Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 25. Juli 2012 - 5 K 3496/10

bei uns veröffentlicht am25.07.2012

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen einen Beanstandungsbescheid bezüglich eines Internetangebots.
Der am … 1965 geborene Kläger, Vater von drei Kindern, von Beruf Kraftfahrer, ist als Domain-Inhaber und als administrativer Ansprechpartner mit der Domain „...“ bei der ... registriert. Die Einrichtung Jugendschutz in Telemedien (jugendschutz.net) ermittelte im Juli 2008 das Angebot der Domain „...“. Jugendschutz.net kam zu dem Ergebnis, dass es sich um ein Erotik-Portal handele, über das pornografische Inhalte mittels eingestellter Verlinkungen aufrufbar gemacht würden. Die Verlinkungen führten auf frei zugängliche, kostenpflichtige Erwachsenen-Sex-Angebote, die vorliegend auf ausländischen Servern gelegen seien. Das Angebot von „...“ enthalte im frei zugänglichen Bereich ohne eine Zugangsbarriere Inhalte, die nach den zu § 184 StGB von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien als pornografisch zu bewerten seien. Soweit pornografische Inhalte über die vom Anbieter eingerichteten Verlinkungen aufrufbar seien, handele es sich offenbar um eine von Anbieterseite redaktionell gepflegte Verlinkung. Die Trefferergebnisse seien durch eine redaktionelle Auswahl von Anbieterseite in diversen Verzeichnissen, beispielsweise „Gang Bang“ oder „Fetisch und Bizarr Erotik“ vorsortiert worden. Von einer bewussten Auswahl der verlinkten Webseiten in Kenntnis der relevanten Inhalte zum Zeitpunkt der Linksetzung sei auszugehen. Der Anbieter identifiziere sich nach außen auch erkennbar mit den verlinkten Inhalten. Die Inhalte der verlinkten Seiten würden auf den Linkbuttons entsprechend angepriesen und positiv kommentiert (z.B. „Home Made Pornos.de ist das Erotikportal rund um private Pornofilme, Hardcore-Fotos und Sexkontakte.“, „Spermapussy/gefickte Hausfrauen/Chumshoot/Sperma“). Darüber hinaus würden zu jeder Rubrik Vorschaubilder der jeweiligen Startseite eingeblendet, die dem Nutzer einen Eindruck von dem verlinkten Angebot verschafften. Beispielsweise zu nennen seien die folgenden Links, welche auf frei zugängliche und unzureichend geschützte Angebote weiterleiteten. Der Link http://www.vod-sexfantasien.eu/ sei zu finden, wenn man auf „Erotikfilme“ klicke, Seite 2 und dann „Sexfantasien“ wähle. Zu dem Link http://gina-videos.eu/ gelange man über den Pfad Erotikfilme, „Eroqueen“. Klicke man die Links jeweils an, seien bereits auf der Startseite pornografische Vorschauen der Filmcover vorhanden. Diverse sexuelle Handlungen würden präsentiert. Über eine kostenlose Anmeldung (Benutzername, gültige E-Mail-Adresse, Passwort) bestehe die Möglichkeit, drei freie Film-Trailer pro Tag zu sichten, außerdem könnten die Rückseiten der Cover und Szenenausschnitte in Bildform eingesehen werden. Nach der Registrierung erfolge keine Altersüberprüfung, obgleich eine solche angekündigt werde. Als Benutzername funktioniere jeweils der Benutzername: ..., als Passwort: .... Eine Altersüberprüfung finde nicht statt.
Der Kläger wurde mit Schreiben der Einrichtung Jugendschutz in Telemedien (jugendschutz.net) vom 29.07.2008 darauf aufmerksam gemacht, dass auf der Webseite „...“ unzulässige Inhalte ohne ausreichenden Altersschutz zugänglich seien. Es wurden verschiedene Verlinkungen aufgeführt.
Eine - angekündigte - Kontrollsichtung der Einrichtung Jugendschutz in Telemedien (jugendschutz.net) vom 13.08.2008 ergab, dass die in dem Schreiben vom 29.07.2008 benannten Links entfernt worden waren. Allerdings wurde festgestellt, dass sich zahlreiche weitere unzulässige Verlinkungen auf dem Angebot befunden hätten.
Am 22.01.2009 befasste sich die Prüfgruppe der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) Ludwigsburg mit dem Angebot des Klägers, der als Domaininhaber und Content-Provider („Admin ...“) bezeichnet wurde. Prüfungsgrundlage war eine Live-Sichtung durch die Prüfgruppe des kostenlosen und freizugänglichen Bereichs des Angebots des Klägers. Die genaue Navigation durch das Angebot wurde mittels des Screen-Cam-Verfahrens dokumentiert (Camtasia-Aufzeichnung). Festgestellt wurde, dass in der Rubrik Erotikfilme explizit auf pornografische Angebote verlinkt werde. Beispielhaft wurden die festgestellten Inhalte dreier Links im Protokoll der Sitzung wiedergegeben. Die Prüfgruppe stellte fest, dass eine geschlossene Benutzergruppe gem. § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV nicht gegeben sei, da von Seiten des Anbieters nicht sichergestellt sei, dass die Inhalte nur Erwachsenen zugänglich gemacht würden. Ein den Anforderungen der KJM entsprechendes Altersverifikationssystem sei nicht vorhanden. Das Angebot sei frei zugänglich. Die Prüfgruppe kam einstimmig zu der Einschätzung, dass das Angebot www... gegen § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 i.V.m. S. 2 JMStV verstoße.
Im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens öffnete die Polizeidirektion Mosbach am 09.06.2009 die Webseite www... und überprüfte den Inhalt mehrerer Links stichprobenartig. Festgestellt wurde, dass die Seite selbst keine pornografischen Bilder enthalte. In vielen Fällen sei ein Jugendschutztor vorgeschaltet gewesen. Verschiedene Links hätten teilweise Abbildungen enthalten, die strafrechtlich grenzwertig seien. Beim Anklicken des Links „Dabei bekommt jeder den Arsch voll!“ gelange man auf die Startseite der Webseite www.anal-gestopft.de. Diese enthalte mehrere eindeutig pornografische Abbildungen und Vertextungen. Weitere Überprüfungen seien nicht durchgeführt worden. Das Angebot von aufrufbaren Webseiten erscheine durch die vorhandenen Verlinkungen und Unterverlinkungen geradezu unerschöpflich.
Der Kläger gab bei seiner Vernehmung zu dem Vorwurf der Verbreitung pornografischer Schriften im Internet gem. § 184 Abs. 1 StGB an: Bei der Webseite „...“ handele es sich um einen reinen Erotik-Web-Katalog. Er gebe anderen Webseiten-Betreibern die Gelegenheit bzw. die Möglichkeit, sich unter bestimmten Rubriken mit ihren eigenen Webseiten einzutragen. Außerdem befänden sich auf der Startseite seiner Webseite noch ein paar Werbeflächen. Er überprüfe jeden einzelnen Webseiten-Eintrag im Hinblick auf pornografische oder erotische Inhalte. Außerdem nehme er die Leistungen des Erotik-Jugendschutz.de, einer privaten Überprüfungseinrichtung in Hamburg, in Anspruch, die seine gesamte Seite samt deren Verlinkungen und auch das Impressum auf ihre Gesetzmäßigkeit überprüfe und ihn im Zweifelsfall bei erkennbaren Verstößen unverzüglich informiere. Erotikseiten wie die seine verfolgten das Ziel, in Google soweit wie möglich vorne gelistet zu sein. Das habe er mit seiner Seite schon erreicht. Er habe das Schreiben vom Jugendschutz.net so verstanden, dass er nur diese Links entfernen müsse, die dort aufgelistet seien. Wenn der Betreiber einer Webseite im Nachhinein die Inhalte ändere, was er jederzeit tun könne und worauf er überhaupt keinen Einfluss habe, könne es natürlich sein, dass auch „FSK-18-Inhalte“ vorhanden seien. Eine Kontrolle und Steuerung seinerseits sei praktisch nicht leistbar. Er müsste ja sonst Tausende von Einträgen permanent auf ihren Inhalt überprüfen. In seiner Verantwortung liege lediglich die Kontrolle des Inhalts der bei ihm angemeldeten und von seiner Seite aus verlinkten Webseite. Wenn er bei der Anmeldung neuer Webseiten-Betreiber feststelle, dass diese Pornografie vertriebe, würde er diese gar nicht freischalten. In Zweifelsfällen schaue er nach, ob sie auf ihrer Seite ein sog. Jugendschutztor hätten. Er betreibe mit dieser Webseite seit etwa drei Jahren ein reines Hobby. Den einzigen finanziellen Vorteil, den er unter Umständen haben könnte, wäre der, dass er seine Seite, wenn sie in Google sehr gut und weit vorne gelistet sei, evtl. mal verkaufen könne. Er betreibe auch noch zwei weitere Webseiten dieser Art. Er sei im Übrigen kein Anbieter. Anbieter sei der Betreiber der jeweiligen Webseite. Er stelle den Anbietern lediglich eine Plattform in Form seines Katalogs zur Verfügung, in dem sich die Webseite -Betreiber eintragen könnten.
Die Staatsanwaltschaft Mosbach stellte mit Verfügung vom 24.06.2009 das Verfahren gem. § 153 Abs. 1 StPO ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung nicht gegeben sei, weil die Schuld als gering anzusehen sei. Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass über die Internetpräsenz des Klägers pornografische Filme beworben worden seien, in dem deren DVD-Cover und entsprechende bewerbende Vertextungen mit pornografischen Inhalten dem Nutzer präsentiert worden seien. Die Tat sei als Verbreitung pornografischer Schriften gem. § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar. Die Einlassung des Klägers, dass es vorkommen könne, dass Betreiber ohne sein Wissen die Inhalte der freigeschalteten Links veränderten, entbinde ihn nicht von seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Da der Kläger jedoch zum ersten Mal strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, erscheine seine Schuld als gering.
Der Kläger wurde mit Schreiben der Beklagten vom 16.09.2009 dazu angehört, dass das Internet-Angebot www... Angebote enthalte und durch direkte Verlinkungen zugänglich mache, die nach den zu § 184 StGB von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien pornografisch seien.
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Am 31.05.2010 beschloss die Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) durch den 35. Prüfausschuss Telemedien (2. Amtsperiode) der KJM, dass ein Verstoß gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag vorliege und ein rechtsaufsichtliches Verfahren einzuleiten sei (Beschlussfassung nach § 14 Abs. 5 Satz 3 JMStV).
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Mit Bescheid vom 15.06.2010 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger als Betreiber des Internetangebotes www... gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 JMStV verstoßen habe, indem er durch die Verlinkung auf die Internetangebote www.vod-sexfantasien.eu und www.gina-videos.eu pornografische Inhalte frei zugänglich gemacht habe, und beanstandete den Verstoß. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger sei mit Schreiben vom 29.07.2008 durch Jugendschutz.net auf unzulässige pornografische Inhalte auf seiner Webseite hingewiesen worden und auch darauf aufmerksam gemacht worden, dass sich seine Haftung auch auf das Zugänglichmachen von pornografischen Angeboten beziehe, auf die er lediglich verlinke. Bei einer Überprüfung der Seite am 21.01.2009 habe festgestellt werden können, dass das Internetangebot weiterhin auf pornografische Inhalte verlinke. Aufgefallen seien dabei insbesondere die Verlinkungen zu den Internetangeboten www.vod-sexfantasien.eu und ww.gina-videos.de. Beide Angebote enthielten offensichtlich pornografische Inhalte und verfügten - ebenso wie das Angebot www... selbst - über keine geschlossene Benutzergruppe. Bei einer Sichtung am 11.02.2010 hätten die Verlinkungen erneut festgestellt werden können. Bei einer Sichtung des Internetangebotes am 22.04.2010 seien die Links nicht mehr auffindbar gewesen und könnten auch heute nicht festgestellt werden. Die gesamte Rubrik „Erotikfilme“, in der die Verlinkungen aufgeführt gewesen seien, sei deutlich verschlankt und enthalte nun nur noch ein verlinktes Angebot ohne pornografische Inhalte. Das Internetangebot habe jedenfalls am 22.01.2009 und am 11.02.2010 Verlinkungen zu den genannten Internetangeboten enthalten. Diese hätten Darstellungen enthalten, die pornografisch seien, weil sie unter Ausklammerung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund rückten. Grundsätzlich gelte, dass ein Anbieter auch für verlinkte Inhalte wie für eigene Inhalte hafte, wenn er sich diese zu eigen mache. Dies sei der Fall, wenn er sich die unzulässigen oder pornografischen Inhalte objektiv und subjektiv zugänglich mache. Die Seiten www.vod-sexfantasien.eu und www.gina-videos.eu dienten seit Jahren offensichtlich der Verbreitung pornografischer Inhalte. Dies sei somit auch beim Setzen der Links für den Kläger erkennbar gewesen. Er habe sich damit bewusst dafür entschieden, durch die Verlinkungen auf seinem Internetangebot einen Zugang zu den pornografischen Inhalten zu schaffen. Diese Haftung könne auch nicht durch den pauschalen Hinweis auf der Impressum-Seite des Internetangebotes, sich von verlinkten Inhalten zu distanzieren, beseitigt werden. Die Internetangebote seien auch nicht ausnahmsweise zulässig, da für keine der Seiten eine geschlossene Benutzergruppe i.S.d. § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV bestehe.
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Der Kläger erhob am 14.07.2010 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor: In der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Mosbach sei klargestellt worden, dass eigene pornografische Inhalte auf der Webseite nicht hätten festgestellt werden können. Es stelle sich die Problematik der sog. „Haftung für Links auf fremde Inhalte“, da sich der Vorwurf der frei zugänglichen pornografischen Verbreitung lediglich auf die Verlinkseiten beziehe. Vorliegend handele es sich um rechtlich zulässige sog. surface-links oder deep-links. Das seien Linkverbindungen, die auf die Eingangsseite einer Internetspräsenz oder auf eine Unterseite dieser verwiesen. Maßgebliches Kriterium für die Haftung für diese Links sei, in welchem Maß der Verlinkende sich die Inhalte des Link-Ziels zu eigen mache und ob von rechtswidrigen Inhalten Kenntnis bestehe oder hätten bestehen können. Er habe sich expliziten Hinweisen im Impressum seiner Seite ausdrücklich von Verlinkungen mit rechtswidrigen Inhalten distanziert. Bevor er den Link setze und die Verlinkung seiner Webseite mit einer anderen zulasse, kontrolliere er die entsprechende Seite. In regelmäßigen Abständen führe er auch Kontrollen seiner eigenen Webseiten durch. Soweit er rechtswidrige Inhalte feststelle, würden diese sofort entfernt. Er verweise auf § 10 TMG. Danach hafte nur der, der nach Kenntnis von rechtswidrigen Links diese nicht unverzüglich beseitige. Für ihn und auch für andere Webseite-Betreiber sei es nicht zumutbar, jede Sekunde die eigene Internetpräsenz auf rechtswidrige Inhalte zu prüfen. Es bestehe nach § 10 TMG eine Haftungsprivilegierung bis zur Kenntnis der entsprechenden Inhalte der Verlinkung. Andernfalls könne man keine Verlinkungen mehr auf Webseiten vornehmen, da es nicht tragbar sei, mehrere Hunderte von Verlinkungen ständig zu kontrollieren. Er habe alles Notwendige getan. Er habe sich durch schriftliche Hinweise ausdrücklich von rechtswidrigen Verlinkungen distanziert und habe, sobald er Kenntnis von einem entsprechenden Link erhalten habe, diesen unverzüglich entfernt. Er betreibe im Übrigen die Webseiten nicht gewerblich. Durch die Werbung nehme er monatlich höchstens 30,00 EUR ein. Ziehe man hiervon die Kosten der Webseite ab, die sich im Jahr auf ca. 100,00 EUR beliefen sowie die Kosten für die Jugendschutzbeauftragte, beliefen sich die tatsächlichen Einnahmen in Richtung Null. Bei den sog. Partnercash-Programmen liege der Verdienst für Werbung deutlich unter dem Normalpreis für Werbeeinnahmen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ergänzend zu den Ausführungen im Beanstandungsbescheid wurde ausgeführt: Die Internetseite des Klägers habe jedenfalls am 22.01.2009 auch eigene pornografische Inhalte enthalten. Zwar habe die Staatsanwaltschaft in ihrer Einstellungsverfügung vermerkt, auf der Webseite habe man keine eigenen pornografischen Inhalte feststellen können. Die Verwaltungsbehörde sei jedoch an diese Einschätzung nicht gebunden. Unter Bezugnahme auf die Camtasia-Aufzeichnung werde die Einschätzung vertreten, dass auf der Seite www... jedenfalls am 22.01.2009 im mittleren Frame unten mit den Bildern von „Taylorann“ und „Sandra“ auch eigene pornografische Inhalte frei zugänglich gemacht worden seien. Die Haftung für verlinkte Inhalte könne nicht dadurch vermieden werden, dass der Anbieter sich explizit aber pauschal von den Inhalten der verlinkten Seite distanziere. Grundsätzlich gelte, dass ein Anbieter auch für verlinkte Inhalte wie für eigene Inhalte hafte, wenn er sich diese zu eigen mache. Dies sei der Fall, wenn er unzulässige oder pornografische Inhalte objektiv und subjektiv zugänglich mache. Bereits zum Zeitpunkt der Verlinkung hätten die Seiten www. vod -sexfantasien.eu und www.gina-videos.eu ganz offensichtlich der Verbreitung pornografischer Inhalte gedient. Die verlinkten pornografischen Inhalte seien somit durch das Setzen eines direkten Links objektiv und subjektiv durch den Kläger zugänglich gemacht worden. Der Kläger habe auf die Seiten auch wiederholt verlinkt, obwohl er im Rahmen des Anhörungsschreiben ausdrücklich auf die unzulässigen Inhalte dieser Seiten hingewiesen worden sei. Lediglich die in dem Schreiben der jugendschutz-net beispielhaft angeführten Links seien beseitigt worden. Es sei Aufgabe des Betreibers, nicht erst im Nachhinein als unzulässig benannte Verlinkungen zu entfernen, sondern von vornherein darauf zu achten, dass entweder überhaupt nicht auf Seiten mit pornografischen Inhalten verlinkt werde oder diese Seiten zumindest mit einem ausreichenden Schutz versehen seien. Es wäre seine Aufgabe gewesen, sein bisheriges Prüfverfahren zu überdenken, um zu verhindern, dass weiterhin unzulässige eigene oder verlinkte Inhalte frei abrufbar seien. Stattdessen seien die Verlinkungen auf pornografische Inhalte wieder eingefügt worden. Im Übrigen müsse der Anbieter nur den inhaltlichen Charakter der verlinkten Seiten kennen, nicht aber deren Inhalte billigen oder sich mit ihnen identifizieren. Das Betreiben einer Internetseite mit dem Ziel, mit dieser ein möglichst gutes Google-Ranking zu erreichen und dementsprechend einen guten Kaufpreis zu erzielen, sei auch dann geschäftsmäßig, wenn diese Einnahmen erst in ferner Zukunft und in der Zeit noch ungewisser Höhe bestehe. Ein geschäftsmäßiges Betreiben verlange nicht, dass das Betreiben der Seite auch tatsächlich Gewinn abwerfe. Die Einbindung der Partnercrash-Programme sowie klassischer verlinkter Werbeflächen sprächen außerdem dafür, dass die Seiten eben nicht nur als privates Hobby, sondern mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben würden. Darauf, ob sich die Gewinnerwartung einmal realisiere, komme es nicht an. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 04.11.2010 zugestellt.
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Der Kläger hat am 03.12.2010 Klage erhoben. Er beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 15.06.2010 und deren Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 aufzuheben.
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Zur Begründung führt er ergänzend aus: Da die Seite www... selbst nicht dem pornografischen Bereich zuzuordnen sei, sondern lediglich dem Bereich Erotik, sei er nicht verpflichtet gewesen, ein entsprechendes Altersverifikationssystem vorzuschalten. Von pornografischen Seiten distanziere er sich eindeutig. Er habe kein Interesse, solche Seiten in seinen „Erotikkatalog“ aufzunehmen. Er habe sich die gesetzten Links nicht zu Eigen gemacht. Seine Haftung setze die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Er hafte für die streitgegenständlichen beiden Hyperlinks auf fremden Seiten mit fremden Inhalten nicht wie für eigene Inhalte. Er bestreite, dass er die besagten Verlinkungen aufgrund ihrer pornografischen Inhalte aufgenommen habe. Die Problematik bestehe in der nachträglichen Veränderung der verlinkten Seiten. Dadurch, dass es sich um einen Erotikkatalog handele, habe er zum Ausdruck gebracht, dass er sich keine fremden pornografischen Inhalte zu Eigen mache.
17 
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
19 
Zur Begründung wird ausgeführt: Der Kläger sei bei der ... für das Internetangebot www... als Domain-Inhaber und Admin-… registriert und zudem im Impressum des Internetangebotes als Verantwortlicher i.S.d. § 5 TMG benannt. Damit sei er der an der Domain materiell berechtigte und verantwortliche Anbieter im Sinne des Staatsvertrags über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag-JMStV-). Die Haftungsprivilegierung nach den Haftungsgrundsätzen der §§ 8 f. TMG sei auf die Linkhaftung weder direkt noch entsprechend anwendbar. Eine Einschränkung der Verantwortlichkeit sei daher nicht gegeben; es bleibe vielmehr bei der Verantwortlichkeit des Linksetzenden nach allgemeinen Regeln. Maßgebend für den Umfang der subjektiven Prüfungspflichten, die denjenigen träfen, der einen Hyperlink setze, sei der Gesamtzusammenhang, in dem der Hyperlink verwendet werde. Das Internetangebot www... bündele unterschiedlichste Angebote aus den Bereichen „intime Erotik“ und „Rotlichtanzeigen“ sowie Erotikwerbung. Die Seiten www. vod -sexfantasien.eu und www.gina-videos.eu seien gerade aufgrund ihrer pornografischen Inhalte aufgenommen worden, um das Angebot entsprechend zu ergänzen. Damit habe der Kläger sich die Inhalte zu Eigen gemacht und den Besuchern seiner Domain über die Verlinkungen gezielt Zugang zu pornografischen Inhalten verschafft. Da dies in Deutschland nur dann ausnahmsweise zulässig sei, wenn für das Angebot eine geschlossene Benutzergruppe bestehe, hätte der Kläger überprüfen müssen, ob die Voraussetzungen einer geschlossenen Benutzergruppe bei den verlinkten Angeboten gegeben seien. Hierfür wäre jedenfalls bei Linksetzung eine entsprechende Prüfung erforderlich gewesen, die offensichtlich unterblieben sei. Dem Kläger hätte bereits aufgrund des Hinweises durch jugendschutz.net vom 29.07.2008 bewusst sein müssen, dass seine Vorkehrungen für eine jugendschutzkonforme Gestaltung offensichtlich ungenügend gewesen seien. Für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 4 Abs. 2 Nr. 1 JMStV sei nicht ausschlaggebend, ob der Anbieter die Inhalte auch persönlich gutheiße. Es genüge für die Verantwortlichkeit des Klägers, dass er sich der Inhalte der verlinkten Seite bewusst gewesen sei. Im Übrigen sei aufgrund der Hinweise vom 29.07.2008 und vom 15.09.2009 selbst nach den Maßstäben der §§ 8 ff. TMG beim Kläger die erforderlichen Kenntnisse von den unzulässigen Inhalten im Internetangebot gegeben gewesen. Dennoch habe er nicht sichergestellt, dass die unzulässigen Inhalte weiter abrufbar gewesen seien.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, im Übrigen auf die vorgelegten Behördenakten (2 Hefte) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S.1 VwGO).
22 
1. Die Bescheide sind formell fehlerfrei ergangen.
23 
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Beklagten folgt aus § 20 Abs. 1, 4 und Abs. 6 i.V.m. § 14 Abs. 1 JMStV als der für den Wohnsitz des Klägers zuständigen Landesmedienanstalt. Der Staatsvertrag stellt eine einheitliche, bei den Medienanstalten der Länder konzentrierte Aufsicht für alle elektronischen Online-Dienste her, nachdem der Bundesgesetzgeber im Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730) insoweit auf Jugendschutzbestimmungen verzichtet hatte. Der Staatsvertrag dient dem Schutz aller Nutzer, besonders aber dem von Kindern und Jugendlichen, vor Online-Angeboten, die die Entwicklung oder Erziehung von Kindern und Jugendlichen gefährden können oder die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen (§ 1 JMStV).
24 
Das im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag geregelte nähere Verfahren ist eingehalten worden. Insbesondere hat die auf der Grundlage des § 14 Abs. 2 JMStV gebildete Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die gemäß § 16 Abs. 1 JMStV für die abschließende Beurteilung von Angeboten nach diesem Staatsvertrag zuständig ist, bzw. der von dieser gemäß § 14 Abs. 5 gebildete Prüfausschuss die hier verfügte Entscheidung getroffen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 JMStV); das dazu erforderliche Einstim-migkeitserfordernis ist gegeben (§ 14 Abs. 5 Satz 3 JMStV).
25 
Auch ist der Kläger zuvor von der durch die obersten Landesjugendbehörden einge-richteten gemeinsamen Stelle Jugendschutz aller Länder "jugendschutz.net", die organisatorisch an die KJM angebunden ist, auf den (gerügten) Verstoß hingewiesen (§ 18 Abs. 1 bis 4 JMStV) und vor Erlass der angefochtenen Verfügung gesondert angehört worden (vgl. § 28 VwVfG).
26 
2. Auch materiell rechtlich sind die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden.
27 
Die Beklagte durfte feststellen, dass der Kläger als Betreiber des Internetangebotes www... gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 JMStV verstoßen hat, indem er durch die Verlinkung auf die Internetangebote www.vod-sexfantasien.eu und www.gina-videos.eu pornografische Inhalte frei zugänglich gemacht hat, und durfte den Verstoß beanstanden.
28 
Ermächtigungsgrundlage für die Feststellung und Beanstandung ist § 20 des Gesetzes zum Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV) vom 4. Februar 2003, GBl. 2003, 93). Der Geltungsbereich des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags ist eröffnet, weil dieser nach § 2 Abs. 1 JMStV für elektronische Informations- und Kommunikationsmedien (Rundfunk und Telemedien) gilt. Telemedien sind nach der in § 2 Abs. 1 Satz 3 des Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV -) vom 31. August 1991 enthaltenen Legaldefinition alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste (vgl. auch § 2 Abs. 1 JMStV). Nach § 20 Abs. 4 JMStV trifft die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM entsprechend § 59 Abs. 2 bis 4 RStV unter Beachtung der Regelungen zur Verantwortlichkeit nach den §§ 7 bis 10 des Telemediengesetzes (TMG) vom 26.02.2007 (BGBl. I S. 179), zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 31.5.2010 (BGBl. I S. 692) die jeweilige Entscheidung für Anbieter von Telemedien (VG Lüneburg, Beschl. v. 16.10.2007 - 6 B 33/07 -, juris).
29 
Nach § 59 Abs. 2 bis 4 RStV trifft die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde, wenn sie einen Verstoß gegen die Bestimmungen mit Ausnahme der § 54, § 55 Abs. 2 und 3, § 56, § 57 Abs. 2 oder der Datenschutzbestimmungen des Telemediengesetzes feststellt, die zur Beseitigung des Verstoßes erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter. Sie kann insbesondere Angebote untersagen und deren Sperrung anordnen § 59 Abs. 3 Satz 2 RStV. Die Untersagung darf nicht erfolgen, wenn die Maßnahme außer Verhältnis zur Bedeutung des Angebots für den Anbieter und die Allgemeinheit steht und ihr Zweck nicht in anderer Weise erreicht werden kann. Die Untersagung ist, soweit ihr Zweck dadurch erreicht werden kann, auf bestimmte Arten und Teile von Angeboten oder zeitlich zu beschränken.
30 
Die Aufzählung der zulässigen Maßnahmen in § 59 Abs. 3 Satz 2 RStV ist nicht vollständig („insbesondere“). Die gegenüber der Untersagung weniger gewichtigen Maßnahmen der Feststellung und Beanstandung sind deshalb durch § 59 Abs. 3 Satz 2 RStV gedeckt. Die hier ausgesprochene Beanstandung ist eine typische medienrechtliche Handlungsmöglichkeit und Maßnahme (VG Minden, Urt. v. 18.08.2010 - 7 K 721/10 -, juris; VG Münster, Urt. v. 12.02.2010 - 1 K 1608/09 -, juris; VG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012 - 27 K 6228/10 -, juris). So ermöglicht § 24 Abs. 6 JMStV der zuständige Medienanstalt zu bestimmen, dass Beanstandungen nach einem Rechtsverstoß gegen Regelungen des Staatsvertrages von dem betroffenen Anbieter in seinem Angebot verbreitet oder in diesem zugänglich gemacht werden,.
31 
Der Kläger ist Anbieter im Sinne des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags. Der Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags, Kinder und Jugendliche vor jugendgefährdenden Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien wirksam zu schützen, erfordert eine weite Auslegung des Anbieterbegriffs in § 3 Abs. 2 Nr. 3 JMStV. Anbieter ist deshalb auch derjenige, der Internetnutzern über seine Website Zugang zu Inhalteanbietern vermittelt (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2007 - I ZR 102/05 -, juris). Entscheidend für die Annahme der Anbietereigenschaft ist, ob der Inhaber einer Webseite Einfluss auf Einzelheiten der inhaltlichen Gestaltung der Webseite hat (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 29.02.2012 - 9 K 138/09 -, juris; VG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012 - 27 K 6228/10 -, juris). Der Kläger hat als Domaininhaber eine rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung des unter seiner Domain betriebenen Internetangebots. Er gestaltet den Inhalt seiner Webseite inhaltlich, indem er die Links (elektronische Querverweise), die zu seiner Webseite passen, aussucht, sie werbend kommentiert und sie freischaltet.
32 
Die Webseiten www.vod-sexfantasien.eu und www.gina-videos.eu des Klägers enthielten unzulässige Angebote im Sinn des § 4 Abs. 1 JMStV. Unzulässig sind unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit Angebote, wenn sie in sonstiger Weise pornografisch sind, § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV und wenn von Seiten des Anbieters nicht sichergestellt ist, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden, § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV. Ein Film ist "pornographisch" im Sinne von § 184 StGB, wenn sein Inhalt unter Hintansetzung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund rückt und ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzielt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2002 - 6 C 13/01 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.12.2009 - 14 K 4086/07 -, juris). Der Kläger hat nicht in Abrede gestellt, dass über die Domain „...“ und über das Erotik Portal im Zeitpunkt der Überprüfung aufgrund von ihm freigeschalteter Links mangels eines verlässlichen Altersverifikationssystems auch für nicht Erwachsene der Zugriff auf pornografische Inhalt möglich war. Zweifel an der Authentizität der von der Beklagten an Hand von Pfad- und Bildbeschreibungen dargelegten Beispielsfälle hat er nicht geltend gemacht.
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Der Kläger bestreitet ohne Erfolg seine Verantwortlichkeit mit dem Vortrag, der Inhalt der Links seien nach der Freischaltung durch ihn von den Inhabern der verlinkten Webseiten abgeändert worden.
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Die Verantwortlichkeit eines Anbieters beurteilt sich gemäß § 20 Abs. 4 JMStV nach §§ 7-10 TMG. Nach § 7 Abs. 1 TMG sind Dienstanbieter für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Nach § 7 Abs. 2 TMG sind Dienstanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TMG sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben, es sei denn der Diensteanbieter arbeitet absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammen, um rechtswidrige Handlungen zu begehen. Vorliegend kann sich der Kläger aber nicht auf eine Einschränkung der Verantwortlichkeit aufgrund der §§ 8 ff. TDG berufen. Denn § 8 TMG kommt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs, der sich die Kammer anschließt, in den Fällen der Ermöglichung des Zugriffs auf fremde Inhalte mittels interaktiver Verknüpfungen (Hyperlinks) nicht zur Anwendung. Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus:
35 
„Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr, deren Umsetzung die beiden Gesetze dienen, hat die Frage der Haftung der Hyperlinks ausgespart (vgl. Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie). Aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich eindeutig, dass die Haftung der Hyperlinks - auch wenn die Richtlinie insoweit keine Sperrwirkung entfaltet - im Teledienstegesetz und damit auch im Telemediengesetz, das die Bestimmungen der §§ 8 ff. TDG unverändert übernommen hat (nunmehr §§ 9 ff. TMG), nicht geregelt worden ist (vgl. die Gegenäußerung der Bundesregierung [BT-Drucks. 14/6098, S. 37] zu dem entsprechenden Vorschlag des Bundesrates [ebd. S. 37]). Die Haftung für Hyperlinks richtet sich daher nach den allgemeinen Vorschriften (BT-Drucks. 14/6098, S. 37; Spindler in Spindler/Schmitz/Geis, TDG, Vor § 8 Rdn. 32 ff.; Hoeren in Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Stand Oktober 2007, Teil 18.2 Rdn. 195 ff.). Danach ist eine differenzierte Beurteilung geboten, wie sie die Rechtsprechung bereits in der Zeit vor Umsetzung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr für erforderlich gehalten hatte. Zumindest derjenige, der sich die fremden Informationen, auf die er mit Hilfe des Hyperlinks verweist, zu eigen macht, haftet dafür wie für eigene Informationen, also wie ein Content-Provider i.S. des § 7 Abs. 1 TMG bzw. des § 8 Abs. 1 TDG (BGH, Urt. v. 18.10.2007 - I ZR 102/05 -, juris)“.
36 
Ziel des Klägers als Domaininhaber ist es, dass die Besucher seiner Domain die von der Webseite aus verlinkten Webseiten aufsuchen. Durch das Setzen der Links schafft der Kläger als Anbieter bewusst die Möglichkeit, dass Dritte die ihm bekannten Inhalte der verlinkten Seiten zur Kenntnis nehmen können (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012 - 27 K 6228/10 -, juris). In dem er Dritten den Zugang ermöglicht, macht er sich auch den Inhalt der Links, zu denen er den Zugang ermöglicht, zu Eigen. Dies gilt zumindest dann, wenn sich die Webseite - wie die des Klägers - nicht auf eine bloße Auflistung von Links beschränkt, sondern die zu erreichenden Inhalte anpreist oder beschreibt. Der Kläger macht sich damit die fremden Informationen, auf die mit Hilfe des Hyperlinks verwiesen wird, durch ihre Freischaltung zu Eigen und haftet deshalb nach den allgemeinen Vorschriften dafür wie für eigene Informationen (vgl. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.12.2009 - 14 K 4086/07 -, juris).
37 
Der Kläger kann auch nicht nur für die im Zeitpunkt der Freischaltung bekannten Inhalte, sondern auch für nachträglich durch den Inhaber der freigeschalteten Webseite veränderte Inhalte bzw. für eine veränderte Zugänglichkeit der freigeschalteten Links als Störer herangezogen werden.
38 
Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Meinung ist die polizeirechtliche Verhaltensverantwortlichkeit grundsätzlich nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung zu bestimmen; danach ist (Verhaltens-)Störer diejenige Person, die bei wertender Betrachtung unter Einbeziehung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles durch ihr Verhalten die Gefahrengrenze überschritten und damit die unmittelbare Ursache für den Eintritt der Gefahr gesetzt hat. Als Zweckveranlasser ist auch derjeni0ge unmittelbarer Verursacher, der – gleichsam als "Hintermann" – das Verhalten des eigentlichen Veranlassers, der eine Gefahr bzw. eine Störung unmittelbar verursacht hat, subjektiv oder objektiv bezweckt hat bzw. derjenige, als Folge von dessen Verhalten sich das Verhalten des unmittelbaren Verursachers zwangsläufig eingestellt hat bzw. dessen Verhalten mit der durch den Verursacher unmittelbar herbeigeführten Gefahr eine "natürliche Einheit" bildet. Da die Kriterien der "objektiven Bezweckung", des "zwangsläufigen Sich-Einstellens einer Gefahr" sowie der "natürlichen Einheit" wegen ihrer Unschärfe nicht immer zweifelsfrei bejaht werden können, wird zur Beurteilung der Frage, wer unmittelbarer Verursacher ist, ergänzend auch die Rechts- und Pflichtwidrigkeit eines Verhaltens geprüft und eine Schadens- und Risikozurechnung aufgrund eines Rechtswidrigkeitsurteils vorgenommen, um im Rahmen einer wertenden Betrachtung zu bestimmen, welche von mehreren ursächlichen Handlungen (ggf. auch) die Gefahrenschwelle überschritten hat und damit die Polizeipflichtigkeit nach sich zieht (vgl. zum ganzen OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 26.01.2012 - 8 A 11081/11 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.04.2011 - 1 S 1250/11 -, juris; VG Hamburg, Beschl. v. 02.04.2012 -15 E 756/12 -, juris).
39 
Die Schadens- und Risikozurechnung aufgrund der danach gebotenen werdenden Betrachtung unter ergänzender Berücksichtigung eines Rechts- und Pflichtwidrigkeitsurteils führt bei der gebotenen wertenden Betrachtung zu dem Ergebnis, dass das von dem Kläger eingegangene und verwirklichte Risiko eines Gesetzesverstoßes infolge des Verhaltens eines Vertragspartners dem Kläger zuzurechnen ist, und er auch dann als unmittelbarer Störer haftet, wenn andere die von ihm freigeschalteten Links nachträglich in einer den Jugendschutz gefährdenden Weise verändern. Ihm war deshalb der pornographische Inhalt der verlinkten Internetseiten www.vod-sexfantasien.eu und www.gina-videos.eu, bzw. deren freien Zugänglichkeit auf die die Besucher seiner Internetseiten zugreifen konnten, als unmittelbarer Störer zuzurechnen.
40 
Das ordnungsrechtliche Rechtswidrigkeitsurteil beruht darauf, dass der Kläger aus wirtschaftlichen Gründen in Kauf nimmt, dass durch die Veränderung der von ihm freigeschalteten Webseiten pornografische Inhalte für Jugendliche frei zugänglich sind. Der Kläger ist nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag verpflichtet, seine Webseite jugendschutzkonform zu gestalten. Diese Verpflichtung besteht im Hinblick auf den Schutzzweck von § 4 JMStV unabhängig davon, wie zeitaufwendig und kostenungünstig die erforderlichen Kontrollen bzw. die Ausgestaltung der eigenen Webseite sind. Entscheidend für das Rechtswidrigkeitsurteil ist, dass der Kläger seine Webseite mit einem Altersverifikationssystem versehen könnte, um damit die Gefährdung von Jugendlichen aufgrund nachträglicher Veränderung der Inhalte von Links oder des Zugangs zu ihnen zu verhindern. Indem er dies aus wirtschaftlichen Gründen unterlässt, geht er ein vorhersehbares Risiko ein, ohne sicherstellen zu können, dieses zu beherrschen. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, eine private Firma mit der Überprüfung seiner Webseite beauftragt zu haben, nachdem die Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, die Jugendschutzbeauftragte in Hamburg habe nur seine Webseite, nicht aber auch die Links überprüft. Ebenso wenig genügt es, sich auf der eigenen Webseite ausdrücklich von unzulässigen Inhalten zu distanzieren, weil sich Jugendliche erfahrungsgemäß durch eine verbale Distanzierung nicht von einer Nutzung der Webseite abhalten lassen. Der Kläger wusste auch nachweislich, dass er Zugang zu Links mit potentiell pornographischem Inhalt vermittelt. Denn aus dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ausdruck vom 22.01.2009 aus dem Inhalt der der Behördenakte beiliegenden CD zu der Domain „...“ findet sich bei dem Titel „Sexfantasien“ folgender Text: „Die schärfsten Pornos hier! Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt! Über 70 000 Filme zum direkt ansehen in DVD Qualität. Täglich neue Titel“. Die Beklagte hat zudem in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass Gina Wild, zu der man über den Link www.vod-sexfantasien.eu/ gelange, eine sehr bekannte Pornodarstellerin sei. Der Kläger musste damit aufgrund seiner eigenen Werbung damit rechnen, dass Jugendliche versuchen werden, sich entsprechende Filme anzuschauen. Der Kläger war sich auch der technischen Möglichkeit bewusst, dass der Link nach der Freischaltung durch ihn einen pornografischen Inhalt bekommen kann, der ein verlässliches Altersverifikationssystems notwendig machen würde bzw. dass der Link insoweit verändert werden kann, dass das Altersverifikationssystem nachträglich wieder entfernt wird. Da der Kläger und die Inhaber der veränderten Webseiten wirtschaftlich gesehen ein gemeinsames Interesse verfolgen, weil die Webseite des Klägers attraktiver ist, wenn der Zugang auch für Jugendliche zu pornografischen Inhalten komplikationslos frei zugänglich ist und die Inhaber der entsprechenden Webseiten davon profitieren, über die Webseite des Klägers schneller gefunden zu werden, ist bei der gebotenen wertenden Betrachtung unter Berücksichtigung der Pflichtwidrigkeit des klägerischen Verhaltes und der Tatsache, dass der Kläger durch eine jugendschutzkonforme Gestaltung mit Hilfe eines eigenen Altersverifikationssystems sich davor schützen könnte, dass über seine Webseite Jugendlichen der Zugang zu pornografischen Inhalten möglich ist, ihm das Verhalten der Vertragspartner zuzurechnen. Da er allein aus wirtschaftlichen Gründen seine Webseite nicht mit einem Altersverifikationssystem versieht und durch die Freischaltung der Links ohne deren anschließende Überwachung sehenden Auges in Kauf nimmt, dass die Gefahr einer den Jugendschutz gefährdenden Veränderung des Links sich verwirklicht, ist er bei der gebotenen wertenden Betrachtung unmittelbarer Verursacher der Störung. Darauf, ob es dem Kläger im konkreten Fall bewusst war, welche Inhalte von seiner Domain aus im Einzelnen erreichbar waren oder nach der Freischaltung erreichbar wurden, kommt es nicht an. Zum Störer wird er allein dadurch, dass durch sein eigenes bzw. ihm zurechenbares fremdes Verhalten eine Gefahr verursacht wird oder eine solche Gefahr aus dem Zustand einer von ihm rechtlich oder tatsächlich beherrschten Sache entsteht. Unerheblich ist, ob ihn ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) trifft (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012 - 27 K 6228/10 -, juris).
41 
Der Verstoß gegen § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 JMStV wird nicht dadurch beseitigt, dass der Antragsteller zwischenzeitlich die in dem Bescheid vom 15.06.2010 beanstandeten Verlinkungen gelöscht hat. Auf der Tatbestandsebene setzen § 20 Abs. 1 und 4 JMStV i. V. m. § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV schon nach dem Wortlaut voraus, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen des Staatsvertrages verstoßen hat. Dass Verstöße in der Vergangenheit für ein Einschreiten der Landesmedienanstalt im Wege ihrer Aufsicht über Telemediendienste ausreichend sein müssen, ergibt sich auch bei teleologischer Auslegung. Maßnahmen auf der Grundlage des § 20 JMStV verfolgen den Zweck, einem Anbieter dessen rechtswidriges Verhalten vor Augen zu führen und für die Zukunft die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz zu sichern (VG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012 - 27 K 6228/10 -, juris).
42 
Die verfügte Beanstandung stellt schließlich eine "erforderliche Maßnahme" im Sinne von § 20 Abs. 1, 4, § 4 Abs. 2 JMStV und § 59 Abs. 3 RStV dar und ist im Übrigen verhältnismäßig. Die ausgesprochenen Beanstandungen sind bloße Hinweise auf einen festgestellten Rechtsverstoß und daher die denkbar mildeste Maßnahme, die zudem geeignet und angemessen war, dem Kläger dessen Rechtsverstöße nachdrücklich vor Augen zu führen und so den Jugendmedienschutz zukünftig zu sichern (vgl. VG Minden, Urt. v. 18.08.2010 - 7 K 721/10 -, juris).
43 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Das Gericht sah keinen Anlass, die Entscheidung hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO.
45 
Beschluss
46 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
47 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
21 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S.1 VwGO).
22 
1. Die Bescheide sind formell fehlerfrei ergangen.
23 
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Beklagten folgt aus § 20 Abs. 1, 4 und Abs. 6 i.V.m. § 14 Abs. 1 JMStV als der für den Wohnsitz des Klägers zuständigen Landesmedienanstalt. Der Staatsvertrag stellt eine einheitliche, bei den Medienanstalten der Länder konzentrierte Aufsicht für alle elektronischen Online-Dienste her, nachdem der Bundesgesetzgeber im Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730) insoweit auf Jugendschutzbestimmungen verzichtet hatte. Der Staatsvertrag dient dem Schutz aller Nutzer, besonders aber dem von Kindern und Jugendlichen, vor Online-Angeboten, die die Entwicklung oder Erziehung von Kindern und Jugendlichen gefährden können oder die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen (§ 1 JMStV).
24 
Das im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag geregelte nähere Verfahren ist eingehalten worden. Insbesondere hat die auf der Grundlage des § 14 Abs. 2 JMStV gebildete Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die gemäß § 16 Abs. 1 JMStV für die abschließende Beurteilung von Angeboten nach diesem Staatsvertrag zuständig ist, bzw. der von dieser gemäß § 14 Abs. 5 gebildete Prüfausschuss die hier verfügte Entscheidung getroffen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 JMStV); das dazu erforderliche Einstim-migkeitserfordernis ist gegeben (§ 14 Abs. 5 Satz 3 JMStV).
25 
Auch ist der Kläger zuvor von der durch die obersten Landesjugendbehörden einge-richteten gemeinsamen Stelle Jugendschutz aller Länder "jugendschutz.net", die organisatorisch an die KJM angebunden ist, auf den (gerügten) Verstoß hingewiesen (§ 18 Abs. 1 bis 4 JMStV) und vor Erlass der angefochtenen Verfügung gesondert angehört worden (vgl. § 28 VwVfG).
26 
2. Auch materiell rechtlich sind die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden.
27 
Die Beklagte durfte feststellen, dass der Kläger als Betreiber des Internetangebotes www... gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 JMStV verstoßen hat, indem er durch die Verlinkung auf die Internetangebote www.vod-sexfantasien.eu und www.gina-videos.eu pornografische Inhalte frei zugänglich gemacht hat, und durfte den Verstoß beanstanden.
28 
Ermächtigungsgrundlage für die Feststellung und Beanstandung ist § 20 des Gesetzes zum Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV) vom 4. Februar 2003, GBl. 2003, 93). Der Geltungsbereich des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags ist eröffnet, weil dieser nach § 2 Abs. 1 JMStV für elektronische Informations- und Kommunikationsmedien (Rundfunk und Telemedien) gilt. Telemedien sind nach der in § 2 Abs. 1 Satz 3 des Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV -) vom 31. August 1991 enthaltenen Legaldefinition alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste (vgl. auch § 2 Abs. 1 JMStV). Nach § 20 Abs. 4 JMStV trifft die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM entsprechend § 59 Abs. 2 bis 4 RStV unter Beachtung der Regelungen zur Verantwortlichkeit nach den §§ 7 bis 10 des Telemediengesetzes (TMG) vom 26.02.2007 (BGBl. I S. 179), zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 31.5.2010 (BGBl. I S. 692) die jeweilige Entscheidung für Anbieter von Telemedien (VG Lüneburg, Beschl. v. 16.10.2007 - 6 B 33/07 -, juris).
29 
Nach § 59 Abs. 2 bis 4 RStV trifft die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde, wenn sie einen Verstoß gegen die Bestimmungen mit Ausnahme der § 54, § 55 Abs. 2 und 3, § 56, § 57 Abs. 2 oder der Datenschutzbestimmungen des Telemediengesetzes feststellt, die zur Beseitigung des Verstoßes erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter. Sie kann insbesondere Angebote untersagen und deren Sperrung anordnen § 59 Abs. 3 Satz 2 RStV. Die Untersagung darf nicht erfolgen, wenn die Maßnahme außer Verhältnis zur Bedeutung des Angebots für den Anbieter und die Allgemeinheit steht und ihr Zweck nicht in anderer Weise erreicht werden kann. Die Untersagung ist, soweit ihr Zweck dadurch erreicht werden kann, auf bestimmte Arten und Teile von Angeboten oder zeitlich zu beschränken.
30 
Die Aufzählung der zulässigen Maßnahmen in § 59 Abs. 3 Satz 2 RStV ist nicht vollständig („insbesondere“). Die gegenüber der Untersagung weniger gewichtigen Maßnahmen der Feststellung und Beanstandung sind deshalb durch § 59 Abs. 3 Satz 2 RStV gedeckt. Die hier ausgesprochene Beanstandung ist eine typische medienrechtliche Handlungsmöglichkeit und Maßnahme (VG Minden, Urt. v. 18.08.2010 - 7 K 721/10 -, juris; VG Münster, Urt. v. 12.02.2010 - 1 K 1608/09 -, juris; VG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012 - 27 K 6228/10 -, juris). So ermöglicht § 24 Abs. 6 JMStV der zuständige Medienanstalt zu bestimmen, dass Beanstandungen nach einem Rechtsverstoß gegen Regelungen des Staatsvertrages von dem betroffenen Anbieter in seinem Angebot verbreitet oder in diesem zugänglich gemacht werden,.
31 
Der Kläger ist Anbieter im Sinne des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags. Der Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags, Kinder und Jugendliche vor jugendgefährdenden Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien wirksam zu schützen, erfordert eine weite Auslegung des Anbieterbegriffs in § 3 Abs. 2 Nr. 3 JMStV. Anbieter ist deshalb auch derjenige, der Internetnutzern über seine Website Zugang zu Inhalteanbietern vermittelt (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2007 - I ZR 102/05 -, juris). Entscheidend für die Annahme der Anbietereigenschaft ist, ob der Inhaber einer Webseite Einfluss auf Einzelheiten der inhaltlichen Gestaltung der Webseite hat (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 29.02.2012 - 9 K 138/09 -, juris; VG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012 - 27 K 6228/10 -, juris). Der Kläger hat als Domaininhaber eine rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung des unter seiner Domain betriebenen Internetangebots. Er gestaltet den Inhalt seiner Webseite inhaltlich, indem er die Links (elektronische Querverweise), die zu seiner Webseite passen, aussucht, sie werbend kommentiert und sie freischaltet.
32 
Die Webseiten www.vod-sexfantasien.eu und www.gina-videos.eu des Klägers enthielten unzulässige Angebote im Sinn des § 4 Abs. 1 JMStV. Unzulässig sind unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit Angebote, wenn sie in sonstiger Weise pornografisch sind, § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV und wenn von Seiten des Anbieters nicht sichergestellt ist, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden, § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV. Ein Film ist "pornographisch" im Sinne von § 184 StGB, wenn sein Inhalt unter Hintansetzung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund rückt und ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzielt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2002 - 6 C 13/01 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.12.2009 - 14 K 4086/07 -, juris). Der Kläger hat nicht in Abrede gestellt, dass über die Domain „...“ und über das Erotik Portal im Zeitpunkt der Überprüfung aufgrund von ihm freigeschalteter Links mangels eines verlässlichen Altersverifikationssystems auch für nicht Erwachsene der Zugriff auf pornografische Inhalt möglich war. Zweifel an der Authentizität der von der Beklagten an Hand von Pfad- und Bildbeschreibungen dargelegten Beispielsfälle hat er nicht geltend gemacht.
33 
Der Kläger bestreitet ohne Erfolg seine Verantwortlichkeit mit dem Vortrag, der Inhalt der Links seien nach der Freischaltung durch ihn von den Inhabern der verlinkten Webseiten abgeändert worden.
34 
Die Verantwortlichkeit eines Anbieters beurteilt sich gemäß § 20 Abs. 4 JMStV nach §§ 7-10 TMG. Nach § 7 Abs. 1 TMG sind Dienstanbieter für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Nach § 7 Abs. 2 TMG sind Dienstanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TMG sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben, es sei denn der Diensteanbieter arbeitet absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammen, um rechtswidrige Handlungen zu begehen. Vorliegend kann sich der Kläger aber nicht auf eine Einschränkung der Verantwortlichkeit aufgrund der §§ 8 ff. TDG berufen. Denn § 8 TMG kommt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs, der sich die Kammer anschließt, in den Fällen der Ermöglichung des Zugriffs auf fremde Inhalte mittels interaktiver Verknüpfungen (Hyperlinks) nicht zur Anwendung. Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus:
35 
„Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr, deren Umsetzung die beiden Gesetze dienen, hat die Frage der Haftung der Hyperlinks ausgespart (vgl. Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie). Aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich eindeutig, dass die Haftung der Hyperlinks - auch wenn die Richtlinie insoweit keine Sperrwirkung entfaltet - im Teledienstegesetz und damit auch im Telemediengesetz, das die Bestimmungen der §§ 8 ff. TDG unverändert übernommen hat (nunmehr §§ 9 ff. TMG), nicht geregelt worden ist (vgl. die Gegenäußerung der Bundesregierung [BT-Drucks. 14/6098, S. 37] zu dem entsprechenden Vorschlag des Bundesrates [ebd. S. 37]). Die Haftung für Hyperlinks richtet sich daher nach den allgemeinen Vorschriften (BT-Drucks. 14/6098, S. 37; Spindler in Spindler/Schmitz/Geis, TDG, Vor § 8 Rdn. 32 ff.; Hoeren in Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Stand Oktober 2007, Teil 18.2 Rdn. 195 ff.). Danach ist eine differenzierte Beurteilung geboten, wie sie die Rechtsprechung bereits in der Zeit vor Umsetzung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr für erforderlich gehalten hatte. Zumindest derjenige, der sich die fremden Informationen, auf die er mit Hilfe des Hyperlinks verweist, zu eigen macht, haftet dafür wie für eigene Informationen, also wie ein Content-Provider i.S. des § 7 Abs. 1 TMG bzw. des § 8 Abs. 1 TDG (BGH, Urt. v. 18.10.2007 - I ZR 102/05 -, juris)“.
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Ziel des Klägers als Domaininhaber ist es, dass die Besucher seiner Domain die von der Webseite aus verlinkten Webseiten aufsuchen. Durch das Setzen der Links schafft der Kläger als Anbieter bewusst die Möglichkeit, dass Dritte die ihm bekannten Inhalte der verlinkten Seiten zur Kenntnis nehmen können (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012 - 27 K 6228/10 -, juris). In dem er Dritten den Zugang ermöglicht, macht er sich auch den Inhalt der Links, zu denen er den Zugang ermöglicht, zu Eigen. Dies gilt zumindest dann, wenn sich die Webseite - wie die des Klägers - nicht auf eine bloße Auflistung von Links beschränkt, sondern die zu erreichenden Inhalte anpreist oder beschreibt. Der Kläger macht sich damit die fremden Informationen, auf die mit Hilfe des Hyperlinks verwiesen wird, durch ihre Freischaltung zu Eigen und haftet deshalb nach den allgemeinen Vorschriften dafür wie für eigene Informationen (vgl. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.12.2009 - 14 K 4086/07 -, juris).
37 
Der Kläger kann auch nicht nur für die im Zeitpunkt der Freischaltung bekannten Inhalte, sondern auch für nachträglich durch den Inhaber der freigeschalteten Webseite veränderte Inhalte bzw. für eine veränderte Zugänglichkeit der freigeschalteten Links als Störer herangezogen werden.
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Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Meinung ist die polizeirechtliche Verhaltensverantwortlichkeit grundsätzlich nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung zu bestimmen; danach ist (Verhaltens-)Störer diejenige Person, die bei wertender Betrachtung unter Einbeziehung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles durch ihr Verhalten die Gefahrengrenze überschritten und damit die unmittelbare Ursache für den Eintritt der Gefahr gesetzt hat. Als Zweckveranlasser ist auch derjeni0ge unmittelbarer Verursacher, der – gleichsam als "Hintermann" – das Verhalten des eigentlichen Veranlassers, der eine Gefahr bzw. eine Störung unmittelbar verursacht hat, subjektiv oder objektiv bezweckt hat bzw. derjenige, als Folge von dessen Verhalten sich das Verhalten des unmittelbaren Verursachers zwangsläufig eingestellt hat bzw. dessen Verhalten mit der durch den Verursacher unmittelbar herbeigeführten Gefahr eine "natürliche Einheit" bildet. Da die Kriterien der "objektiven Bezweckung", des "zwangsläufigen Sich-Einstellens einer Gefahr" sowie der "natürlichen Einheit" wegen ihrer Unschärfe nicht immer zweifelsfrei bejaht werden können, wird zur Beurteilung der Frage, wer unmittelbarer Verursacher ist, ergänzend auch die Rechts- und Pflichtwidrigkeit eines Verhaltens geprüft und eine Schadens- und Risikozurechnung aufgrund eines Rechtswidrigkeitsurteils vorgenommen, um im Rahmen einer wertenden Betrachtung zu bestimmen, welche von mehreren ursächlichen Handlungen (ggf. auch) die Gefahrenschwelle überschritten hat und damit die Polizeipflichtigkeit nach sich zieht (vgl. zum ganzen OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 26.01.2012 - 8 A 11081/11 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.04.2011 - 1 S 1250/11 -, juris; VG Hamburg, Beschl. v. 02.04.2012 -15 E 756/12 -, juris).
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Die Schadens- und Risikozurechnung aufgrund der danach gebotenen werdenden Betrachtung unter ergänzender Berücksichtigung eines Rechts- und Pflichtwidrigkeitsurteils führt bei der gebotenen wertenden Betrachtung zu dem Ergebnis, dass das von dem Kläger eingegangene und verwirklichte Risiko eines Gesetzesverstoßes infolge des Verhaltens eines Vertragspartners dem Kläger zuzurechnen ist, und er auch dann als unmittelbarer Störer haftet, wenn andere die von ihm freigeschalteten Links nachträglich in einer den Jugendschutz gefährdenden Weise verändern. Ihm war deshalb der pornographische Inhalt der verlinkten Internetseiten www.vod-sexfantasien.eu und www.gina-videos.eu, bzw. deren freien Zugänglichkeit auf die die Besucher seiner Internetseiten zugreifen konnten, als unmittelbarer Störer zuzurechnen.
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Das ordnungsrechtliche Rechtswidrigkeitsurteil beruht darauf, dass der Kläger aus wirtschaftlichen Gründen in Kauf nimmt, dass durch die Veränderung der von ihm freigeschalteten Webseiten pornografische Inhalte für Jugendliche frei zugänglich sind. Der Kläger ist nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag verpflichtet, seine Webseite jugendschutzkonform zu gestalten. Diese Verpflichtung besteht im Hinblick auf den Schutzzweck von § 4 JMStV unabhängig davon, wie zeitaufwendig und kostenungünstig die erforderlichen Kontrollen bzw. die Ausgestaltung der eigenen Webseite sind. Entscheidend für das Rechtswidrigkeitsurteil ist, dass der Kläger seine Webseite mit einem Altersverifikationssystem versehen könnte, um damit die Gefährdung von Jugendlichen aufgrund nachträglicher Veränderung der Inhalte von Links oder des Zugangs zu ihnen zu verhindern. Indem er dies aus wirtschaftlichen Gründen unterlässt, geht er ein vorhersehbares Risiko ein, ohne sicherstellen zu können, dieses zu beherrschen. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, eine private Firma mit der Überprüfung seiner Webseite beauftragt zu haben, nachdem die Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, die Jugendschutzbeauftragte in Hamburg habe nur seine Webseite, nicht aber auch die Links überprüft. Ebenso wenig genügt es, sich auf der eigenen Webseite ausdrücklich von unzulässigen Inhalten zu distanzieren, weil sich Jugendliche erfahrungsgemäß durch eine verbale Distanzierung nicht von einer Nutzung der Webseite abhalten lassen. Der Kläger wusste auch nachweislich, dass er Zugang zu Links mit potentiell pornographischem Inhalt vermittelt. Denn aus dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ausdruck vom 22.01.2009 aus dem Inhalt der der Behördenakte beiliegenden CD zu der Domain „...“ findet sich bei dem Titel „Sexfantasien“ folgender Text: „Die schärfsten Pornos hier! Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt! Über 70 000 Filme zum direkt ansehen in DVD Qualität. Täglich neue Titel“. Die Beklagte hat zudem in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass Gina Wild, zu der man über den Link www.vod-sexfantasien.eu/ gelange, eine sehr bekannte Pornodarstellerin sei. Der Kläger musste damit aufgrund seiner eigenen Werbung damit rechnen, dass Jugendliche versuchen werden, sich entsprechende Filme anzuschauen. Der Kläger war sich auch der technischen Möglichkeit bewusst, dass der Link nach der Freischaltung durch ihn einen pornografischen Inhalt bekommen kann, der ein verlässliches Altersverifikationssystems notwendig machen würde bzw. dass der Link insoweit verändert werden kann, dass das Altersverifikationssystem nachträglich wieder entfernt wird. Da der Kläger und die Inhaber der veränderten Webseiten wirtschaftlich gesehen ein gemeinsames Interesse verfolgen, weil die Webseite des Klägers attraktiver ist, wenn der Zugang auch für Jugendliche zu pornografischen Inhalten komplikationslos frei zugänglich ist und die Inhaber der entsprechenden Webseiten davon profitieren, über die Webseite des Klägers schneller gefunden zu werden, ist bei der gebotenen wertenden Betrachtung unter Berücksichtigung der Pflichtwidrigkeit des klägerischen Verhaltes und der Tatsache, dass der Kläger durch eine jugendschutzkonforme Gestaltung mit Hilfe eines eigenen Altersverifikationssystems sich davor schützen könnte, dass über seine Webseite Jugendlichen der Zugang zu pornografischen Inhalten möglich ist, ihm das Verhalten der Vertragspartner zuzurechnen. Da er allein aus wirtschaftlichen Gründen seine Webseite nicht mit einem Altersverifikationssystem versieht und durch die Freischaltung der Links ohne deren anschließende Überwachung sehenden Auges in Kauf nimmt, dass die Gefahr einer den Jugendschutz gefährdenden Veränderung des Links sich verwirklicht, ist er bei der gebotenen wertenden Betrachtung unmittelbarer Verursacher der Störung. Darauf, ob es dem Kläger im konkreten Fall bewusst war, welche Inhalte von seiner Domain aus im Einzelnen erreichbar waren oder nach der Freischaltung erreichbar wurden, kommt es nicht an. Zum Störer wird er allein dadurch, dass durch sein eigenes bzw. ihm zurechenbares fremdes Verhalten eine Gefahr verursacht wird oder eine solche Gefahr aus dem Zustand einer von ihm rechtlich oder tatsächlich beherrschten Sache entsteht. Unerheblich ist, ob ihn ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) trifft (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012 - 27 K 6228/10 -, juris).
41 
Der Verstoß gegen § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 JMStV wird nicht dadurch beseitigt, dass der Antragsteller zwischenzeitlich die in dem Bescheid vom 15.06.2010 beanstandeten Verlinkungen gelöscht hat. Auf der Tatbestandsebene setzen § 20 Abs. 1 und 4 JMStV i. V. m. § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV schon nach dem Wortlaut voraus, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen des Staatsvertrages verstoßen hat. Dass Verstöße in der Vergangenheit für ein Einschreiten der Landesmedienanstalt im Wege ihrer Aufsicht über Telemediendienste ausreichend sein müssen, ergibt sich auch bei teleologischer Auslegung. Maßnahmen auf der Grundlage des § 20 JMStV verfolgen den Zweck, einem Anbieter dessen rechtswidriges Verhalten vor Augen zu führen und für die Zukunft die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz zu sichern (VG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2012 - 27 K 6228/10 -, juris).
42 
Die verfügte Beanstandung stellt schließlich eine "erforderliche Maßnahme" im Sinne von § 20 Abs. 1, 4, § 4 Abs. 2 JMStV und § 59 Abs. 3 RStV dar und ist im Übrigen verhältnismäßig. Die ausgesprochenen Beanstandungen sind bloße Hinweise auf einen festgestellten Rechtsverstoß und daher die denkbar mildeste Maßnahme, die zudem geeignet und angemessen war, dem Kläger dessen Rechtsverstöße nachdrücklich vor Augen zu führen und so den Jugendmedienschutz zukünftig zu sichern (vgl. VG Minden, Urt. v. 18.08.2010 - 7 K 721/10 -, juris).
43 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Das Gericht sah keinen Anlass, die Entscheidung hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO.
45 
Beschluss
46 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
47 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 25. Juli 2012 - 5 K 3496/10 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 28 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach de

Strafprozeßordnung - StPO | § 153 Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit


(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein

Telemediengesetz - TMG | § 7 Allgemeine Grundsätze


(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. (2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherte

Telemediengesetz - TMG | § 8 Durchleitung von Informationen


(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie 1. die Übermittlung nicht veranlasst,2. den Adressaten der übermi

Strafgesetzbuch - StGB | § 184 Verbreitung pornographischer Inhalte


(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) 1. einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht,2. an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich

Telemediengesetz - TMG | § 10 Speicherung von Informationen


Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern 1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch kein

Telemediengesetz - TMG | § 5 Allgemeine Informationspflichten


(1) Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten: 1. den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelas

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 25. Juli 2012 - 5 K 3496/10 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 25. Juli 2012 - 5 K 3496/10 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Okt. 2007 - I ZR 102/05

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 102/05 Verkündet am: 18. Oktober 2007 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Jan. 2012 - 8 A 11081/11

bei uns veröffentlicht am 26.01.2012

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. April 2011 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3.)
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 25. Juli 2012 - 5 K 3496/10.

Verwaltungsgericht Halle Urteil, 01. Juni 2016 - 7 A 92/15 HAL

bei uns veröffentlicht am 01.06.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Betrages abwenden, der vollstreckt

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 17. Juni 2015 - 13 A 1072/12

bei uns veröffentlicht am 17.06.2015

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2012 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 16. August 2010 wird auch zu Ziff. 1 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Kos

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 17. Juni 2015 - 13 A 1215/12

bei uns veröffentlicht am 17.06.2015

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2012 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2010 (gemeint 2011) wird zu Ziff. 1 und Ziff. 2 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten wird zu

Referenzen

(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3)

1.
einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht,
2.
an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich macht,
3.
im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einem anderen anbietet oder überläßt,
3a.
im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen anbietet oder überläßt,
4.
im Wege des Versandhandels einzuführen unternimmt,
5.
öffentlich an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Schriften außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel anbietet oder bewirbt,
6.
an einen anderen gelangen läßt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein,
7.
in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt zeigt, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird,
8.
herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einzuführen unternimmt, um diesen im Sinne der Nummern 1 bis 7 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder
9.
auszuführen unternimmt, um diesen im Ausland unter Verstoß gegen die dort geltenden Strafvorschriften zu verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz 1 Nummer 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt. Absatz 1 Nr. 3a gilt nicht, wenn die Handlung im Geschäftsverkehr mit gewerblichen Entleihern erfolgt.

(3) bis (7) (weggefallen)

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3)

1.
einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht,
2.
an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich macht,
3.
im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einem anderen anbietet oder überläßt,
3a.
im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen anbietet oder überläßt,
4.
im Wege des Versandhandels einzuführen unternimmt,
5.
öffentlich an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Schriften außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel anbietet oder bewirbt,
6.
an einen anderen gelangen läßt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein,
7.
in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt zeigt, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird,
8.
herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einzuführen unternimmt, um diesen im Sinne der Nummern 1 bis 7 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder
9.
auszuführen unternimmt, um diesen im Ausland unter Verstoß gegen die dort geltenden Strafvorschriften zu verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz 1 Nummer 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt. Absatz 1 Nr. 3a gilt nicht, wenn die Handlung im Geschäftsverkehr mit gewerblichen Entleihern erfolgt.

(3) bis (7) (weggefallen)

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

1.
sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder
2.
sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

(1) Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:

1.
den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform, den Vertretungsberechtigten und, sofern Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht werden, das Stamm- oder Grundkapital sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen eingezahlt sind, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen,
2.
Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post,
3.
soweit der Dienst im Rahmen einer Tätigkeit angeboten oder erbracht wird, die der behördlichen Zulassung bedarf, Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde,
4.
das Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister oder Genossenschaftsregister, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer,
5.
soweit der Dienst in Ausübung eines Berufs im Sinne von Artikel 1 Buchstabe d der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. EG Nr. L 19 S. 16), oder im Sinne von Artikel 1 Buchstabe f der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. EG Nr. L 209 S. 25, 1995 Nr. L 17 S. 20), zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/38/EG der Kommission vom 20. Juni 1997 (ABl. EG Nr. L 184 S. 31), angeboten oder erbracht wird, Angaben über
a)
die Kammer, welcher die Diensteanbieter angehören,
b)
die gesetzliche Berufsbezeichnung und den Staat, in dem die Berufsbezeichnung verliehen worden ist,
c)
die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen und dazu, wie diese zugänglich sind,
6.
in Fällen, in denen sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a des Umsatzsteuergesetzes oder eine Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c der Abgabenordnung besitzen, die Angabe dieser Nummer,
7.
bei Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die sich in Abwicklung oder Liquidation befinden, die Angabe hierüber,
8.
bei audiovisuellen Mediendiensteanbietern die Angabe
a)
des Mitgliedstaats, der für sie Sitzland ist oder als Sitzland gilt sowie
b)
der zuständigen Regulierungs- und Aufsichtsbehörden.

(2) Weitergehende Informationspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 102/05 Verkündet am:
18. Oktober 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ueber18.de
TMG § 7 Abs. 1; UWG §§ 3, 4 Nr. 11; JMStV § 3 Abs. 2 Nr. 3, § 4 Abs. 2

a) Die Haftung desjenigen, der einen Hyperlink auf eine Website mit rechtswidrigen
Inhalten setzt, richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen. Macht
sich derjenige, der den Hyperlink setzt, die Inhalte, auf die er verweist, zu eigen
, haftet er dafür wie für eigene Informationen.

b) Als Täter einer unlauteren Wettbewerbshandlung haftet, wer Internetnutzern
über seine Website einen gebündelten Zugang zu pornographischen Internetseiten
Dritter vermittelt, ohne durch ein den Anforderungen des § 4 Abs. 2
JMStV genügendes Altersverifikationssystem Minderjährige am Zugriff auf
diese Angebote zu hindern.

c) Wer ein unzureichendes Altersverifikationssystem vertreibt, das für pornographische
Angebote im Internet bestimmt ist, haftet wettbewerbsrechtlich
als Teilnehmer für Verstöße gegen § 4 Abs. 2 JMStV, die seine Abnehmer
mit der Verwendung des Systems für entsprechende Angebote begehen,
wenn ihm bekannt ist, dass die jugendschutzrechtliche Unbedenklichkeit des
Systems ungeklärt ist.

d) § 4 Abs. 2 JMStV ist eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG.

e) Ein Altersverifikationssystem, das den Zugang zu pornographischen Angeboten
im Internet nach Eingabe einer Ausweisnummer sowie der Postleitzahl
des Ausstellungsortes ermöglicht, stellt keine effektive Barriere für den Zugang
Minderjähriger zu diesen Angeboten dar und genügt nicht den Anforderungen
des § 4 Abs. 2 JMStV. Nichts anderes gilt, wenn zusätzlich die Eingabe
einer Adresse sowie einer Kreditkartennummer oder Bankverbindung
und eine Zahlung eines geringfügigen Betrages verlangt wird.
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Mai 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Altersverifikationssysteme für Erwachsenenangebote im Internet. Sie bieten ihre Systeme insbesondere den Betreibern pornographischer Internetseiten an, die damit den Zugang Minderjähriger zu ihren Angeboten ausschließen wollen.
2
Das System der Beklagten "ueber18.de" verlangt zunächst die Eingabe einer Personalausweis- oder Reisepassnummer. In der Version 1 ist außerdem die Angabe der Postleitzahl des Ausstellungsorts erforderlich, in der Version 2 zusätzlich zu den Angaben der Version 1 ein Name, eine Adresse und eine Kreditkartennummer oder Bankverbindung für die Überweisung eines Betrags von 4,95 €. Bei der Abfrage der Ausweisnummer wird nicht kontrolliert, ob diese tatsächlich an einen Erwachsenen vergeben ist, sondern lediglich, ob sie den allgemeinen Regeln für die Bildung von Personalausweisnummern entspricht. Außerdem wird abgeglichen, ob der angegebene Ausstellungsort demjenigen entspricht, der sich aus der in der Personalausweisnummer enthaltenen Behördenkennzahl ergibt.
3
Die Beklagte stellt auf ihrer Website "ueber18.de" einen Katalog mit Anbietern zur Verfügung, die ihr System einsetzen. Sie gewährt auch den Zugang zu den Internetseiten ihrer Kunden, indem sie diese nach Eingabe der geforderten Angaben jeweils freischaltet oder nicht.
4
Die Klägerin macht geltend, dass das System der Beklagten gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) und gegen § 184c StGB verstoße, da es nicht sicherstelle, dass Minderjährigen Erwachsenenangebote nicht zugänglich seien.
5
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im Geltungsbereich des deutschen Rechts ein Jugendschutzsystem für pornographische Internetinhalte i.S. des § 184 StGB, § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV in Verkehr zu bringen, anzubieten, zugänglich zu machen, zu bewerben sowie insbesondere gegenüber denjenigen Kunden, die bisher Zugang zu pornographischen Inhalten über das Jugendschutzsystem der Beklagten (sogenannte Bestandskunden ) erlangen, zu betreiben und/oder zu betreuen, das nutzerseitig auf der Eingabe der Personalausweisnummer oder Reisepassnummer - auch in Kombination mit der Durchführung einer Kontobewegung und/oder der Abfrage einer Postleitzahl - sowie der hierauf beruhenden Verifikation des Alters basiert, ohne dass dabei eine persönliche Identifi- kation mit Altersüberprüfung des Nutzers, etwa im Rahmen des PostIdent -Verfahrens, bei seiner Registrierung erfolgt.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben (OLG Düsseldorf CR 2005, 657 = MMR 2005, 611). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Das Altersverifikationssystem der Beklagten stelle einen Ausschluss Minderjähriger von pornographischen Darbietungen im Internet in beiden Versionen nicht i.S. des § 4 Abs. 2 JMStV und des § 184c StGB sicher, weil es keine effektive Barriere zwischen den Inhalten der pornographischen Internetseiten und einem potentiellen minderjährigen Nutzer bilde. Es bestehe die nicht fernliegende Möglichkeit, dass Jugendliche sich Ausweispapiere von Eltern oder erwachsenen Freunden beschafften und damit das System der Beklagten durch Eingabe "echter" Daten ohne weiteres überwänden. Auch die Notwendigkeit einer Zahlung in der Version 2 stelle kein ausreichendes Zugangshindernis dar. Insbesondere verfüge eine Vielzahl Jugendlicher über ein eigenes, von den Eltern nicht regelmäßig kontrolliertes Girokonto.
9
Weder sei eine restriktive Auslegung der Anforderungen an ein Altersverifikationssystem geboten, weil eine jugendgefährdende Wirkung pornographi- scher Darstellungen nicht nachgewiesen sei, noch verstoße die vom Berufungsgericht vertretene Auslegung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit , weil Jugendliche ohne jede Zugangsbeschränkung auf ausländische Angebote mit pornographischem Inhalt zugreifen könnten. Ebenso wenig werde die Informationsfreiheit Erwachsener unverhältnismäßig beschränkt.
10
§ 4 Abs. 2 Nr. 2 JMStV und § 184c StGB seien dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Der Verstoß gegen diese Bestimmungen, der im Einsatz des unzureichenden Systems der Beklagten liege, sei deshalb unlauter i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Die Beklagte begehe selbst diese unlautere Wettbewerbshandlung, weil sie durch die Implementierung ihres Systems auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt an dem Verstoß gegen Jugendschutzbestimmungen unmittelbar mitwirke. Sie beeinträchtige den Wettbewerb mit ihrem System in nicht nur unerheblicher Weise zu Lasten der Mitbewerber, die ein Altersverifikationssystem mit den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, strengeren Zugangsvoraussetzungen schwieriger absetzen könnten, und der besonders schutzwürdigen jugendlichen Verbraucher.
11
II. Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte haftet nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, weil sie pornographische Inhalte im Internet ohne ausreichende Altersverifikation und damit unter Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV zugänglich macht.
12
Das Berufungsgericht hat zutreffend einen Verstoß der Beklagten gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 4 Abs. 2 JMStV angenommen. Nach der zuletzt genannten Vorschrift sind Angebote pornographischer Inhalte in Telemedien unzulässig , wenn der Anbieter nicht sicherstellt, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Die Bereitstellung und Betreuung ihrer Altersverifika- tionssysteme sind Wettbewerbshandlungen der Beklagten i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.
13
Soweit die Beklagte mit ihrem Internetauftritt "ueber18.de" als Anbieterin pornographischer Inhalte im Internet anzusehen ist, verstößt sie selbst gegen § 4 Abs. 2 JMStV (unten II 1 bis 4). Nach dem Antrag der Klägerin soll der Beklagten allerdings nicht nur Betrieb und Betreuung ihres Altersverifikationssystems , für die sie ihre Website benutzt, untersagt werden. Vielmehr will die Klägerin der Beklagten den Vertrieb ihres Systems in Deutschland insgesamt verbieten lassen. Der Vertrieb des Systems verstößt für sich allein betrachtet zwar nicht gegen Jugendschutzrecht. Insoweit ist der Unterlassungsanspruch aber unter dem Gesichtspunkt der Teilnahme der Beklagten an Verstößen ihrer Kunden gegen § 4 Abs. 2 JMStV gerechtfertigt (unten II 5).
14
1. Die Beklagte ist Adressatin des Gebots der Zugangsbeschränkung gegenüber Minderjährigen gemäß § 4 Abs. 2 JMStV.
15
a) Der Geltungsbereich des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags ist eröffnet. Die Beklagte bietet auf ihrer Website "ueber18.de" selbst fortlaufend Telemedien i.S. der § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 JMStV an. Telemedien sind insbesondere Online-Angebote, die im Internet abrufbar sind (vgl. Scholz/Liesching, Jugendschutz, 4. Aufl., § 3 JMStV Rdn. 2).
16
Der Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags, Kinder und Jugendliche vor jugendgefährdenden Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien wirksam zu schützen, erfordert eine weite Auslegung des Anbieterbegriffs in § 3 Abs. 2 Nr. 3 JMStV. Anbieter ist deshalb auch derjenige , der Internetnutzern über seine Website Zugang zu Inhalteanbietern vermittelt (Nikles/Roll/Spürck/Umbach, Jugendschutzrecht, 2. Aufl., § 3 JMStV Rdn. 6; Scholz/Liesching aaO § 3 JMStV Rdn. 5; Ukrow, Jugendschutzrecht, Rdn. 401; ferner Begründung der Regierung des Saarlandes für das Zustimmungsgesetz zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Landtag des Saarlands, Drucks. 12/793, S. 41).
17
Die Beklagte verschafft Internetnutzern durch den auf ihrer Website bereitgestellten Katalog einen gebündelten Zugang zu den sogenannten Erwachsenenangeboten ihrer Kunden. Die Nutzer suchen die Website der Beklagten bestimmungsgemäß ähnlich einem Ladengeschäft auf und wählen aus den dort bereitgehaltenen pornographischen Angeboten. Bei deren Vertrieb fungiert die Beklagte mithin als Absatzmittler und damit funktional nicht anders als ein Händler pornographischer Schriften. Dass der Beklagten keine Rechte an den von ihr angebotenen Inhalten zustehen, ist bei der gebotenen zweckorientierten und funktionalen Auslegung des Begriffs "Angebot" in § 4 Abs. 2 JMStV ohne Bedeutung. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass das System der Beklagten - obwohl es insbesondere für Anbieter pornographischer Inhalte bestimmt ist - als solches nicht pornographisch ist. Denn die Beklagte beschränkt sich nicht darauf, ihren Kunden das Altersverifikationssystem in einem einmaligen Vorgang als Software zu überlassen.
18
Unerheblich ist auch, ob die Auswahl der zugelassenen Nutzer im Wege der Registrierung allein auf technischem Weg erfolgt. Die Beklagte macht selbst nicht geltend, keine Kontrolle über den Anbieterkatalog auf ihrer Website zu haben. Sie ist deshalb nicht vergleichbar mit einem Internet-Auktionshaus, das den rein technischen Vorgang der Freischaltung eines Auktionsangebots nicht kontrolliert und deshalb nicht als Täter oder Teilnehmer einer durch das Angebot bewirkten Markenverletzung oder Jugendgefährdung haftet (vgl. BGHZ 158, 236, 250; BGH, Urt. v. 19.4.2007 - I ZR 35/04, GRUR 2007, 708 Tz. 31 = WRP 2007, 964 - Internet-Versteigerung I und II; Urt. v. 12.7.2007 - I ZR 18/04, GRUR 2007, 890 Tz. 21 = WRP 2007, 1173 - Jugendgefährdende Medien bei eBay, zum Abdruck in BGHZ 173, 188 vorgesehen).
19
b) Das Telemediengesetz schließt den hier allein geltend gemachten Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte ebenso wenig aus wie das frühere Teledienstegesetz.
20
Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass die Beklagte auf ihrer Website "ueber18.de" einen Katalog mit Anbietern unterhält, die ihr Altersverifikationssystem einsetzen. Interessenten können auf diese Weise mit einem Mausklick aus einem umfangreichen, Erwachsenen vorbehaltenen pornographischen Angebot auswählen. Das Telemediengesetz enthält ebenso wenig wie das Teledienstegesetz eine Regelung der Haftung desjenigen, der mittels eines elektronischen Querverweises (Hyperlink oder Link) den Zugang zu rechtswidrigen Inhalten eröffnet. Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr , deren Umsetzung die beiden Gesetze dienen, hat die Frage der Haftung der Hyperlinks ausgespart (vgl. Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie). Aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich eindeutig, dass die Haftung der Hyperlinks - auch wenn die Richtlinie insoweit keine Sperrwirkung entfaltet - im Teledienstegesetz und damit auch im Telemediengesetz, das die Bestimmungen der §§ 8 ff. TDG unverändert übernommen hat (nunmehr §§ 9 ff. TMG), nicht geregelt worden ist (vgl. die Gegenäußerung der Bundesregierung [BT-Drucks. 14/6098, S. 37] zu dem entsprechenden Vorschlag des Bundesrates [ebd. S. 37]). Die Haftung für Hyperlinks richtet sich daher nach den allgemeinen Vorschriften (BT-Drucks. 14/6098, S. 37; Spindler in Spindler/Schmitz/Geis, TDG, Vor § 8 Rdn. 32 ff.; Hoeren in Hoeren/Sieber, Handbuch MultimediaRecht , Stand Oktober 2007, Teil 18.2 Rdn. 195 ff.). Danach ist eine differenzierte Beurteilung geboten, wie sie die Rechtsprechung bereits in der Zeit vor Umsetzung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr für erforderlich gehalten hatte. Zumindest derjenige, der sich die fremden Informationen, auf die er mit Hilfe des Hyperlinks verweist, zu eigen macht, haftet dafür wie für eigene Informationen, also wie ein Content-Provider i.S. des § 7 Abs. 1 TMG bzw. des § 8 Abs. 1 TDG (vgl. LG Hamburg NJW 1998, 3650; LG München I MMR 2000, 566, 568, jeweils zu § 5 Abs. 1 TDG 1997; österr. OGH MMR 2001, 518, 520; zum TDG 2001 Spindler aaO Vor § 8 Rdn. 36 ff.; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 184 Rdn. 58; Hoeren in Hoeren/Sieber aaO Teil 18.2 Rdn. 195 f.).
21
Dass sich die Beklagte mit den elektronischen Verweisen auf die pornographischen Angebote dieser Kunden die dort vermittelten Inhalte zu eigen gemacht hat, unterliegt keinem Zweifel. Nach den getroffenen Feststellungen sind diese Verweise wesentlicher Bestandteil ihrer Geschäftsidee. Sie bietet ihren Kunden nicht nur ein verhältnismäßig leicht zu umgehendes und damit - wie sogleich unter II 2 im Einzelnen dargestellt - unzureichendes Altersverifikationssystem an, sondern schaltet das pornographische Angebot ihrer Kunden jeweils frei und nimmt es in einen Katalog pornographischer Angebote auf. Die Attraktivität dieser Leistung, die die Beklagte zusätzlich neben dem Altersverifikationssystem erbringt, liegt darin, dass Internetnutzern auf der Suche nach einschlägigen Angeboten über die Website der Beklagten ein gebündelter Zugang zu den pornographischen Websites ihrer Kunden verschafft wird. Dabei geht es - wie bereits der Domainname "ueber18.de" signalisiert - gerade darum, die Internetnutzer zu pornographischen Angeboten zu führen, die nach § 4 Abs. 2 JMStV nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden dürfen. Hierauf ist die Absicht gerichtet, die die Beklagte mit ihrem Angebot verbindet.
22
2. Das Altersverifikationssystem der Beklagten stellt nicht sicher, dass pornographische Angebote in Telemedien nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden.

23
a) Welcher Grad an Zuverlässigkeit für die Altersverifikation geboten ist und welche Mittel zur Sicherstellung einzusetzen sind, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 4 Abs. 2 JMStV. Nach der Gesetzesbegründung muss sichergestellt sein, dass Kinder oder Jugendliche keinen Zugang haben, so dass die einschlägigen Angebote nur Erwachsenen zur Verfügung stehen; ein verlässliches Altersverifikationssystem muss die Verbreitung an oder den Zugriff durch Minderjährige hindern (Begründung zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 13/1551, S. 26, gleichlautend etwa Landtag des Saarlandes, Drucks. 12/793, S. 44). Dafür, wie ein verlässliches System beschaffen sein muss, ist der Zweck des JugendmedienschutzStaatsvertrags maßgeblich. Dieser Zweck ist darauf gerichtet, für den Jugendmedienschutz im Internet wie in den traditionellen Medien ein einheitliches Schutzniveau zu gewährleisten (vgl. etwa Döring/Günter, MMR 2004, 231, 232). Es ist daher geboten, die Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV an den Maßstäben auszurichten, die für die Zugänglichkeit pornographischer Inhalte in anderen Medien entwickelt worden sind.
24
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein "Zugänglichmachen" i.S. des § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht vor, wenn Vorkehrungen getroffen werden, die den Zugang Minderjähriger zu den pornographischen Inhalten regelmäßig verhindern. Dies erfordere, dass eine "effektive Barriere" zwischen der pornographischen Darstellung und dem Minderjährigen bestehe (BVerwGE 116, 5, 14 f.). Diese Entscheidung erging zwar im Jahr 2002 zur Ausstrahlung pornographischer Fernsehfilme, die nach dem Wortlaut des am 1. April 2003 in Kraft getretenen § 4 Abs. 2 JMStV inzwischen absolut verboten ist (zu verfassungsrechtlichen Zweifeln an der damit zwischen digitalem Fernsehen und Telemedien bestehenden Differenzierung etwa Scholz/Liesching aaO § 4 JMStV Rdn. 28 m.w.N.; Bandehzadeh, Jugendschutz im Rundfunk und in den Telemedien, 2007, S. 133 ff., 166 ff.). Es gibt aber keinen Grund anzunehmen , dass für Telemedien geringere Anforderungen an die Verhinderung des "Zugänglichmachens" zu stellen sind, als sie für das Fernsehen nach früherer Rechtslage bestanden haben (a.A. Berger, CR 2003, 775).
25
Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass über die Verschlüsselung hinaus weitere Vorkehrungen zu treffen sind, um die Wahrnehmung pornographischer Fernsehfilme durch Minderjährige effektiv zu erschweren. Zunächst müsse sichergestellt sein, dass die Decodiereinrichtungen nur an Erwachsene abgegeben würden. Für den Nachweis der Volljährigkeit genüge es insbesondere nicht, Kopien von Dokumenten vorzulegen, weil dabei manipuliert werden könne. Es reiche aber aus, wenn beim Vertragsschluss persönlicher Kontakt mit dem Kunden bestehe und in diesem Zusammenhang eine zuverlässige Kontrolle seines Alters anhand amtlicher Lichtbildausweise erfolge. Andere Verfahrensweisen zur Feststellung des Alters müssten ebenso wirksam sein. Über den Einsatz der allgemeinen Decodiereinrichtungen hinaus sei noch zumindest ein weiteres wirkungsvolles Hindernis gegenüber Minderjährigen erforderlich, um durch das Zusammenwirken der Wahrnehmungshindernisse die Annahme einer "effektiven Barriere" zu rechtfertigen (BVerwGE 116, 5, 14 ff.).
26
Der Bundesgerichtshof hat diesen Maßstab der "effektiven Barriere" bei der Beurteilung einer Automaten-Videothek für pornographische Videokassetten übernommen. Eine zuverlässige Alterskontrolle hielt er für gewährleistet, wenn die zum Einlass in die Videothek erforderliche Chipkarte mit PIN erst nach persönlichem Kontakt mit dem Kunden und Überprüfung seines Alters ausgegeben und bei der persönlichen Anmeldung der Daumenabdruck des Kunden biometrisch erfasst wurde. Der Verleihautomat ermöglichte nur nach einem Ab- gleich von Chipkarte, PIN und Daumenabdruck die Ausleihe von Filmen (BGHSt 48, 278, 285 f.).
27
Beim Versandhandel mit jugendgefährdenden Trägermedien hat der Bundesgerichtshof erst jüngst ebenfalls eine zweistufige Altersverifikation für erforderlich gehalten. Zunächst ist vor dem Versand der Medien eine zuverlässige Alterskontrolle - etwa durch das Post-Ident-Verfahren - notwendig. Außerdem muss sichergestellt sein, dass die Ware nicht von Minderjährigen in Empfang genommen wird, was etwa bei einer Übersendung per "Einschreiben eigenhändig" gewährleistet ist (BGH GRUR 2007, 890 Tz. 48 - Jugendgefährdende Medien bei eBay).
28
Entsprechend wirksame Vorkehrungen sind auch von den Anbietern pornographischer Inhalte im Internet zu fordern (ebenso KG NStZ-RR 2004, 249, 250 und die überwiegende Meinung in der jugendschutzrechtlichen Literatur: vgl. Scholz/Liesching aaO § 4 JMStV Rdn. 36 ff.; Nikles/Roll/Spürck/Umbach aaO § 4 JMStV Rdn. 34 ff.; Ukrow aaO Rdn. 426 ff.). Die Verlässlichkeit eines Altersverifikationssystems setzt danach voraus, dass es einfache, naheliegende und offensichtliche Umgehungsmöglichkeiten ausschließt (vgl. Döring/Günter, MMR 2004, 231, 234; Erdemir, MMR 2004, 409, 412). So hat es der Bundesgerichtshof beispielsweise für unzureichend gehalten, wenn Jugendliche trotz eines Verbotsschildes ungehindert in eine Videothek eintreten können, weil eine Alterskontrolle erst an der Kasse stattfindet (BGH, Urt. v. 7.7.1987 - 1 StR 247/87, NJW 1988, 272). Insbesondere sind die aufgrund der Anonymität des Mediums dem Internet immanenten Missbrauchsgefahren zu berücksichtigen.
29
b) Dem danach geforderten Zuverlässigkeitsstandard wird das System der Beklagten nicht gerecht.

30
Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die nicht fernliegende Möglichkeit besteht, Jugendliche könnten sich Ausweispapiere von Eltern oder erwachsenen Freunden beschaffen und dann die Personalausweisnummernkontrolle im System der Beklagten mit echten Daten umgehen. Keinen Bedenken begegnet auch, dass das Berufungsgericht in dem in der Version 2 des Systems der Beklagten erforderlichen Zahlungsvorgang keine ausreichende weitere Sicherungsmaßnahme erkannt hat, weil viele Jugendliche über ein eigenes, von den Eltern nicht regelmäßig kontrolliertes Girokonto verfügen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die zur Umgehung des Systems der Beklagten erforderlichen Informationen problemlos im Internet erhältlich sind (so Liesching, MMR 2004, 482; Döring/Günter, MMR 2004, 231, 233), und ob angesichts des relativ geringfügigen Betrags, der für den Zugang abgebucht wird, viele Kinder und Jugendliche darauf vertrauen werden, dass die Buchung auf einem von ihnen unberechtigt verwendeten elterlichen Konto nicht auffällt.
31
Richtig ist zwar, dass einem Altersverifikationssystem nicht deshalb die Effektivität abgesprochen werden kann, weil es von Jugendlichen aufgrund nicht vorhersehbarer besonderer Kenntnisse, Fertigkeiten oder Anstrengungen ausnahmsweise umgangen werden kann (Nikles/Roll/Spürck/Umbach aaO § 4 JMStV Rdn. 34 a.E.). Derartige Anforderungen stellt eine Überwindung des Altersverifikationssystems der Beklagten in beiden Versionen an Jugendliche aber nicht.
32
Da es vorliegend von vornherein an einer effektiven Barriere fehlt, kann offenbleiben, ob der von der Revisionsbegründung vorgelegten älteren Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe zu folgen ist, wonach sich ein Anbieter pornographischer Schriften unter Umständen nicht strafbar macht, wenn http://www.jugendschutz.net),%20die/ - 14 - Jugendliche die von ihm errichteten, an sich effizienten Zugangshindernisse (Verkauf pornographischer Hefte in abdeckenden Plastikfolien unter den Augen des Kassenpersonals) erst nach rechtswidrigen Handlungen überwinden können (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1984, 1975, 1976). Ebenso ist unerheblich, ob die Jugendlichen zur Umgehung des Systems der Beklagten rechtswidrige Handlungen begehen müssen (verneinend KG NStZ-RR 2004, 249, 250 zu Version 1 des Systems der Beklagten) und ob der vom Oberlandesgericht Karlsruhe seinerzeit vertretenen Auffassung gegebenenfalls über den Bereich des Strafrechts hinaus auch für den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Bedeutung zukommen kann.
33
Da für die Feststellung eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 JMStV bereits die Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreicht, kommt es schließlich für die Effektivität der Barriere nicht darauf an, ob und inwieweit sich in der Vergangenheit Jugendliche tatsächlich Zugang zu Erwachsenenangeboten verschafft haben , die mit dem Altersverifikationssystem "ueber18.de" geschützt waren.
34
3. Durch die danach bestehenden Anforderungen an die Verlässlichkeit eines Altersverifikationssystems wird der Zugang Erwachsener zu pornographischen Angeboten im Internet nicht unverhältnismäßig beschränkt. Es bestehen zahlreiche Möglichkeiten, ein System zuverlässig auszugestalten. Hinzuweisen ist zunächst auf die von der Kommission für Jugend- und Medienschutz (KJM) positiv bewerteten Konzepte (abrufbar unter www.jugendschutz.net), die eine persönliche Identifizierung der Nutzer durch einen Postzusteller oder in einer Postfiliale (Post-Ident-Verfahren), in einer Verkaufsstelle oder mittels des "Identitäts -Check mit Q-Bit" der Schufa Holding AG (Rückgriff auf eine bereits erfolgte persönliche Kontrolle durch ein Kreditinstitut) voraussetzen. Außerdem wird eine Authentifizierung des Kunden bei jedem einzelnen Abruf von Inhalten oder Bestellvorgang verlangt. Dafür kommt insbesondere ein Hardware-Schlüssel (etwa USB-Stick, DVD oder Chip-Karte) in Verbindung mit einer PIN in Betracht , die dem Kunden persönlich (etwa per Einschreiben eigenhändig) zugestellt werden.
35
Wie § 1 Abs. 4 JuSchG beim Versandhandel mit pornographischen Trägermedien lässt auch § 4 Abs. 2 JMStV eine rein technische Altersverifikation zu, wenn sie den Zuverlässigkeitsgrad einer persönlichen Altersprüfung erreicht. Grundsätzlich denkbar erscheint etwa, die Altersverifikation durch einen entsprechend zuverlässig gestalteten Webcam-Check durchzuführen (vgl. etwa die Beschwerdeentscheidung Nr. 03656 der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia -Diensteanbieter (FSM), abrufbar unter www.fsm.de) oder unter Verwendung biometrischer Merkmale.
36
Erwachsenen ist es zuzumuten, sich im Interesse des Jugendschutzes einer den dargelegten Anforderungen genügenden Altersverifikation zu unterziehen , bevor ihnen Zugang zu pornographischen Telemedien gewährt wird. Dafür spricht bereits entscheidend, dass nach der bis zum 31. März 2003 geltenden Rechtslage der Vertrieb indizierter jugendgefährdender Medien im Versandhandel gemäß § 4 Abs. 1 GjSM generell verboten und nach § 21 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 GjSM unter Strafe gestellt war. Demgegenüber stellt die nunmehr - ebenso wie der Fernabsatz pornographischer Trägermedien (vgl. § 1 Abs. 4 JuSchG) - nach Altersverifikation zulässige Nutzung entsprechender Telemedien bereits eine erhebliche Zugangserleichterung für Erwachsene dar.
37
Die als zuverlässig anzuerkennenden Verfahren der persönlichen Identifizierung errichten für Erwachsene keine höheren Zugangshürden als im Offline -Bereich. So muss der Erwachsene bei Betreten oder Verlassen eines einschlägigen Geschäfts sogar eher mit der Peinlichkeit rechnen, als Interessent für Pornographika erkannt zu werden, als dies etwa bei einer Altersüberprüfung durch den Postzusteller oder in einer Postfiliale im Rahmen des Post-IdentVerfahrens der Fall ist (vgl. Döring/Günter, MMR 2004, 231, 235 Fn. 49). Dafür spricht insbesondere, dass das Post-Ident-Verfahren ebenso wie die Versendungsform "Einschreiben eigenhändig" im Geschäftsverkehr und in der Öffentlichkeit nicht oder jedenfalls nicht zwangsläufig mit dem Vertrieb pornographischer Inhalte in Verbindung gebracht wird.
38
4. Aus verfassungsrechtlichen Vorgaben folgen ebenfalls keine geringeren Anforderungen an ein Altersverifikationssystem, als sie sich aus dem dargelegten Konzept der "effektiven Barriere" ergeben.
39
Der mit diesem Konzept verbundene Eingriff in die Informationsfreiheit ist nach Art. 5 Abs. 2 GG aus Gründen des Jugendschutzes gerechtfertigt. Die Annahme, dass pornographische Medien jugendgefährdende Wirkung haben können, liegt im Bereich der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers. Diesen hätte der Gesetzgeber nur dann verlassen, wenn eine Gefährdung Jugendlicher nach dem Stand der Wissenschaft vernünftigerweise auszuschließen wäre (BVerfGE 83, 130, 140 ff.). Davon kann weiterhin nicht ausgegangen werden. So hält auch einer der Privatgutachter der Beklagten die Frage der Jugendgefährdung durch Pornographie für "objektiv bislang ungeklärt" (Berger, MMR 2003, 773, 775; vgl. Bandehzadeh aaO S. 21 ff.).
40
Das Erfordernis einer verlässlichen Altersverifikation ist geeignet, das gesetzgeberische Ziel zu fördern, einen Zugriff von Kindern und Jugendlichen auf pornographische Inhalte zu verhindern. Das reicht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, um die Eignung einer gesetzgeberischen Maßnahme zu begründen (BVerfGE 30, 292, 316; 90, 145, 172; 110, 141 Tz. 81).
41
Der Gesetzgeber ist auch nicht verpflichtet, den deutschen Jugendschutzstandard im Hinblick auf großzügigere Regelungen im Ausland zu lockern. Für die Forderung, von Altersverifikationssystemen deutscher Anbieter dürften nur Voraussetzungen verlangt werden, die keinen größeren Umgehungsaufwand erforderten als der Zugriff auf ausländische Angebote pornographischen Inhalts, gibt es daher keine Grundlage (a.A. Berger, MMR 2003, 773, 775).
42
Soweit sich die Beklagte auf einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit beruft (Art. 12 Abs. 1 GG), kann sie nur die ihr auferlegten Beschränkungen für ihre eigene Tätigkeit geltend machen. Insoweit ist ihr jedoch ohne weiteres zuzumuten, sich auf eines der anerkannten Altersverifikationssysteme umzustellen.
43
Es wird auch nicht unverhältnismäßig in das durch Art. 6 Abs. 2 GG verbürgte Erziehungsprivileg der Eltern eingegriffen, wenn höhere Anforderungen an ein Altersverifikationssystem gestellt werden, als sie das System der Beklagten erfüllt (vgl. Köhne, NJW 2005, 794). Durch verlässliche Altersverifikationssysteme wird gerade das Erziehungsprivileg gewahrt, weil ein unkontrollierter Zugang Jugendlicher zu pornographischen Inhalten ohne Kenntnis der Eltern verhindert wird.
44
Schließlich liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Aspekt der Inländerdiskriminierung vor. Unter Inländerdiskriminierung sind Sachverhalte zu verstehen, in denen das deutsche Recht aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen gegenüber EU-Ausländern nicht angewendet werden darf, so dass diese gegenüber Inländern begünstigt werden (vgl. Pache in Schulze/Zuleeg, Europarecht, 2006, § 10 Rdn. 16; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 9. Aufl., Art. 3 Rdn. 74). Hier gelten die Regelungen des Jugendmedien- schutz-Staatsvertrags aber für alle pornographischen Angebote in Deutschland. Sie erfassen grundsätzlich auch die Angebote aus dem Ausland, die im Inland abgerufen werden können, und gelten nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 TMG insbesondere auch für Angebote aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die in Art. 3 Abs. 4 und 5 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vorgesehenen Mitteilungs- und Konsultationspflichten sind nicht Geltungsvoraussetzung der innerstaatlichen jugendschutzrechtlichen Gebote, sondern erst dann zu beachten, wenn deutsche Behörden gegen ein konkretes Angebot eines Diensteanbieters aus einem anderen Mitgliedstaat einschreiten wollen. Die faktische Möglichkeit der Umgehung einer für im Inland abrufbare in- und ausländische Internetangebote unterschiedslos geltenden deutschen Bestimmung durch den Aufruf ausländischer Internetseiten bewirkt keine rechtlich relevante Inländerdiskriminierung. Es bedarf deshalb weiterhin keiner Entscheidung , ob und inwiefern es wettbewerbsrechtlich geboten ist, eine Inländerdiskriminierung zu vermeiden (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 4.7.1996 - I ZR 105/94, NJWE-WettbR 1996, 266, 267).
45
5. Unabhängig von einem eigenen täterschaftlichen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV, den die Beklagte dadurch begeht, dass sie die pornographischen , lediglich durch ihr unzureichendes Altersverifikationssystem geschützten Internetseiten ihrer Kunden über ihre Website zugänglich macht, haftet die Beklagte auch dafür, dass sie ihr System in der streitgegenständlichen Form an zahlreiche Anbieter pornographischer Internetinhalte vertrieben hat. Denn sie ist Teilnehmerin an den Verstößen gegen § 4 Abs. 2 JMStV, die ihre Kunden fortlaufend dadurch begehen, dass sie im Internet pornographische Inhalte ohne ausreichende Altersverifikation anbieten.
46
Mit dem Vertrieb ihres unzureichenden Systems fördert die Beklagte objektiv Zuwiderhandlungen der Betreiber pornographischer Internetangebote ge- gen § 4 Abs. 2 JMStV. Es ist davon auszugehen, dass die Betreiber, die das System der Beklagten anwenden, den jugendschutzrechtlichen Anforderungen genügen wollen. Durch das Angebot des in der Anwendung für die Nutzer einfachen Altersverifikationssystems der Beklagten werden die Betreiber davon abgehalten, sich für ein System zu entscheiden, das den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Es kommt deshalb zu unzulässigen Angeboten, die sonst im Einklang mit dem Jugendschutz erfolgen würden.
47
Auch der für eine Gehilfenhaftung der Beklagten mindestens erforderliche bedingte Vorsatz liegt vor (vgl. BGHZ 42, 118, 122 f.; 148, 13, 17 - ambiente.de; 158, 236, 250; BGH GRUR 2007, 708 Tz. 31 - InternetVersteigerung I und II). Die Beklagte kennt die Funktionsweise ihres Systems und weiß, dass es bestimmungsgemäß insbesondere für pornographische Angebote verwendet wird. Sie vertreibt ihr Altersverifikationssystem ferner in Kenntnis des Umstandes, dass durch ein unzureichendes System geschützte Internetangebote gegen jugendschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen. Der Beklagten war schließlich bekannt, dass die jugendschutzrechtliche Unbedenklichkeit ihres Systems jedenfalls ungeklärt war. Sie hat damit zumindest billigend in Kauf genommen, dass Kunden, die ihr Altersverifikationssystem erwarben , gegen jugendschutzrechtliche Vorschriften verstießen.
48
Der Sachverhalt unterscheidet sich entscheidend von den Fällen, in denen der Betreiber einer Internet-Auktionsplattform infolge eines automatischen Registrierungsverfahrens und einer Vielzahl jugendschutzrechtlich irrelevanter Versteigerungsangebote keine konkrete Kenntnis von dem jugendgefährdenden Inhalt bestimmter von Dritten auf seiner Plattform zum Erwerb angebotener Trägermedien hat, und deshalb eine Haftung des Plattformbetreibers als Täter oder Teilnehmer ausscheidet (vgl. BGH GRUR 2007, 890 Tz. 21 - Jugendgefährdende Medien bei eBay).

49
6. Verstöße gegen das aus § 4 Abs. 2 JMStV folgende Verbot, pornographische Inhalte in Telemedien ohne verlässliche Altersverifikation anzubieten, beeinträchtigen wettbewerbsrechtlich geschützte Interessen der Verbraucher i.S. des § 3 UWG ebenso wie Verstöße gegen das Verbot des Versandhandels mit jugendgefährdenden Medien (vgl. BGH GRUR 2007, 890 Tz. 34 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Die Beschränkung des Zugangs zu Telemedien pornographischen Inhalts dient insbesondere dem Schutz der Kinder und Jugendlichen , bei denen es sich um besonders schutzwürdige Verbraucher handelt. Die erhebliche Bedeutung dieses Jugendschutzes findet Ausdruck in der strafrechtlichen Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Zugangsbeschränkungen.
50
Die Vertriebsbeschränkungen des Jugendschutzrechts für Waren und Dienstleistungen sind zudem Marktverhaltensregelungen i.S. des § 4 Nr. 11 UWG (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.35 a.E. und 11.180; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, § 4 Nr. 11 Rdn. 159; vgl. auch MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 181 f.; a.A. Scherer, WRP 2006, 401, 405 f.).
51
7. Die Verwendung eines unzureichenden Altersverifikationssystems durch die Beklagte beeinträchtigt den Wettbewerb mehr als nur unerheblich. Dies ergibt sich bereits aus der Bedeutung des Jugendschutzes und der Vielzahl der über die Website der Beklagten vermittelten Zugangsmöglichkeiten zu pornographischen Inhalten. Außerdem sind die Interessen der Mitbewerber der Beklagten, die den gesetzlichen Anforderungen genügende Systeme vertreiben , erheblich betroffen. Denn ihre Kunden sind die Anbieter von Telemedien mit pornographischen Inhalten, die im Interesse eines möglichst einfachen Absatzes ihrer Angebote grundsätzlich dazu neigen werden, das Altersverifikati- onssystem mit den geringsten Zugangshürden für die Kunden einzusetzen. Dadurch erleiden die Anbieter von Systemen, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, gegenüber der Beklagten einen relevanten Wettbewerbsnachteil.
52
8. Gegen die Tenorierung des Berufungsurteils bestehen keine Bedenken. Die negative Voraussetzung des Unterlassungstitels "ohne dass dabei eine persönliche Identifikation mit Altersüberprüfung des Nutzers … bei seiner Registrierung erfolgt" ist für künftige technische Entwicklungen hinreichend offen und schließt insbesondere eine Identifikation mit zuverlässigen biometrischen Merkmalen oder im Rahmen einer Webcam-Sitzung nicht generell aus. Persönliche Identifikation ist daher nicht notwendig gleichbedeutend mit persönlichem Kontakt im Sinne einer physischen Begegnung (face-to-face-Kontrolle), sondern kann unter Umständen auch über bildschirmgestützte oder andere technische Mittel erfolgen. Damit unterwirft das Berufungsurteil Altersverifikationssysteme entgegen der Revisionsbegründung keinen strengeren Anforderungen als das Bundesverwaltungsgericht.
Bornkamm RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Büscher ist ausgeschieden und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm Schaffert Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.07.2004 - 12 O 19/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.05.2005 - I-20 U 143/04 -

(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3)

1.
einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht,
2.
an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich macht,
3.
im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einem anderen anbietet oder überläßt,
3a.
im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen anbietet oder überläßt,
4.
im Wege des Versandhandels einzuführen unternimmt,
5.
öffentlich an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Schriften außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel anbietet oder bewirbt,
6.
an einen anderen gelangen läßt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein,
7.
in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt zeigt, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird,
8.
herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einzuführen unternimmt, um diesen im Sinne der Nummern 1 bis 7 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder
9.
auszuführen unternimmt, um diesen im Ausland unter Verstoß gegen die dort geltenden Strafvorschriften zu verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz 1 Nummer 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt. Absatz 1 Nr. 3a gilt nicht, wenn die Handlung im Geschäftsverkehr mit gewerblichen Entleihern erfolgt.

(3) bis (7) (weggefallen)

(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.

(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

(3) Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 3 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes ist zu wahren.

(4) Wurde ein Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch genommen, um das Recht am geistigen Eigentum eines anderen zu verletzen und besteht für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen, so kann der Inhaber des Rechts von dem betroffenen Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 die Sperrung der Nutzung von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern. Die Sperrung muss zumutbar und verhältnismäßig sein. Ein Anspruch gegen den Diensteanbieter auf Erstattung der vor- und außergerichtlichen Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs nach Satz 1 besteht außer in den Fällen des § 8 Absatz 1 Satz 3 nicht.

(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie

1.
die Übermittlung nicht veranlasst,
2.
den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3.
die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Sofern diese Diensteanbieter nicht verantwortlich sind, können sie insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden; dasselbe gilt hinsichtlich aller Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung dieser Ansprüche. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.

(2) Die Übermittlung von Informationen nach Absatz 1 und die Vermittlung des Zugangs zu ihnen umfasst auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung dieser Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die Informationen nicht länger gespeichert werden, als für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.

(4) Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 dürfen von einer Behörde nicht verpflichtet werden,

1.
vor Gewährung des Zugangs
a)
die persönlichen Daten von Nutzern zu erheben und zu speichern (Registrierung) oder
b)
die Eingabe eines Passworts zu verlangen oder
2.
das Anbieten des Dienstes dauerhaft einzustellen.
Davon unberührt bleibt, wenn ein Diensteanbieter auf freiwilliger Basis die Nutzer identifiziert, eine Passworteingabe verlangt oder andere freiwillige Maßnahmen ergreift.

(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.

(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

(3) Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 3 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes ist zu wahren.

(4) Wurde ein Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch genommen, um das Recht am geistigen Eigentum eines anderen zu verletzen und besteht für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen, so kann der Inhaber des Rechts von dem betroffenen Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 die Sperrung der Nutzung von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern. Die Sperrung muss zumutbar und verhältnismäßig sein. Ein Anspruch gegen den Diensteanbieter auf Erstattung der vor- und außergerichtlichen Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs nach Satz 1 besteht außer in den Fällen des § 8 Absatz 1 Satz 3 nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 102/05 Verkündet am:
18. Oktober 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ueber18.de
TMG § 7 Abs. 1; UWG §§ 3, 4 Nr. 11; JMStV § 3 Abs. 2 Nr. 3, § 4 Abs. 2

a) Die Haftung desjenigen, der einen Hyperlink auf eine Website mit rechtswidrigen
Inhalten setzt, richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen. Macht
sich derjenige, der den Hyperlink setzt, die Inhalte, auf die er verweist, zu eigen
, haftet er dafür wie für eigene Informationen.

b) Als Täter einer unlauteren Wettbewerbshandlung haftet, wer Internetnutzern
über seine Website einen gebündelten Zugang zu pornographischen Internetseiten
Dritter vermittelt, ohne durch ein den Anforderungen des § 4 Abs. 2
JMStV genügendes Altersverifikationssystem Minderjährige am Zugriff auf
diese Angebote zu hindern.

c) Wer ein unzureichendes Altersverifikationssystem vertreibt, das für pornographische
Angebote im Internet bestimmt ist, haftet wettbewerbsrechtlich
als Teilnehmer für Verstöße gegen § 4 Abs. 2 JMStV, die seine Abnehmer
mit der Verwendung des Systems für entsprechende Angebote begehen,
wenn ihm bekannt ist, dass die jugendschutzrechtliche Unbedenklichkeit des
Systems ungeklärt ist.

d) § 4 Abs. 2 JMStV ist eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG.

e) Ein Altersverifikationssystem, das den Zugang zu pornographischen Angeboten
im Internet nach Eingabe einer Ausweisnummer sowie der Postleitzahl
des Ausstellungsortes ermöglicht, stellt keine effektive Barriere für den Zugang
Minderjähriger zu diesen Angeboten dar und genügt nicht den Anforderungen
des § 4 Abs. 2 JMStV. Nichts anderes gilt, wenn zusätzlich die Eingabe
einer Adresse sowie einer Kreditkartennummer oder Bankverbindung
und eine Zahlung eines geringfügigen Betrages verlangt wird.
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Mai 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Altersverifikationssysteme für Erwachsenenangebote im Internet. Sie bieten ihre Systeme insbesondere den Betreibern pornographischer Internetseiten an, die damit den Zugang Minderjähriger zu ihren Angeboten ausschließen wollen.
2
Das System der Beklagten "ueber18.de" verlangt zunächst die Eingabe einer Personalausweis- oder Reisepassnummer. In der Version 1 ist außerdem die Angabe der Postleitzahl des Ausstellungsorts erforderlich, in der Version 2 zusätzlich zu den Angaben der Version 1 ein Name, eine Adresse und eine Kreditkartennummer oder Bankverbindung für die Überweisung eines Betrags von 4,95 €. Bei der Abfrage der Ausweisnummer wird nicht kontrolliert, ob diese tatsächlich an einen Erwachsenen vergeben ist, sondern lediglich, ob sie den allgemeinen Regeln für die Bildung von Personalausweisnummern entspricht. Außerdem wird abgeglichen, ob der angegebene Ausstellungsort demjenigen entspricht, der sich aus der in der Personalausweisnummer enthaltenen Behördenkennzahl ergibt.
3
Die Beklagte stellt auf ihrer Website "ueber18.de" einen Katalog mit Anbietern zur Verfügung, die ihr System einsetzen. Sie gewährt auch den Zugang zu den Internetseiten ihrer Kunden, indem sie diese nach Eingabe der geforderten Angaben jeweils freischaltet oder nicht.
4
Die Klägerin macht geltend, dass das System der Beklagten gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) und gegen § 184c StGB verstoße, da es nicht sicherstelle, dass Minderjährigen Erwachsenenangebote nicht zugänglich seien.
5
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im Geltungsbereich des deutschen Rechts ein Jugendschutzsystem für pornographische Internetinhalte i.S. des § 184 StGB, § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV in Verkehr zu bringen, anzubieten, zugänglich zu machen, zu bewerben sowie insbesondere gegenüber denjenigen Kunden, die bisher Zugang zu pornographischen Inhalten über das Jugendschutzsystem der Beklagten (sogenannte Bestandskunden ) erlangen, zu betreiben und/oder zu betreuen, das nutzerseitig auf der Eingabe der Personalausweisnummer oder Reisepassnummer - auch in Kombination mit der Durchführung einer Kontobewegung und/oder der Abfrage einer Postleitzahl - sowie der hierauf beruhenden Verifikation des Alters basiert, ohne dass dabei eine persönliche Identifi- kation mit Altersüberprüfung des Nutzers, etwa im Rahmen des PostIdent -Verfahrens, bei seiner Registrierung erfolgt.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben (OLG Düsseldorf CR 2005, 657 = MMR 2005, 611). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Das Altersverifikationssystem der Beklagten stelle einen Ausschluss Minderjähriger von pornographischen Darbietungen im Internet in beiden Versionen nicht i.S. des § 4 Abs. 2 JMStV und des § 184c StGB sicher, weil es keine effektive Barriere zwischen den Inhalten der pornographischen Internetseiten und einem potentiellen minderjährigen Nutzer bilde. Es bestehe die nicht fernliegende Möglichkeit, dass Jugendliche sich Ausweispapiere von Eltern oder erwachsenen Freunden beschafften und damit das System der Beklagten durch Eingabe "echter" Daten ohne weiteres überwänden. Auch die Notwendigkeit einer Zahlung in der Version 2 stelle kein ausreichendes Zugangshindernis dar. Insbesondere verfüge eine Vielzahl Jugendlicher über ein eigenes, von den Eltern nicht regelmäßig kontrolliertes Girokonto.
9
Weder sei eine restriktive Auslegung der Anforderungen an ein Altersverifikationssystem geboten, weil eine jugendgefährdende Wirkung pornographi- scher Darstellungen nicht nachgewiesen sei, noch verstoße die vom Berufungsgericht vertretene Auslegung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit , weil Jugendliche ohne jede Zugangsbeschränkung auf ausländische Angebote mit pornographischem Inhalt zugreifen könnten. Ebenso wenig werde die Informationsfreiheit Erwachsener unverhältnismäßig beschränkt.
10
§ 4 Abs. 2 Nr. 2 JMStV und § 184c StGB seien dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Der Verstoß gegen diese Bestimmungen, der im Einsatz des unzureichenden Systems der Beklagten liege, sei deshalb unlauter i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Die Beklagte begehe selbst diese unlautere Wettbewerbshandlung, weil sie durch die Implementierung ihres Systems auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt an dem Verstoß gegen Jugendschutzbestimmungen unmittelbar mitwirke. Sie beeinträchtige den Wettbewerb mit ihrem System in nicht nur unerheblicher Weise zu Lasten der Mitbewerber, die ein Altersverifikationssystem mit den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, strengeren Zugangsvoraussetzungen schwieriger absetzen könnten, und der besonders schutzwürdigen jugendlichen Verbraucher.
11
II. Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte haftet nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, weil sie pornographische Inhalte im Internet ohne ausreichende Altersverifikation und damit unter Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV zugänglich macht.
12
Das Berufungsgericht hat zutreffend einen Verstoß der Beklagten gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 4 Abs. 2 JMStV angenommen. Nach der zuletzt genannten Vorschrift sind Angebote pornographischer Inhalte in Telemedien unzulässig , wenn der Anbieter nicht sicherstellt, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Die Bereitstellung und Betreuung ihrer Altersverifika- tionssysteme sind Wettbewerbshandlungen der Beklagten i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.
13
Soweit die Beklagte mit ihrem Internetauftritt "ueber18.de" als Anbieterin pornographischer Inhalte im Internet anzusehen ist, verstößt sie selbst gegen § 4 Abs. 2 JMStV (unten II 1 bis 4). Nach dem Antrag der Klägerin soll der Beklagten allerdings nicht nur Betrieb und Betreuung ihres Altersverifikationssystems , für die sie ihre Website benutzt, untersagt werden. Vielmehr will die Klägerin der Beklagten den Vertrieb ihres Systems in Deutschland insgesamt verbieten lassen. Der Vertrieb des Systems verstößt für sich allein betrachtet zwar nicht gegen Jugendschutzrecht. Insoweit ist der Unterlassungsanspruch aber unter dem Gesichtspunkt der Teilnahme der Beklagten an Verstößen ihrer Kunden gegen § 4 Abs. 2 JMStV gerechtfertigt (unten II 5).
14
1. Die Beklagte ist Adressatin des Gebots der Zugangsbeschränkung gegenüber Minderjährigen gemäß § 4 Abs. 2 JMStV.
15
a) Der Geltungsbereich des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags ist eröffnet. Die Beklagte bietet auf ihrer Website "ueber18.de" selbst fortlaufend Telemedien i.S. der § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 JMStV an. Telemedien sind insbesondere Online-Angebote, die im Internet abrufbar sind (vgl. Scholz/Liesching, Jugendschutz, 4. Aufl., § 3 JMStV Rdn. 2).
16
Der Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags, Kinder und Jugendliche vor jugendgefährdenden Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien wirksam zu schützen, erfordert eine weite Auslegung des Anbieterbegriffs in § 3 Abs. 2 Nr. 3 JMStV. Anbieter ist deshalb auch derjenige , der Internetnutzern über seine Website Zugang zu Inhalteanbietern vermittelt (Nikles/Roll/Spürck/Umbach, Jugendschutzrecht, 2. Aufl., § 3 JMStV Rdn. 6; Scholz/Liesching aaO § 3 JMStV Rdn. 5; Ukrow, Jugendschutzrecht, Rdn. 401; ferner Begründung der Regierung des Saarlandes für das Zustimmungsgesetz zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Landtag des Saarlands, Drucks. 12/793, S. 41).
17
Die Beklagte verschafft Internetnutzern durch den auf ihrer Website bereitgestellten Katalog einen gebündelten Zugang zu den sogenannten Erwachsenenangeboten ihrer Kunden. Die Nutzer suchen die Website der Beklagten bestimmungsgemäß ähnlich einem Ladengeschäft auf und wählen aus den dort bereitgehaltenen pornographischen Angeboten. Bei deren Vertrieb fungiert die Beklagte mithin als Absatzmittler und damit funktional nicht anders als ein Händler pornographischer Schriften. Dass der Beklagten keine Rechte an den von ihr angebotenen Inhalten zustehen, ist bei der gebotenen zweckorientierten und funktionalen Auslegung des Begriffs "Angebot" in § 4 Abs. 2 JMStV ohne Bedeutung. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass das System der Beklagten - obwohl es insbesondere für Anbieter pornographischer Inhalte bestimmt ist - als solches nicht pornographisch ist. Denn die Beklagte beschränkt sich nicht darauf, ihren Kunden das Altersverifikationssystem in einem einmaligen Vorgang als Software zu überlassen.
18
Unerheblich ist auch, ob die Auswahl der zugelassenen Nutzer im Wege der Registrierung allein auf technischem Weg erfolgt. Die Beklagte macht selbst nicht geltend, keine Kontrolle über den Anbieterkatalog auf ihrer Website zu haben. Sie ist deshalb nicht vergleichbar mit einem Internet-Auktionshaus, das den rein technischen Vorgang der Freischaltung eines Auktionsangebots nicht kontrolliert und deshalb nicht als Täter oder Teilnehmer einer durch das Angebot bewirkten Markenverletzung oder Jugendgefährdung haftet (vgl. BGHZ 158, 236, 250; BGH, Urt. v. 19.4.2007 - I ZR 35/04, GRUR 2007, 708 Tz. 31 = WRP 2007, 964 - Internet-Versteigerung I und II; Urt. v. 12.7.2007 - I ZR 18/04, GRUR 2007, 890 Tz. 21 = WRP 2007, 1173 - Jugendgefährdende Medien bei eBay, zum Abdruck in BGHZ 173, 188 vorgesehen).
19
b) Das Telemediengesetz schließt den hier allein geltend gemachten Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte ebenso wenig aus wie das frühere Teledienstegesetz.
20
Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass die Beklagte auf ihrer Website "ueber18.de" einen Katalog mit Anbietern unterhält, die ihr Altersverifikationssystem einsetzen. Interessenten können auf diese Weise mit einem Mausklick aus einem umfangreichen, Erwachsenen vorbehaltenen pornographischen Angebot auswählen. Das Telemediengesetz enthält ebenso wenig wie das Teledienstegesetz eine Regelung der Haftung desjenigen, der mittels eines elektronischen Querverweises (Hyperlink oder Link) den Zugang zu rechtswidrigen Inhalten eröffnet. Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr , deren Umsetzung die beiden Gesetze dienen, hat die Frage der Haftung der Hyperlinks ausgespart (vgl. Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie). Aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich eindeutig, dass die Haftung der Hyperlinks - auch wenn die Richtlinie insoweit keine Sperrwirkung entfaltet - im Teledienstegesetz und damit auch im Telemediengesetz, das die Bestimmungen der §§ 8 ff. TDG unverändert übernommen hat (nunmehr §§ 9 ff. TMG), nicht geregelt worden ist (vgl. die Gegenäußerung der Bundesregierung [BT-Drucks. 14/6098, S. 37] zu dem entsprechenden Vorschlag des Bundesrates [ebd. S. 37]). Die Haftung für Hyperlinks richtet sich daher nach den allgemeinen Vorschriften (BT-Drucks. 14/6098, S. 37; Spindler in Spindler/Schmitz/Geis, TDG, Vor § 8 Rdn. 32 ff.; Hoeren in Hoeren/Sieber, Handbuch MultimediaRecht , Stand Oktober 2007, Teil 18.2 Rdn. 195 ff.). Danach ist eine differenzierte Beurteilung geboten, wie sie die Rechtsprechung bereits in der Zeit vor Umsetzung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr für erforderlich gehalten hatte. Zumindest derjenige, der sich die fremden Informationen, auf die er mit Hilfe des Hyperlinks verweist, zu eigen macht, haftet dafür wie für eigene Informationen, also wie ein Content-Provider i.S. des § 7 Abs. 1 TMG bzw. des § 8 Abs. 1 TDG (vgl. LG Hamburg NJW 1998, 3650; LG München I MMR 2000, 566, 568, jeweils zu § 5 Abs. 1 TDG 1997; österr. OGH MMR 2001, 518, 520; zum TDG 2001 Spindler aaO Vor § 8 Rdn. 36 ff.; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 184 Rdn. 58; Hoeren in Hoeren/Sieber aaO Teil 18.2 Rdn. 195 f.).
21
Dass sich die Beklagte mit den elektronischen Verweisen auf die pornographischen Angebote dieser Kunden die dort vermittelten Inhalte zu eigen gemacht hat, unterliegt keinem Zweifel. Nach den getroffenen Feststellungen sind diese Verweise wesentlicher Bestandteil ihrer Geschäftsidee. Sie bietet ihren Kunden nicht nur ein verhältnismäßig leicht zu umgehendes und damit - wie sogleich unter II 2 im Einzelnen dargestellt - unzureichendes Altersverifikationssystem an, sondern schaltet das pornographische Angebot ihrer Kunden jeweils frei und nimmt es in einen Katalog pornographischer Angebote auf. Die Attraktivität dieser Leistung, die die Beklagte zusätzlich neben dem Altersverifikationssystem erbringt, liegt darin, dass Internetnutzern auf der Suche nach einschlägigen Angeboten über die Website der Beklagten ein gebündelter Zugang zu den pornographischen Websites ihrer Kunden verschafft wird. Dabei geht es - wie bereits der Domainname "ueber18.de" signalisiert - gerade darum, die Internetnutzer zu pornographischen Angeboten zu führen, die nach § 4 Abs. 2 JMStV nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden dürfen. Hierauf ist die Absicht gerichtet, die die Beklagte mit ihrem Angebot verbindet.
22
2. Das Altersverifikationssystem der Beklagten stellt nicht sicher, dass pornographische Angebote in Telemedien nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden.

23
a) Welcher Grad an Zuverlässigkeit für die Altersverifikation geboten ist und welche Mittel zur Sicherstellung einzusetzen sind, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 4 Abs. 2 JMStV. Nach der Gesetzesbegründung muss sichergestellt sein, dass Kinder oder Jugendliche keinen Zugang haben, so dass die einschlägigen Angebote nur Erwachsenen zur Verfügung stehen; ein verlässliches Altersverifikationssystem muss die Verbreitung an oder den Zugriff durch Minderjährige hindern (Begründung zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 13/1551, S. 26, gleichlautend etwa Landtag des Saarlandes, Drucks. 12/793, S. 44). Dafür, wie ein verlässliches System beschaffen sein muss, ist der Zweck des JugendmedienschutzStaatsvertrags maßgeblich. Dieser Zweck ist darauf gerichtet, für den Jugendmedienschutz im Internet wie in den traditionellen Medien ein einheitliches Schutzniveau zu gewährleisten (vgl. etwa Döring/Günter, MMR 2004, 231, 232). Es ist daher geboten, die Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV an den Maßstäben auszurichten, die für die Zugänglichkeit pornographischer Inhalte in anderen Medien entwickelt worden sind.
24
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein "Zugänglichmachen" i.S. des § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht vor, wenn Vorkehrungen getroffen werden, die den Zugang Minderjähriger zu den pornographischen Inhalten regelmäßig verhindern. Dies erfordere, dass eine "effektive Barriere" zwischen der pornographischen Darstellung und dem Minderjährigen bestehe (BVerwGE 116, 5, 14 f.). Diese Entscheidung erging zwar im Jahr 2002 zur Ausstrahlung pornographischer Fernsehfilme, die nach dem Wortlaut des am 1. April 2003 in Kraft getretenen § 4 Abs. 2 JMStV inzwischen absolut verboten ist (zu verfassungsrechtlichen Zweifeln an der damit zwischen digitalem Fernsehen und Telemedien bestehenden Differenzierung etwa Scholz/Liesching aaO § 4 JMStV Rdn. 28 m.w.N.; Bandehzadeh, Jugendschutz im Rundfunk und in den Telemedien, 2007, S. 133 ff., 166 ff.). Es gibt aber keinen Grund anzunehmen , dass für Telemedien geringere Anforderungen an die Verhinderung des "Zugänglichmachens" zu stellen sind, als sie für das Fernsehen nach früherer Rechtslage bestanden haben (a.A. Berger, CR 2003, 775).
25
Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass über die Verschlüsselung hinaus weitere Vorkehrungen zu treffen sind, um die Wahrnehmung pornographischer Fernsehfilme durch Minderjährige effektiv zu erschweren. Zunächst müsse sichergestellt sein, dass die Decodiereinrichtungen nur an Erwachsene abgegeben würden. Für den Nachweis der Volljährigkeit genüge es insbesondere nicht, Kopien von Dokumenten vorzulegen, weil dabei manipuliert werden könne. Es reiche aber aus, wenn beim Vertragsschluss persönlicher Kontakt mit dem Kunden bestehe und in diesem Zusammenhang eine zuverlässige Kontrolle seines Alters anhand amtlicher Lichtbildausweise erfolge. Andere Verfahrensweisen zur Feststellung des Alters müssten ebenso wirksam sein. Über den Einsatz der allgemeinen Decodiereinrichtungen hinaus sei noch zumindest ein weiteres wirkungsvolles Hindernis gegenüber Minderjährigen erforderlich, um durch das Zusammenwirken der Wahrnehmungshindernisse die Annahme einer "effektiven Barriere" zu rechtfertigen (BVerwGE 116, 5, 14 ff.).
26
Der Bundesgerichtshof hat diesen Maßstab der "effektiven Barriere" bei der Beurteilung einer Automaten-Videothek für pornographische Videokassetten übernommen. Eine zuverlässige Alterskontrolle hielt er für gewährleistet, wenn die zum Einlass in die Videothek erforderliche Chipkarte mit PIN erst nach persönlichem Kontakt mit dem Kunden und Überprüfung seines Alters ausgegeben und bei der persönlichen Anmeldung der Daumenabdruck des Kunden biometrisch erfasst wurde. Der Verleihautomat ermöglichte nur nach einem Ab- gleich von Chipkarte, PIN und Daumenabdruck die Ausleihe von Filmen (BGHSt 48, 278, 285 f.).
27
Beim Versandhandel mit jugendgefährdenden Trägermedien hat der Bundesgerichtshof erst jüngst ebenfalls eine zweistufige Altersverifikation für erforderlich gehalten. Zunächst ist vor dem Versand der Medien eine zuverlässige Alterskontrolle - etwa durch das Post-Ident-Verfahren - notwendig. Außerdem muss sichergestellt sein, dass die Ware nicht von Minderjährigen in Empfang genommen wird, was etwa bei einer Übersendung per "Einschreiben eigenhändig" gewährleistet ist (BGH GRUR 2007, 890 Tz. 48 - Jugendgefährdende Medien bei eBay).
28
Entsprechend wirksame Vorkehrungen sind auch von den Anbietern pornographischer Inhalte im Internet zu fordern (ebenso KG NStZ-RR 2004, 249, 250 und die überwiegende Meinung in der jugendschutzrechtlichen Literatur: vgl. Scholz/Liesching aaO § 4 JMStV Rdn. 36 ff.; Nikles/Roll/Spürck/Umbach aaO § 4 JMStV Rdn. 34 ff.; Ukrow aaO Rdn. 426 ff.). Die Verlässlichkeit eines Altersverifikationssystems setzt danach voraus, dass es einfache, naheliegende und offensichtliche Umgehungsmöglichkeiten ausschließt (vgl. Döring/Günter, MMR 2004, 231, 234; Erdemir, MMR 2004, 409, 412). So hat es der Bundesgerichtshof beispielsweise für unzureichend gehalten, wenn Jugendliche trotz eines Verbotsschildes ungehindert in eine Videothek eintreten können, weil eine Alterskontrolle erst an der Kasse stattfindet (BGH, Urt. v. 7.7.1987 - 1 StR 247/87, NJW 1988, 272). Insbesondere sind die aufgrund der Anonymität des Mediums dem Internet immanenten Missbrauchsgefahren zu berücksichtigen.
29
b) Dem danach geforderten Zuverlässigkeitsstandard wird das System der Beklagten nicht gerecht.

30
Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die nicht fernliegende Möglichkeit besteht, Jugendliche könnten sich Ausweispapiere von Eltern oder erwachsenen Freunden beschaffen und dann die Personalausweisnummernkontrolle im System der Beklagten mit echten Daten umgehen. Keinen Bedenken begegnet auch, dass das Berufungsgericht in dem in der Version 2 des Systems der Beklagten erforderlichen Zahlungsvorgang keine ausreichende weitere Sicherungsmaßnahme erkannt hat, weil viele Jugendliche über ein eigenes, von den Eltern nicht regelmäßig kontrolliertes Girokonto verfügen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die zur Umgehung des Systems der Beklagten erforderlichen Informationen problemlos im Internet erhältlich sind (so Liesching, MMR 2004, 482; Döring/Günter, MMR 2004, 231, 233), und ob angesichts des relativ geringfügigen Betrags, der für den Zugang abgebucht wird, viele Kinder und Jugendliche darauf vertrauen werden, dass die Buchung auf einem von ihnen unberechtigt verwendeten elterlichen Konto nicht auffällt.
31
Richtig ist zwar, dass einem Altersverifikationssystem nicht deshalb die Effektivität abgesprochen werden kann, weil es von Jugendlichen aufgrund nicht vorhersehbarer besonderer Kenntnisse, Fertigkeiten oder Anstrengungen ausnahmsweise umgangen werden kann (Nikles/Roll/Spürck/Umbach aaO § 4 JMStV Rdn. 34 a.E.). Derartige Anforderungen stellt eine Überwindung des Altersverifikationssystems der Beklagten in beiden Versionen an Jugendliche aber nicht.
32
Da es vorliegend von vornherein an einer effektiven Barriere fehlt, kann offenbleiben, ob der von der Revisionsbegründung vorgelegten älteren Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe zu folgen ist, wonach sich ein Anbieter pornographischer Schriften unter Umständen nicht strafbar macht, wenn http://www.jugendschutz.net),%20die/ - 14 - Jugendliche die von ihm errichteten, an sich effizienten Zugangshindernisse (Verkauf pornographischer Hefte in abdeckenden Plastikfolien unter den Augen des Kassenpersonals) erst nach rechtswidrigen Handlungen überwinden können (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1984, 1975, 1976). Ebenso ist unerheblich, ob die Jugendlichen zur Umgehung des Systems der Beklagten rechtswidrige Handlungen begehen müssen (verneinend KG NStZ-RR 2004, 249, 250 zu Version 1 des Systems der Beklagten) und ob der vom Oberlandesgericht Karlsruhe seinerzeit vertretenen Auffassung gegebenenfalls über den Bereich des Strafrechts hinaus auch für den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Bedeutung zukommen kann.
33
Da für die Feststellung eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 JMStV bereits die Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreicht, kommt es schließlich für die Effektivität der Barriere nicht darauf an, ob und inwieweit sich in der Vergangenheit Jugendliche tatsächlich Zugang zu Erwachsenenangeboten verschafft haben , die mit dem Altersverifikationssystem "ueber18.de" geschützt waren.
34
3. Durch die danach bestehenden Anforderungen an die Verlässlichkeit eines Altersverifikationssystems wird der Zugang Erwachsener zu pornographischen Angeboten im Internet nicht unverhältnismäßig beschränkt. Es bestehen zahlreiche Möglichkeiten, ein System zuverlässig auszugestalten. Hinzuweisen ist zunächst auf die von der Kommission für Jugend- und Medienschutz (KJM) positiv bewerteten Konzepte (abrufbar unter www.jugendschutz.net), die eine persönliche Identifizierung der Nutzer durch einen Postzusteller oder in einer Postfiliale (Post-Ident-Verfahren), in einer Verkaufsstelle oder mittels des "Identitäts -Check mit Q-Bit" der Schufa Holding AG (Rückgriff auf eine bereits erfolgte persönliche Kontrolle durch ein Kreditinstitut) voraussetzen. Außerdem wird eine Authentifizierung des Kunden bei jedem einzelnen Abruf von Inhalten oder Bestellvorgang verlangt. Dafür kommt insbesondere ein Hardware-Schlüssel (etwa USB-Stick, DVD oder Chip-Karte) in Verbindung mit einer PIN in Betracht , die dem Kunden persönlich (etwa per Einschreiben eigenhändig) zugestellt werden.
35
Wie § 1 Abs. 4 JuSchG beim Versandhandel mit pornographischen Trägermedien lässt auch § 4 Abs. 2 JMStV eine rein technische Altersverifikation zu, wenn sie den Zuverlässigkeitsgrad einer persönlichen Altersprüfung erreicht. Grundsätzlich denkbar erscheint etwa, die Altersverifikation durch einen entsprechend zuverlässig gestalteten Webcam-Check durchzuführen (vgl. etwa die Beschwerdeentscheidung Nr. 03656 der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia -Diensteanbieter (FSM), abrufbar unter www.fsm.de) oder unter Verwendung biometrischer Merkmale.
36
Erwachsenen ist es zuzumuten, sich im Interesse des Jugendschutzes einer den dargelegten Anforderungen genügenden Altersverifikation zu unterziehen , bevor ihnen Zugang zu pornographischen Telemedien gewährt wird. Dafür spricht bereits entscheidend, dass nach der bis zum 31. März 2003 geltenden Rechtslage der Vertrieb indizierter jugendgefährdender Medien im Versandhandel gemäß § 4 Abs. 1 GjSM generell verboten und nach § 21 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 GjSM unter Strafe gestellt war. Demgegenüber stellt die nunmehr - ebenso wie der Fernabsatz pornographischer Trägermedien (vgl. § 1 Abs. 4 JuSchG) - nach Altersverifikation zulässige Nutzung entsprechender Telemedien bereits eine erhebliche Zugangserleichterung für Erwachsene dar.
37
Die als zuverlässig anzuerkennenden Verfahren der persönlichen Identifizierung errichten für Erwachsene keine höheren Zugangshürden als im Offline -Bereich. So muss der Erwachsene bei Betreten oder Verlassen eines einschlägigen Geschäfts sogar eher mit der Peinlichkeit rechnen, als Interessent für Pornographika erkannt zu werden, als dies etwa bei einer Altersüberprüfung durch den Postzusteller oder in einer Postfiliale im Rahmen des Post-IdentVerfahrens der Fall ist (vgl. Döring/Günter, MMR 2004, 231, 235 Fn. 49). Dafür spricht insbesondere, dass das Post-Ident-Verfahren ebenso wie die Versendungsform "Einschreiben eigenhändig" im Geschäftsverkehr und in der Öffentlichkeit nicht oder jedenfalls nicht zwangsläufig mit dem Vertrieb pornographischer Inhalte in Verbindung gebracht wird.
38
4. Aus verfassungsrechtlichen Vorgaben folgen ebenfalls keine geringeren Anforderungen an ein Altersverifikationssystem, als sie sich aus dem dargelegten Konzept der "effektiven Barriere" ergeben.
39
Der mit diesem Konzept verbundene Eingriff in die Informationsfreiheit ist nach Art. 5 Abs. 2 GG aus Gründen des Jugendschutzes gerechtfertigt. Die Annahme, dass pornographische Medien jugendgefährdende Wirkung haben können, liegt im Bereich der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers. Diesen hätte der Gesetzgeber nur dann verlassen, wenn eine Gefährdung Jugendlicher nach dem Stand der Wissenschaft vernünftigerweise auszuschließen wäre (BVerfGE 83, 130, 140 ff.). Davon kann weiterhin nicht ausgegangen werden. So hält auch einer der Privatgutachter der Beklagten die Frage der Jugendgefährdung durch Pornographie für "objektiv bislang ungeklärt" (Berger, MMR 2003, 773, 775; vgl. Bandehzadeh aaO S. 21 ff.).
40
Das Erfordernis einer verlässlichen Altersverifikation ist geeignet, das gesetzgeberische Ziel zu fördern, einen Zugriff von Kindern und Jugendlichen auf pornographische Inhalte zu verhindern. Das reicht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, um die Eignung einer gesetzgeberischen Maßnahme zu begründen (BVerfGE 30, 292, 316; 90, 145, 172; 110, 141 Tz. 81).
41
Der Gesetzgeber ist auch nicht verpflichtet, den deutschen Jugendschutzstandard im Hinblick auf großzügigere Regelungen im Ausland zu lockern. Für die Forderung, von Altersverifikationssystemen deutscher Anbieter dürften nur Voraussetzungen verlangt werden, die keinen größeren Umgehungsaufwand erforderten als der Zugriff auf ausländische Angebote pornographischen Inhalts, gibt es daher keine Grundlage (a.A. Berger, MMR 2003, 773, 775).
42
Soweit sich die Beklagte auf einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit beruft (Art. 12 Abs. 1 GG), kann sie nur die ihr auferlegten Beschränkungen für ihre eigene Tätigkeit geltend machen. Insoweit ist ihr jedoch ohne weiteres zuzumuten, sich auf eines der anerkannten Altersverifikationssysteme umzustellen.
43
Es wird auch nicht unverhältnismäßig in das durch Art. 6 Abs. 2 GG verbürgte Erziehungsprivileg der Eltern eingegriffen, wenn höhere Anforderungen an ein Altersverifikationssystem gestellt werden, als sie das System der Beklagten erfüllt (vgl. Köhne, NJW 2005, 794). Durch verlässliche Altersverifikationssysteme wird gerade das Erziehungsprivileg gewahrt, weil ein unkontrollierter Zugang Jugendlicher zu pornographischen Inhalten ohne Kenntnis der Eltern verhindert wird.
44
Schließlich liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Aspekt der Inländerdiskriminierung vor. Unter Inländerdiskriminierung sind Sachverhalte zu verstehen, in denen das deutsche Recht aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen gegenüber EU-Ausländern nicht angewendet werden darf, so dass diese gegenüber Inländern begünstigt werden (vgl. Pache in Schulze/Zuleeg, Europarecht, 2006, § 10 Rdn. 16; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 9. Aufl., Art. 3 Rdn. 74). Hier gelten die Regelungen des Jugendmedien- schutz-Staatsvertrags aber für alle pornographischen Angebote in Deutschland. Sie erfassen grundsätzlich auch die Angebote aus dem Ausland, die im Inland abgerufen werden können, und gelten nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 TMG insbesondere auch für Angebote aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die in Art. 3 Abs. 4 und 5 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vorgesehenen Mitteilungs- und Konsultationspflichten sind nicht Geltungsvoraussetzung der innerstaatlichen jugendschutzrechtlichen Gebote, sondern erst dann zu beachten, wenn deutsche Behörden gegen ein konkretes Angebot eines Diensteanbieters aus einem anderen Mitgliedstaat einschreiten wollen. Die faktische Möglichkeit der Umgehung einer für im Inland abrufbare in- und ausländische Internetangebote unterschiedslos geltenden deutschen Bestimmung durch den Aufruf ausländischer Internetseiten bewirkt keine rechtlich relevante Inländerdiskriminierung. Es bedarf deshalb weiterhin keiner Entscheidung , ob und inwiefern es wettbewerbsrechtlich geboten ist, eine Inländerdiskriminierung zu vermeiden (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 4.7.1996 - I ZR 105/94, NJWE-WettbR 1996, 266, 267).
45
5. Unabhängig von einem eigenen täterschaftlichen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV, den die Beklagte dadurch begeht, dass sie die pornographischen , lediglich durch ihr unzureichendes Altersverifikationssystem geschützten Internetseiten ihrer Kunden über ihre Website zugänglich macht, haftet die Beklagte auch dafür, dass sie ihr System in der streitgegenständlichen Form an zahlreiche Anbieter pornographischer Internetinhalte vertrieben hat. Denn sie ist Teilnehmerin an den Verstößen gegen § 4 Abs. 2 JMStV, die ihre Kunden fortlaufend dadurch begehen, dass sie im Internet pornographische Inhalte ohne ausreichende Altersverifikation anbieten.
46
Mit dem Vertrieb ihres unzureichenden Systems fördert die Beklagte objektiv Zuwiderhandlungen der Betreiber pornographischer Internetangebote ge- gen § 4 Abs. 2 JMStV. Es ist davon auszugehen, dass die Betreiber, die das System der Beklagten anwenden, den jugendschutzrechtlichen Anforderungen genügen wollen. Durch das Angebot des in der Anwendung für die Nutzer einfachen Altersverifikationssystems der Beklagten werden die Betreiber davon abgehalten, sich für ein System zu entscheiden, das den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Es kommt deshalb zu unzulässigen Angeboten, die sonst im Einklang mit dem Jugendschutz erfolgen würden.
47
Auch der für eine Gehilfenhaftung der Beklagten mindestens erforderliche bedingte Vorsatz liegt vor (vgl. BGHZ 42, 118, 122 f.; 148, 13, 17 - ambiente.de; 158, 236, 250; BGH GRUR 2007, 708 Tz. 31 - InternetVersteigerung I und II). Die Beklagte kennt die Funktionsweise ihres Systems und weiß, dass es bestimmungsgemäß insbesondere für pornographische Angebote verwendet wird. Sie vertreibt ihr Altersverifikationssystem ferner in Kenntnis des Umstandes, dass durch ein unzureichendes System geschützte Internetangebote gegen jugendschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen. Der Beklagten war schließlich bekannt, dass die jugendschutzrechtliche Unbedenklichkeit ihres Systems jedenfalls ungeklärt war. Sie hat damit zumindest billigend in Kauf genommen, dass Kunden, die ihr Altersverifikationssystem erwarben , gegen jugendschutzrechtliche Vorschriften verstießen.
48
Der Sachverhalt unterscheidet sich entscheidend von den Fällen, in denen der Betreiber einer Internet-Auktionsplattform infolge eines automatischen Registrierungsverfahrens und einer Vielzahl jugendschutzrechtlich irrelevanter Versteigerungsangebote keine konkrete Kenntnis von dem jugendgefährdenden Inhalt bestimmter von Dritten auf seiner Plattform zum Erwerb angebotener Trägermedien hat, und deshalb eine Haftung des Plattformbetreibers als Täter oder Teilnehmer ausscheidet (vgl. BGH GRUR 2007, 890 Tz. 21 - Jugendgefährdende Medien bei eBay).

49
6. Verstöße gegen das aus § 4 Abs. 2 JMStV folgende Verbot, pornographische Inhalte in Telemedien ohne verlässliche Altersverifikation anzubieten, beeinträchtigen wettbewerbsrechtlich geschützte Interessen der Verbraucher i.S. des § 3 UWG ebenso wie Verstöße gegen das Verbot des Versandhandels mit jugendgefährdenden Medien (vgl. BGH GRUR 2007, 890 Tz. 34 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Die Beschränkung des Zugangs zu Telemedien pornographischen Inhalts dient insbesondere dem Schutz der Kinder und Jugendlichen , bei denen es sich um besonders schutzwürdige Verbraucher handelt. Die erhebliche Bedeutung dieses Jugendschutzes findet Ausdruck in der strafrechtlichen Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Zugangsbeschränkungen.
50
Die Vertriebsbeschränkungen des Jugendschutzrechts für Waren und Dienstleistungen sind zudem Marktverhaltensregelungen i.S. des § 4 Nr. 11 UWG (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.35 a.E. und 11.180; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, § 4 Nr. 11 Rdn. 159; vgl. auch MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 181 f.; a.A. Scherer, WRP 2006, 401, 405 f.).
51
7. Die Verwendung eines unzureichenden Altersverifikationssystems durch die Beklagte beeinträchtigt den Wettbewerb mehr als nur unerheblich. Dies ergibt sich bereits aus der Bedeutung des Jugendschutzes und der Vielzahl der über die Website der Beklagten vermittelten Zugangsmöglichkeiten zu pornographischen Inhalten. Außerdem sind die Interessen der Mitbewerber der Beklagten, die den gesetzlichen Anforderungen genügende Systeme vertreiben , erheblich betroffen. Denn ihre Kunden sind die Anbieter von Telemedien mit pornographischen Inhalten, die im Interesse eines möglichst einfachen Absatzes ihrer Angebote grundsätzlich dazu neigen werden, das Altersverifikati- onssystem mit den geringsten Zugangshürden für die Kunden einzusetzen. Dadurch erleiden die Anbieter von Systemen, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, gegenüber der Beklagten einen relevanten Wettbewerbsnachteil.
52
8. Gegen die Tenorierung des Berufungsurteils bestehen keine Bedenken. Die negative Voraussetzung des Unterlassungstitels "ohne dass dabei eine persönliche Identifikation mit Altersüberprüfung des Nutzers … bei seiner Registrierung erfolgt" ist für künftige technische Entwicklungen hinreichend offen und schließt insbesondere eine Identifikation mit zuverlässigen biometrischen Merkmalen oder im Rahmen einer Webcam-Sitzung nicht generell aus. Persönliche Identifikation ist daher nicht notwendig gleichbedeutend mit persönlichem Kontakt im Sinne einer physischen Begegnung (face-to-face-Kontrolle), sondern kann unter Umständen auch über bildschirmgestützte oder andere technische Mittel erfolgen. Damit unterwirft das Berufungsurteil Altersverifikationssysteme entgegen der Revisionsbegründung keinen strengeren Anforderungen als das Bundesverwaltungsgericht.
Bornkamm RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Büscher ist ausgeschieden und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm Schaffert Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.07.2004 - 12 O 19/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.05.2005 - I-20 U 143/04 -

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. April 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3.) und 4.), jedoch mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.) und 2.), die diese selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer abfallrechtlichen  Beseitigungsanordnung.

2

Die Beigeladene zu 4.) ist Betreiberin einer in A. im Gebiet des beklagten Landkreises gelegenen Kiesgrube, die sich u. a. auf die Grundstücke Flur … Flurstück-Nrn. … und … erstreckt. Mit Bescheid des Beklagten vom 4. Oktober 1988 war ihr die wasserrechtliche Genehmigung zum Kiesabbau unter zahlreichen Nebenbestimmungen erteilt worden. Nach der Nebenbestimmung Nr. 5 waren die Flächen nach erfolgtem Kiesabbau wieder aufzufüllen und für eine landwirtschaftliche Nutzbarkeit zu rekultivieren. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 6 sollte die Auffüllung grundsätzlich nur mit dem vorgefundenen Abraum erfolgen; soweit dieser nicht ausreichte, durfte "nachweislich reiner Erdaushub" verwendet werden. Diese Nebenbestimmung wurde mit Änderungsbescheid vom 4. November 2002 dahin neu gefasst, dass die Kiesgrube grundsätzlich nur mit Bodenaushub aufgefüllt werden darf, der den Vorsorgewerten nach Bodenschutzrecht bzw. – soweit dieses keine Vorsorgewerte festlegt - dem Zuordnungswert Z 0 der LAGA-Richtlinien entspricht; sofern nicht genügend Erdmassen zur Verfügung stehen, die diese Voraussetzungen erfüllen, darf Bodenaushub verwendet werden, dessen Schadstoffgehalt die doppelten Vorsorgewerte bzw. die doppelten Z 0-Werte der LAGA-Richtlinien nicht übersteigt. Die einzuhaltenden Grenzwerte wurden in einer beigefügten Tabelle aufgelistet.  

3

Die Klägerin ist ein als Entsorgungsfachbetrieb für das Lagern von Abfällen nach Abfallschlüssel-Nummer 19 12 09 zertifiziertes Entsorgungsunternehmen mit Sitz in K. Mit Bescheid vom 3. Februar 2003 wurde ihr u. a. die zeitweilige Lagerung von nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen mit einer Aufnahmekapazität von mehr als 10 Tonnen je Tag und einer Gesamtlagerkapazität von mehr als 100 Tonnen genehmigt; die Gesamtkapazität der Anlage beträgt danach ca. 31.000 Tonnen pro Jahr. Mit Bescheid vom 12. März 1997 in der Fassung eines Änderungsbescheides vom 20. November 2006 wurde der Klägerin die Genehmigung für die Vermittlung von Abfallverbringungen für Dritte gemäß § 50 Abs. 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes - KrW-/AbfG - erteilt.         

4

Nach vorbereitenden Gesprächen sowie Vorlage von Proben und Analysen von Material aus Sandhalden, die die durch den Beigeladenen zu 1.) vertretene Firma W. und die Beigeladenen zu 2.) und 3.) jeweils bei eigenen Kunden gezogen und der Klägerin zur Verfügung gestellt hatten, bot die Klägerin der Beigeladenen zu 4.) mit Schreiben vom 17. September 2007 an, regelmäßig Siebsande aus der mechanischen Sortierung von Baumischabfällen (Abfallschlüssel-Nr. 19 12 09) zu liefern. Sie verwies dabei auf eine bestimmte, kontinuierlich anfallende Qualität der Materialien, die sich aus den zuvor zur Verfügung gestellten Analysen von Proben ergebe und die sie laufend überwachen werde. Wie sich aus den zur Verfügung gestellten Probenanalysen ergeben hatte, wiesen zwei der gezogenen Materialproben zum Teil erhebliche Überschreitungen der nach dem Genehmigungsbescheid vom 4. November 2002 einzuhaltenden Grenzwerte auf. Mit Schreiben vom 28. September 2007 erklärte die Beigeladene zu 4.) gegenüber der Klägerin die Annahme des angebotenen Materials auf ihrer "Deponie A.". Auf Aufforderung der Klägerin sandte sie unter dem 27. November 2007 vergleichbare Annahmeerklärungen über die Klägerin an die Beigeladenen zu 2.) und 3.) sowie an die - im Prozess durch den Beigeladenen zu 1.) als Insolvenzverwalter vertretene - Firma W. Entsorgungs-GmbH. Bei diesen Unternehmen handelt es sich um Entsorgungs- bzw. Recyclingbetriebe, die die zu liefernden Siebsande ihrerseits von eigenen Kunden erhielten. In einem Schreiben vom 7. September 2007 bestätigte die Beigeladene zu 3.) der Klägerin die Erteilung eines Auftrags zur "Abholung von Mineralien EAK 191209 zu einem Preis von 23,- €/t inkl. Frachtkosten" und setzte hinzu: "Sie sichern uns eine ordnungsgemäße Entsorgung zu". Hierzu bat sie um Übersendung eines Zertifikats als Entsorgungsfachbetrieb. Mit Schreiben vom 10. September 2007 bedankte die Klägerin sich für die Auftragsbestätigung und übersandte das gewünschte Zertifikat.   

5

Zwischen September 2007 und Februar 2008 wurden insgesamt rund 16.261 Tonnen des als Siebsande bezeichneten Materials – z. T. unter Einschaltung von Dritten als Transportunternehmen - in die Kiesgrube verbracht. Die Transporte von Material aus dem Bereich der Beigeladenen zu 2.) und 3.) liefen über den Betriebshof der Klägerin in K., wo die LKW-Ladungen zumindest teilweise verwogen wurden. Die Fa. W. lieferte, nachdem die Klägerin die aus deren Bereich stammenden Materialien zunächst rund 4 Wochen lang selbst von K. aus zur Kiesgrube verbracht hatte, aufgrund einer entsprechenden Absprache mit der Klägerin direkt zur Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) an. Ein geringer Teil des angelieferten Materials wurde dort oberhalb der Grubenkante gelagert. Der überwiegende Teil wurde nach der Anlieferung per LKW von Angestellten der Beigeladenen zu 4.) über eine Kippkante in die Grube geschoben. In der gleichen Zeit wurde auch Erdaushub über die Kippkante geschoben. Das fragliche Material befindet sich auf den Flurstücken … und … .   

6

Vereinbarungsgemäß stellte die Klägerin der Fa. W. 8,50 €/Tonne, der Beigeladenen zu 2.) 15,- €/Tonne und der Beigeladenen zu 3.) 23,- €/Tonne "incl. Fracht" in Rechnung. Die Beigeladene zu 4.) berechnete der Klägerin für Materiallieferungen von "Siebsand", "Grünschnitt" und "Mineralgemisch" sog. "Kippgebühren" i. H. v. 3,- ("Grünschnitt") bzw. 4,- € je cbm.          

7

Nachdem bei einer Ortsbesichtigung festgestellt worden war, dass in der Kiesgrube Abfälle, die nicht zur Verfüllung verwendet werden durften, abgelagert worden waren, untersagte der Beklagte der Beigeladenen zu 4.) mit Bescheid vom 8. Februar 2008 die weitere Annahme solcher Abfälle sowie die Vornahme von Geländeveränderungen.  

8

Das abgelagerte Material wurde in der Folgezeit mehrfach untersucht:  

9

- Das Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz kam in seinem Prüfbericht vom 26. März 2008 zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Material um ein Gemisch aus geschreddertem Müll mit untergeordnetem Anteil an mineralischer Bauschuttfraktion handele. Schon bei den Eingangsanalysen seien Überschreitungen der Zulassungswerte für PAK und MKW festzustellen. Die nun ermittelten Werte lägen um ein Vielfaches über denen der Eingangsanalytik.

10

- Die von der Beigeladenen zu 4.) beauftragte Dr. T. und Partner GmbH stellte in ihrem Sanierungskonzept vom 27. Februar 2008 in der Fassung einer Ergänzung vom 9. Mai 2008 fest, dass der gemessene CO2-Gehalt gegenüber der Bodenluft deutlich erhöht sei und auf einen aeroben Abbau organischer Substanzen hinweise. Hingegen ließen die gemessenen Methan-Werte eine massive Deponiegasbildung nicht befürchten. Die Gutachter schlugen als Sicherungsmaßnahme eine Abdichtung mittels einer Lehmschürze vor.    

11

- Das vom Beklagten beauftragte Chemisch-Technische Laboratorium H. H. stufte in seinem Untersuchungsbericht vom 7. April 2009 das abgelagerte Material als geschredderte Siedlungsabfälle ein. Neben mineralischen Bestandteilen seien u. a. Styropor, Schaumstoff, Plexiglas und organische Anteile festzustellen. Der darunterliegende Boden unterscheide sich deutlich in der Kornverteilung. Grundwasser sei bis zu einer Tiefe von 14,7 m unter dem Gelände nicht festgestellt worden. Die vom Landesamt ermittelten Schadstoffbelastungen ließen sich unterhalb der Deponiebasis nicht mehr in relevantem Ausmaß feststellen. Eine Schadstoffverlagerung in die Tiefe habe nicht stattgefunden. Allerdings deute die erhöhte Temperatur des Deponats auf einen wasserzehrenden Stoffumsatz hin. Deshalb bestehe gegenwärtig keine Grundwassergefährdung. Es sei aber zu beachten, dass der Wasserverbrauch nur eine begrenzte Dauer habe, so dass weiterhin Handlungsbedarf hinsichtlich einer Entfernung der Massen gegeben sei.  

12

In den Jahren 2008/2009 fanden umfangreiche Verhandlungen zwischen den Beteiligten mit dem Ziel des Abschlusses eines Entsorgungsvertrages statt, die aber letztlich ohne Ergebnis blieben.  

13

Nach Scheitern der Verhandlungen gab der Beklagte der Beigeladenen zu 4.) mit inzwischen bestandskräftigem Bescheid vom 20. Oktober 2009 auf, das Auslaugverhalten des Deponats zu überwachen und die Entfernung der Abfälle zu dulden.  

14

Mit weiterem, hier streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Oktober 2009 verpflichtete der Beklagte die Klägerin, die in der Kiesgrube in A. auf den Grundstücken Flur … Flurstücke … und … abgekippten 16.261 Megagramm (Mg) geschredderte Siedlungsabfälle aus der Kiesgrube zu entfernen. Mit der Entfernung der Abfälle sei spätestens 3 Monate nach Bestandskraft der Verfügung zu beginnen; die Entfernung müsse spätestens 6 Monate nach Bestandskraft abgeschlossen sein. Für den Fall der Nichtbefolgung der Verfügung innerhalb der gesetzten Fristen wurde die Ersatzvornahme angedroht, deren Kosten auf voraussichtlich 1,7 bis 3,5 Mio. € geschätzt wurden. Zur Begründung wurde ausgeführt: Rechtsgrundlage für die Anordnung sei zum einen § 17 Abs. 1 des Landesabfallwirtschaftsgesetzes – LAbfWG -. Dessen Voraussetzungen lägen vor, denn in der Kiesgrube seien Abfälle rechtswidrig abgekippt worden, bei denen es sich nicht um Bodenaushub gehandelt habe und die zudem die maßgeblichen Schadstoffgrenzwerte nicht eingehalten hätten. Zur Beseitigung dieses rechtswidrigen Zustands sei die Klägerin verpflichtet, weil die Abfälle von ihr bzw. auf ihre Weisung und für ihre Rechnung in die Kiesgrube geliefert und dort abgekippt worden seien. Zwar komme als weitere Verantwortliche auch die Kiesgrubenbetreiberin in Betracht, doch sei diese im Interesse einer möglichst effektiven Gefahrenabwehr nicht heranzuziehen, weil sie nicht über eine Entsorgungslogistik wie die Klägerin verfüge und nach den vorliegenden Gutachten auch nicht in der Lage sei, die Abfälle aus der Böschung ohne Inanspruchnahme Dritter aufzunehmen; zudem müsse ernsthaft damit gerechnet werden, dass sie die Entfernungskosten von 1,7 bis 3,5 Mio. € nicht werde tragen können, weil sie zuletzt mit Verlust gearbeitet habe. Rechtsgrundlage der Anordnung sei auch § 93 Abs. 4 des Landeswassergesetzes – LWG -, da die Entfernung der Abfälle nach den Feststellungen des Laboratoriums H. zum Schutz des Grundwassers notwendig sei. Es werde lediglich das Entfernen der Abfälle aus der Kiesgrube angeordnet, was sowohl zur Beseitigung des abfallrechtswidrigen Zustands als auch zur wasserrechtlichen Gefahrenabwehr notwendig, aber auch hinreichend sei. Es bleibe der Klägerin überlassen, wie sie ihrer Entsorgungspflicht nach §§ 5 Abs. 2, 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 KrW-/AbfG nachkomme.             

15

Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2010 zurück und führte noch ergänzend aus: § 17 Abs. 1 LAbfWG sei anwendbar, da das Material seine Abfalleigenschaft nicht verloren habe. Die Abfälle befänden sich unvermischt auf dem Kiesgrubengelände, eine Verbindung mit dem Erdboden sei nicht erfolgt. Bei wertender Betrachtung sei die Klägerin Handlungsstörerin. Die Lieferung der Abfälle sei durch sie veranlasst worden. Wie durch die verschiedenen Auftragsbestätigungen belegt werde, habe sich ihre Tätigkeit nicht auf die bloße Herstellung eines Geschäftskontakts zwischen den Beteiligten erschöpft; die Klägerin sei gegenüber ihren Geschäftspartnern nicht als bloße Vermittlerin aufgetreten. Hingegen habe es keinen unmittelbaren geschäftlichen Kontakt zwischen der Beigeladenen zu 4.) und den übrigen Beigeladenen gegeben. Eine Verantwortlichkeit der Beigeladenen zu 1.) bis 3.) scheide wegen des Unmittelbarkeitserfordernisses aus. Die Beseitigungsanordnung sei auch verhältnismäßig, weil der Klägerin nur die Entfernung der Abfälle aufgegeben worden sei.  

16

Die auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 20. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2010 gerichtete Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Koblenz durch Urteil vom 5. April 2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Verfügung finde ihre Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 1 LAbfWG. Die Vorschrift finde Anwendung, weil das zu beseitigende Material dem abfallrechtlichen Regime unterfalle. Bei den abgelagerten Mengen handele es sich um Abfall i. S. v. § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG, der seine Abfalleigenschaft durch die Ablagerung in der Kiesgrube nicht verloren habe. Eine Verwachsung des Haushaltsmülls mit dem Erdboden, die zum Verlust der Abfalleigenschaft hätte führen können, sei nicht erfolgt, wie sich aus den vorliegenden Begutachtungen des Materials ergeben habe.  

17

Bundesrechtliche Vorschriften stünden der Anwendung des § 17 Abs. 1 LAbfWG nicht entgegen. § 17 LAbfWG sei als Regelung zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet des Abfallrechts und nicht als Ermächtigung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verwertung oder Beseitigung von Abfällen zu verstehen. Während § 17 Abs. 1 LAbfWG der reinen Gefahrenabwehr diene, ziele § 21 KrW-/AbfG auf die Sicherstellung der Erfüllung abfallrechtlicher Entsorgungspflichten ab. Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits mit Beschluss vom 30. Oktober 1987 – 7 C 87/86 – ausgeführt habe, lasse das Bundesrecht landesrechtliche Regelungen zu, mittels derer eine Person zur Begründung von Besitz an Abfällen verpflichtet werde, um sie dann zu entsorgen oder entsorgen zu lassen. Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 LAbfWG seien vom Beklagten zu Recht bejaht worden.

18

Die Verfügung leide auch nicht an Ermessensfehlern. Insbesondere sei die Auswahl der Klägerin als Adressatin nicht zu beanstanden. Sie gehöre als Zweckveranlasserin der Ablagerung zum Kreis möglicher Adressaten einer abfallrechtlichen Gefahrenbeseitigungsverfügung. Sie sei als Zweckveranlasserin anzusehen, weil sie mit ihrem Verhalten, insbesondere mit den von ihr abgeschlossenen Verträgen die Abfallentsorgung in Gang gesetzt habe, die sich als rechtswidrig erwiesen habe. Sie sei die alleinige Herrin des gesamten Entsorgungsgeschehens gewesen, weil sie allein aufgrund der Vertragslage habe beeinflussen können, welche Ladungen zur Beigeladenen zu 4.) gefahren worden seien. Sämtliche Verträge seien mit ihr geschlossen worden, Verträge zwischen den Beigeladenen habe es nicht gegeben. Darauf, ob sie Besitz an den verfüllten Materialien erlangt habe, komme es nicht an. Entscheidend sei vielmehr gewesen, dass sie aufgrund der abgeschlossenen Verträge das Entsorgungsgeschehen regiert habe bzw. hätte regieren können. Überdies bilde ihr Verhalten selbst nach ihrem eigenen Vorbringen mit der Ablagerung in der Grube eine natürliche Einheit, denn ohne das Angebot des Kontingents, die abgeschlossenen Verträge sowie – teilweise - das Wiegen der Ladungen und die Organisation der Fahrten hätte es keine Ablagerungen in der Kiesgrube gegeben. Entgegen ihrem Vorbringen sei sie nicht nur als Abfallmaklerin aufgetreten. Bei einigen der Lieferungen der in die Kiesgrube verbrachten Abfälle habe sie wegen der Wiege- und Transportvorgänge sogar die Sachherrschaft über die Ladungen erlangt und damit Besitz erworben; eine Maklertätigkeit nach § 50 KrW-/AbfG setze aber Besitzlosigkeit voraus. Zudem habe die Klägerin nicht ausschließlich die Verbringung von Abfällen vermittelt, sondern sich nach dem Wortlaut der Verträge nicht nur zum Transport, sondern zur Entsorgung verpflichtet, was sich auch aus den mit den Beigeladenen zu 2.) und 3.) vereinbarten Preisen ergebe, denen gegenüber sie zudem durch Aushändigung ihres entsprechenden Zertifikats als Entsorger i.S.v. § 16 KrW-/AbfG aufgetreten sei. Im Übrigen würde es an ihrer Einstufung als Zweckveranlasserin nichts ändern, wenn sie tatsächlich nur als Maklerin aufgetreten wäre, denn sie habe gleichwohl den entscheidenden Einfluss auf den Entsorgungsablauf gehabt.

19

Es sei auch nicht ermessensfehlerhaft gewesen, gerade und ausschließlich die Klägerin zur Entfernung der abgelagerten Siedlungsabfälle heranzuziehen. Es habe genügt, eine Auswahl zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 4.) zu treffen. Nach dem das Abfallrecht prägenden Verursacherprinzip brauchten nur diejenigen Personen in den Blick genommen zu werden, die als Handlungsstörer bzw. Verursacher in Betracht kamen. Als Verursacher seien zwar zunächst die Baggerfahrer der Beigeladenen zu 4.) anzusehen; diese hätten jedoch nicht in die Auswahl einbezogen werden müssen, weil sie als Privatpersonen nicht imstande seien, die Entfernung von 16.261 Mg Abfall zu bewerkstelligen. Auch in der Entscheidung, die Klägerin statt der Beigeladenen zu 4.) heranzuziehen, liege kein Ermessensfehlgebrauch. Der Beklagte habe unter dem Gesichtspunkt der Effektivität der Gefahrenabwehr in Betracht ziehen dürfen, dass die Klägerin anders als die Beigeladene zu 4.) ein zertifiziertes Abfallentsorgungsunternehmen sei, das über die notwendige Logistik verfüge, das fragliche Material auszubauen und abzutransportieren. Auch wenn ihre Kapazitäten zur Lagerung und Behandlung der fraglichen Abfälle begrenzt seien, so seien die von ihr angegebenen Kapazitäten jedenfalls größer als die der Beigeladenen zu 4.), die über keinerlei Kapazitäten zur Behandlung oder Lagerung des fraglichen Materials verfüge. Ebenso habe der Beklagte die begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Beigeladenen zu 4.) berücksichtigen dürfen. Andererseits habe er auch beachten dürfen, dass die Verantwortlichkeit der übrigen Beteiligten oder sonstiger Firmen ungewiss oder schwer nachzuweisen wäre.  

20

Die Verfügung verstoße schließlich nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es sei nicht erkennbar, dass derzeit andere, aus Sicht der Klägerin weniger aufwendige Mittel die Gefahr der Grundwasserverunreinigung ebenso wirksam bannen könnten wie die Beseitigung der abgelagerten Siedlungsabfälle. Die von dem Gutachter Dr. T. vorgeschlagene Abdeckung sei nicht ebenso sicher wie die Abtragung. Überdies werde der Verstoß gegen die abfallrechtliche Pflicht zur ordnungsgemäßen Abfallentsorgung nur durch die Beseitigung der Massen ausgeräumt. Der Beklagte brauche diesen Verstoß nicht zu dulden oder sich mit einer weniger sicheren Maßnahme zur Abwehr der für das Grundwasser bestehenden Gefahr zufrieden zu geben.  

21

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung lässt die Klägerin im Wesentlichen vortragen: Das Verwaltungsgericht habe mit § 17 Abs. 1 LAbfWG bereits die falsche Rechtsgrundlage herangezogen. Abfallrecht sei im vorliegenden Fall unanwendbar, weil das streitgegenständliche Material infolge der Verfüllung mit dem Grund und Boden verwachsen sei und dadurch seine Abfalleigenschaft verloren habe. Das Verwaltungsgericht habe des Weiteren verkannt, dass § 17 Abs. 1 LAbfWG keinen Anordnungscharakter habe und somit keine Ermächtigungsgrundlage darstelle. Satz 1 dieser Norm enthalte eine bloße Störerdefinition; auch Satz 2 beinhalte keine Ermächtigungsgrundlage, sondern sei nur eine Zuständigkeitsnorm, die eine Anordnungsbefugnis voraussetze. Als Ermächtigungsgrundlage fungiere auf landesrechtlicher Ebene allein § 28 Abs. 1 LAbfWG, bei dessen Auslegung und Anwendung indessen bundesabfallrechtliche Vorgaben und Einschränkungen zu beachten seien. Diesen Vorrang des Bundesrechts habe das Verwaltungsgericht unbeachtet gelassen. Das spezifische, bundesrechtlich geregelte Pflichtenregime schließe es aus, durch Landesrecht oder dessen Vollzug anstelle der verantwortlichen Abfallerzeuger und –besitzer Dritte zur Entsorgung angefallener Abfälle heranzuziehen. Das Bundesverwaltungsgericht habe mehrfach entschieden, dass der Kreis der zur Abfallentsorgung Verpflichteten bundesrechtlich abschließend festgelegt werde und durch landesrechtliche Regelungen nicht erweitert werden könne. Soweit das Verwaltungsgericht meine, aus dem Beschluss vom 30. Oktober 1987 – 7 C 87/86 – allgemein ableiten zu können, dass das Bundesrecht landesrechtliche Regelungen zulasse, mittels derer eine Person zur Begründung von Besitz an Abfällen verpflichtet werden könne, habe es verkannt, dass der zitierte Beschluss im Lichte der inzwischen geänderten Rechtslage interpretiert werden müsse. Durch das am 7. Oktober 1996 in Kraft getretene Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sei die bisherige abfallrechtliche Systematik grundlegend geändert worden, indem nach § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG Erzeuger oder Besitzer von Abfällen vorrangig zur Verwertung von Abfällen und – falls eine Verwertung nicht in Betracht komme - nach § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG zur gemeinwohlverträglichen Beseitigung von Abfällen verpflichtet seien. Zur Durchsetzung dieser abfallrechtlichen Pflichten enthalte § 21 KrW-/AbfG die Befugnis der zuständigen Behörde, die im Einzelfall erforderlichen Anordnungen zu treffen. Nach der heutigen Rechtslage sei ein schlichter und unbesehener Rückgriff auf eine vermeintliche Störerverantwortlichkeit nach allgemeinem Gefahrenabwehrrecht unzulässig. Zwar bestehe kein absoluter Vorrang des § 21 KrW-/AbfG. Sofern Maßnahmen gerade aus Gründen der ordnungsgemäßen Entsorgung von Abfällen ergriffen werden sollen, sei aber das bundesrechtlich geregelte Abfallregime einschließlich der Eingriffsermächtigung des § 21 KrW-/AbfG vorrangig und ausschließlich anwendbar. Nur wenn Anknüpfungspunkt landesordnungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie das Gebot umweltgerechter Abfallentsorgung, sondern die von bestimmten Sachen ausgehende Gefahr für anderweitig geschützte Rechtsgüter sei, bleibe Raum für eine landesrechtliche Inpflichtnahme. Damit habe sich das Verwaltungsgericht nicht nachvollziehbar auseinandergesetzt. Selbst wenn man unterstelle, dass die angefochtene Verfügung nicht in erster Linie zur Durchsetzung der umweltgerechten Abfallentsorgung, sondern zur Bekämpfung einer von den fraglichen Abfällen ausgehenden Gefahr für den Boden und das Grundwasser im Bereich der Kiesgrube dienen solle, müsse sich das Vorgehen gegen denjenigen richten, der als Handlungs- oder Zustandsstörer für die Abläufe und den Grundstückszustand der Kiesgrube verantwortlich sei. Das sei hier eindeutig die Beigeladene zu 4.) als Betreiberin der Kiesgrube und Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft über das Kiesgrubengrundstück, nicht aber die Klägerin, die insofern außenstehende Dritte sei. Zudem ergebe sich aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Abfallbesitzer, der einen Dritten mit der Entsorgung der Abfälle beauftrage und diesem hierzu den Besitz übertrage, weiterhin für deren ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich bleibe. Die Klägerin sei aber weder Erzeugerin noch Besitzerin der fraglichen Abfälle. Als Vermittlerin und Abfallmaklerin sei sie zu keinem Zeitpunkt Besitzerin der an oder in der Kiesgrube abgelagerten Abfälle gewesen. Als außenstehende Dritte unterliege sie nicht dem spezifischen Pflichtenregime des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes. Sie habe auch während der Verwiegung auf ihrem Gelände und erst recht während des Transports zur Beigeladenen zu 4.) keine Verfügungsgewalt und damit keine Sachherrschaft über firmenfremde Fahrzeuge oder deren Ladung erlangt. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ergebe sich auch aus der Übermittlung des Entsorgungsfachbetriebe-Zertifikats anstelle eines "Vermittler-Zertifikats" nicht, dass die Klägerin keine Abfallmaklerin sei. Vielmehr stelle die Vorlage des Zertifikats als Entsorgungsfachbetrieb auch bei Maklergeschäften eine in der Entsorgungswirtschaft anzutreffende Selbstverständlichkeit dar, mit der die Erwartung verbunden werde, dass für die jeweilige Tätigkeit alle erforderlichen Genehmigungen vorliegen. Selbst wenn man hilfsweise Abfallbesitz der Klägerin unterstelle, habe sie jedenfalls zum Zeitpunkt des als rechtswidrig gerügten Entsorgungsvorgangs keinen Abfallbesitz mehr gehabt, weil die Verfüllung ausschließlich und unstreitig durch die Beigeladene zu 4.) erfolgt sei.   

22

Das Verwaltungsgericht habe auch die Störereigenschaft der Klägerin zu Unrecht bejaht. Sei wegen der abschließenden bundesrechtlichen Regelung der abfallrechtlichen Verantwortlichkeiten der Rückgriff auf im allgemeinen Gefahrenabwehrrecht geregelte Verantwortlichkeiten gesperrt, gelte dies insbesondere auch für die vom Verwaltungsgericht angewandte, umstrittene Figur der Zweckveranlassung. Selbst wenn man aber zu Lasten der Klägerin die Anwendung allgemeiner polizei- und ordnungsrechtlicher Verantwortlichkeiten neben den speziellen abfallrechtlichen Vorgaben bejahe, sei die Klägerin keine Zweckveranlasserin. Denn sie habe zu keiner Zeit durch irgendeine von ihr ausgeübte Tätigkeit die Gefahrenschwelle unmittelbar überschritten. Der festgestellte rechtswidrige Zustand sei erst mit der Verfüllung der Materialien durch die Beigeladene zu 4.) eingetreten. Sie sei auch weder nach subjektiven noch nach objektiven Zurechnungskriterien als geschehenssteuernder "Hintermann" zu qualifizieren. Das Verwaltungsgericht stelle nicht klar, auf welche "abgeschlossenen Verträge" es die von ihm angenommene Zweckveranlasserhaftung stützen wolle. Zwischen den Beteiligten sei streitig, zwischen wem und mit welchem Inhalt Vertragsbeziehungen bestehen. Aus ihrer Sicht habe sie die Verfüllung bei der Beigeladenen lediglich vermittelt. Die von der Beigeladenen zu 4.) unmittelbar gegenüber den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) abgegebenen Annahmeerklärungen seien nicht auf Anweisung der Klägerin erfolgt, sondern von den Beigeladenen, insbesondere der Beigeladenen zu 3.) ausdrücklich verlangt worden. Selbst wenn man zu Lasten der Klägerin unterstelle, dass sie Vertragspartnerin der Beigeladenen zu 4.) sei, sei sie nicht als Zweckveranlasserin anzusehen. Sie habe insbesondere den Transport für die Beigeladene zu 3.) zwar vermittelt, indem sie für diese ein Transportunternehmen beauftragt habe; die beauftragten Unternehmen hätten jedoch selbständig agiert und nicht den Weisungen der Klägerin unterlegen. Es bleibe unklar, weshalb durch den Transport zu einem bestimmten Entsorgungsort ausgerechnet durch die Klägerin die Gefahrenschwelle bereits unmittelbar überschritten worden sein solle. Der ordnungsgemäß durchgeführte Transport habe keine Gefahr und erst recht keinen rechtswidrigen Zustand begründet. Dieser sei erst durch die Beigeladene zu 4.) herbeigeführt worden, indem diese das von der Beigeladenen zu 3.) erzeugte Material verfüllt habe. Soweit das Verwaltungsgericht die Klägerin als "alleinige Herrin des gesamten Entsorgungsgeschehens" qualifiziere, verkenne es insbesondere die Rolle der Beigeladenen zu 4.), die als Adressatin der wasserrechtlichen Erlaubnis und der darin enthaltenen Nebenbestimmungen für den Betrieb der Kiesgrube sowie als Grundstückseigentümerin und Inhaberin der Sachherrschaft über die Kiesgrube eine entgeltliche unternehmerische Leistung erbracht habe, indem sie nicht nur gegenüber der Klägerin, sondern auch gegenüber den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) die Annahme der Abfälle erklärt und damit über ihre Verfüllungskapazitäten verfügt habe; allein die Beigeladene  zu 4.) habe schließlich die Abfälle über die Kippkante geschoben und somit bewusst und final eingebaut. Auch die Rolle der Beigeladenen zu 1.) bis 3.) werde vom Verwaltungsgericht nicht hinreichend gewürdigt. Als Abfallerzeuger seien sie gemäß den §§ 5 und 11 KrW-/AbfG abfallrechtlich für eine ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich. Wie sich aus § 16 KrW-/AbfG ergebe, bleibe diese Verantwortlichkeit auch im Falle der Beauftragung eines Dritten bestehen. Die Beigeladenen zu 1.) bis 3.) hätten sich daher im Rahmen der ihnen obliegen-den abfallrechtlichen Pflichten darüber informieren müssen, wo diese Materialien entsorgt werden sollten und ob diese Entsorgung zulässig sei. Selbst wenn sie die Genehmigungslage nicht gekannt haben sollten, stelle diese Unkenntnis einen erheblichen und deshalb zu würdigenden Verursachungsbeitrag für die rechtswidrige Verfüllung dar. Im Übrigen habe die Klägerin weder wissentlich noch willentlich eine Ursache für die genehmigungswidrige Ablagerung gesetzt. Sie habe im Gegenteil der Beigeladenen zu 4.) alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt und diese zur Abstimmung mit den Behörden aufgefordert. Sie habe nach Bestätigung  durch die Beigeladene zu 4.) davon ausgehen dürfen, dass die Verfüllung mit dem bezeichneten Material zulässig gewesen sei. Es stelle ein vertragswidriges, schadenersatzpflichtiges Verhalten dar, wenn die im Auftrag der Beigeladenen zu 1.) bis 3.) beförderten Abfälle nicht den zu Beginn der Verfüllung getroffenen und mit der Struktur- und Genehmigungsdirektion – SGD - Nord abgestimmten Bedingungen entsprochen hätten. Danach dränge sich die Heranziehung der Beigeladenen zu 4.) als geschehensbeherrschender Störerin auf; daneben bestehe eine eindeutige abfallrechtliche Verantwortlichkeit der Beigeladenen zu 1.) bis 3.). Hingegen sei die Inanspruchnahme der Klägerin sachwidrig und verfehlt, weil sich ihr Handeln als rechtmäßig und sozialadäquat darstelle.

23

Unabhängig von der Frage der Störereigenschaft der Klägerin sei die Bewertung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Störerauswahl nicht haltbar. Entgegen dessen Ansicht hätten die Beigeladenen zu 1.) bis 3.) in die Störerauswahl mit einbezogen werden müssen, weil sie als Abfallerzeuger abfallrechtlich verantwortlich seien und deshalb unmittelbar zu der erfolgten Entsorgung beigetragen hätten. Sie könnten sich nicht darauf zurückziehen, die Genehmigung für die Verfüllung nicht gekannt zu haben. Als Entsorgungsfachbetriebe seien sie im Rahmen ihrer abfallrechtlichen Verantwortung verpflichtet gewesen, sich darüber zu informieren, wo und unter welchen Bedingungen ihre Abfälle entsorgt werden sollten. Ohne ihr Zutun wäre es zu der Entsorgung der Abfälle bei der Beigeladenen zu 4.) nicht gekommen.

24

Das Verwaltungsgericht stütze sich auch zu Unrecht auf die vermeintlich begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Beigeladenen zu 4.). Diese habe im fraglichen Zeitraum aktiv und ungeschmälert am Entsorgungsmarkt teilgenommen und sei somit auch zahlungskräftig gewesen. Der Beklagte habe die lapidare Aussage der Beigeladenen zu 4.), sie sei nicht zahlungskräftig, nicht ausreichend im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht hinterfragt.

25

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erweise sich die Beseitigungsverfügung schließlich als unverhältnismäßig. Zunächst führe die von der Beigeladenen zu 4.) eingeräumte Vermischung des Materials mit Bodenaushub dazu, dass die Klägerin eine nicht verhältnismäßige Trennung von Materialien vornehmen bzw. Material mit entsorgen müsse, dessen Entfernung ihr nicht aufgegeben worden sei. Im Übrigen liege eine Gefährdung des Grundwassers, der nur mit einer Auskofferung  begegnet werden könnte, nicht vor, wie sich aus den vorliegenden Gutachten ergebe. Vielmehr führe bereits die vom Gutachter Dr. T. in seinem Sanierungskonzept vorgeschlagene Oberflächenabdeckung dazu, dass ein Lösen von Schadstoffen durch Niederschlagswasser ausgeschlossen werde. Es sei damit eine gegenüber der Entfernung der Materialien mildere Maßnahme möglich und nachgewiesen. Nicht hinreichend gewürdigt habe das Verwaltungsgericht ferner, dass die Klägerin nicht einmal ansatzweise über ausreichende Kapazitäten zur Zwischenlagerung der Abfälle verfüge. Da sie nur eine Kapazität zur Zwischenlagerung für maximal 80 Tonnen pro Tag habe, bedeute die hier in Rede stehende zu entsorgende Abfallmenge von 16.261 Tonnen eine 203,26-fache Überlastung ihrer Zwischenlagerkapazität. Die Verfügung führe daher zu einem eklatant rechtswidrigen Zustand, zumal die genannten Kapazitäten an dem Standort in K. bereits durch das Tagesgeschäft, das die wirtschaftliche Basis der Klägerin bilde, vollkommen ausgelastet seien.

26

Eine Überlagerung ihres Standorts in Befolgung der Verfügung hätte daher für sie straf- und ordnungsrechtliche Konsequenzen.

27

Die Klägerin beantragt,  

28

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. April 2010 nach ihrem in der ersten Instanz gestellten Antrag zu erkennen.

29

Der Beklagte beantragt,

30

die Berufung zurückzuweisen.

31

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint insbesondere, die Anwendung von § 17 Abs. 1 LAbfWG sei nicht zu beanstanden. Die Vorschrift regele lediglich, inwieweit einem Nichtabfallbesitzer aufgrund vorangegangenen Tuns aufgegeben werden könne, an den als Abfall zu beseitigenden Sachen Besitz zu begründen und ihn so in die damit verbundene Pflichtenstellung nach Abfallrecht hineinzuzwingen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien derartige landesrechtliche Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar. Da § 17 LAbfWG keine abfallrechtliche Regelungslücke schließe, bedürfe es auch keiner Neuinterpretation dieser Rechtsprechung. Ob § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG eine Anordnungsbefugnis enthalte oder nur die Zuständigkeit regele, könne offenbleiben, da sich die Anordnungsbefugnis letzterenfalls aus § 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG ergebe. Da der Beklagte lediglich die Entfernung der Abfälle aus der Kiesgrube angeordnet habe, sich die Pflichten der Klägerin bezüglich der anschließenden Entsorgung also unmittelbar aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ergäben und ggf. durch Anordnungen nach § 21 KrW-/AbfG durchgesetzt werden müssten, sei der Klägerin nichts aufgegeben worden, was ihren aus dem Abfallbesitz folgenden Verpflichtungen zuwiderlaufe.  

32

Das Verwaltungsgericht habe die Klägerin auch zutreffend als Störerin angesehen. Gehe es darum, einem Nichtabfallbesitzer aufgrund vorangegangenen Tuns aufgeben zu können, an den als Abfall zu beseitigenden Sachen Besitz zu begründen, um ihn so in die damit verbundene Pflichtenstellung nach dem KrW-/AbfG hineinzuzwingen, könne nur der allgemeine polizeirechtliche Störerbegriff maßgeblich sein, womit auch der Zweckveranlasser als Störer in Betracht komme. Das Verwaltungsgericht habe die Klägerin zutreffend als alleinige Herrin des gesamten Entsorgungsgeschehens angesehen, weil zwischen der Beigeladenen zu 4.) und den übrigen Beigeladenen keinerlei vertragliche Beziehungen bestanden hätten, die Lieferungen auf ihr Kontingent erfolgt seien und sie die Anlieferungen teilweise sogar selbst organisiert habe, es also ohne die Klägerin nie zur illegalen Verfüllung der Kiesgrube mit dem Hausmüll-Bauschutt–Gemisch gekommen wäre. Die Klägerin sei im Übrigen hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Verfüllung keineswegs ahnungslos gewesen, da die Beigeladene zu 4.) ihr den die Verfüllungsbedingungen regelnden Erlaubnisbescheid vom 4. November 2002 bereits im August 2007 übersandt habe. Als Entsorgungsfachbetrieb hätte sie erkennen müssen, dass die Verfüllung aufgrund der vorgelegten Probenanalysen nicht zulässig gewesen sei. Dennoch habe sie die Verfüllung einen Monat später vorgenommen, ohne dass deren Zulässigkeit seitens der SGD Nord bestätigt worden sei.  

33

Auch die Störerauswahl sei vom Verwaltungsgericht zu Recht nicht beanstandet worden. Die Klägerin verkenne, dass mit der Störereigenschaft der Beigeladenen zu 4.) diejenige der Klägerin nicht ausgeschlossen sei, sondern lediglich eine Ermessensentscheidung über die Störerauswahl notwendig werde. Ein Ermessenfehlgebrauch liege nicht vor, weil § 17 LAbfWG eine effektive Gefahrenabwehr bezwecke und es daher nicht zu beanstanden sei, dass der Beklagte sich bei seiner Auswahlentscheidung vor allem von Effektivitätsgesichtspunkten habe leiten lassen. Im Verhältnis der Klägerin zu den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) stelle sich schon die Frage, ob letztere als Vorlieferanten der Klägerin noch als Zweckveranlasser angesehen werden könnten. Jedenfalls sei auch insoweit die Störerauswahl nicht zu beanstanden, weil den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) zwar die chemisch-analytische Zusammensetzung der von ihnen erzeugten Materialien bekannt gewesen sei, nicht jedoch die Verfüllungsbedingungen der wasserrechtlichen Erlaubnis zum Kiesgrubenbetrieb, die jedoch die Klägerin gekannt habe, und weil die Beigeladenen zu 1.) bis 3.) auch nicht neben der Klägerin auf ein eigenes Verfüllkontingent angeliefert hätten, sondern für die Klägerin auf deren Kontingent.  

34

Das Verwaltungsgericht habe schließlich die Verfügung zu Recht als verhältnismäßig angesehen, weil nur die Entfernung der gutachterlich festgestellten 16.261 Mg Siedlungsabfälle angeordnet worden sei; deren Entfernung sei aber geboten, um einerseits Grundwassergefährdungen sicher auszuschließen und andererseits rechtmäßige Zustände herzustellen.  

35

 Der Beigeladene zu 1.) hat sich im Berufungsverfahren nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.

36

Die Beigeladene zu 2.) stellt keinen Antrag, nimmt aber zur Berufung im Wesentlichen mit den gleichen Argumenten wie der Beklagte Stellung. Insbesondere ist sie der Auffassung, die Klägerin sei deshalb zumindest Zweckveranlasserin, weil sie die Anlieferer akquiriert und ausgewählt, die Anlieferungen disponiert und über die Art der Anlieferung entschieden habe; sie habe die Anlieferungen stoppen oder bestimmten Erzeugern die Anlieferungen gänzlich verweigern können und sogar die Kontrolle der Einhaltung der Grenzwerte für die Verfüllung der Grube übernommen. Die Klägerin habe auch Abfallbesitz gehabt, da sie unstreitig Wiege- und Transportvorgänge übernommen und damit die tatsächliche Sachherrschaft über die Abfälle erlangt habe. Gegenüber der Beigeladenen zu 2.) sei die Klägerin sogar vertraglich zu einer Zwischenlagerung verpflichtet gewesen. Es sei ausdrücklich vereinbart worden, dass die Klägerin Siebsande aus Krefeld zu ihrem Betriebsstandort in K. verbringen sollte, um sie dort umzuschlagen, ggf. mit Siebsanden aus eigener Herstellung oder von anderen Erzeugern zwischenzulagern und anschließend zur Beigeladenen zu 4.) zu transportieren. Dies habe auch zu einer höheren Vergütung der Klägerin durch die Beigeladene zu 2.) geführt.  

37

Die Beigeladene zu 3.) beantragt,

38

die Berufung zurückzuweisen.

39

Sie äußert sich zur Berufung im Kern in gleicher Weise wie die Beigeladene zu 2.). Ergänzend führt sie noch aus, sie habe zu keinem Zeitpunkt eine Annahmeerklärung der Beigeladenen zu 4.) erhalten, sondern bis zuletzt nicht gewusst, wohin die von ihr der Klägerin zur Entsorgung überlassenen Materialien verbracht worden seien. Entsorgungsverträge hätten allein zwischen ihr und der Klägerin sowie zwischen dieser und der Beigeladenen zu 4.) bestanden. Dies werde dadurch bestätigt, dass alle ihre Materiallieferungen von der Klägerin zunächst zu deren Betriebsgrundstück in K. verbracht worden seien, von wo aus der Weitertransport organisiert worden sei.  

40

Die Beigeladene zu 4.) beantragt,

41

die Berufung zurückzuweisen.

42

Sie führt zur Begründung im Wesentlichen noch aus, das streitgegenständliche Material habe seine Abfalleigenschaft durch die Verfüllung nicht verloren. Es könne trotz des bereits begonnenen Zersetzungsprozesses nach wie vor optisch vom ursprünglichen, in der Kiesgrube vorhandenen Erdboden unterschieden werden und sei nach den gutachterlichen Feststellungen gerade keine Verbindung mit dem Boden eingegangen. Es sei auch nie in ihrem Sinne gewesen, geschredderten Hausmüll in der Grube abzulagern. Vielmehr sei sie aufgrund der Zusicherungen der Klägerin davon ausgegangen, dass es sich bei dem von der Klägerin angelieferten Material um Bodenaushub bzw. diesem gleichzusetzendes Material handele. Dies werde dadurch bestätigt, dass die Klägerin an sie für die in der Kiesgrube abgekippten Materialien lediglich den üblichen Preis für die Annahme von Bodenaushub gezahlt habe. Im Übrigen tritt sie der Berufung im Wesentlichen mit den gleichen Argumenten wie der Beklagte entgegen.   

43

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, der Sitzungsniederschrift vom 26. Januar 2012 und den beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

44

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

45

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die abfallrechtliche Verfügung des Beklagten vom 20. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2010 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).  

46

Der Beklagte hat die Verfügung zu Recht auf § 17 Abs. 1 des Landesabfallwirtschaftsgesetzes (LAbfWG) vom 2. April 1998 (GVBl., S. 97) gestützt (I.). Die Verfügung begegnet auch weder im Hinblick auf die Heranziehung der Klägerin als Verantwortliche für die rechtswidrige Abfallablagerung (II.) noch hinsichtlich der Auswahl der Klägerin unter mehreren in Betracht kommenden Verantwortlichen (III.) rechtlichen Bedenken. Schließlich sind Rechtsbedenken unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Verfügung ebenfalls nicht angezeigt (IV.).

47

I. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die angefochtene Verfügung - neben § 93 Abs. 4 des Landeswassergesetzes (LWG) – auf § 17 Abs. 1 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage gestützt hat.

48

Entgegen der Ansicht der Klägerin unterliegen die in der Kiesgrube abgelagerten Materialien mangels Verlusts ihrer Abfalleigenschaft weiterhin dem Abfallrecht (1.). Dabei bildet § 17 Abs. 1 LAbfWG – jedenfalls in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG – eine Befugnisnorm (2.), deren Anwendung in der vorliegenden Fallkonstellation nicht durch vorrangiges Bundesrecht ausgeschlossen ist (3.).  

49

1. Die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht den Verlust der Abfalleigenschaft der in der Kiesgrube abgelagerten Materialien verneint, weil diese – entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts – infolge ihrer Vermischung mit Erdaushub und einer durch Zersetzung und Zeitablauf bedingten "Verwachsung" ihre Beweglichkeit verloren hätten, ist nicht stichhaltig.  

50

Zwar setzt der Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes – KrW-/AbfG –, an den auch § 17 Abs. 1 LAbfWG anknüpft, die Beweglichkeit der als Abfall einzustufenden Sache oder Sachen voraus (vgl. dazu z.B. Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 26 und 33 ff.). Daran fehlt es bei Grundstücken oder Grundstücksbestandteilen, wobei die Frage, ob und inwieweit dabei auf die zivilrechtlichen Kriterien nach den §§ 93 ff. BGB abzustellen ist, im Einzelnen streitig ist (vgl. dazu Breuer, a.a.O., Rn. 34; Frenz, KrW-/AbfG, 3. Aufl. 2002, § 3, Rn. 14; Müggenborg, NVwZ 1998, 1121, 1122; jeweils m.w.N.). Letztlich ist bei der Frage, ob Sachen dauerhaft fest mit einem Grundstück verbunden sind, auf die Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung der stoffbezogenen Entsorgungspflichtigkeit abzustellen (so überzeugend Breuer und Frenz, jeweils a.a.O.). Von einer solchen Betrachtungsweise geht auch die einschlägige verwaltungsgerichtliche Judikatur in den Fällen der Verfüllung von Abfällen in natürlichen oder künstlich angelegten Vertiefungen aus. Danach ist zum Beispiel abgelagerter Sand eine bewegliche Sache, die auch durch Abdeckung nicht zu einem Grundstücksbestandteil wird, soweit und solange er mühelos entfernt werden kann (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 29. März 1994 – 2 EO 18/93 –, NVwZ-RR 1995, 253 und juris, Rn. 37). Gelagerte feste Gegenstände (z.B. Leichtfraktion aus einer Schredderanlage) bleiben auch dann beweglich, wenn sie mit Sand abgedeckt werden, solange sie nicht mit dem Boden vermengt worden sind (vgl. VGH BW, Urteil vom 18. März 1992 – 3 S 2223/91 –, NVwZ-RR 1992, 543 und juris, Rn. 26). Hingegen können Altabfälle, die nicht lediglich abgelagert und überdeckt wurden, sondern aufgrund fortgeschrittener Vermoderung oder Verwachsung mit dem Boden als solche nicht mehr abgrenzbar sind, ihre Abfalleigenschaft verlieren; ein langjähriges Verwachsen mit dem Grundstück lässt Abfälle zu wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks werden; gegebenenfalls liegt dann eine Altlast im Sinne von § 2 Abs. 5 Nr. 1 des Bundesbodenschutzgesetzes – BBodSchG – vor, so dass dessen Regime eingreift (vgl. zum Ganzen: Breuer, a.a.O., Rn. 35, Frenz, a.a.O., Rn. 15; jeweils m.w.N.). Wurden Stoffe nicht nur lose in einen Steinbruch verfüllt, sondern die Oberfläche nach Abschluss der Verfüllung dem Geländeprofil angepasst, planiert und durch Aussaat bepflanzt, wobei auch der Wille des Grundstückseigentümers auf die Herstellung einer dauerhaften festen Verbindung mit dem Grundstück gerichtet ist, so haben die Stoffe mit dem Abschluss der Verfüllungsmaßnahme ihre Abfalleigenschaft verloren mit der Folge, dass Bodenschutzrecht anzuwenden ist (vgl. VG Gera, Beschluss vom 8. September 2001 – 600-8432-082/00 SOK GRZ – juris, Rn. 27 f.). Ebenso werden Stoffe, die in das Erdreich eingedrungen sind, erst mit der Auskofferung des verseuchten Erdreichs (wieder) zu einer bewegliche Sache und damit zu Abfall (vgl. Breuer, a.a.O., Rn. 35, m.w.N.). Hingegen handelt es sich bei Bodenmassen, die zur Verfüllung in eine künstlich geschaffene Vertiefung eingebracht werden, auch dann noch um Abfall im Sinne von § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG, wenn sie untrennbar mit Siebresten, Bauschutt und Straßenaufbruchmaterial vermischt sind; die Vermengung mehrerer beweglicher Sachen, bestehend aus an sich unbedenklichem Verfüllmaterial und Abfall, untersteht dem Abfallrecht, sofern für eine "Verwachsung" keine Anhaltspunkte bestehen (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 16. Juli 2009 – 9 L 153/09 –, juris, Rn. 10 und 21 ff.; s.a. Urteil des Senats vom 23. Juni 2010 – 8 A 10139/10.OVG –, juris, Rn. 34).  

51

Hiervon ausgehend spricht nichts für die von der Klägerin nur behauptete, aber nicht näher belegte Vermischung und Verwachsung des abgelagerten Materials in einer Weise, die zum Verlust der Abfalleigenschaft geführt haben könnte. Zunächst hat die bloße Vermischung der abgelagerten geschredderten Siedlungsabfälle mit einer – eher geringfügigen – Menge von über dieselbe Kippkante geschobenem Erdaushub, die die Beigeladene zu 4.) grundsätzlich eingeräumt hat, nicht den Verlust der Abfalleigenschaft zur Folge gehabt: Eine Vermischung von Hausmüll mit Erdreich ändert nichts an der Abfalleigenschaft des entstehenden Gemischs, sondern führt nur dazu, dass auch das beigemischte Material entfernt werden muss (so zutreffend: BayVGH, Beschluss vom 2. April 1993 – 22 CS 93.941 –, BayVBl. 1994, S. 22, 23). Die Klägerin hat auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass eine zum Verlust der Abfalleigenschaft führende "Verwachsung" des Hausmülls mit dem Erdboden nicht eingetreten ist, nicht zu erschüttern vermocht. Unter einer "Verwachsung" dürften biologische Prozesse zu verstehen sein, bei denen Einzelstoffe eine Verbindung eingehen, durch die sie einen nicht mehr oder nur mit verhältnismäßigem Aufwand trennbare "Gesamtmasse" bilden. Von Relevanz für die Frage der Anwendbarkeit von Abfall- oder Bodenschutzrecht ist eine solche Verwachsung ohnehin nur dann, wenn die Stoffe dabei eine Verbindung mit dem (natürlichen) Erdboden eingehen, die sie zu einem wesentlichen Bestandteil des betreffenden Grundstücks machen mit der Folge, dass Bodenschutzrecht Anwendung findet. Für eine derartige Verbindung der abgelagerten Massen mit dem Erdboden ist von der Klägerin nichts vorgetragen worden. Sie kann nach den vorliegenden Gutachten sogar ausgeschlossen werden: Wie sich insbesondere aus dem im Auftrag des Beklagten eingeholten Gutachten des Chemisch-Technischen Laboratoriums H. H. vom 7. April 2009 (Verwaltungsakte Band IV, Bl. 197 ff.) ergibt, bilden die über die Kippkante geschobenen geschredderten Siedlungsabfälle eine bis maximal 5,5 m dicke "Schicht I", die auf der bis zu 38 m dicken, aus Boden- und Bauschuttablagerungen bestehenden "Schicht II" am östlichen Grubenrand aufliegt. Die Schichten waren im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens im April 2009 in ihrer Mächtigkeit und Zusammensetzung aufgrund von Bohrungen klar unterscheidbar. Überdies handelt es sich auch bei der Schicht II nicht um natürlichen Boden, sondern um ältere, aber wohl unbedenkliche Ablagerungen zur Grubenverfüllung. Soweit im Untersuchungszeitpunkt Zersetzungsprozesse feststellbar waren, betrafen diese nur die Schicht I; ein Zustand der untrennbaren Verbindung beider Schichten aufgrund biologischer Zersetzungsprozesse konnte nicht festgestellt werden, erst recht keine "Verwachsung" der Hausmüllablagerung mit dem bis zu 38 m tiefer liegenden ursprünglichen Kiessandboden (Schicht III). Die Klägerin hat keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass sich daran bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2010 etwas Entscheidendes geändert haben könnte. Vielmehr lassen sich auch der von der Beigeladenen zu 4.) – in Befolgung der an sie gerichteten weiteren Verfügung des Beklagten vom 20. September 2009 – beauftragten Untersuchung der Schadstoffmobilität von Dr. T. und Partner GmbH vom 19. Mai 2010, die im Streitwertbeschwerdeverfahren 8 E 10839/11.OVG zur Gerichtsakte gereicht wurde und der Klägerin bekannt ist, keine Anhaltspunkte für eine Verwachsung der abgelagerten Siedlungsabfälle in einer für die Abgrenzung von Abfall- und Bodenschutzrecht relevanten Weise entnehmen.  

52

2. Soweit die Klägerin weiter rügt, das Verwaltungsgericht habe – wie bereits der Beklagte im Bescheid vom 20. Oktober 2009 - rechtsirrig § 17 Abs. 1 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage herangezogen, obwohl § 17 Abs. 1 Satz 1 nur eine Störerdefinition und § 17 Abs. 1 Satz 2 lediglich eine Zuständigkeitsregelung, die eine Anordnungsbefugnis voraussetze, enthielten, vermag dies die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung nicht zu begründen.  

53

Zunächst enthält § 17 Abs. 1 Satz 1 LAbfWG nicht nur eine Störerdefinition, sondern begründet eine Grundpflicht desjenigen, der rechtswidrig Abfälle entsorgt:

54

Dieser ist zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes verpflichtet (vgl. Reis/Gottschling, Das Abfall- und Bodenschutzrecht in Rheinland-Pfalz, Kommentar zum LAbfWG, § 17, Anm. 1). § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG regelt sodann zwar primär die Zuständigkeit für den Erlass erforderlicher Anordnungen dahingehend, dass, soweit die illegale Abfallentsorgung im Betrieb einer illegalen Anlage besteht, die für die Anlage zuständige Behörde zuständig ist, in allen anderen Fällen, in denen die rechtswidrige Entsorgung ohne derartigen Anlagenbezug ist, die Verwaltung des jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (vgl. dazu Reis/Gottschling, a.a.O., Anm. 12); die Zuständigkeitsregelung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 ist insoweit als eine "andere Bestimmung" im Sinne von § 27 Abs. 2 LAbfWG anzusehen (so: OVG RP, Beschluss vom 13. Februar 1998 – 8 B 13077/97.OVG –, juris, Rn. 3, zu inhaltsgleichen Vorgängerbestimmungen). Dabei spricht aufgrund der Formulierung in § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG, wonach "die erforderliche Anordnung durch die zuständige Behörde erlassen" wird, bereits vieles dafür, dass Satz 2 über die Zuständigkeitsbestimmung hinaus auch eine Befugnisnorm zum Erlass entsprechender Anordnungen im Einzelfall enthält (so jedenfalls: OVG RP, Beschluss vom 13. Februar 1998, a.a.O., zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung, allerdings i.V.m. § 21 KrW-/AbfG). Sieht man hingegen in § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG nur eine auf anderweitige Befugnisnormen verweisende bzw. deren Existenz voraussetzende Zuständigkeitsregelung, so folgt die Anordnungsbefugnis des Beklagten aber jedenfalls aus der Zusammenschau von § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 LAbfWG mit § 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG: Danach trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße notwendigen Anordnungen (so auch: OVG RP, Urteil vom 23. Juni 2010, a.a.O. und VG Mainz, Beschluss vom 30. März 2009 – 3 L 175/09.MZ –, juris, Rn. 3; im Ergebnis auch: Reis/Gottschling, a.a.O., Anm. 12, a. E.). Letztlich geht auch die Klägerin davon aus, dass jedenfalls § 28 Abs. 1 LAbfWG die erforderliche Eingriffsermächtigung für die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 dieses Gesetzes zuständige Behörde enthält. Die danach allenfalls unvollständige Angabe der Ermächtigungsgrundlage im Bescheid vom 20. Oktober 2009 vermag dessen Rechtswidrigkeit nicht zu begründen.

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3. Der Senat vermag auch der Auffassung der Klägerin nicht zu folgen, das Verwaltungsgericht habe mit der Billigung der Heranziehung von § 17 Abs. 1 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage den Vorrang bundesabfallrechtlicher Vorschriften gegenüber dem Landesabfallrecht missachtet und verkannt, dass die im angegriffenen Urteil zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Lichte einer durch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz grundlegend geänderten Systematik neu interpretiert werden müsse und danach eine Inanspruchnahme der Klägerin mangels Stellung als Abfallerzeugerin oder –besitzerin ausgeschlossen sei. Nach Überzeugung des Senats steht vielmehr das Bundesrecht einer Anwendung des § 17 Abs. 1 (i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 3) LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage für Einzelfallanordnungen zur Gefahrenabwehr bei rechtswidriger Abfallentsorgung in der hier vorliegenden Fallkonstellation nach wie vor nicht entgegen.

56

Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der einschlägigen (älteren) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Bundesabfallrecht einer Inanspruchnahme von Personen nach Landesabfallrecht nicht ausnahmslos entgegensteht. Das Bundesverwaltungsgericht hatte zunächst mit Urteil vom 11. Februar 1983 – 7 C 45.80 – (BVerwGE 67, 8 und juris, Rn. 9) entschieden, dass der Kreis der zur Abfallbeseitigung Verpflichteten durch die damaligen Regelungen in § 3 Abs. 1, 3 und 4 des Abfallbeseitigungsgesetzes - AbfG – i.d.F. vom 5. Januar 1977 (BGBl. I, S. 41) bundesrechtlich abschließend festgelegt worden sei und nicht durch einen Rückgriff auf landesrechtliche Vorschriften erweitert werden könne; deshalb könne zum Beispiel ein Grundstückseigentümer nicht nach Landesrecht als Zustandsstörer zur Beseitigung auf seinem Grundstück lagernder Abfälle verpflichtet werden. Mit weiterem Urteil vom 11. Februar 1983 – 7 C 168.81 – (juris, Rn. 8) hatte das Gericht aber bereits einschränkend ausgeführt, auf landesrechtliches Ordnungsrecht gestützte Maßnahmen gegen Abfallbesitzer seien nicht ausgeschlossen, müssten aber stets die Grenzen respektieren, die durch die Regelung der Beseitigungspflicht in § 3 AbfG gezogen worden seien; Handlungen, die nach § 1 Abs. 2 AbfG zur Abfallbeseitigung gehörten, könnten daher dem Abfallbesitzer nur insoweit aufgegeben werden, als er selbst beseitigungspflichtig sei. Hieran anknüpfend hat das Bundesverwaltungsgericht sodann in dem vom Verwaltungsgericht zitierten Beschluss vom 30. Oktober 1987 – 7 C 87.86 – (NVwZ 1988, 1126 und juris, Rn. 3) klarstellend ausgeführt: Da § 3 AbfG (i.d.F. vom 27. August 1986, BGBl. I, S. 1410) den Kreis der zur Abfallbeseitigung Verpflichteten abschließend festlege, könne eine landesabfallrechtliche Vorschrift, nach der derjenige, der in unzulässigerweise Abfälle behandele, lagere oder ablagere zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands verpflichtet sei, nicht so verstanden werden, als ob sie eine von der Pflichtenstellung des Abfallbesitzers unabhängige und neben dieser stehende "Handlungspflicht" des Verursachers begründe. Eine solche Vorschrift regele vielmehr, soweit sie sich an einen Adressatenkreis wende, der nicht zu den Abfallbesitzern gehöre, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Dritter aufgrund vorangegangenen Tuns in die Position eines Abfallbesitzers und die damit verbundene Pflichtenstellung gewissermaßen "hineingezwungen" werden könne, indem ihm – sozusagen als Voraussetzung für die von ihm verlangten Beseitigungsmaßnahmen – aufgegeben werde, an dem Abfall Besitz zu begründen. Für eine solche durch die Vorschriften des Abfallgesetzes nicht ausgeschlossene landesrechtliche Regelung bestehe u.a. in den Fällen ein besonderes Bedürfnis, in denen ein früherer Abfallbesitzer im Zusammenhang mit unzulässigen Maßnahmen der Abfallbeseitigung den Besitz an Abfällen aufgegeben habe, ohne dass neuer Besitz an diesen Sachen begründet worden sei (z.B. Wegwerfen von Abfällen in der Feldflur); § 3 AbfG schließe aber auch eine landesrechtliche Regelung nicht generell aus, durch die jemand aus vorausgegangenem Tun gezwungen werde, an einer als Abfall anzusehenden beweglichen Sache Besitz zu begründen, die sich noch in Besitz eines anderen befinde. Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 82.87 – (NJW 1989, 1295 und juris, Rn. 11) bestätigt, wonach es mit Bundesrecht vereinbar sei, dass das Landesrecht gegenüber dem Verursacher einer unzulässigen Abfallablagerung zu der Anordnung ermächtige, unter Wiederaufnahme des unerlaubt aufgegebenen Besitzes die Überlassungs- oder Beseitigungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 oder Abs. 4 AbfG zu erfüllen. Mit Urteil vom 18. Oktober 1991 – 7 C 2.91 – (BVerwGE 89, 138 und juris, Rn. 15 f.) hat es diese Grundsätze wiederholt und ausgeführt, insbesondere bei Sachverhalten, in denen der in Anspruch Genommene ursprünglich als Besitzer der Abfälle bereits eine abfallrechtliche Pflichtenstellung innegehabt und sich diesen Pflichten unerlaubt entzogen habe, verbiete es § 3 AbfG nicht, den Betreffenden dadurch wieder dem Abfallregime zu unterwerfen, dass ihm die Wiederaufnahme des Abfallbesitzes mit den daraus folgenden Rechtspflichten aufgegeben werde. Ergänzend hat es ausgeführt: Der Vorrang des bundesrechtlich geregelten Abfallregimes bestehe nur, sofern Maßnahmen aus Gründen gerade der ordnungsgemäßen Entsorgung von Abfällen ergriffen werden sollten; sei Anknüpfungspunkt des behördlichen Handelns nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie das Gebot umweltgerechter Entsorgung von Abfällen, sondern die Bekämpfung konkreter Gefahren für anderweitig geschützte Rechtsgüter unabhängig von der Abfalleigenschaft der störenden Sache, so bleibe es bei den für die Abwehr dieser Gefahr maßgebenden rechtlichen Regeln auch dann, wenn die Sachen gleichzeitig – gewissermaßen "zufällig" – Abfälle seien; dann gälten für die behördliche Zuständigkeit, die zu ergreifenden Maßnahmen und für die Verantwortlichkeit für die Gefahrenbeseitigung grundsätzlich die Bestimmungen der jeweils einschlägigen speziellen Ordnungsrechts, gegebenenfalls auch des allgemeinen Polizeirechts.

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Mit dieser Rechtsprechung steht das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts ersichtlich im Einklang. Denn es versteht § 17 Abs. 1 LAbfWG – in seiner auch von der Klägerin nicht beanstandeten Auslegung dieser landesabfallrechtlichen Vorschrift – als eine Regelung zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet des Abfallrechts und nicht als Ermächtigung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Beseitigung oder Verwertung von Abfällen. § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfG erlaubt danach ausschließlich die Anordnung der Beseitigung des rechtswidrigen Zustands, der durch eine rechtswidrige Abfallentsorgung entstanden ist; dabei ist nicht eine Entsorgung im abfallrechtlichen Sinne, sondern das Sich-Entledigen von Abfallen gemeint. Zur Anordnung der – späteren – ordnungsgemäßen Verwertung oder Beseitigung ermächtigt die Vorschrift – wie sich aus ihrem sich an den gefahrenabwehrrechtlichen Störerbegriff anknüpfenden Wortlaut ergibt – hingegen nicht. Während § 17 Abs. 1 LAbfWG der reinen Gefahrenabwehr dient, zielt § 21 KrW-/AbfG auf die Sicherstellung der Erfüllung abfallrechtlicher Entsorgungspflichten ab; in diesem Sinne können Anordnungen nach § 17 Abs. 1 LAbfWG und solche nach § 21 KrW-/AbfG aufeinander aufbauen, indem eine Person zunächst über § 17 LAbfWG in die Rolle des Abfallbesitzers hineingezwungen wird und sie sodann – neben dem Abfallerzeuger – potentieller Adressat einer Verfügung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Entsorgung nach § 21 KrW-/AbfG ist. Die darin zum Ausdruck kommende Abschichtung der Anwendungsbereiche von Landes- und Bundesabfallrecht steht nicht in Widerspruch zu der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Im Übrigen hat auch der Senat § 17 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG bereits als einschlägige Ermächtigungsgrundlage für ein Einschreiten der unteren Landesabfallbehörde gegen eine rechtswidrige Abfallablagerung angesehen (vgl. das Urteil des Senats vom 23. Juni 2010, a.a.O., Rn. 34).

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Zwar trifft es zu, dass die genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sämtlich noch auf der Grundlage des Abfallbeseitigungsgesetzes bzw. des Abfallgesetzes – AbfG – ergangen sind. Der Senat teilt jedoch die Auffassung der Klägerin nicht, dass durch das am 7. Oktober 1996 in Kraft getretene Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz eine solche Änderung der Systematik abfallrechtlicher Verantwortlichkeiten bewirkt worden ist, die auf die hier in Rede stehende Heranziehung einer für eine rechtswidrige Abfallentsorgung verantwortlichen Person nach Landesabfallrecht durchschlägt und den Erlass einer Einzelfallanordnung nach den §§ 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG sperrt:

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Zwar gab es im Abfallgesetz noch keine Ermächtigungsgrundlage für abfallbehördliche Einzelfallanordnungen, mit der Folge, dass die zuständigen Behörden – soweit nicht spezielles Ordnungsrecht des Bundes als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kam – nur auf landesrechtlicher Grundlage gegen abfallrechtswidrige Zustände einschreiten oder Gefahren, die von Abfällen ausgingen, bekämpfen konnten (vgl. Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 21, Rn. 3 f.). Mit § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG wurde bundesabfallrechtlich erstmals eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, aufgrund der grundsätzlich alle diejenigen in Anspruch genommen werden können, die durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes erlassener Rechtsverordnungen Pflichten zu erfüllen haben und diese nicht beachten, wozu in erster Linie die Abfallerzeuger und Abfallbesitzer gehören (vgl. Beckmann/Kersting, KrW-/AbfG, § 21, Rn. 11). Der Senat vermag indessen keinerlei Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass der Bundesgesetzgeber damit zugleich – in bewusster Abkehr von der seinerzeit vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – Einzelfallanordnungen nach Landesabfallrecht zum Zwecke der Gefahrenabwehr gegen Dritte, die für eine rechtswidrige Abfallablagerung verantwortlich gemacht werden können, ausschließen wollte.

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So gibt zunächst die Entstehungsgeschichte des § 21 KrW-/AbfG für ein solches Verständnis der Vorschrift nichts her. Die Ermächtigung zu Einzelfallanordnungen war zunächst in Art. 1 § 19 des Regierungsentwurfes eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen (BT-Drucks. 12/5672 vom 15. September 1993, S. 14) enthalten, der im Wesentlichen dem heutigen § 21 KrW-/AbfG entsprach, jedoch noch den ausdrücklichen Vorbehalt enthielt, dass die "erforderlichen Anordnungen unbeschadet der Bestimmungen der Länder über die Rechts- und Fachaufsicht" getroffen werden können. Zur Begründung des § 19 Abs. 1 führte die Bundesregierung aus, die Vorschrift diene "der Durchsetzung von Pflichten nach dem KrW-/AbfG", wobei nach Abs. 1 insbesondere "Einzelfallanordnungen im Sinne einer Gefahrenabwehr getroffen werden" könnten; dies gelte "insbesondere für die Sicherstellung der Schadlosigkeit von Verwertungsmaßnahmen, die vielfach nur auf den einzelnen Erzeuger oder Besitzer bezogen erreichbar" sei (BT-Drucks. 12/5672, S. 47). Die heutige Fassung des § 21 KrW-/AbfG beruht auf dem Gesetzentwurf des Umweltausschusses (BT-Drucks. 12/7240 vom 13. April 1994), der den genannten Vorbehalt nicht mehr enthielt; der Umweltausschuss führt zur Begründung des von ihm vorgeschlagenen § 21 lediglich noch aus, die in der Vorschrift vorgenommenen Änderungen gegenüber § 19 des Regierungsentwurfs seien nur "klarstellender oder redaktioneller Natur" (BT-Drucks. 12/7284 vom 14. April 1994, S. 19). Aus den Gesetzgebungsmaterialien ist danach nichts dafür ersichtlich, dass der Bundesgesetzgeber mit der Einführung einer bundesabfallrechtlichen Eingriffsermächtigung die bestehenden landesrechtlichen Möglichkeiten einschränken wollte.

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Aber auch aus dem erkennbaren Sinn und Zweck des § 21 KrW-/AbfG ergibt sich eine solche Sperrwirkung nicht. Wie schon die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung belegt, zielt die Vorschrift darauf ab, die nach diesem Gesetz bestehenden Pflichten durchzusetzen, indem Einzelfallanordnungen im Sinne einer Gefahrenabwehr getroffen werden können, um z.B. die Sicherstellung der Schadlosigkeit von Verwertungsmaßnahmen gegenüber den einzelnen Erzeugern oder Besitzern von Abfällen zu erreichen. Soweit es daher um Verstöße gegen die spezifischen Pflichten nach dem KrW-/AbfG geht, ist § 21 dieses Gesetzes speziell und vorrangig anzuwenden; dabei besteht Einigkeit darüber, dass Anordnungen nach dieser Vorschrift ausschließlich gegen solche Personen in Betracht kommen, die gegen Rechtspflichten verstoßen, welche ihnen durch dieses Gesetz unmittelbar zugewiesen sind. Dazu zählen neben den Abfallerzeugern und –besitzern die Grundstückseigentümer und –besitzer, die privaten Entsorgungsträger und Produktverantwortliche. Hingegen können Anordnungen gegen Personen, die nach dem KrW-/AbfG nicht zur Entsorgung verpflichtet sind und denen das Gesetz auch nicht in anderer Weise konkrete Rechtspflichten auferlegt, nicht auf § 21 gestützt werden (vgl. Weidemann, a.a.O., Rn. 29). § 21 KrW-/AbfG lässt hingegen einen der eigentlichen Abfallentsorgung nach diesem Gesetz (Verwertung oder Beseitigung im Sinne der §§ 3 und 5 des Gesetzes) vorgelagerten Bereich unberührt, in dem es darum geht, Personen, die für eine rechtswidrige Abfallablagerung (mit-)verantwortlich sind, aus gefahrenabwehrrechtlichen Gründen in die Pflicht zu nehmen. In der Kommentarliteratur zum KrW-/AbfG besteht deshalb – soweit ersichtlich – weitgehende Einigkeit dahingehend, dass landesabfallrechtliche Vorschriften, die die zuständige Behörde zu Einzelfallanordnungen ermächtigen, in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich neben § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG anwendbar bleiben (vgl. z.B. Weidemann, a.a.O., Rn. 12; Frenz, a.a.O., § 21, Rn. 2; Beckmann/Kersting, a.a.O., Rn. 11). Da die Erweiterung des bundesabfallrechtlichen Pflichtenprogramms auf den Abfallerzeuger die Möglichkeiten der Behörden nicht einschränken, sondern verbessern sollte, kommt auch unter der Geltung des KrW-/AbfG zum Beispiel ein Vorgehen gegen frühere Abfallbesitzer, die nicht Abfallerzeuger im Sinne von § 3 Abs. 5 dieses Gesetzes sind, nach Landesabfallrecht weiterhin in Betracht (vgl. Weidemann, a.a.O.). Ist aber nichts dafür ersichtlich, dass der Bundesgesetzgeber mit der Einführung einer bundesabfallrechtlichen Eingriffsermächtigung die bestehenden landesrechtlichen Möglichkeiten einschränken wollte, so entfaltet das KrW-/AbfG keine Sperrwirkung dahingehend, dass Personen, die weder (frühere) Abfallbesitzer noch Abfallerzeuger sind, aber als Dritte aus vorangegangenem Tun für eine rechtswidrige Abfallentsorgung Verantwortung tragen, nicht landesrechtlich zur Rückgängigmachung illegaler Entsorgungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden können. Dementsprechend bleibt die zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der zum Beispiel gegen frühere Abfallbesitzer die Wiederbegründung des Abfallbesitzes angeordnet werden kann, auch unter Geltung des KrW-/AbfG anwendbar (so auch Weidemann, a.a.O., Rn. 32). Damit schließt das KrW-/AbfG zugleich auch die Möglichkeit nicht aus, auf der Grundlage einer landesabfallrechtlichen Eingriffsermächtigung einen sonstigen "Nichtabfallbesitzer", der aus vorangegangenem Tun für eine rechtswidrige Abfallentsorgung verantwortlich ist, zum Abfallbesitzer zu machen, um ihn gleichsam in die damit verbundene Pflichtenstellung nach dem KrW-/AbfG "hineinzuzwingen" und ihm sodann - etwa auf der Grundlage von § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG - konkrete Abfallentsorgungspflichten (Verwertung oder Beseitigung im Sinne der §§ 3 und 5 dieses Gesetzes) aufzuerlegen.

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Diese Zielrichtung wird – wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat – auch mit der angefochtenen Verfügung verfolgt. Sie ist nicht darauf gerichtet, die Klägerin als "Nichterzeugerin oder Nichtbesitzerin" von Abfällen deren Beseitigung im Sinne des KrW-/AbfG aufzugeben. Vielmehr knüpft sie an eine der Beseitigung im Sinne des KrW-/AbfG vorgelagerte Tätigkeit, nämlich die Ablagerung in der Kiesgrube, an mit dem Ziel der Entfernung dieser Abfälle aus der Kiesgrube, um sie so einer Zwischenlagerung und späteren ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen, zu der es dann gegebenenfalls weiterer, auf § 21 KrW/AbfG gestützter Verfügungen der hierfür örtlich und sachlich zuständigen Behörde bedarf.

63

Steht demnach das KrW/AbfG einer Anwendung der §§ 17 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage für Einzelfallanordnungen zur Gefahrenabwehr bei rechtswidriger Abfallentsorgung hier nicht entgegen, so hat das Verwaltungsgericht im Übrigen das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 LAbfWG, insbesondere das Vorliegen einer rechtswidrigen Abfallentsorgung im Sinne dieser Vorschrift, zutreffend bejaht. Da die Klägerin diese Feststellungen im Berufungsverfahren nicht angegriffen hat, kann insoweit auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden.

64

II. Es begegnet des Weiteren keinen rechtlichen Bedenken, dass der Beklagte die Klägerin als Verantwortliche für die rechtswidrige Ablagerung geschredderter Siedlungsabfälle in der Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) angesehen hat.

65

Ist – wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat – davon auszugehen, dass es sich bei § 17 Abs. 1 LAbfWG um eine (bundesrechtlich nicht gesperrte) Regelung zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet des Abfallrechts handelt, so richtet sich die Frage, wer richtiger Adressat einer auf diese Vorschrift gestützten Verfügung ist, nach den Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts zur Verantwortlichkeit für die Beseitigung von Gefahren. Die Orientierung am gefahrenabwehrrechtlichen Störerbegriff kommt – worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat – bereits im Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 LAbfWG zum Ausdruck ("wer rechtswidrig Abfälle entsorgt, ist zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands verpflichtet"). Zugleich wird aus der Zusammenschau mit § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG, der lediglich zur Anordnung der "Beseitigung des rechtswidrigen Zustands" ermächtigt, deutlich, dass mit dem Begriff der "rechtswidrigen Abfallentsorgung" in Satz 1 nicht eine Abfallentsorgung (im Wege der Verwertung oder Beseitigung von Abfällen) im Sinne von § 3 Abs. 7 KrW-/AbfG gemeint ist, sondern das schlichte Sich-Entledigen von Abfällen. Dementsprechend ermächtigt § 17 Abs. 1 Satz 2 (i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 3) LAbfWG nicht zur Anordnung von Maßnahmen zur Verwertung oder schadlosen Beseitigung von Abfällen im Sinne der §§ 5 und 11 KrW-/AbfG, sondern lediglich zur Rückgängigmachung des in der illegalen Ablagerung von Abfällen liegenden rechtswidrigen Zustandes, indem etwa die Inbesitznahme der Abfälle zum Zwecke der anschließenden Verwertung oder Beseitigung, gegebenenfalls nach Maßgabe auf § 21 KrW-/AbfG gestützter weiterer Verfügungen, angeordnet werden kann. Setzt § 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 LAbfWG somit auf einer der Abfallentsorgung durch Verwertung oder Beseitigung im Sinne des KrW-/AbfG vorgelagerten Stufe an, so kommt es auf die Frage, wer zur "Beseitigung des rechtswidrigen Zustands" als Verantwortlicher in die Pflicht genommen werden kann, nicht auf die Stellung als Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer im Sinne des § 3 Abs. 5 und 6 KrW-/AbfG an; entscheidend ist vielmehr allein, ob die betreffende (natürliche oder juristische) Person nach Maßgabe des polizei- und ordnungsrechtlichen Störerbegriffs für das rechtswidrige Sich-Entledigen von Abfällen verantwortlich gemacht werden kann.

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Nach Maßgabe der danach anzuwendenden polizei- und ordnungsrechtlichen Grundsätze ist die Klägerin zu Recht als Verantwortliche für die hier unstreitig vorliegende rechtswidrige Abfallablagerung eingestuft worden. Denn sie hat mit der Übernahme der Verantwortung für eine ordnungsgemäße Entsorgung gegenüber ihren Geschäftspartnern sowie mit der verantwortlichen Organisation der Abfalltransporte in die Kiesgrube eine nach polizeirechtlichen Grundsätzen wesentliche Ursache für die rechtswidrige Abfallablagerung gesetzt:  

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Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Meinung ist die polizeirechtliche Verhaltensverantwortlichkeit nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung zu bestimmen; danach ist (Verhaltens-)Störer diejenige Person, die bei wertender Betrachtung unter Einbeziehung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles durch ihr Verhalten die Gefahrengrenze überschritten und damit die unmittelbare Ursache für den Eintritt der Gefahr gesetzt hat (vgl. z.B. Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, Teil E I., Rn. 77; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, § 9, Rn. 196; Friauf, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1999, S. 147, Rn. 76; Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl. 2007, § 9, Rn. 11 ff.). Dabei liefert die Theorie der unmittelbaren Verursachung selbst keine Maßstäbe für die wertende Betrachtung zur Bestimmung der Gefahrengrenze. Es besteht aber Einigkeit, dass es bei Beteiligung mehrerer Verursacher nicht darauf ankommt, wer zeitlich die letzte Bedingung für den Gefahreneintritt gesetzt hat; im Übrigen besteht auch Übereinstimmung darin, dass derjenige, der nur von einem ihm ausdrücklich eingeräumten oder sonst zustehenden Recht Gebrauch macht und dabei eine Gefahr verursacht, grundsätzlich nicht als Störer in Anspruch genommen werden kann (vgl. Denninger, a.a.O. und Rn. 79, m.w.N.). Anders liegt es in den Fällen des sogenannten Zweckveranlassers: Danach soll derjenige, der – gleichsam als "Hintermann" – das Verhalten des eigentlichen Veranlassers, der eine Gefahr bzw. eine Störung unmittelbar verursacht hat, subjektiv oder objektiv bezweckt hat bzw. derjenige, als Folge von dessen Verhalten sich das Verhalten des unmittelbaren Verursachers zwangsläufig eingestellt hat bzw. dessen Verhalten mit der durch den Verursacher unmittelbar herbeigeführten Gefahr eine "natürliche Einheit" bildet, als "Zweckveranlasser" ebenfalls Störer sein (zusammenfassend und zugleich kritisch dazu: Denninger, a.a.O., Rn. 80 und Pieroth/Schlink/Kniesel, a.a.O., Rn. 27, jeweils m.w.N.; aus der Rechtsprechung: BVerwG, Beschluss vom 12. April 2006 – 7 B 30.06 –, juris, Rn. 4; VGH BW, Urteil vom 22. November 2005 – 10 S 1208/04 –, juris, Rn. 45; OVG NRW, Beschluss vom 11. April 2007 – 7 A 678/07 –, NVwZ-RR 2008, 12 und juris Rn. 4). Die Rechtsfigur des Zweckveranlassers, auf die auch das Verwaltungsgericht abgestellt hat, ist wegen der Unschärfe der Kriterien der "objektiven Bezweckung", des "zwangsläufigen Sich-Einstellens einer Gefahr" sowie der "natürlichen Einheit" Kritik ausgesetzt (vgl. etwa Pieroth/Schlink/Kniesel, a.a.O., Rn. 29; Denninger, a.a.O., Rn. 80). Letztlich besteht aber weitgehende Einigkeit darin, dass das Kriterium der unmittelbaren Verursachung durch Kriterien der Rechts- und Pflichtwidrigkeit eines Verhaltens zu ergänzen und eine Schadens- und Risikozurechnung aufgrund eines Rechtswidrigkeitsurteils vorzunehmen ist, um im Rahmen einer wertenden Betrachtung zu bestimmen, welche von mehreren ursächlichen Handlungen (ggf. auch) die Gefahrenschwelle überschritten hat und damit die Polizeipflichtigkeit nach sich zieht (vgl. z.B.: Denninger, a.a.O., Rn. 81; Pieroth/Schlink/Kniesel, a.a.O., Rn. 19; Götz, a.a.O., Rn. 198 f.; jeweils m.w.N.). Eine solche wertende Betrachtung unter Berücksichtigung von Rechts- und Pflichtwidrigkeitskriterien nimmt auch die Rechtsprechung vielfach vor (vgl. die Rechtsprechungsbeispiele bei Denninger, a.a.O., Rn. 81, sowie OVG NRW, Beschluss vom 9. November 2010 – 5 B 1475/10 –, NWVBl. 2011, 108 und juris, Rn. 9).

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Aufgrund der danach gebotenen wertenden Betrachtung unter Berücksichtigung von Kriterien der Rechts- und Pflichtwidrigkeit ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihrem Verhalten bei der Anbahnung und Abwicklung ihrer geschäftlichen Beziehungen zur Beigeladenen zu 4.) einerseits und zu den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) andererseits die Gefahrenschwelle überschritten hat und deshalb für die rechtswidrige Abfallablagerung (mit-)verantwortlich ist. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob sich die Klägerin selbst als bloße Abfallmaklerin im Sinne von § 50 KrW-/AbfG betrachtet hat und ob ihr Verhalten einem branchenüblichen Geschäftsgebaren auch bei der bloßen Vermittlung von Abfallverbringungen im Sinne dieser Vorschrift entsprach. Entscheidend ist vielmehr, ob die Klägerin über die bloße Vermittlung einer Abfallentsorgungsmöglichkeit hinaus die ordnungsgemäße Entsorgung des Materials zugesagt hat und für die Geeignetheit des anzuliefernden Materials zur Verfüllung in der Kiesgrube einstehen wollte, den sich daraus ergebenden Kontroll- und Überwachungspflichten aber nicht nachgekommen ist. Dies ist aufgrund der sich aus den Verwaltungsakten ergebenden vertraglichen Beziehungen der Beteiligten und ihrer konkreten Abwicklung zu bejahen:  

69

So haben sich zunächst die geschäftlichen Beziehungen der Klägerin zur Beigeladenen zu 4.) nicht in der bloßen Vermittlung von Gelegenheiten, durch Dritte Materialien zur Verfüllung der Kiesgrube zu erhalten, erschöpft. Die Geschäftsbeziehungen der Klägerin zur Beigeladenen zu 4.) wurden von der Klägerin angebahnt, nachdem diese – wie ihr Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung des Senats ausgeführt hat – aufgrund einer Marktrecherche darauf aufmerksam geworden war, dass in der Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) "auch mineralische Produkte angenommen werden". Nach vorherigen wohl telefonischen Kontakten und der Zurverfügungstellung von Materialproben und -analysen hat die Klägerin der Beigeladenen zu 4.) mit Schreiben vom 17. September 2007 (vgl. Widerspruchsakte, Bl. 27) die regelmäßige Lieferung ("liefern wir") von "Siebsanden aus der mechanischen Sortierung von Baumischabfällen" angeboten. Dabei hat sie auf eine bestimmte, sich aus den zuvor übersandten Probenanalysen ergebende Materialqualität verwiesen und zugesagt, die Materialqualität "laufend überwachen" und in regelmäßigen Abständen durch Vorlage einer Kontrollanalyse belegen zu wollen. Als Anlage zu diesem Schreiben hat sie der Beigeladenen zu 4.) zudem die Kopie eines Zertifikats, das sie als Entsorgungsfachbetrieb auswies, übersandt. Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Klägerin der wasserrechtliche Genehmigungsbescheid i.d.F. vom 4. November 2002 mit seinen Nebenbestimmungen, aus denen sich die Qualitätsanforderungen an das zur Verfüllung allein zugelassene Material ("Bodenaushub") und die dabei mindestens einzuhaltenden Schadstoffgrenzwerte ergaben, jedenfalls dem Inhalt nach bekannt war. Dabei kann offenbleiben, ob der Klägerin im August 2007 eine Kopie des Bescheides übermittelt oder ihr zu diesem Zeitpunkt die Verfüllungsbedingungen lediglich durch einen fachkundigen Mitarbeiter der Beigeladenen zu 4.) erläutert worden waren. Als zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb konnte sie jedenfalls erkennen, dass es sich bei den ihr von den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) übermittelten Materialproben aus Sandhalden nicht um "Bodenaushub" handelte und zudem die in den Analyseberichten der Labors A-Tec und B ausgewiesenen Schadstoffbelastungen die bei der Kiesgrubenverfüllung einzuhaltenden Grenzwerte zum Teil erheblich überschritten. Soweit die Klägerin – was nicht abschließend geklärt ist – die Beigeladene zu 4.) im August 2007 veranlasst haben will, bei der SGD Nord unter Vorlage einer Materialprobe eine zustimmende fachbehördliche Stellungnahme einzuholen, hat sie jedenfalls eine solche Stellungnahme – die im Übrigen nie erteilt wurde – nicht abgewartet. Stattdessen hat sie, nachdem die Beigeladene zu 4.) mit Schreiben vom 27. September 2007 (vgl. Widerspruchsakte, Bl. 28) ihr gegenüber die "Annahme des oben genannten mineralischen Materials auf unserer Deponie" erklärt und dabei die Vereinbarung, dass die Klägerin "für eine gleichbleibende Materialqualität Sorge tragen und dieses mit regelmäßigen Kontrollanalysen vierteljährlich dokumentieren" werde, bestätigt hatte, diese mit Schreiben vom 26. November 2007 (vgl. Widerspruchsakte, Bl. 25) veranlasst, gegenüber der Firma W. und den Beigeladenen zu 2.) und 3.) Annahmeerklärungen für Lieferungen von Siebsand zu versenden ("wir benötigen für folgende Lieferanten …"). Die daraufhin von der Beigeladenen zu 4.) versandten Annahmeerklärungen wurden von den Empfängern offenbar als eine Art "Unbedenklichkeitsbescheinigung" hinsichtlich der Geeignetheit des zur Verfügung gestellten Materials zur Verfüllung der Kiesgrube aufgefasst. Aus alledem ergibt sich, dass die Klägerin der Beigeladenen zu 4.) über die Vermittlung von Materiallieferungen zur Kiesgrubenverfüllung hinaus unter Hinweis auf ihre Fachkunde und in Kenntnis der Nebenbestimmungen der wasserrechtlichen Genehmigung eine bestimmte Qualität des gelieferten Materials sowie dessen kontinuierliche Überwachung zugesagt hat, obwohl sie erkennen musste, dass das aus den Betrieben der Firma W. und der Beigeladenen zu 2.) bis 3.) stammende Material von vornherein zur Verfüllung in der Kiesgrube nicht zugelassen war. Schon durch dieses pflichtwidrige Verhalten hat sie die Gefahrgrenze überschritten. Bestätigt wird die über die Stellung einer bloßen Vermittlerin hinausgehende Geschäftsbeteiligung der Klägerin auch dadurch, dass sie von der Beigeladenen zu 4.) kein Vermittlungshonorar erhalten hat, sondern umgekehrt selbst ein Entgelt für die Entgegennahme von Abfalllieferungen zahlen musste (vgl. die von der Beigeladenen zu 4.) an die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 14. September 2007 und dem 22. Februar 2008 gerichteten Rechnungen über "Kippgebühren" für "Materiallieferungen" in Form von "Siebsand, Grünschnitt und Mineralgemisch", Widerspruchsakte, Bl. 29 bis 58).

70

Aber auch die geschäftlichen Beziehungen der Klägerin zur Firma W. und  den Beigeladenen zu 2.) bis 3.) entsprechen nicht dem Bild einer bloßen Beziehung zwischen einer Abfallmaklerin und Dritten, denen lediglich Abfallverbringungen vermittelt wurden:

71

So hat zunächst die Beigeladene zu 3.) der Klägerin mit Schreiben vom 7. September 2007 (vgl. Verwaltungsakte Band III, Bl. 289) den an letzterer erteilten Auftrag wie folgt bestätigt: "Abholung von Mineralien mit der AVV-Schlüsselnummer 191209 zu einem Preis von 23,00 €/t inklusive Frachtkosten". Zugleich hat die Beigeladene zu 3.) die Erwartung geäußert, dass die Klägerin ihr eine "ordnungsgemäße Entsorgung" zusichern solle, und sie hat in diesem Zusammenhang um die Übersendung einer Zertifizierungsurkunde der Klägerin gebeten. Das daraufhin von der Klägerin an die Beigeladene zu 3.) übersandte Schreiben vom 10. September 2007 (vgl. Verwaltungsakte Band III, Bl. 288) beschränkte sich auf einen Dank für die "Auftragsbestätigung" und die Übersendung einer Kopie des gewünschten Zertifikats als Entsorgungsfachbetrieb.

72

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2007 (vgl. Verwaltungsakte Band III, Bl. 294) hat die Klägerin sodann der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. mitgeteilt, "nachdem wir die von Ihnen übernommene Siebsandfraktion seit nunmehr 4 Wochen zu unserem Verwerter geliefert haben, können wir Ihnen die dauerhafte Annahme verbindlich zusagen, da wir keine Qualitätsschwankungen über den vorgenannten Zeitraum feststellen konnten." In der Folgezeit sollte die Anlieferung der Mengen durch die Firma W. direkt zur Beigeladenen zu 4.) erfolgen, die Abrechnung aber weiterhin im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Firma W. durchgeführt werden. Hierzu waren der Klägerin die Wiegebelege zu übermitteln.

73

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 (Verwaltungsakte Band III, Bl. 280) sagte die Klägerin schließlich der Beigeladenen zu 2.) zu, dass die bei dieser anfallenden Siebsande als Mineralgemisch mit der Abfallnummer 191209 zur Beigeladenen zu 4.) verbracht werden könnten. Sodann wurden Preisvereinbarungen für die Lieferung "frei Anlage S." und "ab Station" getroffen.

74

Entsprechend einer von der Klägerin etwa im Schreiben vom 3. Dezember 2007 gegenüber der Beigeladenen zu 2.) zugesagten Annahme der Abfälle "zu unserem Betriebsstandort H.-J.-Straße …, K." wurden jedenfalls die von den Beigeladenen zu 2.) und 3.) angelieferten Materialien nicht von diesen oder in deren Auftrag von Transportunternehmen direkt zur Kiesgrube geliefert, sondern zunächst zum Betriebsstandort der Klägerin gebracht. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang am Betriebsstandort der Klägerin tatsächlich Verwiegungen der LKW-Ladungen stattgefunden haben und ob darüber hinaus Materialien zumindest teilweise auch umgeladen oder mit anderen Anlieferungen vermischt worden sind - was zwischen den Beteiligten streitig ist –, kann offenbleiben. Entscheidend ist, dass die Klägerin aufgrund der Abwicklung eines Großteils der Materialtransporte zur Beigeladenen zu 4.) über ihren Betriebshof Zugriffs- und Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich der Beschaffenheit und Geeignetheit des Materials zur Kiesgrubenverfüllung hatte, von denen sie aber trotz Zusage einer "ordnungsgemäßen Entsorgung" offenbar keinen Gebrauch gemacht hat.

75

Schließlich belegen die in den Auftragsbestätigungen im Verhältnis zwischen der Klägerin und den Beigeladenen ausgewiesenen "Preise für Lieferung/Abholung von Abfällen" (zwischen 8,50 €/t und 23,00 €/t inklusive Frachtkosten), dass auch in diesen Geschäftsbeziehungen keine Honorare für die bloße Vermittlung von Abfallverbringungen, sondern Entgelte für Entsorgungsleistungen vereinbart wurden.

76

Aus alledem ergibt sich: Die Klägerin hat nicht lediglich als Abfallmaklerin Abfallverbringungen Dritter zur Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) vermittelt. Sie ist vielmehr darüber hinaus den anliefernden Firmen für eine ordnungsgemäße Entsorgung der über diese erhaltenen Materialien eingestanden, und sie hat die Abwicklung der Lieferungen weitgehend koordiniert: Im Falle der Beigeladenen zu 2.) und 3.), in dem die Lieferungen über ihren Betriebsstandort in K. als "Drehscheibe" abgewickelt wurden, im Falle der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma, in dem sie zunächst selbst die Transporte übernommen und später die Direktanlieferung zur Kiesgrube veranlasst hat. Aufgrund der eingegangenen vertraglichen  Bindungen und der gegenüber ihren Geschäftspartnern in Anspruch genommenen Fachkunde als Entsorgungsfachbetrieb einerseits, ihrer Kenntnis sowohl der Probenanalysen als auch der nach der Genehmigung vom 4. November 2002 einzuhaltenden Grenzwerte andererseits war die Klägerin verpflichtet, entweder eine abfallrechtskonforme Entsorgung der Materialien sicherzustellen oder aber von der Organisation der Anlieferungen zur Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) Abstand zu nehmen. Diesen Verpflichtungen ist sie nicht nachgekommen, sondern sie hat die Transporte ohne weitere Untersuchungen der jeweiligen Materialbeschaffenheit "einfach laufen lassen". In der Unterlassung gebotener regelmäßiger Kontrollen des Materials, deren Anlieferung sie organisiert hatte, liegt ein pflichtwidriges Verhalten der Klägerin, das – angesichts der mit Abfallablagerungen stets verbundenen Risiken – die Gefahrenschwelle überschritten hat. Infolge dessen ist es zutreffend, dass der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht die Klägerin – jedenfalls neben der Beigeladenen zu 4.) – als weitere, nach gefahrenabwehrrechtlichen Grundsätzen Verhaltensverantwortliche für die rechtswidrige Abfallentsorgung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 LAbfWG eingestuft haben.  

77

III. Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend entschieden, dass die Ermessensentscheidung des Beklagten, ausschließlich die Klägerin zur Entfernung der rechtswidrig abgelagerten Siedlungsabfälle heranzuziehen, nicht zu beanstanden ist.

78

Sowohl die Beschränkung der Adressatenauswahl auf die Klägerin und die Beigeladene zu 4.) (1.) als auch die Entscheidung, statt der Beigeladenen zu 4.) nur die Klägerin zur Entfernung der über 16.000 t Siedlungsabfälle aus der Kiesgrube zu verpflichten (2.), weisen keine Ermessensfehler auf.

79

1. Es begegnet zunächst keinen rechtlichen Bedenken, dass der Beklagte die durch den Beigeladenen zu 1.) vertretene Firma W. sowie die Beigeladenen zu 2.) bis 3.) nicht in seine Störerauswahlentscheidung einbezogen hat.  

80

Mit der Frage, ob neben der Klägerin und der Beigeladenen zu 4.) auch die Firma W. und die Beigeladenen zu 2.) und 3.) in die Störerauswahl einzubeziehen waren, hat sich der Widerspruchsbescheid vom 16. April 2010 auseinandergesetzt. Dabei hat er hinsichtlich der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. darauf abgestellt, dass bei dieser zwar das bei Anwendung des § 17 Abs. 1 LAbfWG für die polizeirechtliche Verantwortlichkeit maßgebliche Unmittelbarkeitserfordernis erfüllt sei, weil diese selbst Transporte im "Streckengeschäft" unmittelbar zur Kiesgrube durchgeführt habe, ihre Heranziehung aber an der inzwischen eingetretenen Insolvenz scheitere. Hinsichtlich der Beigeladenen zu 2.) und 3.) hat der Widerspruchsbescheid darauf verwiesen, dass deren Verantwortlichkeit – anders als diejenige der Klägerin – nicht eindeutig gegeben sei, weil die Klägerin im Gegensatz zu den Beigeladenen zu 2.) und 3.) den Genehmigungsbescheid gekannt habe und daher anhand dessen sowie anhand des angegebenen Abfallschlüssels 191209 und der ihr vorliegenden chemischen Analysen hätte prüfen müssen und erkennen können, dass die Siebsande mangels Bodenaushubcharakters und wegen Überschreitung der zulässigen Schadstoffgrenzwerte nicht in der Kiesgrube hätten entsorgt werden dürfen.  

81

Diese Ermessenserwägungen sind nicht zu beanstanden. Dabei kann offenbleiben, ob die Firma W. und die Beigeladenen zu 2.) und 3.) durch ihr Verhalten ebenfalls bereits die polizeirechtliche Gefahrengrenze überschritten hatten. Zumindest bei der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. liegt dies nahe, weil diese selbst auf Veranlassung der Klägerin Transporte zur Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) durchgeführt hat. Ob und inwieweit auch den Beigeladenen zu 2.) und 3.) ein pflichtwidriges Verhalten im Hinblick auf ihre abfallrechtliche Verantwortung als Erzeuger oder zwischenzeitliche Besitzer von Abfällen, die unter Zwischenschaltung der Klägerin in der Kiesgrube rechtswidrig abgelagert wurden, anzulasten ist, konnte nach Aktenlage nicht abschließend geklärt werden.  

82

Doch selbst wenn man danach eine polizeirechtliche Verantwortlichkeit insbesondere der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. und auch der Beigeladenen zu 2.) und 3.) nicht von vornherein ausschließen kann, spricht der im Widerspruchsbescheid mit angesprochene Gesichtspunkt der Effektivität der Gefahrenabwehr entscheidend für eine vorrangige und alleinige Inanspruchnahme der Klägerin. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass sich die Auswahlentscheidung zwischen mehreren in Betracht kommenden Störern - außer an den Erfordernissen der Verhältnismäßigkeit - insbesondere auch am Gebot der Effektivität der Gefahrenabwehr zu orientieren hat (vgl. z.B. Friauf, a.a.O., S. 161 f., m.w.N.; OVG RP, Urteil vom 16. August 2005 - 8 A 11910/04.OVG -, juris Rn. 20, m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Gefahrenabwehr liegt zunächst auf der Hand, dass eine Inanspruchnahme der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. - wie im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt - wegen deren zwischenzeitlich eingetretener Insolvenz nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist.

83

Für eine mögliche Inanspruchnahme der Beigeladenen zu 2.) und 3.) gilt, dass - wie vom Verwaltungsgericht bereits ausgeführt - die zum Nachweis ihrer eventuellen Mitverantwortlichkeit für die Rechtswidrigkeit der Abfallablagerung erforderlichen, aller Voraussicht nach langwierigen und hinsichtlich der Erfolgsaussichten ungewissen Ermittlungen - etwa zu der Frage, ob gerade das von ihnen angelieferte Material mit Siedlungsabfällen durchsetzt war, ob sie doch die Nebenbestimmungen zur Genehmigung kannten oder sonst Anhaltspunkte für die Unzulässigkeit einer Deponierung in der Kiesgrube bzw. Zweifel an der Zusicherung einer ordnungsgemäßen Entsorgung durch die Klägerin haben mussten - mit dem Gebot einer effektiven Gefahrenabwehr unvereinbar sind. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass den Beigeladenen zu 2.) und 3.) ohnehin allenfalls eine Mitverantwortung im Umfang der jeweils ihnen zuzuordnenden Abfallmengen angelastet werden könnte (vgl. dazu das den Stand der Ermittlungen zur Herkunft der Abfallmengen wiedergebende Schaubild in Band 3 der Verwaltungsakte, Bl. 252). Demgegenüber trifft die Klägerin eine Gesamtverantwortung für die Ablagerung der 16.261 t Siedlungsabfälle, weil sie - wie oben dargelegt - die Entsorgungsmöglichkeit in der Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) ermittelt, den Geschäftskontakt zu dieser und zu den anderen Beigeladenen angebahnt, die Verfüllungsbedingungen gekannt, eine ordnungsgemäße Entsorgung und regelmäßige Kontrollen der Qualität des Materials zugesagt, die Transporte sämtlich organisiert und überwiegend über ihren Betriebsstandort abgewickelt hat.

84

2. Es ist des Weiteren nicht zu beanstanden, dass der Beklagte von einer Heranziehung der Beigeladenen zu 4.) zur Entfernung der 16.261 t Siedlungsabfälle abgesehen und deren Inanspruchnahme auf eine Verpflichtung zur Überwachung des Auslaugverhaltens des Deponats mit weiterem Bescheid vom 20. Oktober 2009 beschränkt hat.

85

Dabei steht außer Zweifel und ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Beigeladene zu 4) schon in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin der betroffenen Grundstücke und Betreiberin der Kiesgrube Zustandsverantwortliche im Sinne des Polizeirechts ist und ihr darüber hinaus auch eine Verhaltensverantwortlichkeit angelastet werden muss. Dies zum einen kraft Zurechnung des Verhaltens ihrer Mitarbeiter, die als weisungsabhängige Verrichtungsgehilfen die Abfälle über die Kippkante der Kiesgrube geschoben und damit die zeitlich letzte kausale Bedingung für den Eintritt der Gefahr gesetzt haben; zum anderen aber auch deshalb, weil sie sich in Kenntnis der Nebenbestimmungen der ihr erteilten wasserrechtlichen Genehmigung auf das Geschäft mit der Anlieferung erkennbar belasteter Siebsande eingelassen und zudem die Qualität des tatsächlich angelieferten Materials vor dem Einbau offenbar nicht einmal optisch kontrolliert hat (vgl. zur Offensichtlichkeit der Durchsetzung der Ablagerung mit Siedlungsabfällen das Foto in Band 4 der Verwaltungsakte, Bl. 206).

86

Der Beklagte hat - wie aus der Begründung sowohl des Ausgangs- als auch des Widerspruchsbescheids ersichtlich - die Störereigenschaft der Beigeladenen zu 4.) durchaus gewürdigt. Er hat sich aber ermessensfehlerfrei für eine alleinige Inanspruchnahme der Klägerin zur Entfernung der Abfälle aus der Kiesgrube entschieden. Denn eine Heranziehung der Beigeladenen zu 4.) anstelle der Klägerin ruft im Hinblick auf das Gebot einer effektiven Gefahrenabwehr Bedenken hervor:

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Anders als die Klägerin handelt es sich bei der Beigeladenen zu 4.) nicht um einen Entsorgungsfachbetrieb; sie verfügt daher unstreitig nicht über das erforderliche Know-How und die Logistik zur Bergung, zum Transport und zur Zwischenlagerung von Materialien, die im Wesentlichen aus mit Bodenaushub vermischten geschredderten Siedlungsabfällen bestehen. Von der Klägerin ist auch nicht bestritten worden, dass die Beigeladene zu 4.) überhaupt nicht über geeignete Flächen verfügt, auf denen Siedlungsabfälle der bei der Bergung anfallenden Menge abfallrechtlich unbedenklich bis zur endgültigen Entsorgung zwischengelagert werden könnten. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin - im Gegensatz zur Beigeladenen zu 4.) - aufgrund ihrer Erfahrungen in der Entsorgungsbranche über die erforderlichen Geschäftsbeziehungen verfügt, um die geborgenen Siedlungsabfälle einer nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zulässigen endgültigen Entsorgung in einer dafür zugelassenen Anlage zuführen zu können. Dies wird im Übrigen durch die von ihr im Streitwertbeschwerdeverfahren 8 E 10839/11.OVG vorgelegten Angebote von Entsorgungsunternehmen bestätigt, die neben dem Aushub und dem Abtransport der Abfälle auch deren Entsorgung umfassen. Schließlich kann im Rahmen einer wertenden Betrachtung der Verursachungsbeitrag der Klägerin gegenüber demjenigen der Beigeladenen zu 4.) aufgrund ihrer Fachkunde als Entsorgungsfachbetrieb, ihrer zentralen Stellung im Entsorgungsgeschehen, ihrer Kontroll- und Einflussmöglichkeiten und der gegenüber ihren Vertragspartnern übernommenen, besonderen Verantwortung keinesfalls als geringer gewichtig angesehen werden.

88

War danach die alleinige Inanspruchnahme der Klägerin im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr angezeigt, so ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte auf deren Heranziehung beschränkt und damit die Klärung einer anteiligen Mithaftung der Beigeladenen zu 4.) sowie eventuell auch der Beigeladenen zu 2.) und 3.) für die Kosten der Entfernung der Siedlungsabfälle einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen diesen Beteiligten überlassen hat.

89

IV. Die der Klägerin aufgegebene Entfernung von 16.261 t Siedlungsabfällen aus der Kiesgrube verstößt schließlich auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

90

Die Verfügung stößt weder gegen das Übermaßverbot, weil etwa ein zur Zweckerreichung ebenso geeignetes, die Klägerin aber weniger belastendes Mittel gegeben wäre (1.), noch wird der Klägerin eine unverhältnismäßige Trennung von Materialien aufgegeben (2.).; die Inanspruchnahme der Klägerin hat auch keine rechtswidrige Überlastung ihrer Kapazitäten zur Zwischenlagerung des Materials zur Folge (3.).

91

1. Die Klägerin kann gegen die angefochtene Verfügung nicht mit Erfolg einwenden, gegenüber der ihr darin aufgegebenen Entfernung des Materials aus der Kiesgrube sei eine Oberflächenabdeckung des Deponats das mildere und nachweislich ebenso wirksame Mittel, um eine Lösung von Schadstoffen durch Eindringen von Sickerwasser zu verhindern. Soweit sie hierzu auf das Gutachten der Dr. T. und P. GmbH vom 27. Februar 2008 (Bd. 2 der Verwaltungsakte, Bl. 302 ff.) verweist, demzufolge die im Feststoff des Deponats vorgefundenen Schadstoffkonzentrationen nur eine geringe Eluierbarkeit aufweisen und ein Eindringen von Sickerwasser durch eine Oberflächenabdeckung in Form einer Lehmschürze ausgeschlossen werden kann, kann offenbleiben, ob die vorgeschlagene Abdeckung - wie das Verwaltungsgericht gemeint hat - wegen der Gefahr seitlichen Eindringens von Sickerwasser nicht ebenso sicher wie eine Abtragung des Materials wäre. Denn es handelt sich bei einer solcher Oberflächenabdeckung schon deshalb nicht um ein ebenso geeignetes, aber milderes Mittel zur Zweckerreichung, weil sie auf einen anderen Zweck gerichtet wäre, als er mit der streitigen Verfügung zulässigerweise angestrebt wird. Da es sich bei den abgelagerten Materialien - wie dargelegt - nach wie vor um Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes handelt, unterfallen sie dem abfallrechtlichen Regime und den sich aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ergebenden Verpflichtungen, primär zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung (§ 5 Abs. 2 und 3 KrW-/AbfG), nachrangig zur gemeinwohlverträglichen Beseitigung (§ 11 Abs. 1 KrW-/AbfG). Diesem Endzweck dient die Verfügung vom 20. Oktober 2009, indem sie auf einer vorgelagerten Stufe die nach gefahrenabwehrrechtlichen Grundsätzen für die illegale Abfallablagerung (mit)verantwortliche Klägerin durch Auferlegung der Entfernung der Abfälle aus der Kiesgrube in die Stellung eines Abfallbesitzers "hineinzwingt", um sie den für Abfallbesitzer geltenden Verpflichtungen zu unterwerfen und so letztlich eine abfallrechtskonforme Entsorgung der Abfälle sicherzustellen. Dieser abfallrechtlichen Zielsetzung kann die bloße Oberflächenabdeckung des Deponats von vornherein nicht dienen. Sie wäre daher nur dann eine Alternative, wenn das Material dem bodenschutzrechtlichen Regime unterläge; nur dann würde sich unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten etwa die Frage nach einer Auskofferung oder bloß wasserdichten Abdeckung des schadstoffbelasteten Bodens stellen.

92

Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Abdeckung der Ablagerung im Hinblick auf eine langfristige Abwehr möglicher Gefahren durch Schadstoffverlagerung in die Tiefe für das Grundwasser und den Boden keine ebenso sichere Maßnahme darstellt. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Chemisch-Technischen Laboratoriums H. vom 7. April 2009. Danach haben sich aufgrund der seinerzeit durchgeführten Untersuchungen zwar noch keine Hinweise auf eine maßgebliche Schadstoffverlagerung aus dem Deponat in die Basis hinein ergeben, so dass "gegenwärtig" eine Grundwassergefährdung nicht besteht. Da jedoch der Wasserverbrauch durch den organischen Stoffumsatz nur eine begrenzte Dauer habe, sei "weiterhin Handlungsbedarf hinsichtlich einer Entfernung der Massen gegeben". Mit anderen Worten: Eine Grundwassergefährdung durch Schadstoffverlagerung aus dem Deponat kann langfristig nur durch dessen Entfernung aus der Kiesgrube ausgeschlossen werden. Diese Feststellungen sind von der Klägerin als solche nicht angegriffen worden. Die Verfügung wäre daher selbst dann, wenn man als alternative Maßnahme zur Gefahrenbeseitigung die im Gutachten der Dr. T. und P. GmbH vorgeschlagene Abdeckung mittels einer Lehmschürze in Betracht zöge, nicht als unverhältnismäßig zu beanstanden, weil der Beklagte im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr auf einer endgültigen Abwendung einer Grundwassergefährdung bestehen durfte.

93

2. Allein der Umstand, dass die deponierten Siedlungsabfälle - wie die Beigeladene zu 4.) eingeräumt hat - in gewissem (eher geringem) Umfang mit Erdaushub vermischt sind, macht die Verfügung, 16.261 t geschredderte Siedlungsabfälle zu entfernen, nicht unverhältnismäßig. Die Verfügung ist nicht dahin zu verstehen, dass die Klägerin gehalten ist, bei dem Ausbau des abgelagerten Deponats eine Trennung der Materialien vorzunehmen und Erdaushub auszusondern. Wie oben ausgeführt, ändert eine Vermischung von Hausmüll mit Erdreich nichts an der Abfalleigenschaft des entstandenen Gemischs und führt nur dazu, dass - gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Unverhältnismäßigkeit einer Trennung der Materialien - das beigemischte Material mitentfernt werden muss (so etwa BayVGH, Beschluss vom 2. April 1993, a.a.O.). Letzteres erfordert erkennbar keinen unverhältnismäßigen Aufwand.

94

3. Schließlich ist auch das Vorbringen der Klägerin, sie würde durch die auferlegte Verpflichtung, 16.261 t Material aus der Kiesgrube entfernen zu müssen, zu einer 203,26-fachen Überlastung ihrer Zwischenlagerkapazitäten und damit zu einem illegalen Anlagenbetrieb gezwungen, nicht stichhaltig:

95

Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Klägerin eine Zwischenlagerung der aus der Kiesgrube jeweils per Lkw angelieferten Materialien bei kontinuierlicher Weiterbehandlung bzw. Weiterleitung zum Zwecke endgültiger Entsorgung auch unter Aufrechterhaltung ihres laufenden Geschäftsbetriebs von vornherein nicht möglich sein sollte. Sollten sich bei einer Zwischenlagerung auf ihrem eigenen Betriebsgelände Engpässe abzeichnen, ist es ihr nämlich zuzumuten, sich gegen Entgelt Zwischenlagerkapazitäten bei anderen Entsorgungsfachbetrieben einräumen zu lassen. Im Übrigen ergibt sich aber aus den von der Klägerin im Streitwertbeschwerdeverfahren vorgelegten Angeboten von Entsorgungsfirmen, dass sie offenbar über Geschäftskontrakte zu Unternehmen verfügt, die bereit wären, im Rahmen eines "Komplettangebots" den Aushub der Siedlungsabfälle, deren Abtransport und deren endgültige Entsorgung in einer dafür zugelassenen Anlage durchzuführen. Demzufolge bedarf es ohnehin nicht zwingend einer Inanspruchnahme von Kapazitäten des Betriebs der Klägerin zur Zwischenlagerung der zu entfernenden Siedlungsabfälle.  

96

V. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht billigem Ermessen im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.) und 2). aufzuerlegen, da diese mangels eigener Antragstellung selbst kein Kostenrisiko eingegangen sind. Hingegen waren der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3.) und 4.) anzulasten, da diese Beigeladenen Anträge gestellt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen haben.

97

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

98

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

99

B e s c h l u s s

100

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 1.700.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG; zur näheren Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 26. Januar 2012 im Streitwertbeschwerdeverfahren 8 E 10839/11.OVG verwiesen).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 102/05 Verkündet am:
18. Oktober 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ueber18.de
TMG § 7 Abs. 1; UWG §§ 3, 4 Nr. 11; JMStV § 3 Abs. 2 Nr. 3, § 4 Abs. 2

a) Die Haftung desjenigen, der einen Hyperlink auf eine Website mit rechtswidrigen
Inhalten setzt, richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen. Macht
sich derjenige, der den Hyperlink setzt, die Inhalte, auf die er verweist, zu eigen
, haftet er dafür wie für eigene Informationen.

b) Als Täter einer unlauteren Wettbewerbshandlung haftet, wer Internetnutzern
über seine Website einen gebündelten Zugang zu pornographischen Internetseiten
Dritter vermittelt, ohne durch ein den Anforderungen des § 4 Abs. 2
JMStV genügendes Altersverifikationssystem Minderjährige am Zugriff auf
diese Angebote zu hindern.

c) Wer ein unzureichendes Altersverifikationssystem vertreibt, das für pornographische
Angebote im Internet bestimmt ist, haftet wettbewerbsrechtlich
als Teilnehmer für Verstöße gegen § 4 Abs. 2 JMStV, die seine Abnehmer
mit der Verwendung des Systems für entsprechende Angebote begehen,
wenn ihm bekannt ist, dass die jugendschutzrechtliche Unbedenklichkeit des
Systems ungeklärt ist.

d) § 4 Abs. 2 JMStV ist eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG.

e) Ein Altersverifikationssystem, das den Zugang zu pornographischen Angeboten
im Internet nach Eingabe einer Ausweisnummer sowie der Postleitzahl
des Ausstellungsortes ermöglicht, stellt keine effektive Barriere für den Zugang
Minderjähriger zu diesen Angeboten dar und genügt nicht den Anforderungen
des § 4 Abs. 2 JMStV. Nichts anderes gilt, wenn zusätzlich die Eingabe
einer Adresse sowie einer Kreditkartennummer oder Bankverbindung
und eine Zahlung eines geringfügigen Betrages verlangt wird.
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Mai 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Altersverifikationssysteme für Erwachsenenangebote im Internet. Sie bieten ihre Systeme insbesondere den Betreibern pornographischer Internetseiten an, die damit den Zugang Minderjähriger zu ihren Angeboten ausschließen wollen.
2
Das System der Beklagten "ueber18.de" verlangt zunächst die Eingabe einer Personalausweis- oder Reisepassnummer. In der Version 1 ist außerdem die Angabe der Postleitzahl des Ausstellungsorts erforderlich, in der Version 2 zusätzlich zu den Angaben der Version 1 ein Name, eine Adresse und eine Kreditkartennummer oder Bankverbindung für die Überweisung eines Betrags von 4,95 €. Bei der Abfrage der Ausweisnummer wird nicht kontrolliert, ob diese tatsächlich an einen Erwachsenen vergeben ist, sondern lediglich, ob sie den allgemeinen Regeln für die Bildung von Personalausweisnummern entspricht. Außerdem wird abgeglichen, ob der angegebene Ausstellungsort demjenigen entspricht, der sich aus der in der Personalausweisnummer enthaltenen Behördenkennzahl ergibt.
3
Die Beklagte stellt auf ihrer Website "ueber18.de" einen Katalog mit Anbietern zur Verfügung, die ihr System einsetzen. Sie gewährt auch den Zugang zu den Internetseiten ihrer Kunden, indem sie diese nach Eingabe der geforderten Angaben jeweils freischaltet oder nicht.
4
Die Klägerin macht geltend, dass das System der Beklagten gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) und gegen § 184c StGB verstoße, da es nicht sicherstelle, dass Minderjährigen Erwachsenenangebote nicht zugänglich seien.
5
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im Geltungsbereich des deutschen Rechts ein Jugendschutzsystem für pornographische Internetinhalte i.S. des § 184 StGB, § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV in Verkehr zu bringen, anzubieten, zugänglich zu machen, zu bewerben sowie insbesondere gegenüber denjenigen Kunden, die bisher Zugang zu pornographischen Inhalten über das Jugendschutzsystem der Beklagten (sogenannte Bestandskunden ) erlangen, zu betreiben und/oder zu betreuen, das nutzerseitig auf der Eingabe der Personalausweisnummer oder Reisepassnummer - auch in Kombination mit der Durchführung einer Kontobewegung und/oder der Abfrage einer Postleitzahl - sowie der hierauf beruhenden Verifikation des Alters basiert, ohne dass dabei eine persönliche Identifi- kation mit Altersüberprüfung des Nutzers, etwa im Rahmen des PostIdent -Verfahrens, bei seiner Registrierung erfolgt.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben (OLG Düsseldorf CR 2005, 657 = MMR 2005, 611). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Das Altersverifikationssystem der Beklagten stelle einen Ausschluss Minderjähriger von pornographischen Darbietungen im Internet in beiden Versionen nicht i.S. des § 4 Abs. 2 JMStV und des § 184c StGB sicher, weil es keine effektive Barriere zwischen den Inhalten der pornographischen Internetseiten und einem potentiellen minderjährigen Nutzer bilde. Es bestehe die nicht fernliegende Möglichkeit, dass Jugendliche sich Ausweispapiere von Eltern oder erwachsenen Freunden beschafften und damit das System der Beklagten durch Eingabe "echter" Daten ohne weiteres überwänden. Auch die Notwendigkeit einer Zahlung in der Version 2 stelle kein ausreichendes Zugangshindernis dar. Insbesondere verfüge eine Vielzahl Jugendlicher über ein eigenes, von den Eltern nicht regelmäßig kontrolliertes Girokonto.
9
Weder sei eine restriktive Auslegung der Anforderungen an ein Altersverifikationssystem geboten, weil eine jugendgefährdende Wirkung pornographi- scher Darstellungen nicht nachgewiesen sei, noch verstoße die vom Berufungsgericht vertretene Auslegung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit , weil Jugendliche ohne jede Zugangsbeschränkung auf ausländische Angebote mit pornographischem Inhalt zugreifen könnten. Ebenso wenig werde die Informationsfreiheit Erwachsener unverhältnismäßig beschränkt.
10
§ 4 Abs. 2 Nr. 2 JMStV und § 184c StGB seien dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Der Verstoß gegen diese Bestimmungen, der im Einsatz des unzureichenden Systems der Beklagten liege, sei deshalb unlauter i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Die Beklagte begehe selbst diese unlautere Wettbewerbshandlung, weil sie durch die Implementierung ihres Systems auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt an dem Verstoß gegen Jugendschutzbestimmungen unmittelbar mitwirke. Sie beeinträchtige den Wettbewerb mit ihrem System in nicht nur unerheblicher Weise zu Lasten der Mitbewerber, die ein Altersverifikationssystem mit den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, strengeren Zugangsvoraussetzungen schwieriger absetzen könnten, und der besonders schutzwürdigen jugendlichen Verbraucher.
11
II. Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte haftet nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, weil sie pornographische Inhalte im Internet ohne ausreichende Altersverifikation und damit unter Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV zugänglich macht.
12
Das Berufungsgericht hat zutreffend einen Verstoß der Beklagten gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 4 Abs. 2 JMStV angenommen. Nach der zuletzt genannten Vorschrift sind Angebote pornographischer Inhalte in Telemedien unzulässig , wenn der Anbieter nicht sicherstellt, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Die Bereitstellung und Betreuung ihrer Altersverifika- tionssysteme sind Wettbewerbshandlungen der Beklagten i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.
13
Soweit die Beklagte mit ihrem Internetauftritt "ueber18.de" als Anbieterin pornographischer Inhalte im Internet anzusehen ist, verstößt sie selbst gegen § 4 Abs. 2 JMStV (unten II 1 bis 4). Nach dem Antrag der Klägerin soll der Beklagten allerdings nicht nur Betrieb und Betreuung ihres Altersverifikationssystems , für die sie ihre Website benutzt, untersagt werden. Vielmehr will die Klägerin der Beklagten den Vertrieb ihres Systems in Deutschland insgesamt verbieten lassen. Der Vertrieb des Systems verstößt für sich allein betrachtet zwar nicht gegen Jugendschutzrecht. Insoweit ist der Unterlassungsanspruch aber unter dem Gesichtspunkt der Teilnahme der Beklagten an Verstößen ihrer Kunden gegen § 4 Abs. 2 JMStV gerechtfertigt (unten II 5).
14
1. Die Beklagte ist Adressatin des Gebots der Zugangsbeschränkung gegenüber Minderjährigen gemäß § 4 Abs. 2 JMStV.
15
a) Der Geltungsbereich des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags ist eröffnet. Die Beklagte bietet auf ihrer Website "ueber18.de" selbst fortlaufend Telemedien i.S. der § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 JMStV an. Telemedien sind insbesondere Online-Angebote, die im Internet abrufbar sind (vgl. Scholz/Liesching, Jugendschutz, 4. Aufl., § 3 JMStV Rdn. 2).
16
Der Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags, Kinder und Jugendliche vor jugendgefährdenden Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien wirksam zu schützen, erfordert eine weite Auslegung des Anbieterbegriffs in § 3 Abs. 2 Nr. 3 JMStV. Anbieter ist deshalb auch derjenige , der Internetnutzern über seine Website Zugang zu Inhalteanbietern vermittelt (Nikles/Roll/Spürck/Umbach, Jugendschutzrecht, 2. Aufl., § 3 JMStV Rdn. 6; Scholz/Liesching aaO § 3 JMStV Rdn. 5; Ukrow, Jugendschutzrecht, Rdn. 401; ferner Begründung der Regierung des Saarlandes für das Zustimmungsgesetz zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Landtag des Saarlands, Drucks. 12/793, S. 41).
17
Die Beklagte verschafft Internetnutzern durch den auf ihrer Website bereitgestellten Katalog einen gebündelten Zugang zu den sogenannten Erwachsenenangeboten ihrer Kunden. Die Nutzer suchen die Website der Beklagten bestimmungsgemäß ähnlich einem Ladengeschäft auf und wählen aus den dort bereitgehaltenen pornographischen Angeboten. Bei deren Vertrieb fungiert die Beklagte mithin als Absatzmittler und damit funktional nicht anders als ein Händler pornographischer Schriften. Dass der Beklagten keine Rechte an den von ihr angebotenen Inhalten zustehen, ist bei der gebotenen zweckorientierten und funktionalen Auslegung des Begriffs "Angebot" in § 4 Abs. 2 JMStV ohne Bedeutung. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass das System der Beklagten - obwohl es insbesondere für Anbieter pornographischer Inhalte bestimmt ist - als solches nicht pornographisch ist. Denn die Beklagte beschränkt sich nicht darauf, ihren Kunden das Altersverifikationssystem in einem einmaligen Vorgang als Software zu überlassen.
18
Unerheblich ist auch, ob die Auswahl der zugelassenen Nutzer im Wege der Registrierung allein auf technischem Weg erfolgt. Die Beklagte macht selbst nicht geltend, keine Kontrolle über den Anbieterkatalog auf ihrer Website zu haben. Sie ist deshalb nicht vergleichbar mit einem Internet-Auktionshaus, das den rein technischen Vorgang der Freischaltung eines Auktionsangebots nicht kontrolliert und deshalb nicht als Täter oder Teilnehmer einer durch das Angebot bewirkten Markenverletzung oder Jugendgefährdung haftet (vgl. BGHZ 158, 236, 250; BGH, Urt. v. 19.4.2007 - I ZR 35/04, GRUR 2007, 708 Tz. 31 = WRP 2007, 964 - Internet-Versteigerung I und II; Urt. v. 12.7.2007 - I ZR 18/04, GRUR 2007, 890 Tz. 21 = WRP 2007, 1173 - Jugendgefährdende Medien bei eBay, zum Abdruck in BGHZ 173, 188 vorgesehen).
19
b) Das Telemediengesetz schließt den hier allein geltend gemachten Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte ebenso wenig aus wie das frühere Teledienstegesetz.
20
Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass die Beklagte auf ihrer Website "ueber18.de" einen Katalog mit Anbietern unterhält, die ihr Altersverifikationssystem einsetzen. Interessenten können auf diese Weise mit einem Mausklick aus einem umfangreichen, Erwachsenen vorbehaltenen pornographischen Angebot auswählen. Das Telemediengesetz enthält ebenso wenig wie das Teledienstegesetz eine Regelung der Haftung desjenigen, der mittels eines elektronischen Querverweises (Hyperlink oder Link) den Zugang zu rechtswidrigen Inhalten eröffnet. Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr , deren Umsetzung die beiden Gesetze dienen, hat die Frage der Haftung der Hyperlinks ausgespart (vgl. Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie). Aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich eindeutig, dass die Haftung der Hyperlinks - auch wenn die Richtlinie insoweit keine Sperrwirkung entfaltet - im Teledienstegesetz und damit auch im Telemediengesetz, das die Bestimmungen der §§ 8 ff. TDG unverändert übernommen hat (nunmehr §§ 9 ff. TMG), nicht geregelt worden ist (vgl. die Gegenäußerung der Bundesregierung [BT-Drucks. 14/6098, S. 37] zu dem entsprechenden Vorschlag des Bundesrates [ebd. S. 37]). Die Haftung für Hyperlinks richtet sich daher nach den allgemeinen Vorschriften (BT-Drucks. 14/6098, S. 37; Spindler in Spindler/Schmitz/Geis, TDG, Vor § 8 Rdn. 32 ff.; Hoeren in Hoeren/Sieber, Handbuch MultimediaRecht , Stand Oktober 2007, Teil 18.2 Rdn. 195 ff.). Danach ist eine differenzierte Beurteilung geboten, wie sie die Rechtsprechung bereits in der Zeit vor Umsetzung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr für erforderlich gehalten hatte. Zumindest derjenige, der sich die fremden Informationen, auf die er mit Hilfe des Hyperlinks verweist, zu eigen macht, haftet dafür wie für eigene Informationen, also wie ein Content-Provider i.S. des § 7 Abs. 1 TMG bzw. des § 8 Abs. 1 TDG (vgl. LG Hamburg NJW 1998, 3650; LG München I MMR 2000, 566, 568, jeweils zu § 5 Abs. 1 TDG 1997; österr. OGH MMR 2001, 518, 520; zum TDG 2001 Spindler aaO Vor § 8 Rdn. 36 ff.; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 184 Rdn. 58; Hoeren in Hoeren/Sieber aaO Teil 18.2 Rdn. 195 f.).
21
Dass sich die Beklagte mit den elektronischen Verweisen auf die pornographischen Angebote dieser Kunden die dort vermittelten Inhalte zu eigen gemacht hat, unterliegt keinem Zweifel. Nach den getroffenen Feststellungen sind diese Verweise wesentlicher Bestandteil ihrer Geschäftsidee. Sie bietet ihren Kunden nicht nur ein verhältnismäßig leicht zu umgehendes und damit - wie sogleich unter II 2 im Einzelnen dargestellt - unzureichendes Altersverifikationssystem an, sondern schaltet das pornographische Angebot ihrer Kunden jeweils frei und nimmt es in einen Katalog pornographischer Angebote auf. Die Attraktivität dieser Leistung, die die Beklagte zusätzlich neben dem Altersverifikationssystem erbringt, liegt darin, dass Internetnutzern auf der Suche nach einschlägigen Angeboten über die Website der Beklagten ein gebündelter Zugang zu den pornographischen Websites ihrer Kunden verschafft wird. Dabei geht es - wie bereits der Domainname "ueber18.de" signalisiert - gerade darum, die Internetnutzer zu pornographischen Angeboten zu führen, die nach § 4 Abs. 2 JMStV nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden dürfen. Hierauf ist die Absicht gerichtet, die die Beklagte mit ihrem Angebot verbindet.
22
2. Das Altersverifikationssystem der Beklagten stellt nicht sicher, dass pornographische Angebote in Telemedien nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden.

23
a) Welcher Grad an Zuverlässigkeit für die Altersverifikation geboten ist und welche Mittel zur Sicherstellung einzusetzen sind, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 4 Abs. 2 JMStV. Nach der Gesetzesbegründung muss sichergestellt sein, dass Kinder oder Jugendliche keinen Zugang haben, so dass die einschlägigen Angebote nur Erwachsenen zur Verfügung stehen; ein verlässliches Altersverifikationssystem muss die Verbreitung an oder den Zugriff durch Minderjährige hindern (Begründung zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 13/1551, S. 26, gleichlautend etwa Landtag des Saarlandes, Drucks. 12/793, S. 44). Dafür, wie ein verlässliches System beschaffen sein muss, ist der Zweck des JugendmedienschutzStaatsvertrags maßgeblich. Dieser Zweck ist darauf gerichtet, für den Jugendmedienschutz im Internet wie in den traditionellen Medien ein einheitliches Schutzniveau zu gewährleisten (vgl. etwa Döring/Günter, MMR 2004, 231, 232). Es ist daher geboten, die Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV an den Maßstäben auszurichten, die für die Zugänglichkeit pornographischer Inhalte in anderen Medien entwickelt worden sind.
24
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein "Zugänglichmachen" i.S. des § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht vor, wenn Vorkehrungen getroffen werden, die den Zugang Minderjähriger zu den pornographischen Inhalten regelmäßig verhindern. Dies erfordere, dass eine "effektive Barriere" zwischen der pornographischen Darstellung und dem Minderjährigen bestehe (BVerwGE 116, 5, 14 f.). Diese Entscheidung erging zwar im Jahr 2002 zur Ausstrahlung pornographischer Fernsehfilme, die nach dem Wortlaut des am 1. April 2003 in Kraft getretenen § 4 Abs. 2 JMStV inzwischen absolut verboten ist (zu verfassungsrechtlichen Zweifeln an der damit zwischen digitalem Fernsehen und Telemedien bestehenden Differenzierung etwa Scholz/Liesching aaO § 4 JMStV Rdn. 28 m.w.N.; Bandehzadeh, Jugendschutz im Rundfunk und in den Telemedien, 2007, S. 133 ff., 166 ff.). Es gibt aber keinen Grund anzunehmen , dass für Telemedien geringere Anforderungen an die Verhinderung des "Zugänglichmachens" zu stellen sind, als sie für das Fernsehen nach früherer Rechtslage bestanden haben (a.A. Berger, CR 2003, 775).
25
Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass über die Verschlüsselung hinaus weitere Vorkehrungen zu treffen sind, um die Wahrnehmung pornographischer Fernsehfilme durch Minderjährige effektiv zu erschweren. Zunächst müsse sichergestellt sein, dass die Decodiereinrichtungen nur an Erwachsene abgegeben würden. Für den Nachweis der Volljährigkeit genüge es insbesondere nicht, Kopien von Dokumenten vorzulegen, weil dabei manipuliert werden könne. Es reiche aber aus, wenn beim Vertragsschluss persönlicher Kontakt mit dem Kunden bestehe und in diesem Zusammenhang eine zuverlässige Kontrolle seines Alters anhand amtlicher Lichtbildausweise erfolge. Andere Verfahrensweisen zur Feststellung des Alters müssten ebenso wirksam sein. Über den Einsatz der allgemeinen Decodiereinrichtungen hinaus sei noch zumindest ein weiteres wirkungsvolles Hindernis gegenüber Minderjährigen erforderlich, um durch das Zusammenwirken der Wahrnehmungshindernisse die Annahme einer "effektiven Barriere" zu rechtfertigen (BVerwGE 116, 5, 14 ff.).
26
Der Bundesgerichtshof hat diesen Maßstab der "effektiven Barriere" bei der Beurteilung einer Automaten-Videothek für pornographische Videokassetten übernommen. Eine zuverlässige Alterskontrolle hielt er für gewährleistet, wenn die zum Einlass in die Videothek erforderliche Chipkarte mit PIN erst nach persönlichem Kontakt mit dem Kunden und Überprüfung seines Alters ausgegeben und bei der persönlichen Anmeldung der Daumenabdruck des Kunden biometrisch erfasst wurde. Der Verleihautomat ermöglichte nur nach einem Ab- gleich von Chipkarte, PIN und Daumenabdruck die Ausleihe von Filmen (BGHSt 48, 278, 285 f.).
27
Beim Versandhandel mit jugendgefährdenden Trägermedien hat der Bundesgerichtshof erst jüngst ebenfalls eine zweistufige Altersverifikation für erforderlich gehalten. Zunächst ist vor dem Versand der Medien eine zuverlässige Alterskontrolle - etwa durch das Post-Ident-Verfahren - notwendig. Außerdem muss sichergestellt sein, dass die Ware nicht von Minderjährigen in Empfang genommen wird, was etwa bei einer Übersendung per "Einschreiben eigenhändig" gewährleistet ist (BGH GRUR 2007, 890 Tz. 48 - Jugendgefährdende Medien bei eBay).
28
Entsprechend wirksame Vorkehrungen sind auch von den Anbietern pornographischer Inhalte im Internet zu fordern (ebenso KG NStZ-RR 2004, 249, 250 und die überwiegende Meinung in der jugendschutzrechtlichen Literatur: vgl. Scholz/Liesching aaO § 4 JMStV Rdn. 36 ff.; Nikles/Roll/Spürck/Umbach aaO § 4 JMStV Rdn. 34 ff.; Ukrow aaO Rdn. 426 ff.). Die Verlässlichkeit eines Altersverifikationssystems setzt danach voraus, dass es einfache, naheliegende und offensichtliche Umgehungsmöglichkeiten ausschließt (vgl. Döring/Günter, MMR 2004, 231, 234; Erdemir, MMR 2004, 409, 412). So hat es der Bundesgerichtshof beispielsweise für unzureichend gehalten, wenn Jugendliche trotz eines Verbotsschildes ungehindert in eine Videothek eintreten können, weil eine Alterskontrolle erst an der Kasse stattfindet (BGH, Urt. v. 7.7.1987 - 1 StR 247/87, NJW 1988, 272). Insbesondere sind die aufgrund der Anonymität des Mediums dem Internet immanenten Missbrauchsgefahren zu berücksichtigen.
29
b) Dem danach geforderten Zuverlässigkeitsstandard wird das System der Beklagten nicht gerecht.

30
Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die nicht fernliegende Möglichkeit besteht, Jugendliche könnten sich Ausweispapiere von Eltern oder erwachsenen Freunden beschaffen und dann die Personalausweisnummernkontrolle im System der Beklagten mit echten Daten umgehen. Keinen Bedenken begegnet auch, dass das Berufungsgericht in dem in der Version 2 des Systems der Beklagten erforderlichen Zahlungsvorgang keine ausreichende weitere Sicherungsmaßnahme erkannt hat, weil viele Jugendliche über ein eigenes, von den Eltern nicht regelmäßig kontrolliertes Girokonto verfügen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die zur Umgehung des Systems der Beklagten erforderlichen Informationen problemlos im Internet erhältlich sind (so Liesching, MMR 2004, 482; Döring/Günter, MMR 2004, 231, 233), und ob angesichts des relativ geringfügigen Betrags, der für den Zugang abgebucht wird, viele Kinder und Jugendliche darauf vertrauen werden, dass die Buchung auf einem von ihnen unberechtigt verwendeten elterlichen Konto nicht auffällt.
31
Richtig ist zwar, dass einem Altersverifikationssystem nicht deshalb die Effektivität abgesprochen werden kann, weil es von Jugendlichen aufgrund nicht vorhersehbarer besonderer Kenntnisse, Fertigkeiten oder Anstrengungen ausnahmsweise umgangen werden kann (Nikles/Roll/Spürck/Umbach aaO § 4 JMStV Rdn. 34 a.E.). Derartige Anforderungen stellt eine Überwindung des Altersverifikationssystems der Beklagten in beiden Versionen an Jugendliche aber nicht.
32
Da es vorliegend von vornherein an einer effektiven Barriere fehlt, kann offenbleiben, ob der von der Revisionsbegründung vorgelegten älteren Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe zu folgen ist, wonach sich ein Anbieter pornographischer Schriften unter Umständen nicht strafbar macht, wenn http://www.jugendschutz.net),%20die/ - 14 - Jugendliche die von ihm errichteten, an sich effizienten Zugangshindernisse (Verkauf pornographischer Hefte in abdeckenden Plastikfolien unter den Augen des Kassenpersonals) erst nach rechtswidrigen Handlungen überwinden können (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1984, 1975, 1976). Ebenso ist unerheblich, ob die Jugendlichen zur Umgehung des Systems der Beklagten rechtswidrige Handlungen begehen müssen (verneinend KG NStZ-RR 2004, 249, 250 zu Version 1 des Systems der Beklagten) und ob der vom Oberlandesgericht Karlsruhe seinerzeit vertretenen Auffassung gegebenenfalls über den Bereich des Strafrechts hinaus auch für den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Bedeutung zukommen kann.
33
Da für die Feststellung eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 JMStV bereits die Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreicht, kommt es schließlich für die Effektivität der Barriere nicht darauf an, ob und inwieweit sich in der Vergangenheit Jugendliche tatsächlich Zugang zu Erwachsenenangeboten verschafft haben , die mit dem Altersverifikationssystem "ueber18.de" geschützt waren.
34
3. Durch die danach bestehenden Anforderungen an die Verlässlichkeit eines Altersverifikationssystems wird der Zugang Erwachsener zu pornographischen Angeboten im Internet nicht unverhältnismäßig beschränkt. Es bestehen zahlreiche Möglichkeiten, ein System zuverlässig auszugestalten. Hinzuweisen ist zunächst auf die von der Kommission für Jugend- und Medienschutz (KJM) positiv bewerteten Konzepte (abrufbar unter www.jugendschutz.net), die eine persönliche Identifizierung der Nutzer durch einen Postzusteller oder in einer Postfiliale (Post-Ident-Verfahren), in einer Verkaufsstelle oder mittels des "Identitäts -Check mit Q-Bit" der Schufa Holding AG (Rückgriff auf eine bereits erfolgte persönliche Kontrolle durch ein Kreditinstitut) voraussetzen. Außerdem wird eine Authentifizierung des Kunden bei jedem einzelnen Abruf von Inhalten oder Bestellvorgang verlangt. Dafür kommt insbesondere ein Hardware-Schlüssel (etwa USB-Stick, DVD oder Chip-Karte) in Verbindung mit einer PIN in Betracht , die dem Kunden persönlich (etwa per Einschreiben eigenhändig) zugestellt werden.
35
Wie § 1 Abs. 4 JuSchG beim Versandhandel mit pornographischen Trägermedien lässt auch § 4 Abs. 2 JMStV eine rein technische Altersverifikation zu, wenn sie den Zuverlässigkeitsgrad einer persönlichen Altersprüfung erreicht. Grundsätzlich denkbar erscheint etwa, die Altersverifikation durch einen entsprechend zuverlässig gestalteten Webcam-Check durchzuführen (vgl. etwa die Beschwerdeentscheidung Nr. 03656 der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia -Diensteanbieter (FSM), abrufbar unter www.fsm.de) oder unter Verwendung biometrischer Merkmale.
36
Erwachsenen ist es zuzumuten, sich im Interesse des Jugendschutzes einer den dargelegten Anforderungen genügenden Altersverifikation zu unterziehen , bevor ihnen Zugang zu pornographischen Telemedien gewährt wird. Dafür spricht bereits entscheidend, dass nach der bis zum 31. März 2003 geltenden Rechtslage der Vertrieb indizierter jugendgefährdender Medien im Versandhandel gemäß § 4 Abs. 1 GjSM generell verboten und nach § 21 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 GjSM unter Strafe gestellt war. Demgegenüber stellt die nunmehr - ebenso wie der Fernabsatz pornographischer Trägermedien (vgl. § 1 Abs. 4 JuSchG) - nach Altersverifikation zulässige Nutzung entsprechender Telemedien bereits eine erhebliche Zugangserleichterung für Erwachsene dar.
37
Die als zuverlässig anzuerkennenden Verfahren der persönlichen Identifizierung errichten für Erwachsene keine höheren Zugangshürden als im Offline -Bereich. So muss der Erwachsene bei Betreten oder Verlassen eines einschlägigen Geschäfts sogar eher mit der Peinlichkeit rechnen, als Interessent für Pornographika erkannt zu werden, als dies etwa bei einer Altersüberprüfung durch den Postzusteller oder in einer Postfiliale im Rahmen des Post-IdentVerfahrens der Fall ist (vgl. Döring/Günter, MMR 2004, 231, 235 Fn. 49). Dafür spricht insbesondere, dass das Post-Ident-Verfahren ebenso wie die Versendungsform "Einschreiben eigenhändig" im Geschäftsverkehr und in der Öffentlichkeit nicht oder jedenfalls nicht zwangsläufig mit dem Vertrieb pornographischer Inhalte in Verbindung gebracht wird.
38
4. Aus verfassungsrechtlichen Vorgaben folgen ebenfalls keine geringeren Anforderungen an ein Altersverifikationssystem, als sie sich aus dem dargelegten Konzept der "effektiven Barriere" ergeben.
39
Der mit diesem Konzept verbundene Eingriff in die Informationsfreiheit ist nach Art. 5 Abs. 2 GG aus Gründen des Jugendschutzes gerechtfertigt. Die Annahme, dass pornographische Medien jugendgefährdende Wirkung haben können, liegt im Bereich der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers. Diesen hätte der Gesetzgeber nur dann verlassen, wenn eine Gefährdung Jugendlicher nach dem Stand der Wissenschaft vernünftigerweise auszuschließen wäre (BVerfGE 83, 130, 140 ff.). Davon kann weiterhin nicht ausgegangen werden. So hält auch einer der Privatgutachter der Beklagten die Frage der Jugendgefährdung durch Pornographie für "objektiv bislang ungeklärt" (Berger, MMR 2003, 773, 775; vgl. Bandehzadeh aaO S. 21 ff.).
40
Das Erfordernis einer verlässlichen Altersverifikation ist geeignet, das gesetzgeberische Ziel zu fördern, einen Zugriff von Kindern und Jugendlichen auf pornographische Inhalte zu verhindern. Das reicht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, um die Eignung einer gesetzgeberischen Maßnahme zu begründen (BVerfGE 30, 292, 316; 90, 145, 172; 110, 141 Tz. 81).
41
Der Gesetzgeber ist auch nicht verpflichtet, den deutschen Jugendschutzstandard im Hinblick auf großzügigere Regelungen im Ausland zu lockern. Für die Forderung, von Altersverifikationssystemen deutscher Anbieter dürften nur Voraussetzungen verlangt werden, die keinen größeren Umgehungsaufwand erforderten als der Zugriff auf ausländische Angebote pornographischen Inhalts, gibt es daher keine Grundlage (a.A. Berger, MMR 2003, 773, 775).
42
Soweit sich die Beklagte auf einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit beruft (Art. 12 Abs. 1 GG), kann sie nur die ihr auferlegten Beschränkungen für ihre eigene Tätigkeit geltend machen. Insoweit ist ihr jedoch ohne weiteres zuzumuten, sich auf eines der anerkannten Altersverifikationssysteme umzustellen.
43
Es wird auch nicht unverhältnismäßig in das durch Art. 6 Abs. 2 GG verbürgte Erziehungsprivileg der Eltern eingegriffen, wenn höhere Anforderungen an ein Altersverifikationssystem gestellt werden, als sie das System der Beklagten erfüllt (vgl. Köhne, NJW 2005, 794). Durch verlässliche Altersverifikationssysteme wird gerade das Erziehungsprivileg gewahrt, weil ein unkontrollierter Zugang Jugendlicher zu pornographischen Inhalten ohne Kenntnis der Eltern verhindert wird.
44
Schließlich liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Aspekt der Inländerdiskriminierung vor. Unter Inländerdiskriminierung sind Sachverhalte zu verstehen, in denen das deutsche Recht aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen gegenüber EU-Ausländern nicht angewendet werden darf, so dass diese gegenüber Inländern begünstigt werden (vgl. Pache in Schulze/Zuleeg, Europarecht, 2006, § 10 Rdn. 16; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 9. Aufl., Art. 3 Rdn. 74). Hier gelten die Regelungen des Jugendmedien- schutz-Staatsvertrags aber für alle pornographischen Angebote in Deutschland. Sie erfassen grundsätzlich auch die Angebote aus dem Ausland, die im Inland abgerufen werden können, und gelten nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 TMG insbesondere auch für Angebote aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die in Art. 3 Abs. 4 und 5 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vorgesehenen Mitteilungs- und Konsultationspflichten sind nicht Geltungsvoraussetzung der innerstaatlichen jugendschutzrechtlichen Gebote, sondern erst dann zu beachten, wenn deutsche Behörden gegen ein konkretes Angebot eines Diensteanbieters aus einem anderen Mitgliedstaat einschreiten wollen. Die faktische Möglichkeit der Umgehung einer für im Inland abrufbare in- und ausländische Internetangebote unterschiedslos geltenden deutschen Bestimmung durch den Aufruf ausländischer Internetseiten bewirkt keine rechtlich relevante Inländerdiskriminierung. Es bedarf deshalb weiterhin keiner Entscheidung , ob und inwiefern es wettbewerbsrechtlich geboten ist, eine Inländerdiskriminierung zu vermeiden (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 4.7.1996 - I ZR 105/94, NJWE-WettbR 1996, 266, 267).
45
5. Unabhängig von einem eigenen täterschaftlichen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV, den die Beklagte dadurch begeht, dass sie die pornographischen , lediglich durch ihr unzureichendes Altersverifikationssystem geschützten Internetseiten ihrer Kunden über ihre Website zugänglich macht, haftet die Beklagte auch dafür, dass sie ihr System in der streitgegenständlichen Form an zahlreiche Anbieter pornographischer Internetinhalte vertrieben hat. Denn sie ist Teilnehmerin an den Verstößen gegen § 4 Abs. 2 JMStV, die ihre Kunden fortlaufend dadurch begehen, dass sie im Internet pornographische Inhalte ohne ausreichende Altersverifikation anbieten.
46
Mit dem Vertrieb ihres unzureichenden Systems fördert die Beklagte objektiv Zuwiderhandlungen der Betreiber pornographischer Internetangebote ge- gen § 4 Abs. 2 JMStV. Es ist davon auszugehen, dass die Betreiber, die das System der Beklagten anwenden, den jugendschutzrechtlichen Anforderungen genügen wollen. Durch das Angebot des in der Anwendung für die Nutzer einfachen Altersverifikationssystems der Beklagten werden die Betreiber davon abgehalten, sich für ein System zu entscheiden, das den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Es kommt deshalb zu unzulässigen Angeboten, die sonst im Einklang mit dem Jugendschutz erfolgen würden.
47
Auch der für eine Gehilfenhaftung der Beklagten mindestens erforderliche bedingte Vorsatz liegt vor (vgl. BGHZ 42, 118, 122 f.; 148, 13, 17 - ambiente.de; 158, 236, 250; BGH GRUR 2007, 708 Tz. 31 - InternetVersteigerung I und II). Die Beklagte kennt die Funktionsweise ihres Systems und weiß, dass es bestimmungsgemäß insbesondere für pornographische Angebote verwendet wird. Sie vertreibt ihr Altersverifikationssystem ferner in Kenntnis des Umstandes, dass durch ein unzureichendes System geschützte Internetangebote gegen jugendschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen. Der Beklagten war schließlich bekannt, dass die jugendschutzrechtliche Unbedenklichkeit ihres Systems jedenfalls ungeklärt war. Sie hat damit zumindest billigend in Kauf genommen, dass Kunden, die ihr Altersverifikationssystem erwarben , gegen jugendschutzrechtliche Vorschriften verstießen.
48
Der Sachverhalt unterscheidet sich entscheidend von den Fällen, in denen der Betreiber einer Internet-Auktionsplattform infolge eines automatischen Registrierungsverfahrens und einer Vielzahl jugendschutzrechtlich irrelevanter Versteigerungsangebote keine konkrete Kenntnis von dem jugendgefährdenden Inhalt bestimmter von Dritten auf seiner Plattform zum Erwerb angebotener Trägermedien hat, und deshalb eine Haftung des Plattformbetreibers als Täter oder Teilnehmer ausscheidet (vgl. BGH GRUR 2007, 890 Tz. 21 - Jugendgefährdende Medien bei eBay).

49
6. Verstöße gegen das aus § 4 Abs. 2 JMStV folgende Verbot, pornographische Inhalte in Telemedien ohne verlässliche Altersverifikation anzubieten, beeinträchtigen wettbewerbsrechtlich geschützte Interessen der Verbraucher i.S. des § 3 UWG ebenso wie Verstöße gegen das Verbot des Versandhandels mit jugendgefährdenden Medien (vgl. BGH GRUR 2007, 890 Tz. 34 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Die Beschränkung des Zugangs zu Telemedien pornographischen Inhalts dient insbesondere dem Schutz der Kinder und Jugendlichen , bei denen es sich um besonders schutzwürdige Verbraucher handelt. Die erhebliche Bedeutung dieses Jugendschutzes findet Ausdruck in der strafrechtlichen Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Zugangsbeschränkungen.
50
Die Vertriebsbeschränkungen des Jugendschutzrechts für Waren und Dienstleistungen sind zudem Marktverhaltensregelungen i.S. des § 4 Nr. 11 UWG (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.35 a.E. und 11.180; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, § 4 Nr. 11 Rdn. 159; vgl. auch MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 181 f.; a.A. Scherer, WRP 2006, 401, 405 f.).
51
7. Die Verwendung eines unzureichenden Altersverifikationssystems durch die Beklagte beeinträchtigt den Wettbewerb mehr als nur unerheblich. Dies ergibt sich bereits aus der Bedeutung des Jugendschutzes und der Vielzahl der über die Website der Beklagten vermittelten Zugangsmöglichkeiten zu pornographischen Inhalten. Außerdem sind die Interessen der Mitbewerber der Beklagten, die den gesetzlichen Anforderungen genügende Systeme vertreiben , erheblich betroffen. Denn ihre Kunden sind die Anbieter von Telemedien mit pornographischen Inhalten, die im Interesse eines möglichst einfachen Absatzes ihrer Angebote grundsätzlich dazu neigen werden, das Altersverifikati- onssystem mit den geringsten Zugangshürden für die Kunden einzusetzen. Dadurch erleiden die Anbieter von Systemen, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, gegenüber der Beklagten einen relevanten Wettbewerbsnachteil.
52
8. Gegen die Tenorierung des Berufungsurteils bestehen keine Bedenken. Die negative Voraussetzung des Unterlassungstitels "ohne dass dabei eine persönliche Identifikation mit Altersüberprüfung des Nutzers … bei seiner Registrierung erfolgt" ist für künftige technische Entwicklungen hinreichend offen und schließt insbesondere eine Identifikation mit zuverlässigen biometrischen Merkmalen oder im Rahmen einer Webcam-Sitzung nicht generell aus. Persönliche Identifikation ist daher nicht notwendig gleichbedeutend mit persönlichem Kontakt im Sinne einer physischen Begegnung (face-to-face-Kontrolle), sondern kann unter Umständen auch über bildschirmgestützte oder andere technische Mittel erfolgen. Damit unterwirft das Berufungsurteil Altersverifikationssysteme entgegen der Revisionsbegründung keinen strengeren Anforderungen als das Bundesverwaltungsgericht.
Bornkamm RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Büscher ist ausgeschieden und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm Schaffert Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.07.2004 - 12 O 19/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.05.2005 - I-20 U 143/04 -

(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3)

1.
einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht,
2.
an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich macht,
3.
im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einem anderen anbietet oder überläßt,
3a.
im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen anbietet oder überläßt,
4.
im Wege des Versandhandels einzuführen unternimmt,
5.
öffentlich an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Schriften außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel anbietet oder bewirbt,
6.
an einen anderen gelangen läßt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein,
7.
in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt zeigt, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird,
8.
herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einzuführen unternimmt, um diesen im Sinne der Nummern 1 bis 7 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder
9.
auszuführen unternimmt, um diesen im Ausland unter Verstoß gegen die dort geltenden Strafvorschriften zu verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz 1 Nummer 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt. Absatz 1 Nr. 3a gilt nicht, wenn die Handlung im Geschäftsverkehr mit gewerblichen Entleihern erfolgt.

(3) bis (7) (weggefallen)

(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.

(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

(3) Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 3 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes ist zu wahren.

(4) Wurde ein Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch genommen, um das Recht am geistigen Eigentum eines anderen zu verletzen und besteht für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen, so kann der Inhaber des Rechts von dem betroffenen Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 die Sperrung der Nutzung von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern. Die Sperrung muss zumutbar und verhältnismäßig sein. Ein Anspruch gegen den Diensteanbieter auf Erstattung der vor- und außergerichtlichen Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs nach Satz 1 besteht außer in den Fällen des § 8 Absatz 1 Satz 3 nicht.

(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie

1.
die Übermittlung nicht veranlasst,
2.
den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3.
die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Sofern diese Diensteanbieter nicht verantwortlich sind, können sie insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden; dasselbe gilt hinsichtlich aller Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung dieser Ansprüche. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.

(2) Die Übermittlung von Informationen nach Absatz 1 und die Vermittlung des Zugangs zu ihnen umfasst auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung dieser Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die Informationen nicht länger gespeichert werden, als für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.

(4) Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 dürfen von einer Behörde nicht verpflichtet werden,

1.
vor Gewährung des Zugangs
a)
die persönlichen Daten von Nutzern zu erheben und zu speichern (Registrierung) oder
b)
die Eingabe eines Passworts zu verlangen oder
2.
das Anbieten des Dienstes dauerhaft einzustellen.
Davon unberührt bleibt, wenn ein Diensteanbieter auf freiwilliger Basis die Nutzer identifiziert, eine Passworteingabe verlangt oder andere freiwillige Maßnahmen ergreift.

(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.

(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

(3) Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 3 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes ist zu wahren.

(4) Wurde ein Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch genommen, um das Recht am geistigen Eigentum eines anderen zu verletzen und besteht für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen, so kann der Inhaber des Rechts von dem betroffenen Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 die Sperrung der Nutzung von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern. Die Sperrung muss zumutbar und verhältnismäßig sein. Ein Anspruch gegen den Diensteanbieter auf Erstattung der vor- und außergerichtlichen Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs nach Satz 1 besteht außer in den Fällen des § 8 Absatz 1 Satz 3 nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 102/05 Verkündet am:
18. Oktober 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ueber18.de
TMG § 7 Abs. 1; UWG §§ 3, 4 Nr. 11; JMStV § 3 Abs. 2 Nr. 3, § 4 Abs. 2

a) Die Haftung desjenigen, der einen Hyperlink auf eine Website mit rechtswidrigen
Inhalten setzt, richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen. Macht
sich derjenige, der den Hyperlink setzt, die Inhalte, auf die er verweist, zu eigen
, haftet er dafür wie für eigene Informationen.

b) Als Täter einer unlauteren Wettbewerbshandlung haftet, wer Internetnutzern
über seine Website einen gebündelten Zugang zu pornographischen Internetseiten
Dritter vermittelt, ohne durch ein den Anforderungen des § 4 Abs. 2
JMStV genügendes Altersverifikationssystem Minderjährige am Zugriff auf
diese Angebote zu hindern.

c) Wer ein unzureichendes Altersverifikationssystem vertreibt, das für pornographische
Angebote im Internet bestimmt ist, haftet wettbewerbsrechtlich
als Teilnehmer für Verstöße gegen § 4 Abs. 2 JMStV, die seine Abnehmer
mit der Verwendung des Systems für entsprechende Angebote begehen,
wenn ihm bekannt ist, dass die jugendschutzrechtliche Unbedenklichkeit des
Systems ungeklärt ist.

d) § 4 Abs. 2 JMStV ist eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG.

e) Ein Altersverifikationssystem, das den Zugang zu pornographischen Angeboten
im Internet nach Eingabe einer Ausweisnummer sowie der Postleitzahl
des Ausstellungsortes ermöglicht, stellt keine effektive Barriere für den Zugang
Minderjähriger zu diesen Angeboten dar und genügt nicht den Anforderungen
des § 4 Abs. 2 JMStV. Nichts anderes gilt, wenn zusätzlich die Eingabe
einer Adresse sowie einer Kreditkartennummer oder Bankverbindung
und eine Zahlung eines geringfügigen Betrages verlangt wird.
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Mai 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Altersverifikationssysteme für Erwachsenenangebote im Internet. Sie bieten ihre Systeme insbesondere den Betreibern pornographischer Internetseiten an, die damit den Zugang Minderjähriger zu ihren Angeboten ausschließen wollen.
2
Das System der Beklagten "ueber18.de" verlangt zunächst die Eingabe einer Personalausweis- oder Reisepassnummer. In der Version 1 ist außerdem die Angabe der Postleitzahl des Ausstellungsorts erforderlich, in der Version 2 zusätzlich zu den Angaben der Version 1 ein Name, eine Adresse und eine Kreditkartennummer oder Bankverbindung für die Überweisung eines Betrags von 4,95 €. Bei der Abfrage der Ausweisnummer wird nicht kontrolliert, ob diese tatsächlich an einen Erwachsenen vergeben ist, sondern lediglich, ob sie den allgemeinen Regeln für die Bildung von Personalausweisnummern entspricht. Außerdem wird abgeglichen, ob der angegebene Ausstellungsort demjenigen entspricht, der sich aus der in der Personalausweisnummer enthaltenen Behördenkennzahl ergibt.
3
Die Beklagte stellt auf ihrer Website "ueber18.de" einen Katalog mit Anbietern zur Verfügung, die ihr System einsetzen. Sie gewährt auch den Zugang zu den Internetseiten ihrer Kunden, indem sie diese nach Eingabe der geforderten Angaben jeweils freischaltet oder nicht.
4
Die Klägerin macht geltend, dass das System der Beklagten gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) und gegen § 184c StGB verstoße, da es nicht sicherstelle, dass Minderjährigen Erwachsenenangebote nicht zugänglich seien.
5
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im Geltungsbereich des deutschen Rechts ein Jugendschutzsystem für pornographische Internetinhalte i.S. des § 184 StGB, § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV in Verkehr zu bringen, anzubieten, zugänglich zu machen, zu bewerben sowie insbesondere gegenüber denjenigen Kunden, die bisher Zugang zu pornographischen Inhalten über das Jugendschutzsystem der Beklagten (sogenannte Bestandskunden ) erlangen, zu betreiben und/oder zu betreuen, das nutzerseitig auf der Eingabe der Personalausweisnummer oder Reisepassnummer - auch in Kombination mit der Durchführung einer Kontobewegung und/oder der Abfrage einer Postleitzahl - sowie der hierauf beruhenden Verifikation des Alters basiert, ohne dass dabei eine persönliche Identifi- kation mit Altersüberprüfung des Nutzers, etwa im Rahmen des PostIdent -Verfahrens, bei seiner Registrierung erfolgt.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben (OLG Düsseldorf CR 2005, 657 = MMR 2005, 611). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Das Altersverifikationssystem der Beklagten stelle einen Ausschluss Minderjähriger von pornographischen Darbietungen im Internet in beiden Versionen nicht i.S. des § 4 Abs. 2 JMStV und des § 184c StGB sicher, weil es keine effektive Barriere zwischen den Inhalten der pornographischen Internetseiten und einem potentiellen minderjährigen Nutzer bilde. Es bestehe die nicht fernliegende Möglichkeit, dass Jugendliche sich Ausweispapiere von Eltern oder erwachsenen Freunden beschafften und damit das System der Beklagten durch Eingabe "echter" Daten ohne weiteres überwänden. Auch die Notwendigkeit einer Zahlung in der Version 2 stelle kein ausreichendes Zugangshindernis dar. Insbesondere verfüge eine Vielzahl Jugendlicher über ein eigenes, von den Eltern nicht regelmäßig kontrolliertes Girokonto.
9
Weder sei eine restriktive Auslegung der Anforderungen an ein Altersverifikationssystem geboten, weil eine jugendgefährdende Wirkung pornographi- scher Darstellungen nicht nachgewiesen sei, noch verstoße die vom Berufungsgericht vertretene Auslegung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit , weil Jugendliche ohne jede Zugangsbeschränkung auf ausländische Angebote mit pornographischem Inhalt zugreifen könnten. Ebenso wenig werde die Informationsfreiheit Erwachsener unverhältnismäßig beschränkt.
10
§ 4 Abs. 2 Nr. 2 JMStV und § 184c StGB seien dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Der Verstoß gegen diese Bestimmungen, der im Einsatz des unzureichenden Systems der Beklagten liege, sei deshalb unlauter i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Die Beklagte begehe selbst diese unlautere Wettbewerbshandlung, weil sie durch die Implementierung ihres Systems auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt an dem Verstoß gegen Jugendschutzbestimmungen unmittelbar mitwirke. Sie beeinträchtige den Wettbewerb mit ihrem System in nicht nur unerheblicher Weise zu Lasten der Mitbewerber, die ein Altersverifikationssystem mit den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, strengeren Zugangsvoraussetzungen schwieriger absetzen könnten, und der besonders schutzwürdigen jugendlichen Verbraucher.
11
II. Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte haftet nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, weil sie pornographische Inhalte im Internet ohne ausreichende Altersverifikation und damit unter Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV zugänglich macht.
12
Das Berufungsgericht hat zutreffend einen Verstoß der Beklagten gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 4 Abs. 2 JMStV angenommen. Nach der zuletzt genannten Vorschrift sind Angebote pornographischer Inhalte in Telemedien unzulässig , wenn der Anbieter nicht sicherstellt, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Die Bereitstellung und Betreuung ihrer Altersverifika- tionssysteme sind Wettbewerbshandlungen der Beklagten i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.
13
Soweit die Beklagte mit ihrem Internetauftritt "ueber18.de" als Anbieterin pornographischer Inhalte im Internet anzusehen ist, verstößt sie selbst gegen § 4 Abs. 2 JMStV (unten II 1 bis 4). Nach dem Antrag der Klägerin soll der Beklagten allerdings nicht nur Betrieb und Betreuung ihres Altersverifikationssystems , für die sie ihre Website benutzt, untersagt werden. Vielmehr will die Klägerin der Beklagten den Vertrieb ihres Systems in Deutschland insgesamt verbieten lassen. Der Vertrieb des Systems verstößt für sich allein betrachtet zwar nicht gegen Jugendschutzrecht. Insoweit ist der Unterlassungsanspruch aber unter dem Gesichtspunkt der Teilnahme der Beklagten an Verstößen ihrer Kunden gegen § 4 Abs. 2 JMStV gerechtfertigt (unten II 5).
14
1. Die Beklagte ist Adressatin des Gebots der Zugangsbeschränkung gegenüber Minderjährigen gemäß § 4 Abs. 2 JMStV.
15
a) Der Geltungsbereich des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags ist eröffnet. Die Beklagte bietet auf ihrer Website "ueber18.de" selbst fortlaufend Telemedien i.S. der § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 JMStV an. Telemedien sind insbesondere Online-Angebote, die im Internet abrufbar sind (vgl. Scholz/Liesching, Jugendschutz, 4. Aufl., § 3 JMStV Rdn. 2).
16
Der Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags, Kinder und Jugendliche vor jugendgefährdenden Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien wirksam zu schützen, erfordert eine weite Auslegung des Anbieterbegriffs in § 3 Abs. 2 Nr. 3 JMStV. Anbieter ist deshalb auch derjenige , der Internetnutzern über seine Website Zugang zu Inhalteanbietern vermittelt (Nikles/Roll/Spürck/Umbach, Jugendschutzrecht, 2. Aufl., § 3 JMStV Rdn. 6; Scholz/Liesching aaO § 3 JMStV Rdn. 5; Ukrow, Jugendschutzrecht, Rdn. 401; ferner Begründung der Regierung des Saarlandes für das Zustimmungsgesetz zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Landtag des Saarlands, Drucks. 12/793, S. 41).
17
Die Beklagte verschafft Internetnutzern durch den auf ihrer Website bereitgestellten Katalog einen gebündelten Zugang zu den sogenannten Erwachsenenangeboten ihrer Kunden. Die Nutzer suchen die Website der Beklagten bestimmungsgemäß ähnlich einem Ladengeschäft auf und wählen aus den dort bereitgehaltenen pornographischen Angeboten. Bei deren Vertrieb fungiert die Beklagte mithin als Absatzmittler und damit funktional nicht anders als ein Händler pornographischer Schriften. Dass der Beklagten keine Rechte an den von ihr angebotenen Inhalten zustehen, ist bei der gebotenen zweckorientierten und funktionalen Auslegung des Begriffs "Angebot" in § 4 Abs. 2 JMStV ohne Bedeutung. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass das System der Beklagten - obwohl es insbesondere für Anbieter pornographischer Inhalte bestimmt ist - als solches nicht pornographisch ist. Denn die Beklagte beschränkt sich nicht darauf, ihren Kunden das Altersverifikationssystem in einem einmaligen Vorgang als Software zu überlassen.
18
Unerheblich ist auch, ob die Auswahl der zugelassenen Nutzer im Wege der Registrierung allein auf technischem Weg erfolgt. Die Beklagte macht selbst nicht geltend, keine Kontrolle über den Anbieterkatalog auf ihrer Website zu haben. Sie ist deshalb nicht vergleichbar mit einem Internet-Auktionshaus, das den rein technischen Vorgang der Freischaltung eines Auktionsangebots nicht kontrolliert und deshalb nicht als Täter oder Teilnehmer einer durch das Angebot bewirkten Markenverletzung oder Jugendgefährdung haftet (vgl. BGHZ 158, 236, 250; BGH, Urt. v. 19.4.2007 - I ZR 35/04, GRUR 2007, 708 Tz. 31 = WRP 2007, 964 - Internet-Versteigerung I und II; Urt. v. 12.7.2007 - I ZR 18/04, GRUR 2007, 890 Tz. 21 = WRP 2007, 1173 - Jugendgefährdende Medien bei eBay, zum Abdruck in BGHZ 173, 188 vorgesehen).
19
b) Das Telemediengesetz schließt den hier allein geltend gemachten Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte ebenso wenig aus wie das frühere Teledienstegesetz.
20
Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass die Beklagte auf ihrer Website "ueber18.de" einen Katalog mit Anbietern unterhält, die ihr Altersverifikationssystem einsetzen. Interessenten können auf diese Weise mit einem Mausklick aus einem umfangreichen, Erwachsenen vorbehaltenen pornographischen Angebot auswählen. Das Telemediengesetz enthält ebenso wenig wie das Teledienstegesetz eine Regelung der Haftung desjenigen, der mittels eines elektronischen Querverweises (Hyperlink oder Link) den Zugang zu rechtswidrigen Inhalten eröffnet. Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr , deren Umsetzung die beiden Gesetze dienen, hat die Frage der Haftung der Hyperlinks ausgespart (vgl. Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie). Aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich eindeutig, dass die Haftung der Hyperlinks - auch wenn die Richtlinie insoweit keine Sperrwirkung entfaltet - im Teledienstegesetz und damit auch im Telemediengesetz, das die Bestimmungen der §§ 8 ff. TDG unverändert übernommen hat (nunmehr §§ 9 ff. TMG), nicht geregelt worden ist (vgl. die Gegenäußerung der Bundesregierung [BT-Drucks. 14/6098, S. 37] zu dem entsprechenden Vorschlag des Bundesrates [ebd. S. 37]). Die Haftung für Hyperlinks richtet sich daher nach den allgemeinen Vorschriften (BT-Drucks. 14/6098, S. 37; Spindler in Spindler/Schmitz/Geis, TDG, Vor § 8 Rdn. 32 ff.; Hoeren in Hoeren/Sieber, Handbuch MultimediaRecht , Stand Oktober 2007, Teil 18.2 Rdn. 195 ff.). Danach ist eine differenzierte Beurteilung geboten, wie sie die Rechtsprechung bereits in der Zeit vor Umsetzung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr für erforderlich gehalten hatte. Zumindest derjenige, der sich die fremden Informationen, auf die er mit Hilfe des Hyperlinks verweist, zu eigen macht, haftet dafür wie für eigene Informationen, also wie ein Content-Provider i.S. des § 7 Abs. 1 TMG bzw. des § 8 Abs. 1 TDG (vgl. LG Hamburg NJW 1998, 3650; LG München I MMR 2000, 566, 568, jeweils zu § 5 Abs. 1 TDG 1997; österr. OGH MMR 2001, 518, 520; zum TDG 2001 Spindler aaO Vor § 8 Rdn. 36 ff.; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 184 Rdn. 58; Hoeren in Hoeren/Sieber aaO Teil 18.2 Rdn. 195 f.).
21
Dass sich die Beklagte mit den elektronischen Verweisen auf die pornographischen Angebote dieser Kunden die dort vermittelten Inhalte zu eigen gemacht hat, unterliegt keinem Zweifel. Nach den getroffenen Feststellungen sind diese Verweise wesentlicher Bestandteil ihrer Geschäftsidee. Sie bietet ihren Kunden nicht nur ein verhältnismäßig leicht zu umgehendes und damit - wie sogleich unter II 2 im Einzelnen dargestellt - unzureichendes Altersverifikationssystem an, sondern schaltet das pornographische Angebot ihrer Kunden jeweils frei und nimmt es in einen Katalog pornographischer Angebote auf. Die Attraktivität dieser Leistung, die die Beklagte zusätzlich neben dem Altersverifikationssystem erbringt, liegt darin, dass Internetnutzern auf der Suche nach einschlägigen Angeboten über die Website der Beklagten ein gebündelter Zugang zu den pornographischen Websites ihrer Kunden verschafft wird. Dabei geht es - wie bereits der Domainname "ueber18.de" signalisiert - gerade darum, die Internetnutzer zu pornographischen Angeboten zu führen, die nach § 4 Abs. 2 JMStV nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden dürfen. Hierauf ist die Absicht gerichtet, die die Beklagte mit ihrem Angebot verbindet.
22
2. Das Altersverifikationssystem der Beklagten stellt nicht sicher, dass pornographische Angebote in Telemedien nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden.

23
a) Welcher Grad an Zuverlässigkeit für die Altersverifikation geboten ist und welche Mittel zur Sicherstellung einzusetzen sind, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 4 Abs. 2 JMStV. Nach der Gesetzesbegründung muss sichergestellt sein, dass Kinder oder Jugendliche keinen Zugang haben, so dass die einschlägigen Angebote nur Erwachsenen zur Verfügung stehen; ein verlässliches Altersverifikationssystem muss die Verbreitung an oder den Zugriff durch Minderjährige hindern (Begründung zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 13/1551, S. 26, gleichlautend etwa Landtag des Saarlandes, Drucks. 12/793, S. 44). Dafür, wie ein verlässliches System beschaffen sein muss, ist der Zweck des JugendmedienschutzStaatsvertrags maßgeblich. Dieser Zweck ist darauf gerichtet, für den Jugendmedienschutz im Internet wie in den traditionellen Medien ein einheitliches Schutzniveau zu gewährleisten (vgl. etwa Döring/Günter, MMR 2004, 231, 232). Es ist daher geboten, die Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV an den Maßstäben auszurichten, die für die Zugänglichkeit pornographischer Inhalte in anderen Medien entwickelt worden sind.
24
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein "Zugänglichmachen" i.S. des § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht vor, wenn Vorkehrungen getroffen werden, die den Zugang Minderjähriger zu den pornographischen Inhalten regelmäßig verhindern. Dies erfordere, dass eine "effektive Barriere" zwischen der pornographischen Darstellung und dem Minderjährigen bestehe (BVerwGE 116, 5, 14 f.). Diese Entscheidung erging zwar im Jahr 2002 zur Ausstrahlung pornographischer Fernsehfilme, die nach dem Wortlaut des am 1. April 2003 in Kraft getretenen § 4 Abs. 2 JMStV inzwischen absolut verboten ist (zu verfassungsrechtlichen Zweifeln an der damit zwischen digitalem Fernsehen und Telemedien bestehenden Differenzierung etwa Scholz/Liesching aaO § 4 JMStV Rdn. 28 m.w.N.; Bandehzadeh, Jugendschutz im Rundfunk und in den Telemedien, 2007, S. 133 ff., 166 ff.). Es gibt aber keinen Grund anzunehmen , dass für Telemedien geringere Anforderungen an die Verhinderung des "Zugänglichmachens" zu stellen sind, als sie für das Fernsehen nach früherer Rechtslage bestanden haben (a.A. Berger, CR 2003, 775).
25
Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass über die Verschlüsselung hinaus weitere Vorkehrungen zu treffen sind, um die Wahrnehmung pornographischer Fernsehfilme durch Minderjährige effektiv zu erschweren. Zunächst müsse sichergestellt sein, dass die Decodiereinrichtungen nur an Erwachsene abgegeben würden. Für den Nachweis der Volljährigkeit genüge es insbesondere nicht, Kopien von Dokumenten vorzulegen, weil dabei manipuliert werden könne. Es reiche aber aus, wenn beim Vertragsschluss persönlicher Kontakt mit dem Kunden bestehe und in diesem Zusammenhang eine zuverlässige Kontrolle seines Alters anhand amtlicher Lichtbildausweise erfolge. Andere Verfahrensweisen zur Feststellung des Alters müssten ebenso wirksam sein. Über den Einsatz der allgemeinen Decodiereinrichtungen hinaus sei noch zumindest ein weiteres wirkungsvolles Hindernis gegenüber Minderjährigen erforderlich, um durch das Zusammenwirken der Wahrnehmungshindernisse die Annahme einer "effektiven Barriere" zu rechtfertigen (BVerwGE 116, 5, 14 ff.).
26
Der Bundesgerichtshof hat diesen Maßstab der "effektiven Barriere" bei der Beurteilung einer Automaten-Videothek für pornographische Videokassetten übernommen. Eine zuverlässige Alterskontrolle hielt er für gewährleistet, wenn die zum Einlass in die Videothek erforderliche Chipkarte mit PIN erst nach persönlichem Kontakt mit dem Kunden und Überprüfung seines Alters ausgegeben und bei der persönlichen Anmeldung der Daumenabdruck des Kunden biometrisch erfasst wurde. Der Verleihautomat ermöglichte nur nach einem Ab- gleich von Chipkarte, PIN und Daumenabdruck die Ausleihe von Filmen (BGHSt 48, 278, 285 f.).
27
Beim Versandhandel mit jugendgefährdenden Trägermedien hat der Bundesgerichtshof erst jüngst ebenfalls eine zweistufige Altersverifikation für erforderlich gehalten. Zunächst ist vor dem Versand der Medien eine zuverlässige Alterskontrolle - etwa durch das Post-Ident-Verfahren - notwendig. Außerdem muss sichergestellt sein, dass die Ware nicht von Minderjährigen in Empfang genommen wird, was etwa bei einer Übersendung per "Einschreiben eigenhändig" gewährleistet ist (BGH GRUR 2007, 890 Tz. 48 - Jugendgefährdende Medien bei eBay).
28
Entsprechend wirksame Vorkehrungen sind auch von den Anbietern pornographischer Inhalte im Internet zu fordern (ebenso KG NStZ-RR 2004, 249, 250 und die überwiegende Meinung in der jugendschutzrechtlichen Literatur: vgl. Scholz/Liesching aaO § 4 JMStV Rdn. 36 ff.; Nikles/Roll/Spürck/Umbach aaO § 4 JMStV Rdn. 34 ff.; Ukrow aaO Rdn. 426 ff.). Die Verlässlichkeit eines Altersverifikationssystems setzt danach voraus, dass es einfache, naheliegende und offensichtliche Umgehungsmöglichkeiten ausschließt (vgl. Döring/Günter, MMR 2004, 231, 234; Erdemir, MMR 2004, 409, 412). So hat es der Bundesgerichtshof beispielsweise für unzureichend gehalten, wenn Jugendliche trotz eines Verbotsschildes ungehindert in eine Videothek eintreten können, weil eine Alterskontrolle erst an der Kasse stattfindet (BGH, Urt. v. 7.7.1987 - 1 StR 247/87, NJW 1988, 272). Insbesondere sind die aufgrund der Anonymität des Mediums dem Internet immanenten Missbrauchsgefahren zu berücksichtigen.
29
b) Dem danach geforderten Zuverlässigkeitsstandard wird das System der Beklagten nicht gerecht.

30
Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die nicht fernliegende Möglichkeit besteht, Jugendliche könnten sich Ausweispapiere von Eltern oder erwachsenen Freunden beschaffen und dann die Personalausweisnummernkontrolle im System der Beklagten mit echten Daten umgehen. Keinen Bedenken begegnet auch, dass das Berufungsgericht in dem in der Version 2 des Systems der Beklagten erforderlichen Zahlungsvorgang keine ausreichende weitere Sicherungsmaßnahme erkannt hat, weil viele Jugendliche über ein eigenes, von den Eltern nicht regelmäßig kontrolliertes Girokonto verfügen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die zur Umgehung des Systems der Beklagten erforderlichen Informationen problemlos im Internet erhältlich sind (so Liesching, MMR 2004, 482; Döring/Günter, MMR 2004, 231, 233), und ob angesichts des relativ geringfügigen Betrags, der für den Zugang abgebucht wird, viele Kinder und Jugendliche darauf vertrauen werden, dass die Buchung auf einem von ihnen unberechtigt verwendeten elterlichen Konto nicht auffällt.
31
Richtig ist zwar, dass einem Altersverifikationssystem nicht deshalb die Effektivität abgesprochen werden kann, weil es von Jugendlichen aufgrund nicht vorhersehbarer besonderer Kenntnisse, Fertigkeiten oder Anstrengungen ausnahmsweise umgangen werden kann (Nikles/Roll/Spürck/Umbach aaO § 4 JMStV Rdn. 34 a.E.). Derartige Anforderungen stellt eine Überwindung des Altersverifikationssystems der Beklagten in beiden Versionen an Jugendliche aber nicht.
32
Da es vorliegend von vornherein an einer effektiven Barriere fehlt, kann offenbleiben, ob der von der Revisionsbegründung vorgelegten älteren Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe zu folgen ist, wonach sich ein Anbieter pornographischer Schriften unter Umständen nicht strafbar macht, wenn http://www.jugendschutz.net),%20die/ - 14 - Jugendliche die von ihm errichteten, an sich effizienten Zugangshindernisse (Verkauf pornographischer Hefte in abdeckenden Plastikfolien unter den Augen des Kassenpersonals) erst nach rechtswidrigen Handlungen überwinden können (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1984, 1975, 1976). Ebenso ist unerheblich, ob die Jugendlichen zur Umgehung des Systems der Beklagten rechtswidrige Handlungen begehen müssen (verneinend KG NStZ-RR 2004, 249, 250 zu Version 1 des Systems der Beklagten) und ob der vom Oberlandesgericht Karlsruhe seinerzeit vertretenen Auffassung gegebenenfalls über den Bereich des Strafrechts hinaus auch für den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Bedeutung zukommen kann.
33
Da für die Feststellung eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 JMStV bereits die Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreicht, kommt es schließlich für die Effektivität der Barriere nicht darauf an, ob und inwieweit sich in der Vergangenheit Jugendliche tatsächlich Zugang zu Erwachsenenangeboten verschafft haben , die mit dem Altersverifikationssystem "ueber18.de" geschützt waren.
34
3. Durch die danach bestehenden Anforderungen an die Verlässlichkeit eines Altersverifikationssystems wird der Zugang Erwachsener zu pornographischen Angeboten im Internet nicht unverhältnismäßig beschränkt. Es bestehen zahlreiche Möglichkeiten, ein System zuverlässig auszugestalten. Hinzuweisen ist zunächst auf die von der Kommission für Jugend- und Medienschutz (KJM) positiv bewerteten Konzepte (abrufbar unter www.jugendschutz.net), die eine persönliche Identifizierung der Nutzer durch einen Postzusteller oder in einer Postfiliale (Post-Ident-Verfahren), in einer Verkaufsstelle oder mittels des "Identitäts -Check mit Q-Bit" der Schufa Holding AG (Rückgriff auf eine bereits erfolgte persönliche Kontrolle durch ein Kreditinstitut) voraussetzen. Außerdem wird eine Authentifizierung des Kunden bei jedem einzelnen Abruf von Inhalten oder Bestellvorgang verlangt. Dafür kommt insbesondere ein Hardware-Schlüssel (etwa USB-Stick, DVD oder Chip-Karte) in Verbindung mit einer PIN in Betracht , die dem Kunden persönlich (etwa per Einschreiben eigenhändig) zugestellt werden.
35
Wie § 1 Abs. 4 JuSchG beim Versandhandel mit pornographischen Trägermedien lässt auch § 4 Abs. 2 JMStV eine rein technische Altersverifikation zu, wenn sie den Zuverlässigkeitsgrad einer persönlichen Altersprüfung erreicht. Grundsätzlich denkbar erscheint etwa, die Altersverifikation durch einen entsprechend zuverlässig gestalteten Webcam-Check durchzuführen (vgl. etwa die Beschwerdeentscheidung Nr. 03656 der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia -Diensteanbieter (FSM), abrufbar unter www.fsm.de) oder unter Verwendung biometrischer Merkmale.
36
Erwachsenen ist es zuzumuten, sich im Interesse des Jugendschutzes einer den dargelegten Anforderungen genügenden Altersverifikation zu unterziehen , bevor ihnen Zugang zu pornographischen Telemedien gewährt wird. Dafür spricht bereits entscheidend, dass nach der bis zum 31. März 2003 geltenden Rechtslage der Vertrieb indizierter jugendgefährdender Medien im Versandhandel gemäß § 4 Abs. 1 GjSM generell verboten und nach § 21 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 GjSM unter Strafe gestellt war. Demgegenüber stellt die nunmehr - ebenso wie der Fernabsatz pornographischer Trägermedien (vgl. § 1 Abs. 4 JuSchG) - nach Altersverifikation zulässige Nutzung entsprechender Telemedien bereits eine erhebliche Zugangserleichterung für Erwachsene dar.
37
Die als zuverlässig anzuerkennenden Verfahren der persönlichen Identifizierung errichten für Erwachsene keine höheren Zugangshürden als im Offline -Bereich. So muss der Erwachsene bei Betreten oder Verlassen eines einschlägigen Geschäfts sogar eher mit der Peinlichkeit rechnen, als Interessent für Pornographika erkannt zu werden, als dies etwa bei einer Altersüberprüfung durch den Postzusteller oder in einer Postfiliale im Rahmen des Post-IdentVerfahrens der Fall ist (vgl. Döring/Günter, MMR 2004, 231, 235 Fn. 49). Dafür spricht insbesondere, dass das Post-Ident-Verfahren ebenso wie die Versendungsform "Einschreiben eigenhändig" im Geschäftsverkehr und in der Öffentlichkeit nicht oder jedenfalls nicht zwangsläufig mit dem Vertrieb pornographischer Inhalte in Verbindung gebracht wird.
38
4. Aus verfassungsrechtlichen Vorgaben folgen ebenfalls keine geringeren Anforderungen an ein Altersverifikationssystem, als sie sich aus dem dargelegten Konzept der "effektiven Barriere" ergeben.
39
Der mit diesem Konzept verbundene Eingriff in die Informationsfreiheit ist nach Art. 5 Abs. 2 GG aus Gründen des Jugendschutzes gerechtfertigt. Die Annahme, dass pornographische Medien jugendgefährdende Wirkung haben können, liegt im Bereich der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers. Diesen hätte der Gesetzgeber nur dann verlassen, wenn eine Gefährdung Jugendlicher nach dem Stand der Wissenschaft vernünftigerweise auszuschließen wäre (BVerfGE 83, 130, 140 ff.). Davon kann weiterhin nicht ausgegangen werden. So hält auch einer der Privatgutachter der Beklagten die Frage der Jugendgefährdung durch Pornographie für "objektiv bislang ungeklärt" (Berger, MMR 2003, 773, 775; vgl. Bandehzadeh aaO S. 21 ff.).
40
Das Erfordernis einer verlässlichen Altersverifikation ist geeignet, das gesetzgeberische Ziel zu fördern, einen Zugriff von Kindern und Jugendlichen auf pornographische Inhalte zu verhindern. Das reicht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, um die Eignung einer gesetzgeberischen Maßnahme zu begründen (BVerfGE 30, 292, 316; 90, 145, 172; 110, 141 Tz. 81).
41
Der Gesetzgeber ist auch nicht verpflichtet, den deutschen Jugendschutzstandard im Hinblick auf großzügigere Regelungen im Ausland zu lockern. Für die Forderung, von Altersverifikationssystemen deutscher Anbieter dürften nur Voraussetzungen verlangt werden, die keinen größeren Umgehungsaufwand erforderten als der Zugriff auf ausländische Angebote pornographischen Inhalts, gibt es daher keine Grundlage (a.A. Berger, MMR 2003, 773, 775).
42
Soweit sich die Beklagte auf einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit beruft (Art. 12 Abs. 1 GG), kann sie nur die ihr auferlegten Beschränkungen für ihre eigene Tätigkeit geltend machen. Insoweit ist ihr jedoch ohne weiteres zuzumuten, sich auf eines der anerkannten Altersverifikationssysteme umzustellen.
43
Es wird auch nicht unverhältnismäßig in das durch Art. 6 Abs. 2 GG verbürgte Erziehungsprivileg der Eltern eingegriffen, wenn höhere Anforderungen an ein Altersverifikationssystem gestellt werden, als sie das System der Beklagten erfüllt (vgl. Köhne, NJW 2005, 794). Durch verlässliche Altersverifikationssysteme wird gerade das Erziehungsprivileg gewahrt, weil ein unkontrollierter Zugang Jugendlicher zu pornographischen Inhalten ohne Kenntnis der Eltern verhindert wird.
44
Schließlich liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Aspekt der Inländerdiskriminierung vor. Unter Inländerdiskriminierung sind Sachverhalte zu verstehen, in denen das deutsche Recht aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen gegenüber EU-Ausländern nicht angewendet werden darf, so dass diese gegenüber Inländern begünstigt werden (vgl. Pache in Schulze/Zuleeg, Europarecht, 2006, § 10 Rdn. 16; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 9. Aufl., Art. 3 Rdn. 74). Hier gelten die Regelungen des Jugendmedien- schutz-Staatsvertrags aber für alle pornographischen Angebote in Deutschland. Sie erfassen grundsätzlich auch die Angebote aus dem Ausland, die im Inland abgerufen werden können, und gelten nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 TMG insbesondere auch für Angebote aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die in Art. 3 Abs. 4 und 5 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vorgesehenen Mitteilungs- und Konsultationspflichten sind nicht Geltungsvoraussetzung der innerstaatlichen jugendschutzrechtlichen Gebote, sondern erst dann zu beachten, wenn deutsche Behörden gegen ein konkretes Angebot eines Diensteanbieters aus einem anderen Mitgliedstaat einschreiten wollen. Die faktische Möglichkeit der Umgehung einer für im Inland abrufbare in- und ausländische Internetangebote unterschiedslos geltenden deutschen Bestimmung durch den Aufruf ausländischer Internetseiten bewirkt keine rechtlich relevante Inländerdiskriminierung. Es bedarf deshalb weiterhin keiner Entscheidung , ob und inwiefern es wettbewerbsrechtlich geboten ist, eine Inländerdiskriminierung zu vermeiden (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 4.7.1996 - I ZR 105/94, NJWE-WettbR 1996, 266, 267).
45
5. Unabhängig von einem eigenen täterschaftlichen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV, den die Beklagte dadurch begeht, dass sie die pornographischen , lediglich durch ihr unzureichendes Altersverifikationssystem geschützten Internetseiten ihrer Kunden über ihre Website zugänglich macht, haftet die Beklagte auch dafür, dass sie ihr System in der streitgegenständlichen Form an zahlreiche Anbieter pornographischer Internetinhalte vertrieben hat. Denn sie ist Teilnehmerin an den Verstößen gegen § 4 Abs. 2 JMStV, die ihre Kunden fortlaufend dadurch begehen, dass sie im Internet pornographische Inhalte ohne ausreichende Altersverifikation anbieten.
46
Mit dem Vertrieb ihres unzureichenden Systems fördert die Beklagte objektiv Zuwiderhandlungen der Betreiber pornographischer Internetangebote ge- gen § 4 Abs. 2 JMStV. Es ist davon auszugehen, dass die Betreiber, die das System der Beklagten anwenden, den jugendschutzrechtlichen Anforderungen genügen wollen. Durch das Angebot des in der Anwendung für die Nutzer einfachen Altersverifikationssystems der Beklagten werden die Betreiber davon abgehalten, sich für ein System zu entscheiden, das den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Es kommt deshalb zu unzulässigen Angeboten, die sonst im Einklang mit dem Jugendschutz erfolgen würden.
47
Auch der für eine Gehilfenhaftung der Beklagten mindestens erforderliche bedingte Vorsatz liegt vor (vgl. BGHZ 42, 118, 122 f.; 148, 13, 17 - ambiente.de; 158, 236, 250; BGH GRUR 2007, 708 Tz. 31 - InternetVersteigerung I und II). Die Beklagte kennt die Funktionsweise ihres Systems und weiß, dass es bestimmungsgemäß insbesondere für pornographische Angebote verwendet wird. Sie vertreibt ihr Altersverifikationssystem ferner in Kenntnis des Umstandes, dass durch ein unzureichendes System geschützte Internetangebote gegen jugendschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen. Der Beklagten war schließlich bekannt, dass die jugendschutzrechtliche Unbedenklichkeit ihres Systems jedenfalls ungeklärt war. Sie hat damit zumindest billigend in Kauf genommen, dass Kunden, die ihr Altersverifikationssystem erwarben , gegen jugendschutzrechtliche Vorschriften verstießen.
48
Der Sachverhalt unterscheidet sich entscheidend von den Fällen, in denen der Betreiber einer Internet-Auktionsplattform infolge eines automatischen Registrierungsverfahrens und einer Vielzahl jugendschutzrechtlich irrelevanter Versteigerungsangebote keine konkrete Kenntnis von dem jugendgefährdenden Inhalt bestimmter von Dritten auf seiner Plattform zum Erwerb angebotener Trägermedien hat, und deshalb eine Haftung des Plattformbetreibers als Täter oder Teilnehmer ausscheidet (vgl. BGH GRUR 2007, 890 Tz. 21 - Jugendgefährdende Medien bei eBay).

49
6. Verstöße gegen das aus § 4 Abs. 2 JMStV folgende Verbot, pornographische Inhalte in Telemedien ohne verlässliche Altersverifikation anzubieten, beeinträchtigen wettbewerbsrechtlich geschützte Interessen der Verbraucher i.S. des § 3 UWG ebenso wie Verstöße gegen das Verbot des Versandhandels mit jugendgefährdenden Medien (vgl. BGH GRUR 2007, 890 Tz. 34 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Die Beschränkung des Zugangs zu Telemedien pornographischen Inhalts dient insbesondere dem Schutz der Kinder und Jugendlichen , bei denen es sich um besonders schutzwürdige Verbraucher handelt. Die erhebliche Bedeutung dieses Jugendschutzes findet Ausdruck in der strafrechtlichen Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Zugangsbeschränkungen.
50
Die Vertriebsbeschränkungen des Jugendschutzrechts für Waren und Dienstleistungen sind zudem Marktverhaltensregelungen i.S. des § 4 Nr. 11 UWG (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.35 a.E. und 11.180; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, § 4 Nr. 11 Rdn. 159; vgl. auch MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 181 f.; a.A. Scherer, WRP 2006, 401, 405 f.).
51
7. Die Verwendung eines unzureichenden Altersverifikationssystems durch die Beklagte beeinträchtigt den Wettbewerb mehr als nur unerheblich. Dies ergibt sich bereits aus der Bedeutung des Jugendschutzes und der Vielzahl der über die Website der Beklagten vermittelten Zugangsmöglichkeiten zu pornographischen Inhalten. Außerdem sind die Interessen der Mitbewerber der Beklagten, die den gesetzlichen Anforderungen genügende Systeme vertreiben , erheblich betroffen. Denn ihre Kunden sind die Anbieter von Telemedien mit pornographischen Inhalten, die im Interesse eines möglichst einfachen Absatzes ihrer Angebote grundsätzlich dazu neigen werden, das Altersverifikati- onssystem mit den geringsten Zugangshürden für die Kunden einzusetzen. Dadurch erleiden die Anbieter von Systemen, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, gegenüber der Beklagten einen relevanten Wettbewerbsnachteil.
52
8. Gegen die Tenorierung des Berufungsurteils bestehen keine Bedenken. Die negative Voraussetzung des Unterlassungstitels "ohne dass dabei eine persönliche Identifikation mit Altersüberprüfung des Nutzers … bei seiner Registrierung erfolgt" ist für künftige technische Entwicklungen hinreichend offen und schließt insbesondere eine Identifikation mit zuverlässigen biometrischen Merkmalen oder im Rahmen einer Webcam-Sitzung nicht generell aus. Persönliche Identifikation ist daher nicht notwendig gleichbedeutend mit persönlichem Kontakt im Sinne einer physischen Begegnung (face-to-face-Kontrolle), sondern kann unter Umständen auch über bildschirmgestützte oder andere technische Mittel erfolgen. Damit unterwirft das Berufungsurteil Altersverifikationssysteme entgegen der Revisionsbegründung keinen strengeren Anforderungen als das Bundesverwaltungsgericht.
Bornkamm RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Büscher ist ausgeschieden und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm Schaffert Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.07.2004 - 12 O 19/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.05.2005 - I-20 U 143/04 -

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. April 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3.) und 4.), jedoch mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.) und 2.), die diese selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer abfallrechtlichen  Beseitigungsanordnung.

2

Die Beigeladene zu 4.) ist Betreiberin einer in A. im Gebiet des beklagten Landkreises gelegenen Kiesgrube, die sich u. a. auf die Grundstücke Flur … Flurstück-Nrn. … und … erstreckt. Mit Bescheid des Beklagten vom 4. Oktober 1988 war ihr die wasserrechtliche Genehmigung zum Kiesabbau unter zahlreichen Nebenbestimmungen erteilt worden. Nach der Nebenbestimmung Nr. 5 waren die Flächen nach erfolgtem Kiesabbau wieder aufzufüllen und für eine landwirtschaftliche Nutzbarkeit zu rekultivieren. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 6 sollte die Auffüllung grundsätzlich nur mit dem vorgefundenen Abraum erfolgen; soweit dieser nicht ausreichte, durfte "nachweislich reiner Erdaushub" verwendet werden. Diese Nebenbestimmung wurde mit Änderungsbescheid vom 4. November 2002 dahin neu gefasst, dass die Kiesgrube grundsätzlich nur mit Bodenaushub aufgefüllt werden darf, der den Vorsorgewerten nach Bodenschutzrecht bzw. – soweit dieses keine Vorsorgewerte festlegt - dem Zuordnungswert Z 0 der LAGA-Richtlinien entspricht; sofern nicht genügend Erdmassen zur Verfügung stehen, die diese Voraussetzungen erfüllen, darf Bodenaushub verwendet werden, dessen Schadstoffgehalt die doppelten Vorsorgewerte bzw. die doppelten Z 0-Werte der LAGA-Richtlinien nicht übersteigt. Die einzuhaltenden Grenzwerte wurden in einer beigefügten Tabelle aufgelistet.  

3

Die Klägerin ist ein als Entsorgungsfachbetrieb für das Lagern von Abfällen nach Abfallschlüssel-Nummer 19 12 09 zertifiziertes Entsorgungsunternehmen mit Sitz in K. Mit Bescheid vom 3. Februar 2003 wurde ihr u. a. die zeitweilige Lagerung von nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen mit einer Aufnahmekapazität von mehr als 10 Tonnen je Tag und einer Gesamtlagerkapazität von mehr als 100 Tonnen genehmigt; die Gesamtkapazität der Anlage beträgt danach ca. 31.000 Tonnen pro Jahr. Mit Bescheid vom 12. März 1997 in der Fassung eines Änderungsbescheides vom 20. November 2006 wurde der Klägerin die Genehmigung für die Vermittlung von Abfallverbringungen für Dritte gemäß § 50 Abs. 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes - KrW-/AbfG - erteilt.         

4

Nach vorbereitenden Gesprächen sowie Vorlage von Proben und Analysen von Material aus Sandhalden, die die durch den Beigeladenen zu 1.) vertretene Firma W. und die Beigeladenen zu 2.) und 3.) jeweils bei eigenen Kunden gezogen und der Klägerin zur Verfügung gestellt hatten, bot die Klägerin der Beigeladenen zu 4.) mit Schreiben vom 17. September 2007 an, regelmäßig Siebsande aus der mechanischen Sortierung von Baumischabfällen (Abfallschlüssel-Nr. 19 12 09) zu liefern. Sie verwies dabei auf eine bestimmte, kontinuierlich anfallende Qualität der Materialien, die sich aus den zuvor zur Verfügung gestellten Analysen von Proben ergebe und die sie laufend überwachen werde. Wie sich aus den zur Verfügung gestellten Probenanalysen ergeben hatte, wiesen zwei der gezogenen Materialproben zum Teil erhebliche Überschreitungen der nach dem Genehmigungsbescheid vom 4. November 2002 einzuhaltenden Grenzwerte auf. Mit Schreiben vom 28. September 2007 erklärte die Beigeladene zu 4.) gegenüber der Klägerin die Annahme des angebotenen Materials auf ihrer "Deponie A.". Auf Aufforderung der Klägerin sandte sie unter dem 27. November 2007 vergleichbare Annahmeerklärungen über die Klägerin an die Beigeladenen zu 2.) und 3.) sowie an die - im Prozess durch den Beigeladenen zu 1.) als Insolvenzverwalter vertretene - Firma W. Entsorgungs-GmbH. Bei diesen Unternehmen handelt es sich um Entsorgungs- bzw. Recyclingbetriebe, die die zu liefernden Siebsande ihrerseits von eigenen Kunden erhielten. In einem Schreiben vom 7. September 2007 bestätigte die Beigeladene zu 3.) der Klägerin die Erteilung eines Auftrags zur "Abholung von Mineralien EAK 191209 zu einem Preis von 23,- €/t inkl. Frachtkosten" und setzte hinzu: "Sie sichern uns eine ordnungsgemäße Entsorgung zu". Hierzu bat sie um Übersendung eines Zertifikats als Entsorgungsfachbetrieb. Mit Schreiben vom 10. September 2007 bedankte die Klägerin sich für die Auftragsbestätigung und übersandte das gewünschte Zertifikat.   

5

Zwischen September 2007 und Februar 2008 wurden insgesamt rund 16.261 Tonnen des als Siebsande bezeichneten Materials – z. T. unter Einschaltung von Dritten als Transportunternehmen - in die Kiesgrube verbracht. Die Transporte von Material aus dem Bereich der Beigeladenen zu 2.) und 3.) liefen über den Betriebshof der Klägerin in K., wo die LKW-Ladungen zumindest teilweise verwogen wurden. Die Fa. W. lieferte, nachdem die Klägerin die aus deren Bereich stammenden Materialien zunächst rund 4 Wochen lang selbst von K. aus zur Kiesgrube verbracht hatte, aufgrund einer entsprechenden Absprache mit der Klägerin direkt zur Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) an. Ein geringer Teil des angelieferten Materials wurde dort oberhalb der Grubenkante gelagert. Der überwiegende Teil wurde nach der Anlieferung per LKW von Angestellten der Beigeladenen zu 4.) über eine Kippkante in die Grube geschoben. In der gleichen Zeit wurde auch Erdaushub über die Kippkante geschoben. Das fragliche Material befindet sich auf den Flurstücken … und … .   

6

Vereinbarungsgemäß stellte die Klägerin der Fa. W. 8,50 €/Tonne, der Beigeladenen zu 2.) 15,- €/Tonne und der Beigeladenen zu 3.) 23,- €/Tonne "incl. Fracht" in Rechnung. Die Beigeladene zu 4.) berechnete der Klägerin für Materiallieferungen von "Siebsand", "Grünschnitt" und "Mineralgemisch" sog. "Kippgebühren" i. H. v. 3,- ("Grünschnitt") bzw. 4,- € je cbm.          

7

Nachdem bei einer Ortsbesichtigung festgestellt worden war, dass in der Kiesgrube Abfälle, die nicht zur Verfüllung verwendet werden durften, abgelagert worden waren, untersagte der Beklagte der Beigeladenen zu 4.) mit Bescheid vom 8. Februar 2008 die weitere Annahme solcher Abfälle sowie die Vornahme von Geländeveränderungen.  

8

Das abgelagerte Material wurde in der Folgezeit mehrfach untersucht:  

9

- Das Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz kam in seinem Prüfbericht vom 26. März 2008 zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Material um ein Gemisch aus geschreddertem Müll mit untergeordnetem Anteil an mineralischer Bauschuttfraktion handele. Schon bei den Eingangsanalysen seien Überschreitungen der Zulassungswerte für PAK und MKW festzustellen. Die nun ermittelten Werte lägen um ein Vielfaches über denen der Eingangsanalytik.

10

- Die von der Beigeladenen zu 4.) beauftragte Dr. T. und Partner GmbH stellte in ihrem Sanierungskonzept vom 27. Februar 2008 in der Fassung einer Ergänzung vom 9. Mai 2008 fest, dass der gemessene CO2-Gehalt gegenüber der Bodenluft deutlich erhöht sei und auf einen aeroben Abbau organischer Substanzen hinweise. Hingegen ließen die gemessenen Methan-Werte eine massive Deponiegasbildung nicht befürchten. Die Gutachter schlugen als Sicherungsmaßnahme eine Abdichtung mittels einer Lehmschürze vor.    

11

- Das vom Beklagten beauftragte Chemisch-Technische Laboratorium H. H. stufte in seinem Untersuchungsbericht vom 7. April 2009 das abgelagerte Material als geschredderte Siedlungsabfälle ein. Neben mineralischen Bestandteilen seien u. a. Styropor, Schaumstoff, Plexiglas und organische Anteile festzustellen. Der darunterliegende Boden unterscheide sich deutlich in der Kornverteilung. Grundwasser sei bis zu einer Tiefe von 14,7 m unter dem Gelände nicht festgestellt worden. Die vom Landesamt ermittelten Schadstoffbelastungen ließen sich unterhalb der Deponiebasis nicht mehr in relevantem Ausmaß feststellen. Eine Schadstoffverlagerung in die Tiefe habe nicht stattgefunden. Allerdings deute die erhöhte Temperatur des Deponats auf einen wasserzehrenden Stoffumsatz hin. Deshalb bestehe gegenwärtig keine Grundwassergefährdung. Es sei aber zu beachten, dass der Wasserverbrauch nur eine begrenzte Dauer habe, so dass weiterhin Handlungsbedarf hinsichtlich einer Entfernung der Massen gegeben sei.  

12

In den Jahren 2008/2009 fanden umfangreiche Verhandlungen zwischen den Beteiligten mit dem Ziel des Abschlusses eines Entsorgungsvertrages statt, die aber letztlich ohne Ergebnis blieben.  

13

Nach Scheitern der Verhandlungen gab der Beklagte der Beigeladenen zu 4.) mit inzwischen bestandskräftigem Bescheid vom 20. Oktober 2009 auf, das Auslaugverhalten des Deponats zu überwachen und die Entfernung der Abfälle zu dulden.  

14

Mit weiterem, hier streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Oktober 2009 verpflichtete der Beklagte die Klägerin, die in der Kiesgrube in A. auf den Grundstücken Flur … Flurstücke … und … abgekippten 16.261 Megagramm (Mg) geschredderte Siedlungsabfälle aus der Kiesgrube zu entfernen. Mit der Entfernung der Abfälle sei spätestens 3 Monate nach Bestandskraft der Verfügung zu beginnen; die Entfernung müsse spätestens 6 Monate nach Bestandskraft abgeschlossen sein. Für den Fall der Nichtbefolgung der Verfügung innerhalb der gesetzten Fristen wurde die Ersatzvornahme angedroht, deren Kosten auf voraussichtlich 1,7 bis 3,5 Mio. € geschätzt wurden. Zur Begründung wurde ausgeführt: Rechtsgrundlage für die Anordnung sei zum einen § 17 Abs. 1 des Landesabfallwirtschaftsgesetzes – LAbfWG -. Dessen Voraussetzungen lägen vor, denn in der Kiesgrube seien Abfälle rechtswidrig abgekippt worden, bei denen es sich nicht um Bodenaushub gehandelt habe und die zudem die maßgeblichen Schadstoffgrenzwerte nicht eingehalten hätten. Zur Beseitigung dieses rechtswidrigen Zustands sei die Klägerin verpflichtet, weil die Abfälle von ihr bzw. auf ihre Weisung und für ihre Rechnung in die Kiesgrube geliefert und dort abgekippt worden seien. Zwar komme als weitere Verantwortliche auch die Kiesgrubenbetreiberin in Betracht, doch sei diese im Interesse einer möglichst effektiven Gefahrenabwehr nicht heranzuziehen, weil sie nicht über eine Entsorgungslogistik wie die Klägerin verfüge und nach den vorliegenden Gutachten auch nicht in der Lage sei, die Abfälle aus der Böschung ohne Inanspruchnahme Dritter aufzunehmen; zudem müsse ernsthaft damit gerechnet werden, dass sie die Entfernungskosten von 1,7 bis 3,5 Mio. € nicht werde tragen können, weil sie zuletzt mit Verlust gearbeitet habe. Rechtsgrundlage der Anordnung sei auch § 93 Abs. 4 des Landeswassergesetzes – LWG -, da die Entfernung der Abfälle nach den Feststellungen des Laboratoriums H. zum Schutz des Grundwassers notwendig sei. Es werde lediglich das Entfernen der Abfälle aus der Kiesgrube angeordnet, was sowohl zur Beseitigung des abfallrechtswidrigen Zustands als auch zur wasserrechtlichen Gefahrenabwehr notwendig, aber auch hinreichend sei. Es bleibe der Klägerin überlassen, wie sie ihrer Entsorgungspflicht nach §§ 5 Abs. 2, 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 KrW-/AbfG nachkomme.             

15

Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2010 zurück und führte noch ergänzend aus: § 17 Abs. 1 LAbfWG sei anwendbar, da das Material seine Abfalleigenschaft nicht verloren habe. Die Abfälle befänden sich unvermischt auf dem Kiesgrubengelände, eine Verbindung mit dem Erdboden sei nicht erfolgt. Bei wertender Betrachtung sei die Klägerin Handlungsstörerin. Die Lieferung der Abfälle sei durch sie veranlasst worden. Wie durch die verschiedenen Auftragsbestätigungen belegt werde, habe sich ihre Tätigkeit nicht auf die bloße Herstellung eines Geschäftskontakts zwischen den Beteiligten erschöpft; die Klägerin sei gegenüber ihren Geschäftspartnern nicht als bloße Vermittlerin aufgetreten. Hingegen habe es keinen unmittelbaren geschäftlichen Kontakt zwischen der Beigeladenen zu 4.) und den übrigen Beigeladenen gegeben. Eine Verantwortlichkeit der Beigeladenen zu 1.) bis 3.) scheide wegen des Unmittelbarkeitserfordernisses aus. Die Beseitigungsanordnung sei auch verhältnismäßig, weil der Klägerin nur die Entfernung der Abfälle aufgegeben worden sei.  

16

Die auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 20. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2010 gerichtete Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Koblenz durch Urteil vom 5. April 2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Verfügung finde ihre Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 1 LAbfWG. Die Vorschrift finde Anwendung, weil das zu beseitigende Material dem abfallrechtlichen Regime unterfalle. Bei den abgelagerten Mengen handele es sich um Abfall i. S. v. § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG, der seine Abfalleigenschaft durch die Ablagerung in der Kiesgrube nicht verloren habe. Eine Verwachsung des Haushaltsmülls mit dem Erdboden, die zum Verlust der Abfalleigenschaft hätte führen können, sei nicht erfolgt, wie sich aus den vorliegenden Begutachtungen des Materials ergeben habe.  

17

Bundesrechtliche Vorschriften stünden der Anwendung des § 17 Abs. 1 LAbfWG nicht entgegen. § 17 LAbfWG sei als Regelung zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet des Abfallrechts und nicht als Ermächtigung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verwertung oder Beseitigung von Abfällen zu verstehen. Während § 17 Abs. 1 LAbfWG der reinen Gefahrenabwehr diene, ziele § 21 KrW-/AbfG auf die Sicherstellung der Erfüllung abfallrechtlicher Entsorgungspflichten ab. Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits mit Beschluss vom 30. Oktober 1987 – 7 C 87/86 – ausgeführt habe, lasse das Bundesrecht landesrechtliche Regelungen zu, mittels derer eine Person zur Begründung von Besitz an Abfällen verpflichtet werde, um sie dann zu entsorgen oder entsorgen zu lassen. Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 LAbfWG seien vom Beklagten zu Recht bejaht worden.

18

Die Verfügung leide auch nicht an Ermessensfehlern. Insbesondere sei die Auswahl der Klägerin als Adressatin nicht zu beanstanden. Sie gehöre als Zweckveranlasserin der Ablagerung zum Kreis möglicher Adressaten einer abfallrechtlichen Gefahrenbeseitigungsverfügung. Sie sei als Zweckveranlasserin anzusehen, weil sie mit ihrem Verhalten, insbesondere mit den von ihr abgeschlossenen Verträgen die Abfallentsorgung in Gang gesetzt habe, die sich als rechtswidrig erwiesen habe. Sie sei die alleinige Herrin des gesamten Entsorgungsgeschehens gewesen, weil sie allein aufgrund der Vertragslage habe beeinflussen können, welche Ladungen zur Beigeladenen zu 4.) gefahren worden seien. Sämtliche Verträge seien mit ihr geschlossen worden, Verträge zwischen den Beigeladenen habe es nicht gegeben. Darauf, ob sie Besitz an den verfüllten Materialien erlangt habe, komme es nicht an. Entscheidend sei vielmehr gewesen, dass sie aufgrund der abgeschlossenen Verträge das Entsorgungsgeschehen regiert habe bzw. hätte regieren können. Überdies bilde ihr Verhalten selbst nach ihrem eigenen Vorbringen mit der Ablagerung in der Grube eine natürliche Einheit, denn ohne das Angebot des Kontingents, die abgeschlossenen Verträge sowie – teilweise - das Wiegen der Ladungen und die Organisation der Fahrten hätte es keine Ablagerungen in der Kiesgrube gegeben. Entgegen ihrem Vorbringen sei sie nicht nur als Abfallmaklerin aufgetreten. Bei einigen der Lieferungen der in die Kiesgrube verbrachten Abfälle habe sie wegen der Wiege- und Transportvorgänge sogar die Sachherrschaft über die Ladungen erlangt und damit Besitz erworben; eine Maklertätigkeit nach § 50 KrW-/AbfG setze aber Besitzlosigkeit voraus. Zudem habe die Klägerin nicht ausschließlich die Verbringung von Abfällen vermittelt, sondern sich nach dem Wortlaut der Verträge nicht nur zum Transport, sondern zur Entsorgung verpflichtet, was sich auch aus den mit den Beigeladenen zu 2.) und 3.) vereinbarten Preisen ergebe, denen gegenüber sie zudem durch Aushändigung ihres entsprechenden Zertifikats als Entsorger i.S.v. § 16 KrW-/AbfG aufgetreten sei. Im Übrigen würde es an ihrer Einstufung als Zweckveranlasserin nichts ändern, wenn sie tatsächlich nur als Maklerin aufgetreten wäre, denn sie habe gleichwohl den entscheidenden Einfluss auf den Entsorgungsablauf gehabt.

19

Es sei auch nicht ermessensfehlerhaft gewesen, gerade und ausschließlich die Klägerin zur Entfernung der abgelagerten Siedlungsabfälle heranzuziehen. Es habe genügt, eine Auswahl zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 4.) zu treffen. Nach dem das Abfallrecht prägenden Verursacherprinzip brauchten nur diejenigen Personen in den Blick genommen zu werden, die als Handlungsstörer bzw. Verursacher in Betracht kamen. Als Verursacher seien zwar zunächst die Baggerfahrer der Beigeladenen zu 4.) anzusehen; diese hätten jedoch nicht in die Auswahl einbezogen werden müssen, weil sie als Privatpersonen nicht imstande seien, die Entfernung von 16.261 Mg Abfall zu bewerkstelligen. Auch in der Entscheidung, die Klägerin statt der Beigeladenen zu 4.) heranzuziehen, liege kein Ermessensfehlgebrauch. Der Beklagte habe unter dem Gesichtspunkt der Effektivität der Gefahrenabwehr in Betracht ziehen dürfen, dass die Klägerin anders als die Beigeladene zu 4.) ein zertifiziertes Abfallentsorgungsunternehmen sei, das über die notwendige Logistik verfüge, das fragliche Material auszubauen und abzutransportieren. Auch wenn ihre Kapazitäten zur Lagerung und Behandlung der fraglichen Abfälle begrenzt seien, so seien die von ihr angegebenen Kapazitäten jedenfalls größer als die der Beigeladenen zu 4.), die über keinerlei Kapazitäten zur Behandlung oder Lagerung des fraglichen Materials verfüge. Ebenso habe der Beklagte die begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Beigeladenen zu 4.) berücksichtigen dürfen. Andererseits habe er auch beachten dürfen, dass die Verantwortlichkeit der übrigen Beteiligten oder sonstiger Firmen ungewiss oder schwer nachzuweisen wäre.  

20

Die Verfügung verstoße schließlich nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es sei nicht erkennbar, dass derzeit andere, aus Sicht der Klägerin weniger aufwendige Mittel die Gefahr der Grundwasserverunreinigung ebenso wirksam bannen könnten wie die Beseitigung der abgelagerten Siedlungsabfälle. Die von dem Gutachter Dr. T. vorgeschlagene Abdeckung sei nicht ebenso sicher wie die Abtragung. Überdies werde der Verstoß gegen die abfallrechtliche Pflicht zur ordnungsgemäßen Abfallentsorgung nur durch die Beseitigung der Massen ausgeräumt. Der Beklagte brauche diesen Verstoß nicht zu dulden oder sich mit einer weniger sicheren Maßnahme zur Abwehr der für das Grundwasser bestehenden Gefahr zufrieden zu geben.  

21

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung lässt die Klägerin im Wesentlichen vortragen: Das Verwaltungsgericht habe mit § 17 Abs. 1 LAbfWG bereits die falsche Rechtsgrundlage herangezogen. Abfallrecht sei im vorliegenden Fall unanwendbar, weil das streitgegenständliche Material infolge der Verfüllung mit dem Grund und Boden verwachsen sei und dadurch seine Abfalleigenschaft verloren habe. Das Verwaltungsgericht habe des Weiteren verkannt, dass § 17 Abs. 1 LAbfWG keinen Anordnungscharakter habe und somit keine Ermächtigungsgrundlage darstelle. Satz 1 dieser Norm enthalte eine bloße Störerdefinition; auch Satz 2 beinhalte keine Ermächtigungsgrundlage, sondern sei nur eine Zuständigkeitsnorm, die eine Anordnungsbefugnis voraussetze. Als Ermächtigungsgrundlage fungiere auf landesrechtlicher Ebene allein § 28 Abs. 1 LAbfWG, bei dessen Auslegung und Anwendung indessen bundesabfallrechtliche Vorgaben und Einschränkungen zu beachten seien. Diesen Vorrang des Bundesrechts habe das Verwaltungsgericht unbeachtet gelassen. Das spezifische, bundesrechtlich geregelte Pflichtenregime schließe es aus, durch Landesrecht oder dessen Vollzug anstelle der verantwortlichen Abfallerzeuger und –besitzer Dritte zur Entsorgung angefallener Abfälle heranzuziehen. Das Bundesverwaltungsgericht habe mehrfach entschieden, dass der Kreis der zur Abfallentsorgung Verpflichteten bundesrechtlich abschließend festgelegt werde und durch landesrechtliche Regelungen nicht erweitert werden könne. Soweit das Verwaltungsgericht meine, aus dem Beschluss vom 30. Oktober 1987 – 7 C 87/86 – allgemein ableiten zu können, dass das Bundesrecht landesrechtliche Regelungen zulasse, mittels derer eine Person zur Begründung von Besitz an Abfällen verpflichtet werden könne, habe es verkannt, dass der zitierte Beschluss im Lichte der inzwischen geänderten Rechtslage interpretiert werden müsse. Durch das am 7. Oktober 1996 in Kraft getretene Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sei die bisherige abfallrechtliche Systematik grundlegend geändert worden, indem nach § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG Erzeuger oder Besitzer von Abfällen vorrangig zur Verwertung von Abfällen und – falls eine Verwertung nicht in Betracht komme - nach § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG zur gemeinwohlverträglichen Beseitigung von Abfällen verpflichtet seien. Zur Durchsetzung dieser abfallrechtlichen Pflichten enthalte § 21 KrW-/AbfG die Befugnis der zuständigen Behörde, die im Einzelfall erforderlichen Anordnungen zu treffen. Nach der heutigen Rechtslage sei ein schlichter und unbesehener Rückgriff auf eine vermeintliche Störerverantwortlichkeit nach allgemeinem Gefahrenabwehrrecht unzulässig. Zwar bestehe kein absoluter Vorrang des § 21 KrW-/AbfG. Sofern Maßnahmen gerade aus Gründen der ordnungsgemäßen Entsorgung von Abfällen ergriffen werden sollen, sei aber das bundesrechtlich geregelte Abfallregime einschließlich der Eingriffsermächtigung des § 21 KrW-/AbfG vorrangig und ausschließlich anwendbar. Nur wenn Anknüpfungspunkt landesordnungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie das Gebot umweltgerechter Abfallentsorgung, sondern die von bestimmten Sachen ausgehende Gefahr für anderweitig geschützte Rechtsgüter sei, bleibe Raum für eine landesrechtliche Inpflichtnahme. Damit habe sich das Verwaltungsgericht nicht nachvollziehbar auseinandergesetzt. Selbst wenn man unterstelle, dass die angefochtene Verfügung nicht in erster Linie zur Durchsetzung der umweltgerechten Abfallentsorgung, sondern zur Bekämpfung einer von den fraglichen Abfällen ausgehenden Gefahr für den Boden und das Grundwasser im Bereich der Kiesgrube dienen solle, müsse sich das Vorgehen gegen denjenigen richten, der als Handlungs- oder Zustandsstörer für die Abläufe und den Grundstückszustand der Kiesgrube verantwortlich sei. Das sei hier eindeutig die Beigeladene zu 4.) als Betreiberin der Kiesgrube und Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft über das Kiesgrubengrundstück, nicht aber die Klägerin, die insofern außenstehende Dritte sei. Zudem ergebe sich aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Abfallbesitzer, der einen Dritten mit der Entsorgung der Abfälle beauftrage und diesem hierzu den Besitz übertrage, weiterhin für deren ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich bleibe. Die Klägerin sei aber weder Erzeugerin noch Besitzerin der fraglichen Abfälle. Als Vermittlerin und Abfallmaklerin sei sie zu keinem Zeitpunkt Besitzerin der an oder in der Kiesgrube abgelagerten Abfälle gewesen. Als außenstehende Dritte unterliege sie nicht dem spezifischen Pflichtenregime des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes. Sie habe auch während der Verwiegung auf ihrem Gelände und erst recht während des Transports zur Beigeladenen zu 4.) keine Verfügungsgewalt und damit keine Sachherrschaft über firmenfremde Fahrzeuge oder deren Ladung erlangt. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ergebe sich auch aus der Übermittlung des Entsorgungsfachbetriebe-Zertifikats anstelle eines "Vermittler-Zertifikats" nicht, dass die Klägerin keine Abfallmaklerin sei. Vielmehr stelle die Vorlage des Zertifikats als Entsorgungsfachbetrieb auch bei Maklergeschäften eine in der Entsorgungswirtschaft anzutreffende Selbstverständlichkeit dar, mit der die Erwartung verbunden werde, dass für die jeweilige Tätigkeit alle erforderlichen Genehmigungen vorliegen. Selbst wenn man hilfsweise Abfallbesitz der Klägerin unterstelle, habe sie jedenfalls zum Zeitpunkt des als rechtswidrig gerügten Entsorgungsvorgangs keinen Abfallbesitz mehr gehabt, weil die Verfüllung ausschließlich und unstreitig durch die Beigeladene zu 4.) erfolgt sei.   

22

Das Verwaltungsgericht habe auch die Störereigenschaft der Klägerin zu Unrecht bejaht. Sei wegen der abschließenden bundesrechtlichen Regelung der abfallrechtlichen Verantwortlichkeiten der Rückgriff auf im allgemeinen Gefahrenabwehrrecht geregelte Verantwortlichkeiten gesperrt, gelte dies insbesondere auch für die vom Verwaltungsgericht angewandte, umstrittene Figur der Zweckveranlassung. Selbst wenn man aber zu Lasten der Klägerin die Anwendung allgemeiner polizei- und ordnungsrechtlicher Verantwortlichkeiten neben den speziellen abfallrechtlichen Vorgaben bejahe, sei die Klägerin keine Zweckveranlasserin. Denn sie habe zu keiner Zeit durch irgendeine von ihr ausgeübte Tätigkeit die Gefahrenschwelle unmittelbar überschritten. Der festgestellte rechtswidrige Zustand sei erst mit der Verfüllung der Materialien durch die Beigeladene zu 4.) eingetreten. Sie sei auch weder nach subjektiven noch nach objektiven Zurechnungskriterien als geschehenssteuernder "Hintermann" zu qualifizieren. Das Verwaltungsgericht stelle nicht klar, auf welche "abgeschlossenen Verträge" es die von ihm angenommene Zweckveranlasserhaftung stützen wolle. Zwischen den Beteiligten sei streitig, zwischen wem und mit welchem Inhalt Vertragsbeziehungen bestehen. Aus ihrer Sicht habe sie die Verfüllung bei der Beigeladenen lediglich vermittelt. Die von der Beigeladenen zu 4.) unmittelbar gegenüber den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) abgegebenen Annahmeerklärungen seien nicht auf Anweisung der Klägerin erfolgt, sondern von den Beigeladenen, insbesondere der Beigeladenen zu 3.) ausdrücklich verlangt worden. Selbst wenn man zu Lasten der Klägerin unterstelle, dass sie Vertragspartnerin der Beigeladenen zu 4.) sei, sei sie nicht als Zweckveranlasserin anzusehen. Sie habe insbesondere den Transport für die Beigeladene zu 3.) zwar vermittelt, indem sie für diese ein Transportunternehmen beauftragt habe; die beauftragten Unternehmen hätten jedoch selbständig agiert und nicht den Weisungen der Klägerin unterlegen. Es bleibe unklar, weshalb durch den Transport zu einem bestimmten Entsorgungsort ausgerechnet durch die Klägerin die Gefahrenschwelle bereits unmittelbar überschritten worden sein solle. Der ordnungsgemäß durchgeführte Transport habe keine Gefahr und erst recht keinen rechtswidrigen Zustand begründet. Dieser sei erst durch die Beigeladene zu 4.) herbeigeführt worden, indem diese das von der Beigeladenen zu 3.) erzeugte Material verfüllt habe. Soweit das Verwaltungsgericht die Klägerin als "alleinige Herrin des gesamten Entsorgungsgeschehens" qualifiziere, verkenne es insbesondere die Rolle der Beigeladenen zu 4.), die als Adressatin der wasserrechtlichen Erlaubnis und der darin enthaltenen Nebenbestimmungen für den Betrieb der Kiesgrube sowie als Grundstückseigentümerin und Inhaberin der Sachherrschaft über die Kiesgrube eine entgeltliche unternehmerische Leistung erbracht habe, indem sie nicht nur gegenüber der Klägerin, sondern auch gegenüber den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) die Annahme der Abfälle erklärt und damit über ihre Verfüllungskapazitäten verfügt habe; allein die Beigeladene  zu 4.) habe schließlich die Abfälle über die Kippkante geschoben und somit bewusst und final eingebaut. Auch die Rolle der Beigeladenen zu 1.) bis 3.) werde vom Verwaltungsgericht nicht hinreichend gewürdigt. Als Abfallerzeuger seien sie gemäß den §§ 5 und 11 KrW-/AbfG abfallrechtlich für eine ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich. Wie sich aus § 16 KrW-/AbfG ergebe, bleibe diese Verantwortlichkeit auch im Falle der Beauftragung eines Dritten bestehen. Die Beigeladenen zu 1.) bis 3.) hätten sich daher im Rahmen der ihnen obliegen-den abfallrechtlichen Pflichten darüber informieren müssen, wo diese Materialien entsorgt werden sollten und ob diese Entsorgung zulässig sei. Selbst wenn sie die Genehmigungslage nicht gekannt haben sollten, stelle diese Unkenntnis einen erheblichen und deshalb zu würdigenden Verursachungsbeitrag für die rechtswidrige Verfüllung dar. Im Übrigen habe die Klägerin weder wissentlich noch willentlich eine Ursache für die genehmigungswidrige Ablagerung gesetzt. Sie habe im Gegenteil der Beigeladenen zu 4.) alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt und diese zur Abstimmung mit den Behörden aufgefordert. Sie habe nach Bestätigung  durch die Beigeladene zu 4.) davon ausgehen dürfen, dass die Verfüllung mit dem bezeichneten Material zulässig gewesen sei. Es stelle ein vertragswidriges, schadenersatzpflichtiges Verhalten dar, wenn die im Auftrag der Beigeladenen zu 1.) bis 3.) beförderten Abfälle nicht den zu Beginn der Verfüllung getroffenen und mit der Struktur- und Genehmigungsdirektion – SGD - Nord abgestimmten Bedingungen entsprochen hätten. Danach dränge sich die Heranziehung der Beigeladenen zu 4.) als geschehensbeherrschender Störerin auf; daneben bestehe eine eindeutige abfallrechtliche Verantwortlichkeit der Beigeladenen zu 1.) bis 3.). Hingegen sei die Inanspruchnahme der Klägerin sachwidrig und verfehlt, weil sich ihr Handeln als rechtmäßig und sozialadäquat darstelle.

23

Unabhängig von der Frage der Störereigenschaft der Klägerin sei die Bewertung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Störerauswahl nicht haltbar. Entgegen dessen Ansicht hätten die Beigeladenen zu 1.) bis 3.) in die Störerauswahl mit einbezogen werden müssen, weil sie als Abfallerzeuger abfallrechtlich verantwortlich seien und deshalb unmittelbar zu der erfolgten Entsorgung beigetragen hätten. Sie könnten sich nicht darauf zurückziehen, die Genehmigung für die Verfüllung nicht gekannt zu haben. Als Entsorgungsfachbetriebe seien sie im Rahmen ihrer abfallrechtlichen Verantwortung verpflichtet gewesen, sich darüber zu informieren, wo und unter welchen Bedingungen ihre Abfälle entsorgt werden sollten. Ohne ihr Zutun wäre es zu der Entsorgung der Abfälle bei der Beigeladenen zu 4.) nicht gekommen.

24

Das Verwaltungsgericht stütze sich auch zu Unrecht auf die vermeintlich begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Beigeladenen zu 4.). Diese habe im fraglichen Zeitraum aktiv und ungeschmälert am Entsorgungsmarkt teilgenommen und sei somit auch zahlungskräftig gewesen. Der Beklagte habe die lapidare Aussage der Beigeladenen zu 4.), sie sei nicht zahlungskräftig, nicht ausreichend im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht hinterfragt.

25

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erweise sich die Beseitigungsverfügung schließlich als unverhältnismäßig. Zunächst führe die von der Beigeladenen zu 4.) eingeräumte Vermischung des Materials mit Bodenaushub dazu, dass die Klägerin eine nicht verhältnismäßige Trennung von Materialien vornehmen bzw. Material mit entsorgen müsse, dessen Entfernung ihr nicht aufgegeben worden sei. Im Übrigen liege eine Gefährdung des Grundwassers, der nur mit einer Auskofferung  begegnet werden könnte, nicht vor, wie sich aus den vorliegenden Gutachten ergebe. Vielmehr führe bereits die vom Gutachter Dr. T. in seinem Sanierungskonzept vorgeschlagene Oberflächenabdeckung dazu, dass ein Lösen von Schadstoffen durch Niederschlagswasser ausgeschlossen werde. Es sei damit eine gegenüber der Entfernung der Materialien mildere Maßnahme möglich und nachgewiesen. Nicht hinreichend gewürdigt habe das Verwaltungsgericht ferner, dass die Klägerin nicht einmal ansatzweise über ausreichende Kapazitäten zur Zwischenlagerung der Abfälle verfüge. Da sie nur eine Kapazität zur Zwischenlagerung für maximal 80 Tonnen pro Tag habe, bedeute die hier in Rede stehende zu entsorgende Abfallmenge von 16.261 Tonnen eine 203,26-fache Überlastung ihrer Zwischenlagerkapazität. Die Verfügung führe daher zu einem eklatant rechtswidrigen Zustand, zumal die genannten Kapazitäten an dem Standort in K. bereits durch das Tagesgeschäft, das die wirtschaftliche Basis der Klägerin bilde, vollkommen ausgelastet seien.

26

Eine Überlagerung ihres Standorts in Befolgung der Verfügung hätte daher für sie straf- und ordnungsrechtliche Konsequenzen.

27

Die Klägerin beantragt,  

28

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. April 2010 nach ihrem in der ersten Instanz gestellten Antrag zu erkennen.

29

Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

31

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint insbesondere, die Anwendung von § 17 Abs. 1 LAbfWG sei nicht zu beanstanden. Die Vorschrift regele lediglich, inwieweit einem Nichtabfallbesitzer aufgrund vorangegangenen Tuns aufgegeben werden könne, an den als Abfall zu beseitigenden Sachen Besitz zu begründen und ihn so in die damit verbundene Pflichtenstellung nach Abfallrecht hineinzuzwingen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien derartige landesrechtliche Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar. Da § 17 LAbfWG keine abfallrechtliche Regelungslücke schließe, bedürfe es auch keiner Neuinterpretation dieser Rechtsprechung. Ob § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG eine Anordnungsbefugnis enthalte oder nur die Zuständigkeit regele, könne offenbleiben, da sich die Anordnungsbefugnis letzterenfalls aus § 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG ergebe. Da der Beklagte lediglich die Entfernung der Abfälle aus der Kiesgrube angeordnet habe, sich die Pflichten der Klägerin bezüglich der anschließenden Entsorgung also unmittelbar aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ergäben und ggf. durch Anordnungen nach § 21 KrW-/AbfG durchgesetzt werden müssten, sei der Klägerin nichts aufgegeben worden, was ihren aus dem Abfallbesitz folgenden Verpflichtungen zuwiderlaufe.  

32

Das Verwaltungsgericht habe die Klägerin auch zutreffend als Störerin angesehen. Gehe es darum, einem Nichtabfallbesitzer aufgrund vorangegangenen Tuns aufgeben zu können, an den als Abfall zu beseitigenden Sachen Besitz zu begründen, um ihn so in die damit verbundene Pflichtenstellung nach dem KrW-/AbfG hineinzuzwingen, könne nur der allgemeine polizeirechtliche Störerbegriff maßgeblich sein, womit auch der Zweckveranlasser als Störer in Betracht komme. Das Verwaltungsgericht habe die Klägerin zutreffend als alleinige Herrin des gesamten Entsorgungsgeschehens angesehen, weil zwischen der Beigeladenen zu 4.) und den übrigen Beigeladenen keinerlei vertragliche Beziehungen bestanden hätten, die Lieferungen auf ihr Kontingent erfolgt seien und sie die Anlieferungen teilweise sogar selbst organisiert habe, es also ohne die Klägerin nie zur illegalen Verfüllung der Kiesgrube mit dem Hausmüll-Bauschutt–Gemisch gekommen wäre. Die Klägerin sei im Übrigen hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Verfüllung keineswegs ahnungslos gewesen, da die Beigeladene zu 4.) ihr den die Verfüllungsbedingungen regelnden Erlaubnisbescheid vom 4. November 2002 bereits im August 2007 übersandt habe. Als Entsorgungsfachbetrieb hätte sie erkennen müssen, dass die Verfüllung aufgrund der vorgelegten Probenanalysen nicht zulässig gewesen sei. Dennoch habe sie die Verfüllung einen Monat später vorgenommen, ohne dass deren Zulässigkeit seitens der SGD Nord bestätigt worden sei.  

33

Auch die Störerauswahl sei vom Verwaltungsgericht zu Recht nicht beanstandet worden. Die Klägerin verkenne, dass mit der Störereigenschaft der Beigeladenen zu 4.) diejenige der Klägerin nicht ausgeschlossen sei, sondern lediglich eine Ermessensentscheidung über die Störerauswahl notwendig werde. Ein Ermessenfehlgebrauch liege nicht vor, weil § 17 LAbfWG eine effektive Gefahrenabwehr bezwecke und es daher nicht zu beanstanden sei, dass der Beklagte sich bei seiner Auswahlentscheidung vor allem von Effektivitätsgesichtspunkten habe leiten lassen. Im Verhältnis der Klägerin zu den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) stelle sich schon die Frage, ob letztere als Vorlieferanten der Klägerin noch als Zweckveranlasser angesehen werden könnten. Jedenfalls sei auch insoweit die Störerauswahl nicht zu beanstanden, weil den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) zwar die chemisch-analytische Zusammensetzung der von ihnen erzeugten Materialien bekannt gewesen sei, nicht jedoch die Verfüllungsbedingungen der wasserrechtlichen Erlaubnis zum Kiesgrubenbetrieb, die jedoch die Klägerin gekannt habe, und weil die Beigeladenen zu 1.) bis 3.) auch nicht neben der Klägerin auf ein eigenes Verfüllkontingent angeliefert hätten, sondern für die Klägerin auf deren Kontingent.  

34

Das Verwaltungsgericht habe schließlich die Verfügung zu Recht als verhältnismäßig angesehen, weil nur die Entfernung der gutachterlich festgestellten 16.261 Mg Siedlungsabfälle angeordnet worden sei; deren Entfernung sei aber geboten, um einerseits Grundwassergefährdungen sicher auszuschließen und andererseits rechtmäßige Zustände herzustellen.  

35

 Der Beigeladene zu 1.) hat sich im Berufungsverfahren nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.

36

Die Beigeladene zu 2.) stellt keinen Antrag, nimmt aber zur Berufung im Wesentlichen mit den gleichen Argumenten wie der Beklagte Stellung. Insbesondere ist sie der Auffassung, die Klägerin sei deshalb zumindest Zweckveranlasserin, weil sie die Anlieferer akquiriert und ausgewählt, die Anlieferungen disponiert und über die Art der Anlieferung entschieden habe; sie habe die Anlieferungen stoppen oder bestimmten Erzeugern die Anlieferungen gänzlich verweigern können und sogar die Kontrolle der Einhaltung der Grenzwerte für die Verfüllung der Grube übernommen. Die Klägerin habe auch Abfallbesitz gehabt, da sie unstreitig Wiege- und Transportvorgänge übernommen und damit die tatsächliche Sachherrschaft über die Abfälle erlangt habe. Gegenüber der Beigeladenen zu 2.) sei die Klägerin sogar vertraglich zu einer Zwischenlagerung verpflichtet gewesen. Es sei ausdrücklich vereinbart worden, dass die Klägerin Siebsande aus Krefeld zu ihrem Betriebsstandort in K. verbringen sollte, um sie dort umzuschlagen, ggf. mit Siebsanden aus eigener Herstellung oder von anderen Erzeugern zwischenzulagern und anschließend zur Beigeladenen zu 4.) zu transportieren. Dies habe auch zu einer höheren Vergütung der Klägerin durch die Beigeladene zu 2.) geführt.  

37

Die Beigeladene zu 3.) beantragt,

38

die Berufung zurückzuweisen.

39

Sie äußert sich zur Berufung im Kern in gleicher Weise wie die Beigeladene zu 2.). Ergänzend führt sie noch aus, sie habe zu keinem Zeitpunkt eine Annahmeerklärung der Beigeladenen zu 4.) erhalten, sondern bis zuletzt nicht gewusst, wohin die von ihr der Klägerin zur Entsorgung überlassenen Materialien verbracht worden seien. Entsorgungsverträge hätten allein zwischen ihr und der Klägerin sowie zwischen dieser und der Beigeladenen zu 4.) bestanden. Dies werde dadurch bestätigt, dass alle ihre Materiallieferungen von der Klägerin zunächst zu deren Betriebsgrundstück in K. verbracht worden seien, von wo aus der Weitertransport organisiert worden sei.  

40

Die Beigeladene zu 4.) beantragt,

41

die Berufung zurückzuweisen.

42

Sie führt zur Begründung im Wesentlichen noch aus, das streitgegenständliche Material habe seine Abfalleigenschaft durch die Verfüllung nicht verloren. Es könne trotz des bereits begonnenen Zersetzungsprozesses nach wie vor optisch vom ursprünglichen, in der Kiesgrube vorhandenen Erdboden unterschieden werden und sei nach den gutachterlichen Feststellungen gerade keine Verbindung mit dem Boden eingegangen. Es sei auch nie in ihrem Sinne gewesen, geschredderten Hausmüll in der Grube abzulagern. Vielmehr sei sie aufgrund der Zusicherungen der Klägerin davon ausgegangen, dass es sich bei dem von der Klägerin angelieferten Material um Bodenaushub bzw. diesem gleichzusetzendes Material handele. Dies werde dadurch bestätigt, dass die Klägerin an sie für die in der Kiesgrube abgekippten Materialien lediglich den üblichen Preis für die Annahme von Bodenaushub gezahlt habe. Im Übrigen tritt sie der Berufung im Wesentlichen mit den gleichen Argumenten wie der Beklagte entgegen.   

43

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, der Sitzungsniederschrift vom 26. Januar 2012 und den beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

44

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

45

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die abfallrechtliche Verfügung des Beklagten vom 20. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2010 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).  

46

Der Beklagte hat die Verfügung zu Recht auf § 17 Abs. 1 des Landesabfallwirtschaftsgesetzes (LAbfWG) vom 2. April 1998 (GVBl., S. 97) gestützt (I.). Die Verfügung begegnet auch weder im Hinblick auf die Heranziehung der Klägerin als Verantwortliche für die rechtswidrige Abfallablagerung (II.) noch hinsichtlich der Auswahl der Klägerin unter mehreren in Betracht kommenden Verantwortlichen (III.) rechtlichen Bedenken. Schließlich sind Rechtsbedenken unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Verfügung ebenfalls nicht angezeigt (IV.).

47

I. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die angefochtene Verfügung - neben § 93 Abs. 4 des Landeswassergesetzes (LWG) – auf § 17 Abs. 1 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage gestützt hat.

48

Entgegen der Ansicht der Klägerin unterliegen die in der Kiesgrube abgelagerten Materialien mangels Verlusts ihrer Abfalleigenschaft weiterhin dem Abfallrecht (1.). Dabei bildet § 17 Abs. 1 LAbfWG – jedenfalls in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG – eine Befugnisnorm (2.), deren Anwendung in der vorliegenden Fallkonstellation nicht durch vorrangiges Bundesrecht ausgeschlossen ist (3.).  

49

1. Die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht den Verlust der Abfalleigenschaft der in der Kiesgrube abgelagerten Materialien verneint, weil diese – entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts – infolge ihrer Vermischung mit Erdaushub und einer durch Zersetzung und Zeitablauf bedingten "Verwachsung" ihre Beweglichkeit verloren hätten, ist nicht stichhaltig.  

50

Zwar setzt der Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes – KrW-/AbfG –, an den auch § 17 Abs. 1 LAbfWG anknüpft, die Beweglichkeit der als Abfall einzustufenden Sache oder Sachen voraus (vgl. dazu z.B. Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 26 und 33 ff.). Daran fehlt es bei Grundstücken oder Grundstücksbestandteilen, wobei die Frage, ob und inwieweit dabei auf die zivilrechtlichen Kriterien nach den §§ 93 ff. BGB abzustellen ist, im Einzelnen streitig ist (vgl. dazu Breuer, a.a.O., Rn. 34; Frenz, KrW-/AbfG, 3. Aufl. 2002, § 3, Rn. 14; Müggenborg, NVwZ 1998, 1121, 1122; jeweils m.w.N.). Letztlich ist bei der Frage, ob Sachen dauerhaft fest mit einem Grundstück verbunden sind, auf die Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung der stoffbezogenen Entsorgungspflichtigkeit abzustellen (so überzeugend Breuer und Frenz, jeweils a.a.O.). Von einer solchen Betrachtungsweise geht auch die einschlägige verwaltungsgerichtliche Judikatur in den Fällen der Verfüllung von Abfällen in natürlichen oder künstlich angelegten Vertiefungen aus. Danach ist zum Beispiel abgelagerter Sand eine bewegliche Sache, die auch durch Abdeckung nicht zu einem Grundstücksbestandteil wird, soweit und solange er mühelos entfernt werden kann (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 29. März 1994 – 2 EO 18/93 –, NVwZ-RR 1995, 253 und juris, Rn. 37). Gelagerte feste Gegenstände (z.B. Leichtfraktion aus einer Schredderanlage) bleiben auch dann beweglich, wenn sie mit Sand abgedeckt werden, solange sie nicht mit dem Boden vermengt worden sind (vgl. VGH BW, Urteil vom 18. März 1992 – 3 S 2223/91 –, NVwZ-RR 1992, 543 und juris, Rn. 26). Hingegen können Altabfälle, die nicht lediglich abgelagert und überdeckt wurden, sondern aufgrund fortgeschrittener Vermoderung oder Verwachsung mit dem Boden als solche nicht mehr abgrenzbar sind, ihre Abfalleigenschaft verlieren; ein langjähriges Verwachsen mit dem Grundstück lässt Abfälle zu wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks werden; gegebenenfalls liegt dann eine Altlast im Sinne von § 2 Abs. 5 Nr. 1 des Bundesbodenschutzgesetzes – BBodSchG – vor, so dass dessen Regime eingreift (vgl. zum Ganzen: Breuer, a.a.O., Rn. 35, Frenz, a.a.O., Rn. 15; jeweils m.w.N.). Wurden Stoffe nicht nur lose in einen Steinbruch verfüllt, sondern die Oberfläche nach Abschluss der Verfüllung dem Geländeprofil angepasst, planiert und durch Aussaat bepflanzt, wobei auch der Wille des Grundstückseigentümers auf die Herstellung einer dauerhaften festen Verbindung mit dem Grundstück gerichtet ist, so haben die Stoffe mit dem Abschluss der Verfüllungsmaßnahme ihre Abfalleigenschaft verloren mit der Folge, dass Bodenschutzrecht anzuwenden ist (vgl. VG Gera, Beschluss vom 8. September 2001 – 600-8432-082/00 SOK GRZ – juris, Rn. 27 f.). Ebenso werden Stoffe, die in das Erdreich eingedrungen sind, erst mit der Auskofferung des verseuchten Erdreichs (wieder) zu einer bewegliche Sache und damit zu Abfall (vgl. Breuer, a.a.O., Rn. 35, m.w.N.). Hingegen handelt es sich bei Bodenmassen, die zur Verfüllung in eine künstlich geschaffene Vertiefung eingebracht werden, auch dann noch um Abfall im Sinne von § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG, wenn sie untrennbar mit Siebresten, Bauschutt und Straßenaufbruchmaterial vermischt sind; die Vermengung mehrerer beweglicher Sachen, bestehend aus an sich unbedenklichem Verfüllmaterial und Abfall, untersteht dem Abfallrecht, sofern für eine "Verwachsung" keine Anhaltspunkte bestehen (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 16. Juli 2009 – 9 L 153/09 –, juris, Rn. 10 und 21 ff.; s.a. Urteil des Senats vom 23. Juni 2010 – 8 A 10139/10.OVG –, juris, Rn. 34).  

51

Hiervon ausgehend spricht nichts für die von der Klägerin nur behauptete, aber nicht näher belegte Vermischung und Verwachsung des abgelagerten Materials in einer Weise, die zum Verlust der Abfalleigenschaft geführt haben könnte. Zunächst hat die bloße Vermischung der abgelagerten geschredderten Siedlungsabfälle mit einer – eher geringfügigen – Menge von über dieselbe Kippkante geschobenem Erdaushub, die die Beigeladene zu 4.) grundsätzlich eingeräumt hat, nicht den Verlust der Abfalleigenschaft zur Folge gehabt: Eine Vermischung von Hausmüll mit Erdreich ändert nichts an der Abfalleigenschaft des entstehenden Gemischs, sondern führt nur dazu, dass auch das beigemischte Material entfernt werden muss (so zutreffend: BayVGH, Beschluss vom 2. April 1993 – 22 CS 93.941 –, BayVBl. 1994, S. 22, 23). Die Klägerin hat auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass eine zum Verlust der Abfalleigenschaft führende "Verwachsung" des Hausmülls mit dem Erdboden nicht eingetreten ist, nicht zu erschüttern vermocht. Unter einer "Verwachsung" dürften biologische Prozesse zu verstehen sein, bei denen Einzelstoffe eine Verbindung eingehen, durch die sie einen nicht mehr oder nur mit verhältnismäßigem Aufwand trennbare "Gesamtmasse" bilden. Von Relevanz für die Frage der Anwendbarkeit von Abfall- oder Bodenschutzrecht ist eine solche Verwachsung ohnehin nur dann, wenn die Stoffe dabei eine Verbindung mit dem (natürlichen) Erdboden eingehen, die sie zu einem wesentlichen Bestandteil des betreffenden Grundstücks machen mit der Folge, dass Bodenschutzrecht Anwendung findet. Für eine derartige Verbindung der abgelagerten Massen mit dem Erdboden ist von der Klägerin nichts vorgetragen worden. Sie kann nach den vorliegenden Gutachten sogar ausgeschlossen werden: Wie sich insbesondere aus dem im Auftrag des Beklagten eingeholten Gutachten des Chemisch-Technischen Laboratoriums H. H. vom 7. April 2009 (Verwaltungsakte Band IV, Bl. 197 ff.) ergibt, bilden die über die Kippkante geschobenen geschredderten Siedlungsabfälle eine bis maximal 5,5 m dicke "Schicht I", die auf der bis zu 38 m dicken, aus Boden- und Bauschuttablagerungen bestehenden "Schicht II" am östlichen Grubenrand aufliegt. Die Schichten waren im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens im April 2009 in ihrer Mächtigkeit und Zusammensetzung aufgrund von Bohrungen klar unterscheidbar. Überdies handelt es sich auch bei der Schicht II nicht um natürlichen Boden, sondern um ältere, aber wohl unbedenkliche Ablagerungen zur Grubenverfüllung. Soweit im Untersuchungszeitpunkt Zersetzungsprozesse feststellbar waren, betrafen diese nur die Schicht I; ein Zustand der untrennbaren Verbindung beider Schichten aufgrund biologischer Zersetzungsprozesse konnte nicht festgestellt werden, erst recht keine "Verwachsung" der Hausmüllablagerung mit dem bis zu 38 m tiefer liegenden ursprünglichen Kiessandboden (Schicht III). Die Klägerin hat keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass sich daran bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2010 etwas Entscheidendes geändert haben könnte. Vielmehr lassen sich auch der von der Beigeladenen zu 4.) – in Befolgung der an sie gerichteten weiteren Verfügung des Beklagten vom 20. September 2009 – beauftragten Untersuchung der Schadstoffmobilität von Dr. T. und Partner GmbH vom 19. Mai 2010, die im Streitwertbeschwerdeverfahren 8 E 10839/11.OVG zur Gerichtsakte gereicht wurde und der Klägerin bekannt ist, keine Anhaltspunkte für eine Verwachsung der abgelagerten Siedlungsabfälle in einer für die Abgrenzung von Abfall- und Bodenschutzrecht relevanten Weise entnehmen.  

52

2. Soweit die Klägerin weiter rügt, das Verwaltungsgericht habe – wie bereits der Beklagte im Bescheid vom 20. Oktober 2009 - rechtsirrig § 17 Abs. 1 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage herangezogen, obwohl § 17 Abs. 1 Satz 1 nur eine Störerdefinition und § 17 Abs. 1 Satz 2 lediglich eine Zuständigkeitsregelung, die eine Anordnungsbefugnis voraussetze, enthielten, vermag dies die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung nicht zu begründen.  

53

Zunächst enthält § 17 Abs. 1 Satz 1 LAbfWG nicht nur eine Störerdefinition, sondern begründet eine Grundpflicht desjenigen, der rechtswidrig Abfälle entsorgt:

54

Dieser ist zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes verpflichtet (vgl. Reis/Gottschling, Das Abfall- und Bodenschutzrecht in Rheinland-Pfalz, Kommentar zum LAbfWG, § 17, Anm. 1). § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG regelt sodann zwar primär die Zuständigkeit für den Erlass erforderlicher Anordnungen dahingehend, dass, soweit die illegale Abfallentsorgung im Betrieb einer illegalen Anlage besteht, die für die Anlage zuständige Behörde zuständig ist, in allen anderen Fällen, in denen die rechtswidrige Entsorgung ohne derartigen Anlagenbezug ist, die Verwaltung des jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (vgl. dazu Reis/Gottschling, a.a.O., Anm. 12); die Zuständigkeitsregelung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 ist insoweit als eine "andere Bestimmung" im Sinne von § 27 Abs. 2 LAbfWG anzusehen (so: OVG RP, Beschluss vom 13. Februar 1998 – 8 B 13077/97.OVG –, juris, Rn. 3, zu inhaltsgleichen Vorgängerbestimmungen). Dabei spricht aufgrund der Formulierung in § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG, wonach "die erforderliche Anordnung durch die zuständige Behörde erlassen" wird, bereits vieles dafür, dass Satz 2 über die Zuständigkeitsbestimmung hinaus auch eine Befugnisnorm zum Erlass entsprechender Anordnungen im Einzelfall enthält (so jedenfalls: OVG RP, Beschluss vom 13. Februar 1998, a.a.O., zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung, allerdings i.V.m. § 21 KrW-/AbfG). Sieht man hingegen in § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG nur eine auf anderweitige Befugnisnormen verweisende bzw. deren Existenz voraussetzende Zuständigkeitsregelung, so folgt die Anordnungsbefugnis des Beklagten aber jedenfalls aus der Zusammenschau von § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 LAbfWG mit § 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG: Danach trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße notwendigen Anordnungen (so auch: OVG RP, Urteil vom 23. Juni 2010, a.a.O. und VG Mainz, Beschluss vom 30. März 2009 – 3 L 175/09.MZ –, juris, Rn. 3; im Ergebnis auch: Reis/Gottschling, a.a.O., Anm. 12, a. E.). Letztlich geht auch die Klägerin davon aus, dass jedenfalls § 28 Abs. 1 LAbfWG die erforderliche Eingriffsermächtigung für die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 dieses Gesetzes zuständige Behörde enthält. Die danach allenfalls unvollständige Angabe der Ermächtigungsgrundlage im Bescheid vom 20. Oktober 2009 vermag dessen Rechtswidrigkeit nicht zu begründen.

55

3. Der Senat vermag auch der Auffassung der Klägerin nicht zu folgen, das Verwaltungsgericht habe mit der Billigung der Heranziehung von § 17 Abs. 1 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage den Vorrang bundesabfallrechtlicher Vorschriften gegenüber dem Landesabfallrecht missachtet und verkannt, dass die im angegriffenen Urteil zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Lichte einer durch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz grundlegend geänderten Systematik neu interpretiert werden müsse und danach eine Inanspruchnahme der Klägerin mangels Stellung als Abfallerzeugerin oder –besitzerin ausgeschlossen sei. Nach Überzeugung des Senats steht vielmehr das Bundesrecht einer Anwendung des § 17 Abs. 1 (i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 3) LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage für Einzelfallanordnungen zur Gefahrenabwehr bei rechtswidriger Abfallentsorgung in der hier vorliegenden Fallkonstellation nach wie vor nicht entgegen.

56

Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der einschlägigen (älteren) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Bundesabfallrecht einer Inanspruchnahme von Personen nach Landesabfallrecht nicht ausnahmslos entgegensteht. Das Bundesverwaltungsgericht hatte zunächst mit Urteil vom 11. Februar 1983 – 7 C 45.80 – (BVerwGE 67, 8 und juris, Rn. 9) entschieden, dass der Kreis der zur Abfallbeseitigung Verpflichteten durch die damaligen Regelungen in § 3 Abs. 1, 3 und 4 des Abfallbeseitigungsgesetzes - AbfG – i.d.F. vom 5. Januar 1977 (BGBl. I, S. 41) bundesrechtlich abschließend festgelegt worden sei und nicht durch einen Rückgriff auf landesrechtliche Vorschriften erweitert werden könne; deshalb könne zum Beispiel ein Grundstückseigentümer nicht nach Landesrecht als Zustandsstörer zur Beseitigung auf seinem Grundstück lagernder Abfälle verpflichtet werden. Mit weiterem Urteil vom 11. Februar 1983 – 7 C 168.81 – (juris, Rn. 8) hatte das Gericht aber bereits einschränkend ausgeführt, auf landesrechtliches Ordnungsrecht gestützte Maßnahmen gegen Abfallbesitzer seien nicht ausgeschlossen, müssten aber stets die Grenzen respektieren, die durch die Regelung der Beseitigungspflicht in § 3 AbfG gezogen worden seien; Handlungen, die nach § 1 Abs. 2 AbfG zur Abfallbeseitigung gehörten, könnten daher dem Abfallbesitzer nur insoweit aufgegeben werden, als er selbst beseitigungspflichtig sei. Hieran anknüpfend hat das Bundesverwaltungsgericht sodann in dem vom Verwaltungsgericht zitierten Beschluss vom 30. Oktober 1987 – 7 C 87.86 – (NVwZ 1988, 1126 und juris, Rn. 3) klarstellend ausgeführt: Da § 3 AbfG (i.d.F. vom 27. August 1986, BGBl. I, S. 1410) den Kreis der zur Abfallbeseitigung Verpflichteten abschließend festlege, könne eine landesabfallrechtliche Vorschrift, nach der derjenige, der in unzulässigerweise Abfälle behandele, lagere oder ablagere zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands verpflichtet sei, nicht so verstanden werden, als ob sie eine von der Pflichtenstellung des Abfallbesitzers unabhängige und neben dieser stehende "Handlungspflicht" des Verursachers begründe. Eine solche Vorschrift regele vielmehr, soweit sie sich an einen Adressatenkreis wende, der nicht zu den Abfallbesitzern gehöre, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Dritter aufgrund vorangegangenen Tuns in die Position eines Abfallbesitzers und die damit verbundene Pflichtenstellung gewissermaßen "hineingezwungen" werden könne, indem ihm – sozusagen als Voraussetzung für die von ihm verlangten Beseitigungsmaßnahmen – aufgegeben werde, an dem Abfall Besitz zu begründen. Für eine solche durch die Vorschriften des Abfallgesetzes nicht ausgeschlossene landesrechtliche Regelung bestehe u.a. in den Fällen ein besonderes Bedürfnis, in denen ein früherer Abfallbesitzer im Zusammenhang mit unzulässigen Maßnahmen der Abfallbeseitigung den Besitz an Abfällen aufgegeben habe, ohne dass neuer Besitz an diesen Sachen begründet worden sei (z.B. Wegwerfen von Abfällen in der Feldflur); § 3 AbfG schließe aber auch eine landesrechtliche Regelung nicht generell aus, durch die jemand aus vorausgegangenem Tun gezwungen werde, an einer als Abfall anzusehenden beweglichen Sache Besitz zu begründen, die sich noch in Besitz eines anderen befinde. Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 82.87 – (NJW 1989, 1295 und juris, Rn. 11) bestätigt, wonach es mit Bundesrecht vereinbar sei, dass das Landesrecht gegenüber dem Verursacher einer unzulässigen Abfallablagerung zu der Anordnung ermächtige, unter Wiederaufnahme des unerlaubt aufgegebenen Besitzes die Überlassungs- oder Beseitigungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 oder Abs. 4 AbfG zu erfüllen. Mit Urteil vom 18. Oktober 1991 – 7 C 2.91 – (BVerwGE 89, 138 und juris, Rn. 15 f.) hat es diese Grundsätze wiederholt und ausgeführt, insbesondere bei Sachverhalten, in denen der in Anspruch Genommene ursprünglich als Besitzer der Abfälle bereits eine abfallrechtliche Pflichtenstellung innegehabt und sich diesen Pflichten unerlaubt entzogen habe, verbiete es § 3 AbfG nicht, den Betreffenden dadurch wieder dem Abfallregime zu unterwerfen, dass ihm die Wiederaufnahme des Abfallbesitzes mit den daraus folgenden Rechtspflichten aufgegeben werde. Ergänzend hat es ausgeführt: Der Vorrang des bundesrechtlich geregelten Abfallregimes bestehe nur, sofern Maßnahmen aus Gründen gerade der ordnungsgemäßen Entsorgung von Abfällen ergriffen werden sollten; sei Anknüpfungspunkt des behördlichen Handelns nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie das Gebot umweltgerechter Entsorgung von Abfällen, sondern die Bekämpfung konkreter Gefahren für anderweitig geschützte Rechtsgüter unabhängig von der Abfalleigenschaft der störenden Sache, so bleibe es bei den für die Abwehr dieser Gefahr maßgebenden rechtlichen Regeln auch dann, wenn die Sachen gleichzeitig – gewissermaßen "zufällig" – Abfälle seien; dann gälten für die behördliche Zuständigkeit, die zu ergreifenden Maßnahmen und für die Verantwortlichkeit für die Gefahrenbeseitigung grundsätzlich die Bestimmungen der jeweils einschlägigen speziellen Ordnungsrechts, gegebenenfalls auch des allgemeinen Polizeirechts.

57

Mit dieser Rechtsprechung steht das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts ersichtlich im Einklang. Denn es versteht § 17 Abs. 1 LAbfWG – in seiner auch von der Klägerin nicht beanstandeten Auslegung dieser landesabfallrechtlichen Vorschrift – als eine Regelung zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet des Abfallrechts und nicht als Ermächtigung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Beseitigung oder Verwertung von Abfällen. § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfG erlaubt danach ausschließlich die Anordnung der Beseitigung des rechtswidrigen Zustands, der durch eine rechtswidrige Abfallentsorgung entstanden ist; dabei ist nicht eine Entsorgung im abfallrechtlichen Sinne, sondern das Sich-Entledigen von Abfallen gemeint. Zur Anordnung der – späteren – ordnungsgemäßen Verwertung oder Beseitigung ermächtigt die Vorschrift – wie sich aus ihrem sich an den gefahrenabwehrrechtlichen Störerbegriff anknüpfenden Wortlaut ergibt – hingegen nicht. Während § 17 Abs. 1 LAbfWG der reinen Gefahrenabwehr dient, zielt § 21 KrW-/AbfG auf die Sicherstellung der Erfüllung abfallrechtlicher Entsorgungspflichten ab; in diesem Sinne können Anordnungen nach § 17 Abs. 1 LAbfWG und solche nach § 21 KrW-/AbfG aufeinander aufbauen, indem eine Person zunächst über § 17 LAbfWG in die Rolle des Abfallbesitzers hineingezwungen wird und sie sodann – neben dem Abfallerzeuger – potentieller Adressat einer Verfügung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Entsorgung nach § 21 KrW-/AbfG ist. Die darin zum Ausdruck kommende Abschichtung der Anwendungsbereiche von Landes- und Bundesabfallrecht steht nicht in Widerspruch zu der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Im Übrigen hat auch der Senat § 17 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG bereits als einschlägige Ermächtigungsgrundlage für ein Einschreiten der unteren Landesabfallbehörde gegen eine rechtswidrige Abfallablagerung angesehen (vgl. das Urteil des Senats vom 23. Juni 2010, a.a.O., Rn. 34).

58

Zwar trifft es zu, dass die genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sämtlich noch auf der Grundlage des Abfallbeseitigungsgesetzes bzw. des Abfallgesetzes – AbfG – ergangen sind. Der Senat teilt jedoch die Auffassung der Klägerin nicht, dass durch das am 7. Oktober 1996 in Kraft getretene Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz eine solche Änderung der Systematik abfallrechtlicher Verantwortlichkeiten bewirkt worden ist, die auf die hier in Rede stehende Heranziehung einer für eine rechtswidrige Abfallentsorgung verantwortlichen Person nach Landesabfallrecht durchschlägt und den Erlass einer Einzelfallanordnung nach den §§ 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG sperrt:

59

Zwar gab es im Abfallgesetz noch keine Ermächtigungsgrundlage für abfallbehördliche Einzelfallanordnungen, mit der Folge, dass die zuständigen Behörden – soweit nicht spezielles Ordnungsrecht des Bundes als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kam – nur auf landesrechtlicher Grundlage gegen abfallrechtswidrige Zustände einschreiten oder Gefahren, die von Abfällen ausgingen, bekämpfen konnten (vgl. Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 21, Rn. 3 f.). Mit § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG wurde bundesabfallrechtlich erstmals eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, aufgrund der grundsätzlich alle diejenigen in Anspruch genommen werden können, die durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes erlassener Rechtsverordnungen Pflichten zu erfüllen haben und diese nicht beachten, wozu in erster Linie die Abfallerzeuger und Abfallbesitzer gehören (vgl. Beckmann/Kersting, KrW-/AbfG, § 21, Rn. 11). Der Senat vermag indessen keinerlei Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass der Bundesgesetzgeber damit zugleich – in bewusster Abkehr von der seinerzeit vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – Einzelfallanordnungen nach Landesabfallrecht zum Zwecke der Gefahrenabwehr gegen Dritte, die für eine rechtswidrige Abfallablagerung verantwortlich gemacht werden können, ausschließen wollte.

60

So gibt zunächst die Entstehungsgeschichte des § 21 KrW-/AbfG für ein solches Verständnis der Vorschrift nichts her. Die Ermächtigung zu Einzelfallanordnungen war zunächst in Art. 1 § 19 des Regierungsentwurfes eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen (BT-Drucks. 12/5672 vom 15. September 1993, S. 14) enthalten, der im Wesentlichen dem heutigen § 21 KrW-/AbfG entsprach, jedoch noch den ausdrücklichen Vorbehalt enthielt, dass die "erforderlichen Anordnungen unbeschadet der Bestimmungen der Länder über die Rechts- und Fachaufsicht" getroffen werden können. Zur Begründung des § 19 Abs. 1 führte die Bundesregierung aus, die Vorschrift diene "der Durchsetzung von Pflichten nach dem KrW-/AbfG", wobei nach Abs. 1 insbesondere "Einzelfallanordnungen im Sinne einer Gefahrenabwehr getroffen werden" könnten; dies gelte "insbesondere für die Sicherstellung der Schadlosigkeit von Verwertungsmaßnahmen, die vielfach nur auf den einzelnen Erzeuger oder Besitzer bezogen erreichbar" sei (BT-Drucks. 12/5672, S. 47). Die heutige Fassung des § 21 KrW-/AbfG beruht auf dem Gesetzentwurf des Umweltausschusses (BT-Drucks. 12/7240 vom 13. April 1994), der den genannten Vorbehalt nicht mehr enthielt; der Umweltausschuss führt zur Begründung des von ihm vorgeschlagenen § 21 lediglich noch aus, die in der Vorschrift vorgenommenen Änderungen gegenüber § 19 des Regierungsentwurfs seien nur "klarstellender oder redaktioneller Natur" (BT-Drucks. 12/7284 vom 14. April 1994, S. 19). Aus den Gesetzgebungsmaterialien ist danach nichts dafür ersichtlich, dass der Bundesgesetzgeber mit der Einführung einer bundesabfallrechtlichen Eingriffsermächtigung die bestehenden landesrechtlichen Möglichkeiten einschränken wollte.

61

Aber auch aus dem erkennbaren Sinn und Zweck des § 21 KrW-/AbfG ergibt sich eine solche Sperrwirkung nicht. Wie schon die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung belegt, zielt die Vorschrift darauf ab, die nach diesem Gesetz bestehenden Pflichten durchzusetzen, indem Einzelfallanordnungen im Sinne einer Gefahrenabwehr getroffen werden können, um z.B. die Sicherstellung der Schadlosigkeit von Verwertungsmaßnahmen gegenüber den einzelnen Erzeugern oder Besitzern von Abfällen zu erreichen. Soweit es daher um Verstöße gegen die spezifischen Pflichten nach dem KrW-/AbfG geht, ist § 21 dieses Gesetzes speziell und vorrangig anzuwenden; dabei besteht Einigkeit darüber, dass Anordnungen nach dieser Vorschrift ausschließlich gegen solche Personen in Betracht kommen, die gegen Rechtspflichten verstoßen, welche ihnen durch dieses Gesetz unmittelbar zugewiesen sind. Dazu zählen neben den Abfallerzeugern und –besitzern die Grundstückseigentümer und –besitzer, die privaten Entsorgungsträger und Produktverantwortliche. Hingegen können Anordnungen gegen Personen, die nach dem KrW-/AbfG nicht zur Entsorgung verpflichtet sind und denen das Gesetz auch nicht in anderer Weise konkrete Rechtspflichten auferlegt, nicht auf § 21 gestützt werden (vgl. Weidemann, a.a.O., Rn. 29). § 21 KrW-/AbfG lässt hingegen einen der eigentlichen Abfallentsorgung nach diesem Gesetz (Verwertung oder Beseitigung im Sinne der §§ 3 und 5 des Gesetzes) vorgelagerten Bereich unberührt, in dem es darum geht, Personen, die für eine rechtswidrige Abfallablagerung (mit-)verantwortlich sind, aus gefahrenabwehrrechtlichen Gründen in die Pflicht zu nehmen. In der Kommentarliteratur zum KrW-/AbfG besteht deshalb – soweit ersichtlich – weitgehende Einigkeit dahingehend, dass landesabfallrechtliche Vorschriften, die die zuständige Behörde zu Einzelfallanordnungen ermächtigen, in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich neben § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG anwendbar bleiben (vgl. z.B. Weidemann, a.a.O., Rn. 12; Frenz, a.a.O., § 21, Rn. 2; Beckmann/Kersting, a.a.O., Rn. 11). Da die Erweiterung des bundesabfallrechtlichen Pflichtenprogramms auf den Abfallerzeuger die Möglichkeiten der Behörden nicht einschränken, sondern verbessern sollte, kommt auch unter der Geltung des KrW-/AbfG zum Beispiel ein Vorgehen gegen frühere Abfallbesitzer, die nicht Abfallerzeuger im Sinne von § 3 Abs. 5 dieses Gesetzes sind, nach Landesabfallrecht weiterhin in Betracht (vgl. Weidemann, a.a.O.). Ist aber nichts dafür ersichtlich, dass der Bundesgesetzgeber mit der Einführung einer bundesabfallrechtlichen Eingriffsermächtigung die bestehenden landesrechtlichen Möglichkeiten einschränken wollte, so entfaltet das KrW-/AbfG keine Sperrwirkung dahingehend, dass Personen, die weder (frühere) Abfallbesitzer noch Abfallerzeuger sind, aber als Dritte aus vorangegangenem Tun für eine rechtswidrige Abfallentsorgung Verantwortung tragen, nicht landesrechtlich zur Rückgängigmachung illegaler Entsorgungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden können. Dementsprechend bleibt die zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der zum Beispiel gegen frühere Abfallbesitzer die Wiederbegründung des Abfallbesitzes angeordnet werden kann, auch unter Geltung des KrW-/AbfG anwendbar (so auch Weidemann, a.a.O., Rn. 32). Damit schließt das KrW-/AbfG zugleich auch die Möglichkeit nicht aus, auf der Grundlage einer landesabfallrechtlichen Eingriffsermächtigung einen sonstigen "Nichtabfallbesitzer", der aus vorangegangenem Tun für eine rechtswidrige Abfallentsorgung verantwortlich ist, zum Abfallbesitzer zu machen, um ihn gleichsam in die damit verbundene Pflichtenstellung nach dem KrW-/AbfG "hineinzuzwingen" und ihm sodann - etwa auf der Grundlage von § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG - konkrete Abfallentsorgungspflichten (Verwertung oder Beseitigung im Sinne der §§ 3 und 5 dieses Gesetzes) aufzuerlegen.

62

Diese Zielrichtung wird – wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat – auch mit der angefochtenen Verfügung verfolgt. Sie ist nicht darauf gerichtet, die Klägerin als "Nichterzeugerin oder Nichtbesitzerin" von Abfällen deren Beseitigung im Sinne des KrW-/AbfG aufzugeben. Vielmehr knüpft sie an eine der Beseitigung im Sinne des KrW-/AbfG vorgelagerte Tätigkeit, nämlich die Ablagerung in der Kiesgrube, an mit dem Ziel der Entfernung dieser Abfälle aus der Kiesgrube, um sie so einer Zwischenlagerung und späteren ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen, zu der es dann gegebenenfalls weiterer, auf § 21 KrW/AbfG gestützter Verfügungen der hierfür örtlich und sachlich zuständigen Behörde bedarf.

63

Steht demnach das KrW/AbfG einer Anwendung der §§ 17 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 3 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage für Einzelfallanordnungen zur Gefahrenabwehr bei rechtswidriger Abfallentsorgung hier nicht entgegen, so hat das Verwaltungsgericht im Übrigen das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 LAbfWG, insbesondere das Vorliegen einer rechtswidrigen Abfallentsorgung im Sinne dieser Vorschrift, zutreffend bejaht. Da die Klägerin diese Feststellungen im Berufungsverfahren nicht angegriffen hat, kann insoweit auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden.

64

II. Es begegnet des Weiteren keinen rechtlichen Bedenken, dass der Beklagte die Klägerin als Verantwortliche für die rechtswidrige Ablagerung geschredderter Siedlungsabfälle in der Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) angesehen hat.

65

Ist – wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat – davon auszugehen, dass es sich bei § 17 Abs. 1 LAbfWG um eine (bundesrechtlich nicht gesperrte) Regelung zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet des Abfallrechts handelt, so richtet sich die Frage, wer richtiger Adressat einer auf diese Vorschrift gestützten Verfügung ist, nach den Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts zur Verantwortlichkeit für die Beseitigung von Gefahren. Die Orientierung am gefahrenabwehrrechtlichen Störerbegriff kommt – worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat – bereits im Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 LAbfWG zum Ausdruck ("wer rechtswidrig Abfälle entsorgt, ist zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands verpflichtet"). Zugleich wird aus der Zusammenschau mit § 17 Abs. 1 Satz 2 LAbfWG, der lediglich zur Anordnung der "Beseitigung des rechtswidrigen Zustands" ermächtigt, deutlich, dass mit dem Begriff der "rechtswidrigen Abfallentsorgung" in Satz 1 nicht eine Abfallentsorgung (im Wege der Verwertung oder Beseitigung von Abfällen) im Sinne von § 3 Abs. 7 KrW-/AbfG gemeint ist, sondern das schlichte Sich-Entledigen von Abfällen. Dementsprechend ermächtigt § 17 Abs. 1 Satz 2 (i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 3) LAbfWG nicht zur Anordnung von Maßnahmen zur Verwertung oder schadlosen Beseitigung von Abfällen im Sinne der §§ 5 und 11 KrW-/AbfG, sondern lediglich zur Rückgängigmachung des in der illegalen Ablagerung von Abfällen liegenden rechtswidrigen Zustandes, indem etwa die Inbesitznahme der Abfälle zum Zwecke der anschließenden Verwertung oder Beseitigung, gegebenenfalls nach Maßgabe auf § 21 KrW-/AbfG gestützter weiterer Verfügungen, angeordnet werden kann. Setzt § 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 LAbfWG somit auf einer der Abfallentsorgung durch Verwertung oder Beseitigung im Sinne des KrW-/AbfG vorgelagerten Stufe an, so kommt es auf die Frage, wer zur "Beseitigung des rechtswidrigen Zustands" als Verantwortlicher in die Pflicht genommen werden kann, nicht auf die Stellung als Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer im Sinne des § 3 Abs. 5 und 6 KrW-/AbfG an; entscheidend ist vielmehr allein, ob die betreffende (natürliche oder juristische) Person nach Maßgabe des polizei- und ordnungsrechtlichen Störerbegriffs für das rechtswidrige Sich-Entledigen von Abfällen verantwortlich gemacht werden kann.

66

Nach Maßgabe der danach anzuwendenden polizei- und ordnungsrechtlichen Grundsätze ist die Klägerin zu Recht als Verantwortliche für die hier unstreitig vorliegende rechtswidrige Abfallablagerung eingestuft worden. Denn sie hat mit der Übernahme der Verantwortung für eine ordnungsgemäße Entsorgung gegenüber ihren Geschäftspartnern sowie mit der verantwortlichen Organisation der Abfalltransporte in die Kiesgrube eine nach polizeirechtlichen Grundsätzen wesentliche Ursache für die rechtswidrige Abfallablagerung gesetzt:  

67

Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Meinung ist die polizeirechtliche Verhaltensverantwortlichkeit nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung zu bestimmen; danach ist (Verhaltens-)Störer diejenige Person, die bei wertender Betrachtung unter Einbeziehung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles durch ihr Verhalten die Gefahrengrenze überschritten und damit die unmittelbare Ursache für den Eintritt der Gefahr gesetzt hat (vgl. z.B. Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, Teil E I., Rn. 77; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, § 9, Rn. 196; Friauf, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1999, S. 147, Rn. 76; Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 4. Aufl. 2007, § 9, Rn. 11 ff.). Dabei liefert die Theorie der unmittelbaren Verursachung selbst keine Maßstäbe für die wertende Betrachtung zur Bestimmung der Gefahrengrenze. Es besteht aber Einigkeit, dass es bei Beteiligung mehrerer Verursacher nicht darauf ankommt, wer zeitlich die letzte Bedingung für den Gefahreneintritt gesetzt hat; im Übrigen besteht auch Übereinstimmung darin, dass derjenige, der nur von einem ihm ausdrücklich eingeräumten oder sonst zustehenden Recht Gebrauch macht und dabei eine Gefahr verursacht, grundsätzlich nicht als Störer in Anspruch genommen werden kann (vgl. Denninger, a.a.O. und Rn. 79, m.w.N.). Anders liegt es in den Fällen des sogenannten Zweckveranlassers: Danach soll derjenige, der – gleichsam als "Hintermann" – das Verhalten des eigentlichen Veranlassers, der eine Gefahr bzw. eine Störung unmittelbar verursacht hat, subjektiv oder objektiv bezweckt hat bzw. derjenige, als Folge von dessen Verhalten sich das Verhalten des unmittelbaren Verursachers zwangsläufig eingestellt hat bzw. dessen Verhalten mit der durch den Verursacher unmittelbar herbeigeführten Gefahr eine "natürliche Einheit" bildet, als "Zweckveranlasser" ebenfalls Störer sein (zusammenfassend und zugleich kritisch dazu: Denninger, a.a.O., Rn. 80 und Pieroth/Schlink/Kniesel, a.a.O., Rn. 27, jeweils m.w.N.; aus der Rechtsprechung: BVerwG, Beschluss vom 12. April 2006 – 7 B 30.06 –, juris, Rn. 4; VGH BW, Urteil vom 22. November 2005 – 10 S 1208/04 –, juris, Rn. 45; OVG NRW, Beschluss vom 11. April 2007 – 7 A 678/07 –, NVwZ-RR 2008, 12 und juris Rn. 4). Die Rechtsfigur des Zweckveranlassers, auf die auch das Verwaltungsgericht abgestellt hat, ist wegen der Unschärfe der Kriterien der "objektiven Bezweckung", des "zwangsläufigen Sich-Einstellens einer Gefahr" sowie der "natürlichen Einheit" Kritik ausgesetzt (vgl. etwa Pieroth/Schlink/Kniesel, a.a.O., Rn. 29; Denninger, a.a.O., Rn. 80). Letztlich besteht aber weitgehende Einigkeit darin, dass das Kriterium der unmittelbaren Verursachung durch Kriterien der Rechts- und Pflichtwidrigkeit eines Verhaltens zu ergänzen und eine Schadens- und Risikozurechnung aufgrund eines Rechtswidrigkeitsurteils vorzunehmen ist, um im Rahmen einer wertenden Betrachtung zu bestimmen, welche von mehreren ursächlichen Handlungen (ggf. auch) die Gefahrenschwelle überschritten hat und damit die Polizeipflichtigkeit nach sich zieht (vgl. z.B.: Denninger, a.a.O., Rn. 81; Pieroth/Schlink/Kniesel, a.a.O., Rn. 19; Götz, a.a.O., Rn. 198 f.; jeweils m.w.N.). Eine solche wertende Betrachtung unter Berücksichtigung von Rechts- und Pflichtwidrigkeitskriterien nimmt auch die Rechtsprechung vielfach vor (vgl. die Rechtsprechungsbeispiele bei Denninger, a.a.O., Rn. 81, sowie OVG NRW, Beschluss vom 9. November 2010 – 5 B 1475/10 –, NWVBl. 2011, 108 und juris, Rn. 9).

68

Aufgrund der danach gebotenen wertenden Betrachtung unter Berücksichtigung von Kriterien der Rechts- und Pflichtwidrigkeit ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihrem Verhalten bei der Anbahnung und Abwicklung ihrer geschäftlichen Beziehungen zur Beigeladenen zu 4.) einerseits und zu den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) andererseits die Gefahrenschwelle überschritten hat und deshalb für die rechtswidrige Abfallablagerung (mit-)verantwortlich ist. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob sich die Klägerin selbst als bloße Abfallmaklerin im Sinne von § 50 KrW-/AbfG betrachtet hat und ob ihr Verhalten einem branchenüblichen Geschäftsgebaren auch bei der bloßen Vermittlung von Abfallverbringungen im Sinne dieser Vorschrift entsprach. Entscheidend ist vielmehr, ob die Klägerin über die bloße Vermittlung einer Abfallentsorgungsmöglichkeit hinaus die ordnungsgemäße Entsorgung des Materials zugesagt hat und für die Geeignetheit des anzuliefernden Materials zur Verfüllung in der Kiesgrube einstehen wollte, den sich daraus ergebenden Kontroll- und Überwachungspflichten aber nicht nachgekommen ist. Dies ist aufgrund der sich aus den Verwaltungsakten ergebenden vertraglichen Beziehungen der Beteiligten und ihrer konkreten Abwicklung zu bejahen:  

69

So haben sich zunächst die geschäftlichen Beziehungen der Klägerin zur Beigeladenen zu 4.) nicht in der bloßen Vermittlung von Gelegenheiten, durch Dritte Materialien zur Verfüllung der Kiesgrube zu erhalten, erschöpft. Die Geschäftsbeziehungen der Klägerin zur Beigeladenen zu 4.) wurden von der Klägerin angebahnt, nachdem diese – wie ihr Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung des Senats ausgeführt hat – aufgrund einer Marktrecherche darauf aufmerksam geworden war, dass in der Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) "auch mineralische Produkte angenommen werden". Nach vorherigen wohl telefonischen Kontakten und der Zurverfügungstellung von Materialproben und -analysen hat die Klägerin der Beigeladenen zu 4.) mit Schreiben vom 17. September 2007 (vgl. Widerspruchsakte, Bl. 27) die regelmäßige Lieferung ("liefern wir") von "Siebsanden aus der mechanischen Sortierung von Baumischabfällen" angeboten. Dabei hat sie auf eine bestimmte, sich aus den zuvor übersandten Probenanalysen ergebende Materialqualität verwiesen und zugesagt, die Materialqualität "laufend überwachen" und in regelmäßigen Abständen durch Vorlage einer Kontrollanalyse belegen zu wollen. Als Anlage zu diesem Schreiben hat sie der Beigeladenen zu 4.) zudem die Kopie eines Zertifikats, das sie als Entsorgungsfachbetrieb auswies, übersandt. Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Klägerin der wasserrechtliche Genehmigungsbescheid i.d.F. vom 4. November 2002 mit seinen Nebenbestimmungen, aus denen sich die Qualitätsanforderungen an das zur Verfüllung allein zugelassene Material ("Bodenaushub") und die dabei mindestens einzuhaltenden Schadstoffgrenzwerte ergaben, jedenfalls dem Inhalt nach bekannt war. Dabei kann offenbleiben, ob der Klägerin im August 2007 eine Kopie des Bescheides übermittelt oder ihr zu diesem Zeitpunkt die Verfüllungsbedingungen lediglich durch einen fachkundigen Mitarbeiter der Beigeladenen zu 4.) erläutert worden waren. Als zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb konnte sie jedenfalls erkennen, dass es sich bei den ihr von den Beigeladenen zu 1.) bis 3.) übermittelten Materialproben aus Sandhalden nicht um "Bodenaushub" handelte und zudem die in den Analyseberichten der Labors A-Tec und B ausgewiesenen Schadstoffbelastungen die bei der Kiesgrubenverfüllung einzuhaltenden Grenzwerte zum Teil erheblich überschritten. Soweit die Klägerin – was nicht abschließend geklärt ist – die Beigeladene zu 4.) im August 2007 veranlasst haben will, bei der SGD Nord unter Vorlage einer Materialprobe eine zustimmende fachbehördliche Stellungnahme einzuholen, hat sie jedenfalls eine solche Stellungnahme – die im Übrigen nie erteilt wurde – nicht abgewartet. Stattdessen hat sie, nachdem die Beigeladene zu 4.) mit Schreiben vom 27. September 2007 (vgl. Widerspruchsakte, Bl. 28) ihr gegenüber die "Annahme des oben genannten mineralischen Materials auf unserer Deponie" erklärt und dabei die Vereinbarung, dass die Klägerin "für eine gleichbleibende Materialqualität Sorge tragen und dieses mit regelmäßigen Kontrollanalysen vierteljährlich dokumentieren" werde, bestätigt hatte, diese mit Schreiben vom 26. November 2007 (vgl. Widerspruchsakte, Bl. 25) veranlasst, gegenüber der Firma W. und den Beigeladenen zu 2.) und 3.) Annahmeerklärungen für Lieferungen von Siebsand zu versenden ("wir benötigen für folgende Lieferanten …"). Die daraufhin von der Beigeladenen zu 4.) versandten Annahmeerklärungen wurden von den Empfängern offenbar als eine Art "Unbedenklichkeitsbescheinigung" hinsichtlich der Geeignetheit des zur Verfügung gestellten Materials zur Verfüllung der Kiesgrube aufgefasst. Aus alledem ergibt sich, dass die Klägerin der Beigeladenen zu 4.) über die Vermittlung von Materiallieferungen zur Kiesgrubenverfüllung hinaus unter Hinweis auf ihre Fachkunde und in Kenntnis der Nebenbestimmungen der wasserrechtlichen Genehmigung eine bestimmte Qualität des gelieferten Materials sowie dessen kontinuierliche Überwachung zugesagt hat, obwohl sie erkennen musste, dass das aus den Betrieben der Firma W. und der Beigeladenen zu 2.) bis 3.) stammende Material von vornherein zur Verfüllung in der Kiesgrube nicht zugelassen war. Schon durch dieses pflichtwidrige Verhalten hat sie die Gefahrgrenze überschritten. Bestätigt wird die über die Stellung einer bloßen Vermittlerin hinausgehende Geschäftsbeteiligung der Klägerin auch dadurch, dass sie von der Beigeladenen zu 4.) kein Vermittlungshonorar erhalten hat, sondern umgekehrt selbst ein Entgelt für die Entgegennahme von Abfalllieferungen zahlen musste (vgl. die von der Beigeladenen zu 4.) an die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 14. September 2007 und dem 22. Februar 2008 gerichteten Rechnungen über "Kippgebühren" für "Materiallieferungen" in Form von "Siebsand, Grünschnitt und Mineralgemisch", Widerspruchsakte, Bl. 29 bis 58).

70

Aber auch die geschäftlichen Beziehungen der Klägerin zur Firma W. und  den Beigeladenen zu 2.) bis 3.) entsprechen nicht dem Bild einer bloßen Beziehung zwischen einer Abfallmaklerin und Dritten, denen lediglich Abfallverbringungen vermittelt wurden:

71

So hat zunächst die Beigeladene zu 3.) der Klägerin mit Schreiben vom 7. September 2007 (vgl. Verwaltungsakte Band III, Bl. 289) den an letzterer erteilten Auftrag wie folgt bestätigt: "Abholung von Mineralien mit der AVV-Schlüsselnummer 191209 zu einem Preis von 23,00 €/t inklusive Frachtkosten". Zugleich hat die Beigeladene zu 3.) die Erwartung geäußert, dass die Klägerin ihr eine "ordnungsgemäße Entsorgung" zusichern solle, und sie hat in diesem Zusammenhang um die Übersendung einer Zertifizierungsurkunde der Klägerin gebeten. Das daraufhin von der Klägerin an die Beigeladene zu 3.) übersandte Schreiben vom 10. September 2007 (vgl. Verwaltungsakte Band III, Bl. 288) beschränkte sich auf einen Dank für die "Auftragsbestätigung" und die Übersendung einer Kopie des gewünschten Zertifikats als Entsorgungsfachbetrieb.

72

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2007 (vgl. Verwaltungsakte Band III, Bl. 294) hat die Klägerin sodann der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. mitgeteilt, "nachdem wir die von Ihnen übernommene Siebsandfraktion seit nunmehr 4 Wochen zu unserem Verwerter geliefert haben, können wir Ihnen die dauerhafte Annahme verbindlich zusagen, da wir keine Qualitätsschwankungen über den vorgenannten Zeitraum feststellen konnten." In der Folgezeit sollte die Anlieferung der Mengen durch die Firma W. direkt zur Beigeladenen zu 4.) erfolgen, die Abrechnung aber weiterhin im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Firma W. durchgeführt werden. Hierzu waren der Klägerin die Wiegebelege zu übermitteln.

73

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 (Verwaltungsakte Band III, Bl. 280) sagte die Klägerin schließlich der Beigeladenen zu 2.) zu, dass die bei dieser anfallenden Siebsande als Mineralgemisch mit der Abfallnummer 191209 zur Beigeladenen zu 4.) verbracht werden könnten. Sodann wurden Preisvereinbarungen für die Lieferung "frei Anlage S." und "ab Station" getroffen.

74

Entsprechend einer von der Klägerin etwa im Schreiben vom 3. Dezember 2007 gegenüber der Beigeladenen zu 2.) zugesagten Annahme der Abfälle "zu unserem Betriebsstandort H.-J.-Straße …, K." wurden jedenfalls die von den Beigeladenen zu 2.) und 3.) angelieferten Materialien nicht von diesen oder in deren Auftrag von Transportunternehmen direkt zur Kiesgrube geliefert, sondern zunächst zum Betriebsstandort der Klägerin gebracht. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang am Betriebsstandort der Klägerin tatsächlich Verwiegungen der LKW-Ladungen stattgefunden haben und ob darüber hinaus Materialien zumindest teilweise auch umgeladen oder mit anderen Anlieferungen vermischt worden sind - was zwischen den Beteiligten streitig ist –, kann offenbleiben. Entscheidend ist, dass die Klägerin aufgrund der Abwicklung eines Großteils der Materialtransporte zur Beigeladenen zu 4.) über ihren Betriebshof Zugriffs- und Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich der Beschaffenheit und Geeignetheit des Materials zur Kiesgrubenverfüllung hatte, von denen sie aber trotz Zusage einer "ordnungsgemäßen Entsorgung" offenbar keinen Gebrauch gemacht hat.

75

Schließlich belegen die in den Auftragsbestätigungen im Verhältnis zwischen der Klägerin und den Beigeladenen ausgewiesenen "Preise für Lieferung/Abholung von Abfällen" (zwischen 8,50 €/t und 23,00 €/t inklusive Frachtkosten), dass auch in diesen Geschäftsbeziehungen keine Honorare für die bloße Vermittlung von Abfallverbringungen, sondern Entgelte für Entsorgungsleistungen vereinbart wurden.

76

Aus alledem ergibt sich: Die Klägerin hat nicht lediglich als Abfallmaklerin Abfallverbringungen Dritter zur Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) vermittelt. Sie ist vielmehr darüber hinaus den anliefernden Firmen für eine ordnungsgemäße Entsorgung der über diese erhaltenen Materialien eingestanden, und sie hat die Abwicklung der Lieferungen weitgehend koordiniert: Im Falle der Beigeladenen zu 2.) und 3.), in dem die Lieferungen über ihren Betriebsstandort in K. als "Drehscheibe" abgewickelt wurden, im Falle der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma, in dem sie zunächst selbst die Transporte übernommen und später die Direktanlieferung zur Kiesgrube veranlasst hat. Aufgrund der eingegangenen vertraglichen  Bindungen und der gegenüber ihren Geschäftspartnern in Anspruch genommenen Fachkunde als Entsorgungsfachbetrieb einerseits, ihrer Kenntnis sowohl der Probenanalysen als auch der nach der Genehmigung vom 4. November 2002 einzuhaltenden Grenzwerte andererseits war die Klägerin verpflichtet, entweder eine abfallrechtskonforme Entsorgung der Materialien sicherzustellen oder aber von der Organisation der Anlieferungen zur Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) Abstand zu nehmen. Diesen Verpflichtungen ist sie nicht nachgekommen, sondern sie hat die Transporte ohne weitere Untersuchungen der jeweiligen Materialbeschaffenheit "einfach laufen lassen". In der Unterlassung gebotener regelmäßiger Kontrollen des Materials, deren Anlieferung sie organisiert hatte, liegt ein pflichtwidriges Verhalten der Klägerin, das – angesichts der mit Abfallablagerungen stets verbundenen Risiken – die Gefahrenschwelle überschritten hat. Infolge dessen ist es zutreffend, dass der Beklagte und ihm folgend das Verwaltungsgericht die Klägerin – jedenfalls neben der Beigeladenen zu 4.) – als weitere, nach gefahrenabwehrrechtlichen Grundsätzen Verhaltensverantwortliche für die rechtswidrige Abfallentsorgung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 LAbfWG eingestuft haben.  

77

III. Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend entschieden, dass die Ermessensentscheidung des Beklagten, ausschließlich die Klägerin zur Entfernung der rechtswidrig abgelagerten Siedlungsabfälle heranzuziehen, nicht zu beanstanden ist.

78

Sowohl die Beschränkung der Adressatenauswahl auf die Klägerin und die Beigeladene zu 4.) (1.) als auch die Entscheidung, statt der Beigeladenen zu 4.) nur die Klägerin zur Entfernung der über 16.000 t Siedlungsabfälle aus der Kiesgrube zu verpflichten (2.), weisen keine Ermessensfehler auf.

79

1. Es begegnet zunächst keinen rechtlichen Bedenken, dass der Beklagte die durch den Beigeladenen zu 1.) vertretene Firma W. sowie die Beigeladenen zu 2.) bis 3.) nicht in seine Störerauswahlentscheidung einbezogen hat.  

80

Mit der Frage, ob neben der Klägerin und der Beigeladenen zu 4.) auch die Firma W. und die Beigeladenen zu 2.) und 3.) in die Störerauswahl einzubeziehen waren, hat sich der Widerspruchsbescheid vom 16. April 2010 auseinandergesetzt. Dabei hat er hinsichtlich der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. darauf abgestellt, dass bei dieser zwar das bei Anwendung des § 17 Abs. 1 LAbfWG für die polizeirechtliche Verantwortlichkeit maßgebliche Unmittelbarkeitserfordernis erfüllt sei, weil diese selbst Transporte im "Streckengeschäft" unmittelbar zur Kiesgrube durchgeführt habe, ihre Heranziehung aber an der inzwischen eingetretenen Insolvenz scheitere. Hinsichtlich der Beigeladenen zu 2.) und 3.) hat der Widerspruchsbescheid darauf verwiesen, dass deren Verantwortlichkeit – anders als diejenige der Klägerin – nicht eindeutig gegeben sei, weil die Klägerin im Gegensatz zu den Beigeladenen zu 2.) und 3.) den Genehmigungsbescheid gekannt habe und daher anhand dessen sowie anhand des angegebenen Abfallschlüssels 191209 und der ihr vorliegenden chemischen Analysen hätte prüfen müssen und erkennen können, dass die Siebsande mangels Bodenaushubcharakters und wegen Überschreitung der zulässigen Schadstoffgrenzwerte nicht in der Kiesgrube hätten entsorgt werden dürfen.  

81

Diese Ermessenserwägungen sind nicht zu beanstanden. Dabei kann offenbleiben, ob die Firma W. und die Beigeladenen zu 2.) und 3.) durch ihr Verhalten ebenfalls bereits die polizeirechtliche Gefahrengrenze überschritten hatten. Zumindest bei der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. liegt dies nahe, weil diese selbst auf Veranlassung der Klägerin Transporte zur Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) durchgeführt hat. Ob und inwieweit auch den Beigeladenen zu 2.) und 3.) ein pflichtwidriges Verhalten im Hinblick auf ihre abfallrechtliche Verantwortung als Erzeuger oder zwischenzeitliche Besitzer von Abfällen, die unter Zwischenschaltung der Klägerin in der Kiesgrube rechtswidrig abgelagert wurden, anzulasten ist, konnte nach Aktenlage nicht abschließend geklärt werden.  

82

Doch selbst wenn man danach eine polizeirechtliche Verantwortlichkeit insbesondere der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. und auch der Beigeladenen zu 2.) und 3.) nicht von vornherein ausschließen kann, spricht der im Widerspruchsbescheid mit angesprochene Gesichtspunkt der Effektivität der Gefahrenabwehr entscheidend für eine vorrangige und alleinige Inanspruchnahme der Klägerin. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass sich die Auswahlentscheidung zwischen mehreren in Betracht kommenden Störern - außer an den Erfordernissen der Verhältnismäßigkeit - insbesondere auch am Gebot der Effektivität der Gefahrenabwehr zu orientieren hat (vgl. z.B. Friauf, a.a.O., S. 161 f., m.w.N.; OVG RP, Urteil vom 16. August 2005 - 8 A 11910/04.OVG -, juris Rn. 20, m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Gefahrenabwehr liegt zunächst auf der Hand, dass eine Inanspruchnahme der durch den Beigeladenen zu 1.) vertretenen Firma W. - wie im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt - wegen deren zwischenzeitlich eingetretener Insolvenz nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist.

83

Für eine mögliche Inanspruchnahme der Beigeladenen zu 2.) und 3.) gilt, dass - wie vom Verwaltungsgericht bereits ausgeführt - die zum Nachweis ihrer eventuellen Mitverantwortlichkeit für die Rechtswidrigkeit der Abfallablagerung erforderlichen, aller Voraussicht nach langwierigen und hinsichtlich der Erfolgsaussichten ungewissen Ermittlungen - etwa zu der Frage, ob gerade das von ihnen angelieferte Material mit Siedlungsabfällen durchsetzt war, ob sie doch die Nebenbestimmungen zur Genehmigung kannten oder sonst Anhaltspunkte für die Unzulässigkeit einer Deponierung in der Kiesgrube bzw. Zweifel an der Zusicherung einer ordnungsgemäßen Entsorgung durch die Klägerin haben mussten - mit dem Gebot einer effektiven Gefahrenabwehr unvereinbar sind. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass den Beigeladenen zu 2.) und 3.) ohnehin allenfalls eine Mitverantwortung im Umfang der jeweils ihnen zuzuordnenden Abfallmengen angelastet werden könnte (vgl. dazu das den Stand der Ermittlungen zur Herkunft der Abfallmengen wiedergebende Schaubild in Band 3 der Verwaltungsakte, Bl. 252). Demgegenüber trifft die Klägerin eine Gesamtverantwortung für die Ablagerung der 16.261 t Siedlungsabfälle, weil sie - wie oben dargelegt - die Entsorgungsmöglichkeit in der Kiesgrube der Beigeladenen zu 4.) ermittelt, den Geschäftskontakt zu dieser und zu den anderen Beigeladenen angebahnt, die Verfüllungsbedingungen gekannt, eine ordnungsgemäße Entsorgung und regelmäßige Kontrollen der Qualität des Materials zugesagt, die Transporte sämtlich organisiert und überwiegend über ihren Betriebsstandort abgewickelt hat.

84

2. Es ist des Weiteren nicht zu beanstanden, dass der Beklagte von einer Heranziehung der Beigeladenen zu 4.) zur Entfernung der 16.261 t Siedlungsabfälle abgesehen und deren Inanspruchnahme auf eine Verpflichtung zur Überwachung des Auslaugverhaltens des Deponats mit weiterem Bescheid vom 20. Oktober 2009 beschränkt hat.

85

Dabei steht außer Zweifel und ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Beigeladene zu 4) schon in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin der betroffenen Grundstücke und Betreiberin der Kiesgrube Zustandsverantwortliche im Sinne des Polizeirechts ist und ihr darüber hinaus auch eine Verhaltensverantwortlichkeit angelastet werden muss. Dies zum einen kraft Zurechnung des Verhaltens ihrer Mitarbeiter, die als weisungsabhängige Verrichtungsgehilfen die Abfälle über die Kippkante der Kiesgrube geschoben und damit die zeitlich letzte kausale Bedingung für den Eintritt der Gefahr gesetzt haben; zum anderen aber auch deshalb, weil sie sich in Kenntnis der Nebenbestimmungen der ihr erteilten wasserrechtlichen Genehmigung auf das Geschäft mit der Anlieferung erkennbar belasteter Siebsande eingelassen und zudem die Qualität des tatsächlich angelieferten Materials vor dem Einbau offenbar nicht einmal optisch kontrolliert hat (vgl. zur Offensichtlichkeit der Durchsetzung der Ablagerung mit Siedlungsabfällen das Foto in Band 4 der Verwaltungsakte, Bl. 206).

86

Der Beklagte hat - wie aus der Begründung sowohl des Ausgangs- als auch des Widerspruchsbescheids ersichtlich - die Störereigenschaft der Beigeladenen zu 4.) durchaus gewürdigt. Er hat sich aber ermessensfehlerfrei für eine alleinige Inanspruchnahme der Klägerin zur Entfernung der Abfälle aus der Kiesgrube entschieden. Denn eine Heranziehung der Beigeladenen zu 4.) anstelle der Klägerin ruft im Hinblick auf das Gebot einer effektiven Gefahrenabwehr Bedenken hervor:

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Anders als die Klägerin handelt es sich bei der Beigeladenen zu 4.) nicht um einen Entsorgungsfachbetrieb; sie verfügt daher unstreitig nicht über das erforderliche Know-How und die Logistik zur Bergung, zum Transport und zur Zwischenlagerung von Materialien, die im Wesentlichen aus mit Bodenaushub vermischten geschredderten Siedlungsabfällen bestehen. Von der Klägerin ist auch nicht bestritten worden, dass die Beigeladene zu 4.) überhaupt nicht über geeignete Flächen verfügt, auf denen Siedlungsabfälle der bei der Bergung anfallenden Menge abfallrechtlich unbedenklich bis zur endgültigen Entsorgung zwischengelagert werden könnten. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin - im Gegensatz zur Beigeladenen zu 4.) - aufgrund ihrer Erfahrungen in der Entsorgungsbranche über die erforderlichen Geschäftsbeziehungen verfügt, um die geborgenen Siedlungsabfälle einer nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zulässigen endgültigen Entsorgung in einer dafür zugelassenen Anlage zuführen zu können. Dies wird im Übrigen durch die von ihr im Streitwertbeschwerdeverfahren 8 E 10839/11.OVG vorgelegten Angebote von Entsorgungsunternehmen bestätigt, die neben dem Aushub und dem Abtransport der Abfälle auch deren Entsorgung umfassen. Schließlich kann im Rahmen einer wertenden Betrachtung der Verursachungsbeitrag der Klägerin gegenüber demjenigen der Beigeladenen zu 4.) aufgrund ihrer Fachkunde als Entsorgungsfachbetrieb, ihrer zentralen Stellung im Entsorgungsgeschehen, ihrer Kontroll- und Einflussmöglichkeiten und der gegenüber ihren Vertragspartnern übernommenen, besonderen Verantwortung keinesfalls als geringer gewichtig angesehen werden.

88

War danach die alleinige Inanspruchnahme der Klägerin im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr angezeigt, so ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte auf deren Heranziehung beschränkt und damit die Klärung einer anteiligen Mithaftung der Beigeladenen zu 4.) sowie eventuell auch der Beigeladenen zu 2.) und 3.) für die Kosten der Entfernung der Siedlungsabfälle einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen diesen Beteiligten überlassen hat.

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IV. Die der Klägerin aufgegebene Entfernung von 16.261 t Siedlungsabfällen aus der Kiesgrube verstößt schließlich auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

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Die Verfügung stößt weder gegen das Übermaßverbot, weil etwa ein zur Zweckerreichung ebenso geeignetes, die Klägerin aber weniger belastendes Mittel gegeben wäre (1.), noch wird der Klägerin eine unverhältnismäßige Trennung von Materialien aufgegeben (2.).; die Inanspruchnahme der Klägerin hat auch keine rechtswidrige Überlastung ihrer Kapazitäten zur Zwischenlagerung des Materials zur Folge (3.).

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1. Die Klägerin kann gegen die angefochtene Verfügung nicht mit Erfolg einwenden, gegenüber der ihr darin aufgegebenen Entfernung des Materials aus der Kiesgrube sei eine Oberflächenabdeckung des Deponats das mildere und nachweislich ebenso wirksame Mittel, um eine Lösung von Schadstoffen durch Eindringen von Sickerwasser zu verhindern. Soweit sie hierzu auf das Gutachten der Dr. T. und P. GmbH vom 27. Februar 2008 (Bd. 2 der Verwaltungsakte, Bl. 302 ff.) verweist, demzufolge die im Feststoff des Deponats vorgefundenen Schadstoffkonzentrationen nur eine geringe Eluierbarkeit aufweisen und ein Eindringen von Sickerwasser durch eine Oberflächenabdeckung in Form einer Lehmschürze ausgeschlossen werden kann, kann offenbleiben, ob die vorgeschlagene Abdeckung - wie das Verwaltungsgericht gemeint hat - wegen der Gefahr seitlichen Eindringens von Sickerwasser nicht ebenso sicher wie eine Abtragung des Materials wäre. Denn es handelt sich bei einer solcher Oberflächenabdeckung schon deshalb nicht um ein ebenso geeignetes, aber milderes Mittel zur Zweckerreichung, weil sie auf einen anderen Zweck gerichtet wäre, als er mit der streitigen Verfügung zulässigerweise angestrebt wird. Da es sich bei den abgelagerten Materialien - wie dargelegt - nach wie vor um Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes handelt, unterfallen sie dem abfallrechtlichen Regime und den sich aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ergebenden Verpflichtungen, primär zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung (§ 5 Abs. 2 und 3 KrW-/AbfG), nachrangig zur gemeinwohlverträglichen Beseitigung (§ 11 Abs. 1 KrW-/AbfG). Diesem Endzweck dient die Verfügung vom 20. Oktober 2009, indem sie auf einer vorgelagerten Stufe die nach gefahrenabwehrrechtlichen Grundsätzen für die illegale Abfallablagerung (mit)verantwortliche Klägerin durch Auferlegung der Entfernung der Abfälle aus der Kiesgrube in die Stellung eines Abfallbesitzers "hineinzwingt", um sie den für Abfallbesitzer geltenden Verpflichtungen zu unterwerfen und so letztlich eine abfallrechtskonforme Entsorgung der Abfälle sicherzustellen. Dieser abfallrechtlichen Zielsetzung kann die bloße Oberflächenabdeckung des Deponats von vornherein nicht dienen. Sie wäre daher nur dann eine Alternative, wenn das Material dem bodenschutzrechtlichen Regime unterläge; nur dann würde sich unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten etwa die Frage nach einer Auskofferung oder bloß wasserdichten Abdeckung des schadstoffbelasteten Bodens stellen.

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Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Abdeckung der Ablagerung im Hinblick auf eine langfristige Abwehr möglicher Gefahren durch Schadstoffverlagerung in die Tiefe für das Grundwasser und den Boden keine ebenso sichere Maßnahme darstellt. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Chemisch-Technischen Laboratoriums H. vom 7. April 2009. Danach haben sich aufgrund der seinerzeit durchgeführten Untersuchungen zwar noch keine Hinweise auf eine maßgebliche Schadstoffverlagerung aus dem Deponat in die Basis hinein ergeben, so dass "gegenwärtig" eine Grundwassergefährdung nicht besteht. Da jedoch der Wasserverbrauch durch den organischen Stoffumsatz nur eine begrenzte Dauer habe, sei "weiterhin Handlungsbedarf hinsichtlich einer Entfernung der Massen gegeben". Mit anderen Worten: Eine Grundwassergefährdung durch Schadstoffverlagerung aus dem Deponat kann langfristig nur durch dessen Entfernung aus der Kiesgrube ausgeschlossen werden. Diese Feststellungen sind von der Klägerin als solche nicht angegriffen worden. Die Verfügung wäre daher selbst dann, wenn man als alternative Maßnahme zur Gefahrenbeseitigung die im Gutachten der Dr. T. und P. GmbH vorgeschlagene Abdeckung mittels einer Lehmschürze in Betracht zöge, nicht als unverhältnismäßig zu beanstanden, weil der Beklagte im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr auf einer endgültigen Abwendung einer Grundwassergefährdung bestehen durfte.

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2. Allein der Umstand, dass die deponierten Siedlungsabfälle - wie die Beigeladene zu 4.) eingeräumt hat - in gewissem (eher geringem) Umfang mit Erdaushub vermischt sind, macht die Verfügung, 16.261 t geschredderte Siedlungsabfälle zu entfernen, nicht unverhältnismäßig. Die Verfügung ist nicht dahin zu verstehen, dass die Klägerin gehalten ist, bei dem Ausbau des abgelagerten Deponats eine Trennung der Materialien vorzunehmen und Erdaushub auszusondern. Wie oben ausgeführt, ändert eine Vermischung von Hausmüll mit Erdreich nichts an der Abfalleigenschaft des entstandenen Gemischs und führt nur dazu, dass - gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Unverhältnismäßigkeit einer Trennung der Materialien - das beigemischte Material mitentfernt werden muss (so etwa BayVGH, Beschluss vom 2. April 1993, a.a.O.). Letzteres erfordert erkennbar keinen unverhältnismäßigen Aufwand.

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3. Schließlich ist auch das Vorbringen der Klägerin, sie würde durch die auferlegte Verpflichtung, 16.261 t Material aus der Kiesgrube entfernen zu müssen, zu einer 203,26-fachen Überlastung ihrer Zwischenlagerkapazitäten und damit zu einem illegalen Anlagenbetrieb gezwungen, nicht stichhaltig:

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Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Klägerin eine Zwischenlagerung der aus der Kiesgrube jeweils per Lkw angelieferten Materialien bei kontinuierlicher Weiterbehandlung bzw. Weiterleitung zum Zwecke endgültiger Entsorgung auch unter Aufrechterhaltung ihres laufenden Geschäftsbetriebs von vornherein nicht möglich sein sollte. Sollten sich bei einer Zwischenlagerung auf ihrem eigenen Betriebsgelände Engpässe abzeichnen, ist es ihr nämlich zuzumuten, sich gegen Entgelt Zwischenlagerkapazitäten bei anderen Entsorgungsfachbetrieben einräumen zu lassen. Im Übrigen ergibt sich aber aus den von der Klägerin im Streitwertbeschwerdeverfahren vorgelegten Angeboten von Entsorgungsfirmen, dass sie offenbar über Geschäftskontrakte zu Unternehmen verfügt, die bereit wären, im Rahmen eines "Komplettangebots" den Aushub der Siedlungsabfälle, deren Abtransport und deren endgültige Entsorgung in einer dafür zugelassenen Anlage durchzuführen. Demzufolge bedarf es ohnehin nicht zwingend einer Inanspruchnahme von Kapazitäten des Betriebs der Klägerin zur Zwischenlagerung der zu entfernenden Siedlungsabfälle.  

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V. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht billigem Ermessen im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.) und 2). aufzuerlegen, da diese mangels eigener Antragstellung selbst kein Kostenrisiko eingegangen sind. Hingegen waren der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3.) und 4.) anzulasten, da diese Beigeladenen Anträge gestellt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen haben.

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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

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B e s c h l u s s

100

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 1.700.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG; zur näheren Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 26. Januar 2012 im Streitwertbeschwerdeverfahren 8 E 10839/11.OVG verwiesen).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.