Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 17. Juni 2015 - 13 A 1072/12
Gericht
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2012 geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 16. August 2010 wird auch zu Ziff. 1 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt die Beklagte.
Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Mitgeschäftsführer und Kommanditist der Domainvermarkter Ltd. & Co. KG. Die Domainvermarkter Ltd. & Co. KG ist Mitglied der DENIC eG (DENIC), hat ihren Sitz in X. und bietet verschiedene Dienstleistungen im Bereich der Domainvermarktung und des Domainhandels an. Die Dienstleistungen und Angebote der Domainvermarkter Ltd. & Co. KG sind derzeit jedenfalls von den Domains www.domainvermarkter.de, www.backorder.de sowie www.domainvermarkterforum.de und www.dvmag.de aus erreichbar.
3Am 1. Juli 2009 registrierte der Kläger bei der DENIC die Domain www.europornshop.de. In der Domaindatenbank war der Kläger sowohl als Administrativer Ansprechpartner (Admin-C) als auch als Domaininhaber (Owner-C) vermerkt. Zugleich war seine Anschrift als Anschrift des Domaininhabers angegeben und in einem weiteren Feld zum Domaininhaber vermerkt „Reservierung im Kundenauftrag – Update folgt“. Zum 26. Mai 2010 wurde die Domain durch den Kläger gekündigt und gelöscht. Die vor Juli 2009 auf einen anderen Inhaber registrierte Domain war bereits mit anderem Inhalt und anderer Gestaltung wegen pornografiebezogenen Verstößen gegen § 4 Abs. 2, § 5 und § 7 Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) Gegenstand eines medienaufsichtlichen Verfahrens im Zuständigkeitsbereich der Medienanstalt Berlin-Brandenburg gewesen, bei dem die Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) sich mit dem Angebot befasst hatte. Dieses Verfahren gelangte u.a. wegen des Wechsels der Registrierung auf den Kläger nicht zu einem Abschluss.
4Während des Zeitraums der Registrierung nutzte der Kläger die Domain soweit ersichtlich zum Domain-Parking durch die Domain-Parking-Anbieterin NameDrive SARL. Durch Verweis der Domain auf die Server der Domain-Parking-Anbieterin gelangten die Aufrufer der Domain www.europornshop.de auf eine Parkseite, auf welcher Verlinkungen auf andere Domains, vorwiegend aus dem Themenbereich Sex, Erotik und Kontakt, angezeigt wurden. Grafisch war die Parkseite durch das Bild einer Frau in Dessous sowie ein Banner aufbereitet. Auf dem Banner fand sich neben der Zahl 18 unter dem Bild einer auf dem Bauch liegenden Frau der Hinweis „Diese Seite enthält Links zu pornografischen Angeboten. Zutritt nur für Personen ab 18 Jahren.“
5Nach Übernahme des Verfahrens durch die nunmehr zuständige Beklagte und Sichtung der Domain wandte die Beklagte sich unter dem 13. Oktober 2009 an den Kläger und wies ihn als Inhaber und Admin-C auf ihn registrierter Domains auf die Erfordernisse des Jugendschutzes, die Problematik von Parkseiten und auf diesen eingebundenen Verlinkungen auf unzureichend geschützte pornografische Angebote sowie die Verantwortlichkeit des Anbieters für verlinkte Inhalte nach den Grundsätzen der Link-Haftung hin. Sie bat ihn in seiner Funktion als Domainvermarkter und aktueller Domain-Inhaber, dafür Sorge zu tragen, dass seine Domains auch bei Nutzung von Parkseiten den Anforderungen des Jugendschutzes entsprechen. All dies bezog die Beklagte auf „die oben aufgeführten Internetseiten“; der Betreff des Schreibens lautete „Überprüfung der Seite www.elite-domina.de und www.thumbworld.de“. Die hier streitige Domain war in dem Schreiben nicht aufgeführt.
6Nach weiteren Sichtungen der Inhalte der Domain www.europornshop.de durch die Beklagte im November 2009 sowie im Januar 2010 kam sie zu der Einschätzung, dass die Angebote durch Verlinkung auf pornografische Inhalte weiterhin gegen Regelungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages verstießen und leitete im Februar 2010 ein Prüfverfahren durch die KJM ein. Dazu dokumentierte sie die Sichtungen durch Bildschirmkamera-Verfahren, verschriftlichte einzelne Pfadbeschreibungen zu Beispielen einfacher Pornografie und übermittelte dies mit einer ausführlichen „Vorlage für die KJM-Prüfgruppe Telemedien“ unter dem 1. April 2010 an die KJM. Sie schlug vor, wegen Verstößen gegen § 4 Abs. 2 und § 7 JMStV gegenüber dem Anbieter ein ordnungsrechtliches Verfahren (Untersagung) gemäß § 20 Abs. 1, Abs. 4 JMStV i.V.m. § 59 Abs. 2 bis 4 RStV sowie ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten. Nach Live-Sichtung des Angebots in einer Präsenzprüfung kam eine Prüfgruppe der KJM im April 2010 zu dem Schluss, dass das Angebot der Domain gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 JMStV und § 7 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und Abs. 4 JMStV verstoße.
7Durch Anhörungsschreiben vom 21. Juni 2010 setzte die Beklagte den Kläger von dem Prüfergebnis der KJM in Kenntnis und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Kläger teilte der Beklagten mit, dass die Domainvermarkter Ltd. & Co. KG nicht Eigentümerin der Domain gewesen sei. Diese sei von einem Kunden reserviert worden. Aus seiner Funktion als Admin-C erwachse keine Haftung. Zudem sei die Domain zwischenzeitlich gelöscht worden.
8Nach Prüfung und Beschlussfassung durch einen KJM-Prüfausschuss auf der Grundlage einer unter dem 9. Juli 2010 von der Beklagten übersandten Beschlussvorlage beanstandete die Beklagte durch Bescheid vom 16. August 2010 gegenüber dem Kläger das Internetangebot www.europornshop.de wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 JMStV und § 7 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und Abs. 4 JMStV (Ziff. 1) und setzte neben der Kostenentscheidung zulasten des Klägers (Ziff. 2) zugleich eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 750,00 Euro fest (Ziff. 3). In den Gründen des Bescheides führte die Beklagte im Wesentlichen aus: Das Internetangebot www.europornshop.de, eine redaktionell bearbeitete Parkseite, habe in der Zeit vom 8. Januar 2010 bis 21. April 2010 immer wieder im frei zugänglichen Bereich ohne ausreichende Altersverifikation auf Darstellungen verlinkt, die nach den zu § 184 StGB von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien als pornografisch zu bewerten gewesen seien. Dies habe einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV dargestellt. Insoweit wird im Einzelnen auf die textlichen Pfadbeschreibungen im Bescheid vom 16. August 2010 Bezug genommen. Die Beklagte führte weiter aus, der Anbieter des Internetangebots www.europornshop.de sei für die unzulässigen Inhalte verantwortlich gewesen. Dabei sei unerheblich gewesen, dass die verlinkten Inhalte auf einem Fremd-Angebot gelegen hätten und nur über die Verlinkung zugänglich gemacht worden seien. Die Verlinkung zu den in Rede stehenden Drittangeboten sei direkt in die Website des Anbieters eingebunden gewesen; die Inhalte der verlinkten Seiten seien beschrieben und via Screenshot angepriesen worden, womit sich der linksetzende Anbieter nach außen erkennbar mit den verlinkten Inhalten identifiziert habe. Nach den insoweit einschlägigen Grundsätzen der Linkhaftung sei unter Berücksichtigung der Gesamtgestaltung des Angebots von einem Zueigenmachen der Fremdinhalte auszugehen mit der Folge, dass eine unmittelbare Verantwortlichkeit zu bejahen gewesen sei. Hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Klägers sei festzustellen, dass – wenn auch mit Hinweis auf die Reservierung der Domain – die Domainvermarkter Ltd. & Co. KG, Christoph Grüneberg, auch als Domaininhaber bei der DENIC registriert gewesen sei. Unabhängig davon sei aus Sicht der KJM auch eine Verantwortlichkeit des registrierten Admin-C, also des Klägers, für die inhaltliche Ausgestaltung der Seite gegeben gewesen. Laut Punkt VIII der DENIC-Domainrichtlinien sei dieser als Bevollmächtigter des Domain-Inhabers berechtigt und verpflichtet, sämtliche die Domain betreffenden Angelegenheiten verbindlich zu entscheiden. Da die DENIC-Domainrichtlinien nicht zwischen dem Inhalt der Seite und dem Domain-Namen unterschieden, bestünden auch Prüfpflichten in Bezug auf die online gestellten Inhalte der Seiten. Eine geschlossene Benutzergruppe nach § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV sei nicht gegeben gewesen, da von Seiten des Anbieters nicht sichergestellt worden sei, dass die Inhalte nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Der Anbieter habe kein Altersverifikationssystem (AVS) verwendet. Die über die Verlinkungen aufrufbaren unzulässigen Inhalte im Member-Bereich seien durch Angabe von Name, Adresse, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum und Kreditkartendaten aufrufbar gewesen. Dieser Zugang sei als nicht ausreichend im Sinne der gesetzlichen Anforderungen und der Eckwerte der KJM einzustufen, da eine Altersüberprüfung nicht stattgefunden habe. Ein Jugendschutzbeauftragter sei zu keinem Zeitpunkt benannt gewesen. Jedenfalls habe das Angebot zu keinem Sichtungszeitpunkt einen entsprechenden Hinweis enthalten und somit gegen § 7 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und Abs. 4 JMStV verstoßen.
9In dem auf dem gleichen Sachverhalt gründenden Ordnungswidrigkeitenverfahren erließ die Beklagte nach Anhörung des Klägers und Entscheidung der KJM im Oktober 2010 einen Bußgeldbescheid, in dem sie ein Bußgeld von 3500,00 Euro wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 JMStV und von 350,00 Euro für den Verstoß gegen § 7 JMStV gegen den Kläger verhängte. Dieses Ordnungswidrigkeitenverfahren ist nach dem Einspruch des Klägers beim Amtsgericht Düsseldorf wegen Verfolgungsverjährung eingestellt worden.
10Der Kläger hat gegen den am 18. August 2010 zugestellten Bescheid vom 16. August 2010 am 17. September 2010 Klage erhoben.
11Zur Begründung der Klage hat er ergänzend zu seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen ausgeführt: Er sei nicht Anbieter der gegen die Regelungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages verstoßenden Inhalte gewesen. Er habe die Parkseite und die Werbelinks nicht bearbeitet. Die Domain sei durch einen Dienst ohne sein Zutun in die Parkseite eingebunden worden. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass sich auf den beworbenen Websites erotische Inhalte befunden hätten. Zudem habe es zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 16. August 2010 keinen – von § 59 RStV aber vorausgesetzten – Verstoß mehr gegeben, da die Domain am 26. Mai 2010 gelöscht worden sei. Im Übrigen sei eine Beanstandung ein untaugliches Mittel zur Beseitigung eines Verstoßes. § 59 Abs. 3 Satz 2 RStV sehe ausschließlich Untersagung und Sperrung vor. Beanstandungen seien ausschließlich in den Vorschriften zum Rundfunk geregelt, nicht jedoch in Bezug auf Telemedien. Hinsichtlich der Kosten sei auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 23. August 2011 (1 A 2903/10) zu verweisen. Schließlich sei er nicht ordnungsgemäß angehört worden. Das Schreiben der Beklagten vom 21. Juli 2010 erfülle nicht im Mindesten die Anforderungen aus § 28 VwVfG NRW. Im Besonderen sei ihm nicht mitgeteilt worden, ob es sich um ein Straf-, OWiG- oder VwVfG-Verfahren handele.
12Der Kläger hat beantragt,
13den Bescheid der Beklagten vom 16. August 2010 aufzuheben.
14Die Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie hat ergänzend zu den Gründen des angegriffenen Bescheides im Wesentlichen ausgeführt: Der Begriff des Anbieters im Sinne des § 20 Abs. 4 JMStV i. V. m. § 3 Abs. 2 JMStV sei im Sinne eines effektiven Jugendschutzes weit auszulegen. Anbieter sei auch derjenige, der Internetnutzern über seine Webseite Zugang zu den Inhalten anderer Anbieter vermittle. Der Kläger verschaffe Internetnutzern auf der Parkseite Zugang zu pornografischen Angeboten. Indem er Hyperlinks zu diesen Angeboten gesetzt habe bzw. habe setzen lassen, habe er sich diese Inhalte zu eigen gemacht und hafte für diese in der Folge wie für unmittelbar eigene Inhalte. Woher ein Anbieter die durch ihn verlinkten oder anderweitig bereitgestellten Informationen beziehe, sei ohne Belang. Wer als für den Inhalt einer Webseite Verantwortlicher einen Parking-Dienst beauftrage, sei verpflichtet, sicherzustellen, dass die auf diesem Wege und seine Veranlassung hin bereitgestellten Inhalte den Anforderungen des Jugendmedienschutzes entsprächen. Ebenso wenig komme es darauf an, ob dem Kläger an den verlinkten Inhalten Rechte zustünden oder er auf deren Gestaltung Einfluss nehmen könne. Ob es dem Kläger bewusst gewesen sei, welche Inhalte über die von ihm gehaltene Domain erreichbar gewesen seien, sei unerheblich.
17Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 20. März 2012 die Kostenentscheidung und die Gebührenfestsetzung in den Ziff. 2 und 3 des angegriffenen Bescheides aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die in Ziff. 1 des Bescheides erfolgte Beanstandung des Internet-Angebotes des Klägers sei im Hinblick auf einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 sowie § 7 JMStV rechtmäßig. Das Internetangebot www.europornshop.de habe auf die Domain www.erotikfieber.com verlinkt, ohne dass dort eine wirksame Altersverifikation vorhanden gewesen sei; die erforderliche Anmeldung u. a. mit Kreditkartendaten sei insofern nicht ausreichend. Der Kläger sei bei der erforderlichen weiten Auslegung auch Anbieter im Sinne des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages, da die Domain auf ihn als Inhaber registriert gewesen sei; der Hinweis „Reservierung im Kundenauftrag“ stehe nicht entgegen, da allein der Kläger die Möglichkeit der Gestaltung der Inhalte der Domain gehabt habe, welche er durch den Verweis auf die Parkseite genutzt habe. Auch unter den Gegebenheiten der Nutzung von Parkseiten seien die dort vorhandenen Inhalte und Werbe-Links dem Kläger als Anbieter zuzurechnen, weil der Inhalt der Werbung weder zufällig sei noch im Belieben des Domain-Parking-Systems stehe. Nach den Grundsätzen der Link-Haftung seien die pornografischen Inhalte auf den verlinkten Seiten dem Kläger auch zuzurechnen, da nach der Gestaltung der Seite mit Screenshot und Beschreibung der verlinkten Seite der Kläger sich diese Inhalte zu eigen gemacht habe. Auch ein Verstoß gegen die Pflicht zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten nach § 7 JMStV sei gegeben gewesen. Die erfolgte Beanstandung sei, unabhängig vom Wissen des Klägers über die verlinkten pornografischen Inhalte oder dem Umstand, dass die Domain www.europornshop.de im Zeitpunkt des Bescheiderlasses nicht mehr auf den Kläger registriert gewesen sei, ermessensfehlerfrei.
18Die Kostenentscheidung und die Gebührenfestsetzung in Ziff. 2 und 3 des angegriffenen Bescheides seien rechtswidrig. § 35 Abs. 11 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) i.V.m. der Kostensatzung sei ebenso wenig anwendbar wie § 116 Abs. 2 Landesmediengesetz (LMG) NRW i.V.m. der entsprechenden Gebührensatzung.
19Der Kläger und die Beklagte haben die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.
20Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger im Wesentlichen geltend: Die dem Bescheid zugrunde liegende Entscheidung der KJM sei schon verfahrensfehlerhaft. Das von den Prüfausschüssen häufig – und so auch hier – praktizierte Verfahren der getrennten Übersendung einer auf das Ankreuzen eines vorgedruckten Kästchens reduzierten Fax-Antwort jedes Mitglieds des Prüfausschusses erfülle nicht die rechtlichen Anforderungen an eine Gremienentscheidung, sondern stelle sich als Summe parallelisierter Einzelentscheidungen dar. Weiter habe der Ausschuss keine eigene Begründung für seine Entscheidung abgegeben, sondern lediglich der Beschlussempfehlung der Beklagten zugestimmt, was nicht ausreiche. Diese Verfahrensfehler seien weder nach § 45 VwVfG NRW heilbar noch unbeachtlich.
21Zudem sei die Beanstandung in Ziff. 1 des Bescheids rechtswidrig, da ihr die Rechtsgrundlage fehle. § 20 Abs. 1 und Abs. 4 JMStV i.V.m. § 59 Abs. 3 RStV seien nicht einschlägig. Das Verwaltungsgericht Hamburg habe dies im Urteil vom 29. Februar 2012 – 9 K 138/09 –, juris Rn. 47 ff., entschieden, woraus der Kläger zur Begründung ausführlich zitiert: § 20 Abs. 1 JMStV reiche als Ermächtigungsgrundlage nicht aus, sondern sei nach dem systematischen Zusammenhang als Zuständigkeitsregelung einzuordnen. Deshalb sei über den für Telemedien geltenden § 20 Abs. 4 JMStV auf § 59 Abs. 3 RStV verwiesen, welcher nach seinem Satz 1 jedoch nur zu „zur Beseitigung des Verstoßes erforderlichen Maßnahmen“ ermächtige. Hiernach müsse die dem Adressaten der Verfügung aufgegebene Handlung oder Unterlassung dazu führen, dass bei ihrer Erfüllung ein rechtskonformer Zustand herbeigeführt und der Verstoß gegen die Bestimmungen des Jugendschutzrechts beendet wird. Eine solche Wirkung komme bei einer isolierten Feststellung eines Verstoßes und einer Beanstandung jedoch nicht in Betracht. Anders als im Fall von Jugendschutz-Verstößen im Bereich des Rundfunks sei die Feststellung solcher Verstöße bei nicht der Zulassung bedürftigen Telemedien nicht erforderlich, weil solche Beanstandungen nicht für den späteren Entzug einer bestehenden oder die Erteilung einer Zulassung relevant sein könnten. Auch im Hinblick auf eine Dokumentation von Rechtsverstößen für etwaige künftige Verstöße bestehe für einen feststellenden Verwaltungsakt im Anwendungsbereich des §§ 59 Abs. 3 und 4 RStV keine Rechtsgrundlage.
22Der Kläger beantragt,
23das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2012 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 16. August 2010 auch zu Ziff. 1 aufzuheben
24sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
25Die Beklagte beantragt,
26das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2012 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen
27sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
28Zur Berufung des Klägers führt sie im Wesentlichen aus: Die gerügten Verfahrensfehler in Bezug auf das gewählte schriftliche Verfahren des Prüfausschusses sowie eine fehlende Begründung der KJM lägen nicht vor. Der Beschlussfassungs-Modus des Prüfausschusses widerspreche nicht den gesetzlichen Vorschriften und erfülle unter Beachtung der Anforderungen der Praxis die Standards für eine Gremienentscheidung. Der Beschluss des Prüfausschusses habe mit der Bezugnahme auf die Beschlussempfehlung der Beklagten und die Prüfbegründung der Prüfgruppe der KJM den Anforderungen der für die KJM geltenden Rechtsvorschriften entsprochen. Weitergehende Anforderungen, die der Kläger auf vereinzelte Entscheidungen von Verwaltungsgerichten stütze, würden den Anforderungen der Praxis der Medienaufsicht nicht gerecht, weshalb sie auch in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte weitgehend nicht geteilt würden.
29Die Beanstandung gehöre zu den üblichen Instrumenten der medienrechtlichen Aufsicht und sei auch nach § 59 Abs. 3 RStV – wenn auch nicht ausdrücklich genannt, aber wegen des Wortlauts („insbesondere“) auch nicht ausgeschlossen – zulässig, da die dortige Aufzählung nicht abschließend sei. Die medienrechtliche Beanstandung sei ein Hinweis auf den festgestellten, in der Vergangenheit begangenen Rechtsverstoß mit dem Ziel, dem Adressaten mit Nachdruck sein rechtswidriges Verhalten vor Augen zu führen und ihm das entsprechende Unrechtsbewusstsein zu vermitteln; auf diesem Wege solle künftig rechtskonformes, dem Jugendschutz entsprechendes Verhalten gesichert werden, womit auch vergleichbare Rechtsverletzungen verhindert werden sollten. Genau im Hinblick auf dieses Ziel sei die erfolgte Beanstandung verhältnismäßig, weil beim Kläger als Betreiber weiterer vergleichbarer Angebote eine gesteigerte Notwendigkeit bestanden habe, ihn auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens in diesem Einzelfall hinzuweisen, um sein künftiges Verhalten zu beeinflussen. Der Streitfall in der vom Kläger angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg sei von dem hiesigen schon in tatsächlicher Hinsicht wesentlich verschieden, da der Kläger dort zum einen nur Admin-C des beanstandeten Angebots gewesen sei und zum anderen aufgrund einer Aufgabe dieser Tätigkeit jedwede Befugnis bzw. Möglichkeit einer inhaltlichen Abänderung des Angebots verloren gehabt habe. Besondere Gründe, dem Kläger sein rechtswidriges Verhalten auch zukunftsbezogen vor Augen zu führen, wie sie hier wegen der Eigenschaft des Klägers als professionellem Domainvermarkter, welcher eine Vielzahl weiterer Domains, unter ihnen auch Parkseiten, betreibe, seien in Bezug auf den Kläger im Fall des Verwaltungsgerichts Hamburg nicht benannt worden. Auch der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Hamburg sei entgegenzutreten: Es sei nicht richtig, dass ein präventives Vorgehen gegen einen Telemedienanbieter nach § 20 Abs. 1 und 4 JMStV, § 59 Abs. 3 RStV ausgeschlossen sei. Im Bereich der Gefahrenabwehr sei präventives Vorgehen ein legitimer Zweck, insbesondere wenn – wie hier – ein festgestellter Verstoß zugrundeliege und auf dieser Grundlage der Zweck verfolgt werde, auch zukünftige Rechtsverstöße zu vermeiden. Auch der Wortlaut des § 59 Abs. 3 RStV, der von zur Beseitigung des Verstoßes erforderlichen Maßnahmen spricht, stehe nicht gegen. Abgesehen davon, dass die Beanstandung insofern als Maßnahme anerkannt sei, gebiete gerade die auf dauerhafte Beseitigung von Verstößen gerichtete Zielsetzung auch bei beendetem Verstoß eine Maßnahme mit Blick auf künftiges Verhalten des Anbieters, die insbesondere die Wiederaufnahme eines eventuell nur vermeintlich beseitigten Verstoßes verhindere. Zudem sei § 59 Abs. 2 bis 4 RStV gemäß § 20 Abs. 4 JMStV nicht unmittelbar, sondern entsprechend anwendbar. Zuletzt sei es auch eine Frage effektiver Gefahrenabwehr, die diese Auslegung erfordere, da ansonsten zwischen Anbietern und der Medienaufsicht ein „Katz und Maus-Spiel“ mit häufig veränderten Angeboten drohe, was hohen Verwaltungsaufwand durch permanente Sichtung und Vollstreckungsaufwand bedinge. Dies beeinträchtige auch den verfassungsrechtlich gebotenen effektiven Jugendmedienschutz.
30Zur Begründung ihrer eigenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Kostenentscheidung sowie die Gebührenfestsetzung gegen den Kläger lasse sich auf § 35 Abs. 11 RStV i.V.m. der RStV-Kostensatzung (Gebührenverzeichnis Ziff. IV.8.) stützen. Die systematische Stellung von § 35 Abs. 11 RStV im III. Abschnitt des Rundfunkstaatsvertrages stehe dem im Ergebnis nicht entgegen. Dies ergebe sich aus der Gesetzgebungsgeschichte sowie der gesetzgeberischen Absicht, welche hinter der Vorschrift stünde. In der Vergangenheit seien Gebühren für Maßnahmen der Landesmedienanstalten in Zusammenarbeit mit der KJM nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag gegenüber Anbietern von Telemedien auf der Grundlage von § 14 Abs. 9 JMStV i.V.m. der früheren KJM-Kostensatzung erfolgt. Durch den Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag sei § 14 Abs. 9 JMStV jedoch gestrichen worden und § 35 RStV habe seine heutige Gestalt erhalten. Nach der Begründung hierzu aus dem zum Erlass des Änderungsstaatsvertrages führenden Verfahren sollten „die bisherigen Bestimmungen über die Kommission für Jugendmedienschutz in § 14 Abs. 8 bis 10, die die Finanzierung und Personalausstattung sowie den Sitz der KJM betrafen, (…) nunmehr in § 35 des Rundfunkstaatsvertrags enthalten“ sein. Diese Einschätzung werde auch durch die Formulierungen in der RStV-Kostensatzung bestätigt, die z.B. in Ziff. IV.8. des Gebührenverzeichnisses so allgemein gehalten seien, dass sie auch Maßnahmen gegenüber Anbietern von Telemedien umfassen könnten. Unabhängig hiervon könne die Gebührenerhebung auch auf § 116 Abs. 2 LMG NRW i.V.m. der LfM-Gebührensatzung gestützt werden, da Ziff. 11 des Kostenverzeichnisses zu dieser Gebührensatzung mit dort genannten „Maßnahmen gegenüber Anbietern von lokalen, regionalen oder landesweiten Angeboten aufgrund des JMStV“ die Erfassung von bundesweiten Angeboten nicht ausschließe. Selbst wenn man dies anders sehe, sei eine Gebührenfestsetzung aufgrund des Auffangtatbestandes in § 2 Abs. 2 der LfM-Gebührensatzung nicht nach der Rechtsprechung des 9. Senats des Oberverwaltungsgerichts NRW zu dem Auffangtatbestand in der Tarifstelle 30.5 AGT ausgeschlossen, da die Fallkonstellationen nicht vergleichbar seien. Für den Kläger sei es nicht überraschend gewesen, dass er aufgrund des ihn belastenden Bescheides auch einer Gebührenerhebung ausgesetzt werde.
31Der Kläger bezieht sich zur Erwiderung auf die Berufung der Beklagten auf das vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 23. August 2011 – 1 A 2903/10 – und macht geltend, dass ein eventueller Wille beim Erlass von § 35 Abs. 11 RStV, hierbei auch eine Kostenregelung für Tätigkeiten der KJM im Internetbereich zu schaffen, nicht hinreichend umgesetzt worden sei. Die Vorschrift könne deshalb hier nicht als Kostenregelung herangezogen werden.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen. Im Verwaltungsvorgang befinden sich Datenträger, die Camtasia/Bildschirmkamera-Aufzeichnungen zu den bei der Beklagten erfolgten Sichtungen der Domain www.europornshop.de am 28. April 2009, am 14. September 2009, am 25. November 2009, am 8. Januar 2010, am 27. Januar 2010 und am 24. März 2010 sowie der Live-Sichtung der Prüfgruppe der KJM am 21. April 2010 enthalten.
33Entscheidungsgründe:
34Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet (A.). Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet (B.)
35A. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht in Bezug auf Ziff. 1 des Bescheides der Beklagten vom 16. August 2010 abgewiesen. Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Ziff. 1 des Bescheides ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
36I. Als Rechtsgrundlage der in Ziff. 1 des Bescheides enthaltenen Feststellung und Beanstandung eines Verstoßes des vom Kläger verbreiteten Internetangebotes www.europornshop.de gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 des Staatsvertrages über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV) sowie gegen § 7 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und Abs. 4 JMStV kommt allein § 20 Abs. 1, Abs. 4 JMStV i. V. m. § 59 Abs. 3 des Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag – RStV) in Betracht. Auf diese Grundlage hat die Beklagte die Maßnahme im Bescheid auch gestützt.
37Gemäß § 20 Abs. 1 JMStV trifft die zuständige Landesmedienanstalt die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter, wenn sie feststellt, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages verstoßen hat. Für Anbieter von Telemedien trifft nach § 20 Abs. 4 JMStV die zuständige Landesmedienanstalt die jeweilige Entscheidung durch die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) entsprechend § 59 Abs. 2 bis 4 RStV unter Beachtung der Regelungen zur Verantwortlichkeit nach den §§ 7 bis 10 Telemediengesetz (TMG).
38Nach § 59 Abs. 3 RStV gilt: Stellt die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde einen Verstoß gegen die Bestimmungen fest, trifft sie die zur Beseitigung des Verstoßes erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter (Satz 1). Sie kann nach Satz 2 insbesondere Angebote untersagen und deren Sperrung anordnen.
39II. Die hier erfolgte Feststellung und Beanstandung eines Verstoßes, die als einheitliche Maßnahme einer Beanstandung zu verstehen ist, kann dem Grunde nach auf diese Vorschriften gestützt werden.
40Die Beanstandung ist – auch wenn sie anders als die Untersagung oder Sperrung von Angeboten weder in § 20 Abs. 1, Abs. 4 JMStV noch in § 59 Abs. 2 bis Abs. 4 RStV ausdrücklich erwähnt ist – im Grundsatz eine nach diesen Vorschriften zulässige und in der Praxis der Medienaufsicht gängige Maßnahme gegenüber Angeboten im Bereich der Telemedien bei Verstößen gegen Vorschriften des Jugendmedienschutzes oder des Rundfunkstaatsvertrages. Auch wenn sie in § 59 Abs. 3 Satz 2 RStV nicht genannt ist, ist die dortige Aufzählung schon nach dem Wortlaut („insbesondere“) nicht abschließend. Es handelt sich bei der Beanstandung um einen feststellenden Verwaltungsakt mit Eingriffscharakter, durch den ein Rechtsverstoß förmlich festgestellt und missbilligt wird.
41Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 6 B 1.14 –, NVwZ 2014, 1594 ff. = juris Rn. 20; Liesching/Schuster, Jugendschutzrecht, 5. Aufl., 2011, § 20 JMStV Rn. 4, 33; Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., 2015, § 20 JMStV Rn. 22; ohne dies zu problematisieren: OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 13. November 2014 – OVG 11 B 10.12 –, juris Rn. 61 f.; Bay. VGH, Urteile vom 19. September 2013 – 7 B 12.2358 –, DVBl. 2014, 108 ff. = juris, und – 7 B 13.196 –, juris; VG Hamburg, Urteil vom 21. August 2013 – 9 K 1879/12 –, juris Rn. 24, 45; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 16. Dezember 2009 – 14 K 4086/07 –, juris Rn. 30.
42Eine Beanstandung kann – auch ohne die damit häufig verbundene Untersagung unzulässiger Angebote oder Inhalte – insbesondere im Bereich sich schnell oder häufig verändernder Angebote bzw. nur für kurze Zeit vorhandener und deshalb im Zeitpunkt der Beschlussfassung der KJM bzw. des Erlasses einer Maßnahme durch eine Landesmedienanstalt (LMA) bereits nicht mehr gegebener bzw. beendeter Verstöße (wie sie im Bereich der Telemedien nicht selten sind) sinnvoll sein. Sie ist auch bei in der Vergangenheit liegenden Verstößen – wie hier – möglich, jeweils unter der Voraussetzung, dass ihr Zweck noch erreicht werden kann.
43VG Hamburg, Urteil vom 21. August 2013, a. a. O., Rn. 27, 45; VG Karlsruhe, Urteil vom 25. Juli 2012 – 5 K 3496/10 –, MMR 2013, 134 ff. = juris Rn. 41 f.; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 23. April 2007 – 6 K 1243/06.NW –, MMR 2007, 678 f. = juris Rn. 22.
44Die von der Beklagten in Ziff. 1 des Bescheides vom 16. August 2010 getroffene Maßnahme ist allerdings im Hinblick auf die Beanstandung eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 JMStV formell und materiell rechtswidrig (1.); die Beanstandung eines Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und 4 JMStV ist materiell rechtswidrig (2.).
451. Die in Ziff. 1 des Bescheides ausgesprochene Beanstandung eines Verstoßes des vom Kläger verbreiteten Internet-Angebotes www.europornshop.de gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 JMStV ist rechtswidrig, weil es an einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründung des Beschlusses der KJM fehlt (a.) und die konkret erfolgte Beanstandung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt (b.).
46a. Die Beanstandung des Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 JMStV ist formell rechtswidrig, weil es an der den Anforderungen des § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV entsprechenden Begründung der Entscheidung der zu Grunde liegenden Entscheidung KJM fehlt.
47Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 JMStV sind die Beschlüsse der KJM zu begründen. In dieser Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen (Satz 4). Die Beschlüsse der KJM sind gegenüber den anderen Organen der zuständigen Landesmedienanstalt bindend und deren Entscheidungen zu Grunde zu legen (Sätze 5 und 6).
48aa. Bei der Auslegung dieser Vorschriften und zur Ermittlung der Anforderungen an das Begründungserfordernis nach § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV ist das nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag spezifisch ausgestaltete Verhältnis der Landesmedienanstalten und der KJM in den Blick zu nehmen. Danach ist bei der Aufsicht über Telemedien-Angebote die inhaltliche Entscheidung über die Vereinbarkeit von Telemedien-Angeboten mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag und die bei Verstößen zu treffenden Maßnahmen allein der KJM – als Organ der Landesmedienanstalt – zugewiesen (vgl. §§ 14 Abs. 2 Satz 2, 16 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 4 JMStV). Die zuständige Landesmedienanstalt organisiert für die inhaltliche Entscheidung der KJM das Verfahren, ermittelt den Sachverhalt und setzt die Entscheidung der KJM, an die sie inhaltlich und nach der Begründung gebunden ist, nach außen gegenüber dem Anbieter um (§ 17 Abs. 1 Sätze 5 und 6 JMStV).
49Zudem sind die hinter dem Erfordernis der Begründung der KJM gemäß § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV stehenden Zwecke zu berücksichtigen. Das Begründungserfordernis dient zum einen objektiven Zwecken: Es soll die KJM dazu anhalten, den von ihr zu beurteilenden Sachverhalt sorgfältig zu ermitteln und diesen unter Berücksichtigung des Vorbringens des Anbieters in jugendschutzrechtlicher Hinsicht selbst sachverständig zu bewerten. Weiter dient die Begründung der Klarheit für die anderen Organe der zuständigen Landesmedienanstalt, weil diese an die Beschlüsse der KJM gebunden sind und sie einschließlich der Begründung ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen haben. Zugleich dient die Begründung aber auch den Rechten der Anbieter von Telemedien. Das Begründungserfordernis für die KJM wurde ausdrücklich mit Blick auf die(Grund-) Rechte der Betroffenen, die eventuell gegen eine abschließende Entscheidung Rechtsschutz in Anspruch nehmen wollen, in den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag aufgenommen. Der Betroffene bedarf der Begründung, da er ohne Kenntnis der Gründe, auf die die KJM ihre Entscheidung stützt, ein gerichtliches Verfahren nicht sinnvoll führen kann. Die Anbieter haben Anspruch darauf, dass die KJM ihren Beschluss nach ausreichender Kenntnisnahme des zu beurteilenden Angebotes unter Bekanntgabe ihrer wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen begründet. Fehlt eine solche Begründung, schlägt dies auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der zuständigen Landesmedienanstalt durch.
50Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 19. September 2013– 7 B 12.2358 –, a. a. O., Rn. 29 ff.
51Dabei kommt es maßgeblich auf die abschließende Entscheidung der KJM über das Angebot an, entweder durch einen Prüfausschuss (vgl. § 14 Abs. 5 JMStV) oder durch ihr Plenum (§ 17 Abs. 1 JMStV). Eine Begründung zu einer Prüfempfehlung einer Prüfgruppe, welche nicht die Entscheidung bzw. den Beschluss der KJM darstellt, reicht nicht aus.
52Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2015
53– 13 A 1215/12 –.
54Unter Berücksichtigung der Bedingungen der Praxis der Medienaufsicht, des vielfach komplexen und umfangreichen Charakters dieser Prüfungsverfahren sowie der Gegebenheiten einer Gremienentscheidung wird einhellig für die Begründung des Beschlusses der KJM als ausreichend angesehen, wenn diese der von der zuständigen Landesmedienanstalt vorgelegten Beschlussvorlage einschließlich einer darin enthaltenen Begründung des vorgeschlagenen Beschlusses durch Bezugnahme zustimmt. Dann müssen eine solche Bezugnahme bzw. Verweisung und der Wille, sich die Begründung der Beschlussvorlage zu eigen zu machen, aus der Niederschrift über den Beschluss der KJM oder aus sonstigen Unterlagen klar und unmissverständlich hervorgehen.
55Vgl. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 13. November 2014, a. a. O., Rn. 83 f.; Bay. VGH, Urteil vom 19. September 2013 – 7 B 12.2358 –, a. a. O., Rn. 26; VG Hannover, Urteil vom 8. Juli 2014– 7 A 4679/12 –, juris Rn. 56.
56Zudem kann nur dann die Bezugnahme der KJM auf eine Beschlussvorlage der Landesmedienanstalt deren eigene Begründung ersetzen, wenn diese Beschlussvorlage überhaupt eine Begründung für den Beschlussvorschlag enthält und diese Begründung ihrerseits klar und unmissverständlich ist. An letzterem Erfordernis kann es dann fehlen, wenn die Beschlussvorlage wiederum auf andere Vorlagen der Landesmedienanstalt, die Prüfempfehlung der Prüfgruppe der KJM oder sonstige Schriftstücke Bezug nimmt. In diesem Fall besteht nämlich die Gefahr, dass nicht mehr hinreichend eindeutig ist, was die Begründung der Entscheidung der KJM sein soll. Deshalb geht eine verbreitete Auffassung davon aus, dass eine Begründung für einen Beschluss der KJM nicht ausreichend ist, wenn sich diese allein im Wege einer „Kettenverweisung“ ermitteln lässt.
57Vgl. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 13. November 2014, a. a. O., Rn. 84; Bay. VGH, Urteil vom 19. September 2013 – 7 B 12.2358 –, a. a. O., Rn. 26; VG Berlin, Urteil vom 3. Mai 2012 – 27 A 341.06 –, juris Rn. 32 f. (fehlende Entscheidung in der Beschlussvorlage); differenzierend VG Hannover, Urteil vom 8. Juli 2014, a. a. O., juris Rn. 58.
58Unter Berücksichtigung der Zwecke einer Begründung des Beschlusses der KJM ist nach Auffassung des Senats eine Bezugnahme auf eine Beschlussvorlage im Grundsatz zulässig, wenn dadurch eine klare und unmissverständliche Begründung des Beschlusses zu Stande kommt. Eine Kettenverweisung wird diesen Maßstäben in der Regel nicht gerecht, weil mehrere Schritte erforderlich sind, um die in Bezug genommene „gemeinte Begründung“ zu ermitteln und hierbei die unmissverständliche Klarheit typischerweise fehlt. Die Bezugnahme muss dem Beschluss der KJM (Plenum oder Prüfausschuss) oder dem diesen enthaltenden Protokoll aber durch eindeutige Formulierungen zu entnehmen sein. Allein der Umstand, dass der Beschluss seinem Inhalt nach der in der Beschlussvorlage vorgeschlagenen Entscheidung entspricht, reicht nicht aus.
59bb. Im vorliegenden Fall fehlt es bei dem Beschluss des Prüfausschusses der KJM über die Domain www.europornshop.de an einer § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV genügenden Begründung. Die Umstände verdeutlichen vielmehr die Gefahren, die sich durch „Kettenverweisungen“ ergeben.
60Der dem Bescheid zu Grunde liegende Beschluss der KJM (durch den 40. Prüfausschuss Telemedien), welchen der Vorsitzende der KJM der Beklagten unter dem 10. August 2010 mitgeteilt hatte, kam im so genannten schriftlichen Verfahren gemäß § 14 Abs. 5 Satz 5 JMStV i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 2, § 7 Abs. 3 der Geschäfts- und Verfahrensordnung der KJM (GVO-KJM) zu Stande, da die drei Mitglieder des Prüfausschusses (§ 14 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 3 JMStV) einstimmig anstelle des Plenums der KJM entschieden hatten (§ 14 Abs. 5 Satz 3 JMStV).
61Zur Zulässigkeit dieser Verfahrensgestaltung vgl. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 13. November 2014, a. a. O., Rn. 76 ff.; Nds. OVG, Beschluss vom 20. Oktober 2008 – 10 LA 101/07 –, MMR 2009, 203 ff. = juris, Rn. 5 ff.; Hahn/Vesting, a. a. O., § 14 JMStV Rn. 66a.
62Die drei Mitglieder hatten der KJM-Geschäftsstelle ihre Entscheidung zugefaxt und darauf ihre Zustimmung durch Ankreuzen des folgenden Textes ausgedrückt: „Ich stimme der Beschlussvorlage für den Prüfausschuss der zuständigen LMA unter Beachtung der Prüfempfehlung der Prüfgruppe zu.“ Dadurch wurde einerseits auf die Beschlussvorlage der Beklagten für den Prüfausschuss der KJM vom 9. Juli 2010, andererseits auf die Prüfempfehlung der Prüfgruppe zu der am 21. April 2010 stattgefundenen Präsenzprüfung des Angebots des Klägers Bezug genommen. Insofern ist zunächst festzustellen, dass sich diese Dokumente nicht decken. Die Beschlussvorlage der Beklagten vom 9. Juli 2010 enthielt überhaupt keine Beispiele für die als pornografisch gerügten Inhalte. Die in der Begründung des Bescheides vom 16. August 2010 dargestellten Beispiele zu einfach pornografischen und nicht durch ein Altersverifikationssystem geschützten Bildern ergaben sich nur aus der Bezugnahme auf andere Dokumente in der Beschlussvorlage. Ansonsten stimmen diese Dokumente zwar weit gehend inhaltlich überein, doch bestehen auch Unterschiede. Schon dies wirft Fragen auf, welche Begründung genau dem Beschluss des Prüfausschusses der KJM zu Grunde liegen sollte. Weitere Unklarheiten entstehen unter dem Gesichtspunkt der Kettenverweisung durch die Gestaltung der Beschlussvorlage der Beklagten vom 9. Juli 2010. Wie gesagt enthält diese selbst überhaupt keine Beispiele für Verstöße gegen § 4 Abs. 2 JMStV. Zur Bewertung des Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 JMStV – also den Vorwurf einfacher Pornografie ohne geschlossene Benutzergruppe – verhält sich allein ein Absatz mit zwei Sätzen auf Seite 3 der Beschlussvorlage. Die Beispiele für pornografische Inhalte nebst (gleichbleibender) Begründung für deren Einordnung als pornografisch lassen sich allein den durch Verweisungen einbezogenen Anlagen 2, 4 und 6 entnehmen (Vorlage der Beklagten vom 2. Februar 2010 für KJM-Prüfgruppe, Vorlage der Beklagten vom 1. April 2010 für KJM-Prüfgruppe, Prüfbegründung der KJM-Prüfgruppe vom 21. April 2010). Hierdurch werden alle in diesen Vorlagen enthaltenen Beispiele für Pornografie zum möglichen Inhalt der Begründung, jedoch bleibt unklar, ob alle diese Beispiele in die Begründung aufgenommen werden sollen. Gegebenenfalls hätte der Prüfausschuss auch unter Auswertung der ebenfalls durch die Anlagen zur Beschlussvorlage vom 9. Juli 2010 (Beiakte 1, Bl. 167) einbezogenen Camtasia-Aufzeichnungen zu den Sichtungen vom 8. Januar 2010, 24. März 2010 und 21. April 2010 weitere Inhalte herausgreifen und benennen können. Dies eröffnet ein weites Feld. Weiter entsteht Raum für Missverständnisse und Unklarheiten durch die Verweisung auf drei verschiedene Vorlagen der Beklagten für die KJM, die sich inhaltlich zwar überschneiden, jedoch auch Unterschiede aufweisen. Der Umstand, dass die Mitglieder des 40. Prüfausschusses Telemedien „unter Beachtung der Prüfempfehlung der Prüfgruppe“ zustimmten und damit die Anlage 6 zur Beschlussvorlage der Beklagten vom 9. Juli 2010 auch unmittelbar in Bezug nahmen, vermag diese Unklarheiten nicht zu beseitigen.
63Bei unvoreingenommener Betrachtung war auf der Grundlage des Beschlusses des Prüfausschusses der KJM, welcher unter dem 10. August 2010 mitgeteilt wurde, nicht klar und unmissverständlich, wie genau die Begründung des Beschlusses der KJM aussieht und wie deshalb die Begründung zum Bescheid der Beklagten in Umsetzung des Beschlusses aussehen würde. Unklarheit durch die eine Bezugnahme darstellende „Zustimmung“ des Prüfausschusses der KJM in den Fax-Antworten der Mitglieder des Prüfausschusses zur „Beschlussvorlage für den Prüfausschuss der zuständigen LMA unter Beachtung der Prüfempfehlung der Prüfgruppe“ entsteht schon deshalb, weil diese Bezugnahme nicht auf die Einzelheiten des konkreten Verfahrens individualisiert ist, z. B. durch Angabe der zuständigen Landesmedienanstalt, des Aktenzeichens und des Datums der jeweiligen Vorlage. Das Fehlen dieser Angaben mindert die Klarheit der Bezugnahme, weil von der Beklagten zu verschiedenen Zeitpunkten drei verschiedene Vorlagen für die KJM an diese übermittelt worden waren, und zudem – noch während der Zuständigkeit der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) – zuvor bereits einmal eine Empfehlung einer Prüfgruppe zu der 16. Präsenzprüfung Telemedien am 28. April 2009 ergangen und im Vorgang enthalten ist. Die dem Bescheid der Beklagten vom 16. August 2010 tatsächlich beigefügte Begründung verdeutlicht die Unklarheit der Begründung der KJM. Unter anderem war in der Beschlussvorlage der Beklagten für den Prüfausschuss der KJM vom 9. Juli 2010 auf Seite 4 (3. Absatz) ein Hinweis auf die „Uneinsichtigkeit des Anbieters“ enthalten, was als potentieller Bestandteil von Ermessenserwägungen erhebliche Bedeutung haben könnte. In der Begründung zum angegriffenen Bescheid ist dies hingegen nicht enthalten. Durch ihre verschiedenen Vorlagen und sonstige in der Beschlussvorlage in Bezug genommene Dokumente schafft die Beklagte einen „Pool“ von Begründungselementen, aus denen sie bei der Erstellung des Bescheides nach ihrem Belieben auswählen kann. Dies widerspricht erkennbar Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses in § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV, welcherder KJM das Recht und die Pflicht zur die Landesmedienanstalt bindenden Begründung ihres Beschlusses zuweist.
64cc. Eine Heilung des Begründungsmangels nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG NRW ist nicht erfolgt, weil die KJM die Begründung im Sinne von § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV nicht nachgeholt bzw. klargestellt hat. Die Begründung des angegriffenen Bescheides durch die Beklagte oder deren Vorbringen im Gerichtsverfahren können eine Heilung nicht herbeiführen, weil dies nicht die interne Beteiligung der KJM ersetzt.
65Der Begründungsmangel ist auch nicht gemäß § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Zum einen dürfte es sich bei § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV um eine Regelung handeln, die nach ihrem Sinn und Zweck keine bloß dienende Funktion hat, sondern unabhängig von der materiellen Richtigkeit der Entscheidung beachtet werden soll – sog. absoluter Verfahrensfehler –; zum anderen ist bei Fehlern im Zusammenhang mit Ermessensentscheidungen regelmäßig nicht offensichtlich, dass die Verletzung der Vorschrift die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Nach der Systematik des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages ist die abschließende Beurteilung von Angeboten allein der KJM als mit besonderem Sachverstand ausgestattetem Gremium übertragen, so dass nicht nur die Entscheidung, sondern auch die gesetzlich verlangte Begründung hierzu unvertretbar ist; sie fällt damit nicht in den Anwendungsbereich des § 46 VwVfG NRW.
66Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., 2014, § 46 Rn. 15, 32 f.; ebenso zu §§ 45, 46 VwVfG VG Berlin, Urteil vom 3. Mai 2012, a. a. O., Rn. 36.
67b. Die Beanstandung des Verstoßes des Angebots www.europornshop.de gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 JMStV ist darüber hinaus materiell rechtswidrig.
68aa. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 1, Abs. 4 JMStV i. V. m. § 59 Abs. 3 RStV liegen im Hinblick auf § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 JMStV allerdings vor.
69(1) Bei der Domain www.europornshop.de handelt es sich um ein Angebot im Bereich der Telemedien im Sinne der §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 2 Nr. 1 JMStV in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Telemediengesetz (TMG). Gewöhnliche, an die Öffentlichkeit gerichtete und für jedermann zum Abruf bereitstehende Internetseiten stellen Telemedien-Angebote in diesem Sinne dar.
70(2) Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV sind Angebote unzulässig, wenn sie in sonstiger Weise pornografisch sind. In Telemedien sind solche Angebote jedoch gemäß Satz 2 der Vorschrift zulässig, wenn von Seiten des Anbieters sichergestellt ist, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (geschlossene Benutzergruppe). Dies regelt – in Abgrenzung zur gemäß § 4 Abs. 1 JMStV stets unzulässigen sog. „harten Pornografie“ – die eingeschränkte Zulässigkeit der sog. „einfachen Pornografie“, die in Telemedien bei Sicherstellung geschlossener Benutzergruppen für Erwachsene nach § 4 Abs. 2 JMStV zulässig ist.
71Ob Angebote pornografisch sind und gegen § 4 Abs. 2 JMStV verstoßen, ist gerichtlich voll überprüfbar.
72Die KJM hat – anders als die anerkannten Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle im Bereich des Rundfunks (vgl. §§ 19, 20 Abs. 3 Satz 1 a.E. JMStV) – keinen gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Ihre Entscheidungen und deren Begründung sind – wie die Entscheidungen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) – als sachverständige Äußerungen einzuordnen. Für einen nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum fehlt schon ein erkennbarer Regelungswillen des Staatsvertragsgebers, anders als in Bezug auf die Selbstkontrolleinrichtungen, denen in § 20 Abs. 3 und Abs. 5 JMStV erkennbar ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wurde. Weiter ist eine pluralistische Zusammensetzung der KJM-Gremien nicht hinreichend erkennbar und die Staatsferne des KJM-Plenums zweifelhaft.
73Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 23. März 2011 – 7 BV 09.2512 und 09.2513 –, juris Leitsatz 2 und 3, Rn. 32 ff.; VG München, Urteil vom 4. Juni 2009 – M 17 K 05.5329 –, ZUM 2010, 615 ff. = juris Leitsatz und Rn. 86 ff.; VG Berlin, Urteile vom 28. Januar 2009 – 27 A 61.07 –, MMR 2009, 496 ff. = juris, Leitsatz 4, Rn. 37 ff., und vom 9. November 2011 – 27 A 64.07 –, ZUM 2012, 417 ff. = juris Rn. 63 ff.; VG Hamburg, Urteil vom 4. Januar 2012, a. a. O., Rn. 68 ff.; VG Münster, Urteil vom 12. Februar 2010, a. a. O., Rn. 29 ff.; VG Kassel, Urteil vom 31. Oktober 2013 – 1 K 391/12.KS –, juris Rn. 57; VG Osnabrück, Urteil vom 29. Januar 2010 – 4 A 62/09 –, juris Rn. 25; Liesching/Schuster, a. a. O., § 16 JMStV, Rn. 4; a. A. Hahn/Vesting, Beck’ scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl., 2012, § 20 JMStV Rn. 63 ff.
74Die im Bescheid ausführlich dargestellten zehn Beispiele für einfach pornografische Bilder i. S. v. § 4 Abs. 2 JMStV, die von der Domain www.europornshop.de durch direkte Verlinkung aufrufbar waren, sind nach den zu § 184 StGB von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien einfache Pornografie. Dies stellt auch der Kläger nicht in Abrede.
75Sämtliche im Bescheid vom 16. August 2010 beschriebenen Bilder waren auch erreichbar, ohne dass ein den Anforderungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV und den dazu konkretisierten Anforderungen der KJM entsprechendes sog. Altersverifikationssystem (AVS) den Zugang von Minderjährigen ausgeschlossen hätte.
76Dies erfordert technische Systeme, die unter normalen Umständen sicherstellen, dass lediglich Erwachsene die einfache Pornografie wahrnehmen können. Für solche Altersverifikationssysteme gelten hohe Anforderungen, die eine valide Altersüberprüfung voraussetzen, welche sich nicht ad hoc bewerkstelligen lässt. Erforderlich ist nach verbreiteter Auffassung eine Altersüberprüfung mit persönlichem Kontakt von zwei Menschen („face-to-face“-Kontrolle).
77Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 6. Dezember 2007 – 10 ME 241/07 –, NJW 2008, 1831 ff. = juris Rn. 9, 12; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 16. Dezember 2009, a. a. O., Rn. 49 f.; Liesching/Schuster, a. a. O., § 4 JMStV Rn. 63 ff., 75; Spindler/Schuster, a. a. O., § 4 JMStV Rn. 78 ff.
78Hier entstehen in der Lebenswirklichkeit vielfältige technisch und administrativ komplizierte Systeme, bei deren Prüfung im Hinblick auf die Tauglichkeit nach § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV die KJM eingebunden ist.
79Daran fehlt es hier. Die (gegebenenfalls kostenpflichtige) Anmeldung mit persönlichen Daten und für die elektronische Zahlung erforderlichen Angaben (Bankverbindung für Lastschriftverfahren oder Kreditkartennummer), der sich die die Sichtungen durchführenden Beschäftigten der Beklagten („Auswerter“) unterziehen mussten, um auf die im Angebot des Klägers verlinkte Domain www.erotikfieber.com (oder andere dort vorhandene Links) zugreifen zu können, reichen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt aus, um die Anforderungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV zu erfüllen.
80Soweit hingegen auf der Domain www.visit-x.net, zu der auf der Domain www.europornshop.de ebenfalls ein Link vorhanden war, nach dem Akteninhalt und den vorhandenen Camtasia-Aufzeichnungen zugangsbeschränkende Altersprüfungssysteme geschaltet waren, erfüllt dies das Erfordernis einer geschlossenen Benutzergruppe i. S. v. § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV und es liegt – auch wenn dort einfache Pornografie verfügbar wäre – bereits kein Verstoß gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV vor.
81(3) Der Kläger ist der richtige Adressat der Beanstandung des Angebotes www.europornshop.de.
82Stellt die zuständige Landesmedienanstalt Verstöße gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages fest, so trifft sie nach § 20 Abs. 1 JMStV die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter. Für Anbieter von Telemedien konkretisiert § 20 Abs. 4 JMStV diesen Grundsatz dahin, dass die Entscheidung unter Beachtung der Regelungen zur Verantwortlichkeit nach §§ 7 bis 10 Telemediengesetz (TMG) getroffen wird. Dort ist in § 7 Abs. 1 TMG der allgemeine Grundsatz niedergelegt, dass Diensteanbieter für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich sind (Verantwortlichkeit des Content-Providers). Geringere Anforderungen werden nach § 7 Abs. 2 TMG an die in §§ 8 bis 10 TMG geregelten anderen Anbieter (u.a. Access-Provider, Host-Provider) gestellt.
83Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger der nach § 7 Abs. 1 TMG verantwortliche Anbieter der Inhalte auf der Domain www.europornshop.de (a). Zugleich erstreckt sich seine Verantwortlichkeit auch auf alle Inhalte anderer Domains, die über die auf www.europornshop.de vorhandenen Verlinkungen unmittelbar („auf der ersten Linkebene“) erreichbar sind (b). In Ergänzung der zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ergibt sich dies aus Folgendem:
84(a) Verantwortlich für alle auf einer Domain vorhandenen Inhalte ist grundsätzlich der Inhaber der Domain. Inhaber einer Domain ist stets derjenige, auf den diese bei der die Domains unterhalb der Top Level Domain (hier „.de“) verwaltenden Institution als Inhaber registriert ist, hier der DENIC.
85Der Kläger ist hiernach für alle Inhalte auf der Domain www.europornshop.de im streitgegenständlichen Zeitraum verantwortlich, weil diese vom 1. Juli 2009 bis zum 26. Mai 2010 bei der DENIC auf ihn als Inhaber registriert war. Nach den im Verwaltungsvorgang der Beklagten vorhandenen Unterlagen war er dort mit seinem Namen und seiner Adresse in Wuppertal nicht nur als administrativer Ansprechpartner (Admin-C), technischer Ansprechpartner (Tech-C) und Zonen-Ansprechpartner (Zone-C) registriert, sondern zugleich auch als „Owner-C“, also als Inhaber. Dies ist der von ihm mit der Klageschrift vorgelegten „Domain-Auftragsübersicht“ zu entnehmen. Seine Eigenschaft als Inhaber begründet seine Verantwortlichkeit, unabhängig von dem im Vorgang der Beklagten auch ersichtlichen Eintrag bei der DENIC „Reservierung im Kundenauftrag“. Abgesehen davon, dass über diesen Kundenauftrag und die entsprechenden Umstände nichts bekannt ist, ist davon auszugehen, dass derjenige, der als Inhaber einer Domain registriert ist, für die Zeit der Registrierung für die Inhalte verantwortlich ist, ohne Berücksichtigung von rechtsgeschäftlichen oder sonstigen Abreden und Rechtsverhältnissen mit Dritten wie einer solchen Reservierung, ähnlich wie dies für einen im Grundbuch eingetragenen Eigentümer eines Grundstücks gelten würde. Der Kläger kann dies vermeiden, wenn er bei entsprechenden Kundenaufträgen mit Vollmacht oder auf andere Weise die unmittelbare Registrierung auf den Kunden als Inhaber vornehmen lässt, oder indem er es dem Kunden überlässt, selbst die eigene Registrierung bei der DENIC zu erwirken.
86(b) Der Kläger ist zugleich auch im Sinne von § 7 Abs. 1 TMG sowie § 20 Abs. 1, Abs. 4 JMStV für die Inhalte auf den Domains verantwortlich, die durch Verlinkungen von seiner Domain www.europornshop.de unmittelbar – auf der ersten Linkebene – erreichbar waren, insbesondere die im Bescheid der Beklagten vom 16. August 2010 aufgeführten Beispiele. Dies ergibt sich aus den Grundsätzen zur sog. Link-Haftung, die das Verwaltungsgericht zutreffend dargestellt hat. Danach haftet derjenige, der durch Verlinkung auf eine andere Domain dort verfügbare Inhalte über seine Domain zugänglich macht, für die dortigen Inhalte jedenfalls dann wie für eigene Inhalte, wenn er sich die Verlinkung erkennbar zu eigen macht.
87Vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 – I ZR 102/05 –, NJW 2008, 1882 ff. = juris Rn. 20 f.; Bay. VGH, Beschluss vom 2. Februar 2009 – 7 CS 08.2310 –, MMR 2009, 351 ff. = juris Rn. 30; VG Hamburg, Urteil vom 21. August 2013, a. a. O., Rn. 35; VG Karlsruhe, Urteil vom 25. Juli 2012, a. a. O., Rn. 31; VG Augsburg, Urteil vom 28. August 2009 – Au 7 K 08.658 –, ZUM-RD 2010, 377 ff. = juris Rn. 36 f.
88Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger für die auf dem Angebot www.europornshop.de unmittelbar verlinkten Inhalte auf weitere Domains – insbesondere bei www.erotikfieber.com – verantwortlich. Nach dem Gesamteindruck seiner Webseite hat er sich die dort vorhandenen Verlinkungen zu eigen gemacht. Bei einer Gesamtbetrachtung gehörten die dort eingebundenen Verlinkungen zum Konzept eines Angebots aus dem Bereich Sex und Erotik, worauf schon der Name der Domain hinwies. Die sich in dieses konzeptionelle Angebot einfügenden Verlinkungen waren mit einem Screenshot und einem beschreibenden Text mit werbendem Charakter versehen. Dadurch stellten sie sich nach dem Eindruck des Betrachters nicht als Zufallsergebnisse einer Suchmaschine oder der Einstellungen bzw. Algorithmen einer Parkseite dar; vielmehr könnte dies auch ohne weiteres eine bewusste Herstellung von Verlinkungen durch redaktionelle Bearbeitung des Klägers oder zu seiner Organisation gehörender Personen sein. Zudem stellten diese Links den zentralen Teil seines Angebots dar, weil es neben diesen – auch optisch im Vordergrund der Internetseite stehenden – Links keine sonstigen (eigenen) Inhalte des Anbieters gab. Unter Berücksichtigung der zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Funktionalität von Parkseiten und der Verantwortlichkeit desjenigen, der als Inhaber einer Domain Parkseiten nutzt, gilt diese Einschätzung erst recht. Seine Verantwortlichkeit resultiert aus dem bewussten Vorgang der Übergabe der Domain an einen Parking-Dienst, wodurch sich solche Gefahren ergeben können. Bei der Übergabe an einen Parking-Dienst kann der Auftraggeber durch Auswahl von Einstellungen, Schlag- und Stichworten oder „AdWords“ bzw. „Keywords“ Einfluss darauf nehmen, welche Werbung oder Verlinkungen während des Parkens dort erscheinen. Wer diese Möglichkeiten der Einflussnahme nicht nutzt, nimmt die daraus folgenden Risiken, die sich innerhalb des ihm zuzuordnenden Verantwortungsbereichs realisieren, in Kauf und haftet deshalb für sie.
89An diesem Ergebnis ändert auch der auf der Seite vorhandene Haftungsausschluss (sog. „Disclaimer“) nichts, der lautete: „Die auf dieser Seite bereitgestellten Listings kommen von dritter Seite und stehen mit Domain-Inhaber oder NameDrive in keiner Beziehung“. Dies ist ein offensichtliches Lippenbekenntnis, das den für den unbefangenen Nutzer entstehenden Eindruck, dass der Anbieter der Seite www.europornshop.de die im Zentrum der Seite stehenden Verlinkungen als seine Inhalte anbietet, nicht beseitigt. Die Verlinkungen waren im relevanten Zeitraum auch der Kern des wirtschaftlichen Interesses des Klägers mit dem Angebot www.europornshop.de, da bei der Nutzung von Parkseiten mit eingebundenen Links über diese (Werbe-)Einnahmen erzielt werden können.
90bb. Die in Ziff. 1 des Bescheides ausgesprochene Beanstandung verletzt in der gewählten Form den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie nicht erforderlich ist. Dies ist ein Ermessensfehler, der die Beanstandung rechtswidrig macht.
91Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit findet auf sämtliche staatliche Eingriffsakte – und insbesondere alle Maßnahmen der Medienaufsicht – Anwendung.
92Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 6 B 1.14 –, a. a. O., Rn. 20; Bay. VGH, Urteil vom 19. September 2013 – 7 B 12.2358 –, a. a. O., Rn. 36 m. w. N.; Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/ Stettner, RStV, Stand September 2014, § 59 Rn. 19; dies., JMStV, Stand September 2014, § 20 Rn. 32; Spindler/Schuster, a. a. O., § 20 JMStV Rn. 22.
93Einfachgesetzlich ist er, wenn auch nur für die Untersagung, in § 59 Abs. 3 RStV verankert. Nach § 59 Abs. 3 Satz 3 RStV darf eine Untersagung nicht erfolgen, wenn die Maßnahme außer Verhältnis zur Bedeutung des Angebots für den Anbieter und die Allgemeinheit steht. Eine Untersagung darf nur erfolgen, wenn ihr Zweck nicht in anderer Weise erreicht werden kann (Satz 4). Sie ist nach Satz 5 auf bestimmte Arten und Teile von Angeboten oder zeitlich zu beschränken, soweit ihr Zweck dadurch erreicht werden kann. Da es sich jedoch bei der medienrechtlichen Beanstandung nach § 20 Abs. 4 JMStV i.V.m. § 59 Abs. 3 RStV um einen feststellenden Verwaltungsakt mit Eingriffscharakter handelt, liegt es auf der Hand, dass die in § 59 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 RStV geregelten Anforderungen, die als Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verstanden werden, auch auf sie Anwendung finden,
94vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 6 B 1.14 –, a. a. O., Rn. 20.
95(1) Die Beanstandung ist – entgegen dem Berufungsvorbringen des Klägers – nicht schon deshalb unverhältnismäßig, weil zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses kein aktueller Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV mehr gegeben war. Die auf den Kläger registrierte Domain www.europornshop.de war zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 16. August 2010 bzw. des vorangegangenen Beschlusses des 40. Prüfausschusses Telemedien der KJM nicht mehr auf ihn registriert. Eine Beanstandung eines Verstoßes gegen Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages gegenüber dem Kläger hatte auch nach der Löschung der Domain www.europornshop.de weiter Sinn und war somit zur Erreichung der mit den Maßnahmen gemäß § 20 JMStV verfolgten Zwecke geeignet.
96Bei einer Beanstandung eines Telemedien-Angebots nach § 20 Abs. 4 JMStV i.V.m. § 59 Abs. 3 RStV ist bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit insbesondere nicht der in § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV genannte Zweck „Beseitigung des Verstoßes“ zu Grunde zu legen. Vielmehr ist auf den hinter § 20 Abs. 1, Abs. 4 JMStV stehenden Zweck abzustellen, weil die Vorschrift auf § 59 Abs. 2 bis Abs. 4 RStV nur im Wege einer Rechtsfolgenverweisung „entsprechend“ Bezug nimmt.
97Vgl. Spindler/Schuster, a. a. O., § 59 RStV Rn. 32.
98Sinn der medienaufsichtlichen Beanstandung eines Telemedien-Angebots nach § 20 Abs. 4 JMStV i.V.m. § 59 Abs. 3 RStV ist es, Anbietern das entsprechende Unrechtsbewusstsein in Bezug auf die Anforderungen des Jugendmedienschutzes zu vermitteln und dadurch andauernde, weitere bzw. künftige Rechtsverletzungen zu vermeiden. Davon ist auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Unter den Bedingungen des Internets kann eine Beanstandung auch bei abgeschlossenen Verstößen noch Sinn haben, da Löschungen oder Änderungen von Inhalten, die gegen Vorschriften des Jugendmedienschutzes verstoßen, ohne größeren Aufwand rückgängig gemacht werden können. Damit kommt gerade bei Telemedien der Beanstandung rechtswidrigen Verhaltens in der Vergangenheit besondere verhaltenssteuernde Wirkung zu, indem sie eine Rückkehr zu gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag verstoßenden Zuständen auch für die Zukunft verbietet.
99Vgl. VG Hamburg, Urteile vom 21. August 2013, a. a. O., Rn. 45 f., und vom 4. Januar 2012 – 4 K 262/11 –, ZUM-RD 2013, 92 ff. = juris Rn. 68 ff.; VG Karlsruhe, Urteil vom 25. Juli 2012, a. a. O., Rn. 41 f.; VG Minden, Urteil vom 18. August 2010, a. a. O., Rn. 37; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 16. Dezember 2009, a. a. O., Rn. 75; VG Münster, Urteil vom 12. Februar 2010 – 1 K 1608/09 –, juris Rn. 39; a. A. VG Hamburg, Urteil vom 29. Februar 2012 – 9 K 139/09 –, juris Rn. 47 ff.
100In Bezug auf den Kläger war es wichtig und hatte somit für den Jugendmedienschutz Sinn, ihm die Maßstäbe zur zulässigen Pornografie in Telemedien und zu den Anforderungen von Altersverifikationssystemen einerseits und die aus Sicht der Beklagten bestehenden Verantwortlichkeiten des Anbieters bei der Zusammenarbeit mit Parking-Diensten und dabei erfolgenden Verlinkungen andererseits zu vermitteln. In Bezug auf die konkrete Domain www.europornshop.de war zwar vom Kläger nach der Löschung und deren Neuvergabe an einen anderen Anbieter kein künftiger Rechtsverstoß mehr zu erwarten, jedoch ist der Kläger auf dem Gebiet der Domainvermarktung und des Domainhandels bekannt, mit der von ihm geführten Domainvermarkter Ltd. & Co. KG am Domain-Markt weiter aktiv.
101Seine Domains wird er regelmäßig bis zur Vermarktung auf Parkseiten lokalisieren, um die ihm entstehenden Kosten zu minimieren. Hierbei können Gefahren für Verstöße gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag oder andere medienrechtliche Vorschriften entstehen. Konkret hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass 2010 zwei weitere auf den Kläger registrierte Domains bei ihr wegen problematischen Verlinkungen durch Nutzung von Parkseiten in der Beobachtung standen (www.elite-domina.de und www.thumbworld.de).
102(2) Die erfolgte Beanstandung überschreitet jedoch das Maß des geringstmöglichen Eingriffs.
103Für die Beanstandung gilt, wie ausgeführt, das in Bezug auf die Untersagung eines Angebots in § 59 Abs. 3 Satz 5 RStV niedergelegte Gebot in gleicher Weise, dass sie auf bestimmte Arten und Teile von Angeboten oder zeitlich zu beschränken ist, soweit ihr Zweck dadurch erreicht werden kann. Bei einem häufig eine ausgesprochen große Menge von Inhalten umfassenden (insbesondere: Telemedien-) Angebot im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 JMStV fordert das Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs, die Beanstandung oder andere medienaufsichtliche Maßnahmen im Sinne von § 20 Abs. 1, Abs. 4 JMStV auf die Teile des Angebots zu beschränken, die tatsächlich gegen Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages verstoßen, soweit die Beschränkung nicht aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen oder wegen des damit verbundenen Aufwandes unzumutbar ist.
104Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 19. September 2013– 7 B 12.2358 –, a. a. O., Rn. 37 ff. (Beanstandung der Seiten 300 – 600 eines Teletext-Angebotes war unverhältnismäßig, weil davon nur 136 Seiten problematisch waren); nachgehend BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 6 B 1.14 –, a. a. O.
105Hiergegen verstößt die Regelung in Ziff. 1 des Bescheides vom 16. August 2010, die – in inhaltlich bestimmter Weise, § 37 Abs. 1 VwVfG NRW – das vollständige Angebot www.europornshop.de beanstandete.
106Der Wortlaut von Ziff. 1 des Bescheides ist insofern eindeutig und lässt keine Beschränkungen erkennen. Eine teilweise Beanstandung des Angebotes www.europornshop.de lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung des Tenors unter Berücksichtigung der Begründung des Bescheides feststellen. Dies käme in Betracht, wenn sich aus der Begründung klar ergäbe, dass die Beklagte bzw. die KJM den Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV nur in Teilen des Angebotes gesehen hätte. In Bezug auf die in der Begründung des Bescheides als pornografisch bewerteten zehn Bilder spricht nichts dafür, dass nur diese beanstandet werden, da die Beschreibung dieser Bilder, die über Verlinkungen im Angebot des Klägers aufrufbar waren, nur „als Beispiele“ angeführt werden (siehe S. 3 des Bescheides). Auch ansonsten lassen sich dem Inhalt der Begründung des Bescheides vom 16. August 2010 keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Beklagte die Beanstandung auf einen Teil des Angebotes www.europornshop.de beschränken wollte. Vielmehr spricht die Begründung für eine umfassende Beanstandung (S. 3 des Bescheides: „Internet-Angebot vermittelte insgesamt die Verabsolutierung sexuellen Lustgewinns“; „In der Gesamttendenz waren die in die Website www.europornshop.de eingebundenen Inhalte ausschließlich auf die sexuelle Stimulation des Nutzers angelegt.“; Hervorhebungen durch das Gericht).
107Handelt es sich deshalb um eine Beanstandung des vollständigen Angebotes, so ist diese nur dann verhältnismäßig, wenn der beanstandete Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV in allen Bestandteilen des Angebotes vorlag oder eine Beschränkung der Beanstandung auf unzulässige Teil des Angebots entweder nicht möglich bzw. unzumutbar oder mit Einschränkungen bei der Erreichung der verfolgten Zwecke verbunden gewesen wäre. An diesen Voraussetzungen fehlt es.
108Zunächst ist nicht nachvollziehbar, wieso das Angebot www.europornshop.de in vollständigem Umfang gegen § 4 Abs. 2 JMStV verstoßen haben sollte. Verstöße sieht die Beklagte in den Verlinkungen auf nicht hinreichend geschützte Inhalte auf der sog. ersten Linkebene, also der durch einen Link direkt erreichbaren Domains mit allen dort vorhandenen Inhalten; die Zahl der „Klicks“ ist ohne Bedeutung. Dabei beschränkt sich die ins Einzelne gehende Begründung der Beklagten bzw. der KJM auf die Anführung der zehn Beispiele. Eine Benennung der bzw. detaillierte Auseinandersetzung mit den zu einem bestimmten Sichtungszeitpunkt jeweils neun bzw. zehn auf der Domain www.europornshop.de vorhandenen Links zu anderen Domains erfolgt überhaupt nicht. Die zehn im Bescheid vom 16. August 2010 genannten Beispiele finden sich sämtlich auf der verlinkten Domain www.erotikfieber.com. Um darzustellen, dass sämtliche Inhalte auf der Domain des Klägers Verstöße gegen § 4 Abs. 2 JMStV enthalten, hätte es nahe gelegen, zu jedem der Links Beispiele anzuführen. In der geschehenen Weise ist lediglich ein Verstoß durch die Inhalte des Links „#1# - dabeisein für nur 2,50/Tag“, welcher auf die Domain www.erotikfieber.com verwies, plausibilisiert. In Bezug auf die im angefochtenen Bescheid benannten Sichtungen vom 8. Januar, 24. März und 21. April 2010 bestätigt sich dieses Bild: Die auswertenden Personen bei der Beklagten bzw. der KJM finden die erkennbar pornografischen Bilder, die auch in der Begründung des Bescheides aufgeführt sind (und viele mehr), innerhalb der verlinkten Domain www.erotikfieber.com. In den übrigen verlinkten Domains erlangen sie entweder keinen Zugang, finden anscheinend keine Pornografie oder es ist Zugangsschutz (AVS) vorhanden; manche Links prüft die auswertende Person auch nicht, wohl weil deren Inhalte als zulässig bekannt sind. Dies deckt sich mit dem Ergebnis der im Verwaltungsvorgang der Beklagten vorhandenen „Zusammenfassung Sichtung www.europornshop.de vom 27.01.2010“ (Beiakte 1, Bl. 72). Diese war bei der Beklagten erfolgt mit dem Ziel, möglichst drei problematische Verlinkungen aufzuzeigen und pornografische Bilder mit detaillierten Pfadbeschreibungen zu benennen. Dies gelang der auswertenden Person nicht, weil von zehn vorhandenen Links sieben anscheinend nach der Einschätzung der auswertenden Person keine Verstöße enthielten, bei der Domain www.visit-x.net ein wirksames Altersverifikationssystem den Inhalten vorgeschaltet war und bei den Domains www.erotikfieber.com und www.movies4web.de der Zugang aufgrund technischer Probleme nicht gelang.
109Hiervon ausgehend ist der Einschätzung der KJM nicht zu folgen, dass das Angebot insgesamt gegen § 4 Abs. 2 JMStV verstößt. Es wird keine tatsächliche Grundlage für diese Bewertung benannt und dieser Schluss wird auch nicht in einer Weise argumentativ hergeleitet und nach den Gesetzen der Logik bzw. den Regeln des Jugendmedienschutzes begründet, die für das Gericht schlüssig ist. Es fehlt letztlich an jeder Tatsachengrundlage in der Entscheidung der KJM oder dem Bescheid der Beklagten zu einem Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV für andere Bereiche der Domain www.europornshop.de neben dem Link auf die Domain www.erotikfieber.com; auch die Begründung der Bewertung des gesamten Angebots als jugendgefährdend im Bescheid der Beklagten ist vollständig unplausibel und bleibt damit Behauptung.
110Verstößt nur ein Teil der vorhandenen Links in dem beanstandeten Angebot www.europornshop.de gegen § 4 Abs. 2 JMStV, ist es nach dem Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs geboten, die Beanstandung auf diese Teile des Angebots zu beschränken, in dem sich die Verstöße befanden. Es ist auch weder im Bescheid dargelegt noch anderweitig ersichtlich, dass Anforderungen der Praxis oder die Begrenztheit der Mittel der Beklagten es ausnahmsweise rechtfertigen können, aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung solche Telemedien-Angebote nicht in jeder Hinsicht zu untersuchen, zulässige von unzulässigen Inhalten abzugrenzen und die Beanstandung von Verstößen entsprechend zu konkretisieren. Immerhin ist der Beklagten mit der Nennung der Beispiele eine solche Konkretisierung gelungen. Auch die Zwecke des Jugendmedienschutzes rechtfertigen keine vollständige Beanstandung.
111Dabei ist nicht erkennbar – und der Bescheid enthält hierzu auch keine Ermessenserwägungen –, dass die Beschränkung auf den unzulässigen Teil aus tatsächlichen Gründen unmöglich oder in praktischer Hinsicht schwerlich durchführbar wäre. Das Angebot stellt sich auch nicht in einer Weise als einheitlich dar, welche eine Teilbarkeit ausschlösse.
112Anders im Fall von VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 23. April 2007, a. a. O., Rn. 21, bei unzulässigen Bildern als Teil von „Bilderfolgen“, die zu einer Unzulässigkeit des Gesamtangebots führten.
113Unter den Bedingungen der Praxis und bei Berücksichtigung behördlichen Arbeitsaufwandes dürfte es allerdings zulässig sein, wenn z. B. ein Link wie derjenige auf www.erotikfieber.com insgesamt beanstandet wird, ohne dort für jedes einzelne Objekt zu prüfen, ob ein Verstoß vorliegt. Dies würde die Anforderungen überspannen und wäre praktisch nicht leistbar.
114Zugleich würde eine auf die tatsächlich Verstöße gegen Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages enthaltenden Bereiche eines Telemedien-Angebots beschränkte Beanstandung den Zweck des Jugendmedienschutzes letztlich besser erreichen. Für den Kläger ist bei der vollständigen Beanstandung der Domain www.europornshop.de nicht klar, welche der Inhalte aus Sicht der Beklagten unzulässig sind. Würde ihm die nicht einfach zu erkennende Grenze zwischen verbotener einfacher Pornografie und (noch) zulässiger Darstellung von Sex und Erotik stärker verdeutlicht, könnte er bei entsprechender Organisation künftig Verlinkungen auf diese Domains (und/oder entsprechende Inhalte) vermeiden.
115Eine Reduzierung der Beanstandung auf das zulässige Maß durch teilweise Aufhebung der Beanstandung ist dem Senat verwehrt. Da es sich bei Maßnahmen nach § 20 Abs. 1, Abs. 4 JMStV i.V.m. § 59 Abs. 3 RStV um solche handelt, bei denen die Beklagte ein Auswahlermessen hat, findet die entscheidende Weichenstellung in Bezug auf Verhältnismäßigkeit und Übermaßverbot im Rahmen der Ermessensausübung statt. Allein die KJM bzw. die Beklagte darf ihr Ermessen ausüben, mit welcher Intensität oder in welchem Umfang sie einschreiten möchte. Hier fehlen aber jegliche Ermessenserwägungen zum Umfang der Beanstandung.
116Dieser Verstoß gegen das Übermaßverbot entfällt nicht deshalb, weil die Teile des Angebots des Klägers, welche keinen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV (Verbot einfacher Pornografie) enthalten, entwicklungsbeeinträchtigende Angebote nach § 5 JMStV sein könnten. Dies kann das Gericht – unabhängig von der Frage, dass dies noch gar nicht festgestellt ist – schon deshalb nicht (ersatzweise) zu Grunde legen, weil dies nicht Gegenstand der Entscheidung der allein zur Ermessensausübung berufenen KJM war. Die Erwähnung eines Verstoßes (auch) gegen § 5 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und Abs. 4 JMStV auf S. 4 der Beschlussvorlage der Beklagten für den Prüfausschuss der KJM vom 9. Juli 2010 reicht als solche Feststellung nicht aus, weil die Beschlussempfehlung (S. 1 der Vorlage), der die KJM zustimmte, keinen Verstoß gegen § 5 JMStV nennt; es dürfte sich um ein Versehen bei der Erstellung der Beschlussvorlage handeln.
1172. Die in Ziff. 1 des Bescheides der Beklagten ausgesprochene Beanstandung eines Verstoßes des vom Kläger verbreiteten Internet-Angebotes www.europornshop.de gegen § 7 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3, Abs. 4 JMStV ist rechtswidrig, weil diese gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt und Ermessensfehler enthält.
118Nach § 7 Abs. 1 JMStV müssen geschäftsmäßige Anbieter von allgemein zugänglichen Telemedien, die entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte enthalten, einen Jugendschutzbeauftragten bestellen, soweit sie sich nicht unter den Voraussetzungen des Abs. 2 einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anschließen und diese zur Wahrnehmung der Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten verpflichten. Die Aufgaben sind in Abs. 3, seine Stellung gegenüber dem Anbieter in Abs. 4 geregelt.
119Die Voraussetzungen eines Verstoßes des Klägers gegen § 7 Abs. 1 JMStV liegen allerdings vor, weil er ein geschäftsmäßiger Anbieter allgemein zugänglicher Telemedien ist und in seinem Angebot www.europornshop.de nach den Feststellungen der KJM und auch zur Überzeugung des Gerichts jedenfalls durch den Link auf Inhalte der Domain www.erotikfieber.com nicht hinreichend geschützte jugendgefährdende Inhalte im Sinne von § 4 Abs. 2 JMStV vorhanden waren. Der Kläger hat nach den unbestrittenen Annahmen der Beklagten keinen Jugendschutzbeauftragten bestellt. Auch hat er sich, soweit bekannt, keiner Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle angeschlossen und diese zur Wahrnehmung der Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten verpflichtet, § 7 Abs. 2 JMStV.
120Vgl. allgemein zu diesen Anforderungen Spindler/Schuster, a. a. O., § 7 JMStV Rn. 3 ff.; Hahn/Vesting, a. a. O., § 7 JMStV Rn. 7 ff.
121Gleichwohl ist die Beanstandung des fehlenden Jugendschutzbeauftragten rechtswidrig.
122Dies ergibt sich nicht bereits ohne weiteres aus der Aufhebung der ebenfalls in Ziff. 1 des Bescheides vom 16. August 2010 enthaltenen Beanstandung eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 JMStV. Denn die Aufhebung jener Beanstandung ergibt sich aus einem Verstoß gegen das Begründungserfordernis gemäß § 17 Absatz 1 Sätze 3 und 4 JMStV bzw. das Übermaßverbot. § 7 Abs. 1 JMStV ist aber nicht zu entnehmen, dass die Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten voraussetzt, dass wirksam durch Maßnahmen der Medienaufsichtfestgestellt ist, dass ein Angebot jugendgefährdende Inhalte umfasst. Es ist nur erforderlich, dass solche Inhalte tatsächlich vorhanden sind. Daran besteht nach dem Beschluss der KJM und der Überzeugung des Senats kein Zweifel. Die Feststellung eines unverhältnismäßigen Eingriffs durch die Beanstandung pornografischer Inhalte, obwohl sich diese nur in einem gewissen Teil des Angebots des Klägers finden, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Beanstandung eines Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 JMStV. Hierfür reicht aus, dass jugendgefährdende Inhalte vorhanden sind, unabhängig davon, ob diese in allen Teilen des Angebots belegbar sind.
123Die Beanstandung eines Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 JMStV ist rechtswidrig, da sie gegen das Übermaßverbot verstößt.
124In Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist einem Telemedien-Anbieter regelmäßig durch informellen Hinweis auf einen möglichen Verstoß gegen Vorschriften des Jugendmedienschutzes die Gelegenheit zu einer Veränderung des Angebots vor Einleitung eines medienaufsichtlichen Verfahrens zu geben, soweit nicht im Einzelfall der gravierende Charakter des Verstoßes oder andere Umstände dies als entbehrlich erscheinen lassen. Soweit ersichtlich entspricht es auch ständiger Übung der Beklagten, so vorzugehen. Zwar ist die Beanstandung gemäß § 20 Abs. 1, Abs. 4 JMStV i.V.m. § 59 Abs. 3 RStV die mildeste Maßnahme unter den förmlichen Maßnahmen der Medienaufsicht nach diesen Vorschriften. Dieser vorgelagert besteht jedoch die Möglichkeit von informellen Hinweisen, die vielfach ausreichend sind und damit das mildeste Mittel darstellen. Diese sind gegenüber Anbietern von Telemedien auf der Grundlage von § 20 Abs. 1, Abs. 4 JMStV i. V. m. § 59 Abs. 3 RStV auch zulässig.
125Vgl. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 13. November 2014, a. a. O., Rn. 98; Liesching/Schuster, a. a. O., § 20 JMStV Rn. 7.
126Schon durch den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag selbst ist der in § 18 Abs. 4 JMStV geregelte Hinweis auf den Verstoß gegenüber dem Anbieter durch die Stelle jugendschutz.net vorgesehen.
127An einem informellen Hinweis gegenüber dem Kläger auf das Erfordernis eines Jugendschutzbeauftragten gemäß § 7 JMStV fehlt es. Hier hätte es nahe gelegen, dem Kläger wegen des vergleichsweise geringfügigen Verstoßes gegen den Jugendmedienschutz, den die Beklagte im gesamten Verfahren eher als geringgewichteten Annex des Vorwurfs pornografischer Inhalte und des Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 JMStV behandelt hat, zunächst mit einem informellen Hinweis zu begegnen. Das Schreiben der Beklagten vom 13. Oktober 2009, welches die Beklagte und die KJM als informellen Hinweis gegenüber dem Kläger behandelt haben, kann diesen Zweck aus zwei Gründen nicht erfüllen: Zunächst ist dort die Domain www.europornshop.de nicht genannt, sondern – vermutlich versehentlich – nur die Domains www.elite-domina.de und www.thumbworld.de. Weiterhin geht dieses Schreiben überhaupt nicht auf das Erfordernis eines Jugendschutzbeauftragten gemäß § 7 JMStV ein. Es bezieht sich vielmehr auf die Probleme von Parkseiten und dort auffindbaren Verlinkungen zu unzureichend geschützten pornografischen Angeboten sowie den Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV. Das Schreiben von jugendschutz.net vom 29. Januar 2009 ging zwar auf seiner zweiten Seite im letzten Absatz auf § 7 Abs. 1 JMStV ein (Beiakte 1, Bl. 4), jedoch ging dieses Schreiben an den mit dem Kläger und der von ihm geführten Domainvermarkter Ltd. & Co. KG in keinem Zusammenhang stehenden Herrn Xavier Buck.
128Es sind keine Besonderheiten des Sachverhalts ersichtlich, die eine informelle Kontaktaufnahme mit dem Kläger als Anbieter entbehrlich erscheinen lassen. Nach dem Akteninhalt spricht vielmehr alles dafür, dass der Kläger die streitige Domain auf Hinweis der Medienaufsicht den Rechtsvorschriften angepasst oder aus dem Verkehr gezogen hätte. Nach einem Hinweis der Bezirksregierung Düsseldorf vom 30. April 2010 auf das fehlende Impressum in der streitigen Domain mit einer Fristsetzung bis zum 28. Mai 2010 veranlasste der Kläger anscheinend prompt deren Löschung zum 26. Mai 2010.
129Wegen der erfolgten Löschung der Domain www.europornshop.de führt auch der Hinweis der Beklagten auf das an den Kläger gerichtete Anhörungsschreiben vom 21. Juni 2010, welches das Erfordernis eines Jugendschutzbeauftragten ansprach, nicht weiter. Ein informeller Hinweis hätte ergehen müssen, als die Domain noch auf den Kläger registriert war und der Verstoß gegen den Jugendmedienschutz andauerte, weil ansonsten der Anbieter auf diesen nicht mehr reagieren kann.
130Die KJM und auch die Beklagte gingen in der Ermessensausübung in Bezug auf die Beanstandung eines Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 JMStV im Grundsatz von den gleichen Erwägungen aus, wie zu dem Verstoß des Klägers gegen § 4 Abs. 2 JMStV. Deshalb hat die KJM und die Beklagte insofern der Entscheidung zu Grunde gelegt, dass der Kläger zuvor mit einem Schreiben, eventuell sogar mehreren Schreiben, informell kontaktiert und auf den Verstoß hingewiesen worden sei, Änderungen des Angebots von Seiten des Klägers jedoch nicht erfolgt seien. Aufgrund der daraus abgeleiteten Uneinsichtigkeit bzw. Veränderungsresistenz erging die Beanstandung. Dies basierte jedoch auf tatsächlich unzutreffender Grundlage und stellt deshalb einen Ermessensfehler dar, da nicht auszuschließen ist, dass die Ermessensausübung bei Berücksichtigung des zutreffenden Sachverhalts anders ausgefallen wäre.
131B. Die Berufung der Beklagten war zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht in Bezug auf Ziff. 2 und 3 des angegriffenen Bescheides der Beklagten stattgegeben. Ziff. 2 und 3 des Bescheides sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das ergibt sich schon daraus, dass Ziff. 1 des angegriffenen Bescheides aufgehoben wird (siehe oben A.). Ohne wirksame medienaufsichtliche Maßnahme gegenüber dem Kläger fehlt es auch an den Voraussetzungen einer Kostenentscheidung sowie einer Gebührenfestsetzung zulasten des Klägers auf der Grundlage der von der Beklagten hierfür ins Feld geführten (oder einer sonstigen) Ermächtigungsgrundlage (§ 35 Abs. 11 RStV i. V. m. der RStV-Kostensatzung bzw. § 116 Abs. 2 LMG NRW i. V. m. der LfM-Gebührensatzung).
132C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
133Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3)
- 1.
einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht, - 2.
an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich macht, - 3.
im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einem anderen anbietet oder überläßt, - 3a.
im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen anbietet oder überläßt, - 4.
im Wege des Versandhandels einzuführen unternimmt, - 5.
öffentlich an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Schriften außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel anbietet oder bewirbt, - 6.
an einen anderen gelangen läßt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein, - 7.
in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt zeigt, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird, - 8.
herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einzuführen unternimmt, um diesen im Sinne der Nummern 1 bis 7 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder - 9.
auszuführen unternimmt, um diesen im Ausland unter Verstoß gegen die dort geltenden Strafvorschriften zu verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder eine solche Verwendung zu ermöglichen,
(2) Absatz 1 Nummer 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt. Absatz 1 Nr. 3a gilt nicht, wenn die Handlung im Geschäftsverkehr mit gewerblichen Entleihern erfolgt.
(3) bis (7) (weggefallen)
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3)
- 1.
einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht, - 2.
an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich macht, - 3.
im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einem anderen anbietet oder überläßt, - 3a.
im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen anbietet oder überläßt, - 4.
im Wege des Versandhandels einzuführen unternimmt, - 5.
öffentlich an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Schriften außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel anbietet oder bewirbt, - 6.
an einen anderen gelangen läßt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein, - 7.
in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt zeigt, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird, - 8.
herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einzuführen unternimmt, um diesen im Sinne der Nummern 1 bis 7 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder - 9.
auszuführen unternimmt, um diesen im Ausland unter Verstoß gegen die dort geltenden Strafvorschriften zu verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder eine solche Verwendung zu ermöglichen,
(2) Absatz 1 Nummer 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt. Absatz 1 Nr. 3a gilt nicht, wenn die Handlung im Geschäftsverkehr mit gewerblichen Entleihern erfolgt.
(3) bis (7) (weggefallen)
(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.
(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.
(3) Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 3 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes ist zu wahren.
(4) Wurde ein Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch genommen, um das Recht am geistigen Eigentum eines anderen zu verletzen und besteht für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen, so kann der Inhaber des Rechts von dem betroffenen Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 die Sperrung der Nutzung von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern. Die Sperrung muss zumutbar und verhältnismäßig sein. Ein Anspruch gegen den Diensteanbieter auf Erstattung der vor- und außergerichtlichen Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs nach Satz 1 besteht außer in den Fällen des § 8 Absatz 1 Satz 3 nicht.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.