Verwaltungsgericht München Beschluss, 09. Jan. 2018 - M 10 S 17.4029

bei uns veröffentlicht am09.01.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 24. August 2017 gegen den Gebührenbescheid der Antragsgegnerin vom 8. Dezember 2006 wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 5.255,74 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Nacherhebung von Wasser- und Abwassergebühren durch die Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Anwesens R* … Str. 35 in … Das Anwesen bestand ursprünglich aus einem Gebäude mit zwei Wohneinheiten. Im Jahr 1990 wurde ein Neubau mit weiteren sechs Wohneinheiten errichtet. In dem Gebäude waren Spätaussiedler untergebracht. Da der vorhandene Hauswasseranschluss des Altbestands zu gering dimensioniert war, wurde für den Neubau ein weiterer Anschluss mit eigenem Wasserzähler errichtet. Am 7. Dezember 2006 wurde vom Wasserwart der Antragsgegnerin festgestellt, dass der zusätzliche Wasseranschluss aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen nicht angemeldet worden war und deshalb auch der Wasserverbrauch über den zweiten Wasseranschluss nicht erfasst und abgerechnet worden war. Der Wasserzähler habe Ende des Jahres 2006 einen Gesamtverbrauch von 27.219,00 m³ angezeigt.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2006 setzte die Antragsgegnerin für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 7. Dezember 2006 für eine geschätzte Verbrauchsmenge von 8.847 m³ Wasser die Wassergebühr auf 8.220,97 Euro und die Kanalgebühr auf 12.801,97 Euro fest, insgesamt 21.022,94 Euro.

Für die Schätzung des Wasserverbrauchs wurde ein täglicher Wasserverbrauch von 120 Litern pro Person am Tag angenommen. Für die Jahre 2002 bis 2006 wurde jeweils eine unterschiedliche Belegungszahl von jährlich 21 Personen bis zu jährlich 49 Personen zugrunde gelegt, wobei aus dem Bescheid selbst nicht ersichtlich ist, woraus sich die angenommenen Belegungszahlen ergeben. Der gesamte Wasserverbrauch wurde damit auf 8.847 m³ errechnet.

Die Antragstellerin legte am 3. Januar 2007 gegen den Gebührenbescheid Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 19. Februar 2007 wurde die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids beantragt. Die vorgenommene Schätzung entspreche nicht den Gegebenheiten vor Ort und sei zu hoch erfolgt. Die nunmehr von der Antragsgegnerin festgesetzten Gebühren könnten von der Antragstellerin nicht mehr auf ihre Miete umgelegt werden.

Über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde von der Antragsgegnerin nicht entschieden. Der festgesetzte Gebührenbetrag wurde nicht angemahnt oder vollstreckt. Nach Vortrag der Antragsgegnerin sei im EDV-Programm der Kämmerei eine Kennziffer eingetragen worden, mit der programmtechnisch eine Aussetzung der Vollziehung der offenen Gebührenforderung erfolgt sei.

Der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin beschloss am 24. Januar 2017 zunächst, die stillschweigende Aussetzung der Vollziehung des Bescheids vom 8. Dezember 2006 ausdrücklich zu bestätigen und somit dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 19. Februar 2007 stattzugeben. Sodann wurde beschlossen, die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids vom 8. Dezember 2006 aufzuheben, sowie dem Widerspruch der Antragstellerin nicht abzuhelfen und ihn dem Landratsamt … vorzulegen. In der zugrundeliegenden Beschlussvorlage für die nichtöffentliche Sitzung des Verwaltungsausschusses wird u. a. ausgeführt, dass nach der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Antragsgegnerin dem ersten Bürgermeister in eigener Zuständigkeit die Aussetzung der Vollziehung von Abgaben bis zu einer Höhe von 5.000,00 Euro oblegen hätte. Die gegenüber der Antragstellerin festgesetzte Gebührenforderung habe damit über der für den ersten Bürgermeister festgesetzten Grenze gelegen; eine Entscheidung über den Aussetzungsantrag hätte daher durch den Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin erfolgen müssen. Dieser Beschluss könne wohl nachgeholt werden. Für die Antragsgegnerin sei nicht nachvollziehbar, ob seit Erlass des angefochtenen Bescheids vom 8. Dezember 2006 Mahnungen erfolgt seien.

Das Landratsamt wies den Widerspruch der Antragstellerin mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2017 zurück. Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, die Antragstellerin sei verpflichtet gewesen, den erfolgten weiteren Wasseranschluss unverzüglich der Antragsgegnerin zu melden. Die Antragsgegnerin sei berechtigt gewesen, den Wasserverbrauch für den veranlagten Zeitraum zu schätzen. Die Antragsgegnerin habe ohnehin Gebühren nicht für den gesamten Zeitraum seit Errichtung der zusätzlichen Wohneinheiten seit 1990 erhoben, sondern erst ab dem Januar 2002. Für diesen Zeitraum hätten keinen konkreten Zahlen zum Wasserverbrauch vorgelegen. Sie habe zu Recht die jeweiligen Belegungszahlen des bisher nicht abgerechneten Anwesens sowie einen durchschnittlichen Wasserverbrauch von 120 Litern pro Person pro Tag zugrunde gelegt. Mit dieser Schätzung habe die Antragsgegnerin alle bekannten Umstände berücksichtigt, die für die Schätzung von Bedeutung seien.

Für die festgesetzten Gebühren sei keine Zahlungsverjährung nach § 228 AO eingetreten. Die festgesetzten Gebühren seien einen Monat nach Bekanntgabe des Gebührenbescheids fällig geworden. Die Aussetzung der Vollziehung sei mit Schreiben vom 19. Februar 2007 beantragt worden. Bei der Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Für die Wirksamkeit sei daher eine Bekanntgabe nicht erforderlich. Die Antragsgegnerin habe die Aussetzung der Vollziehung nach den Feststellungen der Widerspruchsbehörde nachweislich verwaltungsmäßig umgesetzt und damit über den Aussetzungsantrag entschieden. Die Forderung sei im EDV-Programm mit der Kennziffer FOZ4 versehen worden, damit sei die Forderung von der Gemeindekasse als ausgesetzt behandelt und im weiteren Verlauf nicht mehr angemahnt worden. Dies sei von der Antragstellerin so zu verstehen gewesen, dass dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stattgegeben worden sei. Der nach der Geschäftsordnung der Antragsgegnerin erforderliche Beschluss des Verwaltungsausschusses über die Aussetzung der Vollziehung sei mit Beschluss vom 24. Januar 2017 nachgeholt worden und die von der Verwaltung vollzogene Aussetzung damit nachträglich legitimiert worden. Die Aussetzung der Vollziehung unterbreche die Zahlungsverjährung nach § 261 Abs. 1 Satz 1 AO. Die Verjährungsfrist sei damit noch nicht abgelaufen und beginne nach Beendigung der Aussetzung der Vollziehung neu zu laufen.

Die Antragstellerin hat am 24. August 2017 Klage gegen den Gebührenbescheid der Antragsgegnerin vom 8. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … vom 27. Juli 2017 erhoben (Az. M 10 K 17.4028) sowie gleichzeitig beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung des Antrags wird ausgeführt, über den Aussetzungsantrag der Antragstellerin vom 19. Februar 2007 hätte gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 b Geschäftsordnung der Antragsgegnerin der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin entscheiden müssen; die Entscheidung hätte der Antragstellerin bekannt gegeben werden müssen. Aus einem jahrelangen Nichtstun der Verwaltung sei ein Erklärungsgehalt jedweder Form nicht ableitbar, insbesondere eine etwa stillschweigende Gewährung der Aussetzung der Vollziehung. Eine Beschlussfassung des zuständigen Verwaltungsausschusses habe es bis zum 24. Januar 2017 nicht gegeben. Der Beschluss, der sich auf die stillschweigende Aussetzung der Vollziehung beziehe und diese bestätige, zeige gerade die vorher fehlende Willensbetätigung der Antragsgegnerin. Der Beschluss sei erst nach Eintritt einer Verjährung ergangen. Der Eintrag von bestimmten Kennziffern in EDV-Programmen der Antragsgegnerin sei irrelevant. Unabhängig davon, dass derartige Handlungen keine Außenwirkung entfalteten, seien sie auch nicht verständlich. Es könne dahinstehen, ob die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung einen Verwaltungsakt darstelle oder ob es sich insoweit um eine sonstige Willenserklärung handele. Zwar werde die finanzbehördliche Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO als Verwaltungsakt angesehen, jedoch sei diese Regelung nach dem Bayerischen Kommunalabgabengesetz nicht anwendbar. Bei einer Entscheidung nach § 80 Abs. 4 VwGO handele es sich wohl nach gängiger Auffassung nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen unvollständigen Annex zum Verwaltungsakt. Ungeachtet der strukturellen Unterschiede zwischen dem Steuerrecht und dem kommunalen Abgabenrecht müsse auch bei Gewährung einer Vollziehungsaussetzung mit einer für den Steuerwie auch den Abgabepflichtigen erforderlichen Klarheit feststellbar sein, bis wann eine Aussetzung der Vollziehung gewährt werde und damit verjährungsunterbrechende Wirkung habe, ob sich der Ablauf der Zahlungsverjährung durch wirksam gewordene Unterbrechungshandlungen verzögere und ob und wann der Zahlungsanspruch wegen des Eintritts der Zahlungsverjährung erlösche. Damit erfordere die Aussetzung der Vollziehung für ihre Wirksamkeit und damit verjährungsunterbrechende Wirkung den tatsächlichen Zugang dieses Verwaltungsakts bei dem Adressaten. Auch eine Entscheidung nach § 80 Abs. 4 VwGO, der keine Verwaltungsaktsqualität beizumessen sei, müsse dem Adressaten nachweislich zugegangen sein. Dies sei vor Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht geschehen. Eine Verjährungsunterbrechung sei damit nicht erfolgt.

Ergänzend wurde ausgeführt, dass für die vorgenommene Schätzung des Wasserverbrauchs keine nachvollziehbare Datengrundlage vorliege.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Hierzu wird ausgeführt, eine Zahlungsverjährung sei nicht eingetreten. Die Verjährung sei durch Aussetzung der Vollziehung unterbrochen worden. Zwar sei der Antragstellerin zu ihrem Aussetzungsantrag vom 19. Februar 2007 keine Entscheidung übermittelt worden. Seitens der Antragsgegnerin sei jedoch von jeglichen Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen worden. Bei der Aussetzung der Vollziehung handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt, weshalb auch das Bekanntgabeerfordernis des § 122 AO für die Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO nicht gelte. Allerdings müsse aus Gründen der Rechtssicherheit die Aussetzung der Vollziehung dokumentiert werden. Insoweit sei einen verwaltungsmäßige Umsetzung in der Weise erfolgt, dass die Forderung im EDV-Programm der Antragsgegnerin mit der Kennziffer FOZ4 versehen worden sei. Damit sei der Gebührenanspruch als ausgesetzt behandelt worden.

Der angefochtene Gebührenbescheid sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe zugunsten der Antragstellerin ohnehin davon abgesehen, für den Zeitraum von 1990 bis 2001 Gebühren festzusetzen. Für den hier gegenständlichen Zeitraum seien die Gebühren auf der Grundlage eines durchschnittlichen Prokopfwasserverbrauchs von 120 Litern pro Tag ermittelt worden. Dieser Verbrauch liege unter dem für Deutschland statistisch ermittelten durchschnittlichen Wasserverbrauch von 127 Liter pro Person und pro Tag und sei nicht zu beanstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verfahrensakte der Widerspruchsbehörde Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist begründet. Für die von der Antragsgegnerin geltend gemacht Gebührenforderung ist unabhängig von der ursprünglichen Rechtmäßigkeit der Festsetzung jedenfalls zwischenzeitlich Zahlungsverjährung eingetreten. Der noch nicht bestandskräftige Gebührenbescheid vom 8. Dezember 2006 wird damit im Hauptsacheverfahren aufzuheben sein.

1. Der Antrag ist zulässig. Gegen den Bescheid wurde rechtzeitig am 3. Januar 2007 Widerspruch eingelegt. Der nach § 80 Abs. 6 VwGO erforderliche Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO wurde von der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Beschlüsse des Verwaltungsausschusses vom 24. Januar 2017 abgelehnt.

2. Der Antrag ist auch begründet. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Klage im Rahmen einer eigenen Ermessensentscheidung anordnen. In entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Abgabenbescheids bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Gebührenbescheids der Antragsgegnerin vom 8. Dezember 2006.

Vorliegend kann dahinstehen, ob der Bescheid ursprünglich rechtmäßig aufgrund einer Schätzung Wasser- und Abwassergebühren für die Jahre 2002 bis 2006 in Höhe von 21.022,94 Euro festgesetzt hat. Auch wenn die Forderung in dieser oder einer anderen zu schätzenden Höhe bestanden hatte, wäre sie jedenfalls zwischenzeitlich infolge Zahlungsverjährung erloschen.

Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a KAG sind u. a. die Vorschriften der Abgabenordnung zur Zahlungsverjährung (§§ 228 bis 232 AO) für Wasser- und Abwassergebühren anwendbar. Nach § 228 AO unterliegen Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis einer besonderen Zahlungsverjährung; die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre. Nach § 229 Abs. 1 Satz 1 AO beginnt die Verjährung mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Eine Unterbrechung der Verjährung erfolgt nach § 231 Abs. 1 Satz 1 AO u. a. durch Aussetzung der Vollziehung. Durch die Verjährung erlöschen nach § 232 AO der Anspruch aus dem Abgabenschuldverhältnis sowie von ihm abhängende Zinsen.

Die Fälligkeit der mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Dezember 2006 festgesetzten Gebühren trat innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheides ein; unabhängig vom konkreten Zugangsdatum des Bescheids ergibt sich damit, dass die Fälligkeit bzw. Zahlungspflicht Anfang des Jahres 2007 eintrat. Die Zahlungsverjährung begann damit mit Ablauf des Jahres 2007 zu laufen und endete nach fünf Jahren mit Ablauf des Jahres 2012. Eine Unterbrechung der Zahlungsverjährung erfolgte entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht durch eine Aussetzung der Vollziehung; andere Unterbrechungsgründe wurden nicht geltend gemacht und sind nicht ersichtlich.

Die Antragstellerin weist zu Recht darauf hin, dass über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom 19. Februar 2007 nicht im Außenverhältnis wirksam vor dem Ablauf der Verjährungsfrist entschieden worden war. Dabei kann dahinstehen, wer auf Seiten der Antragsgegnerin kommunalverfassungsrechtlich für die Entscheidung über den Aussetzungsantrag zuständig war, insbesondere ob dies noch in die Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters als Angelegenheit der laufenden Verwaltung gefallen wäre, oder ob aufgrund der Höhe der auszusetzenden Forderung nach der damals geltenden Geschäftsordnung der Antragsgegnerin der Verwaltungsausschuss als beschließender Ausschuss anstelle des Gemeinderats zur Entscheidung zuständig gewesen wäre, Art. 29, Art. 32 Abs. 2, Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO.

Die Entscheidung über eine Aussetzung oder Nichtaussetzung der Vollziehung einer Forderung aus dem Abgabenschuldverhältnis bedarf zu ihrer äußeren Wirksamkeit einer zumindest irgendwie gearteten Mitteilung an den Antragsteller bzw. den Schuldner der festgesetzten Forderung.

In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist für das eigentliche Steuerrecht anerkannt, dass die Aussetzung der Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts durch die Finanzbehörde nach § 361 AO ihrerseits ein begünstigender Verwaltungsakt ist, der nach § 119 Abs. 2 AO schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden kann; einen stillschweigend erlassenen Verwaltungsakt kenne das Gesetz - also die Abgabenordnung - hingegen nicht (BFH, B.v. 16.6.2005 – VII B 273/04 – juris. Rn. 5; U. v. 10.03.2016 – III R 2/15 – juris Rn. 26). In dem bloßen Schweigen einer Finanzbehörde auf einen gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung könne daher grundsätzlich kein stillschweigender, dem Antrag stattgebender Verwaltungsakt gesehen werden.

Eine Anwendung der Rechtsbehelfsvorschriften der Abgabenordnung, u.a. von § 361 AO, ist nach Art. 13 KAG nicht vorgesehen, sodass es für kommunale Abgabenbescheide beim Rechtsschutzsystem der Verwaltungsgerichtsordnung verbleibt; eine Aussetzung der Vollziehung kann bei kommunalen Gebührenbescheiden damit nach § 80 Abs. 4 VwGO erfolgen. Diese Aussetzung nach § 80 Abs. 4 VwGO ist nach herrschender Auffassung selbst kein Verwaltungsakt, sondern betrifft nur die Vollziehbarkeit des zugrunde liegenden Verwaltungsakts, hier die Gebührenfestsetzung. Jedoch ist selbstverständlich, dass für die Wirksamkeit der Aussetzungsentscheidung, gleich ob Stattgabe oder Ablehnung des Antrags, der Antragsteller und Schuldner der vollziehbar festgesetzten Geldforderung für weitere Dispositionen Kenntnis von der Entscheidung erhalten muss, ihm also die Entscheidung bekannt zu geben ist (vgl. OVG NW, B.v. 24.2.2012 – 14 B 1318/11 – juris Rn. 13); besondere Formerfordernisse sind an die Bekanntgabe der Entscheidung über den Aussetzungsantrag nicht zu stellen.

Eine nur stillschweigende Aussetzungsentscheidung, von der der Abgabeschuldner gerade keine Kenntnis erhält, ist nicht möglich bzw. nicht wirksam. Der Schuldner muss gerade positive Kenntnis darüber erhalten, ob er bei einer Ablehnung der Aussetzung aufgrund der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Abgabenforderung nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bei Fälligkeit zahlen muss oder ob mit Aussetzung der Vollziehung die Fälligkeit beseitigt oder hinausgeschoben wird. Für den Fall der Ablehnung eines Aussetzungsantrags und damit der Vollstreckbarkeit der Abgabenforderung muss der Schuldner den Geldbetrag entweder aus eigenen Mitteln bereitstellen oder sogar Fremdmittel in Form eines Kredits oder ähnlichem in Anspruch nehmen. Soweit eine Aussetzung der Vollziehung nicht gewährt wird, könnte der Abgabeschuldner auch einen Antrag auf Stundung bzw. Zahlungsaufschub oder auf Ratenzahlung stellen. Je nachdem ob eine Aussetzung der Vollziehung oder eine Stundung gewährt wird, entstehen entweder Stundungszinsen (§ 234 AO) oder Aussetzungszinsen (§ 237 AO), die je nach Ausgang eines Rechtsbehelfsverfahrens unterschiedlich Bestand haben. Solange keine Aussetzung der Vollziehung gewährt wird, sind auch nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO ab Fälligkeit der Abgabe Säumniszuschläge zu entrichten; die Aussetzung der Vollziehung beseitigt dagegen die Fälligkeit der Forderung bzw. die Fälligkeit wird hinausgeschoben (Tipke/Kruse, AO/FGO, 150. Lieferung 10.2017, § 240 AO Rn. 23). Auch wegen der Verjährungsunterbrechung nach § 231 Abs. 1 Satz 1 AO besteht ein Interesse des Schuldners an einer positiven Kenntnis über eine Aussetzung. Ebenso ist für den eventuell vom Schuldner in Anspruch zu nehmenden gerichtlichen Rechtsschutz die Kenntnis über eine Aussetzungsentscheidung Voraussetzung. Denn nur wenn der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO abgelehnt wurde (oder mit der Vollstreckung begonnen wurde, hier nicht einschlägig) kann gerichtlicher Eilrechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO begehrt werden, § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO. Das gilt nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO dann nicht, wenn die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat. Auch diese Vorschrift des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO impliziert, dass zumindest mitgeteilt wurde, warum über den Aussetzungsantrag bisher nicht entschieden wurde.

Darüber hinaus kann eine positive Aussetzungsentscheidung der Behörde auch wieder geändert bzw. aufgehoben werden, wobei in der Rechtsprechung offen ist, ob hierfür veränderte Umstände vorauszusetzen sind. Aber auch für diese gerichtliche Beurteilung ist es erforderlich, dass eine begründete Aussetzungsentscheidung vorliegt, die auch nach außen hin mitgeteilt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 20.6.2016 – 20 CS 16.368 – juris Rn. 18 f).

Eine nur stillschweigende Aussetzungsentscheidung, soweit hier überhaupt behördenintern eine vorgelegen hätte, kann damit keine Wirkung haben, insbesondere kann sie auch keine Unterbrechung der Verjährung nach § 231 AO bewirken. In dem bloßem Schweigen der Behörde auf einen gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung kann kein stillschweigender, dem Antrag stattgebender Verwaltungsakt gesehen werden (BFH, B.v. 16.6.2005 a.a.O.) und auch keine wirksame Entscheidung nach § 80 Abs. 4 VwGO.

Eine rückwirkende Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung, die die Antragsgegnerin offenbar mit Beschluss des Verwaltungsausschusses vom 24. Januar 2017 bewirken wollte, in dem die stillschweigende Aussetzung der Vollstreckung bestätigt werden sollte, ist nicht möglich. Die Aussetzung der Vollziehung, die gerade die Fälligkeit und damit auch die Vollstreckbarkeit der Forderung beseitigt bzw. hinausschiebt, kann nie rückwirkende Wirkung haben (Tipke/Kruse, a.a.O., § 240 AO Rn. 24 m.w.N; Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 80 Rn. 63).

In Folge der zwischenzeitlich eingetretenen Festsetzungsverjährung und damit des Erlöschens der Forderung wird der angefochtene Gebührenbescheid im Hauptsacheverfahren aufzuheben sein.

3. Damit ist die aufschiebende Wirkung der Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO anzuordnen. Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5. Streitwertkatalog.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Abgabenordnung - AO 1977 | § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden

Abgabenordnung - AO 1977 | § 119 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein

Abgabenordnung - AO 1977 | § 240 Säumniszuschläge


(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten d

Abgabenordnung - AO 1977 | § 361 Aussetzung der Vollziehung


(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheide

Abgabenordnung - AO 1977 | § 237 Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung


(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltun

Abgabenordnung - AO 1977 | § 231 Unterbrechung der Verjährung


(1) Die Verjährung eines Anspruchs wird unterbrochen durch1.Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung oder Vollstreckungsaufschub,2.Sicherheitsleistung,3.eine Vollst

Abgabenordnung - AO 1977 | § 228 Gegenstand der Verjährung, Verjährungsfrist


Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen einer besonderen Zahlungsverjährung. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, in Fällen der §§ 370, 373 oder 374 zehn Jahre.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 234 Stundungszinsen


(1) Für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis werden Zinsen erhoben. Wird der Steuerbescheid nach Ablauf der Stundung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin entstandenen Zi

Abgabenordnung - AO 1977 | § 229 Beginn der Verjährung


(1) Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Sie beginnt jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis, ihre Aufhebung, Ä

Abgabenordnung - AO 1977 | § 232 Wirkung der Verjährung


Durch die Verjährung erlöschen der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis und die von ihm abhängenden Zinsen.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 261 Niederschlagung


Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis dürfen niedergeschlagen werden, wenn zu erwarten ist, dass1.die Erhebung keinen Erfolg haben wird oder2.die Kosten der Erhebung außer Verhältnis zu dem zu erhebenden Betrag stehen werden.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Juni 2016 - 20 CS 16.368

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Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 27. Januar 2016 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Vollziehung des Bescheids des Antragsgegners vom 23. Juni 2015 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 2

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Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Mai 2014  1 K 1556/13 dahin geändert, dass die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.

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Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen einer besonderen Zahlungsverjährung. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, in Fällen der §§ 370, 373 oder 374 zehn Jahre.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis dürfen niedergeschlagen werden, wenn zu erwarten ist, dass

1.
die Erhebung keinen Erfolg haben wird oder
2.
die Kosten der Erhebung außer Verhältnis zu dem zu erhebenden Betrag stehen werden.

(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

(3) Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheids bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(4) Durch Einlegung eines Einspruchs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(5) Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung kann das Gericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung angerufen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen einer besonderen Zahlungsverjährung. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, in Fällen der §§ 370, 373 oder 374 zehn Jahre.

(1) Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Sie beginnt jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis, ihre Aufhebung, Änderung oder Berichtigung nach § 129 wirksam geworden ist, aus der sich der Anspruch ergibt; eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung gleich. Wird die Festsetzung oder Anmeldung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so beginnt die Verjährung des gesamten Anspruchs erst mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung wirksam geworden ist.

(2) Ist ein Haftungsbescheid ohne Zahlungsaufforderung ergangen, so beginnt die Verjährung mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlungsaufforderung nachgeholt worden ist, spätestens aber fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Haftungsbescheid wirksam geworden ist.

(1) Die Verjährung eines Anspruchs wird unterbrochen durch

1.
Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung oder Vollstreckungsaufschub,
2.
Sicherheitsleistung,
3.
eine Vollstreckungsmaßnahme,
4.
Anmeldung im Insolvenzverfahren,
5.
Eintritt des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
Aufnahme in einen Insolvenzplan oder einen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan,
7.
Ermittlungen der Finanzbehörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen und
8.
schriftliche Geltendmachung des Anspruchs.
§ 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(2) Die Unterbrechung der Verjährung dauert fort

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis zum Ablauf der Maßnahme,
2.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bis zum Erlöschen der Sicherheit,
3.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 bis zum Erlöschen des Pfändungspfandrechts, der Zwangshypothek oder des sonstigen Vorzugsrechts auf Befriedigung,
4.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens,
5.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 5 bis zum Wegfall des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6, bis der Insolvenzplan oder der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan erfüllt oder hinfällig wird.
Wird gegen die Finanzbehörde ein Anspruch geltend gemacht, so endet die hierdurch eingetretene Unterbrechung der Verjährung nicht, bevor über den Anspruch rechtskräftig entschieden worden ist.

(3) Mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Unterbrechung geendet hat, beginnt eine neue Verjährungsfrist.

(4) Die Verjährung wird nur in Höhe des Betrags unterbrochen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.

Durch die Verjährung erlöschen der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis und die von ihm abhängenden Zinsen.

(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

(3) Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheids bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(4) Durch Einlegung eines Einspruchs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(5) Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung kann das Gericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung angerufen werden.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Mai 2014  1 K 1556/13 dahin geändert, dass die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.

Die Revision der Kläger wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger, Revisionsbeklagten und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger betreibt zusammen mit seinem Bruder die Firma ... OHG (OHG), deren Gesellschaftszweck der Betrieb eines Handelsgewerbes im Bereich der Güterbeförderung im Straßenverkehr ist. Außerdem erzielt der Kläger als Schiffsführer Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

2

Im Rahmen einer für die Jahre 2001 bis 2003 durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass sehr hohe Einlagen in das Betriebsvermögen der OHG geleistet wurden, welche den Gesellschaftern jeweils zu gleichen Teilen gutgeschrieben wurden. Eine Steuerfahndungsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass als einzig mögliche Geldquelle für die ungeklärten Bareinlagen die gewerbliche Schiffsführertätigkeit des Klägers in Betracht komme. Daraufhin erließ der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) im Jahre 2008 entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2005.

3

Dagegen legten die Kläger am 9. September 2008 zunächst ohne Begründung Einspruch ein. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 gaben sie zur Herkunft der ungeklärten Einlagen Spielbankgewinne im Ausland, einen Lottogewinn, Geschenke und die Veräußerung von Privatvermögen an. Im Mai und Juni 2010 änderten sie ihren Vortrag. In einem am 11. Mai 2010 durchgeführten Gespräch an Amtsstelle wiesen die Kläger auf Doppelbuchungen und weitere bisher nicht vorgetragene Möglichkeiten für die ungeklärten Einlagen hin, die mit mehreren Schreiben im Juni 2010 zusammengefasst und anhand von Buchungsunterlagen und Kontoauszügen belegt wurden. Dies führte dazu, dass das FA in den Einspruchsentscheidungen vom 10. Januar 2011 den Einsprüchen teilweise stattgab.

4

Während des Rechtsbehelfsverfahrens hatten die Kläger mit Schreiben vom 16. Oktober 2008, 27. Oktober 2008 und 15. Februar 2011 beim FA Anträge auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) gestellt, die das FA ablehnte.

5

Aufgrund der Vollstreckungsrückstände nahm das FA bereits seit 2008 diverse Pfändungen vor, die jedoch nach einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem FA am 25. November 2008 überwiegend nicht verwertet wurden, um den Klägern Gelegenheit zu geben, Rechtsbehelfe einzulegen bzw. zu begründen.

6

Die gegen die Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2011 erhobene Klage wegen Einkommensteuer 2002 bis 2005 wurde in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem sich die Kläger und das FA dahin verständigt hatten, dass die in der Einspruchsentscheidung angesetzten zusätzlichen Gewinne nur zur Hälfte dem Einzelunternehmen des Klägers, im Übrigen aber dem Bruder des Klägers als Sonderbetriebseinnahmen im Rahmen der Mitunternehmerschaft zuzurechnen seien. Den noch beim Finanzgericht (FG) anhängigen Anträgen auf AdV trug das FA insoweit Rechnung, als es rückwirkend ab Antragstellung beim FA --15. Februar 2011-- die AdV im Rahmen der Änderungen gewährte.

7

Mit mehreren Schreiben vom 5. April 2012 beantragten die Kläger insgesamt Säumniszuschläge in Höhe von 125.515,50 € für die Jahre 1998 bis 2005 sowie für die angepassten Vorauszahlungsbeträge 2007 und 2008 gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) zu erlassen. Mit Bescheid vom 9. November 2012 erließ das FA die Säumniszuschläge zur Hälfte, soweit die Kläger in der Hauptsache Erfolg gehabt hatten. Die danach zu erlassenen Säumniszuschläge ermittelte es mit 32.059,83 €. Im Übrigen lehnte es den Antrag ab.

8

Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Nachdem das FA die Kläger auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung hingewiesen hatte, hob es mit Einspruchsentscheidung vom 10. April 2013 den bisher gewährten Teilerlass auf. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass die Kläger erstmals in diversen Schreiben vom Juni 2010 zur Mittelherkunft einzelner Hinzuschätzungsbeträge Stellung genommen hätten. Nach eingehender Überprüfung sei dem Sachvortrag teilweise stattgegeben worden. Zu diesem Zeitpunkt sei ein Antrag auf AdV nicht mehr gestellt gewesen.

9

Gegen die Einspruchsentscheidung erhoben die Kläger Klage. Sie begehrten die Aufhebung des Bescheids vom 9. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2013 und die Verpflichtung des FA, die Höhe der zu erlassenden Säumniszuschläge neu zu bestimmen. Zur Begründung trugen sie vor, sie hätten gegen die zugrunde liegenden Steuerfestsetzungen rechtzeitig Einspruch eingelegt und AdV beantragt. Schon während des Gesprächs im Mai 2011 habe ihr Bevollmächtigter vorgetragen, dass ein Betrag von 100.000 € bis 150.000 € unstreitig sei, und angeboten, die gepfändeten Geldguthaben bei der Bausparkasse und die Pfandbriefe bei der Bank zur Tilgung zu verwenden. Das FA hätte auf diesen Vorschlag nicht reagiert. Darüber hinaus habe der Bevollmächtige am 29. Mai 2010 für jedes einzelne Jahr zwischen 30 und 35 Geschäftsvorfälle nachweisen können, in denen in buchungstechnisch unkorrekter Weise zusätzliche Gewinnerhöhungen in Steuerbescheiden enthalten gewesen seien. Doppelbuchungen und die Verwechslung von Soll und Haben durch zwei Betriebsprüfer hätten ernstliche rechtliche Zweifel an den Steuerbescheiden begründet. Zudem seien ihnen sämtliche Geldmittel durch die Pfändungen entzogen worden.

10

Das FG erachtete die Klage nur hinsichtlich der Aufhebung des Teilerlasses als begründet. Diese richte sich nach den §§ 130, 131 AO, wobei im Streitfall allein § 130 AO einschlägig sei. Dessen Voraussetzungen seien allerdings nicht gegeben. Im Übrigen habe das FA mit der Entscheidung, über den gewährten Teilerlass hinaus den Erlass abzulehnen, nicht die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten und ermessensgerecht gehandelt.

11

Gegen dieses Urteil wenden sich das FA und die Kläger mit der Revision.

12

Das FA macht mit seiner Revision geltend, im Einspruchsverfahren sei auch eine Verböserung des angefochtenen Verwaltungsakts zulässig. Bei einem Teilerlass und der Ablehnung im Übrigen handele es sich um einen einheitlichen Verwaltungsakt. Erst die Bestandskraft des Erlasses führe zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis. In der Sache bestehe auch auf einen Teilerlass kein Anspruch, weil die Kläger nicht alles getan hätten, um eine AdV zu erreichen.

13

Die Kläger begründen ihre Revision damit, dass schon ein Teil der Säumniszuschläge nicht entstanden sei, weil aufgrund des Gesprächs am 25. November 2008 eine stillschweigende Stundung oder AdV gewährt worden sei, so dass allenfalls Stundungs- oder Aussetzungszinsen angefallen seien. Zur Klärung der genauen Höhe der Beträge sei ein Abrechnungsbescheid beantragt worden.

14

Darüber hinaus habe das FG nicht beachtet, dass Säumniszuschläge für den Zeitraum zwischen der Vorlage der Ausarbeitungen des Steuerberaters im Mai 2010, die zu einer erheblichen Herabsetzung der Steuerfestsetzungen im Januar 2011 geführt hätten, und der tatsächlich gewährten AdV ab 15. Februar 2011 entstanden seien. Zumindest mit den Schreiben Mai/Juni 2010 hätten sie alles getan, was von ihnen habe verlangt werden können. Zudem sei nicht berücksichtigt worden, dass die ursprünglichen Steuerfestsetzungen auch auf fehlerhaften Ermittlungen des FA beruht hätten.

15

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung und die Entscheidung des FA vom 9. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2013 aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Höhe der zu erlassenden Säumniszuschläge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bestimmen und die Revision des FA zurückzuweisen.

16

Das FA beantragt, die Revision der Kläger zurückzuweisen, die Vorentscheidung, soweit sie dem klägerischen Begehren entsprochen hat, aufzuheben und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Änderung der Vorentscheidung des FG und zur Klageabweisung in vollem Umfang (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Revision der Kläger ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

18

1. Der Senat kann über den beantragten Billigkeitserlass unabhängig von dem von den Klägern beantragten Abrechnungsbescheid über die Säumniszuschläge entscheiden. Denn das Billigkeitsverfahren nach § 227 AO und das Abrechnungsverfahren nach § 218 AO stehen selbständig nebeneinander (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. April 2003 XI B 175/02, BFH/NV 2003, 1393, und vom 31. Juli 2007 VIII B 42/05, BFH/NV 2007, 2305). Deshalb muss das Billigkeitsverfahren auch nicht ausgesetzt werden, wenn geltend gemacht wird, Säumniszuschläge seien aus anderen Gründen bereits nicht entstanden (BFH-Urteil vom 20. Mai 2010 V R 42/08, BFHE 229, 83, BStBl II 2010, 955, Rz 28).

19

2. Das FG hat zu Unrecht eine Änderungsmöglichkeit des mit Bescheid vom 9. November 2012 ausgesprochenen Teilerlasses verneint. Das FA war nach § 367 Abs. 2 AO verfahrensrechtlich berechtigt, in der Einspruchsentscheidung den zuvor gewährten Teilerlass aufzuheben.

20

Gemäß § 367 Abs. 2 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde im Einspruchsverfahren den Verwaltungsakt "in vollem Umfang erneut zu prüfen". Sie kann nach Abs. 2 Satz 2 dieser Vorschrift den Verwaltungsakt auch zum Nachteil des Einspruchsführers ändern, wenn dieser zuvor auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich zu äußern. Die Finanzbehörde kann dann im Einspruchsverfahren ebenso entscheiden, als ob sie die Sache erstmals in einem Verwaltungsakt regelt.

21

Dies gilt auch für die nach § 227 AO zu treffende Ermessensentscheidung, die ebenfalls vom Anwendungsbereich des § 367 Abs. 2 AO erfasst wird (vgl. BFH-Urteil vom 18. August 2015 V R 2/15, Deutsches Steuerrecht 2015, 2382, Rz 15; BFH-Beschluss vom 19. November 2007 VIII B 30/07, BFH/NV 2008, 335). Die Rechtsbehelfsstelle hat eine eigenständige Entscheidung aufgrund der sich im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bestehenden Sach- und Rechtslage zu treffen. Sie kann daher auch geänderte Erwägungen anstellen und eine Entscheidung zum Nachteil des Einspruchsführers korrigieren, wenn sie die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des Verböserungshinweises einhält. Die Finanzbehörde verbraucht mithin durch die Gewährung eines Teilerlasses, sofern dieser mit dem Einspruch angefochten wird, das ihr in § 367 Abs. 2 Satz 2 AO eingeräumte Recht der Selbstkontrolle nicht. Ein Teilabhilfebescheid hindert daher die Verböserung nicht (vgl. BFH-Urteil vom 6. September 2006 XI R 51/05, BFHE 214, 83, BStBl II 2007, 83; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 367 AO Rz 22).

22

Der umfassenden Überprüfungsmöglichkeit nach § 367 Abs. 2 AO steht die Rücknahmevorschrift des § 130 AO nicht entgegen. Zwar gilt § 130 AO gemäß § 132 Satz 1 AO auch während des Einspruchsverfahrens. Der zulässig eingelegte Einspruch gegen einen Verwaltungsakt hindert jedoch den Eintritt der formellen bzw. materiellen Bestandskraft. Damit wird die Behörde verpflichtet, über den durch den angefochtenen Verwaltungsakt erfassten Lebenssachverhalt vollumfänglich erneut zu entscheiden (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO). Mangels Bestandskraft des Verwaltungsakts ist die Behörde damit nicht an die Voraussetzungen der allgemeinen Korrekturvorschriften, wie z.B. §§ 130 f., 172 ff. AO, gebunden (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2010 II R 38/08, BFH/NV 2010, 1236, Rz 21; Wernsmann in Hübschmann/ Hepp/Spitaler --HHSp--, § 132 AO Rz 16; Cöster in Koenig, 3. Aufl., § 367 AO Rz 22; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 132 AO Rz 1).

23

Das vom FG angeführte BFH-Urteil vom 5. Februar 1975 I R 85/72 (BFHE 115, 173, BStBl II 1975, 677) betrifft hingegen den Widerruf eines bestandskräftig gewährten Erlasses.

24

Da das FA die Kläger in Übereinstimmung mit § 367 Abs. 2 Satz 2 AO auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihnen Gelegenheit gegeben hat, sich zu äußern, war die Möglichkeit einer (auch negativen) Änderung nach § 367 Abs. 2 AO eröffnet.

25

3. Die Revision der Kläger ist unbegründet. Die Entscheidung des FA, keine Säumniszuschläge zu erlassen, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

26

a) Entgegen der Ansicht der Kläger ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht die Frage, ob den verschiedenen Anträgen der Kläger auf Stundung oder AdV hätte entsprochen werden müssen, was zur Folge gehabt hätte, dass Säumniszuschläge in geringerer Höhe oder gar nicht entstanden wären. Diese Frage hätte nur durch Rechtsbehelfseinlegung in jenen Verfahren überprüft werden können (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Juli 2015 III B 168/14, BFH/NV 2015, 1344, Rz 7 f.). Darüber hinaus kann allein das Ausbleiben von Vollstreckungsmaßnahmen des FA und das Schweigen auf einen Antrag auf AdV vom Schuldner nicht dahin verstanden werden, dass das FA die AdV des betreffenden Verwaltungsakts gewährt hat (BFH-Beschluss vom 16. Juni 2005 VII B 273/04, BFH/NV 2005, 1747).

27

b) Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach der Lage des einzelnen Falls --aus persönlichen oder sachlichen Gründen-- unbillig wäre. Zu diesen Ansprüchen gehören auch Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen einschließlich der nach § 240 Abs. 1 AO entstehenden Säumniszuschläge.

28

Sachlich unbillig ist die Festsetzung bzw. Einziehung einer Steuer oder Nebenleistung, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte-- i.S. der begehrten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (BFH-Urteil vom 20. September 2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013, 505, m.w.N.). Bei der Billigkeitsprüfung müssen solche Umstände außer Betracht bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt (BFH-Urteil vom 21. Juli 1993 X R 104/91, BFH/NV 1994, 597). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt in der Regel keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteile vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, und vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663; jeweils m.w.N.); insbesondere kann § 227 AO nicht als Rechtsgrundlage für eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Befreiungsvorschrift dienen (BFH-Urteil vom 10. Mai 1972 II 57/64, BFHE 105, 458, BStBl II 1972, 649). Die Billigkeitsprüfung darf sich je nach Fallgestaltung nicht nur auf allgemeine Rechtsgrundsätze und verfassungsmäßige Wertungen beschränken; sie verlangt vielmehr eine Gesamtbeurteilung aller Normen, die für die Verwirklichung des in Frage stehenden Steueranspruchs im konkreten Fall maßgeblich sind (BFH-Urteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297, m.w.N.).

29

c) Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die vom FA getroffene Entscheidung, Säumniszuschläge nicht zu erlassen, nicht zu beanstanden.

30

aa) Gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 AO sind Säumniszuschläge zu entrichten, falls eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt wird. Nach § 240 Abs. 1 Satz 4 AO bleiben die verwirkten Säumniszuschläge unberührt, wenn die Festsetzung einer Steuer aufgehoben oder geändert wird. Diese Regelung gilt uneingeschränkt auch für die Beseitigung rechtswidriger Steuerfestsetzungen, da die Vollstreckbarkeit eines Steuerbescheids nicht von seiner Bestandskraft abhängt. Säumniszuschläge sind allerdings nicht verwirkt, soweit die Vollziehung des Steuerbescheids ausgesetzt ist.

31

Deshalb ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass Säumniszuschläge wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen sind, wenn die Steuerfestsetzung später aufgehoben worden ist und der Steuerpflichtige alles getan hat, um die AdV eines Steuerbescheids zu erreichen, das FA aber die Aussetzung "obwohl möglich und geboten" abgelehnt hat. Ein Erlass kommt hingegen nicht in Betracht, wenn der Steuerpflichtige sich nicht um die AdV bemüht hat oder wenn die Vollziehung nicht ausgesetzt worden ist, weil --z.B. in Schätzungsfällen-- keine ernstlichen Zweifel bestanden und der Steuerbescheid erst aufgrund nachgereichter Steuererklärungen aufgehoben worden ist (BFH-Urteil vom 24. April 2014 V R 52/13, BFHE 245, 105, BStBl II 2015, 106, Rz 11, m.w.N.).

32

bb) Im Streitfall haben die Kläger nach den Feststellungen des FG nicht alles getan, um die AdV zu erreichen. Die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide vom 9. September 2008 wurden zunächst --wie das FG zu Recht festgestellt hat-- nicht "ernsthaft" begründet, ebenso nicht die Anträge auf AdV bzw. Stundung. Die Ablehnung der am 16. und 27. Oktober 2008 gestellten Aussetzungsanträge war daher rechtmäßig. Eine nachvollziehbare Begründung ihres Einspruchs legten die Kläger erstmals im Mai/Juni 2010 vor. Aufgrund dieser Einwendungen hat das FA in den Einspruchsentscheidungen vom 10. Januar 2011 den Einsprüchen teilweise stattgegeben. Mit der erstmaligen substantiierten Einspruchsbegründung haben die Kläger aber keinen erneuten Antrag auf AdV gestellt. Erst nach Erlass der Einspruchsentscheidungen vom 10. Januar 2011 haben die Kläger mit Schreiben vom 15. Februar 2011 erneut AdV beantragt, dem rückwirkend ab Antragstellung in dem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren aufgrund eines neuen Vorbringens teilweise entsprochen wurde.

33

cc) Sachliche Unbilligkeit i.S. des § 227 AO lässt sich entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass das FA zunächst auf Wunsch der Kläger auf die vorübergehende Einziehung der gepfändeten Forderungen verzichtet und insoweit einen Vollstreckungsaufschub nach § 258 AO gewährt hat. Denn Maßnahmen des Vollstreckungsaufschubs, mit denen die Vollstreckungsbehörde lediglich auf einzelne Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet, lassen die Steuerforderungen und damit auch deren Fälligkeit unberührt. Der Vollstreckungsaufschub ist regelmäßig kein Grund für einen teilweisen Erlass wegen sachlicher oder persönlicher Unbilligkeit, da Vollstreckungsschutz bereits bei einer vorübergehenden Notlage zu gewähren ist, die nicht die Einziehung der Forderung, sondern lediglich die Art und Weise sowie den Umfang oder den Zeitpunkt ihrer Vollstreckung als unbillig erscheinen lässt (BFH-Urteil vom 14. Mai 1987 X R 26/81, BFH/NV 1988, 411).

34

dd) Soweit die Kläger vorbringen, sie hätten das FA gebeten, hinsichtlich eines unstreitigen Teils der Steuerforderungen die gepfändeten Geldguthaben zu verwerten, begründet auch dies keinen sachlichen Billigkeitsgrund.

35

Den Klägern blieb es trotz des (relativen) Verfügungsverbots nach § 309 Abs. 1 Satz 1 AO unbenommen, die Drittschuldner (Banken) anzuweisen, an das FA als Vollstreckungsgläubiger zu zahlen, um damit die Säumniszuschläge möglichst gering zu halten. Denn das Verfügungsverbot bezieht sich nur auf Verfügungen, die die Rechtsstellung des Vollstreckungsgläubigers beeinträchtigen. Verfügungen, die die Rechtsstellung des Vollstreckungsgläubigers nicht beeinträchtigen, werden von dem durch die Forderungspfändung begründeten Verfügungsverbot nicht berührt (Beermann in HHSp, § 309 AO Rz 117).

36

ee) Das FA hat des Weiteren zu Recht eine (persönliche) Erlass- oder Stundungssituation (§ 222 AO), die einen Teilerlass der Säumniszuschläge hätte rechtfertigen können (vgl. BFH-Urteile vom 16. Juli 1997 XI R 32/96, BFHE 184, 193, BStBl II 1998, 7; vom 30. März 2006 V R 2/04, BFHE 212, 23, BStBl II 2006, 612), verneint. Eine Stundung wäre nur dann geboten gewesen, wenn eine Erlass- oder Stundungsbedürftigkeit gegeben gewesen wäre (Senatsurteil vom 7. Mai 1993 III R 43/89, BFH/NV 1994, 144). Eine solche lag aber im vorliegenden Fall nicht vor, da den Klägern während des Säumniszeitraums ausreichende Mittel zur Zahlung der fälligen Steuerforderungen zur Verfügung gestanden haben.

37

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

(3) Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheids bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(4) Durch Einlegung eines Einspruchs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(5) Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung kann das Gericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung angerufen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis werden Zinsen erhoben. Wird der Steuerbescheid nach Ablauf der Stundung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unberührt.

(2) Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

(3) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.

(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.

(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.

(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.

(1) Die Verjährung eines Anspruchs wird unterbrochen durch

1.
Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung oder Vollstreckungsaufschub,
2.
Sicherheitsleistung,
3.
eine Vollstreckungsmaßnahme,
4.
Anmeldung im Insolvenzverfahren,
5.
Eintritt des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
Aufnahme in einen Insolvenzplan oder einen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan,
7.
Ermittlungen der Finanzbehörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen und
8.
schriftliche Geltendmachung des Anspruchs.
§ 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(2) Die Unterbrechung der Verjährung dauert fort

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis zum Ablauf der Maßnahme,
2.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bis zum Erlöschen der Sicherheit,
3.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 bis zum Erlöschen des Pfändungspfandrechts, der Zwangshypothek oder des sonstigen Vorzugsrechts auf Befriedigung,
4.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens,
5.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 5 bis zum Wegfall des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6, bis der Insolvenzplan oder der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan erfüllt oder hinfällig wird.
Wird gegen die Finanzbehörde ein Anspruch geltend gemacht, so endet die hierdurch eingetretene Unterbrechung der Verjährung nicht, bevor über den Anspruch rechtskräftig entschieden worden ist.

(3) Mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Unterbrechung geendet hat, beginnt eine neue Verjährungsfrist.

(4) Die Verjährung wird nur in Höhe des Betrags unterbrochen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 27. Januar 2016 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Vollziehung des Bescheids des Antragsgegners vom 23. Juni 2015 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 21. August 2015 aufgrund der Erklärung des Antragsgegners vom 25. November 2015 bis zur Entscheidung des Landratsamts Starnberg über den Widerspruch der Antragstellerin ausgesetzt ist.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf jeweils 3.805,46 € festgesetzt.

Gründe

I.Der Antragsgegner betreibt eine öffentliche Einrichtung zur Wasserversorgung für das Gebiet der Gemeinde P., Landkreis Weilheim-Schongau. Zur Deckung seines Aufwands für die Herstellung der Anlage erhebt er von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten Beiträge auf der Grundlage seiner Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) vom 13. Dezember 2013 in der Fassung der jeweils gültigen Änderungssatzung.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des an die Wasserversorgungsanlage des Antragsgegners angeschlossenen Grundstücks Fl.Nr. 1291 der Gemarkung ..., auf dem sie eine Grüngutsammelstelle betreibt.

Mit Bescheid vom 23. Juni 2015 i. d. F. des Änderungsbescheids vom 21. August 2015 setzte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin für dieses Grundstück einen Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungseinrichtung in Höhe von zuletzt brutto 15.221,82 € fest. Die als „Umgriff“ veranlagte Grundstücksfläche war in einem dem Bescheid beigefügten Plan dargestellt.

Gegen beide Bescheide des Antragsgegners erhob die Antragstellerin fristgerecht Widerspruch. Mit Schreiben vom 20. Juli 2015 und 3. November 2015 beantragte sie beim Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung. Eine Reaktion erfolgte nach Aktenlage nicht.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 16. November 2015 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht München, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid vom 23. Juni 2015 i. d. F. des Änderungsbescheids vom 21. August 2015 anzuordnen.

In einem Aktenvermerk vom 25. November 2015 hielt die Berichterstatterin des Verwaltungsgerichts München fest, dass der Antragsgegner nach einem Telefonat die Vollziehung des angefochtenen Bescheids bis zu einer Entscheidung über den Widerspruch aussetzen werde. Ein Schreiben folge. Der Antragsgegner teilte mit Schreiben vom 25. November 2015 mit, dass dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zugestimmt werde und „die Vollstreckung bis zur Entscheidung des Widerspruchs durch die (…) zuständige Aufsichtsbehörde“ ausgesetzt werde.

Mit Telefax vom 8. Dezember 2015 an das Verwaltungsgericht teilte der Antragsgegner mit, dass im Schreiben vom 25. November 2015 ein Fehler unterlaufen sei. Dem Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung werde nicht zugestimmt. Es hätte nur einer Stundung des fälligen Bescheides/Betrages zugestimmt werden sollen. Hiermit werde die Zustimmung zur Aussetzung widerrufen.

Das Bayerische Verwaltungsgericht München lehnte den Antrag mit Beschluss vom 27. Januar 2016 ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, dass bereits die Zulässigkeit des Antrags nicht gegeben sei, da es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Antragsgegner habe nämlich mit Schreiben vom 8. Dezember 2015 erklärt, dass der Bescheid zumindest bis zu einer Entscheidung durch die Widerspruchsbehörde zwar nicht in der Vollziehung ausgesetzt, wohl aber der geforderte Betrag bis dahin gestundet wäre. Der Antragstellerin drohe daher für den Zeitraum der Stundung keine Vollstreckung, so dass es einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht bedürfe. Die zuvor durch den Antragsgegner mit Schreiben vom 25. November 2015 erklärte Aussetzung der Vollziehung entfalte keine Bindungswirkung für diesen, auch liege hierin kein Anerkenntnis entsprechend § 173 VwGO i. V. m. § 307 ZPO, da es sich bei der Vollzugsaussetzung schon nicht um einen prozessualen Anspruch handele. Ungeachtet dessen spreche viel dafür, dass der Antrag auch inhaltlich unbegründet sei.

Gegen diesen Beschluss ließ die Antragstellerin Beschwerde erheben und beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 27. Januar 2016 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Juni 2015 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 21. August 2015 anzuordnen.

Das Verwaltungsgericht verkenne, dass der Antragsgegner mit Schreiben vom 25. November 2015 eine prozessuale Erklärung abgegeben habe, die den Antrag der Antragstellerin anerkenne. Eine solche sei unanfechtbar und unwiderruflich. Der Antragsgegner habe sein erklärtes Anerkenntnis daher nicht durch den Widerruf vom 8. Dezember 2015 beseitigen können. Das Verwaltungsgericht könne sich auch nicht darauf stützen, dass nach dem Widerruf eine Stundung der streitgegenständlichen Beitragsforderung erklärt worden sei. Suspensiveffekt und Stundung seien zwei völlig unterschiedliche Gegenstände. Die Voraussetzungen einer Stundung hätten hier nicht vorgelegen. Die Würdigung des Verwaltungsgerichts, wegen der Stundung fehle es am Rechtsschutzbedürfnis, sei daher falsch. Auch die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zur inhaltlichen Unbegründetheit sei fehlgehend.

Der Antragsgegner verteidigt den Beschluss des Verwaltungsgerichts und beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II. Der Antrag der Antragstellerin ist sachgerecht dahingehend auszulegen, dass damit auch die Feststellung, dass die Vollziehung der streitgegenständlichen Bescheide nach § 80 Abs. 4 VwGO ausgesetzt ist, begehrt wird (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO analog, vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. Ergänzungslieferung Oktober 2015, § 80, Rn. 356 m. w. N.). Dies ergibt sich einerseits aus der Beschwerdebegründung, in der dahingehend argumentiert wird, dass die Erklärung des Antragsgegners vom 25. November 2015 nicht habe widerrufen werden können, andererseits aus dem Bestreiten des Antragsgegners, dass die Aussetzung der Vollziehung nicht mehr gelte.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Dem Antrag fehlt insbesondere entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

Beim allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis handelt es sich um eine allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für jegliche Inanspruchnahme eines Gerichts. Es ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn der Antragsteller sein Ziel auf anderem Wege schneller und einfacher erreichen könnte, wenn ein Erfolg seine Rechtsstellung nicht verbessern würde oder wenn es ihm auf dem Klageerfolg gar nicht ankommt (vgl. zum Ganzen Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, vor §§ 40 ff., Rn. 11 ff). Für den Entfall des Rechtsschutzbedürfnisses ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (Rennert a. a. O.). Danach fehlt dem Antrag vorliegend das Rechtsschutzbedürfnis aufgrund einer etwaigen Stundung nicht. Denn dem Schreiben des Antragsgegners vom 8. Dezember 2015 ist eine Stundung nach dem objektiven Empfängerhorizont schon nicht zu entnehmen. Dort wird lediglich erklärt, dass in dem vorherigen Schreiben vom 25. November 2015 eine Stundung beabsichtigt gewesen sei. Eine Erklärung, dass nun der fällige Betrag gestundet werde, lässt sich dem Schreiben nicht entnehmen. Im Schreiben vom 25. November 2015 findet sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass damit eine Stundung erklärt werden sollte. Vielmehr deutet dieses Schreiben, das in Anlehnung an die gesetzlichen Begriffe des § 80 Abs. 4 VwGO formuliert ist, eindeutig auf eine Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO hin. Da der Antragsgegner beharrlich auf dem Standpunkt bleibt, dass eine Aussetzung der Vollziehung nicht erfolgt ist, kann dem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden (vgl. hierzu Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. Ergänzungslieferung Oktober 2015, § 80 Rn. 498). Dies umso mehr, als im vorliegenden Fall die Voraussetzungen einer Stundung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5. a) KAG i. V. m. § 222 Abgabenordnung offenbar nicht vorgelegen haben, da insbesondere nicht ersichtlich ist, worin hier die erhebliche Härte für die Antragstellerin liegen sollte. Damit handelte es sich bei der (nicht erklärten) Stundung, auf die sich der Antragsgegner für das Entfallen des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses beruft, um eine rechtswidrige Stundung, die jederzeit rückgängig zu machen wäre. Auch vor diesem Hintergrund kann das Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Antrag nicht entfallen sein.

Der Antrag ist auch begründet. Denn der Antragsgegner hat in seinem Schreiben vom 25. November 2015 an das Verwaltungsgericht eindeutig erklärt, dass eine Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO erfolgt (s.o.). Die zunächst erklärte Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO wurde im Schreiben vom 8. Dezember 2015 durch den Antragsgegner nicht explizit widerrufen. Dort wurde lediglich ausgeführt, dass die „Zustimmung zur Aussetzung“ widerrufen werde. Einer derartigen Zustimmung bedurfte es jedoch nicht, da der Antragsgegner selbst für die Entscheidung nach § 80 Abs. 4 VwGO zuständig war. Aber auch wenn man diese Erklärung dahingehend auslegen wollte, dass damit ein Widerruf der Entscheidung nach § 80 Abs. 4 VwGO erfolgen sollte, so wäre dieser im vorliegenden Fall nicht wirksam.

Ob eine Aussetzungsentscheidung nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO von der Behörde, die sie getroffen hat, jederzeit wieder geändert oder aufgehoben werden kann (so Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 51; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 80 Rn. 118; Redeker/v. Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 80 Rn. 34; OVG Münster, NVwZ-RR 2004, 725) oder ob hierfür veränderte Umstände vorauszusetzen sind (so BVerwG, B. v. 17.9.2001, NVwZ-RR 2002, S. 153 f.; BVerwG, B. v. 1.3.2012, 9 VR 7/11, juris, Rn. 8; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. Ergänzungslieferung Oktober 2015, § 80 Rn. 320), ist grundsätzlich umstritten. Zutreffend weist jedoch der 25. Senat des Verwaltungsgerichtshofs in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2005 (Az. 25 CS 05.2886, juris, Rn. 3) darauf hin, dass für eine Änderung einer einmal getroffenen Aussetzungsentscheidung nach § 80 Abs. 4 VwGO veränderte Umstände zu fordern sind, wenn die Aussetzung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO erfolgt. Denn andernfalls würden dem Antragsteller ohne Not mehrfach sich erledigende Verfahren mit mehrfachem Kostenrisiko nach § 161 Abs. 2 VwGO aufgezwungen werden können. Überträgt man diese Gesichtspunkte auf den vorliegenden Fall, so ist festzuhalten, dass veränderte Umstände in diesem Sinn nicht ersichtlich sind. Insbesondere lässt sich eine Änderung einer einmal getroffenen Aussetzungsentscheidung nicht damit rechtfertigen, dass man nun ungeachtet der gesetzlichen Voraussetzungen eine (rechtswidrige) Stundung beabsichtige.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufzuheben. Auf die materiell-rechtlichen Argumente der Beteiligten kam es streitentscheidend nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 3, 1 GKG i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach ein Viertel des streitigen Betrages anzusetzen war.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

(1) Die Verjährung eines Anspruchs wird unterbrochen durch

1.
Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung oder Vollstreckungsaufschub,
2.
Sicherheitsleistung,
3.
eine Vollstreckungsmaßnahme,
4.
Anmeldung im Insolvenzverfahren,
5.
Eintritt des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
Aufnahme in einen Insolvenzplan oder einen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan,
7.
Ermittlungen der Finanzbehörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen und
8.
schriftliche Geltendmachung des Anspruchs.
§ 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(2) Die Unterbrechung der Verjährung dauert fort

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis zum Ablauf der Maßnahme,
2.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bis zum Erlöschen der Sicherheit,
3.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 bis zum Erlöschen des Pfändungspfandrechts, der Zwangshypothek oder des sonstigen Vorzugsrechts auf Befriedigung,
4.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens,
5.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 5 bis zum Wegfall des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6, bis der Insolvenzplan oder der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan erfüllt oder hinfällig wird.
Wird gegen die Finanzbehörde ein Anspruch geltend gemacht, so endet die hierdurch eingetretene Unterbrechung der Verjährung nicht, bevor über den Anspruch rechtskräftig entschieden worden ist.

(3) Mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Unterbrechung geendet hat, beginnt eine neue Verjährungsfrist.

(4) Die Verjährung wird nur in Höhe des Betrags unterbrochen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.

(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.

(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.

(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.