtsverletzungen und auf eigene Handlungen zur Unterstützung der Verletzungshandlungen ab. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte bereits eine qualifizierte Kenntnis von den behaupteten völkerrechtswidrigen Drohneneinsätzen durch die USA in Abrede gestellt, die von deutschem Territorium aus gesteuert würden. Zudem werden keine aktiven Unterstützungsmaßnahmen deutscher Staatsorgane hierzu vorgebracht. Das Zur-Verfügung-Stellen der Infrastruktur eines Militärflughafens nach dem NATO-Truppenstatut reicht auch unter Zugrundelegung der EGMR-Rechtsprechung nicht, um eine Mitverantwortung Deutschlands an einer Grundrechtsgefährdung einer in Deutschland lebenden Person durch Handlungen auf der Air Base in Ramstein zu bejahen. Noch weniger lässt sich danach eine Mitverantwortung Deutschlands für Handlungen bejahen, die weder von deutschen Amtsträgern noch von den auf deutschem Territorium handelnden US-Bediensteten begangen werden, sondern die sich lediglich - wie vom Kläger befürchtet - aus einer Reaktion Dritter auf den Drohneneinsatz ergeben könnten, die außerhalb des deutschen Territoriums agieren (Drittstaaten, Terroristen).

28

d) Der Kläger kann eine subjektive Rechtsstellung zur Begründung seiner Klagebefugnis auch nicht aus Art. 25 Satz 2 GG i.V.m. Rechtssätzen des Völkerrechts ableiten. Nach Art. 25 Satz 1 GG sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteile des Bundesrechts. Art. 25 Satz 2 Halbs. 1 GG regelt, dass diese völkerrechtlichen Regeln den Gesetzen vorgehen, also im Rang über einfachem Gesetzesrecht stehen. Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG bestimmt, dass sie Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes erzeugen. Auf Halbsatz 2 stützt sich der Kläger, um aus dem allgemeinen Gewaltverbot nach Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta und aus dem Verbot des gezielten oder unterschiedslosen Angriffs auf Zivilpersonen nach dem humanitären Völkerrecht eine individuelle Rechtsstellung abzuleiten.

29

(1) Das Gewaltverbot nach Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta und das Verbot des gezielten oder unterschiedslosen Angriffs auf Zivilpersonen in internationalen bewaffneten Konflikten nach dem humanitären Völkerrecht sind allerdings allgemeine Regeln des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 Satz 1 GG. Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts bestehen nach der Völkerrechtslehre und Rechtsprechung aus den Regeln des universell geltenden Völkergewohnheitsrechts im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Buchst. b des Statuts des Internationalen Gerichtshofs (IGH-Statut - BGBl. 1973 II S. 505 ff.), ergänzt durch aus den nationalen Rechtsordnungen tradierte allgemeine Rechtsgrundsätze im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Buchst. c IGH-Statut. Ob eine Regel eine solche des Völkergewohnheitsrechts ist oder ob es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz handelt, ergibt sich hiernach aus dem Völkerrecht selbst, welches die Kriterien für die Völkerrechtsquellen vorgibt. Eine allgemeine Regel des Völkergewohnheitsrechts ist eine Regel, die von einer gefestigten Praxis zahlreicher, aber nicht notwendigerweise aller Staaten (usus) in der Überzeugung einer völkerrechtlichen Verpflichtung (opinio iuris sive necessitatis) getragen wird. Zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehören hingegen nicht völkervertragliche Regelungen (BVerfG, Beschlüsse vom 5. November 2003 - 2 BvR 1506/03 - BVerfGE 109, 38 <53> und vom 15. Dezember 2015 - 2 BvL 1/12 - juris Rn. 42 m.w.N.).

30

Zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehört das völkerrechtliche Gewaltverbot nach Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta, wonach alle Mitgliedstaaten in ihren internationalen Beziehungen jede mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung und Anwendung von Gewalt zu unterlassen haben (BVerfG, Urteil vom 22. November 2001 - 2 BvE 6/99 - BVerfGE 104, 151 <213>; BVerwG, Urteil vom 24. Juli 2008 - 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 88; IGH, Nicaragua v. United States, ICJ Reports 1986, 14 ff. Rn. 188). Hierzu gehören auch die vier Genfer Konventionen zum humanitären Völkerrecht vom 12. August 1949 (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 20) sowie das Verbot des gezielten oder unterschiedslosen Angriffs auf Zivilpersonen nach dem humanitären Völkerrecht gemäß Art. 51 Nr. 2 und 3 des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen vom 8. Juni 1977 - BGBl. 1990 II S. 1550 ff. (vgl. Greenwood, in: Fleck, Handbuch des Humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, 1994, S. 22; Bothe, in: Graf Vitzthum, Völkerrecht, 5. Aufl. 2010, S. 698 f.; Ipsen, Völkerrecht, 6. Aufl. 2014, S. 1226 f.).

31

(2) Nach Art. 25 Satz 1 GG sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes. Das bedeutet, sie bedürfen - anders als sonstiges Völkerrecht, insbesondere völkerrechtliches Vertragsrecht - keines innerstaatlichen Transformationsaktes gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG, um innerstaatliche Rechtsqualität zu erzeugen. Ferner stehen sie nach Art. 25 Abs. 2 Halbs. 1 GG innerstaatlich im Rang über einfachem Gesetzesrecht.

32

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts richtet sich der Vorrang der allgemeinen Regeln des Völkerrechts vor einfachem Gesetzesrecht zunächst an die staatlichen Organe der Bundesrepublik Deutschland. Daraus folgt die Pflicht der deutschen Staatsorgane, die bindenden Völkerrechtsnormen zu befolgen und Verletzungen zu unterlassen, aber auch - unter bestimmten Voraussetzungen - das Völkerrecht im eigenen Verantwortungsbereich durchzusetzen, wenn dritte Staaten dieses verletzen (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 2 BvR 955/00, 1038/01 - BVerfGE 112, 1 <24>). Danach müssen die deutschen Behörden und Gerichte alles unterlassen, was einer unter Verstoß gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts vorgenommenen Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger im Geltungsbereich des Grundgesetzes Wirksamkeit verschafft, und sind gehindert, an einer gegen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verstoßenden Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger bestimmend mitzuwirken (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 2 BvR 955/00, 1038/01 - BVerfGE 112, 1 <27>; BVerwG, Urteil vom 24. Juli 2008 - 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 88).

33

(3) Nach Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG erzeugen die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes. Der Kläger leitet aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Norm die Berechtigung ab, sich zur Begründung seiner Klagebefugnis auf eine Verletzung des völkerrechtlichen Gewaltverbots zu berufen, das im Völkerrecht ausschließlich staatengerichtet ist. Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm keine Einschränkung des Inhalts, dass nur solche allgemeinen Regeln des Völkerrechts individuelle Rechte und Pflichten begründen können, die nach ihrem Inhalt und ihrem Zweck hierzu geeignet sind. Dies folgt jedoch aus der Entstehungsgeschichte und aus Sinn und Zweck des Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG.

34

(a) Art. 25 GG wurde mit seinem bis heute weitgehend unveränderten Inhalt von dem u.a. für Völkerrecht zuständigen Berichterstatter des Unterausschusses I (Grundsatzfragen) des Verfassungskonvents von Herrenchiemsee Carlo Schmid (SPD) auf der 2. Sitzung des Unterausschusses am 21. August 1948 in folgender Fassung vorgeschlagen:

"Die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts sind Bestandteile des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für alle Bewohner des Bundesgebiets."

35

Im vorgeschlagenen Text wurden im Unterausschuss lediglich die Worte "allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts" ersetzt durch "allgemeinen Regeln des Völkerrechts", um Zweifel auszuräumen, inwieweit eine völkerrechtliche Regel zur Anerkennung gediehen ist (vgl. Bericht des Unterausschusses I - Grundsatzfragen - des Verfassungskonvents auf Herrenchiemsee, in: Protokolle zur Arbeit des Parlamentarischen Rates , aus: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv , Der Parlamentarische Rat 1948 - 1949, Akten und Protokolle, Bd. 2, S. 206 Fußn. 61).

36

Carlo Schmid hatte die von ihm vorgeschlagene Regelung bereits im Unterausschuss I u.a. wie folgt begründet (a.a.O. Fußn. 61):

"Ein Novum sei, dass wir nunmehr erklären: Wir betrachten das Völkerrecht nicht als Recht, das nur den Staat, aber nicht den Einzelnen im Staat verpflichtet, sondern als universelles Recht, das durch die Staatskruste hindurch bis zum Einzelnen geht. Es verleiht ihm unmittelbar Rechte und legt ihm unmittelbar Pflichten auf."

37

Der Verfassungskonvent hat den Artikel dann in seinem Bericht an den Verfassungsausschuss der Ministerpräsidenten wie folgt begründet (Protokolle Bd. 2 S. 517):

"Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sollen integrierender Bestandteil des Bundesrechts sein, und zwar in der Weise, daß sie unmittelbar Rechte und Pflichten für alle Bewohner des Landesgebietes (Inländer und Ausländer) erzeugen sollen. Durch die gewählte, von Art. 4 der Weimarer Verfassung abweichende Fassung soll Streitfragen, die in der Weimarer Zeit eine verhängnisvolle Rolle gespielt haben, der Boden entzogen werden. Weiter soll durch diese Fassung zum Ausdruck gebracht werden, daß das deutsche Volk gewillt ist, im Völkerrecht mehr zu sehen als nur eine Ordnung, deren Normen lediglich die Staaten als solche verpflichten."

38

Durch die weiteren Beratungen des Parlamentarischen Rates zieht sich die Begründung, dass die allgemeinen Regeln des Völkerrechts zum Einen zu unmittelbaren Bestandteilen des Bundesrechts erklärt werden sollen und zum Zweiten aus ihnen unmittelbar Rechte und Pflichten für die Bewohner des Bundesgebiets erwachsen sollen (etwa: Zweite Sitzung des Plenums am 8. September 1948, a.a.O. Bd. 9, S. 40; 12. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen des Parlamentarischen Rates am 15. Oktober 1948, a.a.O Bd. 5/1, S. 317 f.). In der Fünften Sitzung des Hauptausschusses vom 18. November 1948 kam es dann zu einer Abstimmung über einen Gegenvorschlag des Abgeordneten von Mangoldt (CDU). Dieser beantragte, die vom Verfassungskonvent in Herrenchiemsee vorgeschlagene Fassung zu ändern und zu der alten Fassung des Art. 4 der Weimarer Verfassung zurückzukehren: "Die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts gelten als bindende Bestandteile des Bundesrechts." (Bd. 14/I, S. 158 ff.). Begründet wurde das u.a. damit, "dass selbst Juristen und Verwaltungsfachleute Schwierigkeiten haben, den wahren Inhalt dieser Sätze zu erfassen. Wenn man diese allgemeinen Regeln des Völkerrechts unmittelbar Rechte und Pflichten für alle Bewohner des Bundesgebiets erzeugen ließe, würde das zu einer ständigen Unsicherheit führen." Demgegenüber haben sich andere Abgeordnete dafür ausgesprochen, "einen großen Schritt über Weimar hinaus zu gehen" (Abg. Eberhard, SPD, S. 162). Der Antrag der CDU wurde mit 13 gegen 7 Stimmen abgelehnt (S. 168).

39

Aus den Entstehungsmaterialien ergibt sich der Wille des Verfassungsgebers, den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts eine weitergehende innerstaatliche Bedeutung beizumessen als das nach der lediglich staatengerichteten Regelung in Art. 4 der Weimarer Reichsverfassung der Fall war. Diese völkerrechtlichen Grundsätze sollen unmittelbar Rechte und Pflichten für alle Bewohner des Bundesgebiets erzeugen. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Väter und Mütter des Grundgesetzes damit auf das Erfordernis einer individuellen Betroffenheit verzichten und über die allgemeine Regel des Art. 19 Abs. 4 GG hinausgehen wollten, wonach nur demjenigen der Rechtsweg offensteht, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird. Hierfür ergeben sich aus den Gesetzgebungsmaterialien keinerlei Anhaltspunkte. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass der Abgeordnete Eberhard (SPD) als Beispiel für die unmittelbare Erzeugung von Rechten und Pflichten für alle Bewohner des Bundesgebiets im Sinne des Art. 25 GG den Briand-Kellogg-Pakt von 1928 nannte, in dem der Verzicht auf einen Angriffskrieg vereinbart wurde (12. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen des Parlamentarischen Rates am 15. Oktober 1948, a.a.O. Bd. 5/1, S. 317) und der Abgeordnete Carlo Schmid (SPD) die Haager Landkriegsordnung von 1907, in der das humanitäre Völkerrecht normiert war (12. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen, a.a.O. S. 318). Denn Bewohner der Bundesrepublik können sich auch unter Beachtung der in Art. 19 Abs. 4 GG getroffenen Regelung auf die allgemeinen Regeln des Völkerrechts berufen, wie sie etwa in den von den Abgeordneten Eberhard und Carlo Schmid genannten völkerrechtlichen Verträgen enthalten sind. So berechtigt Art. 25 GG etwa einen Soldaten zur Nichtbefolgung eines Befehls, dessen Ausführung gegen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verstößt (so BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 - 2 WD 12.04 - BVerwGE 127, 302 <316 f.>; vgl. hierzu auch Deiseroth, in: Festschrift für Martin Kutscha, 2013, 25 <38 f.>). Auch könnten Anwohner eines Flughafens Verstöße bestimmter von dem Flughafen startender Militärflüge gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot als individuelle Rechte im Verfahren zur Erteilung der Einflugerlaubnisse geltend machen, sofern das völkergewohnheitsrechtliche Gewaltverbot gemäß Art. 25 Satz 2 GG Rechte unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets erzeugen sollte (so BVerwG, Urteil vom 24. Juli 2008 - 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 92). Es bedarf aber immer einer den Kläger von der Allgemeinheit unterscheidenden individuellen Betroffenheit. Aus den Gesetzesmaterialien ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Art. 25 GG einen umfassenden subjektiv-rechtlichen Anspruch auf die Wahrung objektiven Völkerrechts begründen oder ein Recht zur Popularklage normieren wollte, um allgemeine Grundsätze des Völkerrechts über die Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG hinaus durchzusetzen.

40

(b) Sinn und Zweck der in Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG getroffenen Regelung ist vielmehr, den Kreis der Adressaten der allgemeinen Regeln des Völkerrechts zu erweitern. Die Regelung überwindet die Beschränkung auf Staaten als Begünstigte und Verpflichtete des Völkerrechts, wie sie noch für Art. 4 der Weimarer Reichsverfassung und den seinerzeitigen Stand der Völkerrechtslehre kennzeichnend war. Sie hat daher mehr als eine lediglich deklaratorische Bedeutung, von der noch das Bundesverfassungsgericht in seiner früheren Rechtsprechung ausgegangen war (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 1962 - 2 BvM 1/60 - BVerfGE 15, 25 <33 f.>).

41

In seiner Entscheidung zur Bodenreform vom 26. Oktober 2004 führt das Verfassungsgericht nunmehr aus, dass es in der vom Grundgesetz verfassten staatlichen Ordnung geboten sein kann, Völkerrechtsverstöße als subjektive Rechtsverletzungen geltend machen zu können, und zwar unabhängig davon, ob Ansprüche von Einzelpersonen schon kraft Völkerrechts bestehen (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 2 BvR 955/00, 1038/01 - BVerfGE 112, 1 <21 f.>). Dieser Grundsatz gilt jedenfalls für Konstellationen, in denen völkerrechtliche Regelungen einen engen Bezug zu individuellen hochrangigen Rechtsgütern aufweisen, wie das im völkerrechtlichen Enteignungsrecht der Fall ist. Das Bundesverfassungsgericht erläutert dies für den völkerrechtlichen Schutz des Eigentums in der Weise, dass das Eigentum die private Zuordnung von vermögenswerten Gegenständen in sich trägt. Daher ist der völkerrechtliche Schutz von Eigentumspositionen, z.B. durch ein Enteignungsverbot, zumindest in seiner Schutzwirkung subjektiv gerichtet, auch wenn sich der ursprüngliche Wille dieser völkerrechtlichen Regelungen eher auf die objektive Einhaltung von gegenseitig anerkannten zivilisatorischen Mindeststandards bezogen hat (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 2 BvR 955/10, 1038/01 - BVerfGE 112, 1 <22>).

42

Ist auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Adressatenerweiterung des Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG jedenfalls für völkerrechtliche Regelungen zu bejahen, die einen engen Bezug zu individuellen hochrangigen Rechtsgütern aufweisen, so ist verallgemeinernd zwischen drei unterschiedlichen Arten völkerrechtlicher Normen zu differenzieren (s.a. Fischer-Lescano/Hanschmann, Subjektive Rechte und völkerrechtliches Gewaltverbot, in: IALANA , Frieden durch Recht?, 2010, S. 161 <168 f.>):

43

(aa) Allgemeine Regeln des Völkerrechts, die sich ausschließlich an Staaten richten und nach ihrem Inhalt und Zweck auf Individuen nicht ohne Sinnverlust oder qualitativen Bedeutungswandel angewendet werden können. Hierzu zählen Regeln über die Staatensukzession, Grenzziehung, Staatenimmunität, diplomatische Immunität und völkerrechtliche Regeln über die Vornahme von Hoheitsakten im Ausland (vgl. Koenig, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl. 2005, Art. 25 Rn. 59 ff.; Rojahn, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 6. Aufl. 2012, Art. 25 Rn. 41; Doehring, Die allgemeinen Regeln des völkerrechtlichen Fremdenrechts und das deutsche Verfassungsrecht, 1963, S. 155 ff.; Streinz in: Sachs, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2014, Art. 25 Rn. 41 ff.). Diese Regeln begründen auch auf der Grundlage von Art. 25 Satz 2 GG keine individuellen Rechte.

44

(bb) Allgemeine Regeln des Völkerrechts, die bereits auf völkerrechtlicher Ebene individualbezogen sind, d.h. Einzelpersonen berechtigen oder verpflichten. Beispiele hierfür sind individuelle Menschenrechte und das Völkerstrafrecht (vgl. Koenig, a.a.O., Art. 25 Rn. 66; Rojahn, a.a.O., Art. 25 Rn. 42; Doehring, a.a.O. S. 157 f.; Streinz, a.a.O., Art. 25 Rn. 46). Für diese Normen, die mit der Entwicklung des Völkerrechts an Bedeutung und Umfang gewonnen haben, entfaltet Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG keine konstitutive Wirkung, weil diese völkerrechtlichen Rechtssätze mit ihrem individualschützenden oder -verpflichtenden Inhalt schon aufgrund der Geltungsanordnung des Art. 25 Satz 1 GG den Einzelnen berechtigen oder verpflichten. Für diese Regeln hat Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG nur deklaratorischen Charakter.

45

(cc) Allgemeine Regeln des Völkerrechts, die sich zwar auf völkerrechtlicher Ebene ausschließlich an Staaten richten, ihrem Inhalt und Zweck nach aber auch der Begründung von Rechten oder Pflichten des Individuums zugänglich sind. Hierzu gehören bestimmte Normen des völkerrechtlichen Enteignungsrechts, des humanitären Kriegsvölkerrechts (u.a. Art. 51 des Zusatzprotokolls I), die Freiheiten der Hohen See (sofern sich etwa Fischereirechte Einzelner daraus ableiten lassen) und die Mindestregeln des völkerrechtlichen Fremdenrechts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 2 BvR 955/00, 1038/01 - BVerfGE 112, 1 <22>; Koenig, a.a.O., Art. 25 Rn. 60; Herdegen, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand: September 2015, Art. 25 Rn. 50; Hillgruber, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, Grundgesetz-Kommentar, 13. Aufl. 2014, Art. 25 Rn. 20; Wollenschläger, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 2015, Art. 25 Rn. 36; Rojahn, a.a.O. Rn. 50). Für diese Regeln ordnet Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG eine Adressatenerweiterung an, indem er sie mit Blick auf die von der Schutzwirkung erfassten Individuen zu individuellen subjektiven Rechten umformt.

46

Das Verbot des gezielten und des unterschiedslosen Angriffs auf Zivilpersonen gemäß Art. 51 Nr. 2 und 3 des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen vom 8. Juni 1977, dessen Verletzung der Kläger geltend macht, ist danach eine allgemeine Regel des Völkerrechts, die der Begründung von Rechten oder Pflichten des Einzelnen zugänglich ist. Sie schützt schon nach ihrem Wortlaut nicht allein die Zivilbevölkerung als solche, sondern auch "einzelne Zivilpersonen" (vgl. Art. 51 Nr. 1 Satz 1, Art. 51 Nr. 2 Satz 1, Nr. 3 und 4 ZP I u.a.), das entspricht auch ihrem Schutzzweck. Ob das auch für das völkerrechtliche Gewaltverbot nach Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta gilt (so Hillgruber, a.a.O. Rn. 21, Cremer, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2013, Bd. XI § 235 Rn. 32 und Fischer-Lescano/Hanschmann, in: IALANA , Frieden durch Recht?, 2010, S. 174 ff.; dagegen: Herdegen, a.a.O. Rn. 50 und Tomuschat - unter Aufgabe seiner früheren anderslautenden Auffassung - sowie Doehring, a.a.O. S. 165 f. verneinend für individuelle Pflichten), brauchte der Senat nicht zu entscheiden. Auf diese Rechtsfrage kommt es für die Entscheidung nicht an, weil der Kläger aus einer Verletzung des Gewaltverbots als davon nicht unmittelbar Betroffener oder an Verletzungshandlungen Beteiligter keinesfalls eine Klagebefugnis ableiten kann.

47

(4) Der Kläger kann aus einer möglichen Verletzung des völkerrechtlichen Gewaltverbots nach Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta wie auch aus einer möglichen Verletzung der in Art. 51 Nr. 2 und 3 des Zusatzprotokolls I normierten Regeln des humanitären Völkerrechts keine individuellen Rechte ableiten, wie sie zur Begründung einer Klagebefugnis erforderlich wären. Auf eine Beeinträchtigung individueller Rechte im Sinne von Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG können sich allenfalls unmittelbar Betroffene berufen - etwa potentielle Opfer von Drohneneinsätzen. Hierzu gehört der Kläger jedoch nicht.

48

Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck des Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG ergeben sich unter Einbeziehung seiner Entstehungsgeschichte Anhaltspunkte dafür, dass für die Geltendmachung einer durch Art. 25 GG begründeten materiellen Rechtsstellung abweichend von Art. 19 Abs. 4 GG eine Popularklage eröffnet werden sollte. Anders als die vor dem Grundgesetz erlassene Bayerische Verfassung vom 8. Dezember 1946 (dort Art. 98 Satz 4 i.V.m. dem Gesetz Nr. 72 über den Verfassungsgerichtshof vom 22. Juli 1947) sieht das Grundgesetz gerade keine Popularklage wegen der Verletzung verfassungsmäßiger Rechte vor (zur bayerischen Popularklage wegen Grundrechtseinschränkungen vgl. Bohn, Das Verfassungsprozessrecht der Popularklage, Bd. 1224, 2012, S. 44 - 66; Huber, BayVBl. 2008, 65 <68 ff.>). Es bleibt damit bei der allgemeinen Regel des Art. 19 Abs. 4 GG, dass der Rechtsweg grundsätzlich nur demjenigen offensteht, der geltend machen kann, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Im Übrigen folgt das Erfordernis der "spezifischen Betroffenheit", um eine Verletzung allgemeiner Regeln des Völkerrechts geltend zu machen, schon aus dem Völkerrecht selbst. So sieht etwa Art. 42 des das Völkergewohnheitsrecht systematisierenden Entwurfs der International Law Commission (ILC) zur Staatenverantwortlichkeit vor, dass sich auch ein Staat nur auf die Verletzung von Völkerrecht berufen kann, wenn die Verpflichtung allein ihm gegenüber besteht - Art. 42 Buchst. a - oder er von der Verletzung einer gegenüber einer Vielzahl von Staaten bestehenden Verpflichtung spezifisch betroffen ist - "specifically affects that State" (siehe die Anlage zur Resolution 56/83 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 12. Dezember 2001 - Art. 42 Buchst. b). Das Erfordernis der spezifischen Betroffenheit geht auch durch die Adressatenerweiterung nach Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG nicht verloren. Denn diese bewirkt keinen qualitativen Wandel der davon erfassten völkerrechtlichen Rechtssätze, sondern erweitert nur den Kreis ihrer Adressaten, ohne indes einen allgemeinen, gegen die Staaten gerichteten Anspruch des Einzelnen auf Beachtung objektiven Völkerrechts auch über die den Staaten selbst vom Völkerrecht eröffneten Rechte hinaus einzuräumen.

49

Das Bundesverfassungsgericht bejaht eine Begründung subjektiver Rechte (jedenfalls) für Konstellationen, in denen völkerrechtliche Regelungen einen engen Bezug zu individuellen hochrangigen Rechtsgütern aufweisen, wie das im völkerrechtlichen Enteignungsrecht der Fall ist (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 2 BvR 955/00, 1038/01 - BVerfGE 112, 1 <22>). Wegen des erforderlichen "engen Bezugs" zu individuellen Rechtsgütern kann grundsätzlich nach Art. 25 Satz 2 GG nur das unmittelbare Opfer einer Verletzung hochrangiger Rechtsgüter (z.B. der Enteignete selbst) subjektive Rechte aus der Völkerrechtsverletzung ableiten. Schon bei lediglich mittelbar Betroffenen liegt es fern, eine subjektive Rechtsstellung zur Geltendmachung der Völkerrechtsverletzung einzuräumen. Vielmehr bleibt es dem Gesetzgeber überlassen, weiteren Personen individuelle Rechte im Rahmen eines fachgesetzlichen Verfahrens oder einer Popularklage einzuräumen. Denn in der Literatur wird mit Recht darauf hingewiesen, dass die Rechtsbegründung durch Art. 25 Abs. 2 Halbs. 2 GG eine geringe Regelungsdichte und inhaltliche Unschärfe aufweist, die den praktischen Anforderungen innerstaatlicher Anwendbarkeit nicht genügt (Rojahn, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 6. Aufl. 2012, Art. 25 Rn. 51). Die Form, in der ein über Art. 25 Abs. 2 Halbs. 2 GG erzeugtes subjektives Recht unabhängig von der erforderlichen individuellen Betroffenheit verwirklicht werden kann, wird daher im Wesentlichen erst durch Gesetz festgelegt. Dafür ist hier zugunsten des Klägers nichts ersichtlich. Der Kläger kann sich für die Bestimmung der Reichweite einer verfassungsunmittelbaren Adressatenerweiterung auch nicht auf die zunehmende Einräumung von Verbandsklagerechten im Umweltrecht der Europäischen Union berufen, zumal entsprechende Rechte für die Kontrolle von militärischem Handeln nicht eröffnet wurden. Im Übrigen werden derartige Klagerechte Verbänden eingeräumt, nicht hingegen Einzelnen die Möglichkeit zur Erhebung einer Popularklage eröffnet.

50

(5) Der Senat ist dem Antrag des Klägers nicht gefolgt, dem Bundesverfassungsgericht im Verfahren nach Art. 100 Abs. 2 GG die Frage zur Klärung vorzulegen, ob das völkerrechtliche Gewaltverbot als allgemeine Regel des Völkerrechts allein staatengerichtet ist oder ob es - bei sich ergebender Verletzung - unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Art. 25 GG). Für eine solche Vorlage fehlen die gesetzlichen Voraussetzungen, denn sie kann sich nur auf das Bestehen und den Inhalt einer allgemeinen Regel des Völkerrechts beziehen (die hier nicht klärungsbedürftig ist), nicht aber darauf, ob bzw. in welchem Umfang die völkerrechtliche Regel durch nationales Recht - hier: Art. 25 Satz 2 GG - eine Adressatenerweiterung erfahren hat.

51

Eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 2 GG setzt voraus, dass das erkennende Gericht bei der Prüfung der Frage, ob und mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt, auf ernstzunehmende Zweifel stößt, mag das Gericht selbst auch keine Zweifel haben. Ernstzunehmende Zweifel bestehen schon dann, wenn das Gericht von der Meinung eines Verfassungsorgans oder von den Entscheidungen hoher deutscher, ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft abweichen würde (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14. Mai 1968 - 2 BvR 544/63 - BVerfGE 23, 288 <319> und vom 10. Juni 1997 - 2 BvR 1516/96 - BVerfGE 96, 68 <77>; Nichtannahmebeschluss vom 13. August 2013 - 2 BvR 2660/06 u.a. - EuGRZ 2013, 563 Rn. 50 f.). Zwar wird die Auffassung, das völkerrechtliche Gewaltverbot begründe schon als allgemeine Regel des Völkerrechts individuelle Ansprüche von einem anerkannten Autor der Völkerrechtswissenschaft vertreten (Fischer-Lescano, in: IALANA ), Frieden durch Recht?, 2010, S. 169 ff.). Aber auch Fischer-Lescano hält die entsprechenden völkerrechtlichen Normen nur "im Hinblick auf die unmittelbar geschädigten Individuen" für bereits aus dem Völkerrecht subjektiviert (a.a.O. S. 174). Subjektive Rechte weiterer faktisch Betroffener leitet er hingegen aus der Adressatenerweiterung nach Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG ab (a.a.O. S. 174 ff.). Da der Kläger nicht geltend macht, unmittelbar Geschädigter von den behaupteten Drohneneinsätzen des US-Militärs zu sein, kann sich seine individuelle Rechtsbetroffenheit nicht aus einer allgemeinen Regel des Völkerrechts ergeben, sondern allenfalls aus einer nationalen Adressatenerweiterung nach Art. 25 Satz 2 Halbs. 2 GG. Ob die nationale Norm einen solchen Inhalt hat, kann jedoch nicht zum Gegenstand eines Normverifikationsverfahrens nach Art. 100 Abs. 2 GG gemacht werden.

52

e) Der Senat hatte über den vom Kläger gestellten Antrag zu 2. nicht zu entscheiden, da dessen implizite innerprozessuale Bedingung nicht eingetreten ist. Mit diesem Antrag will der Kläger im Anschluss an die Verurteilung der Beklagten zur vorrangig erstrebten Überwachung gemäß dem Revisionsantrag zu 1. für den Fall, dass die US-Regierung die Überwachung verweigern sollte, erreichen, dass die Beklagte der US-Regierung die weitere Nutzung der Air Base Ramstein für bewaffnete Drohneneinsätze untersagt. Dieser Hilfsantrag steht damit im Sinne einer uneigentlichen eventuellen Klagehäufung (§ 44 VwGO) unter der innerprozessualen Bedingung, dass der Kläger mit dem Revisionsantrag zu 1. durchdringt. Da der Hauptantrag aber keinen Erfolg hat, ist der Hilfsantrag zu 2. nicht zur Entscheidung angefallen. Im Übrigen wäre dieser Antrag unzulässig, weil für ihn kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Vielmehr hätte der Kläger selbst bei einer Verurteilung der Beklagten nach dem Antrag zu 1. abwarten müssen, ob sich die US-Regierung einer Überwachung widersetzt, bevor er das im Antrag zu 2. formulierte Begehren klageweise verfolgen kann. Ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme nur ausnahmsweise zulässigen vorbeugenden Rechtsschutzes ist hier nicht erkennbar (vgl. dazu Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, vor §§ 40 - 53, Rn. 25).

53

4. Die vom Kläger erhobenen Aufklärungs- und Gehörsrügen sind unzulässig, weil sie den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO nicht genügen. Nach dieser Vorschrift muss die Revisionsbegründung im Fall der Rüge von Verfahrensmängeln die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Hieran fehlt es.

54

Eine Aufklärungsrüge setzt u.a. die Darlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel dafür zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, dass die Nichterhebung der Beweise von dem anwaltlich vertretenen Kläger vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 Rn. 13).

55

Die Revision beanstandet, dass das Berufungsgericht dem Vortrag des Klägers nicht nachgegangen sei, ihm drohten durch die Gefahr eines terroristischen Anschlags auf die Air Base Ramstein Eingriffe in sein Leib und Leben sowie in sein Eigentum. Die Revision legt aber nicht dar, welche konkreten Aufklärungsmaßnahmen sich dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang hätten aufdrängen müssen, nachdem die Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht keinen Beweisantrag zu den ihm drohenden Beeinträchtigungen durch einen terroristischen Anschlag auf die Air Base Ramstein gestellt haben. Zudem setzt sie sich nicht damit auseinander, dass nach der zur Beurteilung der Aufklärungsrüge maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts die von Dritten ausgehende Gefahr terroristischer Angriffe der Beklagten gar nicht zugerechnet werden kann (UA S. 22), es hierauf also für das Berufungsgericht gar nicht ankam.

56

Entsprechendes gilt für die vom Kläger gerügte Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO). Denn die Revisionsbegründung legt nicht dar, ob und inwieweit das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren durch das Berufungsgericht entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2015 - 4 B 51.15 - juris Rn. 9). Vielmehr beschränkt sich die Revision der Sache nach auf die bereits mit der Aufklärungsrüge beanstandete, aber unzureichend dargelegte Mangelhaftigkeit der Sachverhaltsaufklärung.

57

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 2 VwGO.

Tatbestand

1

Der Kläger beanstandet die Auswahlentscheidung der Beklagten für die ämtergleiche Besetzung eines Dienstpostens.

2

Der ... geborene Kläger steht als Regierungsdirektor (BesGr A 15 BBesO) im Dienst der Beklagten und ist beim Bundesnachrichtendienst (BND) tätig. Mit der Stellenausschreibung ... vom 10. April 2012 schrieb der BND den ebenfalls mit der Besoldungsgruppe A 15 und gleichrangigen Vergütungs-/Entgeltgruppen bewerteten Dienstposten des ... des BND in ... aus.

3

Die Ausschreibung enthielt ein Anforderungsprofil, in dem u.a. nach dem Standardisierten Leistungsprofil (SLP) bewertete Sprachkenntnisse gefordert wurden. In der Ausschreibung hieß es u.a., dass nur Bewerbungen von ämter- bzw. entgeltgruppengleichen Personen berücksichtigt würden, eine förderliche Umsetzung ins Ausland sei nicht vorgesehen; Sprachkenntnisse seien durch ein entsprechendes SLP oder einen Spracheinstufungstest nachzuweisen, eine Selbsteinschätzung könne nicht gewertet werden.

4

Der Kläger bewarb sich am 4. Oktober 2012 mit dem Hinweis auf Italienisch-Sprachkenntnisse, die er sich beim NATO-Defense College (NDC) in Rom 2011 angeeignet und die er durch Besuche in Volkshochschul-Fortgeschrittenenkursen ausgebaut habe.

5

In einer Entscheidungsvorlage vom 16. November 2012 wurden mehrere Bewerber aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden und die Auswahlentscheidung zwischen vier verbliebenen A 15-Bewerbern vorgeschlagen. In der Vorlage hieß es u.a., dass keiner der Bewerber ein geprüftes SLP in Italienisch besitze. Einer der Bewerber habe seine Sprachfertigkeiten im Jahr 1999 mit SLP 21212 lediglich selbst eingeschätzt; der Kläger habe nach eigenem Bekunden Italienischkenntnisse während seiner NDC-Teilnahme erworben und diese in VHS-Kursen fortgeführt. Im Ergebnis müssten alle Kandidaten durch Teilnahme an einem Sprachkurs auf das geforderte Sprachniveau geführt werden. Sodann votierte die Entscheidungsvorlage "letztendlich auch aus personalwirtschaftlichen Erwägungen" für eine Besetzung des Dienstpostens mit dem Beigeladenen. Dieser habe in den über 35 Jahren seiner Dienstzugehörigkeit fortlaufend Spitzenleistungen erbracht. Aufgrund seiner langen Verwendungszeit in einem Referat stehe er für einen Wechsel in ein neues Aufgabenfeld an. Die Leitung des BND entschied gemäß dem Vorschlag der Vorlage für den Beigeladenen. Unter dem 28. Januar 2013 wurde dies dem Kläger mitgeteilt.

6

Der Kläger legte unter dem 1. Februar 2013 Widerspruch ein und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass der Beigeladene nicht das geforderte Anforderungsmerkmal italienischer Sprachkenntnisse der Stufe SLP 2 besitze. Damit habe sich der BND von dem verbindlichen Anforderungsprofil gelöst, das nicht mehr zu seiner Disposition stehe.

7

Auf der Grundlage eines Prüfvermerks vom 16. Mai 2013 entschied der BND am Folgetag, die Stelle erneut auszuschreiben. Das Auswahlverfahren sei rechtsfehlerhaft gewesen; es sei versäumt worden, Nachweise zu den nach Aktenlage bei zwei Bewerbern (darunter beim Kläger) aufgezeigten Italienischkenntnissen einzufordern. Unter dem 4. Juni 2013 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Stellenausschreibung aus personalwirtschaftlichen Gründen aufgehoben worden sei, weil zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung keiner der Bewerber das Anforderungsprofil erfüllt habe; der Dienstposten werde in Kürze erneut zur Nachbesetzung ausgeschrieben.

8

Die neue Stellenausschreibung ... vom 6. Juni 2013 war mit der vorangegangenen Ausschreibung inhaltsgleich mit dem einzigen Unterschied, dass die geforderten Sprachkenntnisse erst bei Dienstantritt nachzuweisen seien. Der Kläger und der Beigeladene bewarben sich erneut. Unter dem 14. August 2013 entschied sich die Beklagte wieder dafür, den Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Der Dienstposten wurde ihm mit Wirkung vom 24. März 2014 übertragen.

9

Der Kläger hat bereits vor Aufhebung der ersten Stellenausschreibung Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das Vorgehen der Beklagten verletze ihn in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG, mindestens jedoch in seinem Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Der Abbruch des ursprünglichen Stellenbesetzungsverfahrens sei unbeachtlich, weil er nicht aus sachlichen Gründen erfolgt sei. Die tragende Begründung der Auswahlentscheidung, dass kein Bewerber das geforderte Anforderungsprofil erfülle, sei in Bezug auf seine Person unzutreffend. Er habe bereits seinerzeit über einsatzbereite Italienisch-Kenntnisse auf dem Niveau SLP 2 verfügt, worauf er in seiner Bewerbung hingewiesen habe (ergänzend verweist er auf eine vom 25. Juni 2013 - mithin nach Klageerhebung - datierende Bescheinigung der genannten Stelle). Diesem Hinweis hätte die Beklagte seinerzeit nachgehen müssen, sei es durch Einholung dienstlicher Erklärungen der für die Entsendung des Klägers an das NATO Defense College verantwortlichen Bediensteten, sei es durch Überprüfung seiner Italienisch-Kenntnisse durch einen aktuellen Sprachtest. Sowohl die Begründung für die Ablehnung seiner Bewerbung als auch die für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens seien lediglich vorgeschoben und dienten dazu, den Dienstposten einem Bewerber zu übertragen, der die Anforderungskriterien nicht erfülle. Dass der Beigeladene aufgrund der Teilnahme an einer mehrmonatigen Sprachausbildung inzwischen (wohl) ebenfalls über exzellente Sprachkenntnisse in Italienisch verfüge, dürfe weder zur Rechtfertigung des Abbruchs noch als entscheidungserheblicher Umstand für die neue Auswahlentscheidung berücksichtigt werden; eine solche "Nachqualifizierung" sei kein sachlicher Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens.

10

Für den Fall, dass in der Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen ein erledigendes Ereignis gesehen werde, sei hilfsweise die Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Bewerbung des Klägers und der Dienstpostenübertragung festzustellen. Das dafür erforderliche Interesse ergebe sich aus der Gefahr, dass die Beklagte auch künftig eine derartige fehlerhafte Entscheidung zu seinem Nachteil treffe, sowie aus seinem Interesse, die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits im Wege des Schadensersatzes erstattet zu bekommen.

11

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Februar 2013 zu verurteilen, über die Bewerbung des Klägers auf den Dienstposten des ... erneut und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden sowie die Besetzung des Dienstpostens rückgängig zu machen,

hilfsweise für den Fall, dass in der Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen ein erledigendes Ereignis gesehen wird,

festzustellen, dass die Ablehnung der Bewerbung und der Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens auf den Kläger zum Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses rechtswidrig gewesen ist.

12

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und verteidigt ihr Vorgehen: Das ursprüngliche Stellenausschreibungsverfahren sei aus sachlichem Grund abgebrochen worden, weil sie erkannt habe, dass die Auswahlentscheidung rechtsfehlerhaft zustande gekommen sei. Es sei versäumt worden, die (behaupteten) Italienisch-Kenntnisse der Bewerber durch einen entsprechenden Sprachtest überprüfen zu lassen. Ein rechtsfehlerfreier Vergleich der Bewerber sei daher nicht möglich gewesen. Sie habe des Weiteren erkannt, dass es für das ursprüngliche Anforderungsmerkmal, wonach die Sprachkenntnisse bereits zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung vorliegen müssten, keinen zwingenden Grund gegeben habe, da es ausreichend sei, wenn solche Sprachfertigkeiten noch bis zum geplanten Dienstantritt erlangt und nachgewiesen würden. Wegen dieser zu hohen Anforderung habe das ursprüngliche Anforderungsprofil möglicherweise Bewerbungen geeigneter Personen verhindert und den Kreis potentieller Bewerber zu sehr eingeengt.

13

Der Beigeladene hat sich zu der Klage nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist sowohl mit ihrem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag unzulässig. Dem Kläger fehlt die Klagebefugnis, also eine subjektive Rechtsposition, aufgrund der er eine erneute Entscheidung über die Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens (1.), hilfsweise die Feststellung begehren könnte, dass die Ablehnung seiner Bewerbung und der Übertragung des Dienstpostens auf ihn rechtswidrig gewesen seien (2.).

15

1. Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO muss ein Kläger geltend machen können, durch den angefochtenen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines begehrten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Dasselbe gilt bei einem mit einer Leistungsklage zu verfolgenden sonstigen Verwaltungshandeln (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 1970 - 6 C 48.68 - BVerwGE 36, 192 <199> und vom 17. Januar 1980 - 7 C 42.78 - BVerwGE 59, 319 <326> sowie Beschluss vom 5. Februar 1992 - 7 B 15.92 - NVwZ-RR 1992, 371), wie es hier mit der vom Kläger mit seinem Hauptantrag begehrten Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens in Rede steht. Diese sog. Klagebefugnis ist gegeben, wenn unter Zugrundelegung des Klagevorbringens eine Verletzung des geltend gemachten Rechts möglich erscheint. Daran fehlt es, wenn die vom Kläger geltend gemachte Rechtsposition offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihm zustehen kann (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 13. Juli 1973 - 7 C 6.72 - BVerwGE 44, 1 <3> und vom 28. Februar 1997 - 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115 <118>).

16

Eine derartige subjektive Rechtsposition auf Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens oder erneute Entscheidung hierüber steht dem Kläger im Streitfall nicht zu.

17

a) Der vom Kläger begehrte Dienstposten des ... des BND in ... ist - wie der derzeit vom Kläger innegehabte Dienstposten - nach der Besoldungsgruppe A 15 BBesO bewertet. Die Übertragung dieses ämtergleichen Dienstpostens erfolgt im Rahmen einer Umsetzung. Denn der BND stellt, auch wenn seine Dienststellen sich an verschiedenen Orten (insbesondere im Ausland) befinden, organisationsrechtlich eine (einzige) Behörde dar. Die Übertragung eines anderen Dienstpostens im Geschäftsbereich des BND ist daher dienstrechtlich eine Umsetzung innerhalb ein und derselben Behörde (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Februar 2008 - 2 A 1.07 - NVwZ-RR 2008, 547 Rn. 24, vom 26. Mai 2011 - 2 A 8.09 - Buchholz 232 § 55 BBG Nr. 16 Rn. 19 und vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 20).

18

Der Rechtscharakter einer - gesetzlich nicht geregelten - Umsetzung ist seit der Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1980 zur fehlenden Verwaltungsakt-Qualität dieser Maßnahme geklärt (BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 <146 ff.> = Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 20 S. 33 ff.). Hiernach ist eine Umsetzung die das Statusamt und das funktionelle Amt im abstrakten Sinne unberührt lassende Zuweisung eines anderen Dienstpostens (Amt im konkret-funktionellen Sinne) innerhalb einer Behörde. Sie ist eine innerorganisationsrechtliche Maßnahme, die die Individualsphäre des Beamten grundsätzlich nicht berührt. Sie kann auf jeden sachlichen organisations- oder personalwirtschaftlichen Grund gestützt werden (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2008 - 2 A 1.07 - NVwZ-RR 2008, 547 Rn. 25) und erfolgt allein im öffentlichen Interesse an einer möglichst optimalen Aufgabenerfüllung und Stellenbesetzung. Bei einer Klage   g e g e n   eine Umsetzung ("Weg-Umsetzung") kann die Ermessensausübung im allgemeinen nur darauf überprüft werden, ob sie durch einen Ermessensmissbrauch maßgebend geprägt ist; denkbar sind insoweit eine Verletzung der Fürsorgepflicht, die Nichteinhaltung einer Zusage oder - unter bestimmten Voraussetzungen - der Entzug von Leitungsaufgaben (BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 <152>; vgl. auch den Überblick bei Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl 2013, § 4 V, S. 101 ff. ).

19

b) Entgegen der Ansicht des Klägers kann dieser sich im vorliegenden Fall einer Auswahl unter Bewerbern um einen im Wege der ämtergleichen Umsetzung zu besetzenden Dienstposten (Umsetzungskonkurrenz) weder unmittelbar oder als Vorwirkung (aa) noch ausnahmsweise (bb) auf die Verfahrensgarantien eines Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG berufen.

20

aa) Eine Auswahlentscheidung unter den Bewerbern um eine ämtergleiche Umsetzung unterfällt mit Blick auf deren eingangs dargestellten Rechtscharakter grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG, da bei ihr nicht die Vergabe eines höherwertigen Statusamtes oder eine dies vorwegnehmende Entscheidung in Rede steht. Sie ist daher grundsätzlich nicht an die hierzu in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe gebunden.

21

bb) Die Beklagte hat sich auch nicht "freiwillig" den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe des Dienstpostens unterworfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 20). Eine solche - in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall ausnahmsweise gegebene - Sondersituation liegt hier nicht vor.

22

Der Inhalt einer Stellenausschreibung muss durch eine am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierte Auslegung ermittelt werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 32 und vom 8. Juli 2014 - 2 B 7.14 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 61 Rn. 8). Der Wortlaut der hier in Rede stehenden Stellenausschreibung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass der BND sich bei der vorliegenden Umsetzung ausnahmsweise den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG unterwerfen wollte. Vielmehr ist in der Ausschreibung der ausdrückliche Hinweis darauf enthalten, dass Bewerbungen nur ämter- bzw. entgeltgruppengleich berücksichtigt würden und eine förderliche Umsetzung nicht vorgesehen sei. Beförderungsbewerbungen waren damit ausdrücklich ausgeschlossen.

23

Ergänzend hat der BND im vorliegenden Verfahren - in ausdrücklicher Abgrenzung zu dem vorstehend angesprochenen Fall (BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1) - vorgetragen, dass er bei seinen Ausschreibungen inzwischen klar unterscheide und kenntlich mache, ob es um die (den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG unterliegende) Vergabe eines höherwertigen Amtes (bzw. eines denselben Vorgaben unterworfenen sog. Beförderungsdienstpostens) gehe oder (nur) um eine ämtergleiche ("nicht förderliche") Umsetzung. Dass auch Stellen der letztgenannten Kategorie ausgeschrieben würden, diene allein dem Ziel einer besseren Transparenz der Personalführung. Es entspreche seit langem der Verwaltungspraxis und dem aktuellen Personalkonzept der Beklagten, Auslandsdienstposten ausschließlich im Wege der ämtergleichen Ausschreibung zu besetzen. Diese Praxis sei allen Bediensteten hinlänglich bekannt. Im Interesse einer besseren Transparenz der Personalauswahl sei der BND kürzlich dazu übergegangen, diese "Ausschreibungen" nunmehr als "Interessenfeststellungen" zu bezeichnen, um den Unterschied zu förderlichen Ausschreibungen noch deutlicher hervorzuheben.

24

Dem entspricht auch das tatsächliche Vorgehen des BND, wie es in dessen Auswahlvermerk vom 16. November 2012 zum Ausdruck kommt. Danach hat der Personalbereich des BND einzelne Bewerber aus eindeutig nicht im Rahmen von Art. 33 Abs. 2 GG liegenden, offen so benannten personalwirtschaftlichen Erwägungen aus der engeren Betrachtung ausgeschieden.

25

c) Dass eine Auswahlentscheidung - wie im Falle einer Umsetzungskonkurrenz - außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 33 Abs. 2 GG liegt, bedeutet indes nicht, dass ein Beamter rechtsschutzlos gestellt wäre. Wie bei einer Klage   g e g e n   eine Umsetzung ("Weg-Umsetzung") sind der Ermessensentscheidung des Dienstherrn auch bei einer Klage, mit der eine Umsetzung a u f einen bestimmten Dienstposten begehrt wird ("Hin-Umsetzung"), vielmehr die oben dargestellten äußersten Grenzen gesetzt. Von diesen kommt hier allenfalls eine Verletzung der Fürsorgepflicht in Betracht:

26

Der Dienstherr ist aufgrund seiner Fürsorgepflicht gehalten, bei seinen Entscheidungen die wohlverstandenen Interessen des Beamten in gebührender Weise zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Mai 2005 - 2 BvR 583/05 - BVerfGK 5, 250 <252 f.> m.w.N.). Hieraus können sich "abwehrrechtliche" Gesichtspunkte gegen eine Umsetzung ergeben, etwa wenn mit einem Dienstposten verbundene Belastungen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beamten führen können (vgl. zu einer behaupteten gesundheitlichen Labilität: BVerwG, Urteil vom 7. März 1968 - 2 C 137.67 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 9 S. 50 f.). Eine Verdichtung der aus der Fürsorgepflicht folgenden Berücksichtigung privater Belange des Beamten dahingehend, dass sie auf die Vergabe eines konkreten Dienstpostens gerichtet sein könnte, ist aber allenfalls ausnahmsweise denkbar, etwa wenn der in Rede stehende Dienstposten der einzig gesundheitlich unbedenkliche für den Beamten wäre (vgl. zu einem angeblich "klimatisch und gesundheitlich" einzig tauglichen Dienstposten in der Oberpfalz: BVerwG, Urteil vom 13. Februar 1969 - 2 C 114.65 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 11 Leitsatz 2 und S. 4). Ein derartig konkretisierter Leistungsanspruch entspricht nicht der Struktur der Fürsorgepflicht; diese ist auf die Beseitigung eines bestehenden Missstands oder Mangels bezogen. Aus der Fürsorgepflicht kann sich daher ggf. - im Falle der Ermessenreduzierung auf Null - allenfalls ein Anspruch auf eine "Weg-Umsetzung" ergeben. Sie ist nach ihrem Inhalt und ihrer Struktur aber regelmäßig nicht geeignet, einen auf die Vergabe eines konkreten Dienstpostens gerichteten Anspruch (auf eine "Hin-Umsetzung") zu vermitteln. Dass dem Kläger eine dahingehende subjektive Rechtsposition zustehen könnte, ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt denkbar.

27

d) Entgegen der Ansicht des Klägers steht ihm - jenseits des Erörterten - auch kein (allgemeiner) Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung zu (vgl. § 40 VwVfG, § 114 VwGO). Ein solcher Anspruch besteht nicht losgelöst von einer subjektiven Rechtsposition quasi für sich selbst ("eo ipso"). Vielmehr setzt er eine derartige subjektive Rechtsposition voraus. Über eine solche Rechtsposition verfügt der Kläger im Falle einer bloßen Umsetzungskonkurrenz aber - wie dargestellt - gerade nicht. Die Rechtssphäre des nicht berücksichtigten Beamten ist von der Auswahlentscheidung über eine ämtergleiche Umsetzung unter Ausschluss von Beförderungsbewerbern nicht betroffen. Das gilt auch für den Abbruch eines solchen Auswahlverfahrens. Der nicht berücksichtigte Bewerber hat keinen Anspruch darauf, die behördliche Entscheidung auf Rechtsfehler zu überprüfen. Das wäre selbst dann der Fall, wenn diese auf Willkür beruhte (wofür im Streitfall nichts ersichtlich ist).

28

2. Der Hilfsantrag kann ebenfalls keinen Erfolg haben.

29

a) Es ist bereits zweifelhaft, ob der Hilfsantrag in statthafter Weise anhängig gemacht und angefallen ist. Denn er ist - auch nach Aufforderung des Senats um Klarstellung des mit der gewählten Formulierung Gemeinten - lediglich "für den Fall" gestellt, dass der Senat in der Übertragung des streitbefangenen Dienstpostens ein erledigendes Ereignis sehen sollte. Damit wird die Anhängigkeit des Hilfsantrags von einem innerprozessualen Umstand abhängig gemacht, nämlich davon, ob der Senat in einer bestimmten Frage eine bestimmte Rechtsansicht vertritt, nicht aber - wie für einen Hilfsantrag erforderlich - von der Erfolglosigkeit des Hauptantrags.

30

b) Ungeachtet dessen ist der Feststellungsantrag jedenfalls unzulässig, weil es dem Kläger - aus denselben Gründen wie hinsichtlich des Hauptantrags - an der erforderlichen Klagebefugnis fehlt, also an einer subjektiven Rechtsposition, deren Vorliegen auch bei einer Feststellungsklage Prozessvoraussetzung ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 - 8 C 19.94 - BVerwGE 100, 262 <271> m.w.N.); hierzu kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

31

c) Im Übrigen fehlt es auch an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.

32

aa) Der Kläger begründet sein Feststellungsinteresse zum einen mit einer Wiederholungsgefahr, nämlich damit, dass die Beklagte bei Bewerbungen um andere dienstliche Verwendungen, bei denen es möglicherweise ebenfalls auf die richtige Erfassung und Bewertung seiner Sprachkenntnisse und dienstlichen Tätigkeiten ankomme, erneut zu seinen Lasten entscheiden könnte, zumal die Beklagte sich keiner Versäumnisse bewusst sei. Damit ist die erforderliche hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, dass dem Kläger künftig eine vergleichbare Maßnahme durch die Beklagte droht, nicht dargetan (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 21 und vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 41 ff.). Im Übrigen ist es unzutreffend, dass - wie der Kläger behauptet - die Beklagte ihre Versäumnisse abstreitet; im Gegenteil hat sie ausdrücklich eingeräumt, dass die ursprüngliche Auswahlentscheidung fehlerhaft war.

33

bb) Zum anderen begründet der Kläger sein Feststellungsinteresse mit der beabsichtigten Geltendmachung eines Schadens- oder Amtshaftungsanspruchs: Er sei gehalten, die Vergütung des von ihm hinzugezogenen Rechtsanwalts gegenüber dem Beklagten geltend zu machen; da die Vergütungspauschale über die Gebührensätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes hinausgehe, sei hierfür ein zusätzliches Amtshaftungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten notwendig.

34

Ein Feststellungsinteresse wegen eines Schadensersatz- oder Amtshaftungsanspruchs kann indes nicht mit den Kosten des vorliegenden Streitverfahrens selbst begründet werden. Wäre nach Ansicht des Klägers eine Erledigung seines Rechtsschutzbegehrens eingetreten, hätte er das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklären können, ggf. unter ausdrücklicher Verwahrung gegen die Kostenlast oder mit dem Antrag, die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen. Diese Konsequenz hat der Kläger aber nicht gezogen, sondern er hat an seinem Standpunkt festgehalten, dass er einen Anspruch auf Fortführung des ursprünglichen Auswahlverfahrens aufgrund der ersten (aufgehobenen) Stellenausschreibung habe. Der geltend gemachte Schadensersatz- oder Amtshaftungsanspruch ist damit offensichtlich nicht gegeben.

35

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten des Beigeladenen für nicht erstattungsfähig zu erklären, weil dieser keinen Antrag gestellt und sich daher auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.

(2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger begehren einen Vorbescheid für den Bau eines Betriebsleiterwohnhauses für einen landwirtschaftlichen Betrieb im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB). Sie bewohnen zusammen mit zwei erwachsenen Kindern und deren Familien (Sohn F. und Tochter V.) ein Zweifamilienwohnhaus auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung K. Östlich auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf FlNr. ... befindet sich die alte Hofstelle des bislang von den Klägern bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebs.

Im Grundbuch ist auf Basis einer notariellen Urkunde vom 31. Januar 2003 für die östlich der Hofstelle gelegene FlNr. ... im Zuge eines Baugenehmigungsverfahrens eine Grunddienstbarkeit für den jeweiligen Eigentümer des Hofgrundstücks FlNr. ... sowie eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit für den Beklagten mit dem Inhalt eingetragen worden, dass der auf diesem Grundstück zu errichtende Wohnraum nur von Personen genutzt werden darf, die durch den jeweiligen Eigentümer des Hofstellengrundstücks (FlNr. ...) mit Zustimmung des Beklagten bestimmt werden. Mit Bescheid vom 13. März 2003 erteilte das Landratsamt R. den Klägern sodann eine Baugenehmigung für den „Neubau eines Betriebsleiterwohnhauses“ auf FlNr. ... Unter dem 25. März 2003 schlossen die Kläger mit ihrem Sohn C. einen notariellen Vertrag, in dem geregelt ist, dass auf Sohn C. das Grundstück FlNr. ... unter Verzicht auf den gesetzlichen Pflichtteil einschließlich Pflichtteilsergänzungsansprüche im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen wird. In dessen Vollzug wurde zunächst Sohn C. als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Eigentümer sind laut Grundbuch heute Sohn C. sowie K. W. zu je ½.

Auf Basis einer Baugenehmigung des Landratsamts R. vom 9. August 2007 errichteten die Kläger in einer Entfernung von ca. 80 m (Luftlinie) zu dem vorgenannten Betriebsleiterwohnhaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite (versetzt in nordöstlicher Richtung) einen neuen Rinderstall mit Güllegrube auf dem im Außenbereich gelegenen Grundstück FlNr. ... Unter dem 19. September 2013 stellten die Kläger einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids für den „Bau eines Austragswohnhauses“ auf diesem Grundstück.

Das Landratsamt R. lehnte mit Bescheid vom 13. Januar 2014 den Vorbescheidsantrag ab. Bei dem Bauvorhaben handele es sich nicht um ein privilegiertes Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB. Ein Austragshaus diene dem Vollerwerbsbetrieb, wenn die bestehenden Gebäude nicht ausreichend Wohnraum für diese Zwecke böten. Im vorliegenden Fall stehe für den Altenteiler genügend Wohnraum zur Verfügung. Austragshäuser dienten allein der Versorgung des Altenteilers, nicht aber der Schaffung zusätzlichen Wohnraums. Als sonstiges Vorhaben sei das beantragte Wohnhaus nach § 35 Abs. 2 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig, weil Belange i. S. von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt würden.

Im Anschluss an die Erhebung der Verpflichtungsklage - zunächst mit dem schriftsätzlich gestellten Antrag, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Januar 2014 zu verpflichten, „den beantragten Vorbescheid für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses auf dem Grundstück Flur-Nr. ... der Gemarkung K. zu erteilen“ - richteten die Bevollmächtigten der Kläger unter dem 17. April 2014 ein Schreiben an den Landrat des Landkreises R. mit dem Ziel, den Rechtsstreit im Rahmen eines Gesprächstermins einer einvernehmlichen Lösung zuzuführen. In diesem Schreiben ließen die Kläger ausführen, dass sie jedenfalls einen Anspruch auf ein Betriebsleiterwohnhaus hätten. Der Landrat führte in seinem Antwortschreiben vom 22. Mai 2014 aus, dass das genehmigte Betriebsleiterwohnhaus auf FlNr. ... nach wie vor dem landwirtschaftlichen Betrieb diene und nicht gem. § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB entprivilegiert werden könne. Da sich an der Rechtsauffassung des Landratsamts nichts geändert habe, sei ein weiteres Gespräch nicht zielführend.

Mit Urteil vom 9. Dezember 2014 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage mit dem in der mündlichen Verhandlung zuletzt gestellten Antrag, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Januar 2014 zu verpflichten, den beantragten Vorbescheid für die Errichtung eines Betriebsleiterwohnhauses auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung K. zu erteilen, ab. Die Voraussetzungen einer Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB seien mit Blick auf die Übertragung des genehmigten Betriebsleiterwohnhauses auf Sohn C. im Jahr 2003 wegen widersprüchlichen Verhaltens der Kläger nicht erfüllt. Vor diesem Hintergrund bedürfe die Frage der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit des bestehenden Wohnhauses auf FlNr. ... keiner Vertiefung. Als sonstiges Vorhaben i. S. von § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtige die geplante bauliche Anlage Belange i. S. von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 7 BauGB.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Die Kläger haben im Laufe des Berufungszulassungsverfahren mitgeteilt, dass Sohn F. den landwirtschaftlichen Betrieb gepachtet habe und dass die Eigentumsumschreibung in die Wege geleitet worden sei (Bl. 53 ff., 97 ff. der VGH-Akte).

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Dem den gerichtlichen Prüfungsumfang mit Blick auf das Darlegungserfordernis (§ 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) begrenzenden Antragsvorbringen lässt sich ein Zulassungsgrund im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO nicht entnehmen. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen entweder nicht vor oder wurden nicht ausreichend dargelegt.

a) Aus dem in offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bei Gericht eingegangenen Vorbringen der Kläger ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Soweit das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen des Privilegierungstatbestandes des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB am Merkmal des „Dienens“ verneint, weil es widersprüchlich erscheine, wenn die Kläger ein Wohnhaus für den landwirtschaftlichen Betrieb beanspruchten, nachdem sie sich durch die Übertragung des Grundstücks FlNr. ... an Sohn C. der Möglichkeit begeben hätten, das hierauf errichtete Wohngebäude als Betriebsleiterwohnhaus zu nutzen, ist die Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich zweifelhaft. Dabei kommt es nicht auf die - vom Verwaltungsgericht nicht näher untersuchte - Frage an, ob den Klägern trotz des Eigentumsübergangs an Sohn C. aus der im Jahr 2003 bestellten Grunddienstbarkeit noch ein Wohnbestimmungsrecht hinsichtlich des auf FlNr. ... genehmigten und errichteten Betriebsleiterwohnhauses zusteht und diese (bzw. heute Sohn F. als Betriebsnachfolger) hierüber ggf. weiterhin kraft dinglichen Rechts die Nutzung als Betriebsleiterwohnhaus für den landwirtschaftlichen Betrieb durchsetzen könnten.

Ein Vorhaben im Außenbereich ist nicht allein deshalb im Sinn von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert, weil der Bauherr im Haupt- oder Nebenberuf Landwirt ist. Es „dient“ nur dann einem landwirtschaftlichen Betrieb, wenn ein „vernünftiger“ Landwirt unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs ein Vorhaben mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde. Das Merkmal des Dienens ist zu verneinen, wenn das Vorhaben zwar nach seinem Verwendungszweck grundsätzlich gerechtfertigt ist, nach seiner Ausgestaltung, Beschaffenheit oder Ausstattung aber nicht durch diesen Verwendungszweck geprägt wird. Der eigentliche Zweck des Erfordernisses des „Dienens“ liegt darin, Missbrauchsversuchen begegnen zu können. Nicht der behauptete Zweck des Vorhabens, sondern seine wirkliche Funktion ist entscheidend. Es sollen Vorhaben verhindert werden, die zwar an sich objektiv geeignet wären, einem privilegierten Betrieb zu dienen, mit denen aber in Wirklichkeit andere Zwecke verfolgt werden (BVerwG, U. v. 16.5.1991 - 4 C 2.89 - NVwZ-RR 1992, 400 f. = juris Rn. 17; BayVGH, U. v. 30.11.2006 - 1 B 03.481 - NVwZ-RR 2007, 664 f. = juris Rn. 18; U. v. 13.1.2011 - 2 B 10.269 - BayVBl. 2011, 410 ff. = juris Rn. 37).

Zwar dürfte ein Betriebsleiterwohnhaus in der unmittelbaren Nachbarschaft zu den genehmigten landwirtschaftlichen Gebäuden des Betriebs förderlich sein. Das beantragte Wohnhaus auf dem Grundstück des Klägers „dient“ dem landwirtschaftlichen Betrieb aber deswegen nicht, weil für den landwirtschaftlichen Betrieb auf dem Grundstück FlNr. ... bereits ein Betriebsleiterwohnhaus genehmigt und errichtet worden ist. Die Kläger haben nicht substanziiert dargelegt, warum von dort aus die Bewirtschaftung des neuen Stallgebäudes auf FlNr. ... (Luftlinie ca. 80 m) nur eingeschränkt möglich wäre und warum das vorhandene Betriebsleiterwohnhaus - seine Nutzung zu diesem Zweck unterstellt - den Bedarf für den landwirtschaftlichen Betrieb nicht ohne weiteres decken könnte.

Nach dem auch im Verwaltungsrecht entsprechend § 242 BGB geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. BVerwG, B. v. 1.4.2004 - 4 B 17.04 - juris), der auch das Verbot widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) umfasst (z. B. BayVGH, B. v. 16.11.2009 - Az. 2 ZB 08.2389 - juris Rn. 11), können sich die Kläger im vorliegenden Fall nicht darauf berufen, dass das Eigentum an dem vormals genehmigten Betriebsleiterwohnhaus auf Sohn C. übertragen und deshalb das Wohnhaus dem unmittelbaren Zugriff für die landwirtschaftsbezogene Nutzung entzogen worden ist (vgl. BayVGH, U. v. 30.11.2006 - 1 B 03.481 - NVwZ-RR 2007, 664 f. = juris Rn. 22; U. v. 13.1.2011 - 2 B 10.269 - BayVBl. 2011, 410 ff. = juris Rn. 38). Die Kläger können nicht mit Erfolg darauf verweisen, den vorher zitierten Entscheidungen BayVGH, U. v. 30.11.2006 a. a. O. und U. v. 13.1.2011 a. a. O. hätten ganz andere Sachverhalte zugrunde gelegen. Diesen Entscheidungen ist unabhängig von der jeweils konkreten Sachverhaltskonstellation als allgemeiner Grundsatz zu entnehmen, dass sich ein Landwirt im Genehmigungsverfahren für ein dem landwirtschaftlichen Betrieb an sich mehr als förderliches Wohnhaus wegen widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB analog) nicht auf Tatbestandsmerkmal des „Dienen“ in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB berufen kann, wenn er zuvor unter Verstoß gegen die o.g. Maßstäbe eines „vernünftigen Landwirts“ - und deshalb rechtsmissbräuchlich - daran mitgewirkt hat, durch Eigentumsübertragung ein für den landwirtschaftlichen Betrieb bereits bestehendes /genehmigtes Wohnhaus der unmittelbaren landwirtschaftbezogenen Nutzung zu entziehen, und damit den Bedarf für ein (weiteres) betriebsbezogenes Wohnhaus erst (mit-) verursacht hat.

So liegt der Fall hier: Als „vernünftige“, auf Schonung des Außenbereichs bedachte Landwirte hätten die Kläger schon nicht im Jahr 2003 ihren Sohn C. in dem errichteten Betriebsleiterwohnhaus wohnen lassen und erst Recht nicht diesem vor Übernahme der Rolle des Betriebsleiters das genehmigte Betriebsleiterwohnhaus im Weg vorweggenommener Erbfolge zu Eigentum übertragen dürfen. Es hätte den Klägern im Genehmigungs- und Übertragungsjahr 2003 klar sein müssen, dass sie das gerade genehmigte Betriebsleiterwohnhaus einem Sohn, der nach der Planung im Übertragungszeitpunkt erst zu einem nicht näher fixierten späteren Zeitpunkt hätte Betriebsleiter werden sollen, nicht zur Nutzung als schlichtes Wohngebäude ohne Zweckbezug zum landwirtschaftlichen Betrieb überlassen und erst Recht nicht auf diesen bedingungslos das Eigentum überschreiben durften (ähnlich auch VG München, U. v. 15.5.2008 - M 11 K 07.5781 - juris Rn. 44; U. v. 7.10.2008 - M 1 K 07.5728 - juris Rn. 16).

Aus dem Vortrag der Kläger, ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liege deshalb nicht vor, weil die gegebenen Situation nicht auf einer willkürlichen Entscheidung, sondern auf nachvollziehbaren, später entstandenen Gründen (Betriebsvergrößerung und -modernisierung, geänderte Lebensplanung der Söhne) beruhe, ergibt sich nichts anderes. Die Nichtumsetzung einer vormals geplanten Betriebsübergabe auf einen zunächst designierten Nachfolger und eine entsprechende Umplanung der Betriebsübergabe zugunsten eines anderen ist zwar für sich gesehen nicht als grundsätzlich rechtsmissbräuchlich, widersprüchlich oder vorwerfbar zu bewerten. Es mag nachvollziehbar sein, dass der bisherige Betriebsleiter noch auf Jahre bis zum Erreichen des Rentenalters zunächst nicht zurücktreten wollte, dass im Laufe der Zeit der ursprünglich gewollte Nachfolger (hier Sohn C.) kein Interesse mehr an der Übernahme zeigte und dass deshalb ein anderer (hier Sohn F.) nunmehr in der Planung an dessen Stelle trat und sogar Betriebsprojekte über die Aufnahme eines Darlehens mit Blick auf die geänderte Nachfolgeplanung zu finanzieren half. Es ist aber - selbst wenn die Kläger gutgläubig gehandelt hatten - als objektiv widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich zu bewerten, dass sie ein weiteres Wohnhaus für den landwirtschaftlichen Betrieb im Außenbereich beanspruchen, obwohl sie das Grundstück FlNr. ... schon im Jahr 2003 - und insbesondere zeitnah im Anschluss an den Erhalt der Baugenehmigung für das Betriebsleiterwohnhaus - im Weg vorweggenommener Erbfolge an Sohn C. übertragen hatten, obwohl Letzterer zum Übertragungszeitpunkt auf lange Sicht nicht die Funktion des Betriebsleiters übernehmen sollte und obwohl damit sowohl der Übertragungsakt als auch die tatsächliche Nutzung von vornherein nicht auf eine zeitnahe genehmigte Nutzung als Betriebsleiterwohnhaus (und nicht als schlichtes Wohnhaus) hinausliefen. Die Pflichtwidrigkeit oder ein schuldhaftes Verhalten sind nicht zwingend Voraussetzung für die Unzulässigkeit einer Rechtsausübung am Maßstab von § 242 BGB. Vielmehr kann sich rechtsmissbräuchliches Verhalten auch auf der Grundlage lediglich objektiver Kriterien ergeben; es kommt darauf an, ob bei objektiver Betrachtung ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt (vgl. BGH, U. v. 12.11.2008 - XII ZR 134/04 - NJW 2009, 1343 ff. = juris Rn. 41; Schubert in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 242 Rn. 54 und 214 ff.; Mansel in Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 16. Aufl. 2015, § 242 Rn. 37). Das ist hier der Fall. Wer mit Blick auf niemals auszuschließende betriebliche und /oder persönliche Entwicklungen schon Jahre vor einer langfristig geplanten Betriebsübergabe ein zur betriebsbezogenen Nutzung genehmigtes Wohngebäude auf einen nur potenziellen Betriebsnachfolger überträgt, handelt - selbst wenn ggf. nicht vorsätzlich - mit mangelndem Weitblick hinsichtlich der Schonung des Außenbereichs und mithin objektiv widersprüchlich, wenn er sich unter Berufung auf nicht außergewöhnliche, von der langfristigen Planung abweichende Entwicklungen später auf einen neuen Bedarf für ein Betriebsleiterwohnhaus für den „Ersatznachfolger“ beruft. Es hätte den Klägern schon im Jahr 2003 klar sein müssen, dass die schlichte Wohnnutzung eines Gebäudes, das mit Blick auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zweckgebunden als Betriebsleiterwohnhaus genehmigt wurde, illegal ist. Vor diesem Hintergrund ist ein Vertrauen, der von der Eigentumsübertragung begünstigte Sohn C. werde den landwirtschaftlichen Betrieb irgendwann später übernehmen und die illegal aufgenommene schlichte Wohnnutzung in eine legale Nutzung als Betriebsleiterwohnhaus überführen, am Maßstab von Treu und Glauben analog § 242 BGB nicht schutzwürdig. In diesem Zusammenhang ist ferner der Hinweis der Kläger, dass eine Hofübergabe an Sohn C. im Jahr 2003 mangels Erreichens der Altersgrenze noch nicht möglich gewesen wäre, unbehelflich. Im Gegenteil: Da Sohn C. im Übertragungsjahr 2003 auch nach dem eigenen Vortrag der Kläger mit aktiven Betriebsleiterfunktionen auf lange Sicht zunächst nicht betraut werden sollte und auch tatsächlich nicht betraut wurde, wäre es Sache der Kläger gewesen, das genehmigte Betriebsleiterwohnhaus zunächst selbst zu nutzen und dieses erst bei tatsächlicher Betriebsübergabe - als Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebs - der Person zu übergeben, die tatsächlich als Betriebsnachfolger die Betriebsleiterrolle übernommen hätte.

Es kann offen bleiben, ob das widersprüchliche Verhalten der Kläger ohne Folgen für die Frage der Privilegierung eines zweiten Wohnhauses bliebe, wenn die gegenwärtige Nutzung des dem Sohn C. übertragenen Hauses materiell legal wäre. Nach dem allein gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ausschlaggebenden Zulassungsvortrag sind diese Voraussetzungen nämlich nicht erfüllt (vgl. auch BayVGH, U. v. 30.11.2006 - 1 B 03.481 - NVwZ-RR 2007, 664 f. = Rn. 23). Soweit sich - wovon beide Parteien offensichtlich ausgehen - das genehmigte Betriebsleiterwohnhaus auf FlNr. ... weiterhin im Außenbereich liegt, scheiterten die Voraussetzungen einer Teilprivilegierung gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB - unabhängig davon, dass das Gebäude mit Blick auf Buchst. c) dieser Regelung tatsächlich niemals im Sinne der genehmigten Privilegierung genutzt wurde - jedenfalls an ihrem Buchst. g), weil die Verpflichtung, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung als Betriebsleiterwohnhaus vorzunehmen, gerade mit Blick auf das vorliegend streitgegenständliche Ziel der Kläger nicht abgegeben werden kann (vgl. ebenso BayVGH, U. v. 30.11.2006 a. a. O.). Zwar mag anhand der vorliegenden Lagepläne eruiert werden, ob sich das Gebäude auf FlNr. ... - auch unter Einbezug des sich östlich anschließenden Gebäudes auf FlNr. ... - mittlerweile im Innenbereich befindet, so dass ein schlichtes Wohnhaus dort auch ohne Privilegierungsbezug gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nunmehr gemäß § 34 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig sein könnte. Hierzu wurde aber seitens der Kläger in der Zulassungsbegründung nichts vorgetragen.

b) Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern. Der Zulassungsantrag sieht die besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache in denselben Fragen, die auch zu dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts angeführt wurden. Diese Fragen sind jedoch - wie sich aus vorstehenden Darlegungen ergibt - weder komplex noch fehleranfällig (vgl. zu diesem Maßstab BayVGH, B. v. 3.11.2011 - 8 ZB 10.2931 - BayVBl 2012, 147 ff. = juris Rn. 28 m. w. N.). Sie können vielmehr ohne weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung bereits im Zulassungsverfahren geklärt werden.

c) Die Zulassungsbegründung erfüllt schließlich nicht die Anforderungen einer Darlegung (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) des Zulassungsgrundes gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B. v. 16.11.2010 - 6 B 58.10 - juris Rn. 3; vom 17.12.2010 - 8 B 38.10 - juris Rn. 7 f.). Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die Frage klärungsbedürftig ist und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 72). Die Zulassungsbegründung führt hierzu nichts Substanziiertes aus, insbesondere werden keine entsprechenden grundsätzlichen Fragen im vorgenannten Sinne aufgeworfen oder deren Bedürfnis für eine obergerichtliche Klärung näher dargelegt. Im Übrigen ergibt sich aus den Ausführungen zu 1. a) (also bzgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), dass der Rechtssache keine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt, die zur Klärung grundsätzlicher Fragen die Durchführung eines Berufungsverfahren bedürfte.

2. Ohne dass es noch darauf ankäme, weist das Gericht darauf hin, dass die Klage bereits unzulässig gewesen sein dürfte und sie mithin schon deswegen - unabhängig vom Vortrag der Parteien im Zulassungsverfahren - im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde (zum Rückgriff auf den Rechtsgedanken aus § 144 Abs. 4 VwGO im Berufungszulassungsverfahren bei offensichtlicher Ergebnisrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung unabhängig vom Zulassungsvortrag: BayVGH, B. v. 30.9.2014 - 20 ZB 11.1890 - juris Rn. 19; B. v. 10.11.2014 - 20 ZB 14.251 - juris Rn. 3; OVG NW, B. v. 4.7.2014 - 1 A 891/13 - juris Rn. 3; vgl. auch BayVGH, B. v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 u. a. - juris Rn. 45; zur Ergebnisbezogenheit des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 12).

Die Kläger haben mit ihrem Klageantrag in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2014 ausdrücklich klargestellt, eine Verpflichtung der Beklagten auf Erteilung eines Vorbescheids für ein Austragshaus nicht zu verfolgen. Soweit die Klage aufgrund der ausdrücklichen Antragstellung in der mündlichen Verhandlung ausschließlich auf die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung eines Vorbescheids für ein Betriebsleiterwohnhaus gerichtet ist, fehlt es an einer entsprechenden Sachbehandlung der Behörde, für die auch kein Anlass bestand. Da der Beklagte bislang mangels diesbezüglichen Antrags die Erteilung eines Vorbescheids für ein Betriebsleiterwohnhaus nicht durch Verwaltungsakt abgelehnt hat, kann es der Klägerin insoweit nur um die Verpflichtung des Beklagten zum Erlass eines unterlassenen Verwaltungsakts und somit der Sache nach um eine Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) gehen. Diese ist mangels vorheriger Stellung eines entsprechenden Bauantrags unzulässig.

Leistungsklagen können allgemein unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Rechtsschutzinteresses verfrüht sein, wenn es das einschlägige Recht - wie Art. 64, Art. 71 Satz 4 BayBO für das baurechtliche Genehmigungsverfahren und das Vorbescheidverfahren (im Wege der Einreichung über die Gemeinde) - gebietet, die geforderte Leistung zunächst bei der Behörde zu beantragen (Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, Vorbem. Zu §§ 40 - 53 Rn. 42; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Vor §§ 40-53 Rn. 13). Für die Verpflichtungsklage ist anerkannt, dass ihre Zulässigkeit grundsätzlich von einem vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts abhängt. Diese Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO („Antrag auf Vornahme“) und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden (vgl. BVerwG, U. v. 31.8.1995 - 5 C 11.94 - BVerwGE 99, 158 ff. = juris Rn. 14; U. v. 28.11.2007 - 6 C 42/06 - BVerwGE 130, 39 ff. = juris Rn. 23; VGH BW, B. v. 19.4.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 4; U. v. 13.4.2000 - 5 S 1136/98 - NVwZ 2001, 101 ff. = juris Rn. 21). Es ist dem einschlägigen materiellen Recht (hier dem Baurecht) auch nicht zu entnehmen, dass von dem in der Rechtsprechung allgemein anerkannten prozessualen Grundsatz der Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung abzuweichen wäre (zu diesem Vorbehalt vgl. BVerwG, U. v. 28.11.2007 a. a. O. juris Rn. 24). Im Gegenteil spricht die Existenz des Art. 64 BayBO mit dem dort ausdrücklich formulierten schriftlichen Antragserfordernis eindeutig für die strikte Geltung des o.g. Prozessgrundsatzes (selbst ein unvollständiger Bauantrag bzw. Antrag auf Bauvorbescheid könnte die Frist des § 75 VwGO nicht in Gang setzen: BayVGH, B. v. 3.6.2016 - 15 BV 15.2441 - juris Rn. 14 ff.).

Im vorliegenden Fall haben die Kläger ihren Vorbescheidsantrag ausdrücklich auf ein Austragshaus (= Altenteilerwohnhaus) bezogen. Dementsprechend bezieht sich die Antragsablehnung im Bescheid vom 13. Januar 2014 eindeutig und konsequenterweise ebenso auf ein Austragshaus. Anders als es die Klägerseite erstinstanzlich in der Klagebegründung vom 14. Juli 2014 darlegt, ist es nicht unerheblich, dass die Kläger eigentlich ein Betriebsleiterwohnhaus wollten, aber im Antrag das Bauvorhaben unzutreffend als Austragshaus bezeichnet haben. Ein Bauantrag oder - wie hier - ein Bauvorbescheidsantrag für ein Austragshaus umfasst nicht auch einen Antrag für ein Betriebsleiterwohnhaus. Es handelt sich, auch wenn es in beiden Fällen um bauliche Anlagen zur Wohnnutzung geht, um gegenständlich unterschiedliche Bauvorhaben. Betriebsleiterwohnhäuser müssen mit Rücksicht auf den Grundsatz der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs zum Betrieb angemessen sein (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Februar 2016, § 35 Rn. 39 m. w. N.; Sander in Rixner/Biedermann/Steger, Systematischer Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 2. Aufl. 2014, zu § 35 BauGB Rn. 28). Demgegenüber dienen Austrags- bzw. Altenteilerhäuser dazu, dem scheidenden bzw. früheren Betriebsinhaber (Altenteiler) nach Übergabe des Betriebs als Wohnung zu dienen sowie auf Dauer für den Generationenwechsel dem Betrieb zur Verfügung zu stehen (Söfker a. a. O. Rn. 41). Austraghäuser müssen gemessen an diesem Zweck nach Größe, innerer und äußerer Ausstattung verkehrsüblich sein, was ausschließlich auf die allgemeinen - tendenziell flächenmäßig begrenzten - Wohnbedürfnisse eben eines Altenteilers auszurichten ist (vgl. - jeweils m. w. N. - Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., Stand: Mai 2016, § 35 Rn. 20; Sander a. a. O. Rn. 28 - Stichwort „Altenteilerhäuser“; Söfker a. a. O. Rn. 44 m. w. N.). Daraus folgt u. a., dass landwirtschaftliche Betriebsleiterwohnhäuser und Austrags- /Altenteilerhäuser eine jeweils andere baurechtliche Zweckbestimmung haben und divergierende Bedarfe abdecken, so dass z. B. ein Vorbescheid für ein Austragshaus keine Bindungswirkung gem. Art. 71 Satz 1 BayBO im späteren Genehmigungsverfahren haben kann, wenn dort nunmehr statt eines Austragshaus ein (in der Regel flächenmäßig größeres) Betriebsleiterwohnhaus beantragt wird.

Auch wenn sich die Kläger schon vor der Ablehnung des Vorbescheidantrags für ein Austragshaus an den Landrat wegen eines weiteren Betriebsleiterwohnhauses für den Betriebsnachfolger gewandt hatten (vgl. Bl. 17 der Behördenakte V0078-O13) sowie in einer von der Baugenehmigungsbehörde eingeholten Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten R. vom 29. November 2013 angesprochen wird, dass seitens der Kläger geplant sei, dass der künftige Hofübernehmer (Sohn F. der Kläger) in das neue Austragswohnhaus einziehen werde, kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass auch in der Sache ein Betriebsleiterwohnhaus beantragt war. Denn mit der Bezeichnung des Vorhabens in den dem Bauantrag bzw. dem Vorbescheid beizufügenden Bauvorlagen legt der Bauherr den Gegenstand des Verfahrens fest (Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 64 Rn. 2). Gemäß Art. 64, Art. 71 Satz 4 BayBO müssen Bauantrag und Bauvorbescheid schriftlich gestellt und inhaltlich bestimmt und eindeutig formuliert sein (Molodovsky in Molodovsky/Famers, BayBO, Stand: März 2016, Art. 64 Rn. 10). Hieraus folgt, dass sich der Antragsteller - hier die Kläger - am Wortlaut des Antrags festhalten lassen muss, zumal sich hieran auch Dritte im Rahmen der Nachbarbeteiligung (Art. 66, Art. 71 Satz 4 BayBO) sowie die Gemeinde im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens (§ 36 BauGB) orientieren müssen (zum Wortlaut als Grenze der Auslegung eines Bauantrags vgl. auch Gaßner in Simon/Busse, BayBO, Stand: Januar 2016, Art. 64 Rn. 13c m. w. N.).

Ein vorheriger Antrag bei der zuständigen Behörde ist bereits Zugangsvoraussetzung, d. h. eine im gerichtlichen Verfahren nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung (VGH BW, B. v. 19.4.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 4; U. v. 13.4.2000 - 5 S 1136/98 - NVwZ 2001, 101 ff. = juris Rn. 22; Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 75 Rn. 4; Happ in Eyermann, § 42 Rn. 36; Rennert in ebenda, § 68 Rn. 22; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 75 Rn. 7), so dass eine Antragsnachholung entgegen den Ausführungen in der Klagebegründung nicht in der Klageerhebung gesehen bzw. mit dieser oder im laufenden Klageverfahren nachgeholt werden kann (Rennert in Eyermann, VwGO, § 75 Rn. 5; Happ in ebenda § 42 Rn. 37). Mit dem in der Klagebegründung zitierten anwaltlichen Schreiben vom 17. April 2014 an das Landratsamt (Anlage K2 zum erstinstanzlichen Klageverfahren) konnte daher der Vorbescheidsantrag für ein Betriebsleiterwohnhaus als Prozessvoraussetzung des bereits anhängigen Klageverfahrens nicht wirksam nachgeholt werden. Im Übrigen müssen gemäß § 1 Abs. 3 BauVorlV für den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung bzw. den Antrag auf Vorbescheid die vom Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr öffentlich bekannt gemachten Vordrucke bei der Antragstellung verwendet werden (Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 64 Rn. 11). Neben der nicht eingehaltenen Form spricht im Übrigen auch der (keinen konkreten Antrag formulierende, sondern maßgeblich die Bitte um persönliche Vorsprache äußernde) Inhalt des Schreibens vom 17. April 2014 dagegen, dieses als nunmehr gestellten Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids für ein neues Betriebsleiterwohnhaus auszulegen, zumal es insofern auch an einer Nachbar- und Gemeindebeteiligung fehlt. Vor diesem Hintergrund kann auch das formlose Schreiben des Landrats vom 22. Mai 2014, das sich im Wesentlichen auf die inhaltliche Aussage begrenzt, die Voraussetzungen einer „Entprivilegierung“ nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB lägen für das bereits genehmigte Betriebsleiterwohnhaus auf FlNr. ... nicht vor, als verwaltungsaktsmäßige Ablehnung eines (nicht gestellten) Antrags auf Vorbescheid für ein Betriebsleiterwohnhaus ausgelegt werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.2 i.V. mit Nr. 9.1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57). Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.