Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 19. Nov. 2014 - 4 K 2270/12

bei uns veröffentlicht am19.11.2014

Tenor

1. Der Bescheid des beklagten Landes vom 18.10.2011 wird insoweit aufgehoben, als die Löschung der unter Nr. 2.1.12 gespeicherten Ermittlungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln vor dem 31.10.2012 abgelehnt wurde.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ehemals gespeicherte Daten über seine Person durch das Landeskriminalamt früher, spätestens 2011, jedenfalls vor dem 31.10.2012, hätten gelöscht werden müssen.
Der Kläger wendete sich mit mehreren Schreiben an das Landeskriminalamt Stuttgart und bat darum, ihm eine Auflistung aller gegen ihn je erstatteten Anzeigen zu schicken. Auf die Schreiben vom 17.02.1998 und vom 13.03.1998 verwies er.
Mit Schreiben des Landesbeauftragten für Datenschutz vom 17.05.2011 teilte dieser dem Kläger mit, die erbetenen Nachforschungen für die von ihm vor allem als belastend empfundenen Datenspeicherungen seien in den polizeilichen Informationssystemen eingeleitet worden. Man werde unaufgefordert auf ihn zurückkommen.
Mit Bescheid vom 18.10.2011 teilte das Bundeskriminalamt Baden-Württemberg unter Bezugnahme auf die Schreiben des Klägers, zuletzt vom 10.06.2011, mit, dass seinem Antrag auf Auskunft nicht entsprochen wird. Ferner heißt es, seinem Antrag auf Löschung von Daten könne derzeit nur teilweise entsprochen werden. In der Begründung dazu ist ausgeführt, die weitere Speicherung personenbezogener Daten und Aufbewahrung von Unterlagen seien gerechtfertigt, wenn der Tatverdacht im Zusammenhang mit früher geführten Ermittlungsverfahren nicht ausgeräumt wurde, Wiederholungsgefahr bestehe und die Frist zur Überprüfung der Daten noch nicht heran stehe. Dies sei in den Fällen Ziff. 2.1 bis 2.1.12 gegeben. Laut Bescheid vom 18.10.2011 waren folgende Verfahren bis 31.10.2012 gespeichert:
2.1.1 
Nachstellung (Stalking) im Zeitraum vom 28.07.2007 bis 21.09.2007
                 
2.1.2 
Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz vom 19.01.2007 bis 04.04.2007
                 
2.1.3 
Beleidigung am 23.05.2006
                 
2.1.4 
Polizeidirektion Heidelberg, VG: 2004/02-M, wegen Beleidigung auf sexueller Grundlage im Zeitraum vom 01.08.2000 bis 03.01.2002. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg,
Az.: 22 Js 1936/02, stellte diese Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein.
                 
2.1.5 
Diebstahl im Zeitraum vom 01.11.1997 bis 12.12.1997
                 
2.1.6 
Diebstahl im Zeitraum vom 29.07.1997 bis 30.07.1997
                 
2.1.7 
Unterschlagung im Zeitraum vom 01.07.1997 bis 31.08.1997
                 
2.1.8 
Polizeidirektion Heidelberg, VG: 3467/92-M, wegen Ladendiebstahl am 14.07.1992. Das AG Heidelberg, Az.: 8 Cs 554/92, verurteilte zu 15 Tagessätzen á 30 DM.
                 
2.1.9 
Polizeidirektion Heidelberg, VG: 5378/92-M, wegen Diebstahls am 17.05.1992. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg, Az.: 22 Js 4225/93, stellte dieses Ermittlungsverfahren
gemäß § 170 Absatz 2 StPO ein.
                 
2.1.10
Polizeidirektion Heidelberg, VG: 2454/91, wegen Bedrohung am 27.02.1991.
        
Das AG Heidelberg, Az.: 8 Ds 38/91, stellte dieses Ermittlungsverfahren gemäß § 153 Absatz 2 StPO ein.
                 
2.1.11
Polizeidirektion Heidelberg, VG: 2454/91, wegen Beleidigung auf sexueller Grundlage am 27.02.1991. Das AG Heidelberg, Az.: 8 Ds 38/91, stellte dieses Ermittlungsverfahren
gemäß § 153 Absatz 2 StPO ein.
                 
2.1.12 
Polizeidirektion Heidelberg, VG: 13438/93, wegen allgemeinem Verstoß gegen § 29 Betäubungsmittelgesetz (BTMG) — mit Cannabis im Zeitraum vom 01.01.1990 bis 31.12.1990.
Die Staatsanwaltschaft Heidelberg, Az.: 46 Js 5259/93, stellte dieses Ermittlungsverfahren gemäß §§ 31 a, 37 und 38 Betäubungsmittelgesetz (BTMG) ein.
Mit Schreiben vom 14.11.2011 teilte der Kläger mit, er wolle hiermit seinen mit Schreiben vom 02.11. lediglich per E-Mail erhobenen Widerspruch in schriftlicher Form aufrechterhalten bzw. in gewahrter Form offiziell, allerdings unter Vorbehalt, nochmals erheben. Ein weiteres Schreiben vom 16.02.2012 folgte. In der Folgezeit entschuldigte sich das Landeskriminalamt beim Kläger dafür (s. Schreiben vom 09.08.2012), dass bislang kein Widerspruchsbescheid ergangen ist. Zugleich verwies es auf den Ausgangsbescheid vom 18.10.2011 und wies darauf hin, die Schuldfrage bei Tatbegehung spiele bei der Speicherungsberechtigung keine Rolle.
In einem Schreiben ohne Datum mit dem Betreff (110C-1237.5, 110C-1237.6) beantragte der Kläger „Eigenauskunft“ über die über ihn in den beim LKA zentral geführten Registern immer noch gespeicherten Daten und die Löschung sämtlicher Vorfälle vor 2007. Die Löschung der im Bescheid vom 18.10.2011 erfassten Daten erfolgte am 31.10.2012 (s. Schriftsatz des Beklagten vom 14.10.2014).
Am 17.12.2012 hat der Kläger Klage erhoben; in der mündlichen Verhandlung beantragte er,
festzustellen, dass der Bescheid des beklagten Landes vom 18.10.2011 insoweit rechtswidrig war, als eine Löschung der unter Ziff. 2.1.4, 2.1.8 bis 2.1.12 gespeicherten Daten über ihn abgelehnt worden ist.
10 
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Ihm habe bereits vor der tatsächlich durchgeführten Löschung der in dem angefochtenen Bescheid vom 18.10.2011 unter Ziff. 2.1.8 bis 2.1.12 gespeicherten Daten ein Anspruch auf Löschung zugestanden. Ein Teil der Daten habe nicht gespeichert werden dürfen, ein Teil hätte gelöscht werden müssen. Bezüglich der unter Ziff. 2.1.4 gespeicherten Daten hätte richtigerweise eine Speicherung überhaupt nicht erfolgen dürfen. Der Löschungsanspruch ergebe sich aus § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PolG. Das beklagte Land sei bereits zum 01.01.1996 verpflichtet gewesen, die über ihn gespeicherten Daten unter den Ziffern 2.1.8 bis 2.1.12 zu löschen, weil die Voraussetzungen der gewohnheitsmäßigen Begehung nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 GVO PolG a.F. bzw. der gewohnheits- oder serienmäßigen Tatbegehung gemäß § 5 Abs. 4 DVO PolG a.F. nicht vorgelegen hätten. Vielmehr habe es sich hierbei vollumfänglich um Taten von geringer Bedeutung gemäß § 5 Abs. 3 DVO PolG a.F. gehandelt. Der versuchte Diebstahl bezüglich eines Paares Sportschuhe im Wert von 129,90 DM (66,42 EUR) sei ein Fall von geringer Bedeutung im Sinne des § 5 Abs. 3 DVO PolG a.F..
11 
Hinsichtlich der Daten unter Ziff. 2.1.9 falle ins Auge, dass die Ermittlungen offensichtlich fehlerhaft ausgeführt worden seien. Bezüglich des Werts des entwendeten Fahrrads werde ein Sachverständigen-Gutachten beantragt, um festzustellen, dass der Wert eines gebrauchten Damenfahrrades der Marke Peugeot im Jahr 1992 deutlich unter 500,-- DM gelegen habe.
12 
Die Daten unter Ziff. 2.1.10 und 2.1.11 beträfen Vorwürfe, die jedenfalls von geringer Bedeutung gemäß § 5 Abs. 3 DVO PolG a.F. seien. Deshalb sei das Verfahren gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Unabhängig davon sei die Verwirklichung der in Rede stehenden Tatbestände (Bedrohung und Beleidigung) fraglich.
13 
Die Daten unter Ziff. 2.1.12 beträfen den Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, der sich im Nachhinein als unbegründet erwiesen habe. Ein erheblicher Restverdacht sei nicht festzustellen. Was den Eigenverbrauch von Haschisch angehe, sei von einer Verfolgung gemäß § 31 a Abs. 1 BTMG wegen Geringfügigkeit der Schuld von der Verfolgung abgesehen worden. Deshalb lägen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 DVO PolG a.F. vor.
14 
Die Daten unter Ziff. 2.1.4 seien unzureichend ermittelt worden. Richtigerweise hätte das Ermittlungsverfahren mangels zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat gemäß § 170 Abs. 2 StPO und nicht wegen möglicherweise fehlender Schuldfähigkeit des Klägers gemäß § 20 StGB nach derselben Vorschrift eingestellt werden dürfen. Rein vorsorglich werde Zeugenbeweis angeboten.
15 
Das beklagte Land beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Es ist der Ansicht, für das Klagebegehren im Sinne der Aktensicherung sei das Verwaltungsgericht Karlsruhe örtlich zuständig, auch für das Begehren der Datenlöschung. Dafür fehle das Verfahren. Das Widerspruchsverfahren sei zwar anhängig, über den Widerspruch sei aber bislang noch nicht abschließend entschieden worden. Die Feststellungsklage sei unzulässig, weil das erforderliche Feststellungsinteresse fehle.
18 
Darüber hinaus seien alle Anträge unbegründet. Auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 30.11.2012 und vom 23.01.2014 werde Bezug genommen. Ergänzend dazu werde angemerkt: Zu Ziff. 2.1.9: Nach hiesiger Bewertung sei das von der Mutter des Klägers zum Polizeirevier ... verbrachte Fahrrad mit dem vom Kläger geliehenen Fahrrad nicht identisch, da es sich bei den Farben „creme“ und „olivgrün“ eindeutig um zwei verschiedene Farben handele.
19 
Zu Ziffern 2.1.10 und 2.1.11: Die gespeicherten Vorwürfe würden unter der gleichen Vorgangsnummer bearbeitet, bereits hieraus ergebe sich, dass es sich um einen Sachverhalt handele, der verschiedene Tatbestände erfülle. Der erhobene Tatverdacht sei durch die justizielle Entscheidung (Einstellung gemäß § 153 Abs. 2 StPO) nicht ausgeräumt worden. Der Kläger sei beim Verfassen des Briefs bereits 22 Jahre alt gewesen und die die Wirkung seiner Ausdrucksweise auf die Geschädigte sei entscheidend.
20 
Zu Ziff. 1.2.12: Auch hier sei der gegen den Kläger hinsichtlich des Eigenverbrauchs von Betäubungsmitteln erhobene Tatverdacht durch die Einstellung des Verfahrens gemäß § 31 a BTMG nicht ausgeräumt worden.
21 
Zu Ziff. 2.1.4: Der angezeigten Ausdrucksweise habe sich der Kläger schon im Fall 2.1.11 bedient. Seine Mutter habe ihn beim Vorgang Ziff. 2.1.9 nicht sofort, sondern erst dann als Täter benannt, als sie in einem Telefonat über den möglichen Tatverdacht gegen ihren Sohn informiert worden sei, der sich darauf gestützt habe, dass er in einem gleichgelagerten Vorfall bereits polizeilich in Erscheinung getreten sei. Da der Kläger die Täterschaft in diesem Fall nicht einräume, seien die Ausführungen zum Verhalten der Mutter nicht nachvollziehbar.
22 
Kein Fall sei von geringer Bedeutung. Bei der Gesamtbetrachtung der innerhalb einer recht kurzen Zeit angezeigten Vorgänge sei der Fall des Klägers anlässlich und aufgrund der Verurteilung im Verfahren Ziff. 2.1.8 bereits im Jahre 1993 als „Normalfall“ im Sinne des § 38 Abs. 4 PolG BW i.V.m . § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 PolG BW und § 5 Abs. 1 Nr. 1 DVO PolG BW eingestuft und eine Speicherfrist von fünf Jahren vergeben worden. Die Regelvermutung zum Vorliegen eines Falles geringer Bedeutung (§ 5 Abs. 3 Satz 2 DVO PolG BW) sei sowohl durch die Fallzahl als auch das hierbei zu Tage getretene fehlende Unrechtsbewusstsein des Klägers entkräftet worden. Die weiteren hinzugespeicherten Vorgänge hätten aufgrund ihrer Häufung keine andere Bewertung zugelassen, sondern bestätigten seine kriminelle Neigung.
23 
In der mündlichen Verhandlung ergänzte er. Bei der Berechnung der Frist des § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG sei keine Einzelfall-, sondern eine Gesamtbetrachtung aller gespeicherten Fälle anzustellen mit der Folge, dass ein hinzukommendes Ermittlungsverfahren die bisherigen Fälle mitziehe. Die letzte Frist (bis 31.10.2012) ergebe sich aus § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG.
24 
Mit Beschluss vom 17.04.2013 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart (5 K 3078/12) den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen. Dem Gericht liegen die einschlägigen Ermittlungsakten sowie die Akten des beklagten Landes (2 Hefte) vor.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet.
26 
Die Klage mit dem Feststellungsantrag, dass der Bescheid des beklagten Landes vom 18.10.2011 insoweit rechtswidrig ist, als eine Löschung der unter Ziff. 2.1.4, 2.1.8 bis 2.1.12 des Bescheids vom 18.10.2011 gespeicherten Daten des Klägers abgelehnt worden ist, ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Denn auf eine erledigte Verpflichtungsklage mit dem Ziel der Datenlöschung ist § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechend anzuwenden. Die Erledigung des Löschungsanspruchs ist dadurch eingetreten, dass das beklagte Land die streitgegenständlichen Daten zum 31.10.2012 gelöscht hat. Das beklagte Land hat dieses Löschdatum in der mündlichen Verhandlung klargestellt.
27 
Der zulässige Übergang auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren stellt keine Kla-geänderung im Sinne des § 91 VwGO dar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/12 - ). Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse (BVerwG, Beschl. v. 09.03.2005 - - 2 B 111.04 - ) ist hier anzuerkennen. Denn mit der Speicherung der Daten, die anlässlich von Ermittlungs- und Strafverfahren angelegt wurde, greift das beklagte Land möglicherweise in nicht unerheblicher Weise in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete Persönlichkeitsrecht insbesondere in der Ausprägung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ein. Wegen einer möglicherweise gegebenen Grundrechtsverletzung ist deshalb ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen. Der Antrag ist auch nicht unbestimmt, weil aus der Klagebegründung im Einzelnen hervorgeht, ab wann der Kläger eine Löschung der streitgegenständlichen Daten begehrt hat.
28 
Die Klage auf Unterlassung der Aktenvernichtung hat der Kläger nicht weiterverfolgt, nachdem das beklagte Land die Ermittlungsakten in den streitgegenständlichen Verfahren nicht vernichtet hat.
29 
Die Klage ist überwiegend unbegründet, teilweise begründet. Der Bescheid des be-klagten Landes vom 18.10.2011 ist insoweit rechtmäßig, als eine Löschung der unter Ziff. 2.1.4, 2.1.8 bis 2.1.11 und Nr. 2.1.12 betreffend den Eigenkonsum von Betäubungsmitteln gespeicherten Daten des Klägers vor dem 31.10.2012 abgelehnt worden ist. Der Kläger hatte keinen Anspruch darauf, dass die streitgegenständlichen Daten zu einem früheren Zeitpunkt, etwa nach drei Jahren ab Tatzeit, zu löschen waren. Insoweit war die Klage abzuweisen. Im Übrigen, was die in Nr. 2.1.12 enthaltenen Ermittlungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln angeht, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten. In diesem Umfang war festzustellen, dass die Ablehnung der Löschung dieser Daten vor dem 31.10.2012 rechtswidrig und der Bescheid insoweit aufzuheben war.
30 
Gegenstand der Klage sind die im Bescheid des Beklagten vom 18.10.2011 unter Ziff. 2.1. 4 und 2.1.8 bis 2.1.12 genannten Daten über den Kläger.
31 
Es kann dahinstehen, ob sich ein Anspruch auf Löschung von in polizeilichen Sammlungen gespeicherten Daten aus § 38 Abs. 1 Satz 4 PolG BW - PolG - (so Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 6. Aufl., § 38, Rn. 5; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl. 2009, § 38, Rn. 21; vgl. VG Sigmaringen, Urt. v. 24.02.2005 - 8 K 1829/03 - ) oder aus § 46 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PolG (so zu § 45 PolG a.F.: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992 - 1 S 668/90 - ; offen gelassen von VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.02.2001 - 1 S 2054/00 - u. Urt. v. 27.09.1999 - 1 S 1781/98 - NVwZ-RR 2000, 287) ergibt. Denn die Voraussetzungen für die Speicherung der über den Kläger gespeicherten Daten aus den Jahren 1990 bis 2002 lagen, mit Ausnahme des in Nr. 2.1.12 enthaltenen Ermittlungsverfahrens wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, bis 31.12.2012 vor (§ 38 Abs. 1 Satz 4 PolG) bzw. die Speicherung dieser Daten ist bis zum 31.12.2012 nicht unzulässig geworden (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PolG).
32 
Ob die Voraussetzungen für eine Speicherung der Daten des Klägers aus diesen Ermittlungsverfahren gegeben waren und, falls ja, wie lange, beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung und damit nach der derzeit geltenden Fassung des Polizeigesetzes. Gegenteiliges lässt sich dem Polizeigesetz auch mit Rücksicht auf die mit der im Jahr 2008 erfolgten Änderung (Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes vom 18.11.2008, GBl. 2008, S. 390) nicht entnehmen, zumal die ehemals geltende Übergangsvorschrift des § 85 PolG mit Wirkung zum 31.12.2004 außer Kraft getreten ist und keine neue Übergangsregelung geschaffen wurde. Die Zielsetzung des Änderungsgesetzes, die Rechtsgrundlagen für die polizeiliche Informationsverarbeitung zu schaffen und die polizeilichen Informationssysteme zu verbessern (LT-Drucksache 14/3165 S. 1 ff, 72 ff.), sprechen dafür, das derzeit geltende PolG auch auf Daten anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung gespeichert worden sind, und auf diesbezügliche Löschungs- und Auskunftsbegehren unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Geltendmachung (VG Karlsruhe, Urt. v. 13.12.2013 - 3 K 1899/12 - rkr.; siehe dazu auch BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 - 6 C 5.09 -
33 
Nach § 38 Abs.1 Satz 1 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten, die ihm im Rahmen von Ermittlungsverfahren bekannt geworden sind, speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Für Daten, die durch eine Maßnahme nach § 100 c der StPO erhoben wurden, gilt dies nach § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG nur zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person. Für Daten, die durch eine Maßnahme nach § 100 a StPO erhoben wurden, bestimmt § 38 Abs. 1 Satz 3 PolG, dass dies nur gilt zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (§ 22 Abs. 5 PolG). Nach § 38 Abs. 1 Satz 4 PolG sind die Daten zu löschen, wenn die Voraussetzungen für die Speicherung entfallen sind.
34 
Bei den über die Person des Klägers gespeicherten Daten handelte es sich um per-sonenbezogene Daten, die dem Polizeivollzugsdienst im Rahmen von Ermittlungs-verfahren bekannt geworden sind. Unstreitig ging es nicht um Daten, die durch Maßnahmen nach § 100 c StPO oder § 100 a StPO erhoben wurden, so dass die in § 38 Abs. 1 Satz 2 und 3 PolG genannten erhöhten Anforderungen an die Speicherung und Nutzung der Daten nicht anwendbar sind.
35 
§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG wird weiter konkretisiert durch die Regelungen in § 38 Abs. 2 und 3 PolG. § 38 Abs. 2 Satz 1 PolG bestimmt, dass zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten die Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten bis zu einer Dauer von zwei Jahren erforderlich ist, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte der Verdacht besteht, dass die betroffene Person eine Straftat begangen hat. Ein solcher Verdacht besteht nach Satz 2 der Vorschrift allerdings nicht, wenn die betroffene Person im Strafverfahren rechtskräftig freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen sie unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt ist und sich aus den Gründen der Entscheidung ergibt, dass die betroffene Person die Straftaten nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Bis zum Ablauf dieser Fristen geht der Gesetzgeber grundsätzlich von der Erforderlichkeit der nach § 38 Abs. 1 PolG zulässigerweise gespeicherten Daten aus (VGH Bad.-Württ:, Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 ff. = ; BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164/92 - m.w.N.).
36 
§ 38 Abs. 3 Satz 1 PolG sieht eine weitere Speicherung zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten über zwei Jahre hinaus nur dann als zulässig an, wenn - kumulativ zum Tatverdacht - tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die betroffene Person zukünftig eine Straftat begehen wird, wobei sich tatsächliche Anhaltspunkte insbesondere aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben können (§ 38 Abs. 3 Satz 2 PolG). Lagen solche Anhaltspunkte im Zeitpunkt der Speicherung der personenbezogenen Daten noch nicht vor, dürfen die Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten über die Dauer von zwei Jahren hinaus nur dann gespeichert werden, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte der Verdacht besteht, dass die betroffene Person während des Laufs dieser zwei Jahre eine weitere Straftat begangen hat (§ 38 Abs. 3 Satz 3 PolG).
37 
Ausgehend hiervon bestand für alle streitgegenständlichen Straftaten ein Verdacht, ausgenommen für die in Nr. 2.1.12 enthaltenen Ermittlungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, (1.) sowie eine Wiederholungsgefahr (2.). Eine Löschung mit Ablauf der Regelspeicherungsfrist von zwei Jahren war für das aufgrund § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG gespeicherte Verfahren Nr. 2.1.12 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln geboten, für die übrigen nicht (3.). Keiner abschließenden Beurteilung bedarf, ob sich der Kläger in allen oder einzelnen Verfahren auf die dreijährige Regelspeicherfrist nach § 38 Abs. 2 Satz 4 PolG i. V. m. § 5 Abs. 3 Satz 1 DVO PolG , statt der fünfjährigen (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 DVO PolG), berufen kann. Denn die für alle zulässigerweise über zwei Jahre hinaus gespeicherten Verfahren geltenden und nach Maßgabe des § 38 Abs. 5 Satz 1 PolG beginnenden Löschfristen für die einzelnen Speichervorgänge (§ 38 Abs. 4 i.V.m. § 5 DVO PolG) werden gemäß § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG in dem Sinne verlängert, dass für alle Speicherungen gemeinsam die Frist gilt, die als letzte endet. Dies war hier am 31.12.2012 der Fall (4.).
1.
38 
Für die Speicherung der personenbezogenen Daten gemäß § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG reicht bereits ein weiterhin bestehender Anfangsverdacht aus. Denn anders als eine strafrechtliche Verurteilung beinhaltet eine Speicherung personenbezogener Daten, die in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gewonnen wurden, zu Zwecken der präventiven Gefahrenabwehr keine Aussage dahingehend, dass die betroffene Person dieser Straftat schuldig ist. Deshalb steht auch die Unschuldsvermutung einer Datenspeicherung bei einer Verfahrensbeendigung nach §§ 153 ff. StPO oder bei einem Freispruch, der aus Mangel an Beweisen erfolgt, nicht entgegen (BayVGH, Beschl. v. 01.08.2012 - 10 ZB 11.2438 - ; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164/92 - m.w.N.). Dieser Anfangsverdacht entfällt, worauf im Einzelnen noch eingegangen wird, nicht durch eine Einstellung des Verfahrens gem. §§ 153 Abs. 1 und 2, 153 a, 154 StPO oder § 170 Abs. 2 StPO, es sei denn, aus dem Einstellungsbeschluss ergeben sich eindeutige Anhaltspunkte dafür, dass kein Anfangsverdacht bestanden hat (s. § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG). Bei den Verfahrenseinstellungen nach §§ 153 ff. StPO wird nämlich teilweise eine Feststellung zum Tatverdacht getroffen (§ 153 StPO, hinreichender Tatverdacht) oder es besteht der durch die Anklagerhebung bzw. die Eröffnung des Hauptverfahrens von der Staatsanwaltschaft bzw. vom Gericht bejahte Tatverdacht trotz der Einstellungsverfügung fort (BayVGH, Beschl. v. 01.08.2012, aaO unter Hinweis auf BayVGH, Urt. v. 12.05.2011 - 10 ZB 10.778 - Rn 4 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.02.2001, aaO). In Fällen des Freispruchs oder der Verfahrenseinstellung ist deshalb ein (fortbestehender) Restverdacht (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.02.2001, aaO; BVerwG, Urt. v. 22.10.2003 - 6 C 3/03 - Rn. 14 zu § 8 Abs. 3 BKAG) zu fordern. Dieser ergibt sich in den gemäß §§ 153, 153 a StPO eingestellten Verfahren bereits daraus, dass der hinreichende Tatverdacht Voraussetzung für die Einstellung nach diesen Bestimmungen ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.02.2001, aaO). Ob ein Restverdacht in diesem Sinne vorliegt, ist im Übrigen anhand der Ermittlungsakten und insbesondere des Einstellungsbeschlusses festzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, aaO zu § 170 Abs. 2 StPO; Urteile v. 23.02.1987 - 1 S 2624/86 - NJW 1987, 2763 und - 1 S 2808/86 - NJW 1987, 2764).
39 
Wenn – wie hier – personenbezogene Daten zu mehreren Vorkommnissen gespeichert sind, ist für die Daten zu den einzelnen Vorkommnissen jeweils gesondert zu prüfen, ob die Speicherung zulässig war und noch erforderlich ist. Diese Sicht ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 38 Abs. 2 und 3 PolG geboten, obwohl dies zu einem erheblichen Prüfungsaufwand der Behörde führen kann.
40 
Der Kläger ist verdächtig, die im Bescheid vom 18.10.2011 bezeichneten Daten unter den Nr. 2.1.4 und 2.1.8 bis 2.1.12 begangen zu haben (§ 38 Abs.1 Satz 2 1.Halbs. PolG), mit Ausnahme der in Nr. 2.1.12 neben dem Eigenverbrauch auch enthaltenen und gespeicherten Ermittlungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
41 
Bezüglich aller Verfahren ist zu bemerken, dass der Tatverdacht nicht schon wegen der Besonderheiten hinsichtlich der Schuldfähigkeit des Klägers entfällt. Denn die strafrechtliche Schuldfähigkeit (§ 20 StGB) berührt nicht die Beurteilung, ob ein Anfangs- oder (bestehender) Restverdacht gegeben ist.
42 
Die Einstellung des Verfahrens wegen Beleidigung auf sexueller Grundlage (im Zeitraum vom 01.08.2000 bis 03.01.2002) nach § 170 Abs. 2 StPO (2.1.4) durch die Staatsanwaltschaft Heidelberg mit Beschluss vom 13.02.2002 (22 Js 1936/02) lässt den Tatverdacht nicht entfallen, weil der Beschluss damit begründet ist, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beschuldigte bei Tatbegehung schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB gehandelt hat. Hinreichende Anhaltspunkte für einen Anfangs- und Restverdacht ergeben sich aus der Geschädigten-Vernehmung vom 03.01.2002, den die detaillierte schriftliche Aussage der Mutter des Klägers nicht zu beseitigen vermag. Aus der Aussage der Mutter geht zwar hervor, dass es zu gegenseitigen Störungen und Spannungen im Mietverhältnis kam, möglicherweise auch zu verbalen Übergriffen der Mieter gegenüber dem Kläger und seiner Mutter. Dies vermag aber den Anfangsverdacht für die Tat unter Nr.2.1.4 nicht in Abrede stellen.
43 
Soweit die Ermittlungsverfahren zur Verurteilung des Klägers geführt haben, wie es für den Ladendiebstahl unter Nr. 2.1.8 zutrifft, wird ein Tatverdacht auch vom Kläger nicht in Frage gestellt.
44 
Für das Verfahren Nr. 2.1.9 (Diebstahl eines Damenfahrrads, Marke Peugeot, cremefarben, 5-Gang, 28-Zoll, Zahlenschloss; s. Anzeigenaufnahme vom 17.05.1992 - 22 Js 4225/93 -) besteht ein Tatverdacht fort, obwohl das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gem. § 170 Abs.2 StPO eingestellt worden ist. Die bei der Anzeigenaufnahme durch PHM ... vom 28.11.1993 zur Farbe des Fahrrades gemachte Feststellung („cremefarben“) steht zwar im Widerspruch zur Erklärung der Zeugin ... vom 21.05.1992, wonach ihre Schwester dem Kläger ein „olivgrünes“ Fahrrad des gleichen Typs (Peugeot) zur Verfügung gestellt bzw. ausgeliehen habe. Die Zeugin war sich aber nicht sicher, ob der Kläger das Rad tatsächlich benutzte und der Kläger selbst kann sich an diesen Vorgang nicht erinnern. Die weitgehende Übereinstimmung der Beschreibung des Fahrrades, abgesehen von dessen Farbe, ist aber nicht geeignet, den Anfangsverdacht eines Diebstahls entfallen zu lassen, weil die Herkunft des Fahrrades erst nach umfangreichen Ermittlungen geklärt werden konnte. Dabei waren die Angaben der Mutter des Klägers zwar nicht abwegig, aber auch nicht hilfreich und erschienen nicht klärend, weil sie Hinweise machte, die für die Täterschaft ihres Sohnes sprachen, diese aber auch nicht ausräumte. Deshalb blieb ein Restverdacht bestehen, der durch die Einstellung dieses Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO nicht entfallen ist, weil er mit mangelnder Schuldfähigkeit begründet wurde.
45 
In den Verfahren (Nrn. 2.1.10 und 2.1.11) wegen Beleidigung und Bedrohung zum Nachteil von ... (23 Js 7125/91) zog die Staatsanwaltschaft eine Einstellung nach § 153 a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße in Betracht, womit der Kläger aber nicht einverstanden war. Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft am 04.04.1991 Anklage wegen Beleidigung und Bedrohung mit der Begehung eines gegen ihn (das Opfer) gerichteten Verbrechens (§§ 185, 194, 241StGB) erhoben. Das AG Heidelberg hat dann mit Beschluss vom 30.08.1993 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft das Verfahren „wegen Bedrohung u.a.“ gem. § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Im Hinblick auf diesen Betreff ist davon auszugehen, dass sowohl der Vorwurf der Bedrohung als auch der in der Formulierung „u.a.“ enthaltene Vorwurf der Beleidigung von der Verfahrenseinstellung erfasst ist. Begründet ist der Beschluss nicht. Aus dem vorausgegangenen Anhörungsschreiben des AG Heidelberg vom 03.06.1991 geht hervor, dass das AG Heidelberg eine Einstellung „gemäß §§ 153 Abs. 2, 153 a StPO wegen Geringfügigkeit“ erwog. Dies und der Einstellungsbeschluss lassen keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass der Anfangsverdacht weggefallen wäre.
46 
Für das Verfahren unter der Nr. 2.1.12 wegen Besitzes von Haschisch zum Eigenverbrauch bestand ein Anfangsverdacht, der trotz Einstellung des Verfahrens nach § 31 a BTMG mit Beschluss vom 08.10.1993 fortbestand. Die Einstellungsvoraussetzungen des § 31 a BTMG setzen wie bei § 153 StPO eine geringe Schuld voraus (vgl. VG Hannover, Urt. v. 23.09.2013 - 10 A 2028/11 - zu § 81 g StPO), verlangen aber einen Anfangsverdacht, der sich aus dem Geständnis des Klägers ergibt, er habe „bis zum Jahr 1990 ab und zu einen Joint geraucht und auch solche zum Eigenkonsum erworben“.
47 
Für das im gleichen Beschluss von der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellte Verfahren wegen Handels mit Betäubungsmitteln ist ausgeführt, dass aufgrund einer Zeugenaussage der Verdacht des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln aufkam, dass sich dies aber nicht beweisen lasse, weil der Kläger dies vehement bestritt und weil gegen den Zeugen selbst zwei Verfahren anhängig seien, eines wegen Verstoßes gegen das BTMG und eines wegen Betrugs. Deshalb wurde von einer Anklageerhebung abgesehen. Dies lässt den Tatverdacht entfallen. Dass dieser Vorgang tatsächlich gespeichert war und nicht nur der Vorwurf des Eigenkonsums von Cannabis, ergibt sich aus der Formulierung im Bescheid des Beklagten „wegen allgemeinem Verstoß gegen § 29 Betäubungsmittelgesetz (BTMG) - mit Cannabis“.
48 
Die Speicherung des Verfahrens 2.1.12 (im Zeitraum vom 01.01.1990 bis 31.12.1990) war aber trotz fehlenden Tatverdachts für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln aufgrund § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG zunächst zulässig und zwar grundsätzlich über die Dauer von zwei Jahren hinaus, weil gegen den Kläger im Zwei-Jahreszeitraum seit der angezeigten Tat verschiedene Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, so die Verfahren Nrn. 2.1.11 bis 2.1.8., für die im Übrigen Entsprechendes gilt. Aufgrund dieser - innerhalb von zwei Jahren seit Tatbegehung im Zeitraum vom 01.01.1990 bis 31.12.1990 bis zu der am 27.02.1991 begangenen Beleidigung und Bedrohung, die am 19.03.1991 angezeigt wurden, - hinzugekommener Ermittlungsverfahren wird das Verfahren wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gewissermaßen „mitgezogen“, mit der Folge des § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG. Begrenzt wird diese Rechtsfolge durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (s. 3.).
49 
Dabei bedarf hier keiner Entscheidung, wann der in § 38 Abs. 2 PolG genannte Zwei-Jahreszeitraum beginnt, an den die Vorschrift des § 38 Abs. 3 PolG anknüpft, zum Tatzeitpunkt oder mit Kenntnis der Polizei, weil die maßgeblichen Ermittlungsverfahren Nrn. 2.1.10 und 2.1.11 innerhalb des Zwei-Jahreszeitraums begangen und angezeigt wurden. Das erkennende Gericht neigt jedoch zu der Auffassung, dass maßgebend der Zeitpunkt der (mutmaßlichen) Tat ist (so VG Karlsruhe, Urt. v. 13.12.2013, aaO; offen gelassen in: Hess. VGH, Urt. v. 16.12.2004 – 11 UE 2982/02 Rn. 29 zu § 27 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 HSOG, § 5 Abs. 1 Satz 1 PrüffristVO), nicht der der Kenntnis des Polizeivollzugsdienstes von der (mutmaßlichen) Straftat oder deren Fortgang oder vom Abschluss des Ermittlungsverfahrens (s. VG Sigmaringen, Urt. v. 24.02.2005, aaO). Denn jede andere Bestimmung des Beginns des Zwei-Jahreszeitraums könnte zu zufälligen Ergebnissen führen. Ferner kann die Vorschrift des § 38 Abs. 5 PolG im Rahmen des § 38 Abs. 3 PolG keine Anwendung finden, weil die Regelung des Absatz 5 sich nicht auf die Speicherungsmodalitäten des Absatzes 3 bezieht, sondern auf die Überprüfungsfristen (siehe dazu auch Wolf/Stephan/Deger, aaO, § 38 Rn. 14), die vom Polizeivollzugsdienst gemäß § 38 Abs. 4 PolG für die regelmäßige Überprüfung der über zwei Jahre hinaus gespeicherten Daten einzuhalten sind.
2.
50 
Die vom Gesetz geforderte Wiederholungsgefahr unterliegt einer vollumfänglichen gerichtlichen Kontrolle, insbesondere kommt dem Beklagten kein Beurteilungsspielraum zu (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992 – 1 S 668/90 – DVBl 1992, 1309). Die Wiederholungsgefahr lässt sich im Falle des Klägers aus der Vielzahl der ange-zeigten Delikte ableiten, wobei mehrere Beleidigungstatbestände auffallen sowie Eigentumsdelikte. Auch sie entfällt nicht wegen der im Einzelfall fraglich gewordenen Schuldfähigkeit des Klägers. Mit dem festgestellten Tatverdacht in den Verfahren Nr. 2.1.4 und 2.1.8 bis 2.1.12. und der auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhenden Wiederholungsgefahr waren die Voraussetzungen erfüllt, unter denen der generalisierenden Wertung des Gesetzgebers in § 38 Abs. 1 Satz 2 und 3 PolG zufolge die Speicherung der personenbezogenen Daten aus diesen Ermittlungsverfahren zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG).
3.
51 
Liegen - wie hier - die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 S. 1 PolG vor, so kann die Behörde im Regelfall davon ausgehen, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten bis zum Ablauf der gesetzlichen Regelspeicherfristen (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG) geboten und damit zulässig ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, aaO.) Die Löschung der Daten vor Ablauf der Regelspeicherfristen, die zugleich Löschfristen sind, ist nur im Ausnahmefall geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PolG) ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG). Dies kann bei der Speicherung von Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten etwa der Fall sein bei Wegfall der Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 PolG) oder wenn besondere Umstände die Unverhältnismäßigkeit der weiteren Datenspeicherung für den Betroffenen begründen (VG Sigmaringen, Urt. v. 24.02.2005, aaO)
52 
Die Notwendigkeit der (Anfertigung und) Aufbewahrung bzw. Speicherung erkennungsdienstlicher Unterlagen bemisst sich danach, ob der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Ermittlungs- oder Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene mit guten Gründen in den Kreis Verdächtiger einer noch aufzuklärenden anderen strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen - den Betroffenen überführend oder entlastend - fördern könnten. Bei den Einzelfallumständen sind insbesondere Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen zur Last gelegten Straftaten, seine Persönlichkeit sowie der Zeitraum zu berücksichtigen, während dessen er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist (OVG NW, Beschl. v. 14.04.2010 - 5 A 479/09 - ; BVerwG, Beschl. v. 06.07.1988 - 1 B 61.88 - NJW 1989, 2640 m.w.N. u. Urt. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - DVBl 2006, 923, 925). Die bereits seit 1991 bekannt gewesene psychiatrische Erkrankung (s. Beschluss des AG Heidelberg vom 30.07.2007) und die damit einhergehende Frage der Schuldfähigkeit des Klägers führen nicht per se zur Unverhältnismäßigkeit einer (weiteren) Speicherung hinzugekommenen Ermittlungsverfahren. Abgesehen vom Verfahren wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sind keine Anhaltspunkte erkennbar, die die Notwendigkeit der Speicherungen in Frage stellen könnten.
53 
Die aufgrund § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG zulässige Speicherung des Verfahrens wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unter Nr. 2.1.12 war aber über die Zwei-Jahresfrist hinaus unverhältnismäßig und deshalb unzulässig. Denn die weiteren vom Kläger begangenen Taten stehen in keinerlei Zusammenhang mit Verstößen gegen das BTMG und der dazu gehörenden Beschaffungskriminalität, sie betreffen weitgehend Eigentums- und Beleidigungs- sowie Bedrohungsdelikte, also Delikte mit anderem Unrechtsgehalt. Vor dem Hintergrund des Anlasses der Speicherung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und der der hinzugekommenen Verfahren bestand kein Bedarf, die zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln angefallenen erkennungsdienstlichen Ermittlungen länger als zwei Jahre zu speichern. Diese Speicherung war über diesen Zeitraum hinaus unverhältnismäßig und deshalb unzulässig.
4.
54 
Die für alle Verfahren geltenden Höchstfristen für die Speicherung, sowohl die fünfjährige als auch die dreijährige Frist (§ 38 Abs. 2 Satz 2 und Satz 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 DVO PolG) (4.1.), beginnen mit Ablauf des Jahres, in dem die Speicherung liegt (§ 38 Abs. 5 Satz 1 PolG), und werden gem. § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG in dem Sinne verlängert, dass für alle Speicherungen gemeinsam die Frist gilt, die als letzte endet, was hier am 31.12.2012 der Fall war (4.2.).
4.1.
55 
Die gesetzliche Regelspeicherfrist für die vom Kläger gespeicherten Daten beträgt fünf Jahre (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG i. V. m. § 5 Abs.1 Nr.1 DVO PolG). Gemäß § 38 Abs. 2 Satz 4 PolG i. V. m. § 5 Abs. 3 Satz 1 DVO PolG verkürzt sich die Frist in „Fällen von geringer Bedeutung“ auf drei Jahre. § 5 Abs.3 Satz 2 DVO PolG in der ab 01.01.2014 geltenden Fassung vom 23.07.2013 beschreibt Fälle von geringer Bedeutung, wozu in der Regel ein Diebstahl bis zu einer Schadenshöhe von 500.-- EUR gehört. Ferner verkürzt § 5 Abs. 3 Satz 3 DVO PolG die Überprüfungsfristen auch in anderen Fällen, die denen von geringer Bedeutung im Hinblick auf deren geringen Unrechtsgehalt und die geringen Folgen der Tat gleichstehen. Keine Fälle geringer Bedeutung sind nach § 5 Abs. 4 DVO PolG solche Taten, die gewerbs-, gewohnheits-, serien-, bandenmäßig oder sonst organisiert begangen worden sind.
56 
Den Beginn der Fristen regelt § 38 Abs. 5 Satz 1 PolG. Sie beginnen mit Ablauf des Jahres, in dem das letzte Ereignis erfasst worden ist, das zur Speicherung der personenbezogenen Daten geführt hat.
57 
Für die Beurteilung, ob ein geringer Unrechtsgehalt (§ 5 Abs.3 Satz 3 DVO PolG) anzunehmen ist, ist u.a. danach zu differenzieren, ob neben den vorgeworfenen Tatbeständen möglicherweise (nicht verwirklichte) besonders strafbewehrte Begehungsformen oder andere tatbestandliche Qualifikationen bestehen, die in Abgrenzung zur einfachen Begehungsweise bei der Einordnung des Unrechtsgehalts der vorgeworfenen Taten hätten berücksichtigt werden können (VG Hannover, Urt. v. 23.09.2013 - 10 A 2028/11 - ). Daraus, dass bei § 5 Abs. 3 Satz 3 DVO PolG keine mit § 81 g Abs. 1 Satz 2 StPO vergleichbare Regelung enthalten ist, wonach die wiederholte Begehung sonstiger Straftaten im Unrechtsgehalt einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichstehen kann (Absatz 1 Satz 2), ist der Umkehrschluss gerechtfertigt, dass die wiederholte Begehung anderer Straftaten nicht generell den Unrechtsgehalt erhöht. Für dieses Verständnis spricht der Wortlaut des § 5 Abs. 4 DVO PolG, der die wiederholte Begehung anderer Straftaten nicht nennt, sondern nur Taten, die gewerbs-, gewohnheits-, serien-, bandenmäßig oder sonst organisiert begangen worden sind. Die „Fallzahl“ ist entgegen der Ansicht des beklagten Landes für sich genommen kein Kriterium für die Beurteilung, ob die Bedeutung gering ist. Aus der Vielzahl der Delikte kann schließlich nicht auf ihre serienmäßige Begehung geschlossen werden. Denn diese setzt voraus, dass der Täter von vorneherein mit dem Ziel gehandelt hat, sich durch eine Vielzahl gleichmäßig begangener Taten strafbar zu machen, wobei die einzelnen Taten räumlich, zeitlich oder sonst besonders eng verschränkt sind (BGH Urt. v. 15.05.2013 - 1 StR 476/12 - u. Beschl. v. 25.09.2012 - 1 StR 407/12 - jeweils in ). Diese im Strafrecht entwickelte Auslegung der serienmäßigen Begehung ist auch im Rahmen des § 5 Abs. 4 DVO PolG anzuwenden, weil es in beiden Zusammenhängen um den nicht geringen Unrechtsgehalt einer Straftat geht. Anhaltspunkte dafür, dass hier atypische Umstände vorliegen, die ein Abweichen vom Regelfall der Fünf-Jahresfrist gebieten, sind nicht ersichtlich.
58 
Ferner lassen die jeweils als erfüllt angesehenen Einstellungsvoraussetzungen der §§ 31 a BTMG, 153 StPO (geringe Schuld), 153 a StPO (keine entgegenstehende Schwere der Schuld) und des § 154 StPO, der die Einstellung hinsichtlich Neben-straftaten erlaubt, die nicht beträchtlich ins Gewicht fallen, keine Rückschlüsse auf einen geringen Unrechtsgehalt im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 3 DVO PolG zu (vgl. VG Hannover, Urt. v. 23.09.2013 - 10 A 2028/11 - zu § 81 g StPO). Denn Unrechtsgehalt und Schuld im strafrechtlichen Sinne sind nach unterschiedlichen Maßstäben zu beurteilen, ebenfalls abweichend von letzterer ist der Unrechtsgehalt im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 3 DVO PolG zu bestimmen.
59 
Die Löschfristen berechnen sich im Einzelnen wie folgt: Die Ermittlungen zu der unter Nr. 2.1.4 gespeicherten Beleidigung auf sexueller Grundlage im Zeitraum vom 01.08.2000 bis 03.01.2002 weisen keine Anhaltspunkte für einen geringen Unrechtsgehalt und damit für eine Straftat von geringer Bedeutung auf. Für sie gilt die Fünf-Jahresfrist.
60 
Was den Diebstahl der Sportschuhe angeht (Nr. 2.1.8.), wurde der Kläger wegen vollendeten Diebstahls durch Strafbefehl vom 12.11.1992 zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen verurteilt. Der Wert der Sportschuhe liegt zwar mit 129,90 DM unter dem Wert von 500.-- EUR, weshalb auch hier der Regelfall des § 5 Abs. 3 Satz 2 DVO PolG in Betracht kommt. Zu berücksichtigen ist aber auch die kriminelle Energie, mit der der Kläger vorgegangen ist, indem er der Verkäuferin erklärte, er brauche Sport-schuhe und habe nur 70 DM dabei. Der Kläger warf dann ein Paar Sportschuhe durch das offene Fenster im 1. OG auf die Straße und verließ das Geschäft in der Absicht, die Schuhe mitzunehmen. Die Dreistigkeit dieses Vorgehens ist als atypischer Umstand zu werten, der den Unrechtsgehalt erhöht und ein Absehen vom Regelfall wegen der geringen Werts der Sache und die Geltung der fünfjährigen Frist gebietet.
61 
Von geringer Bedeutung ist der Unrechtsgehalt im Verfahren Nr. 2.1.9 (laut Straf-anzeige 28.01.1993: Diebstahl eines Damenfahrrads, Marke Peugeot, cremefarben, 5-Gang, 28-Zoll, Zahlenschloss, im Wert von ca. 500.-- DM; s. Az. 22 Js 4225/93 -) deshalb, weil der Wert des Fahrrades trotz der Schätzung in der Strafanzeige auf 500.-- DM laut Anzeigenaufnahme (s. Anzeigenaufnahme vom 17.05.1992 - 22 Js 4225/93 -) auf 150.-- DM angesetzt wurde und damit unter 500.-- DM lag (s. § 5 Abs. 3 Satz 2 DVO PolG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung vom 16.09.1994). Letzteres erscheint realistisch, zumal bei der Anzeigenaufnahme nicht von einem neuwertigen Rad die Rede war. Insoweit liegen keine besonderen Umstände vor, die es gebieten würden, vom Regelfall der Drei-Jahresfrist abzusehen.
62 
Was die Verfahren unter 2.1.10 und 2.1.11 angeht, weisen die Beleidigung und Be-drohung entgegen der Auffassung des Klägers keinen geringeren Unrechtsgehalt auf. Dagegen sprechen schon die möglichen nicht unerheblichen Folgen beim be-troffenen Opfer, die der Brief des Klägers vom 27.02.1991 ausgelöst hat und auslösen konnte. Darin war u.a. der Satz: „Dich zu vögeln, das war noch lange nicht alles.“ Außerdem war er mit der Aufschrift versehen: „PS.: Nächstes Mal komm ich mit der Kalaschnikoff. Du kannst jetzt wählen: gehe jämmerlich zugrunde“. Schon allein diese Ausdrücke sind geeignet, den Empfänger einzuschüchtern und in Angst zu versetzen. Dies ist auch tatsächlich eingetreten. Wie aus der Anzeigenaufnahme vom 27.02.1991 hervorgeht, fühlte sich das Opfer durch den Brief vom 27.02.1991 bedroht, obwohl sie den Kläger seit Langem aus der Abitursklasse kannte und bislang als „harmlosen Irren“ einstufte. Die Betroffene äußerte, dass sie Angst habe und sie sich vorstellen könne, dass er ihr „tatsächlich etwas antun könnte“. Die Erklärungsversuche des Kläger-Vertreters sind nicht geeignet, den Unrechtsgehalt der Bedrohung und Beleidigung zu schmälern.
63 
Der dem Kläger zum Vorwurf gemachte Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln in geringen Mengen zum Eigenkonsum nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG (2.1.12) wiegt in seinem Unrechtsgehalt nicht schwer, was § 29 Abs. 5 BtMG zeigt. Danach kann das Gericht von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt. Hinzu kommt, dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung in den Fällen des Besitzes geringer Mengen Betäubungsmittel zum Eigenkonsum im Sinne der §§ 29 Abs. 5, 31 a BTMG auch bei einschlägig vorbestraften abhängigen Drogenkonsumenten die Verhängung einer Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt und sich - soweit sie sich als unerlässlich erweist - im untersten Bereich des Strafrahmens des § 29 Abs. 1 BtMG zu bewegen hat (OLG Hamm, Beschl. v. 06.03.2014 – III-1 RVs 10/14, 1 RVs 10/14). Dies und der Umstand, dass nach Aktenlage in den durchsuchten Räumen keine Betäubungsmittel gefunden wurden, sprechen für eine Straftat geringer Bedeutung.
4.2.
64 
Das beklagte Land hat die streitgegenständlichen Daten - mit Ausnahme des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln - zu Recht bis 31.10.2012 gespeichert. Ein Anspruch darauf, die Daten früher, bereits nach dreijähriger Speicherung zu löschen, bestand nicht. Denn für die zulässigerweise drei oder länger als drei und fünf Jahre gespeicherten Verfahren gilt § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG, der Folgendes bestimmt: Werden innerhalb der Fristen weitere personenbezogene Daten über dieselbe Person gespeichert, so gilt für alle Speicherungen gemeinsam die Frist, die als letzte endet. Im Wortlaut dieser Vorschrift kommt eindeutig ein sog. Mitzieheffekt zum Ausdruck, mit der Folge, dass spätere Speicherungen, die innerhalb der zulässigen Speicherfristen früherer Speicherungen, hinzugekommen sind, bei der Fristberechnung berücksichtigt werden müssen, und für „alle Speicherungen gemeinsam“ die Frist erst endet, wenn die für eine innerhalb der Fristen hinzugekommene Speicherung geltende letzte Frist endet. Mit anderen Worten, die Vorschrift schiebt die Löschung aller innerhalb der Frist vorangegangener Speicherungen hinzugekommener Speicherungen hinaus, bis für alle Eintragungen die Löschungsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 22.10.2003 - 6 C 3/03 - = Buchholz 402.46 BKAG Nr. 2 zu §§ 489 Abs. 6, 494 Abs. 2 StPO im Unterschied zu § 32 Abs. 5 BKAG).
65 
Ausgehend davon enden hier alle - mit Ablauf des Jahres, in dem das letzte Ereignis erfasst worden ist, das zur Speicherung der personenbezogenen Daten geführt hat (§ 38 Abs. 5 Satz 1 PolG), beginnenden Speicherfristen am 31.12.2012, weil die früheren Speicherungen durch spätere mitgezogen werden.
66 
Die dreijährige Speicherfrist für das Verfahren unter Nr. 2.1.12 (wegen Eigenkonsums von Betäubungsmitteln, Tatzeit 01.01.1990 bis 31.12.1990) wurde aufgrund der am 27.02.1991 begangenen Beleidigung auf sexueller Grundlage (2.1.11) und Bedrohung (2.1.12) gemäß § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG verlängert. Denn für die beiden zuletzt genannten Verfahren gilt die Fünf-Jahresfrist, innerhalb derer zwei Verfahren wegen Ladendiebstahls (2.1.9, Tatzeit 17.05.1992 und 2.1.8, Tatzeit 14.07.1992) begangen wurden. Jedenfalls die Verurteilung wegen Ladendiebstahls hinsichtlich der Sportschuhe am 14.07.1992 (Nr. 2.1.8) löste die - am 31.12.1992 beginnende und frühestens am 31.12.1997 endende - Fünf-Jahresfrist aus. Deshalb ist unerheblich, dass für die am 17.05.1992 begangene Tat eine dreijährige Frist läuft. Innerhalb der fünfjährigen Frist lagen weitere Taten im Jahr 1997, die zwar nicht Streitgegenstand sind, aber für die Fristberechnung nach § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG heranziehbar sind. Dies sind die Ermittlungsverfahren unter den Nrn. 2.1.7 bis 2.1.5 wegen Unterschlagung (im Zeitraum vom 01.07.1997 bis 31.08.1997), Diebstahls in zwei Fällen (im Zeitraum vom 29.07.1997 bis 30.07.1997 und vom 01.11.1997 bis 12.12.1997), die sämtlich gemäß § 153 Abs. 1 StPO, also wegen geringer Schuld und fehlendem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung, nicht aber mangels Beweisen am Tatverdacht, eingestellt wurden. Diese lösten wiederum die - am 31.12.2003 endende - Fünf-Jahresfrist aus, in die die Tat unter Nr. 2.1.4 fällt (begangen im Zeitraum vom 01.08.2000 bis 03.01.2002). Auch dieser Vorgang unter Nr. 2.1.4 setzte die Fünf-Jahresfrist in Gang, innerhalb der die Taten unter Nr. 2.1.3 (Tatzeit am 23.05.2006), 2.1.2 (Tatzeit vom 19.01.2007 bis 04.04.2007) und Nr. 2.1.1 (im Zeitraum vom 28.07.2007 bis 21.09.2007) begangen wurden. Weil beide im Jahr 2007 begangenen Taten wiederum die Fünf-Jahresfrist ausgelöst haben, beginnend am 31.12.2007 (§ 38 Abs. 5 Satz 1 PolG), endete die Höchstfrist der Speicherung gemäß § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG am 31.12.2012. Es verletzt den Kläger jedoch nicht in seien Rechten, dass das beklagte Land die Löschung der streitgegenständlichen Ermittlungsverfahren am 31.10.2012, statt am 31.12.2012 vorgenommen hat.
67 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Da der Kläger nur zu einem geringen Teil obsiegt hat, waren ihm die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen. Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO vorliegt.
68 
Beschluss
69 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5000.-- festgesetzt.
70 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
25 
Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet.
26 
Die Klage mit dem Feststellungsantrag, dass der Bescheid des beklagten Landes vom 18.10.2011 insoweit rechtswidrig ist, als eine Löschung der unter Ziff. 2.1.4, 2.1.8 bis 2.1.12 des Bescheids vom 18.10.2011 gespeicherten Daten des Klägers abgelehnt worden ist, ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Denn auf eine erledigte Verpflichtungsklage mit dem Ziel der Datenlöschung ist § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechend anzuwenden. Die Erledigung des Löschungsanspruchs ist dadurch eingetreten, dass das beklagte Land die streitgegenständlichen Daten zum 31.10.2012 gelöscht hat. Das beklagte Land hat dieses Löschdatum in der mündlichen Verhandlung klargestellt.
27 
Der zulässige Übergang auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren stellt keine Kla-geänderung im Sinne des § 91 VwGO dar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/12 - ). Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse (BVerwG, Beschl. v. 09.03.2005 - - 2 B 111.04 - ) ist hier anzuerkennen. Denn mit der Speicherung der Daten, die anlässlich von Ermittlungs- und Strafverfahren angelegt wurde, greift das beklagte Land möglicherweise in nicht unerheblicher Weise in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete Persönlichkeitsrecht insbesondere in der Ausprägung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ein. Wegen einer möglicherweise gegebenen Grundrechtsverletzung ist deshalb ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen. Der Antrag ist auch nicht unbestimmt, weil aus der Klagebegründung im Einzelnen hervorgeht, ab wann der Kläger eine Löschung der streitgegenständlichen Daten begehrt hat.
28 
Die Klage auf Unterlassung der Aktenvernichtung hat der Kläger nicht weiterverfolgt, nachdem das beklagte Land die Ermittlungsakten in den streitgegenständlichen Verfahren nicht vernichtet hat.
29 
Die Klage ist überwiegend unbegründet, teilweise begründet. Der Bescheid des be-klagten Landes vom 18.10.2011 ist insoweit rechtmäßig, als eine Löschung der unter Ziff. 2.1.4, 2.1.8 bis 2.1.11 und Nr. 2.1.12 betreffend den Eigenkonsum von Betäubungsmitteln gespeicherten Daten des Klägers vor dem 31.10.2012 abgelehnt worden ist. Der Kläger hatte keinen Anspruch darauf, dass die streitgegenständlichen Daten zu einem früheren Zeitpunkt, etwa nach drei Jahren ab Tatzeit, zu löschen waren. Insoweit war die Klage abzuweisen. Im Übrigen, was die in Nr. 2.1.12 enthaltenen Ermittlungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln angeht, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten. In diesem Umfang war festzustellen, dass die Ablehnung der Löschung dieser Daten vor dem 31.10.2012 rechtswidrig und der Bescheid insoweit aufzuheben war.
30 
Gegenstand der Klage sind die im Bescheid des Beklagten vom 18.10.2011 unter Ziff. 2.1. 4 und 2.1.8 bis 2.1.12 genannten Daten über den Kläger.
31 
Es kann dahinstehen, ob sich ein Anspruch auf Löschung von in polizeilichen Sammlungen gespeicherten Daten aus § 38 Abs. 1 Satz 4 PolG BW - PolG - (so Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 6. Aufl., § 38, Rn. 5; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl. 2009, § 38, Rn. 21; vgl. VG Sigmaringen, Urt. v. 24.02.2005 - 8 K 1829/03 - ) oder aus § 46 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PolG (so zu § 45 PolG a.F.: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992 - 1 S 668/90 - ; offen gelassen von VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.02.2001 - 1 S 2054/00 - u. Urt. v. 27.09.1999 - 1 S 1781/98 - NVwZ-RR 2000, 287) ergibt. Denn die Voraussetzungen für die Speicherung der über den Kläger gespeicherten Daten aus den Jahren 1990 bis 2002 lagen, mit Ausnahme des in Nr. 2.1.12 enthaltenen Ermittlungsverfahrens wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, bis 31.12.2012 vor (§ 38 Abs. 1 Satz 4 PolG) bzw. die Speicherung dieser Daten ist bis zum 31.12.2012 nicht unzulässig geworden (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PolG).
32 
Ob die Voraussetzungen für eine Speicherung der Daten des Klägers aus diesen Ermittlungsverfahren gegeben waren und, falls ja, wie lange, beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung und damit nach der derzeit geltenden Fassung des Polizeigesetzes. Gegenteiliges lässt sich dem Polizeigesetz auch mit Rücksicht auf die mit der im Jahr 2008 erfolgten Änderung (Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes vom 18.11.2008, GBl. 2008, S. 390) nicht entnehmen, zumal die ehemals geltende Übergangsvorschrift des § 85 PolG mit Wirkung zum 31.12.2004 außer Kraft getreten ist und keine neue Übergangsregelung geschaffen wurde. Die Zielsetzung des Änderungsgesetzes, die Rechtsgrundlagen für die polizeiliche Informationsverarbeitung zu schaffen und die polizeilichen Informationssysteme zu verbessern (LT-Drucksache 14/3165 S. 1 ff, 72 ff.), sprechen dafür, das derzeit geltende PolG auch auf Daten anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung gespeichert worden sind, und auf diesbezügliche Löschungs- und Auskunftsbegehren unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Geltendmachung (VG Karlsruhe, Urt. v. 13.12.2013 - 3 K 1899/12 - rkr.; siehe dazu auch BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 - 6 C 5.09 -
33 
Nach § 38 Abs.1 Satz 1 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten, die ihm im Rahmen von Ermittlungsverfahren bekannt geworden sind, speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Für Daten, die durch eine Maßnahme nach § 100 c der StPO erhoben wurden, gilt dies nach § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG nur zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person. Für Daten, die durch eine Maßnahme nach § 100 a StPO erhoben wurden, bestimmt § 38 Abs. 1 Satz 3 PolG, dass dies nur gilt zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (§ 22 Abs. 5 PolG). Nach § 38 Abs. 1 Satz 4 PolG sind die Daten zu löschen, wenn die Voraussetzungen für die Speicherung entfallen sind.
34 
Bei den über die Person des Klägers gespeicherten Daten handelte es sich um per-sonenbezogene Daten, die dem Polizeivollzugsdienst im Rahmen von Ermittlungs-verfahren bekannt geworden sind. Unstreitig ging es nicht um Daten, die durch Maßnahmen nach § 100 c StPO oder § 100 a StPO erhoben wurden, so dass die in § 38 Abs. 1 Satz 2 und 3 PolG genannten erhöhten Anforderungen an die Speicherung und Nutzung der Daten nicht anwendbar sind.
35 
§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG wird weiter konkretisiert durch die Regelungen in § 38 Abs. 2 und 3 PolG. § 38 Abs. 2 Satz 1 PolG bestimmt, dass zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten die Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten bis zu einer Dauer von zwei Jahren erforderlich ist, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte der Verdacht besteht, dass die betroffene Person eine Straftat begangen hat. Ein solcher Verdacht besteht nach Satz 2 der Vorschrift allerdings nicht, wenn die betroffene Person im Strafverfahren rechtskräftig freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen sie unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt ist und sich aus den Gründen der Entscheidung ergibt, dass die betroffene Person die Straftaten nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Bis zum Ablauf dieser Fristen geht der Gesetzgeber grundsätzlich von der Erforderlichkeit der nach § 38 Abs. 1 PolG zulässigerweise gespeicherten Daten aus (VGH Bad.-Württ:, Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 ff. = ; BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164/92 - m.w.N.).
36 
§ 38 Abs. 3 Satz 1 PolG sieht eine weitere Speicherung zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten über zwei Jahre hinaus nur dann als zulässig an, wenn - kumulativ zum Tatverdacht - tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die betroffene Person zukünftig eine Straftat begehen wird, wobei sich tatsächliche Anhaltspunkte insbesondere aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben können (§ 38 Abs. 3 Satz 2 PolG). Lagen solche Anhaltspunkte im Zeitpunkt der Speicherung der personenbezogenen Daten noch nicht vor, dürfen die Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten über die Dauer von zwei Jahren hinaus nur dann gespeichert werden, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte der Verdacht besteht, dass die betroffene Person während des Laufs dieser zwei Jahre eine weitere Straftat begangen hat (§ 38 Abs. 3 Satz 3 PolG).
37 
Ausgehend hiervon bestand für alle streitgegenständlichen Straftaten ein Verdacht, ausgenommen für die in Nr. 2.1.12 enthaltenen Ermittlungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, (1.) sowie eine Wiederholungsgefahr (2.). Eine Löschung mit Ablauf der Regelspeicherungsfrist von zwei Jahren war für das aufgrund § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG gespeicherte Verfahren Nr. 2.1.12 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln geboten, für die übrigen nicht (3.). Keiner abschließenden Beurteilung bedarf, ob sich der Kläger in allen oder einzelnen Verfahren auf die dreijährige Regelspeicherfrist nach § 38 Abs. 2 Satz 4 PolG i. V. m. § 5 Abs. 3 Satz 1 DVO PolG , statt der fünfjährigen (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 DVO PolG), berufen kann. Denn die für alle zulässigerweise über zwei Jahre hinaus gespeicherten Verfahren geltenden und nach Maßgabe des § 38 Abs. 5 Satz 1 PolG beginnenden Löschfristen für die einzelnen Speichervorgänge (§ 38 Abs. 4 i.V.m. § 5 DVO PolG) werden gemäß § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG in dem Sinne verlängert, dass für alle Speicherungen gemeinsam die Frist gilt, die als letzte endet. Dies war hier am 31.12.2012 der Fall (4.).
1.
38 
Für die Speicherung der personenbezogenen Daten gemäß § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG reicht bereits ein weiterhin bestehender Anfangsverdacht aus. Denn anders als eine strafrechtliche Verurteilung beinhaltet eine Speicherung personenbezogener Daten, die in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gewonnen wurden, zu Zwecken der präventiven Gefahrenabwehr keine Aussage dahingehend, dass die betroffene Person dieser Straftat schuldig ist. Deshalb steht auch die Unschuldsvermutung einer Datenspeicherung bei einer Verfahrensbeendigung nach §§ 153 ff. StPO oder bei einem Freispruch, der aus Mangel an Beweisen erfolgt, nicht entgegen (BayVGH, Beschl. v. 01.08.2012 - 10 ZB 11.2438 - ; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164/92 - m.w.N.). Dieser Anfangsverdacht entfällt, worauf im Einzelnen noch eingegangen wird, nicht durch eine Einstellung des Verfahrens gem. §§ 153 Abs. 1 und 2, 153 a, 154 StPO oder § 170 Abs. 2 StPO, es sei denn, aus dem Einstellungsbeschluss ergeben sich eindeutige Anhaltspunkte dafür, dass kein Anfangsverdacht bestanden hat (s. § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG). Bei den Verfahrenseinstellungen nach §§ 153 ff. StPO wird nämlich teilweise eine Feststellung zum Tatverdacht getroffen (§ 153 StPO, hinreichender Tatverdacht) oder es besteht der durch die Anklagerhebung bzw. die Eröffnung des Hauptverfahrens von der Staatsanwaltschaft bzw. vom Gericht bejahte Tatverdacht trotz der Einstellungsverfügung fort (BayVGH, Beschl. v. 01.08.2012, aaO unter Hinweis auf BayVGH, Urt. v. 12.05.2011 - 10 ZB 10.778 - Rn 4 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.02.2001, aaO). In Fällen des Freispruchs oder der Verfahrenseinstellung ist deshalb ein (fortbestehender) Restverdacht (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.02.2001, aaO; BVerwG, Urt. v. 22.10.2003 - 6 C 3/03 - Rn. 14 zu § 8 Abs. 3 BKAG) zu fordern. Dieser ergibt sich in den gemäß §§ 153, 153 a StPO eingestellten Verfahren bereits daraus, dass der hinreichende Tatverdacht Voraussetzung für die Einstellung nach diesen Bestimmungen ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.02.2001, aaO). Ob ein Restverdacht in diesem Sinne vorliegt, ist im Übrigen anhand der Ermittlungsakten und insbesondere des Einstellungsbeschlusses festzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, aaO zu § 170 Abs. 2 StPO; Urteile v. 23.02.1987 - 1 S 2624/86 - NJW 1987, 2763 und - 1 S 2808/86 - NJW 1987, 2764).
39 
Wenn – wie hier – personenbezogene Daten zu mehreren Vorkommnissen gespeichert sind, ist für die Daten zu den einzelnen Vorkommnissen jeweils gesondert zu prüfen, ob die Speicherung zulässig war und noch erforderlich ist. Diese Sicht ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 38 Abs. 2 und 3 PolG geboten, obwohl dies zu einem erheblichen Prüfungsaufwand der Behörde führen kann.
40 
Der Kläger ist verdächtig, die im Bescheid vom 18.10.2011 bezeichneten Daten unter den Nr. 2.1.4 und 2.1.8 bis 2.1.12 begangen zu haben (§ 38 Abs.1 Satz 2 1.Halbs. PolG), mit Ausnahme der in Nr. 2.1.12 neben dem Eigenverbrauch auch enthaltenen und gespeicherten Ermittlungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
41 
Bezüglich aller Verfahren ist zu bemerken, dass der Tatverdacht nicht schon wegen der Besonderheiten hinsichtlich der Schuldfähigkeit des Klägers entfällt. Denn die strafrechtliche Schuldfähigkeit (§ 20 StGB) berührt nicht die Beurteilung, ob ein Anfangs- oder (bestehender) Restverdacht gegeben ist.
42 
Die Einstellung des Verfahrens wegen Beleidigung auf sexueller Grundlage (im Zeitraum vom 01.08.2000 bis 03.01.2002) nach § 170 Abs. 2 StPO (2.1.4) durch die Staatsanwaltschaft Heidelberg mit Beschluss vom 13.02.2002 (22 Js 1936/02) lässt den Tatverdacht nicht entfallen, weil der Beschluss damit begründet ist, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beschuldigte bei Tatbegehung schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB gehandelt hat. Hinreichende Anhaltspunkte für einen Anfangs- und Restverdacht ergeben sich aus der Geschädigten-Vernehmung vom 03.01.2002, den die detaillierte schriftliche Aussage der Mutter des Klägers nicht zu beseitigen vermag. Aus der Aussage der Mutter geht zwar hervor, dass es zu gegenseitigen Störungen und Spannungen im Mietverhältnis kam, möglicherweise auch zu verbalen Übergriffen der Mieter gegenüber dem Kläger und seiner Mutter. Dies vermag aber den Anfangsverdacht für die Tat unter Nr.2.1.4 nicht in Abrede stellen.
43 
Soweit die Ermittlungsverfahren zur Verurteilung des Klägers geführt haben, wie es für den Ladendiebstahl unter Nr. 2.1.8 zutrifft, wird ein Tatverdacht auch vom Kläger nicht in Frage gestellt.
44 
Für das Verfahren Nr. 2.1.9 (Diebstahl eines Damenfahrrads, Marke Peugeot, cremefarben, 5-Gang, 28-Zoll, Zahlenschloss; s. Anzeigenaufnahme vom 17.05.1992 - 22 Js 4225/93 -) besteht ein Tatverdacht fort, obwohl das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gem. § 170 Abs.2 StPO eingestellt worden ist. Die bei der Anzeigenaufnahme durch PHM ... vom 28.11.1993 zur Farbe des Fahrrades gemachte Feststellung („cremefarben“) steht zwar im Widerspruch zur Erklärung der Zeugin ... vom 21.05.1992, wonach ihre Schwester dem Kläger ein „olivgrünes“ Fahrrad des gleichen Typs (Peugeot) zur Verfügung gestellt bzw. ausgeliehen habe. Die Zeugin war sich aber nicht sicher, ob der Kläger das Rad tatsächlich benutzte und der Kläger selbst kann sich an diesen Vorgang nicht erinnern. Die weitgehende Übereinstimmung der Beschreibung des Fahrrades, abgesehen von dessen Farbe, ist aber nicht geeignet, den Anfangsverdacht eines Diebstahls entfallen zu lassen, weil die Herkunft des Fahrrades erst nach umfangreichen Ermittlungen geklärt werden konnte. Dabei waren die Angaben der Mutter des Klägers zwar nicht abwegig, aber auch nicht hilfreich und erschienen nicht klärend, weil sie Hinweise machte, die für die Täterschaft ihres Sohnes sprachen, diese aber auch nicht ausräumte. Deshalb blieb ein Restverdacht bestehen, der durch die Einstellung dieses Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO nicht entfallen ist, weil er mit mangelnder Schuldfähigkeit begründet wurde.
45 
In den Verfahren (Nrn. 2.1.10 und 2.1.11) wegen Beleidigung und Bedrohung zum Nachteil von ... (23 Js 7125/91) zog die Staatsanwaltschaft eine Einstellung nach § 153 a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße in Betracht, womit der Kläger aber nicht einverstanden war. Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft am 04.04.1991 Anklage wegen Beleidigung und Bedrohung mit der Begehung eines gegen ihn (das Opfer) gerichteten Verbrechens (§§ 185, 194, 241StGB) erhoben. Das AG Heidelberg hat dann mit Beschluss vom 30.08.1993 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft das Verfahren „wegen Bedrohung u.a.“ gem. § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Im Hinblick auf diesen Betreff ist davon auszugehen, dass sowohl der Vorwurf der Bedrohung als auch der in der Formulierung „u.a.“ enthaltene Vorwurf der Beleidigung von der Verfahrenseinstellung erfasst ist. Begründet ist der Beschluss nicht. Aus dem vorausgegangenen Anhörungsschreiben des AG Heidelberg vom 03.06.1991 geht hervor, dass das AG Heidelberg eine Einstellung „gemäß §§ 153 Abs. 2, 153 a StPO wegen Geringfügigkeit“ erwog. Dies und der Einstellungsbeschluss lassen keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass der Anfangsverdacht weggefallen wäre.
46 
Für das Verfahren unter der Nr. 2.1.12 wegen Besitzes von Haschisch zum Eigenverbrauch bestand ein Anfangsverdacht, der trotz Einstellung des Verfahrens nach § 31 a BTMG mit Beschluss vom 08.10.1993 fortbestand. Die Einstellungsvoraussetzungen des § 31 a BTMG setzen wie bei § 153 StPO eine geringe Schuld voraus (vgl. VG Hannover, Urt. v. 23.09.2013 - 10 A 2028/11 - zu § 81 g StPO), verlangen aber einen Anfangsverdacht, der sich aus dem Geständnis des Klägers ergibt, er habe „bis zum Jahr 1990 ab und zu einen Joint geraucht und auch solche zum Eigenkonsum erworben“.
47 
Für das im gleichen Beschluss von der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellte Verfahren wegen Handels mit Betäubungsmitteln ist ausgeführt, dass aufgrund einer Zeugenaussage der Verdacht des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln aufkam, dass sich dies aber nicht beweisen lasse, weil der Kläger dies vehement bestritt und weil gegen den Zeugen selbst zwei Verfahren anhängig seien, eines wegen Verstoßes gegen das BTMG und eines wegen Betrugs. Deshalb wurde von einer Anklageerhebung abgesehen. Dies lässt den Tatverdacht entfallen. Dass dieser Vorgang tatsächlich gespeichert war und nicht nur der Vorwurf des Eigenkonsums von Cannabis, ergibt sich aus der Formulierung im Bescheid des Beklagten „wegen allgemeinem Verstoß gegen § 29 Betäubungsmittelgesetz (BTMG) - mit Cannabis“.
48 
Die Speicherung des Verfahrens 2.1.12 (im Zeitraum vom 01.01.1990 bis 31.12.1990) war aber trotz fehlenden Tatverdachts für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln aufgrund § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG zunächst zulässig und zwar grundsätzlich über die Dauer von zwei Jahren hinaus, weil gegen den Kläger im Zwei-Jahreszeitraum seit der angezeigten Tat verschiedene Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, so die Verfahren Nrn. 2.1.11 bis 2.1.8., für die im Übrigen Entsprechendes gilt. Aufgrund dieser - innerhalb von zwei Jahren seit Tatbegehung im Zeitraum vom 01.01.1990 bis 31.12.1990 bis zu der am 27.02.1991 begangenen Beleidigung und Bedrohung, die am 19.03.1991 angezeigt wurden, - hinzugekommener Ermittlungsverfahren wird das Verfahren wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gewissermaßen „mitgezogen“, mit der Folge des § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG. Begrenzt wird diese Rechtsfolge durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (s. 3.).
49 
Dabei bedarf hier keiner Entscheidung, wann der in § 38 Abs. 2 PolG genannte Zwei-Jahreszeitraum beginnt, an den die Vorschrift des § 38 Abs. 3 PolG anknüpft, zum Tatzeitpunkt oder mit Kenntnis der Polizei, weil die maßgeblichen Ermittlungsverfahren Nrn. 2.1.10 und 2.1.11 innerhalb des Zwei-Jahreszeitraums begangen und angezeigt wurden. Das erkennende Gericht neigt jedoch zu der Auffassung, dass maßgebend der Zeitpunkt der (mutmaßlichen) Tat ist (so VG Karlsruhe, Urt. v. 13.12.2013, aaO; offen gelassen in: Hess. VGH, Urt. v. 16.12.2004 – 11 UE 2982/02 Rn. 29 zu § 27 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 HSOG, § 5 Abs. 1 Satz 1 PrüffristVO), nicht der der Kenntnis des Polizeivollzugsdienstes von der (mutmaßlichen) Straftat oder deren Fortgang oder vom Abschluss des Ermittlungsverfahrens (s. VG Sigmaringen, Urt. v. 24.02.2005, aaO). Denn jede andere Bestimmung des Beginns des Zwei-Jahreszeitraums könnte zu zufälligen Ergebnissen führen. Ferner kann die Vorschrift des § 38 Abs. 5 PolG im Rahmen des § 38 Abs. 3 PolG keine Anwendung finden, weil die Regelung des Absatz 5 sich nicht auf die Speicherungsmodalitäten des Absatzes 3 bezieht, sondern auf die Überprüfungsfristen (siehe dazu auch Wolf/Stephan/Deger, aaO, § 38 Rn. 14), die vom Polizeivollzugsdienst gemäß § 38 Abs. 4 PolG für die regelmäßige Überprüfung der über zwei Jahre hinaus gespeicherten Daten einzuhalten sind.
2.
50 
Die vom Gesetz geforderte Wiederholungsgefahr unterliegt einer vollumfänglichen gerichtlichen Kontrolle, insbesondere kommt dem Beklagten kein Beurteilungsspielraum zu (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992 – 1 S 668/90 – DVBl 1992, 1309). Die Wiederholungsgefahr lässt sich im Falle des Klägers aus der Vielzahl der ange-zeigten Delikte ableiten, wobei mehrere Beleidigungstatbestände auffallen sowie Eigentumsdelikte. Auch sie entfällt nicht wegen der im Einzelfall fraglich gewordenen Schuldfähigkeit des Klägers. Mit dem festgestellten Tatverdacht in den Verfahren Nr. 2.1.4 und 2.1.8 bis 2.1.12. und der auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhenden Wiederholungsgefahr waren die Voraussetzungen erfüllt, unter denen der generalisierenden Wertung des Gesetzgebers in § 38 Abs. 1 Satz 2 und 3 PolG zufolge die Speicherung der personenbezogenen Daten aus diesen Ermittlungsverfahren zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG).
3.
51 
Liegen - wie hier - die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 S. 1 PolG vor, so kann die Behörde im Regelfall davon ausgehen, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten bis zum Ablauf der gesetzlichen Regelspeicherfristen (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG) geboten und damit zulässig ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, aaO.) Die Löschung der Daten vor Ablauf der Regelspeicherfristen, die zugleich Löschfristen sind, ist nur im Ausnahmefall geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PolG) ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG). Dies kann bei der Speicherung von Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten etwa der Fall sein bei Wegfall der Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 PolG) oder wenn besondere Umstände die Unverhältnismäßigkeit der weiteren Datenspeicherung für den Betroffenen begründen (VG Sigmaringen, Urt. v. 24.02.2005, aaO)
52 
Die Notwendigkeit der (Anfertigung und) Aufbewahrung bzw. Speicherung erkennungsdienstlicher Unterlagen bemisst sich danach, ob der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Ermittlungs- oder Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene mit guten Gründen in den Kreis Verdächtiger einer noch aufzuklärenden anderen strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen - den Betroffenen überführend oder entlastend - fördern könnten. Bei den Einzelfallumständen sind insbesondere Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen zur Last gelegten Straftaten, seine Persönlichkeit sowie der Zeitraum zu berücksichtigen, während dessen er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist (OVG NW, Beschl. v. 14.04.2010 - 5 A 479/09 - ; BVerwG, Beschl. v. 06.07.1988 - 1 B 61.88 - NJW 1989, 2640 m.w.N. u. Urt. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - DVBl 2006, 923, 925). Die bereits seit 1991 bekannt gewesene psychiatrische Erkrankung (s. Beschluss des AG Heidelberg vom 30.07.2007) und die damit einhergehende Frage der Schuldfähigkeit des Klägers führen nicht per se zur Unverhältnismäßigkeit einer (weiteren) Speicherung hinzugekommenen Ermittlungsverfahren. Abgesehen vom Verfahren wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sind keine Anhaltspunkte erkennbar, die die Notwendigkeit der Speicherungen in Frage stellen könnten.
53 
Die aufgrund § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG zulässige Speicherung des Verfahrens wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unter Nr. 2.1.12 war aber über die Zwei-Jahresfrist hinaus unverhältnismäßig und deshalb unzulässig. Denn die weiteren vom Kläger begangenen Taten stehen in keinerlei Zusammenhang mit Verstößen gegen das BTMG und der dazu gehörenden Beschaffungskriminalität, sie betreffen weitgehend Eigentums- und Beleidigungs- sowie Bedrohungsdelikte, also Delikte mit anderem Unrechtsgehalt. Vor dem Hintergrund des Anlasses der Speicherung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und der der hinzugekommenen Verfahren bestand kein Bedarf, die zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln angefallenen erkennungsdienstlichen Ermittlungen länger als zwei Jahre zu speichern. Diese Speicherung war über diesen Zeitraum hinaus unverhältnismäßig und deshalb unzulässig.
4.
54 
Die für alle Verfahren geltenden Höchstfristen für die Speicherung, sowohl die fünfjährige als auch die dreijährige Frist (§ 38 Abs. 2 Satz 2 und Satz 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 DVO PolG) (4.1.), beginnen mit Ablauf des Jahres, in dem die Speicherung liegt (§ 38 Abs. 5 Satz 1 PolG), und werden gem. § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG in dem Sinne verlängert, dass für alle Speicherungen gemeinsam die Frist gilt, die als letzte endet, was hier am 31.12.2012 der Fall war (4.2.).
4.1.
55 
Die gesetzliche Regelspeicherfrist für die vom Kläger gespeicherten Daten beträgt fünf Jahre (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG i. V. m. § 5 Abs.1 Nr.1 DVO PolG). Gemäß § 38 Abs. 2 Satz 4 PolG i. V. m. § 5 Abs. 3 Satz 1 DVO PolG verkürzt sich die Frist in „Fällen von geringer Bedeutung“ auf drei Jahre. § 5 Abs.3 Satz 2 DVO PolG in der ab 01.01.2014 geltenden Fassung vom 23.07.2013 beschreibt Fälle von geringer Bedeutung, wozu in der Regel ein Diebstahl bis zu einer Schadenshöhe von 500.-- EUR gehört. Ferner verkürzt § 5 Abs. 3 Satz 3 DVO PolG die Überprüfungsfristen auch in anderen Fällen, die denen von geringer Bedeutung im Hinblick auf deren geringen Unrechtsgehalt und die geringen Folgen der Tat gleichstehen. Keine Fälle geringer Bedeutung sind nach § 5 Abs. 4 DVO PolG solche Taten, die gewerbs-, gewohnheits-, serien-, bandenmäßig oder sonst organisiert begangen worden sind.
56 
Den Beginn der Fristen regelt § 38 Abs. 5 Satz 1 PolG. Sie beginnen mit Ablauf des Jahres, in dem das letzte Ereignis erfasst worden ist, das zur Speicherung der personenbezogenen Daten geführt hat.
57 
Für die Beurteilung, ob ein geringer Unrechtsgehalt (§ 5 Abs.3 Satz 3 DVO PolG) anzunehmen ist, ist u.a. danach zu differenzieren, ob neben den vorgeworfenen Tatbeständen möglicherweise (nicht verwirklichte) besonders strafbewehrte Begehungsformen oder andere tatbestandliche Qualifikationen bestehen, die in Abgrenzung zur einfachen Begehungsweise bei der Einordnung des Unrechtsgehalts der vorgeworfenen Taten hätten berücksichtigt werden können (VG Hannover, Urt. v. 23.09.2013 - 10 A 2028/11 - ). Daraus, dass bei § 5 Abs. 3 Satz 3 DVO PolG keine mit § 81 g Abs. 1 Satz 2 StPO vergleichbare Regelung enthalten ist, wonach die wiederholte Begehung sonstiger Straftaten im Unrechtsgehalt einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichstehen kann (Absatz 1 Satz 2), ist der Umkehrschluss gerechtfertigt, dass die wiederholte Begehung anderer Straftaten nicht generell den Unrechtsgehalt erhöht. Für dieses Verständnis spricht der Wortlaut des § 5 Abs. 4 DVO PolG, der die wiederholte Begehung anderer Straftaten nicht nennt, sondern nur Taten, die gewerbs-, gewohnheits-, serien-, bandenmäßig oder sonst organisiert begangen worden sind. Die „Fallzahl“ ist entgegen der Ansicht des beklagten Landes für sich genommen kein Kriterium für die Beurteilung, ob die Bedeutung gering ist. Aus der Vielzahl der Delikte kann schließlich nicht auf ihre serienmäßige Begehung geschlossen werden. Denn diese setzt voraus, dass der Täter von vorneherein mit dem Ziel gehandelt hat, sich durch eine Vielzahl gleichmäßig begangener Taten strafbar zu machen, wobei die einzelnen Taten räumlich, zeitlich oder sonst besonders eng verschränkt sind (BGH Urt. v. 15.05.2013 - 1 StR 476/12 - u. Beschl. v. 25.09.2012 - 1 StR 407/12 - jeweils in ). Diese im Strafrecht entwickelte Auslegung der serienmäßigen Begehung ist auch im Rahmen des § 5 Abs. 4 DVO PolG anzuwenden, weil es in beiden Zusammenhängen um den nicht geringen Unrechtsgehalt einer Straftat geht. Anhaltspunkte dafür, dass hier atypische Umstände vorliegen, die ein Abweichen vom Regelfall der Fünf-Jahresfrist gebieten, sind nicht ersichtlich.
58 
Ferner lassen die jeweils als erfüllt angesehenen Einstellungsvoraussetzungen der §§ 31 a BTMG, 153 StPO (geringe Schuld), 153 a StPO (keine entgegenstehende Schwere der Schuld) und des § 154 StPO, der die Einstellung hinsichtlich Neben-straftaten erlaubt, die nicht beträchtlich ins Gewicht fallen, keine Rückschlüsse auf einen geringen Unrechtsgehalt im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 3 DVO PolG zu (vgl. VG Hannover, Urt. v. 23.09.2013 - 10 A 2028/11 - zu § 81 g StPO). Denn Unrechtsgehalt und Schuld im strafrechtlichen Sinne sind nach unterschiedlichen Maßstäben zu beurteilen, ebenfalls abweichend von letzterer ist der Unrechtsgehalt im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 3 DVO PolG zu bestimmen.
59 
Die Löschfristen berechnen sich im Einzelnen wie folgt: Die Ermittlungen zu der unter Nr. 2.1.4 gespeicherten Beleidigung auf sexueller Grundlage im Zeitraum vom 01.08.2000 bis 03.01.2002 weisen keine Anhaltspunkte für einen geringen Unrechtsgehalt und damit für eine Straftat von geringer Bedeutung auf. Für sie gilt die Fünf-Jahresfrist.
60 
Was den Diebstahl der Sportschuhe angeht (Nr. 2.1.8.), wurde der Kläger wegen vollendeten Diebstahls durch Strafbefehl vom 12.11.1992 zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen verurteilt. Der Wert der Sportschuhe liegt zwar mit 129,90 DM unter dem Wert von 500.-- EUR, weshalb auch hier der Regelfall des § 5 Abs. 3 Satz 2 DVO PolG in Betracht kommt. Zu berücksichtigen ist aber auch die kriminelle Energie, mit der der Kläger vorgegangen ist, indem er der Verkäuferin erklärte, er brauche Sport-schuhe und habe nur 70 DM dabei. Der Kläger warf dann ein Paar Sportschuhe durch das offene Fenster im 1. OG auf die Straße und verließ das Geschäft in der Absicht, die Schuhe mitzunehmen. Die Dreistigkeit dieses Vorgehens ist als atypischer Umstand zu werten, der den Unrechtsgehalt erhöht und ein Absehen vom Regelfall wegen der geringen Werts der Sache und die Geltung der fünfjährigen Frist gebietet.
61 
Von geringer Bedeutung ist der Unrechtsgehalt im Verfahren Nr. 2.1.9 (laut Straf-anzeige 28.01.1993: Diebstahl eines Damenfahrrads, Marke Peugeot, cremefarben, 5-Gang, 28-Zoll, Zahlenschloss, im Wert von ca. 500.-- DM; s. Az. 22 Js 4225/93 -) deshalb, weil der Wert des Fahrrades trotz der Schätzung in der Strafanzeige auf 500.-- DM laut Anzeigenaufnahme (s. Anzeigenaufnahme vom 17.05.1992 - 22 Js 4225/93 -) auf 150.-- DM angesetzt wurde und damit unter 500.-- DM lag (s. § 5 Abs. 3 Satz 2 DVO PolG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung vom 16.09.1994). Letzteres erscheint realistisch, zumal bei der Anzeigenaufnahme nicht von einem neuwertigen Rad die Rede war. Insoweit liegen keine besonderen Umstände vor, die es gebieten würden, vom Regelfall der Drei-Jahresfrist abzusehen.
62 
Was die Verfahren unter 2.1.10 und 2.1.11 angeht, weisen die Beleidigung und Be-drohung entgegen der Auffassung des Klägers keinen geringeren Unrechtsgehalt auf. Dagegen sprechen schon die möglichen nicht unerheblichen Folgen beim be-troffenen Opfer, die der Brief des Klägers vom 27.02.1991 ausgelöst hat und auslösen konnte. Darin war u.a. der Satz: „Dich zu vögeln, das war noch lange nicht alles.“ Außerdem war er mit der Aufschrift versehen: „PS.: Nächstes Mal komm ich mit der Kalaschnikoff. Du kannst jetzt wählen: gehe jämmerlich zugrunde“. Schon allein diese Ausdrücke sind geeignet, den Empfänger einzuschüchtern und in Angst zu versetzen. Dies ist auch tatsächlich eingetreten. Wie aus der Anzeigenaufnahme vom 27.02.1991 hervorgeht, fühlte sich das Opfer durch den Brief vom 27.02.1991 bedroht, obwohl sie den Kläger seit Langem aus der Abitursklasse kannte und bislang als „harmlosen Irren“ einstufte. Die Betroffene äußerte, dass sie Angst habe und sie sich vorstellen könne, dass er ihr „tatsächlich etwas antun könnte“. Die Erklärungsversuche des Kläger-Vertreters sind nicht geeignet, den Unrechtsgehalt der Bedrohung und Beleidigung zu schmälern.
63 
Der dem Kläger zum Vorwurf gemachte Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln in geringen Mengen zum Eigenkonsum nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG (2.1.12) wiegt in seinem Unrechtsgehalt nicht schwer, was § 29 Abs. 5 BtMG zeigt. Danach kann das Gericht von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt. Hinzu kommt, dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung in den Fällen des Besitzes geringer Mengen Betäubungsmittel zum Eigenkonsum im Sinne der §§ 29 Abs. 5, 31 a BTMG auch bei einschlägig vorbestraften abhängigen Drogenkonsumenten die Verhängung einer Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt und sich - soweit sie sich als unerlässlich erweist - im untersten Bereich des Strafrahmens des § 29 Abs. 1 BtMG zu bewegen hat (OLG Hamm, Beschl. v. 06.03.2014 – III-1 RVs 10/14, 1 RVs 10/14). Dies und der Umstand, dass nach Aktenlage in den durchsuchten Räumen keine Betäubungsmittel gefunden wurden, sprechen für eine Straftat geringer Bedeutung.
4.2.
64 
Das beklagte Land hat die streitgegenständlichen Daten - mit Ausnahme des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln - zu Recht bis 31.10.2012 gespeichert. Ein Anspruch darauf, die Daten früher, bereits nach dreijähriger Speicherung zu löschen, bestand nicht. Denn für die zulässigerweise drei oder länger als drei und fünf Jahre gespeicherten Verfahren gilt § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG, der Folgendes bestimmt: Werden innerhalb der Fristen weitere personenbezogene Daten über dieselbe Person gespeichert, so gilt für alle Speicherungen gemeinsam die Frist, die als letzte endet. Im Wortlaut dieser Vorschrift kommt eindeutig ein sog. Mitzieheffekt zum Ausdruck, mit der Folge, dass spätere Speicherungen, die innerhalb der zulässigen Speicherfristen früherer Speicherungen, hinzugekommen sind, bei der Fristberechnung berücksichtigt werden müssen, und für „alle Speicherungen gemeinsam“ die Frist erst endet, wenn die für eine innerhalb der Fristen hinzugekommene Speicherung geltende letzte Frist endet. Mit anderen Worten, die Vorschrift schiebt die Löschung aller innerhalb der Frist vorangegangener Speicherungen hinzugekommener Speicherungen hinaus, bis für alle Eintragungen die Löschungsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 22.10.2003 - 6 C 3/03 - = Buchholz 402.46 BKAG Nr. 2 zu §§ 489 Abs. 6, 494 Abs. 2 StPO im Unterschied zu § 32 Abs. 5 BKAG).
65 
Ausgehend davon enden hier alle - mit Ablauf des Jahres, in dem das letzte Ereignis erfasst worden ist, das zur Speicherung der personenbezogenen Daten geführt hat (§ 38 Abs. 5 Satz 1 PolG), beginnenden Speicherfristen am 31.12.2012, weil die früheren Speicherungen durch spätere mitgezogen werden.
66 
Die dreijährige Speicherfrist für das Verfahren unter Nr. 2.1.12 (wegen Eigenkonsums von Betäubungsmitteln, Tatzeit 01.01.1990 bis 31.12.1990) wurde aufgrund der am 27.02.1991 begangenen Beleidigung auf sexueller Grundlage (2.1.11) und Bedrohung (2.1.12) gemäß § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG verlängert. Denn für die beiden zuletzt genannten Verfahren gilt die Fünf-Jahresfrist, innerhalb derer zwei Verfahren wegen Ladendiebstahls (2.1.9, Tatzeit 17.05.1992 und 2.1.8, Tatzeit 14.07.1992) begangen wurden. Jedenfalls die Verurteilung wegen Ladendiebstahls hinsichtlich der Sportschuhe am 14.07.1992 (Nr. 2.1.8) löste die - am 31.12.1992 beginnende und frühestens am 31.12.1997 endende - Fünf-Jahresfrist aus. Deshalb ist unerheblich, dass für die am 17.05.1992 begangene Tat eine dreijährige Frist läuft. Innerhalb der fünfjährigen Frist lagen weitere Taten im Jahr 1997, die zwar nicht Streitgegenstand sind, aber für die Fristberechnung nach § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG heranziehbar sind. Dies sind die Ermittlungsverfahren unter den Nrn. 2.1.7 bis 2.1.5 wegen Unterschlagung (im Zeitraum vom 01.07.1997 bis 31.08.1997), Diebstahls in zwei Fällen (im Zeitraum vom 29.07.1997 bis 30.07.1997 und vom 01.11.1997 bis 12.12.1997), die sämtlich gemäß § 153 Abs. 1 StPO, also wegen geringer Schuld und fehlendem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung, nicht aber mangels Beweisen am Tatverdacht, eingestellt wurden. Diese lösten wiederum die - am 31.12.2003 endende - Fünf-Jahresfrist aus, in die die Tat unter Nr. 2.1.4 fällt (begangen im Zeitraum vom 01.08.2000 bis 03.01.2002). Auch dieser Vorgang unter Nr. 2.1.4 setzte die Fünf-Jahresfrist in Gang, innerhalb der die Taten unter Nr. 2.1.3 (Tatzeit am 23.05.2006), 2.1.2 (Tatzeit vom 19.01.2007 bis 04.04.2007) und Nr. 2.1.1 (im Zeitraum vom 28.07.2007 bis 21.09.2007) begangen wurden. Weil beide im Jahr 2007 begangenen Taten wiederum die Fünf-Jahresfrist ausgelöst haben, beginnend am 31.12.2007 (§ 38 Abs. 5 Satz 1 PolG), endete die Höchstfrist der Speicherung gemäß § 38 Abs. 5 Satz 2 PolG am 31.12.2012. Es verletzt den Kläger jedoch nicht in seien Rechten, dass das beklagte Land die Löschung der streitgegenständlichen Ermittlungsverfahren am 31.10.2012, statt am 31.12.2012 vorgenommen hat.
67 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Da der Kläger nur zu einem geringen Teil obsiegt hat, waren ihm die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen. Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO vorliegt.
68 
Beschluss
69 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5000.-- festgesetzt.
70 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

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Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

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(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

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(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

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(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

Für die Rücknahme und den Widerruf der Genehmigung gelten die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Der Widerruf kann nur bis zum Ablauf eines Jahres nach Erteilung der Genehmigung erfolgen. Die Rücknahme oder der Widerruf dürfen nicht darauf gestützt werden, daß dem Amt oder Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, nach Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung ein Antrag nach § 30 Abs. 1 des Vermögensgesetzes bekannt wird, der vor der Entscheidung bei dieser Stelle nicht eingegangen war oder über den dort keine Mitteilung vorlag. Ergehen die Rücknahme oder der Widerruf in elektronischer Form, so sind sie mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach § 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu versehen.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

Der Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Aufbewahrung von erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten, die im Zuge mehrerer gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahren erhoben worden sind.
Im Einzelnen gingen dem folgende Ermittlungs- und Strafverfahren voraus:
Im Jahre 1982 wurde gegen den Kläger wegen mehrfachen Diebstahls, begangen in der Zeit zwischen dem 01.04. und dem 12.04.1982 zusammen mit mehreren anderen Jugendlichen, ermittelt. Im Zuge der Ermittlungen wurde der Kläger erkennungsdienstlich behandelt. Das Verfahren kam dadurch zum Abschluss, dass der Kläger 40 Stunden gemeinnützige Arbeit in einer Jugendherberge leisten musste.
Im Jahre 1987 wurde gegen den Kläger wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, begangen am 04.03.1987, ermittelt. Das Verfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Tübingen vom 29.04.1988 (3 Ls 288/87) gem. § 153a StPO unter Auferlegung einer Geldbuße von 250,00 DM eingestellt.
Am 23.08.1989 wurde der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts Reutlingen (7 Ls 116/89) wegen gefährlicher Körperverletzung, begangen am 12.06.1988, zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Zuge der Ermittlungen wurde der Kläger erneut erkennungsdienstlich behandelt.
Im Jahre 1993 wurde gegen den Kläger wegen Verdachts des Diebstahls, begangen am 01.08.1993 ermittelt. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Tübingen mit Verfügung vom 22.11.1993 (23 Js 7593/93) gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da dem Beschuldigten die Tat nicht mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachzuweisen sei. Der Täter hatte zwar bei Begehung des Diebstahles das Fahrzeug des Klägers benutzt. Allerdings konnte nicht nachgewiesen werden, das es tatsächlich der Kläger war, der die Tat begangen hat.
Im Jahre 1996 wurde der Kläger wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz durch illegalen Besitz einer Schusswaffe in den Jahren 1994 und 1995 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen á 40,00 DM verurteilt. Im Zuge der Ermittlungen wurde der Kläger erneut erkennungsdienstlich behandelt.
Im Jahre 1997 wurde gegen den Kläger wegen des Verdachts der Körperverletzung ermittelt. Dieses Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Tübingen mit Beschluss vom 24.02.1997 (14 Js 2750/97) gem. § 170 Abs. 2 StPO wegen Verzichts auf die Stellung eines Strafantrages durch den Geschädigten eingestellt.
In den Jahren 2001 und 2002 wurde gegen den Kläger wegen Verdachts der Beihilfe zum Betrug ermittelt. Der Kläger wurde beschuldigt, einem Dritten durch nachträgliche Ausstellung von Rechnungen dabei behilflich gewesen zu sein, bei einer Versicherung auf betrügerische Weise zu einer Schadensregulierung zu gelangen. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Tübingen mit Verfügung vom 27.11.2002 (42 Js 13432/01) gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. In der Verfügung heißt es, dass die Rechnungen nach dem Brand ausgestellt wurden, dem Kläger jedoch nicht nachzuweisen sei, dass er einen Betrug habe unterstützen wollen.
10 
Schließlich wurde gegen den Kläger im Jahre 2004 wegen des Verdachts der Körperverletzung, begangen am 18.07.2004, ermittelt. Dem Kläger wurde vorgeworfen, unter Alkoholeinfluss eine andere Person geschlagen zu haben. Gegen den Kläger wurde deshalb per Strafbefehl vom 09.02.2005 eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen á 50,00 EUR verhängt.
11 
Mit Schreiben vom 07.01.2003 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf die Verfahrenseinstellung im Jahre 2002 bei der Polizeidirektion Tübingen die Vernichtung sämtlicher Identifizierungsunterlagen einschließlich der vom Kläger gefertigten Lichtbilder, die in den polizeilichen Sammlungen enthalten sind.
12 
Diesen Antrag lehnte die Polizeidirektion Tübingen mit Bescheid vom 10.07.2003 ab. Zur Begründung wird im Bescheid ausgeführt, die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage - § 38 Polizeigesetz Baden-Württemberg (PolG) - seien in Bezug auf den Kläger erfüllt. In keinem der oben angeführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sei, auch wenn keine Verurteilung erfolgte, der Tatverdacht zur Gänze ausgeräumt worden. Die Tatsache, dass der Kläger seit 1982 immer wieder polizeilich in Erscheinung getreten sei, darunter zweimal wegen Diebstahls und mehrfach wegen Körperverletzung, gebe Grund zu der Annahme, dass er auch künftig wieder Anlass zu strafrechtlichen Ermittlungen geben werde. Bei entsprechenden künftigen Ermittlungen würde die Aufklärungsarbeit mit den vorhandenen erkennungsdienstlichen Unterlagen wesentlich unterstützt, unter Umständen durch Lichtbilder und/oder Fingerabdrücke sogar erst möglich. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 PolG i.V.m. § 5 Abs. 1 Durchführungsverordnung zum Polizeigesetz Baden-Württemberg (DVO PolG) vor, wonach die Regelfrist zur Speicherung der Daten und der Aufbewahrung der Unterlagen unter anderem bei Fällen von überregionaler Bedeutung zehn Jahre betrage. Die oben angeführten Verurteilungen und sonstigen polizeilichen Erkenntnisse seien Belege dafür, dass in Bezug auf den Kläger von Straftaten von überregionaler Bedeutung auszugehen sei. Da sich die Fristberechnung nach der jüngsten Tatzeit richte, sei die Löschung/Vernichtung erst zum 01.12.2006 vorgesehen.
13 
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 05.08.2003 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger lediglich in drei Fällen verurteilt worden sei. In diesen drei Fällen sei kein Delikt dabei, das überregionale Bedeutung habe. Es handle sich allesamt um Straftaten von weit unterdurchschnittlicher Schwere, wobei die zuletzt nachgewiesene Tat im Jahre 1995 begangen worden sei und die erste Tat, ein Diebstahl von Stallhasen, nunmehr 21 Jahre zurückliege und vom Kläger im jugendlichen Alter begangen worden sei. Weiter führte der Kläger aus, dass er heute sehr erfolgreich ein Elektrounternehmen betreibe. Diesem Betrieb sei es höchst abträglich, wenn seine Lichtbilder immer wieder in Wahllichtbildervorlagen verwendet würden. Denn jeder, dem diese Lichtbilder vorgelegt würden, könne daraus schließen, dass der Kläger in der Vergangenheit strafrechtlich in Erscheinung getreten sei.
14 
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2003, dem Kläger zugestellt am 18.09.2003, wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch des Klägers mit im Wesentlichen gleicher Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück. Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage - § 36 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 38 Abs. 1 PolG Baden-Württemberg - seien beim Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfüllt. Die Regelfrist für die Überprüfung der weiteren Aufbewahrung von polizeilichen Unterlagen betrage nach § 38 Abs. 2 PolG i.V.m. § 5 DVO PolG unter anderem bei Fällen von überregionaler Bedeutung zehn Jahre. Für die Bewertung von Straftaten als überregional sei nicht allein die Schwere der einzelnen Straftat bedeutsam, sondern auch die Häufung von Straftaten über Jahre hinweg zu berücksichtigen. Von überregionaler Bedeutung könne daher auch ausgegangen werden, wenn der Tatverdächtige durch wiederholte Tatbegehung zeige, dass eine kriminelle Neigung bestehe. Die oben angeführten Verurteilungen und sonstigen polizeilichen Erkenntnisse seien Belege dafür, dass diese Voraussetzungen beim Kläger vorlägen. Da sich die Fristberechnung nach der jüngsten Tatzeit, im vorliegenden Fall sei dies der 18.11.1997, richte, sei die Löschung/Vernichtung - soweit keine weiteren Erkenntnisse im Rahmen von Ermittlungsverfahren zugespeichert/aufgenommen werden müssen - zum 01.12.2006 vorgesehen. Da gleichermaßen zielführende, den Kläger jedoch weniger belastende Maßnahmen nicht ersichtlich seien, müsse dessen persönliches Interesse an der Vernichtung der Unterlagen gegenüber dem Anspruch der Allgemeinheit an die staatlichen Organe, alle rechtmäßig erforderlichen Voraussetzungen für die Aufklärung von Straftaten zu schaffen, zurücktreten.
15 
Am 16.10.2003 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Zur Begründung hat der Kläger zunächst die Rechtsauffassung geäußert, dass bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 38 PolG vorliegen, alle die festgehaltenen Straftaten auszuscheiden haben, die eingestellt worden seien. Wenn keine Anklage mangels hinreichenden Tatverdachtes erfolge, gebe es auch keinen Anlass, die Vorgänge zur Begründung der Speicherung personenbezogener Daten heranzuziehen. Somit blieben drei Straftaten übrig, mit denen die Speicherung der Daten begründet werden könnte, nämlich der Waffenbesitz im Jahre 1996, die gefährliche Körperverletzung im Jahre 1988 und der Hasendiebstahl im Jahre 1982. Bei der letztgenannten Tat handle es sich um die Verfehlung Jugendlicher von äußerst harmloser Art, so dass sich aus diesem Vorgang kaum der Schluss herleiten lasse, dass der Antragsteller zukünftig wieder Straftaten begehen werde. Immerhin liege der Vorgang schon 21 Jahre zurück und der Antragsteller sei damals 16 Jahre alt gewesen. Was die gefährliche Körperverletzung im Jahre 1988 angehe, sei dies zwar eine schwerwiegende Straftat. Allerdings liege diese heute 15 Jahre zurück; der Kläger sei zum Zeitpunkt der Tat 22 Jahre alt gewesen. Zur Tatausführung sei zudem anzumerken, dass der Kläger einem Freund, der von drei Personen mit erheblicher krimineller Vergangenheit massiv tätlich angegriffen worden sei, zunächst Nothilfe geleistet, und dass er jedenfalls von sich aus nicht die Initiative zu einer kriminellen Handlung ergriffen habe. Der Kläger sei seit dieser Zeit nicht mehr wegen einer Körperverletzung straffällig geworden, so dass der lange Zeitraum heute die Gewähr biete, dass der Kläger eben gerade nicht mehr einschlägig straffällig werden werde. Was schließlich die zuletzt geahndete Straftat aus dem Jahre 1996 angehe, seien seit dieser sieben Jahre vergangen. Der Unrechtsgehalt dieser Straftat sei als äußerst gering einzuschätzen. Die beim Kläger gefundene Waffe habe von seinem Großvater gestammt, die dieser ganz offensichtlich als Erinnerungsstück aufbewahrt habe. Die Waffe sei nicht schusstauglich gewesen, so dass von ihr keinerlei Gefahr ausgehen konnte. Daher sei davon auszugehen, dass diese Tat nicht geeignet sei zu begründen, dass der Kläger zukünftig wieder straffällig auffällig werden werde. Aus diesem Grunde hätte bereits die letzte Prüfung, ob personenbezogene Daten zu speichern seien, bezüglich dieser Tat ergeben müssen, dass keine Anhaltspunkte für zukünftige Straftaten bestünden und die Daten nicht weiter zu speichern seien. Weiter hat der Kläger vorgetragen, die Speicherung seiner Daten und die Verwendung seiner Lichtbilder bei der polizeilichen Ermittlungsarbeit werfe ein ausgesprochen schlechtes Bild auf den Kläger. Jede Person, die das Bild des Klägers, insbesondere bei Wahllichtbildvorlagen sehe, wisse, dass der Kläger zumindest früher strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, was tatsächlich jedoch weit geringer der Fall gewesen sei, als es den Anschein erwecke. Dies bleibe kein polizeiinterner Vorgang, sondern Personen, die den Kläger kennen, behielten dies nicht für sich, so dass der Kläger mit seinem Elektrounternehmen Wettbewerbsnachteile zu befürchten habe, wenn seine Vergangenheit als Straftäter publik werde. Demnach stehe der zu befürchtende wirtschaftliche Nachteil für den Kläger in keinem Verhältnis zu dem Nutzen, den die Speicherung seiner Daten für die Polizeibehörde mit sich bringe, denn aufgrund der Gesamtschau der von dem Kläger begangenen Straftaten und dem Zeitablauf sei nicht mehr davon auszugehen, dass der Kläger zukünftig weitere Straftaten begehen werde.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Landespolizeidirektion Tübingen vom 10.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 15.09.2003 zu verpflichten, die erkennungsdienstlichen, wie auch die übrigen polizeilichen Unterlagen, die den Kläger betreffen, zu vernichten sowie die entsprechenden Daten in den polizeilichen Dateien zu löschen.
18 
Der Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Zur Begründung hat er zusätzlich zum bisherigen Vortrag ausgeführt, dass der Kläger verkenne, dass die Speicherung/Aufbewahrung von Daten/Unterlagen selbst bei einer Einstellung des Verfahrens gem. § 170 Abs. 2 StPO in Betracht komme, soweit ein verbleibender Restverdacht - und nur auf diesen sei vorliegend bei der Speicherung der Daten abgestellt worden - noch gegeben sei. Zu den einzelnen Ermittlungsverfahren sei wie folgt Stellung zu nehmen: Was den Diebstahl im Jahre 1982 angehe, könne die zu Tage getretene kriminelle Energie aufgrund der mehrfachen und der Tatbegehung in der Gruppe nicht verharmlost werden. Es handle sich auch nicht um einen Fall von geringer Bedeutung im Sinne des § 5 Abs. 3 DVO PolG. Denn dies sei nach § 5 Abs. 4 DVO PolG bei gewohnheitsmäßiger Begehung zu verneinen. Gewohnheitsmäßig handle im allgemeinen, wer durch wiederholte Tatbegehung erkennen lasse, dass eine kriminelle Neigung vorliege, weshalb im Regelfall bei Begehung mehrerer Straftaten, die einzeln gesehen durchaus von vergleichsweise geringerem Unrechtsgehalt sein könnten, nicht von Fällen geringerer Bedeutung im Sinne des § 5 Abs. 3 DVO PolG auszugehen sei. Hinsichtlich des vom Kläger eingewandten Zeitablaufs bleibe festzuhalten, dass der Kläger die seinerzeit prognostizierte Wiederholungsgefahr durch die in der Folge begangenen weiteren Straftaten bestätigt habe. Was weiter das Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung im Jahre 1987 angehe, sei dieses zwar gem. § 153a StPO eingestellt worden. Die Auferlegung einer Geldbuße bedeute jedoch gleichzeitig, dass eine - wenn auch geringe - Schuld des Beschuldigten festgestellt, mithin der Tatverdacht nicht gänzlich ausgeräumt worden sei. Im Hinblick auf das Ermittlungsverfahren im Jahre 1993 wegen Verdachts des Diebstahles ergebe sich der verbleibende Restverdacht daraus, dass der Kläger Halter des tatbeteiligten Fahrzeuges gewesen sei und er im Übrigen keine Angaben gemacht habe, die den Verdacht hätten ausräumen können. Was die Verurteilung des Klägers wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz im Jahre 1996 angehe, seien im Zusammenhang mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Fortdauer der Datenspeicherung zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten weder die Umstände des Waffenbesitzes noch die Funktionsfähigkeit der Waffe von Belang. In Bezug auf die im Jahre 1997 und im Jahre 2002 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellten Ermittlungsverfahren sei schließlich festzuhalten, dass die Unschuldsvermutung einer weiteren Speicherung der Daten und Aufbewahrung der Unterlagen über ein Beschuldigten nicht entgegen stehe, wenn in dem Verfahren nicht jeglicher Tatverdacht ausgeräumt worden sei. Dies sei hier, da die Einstellung einmal wegen Verzichts auf die Stellung eines Strafantrages durch den Geschädigten (14 Js 2750/97), das andere Mal mangels Tatnachweises (42 Js 13423/01) erfolgte, der Fall gewesen. Insgesamt seien in diesem Sinne alle Vorgänge mit dem Hinblick auf die Rechtmäßigkeit ihrer Speicherung geprüft worden. Dagegen spreche auch nicht, dass seit der letzten angezeigten Straftat ca. sieben Jahre vergangen seien. Die Speicher- bzw. Aufbewahrungsfrist für die vom Kläger gespeicherten Daten und vorgehaltenen Unterlagen sei gem. § 5 Abs. 2 Nr. 2 DVO PolG auf 10 Jahre festgelegt worden, da beim Kläger aufgrund der zahlreichen, teils gravierenden strafrechtliche Ermittlungsverfahren im Verlaufe von 15 Jahren von einer „gewohnheitsmäßigen Begehung“ im Sinne von § 5 Abs. 4 DVO PolG auszugehen sei. Die Speicherfrist orientiere sich an der jüngsten Tatzeit, weshalb - vorbehaltlich keiner weiteren hinzukommenden polizeilichen Erkenntnisse - die Löschung zum 01.12.2006 vorgesehen sei. Auch das Vorbringen, dass eine Verwendung der gespeicherten Daten im Einzelfall für den Kläger zu Wettbewerbsnachteilen führen könne, ändere an der Rechtmäßigkeit der Speicherung nichts. Die gespeicherten Daten sowie die vorgehaltenen Akten einschließlich der Lichtbilder und Fingerabdrücke, seien grundsätzlich ausschließlich für die polizeiinterne Nutzung bestimmt. Es könne dabei unterstellt werden, dass bei der entsprechenden Verwendung der Unterlagen jeweils fachkundig und daher auch mit entsprechender Sensibilität vorgegangen werde.
21 
Mit Schreiben vom 15.02.2005 hat die Beklagte ergänzend vorgetragen, der erneute Vorgang aus dem Jahre 2004 bestätige die Wiederholungsgefahr für weitere strafrechtlich relevante Taten. Aufgrund dieses Vorfalls verlängere sich das Aussonderungsdatum erneut.
22 
Dem Gericht haben die Behördenakten der Beklagten ebenso wie die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren 42 Js 13423/01 vorgelegen. Hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Denn dem Kläger steht zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung kein Anspruch auf Vernichtung der über ihn vorhandenen erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten zu (§ 113 Abs. 5 VwGO).
24 
Der vom Kläger gestellte Antrag auf Löschung der ihn betreffenden erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten beurteilt sich nach § 38 Abs.1 Satz 4 PolG, denn Rechtsgrundlage für die Aufbewahrung und Speicherung ist § 38 Abs.1 PolG. Diese landesrechtliche Bestimmung ist auch in Fällen der erkennungsdienstlichen Behandlung eines Beschuldigten nach § 81b StPO anwendbar, insbesondere, wenn die Erhebung der Daten ohnehin bereits zu präventiven Zwecken auf der Grundlage des § 81 b 2. Alt. StPO erfolgt ist. Denn § 481 StPO steht der Anwendung hinreichend bestimmter bereichsspezifischer landesrechtlicher Rechtsgrundlagen für die Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten zu präventiv-polizeilichen Zwecken nicht entgegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.2003, VBlBW 2004, 214; Urt. v. 27.09.1999, NVwZ-RR 2000, 287).
25 
Nach § 38 Abs.1 Satz 1 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten, die ihm im Rahmen von Ermittlungsverfahren bekannt geworden sind, speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ist die Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten erforderlich, wenn die betreffende Person verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben, und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie künftig eine Straftat begehen wird (§ 38 Abs.1 Satz 2 PolG). Die für die weitere Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung - kumulativ zum Tatverdacht - gesetzlich geforderten tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr können sich nach der - nicht abschließenden - Aufzählung in § 38 Abs. 1 Satz 3 PolG insbesondere aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben. Diese Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten aus Ermittlungsverfahren durch den Polizeivollzugsdienst und gegebenenfalls für die Löschung dieser Daten räumen der Behörde kein Ermessen und auch keinen Beurteilungsspielraum ein. Auch die gesetzlich geforderte Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Speicherung der Daten und dem gegenläufigen persönlichen Interesse des Betroffenen, wie sie durch den Erforderlichkeitsvorbehalt in § 38 Abs. 1 Satz 1 PolG ("... soweit und solange ... erforderlich ist.") nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorausgesetzt wird, ist der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen. Bei der Beurteilung der sich aus den tatsächlichen Anhaltspunkten erschließenden Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 PolG) steht dem Polizeivollzugsdienst allerdings ein Prognosespielraum zu (vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, VBlBW 1993, 13).
26 
Gemessen an diesen Voraussetzungen steht dem Kläger ein Anspruch auf Vernichtung der über ihn vorhandenen erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten nicht zu. Denn die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass die Speicherung der den Kläger betreffenden personenbezogenen Daten weiterhin zur Bekämpfung von Straftaten erforderlich und damit zulässig ist.
27 
Gegenstand der gespeicherten Daten sind - soweit streitbefangen - sieben durch Polizeidienststellen des Beklagten durchgeführte Ermittlungsverfahren aus dem Zeitraum 1982 bis 2002, denen der Verdacht von Straftaten aus den Bereichen Körperverletzung, Diebstahl und Betrug sowie in einem Fall des Verstoßes gegen das Waffengesetz zu Grunde lagen.
28 
Diese sieben Taten begangen zu haben, die Gegenstand der gespeicherten Daten sind, ist der Kläger verdächtig (§ 38 Abs.1 Satz 2 1.Halbs. PolG). Soweit die Ermittlungsverfahren zur Verurteilung des Klägers geführt haben (Taten im Zeitraum 01.04. bis 12.04.1982, vom 12.06.1988 und Verstoß gegen das Waffengesetz in den Jahren 1994 und 1995), wird dies auch vom Kläger nicht in Frage gestellt. In dem Fall, in dem es zur Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO (Ereignis vom 04.03.1987) gekommen ist, besteht gleichfalls ein Tatverdacht gegen den Kläger, denn der hinreichende Tatverdacht ist Voraussetzung für die Zulässigkeit der Einstellung nach § 153 a StPO (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.). Ein Tatverdacht besteht schließlich auch insoweit, als die Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gem. § 170 Abs.2 StPO eingestellt worden sind. Entgegen der Auffassung des Klägers schließt die Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs.2 StPO einen gegen den Beschuldigten fortbestehenden Tatverdacht nicht notwendig aus, sofern ein erheblicher „Restverdacht“ bestehen bleibt. Dem steht Art. 6 Abs.2 MRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, nicht entgegen, denn diese Vermutung berührt die polizeiliche Ermittlungstätigkeit bei konkreten Verdachtsmomenten nicht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.02.1987 - 1 S 2808/86 -, NJW 1987, 2764). Ob ein „Restverdacht“ in diesem Sinne vorliegt, ist anhand der Ermittlungsakten und insbesondere des Einstellungsbeschlusses festzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.; Urteile v. 23.02.1987 - 1 S 2624/86 - NJW 1987, 2763 und - 1 S 2808/86 - NJW 1987, 2764); hinsichtlich der drei Verfahrenseinstellungen nach § 170 Abs.2 StPO ist dies der Fall.
29 
Für das Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1993 (23 Js 7593/93, Einstellungsverfügung vom 22.11.1993) folgt dies daraus, dass trotz der Einstellung die durch konkrete Tatsachen hervorgerufenen objektiven Verdachtsmomente nicht widerlegt worden sind. Der begangene Diebstahl ist von einem Zeugen immerhin so genau beobachtet worden, dass dieser Farbe und Kennzeichen des mitgeführten PKW angeben konnte. Aufgrund dieser Angaben konnte der PKW des Klägers als Tatfahrzeug identifiziert werden. Da der Kläger bei der anschließenden Vernehmung keine Angaben machte, konnten die Zusammenhänge nicht aufgeklärt, mithin die gegen ihn bestehenden Verdachtsmomente nicht vollständig ausgeräumt werden.
30 
Für das Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1997 (14 Js 2750/97, Einstellungsverfügung vom 24.02.1997) ergibt sich der „Restverdacht“ zunächst aus dem Umstand, dass der Kläger bei seiner damaligen Vernehmung angegeben hatte, sich zwar alkoholbedingt nicht mehr erinnern, jedoch auch nicht ausschließen zu können, die Tat begangen zu haben. Hinzu kommt, dass die Einstellung nicht mangels hinreichenden Tatverdachts, sondern wegen fehlenden Strafantrags des Geschädigten aus Rechtsgründen erfolgte.
31 
Schließlich besteht auch hinsichtlich des Ermittlungsverfahrens in den Jahren 2001 und 2002 (42 Js 13432/01, Einstellungsverfügung vom 27.11.2002) ein für § 38 Abs.1 Satz 2 PolG erheblicher „Restverdacht“. Dies folgt zunächst aus den Gründen der Einstellungsverfügung, wonach der gegen den Kläger gerichtete Tatverdacht im Ermittlungsverfahren keineswegs ausgeräumt werden konnte, sondern vielmehr „etliche Ungereimtheiten“ verblieben sind. Bestätigt wird dies durch die der Kammer vorliegenden Ermittlungsakten. So ergibt sich beispielsweise aus dem abschließenden Ermittlungsbericht des Dezernats S/OK vom 29.08.2001, dass eine Musikanlage, die sich zum Brandzeitpunkt im Gebäude befunden haben soll, nicht - wie gegenüber der Versicherung angegeben - im Eigentum des Beschuldigten D., sondern des Klägers gestanden hatte. Weiter konnte festgestellt werden, dass eine Rechnung für diese Anlage erst 4 Tage nach dem Brand ausgestellt worden war. Aufgrund dieser Umstände war der Verdacht entstanden, der Kläger habe „durch Erstellung einer falschen Rechnung Wiederbeschaffungskosten für den Beschuldigten D. in Höhe von DM 3.945,19 vorgetäuscht, obwohl laut Lieferantenrechnung ihm als Eigentümer der Musikanlage lediglich ein Schaden in Höhe von netto DM 1.950,-- entstanden“ sei. Diese objektiven Verdachtsmomente konnten durch den Kläger nicht vollständig ausgeräumt werden. Insbesondere konnte der Kläger ausweislich eines Berichtes des Dezernats S/OK vom 23.07.2001 für die Musikanlage weder Ausgangsrechnungen vorlegen noch Zahlungseingänge nachweisen. Die Einstellung vom 27.11.2002 erfolgte daher letztlich nur, weil dem Kläger nicht nachzuweisen war, „dass er einen Betrug des getrennt verfolgten D. hat unterstützen wollen“.
32 
Zu Recht geht der Beklagte auch von einer fortbestehenden Wiederholungsgefahr in der Person des Klägers aus (§ 38 Abs. 1 Satz 3 und 4 PolG). Im Hinblick auf die Vielzahl der dem Kläger zur Last gelegten Strafgesetzverstöße und die zum Teil - nämlich was den Verdacht der Körperverletzung angeht - strukturelle Ähnlichkeit der Taten sieht die Kammer keinen Anlass, an der Berechtigung dieser Prognose zu zweifeln. Der Kläger ist immerhin zumindest in sieben Fällen während eines längeren Zeitraums von rund 20 Jahren strafrechtlich in Erscheinung getreten. Eine Gleichartigkeit der Gesetzverstöße liegt dabei jedenfalls insoweit vor, als in drei Fällen wegen einfacher oder gefährlicher Körperverletzung ermittelt worden ist. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger inzwischen von der insoweit gezeigten Gewaltbereitschaft in Konfliktsituationen Abstand genommen hätte. Im Gegenteil wird die vom Beklagten schon zu Beginn dieses Verfahrens beim Kläger angenommene Wiederholungsgefahr dadurch bestätigt, dass gegen ihn im Jahre 2004 erneut wegen des Verdachts der Körperverletzung ermittelt worden ist; wegen des Vorwurfs, unter Alkoholeinfluss eine andere Person geschlagen zu haben, ist gegen den Kläger am 09.02.2005 Strafbefehl ergangen. Die Indizwirkung dieses Vorfalls wird auch nicht dadurch beseitigt, dass der Kläger nach seinen Angaben gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hat. Denn selbst bei Erfolg des Einspruchs wäre das Vorliegen eines Tatverdachts im Sinne des § 38 Abs.1 Satz 2 PolG nicht in Abrede gestellt, da Voraussetzung für einen Strafbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts ist (vgl. § 407 Abs.1 Satz 4 StPO).
33 
Mit dem festgestellten Tatverdacht in den sieben Fällen aus den Jahren 1982 bis 2002 und der auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhenden Wiederholungsgefahr sind die Voraussetzungen erfüllt, unter denen der generalisierenden Wertung des Gesetzgebers in § 38 Abs. 1 Satz 2 und 3 PolG zufolge die Speicherung der personenbezogenen Daten aus diesen Ermittlungsverfahren zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG). Steht dies fest, kann die Behörde im Regelfall davon ausgehen, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten bis zum Ablauf der gesetzlichen Regelspeicherfristen (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG) geboten und damit zulässig ist. Dies entspricht erkennbar der Wertung des Gesetzgebers, der mit den Fristen in § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG nicht nur den Zeitpunkt bestimmt hat, nach dem der Polizeivollzugsdienst spätestens von Amts wegen zu überprüfen hat, ob die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten noch erforderlich ist (§ 38 Abs. 2 Satz 1 PolG), sondern damit zugleich den zeitlichen Rahmen abgesteckt hat, nach dessen Ablauf die personenbezogenen Daten im Regelfall zu löschen sind (§ 38 Abs. 3 Satz 2 PolG). Bis zum Ablauf dieser Fristen jedoch geht der Gesetzgeber grundsätzlich von der Erforderlichkeit der nach § 38 Abs. 1 PolG zulässigerweise gespeicherten Daten aus (so § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG, vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.). Die Löschung der Daten vor Ablauf der Regelspeicherfristen ist danach nur im Ausnahmefall geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PolG) ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG). Dies kann bei der Speicherung von Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten etwa der Fall sein bei Wegfall der Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 PolG) oder wenn besondere Umstände die Unverhältnismäßigkeit der weiteren Datenspeicherung für den Betroffenen begründen.
34 
Die gesetzliche Regelspeicherfrist, die für die vom Kläger gespeicherten Daten 5 Jahre beträgt (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG i. V. m. § 5 Abs.1 Nr.1 DVO PolG), ist für die von ihm gespeicherten Daten noch nicht abgelaufen. Aus diesem Grunde kommt es auch nicht darauf an und kann folglich dahinstehen, ob - wie der Beklagte meint - in Bezug auf den Kläger überregional bedeutsame Straftaten im Sinne des § 5 Abs.2 Nr.3 DVO PolG vorliegen, welche eine 10jährige Speicherfrist auslösen würden. Die Frist beginnt gemäß § 38 Abs.3 Satz 1 PolG frühestens mit Bekanntwerden des neuerlichen Vorfalls vom 18.07.2004 zu laufen. Denn maßgeblich für die Fristberechnung ist der Zeitpunkt, an dem der Polizeivollzugsdienst Kenntnis von dem zeitlich letzten Verdacht gegen den Betroffenen erhalten hat, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.1999, a.a.O.; Urt. v. 26.05.1992, a.a.O; Wolf/Stephan, Polizeigesetz Baden-Württemberg, § 38 Rdnr. 12). Diese Auslegung ist mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar und erscheint der Kammer im Hinblick auf den Zweck der Speicherung - die Aufklärungsarbeit für den Fall, dass der Kläger in den Kreis der Verdächtigen fiele, zu erleichtern - auch geboten.
35 
Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von § 46 Abs.1 Nr.2 i. V. m. § 38 Abs.2 PolG daraus, dass bereits zu einem früherem Zeitpunkt eine Überprüfung zur Vernichtung der Daten hätte führen müssen. Denn selbst wenn man den neuerlichen Vorfall aus dem Jahre 2004 unberücksichtigt ließe, wäre die 5jährige Regelspeicherfrist noch nicht abgelaufen. Maßgeblich käme es dann auf das Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zum Betrug aus den Jahren 2001 und 2002 an, wobei die Frist gemäß § 38 Abs.3 Satz 1 PolG frühestens am 30.03.2001 mit Übersendung der Allianz-Schadensakten, welche u. a. die nachträglich ausgestellten Rechnungen des Klägers enthalten hatten, zu laufen begonnen hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das objektive Ereignis - der Brand des Clubheims „M. B.“ - bereits am 05.10.1996 stattgefunden hat. Entscheidend für den Fristbeginn ist nämlich - wie bereits ausgeführt - der Zeitpunkt, an dem der Polizeivollzugsdienst Kenntnis von dem Verdacht gegen den Betroffenen erhalten hat. Der Kläger kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg auf kürzere Regelspeicherfristen berufen. Gemäß § 38 Abs.2 Satz 4 PolG i. V. m. § 5 Abs.3 Satz 1 DVO PolG verkürzt sich die Frist in „Fällen von geringer Bedeutung“ auf 3 Jahre. Ein Fall geringer Bedeutung, der eine Verkürzung der 5jährigen Regelspeicherfrist bei den vom Kläger gespeicherten Daten gebieten würde, liegt bei ihm indes nicht vor. Die in den Jahren 1982 bis 2002 erfassten Ereignisse sind nach dem Gegenstand des zugrunde liegenden Tatvorwurfs, vor allem jedoch im Hinblick auf ihre Häufung und hinsichtlich der Tatmotivation zum Teil strukturellen Gleichartigkeit nicht von geringer Bedeutung. Was den Betrugsverdacht aus den Jahren 2001 und 2002 angeht, kommt hinzu, dass sich die im Raum stehende Schadenshöhe ausweislich der Einstellungsverfügung auf ca. 5.400,-- DM belaufen hat. Der für die Annahme eines Regelfalls geringer Bedeutung (§ 5 Abs.3 Satz 2 DVO PolG) eingeräumte Schadensbereich von maximal 500,-- DM ist damit weit überschritten.
36 
Die weitere Speicherung der Daten belastet den Kläger schließlich auch nicht in unverhältnismäßiger Weise. Gegenüber dem dargelegten berechtigten Interesse des Polizeivollzugsdienstes am weiteren Zugriff auf die von dem Kläger gespeicherten Daten muss dessen Interesse, nicht mehr durch die fortdauernde Datenspeicherung über ihm zur Last gelegte frühere Strafgesetzverstöße belastet zu sein, zurücktreten. Hieran vermag auch der vom Kläger geäußerte Umstand, dass er ein Elektrounternehmen betreibt und insoweit Wettbewerbsnachteile befürchtet, nichts zu ändern. Zum einen stuft die Kammer die Möglichkeit, das die über den Kläger gespeicherten Daten an Unbefugte seitens der Polizeidienststellen weitergegeben werden, als sehr gering ein. Zum anderen ist auch zu gewärtigen, dass die Speicherung der Daten letztlich auf dem bewussten Verhalten des Klägers beruht, dass ihn dem berechtigten Verdacht aussetzte, gegen waffen- und strafrechtliche Vorschriften verstoßen zu haben, und dass sich die zu Recht angenommene Wiederholungsgefahr erst kürzlich in einem weiteren Ermittlungsverfahren gegen den Kläger realisiert hat. Angesichts dessen müssen etwaige Nachteile, die sich eventuell daraus ergeben können, dass Lichtbilder des Klägers in Wahllichtbildvorlagen verwendet werden, vom Kläger hingenommen werden; dies zumal solche Wahllichtbildvorlagen - wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - nicht völlig wahllos, sondern aufgrund kriminalistischer Erfahrung im Einzelfall unter Berücksichtigung von Bezügen und Zusammenhängen zur Person eines Verdächtigen zusammengestellt werden.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer hatte keine Veranlassung, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
38 
Die Berufung gegen dieses Urteil war durch das Verwaltungsgericht nicht gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Unbenommen bleibt der Antrag auf Zulassung (vgl. die Rechtsmittelbelehrung), über den gemäß § 124 a Abs. 4, 5 VwGO der VGH Baden-Württemberg entscheidet.

Gründe

 
23 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Denn dem Kläger steht zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung kein Anspruch auf Vernichtung der über ihn vorhandenen erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten zu (§ 113 Abs. 5 VwGO).
24 
Der vom Kläger gestellte Antrag auf Löschung der ihn betreffenden erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten beurteilt sich nach § 38 Abs.1 Satz 4 PolG, denn Rechtsgrundlage für die Aufbewahrung und Speicherung ist § 38 Abs.1 PolG. Diese landesrechtliche Bestimmung ist auch in Fällen der erkennungsdienstlichen Behandlung eines Beschuldigten nach § 81b StPO anwendbar, insbesondere, wenn die Erhebung der Daten ohnehin bereits zu präventiven Zwecken auf der Grundlage des § 81 b 2. Alt. StPO erfolgt ist. Denn § 481 StPO steht der Anwendung hinreichend bestimmter bereichsspezifischer landesrechtlicher Rechtsgrundlagen für die Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten zu präventiv-polizeilichen Zwecken nicht entgegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.2003, VBlBW 2004, 214; Urt. v. 27.09.1999, NVwZ-RR 2000, 287).
25 
Nach § 38 Abs.1 Satz 1 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten, die ihm im Rahmen von Ermittlungsverfahren bekannt geworden sind, speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ist die Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten erforderlich, wenn die betreffende Person verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben, und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie künftig eine Straftat begehen wird (§ 38 Abs.1 Satz 2 PolG). Die für die weitere Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung - kumulativ zum Tatverdacht - gesetzlich geforderten tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr können sich nach der - nicht abschließenden - Aufzählung in § 38 Abs. 1 Satz 3 PolG insbesondere aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben. Diese Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten aus Ermittlungsverfahren durch den Polizeivollzugsdienst und gegebenenfalls für die Löschung dieser Daten räumen der Behörde kein Ermessen und auch keinen Beurteilungsspielraum ein. Auch die gesetzlich geforderte Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Speicherung der Daten und dem gegenläufigen persönlichen Interesse des Betroffenen, wie sie durch den Erforderlichkeitsvorbehalt in § 38 Abs. 1 Satz 1 PolG ("... soweit und solange ... erforderlich ist.") nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorausgesetzt wird, ist der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen. Bei der Beurteilung der sich aus den tatsächlichen Anhaltspunkten erschließenden Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 PolG) steht dem Polizeivollzugsdienst allerdings ein Prognosespielraum zu (vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, VBlBW 1993, 13).
26 
Gemessen an diesen Voraussetzungen steht dem Kläger ein Anspruch auf Vernichtung der über ihn vorhandenen erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten nicht zu. Denn die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass die Speicherung der den Kläger betreffenden personenbezogenen Daten weiterhin zur Bekämpfung von Straftaten erforderlich und damit zulässig ist.
27 
Gegenstand der gespeicherten Daten sind - soweit streitbefangen - sieben durch Polizeidienststellen des Beklagten durchgeführte Ermittlungsverfahren aus dem Zeitraum 1982 bis 2002, denen der Verdacht von Straftaten aus den Bereichen Körperverletzung, Diebstahl und Betrug sowie in einem Fall des Verstoßes gegen das Waffengesetz zu Grunde lagen.
28 
Diese sieben Taten begangen zu haben, die Gegenstand der gespeicherten Daten sind, ist der Kläger verdächtig (§ 38 Abs.1 Satz 2 1.Halbs. PolG). Soweit die Ermittlungsverfahren zur Verurteilung des Klägers geführt haben (Taten im Zeitraum 01.04. bis 12.04.1982, vom 12.06.1988 und Verstoß gegen das Waffengesetz in den Jahren 1994 und 1995), wird dies auch vom Kläger nicht in Frage gestellt. In dem Fall, in dem es zur Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO (Ereignis vom 04.03.1987) gekommen ist, besteht gleichfalls ein Tatverdacht gegen den Kläger, denn der hinreichende Tatverdacht ist Voraussetzung für die Zulässigkeit der Einstellung nach § 153 a StPO (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.). Ein Tatverdacht besteht schließlich auch insoweit, als die Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gem. § 170 Abs.2 StPO eingestellt worden sind. Entgegen der Auffassung des Klägers schließt die Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs.2 StPO einen gegen den Beschuldigten fortbestehenden Tatverdacht nicht notwendig aus, sofern ein erheblicher „Restverdacht“ bestehen bleibt. Dem steht Art. 6 Abs.2 MRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, nicht entgegen, denn diese Vermutung berührt die polizeiliche Ermittlungstätigkeit bei konkreten Verdachtsmomenten nicht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.02.1987 - 1 S 2808/86 -, NJW 1987, 2764). Ob ein „Restverdacht“ in diesem Sinne vorliegt, ist anhand der Ermittlungsakten und insbesondere des Einstellungsbeschlusses festzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.; Urteile v. 23.02.1987 - 1 S 2624/86 - NJW 1987, 2763 und - 1 S 2808/86 - NJW 1987, 2764); hinsichtlich der drei Verfahrenseinstellungen nach § 170 Abs.2 StPO ist dies der Fall.
29 
Für das Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1993 (23 Js 7593/93, Einstellungsverfügung vom 22.11.1993) folgt dies daraus, dass trotz der Einstellung die durch konkrete Tatsachen hervorgerufenen objektiven Verdachtsmomente nicht widerlegt worden sind. Der begangene Diebstahl ist von einem Zeugen immerhin so genau beobachtet worden, dass dieser Farbe und Kennzeichen des mitgeführten PKW angeben konnte. Aufgrund dieser Angaben konnte der PKW des Klägers als Tatfahrzeug identifiziert werden. Da der Kläger bei der anschließenden Vernehmung keine Angaben machte, konnten die Zusammenhänge nicht aufgeklärt, mithin die gegen ihn bestehenden Verdachtsmomente nicht vollständig ausgeräumt werden.
30 
Für das Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1997 (14 Js 2750/97, Einstellungsverfügung vom 24.02.1997) ergibt sich der „Restverdacht“ zunächst aus dem Umstand, dass der Kläger bei seiner damaligen Vernehmung angegeben hatte, sich zwar alkoholbedingt nicht mehr erinnern, jedoch auch nicht ausschließen zu können, die Tat begangen zu haben. Hinzu kommt, dass die Einstellung nicht mangels hinreichenden Tatverdachts, sondern wegen fehlenden Strafantrags des Geschädigten aus Rechtsgründen erfolgte.
31 
Schließlich besteht auch hinsichtlich des Ermittlungsverfahrens in den Jahren 2001 und 2002 (42 Js 13432/01, Einstellungsverfügung vom 27.11.2002) ein für § 38 Abs.1 Satz 2 PolG erheblicher „Restverdacht“. Dies folgt zunächst aus den Gründen der Einstellungsverfügung, wonach der gegen den Kläger gerichtete Tatverdacht im Ermittlungsverfahren keineswegs ausgeräumt werden konnte, sondern vielmehr „etliche Ungereimtheiten“ verblieben sind. Bestätigt wird dies durch die der Kammer vorliegenden Ermittlungsakten. So ergibt sich beispielsweise aus dem abschließenden Ermittlungsbericht des Dezernats S/OK vom 29.08.2001, dass eine Musikanlage, die sich zum Brandzeitpunkt im Gebäude befunden haben soll, nicht - wie gegenüber der Versicherung angegeben - im Eigentum des Beschuldigten D., sondern des Klägers gestanden hatte. Weiter konnte festgestellt werden, dass eine Rechnung für diese Anlage erst 4 Tage nach dem Brand ausgestellt worden war. Aufgrund dieser Umstände war der Verdacht entstanden, der Kläger habe „durch Erstellung einer falschen Rechnung Wiederbeschaffungskosten für den Beschuldigten D. in Höhe von DM 3.945,19 vorgetäuscht, obwohl laut Lieferantenrechnung ihm als Eigentümer der Musikanlage lediglich ein Schaden in Höhe von netto DM 1.950,-- entstanden“ sei. Diese objektiven Verdachtsmomente konnten durch den Kläger nicht vollständig ausgeräumt werden. Insbesondere konnte der Kläger ausweislich eines Berichtes des Dezernats S/OK vom 23.07.2001 für die Musikanlage weder Ausgangsrechnungen vorlegen noch Zahlungseingänge nachweisen. Die Einstellung vom 27.11.2002 erfolgte daher letztlich nur, weil dem Kläger nicht nachzuweisen war, „dass er einen Betrug des getrennt verfolgten D. hat unterstützen wollen“.
32 
Zu Recht geht der Beklagte auch von einer fortbestehenden Wiederholungsgefahr in der Person des Klägers aus (§ 38 Abs. 1 Satz 3 und 4 PolG). Im Hinblick auf die Vielzahl der dem Kläger zur Last gelegten Strafgesetzverstöße und die zum Teil - nämlich was den Verdacht der Körperverletzung angeht - strukturelle Ähnlichkeit der Taten sieht die Kammer keinen Anlass, an der Berechtigung dieser Prognose zu zweifeln. Der Kläger ist immerhin zumindest in sieben Fällen während eines längeren Zeitraums von rund 20 Jahren strafrechtlich in Erscheinung getreten. Eine Gleichartigkeit der Gesetzverstöße liegt dabei jedenfalls insoweit vor, als in drei Fällen wegen einfacher oder gefährlicher Körperverletzung ermittelt worden ist. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger inzwischen von der insoweit gezeigten Gewaltbereitschaft in Konfliktsituationen Abstand genommen hätte. Im Gegenteil wird die vom Beklagten schon zu Beginn dieses Verfahrens beim Kläger angenommene Wiederholungsgefahr dadurch bestätigt, dass gegen ihn im Jahre 2004 erneut wegen des Verdachts der Körperverletzung ermittelt worden ist; wegen des Vorwurfs, unter Alkoholeinfluss eine andere Person geschlagen zu haben, ist gegen den Kläger am 09.02.2005 Strafbefehl ergangen. Die Indizwirkung dieses Vorfalls wird auch nicht dadurch beseitigt, dass der Kläger nach seinen Angaben gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hat. Denn selbst bei Erfolg des Einspruchs wäre das Vorliegen eines Tatverdachts im Sinne des § 38 Abs.1 Satz 2 PolG nicht in Abrede gestellt, da Voraussetzung für einen Strafbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts ist (vgl. § 407 Abs.1 Satz 4 StPO).
33 
Mit dem festgestellten Tatverdacht in den sieben Fällen aus den Jahren 1982 bis 2002 und der auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhenden Wiederholungsgefahr sind die Voraussetzungen erfüllt, unter denen der generalisierenden Wertung des Gesetzgebers in § 38 Abs. 1 Satz 2 und 3 PolG zufolge die Speicherung der personenbezogenen Daten aus diesen Ermittlungsverfahren zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG). Steht dies fest, kann die Behörde im Regelfall davon ausgehen, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten bis zum Ablauf der gesetzlichen Regelspeicherfristen (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG) geboten und damit zulässig ist. Dies entspricht erkennbar der Wertung des Gesetzgebers, der mit den Fristen in § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG nicht nur den Zeitpunkt bestimmt hat, nach dem der Polizeivollzugsdienst spätestens von Amts wegen zu überprüfen hat, ob die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten noch erforderlich ist (§ 38 Abs. 2 Satz 1 PolG), sondern damit zugleich den zeitlichen Rahmen abgesteckt hat, nach dessen Ablauf die personenbezogenen Daten im Regelfall zu löschen sind (§ 38 Abs. 3 Satz 2 PolG). Bis zum Ablauf dieser Fristen jedoch geht der Gesetzgeber grundsätzlich von der Erforderlichkeit der nach § 38 Abs. 1 PolG zulässigerweise gespeicherten Daten aus (so § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG, vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.). Die Löschung der Daten vor Ablauf der Regelspeicherfristen ist danach nur im Ausnahmefall geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PolG) ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG). Dies kann bei der Speicherung von Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten etwa der Fall sein bei Wegfall der Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 PolG) oder wenn besondere Umstände die Unverhältnismäßigkeit der weiteren Datenspeicherung für den Betroffenen begründen.
34 
Die gesetzliche Regelspeicherfrist, die für die vom Kläger gespeicherten Daten 5 Jahre beträgt (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG i. V. m. § 5 Abs.1 Nr.1 DVO PolG), ist für die von ihm gespeicherten Daten noch nicht abgelaufen. Aus diesem Grunde kommt es auch nicht darauf an und kann folglich dahinstehen, ob - wie der Beklagte meint - in Bezug auf den Kläger überregional bedeutsame Straftaten im Sinne des § 5 Abs.2 Nr.3 DVO PolG vorliegen, welche eine 10jährige Speicherfrist auslösen würden. Die Frist beginnt gemäß § 38 Abs.3 Satz 1 PolG frühestens mit Bekanntwerden des neuerlichen Vorfalls vom 18.07.2004 zu laufen. Denn maßgeblich für die Fristberechnung ist der Zeitpunkt, an dem der Polizeivollzugsdienst Kenntnis von dem zeitlich letzten Verdacht gegen den Betroffenen erhalten hat, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.1999, a.a.O.; Urt. v. 26.05.1992, a.a.O; Wolf/Stephan, Polizeigesetz Baden-Württemberg, § 38 Rdnr. 12). Diese Auslegung ist mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar und erscheint der Kammer im Hinblick auf den Zweck der Speicherung - die Aufklärungsarbeit für den Fall, dass der Kläger in den Kreis der Verdächtigen fiele, zu erleichtern - auch geboten.
35 
Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von § 46 Abs.1 Nr.2 i. V. m. § 38 Abs.2 PolG daraus, dass bereits zu einem früherem Zeitpunkt eine Überprüfung zur Vernichtung der Daten hätte führen müssen. Denn selbst wenn man den neuerlichen Vorfall aus dem Jahre 2004 unberücksichtigt ließe, wäre die 5jährige Regelspeicherfrist noch nicht abgelaufen. Maßgeblich käme es dann auf das Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zum Betrug aus den Jahren 2001 und 2002 an, wobei die Frist gemäß § 38 Abs.3 Satz 1 PolG frühestens am 30.03.2001 mit Übersendung der Allianz-Schadensakten, welche u. a. die nachträglich ausgestellten Rechnungen des Klägers enthalten hatten, zu laufen begonnen hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das objektive Ereignis - der Brand des Clubheims „M. B.“ - bereits am 05.10.1996 stattgefunden hat. Entscheidend für den Fristbeginn ist nämlich - wie bereits ausgeführt - der Zeitpunkt, an dem der Polizeivollzugsdienst Kenntnis von dem Verdacht gegen den Betroffenen erhalten hat. Der Kläger kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg auf kürzere Regelspeicherfristen berufen. Gemäß § 38 Abs.2 Satz 4 PolG i. V. m. § 5 Abs.3 Satz 1 DVO PolG verkürzt sich die Frist in „Fällen von geringer Bedeutung“ auf 3 Jahre. Ein Fall geringer Bedeutung, der eine Verkürzung der 5jährigen Regelspeicherfrist bei den vom Kläger gespeicherten Daten gebieten würde, liegt bei ihm indes nicht vor. Die in den Jahren 1982 bis 2002 erfassten Ereignisse sind nach dem Gegenstand des zugrunde liegenden Tatvorwurfs, vor allem jedoch im Hinblick auf ihre Häufung und hinsichtlich der Tatmotivation zum Teil strukturellen Gleichartigkeit nicht von geringer Bedeutung. Was den Betrugsverdacht aus den Jahren 2001 und 2002 angeht, kommt hinzu, dass sich die im Raum stehende Schadenshöhe ausweislich der Einstellungsverfügung auf ca. 5.400,-- DM belaufen hat. Der für die Annahme eines Regelfalls geringer Bedeutung (§ 5 Abs.3 Satz 2 DVO PolG) eingeräumte Schadensbereich von maximal 500,-- DM ist damit weit überschritten.
36 
Die weitere Speicherung der Daten belastet den Kläger schließlich auch nicht in unverhältnismäßiger Weise. Gegenüber dem dargelegten berechtigten Interesse des Polizeivollzugsdienstes am weiteren Zugriff auf die von dem Kläger gespeicherten Daten muss dessen Interesse, nicht mehr durch die fortdauernde Datenspeicherung über ihm zur Last gelegte frühere Strafgesetzverstöße belastet zu sein, zurücktreten. Hieran vermag auch der vom Kläger geäußerte Umstand, dass er ein Elektrounternehmen betreibt und insoweit Wettbewerbsnachteile befürchtet, nichts zu ändern. Zum einen stuft die Kammer die Möglichkeit, das die über den Kläger gespeicherten Daten an Unbefugte seitens der Polizeidienststellen weitergegeben werden, als sehr gering ein. Zum anderen ist auch zu gewärtigen, dass die Speicherung der Daten letztlich auf dem bewussten Verhalten des Klägers beruht, dass ihn dem berechtigten Verdacht aussetzte, gegen waffen- und strafrechtliche Vorschriften verstoßen zu haben, und dass sich die zu Recht angenommene Wiederholungsgefahr erst kürzlich in einem weiteren Ermittlungsverfahren gegen den Kläger realisiert hat. Angesichts dessen müssen etwaige Nachteile, die sich eventuell daraus ergeben können, dass Lichtbilder des Klägers in Wahllichtbildvorlagen verwendet werden, vom Kläger hingenommen werden; dies zumal solche Wahllichtbildvorlagen - wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - nicht völlig wahllos, sondern aufgrund kriminalistischer Erfahrung im Einzelfall unter Berücksichtigung von Bezügen und Zusammenhängen zur Person eines Verdächtigen zusammengestellt werden.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer hatte keine Veranlassung, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
38 
Die Berufung gegen dieses Urteil war durch das Verwaltungsgericht nicht gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Unbenommen bleibt der Antrag auf Zulassung (vgl. die Rechtsmittelbelehrung), über den gemäß § 124 a Abs. 4, 5 VwGO der VGH Baden-Württemberg entscheidet.

(1) Zur Anordnung der Maßnahmen nach § 99 ist nur das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch die Staatsanwaltschaft befugt.

(2) Anordnungen der Staatsanwaltschaft nach Absatz 1 treten, auch wenn sie eine Auslieferung nach § 99 Absatz 1 oder eine Auskunftserteilung nach § 99 Absatz 2 noch nicht zur Folge gehabt haben, außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Werktagen gerichtlich bestätigt werden.

(3) Die Öffnung der ausgelieferten Postsendungen steht dem Gericht zu. Es kann diese Befugnis der Staatsanwaltschaft übertragen, soweit dies erforderlich ist, um den Untersuchungserfolg nicht durch Verzögerung zu gefährden. Die Übertragung ist nicht anfechtbar; sie kann jederzeit widerrufen werden. Solange eine Anordnung nach Satz 2 nicht ergangen ist, legt die Staatsanwaltschaft die ihr ausgelieferten Postsendungen sofort, und zwar verschlossene Postsendungen ungeöffnet, dem Gericht vor.

(4) Über eine von der Staatsanwaltschaft verfügte Maßnahme nach § 99 entscheidet das nach § 98 zuständige Gericht. Über die Öffnung einer ausgelieferten Postsendung entscheidet das Gericht, das die Beschlagnahme angeordnet oder bestätigt hat.

(5) Postsendungen, deren Öffnung nicht angeordnet worden ist, sind unverzüglich an den vorgesehenen Empfänger weiterzuleiten. Dasselbe gilt, soweit nach der Öffnung die Zurückbehaltung nicht erforderlich ist.

(6) Der Teil einer zurückbehaltenen Postsendung, dessen Vorenthaltung nicht mit Rücksicht auf die Untersuchung geboten erscheint, ist dem vorgesehenen Empfänger abschriftlich mitzuteilen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Dem Bundeskriminalamt obliegt die Sicherung seiner behördlichen Liegenschaften, sonstigen Einrichtungen und eigenen Veranstaltungen gegen Gefahren, welche die Erfüllung seiner Aufgaben beeinträchtigen. Die Sicherung beschränkt sich auf die in Satz 1 bezeichneten Liegenschaften und Einrichtungen sowie auf die Grundstücke, auf denen diese Liegenschaften und Einrichtungen untergebracht sind oder Veranstaltungen stattfinden.

(2) Dem Bundeskriminalamt obliegt die Sicherung seines Dienstbetriebs gegen Gefahren, die von Personen ausgehen, die für das Bundeskriminalamt tätig werden sollen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 476/12
vom
15. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. Mai 2013,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 12. Oktober 2011, soweit es den Angeklagten S. betrifft, im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

A.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln in 20.230 Fällen schuldig gesprochen. Es hat ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, und einer gesonderten Gesamtgeldstrafe von 700 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt und den Verfall von Wertersatz in einer Höhe von 1.179.508,96 Euro angeordnet. Von der Anordnung erweiterten Werter- satzverfalls in Höhe eines weiteren Geldbetrages von 1.179.508,96 Euro hat es abgesehen.

I.


2
Der - nicht angefochtene - Schuldspruch beruht auf folgenden Feststellungen :
3
Der gesondert Verfolgte M. betrieb seit 2002 unter der Firma „G. “ einen Großhandel für Medikamente. Nach dem Wegfall des absoluten Versandverbots für Apotheken im Jahr 2004 beschloss er, unter Mitwirkung von ihm beschäftigter Mitarbeiter sowie eingeweihter Ärzte und Apotheker - darunter der Angeklagte - einen Internet-Großhandel aufzubauen, um im Ausland häufig nachgefragte sogenannte „ausgenommene Zubereitungen“ (Rivotril, Xanax, Alprazolam, Valium, Stilnox, Lorazepam, Zolpidem, Tafil und Tavor Expedit ) gewinnbringend zu verkaufen.
4
Die zumeist in den USA wohnhaften Kunden gaben hierfür auf weltweit abrufbaren Internetplattformen, die durch zwei von M. in Südafrika und Liechtenstein betriebene Unternehmen verantwortet wurden, Bestellungen auf. Diese wurden durch die eingebundenen Ärzte über einen speziellen Zugangscode entgegengenommen und rezeptiert. Der Angeklagte rief diese Rezepte ab und orderte - vielfach bei „G. “- die entsprechenden Medikamente, um sie sodann unter Benutzung seiner Privatadresse - entsprechend den abgegebenen Bestellungen - zu weit überhöhten Preisen an die Kunden zu versenden. Er wusste, dass zur Ausfuhr der hier als Betäubungsmittel anzusehenden Medikamente eine Ausfuhrgenehmigung nach § 11 BtMG erforderlich gewesen wäre. Ihm war auch bekannt, dass sich die Kunden zu keinem Zeitpunkt den Ärzten vorgestellt, sondern lediglich ihre Kreditkartendaten und einige gesundheitsbezogene und im Übrigen nicht nachprüfbare Informationen im Internet angegeben hatten.
5
Im Tatzeitraum zwischen dem 7. Oktober 2004 und dem 15. März 2006 versandte der Angeklagte in insgesamt 40.460 Fällen Produkte, davon in 20.230 Fällen ausgenommene Zubereitungen, im Übrigen „Lifestyle-Produkte“, die keine Betäubungsmittel darstellten, ins Ausland. Bei keiner Versendung wurde der Grenzwert der nicht geringen Menge der jeweiligen Stoffe erreicht oder überschritten. Der Angeklagte erhielt für seine Beteiligung eine Gewinnmarge von 10 Euro je Bestellung.

II.


6
1. Wegen sämtlicher Taten ist das Landgericht von jeweils gewerbsmäßiger unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln ausgegangen, hat jedoch unter Anwendung von § 31 Nr. 1 BtMG das Vorliegen eines besonders schweren Falles gemäß § 29 Abs. 3 BtMG abgelehnt und die Strafen dem Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG entnommen. Von den 20.230 Versendungen ausgenommener Zubereitungen entfielen auf den Zeitraum vom 7. Oktober bis zum 22. Dezember 2004 insgesamt 2.750 Versendungen und auf den anschließenden Zeitraum vom 23. Dezember 2004 bis zum 15. März 2006 weitere 17.480 Versendungen. Für die Taten im zuerst genannten Zeitraum hat das Landgericht jeweils Geldstrafen von 90 Tagessätzen, für die im späteren Zeitraum begangenen Taten im Hinblick auf eine durch den Wechsel des Versand- unternehmens erfolgte „Verfeinerung des Systems“ jeweils Freiheitsstrafen von neun Monaten verhängt und hieraus die vorgenannten Gesamtstrafen gebildet.
7
2. Die Anordnung von Wertersatzverfall erfasst die Hälfte des aus allen 40.460 Versendungen entnommenen, dem Angeklagten zugeflossenen Gesamterlöses , mithin 1.179.508,96 Euro. Die Nichtanordnung erweiterten Wer- tersatzverfalls hinsichtlich des den „Lifestyle-Produkten“ zugeordneten Restbe- trages von ebenfalls 1.179.508,96 Euro hat das Landgericht damit begründet, dass dessen Herkunft aus Straftaten nicht feststehe.

III.


8
Mit ihrer auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision zu Ungunsten des Angeklagten beanstandet die Staatsanwaltschaft Rechtsfehler bei der Strafzumessung sowie bei der Nichtanordnung des erweiterten Wertersatzverfalls.
9
Der Generalbundesanwalt ist der Auffassung, die Revision sei insoweit nicht auf die Nichtanordnung des erweiterten Wertersatzverfalls beschränkt. Vielmehr sei auch die Wertersatzverfallsanordnung angefochten, die er für rechtsfehlerhaft hält.

B.


10
Die Revision hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg; sie wirkt sich insoweit sowohl zu Ungunsten des Angeklagten als auch zu seinen Gunsten (§ 301 StPO) aus. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

I.


11
Der Strafausspruch hat keinen Bestand.
12
1. Bei der Bemessung der Einzelstrafen hat das Landgericht rechtsfehlerhaft zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass es sich bei den ausge- führten ausgenommenen Zubereitungen um „Medikamente“ gehandelt habe, „die im therapeutischen Bereich ihren Einsatz finden“ (UA S. 78).
13
Das Landgericht hat dabei jedoch erkennbar nicht bedacht, dass nach den insoweit eindeutigen Feststellungen des Urteils im konkreten Fall gerade kein „therapeutischer“ Einsatz vorlag, denn die Versendungen beruhten, wie auch der Angeklagte wusste, auf Scheinrezepten, die von pflichtwidrig handelnden , in das Geschehen eingebundenen Ärzten für ihnen unbekannte Personen unkontrolliert ausgestellt worden waren.
14
2. Das Landgericht hat bei der Festsetzung der Einzelstrafen weiterhin nicht berücksichtigt, dass der Angeklagte von vorneherein mit dem Ziel gehandelt hat, sich durch eine Vielzahl von Ausfuhren ausgenommener Zubereitungen in großem Umfang zu bereichern. Es gilt insoweit im Kern nichts anderes als bei serienmäßig begangenen Delikten, in denen die Bereicherung durch gegen das Vermögen der Opfer begangene Taten erfolgt (vgl. dazu BGH, Urteile vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, NJW 2009, 1979, und vom 8. April 2004 - 3 StR 465/03, NStZ 2004, 554).
15
3. Die aufgezeigten Mängel betreffen im Ansatz sämtliche Einzelstrafen. Unabhängig davon hat das Landgericht aber bei der Strafzumessung für die seit dem 23. Dezember 2004 begangenen Taten eine rechtlich nicht tragfähig begründete Erwägung zum Nachteil des Angeklagten angestellt: Während es für die zuvor begangenen Taten eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen ausgesprochen hat, hat es für die nachfolgenden Taten jeweils neun Monate Freiheitsstrafe verhängt. Gestützt ist diese erhebliche Steigerung der Strafen darauf , dass der Angeklagte zum 23. Dezember 2004 seinen Versand von dem Logistikunternehmen F. auf die Versendung mit der Deutschen Post umgestellt hatte, weil diese ihm sogenannte Trackingnummern zur Verfügung stellen konnte, wodurch Kundenrückfragen (nach dem Verbleib der Ware) besser bearbeitet werden konnten und auch die Kosten des Angeklagten reduziert wurden. Daraus hat das Landgericht eine erhöhte kriminelle Energie des Angeklagten abgeleitet.
16
Dies lässt besorgen, dass das Landgericht sich bei der Festsetzung der Einzelstrafen von rechtsfehlerhaften, für die Bemessung der Schuld des Angeklagten nicht relevanten Überlegungen hat leiten lassen. Die unerlaubte Ausfuhr von Medikamenten im Versandweg macht es unbedingt erforderlich, dass der Täter sich eines Versandunternehmens bedient. Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Strafkammer zu den Trackingnummern und ihren sonstigen Ausführungen - zumal in der aus den unterschiedlichen Strafen ersichtlichen Dimension - ist nicht nachvollziehbar, dass er mehr Handlungsunwert oder eine höhere Strafzumessungsschuld auf sich geladen haben soll.
17
4. Der Senat kann nicht ausschließen, dass ohne diese Rechtsfehler in allen Fällen jeweils andere Einzelstrafen verhängt worden wären.
18
5. Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung der gebildeten Gesamtstrafen nach sich.
19
6. Auf den Umstand, dass das Landgericht in den Urteilsgründen eine Begründung der gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren gänzlich vermissen lässt (zur entsprechenden Darlegungspflicht vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1971 - 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268), kommt es mithin nicht mehr an.

II.


20
1. Die Revision ist nach Auffassung des Senats wirksam auf die Nichtanordnung des erweiterten Wertersatzverfalls beschränkt.
21
Der Senat hält die Beschränkung der Revision auf die Nichtanordnung erweiterten Wertersatzverfalls für wirksam:
22
Die Anordnung wird vom Revisionsangriff der Staatsanwaltschaft nicht umfasst. Dies ergibt sich, nachdem eine ausdrückliche Beschränkung der Revision nicht erfolgt ist, aus der Revisionsbegründung (vgl. schon BGH, Urteil vom 16. Februar 1956 - 3 StR 473/55, NJW 1956, 756), die der Senat analog § 300 StPO auszulegen hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 - 1 StR 208/97, NJW 1997, 3322 f.; s. a. Nr. 156 Abs. 2, 2. Hs. RiStBV), und die sich konkret - neben Angriffen gegen die Strafzumessung des Landgerichts - allein gegen die Nichtanordnung des erweiterten Verfalls richtet.
23
Diese Beschränkung ist wirksam, weil zwischen der Anordnung des Wertersatzverfalls und der Nichtanordnung des erweiterten Wertersatzverfalls kein untrennbarer Zusammenhang besteht. Das Landgericht hat insgesamt 40.460 Versendungen festgestellt, wobei eine „Versendung“ jeweils einem durch die Versanddaten der vom Angeklagten überwiegend genutzten Postweltluftbriefe umgrenzbaren Versendungsvorgang entspricht (UA S. 56 f.). Sodann hat es festgestellt, dass dem Angeklagten sowohl durch die aus dieser Gesamtmenge entnommenen 20.230 verfahrensgegenständlichen Taten als auch durch die verbleibenden, nicht abgeurteilten 20.230 Versendungen Erlösbeträge von jeweils 1.579.508, 96 Euro zugeflossen sind.
24
Der vom Generalbundesanwalt vertretenen Auffassung, es liege nahe, dass einzelne Versendungen sowohl ausgenommene Zubereitungen als auch sog. „Lifestyle-Produkte“ enthielten, weshalb die nach § 73a StGB bzw. § 73d StGB abschöpfbaren Erlösbeträge jedenfalls teilweise aus denselben Taten stammten, die Anordnung des Wertersatzverfalls von der Nichtanordnung des erweiterten Verfalls mithin nicht trennbar sei, steht die Feststellung des Landgerichts entgegen, die weiteren, also nicht abgeurteilten Versendungen hätten sog. „Lifestyle-Produkte“, also gerade keine ausgenommenen Zubereitungen, zum Gegenstand gehabt (vgl. UA S. 89).
25
2. Die revisionsgerichtliche Überprüfung der Nichtanordnung des erweiterten Verfalls (§ 73d StGB) deckt entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft , welche die vom Landgericht vorgenommene Schätzung der erlangten Vermögenswerte angreift, keinen Rechtsfehler auf.
Wahl Graf Jäger
Cirener Radtke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 407/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Detmold vom 30. März 2012 werden als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte B. wurde wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen , davon drei Fälle des Versuchs, zu einer Gesamtfreiheitstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Von der zeitlich ersten Tat abgesehen, hat er nach den Urteilsfeststellungen die Taten gemeinschaftlich mit dem Angeklagten M. begangen. Dieser wurde wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen, davon drei Fälle des Versuchs, ebenso zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
3
Der Angeklagte B. war alleiniger Gesellschafter der H. GmbH (künftig: H. ); der Angeklagte M. (formal) deren alleiniger Geschäftsführer.
4
Den Taten liegt im Kern zugrunde, dass in den für die H. abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. Dieser ging auf Scheinrechnungen mit Umsatzsteuerausweis zurück, die bei der H. entsprechend verbucht worden waren.
5
Zu Vorgeschichte und Ablauf der Taten ist Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte B. war Alleinverantwortlicher der HAB, die mit gebrauchten Baumaschinen handelte. Sie hatte wirtschaftliche Schwierigkeiten, als er Ende 2008/Anfang 2009 den Angeklagten M. kennenlernte. Dieser hatte ebenfalls wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mehrere von ihm geführte Unternehmen hatten Insolvenz anmelden müssen. Er war nach Verbüßung einer im Jahre 2003 wegen Umsatzsteuerhinterziehung (Schaden über 1,5 Mio. DM) verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten erwerbslos und musste von Angehörigen unterstützt werden. Die Angeklagten vereinbarten , künftig im Rahmen der H. gezielt Umsatzsteuer zu hinterziehen, „ähnlich wie M. … in der Vergangenheit“.
7
M. wurde nach der ersten Tat im Mai 2009 wegen der guten "Zusammenarbeit" zum (alleinigen) Geschäftsführer der H. bei einem Fixgehalt von 1.200 Euro netto bestellt. Von seiner Mitwirkung an den Steuerhinterziehungen abgesehen, hatte er mit den Geschäften der H. kaum zu tun, war in die Abgabe von Steuererklärungen nicht involviert und konnte nur begrenzt auf Firmenkonten zugreifen. „Eigentlicher Chef“ der H. war und blieb B. .
8
Durchgeführt wurden die Umsatzsteuerhinterziehungen wie folgt:
9
M. hatte und schuf Kontakte zu Verkäufern von Baumaschinen in den Niederlanden und erwarb dort Baumaschinen mit Bargeld, das ihm B. hierfür überlassen hatte. Dabei spiegelte M. den niederländischen Verkäufern vor, nicht für die H. , sondern für andere deutsche Firmen aufzutreten, sodass die Verkäufer ihre Ausgangsrechnungen auf die vermeintlich von M. vertretenen Firmen ausstellten. Als einer der Verkäufer mit der vermeintlich von M. vertretenen Firma in Kontakt treten wollte, sorgte M. dafür, dass ihn, „um die Legende nicht zu gefährden“, zu diesem Zweck der (hier wegen Beihilfe ebenfalls abgeurteilte, nicht revidierende) Mitangeklagte K. begleitete.
10
Soweit einzelne Baumaschinen in anderen EU-Ländern gekauft worden waren, war dort nicht M. , sondern ein Angestellter der H. mit Wissen und Wollen der Angeklagten so wie geschildert tätig geworden.
11
In der Buchhaltung der H. wurden hinsichtlich der Baumaschinenan- käufe Scheinrechnungen verbucht, aus denen sich „ein inländischer Erwerb ergab“. In den Rechnungsköpfen waren jeweils als Veräußerer verschiedene in Deutschland ansässige, allerdings nicht im Baumaschinenhandel tätige Firmen ausgewiesen.
12
Diese Scheinrechnungen „ließ(en) sich unter Ausnutzung von Kontakten des Angeklagten M. leicht“ erstellen. Er kannte den gesondert verfolgten I. , der aus früherer Tätigkeit über vorlagegeeignete Unterlagen dieser Firmen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen verfügte.
13
Auf der Grundlage von 194 Scheinrechnungen wurde vom ersten Quartal 2009 bis Dezember 2010 in insgesamt 20 Voranmeldungszeiträumen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht. Den in den Umsatzsteuervoranmeldungen bis einschließlich Mai 2010 und nochmals im Juli und August 2010 jeweils geltend gemachten Erstattungen erteilte das Finanzamt die Zustimmung und es kam zur Auszahlung seitens des Finanzamts. Wegen dieser Auszahlungen kam es bereits im Frühjahr 2010 zu einer Umsatzsteuersonderprüfung. Auch wenn sie zunächst keine konkreten Verdachtsmomente ergab, führte sie dazu, dass die H. nunmehr Belege (also die Scheinrechnungen) vorlegen musste. Deren Überprüfung führte letztlich dazu, dass für die Voranmeldungszeiträume September bis November 2010 der jeweils geltend gemachten Auszahlung von Guthaben nicht mehr zugestimmt wurde. In den letztlich vergeblichen Versuch, in diesem Zusammenhang das Finanzamt zu täuschen, war auf Initiative M. s erneut auch K. verwickelt.
14
In den Voranmeldungszeiträumen Juni und Dezember 2010 meldete die H. Zahllasten an, so dass es einer Zustimmung des Finanzamts in diesen Fällen nicht bedurfte.
15
Insgesamt belief sich der unberechtigt geltend gemachte Vorsteuerabzug auf über 1,3 Mio. Euro.
16
Im weiteren Verlauf wurde ein gegen die H. gerichteter Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen.
17
Die Revision des Angeklagten B. ist näher ausgeführt auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt, die Revision des Angeklagten M. auf die näher ausgeführte Sachrüge. Die Revisionen bleiben erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
18
I. Verfahrensrüge(n) des Angeklagten B. :
19
Das Vorbringen, „diverse“ Beweisanträge seien zurückgewiesen und Hilfsbeweisanträge „zum Teil“ nicht beschieden, genügt nicht den Anforderun- gen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und wäre unbegründet.
20
1. Die Strafkammer hat die von der Revision genannten Anträge mit einzelfallbezogener Begründung (z.B. wegen Bedeutungslosigkeit, Wahrunterstellung u.a.) abgelehnt.
21
Nach dem Revisionsvorbringen sollen sämtliche Beschlüsse im Kern (offenbar ) deshalb fehlerhaft sein, weil die Strafkammer die von ihr erhobenen Beweise nach Auffassung der Revision falsch gewürdigt hat. Insoweit, so die Revision selbst, „vermengt sich die … Prozessrüge mit der Sachrüge“. Auf die Ablehnung der einzelnen Anträge geht die Revision nur vereinzelt konkret ein.
22
Bei einer Reihe dieser Anträge handelte es sich nicht um Beweisanträge, sondern Beweisermittlungsanträge:
23
a) Der Antrag auf Vernehmung sämtlicher in der Anklage aufgeführten (§ 200 Abs. 1 Satz 2 StPO), aber noch nicht vernommenen Zeugen nennt kein Beweisthema. Auch verdeutlicht das Revisionsvorbringen entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht, um welche Zeugen es sich konkret handelt.
24
b) Der Zeuge W. sollte bekunden, er hätte „entweder bei einer Baufirma oder einer Nutzfahrzeugshandelsfirma“ Fahrzeuge abgeholt, und dabei im Auf- trag M. s entweder „in dessen eigenem oder fremden Namen“ gehandelt. Sind mehrere, sich gegenseitig ausschließende Tatsachen in das Wissen eines Zeugen gestellt, fehlt auch bei einem einheitlichen Beweisziel eine bestimmte Tatsachenbehauptung (BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN).
25
c) Der Antrag, zum Beweis des Herkunftsorts der Lieferungen des ersten Halbjahres 2009 die „entsprechenden Frachtpapiere“ zu verlesen,hätte erfordert , die einschlägigen Dokumente erst aus einer Vielzahl vergleichbarer Dokumente herauszusuchen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98 mwN).
26
d) Ob der Antrag auf erneute Vernehmung eines Zeugen ein Beweisantrag ist, hängt davon ab, wozu er bereits ausgesagt hatte (BGH, Urteil vom 21. März 2002 - 5 StR 566/01 mwN). Hierzu ist jedoch nichts vorgetragen.
27
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch Zurückweisung dieser Anträge (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN) ist weder ausdrücklich noch der Sache nach in zulässiger Form geltend gemacht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, was die Strafkammer zu weiteren Beweiserhebungen gedrängt hätte.
28
2. Die Behauptung, Hilfsbeweisanträge seien im Urteil übergangen, ist unbehelflich, da deren Inhalt nicht mitgeteilt ist.
29
3. Auch hinsichtlich der verbleibenden Anträge ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, aus dem insgesamt pauschal gehaltenen Revisionsvorbringen und den Urteilsgründen Teile herauszufiltern, die zu einer hinreichend angebrachten Rüge zusammengefügt werden könnten. Dann bestimmte statt des hierzu berufenen Revisionsführers das Revisionsgericht selbst den Gegenstand seiner Überprüfung.

30
4. Selbst wenn man - in welchem Umfang auch immer - einzelne Verfahrensrügen für zulässig erhoben hielte (was, wie dargelegt, zu verneinen ist), wären sie unbegründet, wie dies der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat.
31
II. Zur Sachrüge hinsichtlich des Schuldspruchs:
32
1. Die Auffassung (Revisionsbegründung M. ), der Umfang der hinterzogenen Steuern sei mangels hinreichender Darlegung nicht überprüfbar, ist unzutreffend. Jede Scheinrechnung ist tabellarisch aufgeführt, ebenso die darin ausgewiesene Umsatzsteuer. Auch ist für jeden Voranmeldungszeitraum die sich daraus ergebende Gesamtsumme zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuer ausdrücklich genannt.
33
2. Auch sonst sind die Schuldsprüche rechtsfehlerfrei.
34
a) Angeklagter B. :
35
Das Revisionsvorbringen zeigt die Möglichkeit einer den Angeklagten belastenden rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung nicht auf.
36
b) Angeklagter M. :
37
Die Strafkammer hat, ihren Beurteilungsspielraum bei der Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe (BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 5 StR 403/04) nicht überschritten. Zwar erbrachte M. seine Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der falschen Steuererklärungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86); aufgrund dieser Tatbeiträge kam ihm jedoch nach der rechtsfehlerfreien Wertung der Strafkammer eine „Schlüsselstellung“ bei den gemeinschaftlich geplanten Taten zu. Er verfügte über einschlägige Erfahrungen und die erforderlichen Kontakte und sorgte dafür, dass I. und K. die Taten unterstützten. Unter diesen Umständen brauchte die Strafkammer auch die Annahme von Mittäterschaft nicht breiter als geschehen zu begründen.
38
Auch sonst sind Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht ersichtlich.
39
III. Zur Sachrüge hinsichtlich der Strafaussprüche:
40
1. Zu den Strafrahmen:
41
Die Strafkammer hat die Strafrahmen nicht rechtsfehlerfrei bestimmt, jedoch ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten:
42
a) Täuscht der Täter, wie hier, steuermindernde Umstände vor, indem er nicht bestehende Vorsteuerbeträge geltend macht, liegt (hier auf den jeweiligen Anmeldungszeitraum bezogen) ab einem Betrag von 50.000 Euro eine Steuerverkürzung großen Ausmaßes (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) vor. Dies hat die Strafkammer nicht verkannt, sie hat jedoch rechtsfehlerhaft nicht auf die allein maßgebliche Summe des zu Unrecht anerkannten (bzw. in den Versuchsfällen: geltend gemachten) Vorsteuerabzugs abgestellt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 1 StR 579/11). Vielmehr hat sie darauf abgestellt, ob es „zu Auszahlungen in Höhe von mehr als 50.000 Euro gekommen war“.
43
b) Die Frage, ob und in welcher Höhe es zu Auszahlungen gekommen ist, sagt aber nichts über die Höhe der verkürzten Steuern aus. Vielmehr hängt die Höhe von Auszahlungen oder verbleibenden Zahllasten allein von der Höhe der gemäß § 16 Abs. 1 UStG berechneten Umsatzsteuer einerseits und der Höhe der insgesamt geltend gemachten Vorsteuerbeträge andererseits ab. In dieses Ergebnis (Saldo) können also auch wahrheitsgemäß geltend gemachte Vorgänge einfließen. Wahrheitsgemäße Angaben können aber auf die Höhe des durch falsche Angaben zu anderen Vorgängen verursachten Schadens keinen Einfluss haben.
44
c) Der aufgezeigte Mangel bei der Strafrahmenbestimmung bleibt hier im Ergebnis unschädlich. In den Fällen, in denen die Strafkammer von einer Steuerverkürzung großen Ausmaßes ausgegangen ist, lag der Verkürzungsbetrag stets über 50.000 Euro. Soweit die Strafkammer wiederholt, meist durch das Abstellen auf die Höhe der Auszahlungsbeträge (für die Abrechnungszeiträume zweites Quartal 2009, Dezember 2009, Februar 2010, Juni 2010, August 2010, September 2010, November 2010) zu Unrecht eine Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall verneint hat (zum Strafrahmen in den Versuchsfällen vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 1 StR 332/10 mwN), sind die Angeklagten nicht beschwert.
45
d) Soweit besonders schwere Fälle angenommen sind, bestehen zur subjektiven Seite (auch) des Angeklagten M. - anders als seine Revision meint - keine Bedenken. Er war bei der H. ausschließlich zum Zwecke der Steuerhinterziehung tätig und hat sie maßgeblich ermöglicht. Die Möglichkeit, dass sein Vorsatz eine Steuerhinterziehung in dem jeweilig gegebenen Umfang nicht umfasst hätte, liegt daher fern (in vergleichbarem Sinne BGH, Beschluss vom 26. März 2004 - 1 StR 567/03; Urteil vom 4. September 1996 - 2 StR 299/96), auch wenn er an der Erstellung der unrichtigen Steuererklärungen nicht unmittelbar beteiligt war. Fernliegende Möglichkeiten sind aber nicht erörterungsbedürftig.
46
2. Zur konkreten Strafzumessung:
47
a) Auch hierbei hat sich der aufgezeigte Mangel nicht zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt. In den meisten Fällen führte er dazu, dass die Strafkammer von einem zu niedrigen Hinterziehungsbetrag ausgegangen ist. Die für die Strafzumessung maßgebliche Größenordnung des Steuerschadens hat sich aber auch in den wenigen Fällen nicht verändert, in denen die Strafkammer von einem zu hohen Betrag ausgegangen ist.
48
b) Das Revisionsvorbringen des Angeklagten M. zeigt die Möglichkeit beschwerender Rechtsfehler nicht auf:
49
(1) Zu Unrecht nicht strafmildernd gewertetes Verhalten des Finanzamts ist nicht ersichtlich. Das Revisionsvorbringen im Zusammenhang mit der Sonderprüfung - so sei etwa ein gebotener Abgleich von Steuernummern unterblieben - kann auf sich beruhen. Ein Straftäter hat keinen Anspruch darauf, dass staatliche Stellen rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern. (Vorwerfbares) Verhalten des Steuerfiskus kann regelmäßig allenfalls dann zu einer milderen Beurteilung von Steuerhinterziehung führen, wenn es das Täterverhalten unmittelbar beeinflusst hat und die Tatgenese den staatlichen Entscheidungsträgern vorzuwerfen ist (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10 mwN). Hierfür spricht vorliegend nichts. Vielmehr haben die Ermittlungen des Finanzamtes den (die) Angeklagten nicht von der Fortsetzung des bisherigen strafbaren Verhaltens abgehalten. Dies spricht für besondere kriminelle Hartnäckigkeit, ergibt aber offensichtlich keine strafmildernden Gesichtspunkte.
50
(2) Vergeblich macht die Revision geltend, die Strafkammer habe die strafmildernde Bedeutung serienmäßiger Tatbegehung verkannt:
51
Eine strafmildernde Berücksichtigung serienmäßiger Tatbegehung kann vor allem dann zu erwägen sein, wenn die einzelnen Taten räumlich, zeitlich oder sonst besonders eng verschränkt sind. Dies ist hier nicht der Fall. Im Übrigen kann sich das Vorliegen einer Vielzahl gleichartiger Taten je nach den Umständen des Falles auf die Strafzumessung unterschiedlich auswirken (BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - 2 StR 130/91 mwN). Allein die zunehmende Gewöhnung an die Begehung gleichartiger Straftaten wäre aber nicht strafmildernd (BGH, Urteil vom 18. September 1995 - 1 StR 463/95). Anderes ist hier nicht ersichtlich.
52
Der Senat bemerkt, dass der Unwertgehalt von Steuerstraftaten maßgeblich auch durch die Höhe des Steuerschadens bestimmt ist. Da serienmäßige Tatbegehung bei Steuerstraftaten zu höherem Steuerschaden führt, hat sie regelmäßig strafschärfende Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2011 - 1 StR 459/11; Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08 jew. mwN).
53
(3) Die Revision meint, I. habe zwar einen „gleichgewichtigen oder gar noch gewichtigeren Tatbeitrag“ geleistet, sei aber dennoch bisher nicht angeklagt oder verurteilt worden. Dies hätte strafmildernd berücksichtigt werden müssen.
54
Die Urteilsgründe ergeben schon keine nachvollziehbare Grundlage für die genannte Gewichtung des Tatbeitrages von I. und bestätigen auch den behaupteten Verfahrensstand nicht.
55
Unabhängig davon hat aber der Stand eines Verfahrens gegen einen anderen Tatbeteiligten ohnehin für die Strafzumessung keine Bedeutung. Es gilt nichts anderes als hinsichtlich der Strafzumessung gegen Tatbeteiligte in anderen Urteilen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - 1 StR 282/11 mwN). Die Revision stützt ihre gegenteilige Auffassung auf Rechtsprechung zur Strafzu- messung gegen „Mauerschützen“ (BGH, Urteil vom 3.November 1992 - 5 StR 370/92) oder in vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 3. März 1993 - 5 StR 546/92), wonach auch eine Rolle spielte, dass damals hierarchisch übergeordnete Verantwortliche noch nicht abgeurteilt waren. Derartige Besonderheiten liegen hier nicht vor.
56
(4) Die Revision hält es unter Berufung auf BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01 für strafmildernd, dass der Angeklagte trotz seines verhältnismäßig geringen Beuteanteils gemäß § 71 AO als Haftungsschuldner für die gesamte hinterzogene Steuer herangezogen werden könne.
57
Der Senat teilt diese Auffassung nicht.
58
aa) § 71 AO hat Schadensersatzcharakter und ist keine zusätzliche Strafsanktion für steuerunehrliches Verhalten (vgl. zusammenfassend Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 71 Rn. 2 mwN). Letztlich muss derjenige, der sich an einer Steuerhinterziehung beteiligt, für den von ihm (mit)verschuldeten Schaden ebenso einstehen, wie sonst ein Beteiligter an einer unerlaubten Handlung auch (§ 830 BGB). Allein die gesetzliche Pflicht, schuldhaft - hier vorsätzlich - (mit)verursachten Schaden ersetzen zu müssen, kann sich jedenfalls regelmäßig nicht strafmildernd auswirken.
59
bb) Es entspricht auch nicht der sonstigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , möglicherweise wegen der Straftat (bzw. des Strafurteils) zu erwartenden behördlichen Anordnungen strafzumessungsrechtliche Bedeutung zuzuerkennen, wenn die Verwaltungsbehörde dabei die Umstände des Einzelfalls in ihre Entschließung einzubeziehen hat (st. Rspr.; zu möglichen ausländerrechtlichen Konsequenzen einer Verurteilung vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - 1 StR 407/11 mwN). Die Möglichkeit fachgerichtlicher Überprüfung dieser Maßnahmen schützt vor besonderen, vom Gesetzeszweck nicht umfassten Härten (BGH aaO).
60
Es liegt nahe, diese Grundsätze auch hier anzuwenden. Ein Haftungsbescheid gemäß §§ 71, 191 AO steht im Ermessen der Finanzbehörden (zu den dabei wesentlichen Gesichtspunkten vgl. Rüsken aaO § 191 Rn. 30 - 62 mwN). Eine entsprechende Entscheidung unterliegt finanzgerichtlicher Überprüfung ; dabei ist Besonderheiten des Einzelfalles erforderlichenfalls Rechnung zu tragen (vgl. nur BFH, Urteil vom 21. Januar 2004 - XI R 3/03; zu vorläufigem gerichtlichen Rechtsschutz vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 24. April 2012 - 2 V 233/11).
61
cc) Unabhängig davon käme eine strafmildernde Berücksichtigung einer möglichen Heranziehung gemäß § 71 AO allenfalls dann in Betracht, wenn der Angeklagte nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls tatsächlich mit seiner Heranziehung „rechnen muss“ (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01) und dies eine besondere Härte darstellen würde (vgl. BGH, Ur- teil vom 14. März 2007 - 5 StR 461/06). Anhaltspunkte für eine solche Prognose sind jedoch nicht erkennbar:
62
Der Angeklagte ist erwerbs- und vermögenslos. Daher würden ihn auch die praktischen Folgen eines Haftungsbescheides schwerlich in besonderem Maße belasten, selbst wenn das Finanzamt, das schon aus Zweckmäßigkeitserwägungen naheliegend auch berücksichtigt, bei wem der Steueranspruch „am schnellsten, leichtesten und sichersten realisiert werden kann“ (Rüsken aaO Rn. 60 mwN), einen solchen Bescheid gegen ihn erlassen sollte.
63
Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass fern liegende Möglichkeiten nicht erörtert werden müssen.
64
(5) Die Revision hält das Alter des (1949 geborenen) Angeklagten bei den Taten und bei einem (etwaigen) Strafantritt nicht für hinlänglich gewürdigt.
65
Das „fortgeschrittene Alter“ desAngeklagten ist bei der Strafzumessung genannt. Weitere Ausführungen waren nicht geboten.
66
Im Alter von 60 und 61 Jahren begangene Steuerhinterziehungen im Rahmen eines hierfür selbst geschaffenen komplexen Systems sprechen gegen einen für das Maß der Schuld und damit die Strafzumessung bedeutsamen Altersabbau. Dies gilt umso mehr bei einem Angeklagten, der gleichartige Taten auch schon früher begangen hat (BGH, Urteil vom 11. August 1998 - 1 StR 338/98 mwN).

67
Die Verbüßung einer längeren Freiheitsstrafe hat den Angeklagten nicht von einschlägigen neuen Taten abgehalten. Ohne konkrete Anhaltspunkte musste daher hier nicht allein wegen des Zeitablaufs seit der letzten Strafverbüßung erwogen werden, ob er jetzt gleichwohl durch den Strafvollzug voraussichtlich besonders stark beeindruckbar (haftempfindlich) sein könnte.
68
Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass das Alter des Angeklagten hier die Erörterung seiner Chance, zu Lebzeiten „wieder der Freiheit teilhaftig zu werden“ (BGH, Urteil vom 27. April 2006 - 4 StR 572/05 mwN), erfordert hätte.
69
(6) Die Auffassung der Revision, für die Bemessung der Dauer des - angesichts seiner aus den Urteilsgründen ersichtlichen Komplexität ohne erkennbare Verzögerung durchgeführten - Verfahrens sei der Beginn des strafbaren Verhaltens maßgeblich, liegt neben der Sache.
70
(7) Gleiches gilt für die Ausführungen zu einer „Nähe der Tilgungsreife“ hinsichtlich der Vorstrafe. Diese wäre selbst bei straffreiem Verhalten erst 2020 tilgungsreif geworden (§ 46 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3, § 47 Abs. 3 BZRG).
71
(8) Schließlich gehen auch die Angriffe dagegen fehl, dass der Angeklagte ebenso hoch bestraft wurde wie der Angeklagte B. . Die Strafkammer hat insoweit zusammenfassend erwogen, dass B- zwar ein „größeres Eigeninteresse“ an den Taten hatte, also hiervon erheblich mehr pro- fitierte, dafür aber nicht vorbestraft ist. Die Ausführungen der Revision erschöpfen sich in dem unbehelflichen Versuch, rechtsfehlerfreies tatrichterliches Ermessen durch eigenes Ermessen zu ersetzen.
72
3. Auch sonst sind keine die Angeklagten beschwerenden rechtsfehlerhaften Strafzumessungserwägungen ersichtlich.

RiBGH Hebenstreit ist in den Ruhestand getreten und daher an der Unterschrift gehindert. Nack Wahl Nack Jäger Sander

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

Rechte und Pflichten des bisherigen Sondervermögens Ausgleichsfonds gehen auf den Bund über. Einnahmen nach diesem Gesetz und sonstige Werte, die bisher dem Ausgleichsfonds durch Gesetz oder auf sonstige Weise besonders zugewiesen wurden, werden dem Bundeshaushalt zugeführt.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.


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(1) Zu löschen sind, unbeschadet der anderen, in § 75 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes genannten Gründe für die Pflicht zur Löschung,

1.
die nach § 483 gespeicherten Daten mit der Erledigung des Verfahrens, soweit ihre Speicherung nicht nach den §§ 484 und 485 zulässig ist,
2.
die nach § 484 gespeicherten Daten, soweit die dortigen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen und ihre Speicherung nicht nach § 485 zulässig ist, und
3.
die nach § 485 gespeicherten Daten, sobald ihre Speicherung zur Vorgangsverwaltung nicht mehr erforderlich ist.

(2) Als Erledigung des Verfahrens gilt die Erledigung bei der Staatsanwaltschaft oder, sofern die öffentliche Klage erhoben wurde, bei Gericht. Ist eine Strafe oder eine sonstige Sanktion angeordnet worden, so ist der Abschluss der Vollstreckung oder der Erlass maßgeblich. Wird das Verfahren eingestellt und hindert die Einstellung die Wiederaufnahme der Verfolgung nicht, so ist das Verfahren mit Eintritt der Verjährung als erledigt anzusehen.

(3) Der Verantwortliche prüft nach festgesetzten Fristen, ob gespeicherte Daten zu löschen sind. Die Frist zur Überprüfung der Notwendigkeit der Speicherung nach § 75 Absatz 4 des Bundesdatenschutzgesetzes beträgt für die nach § 484 gespeicherten Daten

1.
bei Beschuldigten, die zur Tatzeit das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatten, zehn Jahre,
2.
bei Jugendlichen fünf Jahre,
3.
in den Fällen des rechtskräftigen Freispruchs, der unanfechtbaren Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens und der nicht nur vorläufigen Verfahrenseinstellung drei Jahre,
4.
bei nach § 484 Absatz 1 gespeicherten Daten zu Personen, die zur Tatzeit nicht strafmündig waren, zwei Jahre.

(4) Der Verantwortliche kann in der Errichtungsanordnung nach § 490 kürzere Prüffristen festlegen.

(5) Die Fristen nach Absatz 3 beginnen mit dem Tag, an dem das letzte Ereignis eingetreten ist, das zur Speicherung der Daten geführt hat, jedoch nicht vor

1.
Entlassung der betroffenen Person aus einer Justizvollzugsanstalt oder
2.
Beendigung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung.

(6) § 58 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt für die Löschung nach Absatz 1 entsprechend. Darüber hinaus ist an Stelle der Löschung personenbezogener Daten deren Verarbeitung einzuschränken, soweit die Daten für laufende Forschungsarbeiten benötigt werden. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist ferner einzuschränken, soweit sie nur zu Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle gespeichert sind. Daten, deren Verarbeitung nach den Sätzen 1 oder 2 eingeschränkt ist, dürfen nur zu dem Zweck verwendet werden, für den ihre Löschung unterblieben ist. Sie dürfen auch verwendet werden, soweit dies zur Behebung einer bestehenden Beweisnot unerlässlich ist.

(7) Anstelle der Löschung der Daten sind die Datenträger an ein Staatsarchiv abzugeben, soweit besondere archivrechtliche Regelungen dies vorsehen.

(1) Die Landeskriminalämter übermitteln dem Bundeskriminalamt nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 20 die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Zentralstelle erforderlichen Informationen. Die Verpflichtung der Landeskriminalämter nach Satz 1 kann im Benehmen mit dem Bundeskriminalamt auch von anderen Polizeibehörden des Landes erfüllt werden. Das Bundeskriminalamt legt im Benehmen mit den Landeskriminalämtern Einzelheiten der Informationsübermittlung fest.

(2) Die Justiz- und Verwaltungsbehörden der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich den Beginn, die Unterbrechung und die Beendigung von Freiheitsentziehungen mit, die wegen des Verdachts oder des Nachweises einer rechtswidrigen Tat von einem Gericht angeordnet worden sind. Die Justizbehörden des Bundes und der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich und, soweit technisch möglich, automatisiert mit:

1.
die Entscheidung, dass
a)
die beschuldigte Person rechtskräftig freigesprochen wurde,
b)
die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die beschuldigte Person unanfechtbar abgelehnt wurde oder
c)
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde
sowie
2.
die tragenden Gründe der Entscheidung nach Nummer 1.

(3) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für die Polizeien des Bundes, soweit die Informationen Vorgänge betreffen, die sie in eigener Zuständigkeit bearbeiten. Satz 1 gilt im Bereich der Zollverwaltung nur für den Grenzzolldienst, soweit dieser aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 68 des Bundespolizeigesetzes grenzpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt. Im Übrigen richtet sich die Informationsübermittlung der Zollbehörden an das Bundeskriminalamt nach den Vorschriften der Abgabenordnung, des Zollverwaltungsgesetzes und des Zollfahndungsdienstgesetzes.

(4) Für die im Rahmen seiner Aufgaben nach den §§ 3 bis 8 gewonnenen Informationen gelten für das Bundeskriminalamt die Unterrichtungspflichten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

(5) Die Verantwortlichkeit für die Zulässigkeit der Übermittlung nach den Absätzen 1 bis 3 trägt die übermittelnde Stelle.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

Der Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Aufbewahrung von erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten, die im Zuge mehrerer gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahren erhoben worden sind.
Im Einzelnen gingen dem folgende Ermittlungs- und Strafverfahren voraus:
Im Jahre 1982 wurde gegen den Kläger wegen mehrfachen Diebstahls, begangen in der Zeit zwischen dem 01.04. und dem 12.04.1982 zusammen mit mehreren anderen Jugendlichen, ermittelt. Im Zuge der Ermittlungen wurde der Kläger erkennungsdienstlich behandelt. Das Verfahren kam dadurch zum Abschluss, dass der Kläger 40 Stunden gemeinnützige Arbeit in einer Jugendherberge leisten musste.
Im Jahre 1987 wurde gegen den Kläger wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, begangen am 04.03.1987, ermittelt. Das Verfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Tübingen vom 29.04.1988 (3 Ls 288/87) gem. § 153a StPO unter Auferlegung einer Geldbuße von 250,00 DM eingestellt.
Am 23.08.1989 wurde der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts Reutlingen (7 Ls 116/89) wegen gefährlicher Körperverletzung, begangen am 12.06.1988, zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Zuge der Ermittlungen wurde der Kläger erneut erkennungsdienstlich behandelt.
Im Jahre 1993 wurde gegen den Kläger wegen Verdachts des Diebstahls, begangen am 01.08.1993 ermittelt. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Tübingen mit Verfügung vom 22.11.1993 (23 Js 7593/93) gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da dem Beschuldigten die Tat nicht mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachzuweisen sei. Der Täter hatte zwar bei Begehung des Diebstahles das Fahrzeug des Klägers benutzt. Allerdings konnte nicht nachgewiesen werden, das es tatsächlich der Kläger war, der die Tat begangen hat.
Im Jahre 1996 wurde der Kläger wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz durch illegalen Besitz einer Schusswaffe in den Jahren 1994 und 1995 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen á 40,00 DM verurteilt. Im Zuge der Ermittlungen wurde der Kläger erneut erkennungsdienstlich behandelt.
Im Jahre 1997 wurde gegen den Kläger wegen des Verdachts der Körperverletzung ermittelt. Dieses Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Tübingen mit Beschluss vom 24.02.1997 (14 Js 2750/97) gem. § 170 Abs. 2 StPO wegen Verzichts auf die Stellung eines Strafantrages durch den Geschädigten eingestellt.
In den Jahren 2001 und 2002 wurde gegen den Kläger wegen Verdachts der Beihilfe zum Betrug ermittelt. Der Kläger wurde beschuldigt, einem Dritten durch nachträgliche Ausstellung von Rechnungen dabei behilflich gewesen zu sein, bei einer Versicherung auf betrügerische Weise zu einer Schadensregulierung zu gelangen. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Tübingen mit Verfügung vom 27.11.2002 (42 Js 13432/01) gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. In der Verfügung heißt es, dass die Rechnungen nach dem Brand ausgestellt wurden, dem Kläger jedoch nicht nachzuweisen sei, dass er einen Betrug habe unterstützen wollen.
10 
Schließlich wurde gegen den Kläger im Jahre 2004 wegen des Verdachts der Körperverletzung, begangen am 18.07.2004, ermittelt. Dem Kläger wurde vorgeworfen, unter Alkoholeinfluss eine andere Person geschlagen zu haben. Gegen den Kläger wurde deshalb per Strafbefehl vom 09.02.2005 eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen á 50,00 EUR verhängt.
11 
Mit Schreiben vom 07.01.2003 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf die Verfahrenseinstellung im Jahre 2002 bei der Polizeidirektion Tübingen die Vernichtung sämtlicher Identifizierungsunterlagen einschließlich der vom Kläger gefertigten Lichtbilder, die in den polizeilichen Sammlungen enthalten sind.
12 
Diesen Antrag lehnte die Polizeidirektion Tübingen mit Bescheid vom 10.07.2003 ab. Zur Begründung wird im Bescheid ausgeführt, die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage - § 38 Polizeigesetz Baden-Württemberg (PolG) - seien in Bezug auf den Kläger erfüllt. In keinem der oben angeführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sei, auch wenn keine Verurteilung erfolgte, der Tatverdacht zur Gänze ausgeräumt worden. Die Tatsache, dass der Kläger seit 1982 immer wieder polizeilich in Erscheinung getreten sei, darunter zweimal wegen Diebstahls und mehrfach wegen Körperverletzung, gebe Grund zu der Annahme, dass er auch künftig wieder Anlass zu strafrechtlichen Ermittlungen geben werde. Bei entsprechenden künftigen Ermittlungen würde die Aufklärungsarbeit mit den vorhandenen erkennungsdienstlichen Unterlagen wesentlich unterstützt, unter Umständen durch Lichtbilder und/oder Fingerabdrücke sogar erst möglich. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 PolG i.V.m. § 5 Abs. 1 Durchführungsverordnung zum Polizeigesetz Baden-Württemberg (DVO PolG) vor, wonach die Regelfrist zur Speicherung der Daten und der Aufbewahrung der Unterlagen unter anderem bei Fällen von überregionaler Bedeutung zehn Jahre betrage. Die oben angeführten Verurteilungen und sonstigen polizeilichen Erkenntnisse seien Belege dafür, dass in Bezug auf den Kläger von Straftaten von überregionaler Bedeutung auszugehen sei. Da sich die Fristberechnung nach der jüngsten Tatzeit richte, sei die Löschung/Vernichtung erst zum 01.12.2006 vorgesehen.
13 
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 05.08.2003 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger lediglich in drei Fällen verurteilt worden sei. In diesen drei Fällen sei kein Delikt dabei, das überregionale Bedeutung habe. Es handle sich allesamt um Straftaten von weit unterdurchschnittlicher Schwere, wobei die zuletzt nachgewiesene Tat im Jahre 1995 begangen worden sei und die erste Tat, ein Diebstahl von Stallhasen, nunmehr 21 Jahre zurückliege und vom Kläger im jugendlichen Alter begangen worden sei. Weiter führte der Kläger aus, dass er heute sehr erfolgreich ein Elektrounternehmen betreibe. Diesem Betrieb sei es höchst abträglich, wenn seine Lichtbilder immer wieder in Wahllichtbildervorlagen verwendet würden. Denn jeder, dem diese Lichtbilder vorgelegt würden, könne daraus schließen, dass der Kläger in der Vergangenheit strafrechtlich in Erscheinung getreten sei.
14 
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2003, dem Kläger zugestellt am 18.09.2003, wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch des Klägers mit im Wesentlichen gleicher Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück. Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage - § 36 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 38 Abs. 1 PolG Baden-Württemberg - seien beim Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfüllt. Die Regelfrist für die Überprüfung der weiteren Aufbewahrung von polizeilichen Unterlagen betrage nach § 38 Abs. 2 PolG i.V.m. § 5 DVO PolG unter anderem bei Fällen von überregionaler Bedeutung zehn Jahre. Für die Bewertung von Straftaten als überregional sei nicht allein die Schwere der einzelnen Straftat bedeutsam, sondern auch die Häufung von Straftaten über Jahre hinweg zu berücksichtigen. Von überregionaler Bedeutung könne daher auch ausgegangen werden, wenn der Tatverdächtige durch wiederholte Tatbegehung zeige, dass eine kriminelle Neigung bestehe. Die oben angeführten Verurteilungen und sonstigen polizeilichen Erkenntnisse seien Belege dafür, dass diese Voraussetzungen beim Kläger vorlägen. Da sich die Fristberechnung nach der jüngsten Tatzeit, im vorliegenden Fall sei dies der 18.11.1997, richte, sei die Löschung/Vernichtung - soweit keine weiteren Erkenntnisse im Rahmen von Ermittlungsverfahren zugespeichert/aufgenommen werden müssen - zum 01.12.2006 vorgesehen. Da gleichermaßen zielführende, den Kläger jedoch weniger belastende Maßnahmen nicht ersichtlich seien, müsse dessen persönliches Interesse an der Vernichtung der Unterlagen gegenüber dem Anspruch der Allgemeinheit an die staatlichen Organe, alle rechtmäßig erforderlichen Voraussetzungen für die Aufklärung von Straftaten zu schaffen, zurücktreten.
15 
Am 16.10.2003 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Zur Begründung hat der Kläger zunächst die Rechtsauffassung geäußert, dass bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 38 PolG vorliegen, alle die festgehaltenen Straftaten auszuscheiden haben, die eingestellt worden seien. Wenn keine Anklage mangels hinreichenden Tatverdachtes erfolge, gebe es auch keinen Anlass, die Vorgänge zur Begründung der Speicherung personenbezogener Daten heranzuziehen. Somit blieben drei Straftaten übrig, mit denen die Speicherung der Daten begründet werden könnte, nämlich der Waffenbesitz im Jahre 1996, die gefährliche Körperverletzung im Jahre 1988 und der Hasendiebstahl im Jahre 1982. Bei der letztgenannten Tat handle es sich um die Verfehlung Jugendlicher von äußerst harmloser Art, so dass sich aus diesem Vorgang kaum der Schluss herleiten lasse, dass der Antragsteller zukünftig wieder Straftaten begehen werde. Immerhin liege der Vorgang schon 21 Jahre zurück und der Antragsteller sei damals 16 Jahre alt gewesen. Was die gefährliche Körperverletzung im Jahre 1988 angehe, sei dies zwar eine schwerwiegende Straftat. Allerdings liege diese heute 15 Jahre zurück; der Kläger sei zum Zeitpunkt der Tat 22 Jahre alt gewesen. Zur Tatausführung sei zudem anzumerken, dass der Kläger einem Freund, der von drei Personen mit erheblicher krimineller Vergangenheit massiv tätlich angegriffen worden sei, zunächst Nothilfe geleistet, und dass er jedenfalls von sich aus nicht die Initiative zu einer kriminellen Handlung ergriffen habe. Der Kläger sei seit dieser Zeit nicht mehr wegen einer Körperverletzung straffällig geworden, so dass der lange Zeitraum heute die Gewähr biete, dass der Kläger eben gerade nicht mehr einschlägig straffällig werden werde. Was schließlich die zuletzt geahndete Straftat aus dem Jahre 1996 angehe, seien seit dieser sieben Jahre vergangen. Der Unrechtsgehalt dieser Straftat sei als äußerst gering einzuschätzen. Die beim Kläger gefundene Waffe habe von seinem Großvater gestammt, die dieser ganz offensichtlich als Erinnerungsstück aufbewahrt habe. Die Waffe sei nicht schusstauglich gewesen, so dass von ihr keinerlei Gefahr ausgehen konnte. Daher sei davon auszugehen, dass diese Tat nicht geeignet sei zu begründen, dass der Kläger zukünftig wieder straffällig auffällig werden werde. Aus diesem Grunde hätte bereits die letzte Prüfung, ob personenbezogene Daten zu speichern seien, bezüglich dieser Tat ergeben müssen, dass keine Anhaltspunkte für zukünftige Straftaten bestünden und die Daten nicht weiter zu speichern seien. Weiter hat der Kläger vorgetragen, die Speicherung seiner Daten und die Verwendung seiner Lichtbilder bei der polizeilichen Ermittlungsarbeit werfe ein ausgesprochen schlechtes Bild auf den Kläger. Jede Person, die das Bild des Klägers, insbesondere bei Wahllichtbildvorlagen sehe, wisse, dass der Kläger zumindest früher strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, was tatsächlich jedoch weit geringer der Fall gewesen sei, als es den Anschein erwecke. Dies bleibe kein polizeiinterner Vorgang, sondern Personen, die den Kläger kennen, behielten dies nicht für sich, so dass der Kläger mit seinem Elektrounternehmen Wettbewerbsnachteile zu befürchten habe, wenn seine Vergangenheit als Straftäter publik werde. Demnach stehe der zu befürchtende wirtschaftliche Nachteil für den Kläger in keinem Verhältnis zu dem Nutzen, den die Speicherung seiner Daten für die Polizeibehörde mit sich bringe, denn aufgrund der Gesamtschau der von dem Kläger begangenen Straftaten und dem Zeitablauf sei nicht mehr davon auszugehen, dass der Kläger zukünftig weitere Straftaten begehen werde.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Landespolizeidirektion Tübingen vom 10.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 15.09.2003 zu verpflichten, die erkennungsdienstlichen, wie auch die übrigen polizeilichen Unterlagen, die den Kläger betreffen, zu vernichten sowie die entsprechenden Daten in den polizeilichen Dateien zu löschen.
18 
Der Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Zur Begründung hat er zusätzlich zum bisherigen Vortrag ausgeführt, dass der Kläger verkenne, dass die Speicherung/Aufbewahrung von Daten/Unterlagen selbst bei einer Einstellung des Verfahrens gem. § 170 Abs. 2 StPO in Betracht komme, soweit ein verbleibender Restverdacht - und nur auf diesen sei vorliegend bei der Speicherung der Daten abgestellt worden - noch gegeben sei. Zu den einzelnen Ermittlungsverfahren sei wie folgt Stellung zu nehmen: Was den Diebstahl im Jahre 1982 angehe, könne die zu Tage getretene kriminelle Energie aufgrund der mehrfachen und der Tatbegehung in der Gruppe nicht verharmlost werden. Es handle sich auch nicht um einen Fall von geringer Bedeutung im Sinne des § 5 Abs. 3 DVO PolG. Denn dies sei nach § 5 Abs. 4 DVO PolG bei gewohnheitsmäßiger Begehung zu verneinen. Gewohnheitsmäßig handle im allgemeinen, wer durch wiederholte Tatbegehung erkennen lasse, dass eine kriminelle Neigung vorliege, weshalb im Regelfall bei Begehung mehrerer Straftaten, die einzeln gesehen durchaus von vergleichsweise geringerem Unrechtsgehalt sein könnten, nicht von Fällen geringerer Bedeutung im Sinne des § 5 Abs. 3 DVO PolG auszugehen sei. Hinsichtlich des vom Kläger eingewandten Zeitablaufs bleibe festzuhalten, dass der Kläger die seinerzeit prognostizierte Wiederholungsgefahr durch die in der Folge begangenen weiteren Straftaten bestätigt habe. Was weiter das Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung im Jahre 1987 angehe, sei dieses zwar gem. § 153a StPO eingestellt worden. Die Auferlegung einer Geldbuße bedeute jedoch gleichzeitig, dass eine - wenn auch geringe - Schuld des Beschuldigten festgestellt, mithin der Tatverdacht nicht gänzlich ausgeräumt worden sei. Im Hinblick auf das Ermittlungsverfahren im Jahre 1993 wegen Verdachts des Diebstahles ergebe sich der verbleibende Restverdacht daraus, dass der Kläger Halter des tatbeteiligten Fahrzeuges gewesen sei und er im Übrigen keine Angaben gemacht habe, die den Verdacht hätten ausräumen können. Was die Verurteilung des Klägers wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz im Jahre 1996 angehe, seien im Zusammenhang mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Fortdauer der Datenspeicherung zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten weder die Umstände des Waffenbesitzes noch die Funktionsfähigkeit der Waffe von Belang. In Bezug auf die im Jahre 1997 und im Jahre 2002 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellten Ermittlungsverfahren sei schließlich festzuhalten, dass die Unschuldsvermutung einer weiteren Speicherung der Daten und Aufbewahrung der Unterlagen über ein Beschuldigten nicht entgegen stehe, wenn in dem Verfahren nicht jeglicher Tatverdacht ausgeräumt worden sei. Dies sei hier, da die Einstellung einmal wegen Verzichts auf die Stellung eines Strafantrages durch den Geschädigten (14 Js 2750/97), das andere Mal mangels Tatnachweises (42 Js 13423/01) erfolgte, der Fall gewesen. Insgesamt seien in diesem Sinne alle Vorgänge mit dem Hinblick auf die Rechtmäßigkeit ihrer Speicherung geprüft worden. Dagegen spreche auch nicht, dass seit der letzten angezeigten Straftat ca. sieben Jahre vergangen seien. Die Speicher- bzw. Aufbewahrungsfrist für die vom Kläger gespeicherten Daten und vorgehaltenen Unterlagen sei gem. § 5 Abs. 2 Nr. 2 DVO PolG auf 10 Jahre festgelegt worden, da beim Kläger aufgrund der zahlreichen, teils gravierenden strafrechtliche Ermittlungsverfahren im Verlaufe von 15 Jahren von einer „gewohnheitsmäßigen Begehung“ im Sinne von § 5 Abs. 4 DVO PolG auszugehen sei. Die Speicherfrist orientiere sich an der jüngsten Tatzeit, weshalb - vorbehaltlich keiner weiteren hinzukommenden polizeilichen Erkenntnisse - die Löschung zum 01.12.2006 vorgesehen sei. Auch das Vorbringen, dass eine Verwendung der gespeicherten Daten im Einzelfall für den Kläger zu Wettbewerbsnachteilen führen könne, ändere an der Rechtmäßigkeit der Speicherung nichts. Die gespeicherten Daten sowie die vorgehaltenen Akten einschließlich der Lichtbilder und Fingerabdrücke, seien grundsätzlich ausschließlich für die polizeiinterne Nutzung bestimmt. Es könne dabei unterstellt werden, dass bei der entsprechenden Verwendung der Unterlagen jeweils fachkundig und daher auch mit entsprechender Sensibilität vorgegangen werde.
21 
Mit Schreiben vom 15.02.2005 hat die Beklagte ergänzend vorgetragen, der erneute Vorgang aus dem Jahre 2004 bestätige die Wiederholungsgefahr für weitere strafrechtlich relevante Taten. Aufgrund dieses Vorfalls verlängere sich das Aussonderungsdatum erneut.
22 
Dem Gericht haben die Behördenakten der Beklagten ebenso wie die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren 42 Js 13423/01 vorgelegen. Hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Denn dem Kläger steht zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung kein Anspruch auf Vernichtung der über ihn vorhandenen erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten zu (§ 113 Abs. 5 VwGO).
24 
Der vom Kläger gestellte Antrag auf Löschung der ihn betreffenden erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten beurteilt sich nach § 38 Abs.1 Satz 4 PolG, denn Rechtsgrundlage für die Aufbewahrung und Speicherung ist § 38 Abs.1 PolG. Diese landesrechtliche Bestimmung ist auch in Fällen der erkennungsdienstlichen Behandlung eines Beschuldigten nach § 81b StPO anwendbar, insbesondere, wenn die Erhebung der Daten ohnehin bereits zu präventiven Zwecken auf der Grundlage des § 81 b 2. Alt. StPO erfolgt ist. Denn § 481 StPO steht der Anwendung hinreichend bestimmter bereichsspezifischer landesrechtlicher Rechtsgrundlagen für die Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten zu präventiv-polizeilichen Zwecken nicht entgegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.2003, VBlBW 2004, 214; Urt. v. 27.09.1999, NVwZ-RR 2000, 287).
25 
Nach § 38 Abs.1 Satz 1 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten, die ihm im Rahmen von Ermittlungsverfahren bekannt geworden sind, speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ist die Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten erforderlich, wenn die betreffende Person verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben, und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie künftig eine Straftat begehen wird (§ 38 Abs.1 Satz 2 PolG). Die für die weitere Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung - kumulativ zum Tatverdacht - gesetzlich geforderten tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr können sich nach der - nicht abschließenden - Aufzählung in § 38 Abs. 1 Satz 3 PolG insbesondere aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben. Diese Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten aus Ermittlungsverfahren durch den Polizeivollzugsdienst und gegebenenfalls für die Löschung dieser Daten räumen der Behörde kein Ermessen und auch keinen Beurteilungsspielraum ein. Auch die gesetzlich geforderte Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Speicherung der Daten und dem gegenläufigen persönlichen Interesse des Betroffenen, wie sie durch den Erforderlichkeitsvorbehalt in § 38 Abs. 1 Satz 1 PolG ("... soweit und solange ... erforderlich ist.") nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorausgesetzt wird, ist der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen. Bei der Beurteilung der sich aus den tatsächlichen Anhaltspunkten erschließenden Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 PolG) steht dem Polizeivollzugsdienst allerdings ein Prognosespielraum zu (vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, VBlBW 1993, 13).
26 
Gemessen an diesen Voraussetzungen steht dem Kläger ein Anspruch auf Vernichtung der über ihn vorhandenen erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten nicht zu. Denn die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass die Speicherung der den Kläger betreffenden personenbezogenen Daten weiterhin zur Bekämpfung von Straftaten erforderlich und damit zulässig ist.
27 
Gegenstand der gespeicherten Daten sind - soweit streitbefangen - sieben durch Polizeidienststellen des Beklagten durchgeführte Ermittlungsverfahren aus dem Zeitraum 1982 bis 2002, denen der Verdacht von Straftaten aus den Bereichen Körperverletzung, Diebstahl und Betrug sowie in einem Fall des Verstoßes gegen das Waffengesetz zu Grunde lagen.
28 
Diese sieben Taten begangen zu haben, die Gegenstand der gespeicherten Daten sind, ist der Kläger verdächtig (§ 38 Abs.1 Satz 2 1.Halbs. PolG). Soweit die Ermittlungsverfahren zur Verurteilung des Klägers geführt haben (Taten im Zeitraum 01.04. bis 12.04.1982, vom 12.06.1988 und Verstoß gegen das Waffengesetz in den Jahren 1994 und 1995), wird dies auch vom Kläger nicht in Frage gestellt. In dem Fall, in dem es zur Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO (Ereignis vom 04.03.1987) gekommen ist, besteht gleichfalls ein Tatverdacht gegen den Kläger, denn der hinreichende Tatverdacht ist Voraussetzung für die Zulässigkeit der Einstellung nach § 153 a StPO (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.). Ein Tatverdacht besteht schließlich auch insoweit, als die Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gem. § 170 Abs.2 StPO eingestellt worden sind. Entgegen der Auffassung des Klägers schließt die Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs.2 StPO einen gegen den Beschuldigten fortbestehenden Tatverdacht nicht notwendig aus, sofern ein erheblicher „Restverdacht“ bestehen bleibt. Dem steht Art. 6 Abs.2 MRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, nicht entgegen, denn diese Vermutung berührt die polizeiliche Ermittlungstätigkeit bei konkreten Verdachtsmomenten nicht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.02.1987 - 1 S 2808/86 -, NJW 1987, 2764). Ob ein „Restverdacht“ in diesem Sinne vorliegt, ist anhand der Ermittlungsakten und insbesondere des Einstellungsbeschlusses festzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.; Urteile v. 23.02.1987 - 1 S 2624/86 - NJW 1987, 2763 und - 1 S 2808/86 - NJW 1987, 2764); hinsichtlich der drei Verfahrenseinstellungen nach § 170 Abs.2 StPO ist dies der Fall.
29 
Für das Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1993 (23 Js 7593/93, Einstellungsverfügung vom 22.11.1993) folgt dies daraus, dass trotz der Einstellung die durch konkrete Tatsachen hervorgerufenen objektiven Verdachtsmomente nicht widerlegt worden sind. Der begangene Diebstahl ist von einem Zeugen immerhin so genau beobachtet worden, dass dieser Farbe und Kennzeichen des mitgeführten PKW angeben konnte. Aufgrund dieser Angaben konnte der PKW des Klägers als Tatfahrzeug identifiziert werden. Da der Kläger bei der anschließenden Vernehmung keine Angaben machte, konnten die Zusammenhänge nicht aufgeklärt, mithin die gegen ihn bestehenden Verdachtsmomente nicht vollständig ausgeräumt werden.
30 
Für das Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1997 (14 Js 2750/97, Einstellungsverfügung vom 24.02.1997) ergibt sich der „Restverdacht“ zunächst aus dem Umstand, dass der Kläger bei seiner damaligen Vernehmung angegeben hatte, sich zwar alkoholbedingt nicht mehr erinnern, jedoch auch nicht ausschließen zu können, die Tat begangen zu haben. Hinzu kommt, dass die Einstellung nicht mangels hinreichenden Tatverdachts, sondern wegen fehlenden Strafantrags des Geschädigten aus Rechtsgründen erfolgte.
31 
Schließlich besteht auch hinsichtlich des Ermittlungsverfahrens in den Jahren 2001 und 2002 (42 Js 13432/01, Einstellungsverfügung vom 27.11.2002) ein für § 38 Abs.1 Satz 2 PolG erheblicher „Restverdacht“. Dies folgt zunächst aus den Gründen der Einstellungsverfügung, wonach der gegen den Kläger gerichtete Tatverdacht im Ermittlungsverfahren keineswegs ausgeräumt werden konnte, sondern vielmehr „etliche Ungereimtheiten“ verblieben sind. Bestätigt wird dies durch die der Kammer vorliegenden Ermittlungsakten. So ergibt sich beispielsweise aus dem abschließenden Ermittlungsbericht des Dezernats S/OK vom 29.08.2001, dass eine Musikanlage, die sich zum Brandzeitpunkt im Gebäude befunden haben soll, nicht - wie gegenüber der Versicherung angegeben - im Eigentum des Beschuldigten D., sondern des Klägers gestanden hatte. Weiter konnte festgestellt werden, dass eine Rechnung für diese Anlage erst 4 Tage nach dem Brand ausgestellt worden war. Aufgrund dieser Umstände war der Verdacht entstanden, der Kläger habe „durch Erstellung einer falschen Rechnung Wiederbeschaffungskosten für den Beschuldigten D. in Höhe von DM 3.945,19 vorgetäuscht, obwohl laut Lieferantenrechnung ihm als Eigentümer der Musikanlage lediglich ein Schaden in Höhe von netto DM 1.950,-- entstanden“ sei. Diese objektiven Verdachtsmomente konnten durch den Kläger nicht vollständig ausgeräumt werden. Insbesondere konnte der Kläger ausweislich eines Berichtes des Dezernats S/OK vom 23.07.2001 für die Musikanlage weder Ausgangsrechnungen vorlegen noch Zahlungseingänge nachweisen. Die Einstellung vom 27.11.2002 erfolgte daher letztlich nur, weil dem Kläger nicht nachzuweisen war, „dass er einen Betrug des getrennt verfolgten D. hat unterstützen wollen“.
32 
Zu Recht geht der Beklagte auch von einer fortbestehenden Wiederholungsgefahr in der Person des Klägers aus (§ 38 Abs. 1 Satz 3 und 4 PolG). Im Hinblick auf die Vielzahl der dem Kläger zur Last gelegten Strafgesetzverstöße und die zum Teil - nämlich was den Verdacht der Körperverletzung angeht - strukturelle Ähnlichkeit der Taten sieht die Kammer keinen Anlass, an der Berechtigung dieser Prognose zu zweifeln. Der Kläger ist immerhin zumindest in sieben Fällen während eines längeren Zeitraums von rund 20 Jahren strafrechtlich in Erscheinung getreten. Eine Gleichartigkeit der Gesetzverstöße liegt dabei jedenfalls insoweit vor, als in drei Fällen wegen einfacher oder gefährlicher Körperverletzung ermittelt worden ist. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger inzwischen von der insoweit gezeigten Gewaltbereitschaft in Konfliktsituationen Abstand genommen hätte. Im Gegenteil wird die vom Beklagten schon zu Beginn dieses Verfahrens beim Kläger angenommene Wiederholungsgefahr dadurch bestätigt, dass gegen ihn im Jahre 2004 erneut wegen des Verdachts der Körperverletzung ermittelt worden ist; wegen des Vorwurfs, unter Alkoholeinfluss eine andere Person geschlagen zu haben, ist gegen den Kläger am 09.02.2005 Strafbefehl ergangen. Die Indizwirkung dieses Vorfalls wird auch nicht dadurch beseitigt, dass der Kläger nach seinen Angaben gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hat. Denn selbst bei Erfolg des Einspruchs wäre das Vorliegen eines Tatverdachts im Sinne des § 38 Abs.1 Satz 2 PolG nicht in Abrede gestellt, da Voraussetzung für einen Strafbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts ist (vgl. § 407 Abs.1 Satz 4 StPO).
33 
Mit dem festgestellten Tatverdacht in den sieben Fällen aus den Jahren 1982 bis 2002 und der auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhenden Wiederholungsgefahr sind die Voraussetzungen erfüllt, unter denen der generalisierenden Wertung des Gesetzgebers in § 38 Abs. 1 Satz 2 und 3 PolG zufolge die Speicherung der personenbezogenen Daten aus diesen Ermittlungsverfahren zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG). Steht dies fest, kann die Behörde im Regelfall davon ausgehen, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten bis zum Ablauf der gesetzlichen Regelspeicherfristen (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG) geboten und damit zulässig ist. Dies entspricht erkennbar der Wertung des Gesetzgebers, der mit den Fristen in § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG nicht nur den Zeitpunkt bestimmt hat, nach dem der Polizeivollzugsdienst spätestens von Amts wegen zu überprüfen hat, ob die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten noch erforderlich ist (§ 38 Abs. 2 Satz 1 PolG), sondern damit zugleich den zeitlichen Rahmen abgesteckt hat, nach dessen Ablauf die personenbezogenen Daten im Regelfall zu löschen sind (§ 38 Abs. 3 Satz 2 PolG). Bis zum Ablauf dieser Fristen jedoch geht der Gesetzgeber grundsätzlich von der Erforderlichkeit der nach § 38 Abs. 1 PolG zulässigerweise gespeicherten Daten aus (so § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG, vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.). Die Löschung der Daten vor Ablauf der Regelspeicherfristen ist danach nur im Ausnahmefall geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PolG) ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG). Dies kann bei der Speicherung von Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten etwa der Fall sein bei Wegfall der Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 PolG) oder wenn besondere Umstände die Unverhältnismäßigkeit der weiteren Datenspeicherung für den Betroffenen begründen.
34 
Die gesetzliche Regelspeicherfrist, die für die vom Kläger gespeicherten Daten 5 Jahre beträgt (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG i. V. m. § 5 Abs.1 Nr.1 DVO PolG), ist für die von ihm gespeicherten Daten noch nicht abgelaufen. Aus diesem Grunde kommt es auch nicht darauf an und kann folglich dahinstehen, ob - wie der Beklagte meint - in Bezug auf den Kläger überregional bedeutsame Straftaten im Sinne des § 5 Abs.2 Nr.3 DVO PolG vorliegen, welche eine 10jährige Speicherfrist auslösen würden. Die Frist beginnt gemäß § 38 Abs.3 Satz 1 PolG frühestens mit Bekanntwerden des neuerlichen Vorfalls vom 18.07.2004 zu laufen. Denn maßgeblich für die Fristberechnung ist der Zeitpunkt, an dem der Polizeivollzugsdienst Kenntnis von dem zeitlich letzten Verdacht gegen den Betroffenen erhalten hat, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.1999, a.a.O.; Urt. v. 26.05.1992, a.a.O; Wolf/Stephan, Polizeigesetz Baden-Württemberg, § 38 Rdnr. 12). Diese Auslegung ist mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar und erscheint der Kammer im Hinblick auf den Zweck der Speicherung - die Aufklärungsarbeit für den Fall, dass der Kläger in den Kreis der Verdächtigen fiele, zu erleichtern - auch geboten.
35 
Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von § 46 Abs.1 Nr.2 i. V. m. § 38 Abs.2 PolG daraus, dass bereits zu einem früherem Zeitpunkt eine Überprüfung zur Vernichtung der Daten hätte führen müssen. Denn selbst wenn man den neuerlichen Vorfall aus dem Jahre 2004 unberücksichtigt ließe, wäre die 5jährige Regelspeicherfrist noch nicht abgelaufen. Maßgeblich käme es dann auf das Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zum Betrug aus den Jahren 2001 und 2002 an, wobei die Frist gemäß § 38 Abs.3 Satz 1 PolG frühestens am 30.03.2001 mit Übersendung der Allianz-Schadensakten, welche u. a. die nachträglich ausgestellten Rechnungen des Klägers enthalten hatten, zu laufen begonnen hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das objektive Ereignis - der Brand des Clubheims „M. B.“ - bereits am 05.10.1996 stattgefunden hat. Entscheidend für den Fristbeginn ist nämlich - wie bereits ausgeführt - der Zeitpunkt, an dem der Polizeivollzugsdienst Kenntnis von dem Verdacht gegen den Betroffenen erhalten hat. Der Kläger kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg auf kürzere Regelspeicherfristen berufen. Gemäß § 38 Abs.2 Satz 4 PolG i. V. m. § 5 Abs.3 Satz 1 DVO PolG verkürzt sich die Frist in „Fällen von geringer Bedeutung“ auf 3 Jahre. Ein Fall geringer Bedeutung, der eine Verkürzung der 5jährigen Regelspeicherfrist bei den vom Kläger gespeicherten Daten gebieten würde, liegt bei ihm indes nicht vor. Die in den Jahren 1982 bis 2002 erfassten Ereignisse sind nach dem Gegenstand des zugrunde liegenden Tatvorwurfs, vor allem jedoch im Hinblick auf ihre Häufung und hinsichtlich der Tatmotivation zum Teil strukturellen Gleichartigkeit nicht von geringer Bedeutung. Was den Betrugsverdacht aus den Jahren 2001 und 2002 angeht, kommt hinzu, dass sich die im Raum stehende Schadenshöhe ausweislich der Einstellungsverfügung auf ca. 5.400,-- DM belaufen hat. Der für die Annahme eines Regelfalls geringer Bedeutung (§ 5 Abs.3 Satz 2 DVO PolG) eingeräumte Schadensbereich von maximal 500,-- DM ist damit weit überschritten.
36 
Die weitere Speicherung der Daten belastet den Kläger schließlich auch nicht in unverhältnismäßiger Weise. Gegenüber dem dargelegten berechtigten Interesse des Polizeivollzugsdienstes am weiteren Zugriff auf die von dem Kläger gespeicherten Daten muss dessen Interesse, nicht mehr durch die fortdauernde Datenspeicherung über ihm zur Last gelegte frühere Strafgesetzverstöße belastet zu sein, zurücktreten. Hieran vermag auch der vom Kläger geäußerte Umstand, dass er ein Elektrounternehmen betreibt und insoweit Wettbewerbsnachteile befürchtet, nichts zu ändern. Zum einen stuft die Kammer die Möglichkeit, das die über den Kläger gespeicherten Daten an Unbefugte seitens der Polizeidienststellen weitergegeben werden, als sehr gering ein. Zum anderen ist auch zu gewärtigen, dass die Speicherung der Daten letztlich auf dem bewussten Verhalten des Klägers beruht, dass ihn dem berechtigten Verdacht aussetzte, gegen waffen- und strafrechtliche Vorschriften verstoßen zu haben, und dass sich die zu Recht angenommene Wiederholungsgefahr erst kürzlich in einem weiteren Ermittlungsverfahren gegen den Kläger realisiert hat. Angesichts dessen müssen etwaige Nachteile, die sich eventuell daraus ergeben können, dass Lichtbilder des Klägers in Wahllichtbildvorlagen verwendet werden, vom Kläger hingenommen werden; dies zumal solche Wahllichtbildvorlagen - wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - nicht völlig wahllos, sondern aufgrund kriminalistischer Erfahrung im Einzelfall unter Berücksichtigung von Bezügen und Zusammenhängen zur Person eines Verdächtigen zusammengestellt werden.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer hatte keine Veranlassung, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
38 
Die Berufung gegen dieses Urteil war durch das Verwaltungsgericht nicht gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Unbenommen bleibt der Antrag auf Zulassung (vgl. die Rechtsmittelbelehrung), über den gemäß § 124 a Abs. 4, 5 VwGO der VGH Baden-Württemberg entscheidet.

Gründe

 
23 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Denn dem Kläger steht zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung kein Anspruch auf Vernichtung der über ihn vorhandenen erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten zu (§ 113 Abs. 5 VwGO).
24 
Der vom Kläger gestellte Antrag auf Löschung der ihn betreffenden erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten beurteilt sich nach § 38 Abs.1 Satz 4 PolG, denn Rechtsgrundlage für die Aufbewahrung und Speicherung ist § 38 Abs.1 PolG. Diese landesrechtliche Bestimmung ist auch in Fällen der erkennungsdienstlichen Behandlung eines Beschuldigten nach § 81b StPO anwendbar, insbesondere, wenn die Erhebung der Daten ohnehin bereits zu präventiven Zwecken auf der Grundlage des § 81 b 2. Alt. StPO erfolgt ist. Denn § 481 StPO steht der Anwendung hinreichend bestimmter bereichsspezifischer landesrechtlicher Rechtsgrundlagen für die Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten zu präventiv-polizeilichen Zwecken nicht entgegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.2003, VBlBW 2004, 214; Urt. v. 27.09.1999, NVwZ-RR 2000, 287).
25 
Nach § 38 Abs.1 Satz 1 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten, die ihm im Rahmen von Ermittlungsverfahren bekannt geworden sind, speichern, verändern und nutzen, soweit und solange dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ist die Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten erforderlich, wenn die betreffende Person verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben, und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie künftig eine Straftat begehen wird (§ 38 Abs.1 Satz 2 PolG). Die für die weitere Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung - kumulativ zum Tatverdacht - gesetzlich geforderten tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr können sich nach der - nicht abschließenden - Aufzählung in § 38 Abs. 1 Satz 3 PolG insbesondere aus Art, Ausführung und Schwere der Tat ergeben. Diese Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten aus Ermittlungsverfahren durch den Polizeivollzugsdienst und gegebenenfalls für die Löschung dieser Daten räumen der Behörde kein Ermessen und auch keinen Beurteilungsspielraum ein. Auch die gesetzlich geforderte Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Speicherung der Daten und dem gegenläufigen persönlichen Interesse des Betroffenen, wie sie durch den Erforderlichkeitsvorbehalt in § 38 Abs. 1 Satz 1 PolG ("... soweit und solange ... erforderlich ist.") nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorausgesetzt wird, ist der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen. Bei der Beurteilung der sich aus den tatsächlichen Anhaltspunkten erschließenden Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 PolG) steht dem Polizeivollzugsdienst allerdings ein Prognosespielraum zu (vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, VBlBW 1993, 13).
26 
Gemessen an diesen Voraussetzungen steht dem Kläger ein Anspruch auf Vernichtung der über ihn vorhandenen erkennungsdienstlichen Unterlagen und personenbezogenen Daten nicht zu. Denn die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass die Speicherung der den Kläger betreffenden personenbezogenen Daten weiterhin zur Bekämpfung von Straftaten erforderlich und damit zulässig ist.
27 
Gegenstand der gespeicherten Daten sind - soweit streitbefangen - sieben durch Polizeidienststellen des Beklagten durchgeführte Ermittlungsverfahren aus dem Zeitraum 1982 bis 2002, denen der Verdacht von Straftaten aus den Bereichen Körperverletzung, Diebstahl und Betrug sowie in einem Fall des Verstoßes gegen das Waffengesetz zu Grunde lagen.
28 
Diese sieben Taten begangen zu haben, die Gegenstand der gespeicherten Daten sind, ist der Kläger verdächtig (§ 38 Abs.1 Satz 2 1.Halbs. PolG). Soweit die Ermittlungsverfahren zur Verurteilung des Klägers geführt haben (Taten im Zeitraum 01.04. bis 12.04.1982, vom 12.06.1988 und Verstoß gegen das Waffengesetz in den Jahren 1994 und 1995), wird dies auch vom Kläger nicht in Frage gestellt. In dem Fall, in dem es zur Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO (Ereignis vom 04.03.1987) gekommen ist, besteht gleichfalls ein Tatverdacht gegen den Kläger, denn der hinreichende Tatverdacht ist Voraussetzung für die Zulässigkeit der Einstellung nach § 153 a StPO (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.). Ein Tatverdacht besteht schließlich auch insoweit, als die Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gem. § 170 Abs.2 StPO eingestellt worden sind. Entgegen der Auffassung des Klägers schließt die Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs.2 StPO einen gegen den Beschuldigten fortbestehenden Tatverdacht nicht notwendig aus, sofern ein erheblicher „Restverdacht“ bestehen bleibt. Dem steht Art. 6 Abs.2 MRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, nicht entgegen, denn diese Vermutung berührt die polizeiliche Ermittlungstätigkeit bei konkreten Verdachtsmomenten nicht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.02.1987 - 1 S 2808/86 -, NJW 1987, 2764). Ob ein „Restverdacht“ in diesem Sinne vorliegt, ist anhand der Ermittlungsakten und insbesondere des Einstellungsbeschlusses festzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.; Urteile v. 23.02.1987 - 1 S 2624/86 - NJW 1987, 2763 und - 1 S 2808/86 - NJW 1987, 2764); hinsichtlich der drei Verfahrenseinstellungen nach § 170 Abs.2 StPO ist dies der Fall.
29 
Für das Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1993 (23 Js 7593/93, Einstellungsverfügung vom 22.11.1993) folgt dies daraus, dass trotz der Einstellung die durch konkrete Tatsachen hervorgerufenen objektiven Verdachtsmomente nicht widerlegt worden sind. Der begangene Diebstahl ist von einem Zeugen immerhin so genau beobachtet worden, dass dieser Farbe und Kennzeichen des mitgeführten PKW angeben konnte. Aufgrund dieser Angaben konnte der PKW des Klägers als Tatfahrzeug identifiziert werden. Da der Kläger bei der anschließenden Vernehmung keine Angaben machte, konnten die Zusammenhänge nicht aufgeklärt, mithin die gegen ihn bestehenden Verdachtsmomente nicht vollständig ausgeräumt werden.
30 
Für das Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1997 (14 Js 2750/97, Einstellungsverfügung vom 24.02.1997) ergibt sich der „Restverdacht“ zunächst aus dem Umstand, dass der Kläger bei seiner damaligen Vernehmung angegeben hatte, sich zwar alkoholbedingt nicht mehr erinnern, jedoch auch nicht ausschließen zu können, die Tat begangen zu haben. Hinzu kommt, dass die Einstellung nicht mangels hinreichenden Tatverdachts, sondern wegen fehlenden Strafantrags des Geschädigten aus Rechtsgründen erfolgte.
31 
Schließlich besteht auch hinsichtlich des Ermittlungsverfahrens in den Jahren 2001 und 2002 (42 Js 13432/01, Einstellungsverfügung vom 27.11.2002) ein für § 38 Abs.1 Satz 2 PolG erheblicher „Restverdacht“. Dies folgt zunächst aus den Gründen der Einstellungsverfügung, wonach der gegen den Kläger gerichtete Tatverdacht im Ermittlungsverfahren keineswegs ausgeräumt werden konnte, sondern vielmehr „etliche Ungereimtheiten“ verblieben sind. Bestätigt wird dies durch die der Kammer vorliegenden Ermittlungsakten. So ergibt sich beispielsweise aus dem abschließenden Ermittlungsbericht des Dezernats S/OK vom 29.08.2001, dass eine Musikanlage, die sich zum Brandzeitpunkt im Gebäude befunden haben soll, nicht - wie gegenüber der Versicherung angegeben - im Eigentum des Beschuldigten D., sondern des Klägers gestanden hatte. Weiter konnte festgestellt werden, dass eine Rechnung für diese Anlage erst 4 Tage nach dem Brand ausgestellt worden war. Aufgrund dieser Umstände war der Verdacht entstanden, der Kläger habe „durch Erstellung einer falschen Rechnung Wiederbeschaffungskosten für den Beschuldigten D. in Höhe von DM 3.945,19 vorgetäuscht, obwohl laut Lieferantenrechnung ihm als Eigentümer der Musikanlage lediglich ein Schaden in Höhe von netto DM 1.950,-- entstanden“ sei. Diese objektiven Verdachtsmomente konnten durch den Kläger nicht vollständig ausgeräumt werden. Insbesondere konnte der Kläger ausweislich eines Berichtes des Dezernats S/OK vom 23.07.2001 für die Musikanlage weder Ausgangsrechnungen vorlegen noch Zahlungseingänge nachweisen. Die Einstellung vom 27.11.2002 erfolgte daher letztlich nur, weil dem Kläger nicht nachzuweisen war, „dass er einen Betrug des getrennt verfolgten D. hat unterstützen wollen“.
32 
Zu Recht geht der Beklagte auch von einer fortbestehenden Wiederholungsgefahr in der Person des Klägers aus (§ 38 Abs. 1 Satz 3 und 4 PolG). Im Hinblick auf die Vielzahl der dem Kläger zur Last gelegten Strafgesetzverstöße und die zum Teil - nämlich was den Verdacht der Körperverletzung angeht - strukturelle Ähnlichkeit der Taten sieht die Kammer keinen Anlass, an der Berechtigung dieser Prognose zu zweifeln. Der Kläger ist immerhin zumindest in sieben Fällen während eines längeren Zeitraums von rund 20 Jahren strafrechtlich in Erscheinung getreten. Eine Gleichartigkeit der Gesetzverstöße liegt dabei jedenfalls insoweit vor, als in drei Fällen wegen einfacher oder gefährlicher Körperverletzung ermittelt worden ist. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger inzwischen von der insoweit gezeigten Gewaltbereitschaft in Konfliktsituationen Abstand genommen hätte. Im Gegenteil wird die vom Beklagten schon zu Beginn dieses Verfahrens beim Kläger angenommene Wiederholungsgefahr dadurch bestätigt, dass gegen ihn im Jahre 2004 erneut wegen des Verdachts der Körperverletzung ermittelt worden ist; wegen des Vorwurfs, unter Alkoholeinfluss eine andere Person geschlagen zu haben, ist gegen den Kläger am 09.02.2005 Strafbefehl ergangen. Die Indizwirkung dieses Vorfalls wird auch nicht dadurch beseitigt, dass der Kläger nach seinen Angaben gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hat. Denn selbst bei Erfolg des Einspruchs wäre das Vorliegen eines Tatverdachts im Sinne des § 38 Abs.1 Satz 2 PolG nicht in Abrede gestellt, da Voraussetzung für einen Strafbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts ist (vgl. § 407 Abs.1 Satz 4 StPO).
33 
Mit dem festgestellten Tatverdacht in den sieben Fällen aus den Jahren 1982 bis 2002 und der auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhenden Wiederholungsgefahr sind die Voraussetzungen erfüllt, unter denen der generalisierenden Wertung des Gesetzgebers in § 38 Abs. 1 Satz 2 und 3 PolG zufolge die Speicherung der personenbezogenen Daten aus diesen Ermittlungsverfahren zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG). Steht dies fest, kann die Behörde im Regelfall davon ausgehen, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten bis zum Ablauf der gesetzlichen Regelspeicherfristen (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG) geboten und damit zulässig ist. Dies entspricht erkennbar der Wertung des Gesetzgebers, der mit den Fristen in § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG nicht nur den Zeitpunkt bestimmt hat, nach dem der Polizeivollzugsdienst spätestens von Amts wegen zu überprüfen hat, ob die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten noch erforderlich ist (§ 38 Abs. 2 Satz 1 PolG), sondern damit zugleich den zeitlichen Rahmen abgesteckt hat, nach dessen Ablauf die personenbezogenen Daten im Regelfall zu löschen sind (§ 38 Abs. 3 Satz 2 PolG). Bis zum Ablauf dieser Fristen jedoch geht der Gesetzgeber grundsätzlich von der Erforderlichkeit der nach § 38 Abs. 1 PolG zulässigerweise gespeicherten Daten aus (so § 38 Abs. 1 Satz 2 PolG, vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.05.1992, a.a.O.). Die Löschung der Daten vor Ablauf der Regelspeicherfristen ist danach nur im Ausnahmefall geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PolG) ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 PolG). Dies kann bei der Speicherung von Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten etwa der Fall sein bei Wegfall der Wiederholungsgefahr (§ 38 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 PolG) oder wenn besondere Umstände die Unverhältnismäßigkeit der weiteren Datenspeicherung für den Betroffenen begründen.
34 
Die gesetzliche Regelspeicherfrist, die für die vom Kläger gespeicherten Daten 5 Jahre beträgt (§ 38 Abs. 2 Satz 2 PolG i. V. m. § 5 Abs.1 Nr.1 DVO PolG), ist für die von ihm gespeicherten Daten noch nicht abgelaufen. Aus diesem Grunde kommt es auch nicht darauf an und kann folglich dahinstehen, ob - wie der Beklagte meint - in Bezug auf den Kläger überregional bedeutsame Straftaten im Sinne des § 5 Abs.2 Nr.3 DVO PolG vorliegen, welche eine 10jährige Speicherfrist auslösen würden. Die Frist beginnt gemäß § 38 Abs.3 Satz 1 PolG frühestens mit Bekanntwerden des neuerlichen Vorfalls vom 18.07.2004 zu laufen. Denn maßgeblich für die Fristberechnung ist der Zeitpunkt, an dem der Polizeivollzugsdienst Kenntnis von dem zeitlich letzten Verdacht gegen den Betroffenen erhalten hat, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben (ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.1999, a.a.O.; Urt. v. 26.05.1992, a.a.O; Wolf/Stephan, Polizeigesetz Baden-Württemberg, § 38 Rdnr. 12). Diese Auslegung ist mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar und erscheint der Kammer im Hinblick auf den Zweck der Speicherung - die Aufklärungsarbeit für den Fall, dass der Kläger in den Kreis der Verdächtigen fiele, zu erleichtern - auch geboten.
35 
Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von § 46 Abs.1 Nr.2 i. V. m. § 38 Abs.2 PolG daraus, dass bereits zu einem früherem Zeitpunkt eine Überprüfung zur Vernichtung der Daten hätte führen müssen. Denn selbst wenn man den neuerlichen Vorfall aus dem Jahre 2004 unberücksichtigt ließe, wäre die 5jährige Regelspeicherfrist noch nicht abgelaufen. Maßgeblich käme es dann auf das Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zum Betrug aus den Jahren 2001 und 2002 an, wobei die Frist gemäß § 38 Abs.3 Satz 1 PolG frühestens am 30.03.2001 mit Übersendung der Allianz-Schadensakten, welche u. a. die nachträglich ausgestellten Rechnungen des Klägers enthalten hatten, zu laufen begonnen hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das objektive Ereignis - der Brand des Clubheims „M. B.“ - bereits am 05.10.1996 stattgefunden hat. Entscheidend für den Fristbeginn ist nämlich - wie bereits ausgeführt - der Zeitpunkt, an dem der Polizeivollzugsdienst Kenntnis von dem Verdacht gegen den Betroffenen erhalten hat. Der Kläger kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg auf kürzere Regelspeicherfristen berufen. Gemäß § 38 Abs.2 Satz 4 PolG i. V. m. § 5 Abs.3 Satz 1 DVO PolG verkürzt sich die Frist in „Fällen von geringer Bedeutung“ auf 3 Jahre. Ein Fall geringer Bedeutung, der eine Verkürzung der 5jährigen Regelspeicherfrist bei den vom Kläger gespeicherten Daten gebieten würde, liegt bei ihm indes nicht vor. Die in den Jahren 1982 bis 2002 erfassten Ereignisse sind nach dem Gegenstand des zugrunde liegenden Tatvorwurfs, vor allem jedoch im Hinblick auf ihre Häufung und hinsichtlich der Tatmotivation zum Teil strukturellen Gleichartigkeit nicht von geringer Bedeutung. Was den Betrugsverdacht aus den Jahren 2001 und 2002 angeht, kommt hinzu, dass sich die im Raum stehende Schadenshöhe ausweislich der Einstellungsverfügung auf ca. 5.400,-- DM belaufen hat. Der für die Annahme eines Regelfalls geringer Bedeutung (§ 5 Abs.3 Satz 2 DVO PolG) eingeräumte Schadensbereich von maximal 500,-- DM ist damit weit überschritten.
36 
Die weitere Speicherung der Daten belastet den Kläger schließlich auch nicht in unverhältnismäßiger Weise. Gegenüber dem dargelegten berechtigten Interesse des Polizeivollzugsdienstes am weiteren Zugriff auf die von dem Kläger gespeicherten Daten muss dessen Interesse, nicht mehr durch die fortdauernde Datenspeicherung über ihm zur Last gelegte frühere Strafgesetzverstöße belastet zu sein, zurücktreten. Hieran vermag auch der vom Kläger geäußerte Umstand, dass er ein Elektrounternehmen betreibt und insoweit Wettbewerbsnachteile befürchtet, nichts zu ändern. Zum einen stuft die Kammer die Möglichkeit, das die über den Kläger gespeicherten Daten an Unbefugte seitens der Polizeidienststellen weitergegeben werden, als sehr gering ein. Zum anderen ist auch zu gewärtigen, dass die Speicherung der Daten letztlich auf dem bewussten Verhalten des Klägers beruht, dass ihn dem berechtigten Verdacht aussetzte, gegen waffen- und strafrechtliche Vorschriften verstoßen zu haben, und dass sich die zu Recht angenommene Wiederholungsgefahr erst kürzlich in einem weiteren Ermittlungsverfahren gegen den Kläger realisiert hat. Angesichts dessen müssen etwaige Nachteile, die sich eventuell daraus ergeben können, dass Lichtbilder des Klägers in Wahllichtbildvorlagen verwendet werden, vom Kläger hingenommen werden; dies zumal solche Wahllichtbildvorlagen - wie der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - nicht völlig wahllos, sondern aufgrund kriminalistischer Erfahrung im Einzelfall unter Berücksichtigung von Bezügen und Zusammenhängen zur Person eines Verdächtigen zusammengestellt werden.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer hatte keine Veranlassung, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
38 
Die Berufung gegen dieses Urteil war durch das Verwaltungsgericht nicht gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Unbenommen bleibt der Antrag auf Zulassung (vgl. die Rechtsmittelbelehrung), über den gemäß § 124 a Abs. 4, 5 VwGO der VGH Baden-Württemberg entscheidet.

(1) Zur Anordnung der Maßnahmen nach § 99 ist nur das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch die Staatsanwaltschaft befugt.

(2) Anordnungen der Staatsanwaltschaft nach Absatz 1 treten, auch wenn sie eine Auslieferung nach § 99 Absatz 1 oder eine Auskunftserteilung nach § 99 Absatz 2 noch nicht zur Folge gehabt haben, außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Werktagen gerichtlich bestätigt werden.

(3) Die Öffnung der ausgelieferten Postsendungen steht dem Gericht zu. Es kann diese Befugnis der Staatsanwaltschaft übertragen, soweit dies erforderlich ist, um den Untersuchungserfolg nicht durch Verzögerung zu gefährden. Die Übertragung ist nicht anfechtbar; sie kann jederzeit widerrufen werden. Solange eine Anordnung nach Satz 2 nicht ergangen ist, legt die Staatsanwaltschaft die ihr ausgelieferten Postsendungen sofort, und zwar verschlossene Postsendungen ungeöffnet, dem Gericht vor.

(4) Über eine von der Staatsanwaltschaft verfügte Maßnahme nach § 99 entscheidet das nach § 98 zuständige Gericht. Über die Öffnung einer ausgelieferten Postsendung entscheidet das Gericht, das die Beschlagnahme angeordnet oder bestätigt hat.

(5) Postsendungen, deren Öffnung nicht angeordnet worden ist, sind unverzüglich an den vorgesehenen Empfänger weiterzuleiten. Dasselbe gilt, soweit nach der Öffnung die Zurückbehaltung nicht erforderlich ist.

(6) Der Teil einer zurückbehaltenen Postsendung, dessen Vorenthaltung nicht mit Rücksicht auf die Untersuchung geboten erscheint, ist dem vorgesehenen Empfänger abschriftlich mitzuteilen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Dem Bundeskriminalamt obliegt die Sicherung seiner behördlichen Liegenschaften, sonstigen Einrichtungen und eigenen Veranstaltungen gegen Gefahren, welche die Erfüllung seiner Aufgaben beeinträchtigen. Die Sicherung beschränkt sich auf die in Satz 1 bezeichneten Liegenschaften und Einrichtungen sowie auf die Grundstücke, auf denen diese Liegenschaften und Einrichtungen untergebracht sind oder Veranstaltungen stattfinden.

(2) Dem Bundeskriminalamt obliegt die Sicherung seines Dienstbetriebs gegen Gefahren, die von Personen ausgehen, die für das Bundeskriminalamt tätig werden sollen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 476/12
vom
15. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. Mai 2013,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 12. Oktober 2011, soweit es den Angeklagten S. betrifft, im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

A.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln in 20.230 Fällen schuldig gesprochen. Es hat ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, und einer gesonderten Gesamtgeldstrafe von 700 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt und den Verfall von Wertersatz in einer Höhe von 1.179.508,96 Euro angeordnet. Von der Anordnung erweiterten Werter- satzverfalls in Höhe eines weiteren Geldbetrages von 1.179.508,96 Euro hat es abgesehen.

I.


2
Der - nicht angefochtene - Schuldspruch beruht auf folgenden Feststellungen :
3
Der gesondert Verfolgte M. betrieb seit 2002 unter der Firma „G. “ einen Großhandel für Medikamente. Nach dem Wegfall des absoluten Versandverbots für Apotheken im Jahr 2004 beschloss er, unter Mitwirkung von ihm beschäftigter Mitarbeiter sowie eingeweihter Ärzte und Apotheker - darunter der Angeklagte - einen Internet-Großhandel aufzubauen, um im Ausland häufig nachgefragte sogenannte „ausgenommene Zubereitungen“ (Rivotril, Xanax, Alprazolam, Valium, Stilnox, Lorazepam, Zolpidem, Tafil und Tavor Expedit ) gewinnbringend zu verkaufen.
4
Die zumeist in den USA wohnhaften Kunden gaben hierfür auf weltweit abrufbaren Internetplattformen, die durch zwei von M. in Südafrika und Liechtenstein betriebene Unternehmen verantwortet wurden, Bestellungen auf. Diese wurden durch die eingebundenen Ärzte über einen speziellen Zugangscode entgegengenommen und rezeptiert. Der Angeklagte rief diese Rezepte ab und orderte - vielfach bei „G. “- die entsprechenden Medikamente, um sie sodann unter Benutzung seiner Privatadresse - entsprechend den abgegebenen Bestellungen - zu weit überhöhten Preisen an die Kunden zu versenden. Er wusste, dass zur Ausfuhr der hier als Betäubungsmittel anzusehenden Medikamente eine Ausfuhrgenehmigung nach § 11 BtMG erforderlich gewesen wäre. Ihm war auch bekannt, dass sich die Kunden zu keinem Zeitpunkt den Ärzten vorgestellt, sondern lediglich ihre Kreditkartendaten und einige gesundheitsbezogene und im Übrigen nicht nachprüfbare Informationen im Internet angegeben hatten.
5
Im Tatzeitraum zwischen dem 7. Oktober 2004 und dem 15. März 2006 versandte der Angeklagte in insgesamt 40.460 Fällen Produkte, davon in 20.230 Fällen ausgenommene Zubereitungen, im Übrigen „Lifestyle-Produkte“, die keine Betäubungsmittel darstellten, ins Ausland. Bei keiner Versendung wurde der Grenzwert der nicht geringen Menge der jeweiligen Stoffe erreicht oder überschritten. Der Angeklagte erhielt für seine Beteiligung eine Gewinnmarge von 10 Euro je Bestellung.

II.


6
1. Wegen sämtlicher Taten ist das Landgericht von jeweils gewerbsmäßiger unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln ausgegangen, hat jedoch unter Anwendung von § 31 Nr. 1 BtMG das Vorliegen eines besonders schweren Falles gemäß § 29 Abs. 3 BtMG abgelehnt und die Strafen dem Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG entnommen. Von den 20.230 Versendungen ausgenommener Zubereitungen entfielen auf den Zeitraum vom 7. Oktober bis zum 22. Dezember 2004 insgesamt 2.750 Versendungen und auf den anschließenden Zeitraum vom 23. Dezember 2004 bis zum 15. März 2006 weitere 17.480 Versendungen. Für die Taten im zuerst genannten Zeitraum hat das Landgericht jeweils Geldstrafen von 90 Tagessätzen, für die im späteren Zeitraum begangenen Taten im Hinblick auf eine durch den Wechsel des Versand- unternehmens erfolgte „Verfeinerung des Systems“ jeweils Freiheitsstrafen von neun Monaten verhängt und hieraus die vorgenannten Gesamtstrafen gebildet.
7
2. Die Anordnung von Wertersatzverfall erfasst die Hälfte des aus allen 40.460 Versendungen entnommenen, dem Angeklagten zugeflossenen Gesamterlöses , mithin 1.179.508,96 Euro. Die Nichtanordnung erweiterten Wer- tersatzverfalls hinsichtlich des den „Lifestyle-Produkten“ zugeordneten Restbe- trages von ebenfalls 1.179.508,96 Euro hat das Landgericht damit begründet, dass dessen Herkunft aus Straftaten nicht feststehe.

III.


8
Mit ihrer auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision zu Ungunsten des Angeklagten beanstandet die Staatsanwaltschaft Rechtsfehler bei der Strafzumessung sowie bei der Nichtanordnung des erweiterten Wertersatzverfalls.
9
Der Generalbundesanwalt ist der Auffassung, die Revision sei insoweit nicht auf die Nichtanordnung des erweiterten Wertersatzverfalls beschränkt. Vielmehr sei auch die Wertersatzverfallsanordnung angefochten, die er für rechtsfehlerhaft hält.

B.


10
Die Revision hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg; sie wirkt sich insoweit sowohl zu Ungunsten des Angeklagten als auch zu seinen Gunsten (§ 301 StPO) aus. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

I.


11
Der Strafausspruch hat keinen Bestand.
12
1. Bei der Bemessung der Einzelstrafen hat das Landgericht rechtsfehlerhaft zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass es sich bei den ausge- führten ausgenommenen Zubereitungen um „Medikamente“ gehandelt habe, „die im therapeutischen Bereich ihren Einsatz finden“ (UA S. 78).
13
Das Landgericht hat dabei jedoch erkennbar nicht bedacht, dass nach den insoweit eindeutigen Feststellungen des Urteils im konkreten Fall gerade kein „therapeutischer“ Einsatz vorlag, denn die Versendungen beruhten, wie auch der Angeklagte wusste, auf Scheinrezepten, die von pflichtwidrig handelnden , in das Geschehen eingebundenen Ärzten für ihnen unbekannte Personen unkontrolliert ausgestellt worden waren.
14
2. Das Landgericht hat bei der Festsetzung der Einzelstrafen weiterhin nicht berücksichtigt, dass der Angeklagte von vorneherein mit dem Ziel gehandelt hat, sich durch eine Vielzahl von Ausfuhren ausgenommener Zubereitungen in großem Umfang zu bereichern. Es gilt insoweit im Kern nichts anderes als bei serienmäßig begangenen Delikten, in denen die Bereicherung durch gegen das Vermögen der Opfer begangene Taten erfolgt (vgl. dazu BGH, Urteile vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, NJW 2009, 1979, und vom 8. April 2004 - 3 StR 465/03, NStZ 2004, 554).
15
3. Die aufgezeigten Mängel betreffen im Ansatz sämtliche Einzelstrafen. Unabhängig davon hat das Landgericht aber bei der Strafzumessung für die seit dem 23. Dezember 2004 begangenen Taten eine rechtlich nicht tragfähig begründete Erwägung zum Nachteil des Angeklagten angestellt: Während es für die zuvor begangenen Taten eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen ausgesprochen hat, hat es für die nachfolgenden Taten jeweils neun Monate Freiheitsstrafe verhängt. Gestützt ist diese erhebliche Steigerung der Strafen darauf , dass der Angeklagte zum 23. Dezember 2004 seinen Versand von dem Logistikunternehmen F. auf die Versendung mit der Deutschen Post umgestellt hatte, weil diese ihm sogenannte Trackingnummern zur Verfügung stellen konnte, wodurch Kundenrückfragen (nach dem Verbleib der Ware) besser bearbeitet werden konnten und auch die Kosten des Angeklagten reduziert wurden. Daraus hat das Landgericht eine erhöhte kriminelle Energie des Angeklagten abgeleitet.
16
Dies lässt besorgen, dass das Landgericht sich bei der Festsetzung der Einzelstrafen von rechtsfehlerhaften, für die Bemessung der Schuld des Angeklagten nicht relevanten Überlegungen hat leiten lassen. Die unerlaubte Ausfuhr von Medikamenten im Versandweg macht es unbedingt erforderlich, dass der Täter sich eines Versandunternehmens bedient. Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Strafkammer zu den Trackingnummern und ihren sonstigen Ausführungen - zumal in der aus den unterschiedlichen Strafen ersichtlichen Dimension - ist nicht nachvollziehbar, dass er mehr Handlungsunwert oder eine höhere Strafzumessungsschuld auf sich geladen haben soll.
17
4. Der Senat kann nicht ausschließen, dass ohne diese Rechtsfehler in allen Fällen jeweils andere Einzelstrafen verhängt worden wären.
18
5. Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung der gebildeten Gesamtstrafen nach sich.
19
6. Auf den Umstand, dass das Landgericht in den Urteilsgründen eine Begründung der gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren gänzlich vermissen lässt (zur entsprechenden Darlegungspflicht vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1971 - 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268), kommt es mithin nicht mehr an.

II.


20
1. Die Revision ist nach Auffassung des Senats wirksam auf die Nichtanordnung des erweiterten Wertersatzverfalls beschränkt.
21
Der Senat hält die Beschränkung der Revision auf die Nichtanordnung erweiterten Wertersatzverfalls für wirksam:
22
Die Anordnung wird vom Revisionsangriff der Staatsanwaltschaft nicht umfasst. Dies ergibt sich, nachdem eine ausdrückliche Beschränkung der Revision nicht erfolgt ist, aus der Revisionsbegründung (vgl. schon BGH, Urteil vom 16. Februar 1956 - 3 StR 473/55, NJW 1956, 756), die der Senat analog § 300 StPO auszulegen hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 - 1 StR 208/97, NJW 1997, 3322 f.; s. a. Nr. 156 Abs. 2, 2. Hs. RiStBV), und die sich konkret - neben Angriffen gegen die Strafzumessung des Landgerichts - allein gegen die Nichtanordnung des erweiterten Verfalls richtet.
23
Diese Beschränkung ist wirksam, weil zwischen der Anordnung des Wertersatzverfalls und der Nichtanordnung des erweiterten Wertersatzverfalls kein untrennbarer Zusammenhang besteht. Das Landgericht hat insgesamt 40.460 Versendungen festgestellt, wobei eine „Versendung“ jeweils einem durch die Versanddaten der vom Angeklagten überwiegend genutzten Postweltluftbriefe umgrenzbaren Versendungsvorgang entspricht (UA S. 56 f.). Sodann hat es festgestellt, dass dem Angeklagten sowohl durch die aus dieser Gesamtmenge entnommenen 20.230 verfahrensgegenständlichen Taten als auch durch die verbleibenden, nicht abgeurteilten 20.230 Versendungen Erlösbeträge von jeweils 1.579.508, 96 Euro zugeflossen sind.
24
Der vom Generalbundesanwalt vertretenen Auffassung, es liege nahe, dass einzelne Versendungen sowohl ausgenommene Zubereitungen als auch sog. „Lifestyle-Produkte“ enthielten, weshalb die nach § 73a StGB bzw. § 73d StGB abschöpfbaren Erlösbeträge jedenfalls teilweise aus denselben Taten stammten, die Anordnung des Wertersatzverfalls von der Nichtanordnung des erweiterten Verfalls mithin nicht trennbar sei, steht die Feststellung des Landgerichts entgegen, die weiteren, also nicht abgeurteilten Versendungen hätten sog. „Lifestyle-Produkte“, also gerade keine ausgenommenen Zubereitungen, zum Gegenstand gehabt (vgl. UA S. 89).
25
2. Die revisionsgerichtliche Überprüfung der Nichtanordnung des erweiterten Verfalls (§ 73d StGB) deckt entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft , welche die vom Landgericht vorgenommene Schätzung der erlangten Vermögenswerte angreift, keinen Rechtsfehler auf.
Wahl Graf Jäger
Cirener Radtke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 407/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Detmold vom 30. März 2012 werden als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte B. wurde wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen , davon drei Fälle des Versuchs, zu einer Gesamtfreiheitstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Von der zeitlich ersten Tat abgesehen, hat er nach den Urteilsfeststellungen die Taten gemeinschaftlich mit dem Angeklagten M. begangen. Dieser wurde wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen, davon drei Fälle des Versuchs, ebenso zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
3
Der Angeklagte B. war alleiniger Gesellschafter der H. GmbH (künftig: H. ); der Angeklagte M. (formal) deren alleiniger Geschäftsführer.
4
Den Taten liegt im Kern zugrunde, dass in den für die H. abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. Dieser ging auf Scheinrechnungen mit Umsatzsteuerausweis zurück, die bei der H. entsprechend verbucht worden waren.
5
Zu Vorgeschichte und Ablauf der Taten ist Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte B. war Alleinverantwortlicher der HAB, die mit gebrauchten Baumaschinen handelte. Sie hatte wirtschaftliche Schwierigkeiten, als er Ende 2008/Anfang 2009 den Angeklagten M. kennenlernte. Dieser hatte ebenfalls wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mehrere von ihm geführte Unternehmen hatten Insolvenz anmelden müssen. Er war nach Verbüßung einer im Jahre 2003 wegen Umsatzsteuerhinterziehung (Schaden über 1,5 Mio. DM) verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten erwerbslos und musste von Angehörigen unterstützt werden. Die Angeklagten vereinbarten , künftig im Rahmen der H. gezielt Umsatzsteuer zu hinterziehen, „ähnlich wie M. … in der Vergangenheit“.
7
M. wurde nach der ersten Tat im Mai 2009 wegen der guten "Zusammenarbeit" zum (alleinigen) Geschäftsführer der H. bei einem Fixgehalt von 1.200 Euro netto bestellt. Von seiner Mitwirkung an den Steuerhinterziehungen abgesehen, hatte er mit den Geschäften der H. kaum zu tun, war in die Abgabe von Steuererklärungen nicht involviert und konnte nur begrenzt auf Firmenkonten zugreifen. „Eigentlicher Chef“ der H. war und blieb B. .
8
Durchgeführt wurden die Umsatzsteuerhinterziehungen wie folgt:
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M. hatte und schuf Kontakte zu Verkäufern von Baumaschinen in den Niederlanden und erwarb dort Baumaschinen mit Bargeld, das ihm B. hierfür überlassen hatte. Dabei spiegelte M. den niederländischen Verkäufern vor, nicht für die H. , sondern für andere deutsche Firmen aufzutreten, sodass die Verkäufer ihre Ausgangsrechnungen auf die vermeintlich von M. vertretenen Firmen ausstellten. Als einer der Verkäufer mit der vermeintlich von M. vertretenen Firma in Kontakt treten wollte, sorgte M. dafür, dass ihn, „um die Legende nicht zu gefährden“, zu diesem Zweck der (hier wegen Beihilfe ebenfalls abgeurteilte, nicht revidierende) Mitangeklagte K. begleitete.
10
Soweit einzelne Baumaschinen in anderen EU-Ländern gekauft worden waren, war dort nicht M. , sondern ein Angestellter der H. mit Wissen und Wollen der Angeklagten so wie geschildert tätig geworden.
11
In der Buchhaltung der H. wurden hinsichtlich der Baumaschinenan- käufe Scheinrechnungen verbucht, aus denen sich „ein inländischer Erwerb ergab“. In den Rechnungsköpfen waren jeweils als Veräußerer verschiedene in Deutschland ansässige, allerdings nicht im Baumaschinenhandel tätige Firmen ausgewiesen.
12
Diese Scheinrechnungen „ließ(en) sich unter Ausnutzung von Kontakten des Angeklagten M. leicht“ erstellen. Er kannte den gesondert verfolgten I. , der aus früherer Tätigkeit über vorlagegeeignete Unterlagen dieser Firmen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen verfügte.
13
Auf der Grundlage von 194 Scheinrechnungen wurde vom ersten Quartal 2009 bis Dezember 2010 in insgesamt 20 Voranmeldungszeiträumen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht. Den in den Umsatzsteuervoranmeldungen bis einschließlich Mai 2010 und nochmals im Juli und August 2010 jeweils geltend gemachten Erstattungen erteilte das Finanzamt die Zustimmung und es kam zur Auszahlung seitens des Finanzamts. Wegen dieser Auszahlungen kam es bereits im Frühjahr 2010 zu einer Umsatzsteuersonderprüfung. Auch wenn sie zunächst keine konkreten Verdachtsmomente ergab, führte sie dazu, dass die H. nunmehr Belege (also die Scheinrechnungen) vorlegen musste. Deren Überprüfung führte letztlich dazu, dass für die Voranmeldungszeiträume September bis November 2010 der jeweils geltend gemachten Auszahlung von Guthaben nicht mehr zugestimmt wurde. In den letztlich vergeblichen Versuch, in diesem Zusammenhang das Finanzamt zu täuschen, war auf Initiative M. s erneut auch K. verwickelt.
14
In den Voranmeldungszeiträumen Juni und Dezember 2010 meldete die H. Zahllasten an, so dass es einer Zustimmung des Finanzamts in diesen Fällen nicht bedurfte.
15
Insgesamt belief sich der unberechtigt geltend gemachte Vorsteuerabzug auf über 1,3 Mio. Euro.
16
Im weiteren Verlauf wurde ein gegen die H. gerichteter Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen.
17
Die Revision des Angeklagten B. ist näher ausgeführt auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt, die Revision des Angeklagten M. auf die näher ausgeführte Sachrüge. Die Revisionen bleiben erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
18
I. Verfahrensrüge(n) des Angeklagten B. :
19
Das Vorbringen, „diverse“ Beweisanträge seien zurückgewiesen und Hilfsbeweisanträge „zum Teil“ nicht beschieden, genügt nicht den Anforderun- gen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und wäre unbegründet.
20
1. Die Strafkammer hat die von der Revision genannten Anträge mit einzelfallbezogener Begründung (z.B. wegen Bedeutungslosigkeit, Wahrunterstellung u.a.) abgelehnt.
21
Nach dem Revisionsvorbringen sollen sämtliche Beschlüsse im Kern (offenbar ) deshalb fehlerhaft sein, weil die Strafkammer die von ihr erhobenen Beweise nach Auffassung der Revision falsch gewürdigt hat. Insoweit, so die Revision selbst, „vermengt sich die … Prozessrüge mit der Sachrüge“. Auf die Ablehnung der einzelnen Anträge geht die Revision nur vereinzelt konkret ein.
22
Bei einer Reihe dieser Anträge handelte es sich nicht um Beweisanträge, sondern Beweisermittlungsanträge:
23
a) Der Antrag auf Vernehmung sämtlicher in der Anklage aufgeführten (§ 200 Abs. 1 Satz 2 StPO), aber noch nicht vernommenen Zeugen nennt kein Beweisthema. Auch verdeutlicht das Revisionsvorbringen entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht, um welche Zeugen es sich konkret handelt.
24
b) Der Zeuge W. sollte bekunden, er hätte „entweder bei einer Baufirma oder einer Nutzfahrzeugshandelsfirma“ Fahrzeuge abgeholt, und dabei im Auf- trag M. s entweder „in dessen eigenem oder fremden Namen“ gehandelt. Sind mehrere, sich gegenseitig ausschließende Tatsachen in das Wissen eines Zeugen gestellt, fehlt auch bei einem einheitlichen Beweisziel eine bestimmte Tatsachenbehauptung (BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN).
25
c) Der Antrag, zum Beweis des Herkunftsorts der Lieferungen des ersten Halbjahres 2009 die „entsprechenden Frachtpapiere“ zu verlesen,hätte erfordert , die einschlägigen Dokumente erst aus einer Vielzahl vergleichbarer Dokumente herauszusuchen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98 mwN).
26
d) Ob der Antrag auf erneute Vernehmung eines Zeugen ein Beweisantrag ist, hängt davon ab, wozu er bereits ausgesagt hatte (BGH, Urteil vom 21. März 2002 - 5 StR 566/01 mwN). Hierzu ist jedoch nichts vorgetragen.
27
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch Zurückweisung dieser Anträge (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN) ist weder ausdrücklich noch der Sache nach in zulässiger Form geltend gemacht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, was die Strafkammer zu weiteren Beweiserhebungen gedrängt hätte.
28
2. Die Behauptung, Hilfsbeweisanträge seien im Urteil übergangen, ist unbehelflich, da deren Inhalt nicht mitgeteilt ist.
29
3. Auch hinsichtlich der verbleibenden Anträge ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, aus dem insgesamt pauschal gehaltenen Revisionsvorbringen und den Urteilsgründen Teile herauszufiltern, die zu einer hinreichend angebrachten Rüge zusammengefügt werden könnten. Dann bestimmte statt des hierzu berufenen Revisionsführers das Revisionsgericht selbst den Gegenstand seiner Überprüfung.

30
4. Selbst wenn man - in welchem Umfang auch immer - einzelne Verfahrensrügen für zulässig erhoben hielte (was, wie dargelegt, zu verneinen ist), wären sie unbegründet, wie dies der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat.
31
II. Zur Sachrüge hinsichtlich des Schuldspruchs:
32
1. Die Auffassung (Revisionsbegründung M. ), der Umfang der hinterzogenen Steuern sei mangels hinreichender Darlegung nicht überprüfbar, ist unzutreffend. Jede Scheinrechnung ist tabellarisch aufgeführt, ebenso die darin ausgewiesene Umsatzsteuer. Auch ist für jeden Voranmeldungszeitraum die sich daraus ergebende Gesamtsumme zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuer ausdrücklich genannt.
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2. Auch sonst sind die Schuldsprüche rechtsfehlerfrei.
34
a) Angeklagter B. :
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Das Revisionsvorbringen zeigt die Möglichkeit einer den Angeklagten belastenden rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung nicht auf.
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b) Angeklagter M. :
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Die Strafkammer hat, ihren Beurteilungsspielraum bei der Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe (BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 5 StR 403/04) nicht überschritten. Zwar erbrachte M. seine Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der falschen Steuererklärungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86); aufgrund dieser Tatbeiträge kam ihm jedoch nach der rechtsfehlerfreien Wertung der Strafkammer eine „Schlüsselstellung“ bei den gemeinschaftlich geplanten Taten zu. Er verfügte über einschlägige Erfahrungen und die erforderlichen Kontakte und sorgte dafür, dass I. und K. die Taten unterstützten. Unter diesen Umständen brauchte die Strafkammer auch die Annahme von Mittäterschaft nicht breiter als geschehen zu begründen.
38
Auch sonst sind Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht ersichtlich.
39
III. Zur Sachrüge hinsichtlich der Strafaussprüche:
40
1. Zu den Strafrahmen:
41
Die Strafkammer hat die Strafrahmen nicht rechtsfehlerfrei bestimmt, jedoch ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten:
42
a) Täuscht der Täter, wie hier, steuermindernde Umstände vor, indem er nicht bestehende Vorsteuerbeträge geltend macht, liegt (hier auf den jeweiligen Anmeldungszeitraum bezogen) ab einem Betrag von 50.000 Euro eine Steuerverkürzung großen Ausmaßes (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) vor. Dies hat die Strafkammer nicht verkannt, sie hat jedoch rechtsfehlerhaft nicht auf die allein maßgebliche Summe des zu Unrecht anerkannten (bzw. in den Versuchsfällen: geltend gemachten) Vorsteuerabzugs abgestellt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 1 StR 579/11). Vielmehr hat sie darauf abgestellt, ob es „zu Auszahlungen in Höhe von mehr als 50.000 Euro gekommen war“.
43
b) Die Frage, ob und in welcher Höhe es zu Auszahlungen gekommen ist, sagt aber nichts über die Höhe der verkürzten Steuern aus. Vielmehr hängt die Höhe von Auszahlungen oder verbleibenden Zahllasten allein von der Höhe der gemäß § 16 Abs. 1 UStG berechneten Umsatzsteuer einerseits und der Höhe der insgesamt geltend gemachten Vorsteuerbeträge andererseits ab. In dieses Ergebnis (Saldo) können also auch wahrheitsgemäß geltend gemachte Vorgänge einfließen. Wahrheitsgemäße Angaben können aber auf die Höhe des durch falsche Angaben zu anderen Vorgängen verursachten Schadens keinen Einfluss haben.
44
c) Der aufgezeigte Mangel bei der Strafrahmenbestimmung bleibt hier im Ergebnis unschädlich. In den Fällen, in denen die Strafkammer von einer Steuerverkürzung großen Ausmaßes ausgegangen ist, lag der Verkürzungsbetrag stets über 50.000 Euro. Soweit die Strafkammer wiederholt, meist durch das Abstellen auf die Höhe der Auszahlungsbeträge (für die Abrechnungszeiträume zweites Quartal 2009, Dezember 2009, Februar 2010, Juni 2010, August 2010, September 2010, November 2010) zu Unrecht eine Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall verneint hat (zum Strafrahmen in den Versuchsfällen vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 1 StR 332/10 mwN), sind die Angeklagten nicht beschwert.
45
d) Soweit besonders schwere Fälle angenommen sind, bestehen zur subjektiven Seite (auch) des Angeklagten M. - anders als seine Revision meint - keine Bedenken. Er war bei der H. ausschließlich zum Zwecke der Steuerhinterziehung tätig und hat sie maßgeblich ermöglicht. Die Möglichkeit, dass sein Vorsatz eine Steuerhinterziehung in dem jeweilig gegebenen Umfang nicht umfasst hätte, liegt daher fern (in vergleichbarem Sinne BGH, Beschluss vom 26. März 2004 - 1 StR 567/03; Urteil vom 4. September 1996 - 2 StR 299/96), auch wenn er an der Erstellung der unrichtigen Steuererklärungen nicht unmittelbar beteiligt war. Fernliegende Möglichkeiten sind aber nicht erörterungsbedürftig.
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2. Zur konkreten Strafzumessung:
47
a) Auch hierbei hat sich der aufgezeigte Mangel nicht zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt. In den meisten Fällen führte er dazu, dass die Strafkammer von einem zu niedrigen Hinterziehungsbetrag ausgegangen ist. Die für die Strafzumessung maßgebliche Größenordnung des Steuerschadens hat sich aber auch in den wenigen Fällen nicht verändert, in denen die Strafkammer von einem zu hohen Betrag ausgegangen ist.
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b) Das Revisionsvorbringen des Angeklagten M. zeigt die Möglichkeit beschwerender Rechtsfehler nicht auf:
49
(1) Zu Unrecht nicht strafmildernd gewertetes Verhalten des Finanzamts ist nicht ersichtlich. Das Revisionsvorbringen im Zusammenhang mit der Sonderprüfung - so sei etwa ein gebotener Abgleich von Steuernummern unterblieben - kann auf sich beruhen. Ein Straftäter hat keinen Anspruch darauf, dass staatliche Stellen rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern. (Vorwerfbares) Verhalten des Steuerfiskus kann regelmäßig allenfalls dann zu einer milderen Beurteilung von Steuerhinterziehung führen, wenn es das Täterverhalten unmittelbar beeinflusst hat und die Tatgenese den staatlichen Entscheidungsträgern vorzuwerfen ist (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10 mwN). Hierfür spricht vorliegend nichts. Vielmehr haben die Ermittlungen des Finanzamtes den (die) Angeklagten nicht von der Fortsetzung des bisherigen strafbaren Verhaltens abgehalten. Dies spricht für besondere kriminelle Hartnäckigkeit, ergibt aber offensichtlich keine strafmildernden Gesichtspunkte.
50
(2) Vergeblich macht die Revision geltend, die Strafkammer habe die strafmildernde Bedeutung serienmäßiger Tatbegehung verkannt:
51
Eine strafmildernde Berücksichtigung serienmäßiger Tatbegehung kann vor allem dann zu erwägen sein, wenn die einzelnen Taten räumlich, zeitlich oder sonst besonders eng verschränkt sind. Dies ist hier nicht der Fall. Im Übrigen kann sich das Vorliegen einer Vielzahl gleichartiger Taten je nach den Umständen des Falles auf die Strafzumessung unterschiedlich auswirken (BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - 2 StR 130/91 mwN). Allein die zunehmende Gewöhnung an die Begehung gleichartiger Straftaten wäre aber nicht strafmildernd (BGH, Urteil vom 18. September 1995 - 1 StR 463/95). Anderes ist hier nicht ersichtlich.
52
Der Senat bemerkt, dass der Unwertgehalt von Steuerstraftaten maßgeblich auch durch die Höhe des Steuerschadens bestimmt ist. Da serienmäßige Tatbegehung bei Steuerstraftaten zu höherem Steuerschaden führt, hat sie regelmäßig strafschärfende Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2011 - 1 StR 459/11; Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08 jew. mwN).
53
(3) Die Revision meint, I. habe zwar einen „gleichgewichtigen oder gar noch gewichtigeren Tatbeitrag“ geleistet, sei aber dennoch bisher nicht angeklagt oder verurteilt worden. Dies hätte strafmildernd berücksichtigt werden müssen.
54
Die Urteilsgründe ergeben schon keine nachvollziehbare Grundlage für die genannte Gewichtung des Tatbeitrages von I. und bestätigen auch den behaupteten Verfahrensstand nicht.
55
Unabhängig davon hat aber der Stand eines Verfahrens gegen einen anderen Tatbeteiligten ohnehin für die Strafzumessung keine Bedeutung. Es gilt nichts anderes als hinsichtlich der Strafzumessung gegen Tatbeteiligte in anderen Urteilen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - 1 StR 282/11 mwN). Die Revision stützt ihre gegenteilige Auffassung auf Rechtsprechung zur Strafzu- messung gegen „Mauerschützen“ (BGH, Urteil vom 3.November 1992 - 5 StR 370/92) oder in vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 3. März 1993 - 5 StR 546/92), wonach auch eine Rolle spielte, dass damals hierarchisch übergeordnete Verantwortliche noch nicht abgeurteilt waren. Derartige Besonderheiten liegen hier nicht vor.
56
(4) Die Revision hält es unter Berufung auf BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01 für strafmildernd, dass der Angeklagte trotz seines verhältnismäßig geringen Beuteanteils gemäß § 71 AO als Haftungsschuldner für die gesamte hinterzogene Steuer herangezogen werden könne.
57
Der Senat teilt diese Auffassung nicht.
58
aa) § 71 AO hat Schadensersatzcharakter und ist keine zusätzliche Strafsanktion für steuerunehrliches Verhalten (vgl. zusammenfassend Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 71 Rn. 2 mwN). Letztlich muss derjenige, der sich an einer Steuerhinterziehung beteiligt, für den von ihm (mit)verschuldeten Schaden ebenso einstehen, wie sonst ein Beteiligter an einer unerlaubten Handlung auch (§ 830 BGB). Allein die gesetzliche Pflicht, schuldhaft - hier vorsätzlich - (mit)verursachten Schaden ersetzen zu müssen, kann sich jedenfalls regelmäßig nicht strafmildernd auswirken.
59
bb) Es entspricht auch nicht der sonstigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , möglicherweise wegen der Straftat (bzw. des Strafurteils) zu erwartenden behördlichen Anordnungen strafzumessungsrechtliche Bedeutung zuzuerkennen, wenn die Verwaltungsbehörde dabei die Umstände des Einzelfalls in ihre Entschließung einzubeziehen hat (st. Rspr.; zu möglichen ausländerrechtlichen Konsequenzen einer Verurteilung vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - 1 StR 407/11 mwN). Die Möglichkeit fachgerichtlicher Überprüfung dieser Maßnahmen schützt vor besonderen, vom Gesetzeszweck nicht umfassten Härten (BGH aaO).
60
Es liegt nahe, diese Grundsätze auch hier anzuwenden. Ein Haftungsbescheid gemäß §§ 71, 191 AO steht im Ermessen der Finanzbehörden (zu den dabei wesentlichen Gesichtspunkten vgl. Rüsken aaO § 191 Rn. 30 - 62 mwN). Eine entsprechende Entscheidung unterliegt finanzgerichtlicher Überprüfung ; dabei ist Besonderheiten des Einzelfalles erforderlichenfalls Rechnung zu tragen (vgl. nur BFH, Urteil vom 21. Januar 2004 - XI R 3/03; zu vorläufigem gerichtlichen Rechtsschutz vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 24. April 2012 - 2 V 233/11).
61
cc) Unabhängig davon käme eine strafmildernde Berücksichtigung einer möglichen Heranziehung gemäß § 71 AO allenfalls dann in Betracht, wenn der Angeklagte nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls tatsächlich mit seiner Heranziehung „rechnen muss“ (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01) und dies eine besondere Härte darstellen würde (vgl. BGH, Ur- teil vom 14. März 2007 - 5 StR 461/06). Anhaltspunkte für eine solche Prognose sind jedoch nicht erkennbar:
62
Der Angeklagte ist erwerbs- und vermögenslos. Daher würden ihn auch die praktischen Folgen eines Haftungsbescheides schwerlich in besonderem Maße belasten, selbst wenn das Finanzamt, das schon aus Zweckmäßigkeitserwägungen naheliegend auch berücksichtigt, bei wem der Steueranspruch „am schnellsten, leichtesten und sichersten realisiert werden kann“ (Rüsken aaO Rn. 60 mwN), einen solchen Bescheid gegen ihn erlassen sollte.
63
Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass fern liegende Möglichkeiten nicht erörtert werden müssen.
64
(5) Die Revision hält das Alter des (1949 geborenen) Angeklagten bei den Taten und bei einem (etwaigen) Strafantritt nicht für hinlänglich gewürdigt.
65
Das „fortgeschrittene Alter“ desAngeklagten ist bei der Strafzumessung genannt. Weitere Ausführungen waren nicht geboten.
66
Im Alter von 60 und 61 Jahren begangene Steuerhinterziehungen im Rahmen eines hierfür selbst geschaffenen komplexen Systems sprechen gegen einen für das Maß der Schuld und damit die Strafzumessung bedeutsamen Altersabbau. Dies gilt umso mehr bei einem Angeklagten, der gleichartige Taten auch schon früher begangen hat (BGH, Urteil vom 11. August 1998 - 1 StR 338/98 mwN).

67
Die Verbüßung einer längeren Freiheitsstrafe hat den Angeklagten nicht von einschlägigen neuen Taten abgehalten. Ohne konkrete Anhaltspunkte musste daher hier nicht allein wegen des Zeitablaufs seit der letzten Strafverbüßung erwogen werden, ob er jetzt gleichwohl durch den Strafvollzug voraussichtlich besonders stark beeindruckbar (haftempfindlich) sein könnte.
68
Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass das Alter des Angeklagten hier die Erörterung seiner Chance, zu Lebzeiten „wieder der Freiheit teilhaftig zu werden“ (BGH, Urteil vom 27. April 2006 - 4 StR 572/05 mwN), erfordert hätte.
69
(6) Die Auffassung der Revision, für die Bemessung der Dauer des - angesichts seiner aus den Urteilsgründen ersichtlichen Komplexität ohne erkennbare Verzögerung durchgeführten - Verfahrens sei der Beginn des strafbaren Verhaltens maßgeblich, liegt neben der Sache.
70
(7) Gleiches gilt für die Ausführungen zu einer „Nähe der Tilgungsreife“ hinsichtlich der Vorstrafe. Diese wäre selbst bei straffreiem Verhalten erst 2020 tilgungsreif geworden (§ 46 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3, § 47 Abs. 3 BZRG).
71
(8) Schließlich gehen auch die Angriffe dagegen fehl, dass der Angeklagte ebenso hoch bestraft wurde wie der Angeklagte B. . Die Strafkammer hat insoweit zusammenfassend erwogen, dass B- zwar ein „größeres Eigeninteresse“ an den Taten hatte, also hiervon erheblich mehr pro- fitierte, dafür aber nicht vorbestraft ist. Die Ausführungen der Revision erschöpfen sich in dem unbehelflichen Versuch, rechtsfehlerfreies tatrichterliches Ermessen durch eigenes Ermessen zu ersetzen.
72
3. Auch sonst sind keine die Angeklagten beschwerenden rechtsfehlerhaften Strafzumessungserwägungen ersichtlich.

RiBGH Hebenstreit ist in den Ruhestand getreten und daher an der Unterschrift gehindert. Nack Wahl Nack Jäger Sander

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

Rechte und Pflichten des bisherigen Sondervermögens Ausgleichsfonds gehen auf den Bund über. Einnahmen nach diesem Gesetz und sonstige Werte, die bisher dem Ausgleichsfonds durch Gesetz oder auf sonstige Weise besonders zugewiesen wurden, werden dem Bundeshaushalt zugeführt.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.


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(1) Zu löschen sind, unbeschadet der anderen, in § 75 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes genannten Gründe für die Pflicht zur Löschung,

1.
die nach § 483 gespeicherten Daten mit der Erledigung des Verfahrens, soweit ihre Speicherung nicht nach den §§ 484 und 485 zulässig ist,
2.
die nach § 484 gespeicherten Daten, soweit die dortigen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen und ihre Speicherung nicht nach § 485 zulässig ist, und
3.
die nach § 485 gespeicherten Daten, sobald ihre Speicherung zur Vorgangsverwaltung nicht mehr erforderlich ist.

(2) Als Erledigung des Verfahrens gilt die Erledigung bei der Staatsanwaltschaft oder, sofern die öffentliche Klage erhoben wurde, bei Gericht. Ist eine Strafe oder eine sonstige Sanktion angeordnet worden, so ist der Abschluss der Vollstreckung oder der Erlass maßgeblich. Wird das Verfahren eingestellt und hindert die Einstellung die Wiederaufnahme der Verfolgung nicht, so ist das Verfahren mit Eintritt der Verjährung als erledigt anzusehen.

(3) Der Verantwortliche prüft nach festgesetzten Fristen, ob gespeicherte Daten zu löschen sind. Die Frist zur Überprüfung der Notwendigkeit der Speicherung nach § 75 Absatz 4 des Bundesdatenschutzgesetzes beträgt für die nach § 484 gespeicherten Daten

1.
bei Beschuldigten, die zur Tatzeit das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatten, zehn Jahre,
2.
bei Jugendlichen fünf Jahre,
3.
in den Fällen des rechtskräftigen Freispruchs, der unanfechtbaren Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens und der nicht nur vorläufigen Verfahrenseinstellung drei Jahre,
4.
bei nach § 484 Absatz 1 gespeicherten Daten zu Personen, die zur Tatzeit nicht strafmündig waren, zwei Jahre.

(4) Der Verantwortliche kann in der Errichtungsanordnung nach § 490 kürzere Prüffristen festlegen.

(5) Die Fristen nach Absatz 3 beginnen mit dem Tag, an dem das letzte Ereignis eingetreten ist, das zur Speicherung der Daten geführt hat, jedoch nicht vor

1.
Entlassung der betroffenen Person aus einer Justizvollzugsanstalt oder
2.
Beendigung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung.

(6) § 58 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt für die Löschung nach Absatz 1 entsprechend. Darüber hinaus ist an Stelle der Löschung personenbezogener Daten deren Verarbeitung einzuschränken, soweit die Daten für laufende Forschungsarbeiten benötigt werden. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist ferner einzuschränken, soweit sie nur zu Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle gespeichert sind. Daten, deren Verarbeitung nach den Sätzen 1 oder 2 eingeschränkt ist, dürfen nur zu dem Zweck verwendet werden, für den ihre Löschung unterblieben ist. Sie dürfen auch verwendet werden, soweit dies zur Behebung einer bestehenden Beweisnot unerlässlich ist.

(7) Anstelle der Löschung der Daten sind die Datenträger an ein Staatsarchiv abzugeben, soweit besondere archivrechtliche Regelungen dies vorsehen.

(1) Die Landeskriminalämter übermitteln dem Bundeskriminalamt nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 20 die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Zentralstelle erforderlichen Informationen. Die Verpflichtung der Landeskriminalämter nach Satz 1 kann im Benehmen mit dem Bundeskriminalamt auch von anderen Polizeibehörden des Landes erfüllt werden. Das Bundeskriminalamt legt im Benehmen mit den Landeskriminalämtern Einzelheiten der Informationsübermittlung fest.

(2) Die Justiz- und Verwaltungsbehörden der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich den Beginn, die Unterbrechung und die Beendigung von Freiheitsentziehungen mit, die wegen des Verdachts oder des Nachweises einer rechtswidrigen Tat von einem Gericht angeordnet worden sind. Die Justizbehörden des Bundes und der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich und, soweit technisch möglich, automatisiert mit:

1.
die Entscheidung, dass
a)
die beschuldigte Person rechtskräftig freigesprochen wurde,
b)
die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die beschuldigte Person unanfechtbar abgelehnt wurde oder
c)
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde
sowie
2.
die tragenden Gründe der Entscheidung nach Nummer 1.

(3) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für die Polizeien des Bundes, soweit die Informationen Vorgänge betreffen, die sie in eigener Zuständigkeit bearbeiten. Satz 1 gilt im Bereich der Zollverwaltung nur für den Grenzzolldienst, soweit dieser aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 68 des Bundespolizeigesetzes grenzpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt. Im Übrigen richtet sich die Informationsübermittlung der Zollbehörden an das Bundeskriminalamt nach den Vorschriften der Abgabenordnung, des Zollverwaltungsgesetzes und des Zollfahndungsdienstgesetzes.

(4) Für die im Rahmen seiner Aufgaben nach den §§ 3 bis 8 gewonnenen Informationen gelten für das Bundeskriminalamt die Unterrichtungspflichten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

(5) Die Verantwortlichkeit für die Zulässigkeit der Übermittlung nach den Absätzen 1 bis 3 trägt die übermittelnde Stelle.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.